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German Pages 589 Year 1839
Geſchichte der Feldzüge de 6
Herzoglich Sachſen - Weimariſchen
Scharfſchüßenbataillons im Iahr 1806 und des
Infanterieregiments der
Herzoge von Sachſen in den Jahren 1807 , 1809 , 1810 und 1811 . Von
Ludwig Freiherrn von Seebach , Großherzoglich Sächſiſchem Major und Kammerherrn, Ritter des Großherzoglich Sáchſiſchen Hausordens vom weißen Falken, der Königlich Franzöſiſchen Ehrenregion und des Serzoglich Sachſen Erneſtiniſchen Hausordens 26.
Mit
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P l å ne n.
e i mat
18 3 8 .
Gedrudt auf des Verfaſſere eigene Koſten. Kommiſſionsverlag von B. F. Voigt in Weimar.
( + 3.18aq Se31 Seiner Königlichen Hoheit,
Carl Friedrich, Großherzoge von Sachſen - Weimar- Eiſenach uc. 2 .
Seiner Herzoglichen Durchlaucht,
Ernſt, Herzoge von Sachſen - Koburg - Gotha 2. .
Seiner Herzoglichen Durchlaucht,
Bernhard Erich Freund , Herzoge von Sachſen - Meiningen - Hildburghauſen uc. zc.
Seiner Herzoglichen Durchlaucht,
Joſeph, Herzoge von Sachſen - Altenburg ?c.
20.
in tiefſter Ehrfurcht zugeeignet vom Berfaffer ,
V o r b e me r k u n go
Das im Jahre 1788 errichtete herzoglich fachſen - weimaris ſche Jägerbataillon , welches am 4. April 1796 mit der Ges fammtſtärke von 25 Offizieren , 552 Unteroffizieren und Ges meinen , in 4 Kompagnien rangirt , nebſt 110 Reit- ., Pad- und Wagenpferden , unter den Befehlen des Oberſtlieutenants von .
Germar aus Eiſenach abmarſchirt und am 13. deſſelben Mo
nats in Mainz eingetroffen war , wo es ſich mit dem unter dem Kommando des kurfürſtlich ſáchſiſchen Generallieutenants von Lind ſtehenden 10,000 Mann ſtarken kurſächſiſchen Ar meekorps vereinigt und der unter dem Oberbefehle des Reichs feldmarſchals Erzherzog Karl ſtehenden öſterreichiſchen Armee am Niederrhein angeſchloſſen hatte , war während dieſes ganzen
Feldzugs meiſtentheils Kompagnieweiſe detaſchirt und mit der leichten Kavallerie zum Vorpoſtendienſte verwendet worden. Das Bataillon hatte am 15. Juni dieſes Jahres an dem blutigen Gefechte bei Weklar gegen das vom General Lefebre befehligte
franzöſiſche Korps , und zwar bei der Wegnahme des Dorfes Altenburg und der Beſeßung der Höhe von Altſtädten , den
wirkſamſten Antheil genommen und mit Aufopferung an Tods 1
ten und Bleſfirten auf das Entſchiedenſte zu dem günſtigen Reſultate, daß der bei dieſem Gefechte verwundete General Lefebre fich mit Verluſt von 1 Fahne , 6 Kanonen , 1 Haus bike , eines großen Theils der Bagage und mehr als 800 Mann an Todten , Verwundeten und Gefangenen hatte zurück
ziehen müſſen , mit beigetragen. Später war das Bataillon dem öſterreichiſchen Korps des Generals Haddik einverleibt worden und eine Kompagnie deſſelben hatte noch an dem Vor:
poſtengefechte bei Wildbad Antheil genommen ,1 worauf es ſich wieder am Neckar mit dem kurſächſiſchen Korps vereinigte und mit demſelben , da die kaiſerlich öſterreichiſche Urmee fich wes gen des unaufhaltſam fiegreichen Vordringens der Franzoſen am Oberrhein und in das Innere von Franken eiligſt gegen die öſterreichiſchen Erblande zurúdzog , gleich faus den beſchleu nigten Rückmarſch nach Sachſen vollführte und am 10. Auguſt dieſes Jahres wieder in Weimar einrüdte.
Im Monat Dezember 1805 war das Bataillon mobil gemacht, jedoch bald darauf und zwar durch den Frieden zu
Preßburg und deſſen Folgen wieder auf den Friedensfuß geſegt worden , ſo daß blos am 3. Dezember dieſes Jahres vom herzoglich ſachſen - weimariſchen Huſarenkorps ein Kommando von 22 Pferden von Weimar nach Gera zum Ordonnanz dienſte beim Fürſten von Hohenlohe , als die Demonſtration der königlich preußiſchen Urmee gegen Frankreich ſtattfand, ausmarſchirte, und erſt am 7. März 1806 wieder nach Weis mar zurückkehrte.
Nachdem in der Mitte des Monats September 1806 die Mobilmachung des herzoglich ſachſen - weimariſchen Scharf
ſchüßenbataillons erfolgt und hierauf unterm 4. Oktober zwis ſchen dem Könige von Preußen und dem Herzoge von Sach
ſen - Weimar und zwar preußiſcher Seits von dem Oberſten und Generalintendanten von Guionneau und weimariſcher
Seits von dem Kammerherrn und Majur von Pappenheim zu Erfurt eine Konvention unterzeichnet worden , vermoge welcher 1
dieſes Bataillon nebſt ungefähr 40 Mann weimariſchen Huſa:
ren auf 12 aufeinanderfolgende Monate in königlich preußiſche Dienſte zu treten beſtimmt wurden , um an dem bevorſtehen : den Kampfe gegen die Franzoſen und deren Uuiirte mit Theil zu nehmen , ſo ſchloß ſich daſſelbe in dieſem Jahre beim Be: ginne des Krieges zwiſchen Preußen und Kurſachſen gegen Frankreich und den Rheinbund der deutſchen Fürſten unter Kai: fer Napoleon's Protektorate der königlich preußiſchen Armee an.
Das mit gutgezogenen Büchſen bewaffnete Bataillon beſtand
aus 24 Offizieren *) , 718 Unteroffizieren und Gemeinen nebſt 1
46 Pads und Wagen - Knechten und 107 Reit- , Pad- und Zug -Pferden und marſchirte am 8. Oktober von Weimar nach Erfurt, wo es bei ſeinem Einmarſche vor dem Könige von Preußen und dem Generalfeldmarſchall von Möllendorf vorbei: defilirte und hier , anſtatt ſeiner frühern Beſtimmung, der un *) Die Liſte derſelben folgt in der Beilage I. 1*
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ter den Befehlen des Generals der Kavallerie, Herzogs von Sachſen - Weimar , ſtehenden Avantgarde der großen preußiſchen Armee einverleibt zu werden , (da ſolche der veränderten Zeit: umſtånde halber ſich bereits vorwärts im Thüringer Walde befand ,) bei der Hauptarmee unter dem Könige und dem Her: zoge von Braunſchweig -Lüneburg, der erſten unter Kommando
des Prinzen von Oranien ſtehenden Diviſion der leichten In fanteriebrigade des Generalmajors von Oswald , welche lektere noch aus dem Fúſilierbataillon von Oswald und 5 Eskadrons Herzog von Würtemberg Huſaren beſtand *) , ſowie die mit ausinarſchirten weimariſchen Huſaren theilweiſe der Avantgarde des Herzogs von Sachſen - Weimar und der Hauptarmee , um größtentheils bei den Capitaines des Guides gebraucht zu werden , zugetheilt wurden .
Nach am 9. Oktober abgehaltenem Raſttage trat die ges
ſammte Brigade des Generalmajors von Oswald am 10. ihren Marſch von Erfurt nach Stadt - Ilm an , wo während deſſel ben die anhaltende Kanonade des Gefechts bei Saalfeld deut: lich gehört wurde , und des Nachmittags rúdte dieſer General mit ſeinem Fúſilierbataillone und mit 2 Kompagnien des Ba: taillons Weimar in Stadt - Ilm ein , wogegen die 2 andern I
Kompagnien dieſes Bataillons unter dem Major von Germar in dem eine Stunde von dieſer Stadt gelegenen Dorfe Wil lersleben , die Huſaren von Prinz Eugen aber in den naheges legenen Dertern die Quartiere bezogen. Nach erfolgtem Eintreffen zu Stadt - Ilm wurden daſelbſt die Thore befekt und 1 Kompagnie des Bataillons Weimar bezog auf einem dort nahe gelegenen Berge die Vorpoſten. *) Zur Diviſion Prinz von Oranien gehörten noch 2 Grenadierba : taillone von Knebel und von Reinbaben , 4 Infanterieregimenter von Möllendorf , von Wartensleben , von Puttkammer und Prinz
Ferdinand, jedes zu 2 Bataillonen , 2 Kavallerieregimenter Leib kúraſſiers und Karabiniers , 1 Zwölfpfünder- und 1 reitende 1
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Batterie.
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Des Abends 7 Uhr kamen preußiſche und kurſåchfiſche ver ſprengte und bleſſirte Soldaten , ſowie ſpåter der preußiſche General von Pelet nebſt ſeinem Detaſchement Fúſilieren , Jå gern , einer halben berittenen Batterie und mit einigen ſeinen Rückzug deckenden Eskadrons kurſåchfiſcher Huſaren , ſowie hierauf noch 1 Bataillon vom Regimente von Müffling init der Nachricht von dem unglücklichen Gefechte bei Saalfeld gea gen die vom General Suchet befehligte Vorhut vom 5. fran : zófiſchen Armeekorps unter Marſchall Rannes und von dem
Tode des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen an * ) , welcher die zwiſchen Ilmenau und Saalfeld in den Thüringer Wald:
påffen geſtandene, aus preußiſchen und kurſächſiſchen Truppen zuſammengefegte 6,000 Mann ſtarke Avantgarde der Linken : Flügel - oder Fürſt von Hohenloheſchen Armee befehligt hatte. Auf dieſe unglückliche Nachricht ſammelten und lagerten ſich die geſammten Truppen auf dem dortigen Marktpla , und
nachdem die zur Feldwache detaſchirte Kompagnie des Bataillons Weimar wieder eingerůckt war , marſchirte der General von Oswald mit ſeinen Truppen am ſpåten Abend von Stadt- Ilm nach Krannichfeld , auf welchem Marſche die verſchiedenen Dea taſchements wieder zu ihm ſtießen und die geſammte von Ds . wald'ſche Brigade nach Mitternacht eintraf, bis Mittags den 11. die Anhöhen bei dieſer Stadt beſeßt hielt und dieſen Tag noch bis Weimar marſchirte, wo , am Abend angekommen, das Bataillon Weimar , der Kürze der Zeit und der ſtarken fich vorfindenden preußiſchen Einquartierung halber , ſich freiwillig einzuquartieren den Befehl erhielt. Da ſeit dem 11. das Hauptquartier des Königs fich in Weimar und die Hauptarmee in deſſen Nähe , und zwar zwiſchen Oberweimar und Umpfera ſtedt, im Lager befand, dabei die großen Truppenmaſſen bereits ſeit mehreren Tagen um Sena , Weimar und Erfurt geſtanden .
*) Ein bei Wólsdorf errichtetes Denkmal , aus der königlichen Eiſen: gießerei zu Berlin , verewigt den hier durch die Hand eines fran zöſiſchen Huſarenunteroffiziers gefallenen Prinzen .
hatten , fo war vorzüglich hier und in der Umgegend ſchon ein großer Mangel an den nöthigſten Lebensmitteln ſehr fühlbar. Einem unterm 11. d. M. erlaſſenen Armeebefehle zufolge
follte das herzoglich weimariſche Scharfſchüßenbataillon nebſt der 2. Warſchauer Fúſilierbrigade, den Huſarenregimentern von Blücher und Herzog Eugen von Würtemberg , ſowie dem Dragonerregimente von Irwing und der reitenden Batterie Schorlemmer, unter Kommando des Generallieutenants von
Blücher die neue Avantgarde bei der Hauptarmee formiren. Die Bataillone Weimar und von Oswald , welche am
12. Morgens gegen 9 Uhr von Weimar abmarſchirt waren , trafen gegen Mittag in dem Dorfe Dettern in den Quartieren
ein und ſtellten daſelbſt ſogleich die erforderlichen Vorpoſten
aus , indeſſen die übrigen Truppen in den nahe gelegenen Der: tern einquartiert wurden . Am 13. Mittags brach die von OS wald’ſche Brigade von da auf , marſchirte bis in die Gegend von Mellingen , wo ſie bis gegen Abend , während welcher
Zeit fich eine kleine Kanonade aus der Gegend von Jena her hören ließ , verblieb , und rückte ſodann von hier , ſpåter bei Umpferſtedt die Chauſſee gewinnend , über Oberroßla , Reißdorf Abends nach 10 Uhr nach Auerſtådt, wo ſeit dem Nachmit:
tage das Armeehauptquartier des Königs und des Herzogs von Braunſchweig fich befand , auf den rechten Flügel der preußia 1
ſchen Armee , von welcher die Diviſionen Graf von Schmettau vor Auerſtådt, und die von Prinz von Oranien und Graf von Wartensleben ſowie die Reſervediviſionen von Kunheim und von Arnim hinter dieſem Orte kampirten , in Bivouat. *) Die 52 Bataillone, 70 Eskadrons , ſo wie 15 reitende
und Fuß - Batterien , von welchen lettern jedoch 2 nicht anka : men , und im Ganzen 36,000 Mann Infanterie und 9,600 .
Mann Kavallerie ſtarke Hauptarmee beſtand aus den 3 Divis fionen der Generallieutenants Prinzen - von Oranien , Grafen von Wartensleben und Grafen von Schmettau , von welchen *) Man fehe Plan I.
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jede ein leichtes , 10 Linienbataillone, 15 Eskadrons, 1 reiz tende und 2 Fußbatterien zählte , ſowie noch aus den unter dem Generallieutenant Grafen von Kalkreuth ftehenden 2 Res
fervediviſionen der Generallieutenants Grafen von Kunheim und von Urnim , wovon der Beſtand der erſtern 8 Bataillone, 15 Eskadrons , 1 reitende und 2 Fuß- Batterien , der der andern 10 Bataillone, 10 Eskadrons, 1 reitende und 2 Fuß - Batterien
war. Außerdem gehörte noch zu der Hauptarmee das weimaris ſche Scharfſchüßenbataillon. Gleichzeitig hatte die verbundene preußiſch - fåchſiſche Armee unter dem Fürſten von Hohenlohes Ingelfingen , deren Stärke vor dem Gefechte bei Saalfeld 50 Bataillone , 77 Eskadrons und 13 Batterien (von denen 25 Bataillone und 32 Eskadrons kurſåchſiſche Truppen waren) betrug, von der Höhe zwiſchen Kotſchau und Iſſerſtedt, von welcher hinunter die von Weimar nach Jena führende Chauſſee 1
geht 1, bis gegen Stapellendorf, und die Avantgarde derſelben unter dem Generalmajor Grafen von Tauenzien zwiſchen Biers
zehnheiligen und Lüßeroda , ſowie das gegen 10,000 Mann ſtarke Korps des Generallieutenants von Rüchel bei Weimar Stellung genommen , um vereint den Marſch der Hauptarmee unter dem Könige zu decken . Die Geſammtſtärke diefer bei 1
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Auerſtådt und bei Sena verſammelten preußiſchen und fachli
ſchen Hauptmacht betrug angeblich 85,180 Kampffähige , ſo wie das Korps des Generallieutenants von Rüchel gegen 10,000 Mann.
Dagegen war die in Bamberg verſammelte franzöſiſche Urmee von da aus in drei Kolonnen getheilt , und zwar die erſte úber Bayreuth , Hof und Plauen 1, die zweite über Kro : nach und Lobenſtein nach Zuma und die dritte über Koburg, Gråfenthal nach Saalfeld und nach den am 9. Oktober bei
Schleiz gegen die preußiſch - fåchfiſche Diviſion unter dem Ges neralmajor Grafen von Tauenzien , gleichwie am 10. bei Saal
feld gegen die preußiſch - ſächſiſche Avantgarde des Generallieu tenants Prinzen Louis Ferdinand von Preußen gewonnenen Gefechten am 13. Oktober bis Naumburg und Sena , in wel:
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cher Stadt dieſen Tag das Hauptquartier des Kaiſers Napo leon ſich befand, vorgerůkt , und beſtand aus den Armeekorps der Marſchålle Davouſt , Bernadotte (Prinzen von Pontes Corvo), Cannes , Augereau ,1 Ney und Soult , ſowie aus den Dragoner - und Kůraſſier - Diviſionen des Prinzen Murat (Großherzogs von Berg).
Die Abſicht des Herzogs von Braunſchweig war , den kommenden Tag die Stellung bei Freiburg zwiſchen der Un ſtrut und der Saale zu beziehen. Indeſſen war von einigen am 13. gegen Abend beim Dorfe Haſſenhauſen durch die preußiſche Kavallerie gefangen genommenen feindlichen Reitern ausgeſagt und durch andere Nachrichten beſtätigt worden , daß der Marſchall Davouſt mit ungefähr 28 Bataillonen unter
den Diviſionsgeneralen Friant , deſſen Diviſion 11,100 Mann, Morand 8,971 Mann und Gudin 9,570 Mann ſtark, ſowie
mit einer aus 3 leichten Kavallerieregimentern beſtehenden Dia viſion unter dem General Vialannes , daber im Ganzen mit
32,284 Mann und nächſtdem der Prinz Murat mit 4 Dra: goner- und 2 Kúraſſier - Divifionen in und bei Naumburg
ſtånden und daß die Saalbrücke bei Köſen unverſehrt wåre. Da jedoch der mit einer Rekognoszirung beſchäftigte Marſchall Davouſt den Anmarſch der Diviſion von Schmettau beobach tet hatte , ſo ließ derſelbe hierauf die Brücke bei Koſen mit 2 Bataillonen bereken.
Nachdem die Hauptarmee großentheils, ohne auch nur die noth wendigſten Lebensmittel , an welchen ſowohl für Menſchen , als auch für Pferde ein wirklicher Mangel bereits vorhanden, verab reicht erhalten zu haben 1, eine bei dem unausgelegten Fallen eines naßkalten und dicken Nebels unruhige Nacht durchwacht 1
hatte , ſetzte ſich diefelbe am 14. des Morgens gegen 6 Uhr,
bei anhaltendem ſtarken Herbſtnebel, ſo daß man kaum 40 bis 50 Schritte weit ſehen konnte , durch Auerſtådt auf der Straße nach Naumburg in Marſch. Die Packpferde folg:
ten hinter der lebten Armeediviſion , ſowie das Fuhrwerk hins
ter der Armeereſerve. Preußiſcher Seits hatte man den Plan,
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daß die Diviſionen Prinz von Oranien und von Wartensleben bei Freiburg die Unſtrut, und die Reſervediviſionen dieſen Fluß bei Laucha überſchreiten , die Diviſion von Schmettau aber dieſen Marſch auf den Höhen von Köſen decken ſollte. Die Kaval
lerie der lektern nebſt einigen Regimentern der Reſerve ſollte unter dem Generallieutenant von Blücher zur Avantgarde die nen , und dieſer General ſekte ſich mit denſelben unverzüglich gegen Gernſtådt und Haſſenhauſen in Marſch. Da der größte Theil der Armee auf einem einzigen ſehr ſchlechten Wege Auer : ſtádt pafſiren mußte, ſo bewirkte dieſes Borziehen der noch I
hinterwärts befindlichen Kavalerie, daß zwiſchen den Diviſio nen große Zwiſchenräume entſtanden , das Vorrücken derſelben aufgehalten und daß einige Batterien 12pfünder ſelbſt nicht ge hörig folgen konnten. Der Marſchall Davouſt, in der Ab
ficht, gegen den preußiſchen linken Flügel vorzudringen , hatte 1
indeſſen die 2 Bataillone, welche die Brücke bei Kóſen belegt hatten, nebſt einiger Kavallerie zwiſchen 5 und 6 Uhr des Mor: gens gegen Haſſenhauſen vorrücken laſſen. Als fo die preußiſche Armee im dichten Nebel gehúlt vorwärts marſchirte, ſtieß zwiſchen 7 und 8 Uhr die Spike der Avantgarde von der Diviſion von Schmettau , bei welcher ſich der König eben an der Tête befand ,2 jenſeits des Dorfes Poppel auf einen kleinen Trupp feindlicher Kavallerie , welcher von 2 Eskadrons nebſt der reitenden Batterie von Graumann
angegriffen und bis hinter Haſſenhauſen zurückgejagt wurde ; da jedoch dieſelben hier die Vorbut von der Infanterie der
Diviſion Gudin trafen und in der Dunkelheit mit einem un: vermuthet mỏrderiſchen Kartåtſchenfeuer empfangen wurden , ſo
zog ſich die Kavallerie eiligſt zurück, und ein Theil der reiten : den Batterie,1 deren Chef getödtet wurde , fiel dabei in feind
liche Hände. Ein gleiches Geſchick hatte eine zweite , kurz hierauf als Erſak derſelben vorbefehligte reitende Batterie , da dieſe von der fie deckenden Kavalerie blosgeſtellt wurde. Der General von Blücher ging hierauf zur Deckung des Aufmars
ſches der Infanterie faſt bis vor Beckwar vor , und die Divi:
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fion von Schmettau marſchirte alsbald vor dem Dorfe Tauch : wiß und bis faſt vor Bedwar auf. Indeſſen war die ganze Divifion Gudin hinter Haſſenhauſen angekommen , befekte dieſes Dorf , fendete eine dichte linie von Zirailleurs gegen Zauchwitz und Rehhauſen vor und begann den Kampf gegen
die Diviſion von Schmettau, welche die Ankunft der Diviſion von Wartensleben , um mit derſelben vereint zum Angriff über: zugehen , erwartete , mit einem ſehr lebhaften und wirkſamen Feuer.
Der General von Blücher war um dieſe Zeit mit unge:
fåhr 20 Eskadrons Kavallerie gegen Punſcherau vorgegangen , wo er , auf dem åußerſten rechten Flügel des Feindes angelangt, ohne Unterſtübung einer reitenden Batterie , da zwei ſolche bes reits , wie oben erwähnt , verloren gegangen waren , trok der noch herrſchenden Dunkelheit , die eine große Unſicherheit bei den Operationen erzeugte , wiederholte Angriffe auf die in Vier: ede formirte franzöſiſche Infanterie, von welcher dieſelben aber ſåmmtlich mit der größten Entſchloſſenheit abgeſchlagen wurden, unternahm , und hierauf mit bedeutendem Verluſte gegen Eckarts : berga zurůdging , wodurch der linke preußiſche Flügel gar keine .
Kavallerieunterſtüßung mehr hatte und deſſen Ueberflügelung fehr begünſtigt wurde. 216 Vorſpiel zur leßtern , zog der
Marſchall Davouſt die gerade zu dieſer Zeit auf dem Kampf plage eintreffende Diviſion Friant nach ſeinem rechten Flügel
und ließ ſie das Dorf Spillberg beſeßen. Während dieſer Vor: gånge hatten das Scharfſchützenbataillon Weimar und das Fúſilierbataillon von Oswald ,
ſowie 4 Bataillone Garde
im zweiten Treffen zur Deckung der rechten Armeeflanke gegen die Saale und die Ilm folgende Stellungen eingenommen : Beide leichte Bataillone ſtellten ſich in dem für ſie ſehr vor: theilhaften Terrain , und zwar das erſtgenannte mit ſeinem rechten Flügel vor der in der Tiefe bei Stadt- Sulza liegenden Emſenmühle und das zweite , das ſich dem linken Flügel deſſels ben anſchloß, långs des in einem engen Thale am Saume des ſogenannten Lindenlohholzes vorbeifließenden Emſenbachs hin:
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ter Bäumen ſo en débandade auf, daß fie hart vor ihrer
Fronte dieſen Bach und den etwas entfernt liegenden Sonnen berg, ſowie im Rüden den mit dem Lindenlohholze beſtandes nen Berg hatten , hinter welchem legtern in einiger Entfernung, und zwar auf der Anhöhe bei Stadt - Sulza die 4 Bataillone
Garde und 1 durch zwei Eskadrons von Herzog Würtemberg Huſaren gedeckte 12pfünder Batterie aufgeſtellt waren. Vom Bataillon Weimar war der Sekondlieutenant von Crayen
nebſt 40 Mann nach Auerſtådt detaſchirt. Um , nach Umſtan den , über den Emſenbach auf vielen Punkten zugleich ſchnel ler und bequemer paffiren und vorrůcken zu können , wurden fogleich entlang deſſelben, in geringer Entfernung von einander, die in der Emſenmühle vorgefundenen Bohlen und Breter darüber gelegt.
Ungefähr gegen 9 Uhr traf die erwartete Diviſion von Wartensleben bei der im Gefechte begriffenen Diviſion von Schmettau ein und vollzog ſogleich zur Rechten der lektern ihren Aufmarſch. Die vorauseilende Kavallerie ( Regiment von Irwing Dragoner) vertrieb die bei Rehhauſen befindlichen feind: lichen Tirailleurs , und hieb eine bedeutende Zahl derſelben,
welche weiter zurück im Sammeln begriffen waren , nieder , ſo daß hier ein ganzes franzöſiſches Bataillon vernichtet wurde. Es mochte 9 Uhr feyn , zu welcher Zeit der ſtarke Nebel durch eine ſchöne Herbſtſonne nach und nach verdrängt wurde und allenthalben Flüchtlinge mit ihren Habſeligkeiten aus den bez nachbarten Dörfern ankamen , als die Diviſionen von Schmettau und von Wartensleben zu avanciren begannen , und alles, was ſie von Franzoſen vor oder auf der Südſeite von Haſſenhauſen antrafen , bis in die Gårten dieſes Dorfes und die daſelbſt befindlichen Hohlwege zurückdrängten und ungefähr 800 Schritte von dieſem Orte , um ſich zum Sturmangriff auf denſelben zu 1
ſammeln , Halt machten . Da eine ſchwere Batterie dieſer Dis viſion durch den Grund von Rehhauſen nicht hatte paſſiren
können , ſo konnte dieſer Ort nur mit einer Batterie beſchoſſen werden. Während deſſen und gerade in dem ſo wichtigen Uugen:
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blicke wurden aber nicht allein der Herzog von Braunſchweig, fondern auch der Graf von Schmettau und Graf von Wartens leben , ſowie die zwei Brigadegenerale von Wedel und von Greiffenberg durch Bleſſuren außer Dienſtthätigkeit geſegt, wo: durch faſt alle obere Führung des preußiſchen Heeres verloren
ging , gleichwie auch ſpåter noch der Feldmarſchall von Möllen: 1
dorf verwundet ward. Mittlerweile hatte die Diviſion Friant vom Dorfe Spilberg aus ihre Bewegungen begonnen und ihre Kavallerie die 2 von der Diviſion von Schmettau gegen Zeckwar aufgeſtellten Bataillone zum Rückzuge genöthigt, worauf die Zirailleurs hinter der Linie der Preußen ſelbſt bis gegen
Poppel vordrangen , und endlich die bereits hart mitgenommene Diviſion von Schmettau in ihrer Flanke angriffen, und bis
Tauchwiß zurückwarfen , ſo daß dieſelbe ihren linken Flügel an Tauchwig anlehnte , indeſſen ihr rechter mit der Diviſion von
Wartensleben in Verbindung blieb und von legterer ihr einge nommenes Terrain hartnäckig vertheidigt wurde. Bereits früher war die Diviſion Prinz von Oranien zur Unterſtüßung der Schlachtlinie, und zwar mit der einen Hälfte
auf den linken Flügel und mit der andern zur Unterſtüßung des Zentrums derſelben , herangerückt, während ihre Kavallerie gleich von Auerſtådt aus ihren Marſch nach Neu - Sulza nahm.
Indeſſen eine Brigade dieſer Diviſion durch Rehhauſen vorging, růckten 4 Bataillone derſelben unter dem Prinzen Heinrich von Preußen nach Tauchwiß vor , welcher ſowohl von hier als auch von Poppel die feindlichen Tirailleurs verjagte und ſich an die
Diviſion von Wartensleben anſchloß. Die zurückgeſchlagene Infanterie der Diviſion von Schmettau , welche hinter Tauch wiß wieder geſammelt worden war , folgte theilweiſe dem Prin: zen Heinrich in zweiter Linie , während der Reſt derſelben ſüd weſtlich von Tauchwiß aufgeſtellt wurde. Hierauf begann ein neues Vorrücken und zwar bis vor Haſſenhauſen , wo der größte Theil der Diviſion Gudin fich zur Vertheidigung in der Fronte vereinigte , während deſſen die kurz vorher da eingetroffene. Diviſion des Generals Morand
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dieſes Dorf gegen alle Angriffe in der linken Flanke beckte, fo baß zwiſchen 10 und 11 Uhr von beiden Theilen das Terrain
ſtehenden Fußes vertheidigt wurde. Mittlerweile eröffnete eine am Kirchhofe von Spilberg aufgeſtellte feindliche Batterie von 12 Ranonen ein ſehr wirkſames Feuer auf den linken Flügel der Preußen , unter deren Schuße die Diviſion Friant aber :
mals gegen Tauchwih vorrückte und ohne Schwierigkeit die 4 Bataillone unter dem Prinzen Heinrich in Flanke und Rücken nahm , welche lektere , beſchoſſen von drei Seiten , nach eini
ger Zeit ſich nach Rehhauſen zurückzuziehen genöthigt wurden. Nachdem nun das Kanonen - und Kleingewehr - Feuer von einem Flügel zum andern ununterbrochen bei Haſſenhauſen,
Tauchwig, Spilberg und Rehhauſen, mit abwechſelndem Glücke beider Theile bis etwas nach 11 Uhr fortgedauert hatte, ka men zu der Zeit unter dem Prinzen Wilhelm von Preußen
10 Eskadrons des Leibkúraffier - und des Karabinier - Regi ments von der Diviſion Prinz von Oranien über den Hölzern bei Stendurf und Neu :Sulza auf dem rechten preußiſchen Flügel an und attakirten hierauf die , durch 4 bis 6 Kanonen kräftig unterſtügte, in Vierecke formirte, 3 Bataillone ſtarke Infanterie des von aller Kavallerie entblóſ'ten feindlichen linken
Flügels , welcher Angriff jedoch an der beſonnenen Feſtigkeit des Fußvolks ſcheiterte, ſo daß ſich die preußiſche Reiterei theilweiſe über Rehhauſen und andern Theils über Sonnendorf , den 1
Sonnenberg und bei der Emſenmühle, an den hier aufgeſtell ten Bataillonen Weimar und von Oswald entlang nach Wuer
ſtådt zurůdzog. Obgleich nun von den Reſervediviſionen der Armee 19 Bataillone nebſt 15 Eskadrons , ſowie 3 Bataillone von der
Diviſion Prinz von Oranien zu dieſer Zeit am Gefechte noch
gar nicht Theil genommen hatten, auch Gencral von Blücher dem Könige von Preußen den Vorſchlag gemacht haben ſoll, mit dies ſen vereinigten Kräften den Feind nochmals anzugreifen, fo be fahl doch der König , den Rúdzug gegen Weimar anzutreten, um fich, da man die Fürſt von Hohenloheſche Armee noch bei
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Kapellendorf, ſo wie das Korps des Generallieutenants von Rüchel bei Weimar ftehend glaubte , mit beiden zu vereinigen und für den folgenden Tag eine zweckmäßige Stellung zu wäh. len .
Darüber wurde vom Generalmajor von Saſtrow in
Auerſtådt folgender Befehl bekannt gemacht: ,,Die Direktion des Marſches geht nach Weimar. Die Reſervediviſionen machen die Arriergarde unter dem General von der Kavallerie Grafen von Kalkreuth ; die übrigen Regi:
menter , und was nicht dazu gehört , werden ſich auf der Chauſ 1
ſee nach Weimar ſo viel als möglich zuſammenhängen , ohne daß ſie gerade ihre Ordre de Bataille genau befolgen. Sen ſeits Weimar feßen ſich die Truppen långs der Straße gegen den Ettersberg. Alles links abmarſchirt." Die geſchlagenen Truppen zogen daher unter dem Kom: mando des Feldmarſchalls von Möllendorf eines Theils durch Auerſtådt und andern Theils durch Reißdorf mit Ordnung fich
zurück, während deſſen der General Graf von Kalkreuth mit obengedachten friſchen Reſervetruppen , von welchen zu der Zeit 2 leichte Bataillone bei der Emſenmühle, 4 Bataillone Garde auf der Anhöhe bei Stadt - Sulza , 13 Bataillone und 15 Eskadrons zwiſchen Auerſtådt und Gernſtådt, ſowie 3 Ba:
taillone zwiſchen lebterm Ort und Tauchwiß ſtanden , den Üb marſch deckte.
Die Franzoſen folgten den abziehenden Truppen in 3 Kolonnen nach , von welchen eine in der Linie von Zedwar, Bendorf und Lisdorf vorgerückt war , wo ſie durch das Kanos nenfeuer der zweiten Reſervediviſion etwas in ihrem Vorgehen
aufgehalten wurde , welche ſpåter links abmarſchirte, um ſich
auf den Höhen von Edartsberga wiederum aufzuſtellen. Uns dere feindliche Kolonnen drangen in der Mitte theilweiſe gegen Tauchwiß , theilweiſe gegen Rehhauſen vor , hinter welchem er: ſtern Dorfe 3 Grenadierbataillone unter dem Prinzen Auguſt von Preußen beharrliche Gegenwehr leiſteten und erſt nach
mehrmaligem Befehle fich bis an die hinter Gernſtadt aufge ſtellte Brigade, und längere Zeit nachher, von der Reſerveka
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vallerie und der des Generals von Blücher gedeckt, durch Auers
ſtádt zurüđzogen. Die dritte über Sonnendorf anrüdende Kos lonne von der Diviſion Morand *) zeigte ſich gegen 12 Uhr ben leichten Bataillonen Weimar und von Oswald gegenüber und führte auf dem Sonnenberge 6 Geſchüße auf, von wel:
chen gleich im erſten Augenblicke mehrere Artilleriſten und Pferde durch das Feuer der weimariſchen Scharfſchüßen getódtet wur den , und da kurz hierauf eine ſehr zahlreiche feindliche Tirail leurlinie des 13. leichten Infanterieregiments den vor der Stellung des en débandade aufgeſtellten Bataillons Weimar
liegenden Berg herabzurücken verſuchte, ſo ward dieſelbe durch ein lebhaftes und ſicheres Feuer empfangen und ihr dadurch nicht allein viele Leute getödtet und verwundet , ſondern fie auch am weitern Vordringen verhindert. Das Gefecht dauerte ſo eine Zeit lang fort, als nun auch die franzöſiſche Batterie
ein heftiges Feuer auf das Bataillon Weimar eröffnete, wobei gleichzeitig zur Vertreibung deſſelben eine bedeutende Anzahl feindlicher Tirailleurs , welchen mehrere ſtarke Infanterieabtheis lungen des 56. Regiments folgten , den Berg ſchnell herab :
rückte, um den Grund, in welchem der Emſenbach fließt , zu überſchreiten , wodurch nun das Bataillon , nachdem es ſeiner ganzen Linie entlang ein wiederholtes wirkſames Feuer auf den andringenden Feind unterhalten hatte, der großen Uebermacht
deſſelben zu weichen und ſich unter deſſen lebhaftem Geſchůzfeuer *) Die Berichte über die Schlacht bei Auerſtadt weichen darin von einander ab, daß ein Theil derſelben die Diviſion Friant, anſtatt der Diviſion Morand, den linken Flügel des Davouſtrohen Urmee : korps einnehmen låßt , während andere gerade das Gegentheil an: führen . Die von dem Verfaſſer an Ort und Stelle eingezogenen Nachrichten , welche dahin beſtimmt lauten , daß die Diviſion Morand am Ende der Schlacht den 14. Oktober Stadt : Sulza,
und zwar durch das 56. Infanterieregiment, ſowie die Emſenmühle und umgegend beſegt habe , ſcheinen die Angabe derjenigen Schrift: ſteller zu beſtåtigen , welche dieſer Diviſion den linken Flügel dies ſes Armeekorps anweiſen .
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durch und bis hinter bas bergan liegende Lindenlohholz, jedoch
dieſes Schritt vor Schritt vertheidigend , zurückzuziehen geno 1
thigt fah. Jedoch griff alsbald das Bataillon Weimar die Franzoſen , welche in dieſem Holze ſchon feſten Fuß gefaßt hatten , an , und vertrieb fie wieder daraus. Mittlerweile hatte
nun auch die auf der Anhöhe bei Stadt - Sulza aufgeſtellte
preußiſche 12pfünder Batterie gegen die auf dem Sonnenberge befindliche feindliche ein ziemlich lebhaftes Feuer begonnen. Nachdem hier das gegenſeitige Gewehr- und Geſchüß - Feuer eine Zeit lang unausgelegt unterhalten worden war , erhielten die Bataillone Weimar und von Oswald den Befehl zum
Rückzuge, welchen beide mit Ordnung unter wohlerhaltenem Gefechte theilweiſe durch das Lindenlohholz , ſowie durch ein ſanft aufſteigendes freies Terrain bis auf die dahinterliegende
Anhöhe von Stadt - Sulza, wobei der Sekondlieutenant von Beulwitz vom Bataillon Weimar zweimal ſchwer bleſſirt und ſpåter gefangen wurde , bewerkſtelligten . Auf dieſer Anhöhe fanden die beiden Bataillone die zu ihrer Unterſtüßung in Bierede aufgeſtellten 4 Bataillone preußiſcher Garde, wurden aber nebſt den legtern von den durch das Holz zahlreich vor
dringenden feindlichen Tirailleurs , ſowie von der Batterie des
Sonnenbergs, jedoch mit nicht bedeutendem Erfolge , beſchoſſen. Auch blieben wiederholte Verſuche der franzöſiſchen Kavallerie gegen die rechte Flanke des Bataillons Weimar , und zwar unter Verluſten für ſie, völlig erfolglos. Die auf der Höhe von Stadt - Sulza aufgeſtellte preußiſche Batterie hatte mittler: weile ihr Feuer eingeſtellt und ſich zurückgezogen. Alsbald bewirkten auch die vor Querſtådt noch aufgeſtellt geweſenen Reſervetruppen nebſt der Kavallerie unter dem General von
Blücher ihren Rückzug durch dieſen Ort , hinter welchem fie wieder Stellung nahmen. Der Feind folgte ihnen nach und führte, um die Auerſtådt noch befekt haltenden Preußen und
das weimariſche Scharfſchüßendetaſchement daraus zu vertrei ben , auf der Höhe zwiſchen Gernſtadt und Auerſtådt Wurf
geſchüße auf und ſchoß legtern Ort durch Granaten in Brand,
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worauf derfelbe verlaſſen wurde und dieſe weimariſche Abthei lung fich ſeinem Bataillon wieder anſchloß. Spåter bewerk: ſtelligten die 4 Bataillone preußiſcher Garde ihren Rückzug auf den Höhen des linken Ilmufers nach der Gegend von Widerſtedt.
Nachdem nun die Bataillone Weimar und von Oswald theilweiſe noch ein unbedeutendes Tirailleurfeuer bis nach 3 Uhr des Nachmittags um Auerſtådt unterhalten hatten , traten dies
ſelben als Nachhut der unter dem General Grafen von Kalk
reuth ſtehenden Armeearriergarde gleichfalls den Rückzug an . Das von früh bis Nachmittags anhaltende Kanonen- und Kleingewehr-Feuer , ſowie das Nachfolgen des Feindes hörten nun nach und nach ganz auf, indem ſich Marſchall Davouſt zwiſchen Eckartsberga und Stadt - Sulza , und zwar ſein linker Flügel unter General Morand in der Umgegend der Emſen mühle, in welcher dieſer General ſein Quartier nahm , lagerte. Indeſſen erhielt noch das Bataillon Weimar nebſt 1 Eskadron von Herzog von Würtemberg Huſaren ſeitwärts von Auer
ſtådt den Befehl, den Verſuch zur Befreiung einer kleinen An
zahl in der Richtung nach Dornburg zu von feindlicher In fanterie transportirter , gefangener Preußen zu machen ; jedoch nach einem zu dieſem Zwecke angetretenen kurzen Marſche zeigte ſich in der Ferne dieſer Gegend eine bedeutende Anzahl an růckender franzöſiſcher Kavallerie des Bernadotteſchen Armee : korps, welches an demſelben Tage Vormittags 10 Uhr bei Dorn burg die Saale paſſirt und die Beſtimmung hatte, die Haupt armee im Rücken zu nehmen , ſo wie die Verbindung zwiſchen dieſer Armee und der des Fürſten von Hohenlohe abzuſchnei den , weßhalb , um nicht umgangen zu werden , ſchnell umges kehrt und der früher ſchon angetretene Rückzug gegen Nieder
roßla , welcher Ort ſpåter zum Nachtquartiere der beiden Ba: taillone Weimar und von Oswald beſtimmt war , nun wieder eingeſchlagen wurde. Indeſſen hatte die Hauptarmee, mit dem
König an der Spiße, welchem jedoch völlig unbekannt war, daß die preußiſch - fächſiſche Armee , unter dem Fürſten von 2
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Hohenlohe - Ingelfingen , bei Jena eine Schlacht geliefert, und daß dieſelbe da von dem Kaiſer Napoleon in Perſon völlig geſchlagen, ſowie , daß das zu deſſen Hülfe herbeigeeilte Korps des Generallieutenants von Rüchel zwiſchen Groß - Romſtedt und Kapellendorf vorzüglich durch das Armeekorps des Mar: ſchals Soult gånzlich über den Haufen geworfen und dieſer General ſchwer bleſſirt worden, der vielmehr der Meinung war, daß beide Korps, ihrer Beſtimmung gemäß , noch in ihren Stel lungen verblieben wåren , um den Marſch der Hauptarmee zu decken , dieſen bis an den Uebergang der Ilm bei Mattſtedt ziemlich in einer Kolonne fortgeſeßt. Da man jedoch von hier 1
auf den Höhen von Apolda bereits feindliche Truppentheile des
über Dornburg vorgerückten Bernadotteſchen Armeekorps in bedeutender Anzahl ſah, und ſich in ein neues Gefecht einzu laſſen nicht für rathſam hielt , ſo bog, erhaltener Weiſung zu :
folge, die ganze Kolonne der Hauptarmee von der Chauſſee rechts aus , zertheilte ſich aber in mehrere Kolonnen , die bei
der eingetretenen Nacht, ohne wegekundige Führer , aus einan der kamen , zumal da fie von andern Truppentheilen der ges fchlagenen und ohne Ordre des Rückzugs umherirrenden Fürſt von Hohenloheſchen Armee durchbrochen wurden .
Anſtatt den beabſichtigten Rückzug nach Weimar fortzu feen , ſchlug man ihn nun , dieſe Stadt links liegen laſſend,
nach Buttelſtedt, Buttſtedt und Sömmerda ein , in welchem lektern Orte der König blos mit einem geſchloſſenen Truppen theile am ſpäten Abend eintraf und die Nacht zubrachte.
Indem die Bataillone Weimar und von Oswald indeſſen ihren Marſch nach dem mittlerweile für ſie beſtimmten Nacht:
quartiere Niederroßla fortſekten , betraf jenes in der Nähe dies fes Ortes der Unfall, durch die Dunkelheit der Nacht bei zwei fich kreuzenden Wegen in zwei Kolonnen von einander getrennt zu werden , und der größte Theil deſſelben mit dem Füfilier: bataillon von Oswald , von einem unkundigen Boten geführt, richtete ſeinen Marſch auf die Feuer eines weit ausgedehnten und für preußiſch gehaltenen Lagers; jedoch ganz nahe bei
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felbigem angekommen , wurde dieſe Abtheilung durch den ganz unvermutheten Anruf der franzöſiſchen Schildwachen zu der unerwarteten Ueberzeugung gebracht, daß ſie ſich vor einem großen feindlichen Bivouak vom Bernadotteſchen Armeekorps befinde. In dieſer höchſt bedenklichen Lage wurde auf der Stelle umgekehrt und eiligſt und in möglichſter Stille rückwärts marſchirt , ſo daß bei dieſer Gelegenheit blos der Premierlieu 1
tenant von Boyneburgk und ungefähr 40 Mann des Bataillons Weimar, welche in der herrſchenden Finſterniß unglücklicher
weiſe fich zu weit links ſeitwärts aus der Kolonne herausgea zogen hatten ,. in das feindliche Lager geriethen und ſo gefangen
genommen wurden. Endlich langte, nach langem Herumirren, dieſer Theil des Bataillons Weimar nebſt dem Fúſilierbataillon von Oswald am ſpäteſten Abend vor Mattſtedt an , marſchirte durch dieſes Dorf, bezog auf einem daſelbſt nahegelegenen Berge den Bivouak und ſtellte ſeine Feldwachen aus.
Der Oberſtlieutenant von Hönning, mit dem andern Theile des Bataillons, kam , den rechten Weg verfolgend, in Niederroßla an , bemerkte jedoch beim Einrúden in dieſen Ort eine Menge Soldaten , welche mit brennenden Lichtern und ans
gezündeten Strohwiſchen in den Höfen und Stållen herumlie fen. Deßhalb ſendete er eine Ordonnanz mit dem Befehle ab, denſelben ihre große Fahrläſſigkeit zu unterſagen ; ſie gewahrte jedoch in der Nähe , daß dieß . feindliche Kavalleriſten waren, daber ſie auf der Stelle umkehrte und dieß dem Oberſtlieutes
nant von Hönning meldete, worauf dieſer mit ſeiner Mann :
ſchaft augenblicklich, mit der größtmöglichſten Behutſamkeit und von der düſtern Nacht begünſtigt, Niederroßla wieder verließ und , abgerechnet den Verluſt des Stabshorniſten und von un gefähr 30 Gemeinen , welche dabei in feindliche Hände fies len , mit ſeiner übrigen Mannſchaft der großen Gefahr der Ge fangenſchaft glücklich entging und ſich hierauf ganz nahe an
zwei feindlichen Lagern vorüber nach Mattſtedt zurü & zog , wo 1
er zufälligerweiſe in dem , einzig vom größten Theile des Ba taillons Weimar und dem Bataillon von Oswald bereits be 2*
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zogenen, Bivouak eintraf. Während dieſes ungünſtigen Ereig niſſes in Niederroßla war der Premierlieutenant von Linker vom Bataillon Weimar in der Dunkelheit der Nacht von ſel
bigem getrennt worden und hatte, dem nach Erfurt zurückziehen den preußiſchen Truppentheile zu folgen, ſich genöthigt geſehen, woſelbſt er jedoch am andern Tage bei der Kapitulation dieſer Feſtung, in welcher ſich der Feldmarſchall von Möllendorf und der Prinz von Oranien mit ungefähr 8000 Mann an den Prinzen Murat ergaben , in Gefangenſchaft gerieth und auf fein Ehrenwort nach Weimar entlaſſen wurde. Die Lage des Ueberreſtes des ſo mancherlei Gefahren ent
gangenen weimariſchen Bataillons, welches übrigens, der wah rend der Schlacht inne gehabten gut gedeckten Stellung wegen , durch fein wirkſames Feuer dem Feinde einen nicht unbedeuten
den Verluſt beizubringen Gelegenheit gehabt und dagegen im Verhältniß weniger gelitten, und an dieſem Tage mit Beſtimmts heit 41 Mann Todte und Verwundete, und unter legtern 2 Offiziere (den Major von Egloffſtein und den Sekondlieute nant von Beulwis ) hatte , war fehr bedenklich, da es , abge
rechnet der früher bis in die Nacht fortgedauerten Hin- und Hermårſche und der zwei aufeinander gefolgten kalten und un ruhvollen Bivouaks , durch anderthalbtågiges Entbehren aller
Lebensmittel ſehr entkräftet feyn mußtè. Dabei war es vom Feinde ganz nahe umringt und von der preußiſchen Armee völlig abgeſchnitten , indem in dieſer Nacht der rechte Flügel der franzöſiſchen Armee , und zwar das Armeekorps des Mar ſchal Davouſt, zwiſchen Eckartsberga und Stadt-Sulza, ſowie andere Korps zwiſchen der Mattſtedter Ilmbrücke und nahe bei Weimar , der linke Flügel derſelben unter Marſchau Uu
gereau aber zwiſchen dieſer Stadt und dem Luftſchloſſe Bel vedere bivouakirten , daher auchy, trotz der kalten Nacht, keine Feuer angezündet werden durften, und nachyſtdem abermals nicht die mindeſte Verpflegung verabreicht wurde. Auch waren die Munitionswagen verloren gegangen, gleichwie die mehrſten Padt: pferde vom Bataillon gånzlich abgekommen.
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Den Geſammtverluſt der preußiſchen Armee in der Schlacht bei Auerſtådt genau zu ermitteln, haben die nach derſelben uns
mittelbar eingetretenen Ereigniſſe nicht geſtattet, und nur ſo viel iſt gewiß, daß ſelbige in der Schlacht ſelbſt ungefähr 320 getódtete und verwundete Offiziere zählte , und nächſtdem eine Unzahl Geſchůße vorzüglich deßhalb in feindliche Hände fiel; weil ein Theil der 12pfünder Batterien , mit erft vor Kurzem ausgehobenen Stückknechten und Pferden verſehen und beſpannt,
zum Theil noch ganz roh und des Manövrirens nicht völlig kundig war, wogegen die Franzoſen ſelbſt den ihrigen auf 270 Offiziere und 7,000 Mann angaben , während der preußiſche Verluſt an Gemeinen 5,000 Mann wohl nicht überſteigen dürfte. Vom Bivouak bei Mattſtedt aus bemerkte man ein gro: Bes Feuer in der Gegend nach Weimar zu , und am andern Tage erfuhr man , daß es durch die am 14. in Weimar eins gerückten Franzoſen , von welchen die Kavallerie des Prinzen
Murat zuerſt und zwar bereits Abends gegen 5 Uhr mit den
legten ſich zurückziehenden Preußen eingetroffen war , entſtanden ſey. Uebrigens waren wohl die Bataillone Weimar und von
Oswald in dieſer Stellung unſtreitig diejenigen , die von der gan zen preußiſchen Armee am weiteſten zurück und , als von ſelbiger völlig abgeſchnitten und nach drei Seiten hin von den nahen und zahlreichen Feinden umgeben , der mehrſten Gefahr ausges rekt waren.
Deßhalb brachen auch dieſe beiden Bataillone bereits am frúbeſten Morgen des 15. aus dem Bivouak auf, um Erfurt
zu gewinnen , während ihnen in der Ferne feindliche Kavallerie
nachfolgte und ſie auf dem Marſche in Erfahrung brachten, daß auch dieſe Stadt bereits vom Feinde eingeſchloſſen und das Hauptquartier des Kaiſers Napoleon in Weimar ren ; da her dieſelben ihren Marſch nun gegen Kölleda richteten , wo fie, Nachmittags ankommend, erfuhren, daß gleichfalls franzöſi ſche Kavallerie ganz in der Nähe dieſes Ortes ſtehe, und ſich darauf eine halbe Stunde hinter derſelben gegen Frohndorf zu auf ein freies Feld zurückzogen, um daſelbſt zu bivouakiren . 1
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Hier erhielt vor einbrechender Nacht 1 Lieutenant nebſt 25 Mann vom Fúſilierbataillon von Oswald und der Sekond : lieutenant von Seebach nebſt 25 Mann des Bataillons Weis
mar den Befehl, wo möglich zu verſuchen , in Kölleda einzu: rücken und für dieſe zwei Bataillone Lebensmittel und Fourage zu requiriren . Dieß zuſammengeſepte Detaſchement,1 unter den Befehlen des Offiziers vom Bataillon von Oswald , marſchirte demzufolge auch nach Koleda ab ; während des Marſches kam jedoch ein kurſächſiſcher Dragoner vom Regiment von Polenz
nebſt einem gefangen genommenen ſchwer verwundeten fran zöſiſchen Reiter von dorther bei demſelben an und ſagte aus, daß vor kurzer Zeit 300 Mann feindlicher Kavallerie vom Soult'ſchen Armeekorps in dieſe Stadt eingerůdt wåren, welche
Angaben der Gefangene bejahete und überdieß verſicherte, daß noch 300 Mann franzöſiſcher Kavallerie hinter der Stadt zum
Einrücken bereit lågen. Der wahren Ermittelung dieſer Mit theilungen wegen , rú & te hierauf das Detaſchement bis nahe
vor die Stadt , nahm daſelbſt hinter Weidenbåumen Stellung und entſendete zwei Schleichpatrouillen dahin, welche auch bald mit einem Einwohner aus derſelben zurückkehrten, der gleichfalls alle jene Ausſagen und daß die Stadt bereits eine Kontribu tion von 800 Thalern håtte bezahlen müſſen , beſtåtigte. Dieſe Umſtånde beſtimmten nach einiger Zeit den Deta ſchementskommandanten, ſich mit der kleinen , dem weit über: legenen Feinde zu ſehr ausgeſepten und ohnedieß ſehr ermúde: ten Abtheilung und , um aufs Möglichſte gegen jeden etwai gen Kavallerieangriff geſicherter zu feyn , långs den am Frauen bache ſtehenden Weidenbäumen nach der nach Frohndorf zu gelegenen und zum Bivouak für beide Bataillone beſtimmten
Gegend zurückzumarſchiren , wo es jedoch blos-eine Ordonnanz mit dem Befehle vorfand , daß , da die Bataillone fich bereits
nach dieſem Orte in die Quartiere zurückgezogen , das Deta ſchement ein Gleiches thun ſollte , welches denn auch am ſpå: ten Abend geſchah .
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Am 16. früh marſchirten die Bataillone von Frohndorf ab und kamen um 6 Uhr in der Ebene bei Sömmerda an, wo den Tag zuvor der König ſich befunden und ſowohl Ueber: reſte der königlichen Armee , als auch die kurſächſiſche Kavalle rie unter dem General von Zeſchwiß hatte aufmarſchiren und defiliren laſſen . Sie ſtießen hier , den größten Gefahren der Gefangenſchaft glücklich entgangen , wozu wohl die Bekanntſchaft mit der Gegend viel beigetragen hatte , zu den unter den Bes fehlen des Generals von der Kavallerie Grafen von Kalk
reuth daſelbſt geſammelten Ueberreſten der Reſerve der Haupts armee , beſtehend aus 3 Bataillonen Garde, den Grenadierbas
taillonen Prinz Auguſt und Rabiel, den ſüdpreußiſchen Füſi lieren , mehreren Eskadrons Karabiniers , dem Kůraſſierregiment von Beeren , dem Huſarenregiment von Blücher und einer reis tenden Batterie , ſowie noch aus einer nicht unbedeutenden Zahl verſchiedener Reitertruppentheile, und wurden bei ſelbiger als Nachhut zu der aus einer beträchtlichen nach und nach ges
fammelten Kavallerie und leichten Infanterie, unter dem Ges neral von Blücher, formirten Urriergarde befehligt. Als dieſes Korps , auf dem Marſche nach Sondershauſen begriffen , bei Weißenſee ankam , fand es dieſen Ort von einem Theile der ſchon am 15. ſpåt Abends dafelbft unter dem General Klein
eingerückten franzöſiſchen Dragonerdiviſion befekt. Die Kolonne hielt hierauf an , und auf Befehl des Generals Grafen von
Kalkreuth verfügten ſich die Generale von Blücher und von Tauenzien nebſt dem Oberſten von Maſfenbach , von einem Trompeter begleitet , zum General Klein nach Weißenſee, wo fie ihm mittheilten , daß der König , nach dem vom Kaiſer Napoleon am 14. während der Schlacht bei Auerſtådt durch
den franzöſiſchen Kammerherrn und Capitaine des ordonnan ces permanentes , von Montesquiou , erhaltenen und friedfer: tige Geſinnungen ausdruckenden Schreiben , mit demſelben bez
reits wegen eines Waffenſtilſtandes unterhandle , welche Erklå rungen den General Klein zu Einſtellung aller Feindſeligkeiten, wodurch die von Kalkreuth'ſchen und von Blücher'ſchen Armee:
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trúmmer einer großen Gefahr entgingen , vermochten , welches Verfahren aber ſpäter vom Kaiſer Napoleon in dem Armee:
bulletin ſtark gerügt wurde. Zu bemerken iſt hierbei , daß der König allerdings in einem am 15. von Sömmerda aus an den franzöſiſchen Kaiſer gerichteten und durch den Major Grafen von Dönhoff überreichten Schreiben demſelben einen Waffenſtil
ſtand angetragen, ſowie gleichzeitig dem Oberſten von Maſſenbach den Auftrag, ſolches dem erſten franzöſiſchen General , den er treffen würde , bekannt zu machen und daß nicht zuerſt auf die Franzoſen geſchoſſen werden ſollte, ertheilt hatte. Jener Antrag wurde aber bekanntlich nicht angenommen . Indeſſen war zu eben dieſer Zeit das Grenadierbataillon
von Gaudi nebſt 1 Batterie auf der andern Seite vor Wei Benſee angekommen, und wollte ſich eben durch Wegnahme
dieſer Stadt mit dem von Kalkreuth'ſchen Korps vereinigen , als dieſes Bataillon die Mittheilung des Waffenſtillſtandes, zu welchem das Erſcheinen dieſes Truppentheils und der Umſtand,
daß der General Klein blos über 1,000 ermüdete Pferde zu verfügen hatte , dieſen übrigens vermuthlich auch willfähriger gemacht, erhielt. Die von Kalkreuth'ſche Kolonne marſchirte hierauf, Weißenſee rechts , ſowie das Grenadierbataillon von 1
Gaudi und die Batterie dieſe Stadt links liegen laſſend und
darnach auf dem Zuſammenhange der Höhen ſich vereinigend, auf Greußen. Indeſſen war der feindliche General Laſalle mit zwei Regimentern Kavallerie von dem gleichfalls auf Greußen anrúdenden Armeekorps des Marſchall Soult auf der Höhe bei Ganglof -Sommern angekommen und machte auf die Ko lonne eine Angriffsbewegung, weßhalb lettere fich ſogleich in Schlachtordnung formirte und ſo den Feind erwartete. Hierauf begab ſich aber der von dem General Klein zur Führung der
preußiſchen Kolonne mitgegebene franzöſiſche Oberſt zum Genes ral Laſalle und machte ihn mit dem Waffenſtilſtande bekannt,
worauf fich lekterer mit ſeinen Regimentern zurückzog, und das von Kalkreuth'ſche Korps dadurch und daß es den Eng= paß von Greußen vor dem verfolgenden Marſchall Soult paf
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firte, feiner ſchwierigen Lage entging. Die preußiſchen Gar : den bezogen nun daſelbſt,1 ſowie die Grenadierbataillone Prinz Auguſt und von Gaudi in dem nahegelegenen Flecken Klingen die Quartiere , indeſſen die Bataillone Weimar und von Ds. wald ſich vor dieſem Orte lagerten und hier eine kleine 2b.
theilung weimariſcher Scharfſchüßen 6 Chasseurs à cheval gefangen nahm , welche da und in der Umgegend 800 Thaler gebrandſchabt hatten und eben durch die Garten zu entfliehen im Begriff geweſen waren . Da der indeſſen mit ſeinem Armeekorps nahe heranges
růckte und ſich auf keinen Waffenſtilſtand einlaſſende Marſchall Soult feine Angriffsplåne immer mehr und mehr entwickelte, ſo růckten die einquartierten Truppen wieder aus und bezogen wohl eine Stunde'hinter Klingen nach Sondershauſen zu, und zwar bei Ober- und Niedertopfſtådt, ſowie die unter dem Ges neral von Blücher zur Urriergarde gehörenden Truppen bei Greußen und Klingen und die Bataillone Weimar und von Oswald in den bei legtgenanntem Orte auf einer Anhöhe lies
genden Weinbergen den Bivouak , während eine reitende Batterie den Paß bei Herrenſchwenda beſepte. Zwiſchen 6 und 7 Uhr Abends griff der Marſchall Soult die Arriergarde mit weita ůberlegener Macht an , und von beiden Seiten dauerte das
lebhafte Kanonen - und Gewehr - Feuer , ſowie das Handge: menge der Kavallerie bis zum ſpåten Abend , bei welcher Gea legenheit das bis dahin behauptete Städtchen Greußen in Flam men ſtand. Der General von Blücher trat, nach hartnäckiger Gegenwehr und nach einem nicht unbeträchtlichen Verluſt an Mannſchaft , welcher auch das Bataillon Weimar mit betraf,
in der Nacht den Rückzug nach Sondershauſen an , welcher der großen Dunkelheit und des auf dem Fuße folgenden Fein des wegen åußerſt langſam und mit der größten Behutſamkeit von Statten ging, indem die Kolonne Anfangs faſt alle hun
dert Schritte anhielt, weil die Seitenpatrouillen jeden Augens blick auf den Feind zu ſtoßen glaubten , ſo daß das nebſt dem
Fúfilierbataillon von Oswald die Arriergarde bildende Bataillon
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Weimar, vori welchem die beiden Sekondlieutenants von Boy neburgk und von Dankwerth während dieſes höchſt ermúdenden
Nachtmarſches in feindliche Gefangenſchaft geriethen , nach Mit
ternacht gegen 2 Uhr im Dorfe Kirchengel in ſehr gedrångte Nach blos zweiſtündiger Raft in dieſem Orte traten beide Bataillone am 17. in der Frühe bei Annäherung des Feindes 1, in deſſen Hände daſelbſt
und ármliche Quartiere einrückte.
der weimariſche Sekondlieutenant von Goldacker einer erhaltenen
Kontuſion wegen gerieth ,1 ihren weitern Marſch an und trafen über Sondershauſen , wo ſie wieder zum General von Blücher ſtießen , des Mittags vor Nordhauſen ein , wo das Bataillon Weimar , da es ſeine ganze Munition verſchoſſen hatte , von der preußiſchen Garde Patronen faßte. Kurze Zeit nach dem Eintreffen der Generale von Kalkreuth und von Blücher mit ihren Truppen in und um Nordhauſen , und als eben des Mits tags die Bataillone Weimar und von Oswald in Begriff ftan den ,1 in dieſer Stadt in die Quartiere zu rücken ,I traf das Ar: meekorps des Marſchall Soult und ein Theil der Reſervekavalerie
vor felbiger ein und eröffnete ſogleich das Gefecht mit einer heftigen Kanonade , weßhalb die in Nordhauſen bereits eina .
quartierten Garden und andere Truppen ſogleich wieder aus růckten . Der General Graf von Kalkreuth hatte ſogleich beim Annähern des Feindes bei Nordhauſen Stellung genommen ,
und es entſpann ſich mit lekterem , hauptſächlich aber mit der unter General von Blücher ſtehenden Arriergarde,1 ein ſehr lebhaftes Gefecht, während deſſen die Bataillone Weimar und von Oswald eine preußiſche Batterie deckten , und der Verluſt beider, welche ſich gerade dem ununterbrochenen Feuer einer
franzöſiſchen Batterie gegenüber befanden , würde bedeutend ge weſen ſeyn , wenn nicht dieſe etwas zu hoch geſchoſſen hatte, ſo daß erſteres nur 11 Todte und Verwundete zählte. Nach dem der Fürſt von Hohenlohe mit den hier geſammelten Reſten der ſowohl bei Auerſtadt als bei Jena in der Schlacht
geweſenen Armeen über Stolberg , ſowie ſpåter das Graf von Kalkreuth'ſche Korps über Blankenburg nach Magdeburg abs
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marſchirt waren , und der General von Blücher das Arriergar dengefecht, bei welchem ſich vorzüglich der Prinz Auguſt von Preußen mit ſeinem Grenadierbataillon durch Muth und Be
fonnenheit auszeichnete , bis zum Abend , wo der Feind anfing, in immer bedeutendern Maſſen vorzurücken und zugleich Nord hauſen im Thale zu umgehen drohete , unterhalten hatte, trat felbiger gleichfalls den Rückzug durch dieſe Stadt nach Magdeburg , vom Feind auf dem Fuße nachgefolgt , an . Während deſſen erhielt das Bataillon Weimar den Befehl, die in Nordhauſen ſich befindenden franzöſiſchen Gefangenen nach Magdeburg zu eskortiren ; da aber dieſe von da bereits forttransportirt waren , ſo übernahm daſſelbe nebſt dem Füſi lierbataillon von Oswald hinter Nordhauſen wieder die ſchwie:
rige Deckung des Rückzugs und war , in Tirailleurs aufgelöſt, in den ſo beſchwerlichen Harzgebirgswegen bis zum ſpåten Abend mit den verfolgenden Feinden in ununterbrochenem
Feuer begriffen , wodurch es Verluſte an Todten , Bleſſirten und Gefangenen hatte, unter welchen leßtern der die Nachhut befehligende , durch den Feind abgeſchnittene Sekondlieutenant von Hönning ſich befand. Dem Bataillon Weimar begegnete hierauf bei eingetretener Nacht, wo es auf den , den dichten
Harzwald durchkreuzenden Gebirgswegen in einen von Fels wånden eingeſchloſſenen Fußſteig gerieth , der Unfall,1 in zwei
Kolonnen von einander getrennt zu werden ; jedoch vereinigten ſich ſelbige über Ilfeld und Egeln glücklicher Weiſe am 20., noch 443 Mann ſtark, wieder in Magdeburg, wo ſich auch der größte Theil der Bagage deſſelben vorfand. Auf dieſen angeſtrengten Mårſchen hatte der bereits krank ins Feld mar: ſchirte Sekondlieutenant von Bechtolsheim vom Bataillon Wei mar demſelben nicht folgen können und war , um der Gefan :
genſchaft zu entgehen , nach Kalbe , jedoch von da ſpåter nach Eiſenach, wo er kurze Zeit darauf in Folge der ausgeſtandenen Strapazen ſtarb , transportirt worden. Ueberhaupt hatte die auf
dem Rückzuge von Nordhauſen über den Harz nach Magde burg in drei Kolonnen marſchirte Urmee an Kranken und
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Maroden , ſowie an Regimentsartillerie, Munitions- und Ba: gage -Wagen durch die feindliche Kavalerie beträchtlich verlo ren. Der General von Blücher hatte indeß den Befehl er: halten , mit 1 Grenadierbataillon und gegen 600 Mann Ka
vallerie von Nordhauſen aus die ſchwierige Führung der von der Hauptarmee geretteten ſchweren Artillerie , um das Harz gebirge zu umgehen , über Oſterode, Seeſen , Braunſchweig
und die Ueberſchiffung derſelben über die Elbe bei Sandau zu übernehmen .
Da Magdeburg zum Sammelplage der Trümmer der preußiſchen Armee und zu deren Reorganiſation beſtimmt war, ſo waren die Thore und Straßen ſo mit geflüchteten Fuhr: werken und Gepäck angefüllt, daß ſelbige nur mit Mühe paſ ſirt werden konnten ; nächſtdem fand auch ein ſolcher Mangel
an den nothdürftigſten Lebensmitteln Statt , daß für Geld nichts mehr aufzutreiben war , und die durch Hunger und Strapazen entkräftete Mannſchaft, ſtatt aller gehofften , ſo no thigen Verpflegung und Erholung , jeder Mann blos eine Ra tion Brod erhielt, und dabei ſelbiger nicht ein Tag Ruhe ver gönnt werden konnte. Die Infanterie bivouakirte anfangs vor dem Sudenburger Thore und ſpåter in dem bedeckten Wege ; die Kavalerie aber bezog zuerſt Quartiere in den nahe gelege nen Dörfern ,1 und nicht lange darauf růckte fie theilweiſe an das Glacis .
Einem königlichen Befehle zufolge hatte der Fürſt von Hohenlohe , deſſen Hauptquartier in Magdeburg war , ſeit dem 19. das Oberkommando ſämmtlicher dieſſeits (weſtwärts) der Oder ſich befindenden Truppen übernommen , weßhalb die una ter dem Fürſten von Hohenlohe und General Grafen von Kalkreuth geſammelten Truppen mit dem Korps des Herzogs
Eugen von Würtemberg, welches lektere am 17. vom Berna dotteſchen Korps bei Halle angegriffen und geſchlagen worden war , am 20. zu Magdeburg vereinigt wurden. Den Tag zuvor war der General Graf von Kalkreuth für ſeine Perſon zur Armee nach Oſtpreußen , ſowie der Herzog von Würtema
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berg Krankheits halber nach Stettin abgereift. Das leichte Bataillon Weimar wurde am 20. bei der Fürſt von Hohen :
loheſchen Armee dem General von Nagmerſchen Korps (früher Herzogs Eugen von Würtemberg ) , welches die Arriergarde der Armee bilden ſollte, und bei demſelben wieder der leichten
Infanteriebrigade des Generalmajors von Oswald zugetheilt. Gleichzeitig erging der Befehl , daß von nun an von jedem
Regimente ein Ordonnanzoffizier in das Hauptquartier, um aus ſelbigem ſchleunig die Befehle an die verſchiedenen Regi: menter oder Bataillone zn bringen , kommandirt, und daß folche von Zeit zu Zeit abgelöſt werden ſollten , zu welchem Dienſte darauf vom Bataillon Weimar der Sekondlieutenant von Seebach befehligt wurde.
Da nun bereits dieſen Tag der über den Harz im Vers folgen begriffen geweſene Prinz Murat mit Abtheilungen der
Kavalleriereſerve in der Nähe von Magdeburg eingetroffen war , und ſogar dieſe Feſtung durch den Chef ſeines General:
ftabs, den General Beliard , hatte auffordern laſſen , ſowie auch das von Nordhauſen aus in der Richtung von Quedlin burg und Halberſtadt anmarſchirende Armeekorps des Mar ſchalls Soult gleichfalls vor derſelben erwartet wurde und des andern Tags auch in deren Umgegend eintraf, nåchſtdem ſelbſt die nöthigſten Subſiſtenzmittel fehlten , weßhalb man Stettin zu erreichen ſuchen wollte, ſo ſah ſich der Fürſt von Hohenlohe genöthigt , mit der noch höchſt erſchöpften und nach Möglich keit neuorganiſirten ,I aus 41 Bataillonen , 155 Eskadrons, und den Ueberreſten von 5 Fúſilierbrigaden und denen des
herzoglich weimariſchen Scharfſchüßenbataillons beſtehenden Armee , ſchon am 21. früh , mit Hinterlaſſung einer Garni fon von mehr als 20,000 Mann , unter den Befehlen des Generals von Kleift (die indeſſen nur auf 10,000 Mann be ſtimmt worden war ), wieder von Magdeburg und der Umge:
gend aufzubrechen . Schon vor der Morgendámmerung defilirte die Kavallerie durch die Stadt; da jedoch die Straßen burch
die Bagage faſt gånzlich verſperrt waren , ſo hatte die Queue
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derſelben bei Tagesanbruch noch nicht die dußerſten Feſtungs werke paſſirt. Hierauf folgte die aus den Diviſionen von Tſchammer , von Tauenzien und von Hirſchfeld beſtehende In fanteriekolonne nebſt dem Hauptquartier und dieſem das zur Arriergarde beſtimmte von Nagmerſche Korps , welches den Bes
fehl hatte, der Infanteriekolonne in der Entfernung von 1 bis 2 Meilen zu folgen . Da vom Bataillone Weimar , außer einer Anzahl kranker und maroder Soldaten , auch der Kom mandeur deſſelben , Oberſtlieutenant von Hönning, einer Kon tuſion halber, ſowie der Major von Egloffſtein , ſeiner Bleſſur und der Bataillonsadjutant Múler d'Euchaca , Krankheits we gen , in Magdeburg zurückbleiben mußten , von welchen Erſterer kurz darauf daſelbſt ſtarb und beide Lektere bei der Kapitula tion dieſer Feſtung nebſt den da zurückgebliebenen Solda ten mit gefangen genommen wurden , ſo übernahm hier der Major von Germar das Kommando des Bataillons, indeſſen .
der Sekondlieutenant von Craven zum proviſoriſchen Adjutan
ten deſſelben ernannt ward , und marſchirte mit ſelbigem , als Arriergarde des von Nagmerſchen Korps, an jenem Tage über Kórblik bis in die Gegend von Piekbuhr in ſehr enge Quar tiere, während das Hauptquartier des Fürſten von Hohenlohe bis Burg ging. Um 22. rückte das Bataillon hinter Genthin, in welchem Orte das Armeehauptquartier war , in die Quar tiere, und Sekondlieutenant von Poſeck von demſelben wurde
als Ordonnanzoffizier in das legtere befehligt. Die Bagage, welche den Marſch der Truppen bisher oft geſtört hatte, mußte
von dieſem Tage- an ſo weit vorausgehen , daß ſie den kom menden Tag keine neuen Hinderniſſe mehr in den Weg legte, und jeder von den Truppenkolonnen angetroffene Wagen ſollte,
erhaltenem Befehle zufolge, auf der Stelle verbrannt werden. Um 23. bezog das Bataillon Weimar die Quartiere in der Gegend bei Neu - Klitſche , indeſſen das Hauptquartier des Für ſten ſich in Rathenow befand. Den 24. rückte das Bataillon
zu Havelberg in die Quartiere, während zu Neuſtadt an der Doſſe das Armeehauptquartier war , wo von Seiten des Für:
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ſten von Hohenlohe die Uebertragung des Kommando's des General von Nakmerſchen Korps an den dieſen Tag Abends im Hauptquartiere angekommenen General von Blücher , und zwar nach deſſen Wahl, erfolgte. 218 felbigen Tages der wei mariſche Sekondlieutenant von Pored ſich bei legterem General
meldete , ertheilte ihm dieſer die Weiſung, zu ſeinem Bataillon zurückzukehren ; allein da Erſterer daſſelbe in dem bezeichneten Quartierorte nicht mehr antraf und des Weges unkundig war, kam er , den auf dem Fuße folgenden Feinden entgehend, durch einen glücklichen Zufall bei Wittſtock zum Armeekorps des Herzogs von Sachſen -Weimar, wo derſelbe auf Befehl das Kommando über das zur Bedeckung der herzoglichen Equipage aus 46 Mann des Bataillons Weimar und 6 weimariſchen .
Drdonnanzhuſaren beſtehende Detachement übernahm , mit wel:
chem er nebſt der Equipage auch ſpåter in Weimar eintraf. Das nun vom General von Blücher übernommene, un gefähr 10,000 Mann ſtarke Korps beſtand aus folgenden .
Truppen : 10 Eskadrons von Uſedom Huſaren 10
von Blücher Huſaren ,
5
Graf von Herzberg Dragoner, von Heuking Dragoner,
5 2
von Wobeſer Dragoner, 2 berittene Batterien ,
des herzoglich weimariſchen Scharf ſchüßenbataillons, Fúſiliere von Oswald, der Die von Greiffenberg, Ueberbleibel YYYY
von Kloch ,
von Hinrichs,
2 2 2
Il
von Knorr, 2 Musketierbataillone von Nagmer ,
von Mannſtein , von Jung - Lariſch, von Kauffberg,
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Musketierbataillon von Arnim ,
1 2
von Kalkreuth,
1/2 von Alt -Lariſch, 1 Grenadierbataillon von Borſtell, 1 von Vieregg, 1 von Schmeling, 1 von Reinbaben , 1
von Hallmann,
1/2
von Rabiel,
1 ſechs- und 1/2 zwölfpfünder Batterie. Das von Blůcherſche Korps erhielt den Befehl , feine
Bewegungen ſo einzurichten , daß es von dem Korps , bei wela chem der Fürſt von Hohenlohe fich perſönlich befånde, immer nur einen kleinen Marſch entfernt bliebe, um , wenn es erfor:
derlich , ſogleich ſeine Vereinigung mit demſelben bewirken zu Der General von Blücher , welcher die dringende Nothwendigkeit einſah , ſeine Truppen , wo möglich, tåglich ein Paar Stunden einzuquartieren , damit ſie doch etwas Ver pflegung erhielten ,1 ertheilte den Befehl, nach welchem zur Ber : können.
minderung der Gefahr für dieſelben , wegen der Entfernung der Quartiere, ſein Korps in aus allen Waffengattungen bes ſtehende Diviſionen eingetheilt ward, damit jede derſelben in .
jedem Terrain , wenn ſie nicht von zu großer feindlicher Ueber : macht angegriffen werden würde , bis zur Verſammlung des ges ſammten Korps fich gehörig vertheidigen könnte. Um 25. bezog das Bataillon Weimar ſehr ſpåt in der Nacht in der Gegend von Ganzer , wo General von Blücher verblieb , den Bivouak , und das Hauptquartier des Fürſten von Hohenlohe war in Neu - Ruppin. Obgleich es dem Ges neral von Blücher anheimgeſtellt war , am 26. bis Neu - Rup pin zu marſchiren oder ſeinen Truppen eine höchſt nöthige Raſt zu gönnen , ſo fühlte ſich doch der Fürſt von Hohenlohe veran laßt , felbigen unterm 26. des Morgens aufzufordern , ſofort mit der Arriergarde aufzubrechen und an die Infanteriekolonne bei Granſee, als dem beſtimmten Sammelplaße der lektern,
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beränzurücken. General von Blücher ließ jedoch , der frühern Anheimſtellung zufolge , und da ſeine Truppen zu ermüdet und jenes auch der Zeit nach in Ausführung zu bringen uns möglich war , ſein Korps erſt den Mittag von Ganzer und Umgegend aufbrechen , und machte dem Fürſten hiervon die
Meldung, weßhalb er nicht auf dem beſtimmten Rendezvous eintraf und am ſpäten Abend dieſes Tages zwiſchen Ruppin
und Storbeck , in welchem legtern Orte das Bataillon Meis mar einrückte, die Quartiere bezog , während das Hauptquar: tier des Fürſten von Hohenlohe in Fürſtenberg war. Um 27. mit dem früheſten Morgen wurde aufgebrochen, und Nachmittags růckte das Bataillon Weimar in das Städtchen Lychen ein, wo wegen der großen Nähe des Feindes die Mannſchaft auf dem Markte ſich lagerte, und da der Fürſt von Hohenlohe mit der Infanteriekolonne auf dem Durchmarſche hier mehrere Stunden geraſtet hatte, um , wiewohl vergeblich , die Generale von Blücher , (welcher der Entfernung wegen nicht wohl ein treffen konnte , ) und von Bila 1, (welcher wegen des bei Herz
felde vorgefundenen überlegenen Feindes eine andere Marſchdi rektion nach Boißenburg hatte einſchlagen müſſen ,) zu erwars ten , ſo war faſt Ulles aufgezehrt worden , weßhalb auch hier den durch die angeſtrengten Mårſche und durch die bisher
åußerſt dürftige Verpflegung ſchon ſehr entkräfteten Truppen eine nur ſehr ungenügende Verabreichung von Lebensmitteln zu Theil wurde. Die ſchwachen Ueberreſte des Bataillons
Weimar nebſt denen der ſüdpreußiſchen Füfilierbataillone. von Oswald, von Greiffenberg , von Kloch , von Hinrichs und von Knorr, unter dem Befehl des Generalmajors von Oswald ,
waren hier mit den vom Fürſten von Hohenlohe, welcher, um noch vor dem Feinde Stettin zu erreichen ,1 mit der Urmee nach Prenzlau abmarſchirt war , zur Beſetzung des Paſſes von Ly chen zurückgelaſſenen Ueberbleibſeln des Grenadierbataillons von Gaudi und des Kuraſſierregiments von Beeren zuſammenges
ſtoßen , welche lektere die am Ubend jenes Tages zu erfolgende Ankunft des Generals von Bila mit 15 Eskadrons Huſaren, 3
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der die rechte Flanke des nach Boißenburg marſchirenden Hohen loheſchen Korps fichern und die Verbindung mit dem General
von Blücher, welcher dieſen Tag ſein Quartier in Fürſtenberg genommen , .zu unterhalten beſtimmt war , abwarten ſollten. Der Fürſt von Hohenlohe traf in der Nacht zum 28. in Scho: nermark ein. Nachdem am 28. mit Tagesanbruch bei Lychen die Vereinigung des von Blücher’ſchen Korps , welchem ſich die vom Fürſten von Hohenlohe hier gelaſſenen Truppen anſchloſ: ſen , ſtattgefunden hatte , um über Boißenburg nach Prenzlau zu marſchiren , wurde nicht weit von Lychen die Arriergarde,
zu welcher das Bataillon Weimar gehörte ,1 von der Spike der Bernadotteſchen Kavallerie angegriffen , legtere jedoch vom Huſarenregiment von Blücher, welches dabei einige 30 Ge
fangene machte und über 50 Mann niederhieb, zurüdgewor: fen . Der Marſch hatte långs einer Reihe von Landſeen un: ter fortwährender Beunruhigung vom Feinde bis in die Nacht
gedauert , worauf das von Blücherſche Korps genöthigt war, wenn nicht die Mannſchaft und die Pferde deſſelben vor Hun ger und Ermattung aufgerieben werden ſollten , die wenigen und armſeligen Kantonirungsorte bei Boizenburg, welche Stadt die feindliche Kavallerie des Prinzen Murat bei der Annáherung
deſſelben verließ , zu beziehen. Als den 29. am früheſten Mor:
gen das ungefähr 10,000 Mann ſtarke von Blücher’ſche Korps auf dem anbefohlenen Rendezvous , zum Marſche nach Prenza
lau , ſich vereinigt hatte , kam daſelbſt die Nachricht an , daß der Fürſt von Hohenlohe am vorigen Tage nach einem höchſt angeſtrengten Marſche bei Prenzlau mit dem Prinzen Murat eine Kapitulation abzuſchließen ſich genöthigt geſehen habe. Franzöſiſche Berichte gaben die Stärke des zufolge dieſer Ka pitulation erlittenen Verluſtes der preußiſchen Armee auf 16,000
Mann Infanterie und 6 Kavallerieregimenter an , indeſſen fich, 1
nach näherer Prüfung , dieſes Korps nur aus 17 Bataillonen und 18 Eskadrons , (von welchen jedes Bataillon höchſtens
noch 400 Mann und die Schwadron noch 80 Mann ſtark waren ,) und zuſammen aus 9,440 Mann beſtehend auswies.
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Das Ende dieſes unglücklichen Tages bezeichnete noch eine rühmliche Waffenthat des entſchloſſenen Prinzen Auguſt von Preußen mit ſeinem braven Grenadierbataillon . In dieſer für das ſchwache von Blücher'ſche Korps außerſt bedenklichen Lage, da ſich ſelbiges nun allein überlaſſen und von mehrern Seiten
umringt fah , die Truppen des Prinzen Murat nur 2 Stun: 1
den vor ſich und das Bernadotteſche Korps unmittelbar im
Růcken hatte , welche beide feindliche Korps wohl 40,000 Mann betrugen , befahl der General von Blücher auf der Stelle , an ſtatt den Marſch rechts nach Prenzlau fortzuſeßen , den links nach Neu - Strelit einzuſchlagen , in der Hoffnung, fich dort mit dem Korps des Herzogs von Sachſen - Weimar zu verei: nigen , und rückte dieſen Tag in der Gegend bei Alt - Strelik 1
in die Quartiere. Da , der Sicherheit und des ſchnellern Mars
fches wegen , die Bagagewagen ſchon früher fortgeſchickt worden waren , ſo fing es an bei Offizieren und Soldaten an Allem
zu mangeln. Ein Theil der Mannſchaft hatte keine Schuhe mehr ; dabei fehlte es felbiger an einer zu den kalten Bivouaks angemeſſenen Kleidung , ſowie auch ſchon ſeit vielen Tagen an Brod. Dazu kam noch , daß ein großer Theil der Leute mit wunden Füßen , vom zahlreichen Feinde verfolgt und an gegriffen , tåglich angeſtrengte Mårſche von 5 bis 7 Meilen, die bis in die ſpåte Nacht dauerten , machen mußte , und das bei kaum einige Stunden in elenden , gedrängten Quartieren oder unter freiem Himmel raſten konnte , wodurch eine Menge Kranke und Marode entſtanden. Täglich mußte eine Menge folcher Unglücklichen , die , trok aller Anſtrengung, der Kolonne nicht folgen konnten oder die während des Haltens bei Nachts .
mårſchen ſich hingelegt und vor Ermattung eingeſchlafen wa ren , an den Wegen zurü & gelaſſen und ſo dem Feinde preisgea 1
geben werden , und viele unterlagen auch auf offener Straße
dem quålenden Hungertode. Nicht geringer war der tågliche Verluſt an Pferden , die aus Mangel an Fourage und der großen Strapazen wegen vor Kraftloſigkeit umfielen ; denn man muß die Mårſche der Hohenloheſchen Armee von der 3*
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Elbe gegen die Oder über Burg , Genthin , Rathenau , Neu: ſtadt an der Doſſe u. f. w. , in welchen Orten jedes Mal
blos das Hauptquartier nebſt einigen Bataillonen ſich befand, nicht nach deren Entfernung von einander berechnen , indem der größte Theil der Truppen , welche ſeitwärts verlegt wur: 1
den , tåglich Mårſche von 5 bis zu 7 Meilen machte. Doch inmitten aller dieſer Bedrångniſſe folgte alles, was nicht aus Mangel an Kräften unterliegen mußte , vertrauensvoll und
hingebend ſeinem tapfern Heerführer. Um 30. brach das von Blücher'ſche Korps gegen Neu - Strelit auf , und Seden be:
lebte die Hoffnung , in dieſer Reſidenzſtadt doch wenigſtens Brod zu erhalten ; doch als das Armeekorps baſelbſt ankam , wurde dieſer Ort mit Kavalleriepoſten ringsum befekt und allen Truppen der Befehl bekannt gemacht, daß , da Neu Strelitz als neutrales Gebiet erklårt , Jedem bei ſogleich zu vollziehender Todesſtrafe die Betretung deſſelben verboten ſey . Der kranke Hauptmann von Linker , vom Bataillon Weimar, mußte jedoch nach Neu - Strelitz hineintransportirt werden, in welche Stadt ſelbigen Tages noch der Feind unter den Bes
fehlen des Generals Savary einrückte. Als hierauf das von Blücher'ſche Korps bei Dambeck ankam , ſtieß es daſelbſt uns erwartet auf das am 26. glücklich über die Elbe und hierauf über Kyrik , Wittſtock und Mirow gegangene Korps des Her zogs von Sachſen -Weimar unter Kommando des Generallieute
nants von Winning , worauf eine Vereinigung beider Korps ſtattfand und der General von Blücher, alş der ålteſte , den Oberbefehl über die nun aus ungefähr 21,000 Mann ſtarke Armee übernahm. Obgleich nun zwar jener General an Trup penzahl bedeutend gewonnen hatte , ſo wurde doch ſeine Lage anderer Seits dadurch noch bedenklicher , weil er erfuhr, daß nun auch das Korps des Marſchalls Soult von der Elbe her im Unrücken gegen ihn begriffen ſey. Am Abend felbigen Ta
ges , als das Urmeekorps theilweiſe die Quartiere und den Bivouak bei Dambeck und Krasburg bezog , wurde die Arrier:
garde deſſelben noch vor dem Einrücken vom Bernadotteſchen
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Korps beunruhigt. Auf Befehl des Generals von Blücher wurde hier die Armee in 2 Korps , jedes Korps in 3 Diviſio :
nen eingetheilt , und jedem Korps 1 Diviſion teichter Truppen, welche die Urriergarde bildete ,1 zugetheilt. Demzufolge wurde der Ueberreſt des Bataillons Weimar nebſt den Ueberbleibfeln der Fúſilierbataillone von Oswald , von Greiffenberg ; von
Kloch , von Hinrichs und von Knorr , ſo wie 10 Eskadrons von Blücher Huſaren , 10 Eskadrons von Uſedom Huſaren nebſt. 1 reitenden Batterie unter dem Kommando des General majors von Oswald als Urriergarde dem 2. Korps einverleibt. Náchſtdem traf der General von Blücher in der höchſt bedenk
lichen Lage zum einzigen Heil ſeiner Truppen noch folgende tågliche Marſch- und Verpflegungs - Dispoſition , welche wórt lich fo lautete :
,,Da die Truppen , wenn ſolche nicht alle in einigen Tagen vor Hunger und Ermattung umkommen ſollen, wenigſtens des Nachts in Dörfern , um daſelbſt doch
die dürftigſte Verpflegung zu erhalten , einquartiert werden müſſen , ſo ſollen die Truppen eine Stunde vor Tagesanbruch ausrücken , und die Regimenter mars ſchiren einzeln , durch die zu gleicher Zeit mit aufge: brochene Arriergarde gedeckt, auf den nåchſten Wegen nach dem beſtimmten Sammelplatze des Korps. Der Marſch wird dann bis 12 Uhr Mittags in Kolonnen
fortgeſekt, und wenn bis zu dieſer Zeit nichts Erheb: liches vorgefallen , ſo ſollen ſich die Truppen , wenn die 1
Arriergarde vom Feinde nicht bedeutend gedrångt wird, beim Finſterwerden in die beſtimmten Quartiere aus:
einander theilen ."
Am 31. růckte das vereinigte Armeekorps bei Waren und Torgelow in die Quartiere, und das Hauptquartier des Generals von Blücher befand ſich im erſtern Orte. Der Feind war den ganzen Tag über der Urriergarde auf dem Fuße gefolgt.
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Indeſſen hatte der Kommandeur des Bataillons Weimar,
Major von Germar , durch Offiziere des ſich am 30. mit dem von Blücher’ſchen Korps vereinigten von Winningſchen ( früher weimariſchen Korps) erfahren , daß der Herzog von Sachſen - Weimar das unter ſeinen Befehlen geſtandene Korps der Avantgarde nach den unglücklichen Schlachten bei Sena
und Auerſtådt, (während welcher derſelbe an dieſem Tage auf dem Marſche von Ilmenau nach Weimar begriffen geweſen ) über Erfurt, Mühlhauſen , wo ſich ſein Korps am 16. Okto
ber mit dem des Generallieutenants von Winning vereinigt und er dann das Oberkommando über beide Korps übernom : men , weiter über Heiligenſtadt, Duderſtadt, Wolfenbüttel, Kóa nigslutter , Debisfelde, Gardelegen , Stendal , Urneburg und nach einem am 25. Oktober mit dem Soult’ſchen Armeekorps
bei Oſterholz beſtandenen Gefechte, am 26. bei Sandau glück: lich über die Elbe geführt,/ und an demſelben Tage ſchon wäh rend der Truppenüberſchiffung vom Könige von Preußen ein Handſchreiben erhalten habe* ) , in welchem der König ihm aufgegeben , ſogleich das Kommando über ſeine Truppen nie derzulegen und dem im Range folgenden General zu übertra gen , ſowie auch ſein Jägerbataillon ſogleich von der preußiſchen Armee zur Rückkehr in's Vaterland zu befehligen . Der Her zog habe aber , ohne etwas von dem Inhalte des königlichen Schreibens zu erwähnen , dennoch alle Dispoſitionen der Ueber: ſchiffung ſeines Korps fortgeleitet, indem der Augenblick , dem
Verlangen des Königs zu willfahren und die Armee zu ver laſſen , ihm nicht geeignet vorgekommen ſey , und dann erſt, .
als der weimariſche Kammerherr von Spiegel bei ihm mit
gleichen bittlichen Antragen von Seiten des Landes angekom men , håtte derſelbe am 26. Oktober den Armeebefehr an den Generallieutenant von Winning übertragen , jedoch nachher noch die Armee zwei Tage begleitet und ſich für ſeine Perſon in
das Holſteiniſche begeben. *) Man ſehe Beilage II.
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Dieſer Mittheilung zufolge fühlte der Major von Gers mar , aus hohen Rückſichten und ſeiner etwaigen perſönlichen Verantwortlichkeit wegen , ſich bewogen und für verpflichtet, dem Kapitain von Arnswald den Befehl zu ertheilen , ſich fols
genden Tag , als den 1. November, vorerſt in das Hauptquars tier des Generals von Winning und nachher in das des Gea nerals von Blücher zu begeben , um hierüber die genaueſten Erkundigungen einzuziehen und , nach Ermeſſen, dann gleich zeitig anzufragen , ob das Bataillon unter ſolchen Umſtånden noch långer bei der preußiſchen Urmee verbleiben ſollte. Als am 1. November mit dem früheſten Morgen das
Urmeekorps gegen Alt - Schwerin und Kirchkogel aufgebrochen war , erſchien das Bernadotteſche Armeekorps , verſtärkt durch eine vom Marſchall Soult entſendete Reiterdiviſion , im Ange:
ſichte der gerade durch Waren paſſirenden Arriergarde des 1 . Korps und rückte ſo ſchnell vor , daß von ſelbiger 300 Mann jenſeits dieſes Ortes fich befindende preußiſche Kavallerie aba geſchnitten und gefangen genommen wurde. Als jedoch hierauf die feindliche Kavallerie durch Waren vordrang , wurde ſie von 4 Schwadronen Huſaren unter dem Oberſten von York ſo ungeſtům in Fronte und beiden Flanken angegriffen , daß ſie mit beträchtlichem Verluſte an Todten und Bleſſirten ſo: wie mit dem von 30 Gefangenen zurückgeworfen wurde. Hier: durch gewann die Infanterie der Arriergarde Zeit , unbeläſtigt über die Ebene die Noſſenthin'ſche Heide zu gewinnen , wo fie aber , ſpåter angegriffen, ſich durch ſelbige und bis zum
Abend im ſteten Gefechte zurückzog, und erſt nach långſt ein: getretener Nacht bei Alt - Schwerin eintraf. Die Urriergarde des 2. Korps , welche weniger lebhaft gedrångt worden war, wollte eben des Nachmittags gegen 2 Uhr theilweiſe in die Quartiere abrůcken , als der Feind in der Gegend von Glave
ſo plöblich und ſo heftig gegen ſie vordrang, daß ſelbige,
nachdem ſie zwar einige Zeit den Rückzug fechtend und in größter Ordnung fortgefekt, ſich doch aufzuſtellen genöthigt fah , wobei der Generalmajor von Oswald befahl, daß das
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die Nachhut derſelben bildende Bataillon Weimar an der Zunge eines der , in jener Gegend zahlreichen und ziemlich weit fich 1
ausdehnenden Seen * ) , und dieſen 4 bis 5 Schritte im Rúk:
ken behaltend , Poſition nahm. Obgleich daſſelbe hier kurz darauf durch vier feindliche Geſchübe ziemlich lebhaft beſchoſſen wurde, ſo blieb jedoch dieſes Feuer deßhalb ohne Bedeutung, weil die Kugeln faſt ſåmmtlich über das Bataillon hinweg, gleichwohl aber ſo nahe hinter ſeiner Fronte in den See ſchlu : gen , daß es vom Waſſer beſprigt ward. Da aber nach eini:
ger Zeit der Feind mit zahlreichen Tirailleurs , welchen Infan terieabtheilungen folgten , immer mehr und mehr vorrückte , ſo 309 fich daſſelbe befohlenermaßen rechts um den kleinen Theil
des Sees herum zurück, wobei aber zufälligerweiſe gerade vor ſeiner Tete mehrere Munitionswagen ſich befanden , an welchen
die Pferde vor Kraftloſigkeit faſt den Dienſt verſagten , jene gleichwohl nicht den Franzoſen überlaſſen werden durften , das her der Marſch ſehr langſam von Statten ging , während der
Feind deſto lebhafter andrångte und ſein Kanonenfeuer heftiger wurde. Bei dieſer Gelegenheit geriethen mehrere Packpferde, von welchen die Packnechte getödtet wurden , und unter er :
ſtern auch die mit der Equipage des Generals von Oswald, in den ſumpfigen See und mußten dem auf dem Fuße fol genden Feinde überlaſſen werden. So fekte das Bataillon
Weimar , unausgeſegt beſchoſſen , ſeinen Rückzug an einem klei: nen Dorfe vorůber (dem Vermuthen nach Glave) bis zu den mittlerweile in Schlachtordnung formirten andern Truppen des
2. Korps und hierauf mit ſelbigen bis auf ungefähr eine halbe Viertelſtunde von dieſem Orte fort. Da indeſſen die feindlis chen Zirailleurs das ebenangeführte Dorf befekt hatten , jedoch alsbald der General von Oswald den Beſitz deſſelben zur
Dedung der Retirade für ſämmtliche Truppen als von Wich tigkeit erkannte , ſo ließ dieſer ſeine geſammte Urriergarde in *) Der Verfaſſer ſtellt es dahin , ob es der große Krakower oder der kleinere Gülßer See geweſen.
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Schlachtordnung formiren und befahl dem Bataillone Weimar das Dorf fofort wiederzunehmen und bis auf weitern Befehl zu behaupten. Demzufolge ließ der Major von Germar auf der Stelle bas Bataillon durch rechts und links auseinander
im Laufſchritte gegen das Dorf anrücken , welches auch , unges achtet des lebhaften Kanonenfeuers einer feindlichen Batterie, ſowie des Widerſtandes der es vertheidigenden Infanterieabs theilung , bald genommen ward. Doch kurz hierauf brangen die franzöſiſchen Tirailleurs mit bedeutender Uebermacht gegen den von allen Einwohnern verlaſſenen Ort wieder vor , wurden aber durch das nun aus den Häuſern und hinter den Heden
auf ſie gerichtete heftige und wirkſame Büchſenfeuer vom weis tern Vorgehen abgehalten , wogegen aber alsbald die feindlichen Geſchübe die Gebåude lebhaft beſchoſſen . Da dem Feinde das
Dorf zu nehmen nicht gelang , ſo verſuchte er , das Bataillon in ſeiner linken Flanke , die aber durch den See in ſeiner bez deutenden Ausdehnung hinlänglich gedeckt war , zu umgehen, ſtand jedoch bald von ſeinem Vorhaben ab.
Nachdem nun
dieſer Ort , ſo lange es erforderlich ſich zeigte , vom weimariſchen Bataillone auf das Entſchiedenſte behauptet worden war , trat
dieſes befohlenermaßen den Rüdzug an und fekte denſelben, vom zahlreichen Feinde verfolgt und beſchoſſen , mit Ordnung unter dem Schuße einer Batterie, nach einem Verluſte von 8 Todten und 9 Verwundeten , bis zu den als Soutien auf geſtellten Truppen und mit dieſen die weitere Retirade bis am Abend fort, wo der Bivouak in der Gegend von Sanit (grüner Fåger) bezogen wurde. Der Feind lagerte hier gleichfalls in der Umgegend und zwar ſo nahe , daß während der Nacht das Anrufen von ſeiner ausgeſtellten Vorpoſtenlinie zu hören war. Obgleich nun die Truppen wiederum vom frühen Morgen bis zum ſpåten Abend marſchirt waren und nachſtdem das anhala
tende Gefecht beſtanden hatten , auch mit dem größten Hunger und Erſchöpfung kämpften , ſo konnte der Mehrzahl derſelben doch abermals in dem Drange der kriegeriſchen Ereigniſſe , fo 1
wie der Armuth der Gegend halber , nicht das Mindeſte an
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Verpflegung verabreicht werden ; das Einzige, was ihnen bei allen dieſen langen Mühſeligkeiten vergönnt war , beſtand in wenigen Stunden einer , in dem kühlen November unter freiem Himmel bei Mangel an gehöriger Bekleidung zugebrachten Raſt, ſowie in der , gleich allen frühern Bivouaks , auf dem Lager: plaße oder in deſſen Nähe etwa vorgefundenen geringen Kar toffel- und Rúben - Ausbeute. Vorzüglich hatten die Jåger und Fúſiliere durch die ſtarken Mårſche, ſowie durch das ſo häufige Bivouakiren , und da fie, die Urriergarde bildend , in
den ohnedieß dürftigen Quartieren größtentheils Alles bereits aufgezehrt fanden und dabei noch am meiſten zum Gefechte gebraucht worden waren , ſehr viel gelitten. Obgleich nun, unter den obwaltenden Umſtänden, die Lage des geſammten von Blücher'ſchen Armeekorps höchſt bedrångt und dazu beim 2. Korps ſelbſt Mangel an Munition einges treten , auch von Seiten des Marſchaus Bernadotte, Prinzen von Ponte - Corvo ,
ein Parlementair an den General von
Blücher mit der Aufforderung, ſich zu ergeben , indem er von 1
3 Armeekorps, nämlich dem Bernadotteſchen , dem Murat'ſchen
und dem Soult'ſchen , ohne Ausweg umringt ſen , angekom men war , ſo hatte doch jener General dieſen Antrag ſogleich zurückgewieſen und blos darauf geantwortet : „Ich , umringt ? Ich möchte doch wiſſen , wer mir weha ren wollte , nach Berlin zu marſchiren ,. oder Magdeburg I
zu entfeßen !"
Indeſſen war der in's Hauptquartier zum General von Blücher abgeſendete Kapitain von Arnswald wieder beim Ba: taillon Weimar mit dem Befehl eingetroffen , daß ſich der Kommandeur deſſelben , Major von Germar , des andern Ta:
ges zu dieſem General , einer Mittheilung halber , verfügen follte.
Nach ungefähr nur ſechsſtündiger Ruhe brachen die unter den Befehlen des Generalmajors von Oswald ſtehenden Trup pen am 2. November Nachts 2 Uhr wieder auf und marſchir ten bis in die Nähe von Goldberg, wo dieſelben gegen Mit
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tag an einem Wåldchen ſich lagerten.
Nach mehrſtündiger
Raſt dafelbſt, welche indeſſen wieder ohne Verabreichung von Lebensmitteln verging , ſo daß mancher der Soldaten vor Hunger und Strapazen niederfiel und ſtarb , kam der in's Ar :
meehauptquartier beordert geweſene Major von Germar mit dem Befehle beim Bataillone Weimar an , daß der General
von Blücher daſſelbe, obgleich ſehr ungern , doch der gebieteri: Ichen Umſtånde halber , unter Bezeigung vollkommenſter Zu: friedenheit mit ſeinem braven und ſo ausdauernden Verhalten,
ſofort von ſeiner Armee nach Sachſen entlaſſe. Als hierauf der Generalmajor von Oswald , noch vor der
Fronte des ſehr herabgeſchmolzenen Bataillons, demſelben ein gleiches rühmliches Zeugniß ertheilt hatte , verließ es die preußi ſche Armee.
Daſſelbe langte gegen Abend beim Dorfe Granzin , um ſich daſelbſt einzuquartieren , an , fand jedoch dieſen Ort ſchon von 1 Bataillon des Regiments von Tſchammer ſtark belegt, weßhalb der Major von Germar , obgleich die Mannſchaft ſehr
ermattet war , doch aus Fürſorge wegen einer derſelben höchſt nöthigen Verpflegung und Ruhe , noch bis in das eine Stunde von da entfernte Dorf Stralendorf marſchirte , und daſelbſt zur Sicherheit, der Nähe der franzöſiſchen Truppen halber, die geſammten wenigen Offiziere in ein Bauergut, ſowie die Leute in die daranſtoßenden Scheunen einquartieren und die
gehörigen Poften ausſtellen ließ. Gleichzeitig traf hier der als Ordonnanzoffizier in das Hauptquartier befehligt geweſene Pre mierlieutenant von Germar beim Bataillon wieder ein .
Am
ſpåten Abend noch wurde das Bataillon durch ein nahes ka :
nonen- und Kleingewehr- Feuer allarmirt, weßhalb es ſogleich unter das Gewehr trat.
Alsbald erkannte man , daß das
Feuern bei Granzin ſen , und ſpåter wurde in Erfahrung ge
bracht, daß die Franzoſen das in dieſem Dorfe gelegene Ba 1
taillon vom Regiment von Tſchammer überfallen und , nach
einer in der dunkeln Nacht ſtattgefundenen nachdrůdlichen Ge genwehr , den Bataillonschef nebſt einer Kompagnie gefangen
genommen hätten. Um 3. mit Tagesanbruch marſchirte das weimariſche Bataillon aus dem innegehabten Nachtquartiere aus und ſtieß wenige Stunden darauf in der Gegend der Stadt Parchim auf die aus Chasseurs à cheval beſtehende
Avantgarde des Soult'ſchen Armeekorps , welche ſich ſogleich zum Angriffe formirte, worauf der Major von Germar das Bataillon Halt machen und durch einen Offizier den Kom mandeur derſelben mit den Abſichten ſeines begonnenen Ruck: marſches nach Sachſen in Kenntniß ſeßen ließ. Hierauf eskor: tirte dieſe Kavallerie das Bataillon bis vor die nahe gelegene
Stadt Parchim , wo es von den da gelagerten franzöſiſchen Truppen eben ſo zuvorkommend als ehrenvoll aufgenommen, und nach lange ausgeſtandener Entbehrung ſowohl mit Wein
als auch andern Lebensmitteln , ſowie die Pferde mit Fourage vollauf verſehen , und der Major von Germar ſogleich zu dem die franzöſiſche Avantgarde daſelbſt befehligenden General ge .
führt wurde. Nach einigen Stunden Raſt marſchirte das Bas
taillon von hier , der vom franzöſiſchen General erhaltenen Weiſung zufolge, nach dem eine Stunde entfernt liegenden Dorfe Rom , wo ſich daſſelbe einquartierte und von dem des andern Tages hier erwarteten Marſchall Soult die Behufs des Rúdmarſches erforderliche Marſchroute abwarten ſollte.
Der Zufall wollte, daß beim Einrücken in dieſes Dorf eine Menge franzöſiſcher Marodeurs eben im Plündern begriffen waren , und da ſie die Mannſchaft für Preußen und mithin
für Feinde hielten , auch der Abgang des Bataillons von der preußiſchen Urmee noch nicht bekannt ſeyn konnte , auf der Stelle die Flucht ergriffen und das an ſich Genommene im Stiche ließen und ſo die bedrängten Einwohner von der Prún:
derung befreit wurden . Den 4. November ward, der ver heißenen Marſchroute wegen , bei guten Quartieren Raſttag gehalten , welcher den durch Hunger und Strapazen auf's Leußerſte angegriffenen Soldaten , ſowie nicht minder den durch .
bedrohte Plünderung geångſtigten Einwohnern , die ſo eine Sicherheitswache hatten , ſehr zu Statten kam. Durch Rom
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pafſirten dieſen Tag eine Menge Infanteriemarodeurs ,1 von des nen faſt jeder ſich durch ein erbeutetes Pferd beritten gemacht hatte. Sie verkauften die Pferde für 3 , 6 bis 10 Thaler das Stück und nahmen dann , wo ſie konnten , wieder andere.
Da die verſprochene Marſchroute, und zwar deßhalb , weil, wie man ſpåter erfuhr , der Marſchau Soult mit ſeinem Ar: meekorps unerwartet eine andere Marſchdirektion genommen, nicht ankam , ſo trat der Major von Germar, feiner fo bra:
ven Führung eingedenk , um einer zu fürchtenden ſchimpflichen Entwaffnung des Bataillons zu entgehen , mit demſelben am 5. früh auf's Gerathewohl den Rückmarſch und zwar dieſen Tag bis Grabow an , fekte hierauf bei Lenzen über die Elbe, und traf über Arendſee, Kalbe , Leßlingen , Ditfurth, Queda linburg und Auftedt, wo Raſttag gehalten ward und wo man
zum zweiten Male , während des ganzen Rückmarſches, auf Franzoſen ſtieß , am 17. November in Weimar ein. Von dem , aus der Garniſon mit 24 Offizieren und 718 Unteroffizieren und Gemeinen ausmarſchirten Bataillon bez ſtanden die , jedoch mit ihren Waffen , und ſo mit Ehren zu: zůckgekehrten Trümmer noch aus 8 Offizieren *) , 239 Unter offizieren und Gemeinen , gleichwie aus dem ſpåter mit der herzoglichen Equipage zurü & gekommenen Sekondlieutenant von Poſeck nebſt 46 Mann und 6 Ordonnanzhuſaren. Um 18. November mußten die aus dem Felbe zurückges kehrten Offiziere dem franzöſiſchen Kommandanten Oberſt Denzel zu Weimar ihr Ehrenwort , in dieſem Feldzuge nicht mehr gegen die franzöſiſche Armee dienen zu wollen , abgeben. Unter den Verluſten des Bataillons iſt noch anzuführen, daß der Regimentsquartiermeiſter Meyer am 15. Oktober in der * ) Dem Major von Germar ;
den Kapitains von Urnswald , von Schierbrandt, von Könnerig ; dem Premierlieutenant von Germar ;
den Sekondlieutenants von Boyneburgk, von Einſiedel, von Seebach.
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Gegend von Frankenhauſen gefangen genommen , jedoch die Kriegskaſſe durch die Entſchloſſenheit des Stabsfouriers Er furth unter vielen Gefahren bis nach Unclam transportirt und,
von da nach Memel und Riga eingeſchifft, gerettet wurde. Die übrigen Bagagewagen nebſt dem größten Theile der of: fiziersequipage waren dagegen in Unclam in feindliche Hånde gefallen , gleichwie auch ein Theil der Offiziere ſeine Pferde ein: .
gebüßt hatte.
Unterdeſſen war auch die Reſidenzſtadt Weimar wah: rend mehrerer Tage ,
nåmlich am 14. , wo ſich in deren
Straßen das Getúmmel der Schlacht von Jena erſt endete, ſowie am 15. Oktober der franzöſiſchen Armee zur Plünderung preisgegeben *) , und nur durch die ſeltene, mit großer Klug 1
heit gepaarte Karakterſtårke der, inmitten der Gräuel des Kriegs
und unter dem Toben einer ſiegestrunkenen feindlichen Armee, von allen ihren herzoglichen Familienmitgliedern daſelbſt allein, als Schuß und Schirm , verbliebenen Herzogin Louiſe von dem wahrſcheinlichen Untergange gerettet worden. Durch dieſe Weiſe Feſtigkeit gelang es nåmlich dieſer ſo ausgezeichneten Fürſtin , den machtigen Sieger und Eroberer, Kaiſer Napoleon , wel cher gegen das weimariſche Land darum höchſt erbittert war, weil deſſen unter allen Verhältniſſen ſtets wahrhaft deutſch geſinnter Landesfürſt Karl Auguſt perſónlich , und auch deſſen
Truppen , gegen ihn zu Felde gezogen , zu beſänftigen , ſo wie 1
deſſen Bewunderung und hohe Achtung in dem Maaße zu
gewinnen , daß ſowohl die für ihr Haus , als auch das Land *) In dieſen verhångnißvollen Tagen traf die früher zu Weimar in Garniſon geſtandenen Offiziere das Geſchic ,1 größtentheils auch das daſelbſt zurückgelaſſene zu verlieren. So hatte z. B. der Verfaſſer ſein Reitpferd während der Schlacht von Auerſtådt, ſeinen Packknecht nebſt Pferd ganz nahe bei ſich durch eine Ra: nonenkugel im Gefechte bei Waren , die Feldequipage durch die Franzoſen in Anclam und die in Weimar zurückgelaſſenen Habſes ligkeiten bei der hier ſtattgefundenen mehrtägigen plünderung verloren .
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Unglück drohende Veränderung , indem lekteres franzöſiſcher Seits als ein erobertes erklärt worden , davon abgewendet ward .
Dieſe Großthat wurde von der dankbaren Stadt Wei
mar im Jahr 1825 zum Regierungs- und Vermählungs Jubiläum derſelben durch eine Medaille , welche das Bruſtbild
dieſer hochherzigen Fürſtin mit der Ueberſchrift „Luiſen , Groß herzogin zu Sachſen" und der Deviſe das gerettete Weimar. 1806" enthält, verewigt.
Nächſt den , dem preußiſchen Staate willig gebrachten Opfern , von denen das Erzählte : die Uebernahme eines Korps: Kommando's von Seiten des Verzogs Karl Auguſt und die ausgezeichnete Führung deſſelben ſogar mit nahen Gefah ren für das Land verbunden war , zeigte das weimariſche
Regentenhaus feine Hingebung auch noch dadurch , daß der am 30. May 1792 geborne , damals erſt 14 Jahre alte Prinz Bernhard von Sachſen - Weimar (ießt Generallieutenant in
königlich niederländiſchen Dienſten ), deſſen Neigung fich ſchon /
früh für den Soldatenſtand ausſprach, am 14. Oktober nach der Schlacht bei Sena fich dem retirirenden preußiſchen
Heere anſchloß und das auf dem erfolgten Rückzuge für ſein Alter Ungewöhnliche mit der beharrlichſten Hingebung ertrug.
Von den zur preußiſchen Armee geſtoßenen weimariſchen Huſaren hatte ein Kommando von 2 Unteroffizieren und 16
Gemeinen die Equipage des Herzogs von Braunſchweig, trok der nahe verfolgenden Feinde , glücklich nach Magdeburg es :
kortirt, hierauf beim Fürſten von Hohenlohe Ordonnanzdienſte verrichtet und , vor Prenzlau der dortigen Kapitulation ent gehend , eine anſehnliche preußiſche Kriegskaſſe über Stettin, Danzig und Elbing nach Königsberg mit transportirt und war von hier nach Memel marſchirt , wo es dem königli: chen Hauptquartiere zugetheilt würde. Von da kehrte es
ſpåter nach Königsberg und erſt im April 1808 , nachdem es dort , dem Befehle zufolge , die Pferde verkauft hatte,
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mit einem Verluſte von 5 Mann wieder nach Weimar zurück *). Der Verluſt des weimariſchen Scharfſchüßenbataillons in dieſem Feldzuge an Todten , Verwundeten , Gefangenen und
Verſprengten war ſehr bedeutend geweſen , obgleich im Einzel nen nicht genau zu ermitteln .
Vorzüglich ſehr verderblich für daſſelbe , ſowie für die ganze preußiſche Armee war wohl der Abend und die Nacht
nach der Schlacht bei Auerſtådt, da es , beim Rückzuge die 1
1
Urriergarde der Hauptarmee bildend, von ſelbiger abgeſchnit:
ten , im Rücken des Feindes umherirrte , die Wege verfehlte
und ſich zwiſchen den feindlichen Bivouaksfeuern durchzuſchlei chen ſuchen mußte. Dazu kam noch, daß die ſchon vor der Schlacht ertragene ungewohnte Noth und die Strapazen , roa wie der Gedanke an die noch zu beſtehenden Entbehrungen
und Mühſeligkeiten jeder Urt , deren ſchon die Wirklichkeit nicht wenige dargeboten , die Veranlaſſung geweſen ſeyn mogen, daß wohl auch eine obgleich nur ſehr geringe Anzahl maroder Soldaten , bei der erſichtlichen Verwirrung und gerade dabei im Vaterlande fich befindend,, die Gelegenheit benugt und die nahe Heimath aufgeſucht haben dürfte. Der ſpåter
hierauf erfolgte Rückzug durch das Harzgebirge, die ſtarken Tages- vorzüglich aber die ſo ſehr ermüdenden Nacht - Mårſche; die Gefechte mit dem des Tags und des Nachts ſtets verfol
genden , weit überlegenen und dazu kriegsgewohnten Feinde ; die ehrenvolle Beſtimmung , daß das Bataillon von Auerſtådt .
an faſt ununterbrochen als Arriergarde den eben ſo langwieri: gen als denkwürdigen Rückzug bis gegen Schwerin deckte und * ) Der König von Preußen zeichnete noch nach Verlauf von 31 Jah : ren , vermoge ſeiner allgemein anerkannten Eigenthümlichkeit, Verdienſte nie zu vergeſſen , 9 noch lebende vormalige Huſaren die fer Abtheitung mit dem Augemeinen Ehrenzeichen aus. Man fehe preußiſche Staatszeitung vom 1. März 1838.
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dabei das jeden Tag immer mehr zunehmende Elend jeder Art
hatten gleichfalls nicht wenig zu den großen Verluſten deſſel ben beigetragen .
Schließlich füge ich noch den vom General von Blücher von Hamburg aus an den König abgeſtatteten Rapport über die Operationen ſeines Armeekorps bei , zu welchem das Ba taillon Weimar als Beſtandtheil gehörte , und welches die wohl 70,000 Mann ſtarken drei feindlichen Armeekorpå des Mars
ſchals Prinzen Murat , des Marſchaus Prinzen von Pontes Corvo und des Marſchalls Soult während drei Wochen von der Oder und Weichſel, und ſomit von dem Herzen des preußis ſchen Staats , indem dieſelben blos zum Rúdmarſche nach
Frankfurt a/O. 10 Tage bedurften , abgezogen , dadurch 1
einen Zeitgewinn zur Verproviantirung der Feſtungen und zur Unnåherung der übrigen preußiſchen Truppen und der ruffiſchen Armee bewirkt und endlich , bis auf 9,400 Mann herunter geſchmolzen , dabei von aller Munition entbiðſt und durch
alle Drangſale des Kriegs erſchöpft, ohne Ausweg , gegen 3 feindliche Hauptkorps, am 7. November bei Ratkau zwiſchen Eutin und Lübeck mit allen Kriegsehren und mit dem ausa
drůdlichen eigenhåndigen Kapitulationszuſake von Seiten des Generals von Blücher, ,, weil ſein Korps weder Munition noch Brod und Fourage mehr habe, " zu kapituliren fich ges nöthigt geſehen hatte.
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Ew. Majeſtát ! „Mit niedergeſchlagenem Herzen muß ich Ew. Königlichen Majeſtåt die allmählige Vernichtung und Gefangenſchaft des Korps Truppen melden , welche ich das Unglück hatte , in einer Lage zu kommandiren , die kein anderes Schickſal zuließ. Daß ein von dem Herzen des Staats und allen andern Truppen und Feſtungen abgeſchnittenes Korps, nachdem es ſeine Munition in 4 Gefechten verſchoſſen hatte , durch eine fechsfach überlegene Macht nach 14 Tagen vernichtet wird , bea darf keiner Rechtfertigung ; aber über alles beruhigend würde
es mir ſeyn , wenn Ew. Majeftåt meinem unterthänigſten Be richte Schritt vor Schritt folgten und meine getroffenen Maß regeln beurtheilten.
Zur Ueberſicht finde ich nöthig, hier vorl&ufig anzufüh ren , daß die Operationen meines Korps bis zum 28. , das iſt, bis zur Kapitulation der Hohenloheſchen Armee , auf die Vereinigung beider und auf die Gewinnung der Oder abzweck
ten ; daß nachher mein ganzes Beſtreben dahin ging , durch die Bewegung meines Korps die franzöſiſche Macht von der Oder abzuziehen und ſie von dem Herzen der preußiſchen Mo narchie zu entfernen ,1 um für die Verproviantirung unſerer Feſtungen und für die Annäherung der noch übrigen preußi ſchen Truppen und der ruffiſchen Armee Zeit zu gewinnen. Daß ich hierin nicht ganz unglücklich geweſen bin ,1 hat der Erfolg bewieſen , da drei franzöſiſche Hauptkorps , das Mu ratſche, das Bernadotteſche und Soultiche, mich umgaben, als ich , von aller Munition entbloft , mit 9,400 Mann zwiſchen Kiel und Lübeck zu Ratkau kapitulirte.
Ich gehe jeßt zu der umſtåndlicheren Erzählung über, die ich jedoch , ſo viel als möglich, abkürzen werde : Den 24. Oktober trug mir der Fürſt von Hohenlohe das Kommando des Korps auf, welches der Herzog Eugen von Würtemberg bis dahin kommandirt hatte. Es war durch eine
bei Halle verlorne Schlacht ſehr geſchwächt und hatte, außer
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einer halben zwölfpfündigen Batterie, nur noch anderthalb ſechspfündige und eine reitende Batterie, und weder Fourage
noch Brod. Die Artillerie war größtentheils von dem Korps, welches am 14. bei Auerſtådt gefochten hatte,. und durch for: zirte Mårſche erſchöpft. Ich marſchirte mit dieſem Korps am 26. in die Gegend bei Ruppin . Der Fürſt von Hohenlohe war an dieſem Tage in der Gegend von Lychen . Meine Abſicht, auf Zehdenik , den geraden Weg nach
Prenzlau , zu geben , wurde vereitelt ; der Feind hatte jenen Ort und Granſee beſegt. Ich marſchirte daher am 27. mit der erſten Diviſion des Korps auf Fürſtenberg, und mit der zweiten nach Lychen. Gegen Abend wurde meine Arriergarde
bei Menz angegriffen ; ſie warf den Feind , ich zog ſie aber dennoch bis nahe an Furſtenberg, an die erſte Diviſion des Korps. Den 28. vereinigte ich mich mit Tagesanbruch mit der Diviſion meines Korps, welche bei Lychen geſtanden hatte, und richtete nun meinen Marſch auf Boigenburg. Der Fürſt von
Hohenlohe war über Schönermark auf Prenzlau marſchirt ; ich durfte dieſe Detour nicht nehmen und mußte mich ents
ſchließen , den Feind aus Boizenburg zu vertreiben , wenn ich nicht alle Hoffnung der Vereinigung mit dem Fürſten aufges ben wollte. Der Feind griff auf dieſem Marſche die Arriera garde nicht weit von lychen an , wurde aber von meinem Res
gimente zurückgeſchlagen , welches einige und 30 Gefangene machte und über 50 Mann niederhieb. Der Feind verließ bei meiner Annäherung Boizenburg; die Patrouillen trafen aber in den umliegenden Dertern überall Feinde, und aus den wenigen Dertern , welche ich zu beſeßen gezwungen wurde , wenn Menſchen und Pferde nicht vor Huns ger umkommen ſollten , mußte er noch in der Nacht heraus: geworfen werden .
Als ich den 29. früh um 4 Uhr nach Prenzlau abmars
ſchiren wollte, erfuhr ich von einigen verſprengten Leuten der Hohenloheſchen Armee, daß der Fürſt zu Prenzlau kapitulirt 4*
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habe. Mein Korps war 10,500 Mann ſtart; vor mir ſtand
auf 2 Stunden die Murat'ſche Armee ; zur Seite , oder hinter
mir das Bernadotteſche Korps; jedes dieſer Korps war wenig ſtens doppelt ſo ſtark, als das meinige , das übrigens weder Brod noch Fourage hatte , und durch die vielen forzirten Mår: ſche außerſt abgemattet war. Mein Entſchluß war bald gefaßt. Statt rechts auf Prenza
lau zu marſchiren, marſchirte ich in demſelben Augenblicke links nach Strelit ab. Ich hoffte, mich dort mit dem weimariſchen
Korps zu vereinigen , mich dann Magdeburg zu nähern , oder nach Umſtånden über die Elbe zu gehen , um Magdeburg und Hameln mit Lebensmitteln zu verſehen und dem Feinde im Ruđen zu operiren .
Durch mehrere ausgeſchickte Offiziers und Såger erhielt ich indeſſen keine Nachricht von dem weimariſchen Korps. Ich marſchirte den 30. vor Strelik vurbei bis Dambeck, und traf
hier unerwartet auf daſſelbe. Jeßt erfuhr ich zum erſtenmale, daß das Korps des Marſchalls Soult von der Elbe mir ent
gegen kam. Meine Urriergarde wurde , noch ehe ſie einrückte, vom Feinde harzelirt.
Den 31. ſchickte ich zwei Offiziers nach der Elbe , um die nöthigen Schiffe und Fähren zum Uebergange bei Boizen: burg und Lauenburg zuſammen bringen zu laſſen . Ich mnar ſchirte nach Waren und den darauf folgenden Tag nach Alts Schwerin und Glave. Nach der Ankunft des Soult'ſchen Korps war meine laz
ge noch kritiſcher geworden , als ſie vorher war. Ich hatte mich zwar mit dem weimariſchen Korps vereinigt ; aber die åußerſt fatiguirtert und ausgehungerten Truppen mußten , wenn nicht
alle in einigen Tagen Hungers ſterben ſollten , des Nachts in .
Dörfer gelegt werden , um hier den dürftigſten Unterhalt zu finden. Bei dieſer Auseinanderlegung riskirte mein Korps aber immer , beim Angriffe des Feindes ganz zerſtreut zu werden.
Meine Anordnung war folgende : Beim Finſterwerden ging das Korps auseinander ; eine Stunde vor Tagesanbruch mar
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ſchirten die Regimenter aus 1, und einzeln nach dem Rendez vous, das ſo gelegt war, daß ich 1,1 /2 bis 2 Meilen vorkam. Durch dieſe Dispoſition wurde aber die große Gefahr, in der ich mich befand , nur um etwas vermindert.
Den 1. November wurde meine Arriergarde bei Waren angegriffen ; der Feind drang bis vor Alt-Schwerin , wo mein Hauptquartier war. Das Korps war zwiſchen Kuppentin und Serrahn in die Quartiere gerůckt. Da der Feind aus den Landkarten wußte , daß er bei Ult -Schwerin nicht durchdrin: 1
gen konnte, fo hielt ich dieſes Vorgehen für einen falſchen an:
griff und erwartete den wahren zwiſchen dem Krakower und Schweriner See. Ein großer Theil meiner Truppen kam hier
auf dem , ihm ſchon vorher beſtimmten Rendezvous zuſammen. Der Feind wandte ſich indeß weiter nach der Elbe , und ich marſchirte einige Stunden vor Tagesanbruch ab , um mich in die Gegend von Preſtin und Kladrum zu begeben. Mein Korps lag hier in einem Bezirke von 5 Stunden auseinander ; ich mußte viele Dörfer haben , um Lebensunterhalt zu finden. Viele Soldaten fielen vor Hunger nieder und waren todt. Den 3. marſchirte ich in die Gegend von Schwerin. Ich hoffte hier auf beiden Flügeln durch den Lowiger Bruch und
den Schweriner See gedeckt zu ſeyn und meine Leute aus der Stadt mit etwas Brod und Branntwein verſehen zu kön: nen. Hierauf wollte ich das Korps am folgenden Morgen nach Lauenburg marſchiren laſſen , oder aber über das Bernas dotteſche oder Soult'ſche Korps herfallen . Während dieſes Marches engagirte ſich bei Sriwit ein
hitiges Arriergardengefecht, das ſich den Abend bei dem Dorfe Fåhre endigte. Das Detaſchement des Oberſten 8. d. Often zu Wittenburg war von dort ohne Befehl abmarſchirt; ich
wußte daher nicht , was auf meinem rechten Flügel vorging. Griff der Feind mich auf dieſem an , während ich mich mit ihm zwiſchen dem Dorfe Fähre und Plate engagirte , ſo wurde ich an den Schweriner See gedrängt; ich mußte ein Projekt der Art bei dem Feinde um ſo mehr vorausſehen ,1 da 1, wenn 1
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er mir von hinten ſchaden wollte , ſein Marſch und ein An
griff auf Plate weit angemeſſener , als auf Fähre geweſen wåre. Ein Angriff bei Fähre ſchien blos eine Demonſtration zu ſeyn , um die Aufmerkſamkeit auf meinen linken Flügel zu ziehen , während man den rechten umging . Das blutige Urriergardengefecht bei dem Dorfe Fähre endigte ſich , nachdem es eine Stunde finſter war. Beide Hauptquartiere waren nicht eine halbe Stunde von einander entfernt, das meinige in Osdorf. Der Marſchall Berna: dotte forderte mich zum zweitenmale auf , zu kapituliren. Ich verbat mir ein für allemal die Aufforderung.
Um meinen Plan , die feindlichen Korps ſo weit als mog lich von der Oder zu entfernen , und erſt dann , wann ich nicht mehr ausweichen könnte , mich zu ſchlagen , weiter auszuführen, marſchirte ich aus der Gegend von Schwerin nach Gadebuſch und Roggendorf. Meine Truppen wurden in der Nacht vor Gr. Salik , alſo auf meinem rechten Flügel , beunruhigt. Nach der Elbe in der Gegend von Lauenburg konnte ich mich zwar immer noch wenden , aber die Zeit zum Ueberſeken hatte ich nicht. Mir blieb alſo nur der Weg nach Hamburg oder lúa beck offen , oder ich mußte mich den andern Tag ſchlagen. .
Meine Truppen
Menſchen und Pferde
waren ſo abges
mattet , daß ich von einer Sdylacht, bei der ſechs - bis ſieben fachen Ueberlegenheit des Feindes , keinen guten Ausgang er warten konnte. Der Großherzog von Berg war auf meiner linken Flanke; Marſchal Bernadotte in meiner Fronte ; Mars
ſchal Soult auf dem rechten Flügel. In dieſer kritiſchen Lage entſchloß ich mich , auf Lübeck zu marſchiren und die Trave vor der Fronte zu behalten. Hatten die Truppen ſich nur ges
gen Hungersnoth geſichert und in etwas erquidt, ſo konnten fie ſich ſchlagen , wenn auch wegen der Uebermacht ſehr wenig Wahrſcheinlichkeit eines glüdlichen Erfolgs vorhanden war. Der Marſch wurde den 5. November glüdlich ausgeführt. Die Thore von Lübeck und die Irave , von Travemünde bis
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da , wo ſie die dåniſche Grånze berührt, wurden beſegt. Die Armee war in dieſer Poſition auf ein Paar Tage im Stande,
der größten Uebermacht zu widerſtehen , wenn ein jeder ſeine 1
Schuldigkeit that ; dieß war aber leider nicht der Fall. Der Feind drang den 6. Mittags durch das Burgthor von Lübeck, auf welches 16 Kanonen gerichtet waren und das von 3 Bas taillons vertheidigt wurde , und es gelang ihm dieſes Eindrins gen nur deßhalb , weil jene Kanonen wider den Befehl zurück :
gezogen wurden und daher gerade im entſcheidendſten Augen: blicke dem Feinde keinen Schaden mehr zufügten. Ich führte, als ich dieß ganz unerwartete Ereigniß ges wahr wurde , die Truppen , deren ich habhaft werden konnte, 1
dem Feind in den Straßen entgegen .
Der Kampf dauerte
einige Zeit lang und war blutig ; die Stadt wurde am Ende mit Feinden angefüllt und es war nun nicht mehr möglich, der Uebermacht zu widerſtehen . Die Regimenter ſchammer,
Owſtien , der größte Theil des Regiments Braunſchweig-Dels, die Magdeburger Fúſilierbrigade, ein Theil der Jäger und das Fúſilierbataillon Ivernois wurden meiſtens aufgerieben
oder gefangen. Mein Generalquartiermeiſterlieutenant Oberſt von Scharnhorſt und mein Generaladjutant, Rittmeiſter Graf von der Golz wurden ' ebenfalls gefangen.
Die übrigen Truppen , welche ſich noch auf 9,000 und einige hundert Mann beliefen , befanden ſich in der Nacht nicht zuſammen ; der größte Mangel war der der Munition. Ich mußte mich jet entſchließen , einen verzweifelten Ungriff zu wagen , und mich in den wenigſtens achtmal ſtarkern Feind
ſtürzen , oder das dåniſche Territorium verleßen . Das Leştere hielt ich wider die Klugheit 1, da ein dåniſches Korps es ver: theidigte und die Verlekung ſeiner Neutralitåt unſern politis fchen Verhältniſſen nicht angemeſſen ſeyn durfte. Das Erſtere håtte die gånzliche Zerſtreuung des Korps und eine partielle Gefangenſchaft nach ſich gezogen , die weit trauriger als die unter gewiſſen Bedingungen geweſen wäre. Ich entſchloß mich
daher den 7. November, in dem Augenblice, da drei franzöſi
2
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ſche Armeen mich anzugreifen im Begriffe waren , zu kapituli: ren . Eine Abſchrift der Kapitulation erfolgt hierbei. Die Schwache meines Armeekorps entſtand theils durch den Verluſt, den ich in den kleinern Gefechten nach und nach und insbeſondere in der Schlacht von Lübeck erlitt , theils aber auch durch die fatiguirenden Mårſche, auf denen die Bataillons bei dem Mangel an Lebensmitteln täglich 40 bis 50 Mann
zurücklaſſen mußten. Endlich war der General von Pelet mit 4 Eskadrons von Baiern Dragoner und der General von Ufe dom mit 10 Eskadrons Huſaren ſchon einige Tage vom Korps getrennt. Dazu kam , daß die Truppen des ehemaligen her: zoglich würtembergiſchen Korps ſchon bei Halle ſehr gelitten hatten .
In dem Augenblicke der Kapitulation hat der ålteſte Offi zier vom Generalſtabe den Fehler begangen , die Regimenter, die er nur im Durchſchnitte angab , weit ſtårker anzuſeßen , als fie waren , und auch die Truppen noch dazu zu zählen , welche theils vorher ſchon detaſchirt waren , und theils den Tag zu : vor in Lübeck vernichtet oder gefangen wurden. Die franzó: fiſchen Generale werden ſich bei der Uebernahme der kapitu lirenden Truppen überzeugt haben , daß ihre Zahl nicht die oben von mir angegebene überſtieg. Die Truppen im Allgemeinen haben eine Beharrlichkeit, Treue und Bravour gezeigt , die meine Erwartung übertroffen, und die ſie unter andern Umſtänden unſterblich gemacht haben würde. Obgleich die Regimenter des Korps , welches der Her 30g von Würtemberg vorher kommandirte , bei Halle eine un glückliche Bataille geliefert und viel gelitten hatten ; obgleich
mein ganzes Korps über 3 Wochen in ununterbrochenem Rück zuge war , tåglich forzirte Mårſche von 5 bis 7 Meilen machte und , von allen Bedürfniſſen entbloſt , keine angemeſſene Klei dung , zum Theil keine Schuhe mehr hatte und , was noch mehr iſt, ſeit 3 Wochen überall kein Brod und ſeit 14 Tagen keine Beſoldung erhielt ; ſo hatte dennoch ein jedes Regiment,. ein jedes Detaſchement immer willig dasjenige gethan , was von
}
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ihnen gefordert wurde. Der gute Wille, die ausdauernde Bes harrlichkeit, die Bereitwilligkeit zu jeder Aufopferung, zeigte fich auch noch in dem lekten Augenblicke, ſelbſt nach dem Ber : luſte von Lúbed. "
Ich ſchließe dieſen Bericht mit der innern Ruhe , welche das Gefühl, ſeine Pflichten erfüllt zu haben , einflößt, und erſterbe 2c. c.
Hamburg.
von Blücher.
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3 e i la gé Be
I.
Liſte der Offiziere des herzoglich ſachſen - weimariſchen Scharfſchüßenbataillons. Oberſtlieutenant:
von Hönning , Kommandeur des Bataillons. .
Majors :
von Egloffſtein, von Germar. Kapitains :
von Linker, von Arnswald,
von Schierbrandt, von Könnerit,
Nůler d'Euchaco , adjutant. Premierlieutenants : von Linker,
von Boyneburgk, von Germar, Sefond lieutenants :
von Boyneburgk, von Beulwiß, von Crayen,
von Schlotheim , von von von von von
Hönning, Bechtolsheim , Einſiedel, Seebach , Dankwerth,
von Goldacker,
von Poſec . Regiment & quartiermeiſter : Meyer. Regimentschirurgus :
áhling.
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Be i lage II. An der Herzog zu Sachſen - Weimar liebdett .
Durchlauchtigſter Herzog, Freundlich lieber Vetter ! So danknehmend Ew. Durchlaucht und Liebden Ich auch verpflichtet bin , daß Sie das Ihrem Befehle anvertraute Korps Meiner Truppen bisher geführt haben ; ſo muß Ich doch Die felben aus wahrer Achtung und Freundſchaft erſuchen , dieſen Befehl ſogleich niederzulegen und in Ihre Lande zurückzukehren. Herr von Wolzogen hat Mir nach Magdeburg gemeldet , daß
Kaiſer Napoleon Ihre Rückkunft und die Ubberufung Ihrer , Såger von Meiner Armee binnen 24 Stunden kathegoriſch ver: #
langt habe und Mich im Namen Ihrer treuen Bafallen und Unterthanen gebeten , Ihnen zuzumuthen , dieſem Verlangen
ſchleunigft nachzukommen . Die mit einer Weigerung verknüpfte Gefahr iſt ebenſo augenſcheinlich als groß. Ich habe daher , da Ich damals nicht wußte ., wo Ew. Liebben ſich mit dem Korps befanden , dem Herrn von Mou zogen unterm 18. d. M. aufgetragen , Ihnen Meine Genehmis
gung ſo ſchleunig , als möglich zukommen zu laſſen . Wahr: ſcheinlich hat er es Ihnen bis jeßt nicht melden können und
Ich eile daher in dem Augenblicke, wo Ich Ihren Standpunkt Vernehme , Sie dringend zu erſuchen , ſobald es Ihnen nur möglich iſt, dein Verlangen des Kaiſers Napoleon zu willfah ren , das Kommando auf den im Range folgenden General zu übertragen ,I und für die Wohlfahrt Ihrer Lande und Ihres Hauſes ſich auf die beſtmöglichſte Weiſe zu arrangiren ,1 indem Ich Sie von allen Verhältniſſen gegen Mich , ſo weit dieſelben Ihnen hierin hinderlich ſeyn könnten , entbinde. Ew. Durch laucht kennen Mich und Ich darf daher wohl nicht viele Worte darüber machen , wie ſchmerzlich es Mir fåät, Mich von einem 1
ſo treuen Bundesgenoſſen zu trennen .
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Über die unglückliche Lage der Umſtände gebietet dieſes Opfer Mir , wie Ihnen , und ich werde übrigens bei den ein geleiteten Friedensunterhandlungen Ihr und Ihres Hauſes, wie Ihrer Lande Beſtes als Mein eigenes Intereſſe wahr nehmen.
Mit wahrer Hochachtung und Freundſchaft verbleibe Ich
Ew. Durchlaucht und Liebden freundwilliger Better
Friedrid 2ilhelm . Súſtrin , 24. Oktober 1806.
e14444 1
8
0
7.
Der Friedensvertrag zwiſchen Frankreich und Sachſen , der zu Poſen am 11. Dezember 1806 von dem Marſchall Duroc und dem Grafen von Boſe unterzeichnet worden war,
mußte auf die Politik der erneſtiniſchen Häuſer eben ſo großen Einfluß haben , wie die damalige Lage der Verhältniſſe felbft.
Daher ſchloſſen auch dieſe zu Poſen bereits am 15. Dezember dieſes Jahres Traktate ab, denen auszuweichen ſie eben ſo wenig im Stande waren , als das nunmehrige Königshaus. In Folge dieſer zwiſchen Frankreich und den fåchſiſchen Fürſtenthümern, welche, mit Ausnahme von Sachſen - Weimar,. an dem in die:
ſem Jahre zwiſchen Preußen und Kurſachſen und zwiſchen
Frankreich und dem Rheinbunde ausgebrochenen Kriege aus hoben Rückſichten keinen Antheil gehabt , abgeſchloſſenen Ver: tråge und des dadurch don geſammten Herzogen durch die Reſultate der ſo unglücklichen Schlacht bei Jena gebieteriſch herbeigeführten Beitrittes zum Rheinbunde , mit welchem Bei
ſpiele das Kurhaus Sachſen bereits in jenem Friedensſchluſſe vorangegangen war , hatten ſich diefelben , weil ſie nun an den Ufern der Oſtſee an dem ſo blutigen Kampfe Theil nehmen mußten , zur ſchleunigſten Ausrüſtung eines aus 3 Bataillonen beſtehenden Infanterieregiments von 2,800 Mann verbindlich gemacht *). *) Dieſem Vertrage zufolge hatte Sachſen : Weimar 800 Mann, Gotha 1,100 ., Meiningen 300 ,. Roburg 400 und Hildburghauſen 200 zu dem Infanterieregimente der Herzoge von Sachſen zu ſtellen , welches von einem Oberſten , der abwechſelnd von den
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Dem zufolge marſchirte am 5. Mårz der Oberſt von Egloffſtein mit dem , dem ſpeziellen Kommando des Majors von Germar zugetheilten herzoglich fachſen- weimariſchen leich ten Infanteriebataillon , beſtehend aus 24 Offizieren * ), 707 Unteroffizieren und Gemeinen, von Weimar nach Kölleda, am 6. nach Auftedt, wo am 7. Raſttag war , am 8. nach Eis: 1
leben , am 9. nach Sandersleben , am 10. nach Halberſtadt, am 11. nach Magdeburg , wo es die Ordre erhielt , nach Span : dau zu marſchiren und daſelbſt ſeine weitere Beſtimmung ent weder nach Warſchau oder Stettin zu erhalten , am 12. nach ,
Brandenburg , am 13. úber Charlottenburg , wo es vor dem .
1
kaiſerlich franzöſiſchen Gouverneur von Berlin , Diviſionsges Herzögen von Sachſen - Weimar und von Sachſen - Gotha aus des ren Stabsoffizieren zu ernennen , befehligt werden ſollte. Nadi der von dieſen geſammten Regierungen zu Weimar am 4. Fe bruar 1807 getroffenen Uebereinkunft ſollten die Kontingente von Weimar ,. Roburg und Hildburghauſen ein leichtes Bataillon von 1,400 Mann , ſowie Gotha - Altenburg mit Meiningen 2 Linien bataillone, jedes zu 700 Mann ,1 bilden. Für dieſen Feldzug war der weimariſche Major von Egloffſtein unterm 20. Januar 1807 zum Oberſten und zum Kommandeur , ſowie von dieſem ſpäter der Premierlieutenant von Germar von demſelben Kontingente :
zum Regimentsadjutanten des herzoglich fåchfiſchen Infanterieregis ments ernannt worden. Mit möglichſter Ihátigkeit wurden die Kontingente theils aus dem bereits vorhandenen Militairſtamme, theils durch Rekrutenaushebung , jedoch auch , was ſehr nachtheilig , durch Unwerbung vieler preußiſchen Deſerteurs und ranzionirten preußiſchen Gefangenen , in den erforderlichen Zuſtand gelegt. Was indeſſen das Kontingent von Koburg betraf ,. ſo ſtieß es während
diefes ganzen Feldzugs deßhalb nicht zum Regimente, weil bereits am 9. Dezember 1906 der regierende Herzog Franz von Sachſen Koburg - Saalfeld verſtorben war , und deſſen Erbprinz, der jegt regierende Herzog Ernſt von Sachſen Roburg - Gotha ,. ſich zu der Zeit in ruſſiſchen Kriegsdienſten befand ; daher in jenem Lande
eine franzöſiſche Kommiſſion bis zu dem am 9. Juli 1807 zu Litfit abgeſchloſſenen Frieden , bei welchem Regterer dem Rhein bunde beitrat und ſouverainer Herzog wurde, die Verwaltung führte. *) Die Liſte derſelben folgt in der Beilage I.
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neral Clarke, die Revue paffirte, welcher das Bataillon, anſtatt der bisherigen altpreußiſchen Musketen , mit franzöſiſchen Gea wehren bewaffnen ließ.
Das Bataillon Weimar rückte hierauf noch am ſelbigen Abend nach Spandau und in einigen der umliegenden Dörfer in die Quartiere. Von hier aus erhielt daſſelbe ſeine Beſtima
mung über Oranienburg , Behdenick, Prenzlau nach Stettin, wo es auch am 24. März einrückte, jedoch von Spandau bis hieher 104 Mann durch Deſertion verlor , weßhalb der fran : zöſiſche Gouverneur zu Stettin, General Thouvenot, um dieſem eingeriſſenen Uebel Einhalt zu thun , blos den Stab nebſt 1 Kompagnie in die Stadt und die 3 andern Kompagnien in das nahe bei derſelben gelegene Fort Preußen als Beſakung legte. Die Unpartheilichkeit verlangt es , die Haupturſachen dieſer Deſertion hier anzuführen. Sie beſtand darin 1, daß ein Theil der Mannſchaft erſt kurze Zeit vorher mit der preußi ſchen Urmee gegen die Franzoſen gefochten und hierbei , felbſt trop allen erlittenen bedeutenden Unfällen , eine ſolche treue Un I
hånglichkeit þewährt hatte , daß man darnach den ſichtbaren 1
Widerwillen , jekt gegen ſie zu Felde ziehen zu müſſen , ermeſſen konnte. Nicht minder trug auch noch hierzu bei , daß, 1
da damals das weimariſche Land theilweiſe zum großen Kriegs
ſchauplaße gedient , die dadurch in vollem Maaße erduldeten Schreckniſſe und erlittenen ungeheuern Verluſte bei ſeinen Bea wohnern eine höchft erbitterte Stimmung gegen die Franzoſen hervorgebracht hatten , und daß auch ein großer Theil der preußiſchen Quartierwirthe, aus gleicher Erbitterung und aus wahrem Patriotismus , die Soldaten zur Deſertion verleiteten
und dieſe dadurch beförderten , daß ſie ihnen die übertriebenſten Schilderungen von dem großen herrſchenden Elend in Polen
und den daſelbſt zu erwartenden Kriegsdrangſalen , mit den ſchwårzeſten Farben ausmalten , und andern Theils die Deſer .
teurs , welche meiſtens ihre Montirungen und Waffen zurück ließen , in den Häuſern verbargen , kleideten , auch ſogar bei ſich behielten oder mit Geld zur Rückkehr ins Vaterland vers .
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ſahen , und endlich daß die große Anzahl der angeworbenen preußiſchen Deſerteurs und ranzionirten preußiſchen Gefangenen,
ſobald ſie in ihr Vaterland gekommen waren , nach ihrer Heimath entwichen. In Stettin ſelbſt lagen noch 1 Bataillon Franzoſen und das Infanterieregiment des Großherzogs von Würzburg in Garniſon. Dieſe wichtige Feſtung hatte weitläuftige Werke, welche auf der Landſeite des linken Oderufers aus ftarken , halb ge mauerten Willen , breiten Graben , und vielen Außenwerken bes
ſtanden , unter welche lettern die Forts Preußen , Wilhelm und Leopold , die mit dem bedeckten Wege der Hauptfeſtung in Ver bindung ſtanden ,. gehörten. Die an der rechten Seite des Oder: ufers gelegene Vorſtadt Laſtadie war ebenfalls mit Wålen , ſo : wie von der Perniß und moraſtigen Wieſen umgeben. Um 29. des Vormittags rückte das weimariſche Bataillon nebſt allen in Stettin garniſonirenden Truppen in großter Pas
rade aus ., defilirte vor dem Marſchal Mortier vorüber und ſtellte ſich auf dem dortigen großen Friedrichsplaß auf , wo hierauf ein franzöſiſcher Infanteriſt erſchoſſen wurde , der mit der größten Faſſung die wohlverdiente Strafe erlitt. Um 2. April marſchirte das Bataillon Weimar nach Lands : berg an der Warthe ab , wo es am 5. eintraf und bis hier:
her abermals 46 Deſerteurs zählte. Hier vereinigte ſich an jenem Tage mit demſelben 1 Bataillon der herzoglichen ſacha
ſen - gotha - altenburgiſchen und fachſen - meiningiſchen Kon tingente, welches mit 14 Offizieren * ), 474 Unteroffizieren und Gemeinen , in 3 Kompagnien von Gotha und 1 Kompagnie von Meiningen rangirt**), und zwar die erſtern am 17. und *) Die Liſte derſelben forgt in der Beilage II. **) Beſonders iſt zu bemerken , daß , einer Beſtimmung zwiſchen Go: tha und Meiningen zufolge , vom erſtern Kontingente zum lektern
1 Kapitán und 3 Lieutenants für dieſen Feldzug kommandirt wurden. Demnach befehligten dieſe 1. meiningiſche Kompagnie : Kapitain von Boſe
von Meiningen.
Premierlieutenant von Tümpling?
von Gotha.
Sekondlieutenant von Beuſt
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bie legtern bereits am 10. März ausmarſchirt, und über Haß leben , Kóleda, udſtedt, Eisleben, Sandersleben in Magdeburg eingetroffen war. Von hier aus war daſſelbe über Berlin, wo es vor dem kaiſerlich franzöſiſchen Gouverneur, Diviſionsgeneral Clarke , die Revue paffirte, und weiter über Küſtrin nach lands berg an der Warthe marſchirt , wo es am 5. April eintraf. Dieß Bataillon hatte gleichfalls , aus den bereits früher ange
führten Gründen, durch Deſertion viele Mannſchaft , welche bis zum 8. April 202 Unteroffiziere und Gemeine betrug, verloren . Der Oberſt von Egloffſtein übernahm ſofort in Landsberg den Oberbefehl über die 2 Bataillone, welche bis zum 12. April, 3 Kompagnien abgerechnet, wovon eine weimariſche und zwei gothaiſche nach Drieſen und Friedeberg detaſchirt wurden , daſelbſt in Garniſon verblieben. Eingegangenem Befehle zufolge, brachen die 2 Bataillone am 12. von Landsberg auf, um über Friedeberg, Drieſen , Filehne, Schónlanke, Schneidemühl, Flas tow , preußiſch Friedland am 19. in Koniß , wo ſie eine weitere Marſchbeſtimmung abwarten ſollten , einzutreffen ; jedoch erhiel ten dieſelben bereits am 14. durch den erſten aide de camp
des Marſchalls Ney , den Oberſten Liger - Belair , die Wei: ſung , über Schloppe , Friedland , Tempelburg , Polzin und .
Belgard zum Belagerungskorps vor Kolberg zuſtoßen . In der lebten Nacht vor dem Ausmarſche von Landsberg hatten
die 2 Bataillone wieder einen nicht unbedeutenden Verluſt an
deſertirter Mannſchaft, vorzüglich durch die Verleitung und Begünſtigung der Einwohner, wie Solches auch am 17. in Schloppe der Fall war.
Nachdem die beiden Bataillone am 21. in Belgard an : gekommen und am 22. des Abends von da wieder aufgebro chen waren , trafen ſie am 23. April Nachts 2,1/2 Uhr im
Lager vor Kolberg ein , wo ihnen ein aide de camp des frans zöſiſchen Diviſionsgenerals Teulié auf einer Höhe hinter dem von der Stadt øſtlich gelegenen Vorwerke Bullenwinkel eine
Stellung, und zwar , da es finſtere Nacht war , mit dem Bes merken anwies , daß in der Fronte derſelben die Feſtung liege 5*
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und rechts von derſelben ein polniſches , links aber ein italieniſches Regiment lagere. Da wegen des rauhen Oſtſeewindes die Nacht ſehr kalt war , und dazu noch der Lagerplaß auf moraſtigem Boden ſich befand , ſo wurden alsbald Feuer angezündet. Doch da aus der Feſtung ſogleich ein kurzes Kanonenfeuer , gleichſam
als Bewillkommnungsſchuß des Regiments , auf daſſelbe be: gann , und die Dunkelheit , ſowie die vollige Unkunde der Ge 1
gend keine Beurtheilung der Entfernung der feindlichen Werke erlaubte , ſo wurden die Feuer alsbald wieder ausgelöſcht und ſo der Unbruch des Tages erwartet.
Zur nothigen Beurtheilung der folgenden Ereigniſſe wähs rend der Belagerung, ſowie der Vertheidigung Kolbergs moge vorerſt eine möglichſt gedrängte Darſtellung von der Lage dies ſer Stadt und deren damaligen Befeſtigungen, ihrer Befaßung, dem åcht patriotiſchen Geiſte ihrer Bewohner und zugleich auch von den , vor dem Eintreffen der 2 herzoglich ſächſiſchen Ba taillone gegen dieſelbe bereits begonnenen Operationen und der Vertheidigung hier Plaß finden. Doch beabſichtige ich hierbei nicht im Entfernteſten die Beſchreibung der ganzen Belagerung im kunſtgerechten Sinne nach allen Regeln des Angriffs und
der Vertheidigung der Feſtungen , ſondern blos eine einfache, jedoch geſchichtlich treue Aufzählung aller während dieſer denk
würdigen Belagerung vorgefallenen Begebenheiten , vorzüglich 1
aber alles deſſen , was die herzoglich ſáchſiſchen Truppen insbe fondere betrifft, zu geben.
Die damals ungefähr mit 6,000 Seelen bevölkerte Stadt und Feſtung Kolberg *) in Hinterpommern liegt an dem rech ten Ufer des Perſantefluſſes , der eine Viertelſtunde davon ge gen Norden in die Oſtſee fließt und hier den Hafen bildet. Die auf einer durchaus ebenen Fläche erbaute , ein ſtumpfes Viereck bildende Stadt hatte 3 Thore 1, von welchen das erſte,
das Münderthor 1, gegen Norden nach dem Hafen ; das zweite, das Gelder- oder Mühlen - Thor , im Süden nach Stettin *) Man fehe Plan II.
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und Berlin , und das dritte , das Lauenburger - oder Stein Thor , im Oſten nach Kóslin , und außerdem noch 3 ſogenannte Pforten nach dem Perſantefluſſe hinaus führten. Ein Theil der Stadt , die ſogenannte Neuſtadt vom Gelderthore bis an die
Mühlenbrücke, war von der Perſante ganz umgeben , und ein von der Stadt eine Viertelſtunde nach Süden zu gelegenes
Dorf führte den Namen der Altſtadt. Die Stadt hatte fünf Vorſtådte, nåmlich die Geldervorſtadt, die Pfannenſchmiede, die Můndervorſtadt , die Lauenburgervorſtadt und Stubbenhagen, von welchen allein die Lauenburger etwas befeſtigt worden war.
Die mit Außenwerken verſehenen Feſtungswerke umgaben zwei tiefe Kanåle , und die ein ziemlich regelmåßiges Anſehen bil dende Feſtung wurde an den drei Landſeiten von einem Haupt:
wal und ſechs Baſtionen eingeſchloſſen , deren Weſt- und Süd weſt- Seite durch den ſie hier umgebenden Perſantefluß gedeckt und die nach andern Richtungen zu, außerhalb durch eine dritte Linie von Schanzen ,1 Redouten und Flèchen befeſtigt war. Die Schanzen waren auf folgenden Punkten gelegen : die erſte an der Oſtſeite des Hafens ,I von welcher der Strand der Oſtſee
und die Rhede beſtrichen wurden, war das ſtarke, mit gemauer ten Wallen und einem kaſemattirten , abgeſtumpften weiten Thurm verſehene Münderfort; die zweite , an der Weſtſeite des Hafens, ein bloßes Erdwerk; die dritte , auf dem Nikolaikirch hofe, welche die zwiſchen der Stadt und der Oftſee gelegene Flache, das ſogenannte Münderfeld, beſtrich; eine vierte , ge mauerte , die Moraftſchanze, vor dem Salzberge gegen die Nie derung und das Siederland in der Ecke, wo die Vereinigung des Holzgrabens mit der Perſante ſtattfindet und welche die Verbindung mit dem Münderfort ſicherte; eine fünfte, nordoſt
lich von der Stadt, die auf dem ſogenannten Wolfsberge ge legene bedeutende Wolfsbergſchanze, von welcher aus der Platz beſchoſſen werden konnte ; eine rechste, oftlich von der Stadt, .
die Ziegelſchanze; eine ſiebente , ſüdöſtlich derſelben , die Hohen bergſchanze, und endlich die achte, in ſüdlicher Richtung, die Kaußenbergſchanze, welche fåmmtlich , außer der legtgenannten, 1
1
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blos einen Bombenwurf von der Stadt entfernt lagen. Vor dem Gelder- und Lauenburger - Ihore befanden ſich die bedeu tendſten Befeſtigungen , ſo wie innerhalb der Feſtungswerke der Stadt ſelbſt 4 bombenfeſte Pulverthúrme, und zwar einer da: von an einer der ſogenannten 3 Pforten und die 3 andern auf
den Baſtionen Neumark , Pommern und Geldern gelegen. Außer mehreren kaſemattirten öffentlichen Gebåuden befand fich auch auf einer Baſtion eins dergleichen , welches gegen 500 Mann aufnehmen konnte, ſo wie auch zwiſchen den Pförtchen aufbei den Seiten erbaute maſſive Baracken , und an manchen Orten
in den Feſtungswerken gemauerte Durchgånge ; übrigens hatte die Stadt keine Ringmauern. Damit die Hauptverbindung des Has fens, deſſen öſtliche Seite zwar ſchon durch das Münderfort beherrſcht war , mit der Oſtſee nicht geſperrt wurde , weil beim
Verluſte deſſelben jede Sicherheit für die Feſtung verloren und ſelbige dann vódig abgeſchnitten werden konnte, indem dann kein Schiff mehr auß : noch einlaufen kann , ſo war auch das auf der weſtlichen Seite des Hafens auf einer Erhöhung an dem linken Ufer des Perſantefluſſes unmittelbar an der Oſtſee
liegende kleine Wåldchen , die Maikuhle genannt , welcher Punkt,
als der Schlüſſel zum Hafen, lektern und mithin die Verbin: dung der Stadt mit dem Meere vollkommen deckt, ringsherum mit ſehr dauerhaften Verſchanzungen verſehen , deren Gråben mit Paliſſaden ausgeſetzt und vorwärts derſelben mit Wolfs
gruben und Verhauen umgeben worden . Zur Sicherheit der Feſtung trug nun noch vorzüglich bei , daß ſie durch einen we:
nigſtens eine Viertelſtunde breiten moraſtigen Wieſengrund, wels cher ſich ununterbrochen von Süden nach Nordoſten dicht um:
her zog , welcher keine Annäherung durch Laufgråben geſtattete und der auch noch überdieß durch Schleuſen ziemlich hoch unter Waſſer gefegt werden konnte, umgeben war . Dagegen gereichs
ten zum Nachtheile der Feſtung die nahe gelegenen Hügel, als z. B. die Erhöhungen vom Hohenberge , die des eine Viertels ſtunde von der Stadt gelegenen Dorfes Altſtadt und die jenſeits des eine halbe Stunde Oftlich entfernt liegenden Vorwerks Bul
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lenwinkel , ſo daß von dieſen Punkten aus die Stadt beſchoſſen werden konnte ; gleichwie auch der eine halbe Stunde öſtlich auf einer Erhöhung gelegene Stadtwald, da die Belagerer dort eine fichere Stellung einnehmen konnten , für dieſelbe nachtheis lig war. Gleichfalls ungünſtig war die Lage des weſtlich in
der Schußlinie im Freien gelegenen königlichen Salzwerks , das bei einer Belagerung entweder von den Belagerten zerſtört werden mußte , oder andernfalls den Belagerern Schuß gewährte. Kommandant der Feſtung war Oberſt von Lucadou , ſo: wie Hauptmann von Waldenfels Vicekommandant derſelben . Unter der meiſt aus Selbſtranzionirten gebildeten Garniſon be fand ſich auch der unternehmende Lieutenant von Schil , vom
Dragonerregimente der Königin , welcher mit einer in der Schlacht bei Auerſtådt erhaltenen Kopfwunde nach Kolberg ges
kommen war , und der ſich mit ſeinem , aus Selbſtranzionira ten und Verſprengten errichteten Kavallerie- und Infanterie Freikorps durch ſeine kühnen und ſchlauen Unternehmungen in Ueberfallen , ſowie im Aufheben kleiner Truppentheile , der Kouriere und der Transporte auszeichnete. Die Einwohner Kol:
bergs , anſtatt durch die ſo niederſchlagenden Nachrichten von den unglücklichen Gefechten bei Saalfeld und Halle, ſowie den verlornen Schlachten bei Jena und Auerſtadt und der Ueber gabe der ſo bedeutenden Feſtungen Magdeburg , Küſtrin und Stettin entmuthiget zu werden , waren im Gegentheil auf das Leußerſte entſchloſſen , ihr Leben , Gut und Alles für die
preußiſche Nationalehre und ihren König aufzuopfern und ſich nicht ſchimpflich zu ergeben. Kolbergs Bürger , aus früherer Zeit in fünf Kompagnien eingetheilt und einen Bürgermajor an ihrer Spige , arbeiteten ſehr thátig an neuen Verſchanzun gen und verrichteten ſpåter während der Belagerung den innern
Feſtungsdienſt mit der größten Pünktlichkeit und Lebensverach : tung. Das Abbrennen ihrer Häuſer und mit ſelbigen groß tentheils der Verluſt ihrer ganzen Habe , ja kein Opfer war dieſen braven Patrioten zu groß. Unter ihnen verdiente vor:
züglich der damalige Hafenrendant Joachim Nettelbeck , ein
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Greis von 70 Jahren , durch ſeine für das Vaterland und fei:
nen König bewährte hohe Begeiſterung, ſeine unerſchrockenheit, ſowie unermüdete Thåtigkeit und edle Freimuthigkeit die Be: wunderung von Freund und Feind. Derſelbe hatte bereits in
feiner Sugend , während der früheren Belagerungen Kolbergs durch die Ruſſen in den Jahren 1760 und 1761 freiwillige
Adjutantendienſte geleiſtet, ſowie im Jahre 1776 mit größter Lebensgefahr bei dem durch einen Bligſtrahl in dem Marien thurm entſtandenen Feuer die Kirche feiner Vaterſtadt gerettet, und übrigens durch die nach fremden Welttheilen unternommes nen Seereiſen viele Erfahrungen geſammelt. Während der Belagerung im Jahre 1807 that er bei der Bürgermiliz ſei
nen Dienſt mit der ausgezeichnetſten Pünktlichkeit, feuerte ſeine Mitbürger durch ſein Beiſpiel zu Thaten an , ertheilte ſelbigen Rath und Troſt, war unermüdet als Dirigent der Loſch- und Ueberſchwemmungs - Unſtalten , folgte den Truppen ins Gefecht, führte den Kämpfenden Lebensmittel zu , trans .
portirte die Verwundeten in ſichere Obhut zur Arztlichen Bes
handlung , diente als Steuermann bei den Angriffen der Kriegs fahrzeuge und gab , wegen ſeiner Lokalkenntniſſe, dem Feſtungss kommandanten manchen Rath und Auskunft, weßhalb er oft bei ſelbigem den Dienſt eines Adjutanten verſah, indem er der 1
ſen Befehle an entlegene Punkte überbrachte und ihm rappor
tirte ; daher man den Greis mit der Lebenskraft eines jungen Mannes allenthalben fah, wo es galt.
Obgleich die Franzoſen Kolberg bereits am 8. November 1806 durch einen aus dem 16 Meilen entfernten Stettin ab
geſchickten Parlementair zur Uebergabe hatten auffordern laſſen, zu welcher Anmaßung ſie ſich durch die Kapitulation dieſer leß: tern Feſtung und die von Kůſtrin für berechtigt wähnten , ſo hatten ſie duch den ganzen Winter hindurch nichts gegen dies felbe unternommen , wodurch der Kommandant Zeit gewann, ſo viel als thunlich , die Stadt zu befeſtigen , die Garniſon aus
den vielen Verſprengten und Selbſtranzionirten zu bilden und
den Plag mit Lebensbedürfniſſen , Montirungsvorråthen und
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Munition zu verſehen , zu deren Herbeiſchaffung, ſowie zur Beunruhigung der zwiſchen Stettin und Kolberg ſtehenden franzöſiſchen Detaſchements der Lieutenant von Schil die we: ſentlichſten Dienſte leiſtete. Nachdem nun endlich der , am 16. Februar 1807 von dem beinahe 600 Mann ſtarken von Schill'ſchen Korps gemachte
Verſuch , einen Theil des vom Marſchall Mortier (vom 8. Ar .
meekorps) aus ſchwediſch Pommern entſandten und unter den Befehlen des franzöſiſchen Diviſionsgenerals Teulié zur Bes rennung Kolbergs ſich organiſirenden Korps , beſtehend aus ita:
lieniſchen Truppen , in der Stadt Stargard zu überfallen , ge ſcheitert war , hatte hierauf dieſer General die von Schil be feſtigte und vertheidigte Stadt Naugard angegriffen und Selbi gen , welcher zugleich dabei verwundet ward , mit einem em: pfindlichen Verluſte fich nach Neubrück zurückzuziehen genothigt. Das von Schil'ſche Korps wurde , nach den am 24. , 26. und
28. daſelbft ſtattgefundenen Gefechten , dieſe Stellung aufzuge ben gezwungen und zog fich hierauf bis nach Sellnow unmit: telbar vor Kolberg zurück.
Hierauf war am 1. März das eine Meile von der Fes ſtung gelegene Dorf Spie nebſt noch mehrern andern in der Nähe liegenden von den Franzoſen befekt worden , und ſelbige hatten ſich am 3. und 4. Márz eines Theils über Groß - Jeftin
und Kórlin nach der Oſtſeite zu gendhert und andern Theils die bei dem Dorfe Sellnow , eine halbe Stunde von Kolberg, befindliche Kaußenbergſchanze angegriffen , ſich aber wieder nach den Dörfern Spie , Pretmin und Roſſenthin zurückziehen müſſen , wobei jedoch für dieſelben der eigentliche Zweck ge lungen war , daß die Hauptmacht des Blokadekorps, welche
ſich gleichzeitig von Neubrůck ſüdöſtlich gegen Groß - Jeſtin wandte , bei Kórlin die Perſante paffirte und bis zum 10.
Mårz fich bis Zernin und Tramm , uin die Feſtung auch von der Oſtſeite einzuſchließen , herumgezogen hatte. Vom 5. bis mit dem 9. März hatten die Kolberger Bür:
ger , ohne Raſt, bei Tag und Nacht, zum Schuße der vor dem
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durch den Beſik von Sellnow gewiſſermaßen Herr des Gra dierwerks und der Saline und hatte ſich dadurch einen beques men Zugang zur Maikuhle gebahnt. Am 21. des Morgens überfiel das lettere die beim Torf
moor der Saline am Oſtſeeſtrande aufgeſtellten Vorpoſten der Blokirten , tódtete ihnen gegen 20 Mann und machte auch
mehrere derſelben zu Gefangenen . Da die Blokadetruppen nun im Beſitze der Kaußenbergſchanze und des Dorfes Sello now waren , ſo ließ der Feſtungskommandant deßhalb die Geldervorſtadt, bis auf wenige Gebåude , niederbrennen , und um die Hauptverbindung mit der Oſtſee und dem Hafen noch mehr zu ſichern , nicht allein die auf der Weſtſeite liegende Maikuhle , deren Vertheidigung ſeit dem 19. dem Rittmeiſter von Schill anvertraut war , mit Verſchanzungen, Wolfsgruben
i
und Verhauen umgeben , ſowie die Båume daſelbſt zum Theil niederhauen , ſondern auch , obſchon ,das Münderfort und die
auf dem Münderkirchhofe gelegene Schanze die öſtliche Seite des Hafens beherrſchten , außerdem noch auf dem zwiſchen bei: den gelegenen Baumgarten eine Redoute aufwerfen , die Mün: derkirche abbrechen und gleichfalls auf der wichtigen Anhöhe, dem noch öſtlicher gelegenen ſogenannten Wolfsberge, deſſen flache Kuppe einen Raum von mehr als hundert Schritte im
Durchmeſſer hålt , eine Schanze anlegen , die nach ihrer Voll 1
endung ein geſchloſſenes Feſtungswerk von ausnehmender Starke
war , um vorzüglich hier das Andrången des Blokadekorps långs dem Strande abzuwehren. Obgleich der Wolfsberg von den Unhöhen bei Bullenwinkel beſtrichen werden kann I, ſo machen doch die dazwiſchen liegenden ſumpfigen Wieſen jede Annäherung zu demſelben ſchwierig. Am 22. arbeiteten die Blokirten thåtig an den Befeſti
gungen der Maikuhle und brachen nåchſtdem noch die Stadt: ziegelei ab , wogegen das Blokadekorps , das bisher noch keine Batterie errichtet hatte , über die Perſante bei Altſtadt, um
ſchneller auf jeden Punkt ſich hinwenden zu können , eine Brüde ſchlug. Nachmittags um 3 Uhr fand zwiſchen Bullen: 1
|
winkel und dem Hohenberge ein unbedeutendes Vorpoſtenge: fecht ſtatt. Am 23. wurde ein aus 30 Mann Infanterie und 20
Mann Kavallerie beſtehendes Detaſchement der Blokadetrup
pen , welches von Sellnow über Neuwerder bis an den Oft: ſeeſtrand vorgerůckt war , von den Blokirten zurückgedrängt,
jedoch indeſſen von den erſtern ſehr thåtig an den angefange nen Schanzen fortgearbeitet. Am 24. rückten die Blokadetruppen mit bedeutender
Macht über die Verbindungsbrücke nach Sellnow vor , um einen Sturm auf die Maikuhle zu unternehmen , und Texten
ſich auch in Neuwerder oder dem früher ſogenannten „Spinn katen " feſt.
Zur Erleichterung der Kolberger Garniſon , welche ſeit dem 8. November 1806 den ganzen Winter hindurch Tag und Nacht auf den Feſtungswerken kampirt hatte , übernah men die 7 bis 800 bewaffneten Bürger, auf ihr freiwilliges Nachſuchen , vom 25. an den innern Feſtungsdienſt, als : Bes ziehung der Hauptwache, der nöthigen Poſten auf dem innern Walle , ſo wie an den Thoren , und leiſteten auch bis an das Ende der Belagerung dieſen Dienſt mit der größten Punkt: lichkeit und Hingebung. Am 26. des frühen Morgens hatten ſich einige hundert Mann Kavallerie des von Schill'ſchen Korps , von Stolpe kommend , långs dem Oſtſeeſtrande herunter gezogen und
zweimal , nåmlich bei Bodenhagen und beim Torfhaus , in die Feſtung durchgeſchlagen. Um 2 Uhr Nachmittags rúdten mehrere hundert Mann des Blokadekorps bis auf ungefähr 2,000 Schritte gegen die Maikuhle heran , zogen ſich aber
zurück, da ein Theil des von Schil'ſchen Korps mit 2 Kano nen ihnen entgegenrückte. Dieſen Tag hieben die Blokirten einen Theil des kleinen Waldes der Maikuhle nieder und ſtell
ten auf Súlfslowshof, von wo aus der Perſantefluß gut bes ſtrichen werden konnte , mehrere Kanonen auf.
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auf alsbald mit dem nebſt einigen Kanonen vorrückenden ge ſammten von Schil'ſchen Storps ein ſehr lebhaftes Gefecht fich entſpann , wobei legteres nicht allein die Stürmenden in
den Moraſt zurückdrångte, ſondern auch beim Verfolgen der ſelben die Schanze bei Neu -Werder nahm und zerſtörte, dann fie aus Neu- und Alt-Werder vertrieb, deren Wachhütten auf
dem Felde niederbrannte und ſie noch bis an ihre feſte Stel
lung bei Sellnow zurüczwang. Vorzüglich hatten die Angreia fenden ihren Rückzug deßhalb beſchleunigt, weil ſie ſich durch 4 vor das Gelderthor hinausgerückte Kompagnien der Feſtungs garniſon in Flanke und Rücken bedroht ſahen , und dieſelben verloren hierbei 70 Mann Todte und Verwundete , fowie 5
Mann Gefangene ,, dagegen das von Schil'ſche Korps 47 Mann an Todten und Verwundeten .
Am 14. brach der Marſhal Mortier , wegen des Vors růckens der Schweden , mit einem italieniſchen Infanterieregi mente des Blokadekorps wieder nach der Oder auf und über 1
gab , dem Befehle des Kaiſers zufolge, dem franzöſiſchen Di viſionsgeneral Grafen von Loiſon das Oberkommando úber leka teres ; da jedoch daſſelbe dadurch ſehr geſchwächt worden war, ſo konnte den ganzen Monat April hindurch nichts Ernſtliches
gegen die Feſtung unternommen werden , und man ſuchte nur die befekten Stellungen zu befeſtigen , von Zeit zu Zeit Granaten in die Stadt zu werfen und neue Verſtårkungen abzuwarten . Indeſſen ſchiffte ſich der Rittmeiſter von Schill am 15., dem Befehle zufolge, nebſt einem Theil ſeiner Kavallerie von 1
Kolberg nach ſchwediſch Pommern ein.
Bis zum 20. fanden blos kleine Vorpoſtengerechte Statt, und bei eingetretenem Regenwetter und Schneegeſtöber in der dunkeln Nacht diefes Tages úberefilen die von Schil'ſchen
Huſaren die Vorpoſten der Blokirenden und tódteten ſelbigen 7 Mann .
Am 22. warfen die legtern , von Altſtadt aus , Granaten
bis in die Mitte der Stadt , wodurch jedoch blos ein Haus 1
beſchädigt wurde ; wogegen am 23. Morgens gegen 3 Uhr die
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Blokirten von den Wällen ein gut unterhaltenes Haubiken und Kanonen -Feuer auf die Altſtadt, um ſolche gånzlich nie derzubrennen und die dortigen Wurfbatterien zu zerſtören , er :
öffneten, welches beides indeſſen nicht gelang. Dieß war nun der Stand der beiderſeitigen militairiſchen Operationen , als die damals gegen 500 Unteroffiziere und Sol daten zählenden 2 herzoglich fåchſiſchen Bataillone, von welchen das weimariſche 270 Mann und das gotha -meiningiſche 224
Mann ſtark war , in dem Lager vor Kolberg eintrafen. Das Hauptquartier des , das aus der Diviſion Teulié damals beſte hende Blokadekorps befehligenden, franzöſiſchen Diviſionsgenerals Grafen von Loiſon , nebſt allen Grenadierkompagnien ſåmmtlicher Regimenter , ſowie das fliegende Lazareth befanden ſich in dem eine Stunde von Kolberg entfernten Dorfe Tramm , wo gleich :
falls der italieniſche Diviſionsgeneral Teulié , zu deſſen Divi ſion die 2 herzoglich fåchfiſchen Bataillone geſtoßen waren, ſein Quartier hatte ; und das um die Feſtung vom Torfhauſe, am Strande über Bullenwinkel, die Ziegelei, Tramm, Nednin und Altſtadt, bis an das rechte Perſanteufer, ſowie vom linken
Ufer dieſes Fluſſes , über welchen eine Verbindungsbrücke ge ſchlagen war , bis nach Sellnow bezogene lager, außer welchen 1
Punkten noch Treptow an der Rega beſet worden , war aus
nachbezeichneten Truppen und in folgender Ordnung gebildet : Auf dem åußerſten rechten Flügel deſſelben und zwar vom Strande der Oſtſee , im ſogenannten Stadtwalde, lagerte ein neuerrichtetes, unvollzähliges, polniſches Infanterieregiment unter dem Oberſten , Prinzen Sulkowsky und in deſſen linker Flanke
vom Walde nach einer Erhöhung ſchrág herüber ein herzoglich naſſauiſches, aus dem Lager aber bald wieder abmarſchirtes und durch 2 würtembergiſche Bataillone erlegtes Infanterie
regiment , welchem dann auf einer auf dem rechten Perſanteufer gelegenen Anhöhe , in der Nähe des abgebrannten Vorwerks Bullenwinkel, die 2 herzoglich ſáchſiſchen Bataillone, und zu deren Linken , das 1. italieniſche Infanterieregiment, ſo wie über dem linken Ufer dieſes Fluſſes, das 2. und 1. italieniſche 0
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auf alsbald mit dem nebſt einigen ſammten von Schill'ſchen Korps ſich entſpann , wobei lekteres ni den Moraſt zurückdrångte , fons
i den & ußerſten Zu der wes ballerie ſtießen Das herzogli
felben die Schanze bei Neu - Y
angewieſe
fie aus Neu- und Alt- Mer
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dem Felde niederbrannte
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lung bei Sellnow zurů
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fenden ihren Rückzug 4 vor das Gelderthe garniſon in Flank
..it , nebſt den vielen
verloren hierbei
Mann Gefan
...0 angreifend, zumal da, Angriffe wegen , die geſammte
Mann an Am E růckens mente 1
erfolgten Retraiteſchuß an, die ganze oum Unbruche des Tages unterm Gewehr Alles dieß zuſammen erzeugte in kurzer uge Fieberkranke.
gab vif t
son dem Blokadekorps wurde dieſen Tag der Verſuch,
1.1 der Niederung zwiſchen Selnow und dem Kaußenberge durch die Bürgerwieſen und den Prinzendamm einen Graben
purchzuſtechen , um den Perſantefluß nach dem Campeſchen See und ſo von der Feſtung abzuleiten , begonnen , ſpáter jedoch die
Fortſeßung dieſes kühnen und großen Unternehmens , wodurch das ganze Ueberſchwemmungsſyſtem der Blokirten unwirkſam gemacht worden und der Hafen , wenn auch nicht völlig aus: getrocknet , doch durch den erſten Seeſturm gånzlich verſandet und alſo unbrauchbar gemacht worden wäre , der großen
Schwierigkeiten wegen wieder unterlaſſen. Auch kam der erſte kleine Transport von ſchwerem Belagerungsgeſchüß im Dorfe Bernin , wo ſich der franzöſiſche kommandirende Artilleriegeneral von Mofel befand , an . Der Mangel an Geſchůß war bisher
ſehr fühlbar geweſen , indem das wenige vorhandene nur von kleinem Kaliber war und deßhalb ſehr unbedeutend hatte wir ken können .
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Bernin , wo
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Uleriegeneral
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unter dem Oberſten Caſtan Redouten von Altſtadt und niſchen Regimente unter igade , die Stellungen behaupten hatte. rin von Könnerik
Am 25. entſpann enden und der Blok
Siefer der Slieutes eine fe
urde vom Blum
. Arbeit , durch den unzugany ,
ser Buſche nach der erhöhten Fläche des birtm .
..en großen künſtlichen Damm aus Pfåhlen , Faſchinen , Bre: tern und Erde zu ziehen , gemacht, wozu , ſowie zur Errich: tung einer Schanze, die den Namen die ſächſiſche erhielt, beide ſáchſiſche Bataillone eine Anzahl Arbeiter ſtellten , welche bei dieſer Arbeit vom Wolfsberg aus mit Granaten und Pas: kugeln beſchoſſen und beunruhigt wurden . Am 27. Abends ſtießen die 2 würtembergiſchen Bataillone von Seckendorf und von Romig , unter dem Befehle des Ober
ften von Berndes , zum Belagerungskorps und lagerten ſich zwiſchen dem polniſchen Regimente und den 2 herzoglich fåch fiſchen Bataillonen.
Von dieſen beiden Bataillonen bezog ein großer Theil am 28. zum erſtenmale die Vorpoſten , an welchem Tage Kugeln und Granaten , wiewohl ohne Wirkung , in die Stadt gefeuert wurden. Des Nachmittags 4 Uhr entſpann ſich ein Vorpoſten gefecht, wobei von den Feſtungswållen lebhaft gefeuert wurde, ſo , daß ſich die vorgerückten Vorpoſten der Blokirenden in ihre alten Stellungen wieder zurückzogen. Die herzoglich fåchſiſchen Truppen hatten hierbei 3 Verwundete. In der Nacht ereig nete ſich der unangenehme Vorfall, daß von deren Vorpoſten 9 Mann zu den Preußen übergingen, weßhalb dieſelben ſogleich hierauf durch italieniſche Truppen abgelöſt wurden . Dieſes 6 *
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leichte Infanterieregiment, von welchen lekteres den åußerſten linken Flügel des Blokadekorps bildete , folgten. Zu der we nigen , in den nächſten Dörfern einquartierten Kavallerie ſtießen auch ſpåter neuerrichtete holländiſche Huſaren. Das herzoglich ſächſiſche Regiment errichtete nun auf dem ihm angewieſenen moraſtigen Lagerplaße, wo man nur einen Spatenſtich tief auf Waſſer ſtieß, ſeine gegen die rauhen Oſtſeewinde nothigen Erd baracken . Ueberdieß war die Verpflegung der Truppen ſowohl ungenügend, als der Genuß des einzigen ſumpfigen Trinkwaſ ſers für felbige ſehr ſchädlich. Der Lager - ſo wie der Vorpoſten - Dienft, nebſt den vielen ſchwierigen Arbeiten , waren ſtreng und angreifend, zumal da, der vielen nachtlichen feindlichen Angriffe wegen , die geſammte Mannſchaft im Lager, vom erfolgten Retraiteſchuß an, die ganze Nacht hindurch , bis zum Anbruche des Tages unterm Gewehr bereit ſtehen mußte. Alles dieß zuſammen erzeugte in kurzer Zeit eine Menge Fieberkranke. Von dem Blokadekorps wurde dieſen Tag der Verſuch, in der Niederung zwiſchen Sellnow und dem Kaußenberge durch die Bürgerwieſen und den Prinzendamm einen Graben durchzuſtechen , um den Perſantefluß nach dem Campeſchen See und fo von der Feſtung abzuleiten , begonnen, ſpåter jedoch die ,
Fortſekung dieſes kühnen und großen Unternehmens , wodurch das ganze Ueberſchwemmungsſyſtem der Blokirten unwirkſam gemacht worden und der Hafen, wenn auch nicht völlig aus: getrocknet , doch durch den erſten Seeſturm gånzlich verſandet und alſo unbrauchbar gemacht worden wäre , der großen Schwierigkeiten wegen wieder unterlaſſen . Uuch kam der erſte
kleine Transport von ſchwerem Belagerungsgeſchủk im Dorfe Bernin , wo ſich der franzöſiſche kommandirende Artilleriegeneral von Morel befand, an. Der Mangel an Geſchůk war bisher
fehr fühlbar geweſen , indem das wenige vorhandene nur von 1
kleinem Kaliber war und deßhalb ſehr unbedeutend hatte wir ken können.
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Um 25. entſpann ſich zwiſchen einer Abtheilung der Blo: kirenden und der Blokirten , da jene ſowohl beim Stadtwalde
als auch beim Vorwerke Bullenwinkel das in kleiner Entfer: nung von da weidende Vieh der Legtern nehmen wollten , ein ziemlich lebhaftes Gefecht, wobei von den Wällen ſtark geſchof: ſen warð und beide Theile Todte und Verwundete zählten, auch mehrere preußiſche fåger gefangen genommen wurden , und wåhrend deſſelben die beiden herzoglich fåchfiſchen Bataillone
vor dem Lager unterm Gewehr bereit ſtanden . Am 26. wurde vom Blokadekorps der Anfang der höchſt beſchwerlichen Arbeit , durch den unzugänglichen Moraſt vom Kolberger Buſche nach der erhöhten Fläche des Binnenfeldes einen großen künſtlichen Damm aus Pfåhlen , Faſchinen , Bre:
tern und Erde zu ziehen , gemacht, wozu , ſowie zur Erricha 1
tung einer Schanze, die den Namen die ſächſiſche erhielt, beide fächſiſche Bataillone eine Anzahl Arbeiter ſtellten , welche bei dieſer Arbeit vom Wolfsberg aus mit Granaten und Paß: kugeln beſchoſſen und beunruhigt wurden .
Am 27. Abends ſtießen die 2 würtembergiſchen Bataillone von Seckendorf und von Romig , unter dem Befehle des Ober ften von Berndes , zum Belagerungskorps und lagerten fich zwiſchen dem polniſchen Regimente und den 2 herzoglich fach fiſchen Bataillonen .
Von dieſen beiden Bataillonen bezog ein großer Theil am 28. zum erſtenmale die Vorpoſten , an welchem Tage Kugeln und Granaten , wiewohl ohne Wirkung, in die Stadt gefeuert wurden. Des Nachmittags 4 Uhr entſpann fich ein Vorpoſten
gefecht, wobei von den Feftungswållen lebhaft gefeuert wurde, To , daß fich die vorgerůdten Vorpoſten der Blokirenden in ihre alten Stellungen wieder zurúdzogen. Die herzoglich fåchfiſchen Truppen hatten hierbei 3 Verwundete. In der Nacht ereig nete ſich der unangenehme Vorfall, daß von deren Vorpoſten
9 Mann zu den Preußen übergingen, weßhalb dieſelben ſogleich hierauf durch italieniſche Truppen abgeldſ't wurden. 6*
Dieſes
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Ereigniß lieferte einen neuen Beweis von der vorherrſchenden Abneigung , gegen Preußen zu fechten. Um 29. in der Frühe warfen die Blokadetruppen , unter
dem Schuße der Hohenbergſchanze, auf dem ſogenannten Sands wege , eine Schanze auf und begannen gleichfalls die Arbeit .
einer zweiten am Makenteiche , in der Richtung von Bullen winkel , während deſſen die Feſtung ſowohl auf beide Punkte, als auch auf Altſtadt feuerte , welches Feuern von den Bloki:
renden von Altſtadt aus auf die Stadt, ſo wie nach der vor dem Gelderthor am weißen Kruge gelegenen Schanze kraftig erwiedert wurde. In Kolberg langte dieſen Tag zur See, von Danzig , der Major von Gneiſenau an und loſ'te den bis herigen Kommandanten ,1 Oberſt von Lucadou im Kommando ab. Die damals durch die von Zeit zu Zeit zur See erhal tenen Verſtärkungen auf 6,000 Mann , worunter das von Schill'ſche Korps bis 1,200 Mann betrug , herangewachſene Kolberger Beratung beſtand aus folgenden Truppen : 1 Gres nadierbataillon (von Waldenfels ) ,
1 Fuſilierbataillon (von
Móder ), 1 Infanteriebataillon (des von Schill'ſchen Korps), 2 Infanteriereſervebataillone, 2 Kompagnien Fußiáger , 1 Gara niſonartilleriekompagnie, 1 Detaſchement Feldartillerie zu Fuß. 1 Eskadron reitender Jäger , 1 Eskadron Kuraſſiere und 1 Eskadron Huſaren .
In der Nacht vom 29. zum 30. machten ungefähr 100 Mann Grenadiere und Jäger der Feftungsgarniſon nebſt 1 Kanone von der Lauenburgervorſtadt aus einen Ausfall, und nahmen und zerſtörten die auf dem Sandwege noch nicht voll
endete kleine Schanze und machten dabei auch einige Gefangene. Am 30. gingen aus dem Lager von den 2 herzoglich ſách
fiſchen Bataillonen , der nöthigen Abholung von Erſakmann ſchaft halber , und zwar vom Bataillon Gotha und Meiningen der Kapitain von Geyer nebſt dem Lieutenant Müller, ſo wie vom Bataillon Weimar der Major von Arnswald , der Kapi tain von Hönning und Stabskapitain von Linker, die Sekond lieutenants von Staff und von Schauroth mit 10 Unteroffi
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zieren , welchem Kommando fich der gothaiſche Premierlieutenant und Adjutant Ult , Krankheits halber , anſchloß , und an deſſen Stelle der Sekondlieutenant Gernand zum Adjutanten des lis nienbataillons ernannt wurde , nach Gotha , Meiningen und
Weimar ab ; jedoch Mai im Städtchen des von Schil'ſchen tenants Müller, in
betraf dieſe Offiziere der Unfall , am 3. Pyrit von einem kleinen Detaſchement Freikorps , unter Kommando eines lieu: ihren Quartieren überfallen und gefangen
genommen zu werden ; ſie wurden aber ſofort auf ihr Ehren:
wort , binnen einem Jahre nicht gegen Preußen zu dienen , in ihre Heimath entlaſſen ; welche eingegangene Verpflichtung übri
gens vom franzöſiſchen Gouvernement als durchaus nicht zuläſſig und bindend anerkannt , und dieſe Offiziere daher auch ſpåter zur Nachführung der Erfagkommandos befehligt wurden.
An dieſem Tage wurde von dem Blokadekorps an den auf verſchiedenen Punkten angefangenen Schanzen , zu welchen Arbeiten eine Menge Bauern aus der Umgegend zuſammens
geholt worden waren , auf das Thåtigſte gearbeitet und gleich zeitig die Feſtung mit Haubiß = und Kanonen - Kugeln , jedoch ohne den mindeſten Erfolg , beſchoſſen , welches Feuer die legtere lebhaft erwiederte. Gegen Abend kamen eine ſchwediſche Fres gatte von 46 Kanonen zur Deckung der Kolberger Rhede, fowie noch mehrere Transportſchiffe auf ſelbiger an. Dieſe Fregatte beunruhigte ſpåter auf der Oſtſeite die Arbeiten der Belagerer in ihrer rechten Flanke febr ; da ſie jedoch zu groß 2.
war und zu tief im Waſſer ging , ſo konnte ſie ſich dieſer
Küſte, um gehörig wirkſam zu ſeyn , nur mit großer Vorſicht nåhern.
Der Diviſionsgeneral Graf von Loiſon ließ am 1. Mai
die Feſtung , wiewohl vergebens , zur Uebergabe auffordern. Von Zeit zu Zeit wurden einige Kugeln in die Stadt ge .
feuert, welche in ſelbiger hier und da Schaden anrichteten .
Uus der Feſtung wurde dagegen viel auf Altſtadt , um es niederzubrennen , jedoch erfolglos, geſchoſſen. Selbigen Ta gestrafen auch von den fachſen -gotha - altenburgiſchen und 2
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ſachſen -meiningiſchen Kontingenten der gothaiſche Major Förſter nebſt 2 Kompagnien Gothaer , unter denen die 2. Grenadier kompagnie und 1 Kompagnie Meininger *), welche leßtere am 28. Mårz von Meiningen und beide Truppentheile vereint am
31. dieſes Monats von Gotha ausgerückt waren , ihren Marſch über Kölleda , Eisleben , Magdeburg , Berlin und Stettin ge nommen und gleichfals viel durch Deſertion verloren hatten, im Lager vor Kolberg ein **).
Am 3. fand ein unbedeutendes Vorpoſtengefecht Statt und gleichzeitig verſuchten die Blokirten wiederum Altſtadt, wiewohl fruchtlos , völlig zu zerſtören. Beim Kontingente Sachſen- Meiningen traf dieſen Tag ein kleines Erſakkommando von Meiningen ein , welches am 1. April von dort ausmarſchirt war.
Laut Tagesbefehl des Generals Grafen von Loiſon wurde am 4. die das Blokadekorps bildende Diviſion Teulié in 4 Brigaden eingetheilt , und einer jeden derſelben mehrere Schan zen zur Vertheidigung angewieſen , dem zufolge vom Oſtſee ſtrande bis an das rechte Ufer der Perſante die aus 1 pol
niſchen Infanterieregimente und 2 würtembergiſchen Bataillo nen unter den Befehlen des Oberſten von Berndes zuſammen gefekte 1. Brigade , die ſogenannte ſåchſiſche und polniſche Res doute ; die aus dem 1. italieniſchen und aus dem herzoglich
fåchſiſchen Infanterieregimente beſtehende , vom italieniſchen
Oberſten Fontani befehligte 2. Brigade , die Redoute an der Ziegelſcheune und die bei Bullenwinkel , ſowie die aus dem *) Gleichfalls bemerke ich beſonders, daß dieſe 2. meiningiſche Kom: pagnie befehligten : Kapitain Schinkoch (von Gotha), Premierlieutenant von Buttlar (von Meiningen), Sekondlieutenant Merkel (von Gotha).
**) Die Liſte der Offiziere von dieſer Abtheilung folgt in der Bei lage III.
1
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2. leichten italieniſchen Regimente unter dem Oberſten Caftan :
dini gebildete 3. Brigade, die zwei Redouten von Altſtadt und endlich die aus dem 1. leichten italieniſchen Regimente unter
dem General Bonfanti beſtehende 4. Brigade , die Stellungen vom linken Perſanteufer bis Sellnow zu behaupten hatte.
Gleichzeitig wurden aus dem Lager der Kapitain von Könneritz mit 1 Kompagnie vom Bataillon Weimar nach Zernin , wo ſich, wie ſchon erwähnt , der kommandirende Artilleriegeneral von Moſel nebſt dem Artillerieparke befand, und von dieſer der
Premierlieutenant von Boyneburgk II. nebſt 1 Sekondlieutes nant und 40 Mann nach dem von legtgedachtem Orte eine halbe Stunde entfernt gelegenen Dorfe Degow detaſchirt. Dieſe Kompagnie war beſtimmt, den Artilleriepark gegen die etwa noch herumſtreifenden Detaſchements des von Schia'ſchen Frei
korps zu decken , ſowie gleichzeitig zu den Artilleriedienſten, indem ein Mangel an Artilleriſten vorhanden war , eingeübt und verwendet zu werden , und ſpäter hat auch ein großer
Theil derſelben in mehreren Batterien , vorzüglich beim Boms bardement der Feſtung, gedient. Am 5. langten vom fachſen - gotha - altenburgiſchen Kons tingente abermals unter dem Oberſten von Henning 3 Koms pagnien , unter denen ſich die 1. Grenadierkompagnie befand und welche am 9. April ihren Marſch von Gotha angetreten und über Erfurt, Buttelſtedt, Naumburg , Leipzig , Witten berg , Berlin , wo ſie vor dem dortigen Gouverneur , dem franzöſiſchen Diviſionsgeneral Clarke , die Muſterung paſfirt, son da über Bernau , Angermünde und Stettin fortgefegt, .
und auch durch Deſertion verloren hatten , im Lager vor Kolberg an *). Das außer den koburgiſchen und den hilda burghåuſiſchen Kontingenten , wovon jenes aus den ſchon .
früher angeführten Urſachen keinen Untheil an dieſem Feldzuge nahm , dagegen dieſes erſt Unfangs Iuni im lager vor Kols *) Die Liſte der Offiziere dieſes Truppentheils folgt in der Bei lage IV.
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berg eintraf, nun verſammelte , jedoch nur ungefähr gegen 1,000 Mann ſtarke Regiment der Herzoge von Sachſen war in 2 Linien- und 1 leichtes Bataillon , und zwar die zwei erſtern in 10 Kompagnien (von Gotha und Meiningen) und lekteres in 4 Kompagnien (von Weimar) , rangirt. Oberſt von Egloffſtein befehligte das Regiment , und unter demſelben der Oberſt von Henning die 2 Linienbataillone , ſowie der Ma jor von Germar das leichte. Selbigen Tag trafen auch von fchwediſch Pommern kommende franzöſiſche Verſtärkungstruppen beim Blokadekorps ein und lagerten ſich auf dem åußerſten linken Flügel deſſelben , bei Sellnow . In die Stadt wurden
Granaten , welche bis in die Mitte derſelben fielen, geworfen und Abends fand ein kleines Gefecht am Stadtwalde Statt.
Um 7. mußten die Blokirenden von einem heftigen Un griffe gegen die von den Blokirten auf dem Wolfsberge noch nicht vollendete Sternſchanze mit Blockhaus , da zu deren Uns terſtúkung der größte Theil der Feſtungsgarniſon ausgerückt war , abſtehen.
An dieſem Gefechte nahmen nebſt italienis
ſchen , würtembergiſchen und polniſchen Truppentheilen auch 50 Schüßen des gothaiſchen Kontingents , von welchem jede Roma
pagnie , ſowie die von Meiningen , 10 Mann mit gezogenen Büchſen bewaffnet zählte , unter dem Befehle des Premier: I
1
lieutenants von Beuſt I. , und zu deren Reſerve der Premier
lieutenant von Henning I. mit 20 Freiwilligen deſſelben Kontin: gents diente , Antheil. Dieß fåchſiſche Detaſchement warf nach 1
einem lebhaften Feuer die bereits gegen die fåchſiſche und pol niſche Redoute vorgedrungenen preußiſchen Vorpoſten zurück und zählte hierbei blos 1 Verwundeten.
Das polniſche Regiment
hatte dagegen viele Todte und Verwundete, und ein Theil des herzoglich ſåchſiſchen Regiments war während des Gefechts in der Nähe des Kampfplakes als Reſerve aufgeſtellt. Die bis in die Nacht hinein von Altſtadt aus in die Stadt geworfenen
80 Granaten legten ein Haus , auf deſſen Hofe eine Batterie gegen Altſtadt gerichtet war , in 2ſche und tådteten und ver : wundeten mehrere Einwohner. Die Feſtungsartillerie erwie:
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derte dieß Feuern mit wohl 180 Schüſſen , wodurch ein Pul: verwagen des Blokadekorps in die Luft geſprengt wurde. Um 8. wurde dem Blokadekorps folgender Tagesbefehl des Generals Grafen von Loiſon bekannt gemacht: Hauptquartier Gramm , den 8. Mai 1807. ,,Der General und Oberbefehlshaber bezeigt den beiden
Voltigeurkompagnien des 1. Linienregiments , dem würtem: bergiſchen Detaſchement , den Schüßen des Regiments Herzoge zu Sachſen und den Polen , ſeine Zufriedenheit über die glänzende Art , auf welche ſie ſich Tags vorher benommen haben ; er erklärt beſonders ſeine Zufriedenheit über die Tapferkeit, mit welcher 50 Polen die Angriffe der feindlichen Kavallerie zurü & geworfen haben und bes hålt ſich vor , dem Kaiſer Napoleon mit dem Eifer und
der Hingebung der braven Truppen , welche er befehligt, bekannt zu machen .“ Loiſon .
Kleine Vorpoſtengefechte am Stadtwalde, bei welchen es von beiden Seiten Todte , Berwundete und Gefangene gab,
fielen am 8. und 9. vor , gleichwie am 11. die außerhalb der Feſtung ſtehenden Preußen dem Blokadekorps einige Wagen mit Proviant wegnahmen. Am 12. wurde die Stadt von Zeit zu Zeit mit Granaten beworfen. Dieſen Tag ſchiffte ſich auch wieder von Kolberg, (wie es bereits am 5. geſchehen war,) ein Theil der ungefähr noch 130 Mann ſtarken von Schill: ſchen Kavallerie nach ſchwediſch Pommern ein. Vom Blokadehauptquartiere wurden am 14. eine Haubige und mehrere Geſchúße von großem Kaliber in die Verſchan : zungen von Altſtadt und dem Bullenwinkel links vom Nons
nenholze transportirt und Granaten in die Stadt geworfen .
Um 15. náherte fich die ſchwediſche Fregatte zum erſtenmale der Küſte , und zwar dem rechten Flügel der Blokirenden, und feuerte einige 40 Kugeln auf das am und im Stadt: walde lagernde polniſche Regiment, wodurch ſie ihm eine An zahl Soldaten tódtete und verwundete. Mittlerweile růdte das
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Blokadekorps mit dem Bau von Batterien und der Verbins dung ſeiner einzelnen Werke zu einer Circumvallationslinie
( Gegenverſchanzungslinie) raſch vorwärts , und ſchweres Wurf geſchůß ward in die Schanzen transportirt , ſo , daß am 17. die erſten ſieben Bombenprobeſchüſſe aus der Schanze vom Hohenberge gethan wurden , welche, trop der bedeutenden Ents fernung , bis mitten in die Stadt fielen , und wodurch ein Soldat vor der Hauptwache getödtet ward . Da die Blokadetruppen vor dem Stadtwalde einen künft:
lichen Damm aus Pfåhlen , Faſchinen , Bretern und Sand, welcher ſie durch die ſumpfigen Wieſen der Feſtung nåher brin gen ſollte, aufwerfen wollten , jedoch bei dieſer höchſt ſchwieria
gen Arbeit das Feuer der auf dem rechten Perſanteufer ge legenen Wolfsbergſchanze in der Flanke zu fürchten hatten , ſo wurde dieſe in der Nacht vom 17. bis zum 18. durch 1,600 Mann Staliener , Würtemberger , Polen und die geſammten
100 Mann betragenden Schüßen der 2 Linienbataillone des herzoglich ſåchſiſchen Regiments , lektere unter Anführung des meiningiſchen Premierlieutenants von Buttlar , welcher Un griffskolonne eine Anzahl Arbeiter von den Kontingenten Wei mar , Gotha und Meiningen , geführt vom gothaiſchen Kapi tain Wunder , folgten , unter Anführung des Diviſionsgenerals Teulié ſo wohl geleitet und mit ſolchem Ungeſtům angegriffen , daß ſie, ungeachtet der tapferſten Gegenwehr ihrer Beſaßung, deren größter Theil getödtet ward , ſowie 1 Kapitain nebſt 60 Mann in Gefangenſchaft geriethen , in kurzer Zeit genommen
und ihre Zerſtörung angefangen wurde, jedoch bald hierauf, da über die Hälfte der Feſtungsgarniſon gegen dieſelbe von Neuem heftig anbrang , der Uebermacht wegen wieder aufge: 1
geben werden mußte.
Man hatte ſich bier von beiden Sei:
ten mit großer Erbitterung geſchlagen , daher der Verluſt der Blokadetruppen an Todten und Verwundeten , unter welchen erſtern der Oberſt vom 1. italieniſchen Regimente nebſt einer Unzahl Offiziere fich befanden , úber 160 Mann und der der Blokirten mit Inbegriff der Gefangenen ebenfalls gegen 160 1
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Mann betrug.
Das Detaſchement der herzoglich fåchſiſchen
Schüben hatte dabei 3 Todte und mehrere Verwundete, unter dieſen den Lieutenant von Buttlar. Ein großer Theil des herzoglich fåchſiſchen Regiments war während dieſes blutigen,
von 10 Uhr Abends bis früh 4 Uhr dauernden Nachtgefechts, in der Nähe deſſelben als Reſerve aufgeſtellt. Am 18. wurde vom Blokadekorps nun fórmlich die Pa rallele vor der noch unvollendeten , durch 300 preußiſche Gre nadiere nebſt 6 Geſchůben befekten Wolfsbergſchanze eröffnet und zugleich der Anfang mit Aufwerfung des bereits erwähn ten künſtlichen Dammes vor dem Stadtwalde durch die Sümpfe gegen die Feſtung gemacht, jedoch dieſe Arbeit durch ein ununterbrochenes Feuern von der Wolfsbergſchanze aus, welches die Blokadetruppen durch eine Menge aus der Gegend von Bulenwinkel, ſo wie vom Bruch , jedoch aus zu großer
Entfernung , geworfene Granaten vergebens zum Schweigen
zu bringen verſuchten , ſehr erſchwert und deßhalb eingeſtellt. Da die lettern wahrnahmen , daß man vom Kolberger Sankt Marienkirchthurme aus ihre Operationen beobachtete, ſo wurde nun häufig nach ſelbigem geſchoſſen.
Weil , wie eben angeführt, die Arbeiten an dem erft anges fangenen Damme der großen Schwierigkeiten wegen aufge: geben worden waren , ſo wurde anſtatt deſſelben am 19. früh
mit der Erbauung einer Schanze gegen den Wolfsberg , und zwar vorwärts der fåchſiſchen Redoute auf einer erhabenen Ebene der Unfang gemacht. Zu dieſer Arbeit wurden 180 Mann Italiener , ſowie unter dem gothaiſchen Major Förſter und den Kapitains von Búnau , Knauth und dem Sekonds
lieutenant von Plaen&ner 200 Mann Gothaer und Meininger befehligt und zur Deckung dieſes Arbeitskommando's die Schüßen der 2 herzoglich fåchfiſchen Linienbataillone mit den
italieniſchen ,
würtembergiſchen und -polniſchen Voltigeur:
kompagnien vereinigt. Obgleich die Arbeit vom Beginn des Tages bis faſt Nachmittags, wo die Schanze vollendet wurde,
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dauerte, während welcher Zeit das Feuer mehrerer preußiſchen Batterien und das der ſchwediſchen Fregatte nach dieſem Punkte gerichtet war ; ſo hatte doch das Arbeits- und das Deckungs
Kommando blos 14 Mann Todte und ſchwer Verwundete, von welchen lektern das gothaiſche Detaſchement 2 Mann, die
bald nach ihrer Verwundung ſtarben , zählte. Während der Kanonade langte eine engliſche Brigg von 18 Stück 24pfúndi gen Kanonen nebſt mehreren Transportſchiffen auf der Kolber ger Rhede an.
Am 21. marſchirten vom herzoglich fåchfiſchen Regimente 4 Detaſchements vom gothaiſchen Kontingent, und zwar der
Premierlieutenant von Tümpling mit 80 Mann nach Köslin, der Premierlieutenant von Beuſt nebſt 80 Mann nach Nau gard der Premierlieutenant Schulthes mit 80 Mann nach
Romahn und der Premierlieutenant von Henning I. nach Kör: lin , um ,1 da kleine preußiſche Streifkorps die Gegend zwiſchen Stettin und Danzig unſicher machten , die auf dieſer Straße paffirenden franzöſiſchen Transporte zu eskortiren ; jedoch be: reits am 31. Mai loſ'te der gothaiſche Premierlieutenant von Seebach den Premierlieutenant von Henning I. vom Kom mando in orlin ab .
Am 23. Mai marſchirten die 2 würtembergiſchen Bas taillone, nach einem Verluſte von 1 Todten , 36 größtentheils ſchwer Verwundeten und 4 Vermißten , aus dem lager von Kolberg zu einer andern Beſtimmung ab. Von dieſem Tage an bis zum 26. warfen die Belagerer von Zeit zu Zeit ſowohl Bomben als Granaten in die Stadt, und hatten den Bau eines andern künſtlichen Dammes von Bullenwinkel durch die ſogenannten Maßwieſen und das Bin: nenfeld, ſo wie an mehreren andern Orten die Eröffnung der Laufgråben angefangen , von welchen die gegen die Wolfsberg.
ſchanze bereits vorgerůckt und die mehreſten der Verſchanzun : gen mit Paliſſaden umgeben worden waren. Desgleichen fand
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mit ungefähr 600 Mann des Belagerungskorps und dem von Schill'ſchen Korps ein unbedeutendes Zuſammentreffen bei dem Dorfe Werder Statt, in deffen Nähe dieſem auch ein Transs port Schlachtvieh und Fourage , unter der Eskorte von 40 hol ländiſchen Huſaren ,1 größtentheils frühern preußiſchen Kriegsge: fangenen , in die Hände fiel, indem dieſe Bedeckungsmann : ſchaft , ihren Führer im Stiche laſſend , zu dem Feinde .
.
ůberging.
Um 26. legten ſich bei günſtiger Witterung die ſchwedi: ſche Fregatte und die engliſche Brigg am Oſtſeeſtrande dem rechten Flügel des Belagerungskorps , welches aus dem polnis ſchen Regimente beſtand, gegenüber an und beſchoſſen daſſelbe, ſo wie die in der Gegend des Wolfsbergs mit Schanz- und Damm -Arbeiten begriffenen Arbeiter mit Erfolg, ſo, daß allein die Polen einige 40 Mann Todte und Verwundete hatten . Die Fregatte that hierbei 69 und die Brigg 72 Schüſſe, und einige Kugeln erreichten eine faſt unglaubliche Ferne. Wåh rend des Feuerns dieſer Kriegsſchiffe unterhielt auch die Wolfs: bergſchanze ein unausgelegtes Feuer auf die in ihrer Nähe
begonnenen Arbeiten , welches die Belagerungsartillerie lebhaft erwiederte. Zu gleicher Zeit wurden an der weſtlichen Seite der Stadt zwiſchen einem Truppentheile der Belagerer und dem von Schil'ſchen Korps kleine Scharmüßel geliefert, indeſſen die engliſche Brigg wieder von Kolberg abſegelte. Ein unbedeutendes Vorpoſtengefecht fiel am 28. bei Sell now vor, und die in die Stadt geworfenen Granaten und 24 pfündigen Kugeln richteten einigen Schaden an. Am 29. wurde bei Sellnow die Arbeit an einem Lauf
graben und noch an einer neuen Schanze begonnen, und über: haupt fand bis zum 2. Juni eine raſtloſe Thåtigkeit an fåmmt: lichen Belagerungsarbeiten , ſowie ein gegenſeitiges Beſchießen und kleine Scharmükel Statt.
Der Mangel an Lebensmit:
teln für die Mannſchaft, wurde , da die im weiten Umkreiſe
bereits hart mitgenommene Gegend faſt gar nichts mehr her:
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geben konnte, jeßt beim Belagerungskorps fühlbar, und hierzu kam noch, daß der Soldat durch Dienſt in den Schanzen und
Laufgråben, öftere Gefechte, beſchwerliche Belagerungsarbeiten, Piquets und Ronden , bereits ſeit geraumer Zeit Tag und Nacht keine Ruhe gehabt hatte und daher eine Menge era krankten ; indeſſen waren doch bei alle dem mit faſt unglaub licher Anſtrengung und trok der hartnäckigen Vertheidigung von Seiten der Belagerten und der vorgefundenen großen Terrainhinderniſſe bis zum 2. Iuni nicht allein 25 untereinan der in Verbindung ſtehende große und kleine Schanzen , Bat: terien und Flèchen um die Feſtung herum in der Form eines großen Halbmondes , vom Oſtſeeſtrande an , (um ſich hier ges gen die Angriffe von der Seeſeite ſicherer zu ſtellen ), und an der Weſtſeite bis über Sellnow hinaus, größtentheils vollendet, ſondern auch auf mehreren Punkten künſtliche Dámme ange
fangen und Laufgråben , vorzüglich in der Nähe der Wolfs bergſchanze, eröffnet worden. Dieſe Befeſtigungen, deren Bes nennungen anzuführen ich nicht mehr im Stande bin, weßhalb ich ſie hier ihrer Dertlichkeit nach bezeichne, befanden ſich auf folgenden Punkten und in nachverzeichneter Reihenfolge. Auf dem rechten Perſanteufer :
1) die Schanze am Strande,
2 ) die Schanze am ſogenannten Haſenbied (nahe der Wolfsbergſchanze, jedoch noch nicht vollendet), 3) die auf dem Berge vor dem Stadtwalde (noch) nicht vollendet),
4) die in der Maßwieſe, jenſeits des Bruches, 5) die Bruchſchanze,
6) die Schanze an der Buſchede, 7) die Dammſchanze, 8) die Lagerſchanze, 9) die Ziegelſchanze,
10) die Schanze auf dem Hohenberge (Fort Napoleon), 11 ) die Mittelſchanze,
12) die Nonnenholzſchanze und
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13) die zwei Schanzen auf dem Amte von Altſtadt; auf dem linken Perſanteufer: 14 )
15)) 16 ) drei öſtlich von Sellnow gelegene Schanzen , 17))
18) zwei vor dem Dorfe Sellnow nach der Feſtung 19)5 zu gelegene Schanzen , 20 ) 21 )( vier weſtlich von Sellnow gelegene Schanzen, wel 22) ( che dieſes Dorf als eine Verſchanzung umſchloſſen , 23)
24) eine Schanze hinter Sellnow auf dem ſogenann ten Kartoffelberge, um den Damm vom Kaugen
berge durch das Bruch zu beſchießen, 25) eine ſúdweſtlich von Sellnow und weſtlich von dem
Kartoffelberge gelegene Schanze, damals die áu: Berſte auf dem linken Flügel. Da zu dieſer Zeit die Stellung bei Sellnow dem Bela
gerungskorps zur Grundlage feiner Operationslinie diente ,
fo
war ſie auch unter allen die befeſtigtſte.
Die Belagerten wendeten dagegen alle Kunſt und Kräfte an , um die Ueberſchwemmungen im weiten Umkreiſe um die Feſtung zu bewerkſtelligen, weßhalb die Belagerer in der Fort führung ihrer Laufgråben, aus Beſorgniß , in dieſelben Waſſer eindringen zu ſehen , ſehr behutſam zu Werke gehen und ſie großtentheils mit erhöhten Bruſtwehren anlegen mußten. Um 2. Juni traf das fachſen -hildburghauſiſche Kontingent, unter dem Kapitain von Heßberg, beſtehend noch aus 2 Offizie: ren *) und 58 Mann, indem es ſeit ſeinem mit ungefähr 170 Mann erfolgten Ausrücken aus der Garniſon auf dem über
* ) Sie ſind in der Beilage IV , namentlich angeführt.
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Magdeburg und Berlin fortgefegten Marſche gleichfalls gegen 87 Mann durch Deſertion verloren hatte, im Lager vor Kolberg ein
und ſtieß , der früher erwähnten Uebereinkunft zufolge, zum weimariſchen Kontingente, mit ſelbigem ein leichtes Bataillon bila dend. Dieß nun vereinigte Bataillon zählte jedoch nur gegen
330 Mann aktiv , von welchen 80 Mann zu der franzöſiſchen Artillerie befehligt waren , und nachſtdem wurden von demſel ben auch von Zeit zu Zeit Kommandos nach Roslin und Bel
gard gegeben. Selbigen Tages růckte auch das früher erwähnte,
feit dem 4. Mai zur Dedung des Artillerieparks im Dorfe Degow kantonirte , aus zwei Offizieren und 40 Mann be ſtehende weimariſche Detaſchement, welches nur am 20. Mai durch das bis auf eine Viertelſtunde von dieſem Orte erfolgte Annähern eines preußiſchen Streifkorps allarmirt worden war, im Artilleriehauptquartiere zu Zernin ein und ſchloß ſich ſo ſeiner unter den Befehlen des Kapitains von Konneriß daſelbſt ſtehen : den Kompagnie wieder an. Obgleich der Dienſt dieſer som:
pagnie , vorzüglich für den Soldaten , höchſt beſchwerlich war, ſo zeichnete doch dafür der Artilleriegeneral von Moſel ſowohl die Offiziere, als auch die Mannſchaft derſelben , zum Beweiſe ſeiner Zufriedenheit mit ihren Leiſtungen , durch eine ſtete große Fürſorge, die jedem derſelben gewiß unvergeßlich geblieben, ſelbſt vor ſeinen eigenen , franzöſiſchen Truppen , aus. In demſelben Orte hatte übrigens, außer der Artillerie, noch 1 Eskadron hol ländiſche Huſaren die Quartiere bezogen. Um 3. Juni fanden unbedeutende Vorpoſtengefechte, vora züglich bei Sellnow , Statt, und gegen Abend gab die ſchwes diſche Fregatte wieder mehrere Geſchüßlagen auf das Lager und die Arbeiten der Belagerer , wodurch dieſelben eine Anzahl Todter und ſchwer Verwundeter, unter den erſtern 1 Tambour des hildburghauſiſchen Kontingents, zählten. Bis zum 5. Juni hatten die lektern zur Dedung der ges ſammten auf dem linken Perſanteufer angelegten Verſchanzun gen nicht allein einen Laufgraben gezogen und den durch den 1
1
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Salinentorfmoor führenden Damm faſt beendigt, ſondern auch auf der rechten Seite dieſes Fluſſes, um einen regelmåßigen Angriff auf den Wolfsberg zu unternehmen , mit der anges ſtrengteſten Thåtigkeit ſich durch Laufgråben gegen denſels ben ſehr genähert , bei welcher Arbeit fie vorzüglich von dieſem Werke ununterbrochen beſchoſſen wurden , jedoch dieß Feuer lebhaft erwiederten . Als am Abend dieſes Tages fich
ein Vorpoſtengefecht bei Sellnow geendigt hatte und die Bes lagerer durch Eröffnung eines neuen Laufgrabens dem Wolfs berge ſich immer mehr zu nähern ſuchten, begann vor Mitters
nacht in der Nähe deſſelben zwiſchen der Arbeiten unter Unführung des nerals Ruby und unter den Befehlen Oberſten von Egloffſtein , als Oberſten
einer , zu Begünſtigung franzöſiſchen Brigadege des herzoglich råchſiſchen du jour , aus 5 italieni
fchen Grenadier- und 2 franzöſiſchen Voltigeurs - Kompagnien gebildeten Deckungskolonne, ſo wie mit den unter dem meinin giſchen Kapitain von Boſe und dem gothaiſchen Sekondlieu tenant Kråßſchmar die Schanze Ferranto beſetzt haltenden 60 Mann vom herzoglich fächſiſchen Regiment und zwiſchen den Belagerten ein bißiges Gefecht, bei welchem ſich zugleich eine ge genſeitige heftige Kanonade von allen in dieſem Bereiche bes findlichen Feſtungswerken und Schanzen erhob, ſo daß anfangs die im Vordringen begriffenen Belagerungstruppen des gegen ſie gerichteten mörderiſchen Feuers wegen ſich zurückzuziehen genothigt wurden , jedoch alsbald von neuem zum Angriff über: gingen , und ſich hierauf der Kampf, da ſowohl die Bela:
gerten aus der Feſtung, als auch die Belagerer neue Ver: ſtårkungen ins Feuer führten , auf der ganzen Linie entſpann und ſo derſelbe bis 1,1 /2 Uhr des Nachts unentſchieden forta geſellt wurde. Zu dieſer Zeit wurden jedoch die erſtern bei allen ihren Angriffen , nebſt dem wiederholten auf die Schanze Ferranto,
entſchieden zurücgewieſen und , ſo weit es thunlich war, auch verfolgt.
Das gegenſeitige Gewehrfeuer dauerte indeſſen noch bis zum 6. Morgens 5 Uhr, und das während dieſes blutigen Nacht:
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gefechts von beiden Seiten unterhaltene Geſchůzfeuer, durch welches ein Pulverwagen der Belagerungstruppen in die Luft flog, war das ſtärkſte feit der Belagerung. Der Verluſt der Belagerten an Todten und Bleſſirten wurde auf 150
Mann, und der der Belagerer nicht geringer geſchårt. Der Verluſt der Beſayung in der Schanze Ferranto beſtand in 1 Todten und 1 fchwer Bleſſirten (von Gotha ), ſo wie in 5 Verwundeten (von Weimar) und 2 ſchwer Bleſſirten (von Hildburghauſen ). Während dieſes Gefechts war ein Theil des herzoglich fachfiſchen Regiments in den Tranchéen thåtig. Da die mit gezogenen Büchſen bewaffneten 100 Mann Schüben der 2 Linienbataillone des herzoglich fåchſiſchen Re: giments bei der Belagerung durch ihr weittragendes und ſicheres Feuer bereits weſentliche Dienſte gegen die preußiſchen Artilleris ſten geleiſtet hatten , ſo wurde 1 Offizier nebſt 50 Mann derſelben vor die Redoute Audifret poſtirt, von wo ſie, hinter einem Erdaufwurf gegen das feindliche Feuer geſchükt, dieſela ben beſchoſſen und ſehr genirten. Alle 24 Stunden erfolgte die Ablöſung durch die 50 andern Schüben, welcher Dienſt und Wechſel für dieſelben faſt bis an das Ende der Belagerung fortdauerte. Nachmittags kam von Danzig , welche Feſtung
am 24. Mai vermoge Kapitulation übergeben worden war, ein Theil des zur dortigen Belagerung gebrauchten und bisher ſo ſehr vermißten ſchweren Geſchüßes vor Kolberg an und wurde nun alsbald zu den Batterien verwendet. Um 7. Juni nahmen die Belagerten in der Gegend bei Neubruck den Belagerern 25 mit Lebensmitteln und Fourage beladene Wagen ab und führten ſie in die Feſtung. Ohner: achtet der kraftigſten Vertheidigungsmaßregeln von Seiten der erſtern waren die Belagerer bis zum 8. mit den Laufgråben in der Nähe des Wolfsberges wieder gegen 60 Schritte vor : geſchritten , und die durch das Feuer der Feſtungsartillerie in der Schanze zu Altſtadt angerichteten Verheerungen wurden gleichfalls wieder ausgebeſſert.
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Am 9. wurde bie Feſtung abermals mit Granaten und
Kugeln , jedoch ohne Erfolg, beſchoſſen und auf der Oſtſeite fanden wieder Vorpoſtengefechte Statt. Die Belagerer arbei: teten gleichzeitig thảtig an der , der Wolfsbergſchanze nahe ges rückten, in Form eines Halbmondes und von bedeutender Große neuangelegten Breſchbatterie am ſogenannten Haſenbied , wels
che denn auch am 10. I, trok der unausgefegten Regenſtrome, die ſo ſtark waren , daß die Arbeiter dabei bis über die Knochel im Waſſer ſtanden und dabei ein ununterbrochenes Kanonens feuer vom genannten Werke auszuhalten hatten , unter den
größten Kraftanſtrengungen vollendet wurde. Nachdem nun am 11. Morgens um 3 Uhr der Signal: ſchuß zur Beſchießung des Wolfsbergs erfolgt war, erhob ſich aus 30 Geſchüßen ein heftiges Feuer gegen denſelben. Wåh rend deſſen begannen auch der Reihe nach die Batterien in der
Ziegels, in der Mittel-, in der Hohenberg- und in der Altſtädter ſchanze ein furchtbares Bomben - und Kanonen-Feuer , welches einem Strom von Kugeln glich, gegen die Stadt, ſo, daß der dadurch in derſelben entſtandene Brand dreimal des Vormits
tags und einmal des Nachmittags emporloderte, jedoch bald wieder gedåmpft,, indeſſen doch an vielen Orten bedeutender Schaden angerichtet wurde. Gegen 10 Uhr Vormittags zeigte fich die ſchwediſche Fregatte feitwärts des Wolfsbergs und fing an , ſelbigen durch ein gegen die Werke und die Laufgråben der
Belagerer gerichtetes Feuer zu unterſtüßen. Obgleich nun auch die Belagerten ein wohlgenährtes Kanonenfeuer aus der Feſtung gegen die indeſſen anrüßenden Kolonnen der Belagerer und des ren Werke unterhielten, ſo machten ihnen doch die legtern durch
ihr mórderiſches Feuer gegen die Feſtung fo viel zu ſchaffen, daß dadurch der Zweck, den Wolfsberg nicht mit gehöriger Kraft von der Feſtung aus unterſtúkt , und ſelbigen mehr ſeiner eigenen Vertheidigung und der Unterſtüßung durch die ſchwedi ſche Fregatte überlaſſen zu ſehen , vollkommen erreicht wur: de. Nachdem nun das Feuer der Belagerer in der Wolfs bergſchanze die Bruſtwehren gånzlich zerſtört und einen Theil
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ihres aus 9 Kanonen beſtehenden Geſchůbes demontirt hatte,
auch bereits eine bedeutende Breſche geſchoſſen war , während fich die Beratung derſelben mit rühmlicher Ausdauer 14 Stun
den lang bis 5 Uhr Nachmittags, wo alle ihre Bertheidigungs mittel erſchöpft waren , behauptet hatte und eben zwei Kolon
nen der erſtern ſich zum Sturm gegen dieſelbe anſchickten, ſteck te die Beratung die weiße Fahne auf, worauf ein fünfzehn ſtündiger Waffenſtilſtand abgeſchloſſen und die Wolfsbergſchan
ze, aus welcher das Grenadierbataillon von Waldenfels , das fie vertheidigt hatte , freien Abzug mit dem Geſchůt nach der Fe ſtung erhielt 1, den Belagerungstruppen übergeben wurde. Der Verluſt an Todten und Verwundeten von beiden Seiten war
nicht gering. Da durch den Beſitz des Wolfsbergs ein be: deutender Schritt vorwärts in der Belagerung der Feſtung ge
than war und dieſer wichtige Punkt nach Kräften behauptet werden mußte ,
ſo wurde auch noch am nämlichen Abend
durch eine Anzahl Arbeiter des herzoglich fåchfiſchen Regiments mit größter Thåtigkeit, ſowohl mit den Uusbeſſerungen , als auch Veränderungen dieſer eroberten Schanze begonnen und namentlich die Anlegung eines bombenfeſten Blockhåuschens in der Mitte derſelben , zur Aufbewahrung des Pulvers und Fül lung von Granaten und Bomben, angeordnet, welche Arbeiten jedoch die Belagerten alsbald bemerkten ; und da dieß dem
abgeſchloſſenen fünfzehnſtündigen Waffenſtillſtand zuwider war, ſo begann hierauf von den Feſtungswållen ein furchtbares ka: nonen- und Bomben - Feuer, ſo wie ſpåter auch eine heftige Ka nonade von Seiten der Fregatte , wiewohl ohne große Wir kung , auf den Wolfsberg. Dieſes Feuer wurde alsbald aus allen in jener Gegend befindlichen Werken der Belagerer mit
der größten Heftigkeit erwiedert und hierdurch eine Anzahl Bür: ger getödtet und viele Verwüſtungen in der Stadt angerich: tet. Indeſſen waren auch eine Anzahl italieniſcher Soldaten und vom gothaiſchen Kontingent 1 Mann in der Wolfsberg ſchanze getódtet und der zu dieſer Zeit in der naben , von dem Major von Germar mit dem Bataillon Weimar und Hild
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burghauſen befekten Tranchée anweſende Diviſionsgeneral Teulié durch eine 4pfündige Kanonenkugel am Oberſchenkel ſo ſchwer verwundet worden , daß derſelbe alsbald amputirt wer: den mußte. Von dieſem Tage fing eine noch lebhaftere Be:
ſchießung der Feſtung an.
Das herzoglich ſächſiſche Regiment hatte am 11. den Ver: luft, daß der , einen franzöſiſchen Transport eskortirende go thaiſche Premierlieutenant von Túmpling nebſt 25 Mann durch ein preußiſches Streifkorps zwiſchen Treptow und Körlin plók: lich überfallen , nach möglichſter Gegenwehr gefangen genoma men und hierauf nach Kolberg abgeführt wurde. Um 12. und 13. Juni bei abwechſelnden Sturm und Regengüſſen wurde von den Belagerern unter einem wohlun terhaltenen Feuer nach der Feſtung, obgleich dieſe daſſelbe leb haft erwiederte, nicht allein die Wolfsbergſchanze immer mehr und mehr befeſtigt, ſondern auch an allen übrigen Schanz arbeiten auf das Thåtigſte gearbeitet. Um 14. lief ein engliſches Schiff mit 45 Kanonen und Haubigen , ſo wie mit zahlreicher Munition im Hafen von Kolberg ein , wodurch die Feſtungsgarniſon nicht allein ſogleich
das ſchadhaft gewordene Geſchüß erſekte, ſondern auch ihre Artillerie auf den Wällen verſtärkte. Wie ſehr die Belagerten die Wichtigkeit des verlornen Wolfsbergs und die dadurch für ſie entſtehenden Folgen fürch teten und daher alles daranzuſeßen ſuchten , denſelben wo möglich wieder zu nehmen , zeigte ſich alsbald dadurch , daß bereits in der Nacht auf den 15. der Vicekommandant von
Kolberg , Hauptmann von Waldenfels , mit ſeinem Grenadier: bataillon nebſt Füſilieren einen Uusfall und Angriff auf den ſelben unternahm. Von einem tobenden Sturm und dem heftig
ſten Regen in dunkler Nacht begünſtigt, gelangte auch in tief ſter Stille die Sturmkolonne unbemerkt bis beinahe am Gra
ben der Verſchanzung, und hierauf nahm erſt das Feuer ſeis nen Anfang. Indeſſen erſtiegen die Stürmenden bald die Bruſt wehr , auf welcher der Hauptmann von Waldenfels der erſte
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war, aber, indem er ſeine Grenadiere aufmunterte, ihm zu fola gen, durch eine Flintenkugel einen rühmlichen Tod fand; den: noch drangen die Preußen in die Verſchanzung ein und nahmen nach blutiger Gegenwehr den vom Tode noch verſchont ges
bliebenen Ueberreſt der Befakung, beſtehend in demgothaiſchen Oberſten von Henning und deſſen Adjutanten Sekondlieutenant Gernand nebſt dem Fahnenjunker Friedheim , ſo wie 1 Oberſt lieutenant, 8 Subalternoffizieren und über 150 Mann vom polniſchen Regiment, von welchem ein Theil verwundet war,
gefangen und eroberten auch eine Haubiße. Die Gefangenen wurden ſogleich nach Kolberg transportirt, von wo ſie einige Tage nachher nach Memel eingeſchifft wurden . Kurze Zeit
hierauf růckte jedoch die in den Tranchéen aufgeſtellte, aus 2 Kompagnien italieniſcher Infanterie und 2 Kompagnien Gres nadiere des Herzoglich fåchſiſchen Regiments beſtehende Reſerve, durch den Ueberreſt des polniſchen Bataillons unterſtügt, gea gen die verlorne Schanze vor , worauf dieſe von den Belager: ten , der Uebermacht der Angreifenden weichend , nach kurzer
Gegenwehr, mit Mitnahme ihrer Verwundeten und eines Theits ihrer Gebliebenen, und ohne den eigentlichen Zweck der gånz lichen Demolirung der von den Belagerern benugten Erdwerke ausgeführt zu haben , um 4 Uhr des Morgens wieder vers laſſen und alsbald durch die italieniſchen Grenadiere auf's Neue beſegt wurde.
Bei dieſen wiederholten Kämpfen hatten die Belagerer außer dem bereits oben angeführten Verluſt noch den einer Anzahl Getódteter und Bleſſirter der italieniſchen Truppen, während die Grenadiere des herzoglich fåchfiſchen Regiments blos 1 Verwundeten zählten. Der Verluſt der Belagerten an Todten und Verwundeten, welcher hauptſächlich das Grenadier bataillon von Waldenfels betroffen , wurde auf 117 Mann,
worunter 4 Offiziere, geſchåßt. Am Morgen des 15. erſchien aus der Feſtung bei den
zunächſt dem Wolfsberge aufgeſtellten Vorpoſten ein Parle mentair, mit der Bitte; daß man geſtatten möchte, die noch
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umberliegenden tobten Preußen nach der Stadt transportiren zu dürfen, was dann auch alsbald bewilligt wurde. Unter eis nem dieſen ganzen Tag über gegen die Stadt anhaltenden Ger ( chúffeuer wurden ſowohl die Arbeiten an dem Wolfsberg, der von nun an den Namen des das Belagerungskorps komman
direnden Generals , Fort Loiſon , erhielt und der noch bedeuten: der befeſtigt werden ſollte, als auch die bei Sellnow auf das Thätigſte gefördert. Da das Belagerungskorps, um die Feſtung auch auf der Weſtfeite vollig einzuſchließen, noch nicht zahlreich genug war, ſo machten die Belagerten, und vorzüglich das von Schil'ſche Korps, von der Maikuhle aus dfters noch Strei
fereien nach jenen auf dieſer Seite gelegenen Gegenden , daher ſie auch an dieſem Tage bei dem anderthalb Stunden von
der Feſtung entfernten Dorfe Spie 11 für das Belagerungs korps beſtimmte Wagen mit Proviant wegnahmen und nächſt dem die Arbeiten bei Sellnow unaufhörlich zu ſtören ſuchten. Den ganzen Tag des 16. beſchoſſen ſich die gegenſeitigen Werke,. doch mit geringem Erfolg. In der Nacht vom 16. auf den 17. machten die Belagerten fühne Angriffe auf meh rere Werke , und es gelang ihnen , auf der Oſtſeite nicht allein die kleinen , neben den Verſchanzungen bei Bullenwinkel ange
legten Flèchen zu erobern , ſondern auch mit 4 Kompagnien die Redoute Angelo , obgleich ſie aus derſelben mit einem leb haften Feuer empfangen wurden , zu erſtürmen und deren Bes ſakung, beſtehend aus einigen hundert Mann Italienern und
einem kleinen weimariſchen Truppentheil, welcher lektere mit
franzöſiſchen Artilleriſten als Kanoniere diente, nach der blu tigſten Gegenwehr, bis auf einen kleinen Theil, niederzumachen und die 4 darin befindlichen Kanonen zu vernageln . Als aber kurze Zeit hierauf friſche italieniſche Truppen nebſt dem Ueberreſt des kleinen weimariſchen Detaſchements gegen dieſe verlornen Punkte wieder vordrangen, wurden ſie ihnen von den Preußen wieder überlaſſen. Die italieniſchen Truppen hatten bei dieſen nachtlichen Vorfällen einen nicht unbedeutenden Ber:
luſt erlitten, wie auch das das Geſchúg in der Schanze be
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dienende weimariſche Detachement 6 Mann an Tobten und
durch Bajonettſtiche ſchwer Verwundeten zåhlte. Während deſſen hatte auch das von Schill'ſche Korps auf der Weſtſeite das Dorf Sellnow und eine nahe dabei gelegene Schanze ange
griffen und genommen , mußte jedoch nach einigen Stunden beide Punkte wieder aufgeben. Der Verluſt der Belagerten bei dieſen verſchiedenen nächtlichen Gefechten war gleichfalls nicht unbedeutend.
Da der gothaiſche Premierlieutenant von Seebach an die Stelle des gefangenen Sekondlieutenants Gernand zum Ad jutanten ernannt worden war , ſo wurde er am 17. durch den meiningiſchen Premierlieutenant von Buttlar vom Kom mando in Körlin abgeloſt.
Um 18. , wo das Geſchůt ſchwieg , waren die Belagerer auf der Südoſtſeite mit ihren Laufgråben und Parallelen der
Feſtung näher gerückt, und alle gegenſeitigen Anſtalten deute ten auf hartnäckige Kämpfe auf der Oſtſeite hin. Das auf dieſer Seite den rechten Flügel des Belagerungskorps bilden de polniſche Regiment hatte , als dem Feuer und Ueberfållen am meiſten ausgelegt , bereits viel gelitten .
Am 19. traf unter dem gothaiſchen Sekondlieutenant Fleiſchmann ein Erſakkommando von 44 Gothaern und 27 Meiningern im Lager vor Kolberg ein. Nachdem dieſen Tag über ein nicht unbedeutendes Feuer auf die Feſtung unterhalten worden war , nahete fich gegen
Abend die ſchwediſche Fregatte dem Fort Loiſon ( früher Wolfs berg ) ſo ſehr, als es ihr nur immer die Waſſertiefe geſtattete, und begann hierauf, von der Feſtungsartillerie aufs Kräftigſte
unterſtüzt , ein ſolch unausgeſektes Feuer gegen daſſelbe, daß fie in einer Stunde 157 Schüſſe auf ſelbiges that. Mitten unter dieſem Feuern rúdte alsbald aus der Feſtung eine Sturm kolonne Freiwilliger, beſtehend aus dem noch 400 Mann ſtar ken Ueberreſte des Grenadierbataillons von Waldenfels (die
Elite der Garniſon ), ſo wie aus dem Fúſilierbataillon von Möller , mit großem Ungeſtüm gegen das Fort Loiſon , deſſen
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Beſakung wahrend des fürchterlichen Bombardements fich noch immer mit Grabesſtille verhielt, heran. So waren die An greifenden bis in die Nähe der Paliſſaden vorgedrungen , als das Fort ſein Stillſchweigen brach und ein furchtbar wirkendes Kartåtſchen- und Kleingewehr-Feuer auf ſie eröffnete, trok deſſen die Stürmenden jedoch bald die Bruſtwehr erſtiegen , hier aber von der Beſakung mit der größten Kaltblütigkeit mit dem Bajonett empfangen und nach einem verzweifelten und höchſt blutigen Handgemenge in den Graben zurückgeworfen , und mit Hinterlaſſung von 4 getödteten, ſo wie 4 verwundeten Offizie: 1
ren und 400 Mann Jobten , die auf einem kaum 200 Schritte
haltenden Raum lagen , zum Rückzuge in die Feſtung genöthigt wurden , welchen die Fregatte durch ein auf dieſes Fort wieder begonnenes , und abermals nicht erwiedertes, Feuer von beinahe 200 Kugeln zu decken ſuchte.
Nach dieſem mórberiſchen Ges
fechte trat wieder eine Todtenſtille ein , und die Fregatte regelte hierauf auf ihre gewöhnliche Ankerſtelle vor dem Hafen zurück. Un dieſer rühmlichen Vertheidigung des Forts Loiſon , die
der braven Befaßung deſſelben gleichfalls, jedoch ihrer geſichera ten Stellung zu Folge nur verhältnißmåßige Opfer koſtete, nahmen vom Regiment der Herzoge zu Sachſen der gothaiſche Kapitain von Einſiedel und Sekondlieutenant Merkel nebſt
100 Mann (von welchen 60 Gothaer und 40 Weimaraner und Hildburghäuſer) Antheil. Vom gothaiſchen Truppentheil wurden der Sekondlieutenant Merkel durch ein Stück Gra: nate am Kopf, ſo wie 3 Mann fo chwer , daß fie bald darauf
ſtarben , und noch einige leicht verwundet , wogegen das wei mariſche und hildburghauſiſche Detaſchement 6 ſchwer Bleſſirte hatte.
Als am 20. Vormittags ein ziemlich lebhaftes Feuer gegen die Feſtung unterhalten wurde , kam gegen Mittag aus derſel ben wieder ein Parlementair bei den Vorpoſten der Belagerer
mit dem Geſuche an , die beim Fort Loiſon gebliebenen Preußen abholen und beerdigen zu dürfen . Dieſem Verlangen wurde auch alsbald entſprochen und mit dem Schießen gånzlich auf
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gehört.
Nachinittags wurde der in Folge ſeiner ſchweren
Verwundung am 18. verſtorbene Diviſionsgeneral Teulie im Hauptquartier Tramm unter dem Geleite aller dispo nibeln und in größter Parade ausgerückten Truppen mit den feinem Range angemeſſenen Ehrenbezeigungen , worunter auch die , daß während der Gewehrſalven über dem Grabe auch
von råmmtlichen Belagerungsbatterien dergleichen erfolgten, in dem an jenem Orte gelegenen und zum militairiſchen Begräbnißplag beſtimmten Fichtenwäldchen feierlich beerdigt. Außer der allgemeinen Trauer über den Verluſt dieſes in jeder Hinſicht braven und geliebten Führers errichtete ihm auch noch
die Dankbarkeit der Soldaten des Belagerungskorps eine aus Steinen erbaute hohe Pyramide , auf deren Spige eine Bombe ruhte, als Denkſtein auf ſeinem Grabe.
Das herzoglich fåchſiſche Regiment kam nun unter die Befehle des franzöſiſchen Brigadegenerals Ruby und hatte tåglich nur in das Fort Loiſon 1 Kapitain , 2 Lieutenants und 150 Soldaten zur Arbeit zu ſtellen.
Um 21. war das gegenſeitige Feuer und vorzüglich von Seiten der Belagerten gegen das Fort Loiſon ſehr lebhaft, ſo daß ein Theil deſſelben ziemlich beſchädigt, jedoch in kurzer Zeit wieder hergeſtellt wurde. Un dieſem Tage rückten gegen 2000 Mann holåndiſcher Infanterie unter dem Oberſten Anthing *) auf dem linken Flügel des Belagerungskorps als Verſtår kung ein und mit ihr kam auch wieder ſchweres Belagerungsa geſchüß an. Am 22. wurde dem beim Arbeitskommando im Fort
Loiſon befehligten gothaiſchen Sekondlieutenant von Henning II. durch eine Kanonenkugel der rechte Arm ganz nahe der Uchſel abgeſchoſſen , ſo daß er ſogleich amputirt werden mußte und nach einiger Zeit daran ſtarb.
*) Dieſer Oberſt war ein geborner Gothaer und ſtarb zu Gotha am 7. Februar 1823 als königlich niederländiſcher Generallieutenant.
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Eine Anzahl italieniſcher und polniſcher Truppen unters nahm am 23. einen , wiewohl fruchtloſen , Angriff auf die von der Vorſtadt Stubbenhagen nicht weit entfernt gelegene
Ziegelſchanze, worauf am 24. und 25. unbedeutende Vorpoſten : gefechte und am lektern Tage auch ein Beſchießen des von nun an der Vertheidigung der Grenadiere anvertrauten Forts Loiſon , wodurch es jedoch nur unbedeutend beſchädigt wurde , Statt fanden. Indeſſen wurden vom Belagerungskorps mit faſt unglaublicher Thátigkeit und Schnelligkeit nicht allein das Fort Loiſon in ſeinen Befeſtigungen , ſondern auch die Schanzen und Batterien auf allen übrigen Punkten ziemlich vollendet und hinreichend befekt und eine neue Wurfbatterie auf dem Wege nach der , den Belagerten zugehörigen , dicht hinter der Vor: ſtadt Stubbenhagen gelegenen Ziegelſchanze errichtet. Gleich:
zeitig ſchritten die Arbeiten an der Nordoſtſeite der Feſtung und vorzüglich gegen das Lauenburgerthor raſch vorwärts . In der Nacht vom 26. zum 27., als vom herzoglich ſåch fiſchen Regiment der gothaiſche Kapitain von Einſiedel, die Ses kondlieutenants von Schauroth II. , Fleiſchmann und von Golds
ader (von Weimar) nebſt 200 Mann in den vor der franzófi: ſchen Redoute Angelo vorgeführten Tranchéen mit Arbeiten bez
ſchäftigt waren , wurden dieſelben von einer überlegenen Anzahl Preußen überrumpelt und zurückgeworfen ; jedoch drangen ſie, in Gemeinſchaft mit der Beſaßung dieſer Redoute, gegen Mor: gen wieder vor , vertrieben die Angreifenden und begannen ihre Arbeiten von neuem . Der dabei erlittene Berluſt beſtand in
7 Verwundeten , darunter 3 Mann Gothaer und 4 Mann Weimaraner.
Da die Belagerer am 27. auf der Oſtſeite mit ihren Laufgråben bis auf 1000 Schritte von den Blockhåuſern der Belagerten vordrangen , ſo entſtand deshalb nicht weit von Bullenwinkel ein Borpoſtengefecht, was indeſſen die Arbeiten nicht ſtórte. Gleichzeitig wurde die Stadt von Zeit zu Zeit beſchoſſen , welches Feuern die Feſtungsbatterien erwie berten .
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Am 28. verbanden die Belagerer die von ber ſogenannten
Matſchanze ausgehenden Laufgråben mit denen vom Fort loi: fon. Die Beſchießung der Stadt , bei welcher vorzüglich die große Marienkirche, die man ſowohl mit vielen Kranken , als auch Verwundeten von der Garniſon und mit einer Anzahl Kriegsgefangener angefüllt hatte , der Zielpunkt war und ſehr
viel litt , dauerte dieſen Tag ununterbrochen fort. Einem für die Feſtung mit Kriegsvorråthen beladenen engliſchen Schiffe, welches unter die Strandbatterie der Belagerer gerathen war, gelang es nach vieler Mühe, den Gefahren zu entgehen und in den Hafen einzulaufen . Vom fachfen - weimariſchen Kontin : gente traf dieſen Tag ein , am 5. Juni von Weimar unter dem Stabskapitain von Linker , den Sekondlieutenants Staff und von Schauroth 168 Mann ſtark ausmarſchirtes
Erſakkominando , welches auch , da ein Theil deſſelben aus angeworbenen preußiſchen Ranzionirten und Deſerteurs beſtand, durch einige Deſertionen gelitten hatte , im Lager vor Kolberg ein. Es hatte ſeinen Marſch über Halle , Deſſau , Potsdam und Berlin genommen 1, und dem Befehle zu Folge kehrten die genannten 3 Offiziere deſſelben alsbald wieder nach Weimar zurück. .
Um 29. früh machten die Belagerten den Verſuch , die
öſtliche nachſte Umgebung der Feſtung, den ſogenannten Frauen markt, ebenfalls durch eine künſtliche Waſſerleitung, was je: doch einen ſehr langſamen Erfolg zeigte, zu überſchwemmen. Nächſtdem wurde viel auf die gegenſeitigen Arbeiter und vora züglich vom Fort Loiſon ziemlich lebhaft auf die gerade hinter der Vorſtadt Stubbenhagen nordöſtlich gelegene Ziegelſchanze geſchoſſen , indem die Belagerten , nach dem Verluſte jenes Forts, welches früher den Hafen beſchůßte, dem lektern eine neue Deckung durch eine möglichſte Verſtärkung jener Schanze zu geben ſuchten und ſolche auch herſtellten. Zur Hinderung dies
ſer Arbeiten lieferten die Belagerer den Belagerten in dieſer Gegend mehrere Gefechte, wobei aber die erſtern den Nach
theil hatten , von der Feſtungsartillerie heftig beſchoſſen , das
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gegen die letteren den Vortheil , durch ſie unterſtübt zu werden .
Ein Parlementair aus der Feſtung traf im Hauptquar: tier Tramm beim General Loiſon mit der Bitte ein , daß das Feuern auf die , wie ſchon bemerkt, mit Kranken und Bleſſir ten von der Beratung, ſo wie auch mit Gefangenen angefüllte
und bereits hart mitgenommene große Marienkirche eingeſtellt werden möchte, welchem Geſuche auch ſogleich durch einen an die Artillerie erlaſſenen Befehl, dieſes Gebäude fortan zu ſchonen , gewillfahrt wurde.
Ohnerachtet des während der Nacht vom 29. zum 30. unausgeſetzten Geſchüpfeuers der Feſtung wurde doch die zweite Parallele vollendet , alle Batterien vollkommen armirt und
mit gehöriger Munition verſehen. Am 30. des Morgens erhoben dieſe Batterien ein ziem lich lebhaftes Feuer gegen die Feſtung , und es trafen auf
dem linken Flügel des Belagerungskorps gegen 4000 Mann franzöſiſcher Verſtärkungstruppen ein , welche nun ſogleich die über dem linken Perſanteufer und zwar von Sellnow an bis
her noch offen gebliebene Weſtſeite der Feſtung, durch Bea ſebung der Dörfer Alt- und Neu - Werder , Alt- und Neu
Bork und Kolberger Deep , bis an den Oſtſeeſtrand einſchloſſen , und ſomit nun von dieſem Tage an die völlige Einſchließung Kolbergs bis auf deſſen nächſte Umgebung und den Haferr bez
werkſtelligt wurde. Hierauf lagerten ſich dieſelben hinter dem ſogenannten Fichtanger,1 welcher ungefähr 1500 Schritte von
der auf dem linken Perſanteufer gelegenen , vom Schil'ſchen Korps beſenten und die bisher noch freie Einfahrt des Hafens ſchüßenden Maikuhle und Moraſtredoute entfernt iſt , und warfen daſelbſt eine Schanze auf. Gleichzeitig ſtellten ſich auch mehrere hundert Mann Franzoſen nebſt 2 Kanonen zwiſchen Neu - Werder und dem Oſtſeeſtrande , wo ſie die vor der Maikuhle aufgeſtellten Vorpoſten des von Schill'ſchen Korps
zurüdürångten , auf und legten rechts von Neu - Werder und ganz nahe am Strande, trok eines lebhaften , aber abgeſchlage:
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mit dem Leben davon kommend, auf die Erde niederfielen, ge tódtet wurden.
Während dieſer Vorfälle fanden auch auf der Oſtſeite der Feſtung, und zwar vor dem Lauenburgerthore und in der Gegend des Fort Loiſon , heftige Vorpoſtengerechte Statt , wo
bei die Vorpoſten der Belagerten zurückgedrängt und von ih nen eine kleine Flèche aufgegeben wurde ; auch tödtete das un unterbrochene Bombardement auf die Stadt viele Soldaten und
Einwohner und häufte dermaßen Trümmer auf Trümmer in derſelben , daß die , in der Marienkirche und andern feſten Ge: bauten in den daſelbſt errichteten Feldlazarethen untergebracha
ten 800 bleſſirten Soldaten der Garniſon bereits in die Kaſes matten unter den Feſtungswerken geſchafft werden mußten. Nachdem das Kleingewehrfeuer im ganzen Umkreiſe der Stadt bis nach 8 Uhr Abends gedauert hatte , indeß auch das Feuer des Geſchüßes fortwährte , ſteckte am ſpåten Abend eine Bombe den mit Baumaterialien aller Art angefüllten Gouvernements :
bauhof , welcher auch völlig ein Raub der Flammen wurde, fo wie hierauf eine andere Bombe ein königliches Kornmagas
zin, welches man aber durch die guten Löſchanſtalten größten: theils von der Vernichtung rettete, in Brand. Fürchterlicher als den Tag über dauerte, eine mehrſtúns dige Unterbrechung abgerechnet, in der folgenden Nacht die Bes ſchießung der Feſtung unausgeſekt fort , wodurch in einigen .
Werken derſelben bereits das Geſchůz unbrauchbar gemacht
und das anſehnliche, ein großes Viereck bildende Rathhaus , in
welchem ſich die Stadtarchive, die Rathswage , die Hauptwache u. ſ. w. befanden, in Flammen aufging, und trok der thätig ſten Löſchanſtalten bis zum Abend des folgenden Tages fort:
brannte und bis auf wenige Ueberreſte vernichtet wurde.
Unter dem unausgeſekten Feuern zündete am 2., um 9 Uhr des Morgens , eine Bombe das Stadthofgebåude an , von welchem nicht allein über die Hälfte niederbrannte , ſondern von dem auch die Flammen ſich über die Nachbarhauſer verbreiteten
und ſelbige vernichteten. Ein anderes Feuer brach Nachmittags
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um 2 Uhr in einem Speicher, welcher gleichfalls von den Flam: men verzehrt wurde, aus. Zwiſchen 2 und 3 Uhr rückten die
italieniſchen Truppen vom Fort Loiſon gegen das Münderfort vor , um ſich durch Wegnahme deſſelben nun auch in Beſit der öſtlichen Hafenſeite zu ſeßen , und drängten in einem higi: gen Gefechte die preußiſchen Vorpoſten zurück. Die Feſtungs garniſon , dieſe Abſicht und die dadurch für ſie entſtehende Ge: fahr erkennend, traf zur Vertteidigung dieſes Punktes die kråf= tigſten Gegenanſtalten und unternahm alsbald gegen dieſe Seite
hin einen heftigen Ausfall, wobei nicht allein die bereits vorges drungenen, ſondern auch die vorwärts des Forts Loiſon aufges ſtellten italieniſchen Truppen nebſt denen des herzoglich fachfi:
ſchen Regiments nach lekterem zurückgeworfen wurden. So dauerte bis 3 Uhr Nachmittags ſowohl der Donner des Ge ſchüßes, als auch ein heftiges Gewehrfeuer fort. Doch als eben von allen Seiten friſche Truppen in's Feuer rückten und be: reits von beiden Theilen viele Menſchen gefallen waren, und
die Abtheilung des herzoglich fächſiſchen Regiments, vereint mit italieniſchen Truppen , ſich zum Sturm auf das Münderfort anſchickte, traf auf einmal durch einen preußiſchen und einen franzöſiſchen Parlementairoffizier auf dem Kampfplaße die Nachricht von dem am 25. Juni zu Tilſit zwiſchen Frankreich und Preußen abgeſchloſſenen vierwöchentlichen Waffenſtilſtand ein , welcher ſofort nach allen beiderſeitigen Punkten hin bes kannt gemacht und dadurch bem immer mehr an Erbitterung
zunehmenden Gefecht und verheerenden Geſchüpfeuer ſogleich Einhalt gethan wurde.
Nach der eben ſo unerwarteten , als plóklich eingetretenen Waffenruhe zogen die Belagerer und die Belagerten ſogleich ihre Vorpoſtenlinien ; und ein Schauſpiel eigner Art war es, als hierauf dieſe gegenſeitig unter dem Nebel des noch vera wehenden Pulverdampfes auf einander zu eilten und ſich die Hånde zum Frieden reichten ; womit ſich auch die langwierige Blokade und Belagerung des bisher zwar ſtandhaft vertheidig ten, aber jest bartbedrängten Kolberg's, welches nur allein am 8
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Aufhebung der Belagerung und zugleich der allmählige Abs marſch der noch zurückgebliebenen Belagerungstruppen nebſt der Artillerie, mit Ausnahme des herzoglich fåchfiſchen Regi: ments ; auch die Generale Graf von Loiſon und von Moſel
gingen zu andern Beſtimmungen ab. So ſchmerzlich, militairiſch genommen, es auf Seiten des Belagerungskorps ſeyn mußte , nach ſo vielen blutigen Opfern, großen Mühen und Ertragung langwieriger Strapazen durch den eingetretenen Waffenſtilſtand und erfolgten Frieden fich, dem Ziele des Sieges ſo nahe, im Laufe ſeiner rühmlichen Fort ſchritte auf einmal Grenzen geſegt zu ſehen : ſo belohnend war es anderer Seits für die Belagerten, durch ihre muthvolle Uus : dauer, daſſelbe nach Möglichkeit entfernt gehalten und To, ent: weder den ſchrecklichen Folgen und Gräueln eines Sturms oder
der Demüthigung einer Kapitulation entgehend, den Platz für König und Vaterland erhalten zu haben.
Der Verluſt des Belagerungskorps während der ganzen Belagerung beſtand in : 429 Mann Getódteten, Verwundeten ,
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Gefangenen und Vermißten und Deſertirten ;
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ſo wie auf Seiten der Feſtungsgarniſon in 529 Mann vor dem Feinde Gebliebenen, Verwundeten ,
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in der Stadt und auf den Willen Geblie
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benen und Bleſſirten, Gefangenen, Vermißten und Deſertirten , ſo wie Todten und Verwundeten vom Civilſtande.
25940 Kugeln, Bomben und Granaten waren gegen die Feſtung verſchoſſen und geworfen worden . Am 19. Juli bezog das Bataillon Weimar und Hild :
burghauſen , mit Ausnahme einer Kompagnie (von Weimar), welche im Lager vor Kolberg zurü & blieb, das Lager bei Tramm,
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nachdem auch die während der Belagerung der franzöſiſchen Artillerie beigegebene weimariſche Kompagnie wieder zu ſelbigem geſtoßen war , und der Oberſt von Egloffſtein nahm in dieſem Dorfe in dem zum Hauptquartier des Diviſionsgenerals Gra: fen von Loiſon verwendet geweſenen Hauſe ſein Quartier. Die 2 Linienbataillone Gotha und Meiningen hingegen marſchir: ten dieſen Tag über Treptow zur Beſekung der Inſel Wollin ab , und nachdem dieſelben am 20. folgende kantonnements, als : der Major Förſter mit 2 Grenadier- und 2 Musketier
Kompagnien Wollin , 1 Kompagnie Miſtroy , 1 Kompagnie Meſt - Dlvenow und der Major von Keſſel mit 4 Kompagnien
Kammin bezogen hatten , wurden ſie der in fchwediſch- und preußiſch - Pommern kantonirenden Diviſion Grandjean beige geben und unter die Befehle des holländiſchen Brigadeober: ſten van den Berg geſtellt. Da zu der Zeit in Stralſund und auf der Inſel Rügen gegen 15,000 Mann ſchwediſche Truppen , außer den 6000 Mann Preußen unter Generallieutenant von Blücher, welche lektere jedoch wegen des zu Tilſit abgeſchloſſe nen Friedens kurze Zeit hierauf von da abberufen wurden , ver: ſammelt waren und die Feindſeligkeiten mit Schweden wieder ihren Anfang genommen hatten , ſo wurde wegen einer auf
den Inſeln Uſedom und Wollin zu vermuthenden Landung der lektern , auch von den zu Wollin ſtationirten 4 Kompag nien aus die nördliche Küſte dieſer Inſel durch Detaſchements befekt. Da während deſſen Marſchall Brune mit den Divi ſionen Loiſon , Molitor und Boudet vor Stralſund rückte, der
Diviſion Grandjean aber die Beobachtung der Swine-, Peene:
und Oder - Uusmündungen übertrug und hierbei muthmaßte, daß die Schweden, da ſie, um ihm die Spiße zu bieten, zu ſchwach wären , eher in Gemeinſchaft mit der unter dem Admiral Gam bier in der Oſtſee erſchienenen engliſchen Flotte eine Landung
auf gedachten Inſeln unternehmen würden , ſo wurden nicht allein die Beſaßungen auf denſelben verſtärkt, ſondern auch mehr konzentrirt. Dem zu Folge ertheilte der am 24. zu Kammin eingetroffene Brigadegeneral Ruby dem da ſtehenden
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unterbrochen ungeſunden Verpflegung von Fiſchen und uns reifen Kartoffeln , indem Brod und Fleiſch ſehr ſelten waren, Wechſel- und Nervenfieber , ſo wie Ruhrkrankheit ſo ver heerend aus, daß, als auch ſpåter zu Hemmung dieſer großen Uebel aus den unterdeſſen angelegten Magazinen Brod und Fleiſch verabreicht wurden , dieſe Fürſorge doch zu ſpåt und nicht mehr ausreichend war , indem nach und nach ſo viele ers krankten , daß die von den 2 Linienbataillonen Gotha und Meiningen in Wollin nicht mehr untergebracht werden konns ten , ſondern bereits am 3. September 64 Kranke von den:
ſelben unter dem Sekondlieutenant Fleiſchmann nach Mag deburg transportirt werden mußten. Vom Bataillon Weimar und Hildburghauſen , welches mehrere hundert Kranke zählte und deſſen Lazareth auf der Inſel Uſedom in der Kirche zu Kaſeburg, und da dieſelbe nicht mehr ausreichte, auch noch in den Häuſern dieſes Dorfes eingerichtet worden war , wurden, trok aller årztlichen Sorgfalt, allein 47 Mann durch den Tod hinweggerafft.
Indeſſen erhielt das herzoglich fåchſiſche Regiment zur Anerkennung ſeiner bei der ſo langwierigen Blokirung und Be lagerung Kolberg’s bewieſenen Mitwirkung , franzöſiſcher Seits 2 Kanonen als Geſchenk beſtimmt.
Um 12. September langten die aus der preußiſchen Ges fangenſchaft entlaſſenen gothaiſchen Offiziere: der Oberſt von
Henning , der Premierlieutenant von Tümpling und Sekond lieutenant Gernand nebſt dem Fahnenjunker Friedheim in Wol
lin an ; worauf erſterer ſofort das Kommando über die 2 Lia nienbataillone wieder übernahm. Zusgenommen daß von den 2 Linienbataillonen Gotha und Meiningen am 14. Septems ber noch die Orte Koltzow und Neuendorf durch 2 Offiziere und 100 Mann beſetzt, ſo wie auch am 20. Oktober 5 Koma
pagnien derſelben von Wollin aus in einer Anzahl Dörfer dieſer Inſel untergebracht wurden , und beim Bataillon Weimar
und Hildburghauſen durch das mehrmals erfolgte Annähern
engliſcher Kriegsſchiffe an den gefährdeten Punkten der Inſel
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Uſedom Quarmirungen ſtatt fanden , ereignete ſich ſonſt nichts Erhebliches.
Endlich , nach einer Monate langen Befekung dieſer In feln , erhielt das herzoglich ſächſiſche Regiment den Befehl zum Ubmarſch nach Bayreuth , in Folge deſſen es am 12. No vember aufbrach und über Uſedom , wo der am 25. Okto : ber von Weimar ausmarſchirte Stabskapitain von Linker
nebſt den Sekondlieutenants von Staff und von Schauroth, ſo wie nebſt 20 Mann Erſaßmannſchaft und einem Transport Montirungsſtücke, beim weimariſchen Kontingente eintraf, hier: auf den Peeneſtrom überſchiffend, am 14. zu Anklam fich un ter dem Befehle des Oberſten von Egloffſtein wieder vereinigte. Von hier aus ſegte das Regiment ſeinen Marſch und zwar am 15. November bis Friedland, 16. 17. 18. 19 . 20. 11
Potsdam,
Treuenbriezen, Wittenberg, Đaben,
Leipzig , wo
1
28.
,, Berlin, wo
,, Ruhetag,
1
25. 26. 27.
Templin ,
, Zehdenick, , Oranienburg,
1
21. 22. 23 . 24 .
Strasburg, Prenzlau,
Ruhetag,
29 . 30.
Altenburg, Ronneburg,
1. Dezember 2. 3.
Meida,
Mühldruf,
11 11
11
bis gegen 2 Stunden von Hof
fort, wo daſſelbe von dem Gouverneur von Bayreuth , dem General Legrand , den Befehl erhielt, in die Heimath zurüd zukehren .
122
Hierauf traten die vier Kontingente, von welchen das wei mariſche von Gera aus ſeine ſåmmtlichen Kranken in das La zareth von Jena abgeſendet, dagegen auf's Neue unter dem Ka
pitain von Hönning 80 Mann Erſakmannſchaft erhalten hatte, ihren Marſch nach Hauſe an, ſo daß das Kontingent Weimar am 8. Dezember in Weimar , ſo wie an demſelben Tage die von Gotha und Hildburghauſen, und zwar erſteres in und bei Ichtershauſen , und leşteres in Hildburghauſen und das von
Meiningen am 9. Dezember in Meiningen einrückten. Die Folgen dieſes nun beendigten Feldzugs blieben indeſſen
bei den verſchiedenen Kontingenten ſelbſt ſpåter ſehr fühlbar, indem jedes derſelben , mehr oder weniger , noch eine Menge Kranke am Wechſelfieber und andern Uebeln, und das weimari ſche allein im Frühjahr 1808 an 400 dergleichen hatte , von
welchen jedoch , der ihnen gewidmeten trefflichen Fürſorge wes gen , nur wenige ſtarben.
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Beilage I.
Lifte der Offiziere des herzoglich ſachſen - weimariſchen Kontingents. bet ft :
von Egloffſtein , Kommandeur des Regiments. Majors :
von Germar, Bataillonskommandeur, von Arnswald. Rapitains :
von Schierbrandt, von Könneriß,
von Hönning, von Linker , Stabskapitain . Premier lieutenants :
von Boyneburgk I.,
von Germar ( Regimentsadjutant ), von Boyneburgk II., von Beulwit (Bataillonsadjutant). Sekondlieutenants :
von Crayen,
von Hönning, von Einſiedel, von Seebach , Breun , von Golbader, von Poſeck, von Steuben,
von Altrock, von Staff
von Schauroth .
124
Regiments quartiermeifter :
Schmidt. Auditeur :
Koch . Bataillons chirurgus : Börner .
125
Beilage II.
bifte der offiziere der herzoglichen ſachſen - gotha - altenburgiſchen und fachſen meiningiſchen Kontingente. Major :
von Keſſel, Bataillonskommandeur. Rapitains :
von Búnau,
von Boſe (von Meiningen ), Spiller von Mitterberg, Geier von Geiersberg , Stabskapitain . Premierlieutenants :
Alt ( Bataillonsadjutant), Streng, Schulthes, von Túmpling, von Seebach . Sekondlieutenants :
von Beuft II. von Plaendner, Gernand, Můler.
1
1
1
8
0
9.
7
Ais Kaiſer Napoleon, die Nemeſis nicht ahnend, im Jahre 1809 in Spanien den eben ſo ungerechten , als blutigen Ver nichtungskrieg fortſekte, glaubte Deſterreich ſeine Heere růſten zu müſſen , um ſowohl der fich immer mehr vergrößernden und drohenden Macht deſſelben ein Ziel zu feßen , als auch das
in frühern unglücklichen Kriegen ſchmerzlich Verlorene wieder zu erringen , und endlich , um als Rácher Deutſchland von deſſen Gewaltherrſchaft zu befreien. Napoleon's Blicken , ob gleich damals ernſt auf Spanien gerichtet, konnten die öſter reichiſchen Rüſtungen nicht entgehen, weßhalb er im Monat Fes bruar deſſelben Jahres den Befehl ertheilte, daß die auf dem
Marſch in das Innere von Frankreich begriffenen Diviſionen der Generåle Carra St. Cyr, Boudet, Molitor und Legrand den Rückmarſch an den Rhein antreten ſollten ; und als Deſter: reich am 2. März dem franzöſiſchen Kabinet die Anzeige machte, daß ſeine Armee auf den Kriegsfuß gefegt werden würde , und hierauf auch ſein Heer Bewegungen gegen Böhmen und die Ens vornahm , erhielten die Marſchålle Davouſt, Maſſena, Dudinot, Lefebre und der Prinz von Ponte - Corvo mit ihren Korps die geeigneten Beſtimmungen ; auch wurden die franzöſiſchen Gar: den aus Spanien zurückbeordert und dort durch andere Trup
pen erfekt. Gleichzeitig erging anfangs Márz franzöſiſcher Seits an die geſammten Rheinbundsſtaaten die Aufforderung zum
unverzüglichen Aufbruch ihrer beſtimmten Truppenkontingente. 9 *
132
Die geſammten , bereits Ende Monats Februar auf den Kriegsfuß geſekten, herzoglich ſáchſiſchen Kontingente, deren im Sahr 1808 vom Kaiſer Napoleon geforderter Marſch nach Spanien , der dagegen von Seiten ihrer Souveraine gemachten Vorſtellungen wegen , unterblieben war , erhielten die Beſtim :
mung, ſich bei Würzburg zu vereinigen und ſich ſodann in der Gegend von Straßburg dem unter den Befehlen des Mar: ſchals Maſſena, Herzogs von Rivoli, ſich bildenden Beobach tungskorps der Rheinarmee anzuſchließen .
Dem zu Folge marſchirte am 14. März das weimariſche Kontingent von Weimar aus über Ilmenau , Schleuſingen, Römhild , 'worauf ſich auf dem über Neuſtadt an der Saale und Münnerſtadt fortgeſetzten Marſch die übrigen berzoglich
fåchfiſchen Kontingente , von Gotha , Meiningen , Koburg und Hildburghauſen , mit ſelbigem vereinigten und ſo mit dieſem 1
insgeſammt am 21. März in und bei Würzburg eintrafen, wo der Stab nebſt 2 Grenadierkompagnien (von Gotha)
verblieb , indeſſen die übrigen Kompagnien dieſer Kontingente 32 umliegende Kantonnements bezogen. Der weimariſche Oberſt
von Egloffſtein übernahm den Befehl über das nun verſam : melte , 73 Offiziere, 2295 Unteroffiziere und Gemeine ſtarke
Infanterieregiment der Herzoge zu Sachſen * ). *) Obgleich , dem am 15. Dezember 1806 zu Poſen abgeſchloſſenen Vers trage zu Folge , die Herzöge von Sachſen - Weimar und Sachſen Gotha bei jedemn Feldzuge abwechſelnd den Kommandeur des her: zoglich ſáchſiſchen Regiments aus ihren Stabsoffizieren ernennen s
follten , ſo hatte doch in einer am 20. September 1808 zwiſchen beiden Herzogen abgeſchloſſenen Uebereinkunft lekterer feſtgeſtellt,
daß , ſo oft dieſes Recht ihm zuſtehe , er dazu den weimariſchen Oberſten von Egloffſtein , ſo lange dieſer noch dienſtfähig ſey, und zwar wohl aus beſonderer Anerkennung ſeiner , im Feld zuge 1807 bewieſenen braven Führung dazu wählen würde , und daß derſelbe dann , nach ſeinem Ermeſſen , ben jedesmaligen Regi: mentsadjutanten aus den weimariſchen oder gothaiſchen Offizieren beſtimmen , daß jedoch nach der Ruckkehr der Kontingente in ihre
133
Hierauf erfolgte am 27. März zu Würzburg von dem franzöſiſchen Diviſionsgeneral Rouyer die Kommandoübernahme der , aus nachverzeichneten 6 Infanterieregimentern zuſammen
geſeßten 3. Diviſion der Rheinarmee , beſtehend aus den Re
, aber1809bereits gimentern No. 1. Großherzog von Würzburg, Werlehen im Jahr nach 2. Herzog von Naſſau,
Spanien murſdirt waren .
3. Herzog von Naſſau,
4. Herzoge zu Sachſen , 5. Herzoge von Anhalt und Fürſten von Lippe, 6. Fürſten von Schwarzburg, Waldeckuno Reuß, ſo wie am 2. April die Formation der drei legtern insgeſammt in und um dieſe Stadt liegenden Regimenter, indem das Regi ment Nr. 3. Herzog von Naſſau noch nicht eingetroffen war *).
Obgleich hier eigentlich blos eine treugeſchichtliche Dar ſtellung aller der , die herzoglich ſáchſiſchen Kontingente in die ſem Feldzuge betreffenden Begebenheiten bezweckt wird , ſo dürfte es doch angemeſſen erſcheinen , wenn die theilweiſe im Zuſammenhange mit demſelben ſtehenden hauptſächlichen Krie :
geriſchen Ereigniſſe der franzöſiſchen Armee und ihrer Vera bündeten , ſo wie die des öſterreichiſchen Heeres, wo es geeig
net iſt, in der Kürze mit berührt werden.
Friedensgarniſonen , dieſe Dienſtthätigkeit bei beiden Togleich auf: hören ſolle.
* ) Man ( che die Formation des herzoglich fáchfiſchen Regiments in der Beilage J. Hiernach betrug die ungefährige Kopfzahl der Kontin: gente Weimar 667, Gotha 1031 , Meiningen 265 , Roburg 269 und Hildburghauſen 136 , alſo zuſammen 2368 Kópfe. Da nun ber vertragémáßige Beſtand des Regiments eigentlich 2800 Mann ſeyn ſollte, ſo wurden demſelben einige Zeit nachher , nämlich den Roburger und Hildburghauſer Kontingenten und zwar erſterm im
April 59 Mann, ſo wie regterm im Mai dieſes Jahres 20 Mann nachgeſendet, wodurch deſſen Stärke jedoch nur zu etwas über 2440 Mann heranwudys.
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Die am 8. April auf ihren Grenzen aufgeſtellte sfterrei
chiſche Kriegsmacht beſtand aus 9 Armeekorps und 2 Res ſerven, von welchen unter den unmittelbaren Befehlen des Ge neraliſſimus Erzherzogs Karl die 6 erſten Korps nebſt den 2 Reſerven , welche zuſammen die Hauptarmee bildeten und in Deutſchland operiren ſollten , ſtanden und von welchen das 1 . Korps von dem General der Kavallerie Grafen von Belle
garde in Kolten , Teſchen und Frauenreuth ; das 2. von dem General der Artillerie Grafen von Kollowrath, in Frauenberg, Sankt Katharinen und Roßhaupt ; das 3. von dem General lieutenant Fürſten von Hohenzollern , gegen Antishofen , Rei genberg u. f. w. marſchirend ; das 4. von dem Feldmarſchall
lieutenant Fürſten von Roſenberg , bei Schårding; das 5. von
dem Erzherzoge Ludwig, zwiſchen Obernberg und Braunau ; das 6. von dem Feldmarſchallieutenant Hiller , bei Braunau ; das 1. Reſervekorps von dem General Fúrſten Sohann von
Lichtenſtein , bei Taufkirchen und das 2. von dem Feldmar
ſchalllieutenant Baron von Kienmayer , bei Braunau anges führt wurden . Der Feldmarſchallieutenant Sellalich ſtand mit einer Diviſion unweit von Salzburg. Das 8. und 9. Korps, die Armee von Italien bildend , unter dem Kommando des 1
Erzherzogs Johann , von welchem das erſtere, bei Tarvis , der Feldmarſchallieutenant Graf Albert Gyulai und das lektere, bei Wurzen und Kronau , der Feldmarſchallieutenant Graf Ignaz Gyulai befehligten , indeſſen der Feldmarſchallieutenant Marquis de Chaſteler mit 9 Bataillonen und 3 Schwadronen in Ober - Drauburg am Eingange des Puſterthales ſtand, wur: den beſtimmt, in Tyrol und Italien einzubringen. Dieſe ita lieniſche Armee beſtand aus 47,298 Mann Infanterie und 1
Kavallerie mit 148 Geſchüßen , an welche ſich ſpäter noch 26,000 Mann Landwehr aus Kärnthen , Krain und Sſtrien
anſchloſſen , welches eine Geſammtſtårke von 73,278 Mann gab. Das 7. öſterreichiſche Armeekorps unter den Befehlen
des Erzherzogs Ferdinand in Galizien bei Odrzywol, beſtimmt,
135
in das Großherzogthum Warſchau einzurücken , zählte 35,400 Mann Infanterie- und Kavallerie nebſt 94 artillerieſtücken.
Die durch die ihr zugekommenen Verſtärkungen aller Waf fengattungen in Deutſchland und Italien geſammelte franzöſiſche Armee nebſt den Rheinbundstruppen befanden ſich dagegen am 11. April in folgender Aufſtellung. Es war kein Armee korps mit No. 1. vorhanden.
Das 2. Korps unter dem
General Sudinot war zu Augsburg; das 3. Korps unter Mar : ſchau Davouſt, Herzog von Auerſtådt, zu Regensburg ; das 1
4. Korps unter Marſchal Maſſena, Herzog von Rivoli, zu welchem außer den Franzoſen die heſſiſchen und badiſchen Kon tingente gehörten , zu Ulm ; das 7. Korps unter Marſchau Lefebre, Herzog von Danzig, beſtehend aus den 3 bayeriſchen Diviſionen , von welchen ſich die erſte unter dem Kronprinzen in Anzing , in München und deſſen Umgegend, die 2. unter Generallieutenant Baron von Wrede zu Straubing und an : 1
dern Orten und die 3. unter Generallieutenant von Deroi
zu Freiſing und auf andern Punkten befanden ; das 8. Korps beſtand aus Würtembergern unter dem franzöſiſchen General Vandamme zu Heidenheim , Elwangen und Aalen ; das 9. Korps, aus der königlich fächſiſchen Armee gebildet, unter dem Marſchaï Bernadotte, Prinzen von Ponte - Corvo , bei Dress den ; das 10. Korps , aus den weſtphäliſchen Truppen und Franzoſen , in Weſtphalen und Franken ; die italieniſche Armee unter dem Vicekónig von Stalien , Prinzen Eugen , welche ei:
gentlich aus 60,000 Mann beſtehen ſollte, jedoch anfangs nur 45,000 Mann betrug ; das 11. Korps in Dalmatien war 12,000 Mann, und endlich außer dieſen allen noch das polni: ſche Heer unter dem Kriegsminiſter Fürſten von Poniatowsky,
bei Warſchau, anfänglich blos gegen 18,000 Mann ſtark. Die
franzöſiſche Armee hatte viele junge Truppen , indem die alten damals größtentheils in Spanien und die Garden von dorther
noch auf dem Marſche begriffen waren. Såmmtliche Truppen, die ſich in Deutſchland befanden, führten den Namen Armee von
Deutſchland und ſtanden unter dem Oberbefehle des Kaiſers.
136
Den Angaben zu Folge betrug die öſterreichiſche Macht in Deutſchland 175,494 Mann, darunter 18,000 Mann Ka vallerie nebſt 518 Stúc Geſchüßen , von welchen 126,494 Mann , einſchließlich von 14,000 Mann Reiterei , unter den Befehlen des Erzherzogs Karl und 49,000 Mann unter Belles
garde ſtanden ; dagegen die vom Kaiſer Napoleon befehligte Urmee aus 140,000 Mann Franzoſen und Wüiirten nebſt 428 Geſchüßen beſtand.
Der am 6. April von Wien zur Armee abgegangene Erz herzog Karl eröffnete unter dem 9. Upril aus ſeinem Haupts quartier zu Braunau dem Könige von Baiern : daß er ſofort in deſſen Königreich einrücken und ſomit den Krieg beginnen würde, wobei er noch gleichzeitig den Antrag ſtellte, daß ſich derſelbe doch neutral verhalten möchte. Hierauf überſchritten die Deſterreicher am 10. ihre Grenze über den Inn bei Braunau, Obernberg und Schärding, und rückten am 11. úber Markti,
Eggenfelden, Pfarrkirchen und Ortenburg gegen die beiden Flüſſe, die Vils und die Iſar, vor.
Gleichzeitig ging Belles
garde aus Böhmen über Tirſchenreuth in die Oberpfalz und
Vereinigte ſich bei Wernberg am linken Ufer der Naab mit dem über Roßhaupt vorgedrungenen 2. Urmeekorps unter Kolowrath , worauf beide Korps nach den , am 11. und 13. bei Hirſchau und Amberg mit der 2. Diviſion des Davouſt’ſchen Armeekorps beſtandenen Gefechten bis Umberg , Schwandorf und Kirn gegen das regensburgiſche Gebiet vordrangen . Die an der Inngrenze ſtehenden Baiern zogen ſich befohlnermaßen langſam gegen die Hauptarmee zurück. Drei , nebſt einer Eskadron am 10. April in Paſſau eins
gerůcte , öſterreichiſchen Bataillone forderten ein baieriſches Bas taillon, das ſich in die Feſtung Oberhaus (deren Kommandant
der Generallieutenant Baron von Montigny war) zurúd: gezogen hatte, vergeblich zur Uebergabe auf. Gleichzeitig ers ließen die Deſterreicher ſowohl an das baieriſche Volk, als auch an das Heer Aufrufe zur Gewinnung für ihre Sache, die aber
ohne Erfolg blieben. Um 13. hatte ſich die franzöſiſche Armee
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rechts und links der Donau genähert und ſtand zu Ingolſtadt und Augsburg, ſo wie eine Infanterie- und eine Kavalleries Diviſion an dem äußerſten linken Flügel derſelben zu Regens burg. Da nun die Diviſion Rouyer , neuerm Befehle zu Fola ge, dem 3. Korps unter Marſchau Davouſt, welches außerdem
noch aus den Infanteriediviſionen Morand , Friant, Gudin, Demont , ſo wie der theils leichten , theils ſchweren Kavalleries diviſion St. Sulpice , nebſt 66 Batterieſtücken beſtand , zua getheilt und dieſer Marſchall zur Muſterung der fåmmtlichen
in und bei Würzburg ſtehenden Rheinbundstruppen am 10. Upril vergebens erwartet worden war ; ſo brach am 13. , eins gegangenem Befehle gemäß , der General Rouyer mit ſeiner zur Zeit nur aus 3 Regimentern beſtehenden Diviſion, aus
den verſchiedenen ſeit dem 21. März innegehabten Kantonne ments nach Regensburg auf und traf über Uffenheim am 14. des Nachmittags zu Ansbach ein , vor welcher Stadt 1 Bas taillon des berzoglich fåchfiſchen Regiments, der ( falſchen ) Nach
richt halber, daß die Deſterreicher bereits in Nürnberg einges růckt ſeyn follten , die Vorpoſten bezog. Nach kurzer Ruhe verließ die Diviſion in der Nacht vom 14. zum 15. , um in Eilmårſchen Donauwörth zu erreichen , Ansbach und langte 1
über Gunzenhauſen und Dettingen am 17. Nachmittags in
Nördlingen und der Umgegend an ; jedoch abermals blos nach einigen Stunden Raft, und zwar bereits Abends 7 Uhr regte dieſelbe ihren Marſch nach Donauwörth fort , wo der Kai ſer Napoleon die Diviſion muſtern wollte. Das herzoglich fåchfiſche Regiment traf nach einem langen Nachtmarſche am 18. frůh dort ein 1, wo das leichte Bataillon ſogleich den
Brückenkopf am Lech und das 1. und 2. Bataillon deſſels ben die Stadt beſetzten , da man in Erfahrung gebracht
hatte , daß die Deſterreicher dieſelbe durch einen plöblichen Ueberfall zu nehmen beabſichtigten. Da Donauwörth ein wicha tiger Punkt iſt, ſo wurde an mehreren Befeſtigungen gear: beitet, und der General Nouyer hatte den Befehl, bei Un nåherung des Feindes fich über die Donau zurückzuziehen und
138
die Brücken in Brand zu ſtecken . Kaiſer Napoleon , welcher am 12. April Abends zu Paris durch den Telegraphen die Eröffnung der Feindſeligkeiten von Seiten der Deſterreicher erfahren und einige Stunden hierauf die Reiſe nach Deutſch
land angetreten hatte, war am 16. Abends zu Dillingen , wo
er mit dem Könige von Baiern eine Unterredung hatte, und am 17. frůh 2 Uhr im Hauptquartier zu Donauwörth ange: kommen. Am 18. April, wo die franzöſiſche Armee bei Rea gensburg und Augsburg ſtand, langte Nachmittags 2 Uhr der nach Ingolſtadt eilende Kaiſer, unter Eskorte des würtembergi:
fchen Fågerregiments zu Pferd Herzog Ludwig, an dem Brücken kopfe bei Donauwörth an , veränderte theilweiſe die Poſition
des dort aufgeſtellten wenigen Geſchůßes und beſichtigte hier: auf das denſelben befekt haltende leichte Bataillon Weimar
und Hildburghauſen , wobei er nicht allein an mehrere Offi ziere deſſelben Fragen richtete, ſondern auch, bei einigen Sola 1
daten die Patrontaſchen ſelbſt öffnend , ſich von dem Muni: tionsbeſtande in denſelben überzeugte. Nachdem das Regiment Nr. 3. Herzog von Naſſau fich
hier mit der Diviſion Rouyer vereinigt und 1 Bataillon Wür:
temberger das leichte Bataillon am Brückenkopfe abgelöſt hatte, brach dieſelbe bereits am Nachmittage dieſes Tages von Donau worth auf, um dem kaiſerlichen Hauptquartiere nachzufolgen , und traf nach einem bei grundloſem Wege über Neuburg, wo blos einige Stunden geraſtet wurde , unter Strómen von Ke: gen zurückgelegten wohl 15 ſtündigen, dabei ſehr beeilten Nacht marſche, auf welchem der anhaltende Kanonendonner von Abens
berg her , wo die Baiern zu dieſer Zeit den Deſterreichern un ter dem Erzherzoge Karl jeden Fuß breit Terrain ſtreitig mach
ten und ihre Fortſchritte aufhielten , ſich hören ließ , am 19. Morgens in dem mit Truppen überfüllten Ingolſtadt, wo Na poleon ſein Hauptquartier hatte , ein , worauf ſogleich vom her: zoglich fåchfiſchen Regimente 1 Grenadierkompagnie am Pa:
lais des Kaiſers die Ehrenwache und 1 Bataillon deſſelben , nebſt Belegung des bafigen Brúdenkopfs , die Vorpoſten bezog.
139
Um 1 Uhr Nachmittags verließ Napoleon die Stadt, nach dem er hier eine Proklamation an die Armee erlaſſen hatte, und nahm ſein Quartier in dem ungefähr drei Stunden von da entfernten Bohburg.
An der auf dem linken Donauufer
gelegenen alten Feſtung Ingolſtadt, ſo wie an dem daſelbſt be
findlichen Brückenkopfe wurde eifrig gearbeitet , und von dem herzoglich fåchfiſchen Regimente ward täglich 1. Bataillon zu Beſebung deſſelben , zum Garniſondienſte und verſchiedenen detaſchirten Poſten , auch ſpåter noch eine große Anzahl Mann ſchaft zur Bewachung vieler tauſend eintreffender Kriegsgefange nen befehligt, indeſſen der übrige Theil vom Abend bis zum Morgen unter dem Gewehr bereit ſtehen mußte. Außer der Diviſion Rouyer , welche bis zum 26. 6. M. daſelbſt verblieb,
befand ſich auch noch ein Theil der franzöſiſchen Diviſion Du pas nebſt dem Armeepark und ein großes Militairſpital in Ingolſtadt , und während dieſer ſechs Tage , wo das herzog lich fåchſiſche Regiment zur Deckung des dortigen Donauubera gangs beſtimmt war , ließ ſich faſt tåglich naher oder ferner
Kanonendonner hören. Die , während dieſes kurzen Zeitraums theilweiſe in der Nähe von Ingolſtadt vorgefallenen ,. Kriegs
ereigniſſe waren , hier beiläufig in gedrängter Aufzählung er: wähnt , folgende.
Nachdem die Avantgarde des 4. öſterreichiſchen Armee korps am 15. die Sſar überſchritten und der baieriſche Gene: ral von Deroi mit feiner Diviſion , nach einem , am 16. mit dem 5. Armeekorps derſelben bei Landshut beſtandenen
Gefechte, der ungeheuern Uebermacht hatte weichen müſſen , auf der Straße von Pfeffenhauſen durch ſeine beſonnene Führung, ſowie durch die beharrliche Tapferkeit ſeiner Truppen der gånza lichen Aufreibung entgangen war und auf die Diviſion von
Wrede bei Sigenburg , hierauf aber am 17. , dem Befehle zu Folge, gegen Vohburg , ſo wie lettere auf das linke Ufer der Ubens fich zurückgezogen hatte , drangen die Deſterreicher über dieſes Flüßchen vor , indeſſen der mit einem Theile des 6 . Öſterreichiſchen Arnieekorps bei Roſenheim und Waſſerburg
140
über den Inn gegangene General Jellalich mit 8 Bataillonen und 8 Eskadrons am 16. München , von wo die königliche Familie ſich nach Dillingen begeben hatte , befekte. Eiligſt rückte hierauf die Hauptmacht der Deſterreicher von Landshut
gegen die Donau nach Regensburg vor , ſowohl zur Annabe: rung an die , während deſſen bis Neumarkt und Hemau vor gedrungenen 1. und 2. Urmeekorps, als auch um die Vers einigung des Marſchals Davouſt, der feine Diviſionen bei Re: gensburg geſammelt hatte , mit den bei Abensberg nun aufges
ſtellten Baiern zu vereiteln. Jedoch hielten nicht allein am 18. die Baiern den Erzherzog Karl in ſeinen Fortſchritten auf, ſondern dieſelben warfen auch eine zwiſchen der Ubens und Neuſtadt aufgeſtellte öſterreichiſche Avantgarde über dieſen Fluß
zurück und růcten wieder bis Neuſtadt und Sigenburg, wo ſie ſich aufſtellten , vor. Marſchal Davouſt räumte indeſſen , um ſeine Vereinigung mit den Baiern zu bewirken , Regensburg, wo er blos , zur Vertheidigung der dortigen Brüde, das 1800 Mann ſtarke 65. franzöſiſche Infanterieregiment zurüdließ. Am 19. ,. wo die Korps des Erzherzogs Karl vom Kloſter Rohr aus gegen Regensburg marſchirten , indeſſen das 1. und 2. Korps deſſelben bei Umberg und vor Stadta am - Hof bei Regensburg ſtanden , fanden ſowohl auf der ganzen Linie der Abens , als bei der Thann , wo das 3. Korps der Deſterreicher unter dem Fürſten von Hohenzollern ſich durch große Beharr
lichkeit auszeichnete, ſo wie bei Urnhofen und bei Pfaffenhofen Gefechte ſtatt, durch welche es der über 100,000 Mann ſtars ken Armee der Franzoſen und ihrer Auiirten gelang , ſich im Angeſichte des Erzherzogs Karl zu vereinigen ; doch waren die beiderſeitigen Verluſte nicht unbedeutend. Kaiſer Napoleon
hatte ſein Hauptquartier zu Vohburg , indeſſen das des Erz I
berzogs Karl im Dorfe Egloffsheim war.
Am 20. fanden
während des ganzen Tags vorwärts Abensberg , als zu Kirch dorf , Rohr , Rottemburg , Sigenburg, Birwang , Langwaid und Teugen , viele Gefechte ſtatt , welche man zuſammen wes gen des bedeutendſten, in der Mitte zwiſchen erſtgenanntem
141
Stadtchen und Kirchdorf vorgefallenen die Schlacht bei Abens: berg genannt hat.
In der auf den Höhen im Dſten von Arnhofen und der Straße von Regensburg gebildeten Schlachtlinie befehligte
Marſchall Lannes , Herzog von Montebello, den linken Flügel, 1
indeſſen das aus dem baieriſchen Korps beſtehende Sentrum , ſo wie der aus dem würtembergiſchen Korps unter dem frans
zöſiſchen General Vandamme formirte rechte Flügel unter der perſönlichen Anführung des Kaiſers ſtanden , wogegen die , uns gefähr 40 Bataillone und 25 Eskadrons zåhlende, öſterreichiſche
Linie aus dem 1. Armeekorps unter dem General von Thierry bei Rohr , dem 2. unter General Bianchi vor Biburg und dem 3. bei Sigenburg ſich aufgeſtellt befand. Der allges meine Zielpunkt der angeordneten Bewegungen des Kaiſers war Rottemburg. Marſchal Davouſt beſchäftigte zur Linken die Maſſen des Erzherzogs Karl, indeſſen Marſchall Maſſena vor Freiſing ankam und das 6. öſterreichiſche Armeekorps unter General von Hiller fich zurúdzog. Der beiderſeitige 1
Berluſt an Getódteten , Verwundeten und Gefangenen in dieſen 1
Gefechten war nicht unbedeutend , doch der öſterreichiſche groz Ber ; da allein der General von Thierry über 3000 Mann an Gefangenen einbußte. Der Kaiſer, welcher zu Abensberg und an der Laber die öſterreichiſche Heerlinie durchbrochen und deren linken Flügel gånzlich von dem Sentrum getrennt hatte , war mit der bes wieſenen ausgezeichneten Tapferkeit der aliirten Truppen ſo zu: frieden , daß er gegen die Offiziere derſelben ſich folgendermaßen darüber ausſprach : „Es thut mir leid , daß ich der deutſchen Sprache nicht machtig genug bin , um dieſen braven Sol: daten in ihrer Mutterſprache danken zu können . “
Er bes
grüßte hierauf den tapfern Kronprinzen Ludwig von Baiern, denſelben vor der Fronte ſeiner Truppen umarmend ,
und
gab an dieſem Tage die Parole : Bavière et bravour (Baiern und Tapferkeit). Dagegen hatte das , wie ſchon angeführt, vom Marſchall Davouſt unter dem Oberſten Goutard in Res
142
gensburg zurückgelaſſene 65. Regiment ebenfalls am 19. mit einem Theile des Kollowrathfchen Korps in dem am linken
Donauufer Regensburg gerade gegenüber gelegenen Stadt - am : Hof ein Gefecht beſtanden , wobei es größtentheils ſeine Mu nition verſchoſſen , und ſchloß in Folge deſſen am 20., ſowoht 2
von jenem General, als auch von dem ſpäter auf dem rechten
Donauufer bei Regensburg mit einem Theile des 1. Reſerves korps angekommenen Fürſten Lichtenſtein zur Uebergabe aufge: fordert , eine Kapitulation ab , vermoge welcher dieſe Stadt übergeben , ſo wie die Offiziere auf ihr Ehrenwort entlaſſen 1
und die Mannſchaft Kriegsgefangene wurden .
Das Haupt
quartier des Kaiſers war dieſen Tag zu Kloſter Rohr und das des Erzherzogs Karl zu Egloffsheim . Um 21. früh war die öſterreichiſche Armee von Pfeffen
hauſen bis Regensburg und , einſchließlich ihrer Flügelkorps, von Neumarkt über Regensburg bis München aufgeſtellt. Kai fer Napoleon brach gegen Morgen mit den Franzoſen , Baiern und Würtembergern , gegen Landshut operirend , auf, griff das ſelbſt den , den öſterreichiſchen linken Flügel befehligenden , Ges neral Hiller an und warf deſſen Truppen nach tapferer Gegen wehr in dieſe Stadt, welche hierauf gegen 1 Uhr Nachmittags durch die Franzoſen , ſo wie durch die Baiern unter General von Wrede ſtürmend genommen , ſo daß die Deſterreicher ver trieben , in die Flucht geſchlagen wurden , und ihren ſehr
beeilten Rückzug über Neumarkt nach dem Inn vollführten. Die Leßtern verloren an dieſem Tage , ſowohl an der Laber, als bei Landshut , angeblich 8000 Todte , Verwundete und Gefangene, nebſt einem Theile ihres Parks , ihrer Bagage, ih
rer Brückenſchiffe, ihrer Magazine und Hospitåler , wogegen der Verluſt der Franzoſen und ihrer Alliirten gegen 3000
Todte und Verwundete betragen haben ſoll. Indeſſen bezeich nete eine hochherzige That edler Selbſtaufopferung dieſen für die Waffen der Deſterreicher unglücklichen Tag, indem einer ih rer Grenadiere, als die franzöſiſche Kavallerie 2 Grenadierkoms pagnien des Regiments von Deutſchmeiſter hart in die Enge
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trieb und fie jeden Augenblick einzuſchließen drohete , auf einen dieſer Reiterei am nächſten ſtehenden Munitionswagen zulief, ihn anzündend ſich mit ihm in die Luft ſprengte und durch
dieſe fürchterliche Erploſion ſeine bedrängten Kampfgenoſſen ret: tete. Nach erfolgter Beſetzung von Landshut traf daſelbſt die erſte Abtheilung von der auf Wagen transportirten franzöſiſchen Garde ein. Kaiſer Napoleon ſchlug dieſen Tag ſein Haupt quartier in dieſer Stadt auf, während das des Erzherzogs Karl in Egloffsheim verblieb. Um 22. brach der Kaiſer mit
den Korps der Marſchålle Lannes , Maſſena ,1 der Kůraſſier: diviſion Nanſouty und der würtembergiſchen Diviſion , welche die Avantgarde bildete ,1 von Landshut gegen das an der Laber gelegene Dorf Eckmühl auf, indeſſen der Kronprinz von Baiern mit ſeiner Diviſion von Rottemburg her nach eben dieſer Richtung folgte , und griff, nach ſeinem gegen 2 Uhr Nach mittags daſelbſt erfolgten Eintreffen, die auf den dortigen Höhen aufgeſtellten Korps des Erzherzogs Karl, welcher noch
84,000 Mann disponibel hatte , ſo wie erſtern Ort an , und nachdem derſelbe durch die Diviſion Gubin , welcher dadurch theilweiſe der Sieg der Schlacht zuerkannt ward , umgangen
war , wurde er durch die würtembergiſchen Truppen , unter welchen ſich vorzüglich das Jägerbataillon König auszeichnete, ohngeachtet der tapferſten Gegenwehr ftúrmend genommen. Den Beſchluß der Schlacht, in welcher vorzüglich die baieriſche Ka vallerie mehrere glänzende Attaken ausführte ,1 indeſſen öſterreichi ſcher Seits der Fürſt von Roſenberg mit ſeinem Korps eine hohe Standhaftigkeit an den Tag legte, machte noch ein großes und hißiges Gefecht der Kavallerie, wobei die der Deſterreicher vóllig in die Flucht geſchlagen und ungeſtům verfolgt wurde. Die Schlacht, in welcher die Korps der Fürſten von Rofen : berg und von Hohenzollern gånzlich geworfen wurden , endete erſt nach eingetretener Nacht, und die öſterreichiſche Armee reka
te , von der Dunkelheit begünſtigt, ihren eiligen Rückzug, nach den franzöſiſchen Berichten mit einem Verluſte von 5000 Toba ten und Verwundeten , 15,000 Gefangenen , 12 Fahnen und 1
14+ 16 Kanonen , durch die Wålder nach Regensburg fort, woge: gen die Franzoſen und Alliirten , welche vorwärts von Egloffs heim und Koffering die Bivouaks bezogen , 1,200 Todte und 4,000 Verwundete verloren. Kaiſer Napoleon nahm ſein Haupt:
quartier im Dorfe Egloffsheim und Erzherzog Karl zu Res gensburg , wo er am Abend eintraf. .
Nachdem am 23. Marſchall Maſſena nach Straubing und Paſſau , ſo wie Marſchall Beſſières , unterſtüßt durch die Korps von Lefebre, Dudinot und Bandamme, gegen Braunau , um Baiern zu befreien , aufgebrochen waren , ſekte ſich der Kaiſer mit einem Theile der Kavallerie , ſo wie mit den Korps der Marſchalle Davouſt und Lannes gegen Regensburg, wo der
Erzherzog Karl mit ungefähr 66,000 Mann ſich befand , in Marſch , griff nach ſeinem Eintreffen bei dieſer Stadt, die vor
ihr aufgeſtellte öſterreichiſche Reiterei an und warf ſie, mit Verluſt von 1,000 Mann , nach derſelben zurück. Und da die bereits ſeit verfloſſener Nacht im Rückzuge auf das linke Do nauufer begriffene öſterreichiſche Armee diefelbe hartnäckig vera theidigte , ſo wurde Regensburg mit Zwolfpfündern und Haus
bißen , welche große Verwüſtungen anrichteten und namentlich 80 Häufer des am jenſeitigen Ufer gelegenen Stadt : am - Hof niederbrannten ,I beſchoſſen , und eine Breſche gelegt, dieſe unter 2
vielem Verluſt im Sturm und ſodann die Stadt durch den
eindringenden Marſchau Lannes genommen. Lange währte ins deſſen in lekterer noch der blutige Kampf mitten unter dem
zunehmenden und bis zum andern Morgen fortdauernden Bran:
de , daher es fich dabei ereignete , daß dieſer Marſchall, als er eben mit einem Truppentheile mitten unter den brennenden Häuſern einer der Hauptſtraßen vordrang, auf einen daſelbſt haltenden öſterreichiſchen Munitionspark ſtieß und der Park kommandeur deſſelben ihm in voller Beſtürzung entgegenrief: Das iſt Pulver , wir werden alle auffliegen ! auf welchen Zu : ruf Franzoſen und Deſterreicher, voll Entſegen , augenblicklich
vom Kampfe abſtanden , ſich auf die Wagen ſtürzten und die Munition den Flammen entzogen. Der Erzherzog Karl hatte
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fich mit großem Verluſte , worunter auch der des zur Vertheis
digung von Regensburg mit 6 Bataillonen zurückgebliebenen Generals Felseis, welche faſt gánzlich gefangen wurden, auf das linke Donauufer und ſodann am 24. mit der Hauptarmee nach der faſt unangreifbaren Stellung bei Cham , ſo wie hier: auf über Waldmünchen nach Böhmen zurückgezogen 1, zu deſſen
Schuße er blos das 3. Armeekorps bei Pilſen zurůcließ, während er mit ſeinem Heere auf weiten Unwegen nach Wien eilte. Die franzöfiſche Armee hatte gleichfalls einen nicht uns
bedeutenden Verluſt an Todten und Verwundeten. Kaiſer Nau poleon , welcher während des Gefechts am 23. , als er eben auf einer freien Anhöhe bei Regensburg, den Häuſern des Kirchhofs gegenüber, ſein Frühſtück beendigt, durch eine Flintens kugel eine ſtarke. Kontuſion am rechten Fuß erhalten , jedoch
fich gleich hierauf zur Beruhigung für die Urmee zu Pferd gefegt und deren Fronte unter dem Jubelrufe derſelben durchs ritten hatte, nahm ſein Hauptquartier in der Regensburg nabe gelegenen Karthauſe von Krul, hielt am 24. über die bei dies fer Stadt anweſenden Urmeekorps Muſterung und theilte ſelbſt bei jedem Regimente unter die Offiziere und Soldaten ſowohl die wohl verdienten Orden, als auch die neugeſchaffenen alljährs lichen Dotationen, von 4000 bis 1200 Franks herab, aus. Der
Kaiſer, anſtatt felbſt die im Núdzuge begriffene öſterreichiſche Armee zu verfolgen , ſendete blos den Marſchal Davouſt mit 3 Infanteriediviſionen und einiger leichten Kavallerie zu dies ſem Zweck ab , während er mit den andern franzöſiſchen und der Verbündeten Heeresabtheilungen eiligſt gegen Deſterreichs Grenzen , um deſſen Hauptſtadt zu gewinnen , aufbrach. In 1
Folge dieſer blutigen, für die franzöſiſche Armee vorzüglich durch ihre Alliirten fiegreich erkämpften Schlachten und Gefechte, wos
durch ſo große Menſchenmaſſen fich in und um Ingolſtadt zus ſammengedrängt befanden und tåglich auch noch viele Bers
wundete , ſo wie eine bedeutende Menge Kriegsgefangener das ſelbſt ankamen , fand ein großer Mangel an den nothwendigen Lebensmitteln ſtatt. Um 25. traf auch die 1, franzöſiſcher Auf: 10
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forderung zu Folge, von den geſammten Herzogen zu Sachſen neu errichtete Sappeurkompagnie , welche am 10. April aus Sachſen ausmarſchirt war, über Würzburg hier ein. Am 26. brach die Diviſion Rouyer nebſt dieſer Sappeurkompagnie *) und zwar erſtere zur Beferung von Regensburg und lettere
zur Anſchließung an den Reſervepark der großen Urmee von Ingolſtadt auf, und das herzoglich ſáchſiſche Regiment traf am 27. úber Neuſtadt und über das mit Leichen bedeckte Schlacht:
feld zu Regensburg , welche Stadt und Umgegend ſchreckliche Verwüſtungen bezeichneten , ein , wo der Stab nebſt dem 1 . und 2. Bataillon deſſelben verblieben, indeſſen das leichte Batails Yon auf ein anderthalb Stunden von da auf der Straße nach
Straubing zu , an einem Wald iſolirt gelegenes völlig ausge: 1
plúndertes Gut und in ein in deſſen Nähe befindliches Dorf detaſchirt wurde. Um 28. marſchirte das leichte Bataillon nach Regensburg, paſfirte da die theilweiſe noch zerſtörte Donau
brücke, ſo wie das größtentheils in noch rauchenden Trümmern liegende Stadt : am - Hof und bezog unter Stromen von Rea gen auf dem über dem linken Donauufer gelegenen mit einigen
Schanzen verſehenen Dreifaltigkeitsberge, der von einem Theile des abziehenden Davouſt’ſchen Korps , welches zur Beobach : 1
tung und Verfolgung des Erzherzogs Kart, ſo wie zur Deckung von Regensburg und Straubing während der Hauptbewegung
der franzöſiſchen Armee beſtimmt war , geräumt wurde, den Bi vouak. Da Regensburg als ein ſehr wichtiger Punkt für die franzöſiſche Urmee galt , ſo war es , außer der die Urmeereſerve bildenden Diviſion Rouver , noch von der franzöſiſchen Diviſion
Dupas und von legterer auch der Dreifaltigkeitsberg durch eine Kompagnie , welche in der darauf befindlichen Kapelle lag , be: fekt. Selbigen Tag wurde dem herzoglich fåchſiſchen Regimente
*) Dieſe Rompagnie beſtand aus dem Kapitain von Spiller ,I den Se: kondlieutenants von Schauroth ll. (von Gotha) und von Ultroci (von Weimar) , ſo wie aus 15 Unteroffizieren und 122 Gemeinen .
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folgender vom Kaiſer Napoleon unterm 24. April zu Regens burg erlaſſener Armeebefehl bekannt gemacht: ,Soldaten ! Ihr habt meiner Erwartung entſprochen ; was
„Euch an der Anzahl abging , habt Ihr durch Tapferkeit ,,erfekt; den Unterſchied zwiſchen den Soldaten Gáfars und ,,den bewaffneten Haufen eines Xerres habt Ihr auf das
„ Rühmlichſte bezeichnet." „ In wenigen Tagen haben wir in drei Schlachten von „ Ihann , Abensberg und Eckmühl und in den Gefechten ,,von Peuſing, Landshut und Regensburg geſtegt. Huns „ dert Kanonen , vierzig Fahnen , fünfzigtauſend Gefangene, „drei beſpannte Schiffsequipagen , freitauſend beſpannte „Fuhrwerke , alle Regimentskaſſen ſind das Reſultat Eurer 1
„ ſchnellen Mårſche und Eures Muthes .“
,,Der Feind , von einem treuloſen Kabinet irre geleitet, fchien Euch ganz vergeſſen zu haben ; Shr tamt, und er „ hat Euch ſchrecklicher gefunden , als je. Vor Kurzem ift .
,,er über den Inn gegangen ,1 um das Gebiet unſerer Adis
,, irten zu überziehen ; er tråumte , den Krieg in das Herz „ unſeres Vaterlandes zu ſpielen. Nun iſt er geſchlagen, uzu Grunde gerichtet und flieht in Unordnung. Schon iſt unſer Vortrab über den Inn ; ehe ein Monat vers
geht, werden wir in Wien feyn ." Am 29. des Mittags marſchirte vom herzoglich fachlis fchen Regimente die 5. Kompagnie des leichten Bataillons aus dem Lager vom Dreifaltigkeitsberge zur Befeßung des ans derthalb Stunden in der Richtung nach Nürnberg zu liegenden Dorfes Ettershauſen , lóf'te bafelbſt die vom Davouſt'ichen Ars
meekorps zur Diviſion Friant gehörenden Truppen ab ,
uno
hatte die Beſtimmung, die Straße von Nürnberg , auf welder
die Deſterreicher unter Bellegarde fich zurückgezogen hatten, fo wie die in dem nahen Walde verborgenen verſprengten oſters reichiſchen Truppentheile zu beobachten , indem der Marſchall Davouſt am folgenden Tage , als dem 30., mit 3 Diviſionen
aus der Gegend von Regensburg nach Straubing aufbrach, um 10 *
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der Kolonne des Kaiſers zu folgen. Um 1. Mai folgte das herzoglich fächſiſche Regiment nach Straubing, wo es , dem Befehle zu Folge , am 2. Mai früh 5 Uhr eintreffen ſollte, nach und lôſºte nach ſeinem Einrücken die den daſelbſt befind lichen Brückenkopf und die Stadt beſetzt haltenden Truppen des Davouſt'ſchen Armeekorps ab , von welchem der größte Theil von da bereits wieder abmarſchirt war. Nachdem die vom leichten Bataillon nach Ettershauſen detaſchirt geweſene 5.
Kompagnie hier bei ſelbigem wieder eingetroffen war , verließ, dem vom Marſchal Davouſt eingegangenem Befehle zu Folge, am 3. Mai frůh 3 Uhr das herzoglich ſåchſiſche Regiment Straubing und langte über Oſterhofen und Vilshofen am 4. Abends 7 Uhr zu Paſſau , wo ſich die Diviſion Rouyer wie
der vereinigte , an und bezog auf dem am linken Donauufer nach der böhmiſchen Grenze zu liegenden ſogenannten Ries berge, nicht weit von dem feſten Schloſſe Oberhaus, das Lager, indeſſen der Oberſt von Egloffſtein nebſt dem Stabe ſein Quar: tier in dem , jenem Berge nahe gelegenen Schloſſe Freudenheim
nahm. Da die Diviſion Nouyer nebſt der franzöſiſchen Di: viſion Dupas die Operationslinie , die Vertheidigung der Donau und , zugleich mit dem Marſchal Prinzen von Ponte 1
Corvo , die Verbindungen ſichern ſollte , ſo waren die Infantes
rieregimenter Herzoge zu Sachſen , Herzog von Naſſau , ro wie das 5. und 19. franzöſiſche zur Beſeßung der , gegen die
böhmiſche Grenze zu errichtenden , Verſchanzungen beſtimmt. Jedoch wurde das herzoglich fåchſiſche Regiment bereits am 5. Mai der Diviſion Dupas zugetheilt , und lebtere ſollte als
Avantgarde zu dem hier bald eintreffenden , aus der könig lich ſáchſiſchen Armee beſtehenden Armeekorps des Marſchalls
Prinzen von Ponte - Corvo ſtoßen. Da aber das Regiment bis zum 23. Juli hier bei Paſſau im Lager verblieb, und die: ſen wichtigen Punkt , welcher der Schlüſſel des Zuſammen : fluſſes der Donau , des Inn und der Ilz iſt, während mehr
als 11 Wochen mit zu befeſtigen und zu vertheidigen hatte, ſo theile ich hierüber Folgendes mit.
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Die baieriſche Stadt und Feſtung Paſſau liegt an der Donau und an der Ausmündung des Innfluſſes , ſo wie des
vom Böhmer - Walde herab in dieſelbe fließenden kleinen Ilz baches. Die zwiſchen der Donau und dem Inn auf einer lan
gen und nicht breiten Erdzunge gelegene Stadt umgab ein al ter Wall, ſo wie ein Graben mit Contrescarpe. Das alte, auf einem zwiſchen der Donau und der Slz fich in die lange
ziehenden Hügel gelegene Schloß Oberhaus war durch zwei kleine Bollwerksfronten , welche vereint ein Kronenwerk bil deten , befeſtigt. Am rechten Ufer des Inn und zwar über deſſen Uusmúndung liegt an dem Mariahilfberg, auf wels chem früher ein verſchanztes Lager war , die mit einer Mauer umgebene beherrſchte Innſtadt und am Ausfluß und am ſogea nannten rechten Ufer der Slz die ebenfalls ummauerte und do minirte kleine Ilzſtadt. Dieſes aus vier verſchiedenen getrenn
ten Theilen beſtehende Ganze iſt ſowohl Meiſter des Laufs der Donau und des Inn , als auch durch ſeine Brücken von den Zugången nach allen Ufern , daher es ein ſehr wichtiger Plakz für die ganze Umgegend iſt. Am 26. April war Paſſau , wel:
ches der General Richter mit 8 bis 9000 Mann Deſterreichern befekt und die Feſtung Oberhaus blokirt hatte , durch den Marſchall Maſſena entſegt und von ſelbigem die Innbrücke und
dieſer wichtige Paß in Beſitz genommen worden , worauf dies öſterreidiſche Korps fich auf das linke Donauufer nach Weg ſcheid, welches gegen 5 Stunden von da auf einem nach linz gehenden Seitenwege gelegen iſt, und von wo aus daſſelbe eine
Zeit lang noch Paſſau beunruhigte , zurückzog. Die Garniſon in dieſer Stadt und deren Umgebung , welche , dem Befehle zu Folge , aus 10,000 Mann beſtehen ſollte , bildete die Diviſion
Rouyer , ſo wie von franzöſiſchen Truppen die Diviſion Dupas, 2 Sappeur- und 2 Artillerie - Kompagnien , ein großer Theil eines Marinebataillons , beſtimmt, der Armee Zwieback, Ge treide , Artilleriegegenſtånde , Kleidungs- und Equipirungs Stücke auf der Donau zuzuführen , und ein Kavalleriedepot, nebſt deſſen Hauptquartier , ſo wie von baieriſchen Truppen
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Davouſt'ſchen Korps in ihren verſchiedenen Echelons abzulöſen, nach Linz ab , und obgleich auch das herzoglich ſáchfiſche Re:
giment am 15. die Ordre erhielt , gleichfalls dorthin aufzu brechen *) , ſo traf doch alsbald der Gegenbefehl ein 1, daß es bei Paſſau bleiben ſollte, wogegen am 16. die Diviſion Dupas den Truppen dieſes Marſchals nach linz folgte,1 da Napoleon mittlerweile unaufhaltſam nach Wien vorgedrungen war und fich dieſe Kaiſerſtadt am 13. Mai vermoge Kapitulation erge ben hatte.
Um 18. verließ das herzoglich fåchfiſche Regiment das rechte Donauufer und bezog ſein früheres , auf dem linken Ufer dieſes Fluſſes , dem Riešberge gelegenes Lager wieder, worauf bald nachher der weimariſche Major von Arnswald, mit 3 Kompagnien vom leichten Bataillon detaſchirt, zum Kommandanten des Fuchsbergs ; der meiningiſche Majur von
Boſe zum Kommandanten der Feſte Oberhaus ; der gothaiſche Kapitain von Münch zum Kommandanten des Forts Eugen und der gothaiſche Kapitain Krågſchmar zum Kommandanten des Forts Alexander ernannt wurden.
Nachdem bis Ende Mai die geſammten um Paſſau bes gonnenen Befeſtigungsarbeiten durch die raſtloſeſte Thätigkeit bedeutend gefördert waren , übernahm in den erſten Tagen des Monats Juni der zum Kommandanten en chef ernannte frans
zöſiſche Diviſionsgeneral Bourcier den Oberbefehl in der Ges gend zwiſchen der Donau und der böhmiſchen Grenze und in der Strecke von Paſſau bis Regensburg. Während deſſen war zwiſchen dem Kaiſer Napoleon und dem Erzherzoge Karl, und zwar am 21. und 22. Mai , bei den zwei Meilen von Wien
entfernten Orten Esling und Aspern die große Schlacht, die *) Die Beſtimmung , daß ſich das berzoglich fächſiſche Regiment die:
ſer braven vaterländiſchen Armec anſchließen folle, hatte bei fele bigem eine allgemein freudige Stimmung hervorgebracht, die der Verfaſſer um ſo mehr theilte 1, da er früher, und zwar in den Jah ren 1801 bis 1805 , faſt 5 Jahre derſelben angehörte.
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bekanntlich für des Erſtern Waffen ungünſtig ausfiel, geliefert worden.
Aus dem Lager wurden am 8. Juni vom leichten Bas taillon der weimariſche Kapitain von Schierbrandt,
mit der
1. Kompagnie , gleichwie 2 Offiziere und 100 Mann vom
baieriſchen 8. Linieninfanterieregimente Herzog Pius und .1 Offizier mit 20 Mann franzöſiſcher Huſaren , nach dem 14 Stunden von Paſſau und gegen 2 Stunden von der böhmis fchen Waldgebirgsgrenze entfernten baieriſchen Flecken Zwiſel,
welchen die an der Grenze von Böhmen aufgeſtellten Defter: reicher bereits durch mehrmalige Lieferungen mitgenommen hatten, und wieder von Neuem heimzuſuchen droheten , detaſchirt ; dem zu Folge das Detaſchement dieſen Tag bis Schönberg mar fchirte und am 9. jenen Ort beſepte.
Der Kapitain von Schierbrandt, als Befehlshaber dieſes gemiſchten Truppentheils, welcher, ohne irgend eine Verbindung mit Paſſau , dem nahen zahlreichen Feinde ſehr blosgegeben war, und hier, wie wir bald feben werden , am 19. deſſelben Monats ein ſehr günſtiges Gefecht gegen weitüberlegene feinda liche Streitkräfte beſtand , traf deßhalb hier alle geeignete Sichera ungs- und Vertheidigungs - Maßregeln. Ein vom Kaiſer Napoleon am 28. Mai erlaſſener und
am 10. Juni den in und bei Paſſau ſtehenden Truppen bez kannt gemachter Tagesbefehl bezeugte der Armee von Deutſch
land ſeine beſondere Zufriedenheit und daß er jedem franzöſi ſchen und Rheinbundêregimente 100,000 Franken zum Gez ſchenk mache, welche Summe auch ſpåter an das herzoglich ſáchfiſ Regiment ausgezahlt und zwar verhältnißmåßig an die einzelnen Kontingente deſſelben vertheilt wurde. Das Regiment Herzog von Naſſau marſchirte am 14. Juni aus dem Lager bei Paſſau nach Wien zur Beſabung ab und ſchloß fich auch erſt im Herbſte dieſes Sabres der Di:
viſion Rouyer wieder an. Der, wie bereits angeführt, ſeit dem 9. Juni Zwiſel beſegt haltende weimariſche Kapitain von Schiers brandt , von deſſen Detaſchement während der Zeit die kleine
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keine Wirkung that. Als nun der im Vordringen begriffene Lieutenant von Einſiedel dieß Schießen hörte , ånderte er ſo
gleich ſeine Marſchdirektion und zwar nach der Gegend des Gefechts zu , wodurch er der öſterreichiſchen rechten Flügelko lonne in die linke Flanke kam. Der Hauptmann von Beln, von dieſer Seite nur die Ankunft ſeiner gleichfalls im Vorrücken begriffenen Mittelkolonne vermuthend , eilte nebſt einigen ſeiner Leute auf dieſen kleinen weimariſchen Truppentheil heran, wel. cher der grauen Mäntel und des eben erſt anbrechenden Tages
wegen noch nicht recht erkennbar war , und rief ihm entge
gen, daß ſie, der gegebenen Inſtruktion zu Folge , viel zu früh zum Ungriff kámen , worauf ihm der Lieutenant von Ein fiedel entgegnete : ,, Nein , wir kommen nicht zu früh ; /“ und nun ſogleich dieſer feindliche Unführer nebſt ſeiner wenigen bei fich geführten Mannſchaft, und zwar erſterer durch den Soldaten Heerdegen, gefangen genommen wurde. Alsbald gerieth die rechte öſterreichiſche Flügelkolonne ſowohl durch den Verluſt ihres An führers, als auch dadurch , daß ſie ſich in ihrer linken Flanke und in der Fronte angegriffen ſah, in Unordnung , und trat
einen übereilten Rückzug an, auf welchem ſie eine Strecke weit verfolgt wurde.
Während deſſen war die 200 Mann ſtarke feindliche Mit: telkolonne auf der von Böhmen nach Zwiſel führenden Straße und die 100 Mann betragende des linken Flügels auf dem Seitenwege in die rechte Flanke dieſes Orts langſam vorge rückt, und als leştere bis auf Büchſenſchußweite gegen das vom Sergeant Sturm befehligte weimariſche Piquet anmar fchirt war , ſchoß derſelbe den dieſe öſterreichiſche Kolonne ans
führenden Offizier vom Pferde, worauf ſie augenblicklich an hielt und nach einem kurzen Feuer nun bei eben eingetretenem
Tage, den unordentlichen Rückzug ihrer rechten Flügelkolonne gewahrend , unter Mitnahme ihres getödteten Offiziers , ei ligft fich zurückzog, welchem Beiſpiel die gegen das große baieri: ſche Piquet vorgedrungene Mittelkolonne, die noch keinen Schuß gethan hatte, nachfolgte. Hierauf endigte ſich das für die wei 1
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mariſche Kompagnie ſo günſtige Gefecht, zu deffen Gelingen des Lieutenants von Einſiedel *) gut berechnete Führung wohl fehr viel beitrug und in welchem ſie nicht allein die fie an: greifenden viermal überlegenen Deſterreicher überall zurückſchlug, ſondern ihnen auch einen Hauptmann und 17 Mann tódtete und verwundete ,I ſo wie 1 Hauptmann und 13 Mann Ges
fangene abnahm , indeſſen die erſtere dabei blos 2 Bleffirte zåhlte. Der Hauptmann von Schierbrandt ließ dieſen Tag noch die Gefangenen nach Paſſau transportiren und bat ſich gleichzeitig von dorther, indem er befürchten mußte , von noch bedeutendern feindlichen Streitkräften angegriffen zu werden , Verſtärkung aus. Indeſſen marſchirte am 23. der geſammte 2 Offiziere und 100 Mann ſtarke baieriſche Truppentheil von Zwiſel nach Paſſau zurück und wurde blos durch 1 Kompag nie des zur Diviſion Rouyer gehörenden Kontingents von Anhalt - Deſſau erſebt.
Um 21. Juni verkündete dem herzoglich fachfiſchen Regi mente ein Tagsbefehl den vom Vicekónige Eugen von Italien über den Erzherzog Johann am 14. Juni bei Raab erfochte nen Sieg. Daſſelbe hatte indeſſen , und zwar bereits Ende 1
April , ſo wie Mitte Juni , eine Verſtärkung von 79 Mann der koburgiſchen und meiningiſchen Kontingente erhalten , wo gegen der bisher dem Stabe des Diviſionsgenerals Rouyer zu: getheilt geweſene koburgiſche Major von Kurnatowsky und der
gothaiſche Lieutenant von Henning jekt nach Sachſen zurück kehrten.
Da ſich indeffen an der nahen böhmiſchen Grenze ein zahlreiches Korps öſterreichiſcher Landwehr zuſammenzog, und dadurch Paſſau bedroht wurde , fo traf der Diviſionsgeneral Bourcier wegen der großen Wichtigkeit dieſes Plakes geeig nete Vorkehrungen , in Folge deren er auch an das herzog lich fåchfiſche Regiment am 30. Juni folgenden Tagesbefeht ergeben ließ : *) Jekt Major beim 1. königlich fachfiſchen leichten Reiterregimente.
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Nachdem am 16. Juli den in und um Paſſau verſama melten Truppen ſowohl der am 5. und 6. deſſelben Monats
bei Wagram von dem Kaiſer Napoleon über den Erzherzog Karl erfochtene Sieg , als auch der am 12. Juli zu Znaim
zwiſchen Frankreich und Deſterreich abgeſchloſſene Waffenſtiu: ſtand bekannt gemacht worden war , erhielt am 23. Juli Nachts 1 Uhr die 3 Regimenter ſtarke Diviſion Rouyer , nach einem mehr als eilfwöchentlichen Uuffenthalt im Lager bei Paſſau, den Befehl zum Aufbruche nach Salzburg , und das herzoglich fächſiſche Regiment, welchem ſich die bisher noch detaſchirt geweſene 1. Kompagnie des leichten Bataillons unter Kapitain von Schierbrandt wieder anſchloß, paffirte durch die , in Folge des zwiſchen dem franzöſiſchen Diviſionsgeneral Legrand vom Maſſenaſchen Urmeekorps und dem öſterreichiſchen General Dea dowich ſtattgefundenen Gefechts , eingeåſcherte Stadt Schårding und traf ſelbigen Tag zu Obernberg 1, am 24. zu Mattig kofen , am 25. zu Neumarkt und am 26. zu Salzburg ein. 1
Hier ließ der , daſelbſt ſein Hauptquartier habende , Marſchall 1
Lefebre das Regiment auf den dortigen vor dem erzbiſchöfli: chen Schloſſe gelegenen Plak aufmarſchiren , worauf er an die um ſich verſammelten Offiziere deſſelben in ſeiner deutſch - elfaſ: fiſchen Mundart ungefähr folgende Anrede hielt :
,,Da wir nun in Tyrol einrücken , ſo wird das Regiment der Herzoge von Sachſen , aus beſonderm Zutrauen von mir, „ die Avantgarde (und ſich alsbald zu dem Offizierkorps des
,,leichten Bataillons Weimar und Hildburghauſen wendend) „ und da dies Bataillon aus guten Schüßen beſtehen ſoll,*) das: „felbe die Tête derſelben und alſo von meinem ganzen Haupt:
, korps bilden , wobei ich im Voraus feft überzeugt bin , daß es 1
,, fich und mir Ehre machen und, wie bisher , die fo lobens: ,,Werthe Mannszucht halten wird." :
*) Von dieſem Bataillon waren, und zmar vom weimariſchen Kontin: gente, 200 Mann mit gutgezogenen Büchſen bewaffnet.
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Hierauf defilirte das Regiment vor dem Marſchau vorüber und bezog , nebſt dem bei der Diviſion Rourer noch befindli chen 5. und 6. Regiment , an einem ungefähr eine Stunde hinter Salzburg an der Straße nach Reichenhall zu gelegenen Walde den Bivouak.
Die Mårſche von Paſſau bis Salzburg waren åußerſt anſtrengend ,1 da ſie vom frühen Morgen bis zum Abend in der drůckendſten Julihite währten und dabei größtentheils unter den di & ſten Staubwolken, ſo daß man kaum 5 bis 6 Schritte vor fich ſehen und nicht frei athmen konnte, und unter ſtets
brennendem Durſte zurückgelegt werden mußten , wodurch das 1
herzoglich fächſiſche Regiment 5 Mann , die todt im Gliede niederfielen , verlor.
Bevor ich nun zu dem Einrücken deſſelben in Tyrol und ſeinen dort unternommenen Operationen übergehe , erlaube ich mir , zur Vervollſtändigung und Beurtheilung dieſes Volks kriegs, von dieſem lande , ſowie von den geſammten bereits vom Monat April bis gegen Ende Juli des Jahres in dem felben vorgefallenen kriegeriſchen Ereigniſſen folgenden gedrång ten , treugeſchichtlichen Ueberblick zu geben. Der etwas über 516 Meilen betragende , mit ungefähr 720,000 Einwohnern bevölkerte Flächenraum Tyrols , durch welches und an deſſen Grenzen die Etſch , der Inn , die Eiſack, die Drau , die Iller, der Lech, die Iſar und andere Flüſſe mehr nebſt zahlreichen Gebirgsbåchen meiſt reißend ſtrómen, und das durch die große Anzahl der verſchiedenen Thåler mit Italien , der Schweiz, Baiern und Deſterreich in Verbindung ſteht, der fahrbaren Straßen wenige, dagegen eine Menge ſehr beſchwerlicher und oft gefährlicher Gebirgsfußſteige und gros .
Bentheils einen unfruchtbaren Boden hat , iſt von ſo vielen
hohen Bergen und Bergketten durchſchnitten und umgeben,
indeſſen alle ſeine Gebirgszugånge ( Paſſe) befeſtigt ſind, daß Tyrol durch dieſe Geſtaltung zu einer großen natürlichen
Feſtung gemacht und durch feine kriegeriſche Bevölkerung ge ſchüßt wird und , nach der Meinung von Kriegsverſtåndigen, 11
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wenn es von außen mit Lebens- und Vertheidigungs -Mitteln
verſorgt wurde und einige 1,000 Mann reguläre Truppen als Hůlfsleiſtung erhielte, gegen 60,000 Mann eindringende Feinde zu behaupten wäre.
Das Land wird in Nord - , Mittel- und Süd - Tyrol , in
welchen erſten beiden Theilen der Kern der waffenfähigen Mann ſchaft ſich befand , eingetheilt. Die Tyroler , auf deren niedere Volksklaſſe die Geiſtlich: keit , vorzüglich die Mönche, einen großen Einfluß ausübten, 1
zeichnen ſich größtentheils durch eine hohe , kräftige Geſtalt,
Abhärtung , Enthaltſamkeit, kühne Beharrlichkeit, Gewerbfleiß, einen biedern , frommen Sinn , unverbrüchliche Treue für ihren
angeſtammten Landesherrn , ſtrenges Feſthalten an ihren alten Sitten und Privilegien , Liebe zur Freiheit und Unabhängig keit , ſowie ein großer Theil derſelben als treffliche Schußen aus. Seit alten Zeiten her iſt jeder Tyroler von 18 bis 60 Jahren in Perſon oder durch einen Stellvertreter zur Landes vertheidigung verbunden. Leidenſchaftlich lieben ſie die Jagd, und ſehr viele derſelben ſind Wildſchůßen , was ſie zur Füh rung des kleinen Kriegs ſehr geſchickt macht. Großtentheils führt der Tyroler einen Stuß, auf welchen er die größte Sorg falt verwendet und mit welchem er ohne Viſir, mit bloßem Auge aus freier Hand auf 150 bis 300 Schritte ſchießt. Seine Kugeln und ſein Pulver trågt er in einem angehång ten Sacke mit ſich , weßhalb ſein Laden Zeit erfordert und ſein Feuer nicht lebhaft, jedoch ſicher iſt.
Tyrol , welches feit 443 Jahren unter dem väterlichen
Scepter des öſterreichiſchen Herrſcherſtammes geſtanden , der ſtets die bedeutenden , durch Friedrich IV . erweiterten Ges
rechtſame deſſelben mit größter Gewiſſenhaftigkeit geſchirmt und ſich dadurch ſeine treueſte Unhånglichkeit zugeſichert hat, war durch den Preßburger Frieden von dem Kaiſer Franz im Sahre 1805 mit der ausdrücklichen Bedingung der Integrität dieſes Landes und des unverkürzten Fortbeſtandes der bis:
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heriger Landesverfaſſung an Baiern abgetreten worden und hatte ſeit 1808 den Namen Südbaiern erhalten .
Sowohl die unauslöſchliche Treue für das alte Haus Habsburg , welche vorzüglich der , durch ſeine große Menſchen freundlichkeit und Hinneigung zu den einfachſten Sitten ſich auszeichnende , Erzherzog Johann von Deſterreich , als erſter Schirmer der Tyroler, unter allen Zeitumſtånden und Verhålt 1
niſſen zu erhalten gewußt hatte , als auch das tiefe Leið , den gefeierten Namen des Vaterlandes , an welchen ſich ſo viele frühere ruhmvolle Thaten knüpften , erloſchen zu ſehen , ſo wie die , durch das eingeführte neue Rekrutirungsgeſek entſtandene Unzufriedenheit, indem der Tyroler ungern ſich in fremde Re gimenter einreihen låßt , dagegen auf den Ruf des Vaterlandes
ſtets willig zu den Waffen greift, waren die Haupturſachen, daß , als im Jahr 1809 Deſterreich an Frankreich den Krieg erklärte , die zum Aufſtand bereits im Geheimen vorbereiteten Tyroler , welche von jeher militairiſch organiſirt und deren
dienſtfähige Mannſchaft in Freikompagnien eingetheilt waren, von welchen das gewöhnliche Aufgebot 10,000 Mann betrug, auf das gegebene Zeichen der Glocken zu den Waffen griffen und dieſem Beiſpiele felbft die Frauen und Kinder folgten , um fich von der Herrſchaft ihres neuen , obgleich ſo våterlichen Herrſchers, Marimilian Joſephs, zu befreien und für Defter: reich wieder Gut , Blut und Leben zu opfern. Welche That: kraft dieſes land , der weder die Mit- noch Nachwelt ihre Bea wunderung verſagen wird, bei ſeinen im Jahre 1809 breimal errungenen Befreiungen entwickelte und wie es erſt nach an :
haltend hartnäckigem Widerſtande gegen eine ſo große Ueber macht in dem zu ungleichen Kampfe unterlag , hat die Ges ſchichte gelehrt. Die bemerkenswertheſten Triebfedern und Führer in dieſem
Tyroler Inſurrektionskriege waren folgende : Ein gewiffer Gio vanelli aus Südtyrol, jekt Landesdeputirter , entflammt von dem glühendſten Patriotismus , der geiſtige Schópfer und Lenker des Aufſtandes ; Andreas Hofer, Gaſtwirth am Sand 11 *
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unweit St. Leonhard im Paffeyrthale , Oberanführer derſel ben , bekannt im Lande unter dem Namen Sandwirth und wegen ſeines nicht unbedeutenden Pferdehandels , ausgezeichnet durch ſtrenge Rechtſchaffenheit, große Frómmigkeit, warmſte Vas
terlandsliebe, eine imponirende Geſtalt und ausnehmende Leibes ſtårke, ſowie durch jene , unter allen Verhältniſſen ſtets beibehal tene, eigenthümliche tyroliſche Bauernnatur, was ihm die unwen: delbarſte Zuneigung und das Vertrauen des in dieſem Alpenlande an Zahl und Gewicht den Vorrang behauptenden Bauernſtandes
ſicherte , durch welche Vereinigung von Eigenſchaften er die Maſſe des Volks , das in allen Gefahren auf ihn feſt ver
traute, an ſich zu feſſeln wußte; der Major Martin von Tei: mer aus Paſſeyr, einer der vorzüglichſten Männer , die ſich um ihr Vaterland Tyrol verdient gemacht; Joſeph Speckbacher aus
Gnadenwald bei Hall, begabt mit Verſtand und gerühmt we gen ſeines Muthes , ſeiner Uneigennützigkeit und ſeltenen Aus dauer bei einer Menge ſchwerer Leiden ; der Kapuziner Joachim
Haspinger , der Rothbart genannt , aus dem Kloſter Seeben bei Klauſen und aus Toblach im Puſterthale gebürtig, bekannt
wegen ſeiner Tapferkeit und durch den am 29. Mai 1809 ge machten kühnen Angriff auf Innsbruck , ſo wie durch die am 22. November deſſelben Jahres nach der tapferſten Gegenwehr
bewirkte Gefangennehmung der 2 ausgezeichnet braven Ba taillone des 13. und 53. franzöſiſchen Infanterieregiments bei St. Leonhard auf den Abhången des Paſſeyrthales ; Ne
pomuc von Kolb ; Joſeph Eiſenſtecken, Andreas Hofer's Adju tant, begabt mit hohem Muth, und von unermüdlicher Thåtig keit ; Peter Mayer , Wirth in der Mahr bei Briren , begeiſtert von der wårmſten Vaterlandsliebe und von faſt fanatiſcher Religionsgluth ; Peter Kemenater, Wirth zu Schabs, ein ju gendlich kråftiger, ſchöner und kühner Mann , der des vollen Vertrauens in ſeiner ganzen Umgegend, ſowie des Beſiges nicht 1
unbedeutender Glücksgüter ſich erfreute ; Martin Schenck, Kreuz:
wirth zu Briren , ein unermüdet thåtiger , entſchloſſener Mann und Hofer’s engverbundener Freund ; die braven Brüder Pe:
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ter und Franz Thalgutter , ſowie die Faller von Rodeneck und Soſeph Glazel von Meran. Der eigentliche Brennpunkt des Aufſtandes befand ſich im Puſterthale und in den weiter oberhalb in Norden gelegenen Thålern . Unter den Einwohnern zeichneten ſich die Paſſeyrer, die Kampfgefährten Hofer’s , durch ihre eiſerne Tapferkeit und nach ihnen die Algunder, die Meraner, die Tyroler vom alten
Stammſchloſſe und der Landſturm aus dem Eiſackthale , als die Elite der Landesvertheidiger, ſo wie alle Tyroler ſowohl durch eine , mit ihrem religióſen Sinn gepaarte , große Lebens verachtung , als auch durch eine unbeſtechliche Treue zu ihrem
Vaterlande aus , indem kein Fal bekannt iſt, daß einer der Eingebornen bei aller Armuth und eigenthümlicher Gewinnſucht oder durch Drohung und Gewalt , während dieſes Volkskampfs
ſich als Spion oder Verråther hergegeben håtte.
Beim Ausbruche der Feindſeligkeiten {im Jahre 1809 be: ſtand das in Tyrol unter dem Generallieutenant Freiherrn von
Kinkel ſtehende baieriſche Truppenkorps blos aus 5 Bataillonen Infanterie, 2 Eskadrons Kavallerie nebſt 4 Geſchůben, welche geringen , den Ausbruch des im Stillen vorbereiteten Aufſtan: des nicht ahnenden Streitkräfte in Nordtyrol und zwar in
Innsbruck, Hall und in kleinen Abtheilungen von Schwaz bis
Wörgl, gleichwie in Mitteltyrol in Sterzing, ſowie in und der Umgegend von Briren , die Mühlbacher Klauſe beſekt haltend und Vorpoſten in Brunecken und an der Lorenzer Brücke ha: bend , zerſtreut ſtanden. In Südtyrol waren aus Italien 4,000
Mann Franzoſen, wovon der größte Theil, Konſkribirte, unter den Generalen Biſſon und Lemoine die Beſtimmung hatte, durch Ty rol zum Reſervekorps des franzöſiſchen Diviſionsgenerals Gra: fen Beaumont nach Augsburg zu marſchiren , in der Gegend von Boken angekommen , während ihren Durchmarſch General von
Kinkel ſowohl fichern, als auch das Undrången der Oeſterreicher 1
gegen das untere Innthal und das Puſterthal beobachten ſollte, ſo daß fåmmtliche in Tyrol fich befindliche baieriſche und fran
zöſiſche Streitkräfte an 8,000 Mann betrugen . Dagegen war
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auf Befehl des, das öſterreichiſche Heer gegen Italien komman direnden Erzherzogs Johann am 9. Aprit deſſelben Jahres ein
dſterreichiſches Korps von ungefähr 7,000 Mann Linientruppen, worunter 3 Eskadrons Kavallerie nebſt 17 Geſchüßen, zu wel chen bald darauf noch 7 Bataillone inneröſterreichiſche land wehr als Verſtärkung ſtießen , unter den Befehlen des Feld marſchallieutenants Marquis de Chaſteler , welcher Tyrol ge
nau kannte und ſeit dem Feldzuge von 1800 bei den Einwoh nern viel Vertrauen genoß , ſowie die Brigadegenerale Freiz herr von Marſchall und Baron von Fenner
von Oberdrau:
burg in dieſes Land eingerückt. Gleichzeitig hatte der öſter: reichiſche Feldmarſchalllieutenant Baron von Jellalich von Salz
burg aus 800 Mann unter dem Oberſtlieutenant von Taris, um gegen Innsbruck vorzubringen und fich mit dem General von Chaſteler in Verbindung zu ſehen , detaſchirt. Der Sand: wirth Andreas Hofer und Major von Teimer hatten in der Nacht vom 8. zum 9. April an die geſammten Landſturms:
anführer Befehle ergehen und die Ernennungen der verſchiede nen Kommandantſchaften bekannt machen laſſen , ſowie die ſtreit fåhigen Månner des Eiſack- und Puſterthals zu den Waffen gerufen, und am 9. hatten die Tyroler die Feindſeligkeiten durch die Aufhebung einer 8 Mann ſtarken baieriſchen Patrouille in
Sillein und durch die Auslieferung derſelben an die Deſter reicher begonnen. Hierauf fanden folgende Gefechte und Treffen ſtatt, als : am 10. April an der Brücke von St. Lorenzen,
am 11. an der Mühlbacher Klauſe, am 12. an der Laditſcher Brücke, an der Brirner Klauſe und auf dem ſogenannten Mooſe bei Sterzing , wo Andreas Hofer für ſeine Perſon in dieſem Feldzuge zum erſtenmale mit 5,000 Mann Tyrolern gegen die blos 400 Mann ſtarken Baiern kämpfte, und wo bei die erſteren ſich gegen das , aus der einzigen Haubite der legtern unterhaltene mörderiſche Kartåtſchenfeuer durch vorges ſchobene, beladene Heuwagen zu decken ſuchten , hinter denen die beſten Tyrolerſchüßen verſteckt die baieriſchen Kanoniere
niederſchoſſen ; dann am 11. April bei Volders , am 12. zu
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Innsbruck , wo unter den blutigen Opfern der Baiern auch der ausgezeichnet tapfere Oberſt Karl Freiherr von Dittfurth,
welcher an der Spike derſelben , durch Wort und That her: vorleuchtend , ſelbſt als eine dritte Schußwunde ihm die Bruſt zerſchmetterte und ihn ſinken machte, doch noch jedes Unſinnen zur Ergebung an die ihm nahenden Tyroler verſchmåhte , im Ge gentheil ſich bald wieder zur kühnen Gegenwehr emporraffte und ſeine Kampfgenoſſen aufmunterte, kurz hierauf aber durch eine vierte Kugel am Kopf bewußtlos hingeſtreckt, einen ruhm 1
vollen Tod fand.
Un demſelben Tage ereignete ſich der Ueberfall bei Hal und endlich am 13. die Kapitulation bei Innsbruck, wo die , über den Brenner hißig verfolgten , auf den bei Innsbruck gelegenen Feldern von Wiltau angelangten 4,000 Mann ſtarken Franzoſen und Baiern unter dem franzöſiſchen General Biſſon und dem baieriſchen Oberſtlieutenant von Wrede von 15,000 Mann Ty: rolern unter Major von Teimer volig umringt und , nachdem fie auf das von den Inſurgenten begonnene Feuer in wenigen
Uugenblicken 100 Todte und Verwundete zählten , mit dieſem Anführer , als öſterreichiſchem Offizier , eine Uebereina kunft abſchloſſen, vermöge welcher ſie fich kriegsgefangen ergaben. an dieſen Gefechten nahmen blos am 11. bei der Mühl
bacherklauſe eine, faſt erſt am Ende des Kampfes eintreffende, 50 Mann ſtarke öſterreichiſche Såger - und eine unbedeutende Kavallerie - Abtheilung Untheil.
So war es den Tyrolern durch Entſchloſſenheit, Täuſchung
des Vertrauens, Uebermacht und Begünſtigung der genauen Dertlichkeitskunde, trop der tapferſten Gegenwehr von Seiten
der Baiern und Franzoſen , allein gelungen, Nord- und Mittel Tyrol , mit Ausnahme der von den Baiern mit 576 Mann
nebſt 64 Stük Geſchüßen unter Major Aigner befekten und auf drei Monate mit Lebensmitteln verſehenen Feſte Kufſtein, in vier Tagen zu befreien und hiebei , den öſterreichiſchen und tyroler Angaben zu Folge, 2 Generale (von Kinkel und Biſſon ), 17 Stabs., 113 Ober -Offiziere, 3,860 Baiern und 2,050 Frans .
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zofen , welche fåmmtlich den Deſterreichern in Salzburg über liefert wurden, gefangen zu nehmen, ſowie 1 Adler, 3 Fahnen, 3 Sechspfünder , 2 Dreipfünder und 2 Haubigen nebſt einer
nicht unbedeutenden Anzahl von Kavalerie- und Zug- Pferden mit einer anſehnlichen Kriegskaſſe zu erbeuten. Von den geſamm
ten in Tyrol befindlichen baieriſchen Truppen war es blos den, unter Major Theobald in Schwaz, Straß, Rattenberg, Brir
legg und Wörgl zerſtreutliegenden 400 Mann des dritten leich : ten Infanteriebataillons gelungen, ſich auf die Nachricht von den am 11. bei Innsbruck begonnenen Feindſeligkeiten am 12. Kom
pagnieweiſe zu verſammeln und durch Beſonnenheit und Muth, ungeachtet der von allen Seiten auf ſie einſtürmenden Tyroler, mit Verluſt von 3 Offizieren und 120 Mann ſelbigen Tag noch nach Kreuth auf das baieriſche Gebiet fich durchzuſchla: gen . Von den Franzoſen war die 2,000 Mann ſtarke Kolonne unter General Lemoine, welche am 12. den Weg durch die Brir
nerklauſe erzwingen wollte, mit Verluſt und von den Tyrolern verfolgt, ſich nach Briren und balt hierauf nach Trient zurůd zuziehen genöthigt worden. Nachdem bereits am 13. April, und zwar wenige Stunden nach dem Kapitulationsabſchluſſe bei Innsbruck, eine öſterreichiſche Sågerabtheilung , ſowie auch die früher erwähnten vom General Jellalich von Salzburg aus detaſchirten 6 Kompagnien Infanterie und Såger, ſowie 1/2 Eskadron Kavallerie unter Oberſtlieutenant von Laris in der erſtern Stadt eingetroffen waren , rückte hierauf am 15. der mit einem Theile ſeines Korps von Sterzing kommende Ge neral von Chaſteler daſelbſt ein, ſo daß ſelbigen Tag hier 3,1 / 2 Bataillone Infanterie und Såger, 2 Eskadrons Kavallerie nebſt 5 Geſchůben an öſterreichiſchen Streitkråſten verſammelt waren. Dieſes Generals erſte Sorge war , hier ſogleich alle geeigneten Maßregeln zur Organiſirung der Landes-Verwaltung und Ber: theidigung zu ergreifen und deßhalb ſowohl eine die Intereſſen des Landes zu ordnende ſtåndiſche Schuhdeputation einzuſeßen , als auch eine geregelte Eintheilung der Tyroler Streitmaſſen
zu bewerkſtelligen. Von den legtern wurde demnach der Land
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ſturm in Bataillone zu 6 Kompagnien , von welchen jede fel ten mehr als 100 bis 150 Mann zählte, dagegen die Landes ſchügen in Kompagnien zu 120 bis 150 Mann formirt und
jedem Bataillone eine Schüßenkompagnie zugetheilt , ſowie die Offiziere des Aufgebotes anfänglich durch die Gerichtsausſchüſſe und ſpäter auch durch die Mannſchaft ſelbſt, jedoch die Koma mandantſchaften durch die Deſterreicher und nach deren Ab zuge durch Hofern , welcher übrigens auch alle Grade der Bes
förderungen zu beſtåtigen hatte , gewählt. Gewöhnlich hatte jede Kompagnie ihren Feldprediger. Die Auszahlung der will kührlichen Löhnung erfolgte theilweiſe durch die Gerichte, jedoch wurden größtentheils nur Lebensmittel an die Mannſchaft vers
abreicht. Un die Spige der öſterreichiſchen Oberintendantſchaft
wurde ſpåter unter den ſchwierigen Verhältniſſen in dieſem Lande der Oberintendant Freiherr von Hormayr geſtellt.
Hierauf und zwar am 17. April wurde dic Feſtung Kufs ſtein durch 3 , vom General von Sellalich bei ſeinem Vordrina
gen gegen München zur Unterhaltung der Verbindung mit ihm nach Tyrol entſendete Infanteriekompagnien nebſt 4 Geſchüben unter Oberſtlieutenant von Reiſſenfels, ſowie durch 12 koma 1
pagnien Tyroler berennt. Indeſſen hatte der den linken Flús gel des franzöſiſchen Heeres in Italien befehligende Diviſions
general Baraguay d'Hilliers mit 6 bis 7,000 Mann nebſt 10 Geſchüßen am 15. April Trient beſegt und da am 18. April von der Diviſion Fontanelli noch 2,000 Mann Verſtärkung er: halten, weßhalb der General von Chaſteler dem erſt vor Kur zem von der Armee in Deutſchland zur Uebernahme einer Bri: gade in Tyrol eingetroffenen Generalmajor Freiherrn von Buol
den Befehl in Nordtyrol übertrug, während er felbigen Tag mit 1 Eskadron Savallerie und 1/2 reitenden Batterie Inns:
bruck verließ und gegen Trient růkte. Während deſſen zog fich der General Baraguay d'Hilliers am 22. April von dies fer Stadt nach Roveredo zurück, wohin ihm General von Cha: fteler mit den Brigaden der Generale von Fenner und von
Marſchall, ſowie durch 10 bis 12,000 Tyroler unter Hofer's
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cher 1 Regiment und 1 Bataillon Infanterie die Diviſion Kronprinz verſtärkt hatte , auf der von Traunſtein nach Kufa ſtein führenden Straße nach Tyrol und deren Avantgarden am 4. Mai einerſeits bei Melek und Unken , ſo wie andrerſeits bis Uſchau vorgerückt. Die Diviſion von Deroi machte ſowohl dieſen als den folgenden Tag auf den befeſtigten und von den
Deſterreichern und Tyrolern vertheidigten Wildbúhel , und zwar mit einigem Verluſt, zwei fruchtloſe Angriffe, zu gleicher Zeit wurden auf der andern Seite die vor dem Strubpaſſe auf geſtellten Deſterreicher und Zyroler von den Baiern allarmirt. In demſelben Zeitraume ſammelte ſich auch unter dem Oberſten Grafen Mar von Arco ein ſchwaches meiſtens aus
baieriſchen Gebirgsſchůßen beſtehendes Korps zu Tölz.
Das
gegen waren die am 7. Mai unter General von Buol in
Seefeld, unter General von Fenner in Waidring , ſo wie un: ter General von Chaſteler zwiſchen Innsbruck und Had an
dem zur Vertheidigung Nordtyrols geeigneten verſchiedenen Punkten aufgeſtellten Deſterreicher und Tyroler und zwar er: ſtere 11 Bataillone, 2 Kompagnien , 2,3/4 Eskadrons nebſt 24 Geſchůßen , ſowie legtere 68 Kompagnien ſtark. Um 8. entſendete der General von Chafteler von Innsbruck aus aber:
mals eine 310 Mann , 14 Pferde und 1 Geſchův ſtarke öſters
reichiſche Abtheilung nach Vorarlberg.
Indeſſen erhielt das
Öſterreichiſche Korps in Tyrol durch den , die öſterreichiſche ita ieniſche Armee kommandirenden Erzherzog Johann an der über 4,000 Mann ſtarken Brigade des Generals Schmidt, welcher 1
in das füdliche Zyrol einrückend am 10. in Toblach eintraf
eine Verſtärkung, ſo daß nun in dieſem Landestheile unter dem in Trient ſtehenden General von Marſchall 11 Bataillone, 4 Kompagnien , 5 Eskadrons nebſt 13 Geſchůßen , ſowie unter dem Oberanführer Hofer 3,400 Mann fåmmtlich mit Stußen bewaff
nete Tyroler ſich befanden und zu der Zeit die Geſammtſtärke der in ganz Tyrol befindlichen Deſterreicher und Tyroler 41,300 Mann und 37 Geſchůze betrug. Da der franzöſiſche Divi ſionsgeneral Rusca ſich auf dem Marſche gegen das Puſterthal
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befand , fo traf General von Marſchall alle zur Bertheidigung der Eingänge in daſſelbe geeigneten Maaßregeln , während er mit einem Theile ſeines Korps , durch mehrere Tyroler:
kompagnien unterſtüßt, am 9. von Trient gegen Baſſano auf brach , jedoch des mittlerweile erfolgten Rückzugs der öſterreichi: ſchen Armee halber ſich am 13. wieder nach Trient zurückzog. Indeſſen hatte Kaiſer Napoleon zum abſchreckenden Bei ſpiel und zu möglichſter Unterdrückung des Aufſtandes den Be: fehl ertheilt , daß alle mit den Waffen in der Hand gefangenen
Tyroler ſogleich erſchoſſen werden ſollten. Um 11. griffen 3,000 Mann der Diviſion von Wrede, durch 4 Zwölfpfünder und 8 Haubigen unterſtüßt, den von ungefähr 200 Mann des öſterreichiſchen Regiments de Vaur
und 1/2 Kompagnie Fåger init 2 Kanonen , ſowie 4 Kompag nien Tyroler vertheidigten , gut verſchanzten Strubpaß an. Derſelbe wurde nach neunſtůndigem Kampfe und nach vier ab
geſchlagenen Stürmen durch den baieriſchen Oberſten Grafen von Berchem mit 2 Bataillonen und 2 Kompagnien nach Vers luſt von mehreren hundert Todten und Verwundeten endlich genommen , nachdem die geſammte öſterreichiſche Beſaßung bis auf ihren Kommandanten , den Lieutenant Bolthezar nebſt 17 Mann , welche größtentheils verwundet, gefangen niedergemacht,
fowie von den Tyrolern , welche mit der größten Beharrlichkeit gekåmpft hatten , 70 Mann getödtet und verwundet worden waren. Alsbald rückte die 8 bis 9,000 Mann ſtarke baieriſche Diviſion von Wrede über Waidring gegen St. Johann , ſo wie hierauf die Diviſion von Deroi nad, Kufſtein , welches !
nach einem Gefecht und mit Verluſt weniger Todten und mehr als 50 Verwundeter entfellt wurde , vor , wogegen der öſters reichiſche General von Fenner von Waidring nach St. Johann
und der Weiſung zu Folge am 13. früh bis Sól zurückging, wo ſich der am 12. mit den Refervetruppen von Innsbruck
eingetroffene General von Chaſteler befand. Hierauf griff am 13. die trok aller hartnäckigen Gegenwehr mit einem Verluſte von 40 Todten und Verwundeten , indeſſen der von den Tys
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genden Tage die gegen 7,000 Mann ſtark herbeiſtrómenten Tyroler gehörig auf , indeſſen Oberſtlieutenant von Tapis mit einer Abtheilung öſterreichiſcher fåger, welcher fich Speckbacher mit einer Anzahl Tyroler anſchloß , als Vortruppe den Flecken Schwaz und die Umgegend befekte. Gleichzeitig zug General von Chaſteler die Generale von Marſchall und Schmidt mit ihren Truppen aus Südtyrol , wo blos unter den Befehlen
des Oberſten Volkmann geringe Streitkräfte zurückblieben , ſo: wie auch den nach dem Puſterthale abgegangenen General von Fenner zu einer Konzentrirung zwiſchen Sterzing und Steinach zuſammen und begab ſich für ſeine Perſon nach lekterer Stadt. Gleichfalls nahm der öſterreichiſche Oberintendant Freiherr von
Hormayr an ſchleuniger Aufbietung des Tyroler Landſturms den thátigſten Antheil. Der unterdeſſen auf einem Streifzuge in Baiern begriffene Major von Teimer war mit ſeinen Zy roler Landesſchügen am 9. Mai bis Kempten , wo er anſehns liche Beute machte , vorgedrungen und hatte hierauf am 11.
Abends Memmingen überrumpelt und hier die aus 5 Rom pagnien Infanterie und 1 Eskadron Kavallerie beſtehende Bürs gergarde entwaffnet, ſo wie auch mehreres Staatseigenthum 1
weggenommen und zog ſich erſt am 14. Mai , nachdem er mit
der Vorhut des mit 1,500 Mann Franzoſen , Baiern und Würtembergern gegen ihn anrückenden franzöſiſchen Generals Piccard am Thore dieſer Stadt ein Handgemenge beſtanden, mit Verluſt einiger Gefangenen nach Kempten und Reitte, ſo wie
auch nach der Kunde von dem unglücklichen Treffen bei Wórgt nach Innsbruck zurück. Dagegen griff der gegen den Schara niß- und Luetaſch - Paß mit damals 1,600 Mann Infanterie und 140 Mann Kavallerie nebſt 2 Geſchüßen aufgeſtellte baie riſche Oberſt Graf von Urco mit ungefähr 240 Mann Infan terie und 80 Mann Kavallerie am 11. Mai bie Tyroler in
Mittenwald an , vertrieb ſie von da und forderte hierauf durch einen Parlementair die gegen 3,000 Mann ſtarken Tyroler
Beſakungen jener Påſſe zur Uebergabe und Unterwerfung auf. Da ihn jedoch die Tyroler gegen allen Kriegsgebrauch während
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des Unterhandelns umgingen und hierauf unvermuthet von al: len Seiten mit ungeheurer Uebermacht angriffen , ſo ſaber
fich, hiebei für ſeine Perſon großen Gefahren entgehend , da ihm die Hauptſtraße nach Baiern abgeſchnitten worden war, genöthigt , mit Verluſt von 16 Mann Todten und Verwundes ten , durch die unwegſamen Gebirge über die Oswaldhútte und
Tölz nach Benediktbeurn fich zurückzuziehen , wo er ſeine Stels lung nahm , indeſſen die Tyroler Mittenwald wieder befekten. Als bei Rattenberg die erwartete Diviſion von Deroi an: gekommen war , růckte die Diviſion von Wrede am 15. unter
beſtåndigem Gefechte von Brirlegg an, nachdem am Zillerbache Tyroler Abgeordnete mit dem Antrage einer ſchnellen Unterwer: fung gegen Verzeihung des Geſchehenen erſchienen waren, gleicha wohl beim Anfange des Unterhandelns gegen allen Kriegsges
brauch auf den General von Wrede und deſſen Gefolge ein heftiges Feuer erhoben , über Rothholz Nachmittags bis Schwaz vor und nahm dieſen Flecken nach einem , mit den Deſterrei:
chern unter Oberſtlieutenant von Taris, welcher durch eine Ans zahl Tyroler unter Speckbacher unterſtüßt war, innerhalb desa
felben beſtandenen heftigen Gefechte nebſt der dort befindlichen Innbrücke weg, wobei dieſer Ort nebſt dem gråflich von Tan nenbergiſchen Schloſſe von den Flammen verzehrt wurde. Die
baieriſchen Avantgarden der nun zwiſchen Schwaz und Roth holz vereinigten Diviſionen von Wrede und von Deroi , von welcher leßtern 6 Kompagnien unter General Siebein zu Rat:
tenberg und bei Straß , zurückgeblieben waren , drangen dieſen Tag auf dem rechten Innufer bis Piu und auf dem linken bis Vomp vor. Der Verluſt der Baiern beſtand in 31 Todten und 96 Verwundeten , ſowie der öſterreichiſche außer einer An:
zahl Todten und Verwundeten auch noch in ungefähr 200 Gefangenen. Obgleich nach dem unglücklichen Treffen von Wörgl das in Tyrol befindliche öſterreichiſche. Truppenkorps immer noch aus 11,200 Mann Linientruppen und gegen 2,000
Mann Landwehr beſtand, ſo beſtimmten doch den General von
Chafteler mehrere Umſtånde, als der Rückzug der öſterreichiſchen 12
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lerweile einen höchſt våterlichen Aufruf an die Letteren mit der Aufforderung zur Niederlegung der Waffen erlaſſen , dagegen Verzeihung des Aufſtandes zugeſichert hatte und die andere in das Hauptquartier des Kaiſers Napoleon mit der Bitte um
Vergeſſenheit des Geſchehenen und Wiederholung des Eides der Treue , abgeſendet wurden. Zugleich ſtellte er ſich nebſt der bald nachfolgenden Diviſion von Deroi in der Ebene von Wil tau , auf dem Selberg und am linken Innufer , mit Streifs wachen gegen Steinach und gegen Zirl auf. Die während
dieſer Zeit dem General von Chaſteler von dem Erzherzoge Johann zugekommene Volmacht, mit ſeinem Korps ganz nach ſeinem Ermeſſen , entweder zur fernern Vertheidigung oder ges eigneten Verlaſſung Tyrols zu verfahren , ſowie die Nachrich ten, daß Villach am 18. Mai durch die Franzoſen beſegt und
ſelbige im Drauthale gegen Sachſenburg , ſowie auch im Gail thale vorrückten, ferner daß ſeine an den Marſchall Lefebre und General von Wrede geſtellten Anträge völlig mißlungen , nebſt
den gleichzeitigen dringenden Bitten von Hofer, dem Major von Teimer und vielen Tyroler Gerichtsdeputationen , Tyrol nicht zu verlaſſen , bewogen ihn zu dem Entſchluß, ferner in dieſem Lande zu verbleiben und deßhalb ſein Korps wieder zum Růckmarſch nach Mühlbach und dem Brenner zu befehligen,
während ebengenannte Tyroler Unführer nebſt dem Oberinten : danten von Hormayr nach verſchiedenen Punkten eilten und das Volk abermals zu den Waffen riefen . Doch ånderte be:
reits nach vier und zwanzig Stunden die vom Major Veyder bisher verheimlichte und nun erſt dem General von Chaſteler
gegebene , auf deſſen ſonſt als unerſchütterlich erprobtes Gemüth den tiefſten ungünſtigſten Eindruck hervorbringende Uchtsbeſtå tigung jene getroffenen Maaßregeln wieder dahin ab , daß er Anfangs Willens war , das Kommando niederzulegen und für ſeine Perſon Tyrol zu verlaſſen , jedoch endlich ſich dahin bes 1
ſtimmte , mit ſeinem , weder an Lebensmitteln noch Schießbedarf 1
Mangel leidenden, aber durch die unſtåten Hin- und Hermårſche ſehr ermüdeten , 13,000 Mann ſtarken Korps dieſes Land be:
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ſtimmt zu verlaſſen, weßhalb er auch am 21. Mai nach Lienz abging und an dieſem Tage noch den Befehl ertheilte, daß ſein
geſammtes Truppenkorps ſich bei dieſer Stadt und auf den Höhen von Schabs ſammeln und von hier bei günſtiger Ges legenheit nach Kårnthen durchbrechen ſollte. Mittlerweile hatten die Baiern bei dem , Innsbruck nahe
gelegenen , Wiltau ein Lager bezogen , ſowie deren Vorpoſten auf der Hälfte des Weges nach Schönberg Stellung genom men , während gegen die nördliche Grenze Tyrols bewegliche Kolonnen gebildet waren , und das 2,140 Mann ſtarke Korps des baieriſchen Oberſten Grafen von Arco am 22. Mai den von Tyrolern befekten Luetaſch- und den Scharnitz - Paß weg 1
nahm und von hier über Seefeld und Zirl mit den in Inns. bruck ſtehenden Baiern feine Verbindung herſtellte. Auch der
franzöſiſche General Rusca růckte mit 4,000 Mann von Villach im Drauthale zur Beobachtung Tyrols vor und ſeine Vorhut beſtand am 24. Mai bei Sachſenburg mit den Deſterreichern mehrere hitige Gefechte. Indeſſen marſchirte, dem Befehle Kai ſer Napoleons zu Folge , der Marſchal Lefebre mit der Diviſion
von Wrede am 23. Abends von Innsbruck, wo er nur die Diviſion von Deroi zurückließ, jedoch von ihr 1 Chevaurlegers regiment zur Diviſion Kronprinz und 1 Zwolipfünderbatterie nach Salzburg befehligte, ſelbſt nach der lektern Stadt, in wel:
cher fich die Diviſion Kronprinz befand , und hierauf am 27. Mai mit dieſen zwei Diviſionen ſchleunigſt nach Linz an der Donau ab. Dagegen befand ſich am 25. Mai das öſterrei chiſche Korps bei Sachſenburg und Lienz , während von ſelbigem der General von Buol nebſt• ſeiner aus 2,381 Mann Infan terie und Såger , ſowie 130 Pferden nebſt 7 Geſchützen be
ſtehenden Brigade, da derſelbe die Ordre zum Nůckmarſche nach Schabs , welche durch die Tyroler aufgefangen worden war, nicht erhalten hatte, ſeit dem 21. Mai noch immer den Brenner
beſegt hielt, wo ſich gleichfals 6,000 Tyroler unter ihrem Ober: anführer Hofer zuſammengezogen , und der Oberſtlieutenant
Graf von Leiningen mit ſeinem 650 Mann nebſt 2 Geſchüßen
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Rúdzuge nach dem lektgenannten Orte. Die Baiern verloren
bei dieſen Gefechten 27 Todte , 83 Gefangene und 1 Muni: tionswagen , indeſſen der Verluſt der Tyroler nur unbedeutend war. Dem bereits erwähnten Vorhaben zu Folge griffen auch ſelbigen Tag früh halb 7 Uhr die gegen Innsbruck vorgerud ten 1,000 Mann Linieninfanterie und Jåger , ſowie 87 Mann Kavallerie nebſt 6 Geſchüben von der Brigade des Generals von Buol unter den Oberſtlieutenants von Reiſſenfels und
Ertel, indeſſen dieſer General mit einer Reſerve von 4 Kom pagnien Infanterie, 1 Eskadron Kavallerie und 1 Geſchůß zwi:
ſchen Schönberg und dem Brenner als Reſerve aufgeſtellt blieb,
nebſt 13,000 (nach baieriſchen Angaben über 17,000) Tyrolern unter Anführung Hofers und Speckbachers die von dieſem bes
abſichtigten Angriff unterrichtete, bei Innsbruck, Hall und Vol ders aufgeſtellte und am 26. durch 1 Infanterieregiment, ſo wie 1 Batterie von Salzburg aus verſtårkte , jedoch nur 7,000 Mann , darunter 800 Mann Kavallerie nebſt 20 Geſchützen , záhlende Diviſion von Deroi an , und nahmen während eines 1
blutigen bis Nachmittag 6 Uhr mit höchſter Erbitterung und abwechſelndem Glücke dauernden Kampfes , der durch eine zwei ſtündige wegen eines von Seiten der Deſterreicher an den Ge neral von Deroi geſtellten, von dieſem aber im gerechten Ver trauen auf die Tapferkeit der ſeiner erfahrenen Leitung anver trauten baieriſchen Truppen mit Unwillen zurückgewieſenen , Kapitulationsantrags herbeigeführte Waffenruhe unterbrochen wurde, durch die Uebermacht und Dertlichkeit bevorzugt , un
geachtet der tapferſten und rühmlichſten Gegenwehr der Baiern, die von denſelben beſegte Innbrücke bei Volders , ſowie bei Inns
bruck den Paßberg , das Schloß Umbras , die Silbrücke, den Berg Iſel, die Höhen von Natters , Galwies und den Hußl hof weg .
Die Folge davon war , daß am Ende des Treffens die Baiern, welche, ihrer Angabe nach, 1 todten und 5 verwundete Difiziere, ſowie 50 getödtete und 200 bleſſirte Soldaten ver
loren , in der Ebene von Innsbruck und auf der Höttinger
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Hdhe mit vorgeſchobenen Poſten auf der zwiſchen lepterer und Kranabiten gelegenen Fläche, dagegen die Deſterreicher und Ty roler auf den Höhen zu beiden Seiten des Silbaches, ſowie von Galwies bis Ambraš in Wiſtau und bei Kranabiten auf:
geſtellt waren und ſich behaupteten. Unter den Tyrolern , welche
die günſtigen Reſultate dieſes Tages faſt allein herbeigeführt hatten, zeichneten ſich vorzüglich ihr Oberanführer Hofer nebſt feinem Adjutanten Eiſenſtecken im Zentrum , wo das Gefecht bei der Wegnahme des Berges Iſel am heftigſten war, ſo wie
der Kapuziner Haspinger durch die Eroberung der Höhen von Natters, von Galwies und dem Hußlhof, und der Major von Teimer durch ſein , zur rechten Zeit mit den Oberinnthalern im Rücken der Baiern bei Kranabiten erfolgtes Eintreffen und ents
ſchloſſenes Vordringen , ſo wie Speckbacher durch die Erſtür: mung der Brücke von Volders und die herbeigeführte Zerſto : rung der Hallerbrücke aus. Der Verluſt der Baiern in dies ſem Treffen , ſowie in den Gefechten vom 25. nebſt denen auf ihrem am 30. und 31. Mai bewirkten Abzuge aus Tyrol be: trug, den öſterreichiſchen und Tyroler Angaben zu Folge, 2,200 Mann Todte und Verwundete, 596 Mann Gefangene und
Bermißte, ſo wie 5 Geſchůße und 13 Munitionswagen , das gegen der öſterreichiſche 25 Mann Todte und 59 Verwundete,
gleichwie bei den Tyrolern 62 Mann Todte und 27 Bleſſirte. Der General von Deroi, wohl erwågend, daß er von einer be: deutenden , ſich immer mehr vergrößernden und höchft erbitter ten feindlichen Uebermacht umringt und hauptſächlich , daß es
unmöglich ren, in einem Lande des Aufruhrs, wo für ihn bald Mangel an Lebensmitteln entſtehen mußte, während es an Mu:
nition ſchon fehlte, fich zu halten , ferner auch, daß für ihn durch den Verluſt der Scharnik und Luetaſch ſowohl die Vers
bindung mit dem Oberſten Grafen von Arco , als auch der kürzeſte Rückzugsweg nach Baiern bereits abgeſchnitten war,
hielt es für angemeſſen , ſeine geſammten Truppen in der Nacht vom 29. zum 30. Mai zu ſammeln , und trat hierauf mit ih
nen , indem er feine außerſten Vorpoſten zur Verbergung ſeines
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Abmarſches für die Deſterreicher und Tyroler in ihren Stelluna
gen ließ , ſeinen Rückzug auf der ihm einzig noch übriggeblie benen Verbindungslinie mit Baiern über Kufſtein nach Hall an, wo ſich ihm die dortige baieriſche Beſaßung anſchloß. Von hier feste er den Marſch , da die Brücken bei Roth holz , Brirlegg und Rattenberg zerſtört waren , auf dem ihm
nur allein offenen Wege dem linken Innufer entlang durch die enge Waldſchlucht von Mariaſtein und die Defiléen des Ange terberges , welche glücklicherweiſe für ihn von den Tyrolern wea der befekt noch verbauen waren , mit Berluſt von 5 Geſchůßen und einigen Munitionswagen , die des ſchlechten Weges und
der Abmattung der Pferde wegen in den Innfluß geworfen wurden , am 31. Abends bis Kufſtein fort. Dieſer Feſtung
ließ er noch die erforderlichen Kriegsmittel zukommen , verließ hierauf am 1. Juni Tyrol und zog ſich , dem Inn entlang nach
Roſenheim , ſo daß an dieſem Tage ganz Tyrol, mit Ausnahme von Kufſtein , von den Baiern und Franzoſen zum zweitenmal geräumt und befreit war. Hierauf befekten am 30. Mai früh die Deſterreicher und Tyroler Innsbruck, ſo wie eine Anzahl der legtern unter Speck bacher die Stadt Hall, in welcher die Tyroler den Weinkeller
eines vermeintlich baieriſch geſinnten Einwohners plünderten. Da hiedurch nicht allein ein großer Zeitverluſt entſtand , ſondern
ſich auch viele derſelben dabei berauſchten , ſo unterblieb die augenblicliche Verfolgung der baieriſchen Diviſion von Deroi, .
daher dieſe auch nicht mehr durch die nachher verfolgenden ,1 jes
doch erſt am 1. Juni vor Kufſtein eintreffenden Zyroler unter Major von Teimer und Speckbacher eingeholt wurde.
In:
deſſen hatten am 30. Mai 380 Mann des von Arcoiſchen Korps unter dem braven Hauptmann Baur einen vergeblichen Verſuch zur Wiedernahme der von 600 Tyrolern befekten Lues taſch gemacht. Der indeſſen mit dem öſterreichiſchen Haupt korps aus Tyrol gerückte und bereits ſeit dem 28. Mai zu
Ober - Drauburg in Kärnthen einmarſchirte General von Cha ſteler übergab nun , laut Befehl vom 31. Mai , dem General:
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major von Buot ben Oberbefehl über die zur Vertheidigung in Tyrol zurüdgebliebenen Truppen . Die Stårke derſelben betrug in den erſten Tagen des Suni 5,324 Mann Infanterie
und Jäger , 225 Mann Kavalerie nebſt 14 Geſchůßen mit Inbegriff der Beſagung der Fefte Sachſenburg und der , vom
General von Chaſteler in Ober- Drauburg zur Verſtärkung des Tyroler Korps zurückgelaſſenen , aus 1 ſchwachen Bataillon von 320 Mann , ſowie 3 Kompagnien Infanterie nebſt 2 Geſchüßen beſtehenden Abtheilung , zu welcher der mit 6 Kompagnien Infanterie , einer kleinen Abtheilung Kavallerie mit 2 Gez ſchůßen , die Arriergarde des Generals von Chaſteler bildende, aber bei dem zwiſchen dem Lestern und dem franzöſiſchen Ges neral Rusca am 6. Juni vor Klagenfurt beſtandenen lebhaften Gefechte abgeſchnittene und ſich hierauf nach Villach und dem
Puſterthale zurůdziehende General Schmidt geſtoßen war. Dieſe befanden ſich auf dem Brenner , im Unter - Innthale, im ſüdlichen Tyrol , in Sertem und deſſen Nähe , bei Obera Drauburg und Umgegend , auf dem Marſche von Villach nach
dem Puſterthale und in Sachſenburg, indeſſen långs der nord lichen Tyroler Grenze 28 Kompagnien Tyroler Landesſchußen unter dem Major von Teimer , ſo wie im Puſterthale unter
dem öſterreichiſchen Hauptmann Stainer 26 Kompagnien oder 2,319 Mann und endlich im Eiſack- und Etſch - Thale unter Hofer über 4,640 Mann derſelben aufgeſtellt waren. Gleicha zeitig erhielt Hofer im ſüdlichen Tyrol den Oberbefehl über geſammte Schúßen- und Landſturm - Kompagnien , ſo wie Ma:
jor von Teimer dagegen den im nördlichen Tyrol. Die vors
züglichſte Sorge des Generals von Buol war in der erſten Hålfte Juni , in dem ſeiner Vertheidigung anvertrauten lande Munitionslaboratorien einzurichten , auch eine Stückgießerei in Thåtigkeit zu bringen , eine bedeutende Anzahl Selbſtranzionirte unter ſeine Fahnen reihend zu bewaffnen und zu kleiden , eine Geldzwangsanleihe zu machen , die von den Baiern in den vers ſchiedenen wichtigen Paſſen , als dem Strub , der Scharnig und
der Puetaſch, zerſtörten frühern Verſchanzungen wieder herzuſtels
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len und endlich ſowohl die Deſterreicher als Tyroler vereint zur Deckung der Landesgrenzen aufzuſtellen. Hierauf griffen am 2. Juni des Morgens angeblid, 5 bis 6,000 Tyroler aus der Scharniß und fuetaſch das ſchwache , blos aus 13 Offizieren, 787 Mann Infanterie und 140 Mann Kavallerie nebſt 2 1
ſechspfündigen Kanonen mit der dazu erforderlichen Bedienung beſtehende und ſeit dem 30. Mai , der Weiſung des Generals von Deroi zu Folge , eine , jedoch ungünſtige Stellung vor Mit .
tenwald beſetzt haltende Korps unter dem Oberſten Grafen von
Und obgleich Anfangs mit abwechſelndem Glücke gekámpft und die Tyroler wieder in die Scharniß zurückgewor
Arco an.
fen wurden , ſo zogen ſich doch endlich die Baiern , als ſie auch in Flanke und Rücken bedeutend bedroht waren , unter einem bißigen Gefechte mit Berluſt von 10 bis 12 Jodten , 40 Ber:
wundeten und 1 Munitionswagen, welcher in die Luft geſprengt wurde , nach Walgau und von da felbigen Tag noch ohne wei tere Verfolgung bis Benediktbeurn , und am 4. , dem Befehle zu Folge , bis Wolfratshauſen zurück. Gleichzeitig wurde auch am 2. Juni die Feſte Kufſtein durch 2 Stompagnien öſterreichiſcher Linieninfanterie unter Haupts
mann d'Esquille und einer Unzahl Tyroler unter Spedbadher und dem Schüßenmajor Sieberer wieder eingeſchloſſen. Da Major von Teimer mit ungefähr 3,000 Tyrolern , 200 Mann Öſterreichiſcher Infanterie und 80 Mann Kavallerie,1 am 5. auf der Straße von Murnau bis Weilheim vordrang und die dortige baieriſche Gegend durch Requiſitionen heimſuchte, ſo růckte ihm der indeſſen mit dem größten Theil ſeiner Diviſion bis in die Nähe von München zurückgegangene General von Deroi úber Wolfratshauſen entgegen , worauf ſich Erſterer wieder nach Mit tenwald zurückzog und Lekterer Tölz , Benediktbeurn , Murnau, Weilheim und andere Orte mehr , ſo wie der Oberſt Graf
von Arco die Stellung von Kochel befekte. Zugleich hatten auch die auf der Nordgrenze Tyrols bei Vils und Reitte auf geſtellten Tyroler über Füſſen und Neſſelwang fehr günſtige
Streifzüge in das Illerthal, wo ihnen in Kempten und der
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Umgegend der würtembergiſche Generallieutenant von Koſerika nebſt dem franzöſiſchen General Piccard , ſo wie auch in das Lechthal, wo ihnen der franzöſiſche Oberſt Prevon mit 300 Mann Infanterie und 670 Mann Kavallerie in Schongau ge genüber ſtand , während er von hier mit der bei Murnau Stellung genommenen Diviſion von Deroi Verbindung unters hielt , unternommen und anſehnliche Kontributionen aller Art
erhoben. Indeſſen hatte der in das ſúdliche Tyrol geeilte Hos fer neue Tyroler Schaaren um ſich geſammelt und Oberſtlieu : tenant Graf von Leiningen am 3. Juni Baſſano überrumpeln laffen , gleichwie auch Streifzüge im Etſchthale bis úber Ala hinausgegangen waren. Da aber hierauf der Oberſt levié mit 1,400 Mann Infanterie und 170 Mann Kavallerie italieniſcher Truppen von Verona über Roveredo nach Trient vordrang und
ſich der Oberſtlieutenant Graf von Leiningen nebſt allen abges ſendeten und an ſich gezogenen Streifkommando's nach lekterer Stadt zurückzog , ſo wurde dieſer hier am 6. Juni durch die in deſſen bis auf 2,000 Mann und 6 Kanonen herangewachſenen Italiener angegriffen und nach einem hißigen Gefechte ſich in das Trienter Kaſtell einzuſchließen gezwungen, jedoch durch die auf Ho fer's Aufforderung herbeigeeilten Tyroler am 9. Juni nach meh reren Angriffen derſelben nicht allein entſekt, ſondern auch der Oberſt Levié zum Rückzuge nach Roveredo und bis hinter Ula, mit einem ſeit den Gefechten vom 3. Juni erlittenen Verluſte von beinahe 1,000 Mann Todten , Gefangenen und Vermißten,
genöthigt , ſo daß der während deſſen vom Brenner mit 1 In fanterieregimente, 1 Eskadron Kavallerie und 4 Kanonen zur Húlfeleiſtung herbeigeeilte und bereits in Boken eingetroffene General von Buol , auf die Kunde von dieſem durch die Tyro
ler herbeigeführten günſtigen Erfolge, mit dieſem Theile ſeines Korps alsbald nach Briren zurückmarſchirte und der unterneh: mende Oberſtlieutenant von Leiningen nun wieder neue Streifs korps in die Thåler gegen Italien vordringen ließ. Auch růcks ten auf der ſüdlichen Grenze Tyrols kleine öſterreichiſche und Tyroler Abtheilungen im Piavethale vor und beſegten nach
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mehrern unbedeutenden Gefechten am 13. Juni die Stadt Bel: luno in Italien. Indeſſen brach am 13. Juni der General von Deroi , um die durch 1 Bataillon Linieninfanterie , 2 Kompagnien leichter Truppen und hinreichendes Geſchůk unter dem baieriſchen Major Aigner ſtandhaft vertheidigte, durch die Deſterreicher und Tyroler eng blokirte und bereits Man:
gel an Lebensmitteln und Arznei leidende Feſtung Kufſtein mit dieſen Gegenſtänden zu verſehen , aus ſeiner zeitherigen Stellung bei Weilheim auf. Unterdeſſen blieben der baieriſche General von Vincenti mit ſeiner Brigade nebſt dem ihm un: tergeordneten von Arcoiſchen Korps zwiſchen dem lech und der
Ifar und über die Iſar bis Tegernſee zur Sicherung Mün chens, und zwar erſterer bei Habach als Zentralaufſtellung mit 2 Bataillonen , 1 Eskadron und 4 Kanonen , in Murnau mit .
1 leichten Bataillon nebſt 2 Geſchüßen , ſo wie mit 1 Kom pagnie in Tólz und 1 Kompagnie in Tegernſee und dabei rechts
in Verbindung mit dem in Schóngau fich befindenden franzo fiſchen General Prevon , und endlich der Oberſt Graf von Arco mit 700 Mann Infanterie , 140 Mann Kavallerie nebſt 2 Geſchůben in Kochel , ſo wie mit 100 Mann in Benediktbeurn
aufgeſtellt. General von Deroi traf über Wolfratshauſen und Roſenheim am 17. mit 2,000 Mann Infanterie, 300 Mann Kavallerie und 5 Geſchůben nebſt 88 mit Bedürfniſſen vers fchiedener Art beladenen Wagen vor obengenannter Fefte ein, griff die dort befindlichen Tyroler unter dem Schükenmajor Sieberer und Spedbacher an und nöthigte dieſelben , ſo wie auch die vom Hauptmann d'Esquille befehligten Deſterreicher unter Mitwirkung eines Ausfalls der Feſtungsgarniſon zum Růdzuge , verproviantirte dieſelbe mit dem Erforderlichen und ging dann am Abend dieſes Tages wieder bis Roſenheim zu: rúd , von wo er aber kurz hierauf mit einem Sheile ſeiner
Diviſion nach Salzburg aufbrach, jedoch am 27. von da wies der in ſeine vorigen Stellungen bei Roſenheim zurückehrte. Die Tyroler , welche mittlerweile durch ein vom Kaiſer von
Deſterreich aus deſſen Hauptquartier zu Wolkersdorf unterm
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29. Mai gegebenes Handſchreiben , deſſen Inhalt eine ewige Vereinigung ihres Landes mit Deſterreich ausſprach , zu neuen Anſtrengungen und Opfern angefeuert wurden , ſchloſſen in Ges
meinſchaft der Deſterreicher am 19. Juni Kufſtein wieder ein und unternahmen auch gegen die baieriſchen Stellungen Res kognoszirungen und zwar von Mittenwald aus gegen Walchen fee , ſo wie am 22. Juni aus dem Achenthal auf der Straße nach Tegernſee bis bei Stuben und von gedachter Feſte durch das Klausbacher Thal nach Baieriſchzell zu , gleichwie am 24. von Kufſtein über Kiefersfelden bis Oberaudorf, kehrten jedoch bald wieder ohne etwas Erhebliches , ausgenommen daß am 25.
Juni eine Tyroler Patrouille durch ein Detaſchement des Graf von Arcoiſchen Korps bei Wallerſee theilweiſe getödtet , gefana gen und in die Gebirge zerſtreut wurde , in ihre alten Stellungen zurük. Gleichfalls gingen nun von der öſtlichen Grenze Tyrols kleine aus irregulären Truppen und Tyrolern zuſammengeſetzte Streiffurps nach Ober - Kärnthen und Steyermark , indem Ges
neral Rusca zu derſelben Zeit nur mit einigen tauſend Mann in Klagenfurt und Villach ſtand , zur Eintreibung von Waffen
und Munition für Tyrol , ſo wie auch zur Unterbrechung der Verbindung des bei Wien ſtehenden franzöſiſchen Heeres mit Italien und zur Herſtellung einer Kommunikation mit dem damals gerade bei Gråk Stellung genommenen öſterreichiſchen Korps des Feldmarſchaulieutenants Grafen von Gyulai ab. Da der bisher mit ſeiner Diviſion die Stellungen von Roſenheim , Tegernſee und Murnau befekt haltende General von
Deroi den Befehl zum Aufbruch nach Linz an der Donau er
hielt , ſo entſefte er mit einem kleinen Theile ſeiner Divia 1
fion noch vorher und zwar am 5. Juli die Feſtung Kufſtein, wo am 28. Juni Speckbacher mit ſeinen Tyroler Schüßen durch einen gelungenen Ueberfall der , unter den Kanonen ders ſelben gelegenen und für deren Beſaßung das Mehl erzeugen den Mühlen 300 Meken Getraide erbeutet , ſo wie auch meha
rere Tage ſpåter mit eigner Hand einen großen Theil des an der Feſtung aufgeſchichteten Holzvorrathes in Brand geſteckt
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hatte, wodurch mehrere Håuſer der Stadt ein Raub der Flam men wurden.
Nachdem er die bisherige Garniſon derſelben durch 1 Bataillon abgeloſ't, ſo wie mit Schießbedarf und Arznei hin
långlich verſehen hatte, zog er ſich am folgenden Tage wieder nach Roſenheim zurück , worauf am 6. Juli diefe Feſte durch
die Tyroler neuerdings eingeſchloſſen wurde. Der General von Deroi marſchirte noch an dieſem Tage mit dem größten Theile ſeiner Diviſion von Roſenheim nach Salzburg ab , und ihm folgte am 8. Juli der mit ſeiner Brigade zeither von Murnau bis Tegernſee aufgeſtellte General von Vincenti. Nach dem Abmarſche des Generals von Deroi nach der Donau wurden
die von dieſer Diviſion , von welcher 2 Bataillone in Salz burg als Beſaßung zurückblieben, verlaſſenen Stellungen ſo wohl durch baieriſche, in München errichtete Reſervebataillone,
von denen eins nebſt den , die bisherige und nun abgeldſte Beratung von Kufſtein bildenden 4 leichten Kompagnien als Verſtårkung zum Oberſten Grafen von Arco ſtieß , als auch durch franzöſiſche Truppentheile von dem ſich in Augsburg ſammelnden Korps des Generallieutenants Grafen Beaumont
Es waren alſo jeßt alle hier verfügbaren fran : zöſiſchen und alliirten Truppen nach der Donau zu einer Haupt: ſchlacht bei Wien ( der von Wagram) aufgebrochen , die gegen Tyrol aufgeſtellten Streitkräfte daher nur ſchwach und auf die Vertheidigung beſchränkt. Dieſe waren , wie folgt: Gegen Nord wieder berett.
tyrol die Reſervetruppen des Generals Grafen Beaumont an der Iller und am Lech ; der raſtloſe, kühne und über ſeine ge
ringen Streitkräfte ſtets klug verfügende Oberſt Graf von Arco mit ſeinem nur 2,000 Mann zåhlenden Korps zur Sicherung Münchens bei Murnau , Kochel , Habach und Benediktbeurn, und der entſchloſſene Oberft Graf Karl von Oberndorf mit ſei:
nem aus baieriſchen freiwilligen Jägern zu Fuß und zu Pferd gebildeten Korps zur Deckung der Straße nach Roſenheim und Fiſchbach ; gegen das öſtliche Tyrol der General Bertoletti mit nur 800 Mann von der Diviſion Rusca in Klagenfurt, in
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dem der größte Theil der lektern von da auf dem Marſch zur großen Armee begriffen war , jedoch ſich ſpåter nach Radſtadt zu wenden ſich genöthigt fah, ſo wie endlich gegen das füdliche Tyrol die Generale Caftella und Caffarelli mit den verfüg= baren ſchwachen italieniſchen Reſervetruppentheilen zwiſchen Bi cenza und Baſſano , ſo wie in Verona.
Dagegen befanden ſich damals die öſterreichiſchen und my roler Streitkräfte auf folgenden Punkten : In der Scharnig und der Luetaſch 4 Kompagnien öſterreichiſche Linieninfanterie ; bei Mittenwald 6 Sägerkompagnien und 1/2 Eskadron Kavallerie
derſelben unter Oberſtlieutenant von Taris, gleichwie eine große Anzahl Tyroler unter Major von Teimer ; desgleichen Tyroler Abtheilungen in Lermoos , im Uchenthale, zwiſchen dieſem Thale und Kufſtein , ſo wie vor lekterer Feſtung der Hauptmann
d'Esquille mit 2 Kompagnien öſterreichiſcher Linieninfanterie nebſt Speckbacher mit einer Unzahl Tyroler.
Von der ofta
lichen Grenze Tyrols waren mehrere Abtheilungen der Deſter reicher nach Kärnthen und Steyermark und zwar bis gegen
Judenburg vorgedrungen , hatten am 3. Juli Villach belegt, ſtreiften bis in die Nähe Klagenfurts , hatten Tarvis durch Ueberrumpelung , zugleich an verſchiedenen Orten Waffen und
Geld genommen , welche Gegenſtånde nach Tyrol geſendet wurden , ſowie auch den italieniſchen General Bonfanti nebſt mehreren Kourieren gefangen , und am 8. Juli einen , wiewohl
vergeblichen , Angriff auf Malborghetto gemacht. Im Puſtera thale ſtand ſeitwärts von Lienz der General Schmidt mit feia
nem durch Selbftranzionirte bis auf 3,000 Mann vergrößerten
Truppentheil, indeſſen in genannter Stadt auch eine große Anzahl Tyroler vereinigt war ; im obern Piavethale ein öſter: reichiſches Detaſchement; in Trient, im Sugana- und untern Etſch - Thale der Oberſtlieutenant Graf von Leiningen mit øſter reichiſchen und Tyroler Abtheilungen ; in Briren der General von Buol mit der aus 8 Kompagnien Linieninfanterie und 1 Eskadron Kavallerie ſtarken Hauptreſerve , und endlich um Bogen unter Hofer eine anſehnliche Maffe Tyroler, ſo daß das 13
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öſterreichiſche Tyrolerkorps durch die vielen herbeigeſtrömten Selbſt ranzionirten damals über 8,000 Mann, ſo wie die organiſirten Tyroler Landesſchůbenkompagnien allein mehr als 10,000 Mann betrugen, denen es insgeſammt vor der Hand weder an Muni: tion noch Lebensmitteln mangelte.
Unter ſolchen für die Deſterreicher und Tyroler vortheilhafa ten Verhältniſſen bereiteten fich dieſelben , in Gemeinſchaft mit den inſurgirten und bisher in ihren Unternehmungen begünſtig ten Vorarlbergern , auf das Thåtigſte zu einem Angriffskriege nach Kärnthen , Schwaben und Baiern vor , und um die durch die
am 11. Juli nach Tyrol gelangte Nachricht von einer bei Wien gelieferten großen Schlacht, über deren Ausgang man in dies ſem Lande zweifelhaft war und dem Wunſche gemåß für die Öſterreichiſchen Waffen als glücklich ausgefallen wähnte , (der am 5. und 6. Juli bei Wagram) hervorgebrachte günſtige Volks
ſtimmung zu benußen , beſtimmte der , Briren bisher noch be fekt haltende , General von Buol den 17. Juli zu dem nach dem entworfenen Operationsplane zu unternehmenden gemein ſchaftlichen Ausfall aus Tyrol, dem zu Folge der General Schmidt
mit ſeinem noch durch 4 Linieninfanteriekompagnien nebſt 2 Geſchúten verſtärkten Korps und unterſtüßt durch Hofer mit 7,000 Tyrolern in zwei Kolonnen, und zwar die eine durch das Drau - die andere durch das Gail-Thal, nach Kårnthen , wobei 4 öſterreichiſche Infanteriekompagnien nebſt dem Reſte der Tyro ler als Reſerve zwiſchen Spital und Villach verbleibend vor: rücken , das nur wenig befeſtigte blos von 800 Mann unter
General Bertoletti vertheidigte und viele Munition, ſo wie ana dere Kriegsvorråthe enthaltende Klagenfurt wegnehmen und hierauf in Steyermark vordringen, indeſſen zugleich der Oberſt lieutenant von Leiningen mit ſeinen öſterreichiſchen und Tyro ler Abtheilungen im Sugana - und Etſch- Thale ſtreifen , ſo wie gleichzeitig die an der nördlichen Grenze Tyrols ſtehenden Deſter reicher und Tyroler in Gemeinſchaft mit den Vorarlberger Lana desvertheidigern , ungerechnet die lettern mit 2 Linieninfanterie:
kompagnien, 6 Jágerkompagnien , 1/2 Eskadron Kavallerie, 4
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Geſchüßen , 26 Tyroler Schüßenkompagnien , nebſt einer Anzahl Landſtúrmer , insgeſammt in 6 verſchiedenen Kolonnen , und 1
zwar unter Anführung des thätigen und klugen Vorarlbergers, Doktors der Rechte Anton Schneider, Majors von Teimer, Schüßenmajors Dietrich , Hauptmanns Baron von Taris und Oberſtlieutenant von Taris , ſowohl über Immenſtadt ges gen Kempten , als auch von Reitte nach Neſſelwang vorrücken, ſo wie von Mittenwald aus Murnau angreifen und nächſtdem noch von Mittenwald eines Theils über Walchenſee gegen Bes
nediktbeurn und andern Theils durch das Iſarthal gegen Len gries vordringen ſollten . Dieſer indeſſen ſo lange Zeit vorher vorbereitete und da: durch in ganz Tyrol bekannt gewordene Angriffsplan mochte wohl auch zur Kenntniß der Franzoſen und ihrer Verbunde:
ten gelangt ſeyn, indem ſie am 13. und 14. den Tyroler Gren:
zen , zur Annahme gedrängterer Aufſtellungen , und zwar wie folgt, náher rückten : Der franzöfiſche Generallieutenant Graf
Beaumont langte an dieſem Tage mit ſeinem Reſervekorps
von Augsburg in Memmingen an, von wo er über Kempten, wo eine Abtheilung dieſes Korps unter dem General Piccarð fich befand, mit den die Orte Eglofs, Wangen , Wolfeck und Ravensburg , und zwar jeden derſelben mit 1 Bataillon be: festhaltenden Würtembergern unter dem Generallieutenant von
Koſerik die Verbindung herſtellte, indeſſen von dem damals faſt 2,000 Mann ſtarken Korps des Oberſten Grafen von Arco 2 Kompagnien zu Tólz und Lengries, 1 Kompagnie in Rotach bei Tegernſee, welche von hier aus mit dem von Fiſchbach im
Innthale über Marquartſtein bis beinahe nach Reichenhall zur Beobachtung der Ausgånge Tyrols unter dem Oberſten Grafen von Oberndorf aufgeſtellten 1,200 Mann Baiern in Kommuni: kation waren , ſo wie noch vom erſtern Korps 400 Mann nebſt
1 Geſchüß bei Kochel, 3 Kompagnien , 40 Mann Kavallerie mit 1 Kanone in Murnau ſtanden , während der Oberſt Graf
von Arco mit einer ungefähr 800 Mann nebſt 2 Geſchüßen 13 *
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zählenden Reſerve bei Benediktbeurn Stellung nahm , jedoch eine Abtheilung von 230 Mann in Habach war.
Nachdem , dem erwähnten Operationsplane zu Folge, die
Vorarlberger am 13. und 14. Juli Rekognoszirungen gegen die würtembergiſchen Stellungen bei Eglofs und Isny , wobei fie ein lebhaftes Gefecht zu beſtchen hatten , ſo wie lektern Tag die Tyroler von der Scharnit und von Ehrwald aus gegen
Partenkirch und Walchenſee unternommen hatten , machten die erſtern nebſt 1 öſterreichiſchen Linieninfanteriekompagnie mit 2 Kanonen am 17. Juli einen fruchtloſen Angriff auf Kempten und mußten ſich nach blutigem Kampfe nach Immenſtadt zu: růdziehen. Eben ſo mißlangen zwei Angriffe, welche an dem ſelben Tage von den Deſterreichern und Tyrolern , ſowohl un
ter Hauptmann von Taris mit 2 Jägerkompagnien und einer Schaar Tyroler Landſtürmer von Partenkirch aus auf Murnau, als auch unter dem Oberſtlieutenant von Taris mit 2 Roma
pagnien Linieninfanterie, 3 Jagerkompagnien , 10 Kompagnien Tyrolerſchüben und 1 Zug Kavallerie nebſt 2 Kanonen von Mittenwald aus , auf den Schelmbühel unternommen wurden .
Obgleich der Leştere die baieriſchen Poſten durch Uebermacht nach und nach vom Keſſel- und Kochel -Berge vertrieben , ſo wie auf der Kothalpe zurückgedrängt hatte , ſo mußte er doch , da indeſſen der Oberſt Graf von Arco mit ſeiner Rea
ferve und 1 Haubiße von Benediktbeurn zur Verſtärkung hera
beigeeilt , auch von ihm zur Erſparung unnöthigen Blutver: gießens dem Oberſtlieutenant von Taris die amtlich empfan gene Urkunde des Znaimer Waffenſtillſtandes zugeſendet wor den war , nach einem achtſtündigen lebhaften Gefecht ſich am Abend mit einem Verluſt an Todten und Verwundeten ,I gegen
welchen der baieriſche nur unbedeutend war, nach Walchenſee und von da des andern Tages wieder nach Mittenwald zurückziehen . Hierauf griff auch der Major von Teimer, der ſich am 17. in Marſch geſegt, jedoch nach ſeinem eignen Ermeſſen den
ihm eigentlich vorgeſchriebenen Operationsplan verändert und eine andere Marſchdirektion eingeſchlagen hatte, mit 1 Kompag
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nie Jáger, 11 Zug Kavallerie, 10 Kompagnien Tyroler Schüßen, nebſt 2 Kanonen, nach baieriſcher Angabe gegen 2,000 Mann, darunter 40 Mann Kavallerie nebſt 3 Geſchüßen , am 18. Juli früh die auf den Höhen von Murnau aufgeſtellten baieriſchen Vorpoſten an und nöthigte dieſelben nach einem faſt zweiſtün : digen Gefecit, als eben die Tyroler durch einen kühnen Angriff des baieriſchen Hauptmanns Baur zurücwichen, durch eine uns vermuthete und gelungene Attaque der öſterreichiſchen Kavallerie, beſonders auch weil bei den Baiern Munitionsmangel eingetres ten war , mit einem Verluſte von 55 Verwundeten , Vermiſten
und Gefangenen zum Rückzuge nach Habach. Hier wurden ſie durch ein da ſtehendes Detaſchement, ſo wie eine des Nachmit tags 3 Uhr unter dem Oberſten Grafen von Arco eintreffende Reſerveabtheilung verſtårkt, und nun griff Legterer mit ſeinem faſt 600 Mann nebſt 3 Geſchützen ſtarken Truppentheile die unter
Major von Teimer zwiſchen Ober -Sóchering und Spaßenhauſen aufgeſtellten Deſterreicher und Tyroler an, ſchlug fie nach einem entſchloſſenen Angriff ſeiner obgleich ſchwachen Reiterei unter Rittmeiſter Graf von Lerchenfeld in die Flucht , nahm alsbald
Spakenhauſen 1, verfolgte hierauf die nach Tyrol zurückfliehena den Feinde lebhaft bis Murnau , und nahm ihnen , den Verluſt einer Unzahl Todten ungerechnet, gegen 100 Gefangene und 1 Kanone ab. Gleichfals drang eine Tyroler Schaar unter Uss pacher am 19. Juli aus dem Uchenthale erfolglos bis Hohens wieſen vor und mußte ſich kurz darauf mit geringem Ver luft an Todten und Verwundeten wieder zurückziehen. Da General von Buol bereits am 16. in Briren die gewiſſe Nachricht von der für die öſterreichiſchen Waffen unglücklichen
Schlacht bei Wagram erhielt, ſo wurde, in Folge dieſer Mittheis lung, der bereits von den Deſterreichern und Tyrolern von Lienz
nach Klagenfurt und zum Eindringen nach Steyermark angetre: tene Marſch wieder eingeſtellt. Auf dieſe Weiſe war denn ein Theil der von den Deſter
reichern und Tyrolern begonnenen Operationen mißlungen, in:
deſſen der noch übrige derſelben nicht zur Ausführung kam.
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Mehrere Tage hierauf verbreitete ſich auch in Tyrol die Nach: richt von dem am 12. zu Znaim zwiſchen dem franzöſiſchen und dem öſterreichiſchen Kaiſer abgeſchloſſenen Waffenſtilſtande.
Da eine Bedingung des lektern die war , daß die dſterreichi ſchen Truppen ſofort Tyrol und die Feſte Sachſenburg raumen follten, fo befahl Kaiſer Napoleon dem Marſchall Lefebre, Her:
zog von Danzig , mit hinlänglichen Streitkråften in Tyrol und auch in Vorarlberg einzudringen und dieſe beiden Lånder wah rend der Waffenruhe zu entwaffnen.
Zur Ausführung dieſes Planes wurden nun faſt 35,000 Mann, die den Befehlen dieſes Marſchals untergeordnet waren, gegen Tyrol in Bewegung geſekt und erhielten folgende Bes ſtimmungen. Von den Ufern der Donau traf am 20. Juli die dritte baieriſche Armeediviſion unter Generallieutenant von Deroi , ſo wie am 25. die erſte baieriſche Diviſion unter Ge nerallieutenant von Raglovich und am 26. , wie bereits früher angeführt, die 3. Diviſion der Rheinbundstruppen unter dem
franzöſiſchen Diviſionsgeneral Rouyer in Salzburg ein, um von hier in Tyrol einzurücken. Der franzöſiſche General Mont marie, welcher den Befehl über die zwei vereinigten baieriſchen Korps der Oberſten Grafen von Arco und von Oberndorf übers nahm, ſollte durch das Achenthal nach Jennbach, im Innthale,
vorrücken . Das Reſervekorps unter dem franzöſiſchen Divi fionsgeneral Grafen Beaumont marſchirte nach Schongau im Lechthale, von wo aus eine Abtheilung deſſelben unter dem Ges neral Piccard über Kempten gegen Immenſtadt, eine zweite, befehligt vom General Lacoſte, über Füſſen gegen Reitte, ſo wie eine dritte unter den Generalen Lagrange und Froment ůber Partenkirch gegen den Scharnigpaß ſich in Marſch lebt
Das königlich würtembergiſche Korps unter dem Kronprinzen , mit welchem ſich ein badiſcher Truppentheil vereinigte , drang zur ſelben Zeit gegen Vorarlberg vor. Der franzöſiſche Ges neral Rusca ; welcher nach Radſtadt gedrångt worden war, wurde befehligt, über Gemůnd ins Drauthal und von da ge
gen Sachſenburg und nach dem Puſterthale vorzugehen. End
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lich ſollte im Venetianiſchen durch alle disponible Truppen un
ter dem General Caſtella über Feltre und Belluno gegen Cor: tina und Ampezzo , ſo wie unter General Perry von Verona aus in das Etſchthal eine Vorrückung unternommen werden. Der am 23. Auguſt zu Salzburg eingetroffene Marſchau Les febre ließ den General von Buol , in Folge der Znaimer Waf
fenſtilſtandsbedingungen , zur unverzüglichen Räumung Tyrols auffordern ; jedoch weigerte ſich Lepterer deßhalb , dieſem Vers langen zu entſprechen , weil er von ſeinen Behörden von dieſem Ereigniſſe keine Mittheilung , ſondern im Gegentheile erſt am
22. Juli von dem Erzherzog Johann aus deſſen zwiſchen Raab
und Papa gelegenen Hauptquartier zu Teth den unterm 18. Juli gegebenen Befehl, Tyrol nach allen Kräften zu behaup ten zu ſuchen und der feindlichen Aufforderung eines vorgeb lich abgeſchloſſenen Waffenſtilſtandes in keinem Falle zu ent ſprechen, erhalten hatte.
Dieß war der Stand der Ereigniſſe in Tyrol , als das herzoglich fächſiſche Regiment an der Erpedition zur nochmali: gen Unterwerfung dieſes Volkes , das durch ſeine gegen aner: kannt tapfere Soldaten errungene zweimalige Befreiung ſei nes Landes eine hohe moraliſche Kraft und Kriegsübung er: langt hatte und durch die erfahrenen Kriegsdrangſale höchſt erbittert war , Antheil nehmen ſollte. Die Folge hat gezeigt,
daß dieſes Regiment nach Möglichkeit und mit bedeutenden blutigen Opfern dieſer Aufforderung und dabei der ehrenvollen Beſtimmung als Avantgarde des Hauptkorps , und nachſtdem auch, dem kriegsgeſchichtlichen Zeugniſſe gemäß, der Anforderung einer ſtrengen Kriegszucht in dieſem Lande des Aufruhrs , die in dem dankbaren Andenken der Bewohner dieſes Landes heut
zu Tage noch geprieſen wird , entſprochen , indeſſen mit ſei nen gleichzeitigen Kampfgefährten , der ungünſtigen Verhålt: niſſe und der unüberwindlichen Schwierigkeiten halber ,
das
gleiche Geſchick ſeiner Vorgånger getheilt hat. In allen Fällen jedoch hat es die Ehre des aus der Vorzeit durch einen der
denkwürdigſten Einfälle in Tyrol geſchichtlich rühmlichſt begrün
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deten fåchſiſchen Namens aufrecht erhalten, worüber als Erin :
nerung an jene Tage eine gedrängte Darſtellung einzuſchalten erlaubt ſeyn möge.
Der ſtaatskluge und unternehmende Moriß von Sachſen, im Jahre 1547 erſter Kurfürſt aus der albertiniſchen Linie, hatte im Jahr 1552 , um der ſich immer mehr vergrößernden Macht des damals in Innsbruck ſein Hoflager haltenden Kaiſers Karl V. aus dem Hauſe Habsburg und Stifters der ſpaniſchen Linie , Schranken zu ſeßen , mit den protea ſtantiſchen deutſchen Fürſten und dem Könige von Frankreich Heinrich II. ein geheimes Bündniß abgeſchloſſen , und brach
am 20. März gedachten Jahres von Thüringen mit eis ner 20,000 Mann Fußvolk und 5,000 Mann Reiter ſtarken Armee , deren ausgezeichnetſte Anführer der Markgraf Albrecht zu Brandenburg , welcher ihm in Rothenburg an der Tauber 10,000 Fußknechte und 2,000 Reiter zuführte, der Herzog Georg von Meklenburg und der Graf von Heideck waren, gegen Lugg burg auf, traf am 31. März vor dieſer Stadt ein, beſegte dies ſelbe am 1. April ohne Widerſtand und richtete von hier aus ſeinen Marſch nach Tyrol. Er langte am 17. bei Füſſen an , griff am 18. die Kaiſerlichen bei Reitte an , ſchlug ſie in die Flucht, eroberte ihr Lager und ein Fähnlein , wobei lektere ge gen 1,000 Todte , Gefangene und in den Lech Geſprengte vers
loren , rückte hierauf noch ſelbigen Abend gegen die Ehrenber gerklauſe vor , umging dieſelbe über den Roßberg mit bewun : dernswürdiger Geſchwindigkeit noch in derſelben Nacht, und griff hierauf am Morgen des 19. dieſen im Rufe als unůber : windlich ſtehenden , von ungefähr 3,000 deutſchen und ſpani Ichen Kriegsknechten vertheidigten Paß an , nahm die Verſchan zungen nebſt dem Schloſſe nach langer und tapferer Gegens wehr der Beſakung, von welcher der größte Theil niedergemacht wurde , weg und drang ſelbigen Tag noch bis Heiterwang vor. Obgleich nun dieſer kühne Kurfürſt Moriß durch die Ema
pôrung des Regiments Reifenberg, welches ſogar Feuer auf ihn gab , nicht allein mit ſeinem Leben bedroht, ſondern auch
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dadurch einen Tag lang in ſeinem Siegeszuge aufgehalten wurs de, ſo nahm er doch alsbald den Fernpaß ohne Gegenwehr, indem das erſchrođene Landvolk ſein Heil in der Flucht in die
Gebirge ſuchte, drang ſchnell gegen Innsbruck vor und befekte am 23. dieſe Stadt , welche eben der ſtolze Kaiſer Karl V., von den Freuden ſeiner Abendtafel aufgeſchreckt, während der ſtürmiſch regnigten Nacht vom 22. zum 23. mit ſeinen Trup: pen , begünſtigt durch jenen Zufall, verlaſſen hatte, indem er, am Podagra , welches theilweiſe ſeine Thätigkeit lähmte , leidend, ſich in einer Sånfte bei Fackelſchein über den Brenner tragen
ließ und von hier beſtürzt nach Villach in Kärnthen entfloh, wohin ihm ſein Hof in ziemlicher Verwirrung folgte. Kurfürſt Moriß ſchůkte das Eigenthum der Bewohner von Innsbruck, jedoch gab er das des Kaiſers, ſo wie dasjenige des Biſchofs
von Augsburg und das der Spanier ſeinen Soldaten preis, welche dadurch reiche Beute machten und, angethan mit den koſt:
barſten Kleidern der übermüthigen Spanier , ſich nach ſpani ſchem Gebrauch ſpåttelnd Señores nannten . In Bezug auf dieſes Ereigniß hat man noch folgende Anekdote : Die råchſiſchen Soldaten ſchrieben zu dem Wahl ſpruch Karls V.: Plus ultra die Worte : ,,von Innsbruck nach Villach)" .
Da Morik die weitere Verfolgung des Kaiſers, indem ſie damals nach Villach zu ſehr beſchwerlich und für ſeine Artil
ſerie ganz unmöglich war , nicht für råthlich hielt, ſo begnügte er ſich mit deſſen Demüthigung, indem er ſehr paſſend ſagte,
,,er habe keinen Käfig für ſolchen Vogel" , und verließ nach acht: tågigem Verweilen in der Hauptſtadt Tyrol nach der Richtung über Füſſen wieder , und zog ſich nach Rothenburg an der Dauber zurück. Wenden wir uns nun nach Unführung dieſer Begebenheit wieder zu dem im Bivouak hinter Salzburg und zum Ein růčen in Tyrol begriffenen herzoglich fåchfiſchen Regimente zu růck, und möge nun mit unbefangener hiſtoriſcher Treue und
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Genauigkeit die weitere Darſtellung dieſes Gebirgs- und Volks: Krieges folgen.
Da Kaiſer Napoleon dem Marſchau Lefebre befohlen hatte, mit 2 baieriſchen Diviſionen und der Diviſion Rouyer am 1 .
Auguſt Innsbruck zu befeßen , fo trat, dem Operationsplane zu Folge , am 24. Juli die dritte baieriſche Diviſion unter Gene: ral von Deroi den Marſch von Salzburg an , traf dieſen Tag in Golling , fo wie am 26. über den bedeutenden , von den Ty rolern auf Zureden des an dieſelben abgeſandten Fürſt - Biſchofs 1
von Chiemſee verlaſſenen , luegpaß und über Werfen zu St. Johann im Pinzgau ein , beſtand hierauf am 27. zwiſchen Lend und Tarenbach mit 5 bis 600 Tyrolern ein hiniges Ges fecht , wobei er 3 getödtete und verwundete Offiziere nebſt 4 todten und 28 verwundeten Soldaten hatte , indeſſen die Ty roler mehrere Gefangene verloren , und drang des andern Ta ges von legterm Orte , um mit den über Lofer vorrückenden 2 Diviſionen des Marſchaus die Verbindung zu eröffnen , gegen Zell vor. Marſchall Lefebre dagegen brach am 27. Juli Mor gens 2 Uhr mit dem Hauptkorps , beſtehend aus 2,1 / 2 Regi mentern , nåmlich No. 4.: Herzége zu Sachſen, No. 5.: Hers zöge von Anhalt und Fürſten von Lippe , No. 6.: Fürſten zu Schwarzburg , Waldeck und Reuß , von welchem letztern jedoch das Bataillon der Fürſten zu Schwarzburg als Beſaßung in der Feſte Salzburg zurückblieb, unter dem Diviſionsgeneral Rouyer , ſo wie mit der hierauf nachfolgenden erſten baieriſchen Diviſion Kronprinz unter General von Raglovich , 4 Linienre .
gimenter und ein leichtes Bataillon Infanterie, 2 Kavallerie: regimenter und die , von der Diviſion von Deroi als Verſtår: kung erhaltene, 1,1 /2 Batterie mitgerechnet, 30 Geſchúte záh lend , bei und von Salzburg , wo ſowohl alle Kranke , als auch 1
ſämmtliche Regimentskaſſe- und Bagage -Wagen , mit Aus nahme der Medizinwagen , zurückgelaſſen, und Brod ſo wie Fourage auf vier , und Fleiſch auf zwei Tage gefaßt worden 1
war, auf der Straße nach Reichenhall gegen den Strubpaß auf. Aus den Zimmerleuten der ganzen Kolonne war ein
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Schanzerkorps unter den Befehlen des baieriſchen Ingenieur:
hauptmanns Becker zur Aufräumung etwaiger Verhaue und zur Wiederherſtellung abgeworfener Brücken formirt. Der fran zöſiſche Diviſionsgeneral Graf Drouet war Chef des General ſtabs dieſer Armee.
Uuf Befehl des Marſchals bildete das herzoglich fåchfiſche Regiment die Avantgarde und von dieſem das leichte Bataillon
Weimar und Hildburghauſen die Spike derſelben , ſo wie des ganzen Hauptkorps. Nach einem über Reichenhalt und den von den Einwohnern verlaſſenen Ort Lofer zurückgelegten zwolf ſtündigen Marſche kam das Korps vor dem wichtigen, den Ein gang nach Tyrol auf der Hauptſtraße von Salzburg vertheidi genden Strubpaß an. Da nun dieſer, als ein wahres Bollwerk Tyrols anzu fehende Engpaß , deſſen blos wagenbreite Paſſage durch ein feſt verrammeltes Thor vollkommen geſchloſſen , an welchem rechts die hart vorbeifließende reißende Salza , an deren jenſeiti:
ges Ufer hohe ſchroffe unzugängliche Felſenwände herantreten, ſo wie links durch einen ſtarken viereckigen Thurin , an welchen ſich weit ausdehnende ſteile mit Paliſſaden und Verhauen ver fehene Gebirgslehnen anſchloſſen , hinlänglich geſchüßt wurde, von dem Tyroler Anführer im Landgerichte Kisbúhel , Ruppert Winterſteller, mit 300 Tyroler Schüßen und einer Unzahl óſters
reichiſcher Selbſtranzionirter befekt war , ſo forderte ſogleich der 1
Marſchall ihn , zu Vermeidung unnöthigen Blutvergießens , und zugleich , um ſeinen Truppen nach dem bereits zurückgelegten langen Marſche vor dem Angriffe noch eine kleine Ruhe zu ver
ſchaffen, zur Uebergabe dieſes Paſſes binnen einer Viertelſtunde, To wie zur Ablieferung der Waffen auf , widrigenfalls er leks tern alsbald erſtürmen laſſen würde.
Da die feſtgelegte Zeit ohne befriedigende Antwort vers floſſen war , ſo růckte das leichte Bataillon Weimar und Hild burghauſen , deſſen Spike der Lieutenant von Erayen mit 50 Büchſenſchüben bildete , und dabei durch die in einiger Ents
fernung hinter demſelben in Schlachtordnung aufmarſchirten 2
20+
Linienbataillone des Herzoglich fåchfiſchen Regiments , ſo wie durch die baieriſche Batterie des Hauptmanns Bandouve , in:
dem der Diviſion Rouyer durchaus Geſchůg mangelte, unter: ftükt, zum angriffe gegen die Verſchanzungen vor. 21s eben das Bataillon den Sturm beginnen wollte, be: 1
merkte aber deſſen gegen den Paß vorgeſendeter Udjutant von Beulwik , daß die feindliche Beſakung die Verſchanzungen all måhlig zu verlaſſen anfing , weßhalb das Regiment auf die von ihm gegebenen Zeichen ſogleich im Eilſchritte, und ſo ſchnell als es die durch eine ungeheuere Menge herabgewälzter Stein maſſen faſt vollig unzugänglich gemachte enge Straße erlaubte,
gegen das ſtark verrammelte Thor vordrang , welches ſodann geöffnet und der Paß befekt wurde , worauf mehrere Tyroler Abgeordnete eine Anzahl Gewehre von der indeſſen entflohenen
Beſakung auslieferten. Nachdem die Straße mit vieler Mühe und Zeitverluſt, damit die Kavallerie und Artillerie folgen konnte, aufgeräumt worden war ,1 bezog das herzoglich ſáchſiſche Regi ment in einiger Entfernung hinter dieſem Paß unter Strömen von Regen , der die ganze Nacht hindurch fortdauerte , den Bi vouať und das leichte Bataillon deſſelben die äußerſten Vors poſten. Gleichfalls ergab ſich auch der Paß Luftenſtein , und 1
deſſen Beratung lieferte ihre Waffen ab. Uuf dem vom Marſchall am 28. úber St. Johann forts
geſekten Marſche traf man alle Dörfer und einzelnen Woh nungen von ihren Bewohnern, ſo wie dieſen Ort, mit Ausnah me weniger derſelben , gånzlich verlaſſen , und der Bivouak
1
wurde bei Sóll bezogen.
1
Da in St. Johann ein vom Kommandanten der von Kufſtein abgezogenen Blokadetruppen abgeſendeter öſterreichiſcher Dragonerhauptmann als Parlementair bei dem Herzoge von Danzig mit der Erklärung , daß , weil man öſterreichiſcher Seits
.
!
noch keine offizielle Beſtåtigung des vorgeblichen Waffenſtill ſtandes erhalten habe , ein bei Rattenberg verſammeltes 10,000 Mann ſtarkes Korps jedem weitern Vorrücken deſſelben Schran
ken legen werde, eintraf, jedoch dieſer Offizier ſich ſeines Auf
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trags mit einem unangemeſſenen Benehmen entledigte, fo wurde er gefangen zurückgehalten . Indeſſen langte General von Des roi dieſen Tag über Brugg zu Uttendorf an , wo er einen öſterreichiſchen Fågerpoſten gefangen nahm . Mittlerweile hatte fich das Korps des Oberſten Grafen von Arco , von Benedikt:
beurn und Murnau , ſo wie das des Oberſten Grafen von Dberndorf, von Ober - und Nieder- Auerdorf kommend , am ſpås ten Abend des 27. , gegen 3,000 Mann Infanterie und Kaval lerie nebſt 2 Geſchůßen ſtark, unter General Montmarie vor dem Eingange des Uchenthales bei Kreuth vereinigt und er rückte, obgleich er am 28. auf allen Gebirgspunkten die Al. larmſtangen der Tyroler angezündet und die Brücken und Fuß:
ſteige im Achenthale zerſtört fand und die Herſtellung viel Zeit raubte , doch ohne vorgefundenen thåtlichen Widerſtand über den Paß der Kaiſerwacht bis zu dem wichtigen Paſſe Klamm oder den Schanzkopf vor.
Die , durch das gleichzeitige Vorrücken des Marſchalls Les febre gegen das Innthal , ſo wie das des Generals Montmarie
im Achenthale, für ihre Rückzugslinie nach Innsbruck beſorgs ten , die Feſtung Kufſtein einſchließenden Deſterreicher unter Hauptmann d'Esquille und Tyroler unter Speckbacher , zogen ſich am 28. bis Rattenberg , wo letterer die Brücke über den
Inn zur Erſchwerung der Verbindung obengenannter beiden vorrückenden Korps abwarf, zurück. Nachdem das Hauptforps unter Marſchall Lefebre am 29. den am Straßenvereinigungspunkte von Roſenheim und Salzburg gelegenen zerſtörten Ort Wórgl paſſirt hatte , und
in der Nähe der zu einer Vertheidigung ſehr günſtig gelegenen Stadt Rattenberg , bei welcher man auf ernſtlichen feindlichen Widerſtand zu ſtoßen glaubte , eintraf, mußte ſich die Diviſion Rouyer, und zwar das herzoglich ſáchſiſche Regiment, wie bis: her , die Tête bildend , in Kolonne ſeben und die baieriſche Sta : vallerie, an der Spike der Marſchall, nebſt der Batterie Van: douve vorrúden. Da jedoch die dieſen Ort beſekt haltenden
Deſterreicher und Tyroler fich eiligſt von da gegen das Brens
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jeßt aber nur mehrere Hundert beſchäftigten , welche an dem Kriege ſehr thảtigen Untheil nahmen und in den Bergſchachten verborgen waren ; auch lagen in der Umgegend in Folge des Kriegs das Schloß Freundsberg nebſt vielen Ortſchaften und einzelnen Wohnungen in Schutt und Aſche, während die Bes
völkerung ſich großtentheils in die Gebirge geflüchtet hatte und von da den Marſch der Truppen im Thale beobachtete und zu: weilen auf die Nachzügler feuerte. Gleichzeitig kam hier das Korps des Generals Montma rie aus dem Achenthale auf dem linken Ufer des Inns an und
rükte auf dieſer Seite des Fluſſes durch die von den Einwoh nern verlaſſenen Derter Stanz , Pomp und Lerfens gegen Hau bor . Die zerſtörte Brücke über den Innfluß bei Schwaz wurde wieder hergeſtellt, und die Diviſionen Rouyer und Kron prinz ſekten ihren Marſch durch dieſen Ort und das Dorf Weer, welches , da ein Tyroler in ſelbigem 2 baieriſche Kaval leriſten vom Pferde ſchoß , durch dieſe Truppen hart mitgenoma men wurde , bis vor Hal fort, wo ſie auf der dortigen Ebene ruhten , indeſſen der Marſchal mit mehreren Schwadronen Kas vallerie gegen Innsbruck vorauseilte. Nach einer halben Stun de Raft ſekte die Diviſion Rouger, dem erhaltenen Befehl zu Folge , ihren eiligen Marſch nach Innsbruck fort, da in deſſen Náhe , und zwar nach dem Berge Iſel zu , zahlreiche Tyroler Haufen geſehen worden waren , rückte hierauf Abends 10 Uhr mit klingendem Spiel in dieſe Hauptſtadt ein und bezog bei felbiger vor Wiltau gegen den Iſelberg, ſo wie die erſte baie: riſche Diviſion zwiſchen der Stadt und dem Inn den Bivouak, indeſſen von lekterer 1 Bataillon Infanterie nebſt 1 Schwa: dron Kavalerie am linken Ufer des Inn , um gegen den Scharnispaß, von wo her man den General Grafen Beau:
mont erwartete, Streifzüge zu unternehinen, aufgeſtellt wurde. Das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen unter dem Major von Germar bezog aber nach einem zurückgelegten fünf:
zehnſtündigen höchſt angeſtrengten Marſche auf dem eine halbe Stunde hinter Innsbruck nach dem Brennergebirge zu geleges
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nen, als kriegeriſch blutigen Schauplak bekannten Berge Iſel, von welchem erſt wenige Stunden zuvor die Tyrolerhaufen
weggezogen waren , die außerſten Vorpoſten des Hauptkorps. Da es bereits ganz dunkle Nacht und der auf der ſcharfen, mit Gehölz beſtandenen Gebirgskante angewieſene Bivouak deß halb nicht gehörig zu ordnen war , ſo lagerte ſich, der Vorſicht wegen, die Mannſchaft mit Sack und Pack, mit ihren Gewehren neben fich , indeſſen die erforderlichen Poſten ausgeſtellt wur: den , ſo gut es die Finſterniß und die Unkunde der Gegend geſtattete. Die Nacht verging ruhig , und beim Tagesanbruch des 31. war die erſte Sorge, die Poſten , ſo wie den Bivouak zu ordnen und hierauf der durch die , bei ſpårlicher Verpflegung und in der drückendſten Sulihite , burch ganz verheerte Gegen den zurückgelegten , langen Mårſche angegriffenen Mannſchaft, von der das herzoglich fåchfiſche Regiment von Rattenberg bis Innsbruck 5 Mann Todte verlor, einige Nahrung zu verſchaf fen. Es wurden deßhalb einige Detaſchements abgeſchickt, um in den nahe gelegenen verlaſſenen Bauerhöfen Lebensmittel aufzutreiben, deren geringe Ausbeute in etwas Mehl, Schmalz und Honig beſtand. General Montmarie war am 30. Abends mit den Trup
penabtheilungen der Oberſten Grafen von Urco und Grafen von Oberndorf in Hall eingerückt, mit welchen er dieſe Stadt befekt hielt und zugleich auch auf der zwiſchen derſelben und zwiſchen Mits gelegenen ſogenannten Miller Haide bivouakirte.
General von Deroi war ſelbigen Tag , nach höchſt angeſtreng ten Gebirgsınårſchen üter den , das Pinzgau von dem Zillera thale trennenden , Gebirgsſattel (die wilde Gerlos) in Zell, um
von da aus in das Innthal vorzudringen , eingerückt. Gleich : zeitig hatte General Lagrange mit einer Abtheilung des Reſer: vekorps des Generals Beaumont die Scharnit, ſo wie mit feia
ner Avantgarde Zirl befekt und bei Ausführung deſſen 2 Offi ziere nebſt 60 Mann Linieninfanterie von der Nachhut der ſich von dieſen Punkten zurückziehenden Deſterreicher gefangen ge nommen.
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Bu gleicher Zeit zog General von Buol feine im Etſch und im Inn - Thale ſtehenden Truppentheile bei Schabs zuſam men, und General Schmidt traf am 31. mit feinem Korps zu
Mauten im Gailthale und in der Gegend von Sachſenburg ein . Da nun der größere Theil des nördlichen Tyrols unters worfen worden , jedoch das públiche Land , ſo wie das Puſter thal und Bintichgau noch unter den Waffen waren , fo befahl
der Marſchall, daß zur Unterwerfung des erſtern die ſchwache Diviſion Nouver über den Brenner vordringen ſollte, indem er glaubte, daß der General Rusca, mit den franzöſiſchen Truppen durch das Puſterthal, und General Perry, mit den italieniſchen Truppen gegen Bogen anrückend , ihre Mitwirkung hierzu bie
ten und ſich an ihn heranziehen würden. Dem zu Folge brach die im Lager bei Innsbruck bei ſehr nothdürftiger Verpflegung am 31. Juli raſtende und dieſen Tag ihre ſåmmtlichen Kran ken und Maroden in das dortige Hoſpital ſendende, bloß zwei und ein halb unvollzählige Regimenter ſtarke Diviſion Nouyer *), welcher, in Ermangelung aller Kavallerie und Artillerie das 4. baieriſche Chevaurlegersregiment von Bubenhofen nebſt der Batterie Vandouve beigegeben worden war , am 1. Auguſt
früh, und zwar, wie bisher, das herzoglich fåchſiſche Regiment die Tête und von felbigem das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen nebſt einer Abtheilung dieſes Chevaurlegers regiments die Avantgarde, ſo wie der Lieutenant von See bach nebſt 40 Büchſenſchüßen die åußerſte Spike bildend, ge gen das Brennergebirge auf, um die Stadt Briren, den wich tigen Vereinigungspunkt der Straßen von Villach, Innsbruck und Verona, zu gewinnen. Der Marſh ward , gegen alles Erwarten , obgleich bewaff nete Tyroler in den Gebirgen wahrgenommen wurden , un-: geſtort durch das merkwürdige Defilée des Schönbergs über * ) In mehreren Werken über den Feldzug in Tyrol 1809 als die ſáchſiſche Diviſion bezeichnet.
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Matrey biß Steinach fortgeſellt, wo der General Rouyer mit einer Abtheilung der Diviſion Quartiere nahm , indeſſen der
übrige Theil derſelben bei dieſer Stadt den Bivouak, ſo wie der Lieutenant von Seebach nebſt 40 Mann die Vorpoſten auf der Straße nach dem Brenner zu bezog. Die Einwohner von Steinach zeigten ſich freundlich , und die Mangel leidende Mannſchaft wurde hier mit etwas Brod und Tyrolerwein ver : pflegt.
Gleichzeitig befand ſich hier eine kleine Abtheilung öſters reichiſcher, zu ihrem Hauptkorps zurückziehender Såger. In: deſſen ſtand General Montmarie mit dem Korps des Obers ften Grafen von Arco in der Stadt Hall, zu deren Kommans danten lekterer ernannt worden war, um ſowohl das linke Ufer
des untern Innthals zu beobachten , als auch die dortige Gea gend zu entwaffnen , indeſſen das Korps des Oberſten Grafen 1
von Oberndorf nebſt 50 Mann Ravallerie und 1 Kanone von der Arcoiſchen Abtheilung felbigen Tag Schwaz und Rattenberg,
wo dieſer Oberſt die Kommandantur übernahm , zur Beobach tung des rechten Innufers, ſo wie zur Entwaffnung der dorti gen Umgegenden beſepte. Die Diviſion Beaumont war indeſſen im Innthale auf wärts über Landeck vorgerückt und drang hierauf über den Arlberg nach Bludenz in Vorarlberg ein , worauf die Unters
werfung dieſer kühnen Gebirgsbewohner erfolgte. Der Mar: ſchall, welcher mit der baieriſchen Diviſion Kronprinz in Inns. bruck verblieben , zu der hier am 1. Auguſt die durch das
Zillerthal und über Volders herangerůkte Diviſion von Deroi , die ſich in der Ebene vor der Wiltau an der gegen Schönberg führenden Straße lagerte, geſtoßen war , wirkte in: deſſen auf das Thấtigſte zur Herbeiführung der Ordnung und Ruhe. Deßhalb erließ er auch am nämlichen Tage in dieſer
Hauptſtadt eine Proklamation , durch welche er unter andern allen Tyroler Unführern und Landesvertheidigern, die ſofort fich unterwerfen und ihre Waffen ausliefern würden, völligen Schub und Sicherheit des Lebens und Eigenthums zuſicherte, welche 14 *
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Verheißung ſich auch auf die Bewohner Vorarlbergs und die
Gegend des Salzburger Landes erſtreckte. Hiernach ſollten auch bis zum 10. Uuguſt alle Waffen und Munition ausgeliefert, ſo wie die Namen der waffenfähigen Mannſchaft von 16 bis 45 Jahren, welche an dem Kriege mit Antheil genommen , ein gereicht werden . Alle Kommandanten dieſer Kompagnien, von welchen ein Theil vorzüglich und namentlich bezeichnet waren, ſollten ſich bis ſpåteſtens zum 10. Auguſt im Hauptquartier des Marſchaus zu Innsbruck zum Beweis ihrer Unterwürfig keit und zum Zeichen der Ruhe und Entwaffnung der Landes
bewohner, ſtellen , im Nichtbeachtungsfalle bis zu der gefekten Friſt aber das Vermogen dieſer vorzüglich genannten Volks : führer ſofort konfiszirt, und ſobald dieſelben ergriffen, einer Mi litairkommiſſion übergeben und ſogleich hingerichtet werden . Aus:
geſchloſſen von dieſer allgemeinen Amneſtie war der Major von Teimer , welcher , als Hauptrådelsführer des Tyroler Aufruhrs bezeichnet, ſobald man ſeiner habhaft, ſofort einer Militairkom miſſion übergeben und an welchem binnen 24 Stunden das Todesurtheil vollſtreckt werden ſollte. Ferner ſollten die be treffenden Behörden und Einwohner mit ihrem Leben und Ver
mogen für die perſönliche Sicherheit der ſich in ihren Orts : bezirken aufhaltenden Militair- und Civil- Perſonen der alliirten Gruppen haften. Zum Präſidenten der von dem Könige von
Baiern nach Innsbruck abgeſchickten Hofkommiſſion wurde der Generalmajor Graf Aloys von Rechberg beſtimmt. Der Di viſionsgeneral Graf Beaumont wurde zum Oberbefehlshaber in Vorarlberg und der Brigadegeneral Freiherr von Kiſter als folcher im Salzburgiſchen ernannt. Gleichzeitig ließ auch der Marſchall alle in den Landgerichten Innsbruck, Schwaz, Rat: tenberg und Kufſtein befindlichen Pulvermühlen zerſtören.
Der öſterreichiſche General Schmidt übergab am 1. Au guſt an den General Rusca die Feſte Sachſenburg, wobei die Zyroler anfänglich den Plan, fie im Augenblicke der Ueber
gabe zu überfallen und wegzunehmen, gefaßt hatten .
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Am 2. mit dem früheſten Morgen brach die Diviſion Rouyer in der nämlichen Marſchordnung, wie vorigen Tages,
ausgenommen , daß der weimariſche Lieutenant von Buchwald die åußerſte Spiße der Vorhut führte, gegen den Brenner auf und fand, gegen alle Erwartung , dieſen von der Natur und Kunſt zu einem der ſtårkſten Påſſe Tyrols geſchaffenen Punkt von den Tyrolern verlaſſen. Zu den vorzüglichſten Befeſtigun gen gehörten die ſogenannte Brennerſchanze, ſo wie das 4481 1
Fuß über der Meeresfläche erhabene Poſthaus, welches bis auf
das erſte Stockwerk abgetragen und auf welchem eine Batterie errichtet war. Nachdem einige Verhaue aufgeräumt, ſo wie mehreres von den Werken demolirt worden war , wurde der
durch dieſe Arbeit längere Zeit verzögerte Weitermarſch der Diviſion über den Brenner bis Sterzing fortgeſekt , in deſſen Nåhe die mittlerweile vorausgeeilte Avantgarde eine Menge bewaffneter Tyroler in den Gebirgen verſchwinden ſah und wo
ſie nach einem langen Gebirgsmarſche am ſpåten Nachmittage den Bivouak auf der hinter dieſer Stadt nach Mittewald zu an der Chauſſee links gelegenen Ebene , auf den ſogenannten Sterzinger Mooswieſen , bezog , fowie der General Rouyer nebſt
den 2 gothaiſchen Grenadierkompagnien unter dem Befehle des Majors Knauth die Quartiere in Sterzing nahm , wo Lego terer zum Plagkommandanten ernannt wurde. Dagegen be: febte der Lieutenant von Buchwald nebſt 40 Mann, als &ußer:
fter Vorpoſten, die in der Nähe des alten Bergſchloſſes Spre chenſtein (oder Felseck) und gegen das Dorf Mauls zu ge regene Eiſackbrücke. In Sterzing fand man gleichfalls eine . Abtheilung öſterreichiſcher Jäger , die ſich den zu der Zeit blos einige Meilen von da entfernt bei Schabs ſtehenden Deſter: reichern unter General von Buol anſchließen wollten , und obgleich deſſen Bewohner åußerlich gute Geſinnungen zeigten, fo wurde doch von Zeit zu Zeit ein Verſchwinden von Bez waffneten derſelben nach den Gebirgen hin wahrgenommen. .
General von Buol rückte dieſen Tag mit ſeinen Truppen,
wegen der Tags zuvor vom Fürſt - Biſchof von Briren und
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dem Landgerichte dieſer Stadt erhaltenen Anzeige, daß die Land leute eine Entwaffnung ſeiner Soldaten und die Wegnahme
der Geſchüße beabſichtigten, in ein Lager bei Schabs, aus wel chem er jedoch noch am 2. Auguft, nachdem ſeine detaſchirt geweſenen verſchiedenen Truppentheile aus dem Inn- und Etſch Thale zu ihm geſtoßen waren , mit ſeinem , einſchließlich der den folgenden Tag aus der Gegend von Sachſenburg den Ab: zug nach Villach und Klagenfurt antretenden Truppenabthei lung unter General Schmidt, bis auf 8731 Mann Infanterie und 214 Mann Kavallerie herangewachſenen Korps aufbrach und am 4. in Sillian, ſo wie am 5. in Lienz eintraf und hierauf gegen Ende Auguſt bei Warasdin zum Korps des Erzherzogs Johann ſtieß, nachdem General Schmidt ſolches bereits um die Mitte dieſes Monats bewerkſtelligt hatte. Den abziehenden öſter: reichiſchen Truppen ſchloſſen fich auch mehrere Tyroler Anfüh rer und unter denſelben , als der bedeutendſte, Joſeph Speck bacher an, welcher ſein Vaterland nun ohne Rettung für verloren anſah. Als derſelbe jedoch auf dem Wege von Mühlbach nach Brunecken begriffen war, begegnete ihm der aus dem Puſterthale nach Paſſeyr zurückkehrende, über den Abmarſch der Deſterrei .
cher tief entrüſtete und von ihm vergeblich zum Mitzuge aus Tyrol aufgeforderte Hofer, welcher ihm die Worte zurief: „Auch du , Speckbacher, willſt mich im Stiche laſſen ? " Dieſer Vors wurf ergriff ſein für das Vaterland immer noch hoch begeiſter tes Gemüth ſo ſehr, daß er ſeinem Vorſake , den öſterreichi ſchen Truppen zu folgen , augenblicklich entfagte und dieſelben in Gemeinſchaft mit einem gewiſſen Breunig , welchen er zu
ſeinem Adjutanten auserſah , alsbald verließ , um von neuem .
die Waffen zur Vertheidigung ſeines vaterländiſchen Bodens zu ergreifen. Obgleich nun Hofer von fremder Hülfe auf gegeben und ſeinen eigenen Kräften überlaſſen war , ſo blieb er doch ungebeugt und bei dem Entſchluſſe zur fernern Ber: theidigung ſeines Vaterlandes verharrend ; weßhalb er auch, nachdem er dem Schüßenmajor Steger den Interimsbefehl
über das Puſterthal gegeben, am 1. Auguft dem nach den Gez
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fechten im Monat Mai bei Innsbruck wieder in ſein Kloſter
zu Klauſen zurückgekehrten Kapuziner Haspinger, der Rothbart genannt, die Weiſung zur ſchleunigſten Aufbietung der Schüßen und zur möglichen Vorrückung gegen den Brenner zugeſendet hatte. Dieſer ging hierauf am 2. nach Briren und berieth fich da mit den drei Tyroler Anführern Martin Schenk, Kreuz wirth zu Briren , Peter Mayer, Wirth von Mahr und Peter Kemenater, Wirth von Schabs, was wohl, da die Deſterreicher ihren Abzug aus Tyrol begonnen , in folcher kritiſchen Lage , in
welcher keine Zeit zu verlieren , zu thun fey. Nachdem dieſe vier Anführer einmüthig die ſchleunigſte und kräftigſte Vera theidigung beſchloſſen hatten , riefen ſie das Volk von neuem auf.
Der Kapuziner Haspinger eilte hierauf mit
den verſammelten Schüßen und Landesvertheidigern von Klau fen und Lakfons, ſo wie mit den ihm zugeführten Kompagnien von Velthurns und Villanders am 3. frůh an der , ihm ihre Thore verſchließenden Stadt Briren vorüber nach der wichti: gen, in den Kriegen Tyrols bekannt gewordenen, über den to: benden Eiſackfluß führenden Laditſcherbrücke, ließ fie theilweiſe
zerſtören und verſchanzen , befekte ſodann nebſt Peter Mayer und Peter Kemenater das faſt unbezwingliche Defilée von Un ter- und Ober - Au und ſchob ſeine Piquets bis gegen Mauls auf der Straße nach Sterzing zu vor , indeſſen am Abend dieſes Tages ſowohl die 3 Tyroler Kompagnien von Weitenthal, Schónegg und Rodeneck, welche ihm der Geiſtliche erſtern Orts, Namens Lanſchner, zuführte, als Verſtärkung zu ihm ſtießen, als auch nach 8 Uhr Abends Speckbacher,1 welcher jenſeits der Eiſack alles zum Kampfe aufgeboten hatte, bei ihm eintraf und alsbald die zwiſchen Mittewald und dem ſogenannten Sacke
hinführende Landſtraße mit Verhauen verlegen ließ. Da die Diviſion Rouyer, welche am 3. in und bei Ster
zing bei Mangel an Lebensmitteln Rafttag hielt , am andern Tage nach Briren aufbrechen ſollte, ſo wurde Mittags ein aus den Lieutenants von Crayen und von Hönning mit 60 Mann vom leichten Bataillon Weimar und Hildburghauſen , ſo wie
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1 Offizier und 40 Mann vom 4. Chevaurlegersregiment be ſtehendes Detaſchement zur Rekognoszirung der dorthin füha renden faſt unbezwingbaren Defiléen , als auch zur Erforſchung der Geſinnungen der Tyroler abgeſendet.
Dieſes Kommando
war ungehindert über zwei und eine halbe Stunde und zwar bis hinter Mauls nach dem obenerwähnten Sacke zu vorge
růdt, als es hier plóßlich auf die Piquets der gegen 500 Mann ſtarken Tyrolerſchaar unter Haspinger ſtieß, die ſogleich mit Verluſt von 2 Verwundeten zurückgetrieben und eine Strecke weit verfolgt wurde.
Aber auf einmal eröffneten die hinter
Felſen und im dicken Walde poſtirten Tyroler auf das auf der Landſtraße vordringende Detaſchement ein lebhaftes Feuer, wodurch jedoch nur 1 Trompeter getódtet wurde. Ats ſo das legtere ſeinen Auftrag hinlånglich vollzogen zu haben glaubte, zog es ſich hierauf ungehindert bis an dieſes Dorf, deſſen
Einwohner auf dem Hinmarſche noch anweſend geweſen waren, jedoch während dieſer Zeit es verlaſſen und die Paſſage mit Wagen und Geråthe verſperrt hatten , und nach Wegräumung dieſer vorgefundenen Hinderniſſe am Abend in das Lager bei Sterzing zurück. Um Abend dieſes Tages , als eben ein ge linder Regen gefallen war , fegten die Tyroler durch Deffnung
der zum Behuf der Wieſenbewäſſerung an dem Eiſackfluß an
gebrachten Schleuſen das , wie bereits bemerkt , auf den Stera zinger Mooświeſen befindliche Lager des herzoglich ſåchſiſchen Regiments ſo unvermuthet und ſchnell unter Waſſer , daß die Mannſchaft mit Sack und Pack auf das Schleunigſte auf
die einige Ellen höher gelegene Chauſſee růcken und ſich auf derſelben lagern mußte , : während das Waſſer nach und nach ſo bedeutend ſtieg , daß es faſt die Höhe derſelben er: reichte. Da bei ſofortiger Unterſuchung in Erfahrung gebracht
wurde , daß die Tyroler die Ueberſchwemmung eigentlich auf die Mitternacht beſtimmt, jedoch nicht gehörig berechnet und das Waſſer zu bald und durch zu viel Schleuſen auf einmal angelaſſen hatten ; ſo håtte , wenn dieſe kleine Kriegsliſt erſt
zu der beabſichtigten Zeit in Wirkung getreten wåre, ſehr leicht
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ein großer Theil der Effekten von der in der Dunkelheit und im Schlaf überraſchten Mannſchaft verloren gehen können. Gleichzeitig hatte der Marſchall Lefebre, zur Unterhaltung der Verbindung zwiſchen Innsbruck und dem General Rouyer,
das Brennergebirge durch 1 baieriſches Kavallerieregiment und 1 leichtes Bataillon unter dem Oberſten Grafen von Wittgen ſtein befeßen laſſen . Hierauf brach den 4. Auguſt am früheſten Morgen der General Rouyer mit ſeinen Truppen von Sterzing, indeſſen daſelbſt der gothaiſche Major Knauth nebſt der vom
Premierlieutenant Schulthes befehligten zweiten Musketierkom pagnie (Gotha) des erſten Bataillons zur Kommunikation mit den auf dem Brenner ſtehenden Baiern als Befaßung zurück blieb , in folgender Marſchordnung nach Briren auf : *) Der weimariſche Lieutenant von Golbacker mit 50 Mann Büchſen fchůben war an der Spike des , die Avantgarde bildenden, leichten Bataillons Weimar und Hildburghauſen , nach welchem die 2 Linienbataillone des herzoglich ſáchfiſchen Regiments , im Ganzen ungefähr 2,190 Mann ſtark, hierauf 2 Eskadrons des 4. baieriſchen Chevaurlegersregiments unter Major von Kracht, 1 ſechspfündige Kanone nebſt 1 Haubiße von der Batterie Pandouve unter dem Oberlieutenant Baron von Wittmann, das 5. Regiment (Anhalt und Lippe) , vom 6. Regiment 1
Bataillon ( Waldeck und Reuß) , der übrige Theil der baieri: fchen Batterie Vandouve und endlich der des 4. Chevaurlegers regiments folgten. Ungeſtört wurde ſo bis eine halbe Stunde hinter das , von allen Einwohnern verlaſſene, aus einer Kirche und ungefähr 10 Häuſern beſtehende Durf Mauls vorgerückt, wo die Avantgarde auf die erſten Wachfeuer der unter Sped bacher ſtehenden Tyroler , ſo wie auf einen quer über die land ſtraße gelegten Verhau ſtieß , welcher aber bald aufgeräumt wurde. Doch alsbald ( es mochte gegen ſieben Uhr Morgens ſeyn) begann das gegenſeitige Feuer, unter welchem die In 1
*) Man fche für dieſe und die folgenden Seiten den beigefügten Plan.
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roler , ungeachtet deš fie begünſtigenden Terrains , wohl eine Stunde weit und zwar bis zu dem menſchenleeren , zu ſeiner Linken von hohen ſchroffen Felſen und zu ſeiner Rechten von
der brauſenden Eiſack umgebenen Wirthshauſe in dem ſogea nannten Sacke - mit welchem Namen dieſe Gegend deßhalb, weil ſich die Straße daſelbſt immer mehr verengt , ſo, daß die gegenſeitigen Berge blos einen Musketenſchuß von einander entfernt ſind, bezeichnet wird — zurückgetrieben wurden. Unter unerheblichem Gefechte traf die Avantgarde wohl eine viertel Stunde hinter demſelben, nach Mittewald zu, auf einen zweiten , aber weit größern Verhau , in deſſen Nåhe die Tyroler unter Speckbacher alle Berge und Schluchten ringsum ,1 ſo wie auch das Stilfter Soch nebſt den Punleitner Steg und den Saufen ſtark beſetzt hatten ; und da die Spike der erſtern unter dem
lieutenant von Goldacker wegen der Aufråumung deſſelben an
halten mußte , lo ritt ſogleich der Major von Germar nebſt ſeinem Adjutanten , dem Lieutenant von Beulwig , deßhalb vor ; jedoch kaum beim Berhaue angekommen , erhielt Erſterer einen Streifſchuß am Kopf und des Letteren Pferd wurde bleſſirt. Indeſſen ard auch dieſer Verhau durch die Sappeurs ſåmmt:
licher Regimenter unter dem heftigſten Kugelregen der hinter
allen Buſchen und Felſen zielenden Tyroler aus dem Wege geſchafft und überſchritten. Kaum aber war dieſes Hinderniß beſeitigt, als man beim weitern Vordringen auf eine eben fo fremdartige, als ſchrecklich wirkende feindliche Vertheidigung ſtieß, die darin beſtand , daß von dem in der linken Flanke gelegenen
hohen Raitſteinberge durch Pulver geſprengte oder ſonſt los: gewälzte Felſenmaſſen nebſt Baumſtåmmen herabſtürzten und, gleich verheerenden Lawinen , mit furchtbarem Getöſe in die Reihen des auf der ſchmalen Chauſſee im ſehr eingeeng ten Thale vorrůckenden leichten Bataillons Lob und Ber: derben verbreiteten , und die Straße mit zerſchmetterten Leich
namen und Felſenſtücken , durch welche dieſelbe theilweiſe uns brauchbar gemacht wurde , bedeckten. So unerwartet und hem mend auch dies Vernichtungsmittel , welchem , da die land:
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ſtraße links durch ſteile felfigte Gebirge und rechts durch den reißenden Eiſackfluß hart begrenzt wurde , nicht auszuweichen war , in den Weg trat, fo fuchte doch das leichte Bataillon,
und zwar truppweiſe, von Zeit zu Zeit die ſo gefahrvolle Stelle dieſer auch weiterhin noch wiederholten, aber ſpåter aufhörenden Steinerploſionen zu durcheilen , und rückte fo , von den 2 lis
nienbataillonen und den andern Truppen gefolgt , auf dem lin: ken Eiſackufer unaufhaltſam und entſchloſſen , die Zyroler über
all zurücktreibend 1, (jedoch nicht ohne Verluſt, da nur allein die unter dem Lieutenant von Goldacker gebildete , 50 Mann ſtarke Tête der Avantgarde bereits 20 durch Kugeln und Steine getód tete und bleſſirte Soldaten zählte , ſo daß ſolche ſofort wieder verſtärkt werden mußte ,) gegen den aus einer Kirche und ſieben Håuſern beſtehenden und von den Bewohnern verlaſſenen Ort Mittewald vor. Da das hier gerade auf die enge Straße ſto Bende Poſthaus von den Tyrolern hartnäckig vertheidigt und daraus ein lebhaftes Feuer unterhalten wurde, auch die Weg: nahme deſſelben , des ſchwierigen Terrains wegen , viel Men
fchen gekoſtet haben würde, ſo rückten die zwei baieriſchen Ges ſchüße vor und beſchoffen daſſelbe mit Kugeln und Granaten , unter welchem wirkſamen Feuer nun das leichte Bataillon ſtúrs mend vorbrang, die vor dieſem Hauſe errichteten Verrammel: ungen ſchnell wegräumte und die Tyroler aus den Gebåuden
und deren Umgegend verpagte, ſo daß die lektern größtentheils ſich eiligſt über die ganz nahe dabei gelegene Eiſadbrücke auf das rechte Ufer diefes Fluſſes zu retten ſuchten .
Nach erfolgter Wegnahme von Mittewald wurde die 1 . und 2. koburgiſche Voltigeurkompagnie unter den Kapitains
Hofmann und von Wolframsdorf über dieſe Brücke auf das jenſeitige Ufer detaſchirt, theils zur Verfolgung der über ſelbige zurückgezogenen Tyroler , theils zur gleichzeitigen Deckung der rechten Flanke des durch erſtern Ort ſchnell vorrückenden großern
Theils des herzoglich ſáchfiſchen Regiments , ſowie um mit diefem , der auf der Chauſſee des rechten Flußufers gegen
das eine halbe Stunde entfernte , nur aus drei Häuſern be
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ſtehende Ober -Uu vordrang, wo möglich immer gleiche Höhe und Schritt zu halten und endlich über den Riolerberg zu ges ben und die Ober - Luer Brücke vor der Zerſtörung zu ſichern.
Gleichzeitig wurden zur Sicherung der Mittewalder Brücke und
zur Unterſtübung beider genannter Voltigeurkompagnien die 1 . und 2. meiningiſche Musketierkompagnie unter den Kapitains von Buttlar und von Donop daſelbſt als Beſabung zurückges laſſen. Da aber Speckbacher und der kühne Kapuziner Has pinger mit mehreren tauſend Mann Tyrolern alle von Mitte
wald nach Ober-Au gelegenen, faſt unbezwinglichen Defiléen nebſt der Mühlbacher Klauſe beſeßt hatten und , durch Felſen , Höhlen und Gebüſche gedeckt , beharrlichen Widerſtand leiſteten , ſo konnte vom leichten Bataillon Weimar und Hildburghauſen nur langſam , und unter empfindlichem Verluſte, für die nach : folgenden Truppen gleichſam die Bahn gebrochen werden . Doch auch gegen den verzweifelten Muth der unter ihren verwegenſten Führern kämpfenden , weit überlegenen und durch das , ihrer Streitart ſo ſehr günſtige Terrain bevorzugten , das bei , ihrer eigenen Angabe nach , nur allein mit 800 Scheiben büchſen ihr Feuer unterhaltenden Tyroler ſiegte die unerſchüt
terliche Feſtigkeit des leichten Bataillons, ſo daß dieſelben all 1
måhlig aus allen ihren Stellungen und von Ober-Au vertrieben, und ſo unter unausgefegtem Gefecht, an welchem nun ſelbſt eine von den beiden der Avantgarde beigegebenen Eskadrons der bisher durch das Terrain in Unthåtigkeit verſekten baieri ſchen Chevaurlegers von Bubenhofen, die , des Zuſehens måde, abgeſeſſen hatten , mit ihren Karabinern , obgleich einer ſehr
ungleichen Waffe , tiraillirend Theil nahm , langſam gegen die über die Eiſack und nach dem jenſeits gelegenen , aus drei
Häuſern beſtehenden Unter-Xu führende Brücke vorgerückt wurde, um von hier aus auf dem rechten Ufer dieſes Fluſſes Briren zu gewinnen . Se mehr ſich indeſſen das leichte Bataillon dies
fer Brücke nahete , deſto heftiger wurde der Kampf und Wi derſtand von Seiten der , unter Speckbacher hieher zurückgezo
genen und die dortige Bergſchlucht ſtark befekt haltenden Ty:
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roler und dſterreichiſchen ranzionirten fåger , und als daſſelbe auf Schußweite von ihr ankam , warb es durch ein heftiges Kreuzfeuer in ſeiner Fronte und in ſeinen beiden
Flan
ken von dem auf ſehr ſteilen Gebirgswanden poſtirten Feinde beſchoſſen und dabei vorzüglich durch das aus den Gebåuden des, wenige Schritte über dem rechten Ufer gelegenen , von den Tyrolern zahlreich befekten Weilers Riot gerichtete und wohl genährte Feuer in ſeiner rechten Flanke genirt.
Hierauf ſtieß das , zur Vertreibung der in ſeiner Fronte 1
und linken Flanke poſtirten Tyroler en débandade vorbringen :
de , leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen abermals auf zwei große Verhaue , die von demſelben links umgangen wurden , jedoch nun nabe hinter denſelben wieder auf eine ſo gefahrvolle Stelle herabrollender , Tod und Vernichtung um ſich ber verbreitender Steine und Felſenſtücke. Doch alle dieſe
eben ſo ungewöhnlichen , als ſchredlichen Ereigniſſe konnten dem entſchloſſenen Vordringen deſſelben keine Grenzen reken , daher die überall zurückgeworfenen und beſtürzten Tyroler , um ſo 1
wohl ihrer unaufhaltſamen Verfolgung , als auch dem Vor:
dringen gegen Briren Einhalt zu thun , die bereits erwähnte, zwiſchen Ober-Uu und Unter-Uu gelegene , ſchon mit Pechkrån : zen behangene , ſchmale hölzerne Eiſackbrücke indeſſen in Brand ſteckten ; und obgleich alsbald das leichte Bataillon , trok des
von mehrern Seiten und vorzüglich von jenſeits der Brücke ge richteten heftigſten Feuers und der zu feiner Linken vom hoben
Pladeitberge herabrollenden Felſenſtücke, Steine und Bauma ſtåmme, mehreremale unter großen Verluſten gegen dieſelbe aná ſtůrmte , ſo machte doch die bereits in lichten Flammen ſtehende Brüde jedes Darüberſchreiten unmöglich und hemmte ſo , (es konnte 4 Uhr Nachmittags ſeyn ,) ſeine glücklichen Fortſchritte, nachdem es vom Morgen bis dahin , mit Ausnahme mehrma liger Beihülfe der 2 Geſchůze, allein gegen die große Uebera macht geübter Tyroler Schüßen das hißige Gefecht beſtanden 1
hatte.
Da die auf dem rechten Eiſackufer fechtenden Tyroler
fich über die Gebirge nach dem eine viertel Stunde von da
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entfernten und am Fuße der Spingfer Höhen nach Briren zu gelegenen Dörfchen Licha zurückzogen , ſo erhielt das leichte Bataillon das Signal , ſich etwas rückwärts und zwar an dem an der Chauſſee fortlaufenden untern Waldſaume in der Ges gend der erwähnten Verbaue zu ſammeln . Die Tyroler , dies
Rückwärtsſammeln gewahrend , drangen alsbald auf dieſer Seite ſchnell in der Fronte und linken Flanke wieder vor ; worauf nun auch das 1. und ein Theil des 2. Bataillons des herzog
lich råchſiſchen Regiments nebſt den 2 baieriſchen Geſchůzen, gefolgt von dem Batailon der Herzoge von Anhalt, auf der Straße im Sturmſchritt durch die indeſſen von den Sappeurs gangbar gemachten Verhaue gegen dieſelben und die brennende
Brücke, um einen gleichfalſigen Uebergang zu verſuchen , una ter einigem Verluſte vorrückten. Hierauf wichen nun die Tyro ler zurück, jedoch da das Vorrücken durchaus unmöglich war, ſtellten die 2 erſtgenannten Bataillone nebſt den 2 Geſchůßen, während das Bataillon Anhalt befohlenermaßen ſich wieder zurück zog , auf dem engen Raume vom Abhange des Gebirgs bis an die jekt von den Flammen faſt vernichtete Brücke ſich auf, wo ſie auch ſpåter ihren Bivouak nahmen , und von wo aus nun die Artillerie auf die entfliehenden Tyroler ein heftiges Kars tåtſchen - und Haubikgranaten - Feuer richtete, indeſſen gleichzei tig das gegenſeitige Gewehrfeuer fortdauerte. Während deſſen waren von den koburgiſchen Voltigeurs vier Tyroler gefangen genommen worden , welche der General Rouyer , dem erhalte nen ausdrůdlichen Befehle des Marſchals zu Folge , inmitten des Gefechts und im Angeſichte der auf den Gebirgen poſtirten Tyroler erſchießen ließ , welche Maßregel aber bei leßtern an ſtatt Entmuthigung nur eine verzweifelte Erbitterung her: .
1
vorbrachte.
Da die , wie bemerkt , von Mittewald aus auf
das rechte Eiſackufer detaſchirten 2 koburgiſchen Voltigeurskom pagnien , theils der vorgefundenen ſchwierigen Terrainhinderniſſe,
theils der Ueberlegenheit der Gegner wegen , dem Befehl nicht hatten entſprechen und durch ein Bordringen die Brücke vor der Zerſtörung retten können , auch dieſelbe , unüberſteiglia .
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cher Hinderniſſe halber , alsbald nicht wieder hergeſtellt und der reißende Eiſackfluß von keiner Waffengattung paſſirt werden konnte , ſo ließ der General Rouyer das leichte Bataillon Wei: mar und Hildburghauſen nach Ober - Uu zurüdmarſchiren, wo es nach Berlauf einiger Zeit auf einem indeſſen von dem baies riſchen Artilleriehauptmann Bandouve bei einer da befindlichen
Mühle unter dem Feuer der Tyroler hergeſtellten, höchſtens für Fußvolk und blos Mann vor Mann hoch gangbaren langen Nothſteg allein auf das rechte Eiſadufer hinüberging , um die Tyroler Schüren, welche noch aus und hinter den Gebäuden des
während der Zeit durch die baieriſche Artillerie in Brand geſchora ſenen Weilers Riot ein unaufhörliches und wirkſames Feuer uns terhielten, von da zu vertreiben , während die geſammten übria gen Truppen auf der linken Seite dieſes Fluſſes ſtehen blieben . Nach dem unter dem feindlichen Feuer bewirkten Ueber:
gange drang es nun , vom Augenblicke des Betretens des rechten Eiſackufers an auf einem zwiſchen legterm und dem Fuße des ſich hier ſteil gegen die Wolken erhebenden Gebirgs lang ſich hindehnenden, ungefähr blos einen Fuß breiten, faſt una wegſamen Bergrande, auf welchem es von Entfernung zu Enta
fernung wieder durch herabrollende Felsſtücke ſehr gefährdet und jeder dadurch Getroffene, den ſteilen Uferrand hinab in die Flua then der tobenden Eiſack ſtürzend , ſeinen Tod fand , ge gen Riot vor , ſtellte ſich nicht weit von dieſem in Flammen ſtehenden Weiler auf und Vertrieb alsbald von da die In
roler , die im unausgeſeßten Gefechte ſich langſam in die Ge birge nach Briren hin zurückzogen. Mittlerweile fåuberte eben ſo ſchnell der Oberſt von Egloffſtein mit dem 1. und einem Theile des 2. Bataillons, zu welchem die 2 koburgiſchen Voltigeurskompagnien wieder geſtoßen waren , die am linken Ufer in der Nähe der abgebrannten Brücke gelegenen Gebirge, und ließ durch die 2. gothaiſche Grenadierkompagnie , geführt von ſeinem Adjutanten , dem Premierlieutenant von Seebach, ein auf einer Anhöhe , der Brücke gegenüber, gelegenes Haus, aus welchem die Tyroler die auf der Chauſſee befindlichen Trup
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pen unaufhörlich noch beſchoſſen , ſtürmend nehmen , worauf jene ihr Heil in den nahen Bergen und auf einem der Eiſack entlang führenden engen Fußſtege unter lebhafter Verfolgung ſuchten . Der Major von Germar mit dem leichten Bataillon , die Zyroler bis hinter Unter - Au noch verfolgend , bezug da gegen
Abend nach dem Eintritt eines ſtarken Gewitterregens , wo: durch das anhaltende Gefecht fich endigte , als Vorpoſten des Ganzen den Bivouak , und der Lieutenant von Goldacker die
åußerſten Poſten auf der Straße nach Briren zu , indeſſen das , dieſem Bataillon über den Nothſteg ſpåter nachgefolgte Bataillon der Fürſten zu Lippe ſich bei dem faſt völlig nie dergebrannten Weiler Riot lagerte , dagegen der General Rouyer mit den geſammten übrigen Truppen auf dem linken Eiſackufer , und zwar der Oberſt von Egloffſtein mit dem 1 . und 2. Bataillon des herzoglich ſáchſiſchen Regiments 1, ausge nommen die Mittewald und deſſen Brücke fortan beſeßt hal tenden 2 meiningiſchen Musketierkompagnien , nebſt den vom Oberlieutenant Baron von Wittmann befehligten 2 baieriſchen
Geſchüben zwiſchen dem ſanften Abhange der Gebirge und der weggebrannten Brücke, ſo wie endlich die andern zwiſchen der .
lektern und Ober - Uu bivouakirend verblieben.
Obgleich nun zwar der vom Morgen bis zum Abend ge gen eine erbitterte und durch das Terrain, ſo wie manche andere Umſtände ſo ſehr begünſtigte, bedeutende feindliche Uebermacht be:
ſtandene Kampf rühmlich beendet war , ſo waren doch auch die dabei errungenen Vortheile durch viele Opfer, hauptſachlich des leichten Bataillons und der beiden andern Bataillone, mit unerſchütterlicher Hingebung erkauft. Die Verluſte beſtan den beim Bataillon Weimar und Hildburghauſen in 4 ges tödteten Offizieren und zwar den Kapitains von Schierbrandt
und von Hönning , ſo wie den Sekondlieutenants von Hón: ning (von Weimar) und von Schierbrandt (von Hildburg
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hauſen * ), ingleichen in 2 ſchwer verwundeten Offizieren , dem Kapitain von Münch (von Hildburghauſen ) und dem Sekonds
lieutenant von Breun (von Weimar ), der kurz hierauf an ſeis ner Verwundung in Briren ſtarb , gleichwie noch in ungefähr 168 durch Kugeln und Steine getödteten und bleffirten Unter : offizieren und Soldaten , dagegen der Verluſt des 1. und 2. Bataillons Gotha - Meiningen - und Koburg in 3 verwundeten Offizieren , dem Oberſten von Henning , welcher balo nachher an feiner Bleſſur in Briren ſtarb , dem Kapitain von Spiller **) und dem Sekondlieutenant von Beuſt II. (von Gotha) nebſt etwa 30 Unteroffizieren und Soldaten betrug. Gleichfalls waren noch im Laufe dieſes Tages der Genes
ral Rouyer leicht und deſſen Gallopin , der Hauptmann Falk: mann , vom Bataillon der Fürſten von Lippe , ſchwer durch Steinwürfe , ſo wie an des Erſtern Seite der franzöſiſche Kriegskommiſſair von der Diviſion durch eine Kugel tödtlich verwundet worden , woran er bald hierauf ſtarb. Die geſammten Verwundeten wurden , ſo gut es thunlich war, in den Gebåuden von Ober -Uu untergebracht. Obgleich nun der Soldat von des Tages langen Beſchwerden ausruhte , lo entbehrte er doch dabei aller Lebensmittel. Nichts unterbrach indeſſen die Stille des Abends , als daß ein in der Nähe des zerſtörten Weilers Riot gelegener Stal plóklich in Flammen aufging , wobei von deſſen mit Heu angefülltem Boden meha rere ſich dort verborgen gehaltene, fchwer verwundete šſterreichis fche ranzionirte Fåger vor dem Verbrennen gerettet wurden. 1
*) Dieſe vier Offiziere , zwei Brüderpaare, deckt bei Ober - Nu unter drei großen Båumen ein Grab .
**) Dieſer Offizier , welcher bis einz die herzoglich fáchfiſche Sappeura kompagnie befehligte , hatte da am 10. Mai das Kommando über dieſelbe dem gothaiſchen Lieutenant von Schauroth II. übergeben, und hierauf beim 1. Linienbataillon des herzoglich fächſiſchen Re: giments den Befehl über die Kompagnic des Kapitains Meiſter übernommen . 15
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Der Mittheilung eines , Abends 9 Uhr beim weimariſchen Vor
poſten angekommenen, deſertirten öſterreichiſchen Jägers zu Fol: ge , daß die Tyroler nicht allein mehrere tauſend Mann Ber:
ſtårkung erwarteten , ſondern auch gewiß zweihundert Schußen derſelben in einem
an der Straße nach Briren zu gelegenen
Wirthshauſe verſammelt wären , brach, nach eingeholtem Befehl .
des Generals Rouyer , der Oberſt von Egloffſtein ſelbſt mit
einem aus dem Premierlieutenant von Boyneburgk II. , den Sekondlieutenants von Seebach und von Steuben , die ſich
freiwillig dazu gemeldet , nebſt 70 Fúfilieren des weimariſchen, ſo wie 20 Fúſilieren des hildburghåuſiſchen Kontingents be ſtehenden Detaſchement; welcher Erpedition fich noch ein, >
kurz zuvor mit Befehlen des Marſchaus bei obengenanntem General eingetroffener, franzöſiſcher Eskadronschef anſchloß , als: bald in tiefſter Stille und von der Dunkelheit begünſtigt , ſo wie von jenem öſterreichiſchen Ueberläufer geführt, nach jener
Gegend auf , wo die geſammten Gebåude , um jedes Entkom: men der Tyroler zu hindern, umzingelt wurden ; doch hatten dieſe mit Ausnahme eines einzigen, welcher gefangen genommen ward, dasſelbe kurz zuvor verlaſſen und es wurden blos Spuren, daß hier ein Trinkgelag gehalten und Verwundete verbunden worden
waren , vorgefunden. Der Oberſt von Egloffſtein , ſein bisher unbemerktes Vordringen auf eine weitere Rekognoszirung der nach Briren führenden Straße ausdehnend , rückte von hier mit größter Behutſamkeit, an den nahen links brennenden las gerfeuern der Tyroler vorüber , bis hart an die ſogenannte Klauſe vor.. Da dieſer befeſtigte Punkt geſchloſſen und ſtark verpaliſadirt, überdieß das ſchwache Detaſchement ohne Zim:
merleute und durch ſein , bei völliger Unkunde der Gegend überdieß
ſchon weit gewagtes Vorgehen genug ausgeſetzt
war , ſo kehrte es auf dem nåmlichen Wege , dabei auf den zu beiden Seiten nach Mittewald zu fich hindehnenden
Gebirgen , von welchen am Tage die Tyroler vertrieben wors den , eine große Anzahl Feuer derſelben , die bereits wieder die 1
Flanken und den Rücken des Generals Rouyer bedroheten , ge
227
wahrend , und blos mit Hinterlaſſung des Premierlieutenants von Boyneburgť II. und des Sekondlieutenants von Steuben
nebſt 40 Mann, als åußerſten vorgeſchobenen Poſten bei oben erwähntem Wirthshauſe, um Mitternacht in das Lager bei Unter : Uu wieder zurück *) . 2
Die Lage des Generals Rouver und die Behauptung der ſchon mit ſo manchen Dpfern eroberten Poſitionen war aller:
dings ſehr bedenklich , indem die zur Gelangung nach Briren durchaus nothwendige Herſtellung der durch Feuer vernichteten Eiſackbrücke, die ſich darbietenden großen Schwierigkeiten ab : gerechnet, viele Zeit erforderte, ferner indem die ſeit dem Einmarſch in Tyrol größtentheils Mangel an Lebensmitteln leidenden Truppen ſchon über 24 Stunden keine Verpflegung verabreicht erhalten hatten , und dergleichen erſt von Sterzing her erwartet werden mußte , während die Berwundeten blos
nothdürftig und gleichfalls ohne alle Pflege untergebracht wa: ren , und endlich kam dazu noch die Ueberzeugung , von den Tyrolern bereits völlig umringt und ſomit von lekterer .
Stadt abgeſchnitten zu ſeyn. Solches zeigte auch wirklich der Umſtand , daß der , vom Marſchall zu früh zum Genea
ralgouverneur von Briren ernannte, baieriſche Oberſt Graf von Arco auf ſeiner in der Nacht vom 4. zum 5. Auguſt unter
Eskorte von 2 Dragonern von Sterzing aus dorthin unternoms
menen Reiſe nicht weit hinter der lektern Stadt von den Tyro: lern angegriffen , die feinem Wagen vorreitende Bedeckung ge: fangen genommen wurde und er ſich blos durch ſeine Ent:
ſchloſſenheit eiligſt zurück nach Sterzing rettete. Durch alle dieſe Gründe glaubte ſich der General Rouyer veranlaßt, am 5. Auguſt um 3 Uhr des Morgens mit den fåmmts lichen noch gar nicht zum Gefechte gekommenen Truppen nach
*) Da der Verfaſſer dieſer Erpedition beiwohnte , ſo hatte er Gele : genheit , ſich augenſcheinlich von der durch die Tyroler bereits ſo bedroheten Einſchließung der von dem General Rouyer befekten Stellungen zu überzeugen. 15 *
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Sterzing zurückzukehren , während er blos zur Behauptung der Tags zuvor in den ſo ſchwierigen Defiléen errungenen Stellungen und der weitausgedehnten Vertheidigungslinie das, fchon durch bedeutende Verluſte, ſowie entfernte Detaſchirun gen fehr geſchwächte und auf dieſem Punkt nur ungefähr noch 1,400 Mann ſtarke, herzoglich fåchfiſche Regiment nebſt den vom Oberlieutenant Baron von Wittmann befehligten 2 Geſchůben und 10 zu Drdonnanzen beſtimmten baieriſchen Chevaurlegers unter den Befehlen des Oberſten von Egloff
ſtein zurückließ, und zwar mit dem ehrenvollen Bemerken gegen Lextern : daß er ſein Zutrauen ganz auf ihn und ſein Regi: ment felle und ihm unjehlbar ſpäteſtens bis 9 Uhr früh mit weitern Inſtruktionen auch die höchſt nöthigen Lebensmittel, ſo wie Taſchenmunition und Wagen zum Transport der Ver wundeten nebſt Verſtärkung fenben , jedoch ihm übrigens bei
eintretenden Umſtånden nach feinem Ermeſſen zu handeln úber: laſſen wolle.
Obgleich nun bei Unbruch des Tages der bis dahin dem herzoglich fåchfiſchen Regiment unbemerkt gebliebene Abmarſch des Generals nebſt den geſammten übrigen Truppen eben ſo
unerwartet, als ungünſtig, zumal bei dem Soldaten , der ſich, wie auch ſpåter die Erfahrung nicht mit Unrecht lehrte , als
völlig aufgegeben betrachtete, erſcheinen mußte und nun mit den, ſowohl durch Mangel an dem Nuthdürftigſten, als auch an Anzahl ſo geſchwächten Kräften gegen die indeſſen unfehlbar
ringsum noch weit vergrößerte Uebermacht der Tyroler augen ſcheinlich ein weit verzweifelterer Kampf , als der ſchon beſtan : dene ,1 und im unglücklichen Fall ein ſtundenlanges Durch ſchlagen durch die den Tag zuvor erſt erkundeten, höchſt gefährs lichen Engpåſſe zu erwarten war , ſo ſah doch daſſelbe mit Muth und Entſchloſſenheit all dem Kommenden entgegen. Nachdem am Morgen dieſes Tages der Lieutenant von Poſeck die Vorpoſten des leichten Bataillons bezogen hatte, erſchien kurz hierauf um 6 Uhr in der Nähe bei dem , unter
dem Lieutenant von Boyneburgk II. bei mehrerwähntem Wirths
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hauſe vorgeſchobenen , åußerſten Poſten ein Tyroler Anführer mit einer ſchwarzen Fahne in der Hand zu Pferde, und gab durch mehrmaliges Schwenken derſelben , worauf ſogleich in
den rechts und links gelegenen Gebirgen einzelne Schüſſe fielen ,
das Zeichen zum allgemeinen Angriffe, welchem nun alsbald ein erbitterter , anhaltender und blutiger Kampf folgte. Die vor Anbruch des Tages durch 2,000 Mann verſtärkten Tyro
ler drangen hierauf, über 3,000 Mann ſtark, unter dem Kapu ziner Haspinger , indeſſen während der Nacht Speckbacher mit
andern bedeutenden Schaaren die Gebirge bis gegen Sterzing entlang und vorzüglich den Gaſteiger - und Saufen- Berg befekt hatte , zugleich auf drei Seiten und zwar von Briren , von dem Puſter - und dem Sarnen- Thale ringsum von allen Ber gen und Wegen her vor und griffen das ohnedieß ſchwache Bataillon Weimar und Hildburghauſen in ſeiner Fronte,
ſeiner rechten und linken Flanke auf einmal an. Hierauf zog fich, dem erhaltenen Befehle zu Folge , das beim Wirthshauſe
aufgeſtellte Detaſchement, fechtend und durch die ungeheure Ue: bermacht hart gedrångt , wobei der Lieutenant von Boyneburge II. durch einen Prellſchuß am Fuße verwundet wurde ,
Ord .
nung auf das Bataillon zurück. Da aber dieſes auf dem rech ten Eiſackufer allein ſtehende und von allen Seiten ſchon ein:
geengte Bataillon in ſeiner bisherigen Stellung durch die bes deutende feindliche Ueberzahl in Kurzem aufgerieben worden wäre und ſeine Kůdzugslinie bereits ſchon ſehr gefährdet war, ſo ging es befohlnermaßen , dabei lebhaft beſchoſſen , an dem ſchon früher erwähnten, zwiſchen der Eiſack und den Gebirgen fortlaufenden ſchmalen Waldſaume, deſſen Paſſage wieder durch die von den in ſeiner linken Flanke gelegenen ſteilen Bergen
herabrollenden Steine ſehr gefährdet wurde , unter Verluſten über den Nothſteg, welcher nach erfolgtem Uebergange ſogleich zerſtört wurde, auf das linke Eiſackufer nach Ober- Au zurück. Ulsbald traf nun der Oberſt von Egloffſtein in ſeiner höchſt ſchwierigen Lage mit ſeinen beſchränkten Streitkräften folgende Vertheidigungsanſtalten. Vom leichten Bataillon zog . die 5 .
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Kompagnie (Weimar) unter dem Lieutenant von Boyneburgk 1. zur Sicherung der linken Flanke faſt vom Fuße des, Ober-Uu zunächſt gelegenen Gebirgs bis auf deſſen Gipfel eine gerade Tirailleurlinie, indeſſen von demſelben 300 Mann der 2. , 3 . und 4. (Weimar) und 6. (Hildburghauſen ) Kompagnie, gro Bentheils Büchſenſchußen, unter den Befehlen des Majors von Arnswald 1, als Tirailleurs aufgelöſt , zur Unterſtüßung erſtge nannter Kompagnie , ſo wie überhaupt zur Vertheidigung der auf allen Seiten des rechten Eiſackufers gelegenen Berge befeh ligt wurden und die 1. nebſt den wenigen Ueberreſten der an
dern weimariſchen Kompagnien , zuſammen ungefähr 180 Mann, vereint mit der 1. und 2. Voltigeurkompagnie ( Koburg) des 1. und 2. Bataillons, unter dem Major von Germar ( Weimar) das Wirthshaus dieſes Dörfchens und vom 1. Bataillon die
1. Grenadier-, 1., 3. und 4. Musketierkompagnie, gleichwie vom 2. Bataillon die 2. Grenadierkompagnie (ſåmmtlich von Go: tha) mit dem Regimentsſtab, unter den Majors von Búnau (Gotha) und von Boſe (Meiningen ), die zwei andern daſelbft befindlichen Häuſer mit deren Gårten beſegten und die 2 baieri: ſchen Geſchůře nahe dem Wirthshauſe, ſo wie die fie Deckende
3. und 4. (gothaiſche) Musketierkompagnie des 2. Bataillons unter den Kapitains von Gener und Wagner in einem kleinen hinter Ober -Au gelegenen Gehölze Stellung nahmen , während die 1. und 2. (meiningiſche) Musketierkompagnie unter den Ka pitains von Buttlar und von Donop hinfort in Mittewald for
wohl zur Sicherung der dortigen Brücke, als auch vorzüglich
des Rückens der Stellung von Ober-Uu verblieb. Gleichzeitig wurde zur Mittheilung alles deſſen eine der reitenden Ordon nanzen an den General Rouyer nach Sterzing abgeſendet.
Kaum waren dieſe Anordnungen vollzogen, als auch ſchon die 5. Kompagnie und die Abtheilung des Majors von Arnswald vom leichten Bataillon , denen das Erſteigen der Gebirge durch herabrollende Steine bereits ſehr erſchwert worden , ſich
angegriffen und bald im lebhaften Gefechte fahen. Lettere konn: ten ſchon deutlich wahrnehmen , wie zu beiden Seiten der Eiſack
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die Gebirgshöhen des von Ober-Uu nach Mittewald führenden
Thalkeſſels von der bedeutenden Uebermacht der Tyroler bes rekt, ſomit die ausgedehnte Stellung des herzoglich ſáchſi:
ſchen Regiments ſchon vélig eingeſchloſſen war und wie rings um ſeine Gegner in das Thal hinabzurücken und es gleich ſam zu erdrücken begannen.
Mit welchen Beſchwerden und Gefahren übrigens in dies
ſem Gebirgskriege und erbitterten Volkskampfe zu ringen war und in welchem Nachtheile die Truppen gegen die Tyro
ler ſtanden , wird jedem einleuchter, wenn er erwagt , daß, ſchon abgerechnet das ſo ungünſtige Terrain für die in dem,
zu beiden Seiten von Bergen , die in die Wolken ſich erheben, und zur Rechten noch von der wilden Eiſack eingeſchloſſenen engen Thale Vordringenden , da deren Fronte und beide Flan: ken von den zu beiden Seiten dem Gebirg entlang ſtehenden Gegnern beherrſcht, und dieſen von ihren Höhen herab jede Be
wegung in der Tiefe bemerkbar war, indeſſen die ihrigen unbe: kannt blieben , der Soldat bei allem ſeinen Muthe auch noch
in dem großen Nachtheile ſtand , mit Sack und Pack beladen, in der druckendſten Auguſthike, dabei von Hunger und brennen: dem Durſte geplagt, ungewohnt, die ſteilen Gebirge zu erklettern und ſo an Kräften erſchöpft , den indeſſen in ſeinen Verſtecken
lauernden, ausgeruheten , ſicher zielenden , mit allen Schluchten und Gebirgswegen bekannten und mit der ihm eigenthůmlichen Gewandtheit im Bergſteigen begabten, durch ſeine dunkle Klei dung kaum erkennbaren Tyroler aus ſeiner Stellung und ſo von
einem Felſen zum andern bis auf die höchſten Berggipfel , wo er gewöhnlich in den ihm bekannten Schlupfwinkeln auf einmal verſchwand , vertreiben zu müſſen, und hierbei endlich noch dem Gedanken hingegeben war, im einſamen Gebirge verwundet viel: leicht búlflos ſich überlaſſen zu bleiben.
Vorzüglich verſuchten die Tyroler in ſtarken Trupps ge gen die drei befekten Häuſer von Ober : Uu vorzudringen , aus deren Fenſter, Thüren , ſonſtigen Deffnungen und Garten ſie aber durch ein heftiges Gewehrſeuer und gleichzeitig von den
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2 Geſchüßen durch ein furchtbares Kartåtſchenfeuer empfangen und ſo in gehöriger Entfernung davon gehalten wurden. So regte das Regiment, obwohl auf allen Seiten von einer erbit: terten und durch das Bewußtſein großer Uebermacht noch ver:
wegener gewordenen Mafie völlig eingeengt , durch einen bes ſonnenen Widerſtand dem Vordringen derſelben Grenzen , wo durch es aber nach und nach eine Anzahl Leute verlor und in den durch das Gefecht des vorigen Tages mit Verwunde: ten ſchon angefüllten Häuſern ſich mehr und mehr dergleichen
anhåuften und ſo das Unterbringen , wie die Noth derſelben immer drückender wurde. Obwohl es nun unter dieſen Ereiga niſſen bereits 9 Uhr geworden , ſo war doch die vom General Rouver verſprochene Verſtärkung nebſt den vor allem ſo höchſt
nöthigen Lebensmitteln und den Wagen zu Abholung der Bleſſir ten noch immer nicht eingetroffen, weßhalb eine zweite der be rittenen Ordonnanzen mit dem wiederholten dringenden Geſuch an Erſtern wieder abgeſchickt wurde. Da die hinter Båumen und Felſen poſtirten Tyroler von den Höhen herab die im
Thale gelegenen Håuſer von Ober - Au genau beobachten konn ten, ſo beſchoſſen ſie dieſelben, ſo wie vorzüglich die bisher hin ter den Gartenbefriedigungen und Hecken aufgeſtellte Mann ſchaft mit ſolchem Erfolge, daß ſie von da in die Gebåude, in welchen gleichfalls viele der durch das Beiſpiel ihrer , mit Ge wehren der Gefallenen oder der Kampfunfähigen bewaffneten Offiziere zum verzweifelten Widerſtande noch mehr angefeuer ten Soldaten , ſo wie ſelbſt von den untergebrachten Verwun : deten manche getödtet und wiederholt bleſſirt wurden , zurück 1
gezogen werden mußten. So dauerte denn dieſer ungleiche Kampf ſchon bis gegen Mittag , ohne daß irgend eine der nöthigen Unterſtüßungen auf die nun bereits nach Sterzing abgeſendeten drei Kavallerieordonnanzen eingetroffen wäre , ins deſſen die Kräfte des Regiments in jeder Hinſicht immer mehr 1
und mehr geſchwächt, dagegen die mit Auem verſehenen Tyro ler Maſſen durch von Zeit zu Zeit eintreffende neue Haufen
verſtärkt wurden. Da ſich um dieſe Zeit eine Unzahl der leña
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tern hinter einem Gemäuer des vom 1. Bataillon befekten
Hauſes, von wo ſie geſichert es mit Erfolg beſchießen konnten, feſtzuſeßen ſuchten , ſo verſuchte der Lieutenant und adjutant
von Seebach mit einer Anzahl Freiwilligen ihre Vertreibung ; je doch kaum war er aus den Gebäuden herausgeſtürmt, als er von allen Seiten von einem Hagel von Kugeln empfangen und, dabei in die Hüfte bleſſirt, wieder zurückgetragen werden mußte.
So hatte das Regiment bis 1 Uhr Nachmittags das nun ge gen ſieben Stunden unausgefekt fortdauernde Gefecht unter
ſtandhafter Behauptung ſeiner Poſitionen unterhalten, und ver geblich waren bereits vier berittene Ordonnanzen, indem ſie von den unter Speckbacher die im engen Thale bis gegen Sterzing hin führende Paſſage zu beiden Seiten bereits befekt halten : den Tyrolern getödtet oder gefangen waren , ohne daß irgend eine der verſprochenen Hülfsleiſtungen ankam , abgeſendet worden , gleichwie auch die bisher mit der allerrühmlichſten Uus 1
dauer die Anſtrengungen des erſtern unterſtüßenden 2 baieri:
ſchen Geſchüße * ) auf einmal aus Mangel an Munition ihr Feuer einſtellen mußten und mit ſelbigem eine kräftige
Stüße des Ganzen, vorzüglich aber für die Beſaßung der drei Håuſer , fiel. Kurze Zeit nach dem Verſtummen des Geſchůk donners drangen nun die ſich immer mehr und mehr vergrößern
den Tyroler Maſſen in dichtern Reihen gegen die Häuſer von Ober - Uu , vorzüglich aber in der linken Flanke gegen die 5. Kompagnie und das Detaſchement des Majors von Arns
wald vom leichten Bataillon , deren Lage und Behauptung ihrer Stellungen ohnedieß immer ſchwieriger geworden war,
vor, umgingen mit bedeutender Uebermacht den theilweiſe auch .
an Munition Mangel leidenden linken Flügel derſelben, ſo daß ſich dieſe durch Vertuſte bereits gelichtete Tirailleurlinie zugleich
*) Der ſie befehligende brave Oberlicutenant Baron von Wittmann ſtarb vor einigen Jahren als Oberſtlieutenant an einer lang: wierigen Krankheit in München .
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von vorn und im Rücken gefaßt und allmählig von der Hóbe in das Thal rückwärts nach Mittewald zu und ſo von Ober
Au ab hinunter gedrückt ſah und dadurch der am Fuße des Gebirgs ſich noch behauptende rechte Flügel der 5. Kompagnie (Weimar) dieſer gezwungenen Bewegung , der Anſchließung halber , zu folgen durch den Major von Arnswald befehligt ward. Indem unter dieſen von allen Seiten einſtürmenden Bes
drångniſſen der Oberſt von Egloffſtein ſeine, durch fürchter: liche Hinderniſſe , gegen welche aller Muth und Reſignation 1
ſeiner Soldaten nicht länger auszureichen vermochte, herbeiges führte, verzweifelte Lage wohl überſah, und ohnedieß ſeine Mannſchaft ſeit dem Einmarſch in Tyrol durch eine ununter
brochen ungenügende Verpflegung und durch die lebten Ge
birgsmårſche, verbunden mit dem ohne Verabreichung von Le bensmitteln beſtandenen , nun anderthalbtågigen Kampf ſehr er ſchöpft, und ihr jeßt auch durch die von den Tyrolern bewirkte
Zerſtörung der Röhrenleitung ſelbſt das Brunnenwaſſer in Ober - Au abgeſchnitten war, während das aus dem Eiſackfluß verſuchte Holen des Waſſers durch das mörderiſche Feuer der von den Höhen herab beide Ufer beherrſchenden Tyroler geyin: dert, nachſtdem die Taſchenmunition theilweiſe zuſammengeſchmol
zen, endlich auch das Elend der vielen , wenigſtens ſeit vier und zwanzig Stunden ohne die geringſte Pflege fich befindenden Bleſſirten, die man kaum mehr unterbringen konnte, groß war, und indem er bei allem dieſen noch ermaß , daß die Tyroler auf beiden Seiten des Fluſſes fich ſtåndlich vermehrten und die in dem ſo eingeengten Thale durch die höchſt gefährlichen erſt Tags zuvor blutig errungenen Defiléen fortlaufende, wohl vierſtündige Rückzugslinie bis Sterzing immer mehr bedrohten und beim långern Zögern alles ohne Rettung verloren ſchien : ſo beſtimmte ihn dieß alles, da hier ſchnelle That vonnóthen,
den raſchen Entſchluß zu faſſen , die der Ehre des Regiments anvertrauten 2 baieriſchen Geſchůze unter einer, dem ſo .
weit überlegenen Feinde gegenüber , und der ſo höchſt ſchwie rigen Dertlichkeit angemeſſenen Bedeckung nach dem von
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den 2 meiningiſchen Kompagnien befekten und fortwährend ſtandhaft behaupteten Orte Mittewald in Sicherheit zu brin
gen , ſo wie gleichzeitig das Nöthige wegen des Major von Arnswald'ſchen Detaſchements zu verfügen, wobei er feft hoffte,
der ihm vom General Rouyer unfehlbar zugeſicherten Hülfe aller Art entgegen zu gehen und dann mit derſelben vereint zu den indeſſen ſowohl zur Vertheidigung von Ober - Au, als auch zur Sicherung der Menge der dortigen Bleſſirten zurüdge laſſenen Truppen zurückzukehren, deren Befehlshabern , den Ma jors von Germar , von Búnau und von Boſe, er die Weiſung 1
ertheilte, fich, ſo ſchwierig auch ihre Lage ſen , mittlerweile .
nach Kräften zu behaupten. Jedoch wurden die Truppentheile des Oberſten von Egloffſtein , denen ſich auch noch mehrere der, indeſſen von den Befakungen der drei Häuſer vom 1. und 2. Bataillon , theils zu Verbindung mit den die Geſchüße decken den , theils mit den tiraillirenden Abtheilungen an geeigneten Punkten außerhalb der Gebåude aufgeſtellten Detaſchements, die , weil ſie nun ganz iſolirt und blosgeſtellt waren , unter: deſſen ihre Rückkehr in die Häuſer nur unter dem größten Verluſte wegen der auf alle Eingänge derſelben ein unausge: fekt mörderiſches Feuer richtenden Tyroler bewirken konnten, ſowie auch endlich noch ſämmtliche Verwundete, deren Zuſtand es erlaubte, angeſchloſſen hatten, beim Rückmarſch nach Mitte
wald bereits von allen Seiten und ſogar im Rücken heftig beſchoſſen , indem außer ' der bedeutenden Unzahl Tyroler; welche alsbald die durch die zurückgelaſſenen Truppen vertheidig
ten drei Häuſer von Ober -Uu umzingelten , auch eine große Maſſe unter dem Kapuziner Haspinger den Abziehenden auf dem Fuße folgte. Eben ſo wurden fie in ihrer rechten Flanke
durch die von den ſteilen Gebirgen herabgeſchleuderten Stein maſſen ſehr gefährdet und der Oberſt von Egloffſtein , welcher zu ſchleunigen Anordnungen indeſſen dorthin fich voraus. begab , durch einen ſolchen Steinwurf auf die Bruſt und Schul: ter verwundet.
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Als ſo derſelbe ſich mit Verluſt bis Mittewald durchge ſchlagen hatte und ſich hier bereits von bedeutender Uebermacht völlig umringt , ſo wie von Ober - Uu abgeſchnitten und blos noch mit nothdürftiger Munition verſehen fah , 30g er nach augenſcheinlicher Ueberzeugung und nach allen ihm zu kommenden Nachrichten zum einzigen Heile ſeines Truppentheils und der Geſchüße vor , fich mit einer legten Kraftanſtrengung ſeinen Rückzug, entweder bis zu der immer noch im Anzuge gehofften Verſtärkung, oder bis . Sterzing zum General Rouyer Behufs der ſchleunigſten Abſendung der Hülfe zu bahnen. So ſchwierig und gewagt dieß Unternehmen auch mit der durch ſo viele Beſchwerden ſehr erſchöpften Mannſchaft war, ſo zählte er doch dabei feſt auf deren bewährte Beharrlichkeit. Nachdem die , Mittewald und deſſen Brücke unablåſfig vertheidigenden, 2 Kompagnien ſich angeſchloſſen hatten und lebtere ungangbar gemacht worden war, zog ſich das Ganze, deſſen Avantgarde das Detaſchement des Majors von Arnswald und die Spiße der:
ſelben die 5. (weimariſche) Kompagnie bildete , unter dem hef tigſten Gefechte bis zum Wirthshauſe, im ſogenannten Sacke, zurück. Hier glaubte man der höchſt ermatteten Mannſchaft, unter Vergönnung einiger Ruhe , von dem dort aufgefun denen kleinen Weinvorrathe verabreichen zu können ; doch ward
dieß Vorhaben , da in kurzer Zeit eine Menge Leute getódtet oder verwundet wurde , gehindert , und ſo die von hier unaufhaltſam durch die hinter Felſen , Klippen , Höhlen und Båumen poſtirten Tyroler durch ein unausgeſetztes Feuer und
von Zeit zu Zeit an geeigneten Stellen herabrollende Stein : maſſen vertheidigten furchtbaren Engpåſſe , in welchen vorzug lich wohl an 150 Schüßen der legtern einen beſekten tiefen Hohls
weg, deſſen beengten Durchgang dieſelben mit vieler Kühnheit gleichſam vertraten , und theilweiſe hinter einem Gemäuer ſo
wie durch Felſen geſichert, durch ein mörderiſches Feuer der ganzen Långe der Fronte und rechten Flanke nach beſtrichen, von der Avantgarde, wiewohl nicht ohne Mühe und nach mehr:
maligen Verſuchen , ſtürmend durchdrungen , die Tyroler in die
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Flucht gejagt und ſo, obgleich mit Hinterlaſſung einer Anzahl Getódteter und Bleſſirter, der Weg nach Maúls gebahnt, auf dem man auch mehrere Tyrolerinnen, mit dem Stuße bewaff net , am Gefechte Theil nehmen ſah. Mit faſt unglaublicher
Hingebung beſiegte der Soldat alle auf ihn einſtürmende Bes drångniſſe, und jeden , ſelbſt den Verwundeten, Kranken und
Ermatteten, ließ der Gedanke, beim Zurückbleiben in die Hände dieſer wüthenden , ungeregelten Volkshaufen zu fallen und dann wahrſcheinlich den Mißhandlungen preisgegeben zu ſeyn , ſeine legten Kräfte zuſammenraffen.
Obgleich nun auf dem fortgeſekten Rückzuge die Truppen ſich durch die Tyroler von den nahe an die Straße herantre tenden Gebirgslehnen ſtets heftig beſchoſſen , immer umgangen, unaufhörlich verfolgt und vorzüglich die 2 baieriſchen Geſchůbe bedroht fahen, ſo ſchlugen ſie fich doch , nachdem ſie noch zwi ſchen den Dörfern Mauls und Trens auf eine kleine Anzahl der am Morgen dieſes Tages vom gothaiſchen Major Knauth von Sterzing nach Ober - Au mit Lebensmitteln abgeſendeten Wagen geſtoßen waren , welche den , die ganze Gegend ſchon befekt haltenden Tyrolern durch das Todtſchießen der Pferde als
Beute in die Hände gefallen, indeſſen der größte Theil der Mann ſchaft ſich nach lekterer Stadt zurückgerettet hatte, bis an das alte Bergſchloß Sprechenſtein durch , von wo aus noch ein einzi ger Tyroler Schüße die 'Kolonne unausgeſekt beſchoß, mehrere Leute bleſſirte, jedoch nebſt ſeiner Frau durch eine Schleich patrouille endlich gefangen genommen wurde. Der indeſſen mit mehr als 3,000 Mann in Sterzing raſtende General
Rouyer, zu welchem außerdem noch, ſeinem Befehle zu Folge, vom Brenner 1 Bataillon leichte Infanterie nebſt 1 Eskadron
Kavallerie Baiern , unter dem Oberſten Grafen von Wittgen ſtein, die auf dem legtern Gebirgspaſſe durch 1 Bataillon Lis nieninfanterie mit 2 Kanonen unter dem baieriſchen Oberſten
Stråhlabgelöſtworden, während 1 Eskadron Kavallerie zur Unter haltung der Verbindung mit Innsbruck beſtimmt wurde, geſtoßen war, hatte fich darauf beſchränkt, daß er, als er das ihm nahende
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Gefecht hörte, den Oberſten Grafen von Wittgenſtein mit einer Abtheilung Kavallerie nebſt 2 Kanonen der Batterie Vandouve , ſowie ein Bataillon der Herzoge von Anhalt den auf der Landſtraße Anrůckenden als Hůlfeleiſtung entgegen : ſendete, indeſſen 2 Kompagnien . baieriſche leichte Infantes rie das Schloß Sprechenſtein im Gebirg umgingen , wo durch die Tyroler ſich ſo unerwartet im Rücken gefaßt und
gleichzeitig durch das Bataillon Anhalt mit ſolcher Entſchloſſen: heit und Nachdruck in der Fronte angegriffen ſahen , daß ſie unter hartnåckigem Kampfe bis hinter Mauls zurückwichen, welchen Ort hierauf jener Oberſt zwar beſepte, jedoch alsbald wieder verließ, um, wiewohl nur nach geringem Verluſte, nach 1
Sterzing zurückzukehren. So langte denn der Oberſt von Egloffſtein mit dieſem höchſt erſchöpften Theil des herzoglich fåchfiſchen Regiments nebſt den 2 baieriſchen Geſchůben nach großen Gefahren und Beſchwerden, großentheils ſchon ohne Munition, aber auch un
ter empfindlichem Verluſte, - denn alle Bleſſirte, Kranke und Marode, denen ihr Zuſtand nicht zu folgen erlaubte, mußten aus gånzlichem Mangel an Transportmitteln den Gegnern nach einem unausgeſekten , faſt eilf überlaſſen werden , ſtündigen Gefechte gegen Abend im Bivouak auf dem ſoge: nannten Mooſe bei Sterzing an , wo ſeine erſte Sorge und dringendſte Bitte bei dem , ihn wegen des bewieſenen tapfern Verhaltens mit Lobſprüchen überhaufenden General Rouyer,
der ſchon das Ganze für verloren gehalten hatte, war , eis ligſt ſeinem in Ober - du zurückgelaſſenen Truppentheile Hülfe zuzuſenden. Jedoch die faſt unbezwinglichen Schwierigkei ten , welche bereits ſowohl dem ſich durchgeſchlagenen Trup pentheil , als auch der unter dem Oberſten Grafen von Witt:
genſtein vorgerückten Abtheilung entgegengeſtellt waren , vers bunden mit dem erlittenen großen Verluſte des erſtern und der Umſtand, daß die Ausführung eines Vordringens bis Ober -Uu wohl unmöglich oder mit zu großen Opfern verknüpft ſeyn dürfte, vermochten den General Rouyer nicht dazu zu beſtim
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men , daher denn dieſer hart bedrängte Theil des herzoglich fächſiſchen Regiments ſeinem Vertrauen und Muthe allein und ,
beites, wie folgt, bewährend, überlaſſen blieb. Nach dem Abzuge des Oberſten von Egloffſtein war der in Ober - Au zurückgebliebene Truppentheil bald völlig einge ſchloſſen worden, und in dem Grade, wie die Maſſe der Tyroler von Stunde zu Stunde durch herbeieilende Haufen vergrößert
wurde, wuchſen auch die Gefahren für denſelben. Indeſſen
wurden die, obgleich unaufhörlich heftig beſchoſſenen drei Håuſer unter dem unausgeſekt und lebhaft daraus erwiederten Feuer
der , wie früher angeführt, mit Gewehren bewaffneten Offi ziere zu rühmlicher Ausdauer angefeuerten Beſaßungen ſtand haft vertheidigt, und ſo die verwegenen Schaaren in gebo: riger Entfernung gehalten ; doch mehrten ſich mit jedem Aus
genblicke die Bedrängniſſe derſelben . Da Zodte, unter denen auch der koburgiſche Lieutenant von
Speßhard war, der in einer Thüre von einer Kugel durchbohrt wurde , ſowie Verwundete ſich in den Gebåuden anhäuften und die durch die Vorgänge der zwei Tage ohnedieß ermattete Mann ſchaft dem þunger und dem Durſte, da ihnen das Waſſer abge
ſchnitten worden , preisgegeben war , ſo belebte nur der zuver: ſichtliche Gedanke an den ſtündlich zu erwartenden Entſaß die all måhlig hinſinkenden Kräfte immer von neuem und ſo wurde jeder Zuruf von Ergebung der tobenden Tyroler Maſſe nur durch ein wohlgenährtes Feuer beantwortet. Da aber Nachmittags 5 Uhr ein Tyroler Parlementair mit einer weißen Fahne in der Hand dem vom Major von Germar befekten Hauſe fichy nahete , ſo ließ dieſer alsbald das Feuer ſeiner Mannſchaft
einſtellen und wollte perſönlich deſſen Anträge vernehmen ; doch kaum war er aus dem Hauſe getreten , als mehrere auf ihn
gerichtete Schüſſe ihn daſſelbe wieder eiligſt zu gewinnen no thigten.
Nach dieſem Ereigniſſe ließ der Major von Búnau bei dem Major von Germar, obgleich ſolches wegen der von einan der abliegenden und ununterbrochen heftig beſchoſſenen drei
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Håufer eben ſo ſchwierig als gefahrvoll war und bei welchem Verſuche mehrere Mann getödtet wurden , über deſſen Lage Erkundigung einziehen, worauf dieſer jenem den Entſchluß kund
thun ließ, ſich, da alle Hülfe auszubleiben ſcheine, wo móglich gegenſeitig bis zur eingetretenen Nacht zu behaupten und dann ein vereintes, obgleich ſehr gewagtes Durchſchlagen bis zu dem
vier Stunden entfernten Sterzing zu verſuchen. So ſekten die braven Beſakungen der mit Verwundeten angefüllten drei Häuſer, obgleich nun faſt ſeit zwei Tagen ſelbſt der allernoth
wendigſten Lebensbedürfniſſe entbehrend, ihre Vertheidigung bis zum Abend gegen die auf 5,000 Mann angewachſenen Tyroler
Maſſen fort. Mit der einbrechenden Dämmerung vergrößerte ſich aber die Gefahr deßhalb 1, weil die legtern , durch das Dunkeln und das wegen allmähliger Munitionserſchöpfung immer ſchwa: cher werdende und dazu unſichere Feuer begünſtigt, ſich nun in dichtern Haufen den Gebäuden mit Brennmaterialien und
dem wilden Geſchreie , fie in Brand zu ſteden , naheten , bis endlich um halb acht Uhr Abends die beiden von den Majors von Búnau (Gotha) und von Boſe (Meiningen) befekten
zwei Häuſer, wegen völligen Mangels an Schießbedarf, ihr Feuer einſtellen und ſich ſo ohne Rettung der nun ungehindert auf einmal zu allen Eingången der Gebäude einſtürmenden, wüthenden bewaffneten Volksmaſſe, nachdem Major von Bú
nau und Kapitain von Kråkſchmar (Gotha) noch bleſſirt wors den waren , auf Diskretion ergeben mußten und dabei auch
unglüdlicher Weiſe die 2 Fahnen des 1. und 2. Linien bataillons verloren
gingen.
Sobald dieſe beiden kleinen
brav vertheidigten Bollwerke gefallen waren , umringte nun die ganze ungeheuere tobende Maſſe unter Trommel- und Pfeifen - Schall das von dem Major von Germar mit una gefähr nur 230 Mann des weimariſchen und koburgiſchen Kontingents noch vertheidigte Wirthshaus und forderte ihn un:
ter ſiegestrunkenem Geſchreie zur augenbliclichen Kapitulation auf , widrigenfalls ſie die Gebåude auf der Stelle ver
mittelſt der bereits angehäuften Brennmaterialien anzünden
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würden. Doch ungeachtet ſeiner nun äußerſt bedenklichen Lage vertheidigte er ſich noch bis acht Uhr Abends, wo er , auf noch malige Aufforderung von Seiten einer aus 6 Mann beſte: henden , ſich auf ungefähr 60 Schritte den Gebäuden nahen:
den Tyroler Deputation , obgleich noch mit etwas Munition verſehen , in Berückſichtigung des Unnúßen alles weitern
Blutvergießens zur Verſtåndigung ſich zu ihr begab.
Je-:
doch kaum unter ſie getreten , fah er ſich umringt , von Ei nem angefaßt und alsbald von zwei Bajonettſtichen und meh: reren Hieben verwundet. Doch da dieſer ſtets brave Offi zier demohngeachtet ſeine gewohnte Kaltblütigkeit nicht verlor, verwundete er zwei von ihnen mit dem Sábel , indeſſen zwei andere derſelben durch das hierauf aus dem Hauſe wieder bea gonnene Feuer todt zu Boden geſtreckt wurden , worauf die zwei übrigen entflohen und er ſo das Haus wieder zu erreichen ſuchte. Da aber nach dieſem Vorfalle die Tyroler, unter ihnen
eine Anzahl öſterreichiſcher ranzionirter Jäger , wirklich Anſtalt trafen, die Gebäude in Brand zu ſtecken, mußte fich nun auch dieſes kleine Bollwerk, nach einer dreizehnſtündigen tapfern Gegenwehr, hoffnungslos auf Diskretion ergeben.
Gleichwie ſolches bei den zwei, früher in feindliche Hände gefallenen Befakungen geſchehen war, drang nun eine bedeu: tende Maſſe der durch den , ihnen ſo beharrlich entgegengeſep: ten Muth und dadurch zugefügten Verluſt aufs Höchſte era bitterten Tyroler in die Gebäude ein , wo noch ein bluti ges Handgemenge entſtand, indem dieſelben ſich ſowohl über die Geſunden, als Verwundeten , gleichſam alles erdruckend, her:
warfen und, obgleich dieſe wohl einer ehrenden Behandlung ſich werth gemacht, auf die ſchonungsloſeſte Weiſe mißhandelten und ausplunderten. Von dem in Ober - Au gefangenen Truppentheile wurden
noch in der Nacht vom 5. zum 6. die ' geſunden Offiziere auf das Schloß Rodeneck im Puſterthale , wo ſie ſtreng gehalten wurden , ſo wie am kommenden Tage von den Bleſſirten
die Offiziere nach Briren und die Mannſchaft in das unweit 16
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dieſer Stadt gelegene Hospital Neuſtift, bie Geſunden der lekteren aber in das Puſter - und andere Thåler transpors tirt , wo ſie bei den Einwohnern zur Arbeit vertheilt wurden. Jedoch brachte man nach Verlauf einiger Tage die Offiziere in Bogen , Meran und Innsbruck unter guter Behandlung
unter , für welche Maaßregel Andreas Hofern die Ehre ges búhrt.
So hatte das Herzoglich fåchfiſche Regiment, blos von den 2 baieriſchen Geſchüßen kräftig unterſtüßt, in einem der ſchwierig
ſten , dem Feinde höchſt günſtigen Terrains gegen eine krie geriſch geſinnte und für ihr Heimathland begeiſtert kämpfende bedeutende Volksübermacht einen zweitägigen harten Kampf, bei größtem Mangel, mit möglichſter Ausdauer beſtanden. Nacha dem es ſich durch das unbezwingliche Element, das Waſſer, in ſeinem unaufhaltſamen Vorwärtsſchreiten , - deſſen Ziel zwei Tage ſpåter der Herzog von Danzig mit einer volzähligen Divi fion braver , dazu für dieſes Gebirgsland kriegskundiger baieri ſcher Truppen , wie ſolches ſowohl der weitere Verlauf der Ergebniſſe, als auch eine , weiter hinten angeführte, vor: gefundene Denkſchrift zur Genüge beweiſen wird , nicht zur Hälfte zu erreichen ſich im Stande hielt, gehemmt, auch theil: weiſe bei bald eintretendem völligem Mangel an Schießbedarf,
und nächſtdem in den furchtbaren Engpåſſen ganz umringt, ſo wie durch kriegsungewöhnliche Vernichtungsmittel gleichſam erdrückt fah, hatte es ſich zum Theil einen rühmlichen blutigen Rúdt: zug gebahnt , indeſſen ein Theil rettungslos ., aber mit Ehren, in die Hände feiner weit übermächtigern Gegner fiel *). Groß aber waren hierbei die durch ſeine Beharrlichkeit gebrachten Opfer, indem der in dieſen zwei Tagen herbeigeführte Totalverluſt in 7 todten und 14 (theils gefangenen ) verwundeten
*) Ieder unbefangene Beſchauer des in dieſen wilden Gegenden ge legenen Kampfplaßes wird es faſt unglaublich finden, daß hier zwei: tågige Gefechte geliefert wurden.
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Offizieren , ſo wie außer dieſen noch in 24 gefangenen theil weiſe auch leicht bleſſirten Offizieren , und in 946 getödteten, verwundeten , vermißten und gefangenen Unteroffizieren und Soldaten , und zwar beim I. und II. Bataillon Gotha , Mei
ningen und Koburg , in 2 todten und 5 bleſſirten Offizieren nebſt 540 Mann, ſo wie beim III. leichten Bataillon Weimar
und Hildburghauſen in 5 getödteten und 9 verwundeten Offi
zieren nebſt 406 Mann , nach folgender näherer Angabe, beſtand:
I. und II, Linienbataillon S. Gotha, Meiningen und Koburg. 1 ) Kontingent Gotha : Oberſt von Henning , kurze Zeit hierauf toot in Folge ſeiner ſchweren Berwundung; Major von Búnau, die Kapitains von Spiller und Kråtzſchmar, Pre
mierlieutenant und Regimentsadjutant von Seebach , ſo wie Sekondlieutenant von Beuft II., verwundet und gefangen ; die
Kapitains von Münch, Wunder und Bube, die Premierlieutes nants von Schauroth I. und von Tümpling, die Sekondlieute: nants von Schük, Fleiſchmann, Gernand (Adjutant) , Förſter und von Gilſa , ſo wie der Regimentsarzt Haßkarl , ge fangen und theilweiſe auch leicht verwundet, nebſt 349 ge
tódteten, bleſſirten, vermißten und gefangenen Unteroffizieren und Soldaten .
2) Kontingent Meiningen : Major von Boſe, Kas pitain von Buttlar und Adjutant Lieutenant von Iwonsky gefangen, ſo wie 101 Unteroffiziere und Gemeine getödtet, vers wundet, vermißt und gefangen . 3) Kontingent Koburg. Sekondlieutenant von Speß hardt getödtet , die Kapitains Hofmann und von Wolframs dorf, die Premierlieutenants von Alvensleben und von Wan
genheim , die Sekondlieutenants von Holleben und von Win leben, gefangen, ſowie 90 todte, bleſſirte, vermißte und gefan gene Unteroffiziere und Gemeine. III. Leichtes Bataillon S. Weimar und Hildburghauſen. 1) Kontingent Weimar : die Kapitains von Schier: brandt und von Hönning, die Sekondlieutenants von Honning 16 *
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und von Breun getddtet ; der Oberſt von Egloffſtein , die Majors von Germar ( gefangen ) und von Arnswald , die Pre mierlieutenants von Beulwig , Adjutant (gefangen ) und von
Crayen , der Sekondlieutenant von Buchwald und Auditeur Müller (gefangen ) bleſſirt; der Kapitain von Linder, die Se: kondlieutenants von Einſiedel und von Poſeck gefangen , nebſt 346 getödteten , bleſſirten , vermißten und gefangenen Unter : offizieren und Soldaten. Auch ſtarb noch in Folge der Ans ſtrengungen der Bataillonschirurgus Börner in der Gefana genſchaft.
2) Kontingent Hildburghauſen: Sekondlieutenant von Schierbrandt getödtet, Kapitain von Münch (gefangen ) und Premierlieutenant von Koppenfels verwundet, gleichwie 60 Mann getödtete , bleſſirte, vermißte und gefangene Unteroffi ziere und Soldaten. Das am 4. Auguſt früh mit ungefähr 2,190 Mann aus dem Bivouať bei Sterzing gegen Briren aufgebrochene her: zoglich ſåchſiſche Regiment hatte mithin faſt die Hälfte von dieſer Mannſchaft verloren, und die Anzahl ſeiner getödteten und verwundeten Offiziere zeigt hierbei hinlänglich, mit welchem rühmlichen Beiſpiele fie ihren Soldaten im heißen Kampfe vorangegangen waren.
Obgleich der Tyroler , der Dertlichkeit und ihrer Bes hutſamkeit wegen, nur wenige gefangen genommen wurden und ſie ſich meiſtentheils gedeckt zu ſtellen wußten , dabei auch ihre Verwundeten und ſelbſt Todten, wo nur möglich, mitzunehmen und ſo ihren Verluſt zu verbergen ſuchten , fo geſtanden fie
doch ſelbſt, daß dieſer gleichfalls nicht unbedeutend war. Das Mißlingen des Unternehmens des Generals Rouyer
gegen Briren ſcheiterte vorzüglich wegen der Vernichtung der in dieſen furchtbaren Defiléen gelegenen Eiſackbrücke, ſo wie ſeiner geringen Streitkräfte und des Umſtandes wegen, daß ihm von keiner Seite, und als dieß endlich vom Marſchall Lefebre ge
fchah, doch zu ſpåt hålfreich entgegengekommen und ſo wieder ſeinerſeits das herzoglich fåchfiſche Regiment, welches nebſt den .
2 +5
2 baieriſchen Geſchüren ganz allein mit großen Opfern die be deutenden Vortheile bereits errungen hatte , gånzlich preisgege ben wurde.
Der Marſchall Lefebre, welcher am 3. Auguſt von Inns:
bruck 1 baieriſches Infanterieregiment nebſt 2 Schwadronen Kavallerie und 2 Geſchůzen nach Landeck , zur Unterhaltung der Verbindung mit dem durch das Oberinnthal über den Arla berg nach Bregenz ziehenden General Grafen von Beaumont, entſendet hatte, brach auf die erhaltene Nachricht von den dem
General Rouyer entgegengeſtellten Hinderniſſen am 5. Auguſt ſelbſt mit der 1. baieriſchen Diviſion von Innsbruck, wo er einen Theil der 3. baieriſchen Diviſion zurůdließ , gegen Ster: zing auf und traf ſelbigen Tag in Steinach ein. Da er die Paſſage nach Briren erzwingen wollte, ſo gab er der erſt bemerkten baieriſchen Abtheilung , die unter den Befehl des 1
Oberſten Baron von Burſcheidt geſtellt war , die verånderte
Beſtimmung, daß ſie durch das Vintſchgau nach Meran drin gen und ſo ſeine Operation gegen Briren erleichtern ſollte, wo gegen er die Stellung bei Landeck durch 1 baieriſches Infan :
terieregiment nebſt 1 Schwadron Kavallerie und 3 Geſchüßen
beſeßen ließ , indeſſen " 1 baieriſches Linienregiment in Mals, Stambs und Silz die Verbindung zwiſchen Landeck und Inns: bruck ſichern ſollte.
Obgleich die Tyroler bereits die Verbindung zwiſchen dem Brenner und Sterzing abgeſchnitten hatten, indem zwei in der Nacht vom 5. zum 6. Auguſt von erſterm Gebirgspaſſe durch den Oberſten von Ströhl an den General Rouyer abgeſendete Kavallerieordonnanzen nicht hatten paſſiren können , worauf ein von da abgeſchicktes , aus 1 Offizier nebſt 60 Schüßen und einer kleinen Abtheilung Kavallerie beſtehendes baieriſches De taſchement ſich mit Verluſt von 8 Mann bis Sterzing durch zuſchlagen genothigt fah , ſo langte doch der Marſchall mit ſeiner Diviſion (Kronprinz) am 6. ohne Verluſt, nachdem er
blos mehrere Håuſer des Dorfes Oberried, aus welchen auf ſeine Truppen geſchoſſen worden war, zur Strafe hatte nieder
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brennen laſſen , in Sterzing an, wo er ſich mit dem General Rouyer vereinigte und ſogleich nach ſeinem Eintreffen 1 Re:
giment und 1 Kompagnie baieriſcher nebſt 1 Kompagnie fran zöſiſcher Infanterie unter den Befehlen ſeines Adjutanten , des Oberſten Maingrenot , an der rechten Gebirgsſeite nach dem Dorfe Stilfes vorrúden ließ.
Alsbald ertheilte er auch dem Oberſten von Egloffſtein, un ter den vollkommenſten perſónlichen Achtungsbezeigungen , den Befehl, das herzoglich ſächſiſche Regiment aufmarſchiren zu laſſen , worauf er dieſem vor der Fronte in deutſcher Sprache ſeine volle Zufriedenheit ungefähr in folgenden Worten aus: drůdte :
„Ich habe das ganze Regiment ſchon für verloren gehal „ ten ; jedoch habt Ihr die gute Meinung, die ich von Euch
„ſtets gehegt , vollkommen gerechtfertigt.
Ihr habt Euch
„ als brave Soldaten geſchlagen , und hierüber werde ich ,,dem Kaiſer , meinem Herrn , einen ſehr rühmlichen Rap ,,port machen .
„ Jekt werde ich vorwärts gegen die Inſurgenten gehen, „ um Eure Gefangenen zu befreien und Euren großen Ver: „luſt zu rächen ." Nachdem das Regiment dieſe Anrede durch einen wieder: holten Freudenruf beantwortet hatte, befahl noch der Marſchall dem Oberſten von Egloffſtein , daß derſelbe in ſeinem an die geſammten Herzöge zu Sachſen abzuſtattenden Rapport den Verluſt der zwei Fahnen des 1. und 2. Bataillons, die er, nebſt dem in Ober -Au gefangenen Truppentheile, den Tyrolern wie der zu entreißen glaubte , nicht erwähnen ſollte. Hierauf un ternahm noch der Marſchall mit einer kleinen Abtheilung baieri ſcher Kavallerie am Nachmittage eine Rekognoszirung bis zum Dorfe Mauls , bei welcher er die ganze Gegend von den Tys
rolern , da ſolche ſich bis in den ſogenannten Sack zurückgezo 1
gen hatten, indeſſen Speckbacher, der ſelbigen Tag Verſtärkung von Hofer erhalten , die Uebergånge des Jaufen und Gaſteig
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beſegt hielt , verlaſſen fand , und kehrte am Abend wieder nach
Sterzing zurück.
Dagegen marſchirte das ſo geſchwächte herzoglich ſächſiſche Regiment , welchem der Marſchall die Vertheidigung des zur
Unterhaltung ſeiner Verbindung mit Innsbruck ſo wichtigen Brennerpaſſes übertrug, ſelbigen Tag noch aus dem Lager bei Sterzing dorthin ab und nahm auf ſelbigem zwiſchen dem Poſthauſe und dem Kirchbaumer ſeinen Bivouak , wo am
7. früh auch die bisher in Sterzing unter dem Major Knauth als Beſaßung gebliebene 2. Musketierkompagnie (Gotha) des 1. Bataillons wieder zu felbigem ſtieß, ſo daß hier deſſen Ge.
ſammtſtärke etwas über 1,300 Mann betrug. Alsbald nahm der Oberſt von Egloffſtein eine neue Formation des Regiments vor , indem er die Ueberreſte des 1. und 2. Bataillons blos .
in 1 Linienbataillon unter den Befehlen des Majors Knauth
(Gotha) vereinigte , während die Ueberbleibſel des leichten Ba taillons dem Kommando des Majors von Arnswald (Weimar )
untergeben wurden. Um früheſten Morgen dieſes Tages brach auch der Marſchall Lefebre mit der 1. baieriſchen Diviſion , um den Weg nach Briren zu erzwingen , von Sterzing auf und drang auf der Landſtraße gegen das von den Tyrolern wieder befekte Dorf Mauls vor , indeſſen fich zu ſeiner Rechten die, Stilfes beſekthaltende, baieriſche Abtheilung über das Dorf Blu ders und zu ſeiner Linken 1 Linienregiment nebſt 1 leichten Bataillon Baiern über die Gebirge , und zwar gleiche Höhe mit ihm haltend, bis hinter Mauls bewegten , worauf die Ty . roler von lekterm Orte, als eben die baieriſchen Schüßen zum Angriff auf ſelbigen in das Thal hinabſtiegen, mit Verluſt meh: rerer Gefangenen entflohen . Doch fand der Marſchall kurz
hierauf bei ſeinem weitern Vordringen alle Engpåſſe, und zwar in ſeiner Fronte durch die Tyroler unter dem Kapuziner Has: pinger , ſo wie in ſeinen Flanken unter Speckbacher, welchem lektern Hofer ſelbigen Tag bedeutende Verſtärkungen über den Saufen zuführte, indeſſen er ſelbſt ſein Quartier auf dem Kalche nahm , ſo gut und hartnäckig vertheidigt und überdieß ſo viele andere
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Hinderniſſe, daß alle ſeine mit großer Tapferkeit und Anſtrengung gemachten Angriffsverſuche ſcheiterten. Und da die Tyroler Maſſen auch von Zeit zu Zeit immer mehr Verſtärkungen er: hielten , zog er ſich am Abend dieſes Tages wieder bis Ster: zing zurück und ſtellte fich , zur Behauptung dieſer Poſition, bei dieſer Stadt und hinter derſelben , gleichwie eine Stunde von da auf der Landſtraße am linken Ufer der Eiſack , mit
den Vorpoſten vor dem Dorfe Mauls und endlich auf dem rechten Eiſackufer, zur Sicherung deſſelben , in gleicher Höhe .
und gleich weit auf, und ſo hoffte er auf das Erſcheinen und
die Hülfeleiſtung der durch den Vintſchgau gegen Meran ab geſendeten baieriſchen Truppenabtheilung unter dem Oberſten von Burſcheidt. Noch traf am Abend dieſes Tages das von Hall über
den Brenner herbeigezogene Graf von Arcoiſche Korps nach einem höchſt angeſtrengten Marſche in Sterzing ein , von wo es ſofort wieder rechts in das Ridnauthal abmarſchirte und,
in ſelbigem unter unausgeſettem Geplånkel vordringend, ſich in der Nacht zwiſchen Ober- und Unter- Zelfs lagerte. Sedoch da der Mareiterwald und von da die Gegend bis Gaſtein von
den Tyrolern befekt war, ſo hat es ein Vorpoſtenfeuer bis in die ſpåte Nacht noch zu beſtehen. Da am 8. des Morgens der mit dem herzoglich ſächli fchen Regimente den Brenner befesthaltende Oberft von Egloff ſtein von Sterzing aus die Nachricht erhielt , daß die Tyroler
über die Gebirge eine Ueberrumpelung deſſelben beabſichtigten , ſo erhielten vom leichten Bataillon Weimar und Hildburghauſen der Lieutenant von Boyneburgk I. nebſt 100 Mann , ſo wie der Lieutenant von Seebach nebſt 60 Mann den Befehl, und
zwar erſterer, die in der rechten , und lekterer, die in der linken Flanke der Stellung des Regiments gelegenen höchſten Ges birge zu beſeken. Beide Detaſchements erſtiegen hierauf mit vieler Anſtrengung, zumal da der Soldat bei allen den Be:
Tchwerden unausgeſegt nur nothdürftig verpflegt, und ſomit entkräftet war , das Hochgebirge, auf deſſen felſigten Schnee:
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gipfeln ſie ſich in dichten eiſigen Nebel eingehüllt lahen , ſo daß man kaum 20 Schritte vor fich ſehen konnte. Nach: dem dieſelben Po bis zum Abend in dieſen , obgleich im Auguſt, empfindlich kalten Poſitionen und dabei ohne Nahrung und Feuer, und blos auf wenige bewaffnete und ſogleich die Flucht ergreifende Tyroler ſtoßend, verblieben waren , kehrten ſie, erhaltenem Befehle zu Folge , nach einem ſehr beſchwerli chen Herabſteigen von den ſchroffen Gebirgen zum Regimente zurück, wobei jedoch das 1. Detaſchement, da ſolches ſich una vermuthet von einer Anzahl Tyroler angegriffen , obgleich nur eine kurze Strecke verfolgt ſah , 2 Mann an Getódteten verlor. Da der wichtige Brennerpaß bisher ſo ſchwach befekt
war , und die Tyroler , wie ſchon angeführt, einen Angriff be abſichtigten , fo traf noch gegen Abend dieſes Tages das aus dem Ridnauthal kommende Graf von Arcoiſche Korps unter den Befehlen des baieriſchen Kavallerieoberſten Grafen von
Wittgenſtein (indeſſen Oberſt Graf von Arco beim Marſchall Lefebre verblieb) als Verſtårkung ein , worauf dieſer Oberſt, als ålteſter Stabsoffizier , nun das Kommando folgender ge: ſammter , ungefähr 1,893 Mann baieriſcher und 1,300 Mann ſáchfiſcher, Truppen nebſt 3 Geſchüßen , die , wie folgt, aufge ſtellt wurden , übernahm : 2 Kompagnien leichte Infanterie nebſt 1 Haubiſe , auf dem Bad am Schellenberge,
1 Kompagnie leichte Infanterie an der Poſt, 4 Eskadrons Kavallerie hinter der Poſt,
1 Regiment (das 1300 Mann ſtarke herzoglich ſáchſi fche) zwiſchen dem Poſthaus und dem Kirchbaumer,
5 Kompagnien Linien- und leichte Infanterie nebſt 1 Dreipfünderkanone und 1 Haubite beim Kirchbau mer,
1 Kompagnie leichte Infanterie auf dem Senberg, 1 Kompagnie leichte Infanterie am Paß lueg. Der Oberſt Graf von Wittgenſtein hatte im Poſthauſe,
als dem Mittelpunkt aller dieſer Stellungen, ſein Quartier.
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Ungeachtet aller rühmlichen Fürſorge des Legtern, konnte doch der Soldat in dieſer von allen Lebensmitteln durchaus entblos:
ten Gegend täglich nur eine nicht volle Viertelsportion Schiffs zwieback nebſt etwas Fleiſch , welches lektere von Sterzing her bezogen oder durch die täglich in die Gebirge abgeſendeten Patrouillen herbeigeſchafft werden mußte , erhalten , und we
gen dieſer ſo dürftigen Verpflegung nebſt dem eiſigen Trink: waſſer, ſo wie der ſo rauben Temperatur in dieſer bedeutend
hohen Gebirgsgegend , verbunden mit den ſchon früher ausge ſtandenen Entbehrungen und Strapazen aller Art , mehrte ſich beim herzoglich ſächſiſchen Regimente von Tag zu Tage die Zahl der Kranken.
Indeſſen fanden dieſen Tag auch zwiſchen der 1. baieri ſchen Armeediviſion und den Tyrolern in der Gegend bei
Sterzing anhaltende Gefechte Statt, und vorzüglich dauerte das lebte derſelben zwiſchen den vorwärts gegen das DorfMauls unter
General von Raglovich aufgeſtellten Schüßen des 4. und 8. Regiments und dem 4. Linienregimente und den unter dem Kapuziner Haspinger dieſen Ort befekthaltenden Tyrolern den ganzen Tag über , wobei die lektern unaufhörlich mit der groß ten Verwegenheit ſo ſtürmiſch und nahe vordrangen , daß fie nur durch das wohlgeleitete und kräftige Artilleriefeuer zurück gehalten wurden , dabei jedoch einige Gefangene machten . Gleich zeitig drangen blos etwas mehr als 200 Tyroler mit ſolcher außerordentlichen Kühnheit aus den Gebirgen und zwar bis auf Büchſenſchußweite an die rechte Flanke des zur Bedeckung der Artilleriereſerve hinter Sterzing aufgeſtellten 2. Linienregi ments Kronprinz heran , daß ſie das Lager deſſelben mit Wir kung beſchoſſen , jedoch endlich durch den Major Grafen von Seiboltsdorf nebſt 1 Kompagnie vom lektern Regimente und den Schüßen des 1. leichten Bataillons vertrieben , zwei Stun
den lang verfolgt, einige zu Gefangenen gemacht, ſo wie nächſtdem noch in den Gebirgen ein Bedeutendes an ſo
ſehr mangelndem Schlachtvieb und lebensmitteln erbeutet wurde.
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Indeſſen hatte auch der , die vom Graf von Urcoiſchen Korps am Eingange des Ridnauthales verlaſſene Stellung mit 8 Kompagnien und 2 Geſchüßen beſekthaltende General Sten gel durch 2 Kompagnien und 1 Haubige die ihm gegenüber
ſtehenden Tyroler angreifen laſſen , und ſie nach zweimaligen higigen Angriffen zurückgetrieben . Mittlerweile waren von dem Marſchall Lefebre, zu Erſpa
rung fernern unnúßen Blutvergießens, durch einige, wegen ihres religioſen Einfluſſes auf das Volk gewählte, als Parlementairs abgeſendete Mönche, mit den verſchiedenen Tyroler Anfüh
rern und vorzüglich mit dem Oberanführer Hofer Unterhands lungen eingeleitet worden. Da es den Truppen des Marſchalls gleichfalls an Lebens: mitteln bedeutend zu mangeln anfing, To ſendete er am 9. den Major, Grafen von Seiboltsdorf nebſt 500 Mann des Regi: 1
.
ments Kronprinz und des 1. leichten Bataillons in das nåma liche Gebirge, wo er am verfloſſenen Tage die Beute gemacht, und nachdem er die nur ungefähr 60 Schritte jenſeits der åußerſten baieriſchen Vorpoſten ſtehenden Tyroler angegriffen
und wohl anderthalb Stunden in die Gebirge verfolgt hatte, kehrte er, mit Verluſt von 3 Offizieren und 6 Soldaten, und, obgleich von den Tyrolern lebhaft verfolgt ,1 doch mit 400
Stück aus den Alpen erbeuteten Viehes nach Sterzing zurůd. Ein anderes baieriſches aus 1 Offizier nebſt 50 Mann be
ſtehendes Detaſchement ſtreifte gleichzeitig in die Alpen am Schónſpiß, machte da Beute , wurde aber beim Rudzuge von den Tyrolern ſo lange heftig verfolgt, - wobei ſein Kommandant erſchoſſen ward, bis eine zu deſſen Unterſtüßung nachgeſchickte Abtheilung von 1 Offizier mit 40 Mann ſich mit ſelbigem vereinigt hatte , worauf die von der Verfolgung abſtehenden Tyroler ſich einem , auf einer durch ein Thal vom Schón : ſpiß getrennten Höhe poſtirten und durch 1 Pffizier befehlig ten Lagerpiquet ungeſtüm entgegenwarfen, es vertrieben und dieſen wichtigen Punkt belegten , wodurch ſie die Verbindung der dort .
auf dem rechten Eiſadufer lagernden 2 baieriſchen Bataillone
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des Leibregiments ſowohl unter ſich ſelbſt als auch mit Ster: zing zu unterbrechen droheten. Sofort ward nun aber dieſe
Höhe von den Baiern durch mehrere Kompagnien angegriffen und nach blutigem Gefecht erſtürmt, und die jeden Schritt
hartnådig vertheidigenden Tyroler nach und nach von Stellung zu Stellung bis auf den höchſten Gebirgsgipfel vertrieben, wo man in den iſolirten Gebäulichkeiten Beute an da unterge
brachter Munition und Lebensmitteln machte. Obgleich hierauf die Tyroler den Baiern 1, um einer Kompagnie derſelben den Rückzug vom Gebirge nach dem Lager abzuſchneiden , ſchnell in den Rücken fielen , ſo ward doch ihr Vorhaben dadurch , daß ſich ein baieriſches Detaſchement ſo unvermuthet und unge: ſtúm auf ſie warf und ſie alsbald zerſtreute , vereitelt , wo rauf nun dieſe Höhe 1, der Wichtigkeit wegen 1, anſtatt wie
früher durch ein Piquet , durch eine Kompagnie beſekt wur: de. Gleichfalls waren die auf der Landſtraße gegen Mauls
aufgeſtellten Baiern mit den dieſen Ort beſekthaltenden Tyro: lern unter dem Kapuziner Haspinger in ſtetem Gefechte; jedoch da die Tyroler Anführer und vorzüglich Hofer, auf die vom Marſchall Lefebre eröffneten Aufforderungen, um eine desfallfige Rúdſprache, vielleicht aber blos zur Zeitgewinnung , um ihn völlig zu umzingeln , nachſuchten , und der Marſchall bei der bisher vergeblich gehofften Húlfsleiſtung der italieniſch - franzó: fiſchen Streitkräfte vom Puſterthal und Boken her nun , mit ſeinen Truppen allein das Land zu unterwerfen , zu zweifeln anfing, ſo ging er darauf ein , befahl ſofort feinerſeits die Ein
ſtellung aller Feindſeligkeiten an und ſendete den General von Naglovich zur Einleitung der Unterhandlungen auf die Vor poſten .
Als nun der von lekterm als Parlementair abgeſendete Ober: lieutenant Baron von Vålderndorf nebſt zwei blaſenden Trom :
petern ſich den in der Nähe der baieriſchen Vorpoſten befindli: chen Tyroler Maſſen nahte, ſtellten zwar die Vorderſten derſel ben ihr bisher unausgeſentes Feuer ein , und riefen ein Gleiches zu thun auch den Entferntern zu ; jedoch kaum war dieſer of:
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fizier unter den tobenden regelloſen Haufen angelangt , als man
ihn auch vom Pferde riß und bis aufs Hemde ausplünderte, ſo wie an ſeiner Seite einen der Trompeter verwundete. Aus genblicklich ſah ſich hierauf auch die ganze baieriſche Vorpoſten: linie von den Tyrolern mit folcher Schnelligkeit überfallen ,
daß legtere , außerdem , daß ten , auch 1 Major und 2 fangen nahmen und ſogar durch die Beſonnenheit und
fie eine Anzahl Baiern verwundes Lieutenants nebſt 48 Schúßen ge der General von Raglovich nur Tapferkeit eines ihm durch die er:
bitterten Tyroler Haufen Bahn brechenden Chevaurlegers mit
vieler Mühe der Gefangenſchaft entging und die Hauptpoſition hinter Mauls erreichte, nach welchem Punkt ſich auch alles von der Vorpoſtenmannſchaft in möglichſter Eile zu retten ſuchte. Entſchloſſen raffte nun auch ein baieriſcher Oberſt in größter Schnelligkeit, zu Vermeidung noch großerer Unfälle, alle nahe Mannſchaft zuſammen und ſtürzte, unterſtügt durch eine An zahl baieriſcher Chevaurlegers , an der Spike der franzöſiſche Oberſt Lefebre, Sohn des Marſchaus ,1 den regelloſen Tyroler Schaaren ſo ungeſtúm entgegen , daß dieſe, mit Hinterlaſſung einer Anzahl Gefangener, fich eiligſt zurückzogen , die Baiern ihre verlorenen Poſten wieder beſekten , und als gleichzeitig der Gene: ral von Raglovich mit einigen Kompagnien und 3 Geſchüßen zur 1
Unterſtüßung herbeigeeilt war , die Tyroler noch weiter zurück: wichen.
Da hierauf am 10. Auguſt den Tyrolern bedeutet wurde, daß , wenn ſie die Tags zuvor auf eine ſo hinterliſtige Weiſe gefangen genommenen Offiziere nicht auslieferten ,
man ihre
Gefangenen aufhängen würde , fo gaben ſie dieſelben auch alsa bald , mit Ausnahme des Stabsoffiziers, wieder los. Weil ins deſſen dieſen Tag der Marſchau Lefebre auch erfuhr, daß die von ihm , unter Kommando des baieriſchen Oberſten von Bur:
fcheidt, 1 linienregiment,1 2 Schwadronen Kavallerie nebſt 2 Geſchüßen ſtark durch den Vintſchgau gegen Meran abgeſen:
dete Kolonne , ſo wie eine andere aus 1. Linienregiment , 1 Schwadron Kavallerie und 2 Geſchügen beſtehende, zur Untera
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ſtúkung dieſes Unternehmens, unter dem baieriſchen Oberſten
Delamotte, im Ober - Innthale unter großen Anſtrengungen und muthiger Ausdauer, hauptſächlich die erſtere, bedeutende Unfälle durch Verluſt von 22 Offizieren , 1,067 Mann , 117 Pferden , 3 Geſchůben und 3 Munitionswagen erlitten 1, und ſich am
9. bis Zirl zurüdgezogen und da vereinigt håtten , wo noch dieſen Tag , von Innsbruck aus , der Generallieutenant von
Deroi auf die erhaltene Kunde von dieſen Ereigniſſen perſón : lich eintraf und von wo er am 10. mit dieſen Truppen nach Innsbruck, um dort alle nöthigen Vertheidigungsmaßregeln ge gen die anrückenden Tyroler Maſſen zu treffen, zurúdmarſchirte: fo faßte auch der Marſchal , dem es bisher ,
obgleich mit
einer ganzen Diviſion Baiern , doch blos ein Dritttheil des von Sterzing nach Briren durch die furchtbaren Engpäſſe führen : den Weges zu durchdringen gelungen war, da ihm von keiner Seite Unterſtüßung zu Theil wurde, den Entſchluß, fich nun über den Brenner nach Innsbruck zurückzuziehen , weshalb er das bisher den Brennerpaß beſekthaltende Korps des Oberſten Grafen von Arco, unter deſſen Führung , von da am 11. Nachts 10 Uhr zur Befebung von Matrey und der dort gelegenen Höhen auf:
brechen ließ , indeſſen das herzoglich fåchſiſche Regiment, mit dem gleichzeitigen Befehle zur Übmarſchbereithaltung, jenen Ges birgspaß nun allein fort befekt hielt. Der Marſchall Lefebre , welcher gleichfalls Nachts 10 Uhr mit der Diviſion Kronprinz und den Truppen des Generals Rouyer von Sterzing aufgebrochen war, traf am 12. früh ge gen 2 Uhr auf dem Brenner ein , und nachdem ſich da das
herzoglich ſächſiſche Regiment dieſem die Urriergarde bildenden General angeſchloſſen, regte man ſich weiter nach Matrey in Marſch ,
welcher Ort frůh nach 4 Uhr erreicht ward, und zwar als eben das Graf von Arcoiſche Korps dort in ſeine verſchiedenen Stel lungen eingerůdt war und ſich die Vorpoſten deſſelben be reits durch die von Innsbruck her anrückenden Tyroler ans gegriffen fahen. In Matrey trennten ſich beide Diviſionen, indem die des Generals Rouyer , von welcher das herzoglich
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fáchfiſche Regiment bie Avantgarde und das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen wieder die Spike bildete , über die Ellenbogen den Weg nach Hall, der Marſchall aber mit der baieriſchen Diviſion , in ſeiner rechten Flanke durch die Diviſion Rouyer gedeckt, den nach Innsbruck einſchlug. Die Tya roler unter dem Kapuziner Haspinger und Speckbacher, von welchen Legterer mit einer großen Anzahl der entſchloffenſten
Schüßen die Vorhut machte , waren den von Sterzing fich zurückziehenden . Iruppen gefolgt, und obgleich der Marſchau bis an das Puſthaus des Schönbergs ſeinen Marſch ungeſtört fortſekte, ſo ſah man doch nun alle links der Straße gelegenen; ſich bis zum Sfelsberg hindehnenden Höhen bereits von den
Tyrolern beſetzt , welche jept auf einmal ein lebhaftes und wirkſames Feuer begannen . Da derſelbe zugleich hier von Innsbruck her ein heftiges Feuern zwiſchen der 3. baieriſchen Diviſion und den Tyrolern vernahm , fo ließ er jener als:
bald durch fünf Kanonenſchüſſe ſeine Ankunft anzeigen. Mit großter Kühnheit naheten ſich die Tyroler oft bis auf hundert Schritte der Kolonne des Marſchals, und das deſſen Arrier garde und zugleich die Dedung einer anſehnlichen Wagenko lonne bildende Graf von Arcoirche Korps hatte, unter ſeinem
tapfern Führer, zur Rettung der von den Tyrolern vorzüglich zur Beute auserſehenen Fuhrwerke denſelben die höchſte Kalt: blütigkeit entgegenzuſehen. So unter unausgeſetztem , hißigem Gefecht langte der Mars fchal mit ſeiner durch Hunger , Durſt und drückende Hiße era ſchöpften 1. baieriſchen Diviſion und dem Korps des Oberſten
Grafen von Arco nach einem langen, angeſtrengten Marſche, mit Verluſt von angeblich 600 Mann Todten , Bleſſirten und Gefangenen , unter welchen lettern der baierifche Oberft von
Spauer fich befand, ſo wie einiger Bagage- und Munitions: Wagen , an den von den Piqueten der 3. baieriſchen Diviſion beſekten Berg Iſel vorüber, Abends 5 Uhr in der Ebene -von Wiltau bei Innsbruck, und bis auf eine halbe Stunde von legterer Stadt verfolgt, an , wo dieſe Truppen hinter ihr ein
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Lager bezogen , indeſſen die an demſelben Tage gleichfalls in ihren auf dem Berge Ifel, ſo wie auf der Zirler Straße ge nommenen Stellungen ein Gefecht bei geringem Verluſte bes ſtandene 3. baieriſche Diviſion ſich bei Innsbruck gedrängter lagerte , ſo daß dieſe 2 Diviſionen nebſt dem Graf von Arcois ſchen Korps die beiden Seiten des Inns beſept hielten. Die
Diviſion Rouyer dagegen war auf ihrem eine Zeit lang auf dem Höhenzuge fortgeſenten Marſche Augenzeuge des lan gen heißen Gefechts der durch den Inn getrennten baieriſchen Ko lonne unter Marſchau Lefebre.
Sie wurde durch mehrere,
in der Gegend bei Ulteſtadt und St. Peter vorgefundene zerſtörte Brücken , die indeſſen bald wieder hergeſtellt wurden, ſo wie durch Aufråumung einiger Verhaue aufgehalten und fand ſámmtliche Wohnungen von den Einwohnern verlaſſen,
ſo wie ſie auch auf den in der rechten Flanke gelegenen Ge: birgen blos kleine bewaffnete Tyroler Haufen gewahrte , in: dem die Hauptmaſſe derſelben ſich gegen den Marſchall wohl in dem Glauben , daß derſelbe mit ſeinen geſammten Truppen den von ihm eingeſchlagenen Weg nach Innsbruck zöge , gewendet 1
hatte.
Daber reichte die ſchleunigft die Berge erſteigende vom
Lieutenant von Goldacker befehligte Avantgarde des Bataillons Weimar und Hildburghauſen , welchem noch 40 Mann unter dem Lieutenant von Seebach von dieſem leichten Bataillon als
Verſtärkung nachfolgte, ſowohl zur Abwehrung des Feindes, als zur Wegräumung der zum Weitermarſch in den Weg gelegten Hinderniſſe hin ; einige an einer auf dem höchſten 1
Gebirgsgipfel erbauten Kapelle poſtirte Tyroler, die Kolonne
unaufhörlich beſchießend , wurden durch eine Seitenpatrouille gefangen genommen .
So traf dieſe Diviſion gleichfaus durch
anhaltenden Mangel an Lebensmitteln , das Gebirgsſteigen und
die drückende Auguſthine ſehr ermattet , nach einem achtzehn 1
ſtündigen , von Nachts 2 Uhr bis Abends gegen 9 Uhr , fort: geſegten höchſt angeſtrengten Marſche nur mit geringem Ver: luſte in Hall ein.
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Da die Diviſion Rouyer nebſt dem Korps des baieri:
ſchen Oberſten , Grafen von Oberndorf, die Weiſung hatte, Hall und die Brücke von Volders beſeßt und die Verbin : dung mit Rattenberg, wo ſich eine unbedeutende baieriſche Beſaßung befand , offen zu halten , ſo wurden dieſe Truppen
an den geeigneten Punkten , unter andern auf der ſogenann ten Milſerhaide zur Beobachtung der auf dem linken Innufer
in die Gebirge und vorzüglich in die Salzberge entflohenen und unter den Waffen ſtehenden Einwohner, ſo wie vom leich : ten Bataillon Weimar und Hildburghauſen 1 Kompagnie (Wei mar) unter dem Lieutenant von Boyneburgk I. nebſt 2 baieri:
ſchen Geſchůßen an der bei der Haller Saline über den Inn führenden , bis auf die Seitenbalken abgetragenen wichtigen Brücke aufgeſtellt. Da dieſelbe von dem jenſeitigen Gebirge beherrſcht war, nahm die Mannſchaft dem Ufer des Fluſſes entlang hin ter einer niedrigen Bruſtwehr von Scheitholz Poſition. Der Tag des 12. Auguſt verging ſowohl bei Innsbruck, mit
Ausnahme eines unerheblichen Gefechtes hinter dem Berge Iſel, wo die Zyroler unter Speckbacher und dem Kapuziner Has:
pinger lagerten , als auch bei Hall ganz ruhig. Da indeſſen die Tyroler Maſſen bei dieſen Orten , hauptſächlich aber bei erſterm , ſich ſtündlich und bis an den Abend auf 20,000 Mann mehrten und bereits alle von Volders bis hinter Schwaz die Landſtraße beherrſchenden Berge beſeßt hatten und der Urmee des Marſchals Lefebre jede Zufuhr von Lebensmitteln
und Kriegsbedürfniſſen abſchnitten , ſowie die Couriere u. f. w. auffingen , ſo marſchirte das Graf von Arcoiſche Korps
Abends 9 Uhr aus dem Lager von Wiltau bei Innsbruck zur Befeßung von Schwaz, zur Unterhaltung der Verbindung zwiſchen Hall und Rattenberg und zur Sicherung der nos
thigen Zufuhren ab , vereinigte ſich mit dem in Kohlſaß un ter dem franzöſiſchen General Montmarie ſtehenden Korps des Oberſten, Grafen von Oberndorf, rückte ſo, wenig beunruhigt,
am 13. des Vormittags bis über Pill gegen die ſogenannte heilige Kreuzkapelle, und da bei lekterer die Avantgarde auf 17
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einen Verhau ſtieß, ritt der Oberft Graf von Arco nebſt ſeinem Adjutanten gegen denſelben vor, fand jedoch, auf einmal durch einen Kugelregen der Tyroler von den Höhen des Niederbergs begrüßt , durch eine Kugel in den Kopf getroffen , einen ruhm vollen zod.
So opferte einer der in jeder Beziehung ausgezeichnetſten
und zugleich geliebteſten Führer bei der baieriſchen Armee für König und Vaterland voll edler Hingebung ſein thatenreiches Les ben. Nach Verjagung der Tyroler und Aufråumung dieſes Ver: haues růckte das Korps vor Schwaz , welcher Ort nach Ver treibung einer bedeutenden , auf dem Arzberg poſtirten Anzahl Feinde mit 6 Kompagnien Infanterie, ungefähr 60 Mann Ka
vallerie und 1 Geſchůk auf das Zweckmäßigſte beſekt wurde, in deſſen der General Montmarie mit dem Großtheil der Truppen zur Herſtellung der Verbindung mit Rattenberg weiter marſchirte. Nachdem man in der Nacht vom 12. zum 13. Auguſt
auf den von Innsbruck bis hinter Hall ſich hindehnenden Ge birgen die bereits die Stellungen der Baiern und der Diviſion Rouyer umgebenden zahlreichen Wachfeuer der Tyroler wahr: genommen hatte , růkten hierauf am frühen Morgen dieſes
Tages die zum Angriffe vorbereiteten und dazu durch den Segen des Kapuziners Haspinger begeiſterten Tyroler Schaaren theils unter des Lettern Führung über Natters und Mutters gegen den Iſelsberg und die Gallwieſe vor , theils unter Speckbacher vom Patſchberge herunter gegen Hall zu , indeſſen ihr Ober:
anführer Hofer auf dem Schönberge zurücblieb. Alsbald er: öffneten um 8 Uhr des Morgens die Tyroler gegen die un ter Marſchall Lefebre bei Innsbruck aufgeſtellten 2 baieri ſchen Diviſionen unter einem unausgeſetzten heftigen Kleinge wehr- und Kanonen - Feuer den mit abwechſelndem Glúdke bis zum Abend fortbauernden , höchſt erbitterten Kampf, bei wel: chem die ohnedieß durch das Terrain begünſtigten Feinde mit
ungemeiner Kühnheit auf verſchiedenen Punkten, ungeachtet des heftigſten Geſchüpfeuers, wiederholte wüthende Stürme auf die baieriſchen Stellungen unternahmen , bis endlich der für beide
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Theile blutige und unentſchiedene Tag fich endete , an welchem die Baiern , ihren Angaben zu Folge, gegen 400 Todte und Verwundete, ungerechnet eine Anzahl Gefangener , ſo wie die Tyroler angeblich gegen 150 Todte und Bleſſirte (nach andern 1
Nachrichten an 800 Mann) verloren .
Da dieß Gefecht für die Diviſion Rouyer , indem Hall von Innsbruck blos 2 kleine Stunden entfernt iſt, ſo nahe und ganz deutlich hörbar war, fo ſtand ſie auch den ganzen Tag über unter dem Gewehre bereit; doch verging derſelbe, obgleich man
die Gebirge von den Tyrolern ringsum beſekt fah, für ſie ruhig. Indeſſen fand ein fühlbarer Mangel an Lebensmitteln Statt, welcher aber bei allen Beſchwerden doch mit der größten Hinges bung von dem Soldaten ertragen wurde , der überhaupt unter allen dieſen Bedrängniſſen bei dieſem erbitterten Volkskampfe ſtets eine ſeltene Kriegszucht bewährte. Dieſe völlige Erſchöpf ung an Unterhalt in dieſen Gegenden , ſo wie die ſehr gefähr dete Herbeiſchaffung deſſelben und der Striegsmunition , indem bereits einige 60 Wagen mit Lebensmitteln von den Tyrolern aufgefangen worden waren , ingleichen die theils ſchon gånzlich unterbrochenen , theils ſehr erſchwerten Verbindungen mit Bai ern , von welchen nur die über Kufſtein durch den Marſch des
Großtheils des Graf von Arcoiſchen Korps unter dem General Montmarie damals noch geſichert war , der , nach Vertreibung der Tyroler am 14. bei Rattenberg, mit Hinterlaſſung kleis ner Truppentheile bei Straß und Buch , zur Sicherung der ,
Straße, wieder nach Schwaz ſich zurückgewendet hatte, beſtimm ten den Marſchall· Lefebre, zu Erſparung alles weitern unnügen Blutvergießens fich von Innsbruck zurückzuziehen , weßhalb er am 14. nach unbedeutendem Geplånkel ſeine Truppen bei die. ſer Stadt aus der Schußweite der Tyroler zog und eine An: zahl herumliegender Gebäude , unter welchen das Sarentheini ſche Schloß war , damit die Gegner ſich in ihnen nicht feſt: Teken konnten, niederbrennen und endlich die Verwundeten und Kranken nach Hall ſchaffen ließ , um von da auf dem Inn nach Baiern eingeſchifft zu werden , was aber daſelbſt wegen der an den 17 **
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Ufern poſtirten Tyroler nicht geſchehen konnte, daher man ſie nach Kufſtein , wo ſie zu Waſſer gebracht wurden, transportiren ließ.
Bei einbrechender Nacht ſtellte ſich dem Auge ein ſchauer liches ſchönes Schauſpiel durch die in dem ungeheuern Um kreis unzählig ſelbſt auf den Gipfeln der Gebirge emporlodern den beiderſeitigen Wachfeuer und die den Himmel róthenden Feuergluthen der in Flammen ſtehenden Ortſchaften und ein:
zelner Gehöfte, gemiſcht mit dem wilden, Rache- ſchnaubenden Jauchzen der auf den Bergen ringsum poſtirten Tyroler dar. Gegen Mitternacht traf der Marſchau Lefebre mit der 1. baieri
ſchen Diviſion (Kronprinz) von Innsbruck nebſt mehreren von da und der Umgegend als Geifeln mitgenommenen vornehmen und in großem Anſehen ſtehenden Einwohnern in Hall ein,
worauf ſich die Diviſion Rouyer derſelben anſchloß und zur Deđung der zahlreichen Wagenburg diente , während die 3. baieriſche Diviſion (Deroi) nachfolgte. Der. Abmarſch geſchah in aller Stille und die Wachfeuer wurden zur Tåuſchung der Tyroler ſorgfältig unterhalten ; jedoch kaum hatte die lektere Diviſion die Stadt Hall im Rücken, als ſchon von allen Sei ten und ſelbſt aus den Häuſern auf ſie gefeuert wurde. Hier: auf traf am Morgen des 15. der Marſchau Lefebre nebſt der 1. baieriſchen Diviſion und der Diviſion Rouyer und zwar lektere mit geringem Verluſte , nachdem beide bei der heiligen .
Kreuzkapelle ein lebhaftes Feuer der Tyroler ausgehalten , bei
Schwaz ein , indeſſen die 3. baieriſche Diviſion und vorzüglich deren Arriergarde, durch eine große Anzahl von den am 15.
früh Innsbruck beſeßenden Tyrolern unter Speckbacher auf bei:
den Seiten des Inns unaufhörlich verfolgt und zuweilen hißig angegriffen, mit Verluſt erſt gegen Mittag da an langte, ſo daß die 1. baieriſche Diviſion auf der hinter Schwaz am Schießhauſe gelegenen Ebene , ſo wie die 3. Diviſion der
felben auf der Leiten und endlich die Diviſion Rouyer auf der am linken Innufer befindlichen Fläche ſich lagerte, während die Vorpoſten derſelben mit den Tyrolern in ſtetem Kampfe blieben .
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Der am Morgen dieſes Tages in Innsbruck ſeinen feier: lichen Einzug haltende Andreas Hofer bezog daſelbſt die Hof burg und übernahm nun, unter dem Titel eines Oberkomman danten von Tyrol, die Oberleitung der Vertheidigungs- und Verwaltungs - Angelegenheiten des ganzen , jekt von Defter : reichs Hülfe entblåſ’ten und einzig und allein ſeinen eigenen Kråften überlaſſenen Landes. Unſtreitig war dieß in Hofers Leben der ruhmvollſte Tag, welcher die Bewohner dieſer Haupt: ſtadt mit unvergånglichem Danke gegen ihn verpflichtet, indem er nur durch ſeines Unſehens zauberiſche Kraft ſeinen , einer
wahren - Kriegszucht ermangelnden und durch den zweitågigen Kampf und die tapfre Gegenwehr höchſt erbitterten Schaaren , in ihrer Rachgierde , Habſucht und Geſeßloſigkeit Schranken feste
und der Wehrloſen Leben und Eigenthum ficherte. Hofer hielt an dieſem Tage aus dem Fenſter eines Zimmers im goldnen Adler zu Innsbruck an eine Maſſe Landesvertheidiger und eine große Unzahl dortiger Bürger folgende originelle, feine Perfönlichkeit und Denkungsart bezeichnende, nach ſeiner Tyroler Mundart wortlich ſo lautende Anrede : Grúeß end Gott meine lieb'n S'bruder , weil os
mi zun Oberkommedanten g'wólt hobt, ſo bin i holt do, es ſeyn ober a viel Andere do, dó koani S’bruder
reyn. Alle då unter meine Waffenbrüder ſeyn woll'n , dó mủeſten für Gott , Koaſer und Voterland, als tapfre, ródle und brafe I'roler ſtreiten, då meine Waf fenbrüder wern woll'n ; do ober dos nit thủen woll'n,
då rolln haim gien , I roth encks, und då mit mir gien , då ſoln mi nit verlaſſn , i wer end a nit ver laſſn , ſo wohr I Andere Hofer hoaß ; g'logt hob i encks, g’ſöchen hob’s mi, bfied endk Gott. “ .
,,Grüß' euch Gott, meine lieben Innsbrucker, weil ihr mich zum Oberkommandanten gewollt habt , ſo bin ich halt da , es find aber auch viele Andere da , die keine Innsbrucker ſind. Que die unter meinen Waffenbrüdern ſeyn wollen , die müſſen
für Gott, Kaiſer und Vaterland als tapfre, redliche und brave
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Tyroler ſtreiten , die meine Waffenbrüder werden wollen ; die aber dieß nicht thun wollen , die follen nach Hauſe gehen. Ich rathe es euch , und die mit mir gehen , die ſollen mich nicht verlaſſen, ich werde euch auch nicht verlaſſen, ſo wahr ich An
dreas Hofer heiße ; geſagt habe ich es euch, geſagt habe ich es 11 mir, behůt euch Gott.“ Am 16. früh marſchirte aus dem Lager bei Schwaz ein Bataillon Baiern zur Sicherung des Zilůbergangs bei Ratten : berg ab , indeſſen die 3 Diviſionen hier Raſttag hielten und von dem Marſchall Lefebre gemuſtert wurden .
Die Noth in dieſer ganz verwüſteten Gegend war außer: ordentlich; wie groß ſie war, ſieht man daraus , daß einige in den Ruinen von Schwaz zurückgebliebene alte Tyrolerinnen ſich ein ſchon ſeit mehrern Tagen bei der drückendſten Auguft hiße am Eingange des Orts gelegenes , todtes , in Verwe ſung übergegangenes Pferd zur Nahrung erbeten hatten.
Da Niemand während der zwei Tage einen Biſſen Brod und blos etwas Fleiſch verabreicht erhielt , ſo ſuchte Jedermann feinen Hunger durch ſpårlich vorgefundene und dabei uns reif ausgegrabene Kartoffeln oder durch eben abgeſchnittenen, dann mit Steinen zerriebenen und hierauf in Waſſer gekoch ten türkiſchen Waizen nach Möglichkeit zu ſtillen. Um Nach mittage dieſes Tages ward vom leichten Bataillon Weimar unddeHildburghauſen der Lieutenant von Seebach nebſt 40 Mann Fúſilieren, vereinigt mit 25 Mann baieriſcher Chevaur:
legers vom Regiment von Bubenhofen, nach dem am Fuße des
Gebirgs gelegenen großen Kloſter zu Ficht, theils um für des Marſchalls Hauptquartier Lebensmittel herbeizuſchaffen , theils um die dortigen , wegen einer thåtigen Mitwirkung bei dieſem Volkskampfe in Verdacht ſtehenden Kloſtergeiſtlichen feſtzu: nehmen und als Geiſeln mitzuführen , abgeſendet. Das De: taſchement fand jedoch nur einen einzigen zurückgebliebe: nen åttlichen Geiſtlichen , indem die andern nach einer im Ge
birge gelegenen , dem Kloſter zugehörigen Beſikung entflohen waren, ſo wie an Lebensmitteln nichts, als ein Faß Branntwein
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vor und kehrte , jenen Kloſterbruder wegen ſeiner Furchtloſigkeit und Aufopferung für ſein Kloſter verſchonend, blos unter Mit: nahme des wenigen Mundvorrathes wieder ins Lager zurück.
Bei dem Abmarſche vom Kloſter ward es vom nahen Gebirg aus beſchoſſen , wodurch jedoch nur 1 Soldat verwundet wurde. *) Am Abend mehrten ſich die Tyroler Maſſen durch bedeutende,
von Zeit zu Zeit von Innsbru& herbeiziehende Schaaren, und mit Einbruch der Nacht glich die ganze Gegend durch die ſowohl in der Ebene als auf den höchſten Gebirgen emporlodernden bei: derſeitigen unzähligen Wachfeuer wieder einem wahren Feuermeer.
Zu dieſer Zeit brach die 3. baieriſche Diviſion zur Sicherung der Verbindung mit der Feſte Kufſtein gegen Wörgl auf , und am 17. früh folgte ihr der Marſchau Lefebre mit der 1. baieri:
ſchen Diviſion und der Diviſion Rouyer nach , wobei der lektern Uebergang vom linken Innufer auf das rechte durch 1
Kompagnie des eben aufgelöſ’ten Graf von Arcoiſchen Korps gedeckt und hierauf die Brücke abgetragen wurde, indeſſen der baieriſche General, Graf von Rechberg mit 1 Linienregiment, 1 Bataillon Freiwilliger nebſt 2 Geſchüben die Arriergarde des Ganzen bildete.
Der Marſch ward unaufhörlich von
den nachfolgenden Tyrolern beunruhigt, und die Kolonne , je: doch vorzüglich deren Nachhut, von allen Felſen und zahlrei chen Schlupfwinieln auf dem Wege bis nach Rattenberg , und 1
am lebhafteſten aus dem Dorfe Briplegg und von den umlie *) Urs der Verfaſſer auf einer Reiſe in Tyrol am 26. September
1835 dem ſchönen Kloſter zu Ficht, nach Verlauf von mehr als 26 Jahren , ſeinen dießmal friedlichen Beſuch wieder abſtattete , hatte
er die Freude , dieſen Kloſtergeiſtlichen in der Perſon des Paters und Superiors Eberhard wieder zu finden , eines 84jährigen Grei ſes, welcher ſich noch mit jugendlicher Sinneskraft alles Obenan:
geführten erinnerte und ſich gerührt und im höchſten Dankgefühl über die ihm und dem Kloſter vor ſo langen Jahren in jenen Schreckenstagen gewährte Verſchonung gegen den Prálaten ſeines Kloſters ausſprach und mit dem ich ſo eine angenehme Stunde
gegenſeitiger tiefempfundener Rückerinnerung an dieſe ſo vielbe: wegte Zeit hinbrachte.
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genden Bergen herab beſchoſſen , weshalb auch dieſer Ort, als
warnendes Beiſpiel, mit Granaten niedergebrannt ward, und 2 baieriſche Kompagnien ſtürmend die verwegenen Tyroler Hau fen auseinander ſprengen mußten .
Da der Marſchall Lefebre mit der 1. baieriſchen Diviſion und der des Generals Rouyer auf der hinter Rattenberg be:
findlichen Ebene links der Landſtraße fich lagerte, wo er der noth leidenden Mannſchaft etwas Schiffszwieback verabreichen ließ, ſo fekten die auf unerreichbaren Felſen poſtirten Tyroler ihr
Büchſenfeuer ſowohl auf den Markt und die Straßen der Stadt, als auch auf den Bivouak unaufhörlich fort und tódteten und verwundeten eine Anzahl Soldaten , darunter auch
vom herzoglich ſáchfiſchen Regimente , ohne daß die gegen ſie verwendeten baieriſchen Truppen , noch das aus einigen Hau bißen auf ſie gerichtete Granatenfeuer dieſelben aus ihren fiche ren Stellungen zu vertreiben im Stande waren. Nach einigen Stunden Raſt ſegte der Marſchal nebſt den 2 Diviſionen unter dem klingenden Spiele aller Regimenter ben von den Tyrolern befekten Gebirgen entlang und unter deren lebhaftem Feuer , welches bloß durch einige Geſchůbe
beantwortet wurde , feinen Marſch fort, wobei die zügelloſen Zyroler Haufen die Arriergarde ſelbſt auf der Ebene anzu
greifen die Verwegenheit hatten, jedoch alsbald durch eine Ab theilung baieriſcher Kavallerie auseinander geſprengt und in . die Berge verjagt wurden , aus denen ſie hierauf nicht wieder hervorkamen .
Am Abend bivouakirten die 2 baieriſchen Diviſionen und die Diviſion Rouyer bei Wörgl. Um 18. um Mitternacht brach die 3. baieriſche Diviſion nebſt dem freiwilligen Fågerkorps des Oberſten, Grafen von Oberndorf von hier links nach Kufſtein auf , um nach der .
Verproviantirung dieſer Feſtung ſowohl die altbaieriſchen Gren zen , als auch die Umgebungen Münchens vor den herum ſtreifenden Tyrolern zu fichern , wogegen der Marſchall nebſt der 1. baieriſchen Diviſion und der Diviſion Rouyer,
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von welchen der baieriſche Generalmajor von Stengel nebſt 1 Linienregiment und dem Bataillon Freiwilliger , die Urriergarde bildete , ungeſtört dieſen Tag bis St. Johann , ſowie am 19. bis Lofer und Unken , und am 20. , mit Zurüdlaſſung von 2 Kompagnien Baiern am Loferpaſſe, ſowie von 2 andern der: ſelben zu Unken , über Reichenhall bis Salzburg marſchirte, wo der von Wien zurückgekommene Kronprinz Ludwig von Baiern , der Marſchall lefebre und der General Rouyer das Hauptquartier nahmen und der Stab nebſt dem 1. Bataillon des herzoglich ſächſiſchen Regiments mit als Garniſon verblieben. Indeſſen bezogen das leichte Bataillon deſſelben in der Nåhe, als in den Dörfern Marlohe , Lieferingen u. ſ. w. , und das 5. und 6. Regiment der Diviſion Rouyer entferntere Kantonnements, in welchen , da dieſe Orte bereits durch viele Kriegslaſten hart 1
mitgenommen waren , den Truppen wieder nur eine ſehr noth
dürftige Verpflegung zu Theil ward , und endlich die 1. baieri: ſche Diviſion zur Linken und Rechten von Salzburg geeignete Stellungen zur Sicherung der Grenzen. So war denn bei bedeutenden Anſtrengungen, großen Entbeh rungen und aller unerſchütterlichen Hingebung von Seiten der Truppen dies Unternehmen gegen Tyrol deshalb geſcheitert, weil die aus Steyermark unter dem General Rusca , ſo wie die aus Italien unter dem General Perry beſtimmten Unter:
ſtúkungskolonnen verhindert waren , dem Marſchall Lefebre hůlfreiche Hand zu bieten. Nachdem nåmlich General Rusca am 1. Auguſt die Feſte Sachſenburg belegt hatte , unternahm er eine Entwaffnung im
Drauthale und rückte mit ſeiner Diviſion gegen Lienz , von welcher Stadt noch anderthalb Stunden entfernt er von den Tyrolern mit Heftigkeit angegriffen wurde, ſie jedoch zurück: trieb . Durch das Niederbrennen von mehr als 200 Bauer : båuſern und eben ſo viel Scheuern im Puſterthale ſteigerte er
die Erbitterung der Bewohner aufs Höchſte, ſo daß, als er zur Vereinigung mit dem Marſchall Lefebre am 6. Auguſt gegen die Lienzer Klauſe zog , die Tyroler ihm ſo hartnäckig und
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blutig begegneten , daß er ſich wieder nach Lienz zurůdziehen mußte. Hier hinfort von lettern rings umgeben und ſtets beun :
ruhigt , dabei auch in dem Wahne ſtehend , daß der Marſchau Lefebre , gefundener Hinderniſſe wegen , das Unternehmen gegen Briren aufgegeben habe , verließ er am 11. Auguſt mit ſeiner Diviſion jene Stadt wieder und ging nach Klagenfurt zurück. Andererſeits blieben die bei Verona unter dem Gene ral Perry verſammelten 4000 Mann franzöſiſcher Truppen , da
ſie fich , um vorzudringen , nicht ſtark genug glaubten , bis im September theilnahmlos bei Dolce ſtehen. Marſchau Lefebre giebt ſelbſt in einer vorgefundenen , von ihm abgefaßten Denkſchrift als Gründe des fehlgeſchlagenen
Unternehmens gegen Tyrol ungefähr Folgendes wörtlich ſo an. Tyrol iſt aus drei Urſachen nicht erobert worden , weil die aus Italien erwarteten Diviſionen nicht erſchienen, oder ges ſchlagen worden ſind , und weil der General Rouyer , ungeach:
tet ſeiner Tapferkeit und der guten Haltung ſeiner Truppen, doch von zu überlegenen Streitkräften in den Engpäſſen von Sterzing nach Briren angegriffen worden iſt , und er , mehr als durch Waffengewalt ,1 durch die Art des Terrains viele Menſchen verloren hat. Obgleich er hierauf dieſem Gene rale , da es die höchſte Zeit geweſen ſey , in Perſon zu Hülfe geeilt und die Tyroler auf ihren, in den fürchterlichen Engpáf ſen rechts und links 'gelegenen Bergen anzugreifen verſucht habe , ſo habe er doch eingeſehen , daß er , ſelbſt init Aufopfe: rung an Mannſchaft, dahin nicht gelangen könne. Als er gleich zeitig auch erfahren , daß das von ihm zur Erleichterung ſeiner Operation gegen Briren nach Meran abgeſendete Korps einen ſchrecklichen Verluſt gehabt habe , ſowie daß er ſelbſt einge ſchloſſen und keine Hülfe irgendwoher zu erwarten fey , To habe er ſich deshalb entſchloſſen , mit der 1. baieriſchen Divi:
fion und der des Generals Rouyer ſich auf Innsbruck zurückzu: ziehen , wo er zwar ohne empfindlichen Verluſt angekommen, jedoch auch ſeine traurige Lage inne geworden , indem er ab geſchnitten und während eines fünfzehnſtündigen Marſches von
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allen Seiten umringt geweſen ſey. Auf den Höhen von Schón berg angekommen , habe er die baieriſche Diviſion ſich in Inns. bruck aufs Neußerſte ſchlagen hören , weshalb er ihr durch fünf Kanonenſchüſſe ſeine Ankunft angezeigt ; dann habe er unter einem ziemlich lebhaft unterhaltenen Feuer der Gebirgsbewohner die
von Schönberg nach Innsbruck führenden Engpäſſe ſtürmend durchdrungen. In Innsbruck angelangt, ſey ihin mitgetheilt worden , daß der franzöſiſche General Graf von Drouet und der baieriſche General von Deroi fich am 11. und 12. Uuguſt geſchlagen hätten ; er habe hierauf ein Gleiches am 13. und
14. zu Innsbruck gethan. Da er geſehen , daß er viele Patro nen verbrauche, tåglich mehr Verwundete záhle , ſeine Munition nicht erfeßen könne, von Salzburg abgeſchnitten ſey ., und da er in Erfahrung gebracht, daß man ihm 65 init Lebensmitteln beladene Wagen abgenommen , ſo habe er ſich nach Schwaz,
wo er , um den Tyrolern zu zeigen , daß ſie es nicht, ſondern ihre Berge und Engpåſſe es waren , warum er zurückginge,
zwei Tage geblieben ſey, und ſo aus Tyrol nach Salzburg zu rückgezogen. Seit der am 6. Auguſt bewirkten Belegung des Brens
nergebirgs und auf dem von da aus Tyrol nach Salzburg er folgten Rückmarſche hatte das herzoglich råchſiſche Regiment ungefähr noch 60 Mann getödtete , bleſſirte, vermißte und als krank in den Hospitålern zu Innsbruck zurückgelaſſene Leute verloren . Dagegen ſtießen zu demſelben die während dieſer Erpedition in Tyrol mit kleinen Detaſchements zur Deckung
der Regimentskaſſe- und Bagage- Wagen zu Salzburg ver: bliebenen Lieutenant von Schlegel und Regimentsquartiermei ſter Schmidt (von Weimar ) , der Regimentsquartiermeiſter Lieutenant Henneberg (von Gotha) und der Auditeur und
Quartiermeiſter Lieutenant Fürſtenau (von Koburg) , ingleichen ein kleines Erſakkommando aus Sachſen , ſowie die Rekon valeszerten aus den Spitälern von Salzburg und Paſſau und
endlich ein für das gothaiſche Kontingent am 26. Auguſt von Gotha eingetroffener Militaireffekten - Transport.
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Nach der hier vorgenommenen Reorganiſation des den Unfällen in Tyrol noch entgangenen und in 1 Linien- und 1 leichtes Bataillon , erſteres aus 6 und legteres aus 3 Kom
pagnien , formirten Regiments betrug ſein Beſtand nur 31 Offiziere * ), von welchen auch einige, als Verwundete, vor der Hand dienſtunfähig waren , und ungefähr 1346 Mann. Nach einem zwölftågigen Aufenthalt in und um Salz burg brachen am 1. September das herzoglich ſáchfiſche Regi ment, mit Zurücklaſſung ſeiner Verwundeten und Kranken , und das 5. und 6. Regiment der Diviſion Rouyer von da auf
und marſchirten über Straßwalchen , Schwanſtadt, Wels, Ens , Amſtetten , Pöchlarn und .Mólk nach St. Pölten , wo ſie am 9. eintrafen und dort , ſowie in der Umgegend Kan tonnements bezogen. Während der leßtern erhielt jeder Un teroffizier und Gemeine vom Kaiſer Napoleon , als nachträgli: ches Geſchenk zu ſeinem am 15. Auguft eingetretenen Geburtsta ge , 50 Sous oder 15 Groſchen fachfiſch verabreicht. Hierauf traten am 20. dieſe 3 Regimenter ihren Marſch über Siegarts:
kirchen und Burkersdorf nach Wien an, um da vor dem Kaiſer Napoleon , ſeinem ausdrücklichen Befehle zu Folge , die Revue zu paſſiren , und růcten am 21. in dieſe Kaiſerſtadt ein, wo das herzoglich ſáchſiſche Regiment, das in der Vorſtadt Roſſau gelegene ſchöne fürſtlich Liechtenſteiniſche Palais als Kaſerne bezog. Nachdem am 22. dieſe Regimenter durch den Chef vom Generalſtabe des Kaiſers, Diviſionsgeneral Dumas , auf 1
dem Glacis der Mariahilf - Vorſtadt gemuſtert worden was ren , marſchirten fie am 23. frůb 6 Uhr nach Schönbrunn
und ſtellten ſich , das herzoglich ſáchſiſche Regiment an der Tête, vor dem kaiſerlichen Schloſſe in Schlachtordnung auf, *) Die Liſte derſelben und zwar ihrer Anciennetåt nach folgt in der Beilage II. Dabei iſt noch zu bemerken , daß der ſeit dem Mo: nat Mai 0. I. vom 1. Linienbataillon zur herzoglich fächſiſchen Sappeurkompagnie verſekte Kapitain Meiſter (von Gotha) hier
nun den Befehl der Grenadierkompagnie bei erſterm übernahm.
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was gleichfalls noch einige 1,000 Mann Infanterie nebſt 2 reitenden Batterien der franzöſiſchen Garde vollzogen . Kurz
bierauf erſchien Kaiſer Napoleon , umgeben von einem großen und glänzenden Generalſtabe, und begab ſich alsbald nach den üblichen Honneurs zuerſt vor die Fronte des herzoglich fåch ſiſchen Regiments. Nachdem er die auf Befehl vorgetretenen Stabsoffiziere deſſelben über viele Details befragt und ihnen viele Theilnahme wegen des in Tyrol erlittenen großen Ver luſtes des Regiments bezeigt hatte, ließ er das Linienbataillon
Gotha , Meiningen und Koburg kompagnieweiſe rechts ab ſchwenken und die Offiziere und Unteroffiziere einer jeden der: ſelben auf ihren rechten Flügel ſtellen , worauf er an jeden der erſtern faſt durchgängig in franzöſiſcher Sprache die Fragen richtete: Wie heißen Sie ? Welchen Offiziersgrad haben Sie ? Aus welchem Lande ſind Sie ? Wie viel Sahre dienen Sie ? Nachdem er nun noch jeden der Kompagniekommandanten nach der Starke der Kompagnie , ſo wie nach der Anzahl der Bleſ: ſirten und Kranken gefragt, ſich dann zu den Soldaten ver
fügt und ſich bei ihnen nach dem richtigen Empfang ihrer Lebensmittel , der Monturſtücke und Löhnung erkundigt hatte, ließ er endlich einige Soldaten aus dem Gliede treten , ihre Zorniſter auspacken und ſich alles einzeln vorzeigen.
Mit gleicher Genauigkeit inſpicirte der Kaiſer , deſſen Scharfblicke nichts entging, das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen , richtete dabei an jeden Offizier deſſelben eini ge Fragen und zeigte vorzüglich beim Anblicke der bei einer großen Unzahl Offiziere und Soldaten durch die Kernſchüſſe der Tyroler Schüßen durchlöcherten Kopfbedeckungen ſein Wohl gefallen , und befahl endlich dem Oberſten von Egloffſtein noch beſonders , ſogleich vermittelft Kouriere an die Höfe zu Weimar und Hildburghauſen zu berichten, wie es, zum Zeichen ſeiner Zufriedenheit, ſein Wunſch und zugleich dem Dienſt an
gemeſſen ſeys, daß die dem Tod oder der Gefangenſchaft in Tyrol entgangenen und bei dieſer Revue in Reihe und Glied ſtehen : den Offiziere dieſes Bataillons, nach der bei ihr in der ordre
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de bataille bis jetzt blos proviſoriſch eingenommenen Ranga ordnung als wirklich ſo verbleiben und ſofort nach den ver:
ſchiedenen höhern Graden befördert werden möchten . Dies ſem Verlangen ward aber von den genannten Regierun:
gen aus Rúdfichten gegen die gefangenen Offiziere nicht ents ſprochen.
Nach mehrern Deußerungen von Zufriedenheit über das
herzoglich ſáchfiſche Regiment ließ der Kaiſer noch einige Evo lutionen und Handgriffe vollziehen , und zuleßt in Kolonne ge feßt, den Diviſionsgeneral Rouyer an der Spike, in Geſchwind ( chritt vor ſich vorbeidefiliren , worauf er noch befahl , daß man jedem Soldaten deſſelben ein Paar Schuhe als Geſchenk verabreiche. 215 er hierauf die 2 andern Regimenter der Dis viſion noch in Augenſchein genommen hatte , kehrten råmmt: liche Truppen wieder nach miWien zurück. Welchen Eindruck übrigens bei dieſer Muſterung der das mals größte Feldherr und machtigſte Gebieter auf Jeden unter uns hervorbringen mußte, kann nur der richtig und wahrhaft vorurtheitsfrei beurtheilen und fühlen , welcher zu dieſer Zeit, ob freiwillig oder gezwungen, deſſen Glücksſterne folgte und ihn .
vor den Reihen der Krieger ſah.
Gleichzeitig nahm der General Dumas am 24. in Wien dem herzoglich fáchfiſchen Regiment noch eine Specialrevue ab, worauf es vom Kaiſer am 27., als beſondere Auszeichnung und Anerkennung feines in Tyrol bewieſenen braven Verhaltens, zwei beſpannte Geſchůke zum Geſchenk und nächſtdem noch der Oberſt von Egloffſtein den Orden der Ehrenlegion erhielt. So ehrte er durch dieſe Gunſtbezeigung das Benehmen des gan zen Regiments in ſeinem eben ſo braven , als einſichtsvollen Führer.
Nach einem faſt vierzehntågigen Aufenthalt in dieſer Haupt ſtadt marſchirten am 4. Oktober vorbezeichnete 3 Regimen ter der Diviſion Rouyer über Stockerau 1, am 5. bis Krems, wo ſie am 6. verblieben , und fekten hierauf am 7. ihren Marſch über langenbós , Leiben 1, Grein , Mauthauſen , am 10 . 1
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bis Linz fort, wo das herzoglich fächſiſche Regiment Quartiere bezog. Als am 11. der General Rouyer eben im Begriff ſtand, nach Paſſau aufzubrechen , erhielt er den Befehl, bis auf Weiteres zu Linz und der Umgegend , und zwar das her: zoglich ſáchfiſche Regiment in dieſer Stadt, zu verbleiben. leta
teres nebſt einem Theile der baieriſchen Diviſion von Wrede erwartete da am 16. und 17. von früh 7 Uhr bis 4 Uhr Nachmittags , unterm Gewehre ſtehend , den von Wien kom menden Kaiſer Napoleon , welcher leßtern Tag auch durch paſſirte. Hierbei wurde gleichzeitig den Truppen unter Kano:
nenſalven der zwiſchen Frankreich und Deſterreich am 14. deſſel: ben Monats zu Wien abgeſchloſſene Friede bekannt gemacht. Da die franzöſiſchen Garden ihren Rückmarſch von Wien über Linz nach Straßburg genommen hatten , ward , um ſel bigen Plaß zu machen , das herzoglich fåchſiſche Regiment,
ausgenommen der Stab und die Grenadierkompagnie (Go: tha), am 20. in das zwei Stunden von da entfernte, bart an
der Donau gelegene Städtchen und Bergſchloß Ettensheim, ſo wie auf die Dörfer Gramſtädten , Gókendorf u. ſ. w. in
ſehr gedrängte und durch den Krieg hart mitgenommene Kan tonnementsquartiere verlegt , worauf es jedoch am 10. Novem: ber, der nöthigen beſſern Verpflegung wegen, weitläuftigere bezog. Hier trafen beim Regiment an ſo nöthigen Erfagmann ſchaften und zwar am 20. November zu Linz von ſämmtlichen herzoglich ſáchfiſchen Kontingenten , ausgenommen dem meiningi
fchen, 126 Mann unter den Lieutenants von Staff, von Schau : roth (von Weimar) und Brand (von Gotha), ſo wie am 24. die bisher bei der großen franzöſiſchen Armee bei Wien geſtans dene herzoglich ſächſiſche Sappeurkompagnie, beſtehend noch aus den Lieutenants von Schauroth II. (Gutha) und von Altrock
*(Weimar) nebſt 87 Mann ein und wurden ſofort insgeſammt demſelben einverleibt *). * ) Hiervon kehrten blos die gothaiſchen Lieutenants Brand und von Schauroth II., gleichwie noch der meiningiſche Lieutenant Trinks,
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Die Begebenheiten der Sappeurkompagnie während dieſes Feldzuges in gedrängter Kürze zu geben , dürfte hier am rech ten Orte ſeyn.
Sie war , wie früher bereits erwähnt wor .
den iſt, am 26. April von Ingolſtadt zur Anſchließung an den Reſervepark der großen alliirten Armee abmarſchirt,1 wurde zu Linz unter den Befehlen des gothaiſchen Lieutenants von Schauroth II. auf der Donau eingeſchifft und befand ſich am 21. Mai im Dorfe Simmering bei Wien als dem 3. Artil leriepark der Reſerve unter dem Kommando des franzöſiſchen Artillerieoberſten Touffray zugetheilt. Hier blieb ſie bis in die Nacht vom 4. zum 5. Juli ruhig ſtehen , zu welcher Zeit ſie von da , um auf das linke Ufer der Donau überzuſeken , auf brach , früh 6 Uhr auf der Lobauinſel eintraf und ſie während .
der Schlacht bei Wagram mit beſeßt hielt. Am 6. nach 1 Uhr Nachmittags folgte ſie der avancirenden aliirten Armee nach und lagerte ſich Abends 6 Uhr bei Neuſiedel. Kaum nach einer Stunde Raft wurde dieſelbe durch das Gerücht, daß un
gariſche Huſaren gegen ſie anrückten , in Alarm geſeßt, wo rauf ſie, nebſt dem Artilleriepark, von da aufbrechend ,1 nach einem halbſtündigen Marſch auf einer von den Deſterreichern init einigen aufgeworfenen Feldſchanzen verſehenen Anhöhe eine vortheilhafte Stellung nahm , jedoch nach Verlauf einiger Zeit überzeugt ward , daß dieſe Kavallerie keine feindliche, ſondern
würtembergiſche war. Am 7. wurde die Kompagnie nebſt ei ner Anzahl franzöſiſcher Sappeurs zum Begraben der auf dem Schlachtfelde Gebliebenen verwendet und folgte nebſt dem Ar tilleriepark in der Nacht vom 7. auf den 8. der ſiegreichen großen alliirten Armee bis Znaim nach , wo ſie eben eintraf, als der hitige Kampf fich daſelbſt endigte. Nachdem der Kaiſer Napoleon dort die ganze Armee gemuſtert hatte, trat, in Folge des abgeſchloſſenen Znaimer Waffenſtilſtan : an deſſen Stelle bereits Ende Septembers in Wien der Lieutenant
von Mauderode von Meiningen aus eingetroffen war , nach Sach : fen zurück.
273
des, die Sappeurkompagnie nebſt dem 3. Artilleriepart am 11 . den Marſch nach Brúnn in Mähren an , bezog am 15. Juli
daſelbſt ſo wie in mehreren umliegenden Orten die Quartiere und verblieb bis zum 10. September hier. Dieſen Tag mar: fchirte ſie allein nach Wien zurück, wo ſie am 13. Septem ber eintraf, wurde jedoch von da am 16. nach Theben, andert: balb Stunden von Preßburg in Ungarn, verlegt, hier dem fran :
zöſiſchen Korps vom Genieweſen unter den Befehlen des Ger neral Bertrand zugetheilt und zu den Befeſtigungen des Schloſſes
von Theben an der Mündung der March, ſowie zu denen bei Marcheck verwendet. Um 14. November marſchirte ſie von da nach Wien ab, wo ſie den Befehl erhielt, zum herzoglich ſáchſia fchen Regiment zu ſtoßen , was ſie auch , wie bereits erwähnt, am 24. November zu Ottensheim bei Linz vollzog. Dieſe Kompagnie hatte während aller dieſer Ereigniſſe vorzüglich durch Krankheiten verloren .
Indeſſen war das zur Diviſion Rouyer gehörende und, wie früher angeführt , am 14. Juni von Paſſau aus als Bes fakung nach Wien abmarſchirte herzoglich naſſauiſche 1. In fanterieregiment wieder zu derſelben geſtoßen ,I und die nun wieder aus 4 Regimentern beſtehende Diviſion rådte am 15. Dezember in Linz in ſehr geðrångte Quartiere ein und gab dann ſtarke Arbeitskommando's zur Demolirung der in Ebersberg angelegten Befeſtigungen .
Nachdem das herzoglich ſáchfiſche Regiment bis zum 20. Dezember in Linz verblieben war * ), brach es von da auf und folgte den bereits ſeit einigen Tagen auf dem Marſche nach
Mannheim begriffenen 3 andern Regimentern der Diviſion, *) Von Linz aus kehrten die Lieutenants von Buchwald (von Weimar) und von Beuſt I. (von Gotha ) , erſterer wegen ſeiner Bleſſur und
legterer mit Abſchied , nach Sachſen zurück , gleichwie auch in dieſer Stadt der Regimentsadjutant Kapitain von Germar (von
Weimar) als krank zurückblieb, an deſſen Stelle Lieutenant von Staff (von Weimar) Adjutant wurde. 18
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um von da über den Rhein durch Frankreich nach Spanien den Marſch fortzuſeßen , nach , traf ſo über Paſſau , Vils:
hofen , Straubing, Regensburg, Neuſtadt, Ingolſtadt, Monheim, Dettingen, Crailsheim , Dehringen, Heilbronn, Wiesloch am 15. Sanuar 1810 in Mannheim , Schwegingen und anderen nahe gelegenen Orten ein und bezog dort die Quartiere.
Obgleich nun während dieſer ſiebenundzwanzigtågigen Marſchzeit von Linz bis Mannheim den Soldaten des herzog lich fåchſiſchen Regiments ſowohl durch die franzöſiſchen Mili: tairs, welche den ſpaniſchen Feldzug bereits mitgemacht hatten , als auch durch die Einwohner aller Klaſſen , die Führung des Kriegs , das Klima und die Noth in Spanien mit den aller: ſowårzeſten Farben und der Ausſicht, daß ſie ihrem offenen Grab ohne Rettung entgegen gehen würden , unaufhörlich ge 1
ſchildert worden war , und dieß , nebſt dem Umſtande, daß die übrigen Rheinbundstruppen nun faſt ſåmmtlich nach dieſem
beendigten Feldzuge in ihr Vaterland zurückkehrten , die aller ungünſtigſten Eindrücke auf ſie gemacht haben mußte, ſo hatte doch das ſtrenge Pflichtgefühl derſelben , gepaart mit treuer Anhänglichkeit an ihre Offiziere, ſtets die Oberhand behalten, ſo daß es vom Beginne des Feldzugs bis hieher nur einige Deſerteurs zählte. Als ſich aber am 16. plóblich unter ihnen
die, obgleich irrige, jedoch alsbald tiefen Glauben faſſende Nach richt , daß nämlich das herzoglich ſáchfiſche Regiment von nun an auf unbeſtimmte Zeit in franzöſiſchen Sold und Dienſte gegeben, und vor dem Rheinübergange zu Mannheim den Fran zoſen förmlich überwieſen werden ſollte, verbreitete , wirkte eine ſolche fremdartige Beſtimmung ſo machtig auf die Mannſchaft ein , daß bei einem Theile derſelben , trot aller Widerlegungen
ihrer Offiziere, das bisher unbedingte Vertrauen gegen dieſel ben in Mißtrauen ausartete , uno deßhalb am 16. und 17 . über 200 Mann von demſelben , durch die Einwohner allent: halben begünſtigt, deſertirten .
Da gleichzeitig eine Anzahl Offiziere des herzoglich ſách fiſchen Regiments , durch das allgemein verbreitete Gerücht
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der Ueberweiſung in franzöſiſche Dienſte und Sold , mißge ſtimmt waren und deßhalb nach dem eben beendigten Feld :
zuge um ihre Abſchiede nachſuchen zu können glaubten , ſo ſtell ten ſie von Mannheim aus, jedoch zu Vermeidung aller móg: lichen etwa daraus entſtehenden Unregelmäßigkeiten ihrer Sols daten , insgeheim dieſes Geſuch , und auch mit dem Bemer : ken , wenn das "Gerücht gegründet wåre ; indeſſen regten ſie wie zu erwarten, den Marſch nach Spanien fort. Sowohl zur völligen Ausführung der Geſchichte des Ty roler Volkskampfs , bei welchem dieſes kühne Gebirgsvolk und zwar erſt, als es , von jeder fremden Hülfe aufgegeben , blos ſeinen eignen Kräften und ſo måßigen Mitteln überlaſſen , aber dennoch immer der Rieſenmacht Napoleons troßend , und
nur durch deſſen zugleich im Bunde der Elemente ſtehende un
geheure Uebermacht, nach dreimal bewirkten Befreiungen ſeines heimathlichen Bodens , endlich bezwungen , unterlag, als auch zur Erwähnung der Schickſale der in dieſem Lande vom her: zoglich ſáchfiſchen Regimente befindlichen Gefangenen ſen hier noch in gedrångter Kürze Folgendes geſagt. Nachdem zwiſchen Frankreich und Deſterreich am 14. Dk tober erfolgten Friedensabſchluſſe wurde der Vicekonig Eugen von Italien mit der Herſtellung der Ruhe in Tyrol , welches Land , mit Ausnahme der von baieriſchen Truppen befekt ge bliebenen Feſtung Kufſtein , ſeit mehreren Monaten und zwar ſeit dem 20. Auguſt von allen franzöſiſchen und alliirten Streit: kräften vålig geräumt und befreit geblieben war , beauftragt. 1
Er ſuchte nun vor dem Beginne feiner Operationen die Tyroler
durch erlaſſene, ſie zu Niederlegung der Waffen auffordernde und dagegen volle Vergeſſenheit des Geſchehenen und Sicherheit
ihres Lebens und Eigenthums verſprechende Proklamationen , wo möglich , ohne Waffengewalt zur Ruhe zurückzuführen. Hierauf rückten 3 baieriſche Diviſionen unter dem franzöſiſchen
Diviſionsgeneral Grafen Drouet über Salzburg und Ratten berg am 25. Oktober zu Innsbruck 'ein , während zu gleicher Zeit der in Villach ſtehende franzöſiſche Diviſionsgeneral Ba: 18 *
276
raguay d'Hilliers mit den 3 Diviſionen Brouſſier, Barbou und Severoli aufwärts des Draufluſſes zu marſchiren , ſo wie der General Vial nebſt 7,500 Mann in den Etſchthålern und der General Perry an den Quellen der Piave vorzu
dringen , um alſo bei Briren ein Zuſammentreffen dieſer durch die verſchiedenen Påffe Tyrols vorwärtsgehenden Kolonnen zu bewerkſtelligen , die Weiſung hatten . Der Diviſionsgeneral Graf Drouet vertrieb darauf am 1. November den , am 29.
Oktober ſich ſcheinbar zum Unterhandeln bereit zeigenden, jedoch während deſſen ſeine Tyroler Schaaren auf dem bei Innsbruck gelegenen Berge Iſel ſammelnden Oberanführer Hofer von dieſem Punkte, und befekte alsbald die obern Innthaler. Das gegen rückte der Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers am 2. November in Lienz , ſo wie am 5. in Brunecken , wo die Gefechte ihren Anfang nahmen , ein , vereinigte hierauf ſeine geſammten Truppen zu der am 8. beabſichtigten Wegnahme
der Mühlbacher Klauſe, und ſchlug am 11. ſein Hauptquartier in Briren auf, während der am 10. den Brenner paſſirte baieri: ſche Generallieutenant von Wrede mit ſeiner Diviſion gegen legtgenannte Stadt vordrang und die Generale Perry und
Vial, nach Beſeitigung großer Hinderniſſe, ſich bei Bogen ver:
einigten und mit dem Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers am 10. über Kollmann ihre Verbindung bewirkten. Obgleich nun die Tyroler in ihrem Lande alle Verbin
dungen und Hauptpoſten durch 7 Diviſionen auserleſener Trup pen befekt ſahen , ſo feßten fie doch, in die Gebirge zurückge: zogen 1, obſchon Hofer Schritte zur Unterwerfung gethan und Proklamationen im friedlichen Sinne erließ , die hartnäckigſte Vertheidigung fort. Die auf das Höchſte erbitterten Bauern zwangen Männer, auf die fie ihr Vertrauen fekten, wie z. B. den von Kolb, unter Androhung thátlicher Mißhandlungen und ſelbſt des Todes , ſich an ihre Spiße zu ſtellen und ſie von Neuem gegen die Feinde ihres Vaterlandes zu führen. Hierauf bot unterm 12. November der Vicekönig den By:
rolern nochmals eine vollſtändige Amneſtie an , wogegen er denen ,
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die im Aufruhr beharren würden , mit der Todesſtrafe brohte.
Sedoch bereitete Hofer , durch falſche Nachrichten und durch die kriegeriſche Stimmung ſeiner Landsleute getäuſcht und ver:
leitet , im Geheimen einen neuen Aufſtand vor , wodurch die obern Thåler des Inns, der Etſch , der Zill und andre mehr wieder zu den Waffen griffen, ſo daß die eben im Begriffe zur Entwaffnung der Bewohner der verſchiedenen Landestheile ſtehen :
den Kolonnen ſich plôklich ringsum angegriffen ſahen und empfind liche Verluſte erlitten.
Unter dieſe zählte man vorzüglich die
von dem Kapuziner Haspinger am 22. November bei St.
Leonhard auf den Abhången des Paſſeyrthales , nach tapferer Gegenwehr bewirkte Gefangennehmung der zwei braven Ba taillone des 13. und 53. franzöſiſchen Infanterieregiments, wel: che er übrigens gegen jede Mißhandlung der Tyroler Landesver: theidiger ſchůkte. Hofer brachte, nach dieſen für ihn günſtigen Ereigniſſen , das ganze Mitteltyrol durch Aufrufe wieder zum Aufſtande. Hierauf wurde nun der mit 3 Diviſionen das Thal
von Meran beſekt haltende und fich in der Richtung von Lienz ſtaffelförmig aufgeſtellte Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers am 1. Dezember von den Tyrolern , unter welchen ſich deren Führer von Lurheim , von Kolb und andere mehr auszeichne
ten, ſo nachdrücklich angegriffen, daß an dieſem Tage ſeine Linie
zu Sillian, 'vor Bruneden und bei Briren durchbrochen und ſeine Poſten aufgehoben , ſo wie auch ſeine Truppen zur Er: gebung aufgefordert wurden .
Indeß befreite dieſer General
Sillian, Brunecken und Bricen, ſowie die dortigen Gefangenen alsbald wieder und entſendete die Diviſion Brouſſier in das Innere Tyrols , welcher Marſch direktion eine Abtheilung des
Generals Durutte folgte. Sowohl dieſer impoſanten Streit kråſte gute Leitung , vorzüglich aber der viele Schnee und die große Kälte zwangen die Tyroler in der Mitte Dezembers von
den hohen Gebirgen zur Rúđkehr in ihre Wohnungen, ſo daß deren Führer fich von ihren Leuten verlaſſen ſahen , der Auf ſtand unterdrückt, auch mehrere der leßtern und unter denſel ben der damalige Oberkommandant von Tyrol, Andreas Hofer,
278
welcher in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar 1810 er:
griffen ward, und deſſen Biographie in gedrängter Kürze dem Schluſſe beigefügt iſt, erſchoſſen wurden. Hierauf erfolgte dann von Seiten des Diviſionsgenerals Baraguay d'Hilliers die Wie
derüberweiſung Deutſchtyrols an die Krone Baiern. Was nun ſchließlich die Gefangenen des herzoglich fåch fiſchen Regiments anbetrifft, ſo waren die, wie früher erwähnt,
auf das Schloß Rodeneck abgeführten Offiziere von da nebſt der geſunden Mannſchaft nach Boken transportirt und von hier
auf verſchiedene Derter verlegt worden , worauf fpåter die von ihrer Verwundung geneſenen Offiziere größtentheils nach Inns. bruck gebracht wurden , wo ſie unter Hofers Schuße ſich gut behandelt ſaben , und wo ſie bis gegen den 24. Oktober ver: .
blieben , zu welcher Zeit ſie,1 da die , unter dem franzöſiſchen Diviſionsgeneral Grafen Drouet von Salzburg in Tyrol ein gedrungenen 3 baieriſchen Diviſionen am 25. Oktober Inns bruck befekten , nach Brixen und in das Puſter- und Teufer
Thal zurückgeführt wurden. Nachdem die geſammten Gefangenen bis Anfangs November da ruhig verblieben, wurden ſie durch den, in Tyrol, und zwar am 5. November in Bruneđen einges růckten franzöſiſchen Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers nach und nach ſåmmtlich befreit, und gingen von da aus über Lienz,
Spital, Untertauern, Radſtadt, Werfen , Reichenhall nach Salz burg ab, welches ſie am 21. November erreichten.
Nachdem ſich der größte Theil der gefangen Gewefenen in lekterer Stadt almåhlig geſammelt hatte , traten ſie unter den Majors von Germar (Weimar), von Búnau (Gotha) und von Boſe ( Meiningen ) ihren Rückmarſch über München, Augs burg , Nürnberg und Bamberg in ihre Friedensgarniſonen an, ſo daß die verſchiedenen Kontingentstruppentheile auch in der Mitte des Monats Dezember 1809 dort eintrafen .
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Andreas Hofer, geboren am 22. November 1767 im Wirthshauſe am Sande unweit St. Leonhard im Paſſeyrthale, bekannt unter dem Namen Sandwirth , was ſeine Voråltern
ſeit undenklichen Zeiten geweſen, hatte eine feinem Stande an: gemeſſene Erziehung erhalten , ſich auf dem Landtage 1790 als ein freimuthiger Sprecher der Paſſeyrer gezeigt und war hierauf beim Ausbruche des Aufſtandes feiner Landsleute im
Jahre 1809 , obgleich nur ein ſchlichter Landmann , welchem militairiſche Bildung und Einſicht, Weltklugheit , Gewandtheit 1
in Sprache und Schreiben , ja ſelbſt kühne Wagniß mangelte, doch durch der Umſtände Macht und durch das allgemein un
begrenzte Vertrauen in ſeine Redlichkeit, Frömmigkeit , Bieder keit, Vaterlandsliebe und ſein acht patriotiſch geſinntes Tyro lerherz an die Spiße der Landesvertheidiger geſtellt worden . Zur Anerkennung ſeiner in dieſem Volkskampfe dem öſter reichiſchen Kaiſerhauſe und feinem Vaterlande geleiſteten großen
Dienſte wurde er vom Kaiſer Franz I., laut Befehl aus deſſen Hauptquartier Neupolle vom 9. Mai 1809 , in den Adelſtand erhoben , gleichwie ihm auch noch die goldne Gnadenkette mit der großen Verdienſtmedaille bei einem am 4. Dktober deſſelben Jahres , als am kaiſerlichen Namenstage , in der Hofkirche zu Innsbruck abgehaltenen feierlichen Hochamte und Tedeum ver lieben ward . Obgleich Hofer in ſeiner Perſon die höchſte Macht
des Landes vereinigte, ſo befleckte doch kein einziger Fall ſeine be kannte Uneigennüßigkeit, ſo daß er ſtets unbemittelt blieb, gleich wie er auch die Schlichtheit in ſeinem ganzen Weſen und Heußern nebſt der gewohnten Einfachheit in ſeiner Lebensweiſe nie ver låugnete, indem er während ſeiner mehrmonatlichen Landesre: gierung für ſeinen täglichen Unterhalt blos einen halben Gulden vom Lande in Anſpruch nahm. Nach der im Monat Dezember dieſes Jahres erfolgten Unterwerfung Tyrols verbarg er ſich in einer einſamen , unge: fåhr vier Stunden über ſeinem Wirthshauſe hoch in der Schnees
welt gelegenen Alpenbütte, genannt die Kellerlahn , welcher Zu: 1
fluchtsort nur wenigen Vertrauten bekannt war.
Da jedoch
280
der Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers auf eine bisher noch nicht zuverläſſig ausgemittelte Weiſe hiervon Kunde erhielt *) , ſo ward er des Nachts vom 26. zum 27. Januar 1810 von
einer abgefendeten franzöſiſchen Kolonne feſtgenommen und in Ketten nach Mantua transportirt. Dem Spruche des in die: ſer Stadt , unter dem Vorſiße des franzöſiſchen Diviſionsge: nerals Biſſon (deſſelben, welcher am 13. April 1809 bei Inns
bruck von den Tyrolern gefangen genommen worden war) ab gehaltenen Kriegsgerichts zufolge , wurde Hofer am 20. Fe bruar 1810 Mittags in ſeinem 43. Jahre auf einer der
Feſtungsbaſtionen erſchoſſen und ſein Leichnam in einem dem Ortspfarrer auf der Zitadelle zugehörigen Gärtchen begraben , welcher ihm eine, mit einer Innſchrift verſehene, marmorne Ges dåchtniſtafel reben ließ.
Mit großer Seelenſtårke und männlicher Faſſung ging er in den Tod , brachte dem Kaiſer Franz noch ſein. lektes Vivat und empfing, feinem Wunſche zufolge, ſtehend und mit un
verbundenen Augen , unter dem Rufe : ,, Gebt Feuer !" die erſte ihn nicht tödtende, jedoch bald darauf die zweite ſein Le
ben endende Kugelſalve. Der Kaiſer von Oeſterreich bewilligte ſeiner hinterlaſſenen Wittwe nebſt Sohn und vier Tochtern eine jährliche reichliche Penſion , gleichwie auch von jenem Monarchen ſpäter noch und zwar unterm 26. Januar 1818 die fórmliche Ausfertigung des Adelsdiploms für den getödteten Andreas Edlen von Hofer, mit der nachſtehenden Beſtimmung ſeines Wappens , erfolgte:
Der Wappenſchild iſt unter dem offenen Ritterhelm 1, aus wel chem ein Doppeladler emporſteigt, von Roth und Gold qua drirt. Im erſten Felde zeigt ſich der rothe tyroliſche Adler ; -
im zweiten ein Lorbeer ; — im dritten ein unter einem drohen den Felſen kühn auf ſeinen Stuk gelehnter und mit der rech *) Der Vermuthung nach iſt Sofer durch einen geldgewinnſüchtigen Vetter verrathen worden , welcher ſpåter dieſer Unthat und Ver:
worfenheit wegen als Geiſteskranker im Auslande geſtorben ſeyn ſou.
281
ten Hand vorwärts deutender Tyroler Scharfſchüße ; - und
im vierten ein auf Hofers trauriges Ende hindeutender Ges fångnißthurm . Hofers Gebeine wurden, nach faſt 13jáhriger Ruhe, durch die Mannſchaft des von Neapel über Mantua nach Innsbruck
zurüdmarſchirenden erſten Bataillons des blos aus Tyrolern gebildeten Jägerregiments Kaiſer insgeheim und ohne Vorwiſ ſen der öſterreichiſchen Regierung ausgegraben und nach Inns bruck transportirt, wo ſie, am 19. Februar 1823 angelangt, einſtweilen im Servitenkloſter und am 21. 0. M. mit hoher religiöſer Feier in der Hof- oder Franziskaner - Kirche in der Náhe dreier Monumente beigefekt wurden . Das eine , prach tig und großartig, iſt das Grabmal des großen Kaiſers Mari: milian, ( bekanntlich geſtorben zu Wels am 12. Januar 1519), welches mit acht und zwanzig es umgebenden koloſſalen bronze: nen Statuen ſeiner fürſtlichen Ahnen und mit vier und zwan
zig ſchönen carrariſchen Marmortafeln , von denen zwanzig durch die Meiſterhand des berühmten Niederländers Llerander
Colin ausgearbeitet ſind, und die Thaten des kaiſerlichen Hel den verewigen , geſchmückt iſt. Nahe dabei befinden ſich die beiden andern ſchönen Denkmåler , von denen eins gleichfalls von Colin gefertigt iſt , in der ſogenannten ſilbernen Be
gråbnißkapelle, in welcher die Aſche des kunſtliebenden und den Tyrolern unvergeßlichen Landesfürſten , des Erzherzogs Ferdi: nand II. (geſtorben zu Innsbruck am 24. Januar 1595), und
feiner vielgeprüften Gemahlin , der ſchönen Philippine Welſer, (geſtorben am 24. April 1580 auf dem Schloſſe Ambras bei Innsbruck, Tochter des augsburgiſchen Patriziers Franz Wels ſer und der Anna Adlerin gebornen Freyin von Zinnendorf), ruhen. Uuf dieſe Weiſe wurde Hofer der höchſten Ehre theil haftig und der vaterländiſchen Erde zurückgegeben. Zur Verewigung von Hofers ſo wie überhaupt aller tyro: liſchen Landesvertheidiger treuer Anhånglichkeit, ſo ſeltener Uuf: opferung, und kühner Ausdauer für das Haus Habsburg wah: rend des Kriegs im Jahre 1809, ließ Kaiſer Franz I. dem Er
282
ſtern in jener Kirche ein von dem Profeſſor der Bildhauer kunſt, Johann Schaller zu Wien , ſchön gearbeitetes marmornes Denkmal , für welche Arbeit dieſer 10,000 Gulden Konventions münze erhielt , während der dazu verwendete Marmor 15,000 dieſer Gulden koſtete, ſegen , deſſen Einweihung am 5. Mai 1834 unter einer großen kirchlichen Feier Statt fand. Dies
aus einem großen ſchönen Stücke Tyroler Marmor gemeiſelte, auf einem Fußgeſtelle ruhende prachtige Kunſtwerk, welches der Verfaſſer dieſer Skizze gegen Ende Septembers 1835 geſehen hat , ſtellt Hofer in Lebensgroße dar 1, in ſeiner gewöhnlichen Paſſeyrer Bauerntracht mit dem breiten ledernen Leibgürtel, auf welchem die Buchſtaben A. H. und die Sahreszahl 1809
ſtehen , mit entblóſ’tem Haupte , und mit vertrauensvoll gen Himmel gerichtetem Blick , mit ſeinem ungewöhnlich langen, ihm ein ſo ehrwürdiges Anſehen gebenden Bart , mit der umges hángten goldenen Gnadenkette nebſt Verdienſtmedaille, mit eine
über der Schulter hångenden Kugelbüchſe und einer mit ſeiner rechten Hand muthig gehaltenen Fahne , auf welcher die Worte : „ Für Gott , Kaiſer und Vaterland" zu leſen ſind , an eine
von Eichengeſtrüpp , als dem Sinnbilde der Kraft und von Epheu , dem Sinnbilde der Treue , umrankten Felſenwand ge lehnt , ſowie den rechts zu ſeinen Füßen liegenden mit der Fe 1
der des Birkhahns , als Zeichen eines tapfern Streiters , ge
ſchmückten Hut , während zu ſeiner linken in dem Felſen ein
Adler , der gewöhnliche Bewohner der Alpen und Tyrols Wap pen , ſich befindet.
Das ganze Standbild wiegt 110 Zentner und das Bas: relief zu der Statue , über welcher in Unzialbuchſtaben der 1
Name Andreas Hofer nebſt der Jahreszahl MDCCCIX prangt, hat der Profeſſor Klieber in Wien im Jahre 1837 meiſterhaft vollendet.
Es iſt von carrariſchem Marmor , fünf Schuhe lang, zwei und einen halben Schuh breit, enthålt 32 Hauptfiguren, und
ſtellt den Moment dar , wo Hofer und ſeine Genoſſen dem I
Hauſe Deſterreich Treue ſchwören.
283
Hofers brave , burch ſo manche harte Prüfungen heimges ſuchte Wittwe Anna lebte ſeitdem in ſtiller Abgeſchiedenheit und nur in dem Glúdke ihrer Kinder , von welchen der Sohn in Wien jekt angeſtellt iſt, auf ihrer Beſigung am Sande im Paſſeyrthale.
Jedoch am Abend ihres Lebens hatte ſie noch
das herbe Mißgeſchick , in einem Zeitraume von drei Jahren drei ihrer Verheiratheten Tochter , und kurz vor ihrem Tode die noch einzige ledige , welche in dem adlichen Thereſianiſchen Fråuleinſtift zu Wien erzogen worden war , zu verlieren , wes wegen der Gram der treuen Mutter Herz brach , ſo daß ſie am 6. Dezember 1836 , 72 Jahre alt , aus dieſer Welt fchied. I
.
Uuch noch in neueſter Zeit fanden Undreas von Hofers um das öſterreichiſche Raiſerhaus und um Kyrol fich erworbe
nen hohen Verdienſte ſowohl ihre volle Anerkennung , als auch eine ehrende Erinnerung für die Nachwelt dadurch , daß aus .
dieſen Rückſichten Kaiſer Ferdinand I. von Deſterreich , laut Ka
binetſchreiben vom 11. Februar 1837 und ſeiner Entſchließung vom 22. April 1838 , deſſen in Paſſeyr hinterlaſſene Grund beſikungen ankaufen , ſie in ein Landesfürſtliches Lehen , was .
.
auf ewige Zeiten den Hoferſchen Namen führen ſoll, umwan deln und damit einen Enkel belehnen ließ , gleichwie auch An:
dreas von Hofers Nachkommen in die Tyroler ſtåndiſche Adels:
!
matrikel aufgenommen wurden .
284
8 e il ag e
I."
Formation des Infanterieregiments der Herzoge zu Sachſen fu Wů r zburg. R e g i m e n t $ ft a b. von Weimar. Oberſt von Egloffſtein Oberſt von Henning Regimentsadjutant Premierlieutenant von Seebach von Gotha. Regimentsarzt Haßkarı Regimentsquartiermeiſter lieutenant benneberg →
Regimentsquartiermeiſter Schmidt
von Weimar.
Uuditeur Múler .
Auditeur und Quartiermeiſter Premieurlieutenant Fürſtenau
von Koburg. 8 Offiziere , 79 unteroffiziere u. T. w. .
I. B a ta i Ilon. Kommandeur : Major von Búnau Major Knauth Adjutant : Sekondlieutenant Gernand .
1. Grenadierkompagnie :
Kapitain von Münch Premierlieutenant von Schauroth 1 ,
Sekondlieutenant von Schůz 1. Musketierkompagnie :
Kapitain Krårſhmar . Premierlieutenant von Júmpling Sekondlieutenant Müller 2. Musketierkompagnie :
von Gotha.
Kapitain ( fehlt)
Premierlieutenant Schulthes
.
Sekondlieutenant Wunder
.
Sekondlieutenant Friedheim 3. Musketierkompagnie :
Kapitain Meiſter Sekondlieutenant von Beuſt II . Sekondlieutenant Fleiſchmann 4. Musketierkompagnie :
Kapitain Wunder Sekondlieutenant Förſter Sekondlieutenant von Gilſa +
.
285 1. Voltigeurkompagnie :
Kapitain Hofmann Premierlieutenant von Wangenheim
von Koburg .
Sekondlieutenant von Schauroth
.
Sekondlieutenant von Holleben
.
22 Offiziere , 718 unteroffiziere und Gemeine. II.
B a taillon .
Kommandeur : Major von Boſe Major von Kurnatowski Adjutant : Premieurlieutenant von Iwonsky
von Meiningen. von Koburg .
von Meiningen.
2. Grenadierkompagnie :
Kapitain Bube . Premierlicutenant von Henning Sekondlieutenant von Plaenckner
von Gotha . .
1. Musketierkompagnie :
Kapitain von Buttlar Premierlieutenant Irints Sekondlieutenant Michel . von Meiningen.
2. Mušketierkompagnie :
Kapitain von Donop Premierlieutenant Reich
.
3. Musketierkompagnie:
Kapitain Geier von Geiersberg
.
Premierlieutenant von Beuſt I, Sekondlieutenant von Schauroth II .
.
von Gotha. 4. Musketierkompagnie :
Kapitain Wagner
.
Sekondlieutenant Merkel
Sekondlieutenant Kråkſchmar 2. Voltigeurkompagnie :
Kapitain von Wolframsdorf
Premierlieutenant von Alvensleben Sekondlieutenant von Speßhardt Sekondlieutenant von Wißleben
.
von Koburg . .
.
.
21 Offiziere , 720 Unteroffiziere und Gemeine,
286
III. leichtes Bataillon. Kommandeur : Major von Germar Major von Arnswald Adjutant : Premierlieutenant von Beulwig
.
1. Füſilierkompagnie :
Kapitain von Schierbrandt Sekondlieutenant von Einſiedel Sekondlieutenant von Poſcck 2. Füſilierkompagnie :
Kapitain von Hönning Premierlieutenant von Boyneburgť II. Sekondlieutenant von Breun 3. Füſilierkompagnie :
►
.
Kapitain von Linker Premierlieutenant von Crayen Sekondlieutenant von Buchwald
von Weimar . .
4. Füſilierkompagnie :
Kapitain ( fehlt) Premierlieutenant von Germar Sekondlieutenant von Honning Sekondlieutenant von Steuben 5. Füſilierkompagnie :
.
Kapitain ( fehlt) Premierlieutenant von Boyneburgk I. .
Sekondlieutenant von Seebach Sekondlieutenant von Goldacker
Sekondlieutenant von Schlegel
→
6. Füſilierkompagnie :
Kapitain von Münch . Premierlieutenant von Koppenfels
von Hildburghauſen. .
.
Sekondlieutenant von Schierbrandt 22 Offiziere , 778 Unteroffiziere und Gemeine. Geſammtſtårke des Regiments am 1. April 1809 :
73 Offiziere , 2,295 unteroffiziere und Gemeine
287
8 e ilag e II. Liſte der Offiziere des Infanterieregiments der Herzöge zu Sachſen 8 u
S a I 3 6 ur go
R e g i ment $ ft ab. Oberſt von Egloffſtein
Proviſoriſcher Regimentsadjutant Premierlieutenant von Weimar , von Germar
Regimentsquartiermcifter Lieutenant Genneberg . Regimentsquartiermeiſter Schmidt
von Weiinar.
Uuditeur und Quartiermeiſter Premierlieutenant Fürſtenau
von Koburg.
von Gotha.
5 Offiziere und ungefähr 45 unteroffiziere u. f. w. Linienbataillon Gotha , Meiningen und Koburg .
I.
Kommandeur : Major Knauth
Proviſor. Udjutant: Sekondlieutenant Friedheim
} von Gotha.
Kapitains :
Geier von Geiersberg Wagner Meiſter von Donop .
von Gotha. von Meiningen.
Premierlieutenants :
von Beuſt I. Schulthes Reich
von Gotha.
Irinks
von Meiningen .
Merkel
von Gotha.
.
Sekondlieutenant 6 :
Krabſchmar von Placndner von Schauroth
von Gotha. ►
von Koburg .
Wunder
von Gotha.
Michel
von Meiningen.
16 Offiziere , 849 unteroffiziere und Gemeine.
288
II. leichtes Bataillon Weimar und Hildburghauſen . Rommandeur : Major von Urnswald Proviſoriſcher Udjutant: Sekondiieutenant
von
von Weimar,
Steuben Kapitains : vacat. Premierlieutenants :
von von von von
Boyneburgk 1. . Boyneburgť II. Koppenfels Crayen
von Weimar.
von Hildburghauſen .
.
von Weimar.
Sekondlieutenant6 :
von Seebach von Goldacker von Weimar.
von Schlegel von Buchwald
.
10 Offiziere , 452 unteroffiziere und Gemeine. Geſammtſtårke des Regiments : 31 Offiziere und ungefábr 1,346 Unteroffiziere und Gemeine.
14 4 18810
unb
1 8 1 1.
19
+
Nachdem Frankreich im Jahr 1809 fiegreich aus dem Kampfe mit Defterreich hervorgegangen war , verwendete Kaiſer Napoleon nun mit verdoppelter Macht ſeine Heere zur völligen
Bezwingung Spaniens , wo bereits ſeit anderthalb Jahren ein gegenſeitiger Vernichtungskrieg wüthete , der mit großen , in offener Schlacht, vorzüglich aber in kleinen Gefechten und durch empörende Gråuelthaten aller Art vergoſſenen Stromen Blutes, ſowie durch ſchreckliche Berheerungen und dahinraffende Krant heiten bezeichnet war. Deshalb eilten nun zur ſchleunigen Beendigung deſſelben Tauſende von Kriegern durch Frankreich den Pyrenåen zu. Eine gleiche Beſtimmung hatte das vor Kurzem aus einem
ähnlichen Volkskampfe in Tyrol unter großen 1, blutigen 1, noch unerſegten Opfern hervorgegangene Regiment der Herzoge zu Sachſen , welches am 18. Januar 1810 bei Mannheim , 32 Offiziere *) und ungefähr 1194 Unteroffiziere und Gemeine ſtark , bei ſehr kalter und ungeſtümer Witterung den Rhein überſchiffte, was während mehrerer Tage der ſtarke Eisgang verhindert hatte , und in Frankreich und zwar dieſen Tag nach Oggersheim in die Quartiere einrückte. Auf dem Marſche durch Frankreich fand für die Truppen die Verpflegung, anſtatt der in Deutſchland üblichen bei den
*) Die Liſte derſelben iſt in der Beilage I. erſichtlich. 19 *
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Quartierwirthen , von Seiten der franzöſiſchen Regierung und zwar auf die untenſtehende Weiſe ſtatt :* ) Deshalb ward auch das Regiment , zur Sicherſtellung der aus den fránzóſiſchen Kaſſen der Kopfzahl nach zu gewähren den tåglichen Truppenverpflegungsgelder , bei ſeinem Einrücken in das franzöſiſche Gebiet , ſowie auf dem fortgeſekten Wei: termarſche durch dieſes land von Zeit zu Zeit durch die in den Stådten befindlichen Kommandanten und Revueinſpektoren ge muſtert und gezählt. Da der Marſch nach Katalonien durch einen der intereſ fanteſten und ſchönſten Theile Frankreichs führte , ſo dürfte eine
gedrängte Beſchreibung des Bemerkenswertheſten auf demſelben bis zu den Pyrenåen nicht ohne Intereſſe ſeyn .
Um 19. führte der Marſch nach Speier , wo der ehrwůr : dige,1 unter die fchönſten Werke altdeutſcher Baukunft gehörende
und einer Anzahl deutſcher Kaiſer zum Begräbniß dienende Dom Bewunderung erregt, ſo wie am 20. nach landau, welche
Feſtung, auf beiden Seiten der Queich gelegen, bereits im Jahr 1680 von dem berühmten Vauban nach ſeinem neuen Syſteme regelmäßig befeſtigt zu werden anfing ; am 21. nach Weißenburg an der Lauter und dem Fuße der Vogeſen , wo dem rechten
Ufer dieſes Fluſſes entlang über Lauterburg an den Rhein die
*) Es wurden nåmlich täglich jedem Bataillonschef • 1 thir. 3 gr. - pf.Conv . 4,1 /2 Franken oder jedem der Kapitains , der udjutanten und Re:
gimentsårzte 3 Fr. oder
.
jedem Lieutenant undChirurgus 2,112 fr. oder
: 18 : 15 :
den Feldwebels jedem 40 Centimen oder
2 :
8
4 :
3
1 :
jedem der Sergeanten 35 Centimen oder ſowie den Rorporals , Tambours und Gemeinen +
jedem 25 Centimen oder
:
-
3
1 :
6 :
:
und nachſtdem jedem Militair freies Logis , Holz , Licht und Salz , ſo wie jedem Soldaten vom Feldwebel abwärts noch 1,1/ 2 Pfund Brod verabreicht.
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ſogenannten Weißenburger Linien , nåmlich eine zuſammen : hångende Reihe von Wållen und Gråben , ſich befanden. Nach am 22. gehaltenem Raſttage ging der Marſch am folgenden Tage nach Hagenau an der Motter , welche Stadt unbedeu: tend befeſtigt iſt, und am 24. nach Straßburg. Dieſe eine halbe Stunde vom Rhein und zwiſchen den Ausflüſſen der IU und Breuſch gelegene, mit hohen Wållen umgebene , måchtige Grenzfeſtung nebſt der ſeit dem Jahr 1682 von Vauban in Form eines regelmäßigen Fünfecks erbauten furchtbaren Zita delle, über deren Thor die bedeutungsvolle Aufſchrift Servat et observat befindlich iſt , ſchließt bekanntlich als beſondere Sehenswürdigkeiten , den von dem kunſtreichen Meiſter Erwin von Steinbach und deſſen Sohn Johann erbauten , eben To prachtigen als ſeltenen Münſter oder die ehrwürdige Kathedralkirche , ſowie die Thomaskirche mit dem überaus
ſchönen , von Pigalle in weißen Marmor ausgearbeiteten Grab : male des heldenmüthigen Marſchalls Moriß , Grafen von Sach .
ſen , das Arſenal, und die bedeutende Stückgießerei ein. Der Weitermarſch ging am 25. nach Erſtein , am 26.
nach Schletſtadt, welche bedeutende Feſtung an der Id liegt. Nachdem am 27. hier Ruhetag gehalten worden war , wurde
am 28. nach Kolmar marſchirt, einer betriebſamen Stadt an der Becht , in einer ſehr fruchtbaren Gegend * ). Am 29. rückte das Regiment nach Sernay und am 30. nach Belfort oder Béfort. Dieſe von Bergen umgebene ſtarke Feſtung an der Savoureuſe hat außerdem auch ein auf einem hohen felſigen Berge gelegenes Schloß **). *) Hier traf beim gothaiſchen Kontingent der Kriegsrath Reichardt von Gotha von Seiten ſeiner Regierung mit der beruhigenden Verſicherung ein , daß es nicht in Sold und Dienſte Frankreichs überwieſen werden ſollte, wie dieß nach dem beim Uebergang über den Rhein allgemeinverbreiteten Geruchte hieß. **) Hier erhielt gleichfalls das Kontingent Weimar durch ſeinen Kom :
mandeur die dieſem von Seiten ſeiner Regierung ſchriftlich zuge:
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Nachdem am 31. hier Rafttag gehalten worden war ., er folgte die Fortſetung des Marſches am 1. Februar bis l'Isle fur Doubs , ſo wie am 2. Februar nach Beaume les Dames. Am 3. trafen wir in Beſançon ein , wo am 4. Ruhetag war. Dieſe am Doubs gelegene Stadt nebſt ihrer ſtarken , ſie bes herrſchenden Zitadelle, von Vauban befeſtigt, enthålt unter an dern noch römiſche Alterthümer und einen ſehr geräumigen , ein großes långliches Viereck von drei langen und ſchönen Kaſer: nen umgebenen Ererzierplak. Das Regiment langte am 5. in Vitreur ſowie am 6 . 1
in Auronne an der Saone und am 7. in Dijon an. Dieſe
in einer fruchtbaren Gegend an der Suche gelegene , auf allen Seiten von maleriſchen Bergen eingeſchloſſene Stadt und Feſtung beſiąt viele ſchöne Gebåude , hübſche offentliche Plåte
und ſehenswerthe Kirchen. Ausgezeichnet und preiswürdig fin det man hier die trefflichen Burgunderweine , vorzüglich die der Côte d'Or, oder des Goldhúgelgebirges , womit die ſich füdweſtlich bis über Chalons für Saone hinabziehende und ſie erzeugende Hügelkette bezeichnet wird. Am 8. wurde der Marſch dem herrlichen, der Straße rechts
gelegenen Weingebirge der Côte d'Or entlang über das wegen ſeines ausgezeichneten Weines berühmte und damit einen höchſt beträchtlichen Handel treibende Städtchen Nunts bis Beaune fortgefeßt. Dieſe, gutgebaute und breite Straßen , ſo wie eine
günſtige Lage für den Handel beſigende , kleine Stadt iſt un ter Underm auch des prächtigen Hospitals, ſo wie der ſchönen Spaziergänge auf den Willen wegen bemerkenswerth. Am 9. marſchirte das Regiment nach Chalons für Saone, wo am 10. Rafttag gehalten wurde. Dieſe ſchöne , reiche, kommene Zuſicherung , daß es nach wie vor in herzoglichen Dien
ften und Sold und den Offizieren deſſelben noch ausdrücklich die ungekürzte Uufrechthaltung ihrer Anciennetåt und die mit jeder Charge bisher verbundene Beſoldung für die Zukunft ungeſchma tert verbleiben ſollte.
.
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blühende Handelsſtadt in einer fruchtbaren Ebene am rechten
Ufer der Saone und an der Mündung des Centrekanals , wel cher dieſen Fluß mit der Loire verbindet , hat unter andern einen prachtigen breiten Kai, an welchem ſich ſehenswerthe Ger baude und Paläſte mit anmuthigen Promenaden und ſehr eles ganten Kaffeehåuſern hinziehen, und wo ein höchſt reges Leben des Schiffsverkehrs fich den Blicken darbietet, gleichwie eine fehenswerthe von Quaderſteinen erbaute Brüde über den Fluß
führt. Chalons diente damals einer Menge gefangener ſpani ſcher Offiziere zum angewieſenen Aufenthaltsorte. Das Regia ment ſollte hier , zur Beſchleunigung des Marſches, auf der Saone nach Lyon eingeſchifft werden , welches jedoch der großen
Kålte und des ſtarken Eisganges wegen unterblieb. Daher febte es nach einem angenehmen Aufenthalte am 11. früh , mit Zurüdlaſſung des franken Kommandeurs des
leichten Bataillons Weimar und Hildburghauſen , des Majors von Arnswald, an deffen Stelle nun der Kapitain von Boyne: burgť I. das Bataillonskommando übernahm , dieſen Tag
den Marſch bis zu dem an der Saone reizend gelegenen Städtchen Tournus, wo über dieſen Fluß eine elegant ge baute Brücke führt, ſo wie am 12. nach Macon fort, einer am rechten Ufer der Saone, welche hier, wie bei Chalons und Tournus, ſehr breit und mit Schiffen bedeckt iſt, liegenden Stadt. Sie hat einen weit ſchönern und großern Hafen und Rai als
der zu Chalons, und iſt mit noch prächtigeren Gebåuden ge
richmückt, ſo wie er auch zugleich die ſchönſte Promenade der Stadt ausmacht, von wo man einen Theil der Alpenkette ers blickt. Man findet hier den ſehr geſchäften vin de Mâcon, welcher weiße Burgunderwein den größten und einträglichſten Handelszweig der Stadt bildet. Die Bäuerinnen der Gegend tragen den kleinen runden Hut von Mâconnois ,1 was ihnen ein eignes Ausſehen giebt. Am 13. wurde der Marſch bis nach Villefranche, einer
Stadt in einer fruchtbaren und reizenden Gegend , deren Bes
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wohnerinnen ſowie die der Umgegend dem Rufe der Schón : heit entſprechen , und am 14. bis Lyon fortgefegt. Dieſe am Zuſammenfluſſe der Rhone und Saone gelegene , nördlich und weſtlich von Berghöhen umgebene Stadt, die zweite Frank: reichs, bietet, von Villefranche her , dem Auge eine ungeheuere, aber finſtere Steinmaſſe dar. Die Håuſer derſelben ſind ſchwarz grau , ſo wie die Gaſſen enge und daher mit keiner reinen Luft angefüllt. Allerdings gewährt auch der mächtige Rhone: ſtrom mit ſeinen vielen Brücken , ſo wie der mit palaftåhnli:
chen Häuſern befekte Rhonekai einen impoſanten Anblick ; ver drångt aber doch immer nicht das Unangenehme, was man im Innern dieſer ſo günſtig gelegenen Handelsſtadt empfindet, das her wohl auch zur Entſchädigung die reichen lyoner in den ſo
anmuthigen Umgebungen eine unzählige Menge ſchöner Land häuſer an den reizenden Saoneufern , um da bei der ſchönen Sahreszeit ihre Tage zu verleben , ſich erbaut haben . Schreckliche Spuren des Vandalismus aus der Revolutions:
zeit bezeichneten noch , zum Beiſpiel auf dem berühmten Plak Bellecour, das Innere der Stadt , die ſich übrigens durch eine Menge von Sehenswürdigkeiten , römiſche Alterthümer , ſchöne Kirchen, Klöſter und bedeutende Seidenmanufakturen auszeichnet. Nachdem das Regiment am 15. und 16. hier verblieben und die von dem in fyon kommandirenden General Sornet
beabſichtigte Einſchiffung deſſelben auf der Rhone durch den ſtarken Eisgang und die höchſt ſtürmiſche Witterung aber
mals unmöglich gemacht worden war , brach es am 17. von da auf und traf dieſen Tag in Vienne ein , einer anmuthigen Stadt an der Rhone , mit einem Kai und ſchönen Håuſern, mit vielen rómiſchen Alterthümern , Manufakturen und einer Kathedralkirche, welche ein herrliches Werk gothiſcher Baukunſt
iſt. Unter den in dieſer Gegend wachſenden trefflichen Weinen, die einen bedeutenden Handelszweig ausmachen , iſt der auf dem in der Nähe der Stadt fich hinziehenden Berge erzeugte rothe Gate - Rôtiewein der berühmteſte. Obgleich Maulbeer- und Kaſtanien - Bäume die Landſtraßen begrenzen und hier ſchon die
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lauen Lüfte des Südens wehen , ſo war doch in dieſem Jahre die Kålte höchft empfindlich , weßhalb vorzüglich der Soldat
zumal in den Quartieren, wo die Feuerung der Theuerung we gen ſehr ſpårlich war , viel von ihr zu leiden hatte. Am 18. wurde der Marſch bis zum Flecken Péage de
Rouſſillon , deſſen Umgegend mit vielen Maulbeerbåumen be: ftanden iſt, ſo wie am 19. nach St. Vallier in einer ſchönen Gegend, mit Seidenſpinnereien , und am 20. nach Valence fort: geſekt. Dieſe uralte Stadt am linken Ufer der Rhone iſt ſchlecht gebaut und hat enge und krumme Straßen, während ihre Ums gegend ſehr freundlich und mit vielen Maulbeerbåumen bewach ſen iſt. Es befindet ſich hier eine Zitadelle und eine Artillerie: ſchule , auf welcher Napoleons Geiſt ſich entwickelte und bil dete.
Der Weitermarſch führte am 21. bis zum Städtchen
Livron und am 22. bis Montelimart. Dieſe regelmäßig ge
baute am Einfluſſe des Jabron in den Roubion liegende Stadt nebſt den Ueberbleibſeln ihrer alten Zitadelle , hat eine ange nehme Lage und mehrere Seidens , Leder- und Mollen -Manu :
fakturen.
Die Umgegend iſt mit Rebenpflanzungen , Obft-,
Oliven- und Maulbeer - Bäumen beſtanden , gleichwie es auch
hier ſchon Orangengårten giebt.
Am 23. ging der Marſch bis nach Pont St. Esprit. Beim Einrücken in dieſe Stadt paſſirten wir die über den hier To breiten und ſehr reißenden Rhonefluß führende, eben ſo präch tige, als bedeutend lange Brücke, die als eine Zierde der Bau
kunſt Erſtaunen erregt und zu den impoſanteſten , ſchönſten und zugleich dauerhafteſten in Frankreich gehört. Diefe ſeit dem Jahr 1265 gebaute Brücke hat 26 zirkelrunde und zwar 19 große und 7 kleine Bogen und ihre ſåmmtlichen Pfeiler ſind durchbrochen , wobei ſie 2,520 Fuß lang, jedoch nur 20 Fuß breit iſt, ſo daß kaum zwei Fuhrwerke aneinander vorbeipaſſi ren können. Mit reißender Schnelle eilen die Schiffe zwiſchen den Bogen hindurch .
Nach dem am 24. da gehaltenen Raſttage regte das Re: giment am 25. bei einer feit dem Auszuge aus Lyon unun:
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terbrochen herrſchenden ſtrengen Kålte und höchſt ungeſtúmen Witterung ſeinen Marſch bis nach der Stadt Uzes und am
26. bei plößlich eingetretenem ſehr milden Wetter bis Nismes fort. Da uns hier ein wahrhaft füdlicher Himmel ſo wohls thuend begrüßte, ſo fåumten wir nicht, unter allen den Sehens
würdigkeiten dieſer mit einer Zitadelle verſehenen und an ró: miſchen Alterthümern reichhaltigſten Stadt Frankreichs , haupts fåchlich folgenden unſere beſondere Aufmerkſamkeit zu ſchenken , als : dem noch gut erhaltenen Rieſenwerke, dem Amphitheater,
welches ehrwürdige, impoſante römiſche Denkmal eine völlig ovale Form hat , aus gehauenen Sandſteinblocken beſteht und unges fåhr 21,000 Zuſchauer faſſen konnte ; dem im korinthiſchen Style erbauten prachtigen antiken Tempel , la maison carrée
oder das viereckigte Haus, deßhalb fo genannt, weil die Grund fläche, worauf das Gebåude ruht, ein långliches Viereck bils det , und woran die Arbeit, welche ſo vielen Jahrhunderten Troß geboten hat , ſich durch Schönheit und Zierlichkeit aus:
zeichnet ; dem ſogenannten Dianentempel, in dem eine Menge Ulterthümer enthaltenden außerhalb der Stadt fich befind lichen , mit Ueberbleibſeln römiſcher Båder geſchmückten Park; der außerhalb des Parks gelegenen Erſtaunen erregenden Ruine des thurmåhnlichen römiſchen Gebåudes Tourmagne , und endlich dem prachtvollen Kanale. Obgleich die eigentliche Stadt
Nismes enge, finſtere und ſogar ſchmukige Gaſſen mit kleinen Häuſern hat , ſo enthalten doch die es umgebenden - Vorſtådte breite, gerade Straßen , ſchöne Gebåude , Plåke, Alleen und herrliche Spaziergånge , u. a. die Esplanade und den Cours. 1
Der Handel mit Seidenwaaren ,I Tuch , Linnen und Leder iſt
bedeutend. Die Umgegend der in einem großen fruchtbaren Thale gelegenen Stadt gleicht einem reizenden Garten , indem fie mit Rebenpflanzungen , Oliven-, Maulbeer-, Feigens, Granat: und Mandel - Båumen bedeckt iſt. Am 27. erreichte das Regiment das Städtchen Lunel.
Dieſer Ort, bekannt wegen ſeines ſo wohlſchmeckenden Muskat weines, iſt gut gebaut und hat wegen ſeines nach Cette und
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in den Kanal von Languedoc führenden Kanals einen lebhaf ten Handel.
Von hier erfolgte am 28. der Weitermarſch bis Montpellier, wo am 1. März Raſttag gehalten wurde. Dieſe in einer ents zückenden Gegend , unter einem vorzüglich geſunden Klima, zwiſchen den Flüſſen Mardanſon und Lez gelegene Stadt, hat ſchöne Häuſer, eine bemerkenswerthe Kathedrale, eine Univer ſität mit der berühmten mediziniſchen Fakultåt, einen botani ſchen Garten , anmuthige Promenaden, unter denen der Peyrou , von welchem man die Alpen , die Sevennen, die Pyrenåen und
das majeſtátiſche mittelländiſche Meer erblickt, die vorzüglichſte iſt,1 ſo wie eine Anzahl Luſtplåte und eine prächtige Waſſer : leitung. Sie treibt hauptſächlich mit Wein , Del, Seide und Wolle einen bedeutenden Handel. Die Umgegend mit ihren herrlichen Gårten und Luſthåuſern iſt mit Akazien-, Kaſtanien-, Oliven- und Maulbeer-Båumen bepflanzt. Von da marſchirte das Regiment am 2. nach Mèze , am 3. bis Bezenas und am 4. nach Beziers. Die Umgegend dieſer Stadt hat eine ſolche
Fruchtbarkeit , daß ein franzöſiſches Sprichwort davon ſagt: wenn Gott auf der Erde wohnen wollte, fo würde er Beziers zu ſeinem Aufenthalte wählen . Der Ort felbſt liegt auf einer Anhöhe, iſt ziemlich gut gebaut und hat eine große Kathedral kirche, ſo wie eine ſchöne Promenade. Der Handel derſelben mit Wein, Getreide, Früchten, Seide und andern Produkten iſt beträchtlich , indem ſich hier der berühmte Kanal von Languedoc mit dem Orbefluſſe vereinigt.
Am 5. erreichte das Regiment Narbonne, wo am 6. Ruhes tag war. Dieſe tief zwiſchen Bergen gelegene Stadt hat ein důſteres Ausſehen und iſt mit Wålen und Waſſergraben um geben. Die hauptſächlichſte Merkwürdigkeit derſelben iſt die vormalige Kathedralkirche, in welcher unter den verſchiedenen
marmornen Grabmålern auch das vom König Philipp dem Kühnen , der hier ruht , zu ſehen iſt , ſowie dieſer Ort auch
eine Menge römiſcher Alterthümer aufzuweiſen hat. Da Nar bonne durch den Robinenkanal mit dem Mittelländiſchen Meere
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zuſammenhångt, ſo wird hier vorzüglich mit Wein und Olivenol Handel getrieben. Beim Regimente traf hier der im Dezember vergangenen Jahres als krank zu Linz zurü & gebliebene Kapitain von Ger mar (Weimar ) wieder ein.
Am 7. wurde der Marſch auf der von Narbonne bis
Perpignan fortlaufenden prachtigen und breiten Chauſſee, immer in der Nähe des Meeres , auf welchem man nahe und ferne
Schiffe erblickte , und beim Vorwärtsſchreiten immer mehr und mehr dem Prachtgemälde der majeſtátiſchen Pyrenåen nåher kam, bis zum Städtchen Sigean und am 8. bis Riveſaltes fort: geſekt. Dieſes in dem alten Rouſſillon gelegene Dorf iſt wes gen ſeines ausgezeichneten Muskatweins berühmt.
Bei der
ungemeinen Fruchtbarkeit des Bodens, welcher mit Weinreben /
ſo wie mit Zitronen-, Pomeranzen- , auch vielen Granat: und Maulbeer-, vorzüglich aber mit Oliven - Bäumen bedeckt iſt, man
gelt jedoch das Holz ; indeſſen macht das gemäßigte Klima dies ſes Bedürfniß weniger fühlbar. Wegen der im Sommer in Rouſſillon herrſchenden, faſt unerträglichen Hike haben die Bes wohner deſſelben ein verbranntes , mageres Ausſehen. Am 9. traf das herzoglich fächſiſche Regiment in Per pignan ein , pafſirte ſogleich vor dem franzöſiſchen Gouverneur die Revue , worauf auch der Chef der dortigen Artillerie auf das Genauefte die Gewehre deſſelben unterſuchte und ſowohl
alle ſchadhaften ,1 als auch die vom leichten Bataillon des weimariſchen Kontingents geführten gezogenen Büchſen , wegen der Verſchiedenheit mit dem franzöſiſchen Kaliber, gegen neue
franzöſiſche Gewehre umtauſchen und dieſe insgeſammt zur einſt weiligen Aufbewahrung in das da befindliche Arſenal abliefern ließ. Dieſe Maaßregel verurſachte aber bei den Büchſenſchüßen
einige Unzufriedenheit , da ſie ſowohl an dieſe Waffe als an jenen Dienſt gewöhnt und darin gut eingeübt waren , auch mit jener in dem erſt verfloſſenen Feldzuge in Tyrol ſehr wirkſame 1
Dienſte geleiſtet und ſich auszuzeichnen Gelegenheit gehabt hätten.
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Perpignan , als die Hauptſtadt Rouſſillons, iſt alt, groß und feſt, übrigens theils auf einer Ebene, theils auf einem Hů: 1
gel auf beiden Seiten des breiten Tet , in einer fruchtbaren,
vorzüglich guten Wein erzeugenden Gegend, und unter einem ſehr gemäßigten Klima gelegen. Bemerkenswerth ſind die große ſchöne Kathedralkirche und die ſehr lange über den Tet führende Brücke.
Dieſe Grenzfeſtung gegen Spanien iſt mit ſehr ſtarken
Mauern und Thürmen verſehen. Die Stadt wird außerdem noch durch eine auf einer Anhöhe in Form eines beinahe re
gelmäßigen Sechsecks gelegene feſte Zitadelle, welche ein altes
viereckiges Kaſtell mit acht dicken Thürmen , deren Bau Kai ſer Karl v. begonnen hat , in ſich ſchließt, beherrſcht und geſchüßt. Auf derſelben zeigt man noch einen Plaß, wo dieſer Kaiſer eine ſchlafend angetroffene Schildwache in den Graben hinunterſtieß. Auf der zwiſchen der Zitadelle und der Stadt gelegenen ſchön bepflanzten Esplanade können wohl 5000 bis 6000 Mann ererzieren. Außerdem bieten die Stadtwade noch eine ſchöne Promenade dar. Wir fanden hier eine Menge bleffirter und kranker Frans
30ſen , ſo wie Italiener , vorzüglich aber Trúmmer von den weſtphäliſchen Truppen vor , welche legtere unter den Befehlen
des Generals Morio am 2. Mai 1809, und ſpåter gegen 8,000 Mann nebſt 2 Batterien ſtark, von hier die Pyrenåen über ſchritten und ſeit der am 7. Mai begonnenen Berennung und nachherigen Belagerung der von dem ſpaniſchen Marechal de Camp Don Mariano Alvarez ſo heldenmüthig vertheidigten und erſt am 11. Dezember deſſelben Jahres übergebenen Feſtung Gerona , vor dem Feind und durch Krankheiten ſo viel ver loren hatten , daß fie bis auf 1 Bataillon herabgeſchmolzen
waren , und die uns eine ſchreckliche Schilderung von dem zu erwartenden höchſt. erbitterten Volkskampfe und Elend jeder Urt entwarfen .
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Nachdem das herzoglich rächſiſche Regiment hier noch die nöthigen Patronen und Schuhe, ſo wie auf vier Tage Fleiſch, Brod , Branntwein und Fourage empfangen hatte , brach es am 10. von da auf und fekte dieſen Tag ſeinen Marſch bis
zu dem am Fuße der Pyrenåen gelegenen Flecken Boulou fort, wo es nun nach einem von Linz in Deſterreich ſeit dem 20 .
Dezember 1809 zurückgelegten ein und achtzigtågigen Marſche, das Ziel zu Ueberſchreitung dieſes ungeheuern Bollwerks er: reicht hatte.
Jedoch dürfte vor dem Einrücken des Regiments in Ra
talonien zur vollſtändigen Einſicht und beſſern Beurtheilung dieſes Volkskriegs ſowohl über die Beſchaffenheit dieſer Pro vinz , als auch ſeiner Bewohner und des erwähnten faſt zwei jährigen Vernichtungskampfes, folgende treugeſchichtliche Ueber:
ſicht in gedrängter Kürze zu geben, geeignet ſeyn. Das Fürſtenthum Katalonien , welches ſowohl die zahl reichſte, im Jahr 1808 mehr als 1,000,000 Seelen betra
gende, als auch die ſchönſte Bevölkerung auf der ganzen Halb inſel enthält, hat in ſeiner größten Breite von Often nach Wes ſten eine Ausdehnung von gegen 30 deutſchen Meilen , und im áußerſten Weſten von Norden nach Süden gegen 35 Mei len , im Oſten jedoch nur etwa 10 Meilen 1, ſo daß es gleich fam ein nach Oſten zugehendes Dreieck bildet, welches im Cap Creus ſeine äußerſte Spiße hat. Nórdlich iſt es durch die Pyrenäen , öſtlich durch das Meer ., weſtlich durch Aragonien, von dem es durch einen Theil des Segre und die Noguera
Ribagorzana getrennt iſt und ſüdlich durch den brofluß, der zu Mequinenza den Segre aufnimmt, begrenzt. Der ganze große Landſtrich iſt mit mehr oder minder hohen Ber :
gen bedeckt , und es giebt in Katalonien ſehr wenige und meiſt durchſchnittene Ebenen . Die Gebirge bieten viele natur
liche Vertheidigungslinien dar , die vorzüglich für den kleinen 1
Die mehr oder weniger weiten Thås ler werden von einer Menge Flüſſe, als : dem Ter , der Fluvia, der Tordera, dem Congoſt, dem Llobregat, dem Cardoner, Krieg trefflich ſind.
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der Noya, der Gaya, dem Foir, dem Francoli u. ſ. w., ſowie von zahlreichen kleinen Gewäſſern , die in der Ebene ſtark anſchwellen
und die felten mit Brüden verſehen ſind , durchfloſſen . Sehr hohe Geſträuche, als : Granaten, Stechapfel, Binſen, Lorbeer, Myrthe, Burbaum , Rosmarin u. f. w. , bedecken die theilweiſe waldloſen Berge, indeſſen die Ebenen Oliven- und Obft- Pflan : zungen , Gärten und Heden darbieten . Alle Gebåude und Einfaſſungen der Gehöfte ſind von Stein , und außer den Dörfern liegen , gleich den meiſten geiſtlichen Gebåuden , eine Menge Bauernhåuſer, deren jedes mehrere Ausgånge , ſowie im untern Stockwerk einen großen gemeinſchaftlichen Raum hat , der zum Sammelplake dienen kann , vereinzelt da. Da dieſes Terrain dem kleinen Kriege ſo äußerſt günſtig iſt, ſo fan den auch meiſt blos einzelne Gefechte ſtatt, und wer hier Herr .
der Gebirge , iſt Meiſter des Landes. Hierzu kommt noch die größte der Schwierigkeiten , welche durch die Verſorgung mit Lebensmitteln für eine feindliche Armee erzeugt wird, zumal da
überdieß die Landbewohner ihr Getreide in unterirdiſchen von außen nicht ſichtbaren Magazinen , was deſſen Auffindung ſehr erſchwert, aufſchütten. Unter den vielen Katalonien durchkreuzenden Wegen iſt die von Perpignan nach Gerona führende Verbindungsſtraße die bemerkenswertheſte und unterhaltenſte. Sowohl der Weins
bau als vorzüglich der Ackerbau iſt auf einem hohen Grade der Vollkommenheit und beſonders durch die Bewåfferungsanſtal ten wird viel Reis gewonnen. Da das Klima von Katalonien ſtarke Getränke erheiſcht, ſo wird hier eine ſo große Menge Branntwein und von ſolcher Güte und Ruf bereitet, daß das übrige Spanien einen Theil ſeines Verbrauchs damit deckt. Súd früchte verſchiedener Art , als Zitronen , Drangen , Mandeln, 1
Feigen , Melonen , doch vorzüglich Oliven, Pfirſchen , Apriko .
ſen , Nüſſe, Kaſtanien , Wepfel, Birnen u. ſ. w. ſind vorhan den. Sowohl die bei Alfaques an der Mündung des Ebro
gelegenen Salinen , als auch die Steinſalzgruben bei Cardona verſehen die Provinz hinlänglich mit Salz. Der Handel und
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die Fabriken von ſeidenen und baumwollenen Waaren , groben Tüchern , Papier und Kork ſind im Schwunge, und die Ka nonengießerei zu Barcelona nebſt den dortigen Gewehrfabriken , fowie die zu Ripoll , Ribas und Igualada bemerkenswerth. Der Pulvermühlen giebt es in faſt allen Gegenden , welche
weit über den Bedarf für Katalonien liefern. Die Viehzucht, ausgenommen die Zucht der Pferde und noch mehr der , verſchiedenen Efelsarten , iſt unbedeutend , weil Klee , Heu und Hafer faſt gånzlich mangelt. Das Klima iſt ſehr abwech : felnd , indem der naßkalte Seewind die drückendſte Hike prosa
lich verdrångt und vorzüglich im Sommer die Nächte, in wel chen ein ſtarker Thau fåut, ſehr kalt ſind. Durch die Pyrenåen, .
als ſeine natürliche Grenzfeſtung gegen Frankreich, geſchüßt, hat es außerdem noch folgende feſte, fåmmtlich durch Wahl der Lage ,. ſo wie durch die Natur begünſtigte Plåke,I als : Figueras, Hoſtalrich, Roſas, Gerona, Barcelona, Tarragona* ), Cardona , Tortoſa und Lerida , ſo wie die Forts : Mongat, Medas, Balaguer und die befeſtigten Punkte Seu de Urgel, 1
Belver und Purcerba .
Abgerechnet, daß Katalonien die Bauten an ſeinen Land ſtraßen , Kanålen und Feſtungen aus eigenen Mitteln beſtritt, gab es auch damals aljáhrlich noch mehr als 3,000,000 Tha:
ler an die Krone Spanien ab.
Dieſe Provinz hatte auch ſeit
undenklichen Zeiten das Recht , Münzen mit dem Provinzial wappen zu ſchlagen , weshalb auch in Barcelona eine Münz ſtåtte befindlich war. 1
*) Dieſe Feſtung wurde vom General Grafen Suchet am 28. Juli 1811 nach einem furchtbaren Blutbade mit Sturm genommen, wo:
für er die Würde eines Marſchalls , ſo wie ſpåter für den am 26. Dezember 1812 am See Albufera bei Valencia über den Ge: neral Blake erfochtenen Sieg und deſſen gånzliche Niederlage die eines Herzogs von Albufera erhielt , am 18. Auguſt 1813 durch 32 mit 400,000 Pfund Pulver angefüllte Minenkammern und Pulvermagazine in die Luft geſprengt.
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Der Katalonier hat eine kräftige Natur, hervorſtechende Ge: fichtszüge, gelbbraunes Geſicht, das die Eindrücke ſeines Herzens ver råth, und wie die Spanier überhaupt ſchwarzes Haar. Er iſt vorzüga lich bei ſeiner ohnedieß frugalen Lebensweiſe höchſt mäßig, und ob er gleich den Wein , von welchem der Sitches , der Garnache und der Tinto de las Montanas im Rufe ſtehen , beſonders aber
gebrannte Getränke ſeines abwechſelnden Klimas wegen liebt, ſo ſieht man doch nie einen betrunkenen Katalonier, weil der
Trunk bei ihnen als höchſte Verworfenheit und als das größte Lafter gilt. Hierbei iſt noch der Eigenthümlichkeit zu gedenken, daß die Katalonier nie aus Glåſern , ſondern aus einer kegel: förmigen , unten ſehr breiten und mit einem , von unten an krummgebogenen Röhrchen verſehenen Flaſche (el Porro) trin: ken, die ſie am Halſe erfaſſen , über den rückwärts geſenkten
Kopf in die Höhe halten und ſo den Wein, ohne daß die Lipa pen je die Flaſche berühren , weil dieß als die höchſte Unrein :
lichkeit gilt, in einem dünnen Bogenſtrahle in den geöffneten Mund , ohne ſich zu betropfen , ergießen. Leidenſchaftlich lieben fie den Tabak , welchen ſie geſchnitten und in Papier zu einer
Cigarre zuſammengerollt rauchen. Der Anzug iſt, der allges meinen Landestracht zufolge, von brauner Farbe, dem Klima angemeſſen und beſteht beim Landmann in einer kurzen Sacke, bis an das Knie reichenden Hoſen und, als Fußbekleidung, mit 1
farbigen Båndern befeſtigten espargatas, einer Art hånfenen
Sandalen , die vorn die Zehen umfaſſen und hinten über die Ferſen reichen , und welche eben ſo dauerhaft, als zweckmåßig auf felfigem Boden ſind, weil jede ſchroffe Erhabenheit ſich in die weiche Sohle eindrückt und das Ausgleiten des Fußes hin dert ; im Winter kommen dazu noch Strümpfe. Außerdem tragen ſie einen über die Schultern hångenden braunen Man tel , eine rothe um den Leib befeſtigte, das breite Meſſer ber: gende Binde und endlich zu dem gelbbraunen Geſichte , den blendend weißen Bahnen und den vollen auf die Schultern herun:
terhångenden glånzend ſchwarzen Haaren , als Kopfbedeckung, eine blutrothe meiſt aus Wolle beſtehende, auf die Seite nach 20
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der Schulter herunterhångende Müße. Dazu im Kriege noch einen als Patrontaſche dienenden ledernen Gürtel um den Leib
und eine lange Flinte ( escopéta ) oder ein Militairgewehr, welches vollendete Ganze ihnen ein wildes Unſehen giebt. Ihre Sprache weicht ſehr von der kaſtilianiſchen ab und gleicht dem jebigen Patois des jüdlichen Frankreichs, wobei ſie die Worte unter einem Mienen- und Geberden -Spiele kurz und ſchnell herausſtoßen. Der Katalonier, welchen ein hoher National: ſtolz und unvergångliche Vaterlandsliebe auszeichnen , iſt, ob
gleich arbeitſam , doch auch vergnügungsſüchtig, kühn , beharr: lich, unermüdlich, treu, nůchtern, unbeugſam , leicht auffaſſend, behende , ein trefflicher Fußgånger , guter Landwirth und geld:
gierig , wobei er das geſammelte Geld, ehe er ſolches zu etwas anlegt , lieber todt liegen låßt , aber dabei doch gern dem Va terlande das Seinige opfert. Mit Stolz blicken ſie auf die übrigen Spanier, ſowie auf alle Fremde herab. Ihr Weſen zeichnet ſich vor den Bewohnern der ſüdlichern Provinzen durch mehr Offenheit und Geradheit aus. Sie ſind aber von dem finſterſten Aberglauben , der, gleich ihrer erſtaunenswürdigen Ausdauer im Unglücke nie
wankt , befangen , und die Geiſtlichen , vorzüglich die Mönche, üben den größten Einfluß auf ſie aus, weshalb auch hier einſt die Blutgerichte der Inquiſition ſchrecklich gewaltet haben. Die durch langwierige Kriege von kriegeriſchem Geiſte be ſeelten und ganz zur Vertheidigung ihres gebirgigen Bodens geeigneten Katalonier , die aber , gleich allen Gebirgsvölkern, 1
nur ungern im ſtehenden Heere dienten , obgleid, fie in der
ſpaniſchen Armee als ausgezeichnete Soldaten gelten, hatten faſt fåmmtliche waffenfähige Mannſchaft zum Kampfe geſtellt. Die ſchon ſeit langer Zeit aus der ganzen Bevolkerung der Provinz gebildete Art Landmiliz oder die Somatenen , unregelmäßige und leicht bewaffnete Haufen , beſekten auf das erſte Zeichen der Glocken oder andrer Signale , auf einige Tage ſich mit Lebensmitteln verſehend , die feſteſten Punkte ihrer Kreiſe ; be
wachten die Gebirge, Straßen und Engpäſſe; beobachteten den Feind in Front und Flanken ; unterſtügten die Bewegungen
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der Linientruppen , gleichwie ſie deren Rüdzug ficherten ; unter brachen die Verbindung ; fielen vorzüglich die Kouriere und Transporte an und fügten den Truppen unglaublichen Scha:
den zu. Uus den jüngſten , kräftigſten und behendeſten der Somatenen , mithin aus der månnlichen Blüthe der ganzen Volksmaſſe, waren 40 Tercios Miquelets oder leichte Infantes riekorps, genannt Bataillone von Katalonien formirt, welche in ganz Europa wohl als die beſten leichten Truppen galten , deren Beſtand nicht gleich war und jedes im Durchſchnitte wohl
1,000 Mann betrug , und die mit den Linientruppen an allen Operationen Theil nahmen , ſo wie mit ihnen im Lager ſtan den. Ungeachtet Katalonien ſchon eine bedeutende Unzahl Manns
ſchaft zum Linienmilitair ſtellte ,1 ſo unterhielt es noch , laut Beſchluß der oberſten Junta von Katalonien vom 20. Juni 1808 , aus ſeinen eignen Mitteln , ohne die geringſte Unter ſtúkung der Staatskaſſe , eine Armee von 46,000 Mann. .
Zu der Bertheidigung der feſten Plåße ſtellten ſich ihre Be
wohner ſelbſt als Opfer , was eine Verminderung der Bes fakungen geſtattete, und in Gerona bildeten ſich ſogar, laut einem unterm 28. Juni 1809 erlaſſenen Dekrete des dortigen Feſtungsgouverneurs General Don Mariano Alvarez unter dem Namen der Sankt Barbara, 2 Kompagnien, junger, ſtars ker und männlich muthiger Frauen , die als Heroinen wah rend der Belagerung dieſes Plages die hůlfreichſten Dienſte leiſteten und von welchen eine Anzahl ſich ſogar die Beloh nungen und Auszeichnungen der Tapfern errangen . Da der Spanier überhaupt eine eigenthümliche Vorliebe für den ihm ſo ſehr günſtigen kleinen Krieg hegt, ſo waren auch die Katalonier in demſelben , ſo wie hinter dem Schube .
feſter Mauern und da wo ſie gleichſam einen Stütpunkt zu haben glaubten , tapfer , indeſſen ſie in der Ebene minder Stand hielten , und die Frauen , in deren Adern das Blut .
noch heftiger, als in denen der Månner fließt, theilten meiſt willig und gern der Gefahren , Mühſeligkeiten und Opfer. Sowohl die Uebung und Kleidung , als auch die Schnelligkeit 20 *
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und Leichtigkeit, mit welcher dieſes Gebirgsvolk die jåheſten Ab hånge erſteigt und, von der Dertlichkeitskenntniß bevorzugt, den feindlichen Kolonnen auf Seitenwegen den Vorſprung abzuge:
winnen , ſie von vorne , in den Flanken und im Rücken zu: gleich anzugreifen und ein wohlgenährtes, weit tragendes, wenn auch nicht ſo ficheres Feuer, als z. B. das der Tyroler, auf die
feindlichen Reihen zu unterhalten ſuchte, gab ihm ſchon ein großes Uebergewicht über regelmäßige Truppen , indem es auf deren moraliſches Gefühl nachtheilig einwirkt, ſich unaufhörlich von allen Seiten angefallen und mit der ganzen Bevölkerung im Kampfe zu ſehen .
Vertragsmåßig hatten im Anfange des Jahres 1808 fran zöſiſche Truppen unter dem Oberbefehle des Großherzogs von Berg, Prinzen Murat , den ſpaniſchen Boden, angeblich wegen
einer feindlichen Landung der Engländer und eines eigenen Ers peditionsplanes , befekt. Am Um 9. Februar dieſes Jahres über : ſchritt General Duhesme mit den zwei , 12,000 Mann Infan terie und 1,200 Pferden ſtarken , franzöſiſchen und italieniſchen Diviſionen Chabran und Lechi am Col el Pertus die ſpaniſche
Grenze, und ſchlug am 13. dieſes Monats das Hauptquartier dieſes ſogenannten Oſtpyrenåenkorps in Barcelona auf. Die nun in dieſer Provinz vereinten franzöſiſchen und ſpaniſchen Streitkräfte, wovon lektere , angeblich 14,000 Mann ſtark, unter den Befehlen des Generalkapitains von Katalonien, Gra :
fen de Veyre ſtanden , waren mit Anfang der zweiten Hälfte Februars auf folgende Weiſe aufgeſtellt: in Ampurdan , in Roſas und Figueras , gleichwie in Gerona , auf den In ſeln las Medas , in S. Feliu de Quirols, Palamos , Hoſtal rich, Mataro und der Küſte entlang vom Fort Mongat bis Blanes , in Barcelona , Tarragona 1, Tortoſa und von hier an der Küſte bis Peniscola hinunter.
Ungeachtet Kaiſer Napoleon mit dem Könige von Spa nien zu der Zeit, im Jahre 1808, durch die feierlichſten Trak: tate verbunden war , ſo hatte doch General Dubesme, zur
Vergewiſſerung der Landesunterwürfigkeit, vom Kaiſer den ge
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heimen Befehl erhalten , ſich bei der obwaltenden Sorgloſigkeit
der Spanier , wo möglich ohne Friedensſtörung und Aufſehen , in Beſitz der feſten Plåke zu ſeken , dem zufolge nun auch von den Franzoſen zuerſt das ſtarke Kaſtel S. Fernando bei
Figueras , einer der furchtbarſten Plåke von ganz Europa, durch Ueberliftung in Beſitz genommen wurde. Auf gleiche Weiſe und unter verrätheriſcher Mitwirkung des bekannten ſo allgewaltigen ſpaniſchen Miniſters, des loge: nannten Friedensfürſten Godoy , wurde zu Barcelona am 25. das Fort am Arſenal Atarazanas und am 29. die dortige Zitadelle, ſo wie auch das ſüdöſtlich von der Stadt gelegene åußerſt wichtige Kaſtell oder Fort Monjui , und zwar dies ſes erſt nach der , von ſeinem braven Kommandanten , dem
Brigadier Don Mariano Alvarez , aus gerechtem Mißtrauen an den Tag gelegten feſten Verfahrungsweiſe,
befekt und
auf dieſen Werken am 1. März die dreifarbige Fahne auf: geſteckt, worauf Franzoſen und Spanier in Gemeinſchaft den Garniſondienſt in der Stadt verrichteten.
Die durch ſolche
Täuſchungen eines ſcheinbaren Bundesgenoſſen geſteigerte Er: bitterung der Barceloneſen ſowie aller Katalonier ward jes doch durch die am 22. März zu Barcelona eingetroffene Nach richt von der am 19. diefes Monats eingetretenen ſpaniſchen
Thronveränderung und dem damit herbeigeführten gewaltſamen Sturze des verhaßten Friedensfürſten Godoy vermindert , ſo daß hier für die Franzoſen eine günſtigere Stimmung wieder eintrat, und zugleich auch dem allgemein verbreiteten Gerüchte von einer naben feindlichen Landung von Seiten der Engländer Glauben geſchenkt wurde.
Es råumten nun auch am 27. April , dem von Ma drid erhaltenen Befehle zufolge, die ſpaniſchen Nationaltrup :
pen zur Deckung der Küſten die Stadt, in welcher nun blos 2,100 Mann in ſpaniſchen Dienſten ſtehende Schweizer und Walonen nebſt etwas Artillerie verblieben. Doch brachten die
bald hierauf in Katalonien eingetroffenen Nachrichten von dem am 2. Mai dieſes Jahres in Madrid durch den Prinzen Mu
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rat herbeigeführten Blutbabe , welches nun das Signal zur all gemeinen Inſurrektion wurde, ſo wie die wenige Tage nachher zu Bayonne vorgefallenen Ereigniſſe und die Proklamation des Generals Duhesme , nach welcher Ferdinand VII . die Krone wieder an ſeinen Vater Karl IV. , jedoch dieſer ſie ſodann an Kaiſer Napoleon abgetreten und Lekterer den Prinzen Murat zum einſtweiligen Generalſtatthalter Spaniens ernannt und den Friedensfürſten Godoy unter ſeinen beſondern Schut ge nommen habe , eine ſolche dumpfe , jedoch von den Franzoſen mißachtete Gåhrung hervor , daß geſteigert durch den von 1
Afturien , Alicante und Valencia zur allgemeinen Waffenergrei fung ergangenen Aufruf, nun auch in Katalonien des Volksauf ſtandes Flamme fich verbreitete , und Lerida , Manreſa und Gerona deren Heerde wurden. Da gleichzeitig des Kaiſers
Napoleon geheimer Lieblingsplan , die Vereinigung Katalo niens mit Frankreich, bekannt worden war, ſo griffen die Ein wohner der Feſtung Gerona , die zu der Zeit eine Befakung von kaum 300 Mann hatte , ſofort zu den Waffen , ſchloſſen 1
die Thore und fingen ohne Raſt die Mehrbefeſtigung ihrer Werke an , woran ſelbſt die alles zur Vertheidigung des Va terlandes aufrufenden Kloſtergeiſtlichen auf das Thấtigſte Theil nahmen ,I indeſſen der von dem glühendſten Patriotismus bes ſeelte und bereits erwähnte Kommandant des Monjui bei Bar celona , der Brigadier Don Alvarez , dem Aufrufe folgend, in Manreſa bewaffnete Volkshaufen auf das Eifrigſte organiſirte
und das ganze Ampurdan unter die Waffen brachte , ſo daß die Franzoſen die Stadt Roſas verließen und ſich nach Figue: ras zurückzogen. Vorzüglich mehrten ſich die Schaaren der be: waffneten Katalonier um lestern Plat ſo ſehr, daß man des ren Einfade nach Frankreich fürchten mußte.
Indeſſen war Tarragona , von wo die ſpaniſchen Truppen abgezogen waren, am 8. Juni durch den auf dem Marſche nach Valencia, zur Unterhaltung der Verbindung mit dem Marſchall Moncey, begriffenen General Chabran befekt worden. Da aber dieſer General von Tarragona aus vergebens gegen Balencia
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vorzubringen verſuchte , ſo gab er jenen ausgedehnten Plak wieder auf und kehrte nach einem während dieſer Unternehmung mit den Kataloniern zu Arbos beſtandenen Gefechte, welcher Drt ſtúrmend genommen und verbrannt wurde , wieder nach Barcelona zurůdk ; worauf bei dem in Tarragona ausgebroches
nen Aufſtande alle daſelbſt wohnhaften Franzoſen ermordet und
ihre Gebåude demolirt wurden. Während deſſen hatte die ita lieniſche Diviſion Lechi , zur Erleichterung der Rückkehr der Diviſion Chabran , die am Llobregat aufgeſtellten Spanier vertrieben ; wogegen die nach Manreſa entſendete Brigade des Generals Schwarz am 6. bei dem bedeutend ſtarken Engpaſſe
des in der Nähe und faſt am Fuße des Monſerrats gelegenen Dorfes Bruch durch die bewaffneten Bauern mit mehreren
Hundert Mann Verluſt zurückgeworfen wurde. General Chabran griff hierauf am 14. mit ſeiner ganzen Diviſion , um Leßtern zu rächen , die nämliche Stellung an , theilte aber gleiches Ge fchick und zog fich hinter Molins de Rey , wo er ſich aufſtellte, zurück. Dieſer zwei rühmlich beſtandenen Gefechte wegen er: 1
richteten die Katalonier auf dieſer Stelle eine mit folgender
Inſchrift verſehene Säule : ,,Wanderer , der du hier vorüber ziehſt , vernimm : Hier erſchienen die Franzoſen und , obgleid) überau ſiegreich , konnten ſie den Durchgang durch dieſen Paß dennoch nicht erzwingen. Die Sieger von Marengo , Auſterlitz und Sena wurden am 6. und 14. Sunius 1808 bier beſiegt."
Inmitten dieſer Ereigniſſe wuchſen die Streitkräfte der
Katalonier ſowie ihre Erbitterung täglich mehr , indem die 1
große Anzahl der Geiſtlichen , vorzüglich der fanatiſchen Món: che, die abergläubiſthe Volksmaſſe zu benußen verſtand und durch Verſprechungen himmliſchen Glückes, zur Schüßung und Vernich :
tung gegen die Feinde ſowie zur Befreiung des vaterländiſchen Bo. dens von fremder Zwingherrſchaft, zu den Waffen rief, worauf die ganze Provinz aufſtand, Heerd und Unabhängigkeit ver:
theidigte , und , bei dieſem Nationalkampfe überhaupt un glaubliche Unſtrengungen entwickelte. Und ſo ſahen ſich denn die Barcelona beſetzt haltenden Franzoſen bald durch zahlreiche
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bewaffnete Schwärme der Katalonier , ſowie durch ſpaniſche Truppen und durch die bedeutende unruhige Bevölkerung der Stadt ſelbſt ſehr bedroht. Noch mehr aber wurde der Katalonier Erbitterung durch das bekannte von Bayonne unterm 6. Suny 1808 datirte
Dekret des Kaiſers Napoleon , wegen Erhebung ſeines Bruders Joſeph auf den ſpaniſchen Thron, geſteigert und ihre Begeiſterung
erhöht. Sie überfielen hierauf das von den Franzoſen gleich: fals befekte, auf einem Felſen am Meere gelegene Fort Mongat und nahmen es nach anſehnlichem Verluſte weg , wo:
bei ſie die ganze Beſaßung ermordeten. Gleichzeitig bemeiſter ten ſie ſich auch noch Moncada's , verſtärkten ihre Streitmacht
bedeutend , zerſtörten vorzüglich die Küſtenſtraßen , hielten Fi gueras eingeſchloſſen und ſchnitten der franzöſiſchen Armee die Verbindung mit Frankreich ab. So hatte ſich ſowohl Ober: als auch Unter -Katalonien theils mit eigenen theils mit den , in der am Meere gelegenen ſtarken in ſpaniſchen Händen gebliebe nen Feſtung Roſas , gelandeten engliſchen Waffen armirt und mit Munition verſehen , gleichwie die in Gerona und Larra
gona verſammelten Juntas ſich die Bildung der Streitkräfte
ſehr angelegen ſeyn ließen . Gleichfalls waren Verſtärkungen ſpaniſcher Linientruppen von den baleariſchen Inſeln gelandet,
welche die Beſakung von Gerona vermehrten und Manreſa, ſowie das von den Franzoſen verlaſſene Tarragona beſegten, indeſſen zahlreiche Haufen von Somatenen die ganze Provinz durchſtreiften .
Zur Herſtellung der dadurch unterbrochenen Verbindung befahı daher der General Duhesme dem General Lechi, das kleine Fort Mongat anzugreifen, welcher es auch am 16. nebſt ſei nen 10 Geſchůben ſtürmend nahm und wo er 200 unter der Befaßung mit gefangene Bauern in ihre Heimath ſogleich ent: ließ.
Náchſtdem wurden zu gleicher Zeit die Spanier aus
Moncada vertrieben, von wo ſie ſich nach Mataro zurückzogen, und auch am 17. aus legterm Orte , mit Verluſt von 6 ka:
nonen, nach der Küſtenſtraße in die Flucht geſchlagen. Nach:
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dem die Franzoſen nun noch am 18. den Engpaß von S. Por nebſt mehreren Geſchůben erſtürmt hatten, erſchien am 20. ein Theil
des Oſtpyrenåenkorps unter dem General Duhesme vor Ger rona, um dieſe Feſtung durch bloßen Sturmangriff zu nehmen, da deren Beſitz ſowie der von Hoſtalrich der Verbindung zwi: ſchen Barcelona und der franzöſiſchen Grenze für ein Armee korps unumgånglich nöthig iſt. Dieſer Verſuch ſchlug jedoch unter großem Verluſte gånzlich fehl. Hierauf traf dieſer General , nachdem , wie früher Palas mos, auch die von den Franzoſen befekte Stadt Hoſtalrich, da fie durch ihr, von einem ſpaniſchen Bataillon beſegtes Ka ftell völlig beherrſcht wurde, geräumt worden war 1, am 25. 1
wieder in Barcelona cin .
Um auch den Fanatismus der begeiſterten Einwohner Gero : nas zu wecken , ernannte die dortige oberſte Junta, laut Dekret vom 20. Juni 1808, des glücklich abgewehrten Sturmes wegen , ben in einer Begräbnißkapelle dieſer Stadt ruhenden Heiligen Narciß, Mårtyrer und Schußpatron derſelben , von nun an zum oberſten Befehlshaber der Land- und See-Macht von Katalonien und ließ am 3. Juli bei einer großen religiöſen Feyer dieſem Heiligen in ſeiner Gruft durch eine erwählte Deputation Solches laut bekannt machen , gleichwie dabei Schårpe, Degen und Kommandoſtab, als Zeichen des höchſten Oberbefehls, in deſſen Sarg niederlegen und eine bei jenem abgeſchlagenen Sturme erbeutete Fahne und Trommel an dem Gewólbe der Kapelle
aufhängen. Da die Spanier die Linie am Llobregat beſekt hielten , ſo wurden ſie am 30. durch den General Lechi angegriffen und nach der Wegnahme von Molins de Rey , unter Verluſt von
5 Geſchůken , bis über die Noya in die Flucht geſchlagen. Da indeſſen die offene Stadt Figueras und ihr auf einem Berge abgelegenes, nur ſchwach befektes, dabei an allem Noth
wendigen Mangel leidendes Kaſtell S. Fernando, burch bewaff nete kataloniſche Haufen eingeſchloſſen waren, ſo verſuchten dieſe
und zwar mit Begünſtigung einer Pforte, die zu den nächt
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lichen Beſuchen eines Stabsoffiziers in der Stadt offen blieb, und was verrathen wurde, dieſen Eingang zu deſſen Ueber rumpelung. Jedoch mißlang nicht allein dieſes Unternehmen der Voreiligkeit wegen, ſondern es ward auch, zur Ubſchreckung ähnlicher Verſuche, die halbe Stadt Figueras in Trümmern
gelegt. Weil aber dieſe Feſtung den Kataloniern nicht lange mehr würde haben widerſtehen können , ſo ſendete der Ge neral Reillé von den Pyrenåen aus derfelben ſowohl Trup
pen als auch Lebensmittel zu, welches Detaſchement jedoch von den Feinden unweit Hoſtalnou an der Muga angegriffen, und mit Verluſt eines großen Theils der Wagen auf La Sun: quera zurückgeworfen wurde. Da hierauf dieſer General mit
allen ſeinen Streitkråſten einen zweiten Verſuch zur Hülfeleiſtung dieſes bedrängten Plaßes unternahm , ſo glückte dieß ihm auch nach einem am 5. Juli , beſtandenen Gefechte, ſo gut, daß er den Plaß mit allem Nothwendigen und mit Mannſchaft verſtårken konnte. Gleichwohl hatte General Reillé, der, nur zu einiger Unterhaltung der Verbindung mit Frankreich , für mehrere Bataillone zuſammen auf der Straße Verſchanzun gen anlegen ließ , unter ſehr vielen Verluſten vollauf zu thun, um ſich mit ſeinen ihm noch verbleibenden Truppen bis nach la Junquera zu behaupten. Hierbei führten die Engländer den Kataloniern Korn und Munition zu Schiffe in Roſas zu, während die Streitkräfte der lektern ſich täglich vermehrten . Nachdem der General Dubesme faſt die Hålfte des Su
lius zu Vorbereitungsmaaßregeln einer regelmäßigen Belagerung Geronas angewendet hatte , wurde dieſe Feſtung von ihm , in:
deſſen der General Lechi nebſt ſeiner Diviſion zur Behauptung Barcelonas zurückgeblieben war , am 22. Juli von Neuem be: rennt , und nach dem am 23. erzwungenen Uebergang über den Ter, am 24. die Vereinigung des erſt ſeit kurzer Zeit in Kata: lonien angelangten und dieſen Tag von Figueras aus beim Dorfe .
Pontemajor bei Gerona aufgeſtellten General Reillé mit ihm be: wirkt, ſo daß die nun vor dieſer Feſtung vereinigte Belagerungs
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macht 11,000 Mann betrug. Sedoch nach am 28. Juli fowie am 2. und 6. Auguft ſtattgefundenen blutigen Gefechten mit den Kataloniern und nachdem dieſe durch Linientruppen von der
nun unter den Befehlen des Marques del Palacio ſtehenden und von ihm organiſirten Armee verſtärkt und unterſtügt wor den waren , ſowie durch den am 16. durch den Feldmarſchall Grafen Caldagués mit ungefähr 6,000 Mann erſt kurz zuvor formirten Linientruppen , Miquelets und Somatenen unter: nommenen und , vorzüglich der mangelhaften franzöſiſchen An ordnungen wegen, gelungenen Angriff, ſahen ſich die Generale Duhesme und Reillé zum Rückzuge veranlaßt, welchen Erſterer nach Barcelona und legterer nach Figueras, vom Feinde hitig verfolgt, bewerkſtelligten. Der auf der Straße am Meere zu růckgehende General Duhesme langte am 19. mit ſeinen er: ſchöpften Truppen , nachdem er zur Erzwingung des Durch gangs bei Arenis de Munt , Premia und Mongat mehrere lebhafte Gefechte beſtanden und in Salella ſein Geſchüt ins
Waſſer zu werfen , ſowie feine Wagen zu verbrennen , ſich ge nöthigt geſehen hatte , wieder in Barcelona an. Dieß miß lungene Unternehmen hatte beſonders deßhalb üble Folgen, weil es der Katalonier Begeiſterung noch mehr erhöhte. Da General Duhesme fich durch die großen Hůlfsquellen Barcelonas und vorzüglich aus deſſen Umgegend , obgleich die Lebensmittel einen außerordentlichen Preis erreichten , weſhalb
auch die ärmern Einwohner aus der Stadt vermittelſt Erlaub nißſcheine fortgewieſen wurden, den Monat Auguſt hindurch be hauptet hatte, fo verſuchten nun die durch den tåglichen Markt: verkehr der Landbewohner mit Barcelona von allem die Fran: zoſen Betreffenden unterrichteten Spanier, dieſelben in Barcelona
einzuſchließen , um eines Theils durch die Theuerung die Bevól kerung zum Aufſtande zu reizen und andern Theils auch noch Man:
gel für die franzöſiſchen Truppen zu bewirken, da dieſe wegen des Kriegs mit England, welches alle Håfen blokirte, auch auf keine
Zufuhr zur See rechnen konnten , während die engliſche Ma: rine den Spaniern überdieß noch die húlfreichſte Hand bot. Deb:
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halb vertrieben ſie die kleine franzöſiſche Garniſon aus S. Boy, bis wohin auch Ende Auguſt die 3,000 Mann ſtarke Bes
fakung Tarragonas mit vorgerückt war ,1 und befekten den er ſtern Punkt, ſowie die Uebergånge von Molins de Rey und
Martorell, während zahlreiche Miquelets und Somatenen die
zwiſchen dem Llobregat und Beſos gelegenen Höhen , gleichwie 1 Bataillon Linientruppen in die Ebene bei S. Andreu de Polamar vordrangen. General Dubesme ließ jedoch , um dem auf ſeine außerhalb Barcelonas ſtehenden Truppen beabſichtig :
ten Angriff zuvorzukommen, am 2. September durch die Bri:
gadegenerale Milloſſemik und Beſſières am Llobregat den Feind angreifen , der aber , obgleich er von da , mit Verluft vieler Gefangenen und mehrerer Geſchüße, in die Flucht geſchlagen wurde , bald wieder dorthin zurückkehrte. Desgleichen fanden auch am 8. September unter beiderſeitigen Verluſten in der Nåhe Barcelonas , bei S. Andreu und Sans Gefechte ſtatt,
bei welchem zweiten von dieſen Orten 1 Offizier und 25 Vol tigeurs vom 7. franzöſiſchen Regimente abgeſchnitten, und nach: dem ſie ſich ergeben , dennoch auf die ſchrecklichſte Art umge: bracht wurden.
Ungeachtet der für die franzöſiſchen Waffen herbeigeführ: ten günſtigen Reſultate, ſah ſich der General Duhesme doch nach Verlauf einiger Tage durch die von nun an Tag und Nacht ſeine Vorpoſten mit höchſter Erbitterung angreifenden Katalonier, wodurch er tåglich an Mannſchaft, ſelbſt nahe bei
Barcelona , eben ſo ſehr , als durch die von dem ftrengen 1
Dienſte , den Entbehrungen und dem Klima erzeugten Krankhei: ten , verlor, verbunden mit der Gefahr vor der täglich unruhiger werdenden und ſich heimlich bewaffnenden Bevölkerung Bar
celonas veranlaßt , ſich in dieſe Stadt aus der Umgegend der
ſelben völlig zurückzuziehen , welches auch , nachdem dieſe wah: rend mehrere Tage ausfouragirt, ſo wie auch alle vor dem
Glacis durch die Werke beherrſchten Häuſer und Garten zer: ſtórt und das Fort Mongat am 12. September freiwillig vera laſſen worden waren , am 13. dadurch bewerkſtelligt wurde,
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daß die außerſten Vorpoſten der Franzoſen ſich bis auf das Glacis der Stadtwålle zurückzogen . Dieſen Tag noch wurde Barcelona durch eine vom Ger neral Dubesme im Namen des Kaiſers Napoleon und des Königs Iofeph von Spanien erlaſſene Proklamation in Bes lagerungszuſtand erklärt, ſowie auch aus 500 angeſehenen Bürgern eine Verwaltungsjunta zur augenblicklichen Ergänzung des in den Magazinen zu der auf vier Monate beſtimmten Berproviantirung noch Fehlenden eingeſeßt. Nächſtdem muß ten die vermogenden Einwohner , wenn ſie nicht vorzogen , ge
gen Zahlung von 4 Prozent ihres ganzen Vermögens, Ub zugskarten zu erkaufen , wobei für den , der ohne Abzugsgeld ſich heimlich entfernte, Konfiskation des ganzen Eigenthums als Strafe feſtgelegt war , ſich auf vier Monate mit Lebens
mitteln verſehen ; indeſſen die Unvermögenden ſowohl Barce lona als auch Barcelonetta ohne Weiteres verlaſſen durften .
Endlich noch hatten die Geiſtlichen für alle in den Kirchen in ventirten Kirchenſchake perſónlich zu haften. Da nun die Katalonier täglich bis an die Walle des ein
geſchloſſenen Barcelonas ſtreiften , ſo ermuthigte ſowohl dieß die Bewohner dieſer Stadt, als andrerſeits erfahrne ſchwere Un bilden ſie erbitterten *), ſo daß General Duhesme fortwährend den Ausbruch eines allgemeinen Aufſtandes fürchten mußte. Nach unausgefekten , minder bedeutenden Feindſeligkeiten unternahmen die Franzoſen am 10. Oktober eine breitågige Erpedition , wobei die auf den Höhen zwiſchen Moncada und S. Geroni konzentrirten Spanier, unter nicht unbedeutendem *) Vorzüglich entrüſtete die Barceloneſen ein an einem reichen Pfand : vcrleiher ,1 Namens Canton , begangener Mord , welcher Unglück: liche, nachdem er von der in einem ſehr zweideutigen lichte ſtehen : den Polizei verhaftet worden , am andern Morgen plößlich ver
ſchwunden und ſein vermeintlicher Leichnam einige Tage darauf am Fuße des Monjui, durch Hunde ausgeſcharrt, aufgefunden war, über welche unthat die im Jahre 1810 in Paris unternommene
Unterſuchung leider, aus beſondern Rückſichten, abgebrochen wurde.
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Verluſte, aus ihrer Stellung vertrieben wurden , worauf am 12. zwiſchen dem franzöſiſchen Brigadegeneral Milofſewiß und dem ſpaniſchen General Grafen von Caldagués das Gefecht zu S. Cugat , wobei Erſterer die zweckmäßigſten . Anordnungen , mit ausgezeichneter Tapferkeit verbunden, bewies, unter beider ſeitigen ziemlich anſehnlichen Verluſten , ſtatt fand. Der für die Garniſon in Barcelona eintretende Mangel an Nahrungs
mitteln , der ſo hoch ſtieg , daß faſt kein Fleiſch mehr vorhan den war ,
von den Soldaten ſelbſt die Hunde verzehrt
wurden und nächſtdem nur fehr geringe Rationen gegeben wer den mußten , weßhalb auch viele Italiener und Schweizer de ſertirten , nothigten den Kommandanten, General Lechi, am 15.
zum Erlaß einer ſtrengen Verordnung, welcher zufolge die Bes wohner von Barcelona nun jeden Vorrath an Lebensmitteln ,
der über zwei Monate an Reis und Del, ſowie über vierzehn Tage an Brod und Wein , nach Militairrationen für ſie ges rechnet, betrug, unter Androhung von Strafen abliefern mußten.
Die Spanier , durch die Deſerteurs von der höchſt unzu friedenen Stimmung zwiſchen den italieniſchen und franzöſi
ſchen Soldaten unterrichtet, glaubten ſowohl dieſe Spannung als auch eine niedrige Geldgewinnluſt, die ſie bei dem italienia
ſchen General Lechi vorausſekten , dazu benußen zu können, daß ſie, um ihn zur Uebergabe der Stadt zu erkaufen , Schritte tha: ten. Dieſen Antrag wies er jedoch, wie zu erwarten war, nicht allein mit Verachtung zurück, ſondern ließ auch mehrere des Deſertionsverſuchs überführte Soldaten ſeiner Diviſion ſofort
erſchießen . Indeſſen waren nicht allein die Generale Duhesme und Reillé durch tågliche, für die Verproviantirung zu beſtehende Gefechte ſo ſehr geſchwächt worden, daß Erſterer ſich mit ſeinen 8,000 Mann nicht von Barcelona , und legterer mit ſeinen 4,000 Mann nicht von Figueras entfernen konnten , ja die
Katalonier dachten auch an nichts Geringeres als an das Ein dringen in Frankreich.
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Unter ſolchen höchſt ungünſtigen und ſo ſchwierigen Um ſtånden übernahm nun anfangs November 1808 der eben fo erfahrne als ausgezeichnete General Gouvion Saint - Cyr den Oberbefehl über das durch die Diviſionen Souham und Pino, a
ſowie noch durch 2 neapolitaniſche Infanteriebataillone unter General Chabot zu derſelben Zeit in Katalonien verſtärkte, nun als das ſiebente bezeichnete (bisherige Oſtpyrenåen-) Korps der großen Armee , welche eben unter des Kaiſers Napoleon Lei:
tung auf dem Marſche durch Frankreich nach Spanien be:
griffen war. Abgeſehen davon, daß die in Barcelona und Fi gueras eingeſchloſſenen 12,000 Mann durch eine Menge Un fålle, Entbehrungen und Deſertion aufs Höchſte entmuthigt waren 1, ſo beſtanden auch noch außerdem die eben eingerückten Verſtärkungen meiſt nur aus erſt neu gebildeten Truppen ver ſchiedener Nationen , als Franzoſen , Staliener , Neapolitaner, Genueſer, Walliſer und Påbſtlichen , denen es ſelbſt an allem Nothwendigen mangelte und die durch ein tägliches Deſertiren fich ſchwachten. Und ſo betrugen, jedoch erſt im Anfange Des
zembers dieſes Jahres, außer den 12,000 Mann der Generale Duhesme und Reillé, die unter den unmittelbaren Befehlen des Generals Saint- Cyr in Katalonien ſtehenden Diviſionen Souham , Pino und Chabot 18,068 Mann Infanterie und Ka vallerie. Dagegen beſtand hier das als das 3. bezeichnete ſpa niſche Heer, von dem Marques del Palacio aus Tercios kata
loniſcher Miquelets organiſirt, ſo wie durch Verſtärkungen von den baleariſchen Inſeln , aus Valencia und Andaluſien unter General Reding , ferner aus Portugal durch deſſen Räumung
und endlich durch die von Saragoſſa unter dem Marques de
Lazan ſpåter noch ankommende Diviſion gebildet, dermalen vom General Don Juan Vives, laut deſſen am 3. Oktober erlaſſe: ner Proklamation befehligt ; aus mehr als 100 Bataillo : nen , einſchließlich der 24 Tercios Miquelets und 32 Es.
kadrons. Wie bereits früher erwähnt, war überdieß der hei: lige Narciß Generaliſſimus der Land- und See - Macht von Ratalonien .
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General Saint- Cyr, welcher vom Kaiſer die unumſchränkte
Bollmacht zu Ausführung ſeiner eignen Plåne , jedoch früher den mündlichen Befehl deſſelben erhalten hatte, vor allem Barcelona nach allen Kräften zu behaupten zu ſuchen , weil, wenn es verloren ginge, zur Wiedereroberung nicht 80,000 Mann hinreichen würden, ſchlug am 6. November ſein Hauptquartier in Figueras auf, während die Diviſionen Reillé und Pino vor der Feſtung Roſas ſtanden , welcher Platz wegen der ſo höchſt dringenden Verproviantirung der durch General Vives blokir: ten Feſte Barcelona, wenn anders dieſe ſpåteſtens gegen Ende Dezembers nicht in ſpaniſche Hände fallen ſollte, ſo bald als möglich genommen werden mußte ; General Souham aber la: gerte bei La Junquera. Der zur Belagerung von Roſas be fehligte General Reillé drångte am 7. die außerhalb dieſer
Feſtung ſtehenden Spanier nach einem lebhaften Gefechte , ob gleich außer der Feſtungsartillerie auch noch von einem Linien: fchiff einer Fregatte und mehreren Kanonierſchaluppen der Engländer lebhaft beſchoſſen , unter beiderſeitigen Verluſten in den Plak hinein. Von den aus der Umgegend von Rojas mit Hab und Gut in dieſe Stadt geflüchteten Bewohnern, ſowie auch von den Bürgern ſelbſt ſchiffte ſich am 8. der
größte Theil ein , um dieſe von den Franzoſen befekte Gegend zu verlaſſen . Die am 9. von La Junquera aufgebrochene Diz
viſion Souham ſtellte ſich, zur Beobachtung eines in Gerona ſich ſammelnden ſpaniſchen Korps, zwiſchen Figueras und der Fluvia , ſowie der General Chabot mit 2 Bataillonen Neapo
litaner , zur Rückendeckung des Generals Reillé, zu Espolla und Rabos auf.
Da zwei durch den Nebel abgekommene Kompagnien eines vom General Reillé in den Richtungen von Selva de Mar und Llanza detaſchirten italieniſchen Bataillons, vermittelft Ver: råtherei der Bewohner mehrerer Orte, dem Feinde überliefert worden waren , ſo wurden , anſtatt der bisher bei ähnlichen Fållen ſtattgefundenen Verbrennung der Dörfer, eine der Zahl der gefangenen Soldaten gleichkommende Anzahl dieſer Orts :
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bewohner als Gefangene nach Frankreich, bis zur Auswechſelung abgeführt.
Der dem General Chabot durch den General Reillé zur Unterſtüßung mit 3 italieniſchen Bataillonen entgegengeſendete
General Fontana warf die Miquelets , Somatenen und gelan 1
deten Engländer, mit Verluſt vieler Todten, Verwundeten und 10 Kanonen , nach Selva, wo ſie ſich einſchifften, zurück; auch wurden zwei unter dem Schuße der engliſchen Marine von der Feſtungsgarniſon in Roſas unternommene Ausfälle, und zwar der lekte am 12. Mai , mit großen Verluſten abgeſchlagen . Nachdem am 13. die Armee durch das 6. italieniſche Re
giment verſtärkt und dieſen Tag das Belagerungsgeſchüß vor Roſas gebracht, ſowie hierauf in der Nacht vom 18. auf den
19. die Laufgråben eröffnet, und am 24. ein von der ,I 5 bis 6,000 Mann ſtarken , ſpaniſchen Diviſion Alvarez , zur Auf
hebung der Belagerung dieſer Feſte, auf die Stellungen der Diviſion Souham von Navata, Pontons, Urmadas und Gara rigas gerichteter Angriff, nach anhaltendem Kampfe, mit bedeus tendem Verluſte der Angreifenden, zurückgeſchlagen worden war, traf am 26. eine Verſtärkung von 6,000 Mann unter Gez neral Lazan aus Uragonien ein , welcher nun auch den Befehl 1
über die geſchlagene Diviſion Alvarez übernahm. Als das Bea ſchießen von Roſas ununterbrochen fortgedauert hatte, ward am 27. die Stadt durch das 6. italieniſche Regiment mit
Sturm genommen und der größte Theil der Beſaßung nieder gemacht. Da das durch die engliſche Marine gut vertheidigte
Dreifaltigkeitsfort durch das Geſchütfeuer dußerſt gelitten hatte, ſo forderte man es zur Uebergabe auf, die aber verweigert ward. Nachdem nun am 4. und 5. Dezember Breſche gea
ſchoſſen und ein nochmaliger verzweifelter lekter Ausfall der Beſaßung mit Verluſt zurücgeſchlagen worden und die Breſche offen war , ſchloß der Kommandant des Forts , Bria
gadier Don Pedro Obaly, eine Kapitulation ab , nach welcher am 6. Dezember die ungefähr 3,000 Mann ſtarke Beſaßung, im Angeſichte und unter den Kanonen der engliſchen Eskadre, 21
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den Plaß , wo man 60 Kanonen von Erz vorfand, mit allen Kriegsehren verließ und gefangen nach Frankreich abgeführt wurde , worauf die im Golfe von Roſas befindlichen engliſchen 1
Schiffe das Weite ſuchten.
Hierauf und zwar bereits am 8. Dezember brach General Saint- Cyr, mit Zurücklaſſung der zu den Befäßungen von Fi gueras und Roſas dienenden Diviſion Reillé , blos mit ,1 auf
dem linken Fluviaufer vereinigten, ungefåhr 15,000 Mann In fanterie und 1,500 Reitern , welche lektere ſogar, aus gånzli chem Futtermangel, ſeit dem 12. Oktober nach Languedoc zus růckgeſchickt und vor Kurzem erſt wieder beim Armeekorps ein getroffen waren, gegen das bedrängte Barcelona auf und ſchritt, den ſo übermächtigen ſpaniſchen Streitkråften kühn die Stirn bietend ,
am 9. über die Fluvia ; täuſchte den Feind durch
eine vermeintliche Aufſtellung vor Gerona, ging am 11., nach : dem er ſein Geſchůt und Munitionswagen, unter dem Geleite der am linken Terufer aufgeſtellten Diviſion Reillé, nach Fi gueras zurückgeſendet, und jeden Soldaten blos auf vier Tage mit Zwieback , ſowie mit 50 Stück Patronen verſehen hatte,
während er außerdem noch 150,000 auf Maulthiere geladene Patronen mit fich führte, unterhalb Gerona über leßtern Fluß
und ſtellte ſich bei La Bisbal auf. Er ſchlug ſodann am 12. die Somatenen und Miquelets unter Juan Claros bei dem Gebirgspaſſe von La Grange und nahm im Arothale Stellung, worauf er am 13. Vidreras und am 14., nach einem zwiſchen feinem Nachtrab und den Truppen des Generals Lazan bei
La Mallorquina ſtattgefundenen Gefechte, die Hoſtalrich beherr Ichenden Höhen beſegte. Nachdem man ſich hier ſogleich um Auffindung eines , außer dem Bereiche des Kartåtſchen- und Kleingewehr -Feuers von den Wållen, die Feſtung Hoſtalrich um gehenden und hinter ihr wieder auf die Straße nach Barce
lona ſtoßenden Weges vergebens bemüht hatte , ſo unternahm der General Saint - Cyr nun perſönlich , von einem Hirten der
Gegend geführt, die Aufſuchung, die ihm endlich auch gelang, wobei ihm jedoch im Gebirge der Unfall begegnete, in das Ver:
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ſteď viehweidender Somatenen zu gerathen, aus welcher großen Gefahr er nur durch die ſchnell abgeſeſſene, die Pferde zurück: laſſende und mit ihren Karabinern mit außerordentlicher Schnel
ligkeit das Gebirg erklimmende Elitenkompagnie der Dragoner Napoleon noch gerettet wurde. Am 15. paffirte das Korps auf dem aufgefundenen bes
fichwerlichen Fußpfade um die Feſte Hoſtalrich herum ; doch kaum im Rücken derſelben , ward ſeine Arriergarde durch die verfols
gende Beſaßung und durch Somatenen angegriffen, die aber zurückgeſchlagen wurden . Als man den Marſch unter bes ſtåndigem Geplänkel bis Nachmittags fortgeſegt und der Vor trab der Diviſion Pino 4 von der Blokade von Barcelona zurückkommende und den Eingang des Engweges bei Trentas paſos vertheidigende Bataillone von der Diviſion des Oberſten
Milans vertrieben und zurückgeworfen hatte, wurde nach einem bis in die Nacht gedauerten Kleingewehrfeuer Abends halb eilf Uhr der Bivouak in der Ebene eine Stunde hinter Llinas be:
zogen, wo im Rücken die 7,000 Mann ſtarke Diviſion Claros, auf den Flanken Haufen von Somatenen , ſowie gegenüber
der von der Belagerung Barcelonas angelangte General Vis ves mit 15,000 Mann ſich befanden, und dazu keinen Mund bedarf mehr , und blos noch zu einem einſtündigen Gefechte ausreichende Patronen !
Nachdem ſo der General Saint - Cyr in dieſer höchſt ſchwie: rigen Lage, wo es galt, ſich entweder nach Barcelona durchzu : ſchlagen oder unterzugehen , am 16. früh mit ſeinem in einer
einzigen Kolonne aufgeſtellten, und hierbei keine Artillerie mit ſich führenden Korps , kaum aufgebrochen war , nahm ſchon das Kleingewehr- und hierauf das Kanonen - Feuer des Feindes ſeinen Anfang. Doch nach Verlauf von nicht einer Stunde war die beim Flecken Cardedeu und dem Dorfe Llinas formirte
Schlachtlinie deſſelben durch die geſchickten Dispoſitionen , die
kühne Führung der Befehlshaber und die ungeſtüme, ausdauernde Tapferkeit der Diviſionen Souham und Pino , während Ges neral Chabot, mit mehrern Bataillonen zur Bedeckung der Feld: 21 *
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lazarethe, der Packpferde u. f. w. beſtimmt, am Kampfe kei nen Antheil nahm , durchbrochen , überall abgeſchnitten und, mit Abnahme von 2,000 Gefangenen , unter denen der Bri:
gadegeneral Gambia , und 800 Verwundeten , der fåmmtlichen 1
Artillerie und 2 Fahnen , in eine ſo regelloſe Flucht ge
ſchlagen, daß der von ſeiner Armee abgeſchnittene Obergeneral Vives zu Fuße die Gebirge durchwandern und ſich in Ma
taro auf einer kleinen engliſchen Barke einſchiffen mußte , um wieder zu ſeinem Heere hinter dem Llobregat zu gelangen, in: deſſen der hart bedrängte General Reding , ein Schweizer in ſpaniſchen Dienſten, von dem die kataloniſchen Zeitungsſchreiber im plumpen Uebermuthe vor dieſer Schlacht, ſie als eine cor rida de toros oder ein Stiergefecht ankündigend, fagten , daß er als Matador darin auftreten würde, nur durch die Schnelligkeit
ſeines Pferdes der Gefangenſchaft entging,1 ſich auf der nach Barcelona führenden Straße zurückzog , bei Monmalo eine Unzahl der Flüchtigen ſammelte und nach Molins de Rey, wo er ſich dem General Caldagués anſchloß, führte. Obgleich, wegen des raſch entſchiedenen Kampfes, der franzöſiſche Ver luft nach Verhältniß nicht ſo bedeutend war, ſo zählte doch die italieniſche Brigade Mazuchelli 600 Kampfunfähige. Der unaufhaltſam feinen Marſch nach Barcelona fort:
rekende General Saint - Cyr nahm dieſen Tag ſein Haupt: quartier zu Molet , indeſſen die Diviſion Pino auf dem Ri pollet und die Diviſion Souham auf dem Caldas bivouakir ten . Hierauf vereinigte ſich am 17. früh der General Saint Enr mit dem General Dubesme in Barcelona, von wo die, dieſe Feſte blokirenden und hart bedrängenden Spanier fich
nun ſo ſchnell zurückzogen, daß ſie einen Theil der Artillerie in ihren Werken ſtehen ließen.
Indeſſen General Saint - Cyr den rechten Flügel ſeines Urmeekorps Valvidrera und den linken Barcelona gegenüber aufſtellte, und ſein Hauptquartier in S. Andreu nahm ,
ließ er Behufs der Vereinigung der Maroden , Kranken und Bleſſirten , ſowie zur nöthigen Ruhe und zur Verabreichung
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des ſchon zwei Tage mangelnden Brodes , feine Truppen und Pferde den 18. und 19. hier raften . Hierauf nahm er am 20., um den Spaniern keine Zeit zu laſſen , mit ſeiner durch 5 Bataillone der Diviſion Chabran verſtärkten und auf 4 Tage
mit Zwieback, ſo wie auch mit dem noch vorräthigen Fleiſche verſehenen Armee , auf dem linken Ufer des Llobregat, und zwar mit ſeinem rechten Flügel zu Molins de Rey, dem Zentrum in S. Feliu und dem linken Flügel zu Cornella Poſition , der feindlichen Armee unter General Vives gegenüber , welche auf dem rechten Ufer dieſes Fluſſes mit ihrem linken Flügel zu Palleja , mit dem Zentrum auf den Höhen hinter S. Vicens und mit ihrem rechten Flügel beim Dorfe Llor in einer treff
lichen ,1 theilweiſe verſchanzten Stellung gelagert, und durch die
unter General Caldagués vor Barcelona zurückgelaſſenen Trup pen verſtärkt worden war.
Nachdem die aus vielen Rekruten beſtehende Armee, wegen des während der Nacht gefallenen tiefen Schnees, und da ſie großentheils der Mäntel entbehrte , einen ſehr beſchwerlichen Bivouak überſtanden hatte , gingen am 21. früh 7 Uhr die
Diviſionen Pino und Souham an feichten Stellen durch den Llobregat, was General Chabot mit ſeinen 3 Bataillonen ſpå: ter gleichfalls vollführte. Die Spanier eröffneten ſogleich auf die anrückenden Kolonnen ihr Kleingewehrfeuer und rückten hierauf mit anſcheinender Entſchloſſenheit zum Bajonettangriffe vor ; als ſie jedoch den im Duplitſchritt ihnen entgegeneilenden franzöſiſchen Truppen ſo weit fich genaht hatten, daß ſie eben das Gewehr fållen wollten , ergriff fie ein paniſcher Schreck, ſo daß fie umwendeten und flohen . Da nun auch der vom Ge
neral Caldagués befehligte rechte ſpaniſche Flügel durch General Chabot umgangen und hinter ſein Zentrum und legteres durch die Brigade Mazuchelli und die Diviſion Souham auf ſeinen linken Flügel zurückgeworfen war , ſo ſah fich das ſpaniſche Heer in der ſchrecklichſten Unordnung nach der bei Molins de Rey gelegenen ſchönen Brücke zuſammengedrångt und von allen ſeinen Rückzugsverbindungen abgeſchnitten. In dieſer
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verzweifelten Lage , die jede andere Armee zur åußerſten Ge genwehr veranlaßt hatte , warf der größte Theil derſelben die
Waffen weg , ließ Alles im Stich und ſuchte ihr Heil durch Wålder und über Felſen in der regelloſeſten Flucht, fie theil weiſe ſogar bis zum Ebro und in die Feſtung Tarragona fort: Tegend, in welcher ſich nach und nach 15,000 Mann derſelben wieder ſammelten. General Chabran verfolgte die Fliehenden bis Martorell, wo er ſich aufſtellte , ſowie General Chabot
bis S. Sadurni , das übrige Heer bis Villafranca, General Soubam bis unter die Mauern von Tarragona ,1 ſein Quartier zu Vendrell und mit ſeinen Truppen auf dem linken Ufer der Gaya Stellung nehmend. General Pino ſtellte ſich am 22. zu Villafranca , Villanova und Sitjas auf , in welcher erſtern Stadt General Saint- Cyr dieſen Tag ſein Hauptquartier nahm. Die für die franzöſiſchen Waffen herbeigeführten Ergeb : niffe dieſes Treffens, ſo wie die der fünfzehnſtündigen Verfol gung, beſtanden jedoch kaum in gegen 1,200 Gefangenen , un ter deren Zahl der General Caldagués mit ſeinem General ftabs - Chef, 3 Oberſten , 6 Oberſtlieutenants und einer Anzahl anderer Offiziere, ſo wie in der geſammten und zwar 50 Stück Geſchůz betragenden Artillerie, einer großen Unzahl wegges .
worfener Feuergewehre, einer Fahne und einer Quantitåt Mu
nition . Außerdem wurden in Villafranca und in deſſen Um
gegend ein Magazin von neuen engliſchen Gewehren, 3,000,000 Flintenpatronen und 60,000 Pfund Pulver , welches lektern die franzöſiſche Armee am meiſten bedurfte , erbeutet. un des, der verlornen Schlacht wegen , in Tarragona verhafteten ,
abgeſetten und ins Gefängniß geworfenen Obergenerals Vives Stelle; wurde nun dem General Ludwig Reding , der ſowohl durch das Treffen von Baylen als auch des bei den verſchie
denen Gefechten in Katalonien perſönlich bewieſenen Muthes und ſeiner Tapferkeit halber ſich ein hohes Vertrauen erworben
hatte, der Oberbefehl in Katalonien übertragen, der auch ſofort mit der größten Energie ſich die Wiederherſtellung des Heeres angelegen ſeyn ließ , und durch eine am 30. Dezember an die
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Katalonier erlaſſene Proklamation dieſe ſo begeiſterte, daß fie allenthalben zu den Waffen griffen und nun faſt täglich An griffe auf die franzöſiſchen Truppen unternahmen. Mittlerweile war der General Lazan mit 9,000 Mann gegen Roſas wegen der Eroberung des zur Belagerung dieſes Planes gebrauchten Geſchůbes, das er ſeinerſeits noch in den Tranchéen
wähnte, aufgebrochen , und griff am 1. Januar 1809 das zum 2. Infanterieregiment gehörende 4. Bataillon bei Caſtellon de Umpurias an , zwang es zum Rückzuge nach Roſas und brachte ihm einen Verluſt von 60 Mann bei. Jedoch be reits am 2. unternahm General Reillé, obgleich nur mit 2,000
Mann Infanterie und 200 Mann Kavallerie, gegen die in einer ſehr günſtigen Stellung von Caſtellon de Ampurias fich befindende weit überlegene Diviſion Lazan mit ſolcher Kühnheit einen Angriff, daß dieſe ſich in der Nacht nach Gerona , wo: bei ſie 60 Mann verlor, zurůdzog ; er ſelbſt wendete ſich nach Figueras. Der General Saint- Cyr, welcher indeſſen zu Villafranca
aus den , den Spaniern abgenommenen Geſchüben durch den General Ruty einen kleinen Feldgeſchubpark hatte errichten
laſſen , ließ die von einem Theile der zurückgewichenen Spanier befekte, durch künſtliche Befeſtigungen und Geſchüß noch weit mehr verſtärkte Stellung von Bruch am Monſerrat durch die
Diviſion Chabran , indeſſen , zur Unterſtübung derſelben , die Diviſion des Generals Chabot von S. Sadurni gegen Iguala
da im Rücken des Feindes operirte , angreifen und unter ge ringem Verluſte, wogegen der ſpaniſche, unter dem ſich auch noch ihre aus 8 Stück Geſchůt beſtehende Artillerie befand, nicht unbedeutend war, nehmen, auch den Feind bis hinter Igua lada verfolgen , jedoch dann den erſtern General nach Esparaguera
und Martorell, ſowie lektern nach S. Sadurni zurückgehen. Mittlerweile hatte der Generaladjutant Deveaur mit nur zwei
Bataillonen, ohne Befehl, den Monſerrat angegriffen und am 11. das dortige wichtige Kloſter genommen , von wo er ſich aber am 12., und zwar nur nach den von Seiten ſeiner Trup
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pen gegen die indeſſen in ſeinem Rüden aufgeſtellten weit über måchtigen Spanier an den Tag gelegten tapferſten Unſtrengun wieder zu ſeiner Diviſion nach Esparaguera durchſchlug.
Die in dieſen Stellungen während der Reorganiſation des ſpaniſchen Linienbeeres bleibende, von Frankreich abgeſchnittene
franzöſiſche Armee benutte dieſe Zeit zur möglichſten Herbei
ſchaffung von Mundbedarf , die dadurch ſo ſchwierig wurde , daß Katalonien theils durch den Krieg bereits erſchöpft war , theils die bewaffnete Bevölkerung die Lebensmittel verbarg oder fort:
führte. Und obgleich nur ein einziges zu Villanova von der ſpaniſchen Armee aufgegebenes Getreidemagazin vorgefunden worden war , ſo wurde diefes doch, aller Noth ungeachtet, nach Barcelona transportirt , um dieſen wichtigen Platz bis zur
Eintretung der , der franzöſiſchen Regierung einzig von der Seeſeite her möglichen Verproviantirung , vor Mangel zu ſichern, während der vom General Duhesme von Barcelona nach Ma: taro zur Eintreibung von Lebensmitteln mit einigen Bataillo nen entſendete General Lechi, unter Einbuße einer Menge Leute, nur Weniges erbeutete.
Daher war das ganze 7. Korps
vom Uusgange Dezembers bis gegen die Mitte Februars gro Ben Entbehrungen , ſowie vielen Strapazen , der häufigen Fouragirungen wegen , preisgegeben und ſchwächte ſich dabei fowohl durch Verluſte an Mannſchaft, als auch ſeine Munition I
durch Verbrauch von 2,000,000 Patronen, wobei überdieß noch
die Diviſion Pino auf Vendrell ſich zurückzuziehen genöthigt war. Dagegen ſtand zu dieſer Zeit die neuorganiſirte, durch alle bei Gerona's Vertheidigung entbehrliche Truppen , ſo wie durch 2,000 Mann vom Königreich Valencia und endlich von der Inſel Menorca aus durch das Schweizerregiment Pettchardt
verſtärkte und ihren Unterhalt für Menſchen und Pferde aus dem Balencianiſchen beziehende , 40,000 Mann ſtarke ſpaniſche Armee ſchlagfertig unter dem Obergeneral Reding , der fo wohl ihr unumſchränktes Vertrauen als auch das der Junta dieſer Provinz beſaß. Dieſes Feldherrn Plan ging dahin, das 7. franzöſiſche Korps in ſeiner Stellung von Vilafranca ein:
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zuſchließen, und wenn er es geſchlagen, ſchleunigſt zum Entſage des durch das 3. und 5. Korps der großen franzöſiſchen Ar
mee hart bedrängten Saragoſſas herbeizueilen , weshalb auch der aus der Gegend von Gerona mit 4,000 Mann herbes
fehligte , die Avantgarde kommandirende General Lazan zwi: 1
ſchen Lerida und Mequinenza, auf den Grenzen Kataloniens und Aragoniens, Stellung genommen hatte. Um 16. Februar brach General Saint - Cyr mit der Dis viſion Pino von Villafranca gegen Igualada auf , um das Zentrum der ſpaniſchen Armee zu durchbrechen und ſie nach Tarragona zurůczuwerfen ; trieb die zu La Llacuna und S. Quinti aufgeſtellten Poſten des Generals Caſtor zurück und vereinigte ſich am Morgen des 17. bei Capellades mit den von Martorell kommenden Generalen Chabot und Chabran, in der Geſammtſtärke von nun 10,000 Mann Infanterie und
900 Pferden. Hierauf ließ er ſogleich durch den General Pino die mit dem General Chabot im lebhaften Gefechte begriffenen Spanier , die dieſen bereits zurückgedrångt und dabei den nea politaniſchen Oberſten Carascoſa gefangen genommen hatten ,
in den Flanken angreifen , wodurch man ſie aus allen ihren Tehr vortheilhaften Poſitionen bei Capellades und Pobla warf, ſo daß ſie nun ihr Heil in der -Flucht ſuchten , ihr Zentrum
durchbrochen , nach Abnahme mehrerer hundert Gefangenen, Igualada , wo man die am Morgen verlornen Gefangenen und
Verwundeten wieder befreiete, beſegt und mehrere Magazine erbeutet wurden.
General Saint-Cyr rådte darauf am 18. nebſt der Divi fion Pino von Igualada gegen das von dem ſpaniſchen Bri: gadegeneral Yrans beſekte S. Magi vor , griff dieſen am Nach mittage hier an und verdrängte deſſen Truppen aus allen ihren
günſtigen Stellungen , worauf die Diviſion Pino , nach dem bis nach Eintritt der Nacht fortdauernden Gefechte und einem langen , ſehr beſchwerlichen Marſche zu S. Magi den Bivouak bezog.
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Am 19. langte bie Diviſion Pino unter dem General
Saint-Cyr auf einem Fußpfade, durch einen gefangenen bleſſir ten ſpaniſchen Hauptmann geführt, vor dem, von den Spaniern unerwartet beſepten, ſtarken, wohlgeſchloſſenen und durch zwei kleine Artillerieſtücke, genannt violentos , aus welchen die ſpa niſchen Artilleriſten in der Minute wenigſtens zwölf Schüſſe thun , vertheidigten Poſten der Abtei von S. S. Creus an. Da deren Befakung, ungeachtet der gegen ſie gemachten Sturm: angriffsbewegungen , die zuverſichtlichſte Entſchloſſenheit zur Vertheidigung an den Tag legte und dabei ihr Feuer aus dies ſen 2 Geſchůßen eröffnete, ſo ward, vorzüglich wegen aller feh: lenden Artillerie, vom fernern Angriffe abgeſtanden , und die durch viertägige höchſt beſchwerliche Mårſche , ſowie durch die Gefechte und durch gånzlichen Mangel an Lebensmitteln er:
ſchöpfte Diviſion Pino bezog auf den öſtlich des Kloſters ge legenen Höhen den Bivouak. General Saint-Cyr brach am 20. Morgens von da auf , ging unter dem aus den drei Stod werken ſowie von der Ringmauer der Abtei auf ihn gerichtes ten lebhaften Feuer , ohne bedeutenden Verluſt an derſelben
vorüber , warf hierauf eine den Uebergang über den Gayafluß verhindernde feindliche Infanterieabtheilung auseinander, ſchritt
über ſelbigen und beſepte Villaroduna , wo er auf die dahin befehligte Diviſion Souham warten mußte , welche dort auch am 21. mit 4 Geſchüßen und ihren Munitionswagen von
Vendrell , wo ſie während dieſer Bewegungen geblieben war und nachdem ſie den Engpaß von S. Chriſtina paffirt hatte, eintraf. Gleichfalls langte auch von Villafranca das Haupt: quartier und der Chef des Generalſtabs, General Ney, hier an. Da vorzüglich der Mangel an Lebensmitteln zu Martorell, S. Sadurni , Villafranca und Vendrell, nebſt den Ungriffsvor kehrungen des ſpaniſchen Oberbefehlshabers, den General Saint Cyr zur Annäherung an die Stådte Tarragona , Reus und Valls nöthigte , welche er mit Mundvorrath verſehen glaubte, ſo hatten die am 22. gegen lettern Ort aufgebrochenen Divi:
fionen Pino und Souham die da befindlichen ſpaniſchen Trup
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pen und Somatenen vertrieben.
Inbeſſen bewegte ſich der
General Reding, der ſich durch die bei ſeiner Armee eingeführte gute Mannszucht hoch verdient gemacht und nun alle in ſpa niſchen Dienſten ſtehenden Schweizerregimenter, auf die er bei
feiner natürlichen Kühnheit vorzüglich ſein großes Vertrauen ſekte , unter ſeinen Befehlen hatte , von Tarragona , welche Feſtung dem ſpaniſchen Heere als Hauptſtůkpunkt diente , und von wo es ſeinen Mund - und Schieß - Bedarf und alle ſeine
Hilfsmittel erhielt , in der Richtung von Igualada , nachdem er dort den General Marti mit einem Theile ſeiner Truppen
zurückgelaſſen hatte. Dieſer Bewegung folgte hierauf der Gene ral Saint - Cyr mit ſeinem ganzen Armeekorps , ſobald er durch einen am 23. zur Rekognoszirung ausgeſendeten und mit dem Feinde ein Gefecht beſtandenen Truppentheil Nachricht
davon erhielt , worauf aber General Reding , zu Vermeidung eines Kampfes, in der Richtung nach Tarragona , Behufs der Vereinigung mit ſeinen übrigen dort verbliebenen Truppen, von welchen ihn indeſſen General Saint-Cyr bereits abgeſchnit: ten hatte , zurückging. In dieſer Lage blieb dem General Reding nur die Wahl, entweder eine Schlacht zu wagen, oder das Geſchúk nebſt Ge påck nach Lerida zurückzuſenden und auf einem blos Mann vor Mann gangbaren , über Prades , Selva bis Conſtanti führen : den Gebirgsfußſteig fich gleichſam durchſchleichen zu müſſen ; doch an der Spiße einer Urmee zog er den Kampf vor. Er drang daher am 25. Februar früh bei dem Dorfe Picamorons gegen die Ebene von Valls vor , bei welchen beiden Orten die
Diviſion Souham ſtand, indeſſen die des Generals Pino zu Pla , am Gebirgspaſſe von Cabra und in der Abtei S. S. Greus Stellung genommen hatte. General Reding griff hier:
auf jene an , bemachtigte ſich des Engpaſſes von Picamorons, warf die Diviſion Souham nach Vaus zurück, ließ während deſſen einen Theil ſeiner Truppen nebſt dem Geſchůß und Feld
geråth auf daš rechte Ufer des Francoli überſegen und ſchlug den Weg nach Tarragona ein.
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Nachdem der General Saint - Cyr durch die indeſſen nach
Valls befehligte Diviſion Pino Nachmittags 3 Uhr
alle
Truppen Vereinigt , ſie in vier Ungriffskolonnen formirt und ſeiner Artillerie alles Feuern verboten hatte , gingen um halb vier Uhr die beiden Diviſionen über den Francoli , erſtiegen, ungeachtet des vorzüglich gut ausgeführten feindlichen Muskes
ten - und Kanonen-Feuers, die von der ſpaniſchen Armee befekte große ſteile Bergebene, ohne , mit Ausnahme von Seiten der Tirailleurs , auch nur einen Schuß zu erwiedern und vollzogen mit größter Genauigkeit und Entſchloſſenheit ihre Bewegungen. Hierauf ergriff nach einem glånzenden Angriff der italieniſchen und des 24. der franzöſiſchen Dragoner, die ſpaniſche Kavallerie, ihre Infanterie im Stich laſſend,1 die Flucht,1 ſo daß hierbei der größte Theil der Bedeckung des Generals Reding zuſam : mengehauen wurde , indeſſen dieſer , wo es nur immer galt, ſtets brave, ſelbſt durch mehrere Såbelhiebe ſchwer verwundete General , blos durch die Großmuth eines Affiziers , der ihn
nicht tödten wollte, aber dabei ſelbſt durch einen Piſtolenſchuß 1
fiel, noch entkam .
Ungeachtet aller ungeheuren Anſtrengungen dieſes , - ſpåter noch durch zwei Schüſſe bleſſirten Generals zur Zuſammenhal tung ſeiner Truppen , überließen ſich dieſe jedoch, mit Einbuße von Geſchůz , Munition , Gepäck und einer bedeutenden Unzahl 1
Gefangener , unter denen der Kommandant der Kavallerie, der
ſpaniſche Grande Caſtel de Orius , ſo wie 10 Stabs- und 80 Subaltern - Offiziere fich befanden , der regelloſen Flucht theil weiſe nach Lerida , theilweiſe nach Tortoſa , während die größte Anzahl unter General Reding nach Tarragona fich rettete , wo dieſen nur ſeine ſchweren Wunden und der måchtige Schuß des engliſchen Konſuls vor Unbilden, dieſes unglücklichen Ereigniſſes wegen , ficherten. Der Geſammtverluſt der bei dieſer Schlacht ſtreitenden 15,000 Mann Spanier , welche bis nach Eintritt der Nacht und des andern Zages bis vor Zarragona verfolgt wurden,
belief ſich gegen 4,000 Mann , dagegen das hierbei nicht völlig
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13,000 Mann ſtarke Korps des Generals Saint - Cyr gegen 1,000 Kampfunfähige hatte. Die Diviſion Soubam nahm dieſen Tag ihre Stellung bei Reus , ſowie die des Generals Pino zu Vals , Pla und
Alcover , indeſſen General Chabot nach S. S. Creus zur Beobachtung der zu S. Coloma de Queralt. ſtehenden Divi: ſion Wimpfen detaſchirt wurde. Am 26. befekte die Diviſion Soubam Reus , in welcher
reichen und gewerbſamen , auf des Generals Reding Rath aus nahmsweiſe von ihren Einwohnern nicht verlaſſenen Stadt man
Lebensmittel und Kleidungsſtücke für die Truppen vorfand und außerdem noch eine über 100,000 Franken betragende Kriegs ſteuer erhob. Da die franzöſiſchen Kriegskaſſen , der gånzlich abgebrochenen Verbindung mit Frankreich wegen , ſchon ſeit långerer Zeit vollig leer waren , wurde dieſe Summe zu klei:
nen Abſchlagszahlungen an die von Alem entblóſ’ten Offiziere des 7. Korps verwendet.
Nachdem in den folgenden Tagen der General Saint - Cyr einige Tauſend in den Hospitalern zu Reus vorgefundene ver:
wundete und kranke Soldaten dem General Reding ausgeliefert hatte , ſchloß er mit dieſem einen Vertrag ab , vermoge deſſen in Zukunft alle in den Hospitälern angetroffene Verwundete oder Kranke nicht mehr als Kriegsgefangene betrachtet, ſondern
nach ihrer Heilung ſofort den beiderſeitigen Armeen zurückges ſendet werden ſollten . Obgleich man franzöſiſcher Seits dieſer Uebereinkunft, wegen des von der fanatiſchen Bevölkerung auf den jedesmaligen ſpaniſchen Obergeneral geltend gemachten Ein fluſſes, wenig Vertrauen ſchenkte, ſo glaubte man doch dadurch
eine Verminderung des Haſſes der Spanier gegen die Franzo ſen zu erzielen. Der General Saint - Cyr, deſſen Korps bald , in Folge
des Hungers ſowie der mangelnden Kleidungsſtücke, durch Krankheiten heimgeſucht wurde, hielt indeſſen das ſpaniſche Heer in Tarragona , wo unter felbigem anſteckende Seuchen ſchrecklich wütheten , und um dieſes dadurch nach Möglichkeit .
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zu ſchwachen , ſo lange es ihm die Umſtånde nur geſtatteten, und zwar bis Mitte Mårz , wo ihm aber ſelbſt alle Lebens: mittel zu mangeln anfingen, enge eingeſchloſſen, obgleich General Reding ihn durch Truppen ſeines linken Flügels , die noch nicht gelitten , ſowie durch Somatenen in der rechten Flanke und im Rücken beunruhigen ließ , und auch der General Chabran ,
gegen den ausdrücklichen Befehl, ſich von Igualada nach S. Quinti , La Llacuna und Villafranca zurückgezogen hatte. Dies ſes Ereigniß brachte beim 7. Korps einige Beſtürzung bervor, gleichwie auch der Umſtand, daß Barcelona durch die Diviſio
nen Wimpfen und Milans ſo wie durch eine engliſche Eskadre blokirt war. 2015 General Saint - Cyr am 18. von da nach der getreidereichen Gegend von Vich aufbrechen wollte, um nun
die ihm vom Majorgeneral bereits in den erſten Tagen des März anbefohlene, jedoch ſeinerſeits bisher aus den triftigſten
Gründen unterlaſſene Belagerung von Gerona zu beginnen, ſtieß der vom Marſchall Mortier , Herzog von Treviſo, von Fraga zur Herſtellung einer Verbindung mit Katalonien und zur Einziehung von Nachrichten in dieſer Provinz , mit 600 Mann Infanterie und Kavallerie nebſt 2 Geſchüßen detaſchirte 1
Oberſt Briche zu Momblanch, nach Ueberſtehung vieler Gefahren
und Schwierigkeiten , zu ihm , der dann auch , da er ſich nach einigen Tagen , ungeachtet des ihm werdenden Beiſtandes, von der Unmöglichkeit ſeiner Rückkehr überzeugte , der Armee von Katalonien ſich anſchließen mußte. Mittlerweile hatte, auf Bes fehl des Generals Saint - Cyr, die ganze zur Herſtellung der Verbindung mit Barcelona beſtimmte, damals 8 Bataillone und 3 Schwadronen ſtarke Diviſion Chabran , nach den am 10.
und 14. mit den bei Molins de Rey aufgeſtellten ſpaniſchen Diviſionen Wimpfen und Milans gelieferten Gefechten , wobei im erſtern die Italiener 1 Kanone und 1 Munitionswagen
und im lektern die Spanier viele Leute verloren und ſich zu :
růckzogen , die Entſegung dieſer hart bedrängten Stadt bewirkt. Dieſe Feſtung war ohnedieß am 10. durch 3 Fregatten der
engliſchen Eskadre , die aber Tags darauf des heftigen Nord
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ofts wegen die Anker zu lichten und die hohe See zu gewin nen ſich gendthigt ſahen , nicht allein beſchoſſen , ſondern auch durch ein am 14. ganz nahe der Stadt , und zwar auf die Schildwachen der Feſtung Monjui unterhaltenes Feuer der Miquelets , wodurch ſowohl die ohnehin ſehr erbitterten Ein: wohner, als auch die daſelbſt befindlichen Kriegsgefangenen zum
Aufruhr geſtimmt wurden , ſehr beunruhigt worden. Welchen hohen Patriotismus, mit der größten Verſchwie: genheit verbunden , die geſammte Einwohnerſchaft Barcelonas an den Tag legte, beweiſ't die Thatſache, daß ſie 2 Bataillone
Miquelets ins Feld geſtellt hatte , deren Mannſchaft einzeln zu Abholung ihres Soldes und ihrer Kleidungsſtücke, ſowie ihrer Rekruten in die Stadt kam , ohne daß die Franzoſen nur einen
Einzigen håtten ergreifen können. General Saint - Cyr ließ , um in dieſer kritiſchen Lage bei dem beabſichtigten Rückzuge ſowohl das Selbſtgefühl ſeiner Truppen nicht zu ſchwachen , als auch um den Spaniern jede Täuſchung von Schwäche zu benehmen, nicht allein dem ſpani fchen Obergeneral Reding in Tarragona durch einen Parlemens tairoffizier ſchriftlich anzeigen , daß er ſeinen Rückmarſch am 20. antreten würde, und daß er ihm das von ihm in Baus errichtete ſchöne Spital nebſt den vielen Kranken vorher noch übergeben wollte. Als hierauf denſelben Tag dies Spital dem mit einem Detaſchement von Tarragona in Valls eingetroffenen ſpaniſchen Offizier überwieſen worden war , trat die Armee in Gegenwart dieſes ſpaniſchen Truppentheils den Rückzug an und ſtellte ſich gegen Abend auf dem linken Ufer der Gaya zu Villarodona ſowie jenſeits Puigtinyos und zu Caſtel - Rodona, wo das Hauptquartier war, auf , und langte, am 21. den Eng paß S. Chriſtina paſſirend, zu la Bisbal und am 22. zu Villafranca an.
Da in dieſer Stadt der Magazinverwalter einen großen
Theil von dem zur Verpflegung des dortigen Militairhospitals
aufbewahrten Getreide und Mehlbetrügeriſcherweiſe verkauft hatte, ſo verſah der General Saint - Cyr es mit neuem Vors
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rath , und verurtheilte jenen in die Eiſen .
Dieſer Gene:
ral repte hierauf mit den Diviſionen Souham und Pino den Růdzug, ohne dabei von den Spaniern beunruhigt zu werden, bis hinter den Llobregat fort, während dieſe die Entfernung der franzöſiſchen Truppen von Tarragona nur dazu benugten,
die da eingeengte Maſſe von Kranken, welche eine gewiſſe Ent: muthigung erzeugt hatte, mehr auseinander zu legen , wodurch auch dieſem Uebel allmählig Einhalt gethan wurde, ſowie mit wenigen Truppen die verlaſſenen Stellungen nach und nach zu bereken .
Am 23. ward die nach ihrer am 14. bei Molins de Rey erlittenen Niederlage auf den Höhen von Tarraſa von Neuem
geſammelte und da aufgeſtellte Diviſion Wimpfen durch den General Pino angegriffen und völlig in die Flucht geſchlagen, ſowie bis in die nahen Gebirge von Manreſa verfolgt, und hierbei nicht allein die beim Gefecht am 10. bei Molins de Rey verloren gegangene Kanone und Munitionswagen wieder erobert , ſondern auch aus der Gegend von Manreſa Lebens mittel für die Armee , um die Magazine Kataloniens nicht zu ſchmålern , herbeigeſchafft. Während des vom General Saint - Cyr bis zum 15. April
in Barcelona verlängerten Aufenthalts überzeugte ſich dieſer, daß die von ihm anhergeſendeten Lebensmittel an Getreide, Salz und dürrem Gemüſe zu einer dreimonatlichen Verpflegung der Garniſon , daß jedoch Pulver und Schießbedarf nicht zu einer vierzehntägigen Belagerung hinreichen würden. Da die, obgleich unterworfenen Bewohner dieſer Hauptſtadt in den treueſten Geſinnungen für Ferdinand VII. , und ſowohl die
öffentlichen Beamten, als auch die früher da angeſtellt geweſe nen Militairs aller Grade , in ihrer Weigerung , dem König Soſeph den Eid der Treue zu leiſten , beharrten , und als die
legtern fortan als Kriegsgefangene zu verbleiben vorzogen , ſo ließ der Obergeneral, nachdem er ſeine Kranken und Verwun
deten in Barcelona untergebracht hatte, die Diviſion Lechi nach Granollers abmarſchiren und ſtatt derſelben die des Generals
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Chabran als Beſaßung in jener Stadt zurück. Er führte hierauf bei ſeinem Aufbruche mit dem auf 4 Tage mit Lebens
mitteln verſehenen Urmeekorps am 15. April die ungefähr 2,000 Mann betragenden ſpaniſchen Gefangenen mit fich fort, indem dieſe eine laft und Unſicherheit für dieſen Plaß erzeug
ten , und befekte dieſen Tag die bei Granollers am Congoſt gelegene Stellung. Hierauf paſſirte er am 16. den langen und furchtbaren Engpaß von la Carriga , nachdem er die ihn bes fekt haltenden Somatenen und Miquelets von hier nach kurzem von allen Seiten auf ſie geſchehenen Angriffe verjagt hatte, oba gleich dieſe die dort angebrachten Minen , jedoch ohne Erfolg, ſpringen ließen. Am 17. und 18. befekte das Urmeekorps Centellas, S. Martin , Tona , Collfespina , Vich , ſowie Manlleu und Roda am Ter , S. Eularia , S. Sebaſtian und Gurp. In Vich waren die Einwohner entflohen , bis auf die Kranken , wenige Greiſe und den würdigen Biſchof, Herrn von Veyan , welcher durch Menſchlichkeit ſich ausnahmsweiſe vor der kataloniſchen Geiſtlichkeit auszeichnete und der mit der höchſten Lebensverachtung dem jungen kriegsgefangenen Prinzen von Salm , trok der Wuth und des Rachegeſchreies des Póbels,
durch Aufnahme in ſein Haus und durch deſſen Entfernung das Leben rettete , ſo daß dieſer wenige Monate ſpåter ausges wechſelt wurde. Inzwiſchen fand man in dem Orte, zum Un terhalte der Truppen auf einige Zeit, Getreide, Wein und Speck. Jedoch bereits nach ungefähr fünf Tagen zählte das Urmeekorps, in Folge der veränderten Temperatur, der kalten Nächte , bei de
nen der Soldat nicht einmal eine Decke hatte , gegen 500 Kranke ; eben ſo verhältnißmäßig die ſpaniſchen Kriegsge 1
fangenen .
Dieſe Gefangenen wurden am 24. durch die Diviſion Lechi über Roda , S. Feliu de Pallerols nach Beſalu u. f. w.
transportirt, obgleich die Miquelets und Somatenen auf dem durch die rauhen Gebirgsgegenden führenden Marſche von Zeit zu Zeit die Kolonne von allen Seiten heftig angriffen und durch ihr Feuer ohne Unterſchied ſowohl ſpaniſche Gefangene 22
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als Franzoſen tódteten. Dann wurden ſie dem an der Flu :
via ſtehenden General Reillé zum weitern Transport nach
Frankreich übergeben , worauf General Lechi wieder zum Ge neral Saint - Cyr glücklich zurückkehrte. Sechs , von dieſem General inzwiſchen nach Barcelona entſendete Bataillone trafen , mit Zurüdlaſſung eines einzigen dort , am 11. Mai beim Ur:
meekorps wieder ein , und dieſe Feſtung war während deſſen durch eine von Toulon ausgelaufene franzöſiſche Eskadre un: ter dem Contreadmiral Cusmao , ungeachtet der vor ihr kreu
zenden engliſchen Schiffe , ſowohl mit Mehl , als auch mit Pulver verſehen worden ; Cosmao gelangte dann ohne Unfall I
wieder nach Toulon zurück. Des Generals Saint - Cyr eifrige
Sorge war nun , die Belagerung von Gerona zu beginnen, weshalb er am 12. den General Lechi theils zur Herſtellung 1
der Verbindung mit dem General Reillé , den er ſchon vor
dieſer Feſtung glaubte , und der ungeſäumt mit den Belagerungs operationen beginnen ſollte, theils zur Rekognoszirung der Ge: gend abſendete, der jedoch, dem Befehle gemäß , ſofort wieder zu ihm zurückkehrte, indem der General Marquez de Coupigny nebſt dem General Blake ſeit einigen Tagen die Diviſionen Souham und Pino durch wiederholte Ungriffe beunruhigte. Der General de Coupigny war nåmlich dem General Ludwig Re ding, nachdem diefer tapfere, geſchickte und thátige Anführer, def fen große Seele in dieſem erbitterten Volkskampfe ſich niemals
verlåugnete, der deshalb der Retter ſo vieler in ſeine Hände fallen den Verwundeten und Kriegsgefangenen wurde und deſſen Anden ken in Spaniens Geſchichte gefeiert bleibt, mittlerweile zu Tarra gona an ſeinen in der Schlacht bei Vals erhaltenen Wunden und an der in jener Feſtung herrſchenden Seuche ruhmvou ſein Leben geendet hatte , im Oberkommando der ſpaniſchen Armee in Katalonien gefolgt.
Indeſſen war im Monat April 1809 eine Brigade von 5 Bataillonen Franzoſen und 1 Bataillon Walliſer, zuſammen ungefähr 4,600 Mann ſtark , unter dem General Guillot, ſowie am 14. dieſes Monats die des Generals Amey , beſtehend
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Der 条
aus dem 1. und 2. Regiment bergiſcher Truppen , ungefähr 3,000 Mann , 1 Regiment Würzburger, gegen 1,500 Mann und das Bataillon der Prinzen , *) höchſtens 840 Mann, als Verſtärkung zum 7. Korps geſtoßen. Dieſe beiden Bri gaben kamen als eine Diviſion unter die Befehle des Gene: 1
rals Verdier und bezogen ſofort die Vorpoſten jenſeits der
Fluvia.
Dieſe Truppen hatten theilweiſe bald von Zeit zu
Zeit Gefechte mit den bewaffneten Kataloniern zu beſtehen,
von welchen das bedeutendſte mit einer Kompagnie Berger bei Dedung einer Fouragirung gegen den untern Terfluß vorfiel, wobei ſie gegen die weitüberlegenen Feinde eine Anzahl Todte und Berwundete verlor. Gleichfalls langten am 2. Mai weft:
phåliſche Truppen in Katalonien an. Die Stårke dieſer Dis viſion , zu welcher 2 Batterien gehörten , betrug ungefähr 6,000 Mann und wurde von dem General Morio befehligt.
TIM
Am
nåmlichen Tage rückte General Verdier zur Verftårkung der Beobachtungstruppen von Gerona unter General Reille und zwar die Brigade Guillot nach Bañolas und Bascara ,1 ſowie die bergiſchen nach Medina , wo ſie zum General Reillé ſtießen, und das Regiment Würzburger nebſt dem Bataillon der Prins zen gegen den untern Ter zur Deckung der linken Flanke vor. Hierauf erfolgte am 8. Mai die Berennung von Gerona, nach dem die Spanier gegen Abend dieſes Tages in die Werke und in die Stadt zurückgetrieben worden waren. Da indeſſen meha rere nahe an der Ausmündung des Terfluſſes gelegene Derter dem von ſpaniſchen Truppen unterſtükten kataloniſchen Volks. aufſtande zu Vereinigungspunkten dienten und dadurch die Sicherheit der Straße bedroht war , ſo wurden nach jenen
1
l
} ,
*) Dieſes aus 1 Kompagnie von Schwarzburg Rudolſtadt , 1 Rom pagnie Schwarzburg - Sondershauſen , 1 Rompagnie Lippe - Det: mold 1, 1 Kompagnie Sdhaumburg- Lippe , 1 Kompagnie Waldeck und 1 Kompagnie Reuß zuſammengeſepte Bataillon ſtand unter den Befehlen des ſchwarzburg - rudolſtådtiſchen Oberſten von Brockenburg. 22 *
340
Gegenden Rekognoszirungen unternommen . Hierbei und zwar am 11. Mai hatte der Oberſt von Brockenburg mit dem groß:
ten Theile des Bataillons der Prinzen , indem die Kom pagnie Waldeck von ihm detaſchirt war , Gelegenheit, ſich durch ſeine eben ſo beſonnene als entſchloſſene Führung aus:
zuzeichnen , da er dieſen Tag das von feindlicher Uebermacht
beſepte, unweit der Mündung des Ter gelegene Dorf Gualter ſtürmend nahm und dabei eine Kanone eroberte. Das Ba
taillon zåhlte hierbei nur 11 Verwundete, wogegen der Feind über 100 Todte auf dem Plake ließ und außerdem noch 7 gefangene Offiziere verlor , die ausnahmsweiſe ihr Leben blos
der deutſchen Großmuth zu verdanken hatten, indem, als Wies dervergeltung für ſeine unaufhörlichen Grauſamkeiten, den Trup pen der ausdrückliche Befehl, keinen Pardon zu geben , ertheilt worden war.
Indeſſen hatte , auf Napoleons Befehl, der General Verdier den General Reillé im Kommando abgelöſt, der Ge neral Sanſon vom Genieweſen die Leitung der Belagerung von Gerona , General Daviel den Befehr über die Artillerie
und General Saint - Cyr die Nachricht erhalten, daß ihn Mars ſchall Uugereau, Herzog von Caſtiglione, im Kommando ablå ſen würde.
Der General Saint-Cyr ſtellte dem General Verdier, indem er ihm zugleich die Beſchleunigung der Belagerung von Gerona anbefahl , außer ſeinen ihm bereits überlaſſenen Kanonieren,
Sappeurs und verfügbaren Artilleriepferden, am 22. Mai noch den General Lechi mit 3,000 Mann zur Verfügung, ſo daß
des Generals Verdier Streitkråfte , beſtehend aus Franzoſen , Italienern , Walliſern , Weſtphalen , Bergern , 1 Regiment Würzburgern und aus dem Bataillon der Prinzen, auf 18,000 Mann ſtiegen , indeſſen ſich das Beobachtungskorps unter -Ges .
neral Saint - Cyr bis auf 12,000 Mann verminderte , mit
welchen Truppen er bei Vich ſtehen blieb , und dort tåglich mit den Spaniern Gefechte , obſchon zu ſeinen Gunſten , doch für beide Theile erfolglos, zu beſtehen hatte.
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Da die proviſoriſche Regierung, zur Erzielung der Einheit bei den Operationen, dem General Don Joachim Blake, einem gebornen Irländer , welcher gegen den in Aragonien befehligen den General Suchet bei Alcaniz ein glückliches , obgleich unbe deutendes Gefecht, beſtanden hatte , den Oberbefehl in Katalo :
nien ſowie in den Königreichen Valencia und Uragonien über: trug, ſo kehrte diefer, nachdem er , um die Franzoſen aus Sa: ragoſſa zu vertreiben , auf das Uragonien beſert haltende 3.
Korps einen mißglückten Angriff unternommen und dabei
gro
Ben Verluſt erlitten hatte, nach Katalonien zurück um Gerona zu entſeken , noch mehr zu verproviantiren , und die Garniſon zu verſterken.
Indeſſen war ein in der Nacht auf den 1. Juni gemach ter Verſuch der Spanier , Barcelona zu nehmen ,
obgleich
dabei durch engliſche Kriegsſchiffe und durch die Verråtherei eines italieniſchen Kapitains unterſtüßt , vódig geſcheitert. Der General Saint - Cyr, das Vorhaben des Generals Blake errathend ,1 hatte am 8. Juni unter ficherer Eskorte ſeine Vera
wundeten und Kranken , ſowie die nach Vich mitgenommene Artillerie nebſt allen Transportkarren , um auf den blos gang baren Fußpfaden fich Gerona zu nähern und deſſen Belagerungs 1
artillerie zu decken , nach Barcelona abgeſendet, deſſen Beſagung ſich nun dadurch auf 9 Bataillone, 1 Kůraſſierregiment,1 ge gen 3,000 Verwundete und Kranke , von denen täglich ein Theil wieder unter das Gewehr trat , ſowie 200 Beamte erhöhte. Hierauf bracher am 18. Juni mit den Diviſionen Soubam und Pino von Vich auf und traf über S. Julia und
unter S. Sadurni de Pſor, S. Hilario und S. Coloma de es , am 20. Juni zu Caldas de Malavella ein. Auf dies
ſem Marſche wurden drei ſpaniſche Bataillone zurückgeworfen und zwiſchen beiden Orten gegen 1,200 Stück nach Gerona beſtimmte Ochſen erbeutet, wodurch nun die Mannſchaft das
ſo lange entbehrte Fleiſch erhielt. General Saint - Cyr nahm ſein Hauptquartier zu Caldas de Malavella und beſepte eine Linie , die , mit ihrem rechten Flügel vorwärts Brunola auf
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die Oña geſtüßt, ſich über Caſtanet, S. Coloma de Farnes, Riu de Arenas , La Mallorquina, Vidreras und S. Grau bis S. Feliu de Quirols , deſſen Hafen der Sammelplat der ſpa
niſchen Kaper war , und von wo am 21. die Spanier , unge: achtet des tapferſten Widerſtandes, vertrieben wurden, ausdehnte. .
Mittlerweile hatte der ſeit dem 8. Juni mit den Bela
gerungsarbeiten von Gerona beſchäftigte General Verdier dem
dortigen Gouverneur , Don Mariano Alvarez , ám 13. Juni durch einen Parlementairoffizier den Antrag zur Uebergabe mit freiem Abzug aus dieſer Feſte gemacht, jedoch von ihm die Antwort erhalten , daß er mit den Franzoſen nie anders als durch die Mündungen ſeiner Kanonen unterhandeln und von
nun an auf jeden mit Untrågen zur Ergebung fich nahenden Offizier ohne Weiteres Feuer geben laſſen würde. Die von ungefähr 14,000 Seelen bewohnte Feſtung Ges rona , aus welcher nur eine Anzahl Greiſe, Meiber und Kin
der ausgewandert, war durch ihre Bevölkerung zu einer moga lichſt hartnäckigen Gegenwehr hergeſtellt worden. Ihre Werke wurden durch 180 Geſchůke vertheidigt , von denen ein Dritt: theil aus Wurfgeſchůk beſtand. Sie war auf acht Monate mit allen Kriegs- und auf vier Monate mit Mund - Bedürf
niſſen verſehen worden ,. indeſſen ihre Garniſon nur aus 3,000 Mann ſpaniſcher Linientruppen und aus 3,000 Mann Búr
germilitår beſtand , welches legtere man in 10 Kompagnien eingetheilt hatte , unter dieſen 2 Kompagnien Artillerie, die aus den angeſehenſten Einwohnern gebildet waren. Die geſammte Bevölkerung, von denen die månnliche die abgebenden Strei I
ter ſtets erfekte, war kriegeriſch eingetheilt , hatte ihre beſtimm ten Verrichtungen , ſowie großentheils Geiſtliche zu ihren an: führern , und dabei den Eid , nie von Kapitulation zu ſprechen, und daß im Falle der Uebertretung der Schuldige die Jodes ſtrafe erleiden ſollte , beſchworen ; gleichwie von ihnen ein Ges fek , wornach Seder , ohne Ausnahme, der ſich nicht willig al len ihm möglichen Anforderungen zur Bertheidigung des Planes
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unterzoge , dem ſtårkſten Feuer der Feinde preisgegeben werden follte, einſtimmig angenommen worden war. Eine Anzahl hochherziger Frauen bildete die ſtarken Kom
pagnien der heiligen Barbara , die verpflichtet waren , immer I
in der Nähe der höchſten Gefahr zu ſeyn und ſo die Dienſt
thuenden und Kämpfenden in den Werken möglichſt zu unter ſtúßen und ihnen Munition und Lebensmittel herbeizuſchaffen , ſowie die Verwundeten in Sicherheit zu bringen und ihnen die erſten Verbände anzulegen .
Indeſſen hatte General Verdier am 19. und 21. Juni drei in Mauerwerk aufgeführte , das Fort Monjui deckende Redouten und zwar die erſte durch franzöſiſche Truppen , die zweite durch bergiſche und die dritte durch die würzburgiſchen,
nach vorgefundener geringen Gegenwehr ſtürmend genommen ; dagegen einen empfindlichen Verluſt durch die Wegnahme einer mit Bedeckung verſehenen Zufuhr von Transportkarren ſowie von 120 Artilleriepferden von Seiten des unternehmenden
Oberſten , Doktors Rovira , welcher ungefähr 3,000 Miquelets uno Somatenen befehligte, erlitten. Deßhalb mußte ihm Ge neral Saint-Cyr, zur Fortſegung der Belagerung, ſeine råmmt: lichen zur Beſpannung des Geſchůbes nicht gehörigen Pferde, 300 an der Zahl , abgeben.
Zu dieſer Zeit war Marſchal Augereau , Herzog von Caſtiglione, zur Kommandoübernahme des 7. Urmeekorps in Katalonien , wo er im Jahre 1794 einen glücklichen Krieg ge führt hatte , zu Perpignan eingetroffen , und erließ nun zuvor von dort aus an die Katalonier eine auf günſtige Stimmung der Gemüther für den neuen König Joſeph berechnete Proklamation, die durch Abgeordnete, unter Eskorte eines Bataillons, in den
kataloniſchen Dörfern angeſchlagen werden ſollte. Doch wurde dieſes Detaſchement bereits am 6. July auf der Grenze, nach dem es nur zum Theil ſeinen Zweck hatte erreichen können, von den Spaniern bei S. Lorenzo geſchlagen und zerſprengt,
ſo daß nur wenige nach Perpignan entkamen.
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Da jedoch ben Marſchau Lugereau in jener Stadt ein
Krankheitsanfall den Oberbefehl zu übernehmen hinderte, ſo blieb dieſer hinfort proviſoriſch in den Händen des Generals Saint Cyr. Cümålig naheten ſich nun die ſpaniſchen Truppen den Stellungen dieſes Generals , dabei jedoch jedes Gefecht vermei dend. Hierbei mußte ſich dieſer noch durch eine nothwendige
Detaſchirung einer Brigade der Diviſion Souham nach der Gegend von Bañolas, zur Unterhaltung der Verbindung mit Figueras , ſchwachen , wohin die Verwundeten und Kranken .
gebracht und von wober Mund- und Schieß -Bedarf herbeige
ſchafft wurde , und deſſenungeachtet machten die Miquelets und Somatenen die Straße bis zur franzöſiſchen Grenze höchſt unſicher.
Um 5. Juli erhielt der General Fontana den Befehl, fich
der befeſtigten Stadt Palamos zu bemachtigen , welche eine Halbinſel bildet , die Verbindung der Garniſon Geronas mit Tarragona erleichterte, und welche durch Linientruppen und eine Menge hier verſchanzter Somatenen unter patriotiſchen tapferen , rühmlichſt bekannten Anführern , als z. B. dem Oberſten Sabrera , fowie durch 20 von erfahrnen Artille
riſten bediente Kanonen vertheidigt wurde , während den Ha fen ſpaniſche und engliſche Kanonierſchaluppen ſchütten. Er vollführte dies dadurch , daß er dieſen feſten Plaß , nach drei vorangegangenen vergeblichen Kapitulationsaufforderungen und nachdem bei der lekten die Spanier , gegen alles Völkerrecht, den Parlementår durch einen Kartåtſchenſchuß getódtet hat:
ten , durch das 2. leichte italieniſche Infanterieregiment , wels ches durch ein lebhaftes und gut geleitetes Geſchütfeuer, ſowie durch zwei Schwadronen von Napoleon Dragoner unterſtübt ward , ſtúrmend nahm , wobei die , ſowohl Stadt als Ver ſchanzungen , Schritt vor Schritt auf das Hartnäckigſte ver: theidigenden Feinde bis auf wenige, die ſich in das Meer ſtürz ten und ſpåter in Gefangenſchaft geriethen , niedergemacht wur Dieſes blutige Beiſpiel ſchreckte auch mehrere Städte ben. von ähnlicher Vertheidigung ab.
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Indeſſen erzeugten beim 7. Korps die unaufhörlichen Ents behrungen und Strapazen verheerende Krankheiten ,/ gleichwie auch Neigung zur Deſertion , die zu ſeiner Zuflöſung håtte führen können , wenn nicht die Mannſchaft durch die von den
Feinden an den in ihre Gewalt fallenden Verwundeten, Kran ken und Gefangenen begangenen , empörenden Grauſamkeiten hiervon zurückgeſchreckt worden wäre. Das Belagerungskorps von Gerona hatte indeſſen eine Bat: terie, die kaiſerliche, und von den Belagerten die Teufelsbatterie
genannt, von 25 Geſchüßen gegen das Fort Monjui vollendet, und durch deren am 3. Juli begonnenes Feuer binnen zwei Sagen eine von dem Geniebataillonschef Fleury als gangbar
erkannte Breſche bewerkſtelligt. Hierauf ließ der General Ver dier nach vier Tagen, welche aber die Belagerten benugt hatten , hinter der Breſche, zur Erſchwerung des Zugangs, Verſchanzun gen anzulegen und ſie mit ſpaniſchen Reitern zu umgeben, auf die fes Fort am 8. Juli Morgens drei Viertel auf 4 Uhr durch
franzöſiſche, weſtphåliſche, bergiſche und würzburgiſche Eliten kompagnien , zuſammen ungefähr 3,500 Mann, zwei morderi ſche Stürme unternehmen. Als ſie die Breſche erſtiegen und auf derſelben eine Stunde hindurch mit Wundern von Tapfer keit und ſeltener Ausdauer ein furchtbar verheerendes Geſchůt
und Kleingewehr-Feuer ausgehalten hatten, ſahen ſie ſich durch den rühmlichen Zoo faſt ſåmmtlicher Anführer aller Leitung
beraubt und ſtanden von ferneren Angriffen ab. Bei die fem Blutbade beſtand der Verluſt in 1,600 bis gegen 2,200 Mann, unter denen 900 Kampfunfähige waren . Der General Verdier ſtellte darauf an den Kommandanten des Forts Mon: jui, Oberſten Blas das Furnas, durch einen Parlementair, wel:
chem man ausnahmsweiſe , ſeines Auftrags ſich zu entledigen, verſtattete, das Geſuch , daß die im Graben des Monjui lies gende Menge Verwundeter herausgezogen werden dürfte. Die
fer jedoch gab blos die kalte Antwort : es ſollte dafür ge ſorgt werden , daß keiner derſelben in einer Viertelſtunde mehr lebe.
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Doch, gleichſam als Wiedervergeltung für dieſe Unmenſch lichkeit, flog kurz hierauf der baſtionirte Thurm von S. Jo
hann , fey es durch eine in das Pulvermagazin geworfene Bombe , oder durch Fahrläſſigkeit, in die Luft, unter feinen Trümmern die ſpaniſche Befaßung begrabend , von der nur we: nige wieder lebendig aus dem Schutte hervorgezogen wurden. Indeſſen machten bereits ſeit drei Tagen bei Hoſtalrich lagernde ſpaniſche Truppen wiederholte Angriffe auf die Dis viſion Pino, um deren Uufmerkſamkeit von der Belagerung Gez ronas abzulenken und ſo dieſe Feſte deſto leichter mit Mann: fchaft verſtärken zu können , und verſuchten hierauf , das leştere Vorhaben am 9. Juli Morgens mit 1,500 -Grenadieren uns
ter den Befehlen des engliſchen Oberſten Marſchall auszufüh= Aber obgleich ſie bereits die Linie des Generals Pino durchſchlichen und hinter ſich hatten , ſo wurden doch am 10.
ren.
zwei Dritttheile davon durch eine Abtheilung dieſes Generals
gefangen genommen und nach Frankreich transportirt, während der übrige Theil ſich zerſtreute. Da von den Spaniern zu la Junquera ein Pulvertrans port weggenommen worden war, ſo hatte die bereits früher er :
wähnte, zur Unterhaltung der Verbindung des Generals Ber: dier mit der franzöſiſchen Grenze detaſchirte, Brigade der Di: viſion Souham am 12. bei Bañolas fich aufgeſtellt und der die Belagerung von Gerona ungeſtört fortſegende General Ver : dier die Höhen von S. Llorens de la Muga durch des Ge nerals Guillot unvollzählige Brigade befeßen taſſen .
Am 2. Auguſt bemächtigten ſich 4 würzburgiſche und bergiſche Elitenkompagnien des Belagerungskorps von Gerona
des verſchanzten mit einer Anzahl Verwundeter , vielen -Medi: kamenten und Lebensmitteln angefüllten Kloſters zum heiligen Daniel , wodurch die Eroberung des Forts Monjui , da dieſes alsbald die Verbindung mit der Stadt verlor, beſchleunigt wurde. Nachdem am 4. Auguft der Halbmond des Monjui durch die franzöſiſchen Eliten vom 4. Bataillon des 2. und 56. Re: giments erſtürmt und dieſen Tag eine Kolonne von 200 Mann, .
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welche die Feſtungsgarniſon verſtärken ſollten , bei ihrem beab ſichtigten Eindringen nach Gerona , gefangen genommen , das gegen am 5. das von 3,000 Mann Miquelets und Soma:
tenen , ſowie 200 Mann Kavallerie angegriffene, in Bascara zur Deckung der Straße von Figueras nach Bellgarde aufge ſtellte Bataillon vom 32. Regiment nach Gerona zurůdges trieben worden war, wurde bereits am 11. Abends eine gang bare Breſche zur Wegnahme des Monjui geſchoſſen. Hierauf wollte man ſich dieſes Forts am 12. Morgens durch 2 Deta ſchements, jedes von 1,000 bis 1,200 Mann , die man nicht
vom Belagerungskorps, ſondern aus den beiden Beobachtungs diviſionen genommen hatte , im Sturme bemachtigen. Doch nach einem von den Spaniern am 11. Abends gemachten Uusfalle überzeugten ſie ſich von der Unhaltbarkeit des Mon jui, ſprengten eiligſt deſſen Magazine in die Luft und zogen fich wieder nach Gerona zurück, worauf die Belagerungs truppen dieſes Fort beſegten , und darin noch 46 Zentner Pulver nebſt 18 vernagelten Geſchüßen, jedoch die Ziſterne durch hineingeworfene Leichname verpeſtet, fanden . Obgleich es am 15. Auguſt einer von Olot unter dem
Oberſten Doktor Rovira entſendeten , 800 Mann ſtarken , ſpa: niſchen Kolonne mißglückte, ſich durch die Diviſion Souham den Weg nach Gerona zu bahnen, und ſie zurückgetrieben wor : den war, fo gelang es ihr doch am folgenden Tage, da ihr das
Feldgeſchrei verrathen ward, durch die weſtphäliſche Diviſion in die Feſtung einzubringen. Uebrigens hatten Hunger , Mangel an geſundem Waſſer und die unter der drückendſten Hiße zu beſtehenden großen Anſtrengungen , bei den deutſchen Truppen überdieß noch die Ungewohnheit des Klimas , mittlerweile, be: ſonders aber im Auguft, die Krankheiten dermaßen geſteigert, und dadurch die Reihen der um und in der Nähe Geronas
ſtehenden Truppen des 7. Korps in ſolchem Grade gelichtet, daß jedes Bataillon durchſchnittlich kaum noch 300 Mann zählte. Indeſſen war auch Geronas Lage ſehr bedrångt gewor
den . Waren auch die Sturmlücken noch nicht völlig gangbar,
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ſo hatten dagegen die große Wärme , der Mangel an gutem Trinkwaſſer, der höchft angeſtrengte Dienſt und das große Elend
einer Menge Bewohner , deren Gebäude durch das Bombarde: ment verwüſtet worden und die deßhalb in dumpfen Kellern liegen mußten, eine dahinraffende Seuche erzeugt, die Zahl der
Streitbaren war zuſammengeſchmolzen, gleichwie die Lebensmit tel , indem bereits alle Thiere aufgezehrt waren ; der General Alvarez ertheilte daher den Befehl, daß Jeder , welcher les bensmittel verbergen oder fich dem Dienſte auf dem Wall ent
ziehen würde, zur Strafe eine Stunde gefeſſelt in die Lücken der Breſchbatterien gelegt werden ſollte. Dieſes ſchreckliche Beiſpiel ward denn auch wirklich an Don Pujades , einem al ten reichen Landedelmanne vollzogen , welchen man nachher,
obgleich er von den zahlreichen Geſchůkkugeln unverſehrt ge blieben war , ganz ohne Bewußtſeyn wieder aus der Breſche herausnahm und der bald darauf ſtarb.
Durch die bedenkliche Lage Geronas ſowie die dringenden Vorſtellungen des Gouverneurs und ſeiner Bewohner veran:
laßt, ſuchten nun die ſpaniſchen Generale zur Befreiung dieſes
Plakes alle ihre Streitkräfte zu vereinigen, wogegen dem Ge: neral Saint- Cyr, der ſeit dem 10. Auguſt ſein Hauptquartier zu Fornells hatte, die Belagerungsdiviſion ungerechnet, snur 10,000 Mann zum Kampfe verfügbar blieben.
Hierauf wurde auch am 30. Auguſt die Diviſion Souham, welche Brunola 1, als den befeſtigten Hauptpunkt von des Ge nerals Saint - Cyr Aufſtellung, befekt hielt, durch den General
Sarsfield in der Fronte heftig angegriffen , während die Divi ſion O'Donell ſie umging und dadurch von der Diviſion Pino trennte , gleichwie endlich auch die Diviſion Claros die Rúd:
zugslinie derſelben auf dem rechten Flügel abſchnitt. Nach mehr: ſtündiger tapferer Gegenwelr , bei welcher ſich vorzüglich ein Bataillon vom 1. Regiment auszeichnete, wurde dieſer, obgleich von der Hauptſtärke des Generals Souham vertheidigte Ort von den Spaniern im Sturm genommen , und die Diviſion Souham , mit Verluſt von 4 Kanonen und vielen Gefangenen, 1
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gegen Fornells zurückgedrångt.
Jedoch fiel gegen Abend bie
ſes Tages, nach wiederhergeſtellter Verbindung mit dem Genes
ral Pino und nach achtſtündigem anhaltenden Kampfe, Bru nola wieder in franzöſiſche Hände. Um 1. September hatte General Saint-Cyr ſeine Truppen auf folgenden Punkten aufgeſtellt. Die vereinigte Diviſion Soubam ſtand auf dem linken Ufer der Dña , und zwar auf
der Höhe von S. Dalmay und Salitja , ihr linker Flügel bei dem auf der Straße von Barcelona gelegenen Meierhofe von Hoſtalnou, indeſſen die ganze Diviſion Pino mit ihrem rechten ſich an dieſe Straße anlehnte , und ihr linker fich hinter Riudel lots de la Selva gegen den Jñafluß hin ausdehnte. A1s Reſerve dieſer beiden Diviſionen dienten die vom General Ver
dier von Gerona herbeigeführten dort nur einigermaßen ent behrlich ſcheinenden Truppen des Belagerungskorps. Die ſchwache Diviſion Lechi hielt Salt befekt und die Weſtphalen blieben in ihrem Lager bei S. Pons. Alſo betrug die den Spaniern vereint gegenüber geſtellte Macht nur etwa 12,000 Mann .
Der General Blake aber, um die nothgedrungene Verpro viantirung Geronas zu bewerkſtelligen und dieſe doch nicht, bei dem moraliſchen Uebergewichte ſeiner Gegner, durch den mögli chen Verluſt eines Treffens auf das Spiel zu feßen , ſuchte dieſen Tag durch Lift ſeinen Zweck auf folgende Weiſe zu er reichen , und ſah auch ſeinen Plan durch das Gelingen voll kommen gekrönt. Während nåmlich die zwei leichten ſpaniſchen Diviſionen Sarsfield und Milans die franzöſiſche Fronte im Schach hiel ten , griff Claros die Vorpoſten der Weſtphalen an und warf fie von S. Medir gegen Saria zurück ; jedoch wurde jener Ort von den zuſammengerückten weſtphäliſchen Truppen wieder ge nommen . Das Gefecht dehnte ſich nun von da nach Monta
gut und dem grünen Hügel aus, auf welchem eine Breſchbatterie errichtet war ; indeſſen wurden , nach wiederholten Angriffen 1
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von Seiten Claros , beide Punkte den Weſtphalen, ungeachtet der tapferſten Vertheidigung, nachdem ihr General Hadeln ge blieben war, nebſt ihren Lagern, ihrem in der Ebene von Salt befindlichen Gepäck und dem Geſchüte jenes Hügels entriſſen,
Saria jedoch , der Schlüſſel der Umſchließung, trok aller an geſtrengten Verſuche von Seiten der Spanier , durch den , ob gleich kranken , weſtphåliſchen General von Ochs mit ſeinen braven Truppen unausgeſekt ſtandhaft behauptet. Der Ge neral O'Donell, der während deſſen Brunola umgangen hatte, trieb den im Wege nach Vilarareir aufgeſtellten franzöſiſchen Poſten zurück, und griff, da General Blake ihm inzwiſchen nach: folgte, die nur 7 ſchwache Bataillone ſtarke Diviſion Lechi, welche, in Abweſenheit ihres Generals, von dem General Milloſſe with befehligt wurde , an und drångte dieſe endlich , als auch der Brigadier Garcia Condé nebſt 3,000 Mann am Ter an gelangt war, nach tapfrer Gegenwehr, mit unbedeutendem Vers
luſte gegen Fornells zurück. Hierauf führte der Brigadier Condé die zu Amer verſammelten 3,000 Mann Verſtärkungstruppen nebſt 1,500 mit Mund- und Kriegs- Bedarf beladenen Maulthie ren über den Terfluß auf höchſt beſchwerlichen Fußpfaden nach Gerona , während die Hauptmacht des Generals Saint - Cyr, durch den gegen Fornells und La Tiona Front machenden General O'Donell bedroht, und durch die Diviſionen Sarsfield
und Milans auf der andern Seite beſchäftigt, zu keinem feſten Entſchluß kommen konnte.
Mittlerweile hatte der General Don Alvarez einen glück lichen Ausfall auf den Monjuiberg gemacht und die Spanier befekten die von den Belagerern verlaſſenen Kloſter S. Da niel und der heiligen Engel , wo ſie in jenem 500 Kranke unterbrachten und zugleich alle Stampfunfähigen aus Gerona entfernten. Nach dieſen Vorfällen ging General Verdier be fohlnermaßen noch in der Nacht vom 1. zum 2. über den Ter auf deſſen linke $ Ufer nach Saria in ſeine frühern Stellungen zurück. Da der General Blake feinen Entzweck vollkommen er
reicht,und Gerona nun bis in die erſten Novembertage mit
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Lebensmitteln verſehen hatte, ſo trat er noch in derſelben Nacht ſeinen Růckzug an , obgleich der Feſtungsgouverneur, Don Al
varez , da in dem innern Feſtungswall bereits faſt gangbare Breſchen vorhanden und das Elend der Beſaßung und Be
wohner, die täglich blos eine Ration wurmwimmelnder Bohnen und ein wenig ſchlechtes Brod erhielten , unbeſchreiblich waren, den vollen Entſak des plages von ihm ſicher gehofft hatte.
Vergebens erwartete auch General Saint-Cyr am 2. Sep tember mit den bei Hoſtalnou an der Dña verſammelten 21 Bataillonen , die ungefähr 8,000 kampffähige Mann zählten ,
ſeinen Angriff, wozu er ihn überdieß durch Demonſtrationen zu bewegen verſuchte. Dagegen verließ der General Condé mit ungefähr 1,500 Mann Infanterie und Kavallerie .und 1,500 Maulthieren am 4. gegen Tagesanbruch Gerona wieder
und entkam glücklich, ungeachtet aller vom General Saint- Cyr .
angeordneten Verhinderungsmaaßregeln . Sedoch blieb General
O'Donell, zur Deckung der von den Belagerten angefangenen Demolirungen der Werke und Aufråumen der Breſchen , nocy bis zum 5. vor Gerona ſtehen , welchen Tag er ſeinen Abzug, nach einem unbedeutenden Arriergardegefechte, ohne Verluſt ge
gen Caldas zum General Blake vollführte. Uuf Nachſuchen des Generals Verdier wurde deſſen Bes lagerungsdiviſion noch durch die Brigade Mazuchelli verſtärkt; die Weſtphalen als Deckung links dem Zerfluß verwendet ; die alten Breſchbatterien von neuem erbaut ; das Kloſter S. Daniel wieder befekt und jene 500 bort untergebrachten kran
ken Spanier "nach Gerona zurückgeſendet. Als hierauf am 6. eine 1,800 Mann ſtarke Kolonne die Stadt verlaſſen wollte, wurde ſie durch das 6. italieniſche Linienregiment nach einem hitigem Gefechte und mit ziemlichem Verluſte wieder hinein geworfen , dieſen Tag auch durch den General Mazuchelli
der ſeit dem 1. September von den Spaniern mit 500 Mann beſekte wichtige Poſten , das Kloſter der heiligen Engel , im Sturme genommen, wobei fich vorzüglich der Oberſt Eugen von
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dieſem Regimente auszeichnete, und die geſammte Befaßung bis auf 4 Mann , welche Pardon erhielten, niedergemacht. Dagegen mißlang dieſen Tag ein Angriff, welcher von dem aus Piemonteſern beſtehenden 32. Regiment und der faſt fåmmt: lichen weſtphäliſchen Diviſion unter dem tapfern General Soba, der bei dieſer Gelegenheit ſeinen Tod fand und auch mit be:
deutendem Verluſte der legtern, gegen die vom Oberſten Rovira und dem Oberſtlieutenant Claros befehligten Miquelets und Somatenen bei S. Gregorio gemacht wurde.
Nachdem am 13. des Morgens die Batterien des Monjui von Neuem ihr Feuer gegen die angefangenen Breſchen be gonnen hatten , griffen die Belagerten am 15. bei einem ſtar ken Ausfalle die Breſchbatterien an, eroberten eine derſelben und vernagelten darin einige Kanonen ; jedoch wurden ſie , nachdem die Reſerven am Monjui fich vereinigt hatten , wieder genom
men und die über den Tod ihres Anführers , des Oberſten
Marſchall (eines Engländers), beſtürzten Spanier durch den, ungeachtet des lebhafteſten Feuers von Seiten der Stadt, mit 1 Bataillon aus dem Monjui herabgerůcten Oberſten Muff in die Stadt wieder zurückgeworfen. Von beiden Seiten war hierbei der Verluſt nicht unbedeutend.
Doch wie hart bedrångt Gerona war , zeigt der vom Fes ſtungsgouverneur Don Alvarez unterm 9. September 1809 an die Oberjunta von Katalonien gemachte Bericht, deſſen Schluß wortlich lautet : ,,daß, wenn man die Belagerung nicht ſchnell aufzuheben ſuchte, Gerona bald nichts mehr ſeyn würde, als
mein Haufen glorreich gefallener, auf die Trümmer ihrer Håu: uſer und Befeſtigungswerke gebetteter Leichen, deren die Nach „welt in Trauer und Schmerz gedenken würde." Da nach dem unausgeſepten Feuer der Belagerer die Ges nie- und Artillerie - Offiziere am 19. vier Breſchen im Haupt: walle Geronas für gangbar hielten , ſo wurden am Morgen dieſes Tages, wo der beiderſeitige Kanonendonner ſchwieg, fran zöſiſche Parlementairs wegen Aufforderung zur Uebergabe ab geſendet, jedoch als dieſe ſich der Mauer der Stadt genahet
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hatten , zur augenblicklichen Rückkehr bedeutet, und die Werke, die außer der Beratung auch noch von den Einwohnern, ohne Un : terſchied des Standes oder Geſchlechts, beſegt waren, begannen
ſofort wieder ihr Feuer. Hierauf wurde vom General Saint
Cyr der Sturm auf Nachmittags 4 Uhr dieſes Tages feſtge fekt, ſowie die aus Franzoſen, Italienern, Neapolitanern, Weſt phalen, Würzburgern und Bergern beſtehenden 50 verfügbaren Bataillonsſtåmme des 7. Korps, welches zu der Zeit, in Folge der unausgeſekten Strapazen und des Elends , allein 5,000 Kranke in Perpignan hatte *) , während zugleich die Lager der Diviſionen Soubam und Pino , wegen der bei ſich behaltenen
Kranken , ungeheuren Hospitälern glichen , (was einen Begriff von der beklagenswerthen Lage dieſes Korps giebt) , folgendera maßen verwendet :
Unter General Souhams Befehlen 8 Bataillone nebſt der Reiterei, zur augenblicklichen Abwehrung des in die Nähe ge růckten Generals Blake , Faus folcher vom Gebirge herab káme,
ſowie auch , wenn dieß nicht geſchåbe, zur Erneuerung des etwa mißlingenden Sturms für den Abend oder die Nacht; unter General Pino 13 Bataillone, um Gerona einzu:
ſchließen und einen Scheinangriff auf dieſe Stadt zu unter: nehmen, ſowie
unter General Berdier 29 Bataillone , beſtimmt, die Breſchen der Stadt anzugreifen . Um 4 Uhr Nachmittags rückten die Kolonnen voll Ent: Tchloſſenheit, unter dem furchtbaren Feuer aller Werke, ſowie uns
ter dem Ertónen der Sturmglocke vom Dome der Stadt , zum
*) Nach den Beſtandliſten vom 14. September 1809 war der präſente Stand der Belagerungsdiviſionen vor Gerona folgender : die fran zöſiſche, aus 1 Regiment Franzoſen , 1 Regiment Würzburger und 2 Regimentern Berger zuſammengeſekt, 2,441 Mann ; die weſt phåliſche, 4 Regimenter ſtarke, 1,779 Mann und die italieniſche, aus Veliten und 1 Regiment Italiener, ſowie aus 2 Regimentern Nca : politaner, 686 Mann, daher die Geſammtſtårke 4,906 Mann. 23
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Sturm an , hatten aber ſchon , ehe ſie die Mauern erreich ten , 200 Verwundete und wurden nach anderthalbſtündigem höchft blutigen Kampfe, während deſſen ſie einem mörderiſchen Feuer ausgefekt waren und nur eine geringe Zahl die Breſche erſtieg , durch die tapferſte Gegenwehr der Belagerten , unter denen die heroiſchen Frauen der Sankt Barbara - Kompagnien
fich ſehr thåtig zeigten und ſich durch das von jedem Luft zuge bewirkte Flattern ihrer Bånder den Augen der Belagerer
bemerkbar machten, nach dreimaligen Angriffen, unter dem bedeu tenden Verluſte von 1,600 Todten und Verwundeten, überall zurückgeſchlagen. Die bergiſchen Truppen , von denen die Oberſten Muff und Geither ſich hierbei beſonders auszeichne
ten , verloren allein 11 Offiziere und 350 Mann an Todten und Verwundeten. Unter den lektern befand ſich auch der durch
die Bruſt geſchoſſene und in Folge dieſer Verwundung kurz nachher verſtorbene Oberſt Muff, ein geborner Elſaſſer, der wah
rend der Revolution allen Feldzügen beigewohnt und haupt råchlich in Aegypten durch ſeine ungewöhnliche Unerſchrockenheit Napoleons Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen hatte. Um die Vertheidigungswerke und einen Theil der Streich: linien noch mehr zu zerſtören, was man als ein Haupthinder niß bei dem fehlgeſchlagenen Sturme betrachtete, wurden nun, obgleich Mangel an Schießbedarf vorhanden war , die Bela
gerungsarbeiten fortgeſekt, und zugleich die Blokirung noch enger bewirkt , um eine möglichſt baldige Uebergabe dieſes Plakes herbeizuführen, indem das påmmtliche Belagerungskorps, wegen der bei dieſer ſo lange anhaltenden Belagerung unausgefegt er : duldeten Drangſale jeder Art, von Widerwillen und Niederge ſchlagenheit erfüllt war. Indeſſen bedrohte General Blake ſeit dem 21. bis zum 25. die Belagerer vor Gerona mit Ungriffen , ohne aber zum Ent-: faße dieſer höchſt bedrängten Stadt, wo Hunger und graſſirende
Krankheiten ſchrecklich wütheten , etwas zu wagen . Doch ver
ſuchte er, dieſe Feſtung , nachdem er am 25. mehrere Angriffe unternommen hatte, am 26. früh mit einem auf Packefeln ge
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ladenen anfehnlichen Vorrathe von Lebensmitteln aller Art nebſt
einer Heerde von 300 Ochſen und 1,200 Schafen abermals zu verproviantiren. Und obgleich es auch jegt dem die 6 Bataillone ſtarke Avantgarde befehligenden Brigadier, Heinrich O'Donell, gelungen war , durch die Lager zu bringen und die Baracken in Brand zu ſtecken und er ſodann ſeinen Marſch gegen die Stadt fortſeşte, ſo wurde er doch nun in die åußern Forts des Connetable und der Königin Unna ſich zu werfen gezwungen ,
und der ganze Konvoi nebſt Bedeckung durch die Generale Pino , Mazuchelli und Fontana abgeſchnitten. Von dieſen in der Fronte und im Rücken , ſowie durch das 6. Regiment in ihrer rechten Flanke hart bedrångt , fiel dieſe Zufuhr einem Theile der Diviſion Souham in die Hände, ohne daß der Gou verneur von Gerona zur Erhaltung derſelben einen Ausfall verſuchte. Die Spanier verloren hierbei 3,000 Mann, darun
ter ungefähr 700 Gefangene, mit Einſchluß von 40 Offizieren. Wie erbittert der Kampf war, zeigen folgende Thatſachen : Der Angriff des 67. franzöſiſchen Regiments auf die Frei willigen von Tarragona , welche die Arriergarde bildeten , war 1
ſo ungeſtům , daß zwiſchen den beiderſeitigen eben im Gewehr fållen begriffenen Truppen der franzöſiſche Bataillonschef Besa nav den ſpaniſchen Kommandeur erreichte, ſich mit demſelben
perſónlich ſchlug und ihn durch mehrere Såbelhiebe verwun dete, und daß auch die Italiener , aus Vergeltung für die eben ſo grauſame, als entehrende Ermordung mehrerer in die
Hånde des Oberſten Rovira und andrer Bandenanführer ge fallenen Transporte Verwundeter und Kranker, keinen Pardon gaben. Blos die Diviſion Souham machte hiervon eine Aus: nahme.
Da der General Blake mit der Hauptmacht ganz ruhig
auf den Höhen von Sadorin als Reſerve zurückgeblieben war, und von hier aus den unglücklichen Ausgang des Gefechts eines Theils ſeiner Truppen mit angeſehen hatte, ſo verſuchte
man ihn alsbald in ſeiner Stellung anzugreifen , die er aber ſofort verließ und fich am 27., bei der Annäherung des zu 23 *
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ſeiner Verfolgung beauftragten Generals Beſſières , über S. Feliu de Quirols , von Gerona ganz zurückzog. So überließ er denn dieſe Stadt , welche nun auch noch die , wie bemerkt,
unter dem Brigadier O'Donell in die Forts eingerückten Trup pen , die man nicht wieder herausließ , mit ernähren mußte, ihrem traurigen Geſchicke.
Von der zur Verbindung mit Frankreich aufgeſtellten, aus
Lazaronis und Calabreſen gebildeten neapolitaniſchen Diviſion Prinz Pignatelli, hielt das leichte Regiment die Fluvia durch Bañolas und Bascara befekt, während es mit dem in Medina die Magazine des Belagerungskorps deckenden Bataillon der Prinzen in Verbindung ſtand. Dieſe Truppen waren , da die herumſtreifenden kataloniſchen Banden die Straße bis an die Grenze von Frankreich ſo unſicher machten , in ſteter Unruhe und Gefahr. Daher ereignete fich es auch , daß der mit 2 neapolitaniſchen Bataillonen die Verwundeten , Kranken und einen leer zurückgehenden Konvoi eskortirende General Narcis bei Col D'Oriol fich angegriffen und in ein ungünſti ges Gefecht verwickelt fah , wobei er mehrere hundert Mann an Todten und Verwundeten ſowie eine Menge Zugthiere ver:
lor. Er mußte hierauf Bascara, von wo ein die Befakung bildendes leichtes neapolitaniſches Bataillon durch den Oberſten Rovira vertrieben worden war , mit neuem großen Verluſte
nehmen . Die hierbei gefangenen Katalonier ließ er an den Bäumen aufhängen , die bewohnten Häuſer ausplündern , und die Bewohner verjagen. Alsbald wurde dann der Anfang zu neuen ſtårkern Befeſtigungen gemacht.
Bei dieſem Stande der Dinge ging der General Saint Cyr, dem General Souham den Oberbefehl über das 7. Korps übertragend,1 nach Perpignan , um mit den dortigen Behörden
die geeignete Rückſprache wegen des nothigen Unterhalts ſeiner Truppen um Gerona zu nehmen , weil nach Uufzehrung der eben gemachten Beute in Katalonien nichts mehr aufzubringen war .
Da dieſer dort vernahm , daß der ſchon långſt zum Oberkom mando über dieſes Korps beſtimmte, zu Molitg ſich aufhaltende
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Marſchau Augereau fich wohl befinde, ſo übergab ihm nun der General Saint - Cyr den Oberbefehl, den er ſchon ſeit mehreren
Monaten nur proviſoriſch geführt hatte , und reiſ'te , durch un ausgefekte Beſchwerden an ſeiner Geſundheit zerrüttet, der früher ſchon erhaltenen Erlaubniß des Kriegsminiſters zufolge, ſich von der Armee entfernen zu dürfen, am 5. Oktober von Per: pignan ab.
Dieſer General hatte, wie der Verlauf der erzählten Be:
gebenheiten lehrt, mitten in dieſem im ſchrecklichſten Aufruhre ſich befindenden Lande ſtets ein gemåßigtes Verfahren zur Bea ruhigung der Bewohner an den Tag gelegt , ſowie vermoge ſeines mit dem General Reding im Februar oder Mårz d. I.
abgeſchloſſenen , der Menſchlichkeit entſprechenden Vertrags vielen Berwundeten und Kranken ſeines Armeekorps 'und der Spanier Leben und Freiheit gerettet , und oft mit geringen Streit: kräften und bei Mangel aller Subſiſtenzmittel, glänzende Waf fenthaten ausgeführt. Gleichwohl hatte er während ſeines ganzen Oberbefehls auch nicht einen Titel , noch Orden für einen der Braven ſeiner franzöſiſchen Truppen auswirken können ; ja es 30 gen, trok jener vorzüglichen Eigenſchaften, die frühere Weigerung, mehrere feſte Plåke auf einmal zu belagern , weil , beſtberechne tem Ermeſſen zufolge, ſeine geringfügigen Mittel kaum zu ei nem ſolchen Unternehmen hinreichten , und die Sorge, das 7. Korps vor einer Menge Unfälle zu bewahren, ſowie die Nieder:
legung des Sberbefehls ihm die große Ungnade des Kaiſers Na poleon zu. Die Abgeneigtheit deſſelben erklårte er fich auch, und zwar aus früherer Zeit dadurch, daß er in Neapel einen ihm an die Hand gegebenen Antrag, eine Armee, über welche er den Ober: befehl führte , zu einer berabwürdigenden , die Annahme der Stat ferwurde bezweckenden Adreſſe an den damaligen erſten Konſul
Buonaparte zu bewegen , mit der freimuthigen deußerung ab lehnte , eine ſolche Erhebung müſſe von der Nation aus: gehen , indem der Armee blos Gehorſam gezieme. Alles dieß führte für ihn eine zweijährige Verweiſung herbei, nach welcher
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Zeit er , jedoch ohne ſein Geſuch , wieder zum Dienſte verwen det wurde.
Unter dem Belagerungskorps von Gerona, welches übrigens dieſe Stadt nur noch einſchloß , trat des anhaltenden Regens wegen eine große Sterblichkeit ein , während unter ihrer Bes ſakung Hunger wüthete und Krankheit , von welcher ſelbſt der zum Marechal de Camp beförderte Gouverneur Don Alvarez .
bedeutend heimgeſucht wurde. Nachdem jedoch das 7. Korps binnen Kurzem nicht allein
durch neue Ergånzungen wieder auf 28,000 Mann gebracht, fondern auch das Ganze aus Frankreich mit Lebensmitteln ver
ſehen, was bisher blos bei der Belagerungsdiviſion Verdier der Fall geweſen , und überdieß noch das 3. Korps unter General Suchet zu ſeinem Beiſtand angewieſen worden war, welches denn auch einige bedeutende Belagerungen übernahm , trat unter ſol chen günſtigen Verhåltniſſen der Marſchall Augereau , Herzog von Caſtiglione, den Oberbefehl an, während General Rey zum Chef des Generalſtabs deſſelben ernannt wurde , und traf am 11. oder 12. Oktober vor Gerona ein , wo ihm nun durchaus
kein Hinderniß zur weitern Blokade entgegenſtand. Indeſſen gelang es doch dem ſeit dem 26. September in der Feſte eingeſchloſſenen General O'Donell, mit ſeiner Brigade in der Nacht auf den 13. Oktober mittelſt eines kühnen Durch
brechens durch die Diviſion Souham zu entkommen , und ſich zu S. Coloma de Farnes mit dem Oberſten Milans zu vereis nigen. Kurz darauf wurde der Eintritt des Marſchals in Katalonien noch durch ein andres ungünſtiges Ereigniß bezeich net, indem die Eskadre, die aus 3 Linienſchiffen, 2 Fregatten 1
und 19 Transportſchiffen beſtand , und am 21. Oktober aus
dem Hafen von Toulon zur Verproviantirung Barcelonas un ter Contreadmiral Baudinausgelaufen war, durch die 26 Kriegs ſchiffe ſtarke engliſche Eskadre des Admirals Collingwood auf der Höhe der Küſte bei Roſas auseinander geſprengt worden
war , und 12 der Frachtſchiffe vor und in dem Hafen dieſer Stadt theilweiſe genommen und theils verbrannt wurden, ſowie
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2 Kriegsſchiffe in den Hafen von Cette fich flüchten und 2 andere , um nicht in engliſche Hånde zu fallen , auf Befehl des Contreadmirals bei des Uresquiers auf den Strand laufen und in Brand geſteckt werden mußten ; ſo daß blos eine Fre: gatte nach Marſeille entkam .
Alsbald führte Marſchall Uugereau mit 10,000 Mann von Gerona aus , an der Feſte Hoſtalrich und unter deren Ges
ſchüpfeuer vorüber, einen dreimonatlichen Mundbedarf, mit ge ringem Verluſte, nach dem von unbedeutenden ſpaniſchen Streit:
kräften eingeſchloſſenen Barcelona , und kehrte von da ſogleich, mit dem durch den General Maurice Mathieu dort erſekten
General Duhesme , unter unerheblichem Geplånkel wieder nach Gerona zurück. Doch gegen Ende Oktobers nahte fich General Blake wie der mit bedeutenden Streitkräften der Feſtung Gerona, um fo:
wohl den Muth der Belagerten von Neuem zu beleben , als auch ihnen einen friſchen bei Hoſtalrich fich ſammelnden Pro
vianttransport zuzuführen , wobei er den Brigadier O'Donell blos mit 2 Bataillonen nach La Bisbal detaſchirt, ſowie am 29. Oktober von einer ſeiner Diviſionen die Höhen von Bru :
nola hatte beſeßen laſſen , die aber durch die Diviſion Souham angegriffen und geſchlagen wurde. Nachdem Marſchall Lugereau am 30. die Stellungen der Spanier rekognoszirt hatte, griff er am 1. November das von ihnen beſetzte S. Coloma an, von wo er ſie nach einem mehr
ſtündigen blutigen Kampfe mit bedeutendem Verluſt an Manns lichaft ſowie an Geſchüßen und Gepäck vertrieb, ſo daß General Blake ſich noch in der Nacht gegen Vich zurückzog. Hierauf brach am 2. November die Diviſion Pino gegen die Feſtung Hoſtalrich auf, beſtand am folgenden Tage bei Ma fanet mit den Somatenen ein Gefecht, fekte fich am Abend in dieſem Flecken , wo eine Anzahl Spanier gefangen genommen wurden , feſt, drang am 3. bis zur Tordera vor und umzin .
,
gelte am 7. jene Feſte. Am 8. ward nun von dieſer Diviſion ſo: wohl die, von 1,500 bewaffneten Einwohnern und Bauern ver:
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theidigte, verſchanzte Vorſtadt ( Arrabal), ſowie die von dem Bri: gadier Quadrado mit 2,000 Mann Spaniern lange behauptete Altſtadt nebſt ihren Magazinen ſtürmend genommen und dieſe in das von 1,200 Mann befekte Kaſtell zurückgeworfen, während die Einwohner , welche nicht niedergemacht wurden , entflohen . Aber nur unter einem bedeutenden Verluſt an Mannſchaft hatte
die Diviſion Pino die Wegnahme des für Gerona beſtimmten Pro
viants bewirkt und General Blake ſeinen Rudzug angetreten. Der Marſchall Lugereau hatte ſich, nachdem er bei Bru: nola eine Brigade aufgeſtellt , wieder nach Gerona gewendet, in welcher Stadt, der verheerenden Krankheiten wegen , die Noth
auf das Höchſte ſtieg. Doch dauerte die enge Blokade dieſes Plakes den ganzen November hindurch, ohne daß er ſich ergab. Zu dieſer Zeit ſtieß noch das aus Ausländern , vorzüglich aus den zum Dienſt gezwungenen öſterreichiſchen Kriegsgefangenen , ſowie aus Ueberläufern vieler Nationen gebildete , 1,000 Mann
ſtarke Bataillon Latour D'Auvergne als Verſtärkung zur Dis viſion Verdier und wurde mit zur Dedung des linken Ter ufers verwendet.
Nachdem nun der zur Beendigung der Belagerung er: forderliche Schießbedarf angekommen war , wurde am 2. Des
zember die Beſchießung von Neuem und mit gutem Er: folge heftig begonnen , ſowie am Abend dieſes Tages durch die Brigade Mazuchelli die Marinevorſtadt, trok des ſtarken Ge ſchußfeuers der Stadt , genommen und in der Nacht zum 3. zwei neue Batterien angelegt. Ungeachtet deſſen regten die Ber: theidiger von Gerona den heftigſten Widerſtand fort und be: nußten dazu alle ihnen zu Gebote ſtehenden Mittel. So ver
wendeten ſie meiſt bei den Ausfållen und zur Vertheidigung der Breſchen 300 Mann vom 7. Storps deſertirte Neapolitaner,
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weil fie wußten, daß dieſe fich, wegen des bei ihrer Habhaft werdung von Seiten der Belagerer zu erwartenden Schickſals, als Verzweifelte ſchlagen würden. In der Nacht auf den 7. Dezember ſekten ſich 50 italieni ſche Freiwillige in der die Stadt mit dem Fort Connetable ver :
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bindenden Redoute feft, wobei gegen 20 Spanier niedergemacht wurden , während zu gleicher Zeit die KapitelSredoute und das Kalvarienfort von bergiſchen und würzburgiſchen Truppen um: zingelt wurde , und ein Truppentheil der legtern Geronelle be fekte. Zur Wiedernahıne der Redoute der Stadt unternahmen am 7. 1,200 Spanier unter großem Verluſte einen fruchtloſen Ausfall , während welches der bergiſche Oberft Geither fich des
von den Spaniern nur ſchwach beſekt gelaſſenen Kalvarienforts und der Kapiteléredoute , mit unbeträchtlicher Uufopferung an Mannſchaft, bemåchtigte. Nachdem das , obgleich nun von den drei genommenen Werken umfaßte und von jeder Verbindung mit der Stadt ab geſchnittene, Fort Connetable am 8. vergeblich zur Uebergabe 1
aufgefordert worden war ,
fuhr man während des 9. mit
der heftigern Beſchießung dieſes Werks ſowie der Stadt fort,
wodurch in legterer die Bruſtwehren zuſammengeſchoſſen wurs den und ſich Trúmmer auf Trümmer håuften , gleichwie auch
ein großer Theil des ſpaniſchen Geſchüßes zum Schweigen ge bracht ward.
Obwohl der auf den Tod erkrankte Feſtungsgouverneur Don Alvarez in dieſer höchſt bedenklichen lage mit allen Ehren eine Kapitulation hátte abſchließen können , ſo verſuchte er doch noch mit allen Waffenfähigen , während des in der Nacht zum 10. ſchwacher als am Tage zuvor unterhaltenen Geſchůbfeuers der Belagerer , ſich aus der Stadt durchzuſchlagen , weldies Un ternehmen jedoch bei dem auf das Höchſte erſchöpften Zuſtande der Beſakung mißlang, und nach welchem er , neuerdings leicht
verwundet, ohne Bewußtſeyn in die Stadt zurückgebracht wurde. Nachdem endlich am 10. vom Morgen an die Belagerer ringsum auf Gerona ein heftiges Feuer unterhalten hatten , wel: ches die Belagerten nur ſehr ſchwach noch erwiedern konnten,
ſchwieg um Mittag das Geſchůg der legtern ganz , und ſo fab ſich nun dieſe bis auf das Zeußerſte vertheidigte Stadt , in Er: mangelung von Lebensmitteln , da dieſe theilweiſe auch durch den Brand verzehrt waren , und von geſundem Trinkwaſſer,
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ſowie durch ununterbrochenen Kampf, durch Krankheiten und Beſchwerden theilweiſe ihrer Beſabung und Bevölkerung beraubt , zu einer Kapitulation genöthigt , die jedoch am Abend erſt zu Stande kam. Vermöge derſelben zogen am 11. , Morgens 9. Uhr, 2,300 Spanier nebſt 1,900 nicht uniformir:
ten Kataloniern mit klingendem Spiel aus der Stadt 1, ſtreckten auf einer Ebene und entfernt von den Belagerungstruppen die Gewehre und wurden hierauf mit ihrem Gepäck als Kriegsge fangene nach Frankreich abgeführt. Dem Vertrage zufolge ging auch der Feſtungsgouverneur, Don Alvarez, in die Gefan genſchaft nach Frankreich ab , während für die Geiſtlichkeit und
Bewohner volle Verzeihung alles Geſchehenen , ſowie Schuß für Religion und Gewerbe und Niederſchlagung jeder Unter: ſuchung, ausbebungen worden war .
Den Franzoſen fielen hier gegen 180 Geſchüße nebſt unbe: trächtlicher Munition in die Hände , und außerdem ließ der Marſchau Augereau auch noch die mit ihrem koſtbaren Schmuck
angethanen filbernen Heiligenbilder , Narciß und Donat , desa halb, weil ſie , als geiſtlicher Gouverneur und Kommandant , im Kampfe vorangetragen worden waren , nach Frankreich trans portiren. Nåchſtdem hatten die Belagerten nach und nach uns gefähr 2,800 Mann vom regulairen Militair , ſowie 5,000 bes waffnete Katalonier und Einwohner an Todten verloren und,
jedoch nach unmaßgeblicher Schåßung, im Ganzen über 70,000 Schüſſe und Würfe aller Art gethan. Dagegen hatten die Belagerer während der langwierigen Blokade und Belagerung angeblich 12,000 Mann verloren, und dabei über 6,000 große Zündgranaten , über 10,000 Bomben und über 48,000 Kanonenkugeln verſchoſſen. Außers dem waren auch noch die Verluſte der die Blokade und Bes
lagerung Geronas deckenden Diviſionen Souham , Pino und Lechi bedeutend.
Die in Gerona eingerückten geſammten deutſchen Truppen des Belagerungskorps wurden in die Kidſter verlegt , wo ſie
aber der verpeſteten luft preisgegeben waren.
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Obgleich der Marſchall hier die ſtrengſte Mannszucht hand haben und mehrere , nur geringer Diebſtähle ſchuldige Solda ten vor der Kathedrale - erſchießen ließ , ſo wurden doch , der Kapitulation zuwider , ſowohl die weltliche Geiſtlichkeit in Uns terſuchung genommen 1, als auch gegen 600 Kloſtergeiſtliche als Gefangene nach Frankreich transportirt; und auch der bereits 1
in Narbonne eingetroffene Gerieral Don Alvarez , auf Befehl
des Königs Joſeph Napoleons, wegen ſeines früher erwähnten Benehmens als Kommandant des Monjui in Barcelona , nach Figueras zurückgeführt , um ihm dort den Prozeß zu ma chen, wovon jedoch dieſen von den Spaniern hochgefeierten Hels ben ein plönlicher Lob befreiete.
Uebrigens gelang es 500
Mann von der nach Frankreich transportirten Befakung , in Rouſſillon zu entkommen , unter denen ſich auch der tapfre Baron d'Eroles befand , der ſich ſpåter in Katalonien ſo ſehr her: vorthat.
Obgleich Geronas Fall in Katalonien den tiefſten Eindruck auf die Bewohner hervorbrachte , ſo verließ ſie doch, bei ihrem durch Beharrlichkeit und Ergebung an Kirche und Ihron aus:
gezeichneten Karakter , die Hoffnung nicht. Da am 18. eine bedeutende Anzahl Spanier den Mon
negre befekt und bei Hoſtalnou die Straße geſperrt hatten, worauf die Neapolitaner zwar dieſen Tag fich dieſes Bergs bemächtigten und dabei eine Anzahl Katalonier tödteten , aber dieſe Stellung nicht behaupten konnten und ſie den Spaniern wieder überlaſſen mußten , ſo brachen am 21. die Generale Soubam mit ungefähr 4,500 Mann und Verdier mit 2,600 Mann gegen die Fluvia auf , während die Staliener zwiſchen dem Ter und der Dña , ſowie die Weſtphalen in Gerona ſtehen
blieben.
Hierauf vertrieb General Souham dieſen Tag die
Spanier von den Höhen von Bañolas und Sunia , ſowie aus
Beſalu , wobei ſie viel Leute verloren , indeſſen General Ver: dier , ihm bis Mata folgend , feinen Marſch rechts über die Fluvia bis gegen Crespia und Navata fortſekte.
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Während General Souham am 22. ſich um Beſalu aus.
breitete und mit einzelnen Poſten bis Palau und Riu vor:
rúkte , beſegte General Verdier gleichzeitig S. Lorenzo , wurde jedoch bei ſeinem weitern Vordringen gegen den Monnegre von der , plóßlich aus dem Verſtecke des Hochgebirgsthales unter Drts und Maſanet hervorbrechenden, 6,000 Mann ſtarken, Di: viſion Claros in ein Gefecht verwickelt, in Folge deſſen er zu
einem übereilten Rugzuge , und von den Kataloniern bis in die 1
Nacht verfolgt , mit Verluſt von beinahe 80 Todten und Vers
mißten ſowie 250 Verwundeten , bis zu einem in der Gegend von Hoſtalnou gelegenen Dorf genöthigt wurde. Am 23. trat General Verdier den Rückmarſch an und
ließ durch die bei ſich geführten bergiſchen und würzburgiſchen Truppen Vilanant und Navata , fowie durch die Franzoſen Beſalu beleben. Nachdem am 24. die Truppen dieſes Gene: rals die des Generals Souham in ihren Stellungen abgeloſ't hatten , ſammelten ſich lektere zu Palau und griffen die Spanier auf den Höhen um Montagut an ., warfen ſie von
da zurück und nöthigten die Diviſion Claros , ſich mit Verluſt gegen Abadeſas zurückzuziehen , worauf ſie am 25. , während Truppen des Generals Verdier zur Beſebung von Caſtell: follit nachrückten , plot nach einem Gefechte nahmen , und als: dann noch den , von den abziehenden Spaniern aufgegebenen, 1
feſten Gebirgspaß bei las Preſas belegten.
Während die Diviſion Souham am 26. einen nöthigen Ruhetag hielt , nahm General Verdier, mit einem beibehaltenen Poſten in Beſalu , eine Gebirgspoſition bei S. Pau , S. Iscle und Las Preſas gegen Vich , in welcher er am 27. und 28. von den Spaniern erfolgloſe Angriffe zu beſtehen hatte. Um 27. bezog cine Brigade der Diviſion Souham eine Stel lung bei S. Pau und S. Martin , von welcher 2 Bataillone I
Campredon úberrumpelten und die dortigen Gewehr- und
Munitions - Werkſtätten vernichteten , ſowie deren Vorråthe theils mit ſich nahmen oder zerſtörten, worauf dieſe Bria gade am 28. die erbeuteten Gegenſtände nach Olot führte, ohne
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daß ſolches die geſchwächte Diviſion Claros, trok ihrer deshalb unternommenen Ungriffe, hatte verhindern können. Der am 29. Xdes zu einer weitern Verfolgung der Di: viſion Claros vorbereitende General Souham ließ am 30. ſeine zweite Brigade gegen Ripoll aufbrechen , welcher Ort von derſelben überrumpelt und nach unbedeutendem Widerſtande ges nommen wurde. Da die Diviſion Claros fich hierbei um gangen fah , fo zog ſie fich in die ſtarke Stellung zwiſchen den
Dörfern Baget und Vidabona zurück , in welcher ſie ſich gegen jeden Angriff feft behauptete. Sie war aber ſo herabgeſchmol: zen und entmuthigt , daß ſie ſich am 31. , beim weitern Vor dringen der Franzoſen , in das Hochgebirge gegen Planolas zer ſtreuete , worauf eine franzöſiſche Abtheilung gegen den Gewehr fabrikort Ribas ſich wendete und dieſe Stadt, welche von ihren Bewohnern außerhalb und innerhalb vertheidigt wurde , ſtúr Demnach erbeutete General mend nahm und plünderte.
Souham auf ſeinem Gebirgsmarſche mehrere tauſend Gewehre, die er nach Figueras zurückſendete. So hatte ſich das Sahr 1809 in Katalonien für die ſpa:
niſchen Waffen unter ungünſtigen Ereigniſſen und angefüllt mit Schreckensſcenen geendet; doch blieb das nun beginnende Jahr 1810 an hochherzigen Thaten 1, aber auch an Blut : Gråuel- und Vernichtungs - Scenen , ſowie an verheerenden
Krankheiten und Drangſalen aller Art , nicht hinter dieſem zu: rück. Indeſſen konnte der Katalonier glühende Vaterlandsliebe, ihr Muth , ſowie der Entſchluß, das ihnen mit Gewalt aufges drungene Joch um jeden Preis abzuſchütteln , durch ihre ſo
håufigen Niederlagen , ſo wie durch den Anblick ihrer in Schutt und Aſche liegenden oder verwüſteten Städte , Dórfer und Ges höfte, verbunden mit Bedrängniſſen aller Art, nimmer geſchwächt werden , während ſie auch durch die Entheiligung ihrer Kirchen und die erduldeten ſchweren Unbilden immer mehr mit ſtillem Rachges
fühl erfüllt wurden. Die Geiſtlichen, vorzüglich die Mönche, hatten wegen der Entweihung ihrer Ultáre, zu ihrer eigenen Selbſterhal tung und aus Ingrimm über des Vaterlandes Schmach ihre
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ſtillen Kloſterhallen verlaſſen , zu den Waffert gegriffen , und foch ten in den Reihen des Volks oder führten es durch Verſprech: ungen des Himmels und unter dem Fluche gegen ihre Feinde,
die ſie auf jede Urt zu vertilgen jedem bei ſeiner Seelen Se ligkeit auferlegten , begeiſternd zum Kampfe. So hatte Alles, ohne Unterſchied des Ranges und Standes , zu den Waffen ges 1
griffen . Auch die Frauen trugen zu des heimathlichen Bodens
Bertheidigung bei und zeichneten ſich durch Muth und Ent: ſchloſſenheit aus , wovon vorzüglich Gerona und Tarragona glånzende Beweiſe gegeben haben. Grenzenlos aber war das Elend der armen Bewohner ; denn nachdem ſie von Allem ent
bloſt , ihre Häuſer angezündet, und dieſe auch oft von ihnen 1
ſelbſt aus Verzweiflung niedergebrannt worden waren , wurden auch noch diejenigen , welche friedlich zu Hauſe bleiben wollten, durch die ſpaniſchen Truppen , ſolche zu verlaſſen und ſich in die Gebirge zu flüchten , oder die am Meere wohnenden ſich einzuſchiffen gezwungen. So lebten nun jene in den Bergen im tiefſten Elende bivouakirend und ſahen von da aus ihr Eigen thum verwüſten und ſich durch tågliche Gefechte ermatten und entkräften. Auf dieſe Weiſe und durch alle nur mnógliche Auf reizungen wurden ſie zu empórender Grauſamkeit gegen ihre
Feinde hingeriſſen und ſo in der unzugånglichen Gebirge Ab geſchiedenheit durch die von der glühendſten Vaterlandsliebe entbrannten Partheiführer zu den unverſöhnlichſten Guerillas umgeſchaffen , zerſtreute Haufen wilder und undisciplinirter Menſchen , welche mit einer bewundernswerthen Hartnäckigkeit und unter Entſagungen aller Art den kleinen Krieg , der ihrer Gegner Macht ſo ungemein verderblich wurde , führten .
Aber auch bedeutend groß war die Anzahl der Katalonier , die aus Vaterlandsliebe den offentlichen ſchmachvollen Tod erouldes ten , und deren blutige Opfer ſich dem Auge allenthalben an den Landſtraßen und Wegen , an den Bäumen , ſowie an den
in Städten , Flecken und Dörfern errichteten Galgen aufgehängt, als ſchauerliche Zeugen darſtellten ; indem , nur mit wenigen Uusnahmen , jeder mit den Waffen in der Hand ergriffene Ein
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wohner , als Räuber (brigand) bezeichnet, ſofort, ohne weite res Urtheil , aufgeknüpft wurde. Demungeachtet aber opferten ſie nach wie vor mit größter Bereitwilligkeit und mit der bewun: dernswertheſten Hingebung allenthalben ihr Gut , Blut und Lea ben unter dem Wahlſpruche : ( „Vencer o morir por la santa
religion, por Fernando Septimo y por la patria ! “) „Siegen oder ſterben für die heilige Religion , für Ferdinand VII, und für das Vaterland !
Durch dieſe unbeſchreiblichen Anſtrengungen und unter dem Berluſte einer ungeheuern Unzahl ſeiner Bewohner , bes
wirkte Katalonien, gleichwie ganz Spanien , daß es , obgleich I
nach mehrjährigem Kampfe, doch nicht vollftändig unterworfen war und dadurch andern Nationen in den darauf folgenden
Unabhängigkeitskriegen ein erhabenes Beiſpiel zur Nachahmung gegeben hat.
Der ungünſtig ausgefallenen kriegeriſchen Ereigniſſe wegen verlor der Oberſtlieutenant Claros ſein Kommando und trat in die Linie ein ; indeſſen auch General Blake , da ihm ſein Kriegs glück in Katalonien nicht lächelte , den Oberbefchr hier nie
derlegte , um ſich jekt in Murcia und Valencia zu verſuchen ; worauf nun General Don Enrique O'Donell dieſen , nach der Beſtimmung der Sunta , übernahm , und Garcia Condé , als ålterer General dadurch zurückgelegt, das Kommando der erſten Diviſion an den Brigadier Porta übergab.
Am 6. Januar , wo die beiden ſpaniſchen Liniendiviſio nen Porta bei Hoſtalrich und O'Donell bei Vich fich aufgeſtellt
befanden , war General Souham indeſſen am Ter herabgerückt und bedrohte legtern Ort , und Marſchall Augereau entſendete die früher vom General Lechi, iegt von dem General Severoli befehligte erſte italieniſche Diviſion nach S. Hilario , um die Berbindung diefer beiden ſpaniſchen Diviſionen zu unterbrechen, weshalb General D'Donell den General Porta aus der Gegend
um Hoſtalrich weg und nahe an ſich zog. General O'Donell ging am 10. , bei gleichzeitiger Annäher
ung der Diviſionen Soubam und Severoli gegen Vich, von
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da auf den Gebirgsrüden von Fularia bis Tona und Seva zurück. Marſchall Zugereau , der am 10. die bisher zwiſchen der Nña und dem Terfluſſe von Gerona als Reſerve geſtan dene Diviſion Pino mit der des Generals Souham , zuſam
men 10,000 Mann ſtark, bei Vich vereinigt hatte , griff am 12. dieſen Gebirgsrücken an , und zwar um die Vereinigung
der Generale O'Donell und Porta zu hindern. Hierbei warf die Diviſion Souham den General Porta nach Seva und Tona zu:
růck ; als ſie jedoch eben im weitern Vorgehen gegen Golfespina begriffen war , wurde ſie von 5,000 Mann alter ſpaniſcher Truppen unter General D'Donell mit dem Bajonette ſo nacha drůdlich angegriffen , daß ſie weichen und , verfolgt, ſich mit Verluſt einer Anzahl Offiziere und von ungefähr 100 Mann
gegen Miramberch zurückziehen mußte. Doch ſchon am 13. ging General Souham in der Richtung gegen Centellas wie der zum Angriff über , drang mit der Hauptmacht und unter
ziemlichem Verluſt aus Tona heraus, verfolgte einen Theil der Spanier auf Collſespina und rückte bis Moya vor ; worauf General O'Donell, nach fruchtloſem Ungriff auf lettern Ort, ſich gegen Cellent und S. Feliu zurückzog. Hierauf marſchirte General Souham , ſeinen beabſichtigten Plan auf Manreſa auf gebend , am 14. von Moya in eine Stellung zwiſchen Bich
und Roda zurück, und ließ am 18. 4,000 Mann bei erſterer Stadt ſtehen I, indeſſen der übrige Theil ſeiner Diviſion ohne Geſchůk gegen den Monſeny zur Vertreibung der dort verſama
melten , die Einſchließung der Feſte Hoſtalrich erſchwerenden Banden aufbrach , und auch am 18. ungehindert in Arbucias und bei Hoſtalrich eintraf.
Dagegen hatte General O'Donell zu Caldas und Moya, fowie Oberft Rovira mit einem Truppentheile das Gebirge bei
Grao de Oloſt zur Beunruhigung Vich's, aus deſſen Gegend das 7. Korps theilweiſe ſeine Lebensmittel bezog , und General Campoverde mit einer andern Abtheilung Esparaguera befekt. Da nun Marſchall Uugereau den Zeitpunkt zu einer neuen Verproviantirung Barcelonas für geeignet hielt , ſo brach dess
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halb am 20. Januar von Hoſtalrich , welche Stadt ſeit dem 8. November 1809 genommen und deren Kaſtell unausgefegt
blokirt war , ein durch 8,000 Mann eskortirter Konvoi von 2,000 Stück Vieh nebſt einer großen Anzahl mit Lebensmitteln beladener Laſtthiere nach dieſer Stadt auf, und traf, nach einem
von Hoſtalrich bis S. Seloni mit den zahlreichen Guerillas beſtandenen hißigen Gefechte, am 21. vor dem am Beſos gelea genen , von einer bedeutenden Anzahl Katalonier vertheidigten Ort Moncada ein, aus dem dieſe, von zwei Seiten angegriffen,
vertrieben wurden. 215 jedoch hierauf der Konvoi , durch die in den Dörfern Mollet und S. Perpetua , ſowie zum Theil von Barcelona aus nach Sabadell zu aufgeſtellte Detaſchements gebedt nach jener Hauptſtadt aufbrach , wurden dieſe bei dent
erſten zwei Sertern durch weit überlegene Streitkräfte der Ges nerale Campoverde und Porta ſo heftig angegriffen , daß die franzöſiſchen Truppen in dieſem unglücklichen Treffen 500 Mann Todte und Bleſſirte, ſowie 18 Offiziere und 400 Mann Ge
fangene nebſt 2 Kanonen verloren . Und außerdem noch gingen während des Gefechts von dem 1,000 Mann ſtarken Bataillon
Latour d'Auvergne, weil deſſen Mannſchaft aus zum Dienſte gezwungenen meiſt deutſchen Gefangenen und Deſerteurs bes ſtand , gegen 800 Mann zu den Spaniern über. Gleichzeitig wurden auch von der Seite des Llobregat úber Molins de Rey die von Barcelona nach Sans detaſchirten Truppen, ſowie ein
von dieſer Stadt dem Konvoi als Hůlfsleiſtung entgegengeſen : deter Truppentheil durch die Spanier angegriffen und mit Ver: luſt von wohl 80 Todten und Verwundeten , nebſt einer Ka none, zurückgeſchlagen ; daher nur ungefähr zwei Dritttheile des Transports in Barcelona eintrafen . Nach Verlauf mehrerer Tage kehrte die durch anſehnliche Verluſte geſchwächte Kolonne von legterer Stadt wieder in die Gegend bei Hoſtalrich unter geringer - Einbuße zurück. In Folge der unaufhórlichen Anſtrengungen und des Sftern Mangels an Verpflegung , ſowie dadurch , daß die Katalonier .
felbſt jeßt die deutſchen, italieniſchen und neapolitaniſchen Trup 24
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pen durch Handgelb zur Deſertion zu verleiten ſuchten , zähl ten dieſe Truppentheile des 7. Korps eine nicht unbedeutende Anzahl Ueberläufer. Da indeſſen eine franzöſiſche Diviſion unter dem General
Guillemain aus Aragonien vor dem Fort Balaguer eingetroffen war und dieſes einſchloß , ſo wurde Katalonien , wo nun die
oberſte Regierung den General O'Donell zum Generalkapitain
ernannt hatte , auch von dieſer Seite aus bedroht ; jedoch ver hinderten die ſich ihr allenthalben kühn entgegenſtellenden be waffneten Bewohner ein weiteres Vordringen derſelben . Um 2. Februar wurde ein von 4 Kompagnien Bergbewohner auf Beſalu unternommener hikiger Angriff von deſſen Beſaßung zwar zurückgeſchlagen ; jedoch hielten ſie nicht allein dieſen Ort ein : geſchloſſen , ſondern nöthigten auch am 4. ein zu ſeinem Ent:
fake herangerücktes, 300 Mann ſtarkes, Detaſchement zum Kůd zuge und fekten ihre Streifereien bis Palot, Llero und Amer fort.
Am 10. begann das Bombardement des bisher von Zeit zu Zeit durch eine Batterie beworfenen Kaſtels von Hoſtal rich , wodurch dieſen Tag faſt ſåmmtliche Gebäude darin zer : ſtórt wurden . Auf eine biernach von Seiten des Generals Mas
zuchelli ergangene Aufforderung zur Uebergabe deſſelben, erwie derte der Kommandant : Hoſtalrich ſey der zweite Felſen , an dem in Katalonien die Unterdrucker der Menſchheit zerſchellen müßten ."1/ Da die Spanier die zur Behauptung der Gegend von Vich in ausgedehnten Poſten aufgeſtellte Diviſion Soubam an
griffen und die von einer Abtheilung derſelben befekte Höhe bei Malla mit dem Bajonette genommen hatten, ſo unternahm am 11., auf des Generalkapitains O'Donel Befehl, der Oberſt Sarsfield mit 1 Schweizerregiment und 3 Bataillonen , ſowie 130 Mann Reiterei nebſt 4 Geſchůzen eine Rekognoszirung. Dieſer vertrieb hierbei 450 Mann franzöſiſcher Infanterie und Kavallerie aus Malla, und war bereits bis in die Ebene ganz nahe bei Vich vorgerückt, als er nicht allein von dem aus dies ſer Stadt mit 3,000 Mann Infanterie, 400 Mann Kavallerie
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und überlegenem Geſchůt ausgerådten General Souham an: gefallen und zum Rückzuge nach Tona genothigt ward, ſondern auch ſein rechter Flügel durch neuangekommene, zur Verbindung mit Hoſtalrich verwendet geweſene, franzöſiſche Truppen ange griffen , alsbald geworfen und über Tona bis Collſespina vera folgt wurde, wo er ſein Geſchúß verlor. Indeſſen brachte hier General O'Donell die Fliehenden nicht allein zum Stehen, ſon dern er nahm auch , nach einem heißen Gefechte, bei welchem 1
er wiederholt verwundet wurde, feine verlornen Kanonen wie
der und trieb die Franzoſen bis zum Col de Malla zurück, von wo ſie aber zu verdrången , ihm nicht gelang. Der vom Marſchal Lugereau zur Herbeiſchaffung von
Lebensmitteln långs der Tordera nach der Küſte hinab mit 1,500 Mann Infanterie und 300 Mann Kavallerie abgeſendete General Verdier beſekte am 16. das am Meere gelegene Stadt: chen Salella, welches er aber am 18. Durch das Feuer von zwei herbeigeeilten Kriegsfahrzeugen zu verlaſſen genothigt wurde. Er hatte nun von hier an ein ſechsſtündiges Gefecht mit den bewaffneten Einwohnern mehrerer Orte zu beſtehen , wobei ihm ein Pferd unter dem Leibe getödtet und er, durch den Sturz
beſinnungslos , weggetragen wurde. Er traf dieſen Tag über Malgrat in dem durch ſeine Truppen befekt gehaltenen Städt chen Blanes ein, und brach am 19. mit einem indeſſen da zu: ſammengebrachten anſehnlichen Transport von Lebensmitteln gegen Gerona auf.
Dieſe für die Katalonier theilweiſe günſtigen Ereigniſſe erweckten ihren Muth von Neuem ſo , daß ſie mit Nachdruck und Kühnheit ihre weitern Operationen verfolgten.
Da General O'Donell jegt , auf ſeine wohl 20,000 Mann ſtarke regulaire Truppenmacht, ſo wie auf die Zer ftreutheit ſeiner Gegner zählend , den Plan entworfen hatte, 1
die Diviſion Soubam von drei verſchiedenen Punkten aus
zu umzingeln und ſie ſo von Gerona abzuſchneiden , ſo wurden dem zufolge am 20. die Befaßungen zu Malla und Bich beunruhigt und von S. Eugenia und Miramberch die 24 *
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Poſten vertrieben.
Da aber General Souham ſogleich ſeine
Truppen ſammelte und zwiſchen Vich bis über Vilalleons
Stellung nahm , ſo entſpann ſich hierauf ein bißiges Gefecht, wobei die Spanier ſich auf der nach Gerona führenden Straße
bei Riudeperas feſtzuſeßen ſuchten . Die Franzoſen, durch das Schweizerregiment Kaiſer und von noch 2 Linienregimentern mit großer Entſchloſſenheit angegriffen , wichen und wurden von der ſpaniſchen Reiterei theilweiſe niedergehauen und verfolgt. General Souham aber, die Unordnung des verfolgenden ſieges trunkenen rechten Flügels der Spanier benußend, durchbrach nun den Feind mit ſeiner weit zahlreichern Kavallerie, die noch durch eine Batterie unterſtüßt ward und warf ihn zurück. Vergeb lich waren nun alle Verſuche des Generals O'Donell, der ſeine geſammten Reſerven ins Feuer führte, ein für ſich noch günſti ges Reſultat zu bewirken ; und ſo ſah er ſich denn an der Spike des ſeine Haltung beibehaltenden Schweizerregiments Kaiſer den Rückzug nach dem Gebirge auf Collſespina und
Moya , von den Franzoſen verfolgt, fortzuſeken genothigt. Der Verluſt der Spanier betrug, außer den Lodten und
Verwundeten, faſt 900 Gefangene; der des Generals Souham dagegen , welcher durch einen Streifſchuß im Geſichte verwun det worden war , den franzöſiſchen Berichten zufolge, 156 Todte und 282 Verwundete.
Desgleichen unternahmen am Nachmittage dieſes Tages, dem Befehle des Generals O'Donell zufolge, 4,000 Mann Spanier auf das italieniſche Blokadekorps vor Hoſtalrich einen
Angriff, der auch noch durch einen Ausfall der Befakung des Kaſtels unterſtübt ward , aber keinen weitern Erfolg hatte, als daß man das Lager der Blokirenden verbrannte und ſie
in die Stadt Hoſtalrich und bis an den Fuß des Kaſtells zu:
růckdrångte, wobei dieſe jedoch ihr Belagerungsgeſchüß und ihre Vorråthe behaupteten.
Noch ungünſtiger und unter vielem Verluſte fiel am 20. ein heftiger Angriff von 3 Kompagnien ſpaniſcher Grenadiere auf das von 200 Mann bergiſcher Truppen befekte Kloſter
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S. Maria und das alte Schloß zu Beſalu aus , welchen ver
ſchanzten Ort , dem Angriffsplane des Generals O'Donell ge måß, der Brigadier Sotomajor mit weitüberlegenen Streitkräf ten und nach tapferer Gegenwehr genommen hatte. Lekterer
zog ſich am Abend dieſes Tages , nach erhaltener Kunde von anrückenden Entſegungstruppen , von da bis Montagut zurüd. Da dem Kaſtell Hoſtalrich , welches mit geringen Unter :
brechungen fortan beſchoſſen wurde , die Lebensmittel zu man geln anfingen, es dabei aber noch eine bedeutende Menge Muni:
tion befaß, ſo hatte der Kommandant deſſelben dem General O'Donell davon Mittheilung zu thun gewußt.
Dem zufolge
griffen am 4. März 1,000 Mann Katalonier unter dem Oberſt: lieutenant Villamil in vier verſchiedenen Truppentheilen, durch einen ſtarken Nebel begünſtigt, der zugleich ihre Schwache ver barg , das auf den Höhen nördlich dem Kaſtell gegenüber bes findliche Lager der Italiener an, ſchlug dieſe zurück und brannte ihr Lager nieder. Unter Begünſtigung eines aus dem Kaſtell gemachten Ausfalles , wurden nun 40 mit Proviant beladene Maulthiere nebſt einer Menge im italieniſchen Lager erbeutete
Brode in die Feſte geſchafft, und dagegen die darin befindlichen Verwundeten heraustransportirt. Bei dieſem Stande der Kriegsoperationen in Katalonien brach nun das herzoglich fächſiſche Regiment, gegen 1,200 Mann ſtark, am 11. März 1810 des Morgens aus dem Bivouak bei dem franzöſiſchen Dorfe Boulou zur Ueberſchreitung der Pyrenåen auf, dieſes ungeheueren Bouwerks der Natur und
der Scheidewand zwiſchen zwei mächtigen Völkern. Hinter dieſem Ortè wurde, vorzüglich der bereits eingetretenen warmen Witterung wegen der Marſch auf der in Zickzack laufenden gut unterhaltenen Kunſtſtraße, je mehr es ſich der dieſelbe beherr fchenden , ihr zur Rechten gelegenen , franzöſiſchen Grenzfeſtung Bellegarde nåherte , und wo man Wålder von Korkeichen er blickte , immer beſchwerlicher. Nach mehrſtändigem ununter: brochenen Steigen an dem auf den zadigten Gipfeln der Pyre nåen errichteten großen Kreuze und in der Nähe gedachter 1
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Feſte angekommen , lud das Regiment aus nöthiger Vorſicht, da es in Katalonien jeden Einwohner als Feind anzuſehen und ftete Ueberfälle und Hinterhalte zu erwarten hatte , ſeine Ge wehre, paffirte das franzöſiſche Grenzdorf Pertus, welches von
den franzöſiſchen Grenzpoſten le perdu qui passe und zwar deßhalb ſo genannt ward , da jeder es Paſſirende für verloren
gehalten wurde, und überſchritt nun auf einer kleinen ſteiners nen Brücke, die durch zwei umgeſtürzte mit dem ſpaniſchen Wappen verſehene Pyramiden bezeichnete Grenze Kataloniens, betrat ſo diefen blutigen Kriegsſchauplatz und traf über den
am Fuße der Pyrenåen gelegenen Ort La Junquera, in deſſen Gegend wir einer Anzahl nach Perpignan transportirter Bleſſir ten und Kranken vom 7. Korps begegneten und allenthalben
Verwüſtung erblickend, nach einem faſt zwölfſtündigen Marſche am Abend in der in Ruinen liegenden Stadt Figueras ein, wo der größte Theil des Regiments auf dem Markte bivoua kirte. Blos in einigen von franzöſiſchen und italieniſchen Mar
ketendern eingerichteten ärmlichen Kaffee- oder Wein -Häuſern fand man für ſchweres Geld einige Lebensmittel, indem ſonſt
hier nur Noth und Elend vorhanden waren . Auf einem der Stadt nahe gelegenen ſteilen Felſen liegt das ſie beherrſchende, mit einer feſten Mauer aus gehauenen Steinen und mit breiten tiefen Gråben umgebene, in der Form eines ungleichen Fünfecks gebaute mächtige Feſtung S. Fer nando , welche ein Heer von faſt 20,000 Mann aufnehmen
kann, und wo ſich eine große Militairbåckerei nebſt den Equi: pagen der Generale des 7. Korps und eine Maſſe Militaire effekten deſſelben befanden. Am 12. früh trat das Regiment ſeinen Marſch über Bascara und Medina nach Gerona an. Die in einer fruchtbaren Gegend gelegenen Ortſchaften und Gehöfte waren, ausgenommen die von der franzöſiſchen Grenze an , von Entfernung zu Entfernung an der Landſtraße befinde lichen , der nöthigen Verbindung wegen befeſtigten , durch
Detaſchements befekten Häuſer, verwüſtet oder von ihren Bewohnern verlaſſen , gleichwie Felder und Weinberge una
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bearbeitet, ſo daß uns das Bild der Verheerung allenthalben entgegentrat, während die Kadaver der an der Landſtraße ge fallenen Thiere die ohnedieß zu dieſer Fahreszeit bereits drückende luft verpeſteten . Dieſen Anblick des allgemeinen Elends vers großerten noch die an der Landſtraße von Medina nach Gerona auf dem Monroro (rothen Berg) und vor dieſer Stadt zu Pon
temajor errichteten Galgen, an denen man eine bedeutende Una zahl gehängter Katalonier erblicte , deren Leichname von den zahlreichen Raubvögeln , ſowie von den Hunden aufgezehrt wur den , während dieſe wieder , von den heißhungerigen Soldaten und Einwohnern geſchlachtet , als Leckerbiſſen dienten. Das Regiment bezog gegen Abend, nach einem eilfſtündis gen Marſche, hinter der durch die ſo denkwürdige Belagerung åußerſt zerſtörten Stadt das Lager , in deren Umkreiſe man noch ein weites Leichenfeld , vol von einer großen Anzahl das liegender Menſchengerippe, gewahrte, und vereinigte ſich hier ſeit dem Abmarſch von Linz in Deſterreich wieder zum erſten : .
male mit den andern 3 Infanterieregimentern der nun zum
7. franzöſiſchen Korps gehörenden Diviſion Rouyer , ' nåmlich dem 1. herzoglich naſſauiſchen , dem der Herzoge von Anhalt und Fürſten von Lippe , ſowie dem der Fürſten von Schwarz burg, Waldeck und Reuß. Am 13. war Ruhetag und die vor
dem ſein Hauptquartier in Gerona habenden Marſchall Aus gereau auf dieſen Tag anbefohlne Revue unterblieb , wogegen die Truppen zu ihrem Weitermarſch auf 5 Sage Brod und auf 2 Tage Fleiſch erhielten , wovon letzteres jedoch , da der
Soldat dieſe Rationen bei der herrſchenden Hike trug, meiſt verdarb.
Bei der ſchon ſo bedeutenden Tageswarme, gegen welche die ganz kahle Gegend um Gerona keinen Schuß gewährte, indem deſſen Bewohner vor der Belagerung 30,000 Stück Olivenbåume , die einen großen Theil ihres Reichthums ausmachten , umgehauen hatten , war der , Katalonien eigen thúmliche, ſchnelle Temperaturwechſel der fo ſchneidend kal: ten Nachte in den von allem entbláſten Bivouaks um ſo
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fühlbarer und ſo erzeugte die Ungewohnheit des Klimas und die veränderte Lebensweiſe bereits Krankheiten . Am 14. brach Marſchal Augereau, blos mit Zurücklaſſung der auf der großen Landſtraße von Gerona nach La Junquera und zu Befalu aufgeſtellten Detaſchements, mit den Diviſionen Souham und Rouyer, ſowie mit einem Theile der Berdierſchen und 500 Mann Kavallerie nebſt 4 Batterien , im Ganzen über 14,000 Mann ſtark und mit einem Konvoi von ungefähr 1,000 mit Lebensmitteln beladenen Karren und Chaifen und
einer bedeutenden Anzahl Marketender,. nach Barcelona auf, um von hier aus das übrige Katalonien entweder durch Güte
oder Waffengewalt zu unterwerfen. Durch die Beſchaffenheit des Terrains, ſowie durch den Geiſt der Einwohner waren die Schwierigkeiten der Verbindung in Katalonien ungeheuer, und bei zunehmender Entfernung von der Grenze um ſo großer, indem, ungeachtet man faſt alle We: gesſtunden von einander ſtarke Poſten in befeſtigten Håuſern aufgeſtellt hatte, doch, um einen Konvoi oder Kourier nach
Figueras mit Sicherheit zu transportiren , meiſt 1 bis 2 Bataillone und von dieſer Feſtung nach Gerona ſowie von da bis Barcelona und weiter , eine noch bedeutendere Trup
penmacht nöthig waren. Deßhalb wurde auch der Zug mit größter Vorſicht eingeleitet.
Nach einem bis Nachmittags in völlig ſchlagfertiger Ord nung mit Vor- und Seiten - Patrouillen durch menſchenleere und verwüſtete Gegenden zurückgelegten Marſche bezog das Korps auf den Bergen vor Hoſtalrich, und zwar in der Nähe des da befindlichen Lagers des italieniſchen Blokadekorps, den Bivouak. Während deſſen wurde das bereits in Trümmer geſchoſſene Kaſtell von Hoſtalrich aus 10 Mörſern der dicht am Fuße des Felſens errichteten Batterie mit Bomben beworfen, wobei eine derſelben die in den Lüften flatternde mit einem weißen Kreuze verſehene rothe Fabne deſſelben traf und zu Boden
warf, die aber, ungeachtet des ununterbrochenen Bombardements, binnen wenigen Minuten unter dem erwiederten lebhaften Ge
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fchúkdonner des Kaſtels ſich von Neuem wieder erhob. Uuch hier in der Umgegend erblickte das Auge nichts als Verwůſtun:
gen und zerſtreutliegende Menſchengerippe. In der Dunkelheit der Nacht vom 14. zum 15. brach der große Wagentransport unter ſtarker Eskorte franzöſiſcher Truppen auf, um den nördlich von der Stadt angelegten ſteiz
len , dem Bergabhang entlang führenden und in ſchlechtem Zuſtande fich befindenden , ſowie an mehreren Stellen dem
wirkſamen Geſchüpfeuer des Feindes ausgelegten Weg nach Lavalaria wo möglich ohne Verluſt zurückzulegen , welches ihm auch , trok dem Feuern von der Feſte, gelang ; worauf er ſich gedrångt ſammelte und anhielt , um die Ankunft des Haupttheils der Kolonne zu erwarten . ,
Durch den langſamen Gang des Konvois wurde Verzo gerung veranlaßt und daher konnte der Haupttheil erſt mit Anbruch des Tages nachfolgen, weßwegen er auf ſeinem Vorůber: marſch eine lebhafte Kanonade von Kaſtell auszuhalten hatte, ſo daß unter andern auch ein Rad an einem weimariſchen Ba:
taillonswagen zerſchmettert ward und unter heftigem Kanonenfeuer durch ein Nothrad erſegt werden mußte. Nachdem das ganze Korps fich wieder angeſchloſſen und ſo ſeinen Marſch kurze Zeit ungeſtört fortgeſegt hatte, waren durch eine der ausgeſen : deten Seitenpatrouillen ſehr zahlreiche, die beiderſeitigen Höhen des Thals der Tordera beregthaltende Guerillas wahrgenommen
worden . Sogleich mußten die naſſauiſchen Voltigeurkompag nien, das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen nebſt der Voltigeurkompagnie von Koburg den waldigen Thalrand erklimmen , um auf dem fortlaufenden Gebirgsrücken als Sei: tenpatrouillen die ſchwierige Deckung des Konvois in ſeinen
Flanken zu übernehmen , während das 1. Bataillon des her: zoglich ſåchfiſchen Regiments felbigen im Thale ficherte und das Bataillon der Fürſten von Schwarzburg die Arriergarde der Wagenburg und des ganzen Korps bildete. Alsbald entſpann fich zwiſchen den Seitenpatrouillen und den Guerillas ein un:
bedeutendes Zirailleurfeuer ; die Avantgarde fand den Ort La
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valaria durch mehrere Miqueletskompagnien vertheidigt, und vertrieb ſie, ſo daß der größte Theil der Kolonne vor S. Seloni anlangte , und zur Fütterung des ihm nachfolgenden Konvois Halt machte. Indeſſen waren bei dem ſo bedeutend lang ſich ausdehnenden Zuge von ungefähr tauſend Wagen
Stockungen und Unordnungen eingeriſſen , während die 1, ihn deckenden , mit dem Feind tiraillirenden Seitenpatrouillen von Zeit zu Zeit durch das beſchwerliche Terrain in ihrem Marſche ſehr aufgehalten wurden. Endlich entſtand zwiſchen dem Kon
voi, der auf einmal anhielt und dann ſchnell wieder davoneilte, und der Arriergarde ein großer Zwiſchenraum , weil dieſe nur langſam nachfolgen konnte, indem ſie alle maroden Soldaten aufzunehmen und für deren Fortkommen zu ſorgen hatte , da jeder nur 20 Schritte hinter der Kolonne Zurückbleibende un
fehlbar in die blutgierigen Hånde dieſer wilden Banden fiel. Die raubſüchtigen Guerillas, deren Hauptaugenmerk und Kraft: anſtrengung lediglich auf die Wegnahme der Wagen gerichtet
war , dieß benußend , ſtürzten ſich auf einmal in beträchtlicher Unzahl mit ihrer eigenthůmlichen Schnelligkeit von den Gebir gen zwiſchen dieſe und die abgekommene Arriergarde und fingen an die hinterſten Fuhrwerke zu plündern , unter denen ſich die Equipage des Diviſionsgenerals Rouyer mit befand , und von .
benen manche Führer bereits entfliehen wollten, indeſſen andere gefährdete Wagen unter dem Angſtgeſchreie darin befindlicher,
zum Theil auch ſchon von den Kataloniern herausgeriſſener Frauen , die Flucht ergriffen. Die vom Gebirge aus dieß gewahrenden Seitenpatrouillen des linken Flügels vom Ba taillon Weimar und Hildburghauſen eilten raſch zur Ret:: tung des Konvois in das Thal hinab ; da jedoch eine große Menge der Guerillas im Rüden ihnen auf dem Fuße
nachfolgte , während zugleich auch andere Trupps derſelben an mehreren Punkten , dem Wagentransport entlang , fie auf bei den Seiten durchbrachen und in die Tiefe hinab drangen , ſo
entſtand daſelbſt auf einige Zeit ein anhaltendes Gefecht, wo bei eine Anzahl der verwegenſten Katalonier mit dem Bajonette
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niedergeſtochen wurde. Mittlerweile war, auf die Meldung des hierbei gerade anweſenden und ſchnell vorwärts zum General Rouyer geeilten Hauptmanns vom Bataillon Lippe und Gal lopin dieſes Generals , Falkmann , eine Abtheilung Naſſauer
als Verſtärkung zurückgeſchickt worden, worauf die indeſſen allmås lig bedeutend vermehrten Guerillas , mit Hinterlaſſung einer Anzahl Todter , in die Gebirge zurückgetrieben wurden. Nun hielt die ganze Kolonne der Fütterung des Konvois wegen wieder an, während das Feuer auf dem linken Flügel noch fortdauerte. Das Korps brach nach kurzer Ruhe wieder auf. Nach
dem die vor dem Konvoi marſchirende Hälfte deſſelben die
Brücke über den zur Linken fließenden Torderafluß, die in den nach Cardedeu lang ſich hindehnenden engen Hohlweg führte,
paſſirt und eine kurze Strecke darin zurückgelegt hatte , ertonte auf einmal das Sturmgelåute aus der auf einer Bergſpige gelegenen Kapelle.
Auf dieſes Zeichen verſuchte eine in den
beiden Gebirgsſeiten fich verſteckt haltende Maſſe Somatenen unter wildem Geſchrei und mit ziemlich lebhaftem Gewehr: feuer abermals auf den Konvoi fich herabzuſtürzen und warf
auch in der linken Flanke eine , die Seitenpatrouillen bildende Abtheilung Italiener zurück. Nun erſtürmte jedoch Oberſt von Egloffſtein, auf Befehl, mit dem 1. herzoglich ſächſiſchen Linienbataillon und dem Bataillon der Herzoge von Anhalt in einzelnen Kompagnien die Höhen und behauptete fich dort mit den bisher als Seitenpatrouillen verwendeten leichten Truppen
gegen alle wiederholten Angriffe, ſo daß die im Engwege mar: ſchirende Kolonne nebſt der Wagenburg , vollkommen gedeckt, ihren Zug bis Granollers fortſekte. Hier bezog ſie das Lager, wo das herzoglich fächſiſche Regiment , wovon das Linienba
taillon hinter dem Engpaſſe die Urriergarde übernahm, indeſſen das leichte Bataillon ununterbrochen als Seitenpatrouille des Wagenzuges diente, unter ſtetem Gefechte, mit Verluſt von 7 Todten und 19 Verwundeten , erſt gegen Mitternacht einrückte. Ungeachtet dieſes anhaltenden Kampfes und der vielen Schwierigkeiten , verlor das Korps doch wenig Leute , indem
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der Feind aus zu weiter Ferne, mithin ſehr unſicher, ſchoß, und auch nur eine unbedeutende Anzahl Karren, an denen die Zug thiere, zum Theil durch Kugeln getödtet , zum Theil aus Entkräftung gefallen oder Råder zerbrochen waren. Den hier: bei durch die deutſchen Truppen gefangenen Kataloniern , wel: chen man alles gelaſſen hatte, ſchenkte der Marſchall ausnahms weiſe, zu ihrem nicht geringen Erſtaunen , Leben und Freiheit. Nach den Mühſeligkeiten dieſes Tages hatten die erſchöpf ten Soldaten in dieſer ganz verwüſteten Gegend nichts als Brod ; jedoch war ihnen wenigſtens an ihren von Rosmarin, Lorbeer und Burbaum emporlodernden Bivouakfeuern einige Ruhe vergånnt. Uuf dem am 16. mit Beginn des Tages von Granollers über Monmalo , Moncada und S. Andreu nach Barcelona fortgefekten Marſche des Korps , waren die zu beiden Seiten
der Straße als Seitenpatrouillen dienenden leichten Truppen, welche die hohen Gebirge erſtiegen, um von da die zahlreichen
Sumatenen zu vertrieben , in beſtåndigem Gefechte mit den:
ſelben und hatten auf dieſem Gebirgshöhenzuge , bei drückender Hiße und großem Mangel an Lebensmitteln , einen ſo beſchwer: lichen Weg zurückzulegen , daß ihre wiederholte Ablöſung er: folgen mußte. Auch konnte dabei nicht gehindert werden, daß die hinter Felfen und Schlupfwinkeln verſteckten Katalo:
nier einzelne, vorzüglich den Offizieren zu Pferd geltende, Schüſſe auf die im Thale marſchirende Kolonne thaten , wodurch jedoch
nur einige Pferde verwundet wurden. Hauptſächlich war eine zwiſchen Monmalo und Moncada in der linken Flanke auf einer
ziemlichen Anhöhe mit drei ſteinernen Kreuzen bezeichnete Stelle vom Feinde ſtark befekt; und da er von hier aus die Kolonne durch ſein unausgeſetztes Feuer ſehr beläſtigte, ſo ſah man
ſich genöthigt , ihn durch einen Bajonettangriff zu vertreiben. Weil, wie gewöhnlich, alle im Gebirge gelegenen Gehöfte beim Unrücken der Kolonne von ihren Bewohnern verlaſſen
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worden und dieſe die Waffen ergriffen hatten, fo nahmen die eben ſo erbitterten als heißhungrigen Soldaten überall die ſpår lich vorgefundenen Lebensmittel mit.
So erreichte das Korps am ſpåten Nadımittage, mit unbedeu. tendem Verluſt, die eben ſo reizende als fruchtbare Ebene von Bara celona, in welcher Stadt der Marſchall nebſt einem Truppentheile ſein Hauptquartier nahm. Ebendahin brachte man auch den Konvoi , indeſſen der größte Theil des Korps in den ſchönen und ausnahmsweiſe vóllig bewohnten Dörfern Gracia und Sarria lag , wobei das 1. Linienbataillon des herzoglich ſách fiſchen Regiments in Sarria ſebr enge Kantonnements , zu hun dert in einem Landhauſe, und das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen an einem gegen Esplugas zu gelegenen Hohlwege den Bivouak bezog. Jedoch rückte auch lekteres am 17. gleichfalls nach Sarria in fehr gedrängte und von allem entbloſ'te Quartiere , in welchen das Auge ſich nur an dem Anblick der ſie umgebenden , mit prächtigen Fontainen und mancherlei Fruchtbäumen der ſüdlichen Zone verſehenen Garten weiden konnte und entſchädigen mußte. Vor uns lag zwar in einer, fo weit die Blicke reichten , reizenden , mit herrlichen ſehr verſchiedenartigen Landhauſern , anmuthigen Garten, Obſt und Dlivenbäumen bedeckten und auf der einen Seite durch das
weite Meer begrenzten Ebene , zwiſchen den Mündungen der
Flüſſe Llobregat und Beſos , jedoch von beiden eine halbe Stunde entfernt, die von den Spaniern mit vollem Rechte als
,,die ſehr ſchöne" bezeichnete Hauptſtadt Barcelona , deren Bevölkerung vor dem Kriege wohl an 140,000 , ießt aber nur noch ungefähr 90,000 Seelen betrug , mit ihren ſcho nen Gebäuden und Promenaden , dem Fort Atarazanas und der Zitadelle. Nahe bei ihr die freundliche, mit 30,000 See
len bevölkerte Stadt Barcelonetta , deren geradlinigt abgetheilte rothe Backſteinhåuſer mit grün angeſtrichenem Holzwerk , einen
eigenthümlichen Anblid gewähren ; endlich das mächtige Kaſtell Monjui , welches bei ſeiner trefflichen und zweckmäßigen Bau art, außer einer in Felſen gehauenen, 70,000 Rubikfuß Waſſer
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faſſenden Siſterne, auch noch einen bedeutend tiefen Brunnen guten füßen Waſſers hat und das ſowohl den Hafen als auch die Stadt und die gegen den Llobregat gelegene Ebene dominirt, ſo daß Barcelona, hinſichtlich ſeiner Ausdehnung und Stärke, zu
den erſten Plåßen Europas gehört. Doch herrſchte ſowohl in dieſer Stadt als auch in der nahen Umgegend nur Hunger und Elend, und ein zweipfündiges Brod koſtete den ungeheuern Preis von 6 Peſetaš oder ungefähr 1 thlr. 16 gr. Konven 1
tionsgeld.
Die vor einem Jahre aus ungefähr 10,000 Mann be ſtandene Garniſon war durch die in der Umgegend vorgefalle nen Gefechte und durch Krankheiten bis auf 7,000 Mann
herabgeſchmolzen , von welchen ſich noch 2,000 Kranke in den Hospitålern befanden , und der Soldat erhielt täglich nur eine
geringe Portion Reis und Del , ſo daß man auch Hunde und andere zu menſchlicher Nahrung ſonſt ganz ungewöhnliche, Ekel erregende Thiere verzehrte. Die Bevölkerung der Stadt hatte
fich, in Folge des Kriegs , um mehr als 50,000 Einwohner .
verringert und war ſehr verarmt, ſo daß nur für die Reichſten das Brod und glücklicherweiſe für alle noch der , unter dem Bereiche der Geſchüße von Barcelonetta betriebene Fiſchfang zur hauptſächlichſten Nahrung diente. Unter ſolchen Umſtänden war es höchſt dringend , daß durch des Marſchalls Ankunft die Verbindung mit Frankreich zu Lande hergeſtellt wurde. Dieſer erließ daher ſofort an die Katalonier neue, in kataloniſcher und franzöſiſcher Sprache neben einander gedruckte , warnende 1, zu Niederlegung der Waffen und vertrauensvoller Ergebung an ihre neue Regierung auffordernde Proklamationen , die aber nur mit Mühe einigermaßen verbrei tet werden konnten und auch jede Wirkung verfehlten .
Um die vom Marſchall Augereau beabſichtigte gútliche oder gewaltſame Unterwerfung Kataloniens zu erzielen , und dem Befehle des Kaiſers zufolge, wo möglich , bis zum Ebro vorzubringen , dort dem 3. Armeekorps unter General Suchet die Hand zu bieten und dieſen dadurch zu der Belage 1
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rung von Lerida zu unterſtüßen, brach am 19. März der größte Theil der Diviſion Souham , ſo wie kurz darauf die vom Ger
neral Severoli befehligte 1. italieniſche Diviſion nach Villas franca auf. Begünſtigt durch die nicht im Aufruhr begriffene Gegend, drangen beide gegen die Feſtung Tarragona vor , wel: che nur eine ſchwache ſpaniſche Garniſon hatte , und befekten
ſo die wohlhabenden Städte Balls und Reus , wobei ſie durch bewegliche Kolonnen ſowohl die Verbindung mit Villafranca unterhielten , als auch die ſpaniſchen Truppen nebſt der gedach 1
ten Feſte beobachteten .
Zu einer andern Erpedition vereinigten fich dieſen Tag von der Diviſion Rouyer in dem von Sarria eine Stunde
weit entfernten Dorf Sans das vom Oberſten von Pduniß be fehligte, aus 2 Bataillonen beſtehende, 1,600 Mann ſtarke herzoglich naſſauiſche Regiment mit 7 unter die Befehle des gothaiſchen Majors Knaut geſtellten Kompagnien vom herzog lich ſáchfiſchen , deren drei von Gotha, eine von Koburg , drei
von Weimar und eine von Hildburghauſen waren, und die zu: ſammen zwiſchen 600 bis 700 Mann zåhlten , um nach der hinter dem Monſerrat gelegenen , ungefähr 18 Stunden ents fernten Stadt Manreſa aufzubrechen. Dieſe Stadt diente dem kataloniſchen Volksaufſtande während des ganzen Kriegs zum hauptſächlichen Sammelplaße. Hier ſollten nun jene Truppens theile zwiſchen der Diviſion Souham und dem am Ebro und Segre ſtehenden 3. franzöſiſchen Armeekorps unter General Suchet die Verbindung decken oder ſelbſt herſtellen. Aber dieſes Vorhaben wurde durch die Bewegungen des Generals O'Donell verhindert , indem Marſchal Augereau fich nicht auf lange Zeit von Barcelona entfernen konnte, oder andern bedrohten Punk ten Kataloniens zu Hülfe zu eilen gendthigt war . Das Regiment Naſſau hatte an der Straße zu Sans
den Bivouak und die 7. herzoglich ſåchfiſchen Kompagnien daſelbſt die von ihren Bewohnern verlaſſenen und ganz ver wüſteten Quartiere und zwar jedes Haus immer wenigſtens mit 100 Mann bezogen , wobei die Verpflegung höchſt unges
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nügend blieb , indem den Offizieren und Soldaten nun bereits ſeit drei Tagen nichts als tåglich eine knappe Ration Brod verabreicht wurde , und ſelbſt für vieles Geld in dieſer ganz ausgeſogenen Gegend kaum noch Lebensmittel aufzubringen waren. Desgleichen erhielten die Pferde an Fourage tåglich nichts weiter als eine ſehr geringe Quantität Stroh.
Indeſſen Marſchall Augereau mit den Truppentheilen der Diviſionen Verdier und Souham und mit dem 5. und 6. Regi ment der Diviſion Rouyer, ſowie von dem 4., dem herzoglich ſách fiſchen Regimente , der Oberſt von Egloffſtein mit dem Stabe nebſt der gothaiſchen Grenadier - und der meiningiſchen Kom
pagnie in Barcelona , in welchem Plate der Diviſionsgeneral Maurice Mathieu Gouverneur und General Lacombe Saint
Michel Kommandant wurde , zur Verſtärkung der dortigen Garniſon und zur Sicherung der Ebene zurückblieben; brach am 20. des Morgens unter den Befehlen des bereits früher in
dieſem Feldzug erwähnten franzöſiſchen Brigadegenerals Schwarz, eines Elſaſſers, das vereinigte berzoglich naſſauiſche und herzog
lich ſáchfiſche, über 2,200 Mann ſtarke Detaſchement, nebſt 6 franzöſiſchen Kůraſſieren , aber ohne Geſchüße und mit Zurůdka laſſung der Regimentswagen , von Sans nach Molins de Rer auf, wo es die ſchöne Königsbrücke über den Llobregat nach Mara torell paſſirte und von wo es nach einiger Ruhe und erhalte ner Weinration feinen Weitermarſch úber die Noya nach Espa:
raguera fortſekte. In geringer Entfernung von dort hörte man mehrere Gewehrſchüſſe, die den Einwohnern , da dieſe ge meiniglich ſchon vorher ſowohl von der Annäherung , als auch von der Starke jeder feindlichen Kolonne unterrichtet waren , zum Zeichen des Entfliehens dienten . In dieſer Provinz fand
man , nur mit wenigen Ausnahmen , jeden Ort beim Einrücken 1
entweder von den Einwohnern ganz verlaſſen , oder dieſe mit der Arbeit auf dem Felde beſchäftigt und ſtets bereit , ſogleich nach dem Abmarſche der Truppen zu den verſteckten Waffen zu greifen , dann ihr Bandenchef ſich in einem Nu an ihre Spiße ſtellte , dem Feind ſie eiligſt nachführte, dieſen von allen
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Seiten angriff unaufhörlich in Uthem hielt und ermüdete. Wurden ihre Banden geſchlagen , ſo zerſtreuten ſie ſich und verſchwanden augenblicklich, jedoch nur, um in wenigen Stunden ſich wieder zu ſammeln . Wer aus irgend einer Urſache hinter den Truppen zurückblieb ,1 war ohne Rettung verloren und büßte dafür, faſt ohne Ausnahme, jedesmal mit einem martervollen To: de, bei welchem oft die Weiber das Henkershandwerk verrichteten.
Wie groß dieſe Unſicherheit war , zeigte ſich uns in einem Bei ſpiele , indem der weimariſche Kompagniechirurg Georgi , der ſich bei Martorell nur auf eine kurze Strecke von der Kolonne entfernt hatte , ſogleich in der Katalonier blutgierige Hände fiel und für immer verſchwand.
Das Detaſchement machte vor Esparaguera Halt und ſendete ſogleich von jeder Kompagnie 1 Offizier und 6 Mann, zur Herbeiſchaffung der ſo höchſtnothigen Lebensmittel und der gleichmäßigen Vertheilung derſelben unter die Truppen , hinein. Dieſer Ort bildet mit einem vom Fuße des Monſerrat herab
fließenden Bach einen bedeutenden Engpaß , durch welchen ein tiefer Hohlweg führt. Während der Aufſuchung des Mund: vorraths ,1 größtentheils in Wein , Sardinen oder getrockneten Heeringen und Tabak beſtehend , růckte der General Schwarz mit dem übrigen Detaſchement durch das von Einwohnern ganz verlaſſene Esparaguera und bezog hinter dieſem Orte,
nach dem ungefähr eine Stunde entfernt gelegenen Monſerrat zu , auf einer mit Dlivenbåumen beſtandenen Fläche- den Bi vouak. Von den ausgeſtellten Vorpoſten des ganzen Truppen : theils bildete 1 Offizier nebſt 40 Mann vom naſſauiſchen Res
gimente den åußerſten gegen den Monſerrat zu , und eine An zahl Proklamationen des Marſchals Augereau wurden an den Häuſern der Stadt angeheftet. Am 21. früh regte General Schwarz, noch eingedenk der hier und weiter vorwärts am 6. Juni 1808 vorgefundenen
großen Terrainſchwierigkeiten und der ſeiner Brigade damals, ſowie ſpåter , und zwar am 14. deſſelben Monats und Jah res , der ganzen Diviſion Chabran durch die bewaffneten Ein 25
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wohner zugeſtoßenen bedeutenden Unfälle , ſeinen Marſch mit
möglichſter Vorſicht gegen den Monſerrat fort, wobei das naſ ſauiſche Regiment die Tête und eine gothaiſche Kompagnie uns
ter Kapitain Wagner die Urriergarde bildete. Doch bald nahm das Feuer der Seitenpatrouillen und der Arriergarde mit den nachfolgenden bewaffneten Bewohnern Esparagueras und denen der nahegelegenen Ortſchaften ſeinen Anfang , und wurde bei
almåliger Annäherung an den Monſerrat immer heftiger. Das
bei folgten die Katalonier dem Detaſchement ganz nahe auf dem Fuße und riffen die hier und da auf dem Wege angehefs
teten Proklamationen ſogleich wieder herab. Der Monſerrat, dieſer am Llobregat und inmitten einer
großen Fläche ſich mehr denn 3,000 Fuß emporhebende , rechts und links mit unbedeutenden und unfruchtbaren Hügeln zu ſammenhängende und an ſeinen Seiten durch riefenhafte kahle Felſenwinde , über welche ein überaus beſchwerlicher , fich
ſchlängelnder Weg zieht , geſicherte Berg , iſt mit dreizehen amphitheatraliſch übereinander liegenden Einſiedeleien geſchmückt. Auf ſeinem Gipfel thront in einer Vertiefung im Hintergrunde an einer großen Felſenwand die eben ſo reiche, als wegen ihres ungeheure Schaaren von Wallfahrern unaufhörlich herbeiziehen den Marienbildes berühmte, weitläuftig und dauerhaft gebaute
Benediktinerabtey , deren Mönche ſich mit den Schåben nach der Inſel Majorca geflüchtet hatten. Er war befeſtigt, diente der kataloniſchen Armee als Zentralſtellung und zum Waffenplaže.
Von dieſer furchtbaren Stellung aus , welche die Hauptſtraßen und die Höhen des Mittelpunkts von Katalonien beherrſcht,
machte ſie meiſt in kleinen aber håufigen , nie zu vertilgenden Banden nach allen Richtungen hin Streifzüge und nahm Zu fuhren aller Art weg. Dieſem áußerſt majeſtátiſchen Berge entlang, deſſen Umgebung , vorzüglich nach Barcelona und Tar ragona hin, Olivenwälder bedecken und der dem Beſchauer einen eben ſo impoſanten als unvergeßlichen Eindruck zurückláßt, zieht ſich ein zu beiden Seiten mit Holz bewachſener Engpaß nach Manreſa ; eine höchſt ſchwierige Paſſage , die erzwungen
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werden mußte, und wenn ſie beſſer vertheidigt worden wäre, viele Menſchen gekoſtet håtte. So wurde denn im beſtåndigen Gefechte, hauptſåchlich der Seitenpatrouillen und der Urriergarde , der Marſch durch das Dorf Bruch bis zu dem zwiſchen hier und la Guardia befind lichen großern Engpaſſe des Monſerrats fortgeſetzt. Da man
die zur Rechten gelegenen ſteilen Anhöhen von den Kata loniern beſegt fand , machte man Halt und beorderte die naſ: ſauiſchen Voltigeurs nebſt einem weimariſchen Truppentheile zu ihrer Vertreibung , worauf dieſe auch mit vieler Entſchloſſen: heit unter dem feindlichen Feuer die ſteilen Anhöhen erſtürmten , und dann von der Höhe herab ihre Hörner ertónen ließen. Auf dieſe Art zur Rechten, ſowie links durch zwei als Seiten: patrouillen dienende Kompagnien von Weimar und von Hilda
burghauſen gedeckt , regte das Detaſchement mit möglichſter Vorſicht ſeinen Marſch bis zu dem hinter dem Monſerrat ges legenen Wald , in welchem das Gefecht mit den da links und 1
rechts poſtirten Kataloniern wieder lebhafter wurde , fort. Uebri gens fand man die Dörfer und Gehöfte von den Bewoh nern verlaſſen ; alle Männer hatten die Waffen ergriffen. Näher gegen Manreſa wuchs auch die Anzahl der Feinde , indem das
Gelåute der Sturmglocken (somaten) dieſer Stadt , ſowie der umliegenden Ortſchaften , die Annäherung der Kolonne verkún: dete und alle waffenfähigen Bewohner zum Kampfe rief. Der immer ſtärker werdende Andrang dieſer Schaaren und ihre ſtets
heftiger werdenden Angriffe nöthigten zu bedeutender Verſtår: kung der Seitenpatrouillen. Da die bewaffneten Haufen zwiſchen Salellas und Man: reſa den Uebergang über den eben angeſchwollenen Granollers: bach vertheidigten , ſo ward unter dem Sturmmarſche von dem
Detaſchement das Waſſer durchſchritten und der Feind in die Flucht gejagt. So hinter dem Walde und in der Nähe von Manreſa angekommen , verſuchten mehrere hundert Katalonier,, in einem an der Straße gelegenen Gehöfte feſten Fuß zu faſ: ſen , wurden aber auch daraus , ungeachtet ihres lebhaften 25 *
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Feuers , durch eine Abtheilung des Regiments Naſſau mit dem Bajonette vertrieben.
Endlich traf das Detaſthement unter einem faſt ununter brochenen Gefecht und nach einem zehnſtündigen Marſche, mit Verluſt an Todten und Verwundeten , des Nachmittags vor
Manreſa ein , von wo ſich alle Einwohner , mit Ausnahme 1
einer ſehr kleinen Anzahl , geflüchtet hatten , indeſſen man noch bewaffnete Haufen derſelben nebſt einer Anzahl Miquelets von da abziehen ſah. Hierauf nahm vom Regiment Naſſau das 1. Bataillon øſtlich der Stadt , ſowie das 2. Bataillon nördlich derſelben unweit eines kleinen Dorfes , und das herzoglich fåch fiſche Bataillon auf der Weſtſeite, mit Beſerung der dort be findlichen , nach Caſtellfollit gehenden Straße, an der Brüde über den Cardoner Stellung, während 300 Mann von legterm auch noch die Stadt beſekten. Manreſa, bekannt genug aus den Ereigniſſen des neueſten Bürgerkrieges , mit einer Bevölkerung von ungefähr 8,000 /
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bis 9,000 Einwohnern , iſt eine der gewerbſamſten Städte Spa
niens , hat eine Anzahl Fabriken , vorzüglich eine ſehr bedeu tende Seidenmanufaktur, eine ziemlich große Kirche, 6 Klóſter und 4 Thore. Sié dehnt ſich aus der Tiefe allmålig bergan aus und liegt an dem ſich etwa eine Stunde unterhalb in den Llobregat ergießenden Cardonerfluſſe, über welchen drei Brüden führen. Die Umgegend, deren Thal überaus fruchtbar iſt, bil det ein von Weinbergen , Feldern , Hügeln , Bergen und Sli venwåldern ſehr durchſchnittenes Terrain , was den Kataloniern bei ihrer eigenthümlichen Kriegsführung zu ihrer Vertheidigung um ſo mehr zu Statten kam , da auch einige Pulvermühlen 1
1
1
ſich in der Nähe befanden.
Vorzüglich wichtig iſt der Beſit dieſer Stadt deshalb, weil von hier aus nach Vich , Berga , Cardona , Solſona, Calaf , Agramunt , zum Segrefluffe und nach Balaguer Stra
ßen führen , ſo daß ſie dadurch der Hauptſtraßenvereinigungs punkt vom innern Katalonien iſt.
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Da Manreſa , als der Siß der Funta , die über ganz Ka talonien den Aufruhr verbreitete , ein Mittelpunkt der katalonis
ſchen Volksaufſtånde war , ro fah ſich auch das Detaſchement des Generals Schwarz vom Augenblick ihrer Befeßung an, von zahlreichen bewaffneten und kriegeriſch geſinnten Volkshau
fen , vorzüglich von der ganzen erbitterten Bevolkerung dieſes Drts , eingeſchloſſen , und bis in die Nacht im ganzen Um kreiſe durch deren Feuer beunruhigt. Da den 22., vom früheſten Morgen an, die Katalonier das Fcuer , welchem vorzüglich das , in der Nähe von Weinbergen und Gehölzen aufgeſtellte , naſſauiſche Regiment am mehrſten ausgelegt war , rings um die Stadt unterhielten und dadurch
eine Anzahl Leute tódteten und verwundeten , zugleich auch von den , auf der Südſeite gelegenen , bisher unbeſekten Berg hoben mit aller Macht vorzubringen ſuchten ,1 ſo ſah General Schwarz wohl ein , daß er, zu Behauptung der bisherigen aus: gedehnten Poſitionen gegen die, fich von Zeit zu Zeit vergrößernde, feindliche Uebermacht für die Långe der Zeit ohnehin zu ſchwach, tåglich vielé Leute verlieren und von der auch eben nicht über: fluffigen Munition allzuviel verbrauchen würde , während jeder 1
neue Bedarf aus dem 18 Stunden entfernten Barcelona mitten durch den Feind bezogen werden mußte. Er ließ daher, einer kon
zentrirten Aufſtellung halber und ſich blos auf die Vertheidigung der Stadt und einiger ihr nahe gelegenen wichtigen Punkte be ſchránkend , noch an demſelben Nachmittage die außenſtehenden 1
Truppen durch Thurmglockenzeichen zurückziehen, und die åußern Håuſer der Stadt, namentlich deren flache Dächer , mit Mann: fchaft beſeßen. Weil nun aber die Katalonier das Zurückziehen
nach der Stadt als Folge großer Bedrängniß anſahen, ſo folgten fie den Truppen allenthalben und vorzüglich dem naſſauiſchen Re
gimente , da deſſen Einrücken feiner entferntern Stellungen we: gen erſt am ſpäteſten erfolgen konnte , bis faſt an die nach der
Seite des Monſerrats zu gelegene Eingangsbrücke auf dem Fuße nach , wo ſie jedoch durch das lebhafte Feuer eines , eben im Einmarſch nach der Stadt begriffenen , 40 Mann ſtarken
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Da indeſſen der General Schwarz vermittelſt eines kata
loniſchen Spions , deren die Franzoſen , bei der eigenthümlichen Gewinnſucht der Katalonier , treffliche in jeder Hinſicht hatten, vom Marſchall Augereau von Barcelona aus die Nachricht er : hielt , daß dieſen Tag ein am 24. von dort aufgebrochener höchſt nöthiger Munitionstransport unter Eskorte eines ſtarken italieniſchen Bataillons nebſt 2 Kanonen für ihn in Manreſa eintreffen ſollte , ro fendete er dieſem Konvoi 8 Kompagnien des naſſauiſchen Regiments als Húlfsleiſtung drei Stunden weit nach dem Monſerrat zu entgegen , indeſſen er mit dem zurückbleibenden Truppentheile blos die am mehreſten gefährde ten Punkte der Stadt befekte.
Nachdem dieß naſſauiſche Detaſchement fich durch Verja gen der die Anhöhen von Manreſa beſegthaltenden Katalonier den Weg gebahnt hatte , und ſo ſeinen Marſch gegen den Mon ſerrat fortſegte, ſtieß es als Verſtärkung zum italieniſchen Ba taillon , und zwar zu ſeinem einzigen Heil , da dieſes bei meh reren Angriffen in den Engpäſſen an dieſem Berge bereits zwei von ſeinen fünf Pulverwagen verloren hatte und ſonſt, allem Vermuthen nad ), die andern auch noch eingebüßt haben würde. Obgleich von allen Seiten durch die feindliche Uebermacht ge drångt, und unter unausgefektem lebhaften Gefechte mit nicht unbedeutendem Verluſt an Zodten und Verwundeten , trafen nun dieſe vereinten Truppentheile nebſt den drei Pulverwagen am
Abend deſſelben Tages in und bei Manreſa ein ; das italieniſche Bataillon nahm nördlich der Stadt Poſition.
Während deſſen hatten auch die um Manreſa verbliebenen zahlreichen bewaffneten kataloniſchen Haufen den Abmarſch
des größten Theils vom Regiment Naſſau zur Ueberwältigung der als Befagung zurückgebliebenen ſchwachen herzoglich fåch
fiſchen und naſſauiſchen , nur ungefähr 900 Mann ſtarken Trup pentheile benußen zu können geglaubt, und deßfalls unausge:
fekte Angriffe, vorzüglich gegen das am Ende der Stadt hoch: gelegene Kloſter, unternommen , allenthalben aber die entſchloſ: ſenſte Gegenwehr gefunden. 1
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Indeſſen erlitt das Detaſchement des Generals Schwarz tåglich Verluſte, ſo daß das herzoglich fåchfiſche Bataillon ſeit der Beſebung von Manreſa bereits 10 Todte und 28 Ver: wundete záhlte. Das italieniſche Bataillon , welches während
des 26. bei Manreſa blieb , glaubte dadurch ein abſchreckendes Beiſpiel zu geben , daß es in feinem Lager einen mit den Waffen in der Hand gefangenen Katalonier, dem Armeebefehle 1
zufolge, aufknüpfte. Allein dieß erbitterte auch hier, wie überall, die bewaffneten Volkshaufen nur noch mehr, und ſie bewieſen
es durch ihr dieſen ganzen Tag hindurch noch lebhafteres Feuer gegen die Stadt. Das italieniſche Bataillon trat nebſt ſeinen 2 Kanonen
den für 8 Uhr Abends anbefohlnen Rückmarſch nach Barcelona, erſt gegen Mitternacht an, wahrſcheinlich um ihn im Dunkel der Nacht ruhiger und ſicherer zurüdzulegen. Der Major Knauth hatte es mit dem ſchwachen herzoglich fåchfiſchen Bataillon als Húlfs
leiſtung bis über den Paß des Monſerrats hinaus gegen fünf Stunden weit zu geleiten. Die vereinten Truppentheile erreich ten dieſen Punkt unter wenigen feindlichen Gewehrſchüſſen, wo durch einige Leute verwundet wurden , jedoch in Folge einiger Aufenthalte erft des Morgens 6 Uhr , alſo zu der Zeit , in wel: cher das fáchfiſche Bataillon , dem Befehle des General Schwarz
zufolge, wieder in Manreſa håtte eintreffen ſollen ,1 weil bei ſeiner Schwache und bei den vielen lokalen Schwierigkeiten ein
Marſch am hellen Tage die größten Beſorgniſſe erregen mußte. Kaum hatte auch das Bataillon , von den Italienern ge trennt , feinen Rückmarſch nach Manreſa angetreten , als der Feind nun bei Tagesanbruch deſſen geringen Streitkråfte ge wahrend , ihm auf dem Fuße folgte und es von allen Seiten
beſchoß, während die in der Umgegend ertönenden Sturmglocken neue Schaaren deſſelben herbeiriefen. Indeſſen deckten die in beiden Flanken zahlreichen Tirailleurs, ſo wie die, obgleich ſtets von bedeutender Uebermacht lebhaft gedrångte, aus einer wei: mariſchen Kompagnie beſtehende Arriergarde , den Weitermarſch unter unausgefektem lebhaften Gefechte bis zu dem breiten hoch
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angeſchwollenen Bach, unweit von Salellas, ivo die, durch das Terrain ſehr begünſtigten und in weitüberlegener Zahl poſtir:
ten Katalonier kühn den Weg vertraten und ſelbſt abzuſchnei den drobeten. Deßhalb ließ der Major Knauth ſofort feinen noch übrigen geſchloſſenen Bataillonstheil ſich gleichfalls in eine Tirailleurlinie auflöſen und griff ſo den Feind mit Ungeftúm an , verjagte ihn trok hartnäckiger Gegenwehr und regte ſeinen Marſch bis dicht hinter den legten Wald vor Manreſa fort, wo er ſein Bataillon ſich wieder formiren ließ.
An dieſem Holze fand man den Leichnam eines am 21 . beim Hermarſche nach Manreſa verloren gegangenen weimariſchen Soldaten, der gånzlich, den Kopf vermuthlich zur leichtern Er: kennung ausgenommen , verbrannt war , ſo wie die von zwei
andern Militairs, welche von jeder Bedeckung entblöſt und durch die zügelloſe Wuth der Barbaren auf das Schamloſeſte ver ſtúmmelt waren . Wie tiefen Eindruck nun auch dieſe Schreckens: bilder auf den Soldaten machten , fo feuerten ſie doch andrer:
ſeits zu verzweifeltem Muthe und höchſter Erbitterung an. Der Feind folgte unausgeſekt auf dem Fuße nach und drångte plöblich ſo heftig gegen die Urriergarde heran , daß auf einen Augenblick ſelbſt Gefahr für die, auf den zwei ſchma len mit vier Maulthieren beſpannten Karren transportirten
Verwundeten entſtand. Dieſe Karren waren ohnehin ſo über: laden, daß der ſchwerbleſſirte koburgiſche Lieutenant von Schau roth darauf nur mit größter Mühe fortgeſchafft werden konnte. Sene Gefahr wurde auch nur dadurch abgewendet, daß ſich der weimariſche Lieutenant von Schlegel mit einer Abtheilung den
Kataloniern , deren Hauptaugenmerk auf die Wegnahme dieſer Fuhrwerke gerichtet war, raſch entgegenwarf und ſo die bereits ganz nahen Feinde von ihrem Vorhaben abzuſtehen nöthigte. Indeſſen ſendete General Schwarz, als er das heftige Ges wehrfeuer Manreſa fich nähern hörte, den Anrückenden zwei naſſauiſche Kompagnien über eine Viertelſtunde weit zur Un
terſtübung entgegen , die aber , dem Befehle zufolge, wieder nach dieſer Stadt zurückkehrten, als das durch die unausgeſeka
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ten Gefechte aufgehaltene, nach einem neunzehnſtündigen Mar: ſche erſt um 3 Uhr Nachmittags auf den vor dieſer Stadt ges legenen Anhöhen eintreffende herzoglich ſáchfiſche Bataillon ei
nige ihm daſelbſt angewieſene Verſchanzungen befeßt hatte. Hier behauptete es ſich noch bis Abends acht Uhr unter min: der lebhaftem Feuer ., und rückte dann nach Manreſa in die ihm beſtimmten neuen Stellungen ein.
Sein Verluſt an dieſem Tage betrug 4 Todte und 18 Verwundete , wogegen der der Katalonier , vorzüglich bei der Vertheidigung der kleinen Brücke an dem erwähnten Bache
zur Erſchwerung des Uebergangs , wohl bedeutender geweſen ſeyn dürfte, obgleich ſie, durch die Terrainkenntniß bevorzugt, ſich wo nur möglich ſtets gedeckt zu ſtellen wußten. In den darauffolgenden Tagen wurde die Behauptung von Manreſa immer ſchwieriger , da die bewaffneten Katalonier wohl über 5,000 Mann ſtark um die Stadt herangewachſen waren, Tag
und Nacht die Befagung in Athem hielten und unausgeſekt Leute tödteten oder verwundeten.
Dadurch , daß das eingeſchloſſene Detaſchement ſeiner
Schwäche wegen nur die ausgedehnte verſchanzte Vorpoſten : linie und die Stadt zu vertheidigen ſich beſchränken mußte, wurde der ohnehin an Zahl übermächtige Feind täglich kühner gemacht, verſuchte nun auch von Zeit zu Zeit , unter Begún: ftigung der Nacht, den reichten Fluß zu durchwaten und die Stadt zu überrumpeln ; fand jedoch fortwährend die ohnedieß auch des Nachts bereitſtehenden Truppen ſo wachſam , daß er, von ihrem Feuer begrüßt, jedesmal von ſeinem Vorhaben ab: ſtehen mußte.
Wiederholte . an den General Schwarz gerichtete Anträge zur Uebergabe wurden zurückgewieſen, und dagegen alle Punkte, wo es noch möglich war , zu hartnäckiger Gegenwehr hergeſtellt; ſo daß der größte Theil der auf den gefährdeten Stellen zu
áußerſt liegenden Håuſer rings um die Stadt einen mit Schieß : ſcharten verſehenen Vertheidigungsort bildete. Zur Sicherung des Unterhalts für die Truppen , da die Dauer der Befeßung
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unbeſtimmt war, und damit jedes etwaige eigenmächtige Holen von Lebensmitteln unterbliebe, wurden die Thüren der Häuſer feſt verwahrt, indeſſen die von Zeit zu Zeit die Straßen durch ziehenden Patrouillen über die Aufrechthaltung dieſer Maas regel wachten .
Da es den Truppen ſeit der Befekung von Manreſa gånz lich an Fleiſch mangelte, ſo wurde folches für die in den Hos: pitälern ſich tåglich mehrenden Verwundeten und Kranken ein dringendes Bedürfniß, weßhalb eine Abtheilung Naſſauer wah rend der Nacht einen Zug zur Herbeiſchaffung von Vieh in die Umgegend unternahm. Die Einbringung der Beute in die Stadt zu erleichtern, wurde am 29. frůh ein allgemeiner Uusfall von der Beſaßung gemacht. Dadurch gelang es denn auch die
ſem durch weimariſche und gothaiſche Truppentheile in den Flan ken gedeckten naſſauiſchen Kommando, mehrere Stück Vieh un ter ſehr heftigem Feuer hereinzubringen. Indeſſen veranlaßten alle dieſe Gefechte immer mehr Verlufte an Mannſchaft, wo: bei aber immer die ſo ſichtbare Abnahme an Munition am
beſorgteſten machte, indem , wie bereits angeführt , blos etwas 1
über die Hälfte der von Barcelona nach Manreſa geſendeten daſelbſt angekommen , während der andere Theil in feindliche Hånde gefallen war. Wie dabei die åußerſt geringe Anzahl
der in der Stadt zurückgebliebenen Bewohner mit unſern Fein: den um die Stadt das Einverſtändniß , und wenn auch nur durch Signale, zu unterhalten trachtete, beweiſ't folgender Vorfall. In dem von einer weimariſchen Kompagnie beſekten , am Ende der Stadt hoch gelegenen , ſehr geräumigen Kapuziner kloſter, aus deſſen zahlreichen Kloſterzellen die Umgegend wirk ſam beſchoſſen wurde, waren zwei hochbejahrte und gebrechliche Mönche zurückgeblieben , welche, da ſie dem Mangel preisge geben waren , von den zugemeſſenen Rationen mit verpflegt wurden , jedoch ſich beinahe den ganzen Tag über verborgen hielten .
Da nun von dem platten Dache des Kloſters der
größte Theil des Kampfplaßes um Manreſa genau überſehen werden konnte , ſo wurde erſteres von Zeit zu Zeit durch die 1
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sla
Offiziere der Kompagnie beſtiegen, wobei eines Tages der Ver faſſer dieſes Buches zu ſeinem größten Erſtaunen den bejahr: teſten jener Mönche dort mit einer rothen Fahne in der Hand überraſchte, als dieſer eben, ſeinen Landsleuten gegenüber, Sig: nale gab. Nur fein hohes Alter ſchügte ihn bei dieſem Vers rathe , womit er das Vertrauen vergalt , und man unterwarf
fortan , wie natürlich, dieſe ſcheinbar ſo unſchädlichen Kloſter: 1
brüder einer ſtrengen Beaufſichtigung. Obgleich bei dieſer Lage der Dinge die Feinde nun auch durch Miquelets fich tåglich um die Stadt mehrten und wiederholte heftige Angriffe gegen die aufgeſtellten Poſten unternahmen , ſo bewies ſich doch auch hier , daß Muth und Disciplin über die bei ihnen vereinten Vortheile des Terrains und der Ueberzahl ſiegten, und daß fie, mit Nachdruck em : pfangen , meiſt das Weite ſuchten. Nachdem alle von den Kataloniern an den General Schwarz
met
geſtellten Anträge zur Uebergabe , ſowie ihre vielen Anſtrengun gen zur Bezwingung durch Waffengewalt beharrlich zurückge
2
7.04
wieſen worden und mißlungen waren , ſo wähnten ſie, durch Liſt und Verſprechungen ihren Endzweck zu erreichen und die Mannſchaft des Detaſchements zur Verführung hinzureißen , was aber ebenfalls an deren Ehre und Treue ſcheiterte. Nachdem ſie nåmlich an einem der legten Tage des März vom frühen Mor: gen bis zum Nachmittag ein lebhaftes Feuer um die Stadt unterhalten hatten , ſtellten ſie dieſes plóklich auf allen Punk
HI
10
modit prelie
Herobom liers *
liberiete n vurde
ten ein und kamen mit Zeichen zum Unterhandeln an die Vor poſtenlinie heran , die deßhalb auch augenblicklich jede Feind ſeligkeit unterließ , glaubend , daß die Einwohner von Manreſa und der Umgegend ſich unterwerfen wollten . Hierauf machten nun Schweizer in ſpaniſchem Solbe 1, als Dolmetſcher , den .
Antrag an die Mannſchaft, daß dieſe doch, da ſie von ſo be: deutender Uebermacht völlig eingeſchloſſen und ohne Ausweg verloren ſey, in ſpaniſche oder engliſche Dienſte übertreten möchte, oder wenn ſie dieß nicht wollte, nach England und von da in
ihr Vaterland eingeſchifft werden ſollte.
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Obgleich dieſe Anträge nach Verdienſt beantwortet wur:
den und an die Katalonier ſogleich die Weiſung, ſich auf der Stelle zurückzuziehen, erging, ſo hatten dieſe doch Gelegenheit gefunden, auf eine hinterliſtige und treuloſe Weiſe ein bis zwei naſſauiſche Offiziere gefangen zurückzuhalten , welchem Geſchick ein weimariſcher nur mit Mühe entging. Da endlich durch die täglichen Gefechte der Schießbedarf bis auf einen ganz kleinen Vorrath herabgeſchmolzen war und von Barcelona jede neue ſo ſehr erwartete Zufuhr ausblieb, dagegen die im Vertrauen auf ihre große Uebermacht, ſowie
auf die Hülfsloſigkeit und Bedrängniſſe des eingeſchloſſenen Detaſchements, unter der perſönlichen Anführung ihrer fanati: ſchen Geiſtlichen immer kühner werdenden kataloniſchen Maſſen ,
daſſelbe mehr einzuengen ſuchten, fo blieb dem General Schwarz, wenn er , ungeachtet aller möglichen Ausdauer ſeiner Truppen, nicht aus Mangel an Vertheidigungŝmitteln bei noch långerer Behauptung von Manreſa ſeinen weit überlegenen Feinden un terliegen ſollte, nur noch ein kühnes Wageſtück übrig. Dem: gemäß unternahm denn am 1. oder 2. April eine Abtheilung des naſſauiſchen Regiments, von der Dunkelheit der Nacht und
von der oft vorwaltenden Sorgloſigkeit der Katalonier begún: ſtigt, in tiefſter Stille einen Zug nach den eine Stunde von der Stadt entfernten Pulvermühlen, nahm dort eine Quantitåt Pulver weg und führte es auf Saumthicren , unter einem leb:
haften Gefechte mit dem ſolches inne gewordenen Feinde, glück: lich herein. Allein damit war dem Munitionsmangel nur einſeitig
abgeholfen, indem es nun immer noch gånzlich an Bley fehlte. Daher ergriff General Schwarz in ſeiner ſo höchſt bedenklichen Lage die einzige durch die eiſerne Nothwendigkeit gebotene du: Berſte Maasregel , daß er die Pfeifen aus der Orgel der Stifts kirche herausnehmen und ſie zu Patronenkugeln umgießen ließ. Dieſes Antaſten eines der Heiligthümer mußte aber bei der ſo fana tiſchen Bevölkerung die Erbitterung auf den höchſten Grad ſteigern .
Bei der gleichzeitigen Aufſuchung nach Munition in Man reſa und vorzüglich in den dortigen Kloſtern, die viele feſte und
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dem Auge durchaus verborgene Råume enthielten , fand man aber blos in der von einer weimariſchen Kompagnie beſekten
Mühle einen geringen Pulvervorrath nebſt einem kleinen Wurf geſchüß, welches lettere in das Waſſer verſenkt wurde. Náchſt dem ward auch noch hierbei von den Offizieren der die Bez ſaßung des früher erwähnten Kapuzinerkloſters bildenden Kom: pagnie (Weimar), und zwar in der Nähe einer bedeutend großen Grotte, in welcher ſich eine Fontaine befand, und wo man die bei Uebertretung der Kloſtergelübde eintretenden zeitlichen und ewigen Strafen ſinnbildlich mit lebensgroßen Figuren darge ſtellt ſah, ein unterirdiſches Gewölbe entdeckt. In dieſem wur: den ſowohl eine Anzahl Werkzeuge der Inquiſition als auch ſchwarz angeſchriebene Namen nebſt Jahreszahlen an den Wänden und bei dem Einſchlagen derſelben, worauf ſich ein Todtengeruch verbreitete, ſieben Skelette von Mönchen , die zur Strafe le >
bendig nahe an einander eingemauert worden waren, vorgefun
den. Jeder dieſer ſo martervoll Hingerichteten befand ſich in einem beengten Raume, der ihm nur eine ſikende Stellung und
wenig Bewegung geſtattete , wobei quer vor ſeiner Bruſthöhe in der Mauer ein eiſerner Stab befeſtigt war , auf welchem
mehrere dieſer Unglücklichen , vorwärts gebogen , mit gefalteten Hånden noch ruhten. *)
Da der General Schwarz zu dieſer Zeit durch einen Spion die Mittheilung erhielt , daß für ihn von Barcelona aus ein *) Da der Verfaſſer , dieſer Kompagnie angehörend , die Zuffindung I
und Unterſuchung dieſes Denkmals barbariſchen Mönchthums mit
bewerkſtelligte, ſo nahm er den an der Hand eines dieſer Skelette befindlichen Roſenkranz als Andenken ſchrecklicher Grauſamkeit an fich, wobei er nicht ahnete, daß ihm dieſe Reliquie in ſeiner bald darauf erfolgten , über vier Jahre lang dauernden harten Gefan genſchaft in Spanien und auf den baleariſchen und pithyuſiſchen Inſeln , durch das Iragen derſelben auf der Bruſt, gemäß dorti ger Landesſitte, und was da als Zeichen eines guten Chriſten (buen christiano) galt , eine zuweilen menſchlichere Behandlung 1
verſchaffen würde.
400
friſcher Munitionstransport am 3. April in Manreſa eintreffen ſollte, ſo ermuthigte dieſe frohe Kunde das von aller außern
Hülfe aufgegebene und tåglich mehr bedrängte Detaſchement zu neuer Thatkraft. Um nun die Aufmerkſamkeit der, fich nach
und nach bis wenigſtens an 6,000 Mann geſammelten , bewaff neten kataloniſchen Maſſen , die der ſo unternehmende General Milans befehligte, auf allen Punkten um Manreſa zu beſchäf
tigen und dadurch eine Erleichterung für den im Anzuge ge glaubten Konvoi zu erzielen , fand ſchon am frühen Morgen dieſes Tages ein allgemeiner lebhafter Ausfall ftatt, wobei 2
naſſauiſche und 2 ſáchſiſche Kompagnien auf der Seite nach dem Monſerrat zu , von welcher jener zu erwarten war , vor I
drangen und die Feinde , ungeachtet ihres beharrlichen Wider : ſtandes, auf allen Punkten zurückgetrieben wurden. Weil in deſſen bis am Nachmittage der erwartete Transport nicht an: langte , ſo zog ſich alles unter einigem Verluſte nach ſeinen frühern Stellungen wieder zurück. So ſchien es nun , daß für die Beſabung von Manreſa jede Hoffnung auf irgend eine Hülfe von anderwårts her ver
ſchwunden ſey, während , ungeachtet aller Ausdauer , ihre Lage, vorzüglich des Munitionsmangels wegen , tåglich bedenklicher .
werden mußte, indem auch außer dem Verluſt an Todten ſchon
über 200 Verwundete, worunter eine Anzahl Offiziere, im Hospitale fich befanden , und die noch vorhandenen Lebensmittel, beſtehend in etwas Brod , důrrem Gemüſe und Del , faſt aufge
zehrt waren, und dabei die Kräfte der Truppen nun bereits im Verlaufe von vierzehn Tagen und Nachten, entweder durch Ge fechte oder durch Bereitſtehen, fehr in Anſpruch genommen wor
den waren . Denn bei ihrer Unzulänglichkeit gegen den ſo über machtigen Feind mußten ſie unausgeſetzt von einem minder be drohten Punkte ſchnell nach einem plóklich gefåhrdeten ſich wenden . In Anerkennung ihres Verhaltens erließ auch Ge: neral Schwarz am 4. April 1810 in Manreſa folgenden Ta gesbefehl:
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„Ich kann nicht verweilen , fånımtlichen Herren Stabss, ,,Ober- und Unter - Offizieren meine Zufriedenheit über die
„ gute Disziplin , welche ſie bei ihren Leuten erhalten, ..hiermit kund zu thun , und ich verſpreche mir ,1 daß dies felben ſich beſtreben werden , die vortheilhafte Meinung, „die ich von ihnen gewonnen habe, forthin zu unterhalten ." ,,Dieſer Befehl wird drei Tage hintereinander den Sola ,,daten beim Verleſen wiederholt und ich erſuche die Herren
„ Kompagniekommandanten, denſelben meine gånzliche Zu ,,friedenheit über ihr tapferes Betragen gegen den Feind und ihre lóbliche Folgſamkeit bei den übrigen Gelegen „ heiten zu bezeugen ."
,,Der Brigadegeneral Schwarz." Inmitten dieſer Ereigniſſe von Manreſa fanden auf andern Punkten Kataloniens Begebenheiten ſtatt, welche einerſeits die
långere Vertheidigung dieſer Stadt unmöglich machten , und andererſeits zur Vernichtung des Detaſchements unter General
Schwarz hauptſächlich beitrugen. Denn obgleich dieſe Provinz indeſſen auch durch das 3. Urmeekorps unter General Suchet , welcher die Feſtung Lerida einſchloß , bedroht wurde 1, ſo hatte doch General O'Donell, ohngeachtet ihm dieſe zu entſeßen nicht gelang , durch die um: fichtige Beweglichkeit ſeiner Truppen nach allen Punkten hin den Marſchall Augereau im Schach zu halten und ſo die Ver: bindung beider franzöſiſchen Korps bisher zu verhindern gewußt. Konzentrirt in ſeiner vortheilhaften Stellung in und bei Tarragona , deſſen reiche Umgegend ihm Unterhalt verſchaffte,
dehnte er von hier nach allen Richtungen Kataloniens feine Bewegungen aus und benußte dann , durch deſſen patriotiſche Bewohner von Adem Kunde erhaltend , die guten Gelegenheiten, die irgendwo ſchwach beſetzten Stellungen zu überfallen ; zumal 1
da das von aller Verbindung mit Frankreich und den andern
franzöſiſchen Korps in Spanien abgeſchnittene 7. Armeekorps, ſeines nöthigen Unterhaltes wegen ſich auszubreiten und deshalb von Zeit zu Zeit Barcelona ſich zu nähern , genothigt war. 26
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So hätte fich General O'Donell mit ſeiner Hauptmacht am 1. April gegen Momblanch zur Bedrohung der Diviſion Sou:
ham und gleichzeitig eine , bei dieſem Orte ſtehende, 6,000 Mann ſtarke Diviſion unter dem Marechal de Camp , Juan
Caro , dieſen Tag nach Villafranca zur Ueberwältigung der dortigen Beratung gewendet. Da dieſe Stadt am 2. April
durch ein franzöſiſches Bataillon befekt war ,1 ſo leiſtete dieſes zwar Anfangs im Freien beharrlichen Widerſtand, mußte ſich aber zuletzt vor der ſo großen feindlichen Uebermacht in ein vor derſel:
ben hoch gelegenes , etwas befeſtigtes Gebäude werfen , wo es nach zweiſtündiger Gegenwehr ſich, über 600'Mann ſtark mit 2 Stabsoffizieren , kriegsgefangen ergab , nachdem es über 200 Todte und Verwundete verloren hatte. Auch die Spanier er: litten dabei verhältnißmåßigen Verluſt , und General Caro .
ſelbſt wurde verwundet.
Dieſe ſpaniſche Diviſion hatte die Weiſung gehabt , in einer Stellung hinter der Nova und mit dem Rücken gegen den Monſerrat, den General O'Donell mit deſſen nachfolgen den Truppen zu erwarten. Doch in der Nacht vom 2. zum .3. April war ihr der Befehl zugekommen , über Esparaguera nach Manreſa, zur Bezwingung des dort eingeſchloſſenen und hart bedrängten Detaſchements unter General Schwarz, zu marſchiren ; demgemåß war ſie am früheſten Morgen deſſelben Tages und zwar , da General Caro verwundet worden , unter .
den Befehlen des Generals Campoverde dahin aufgebrochen. Uber ſchon nach einigen Stunden des Marſches und eben als ſie über Piera gegen Esparaguera vorrückte , nahm ſie den Zug einer von Martorell gleichfalls nach Esparaguera begriffe nen Kolonne wahr und erfuhr alsbald durch bewaffnete Kata
lonier , daß es eine ſtarke franzöſiſche Abtheilung aus Barcelona mit einem
für Manreſa beſtimmten Munitionstransport ſey,
welche die verfloſſene Nacht bei Martorell zugebracht habe. Es war dies die vom Marſchau Augereau aus Barcelona am 2. mit dem ſo nöthigen Schießbedarf für den General Schwarz. nach Manreſa entſendete , von einem franzöſiſchen .
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Oberſten befehligte, gegen 1,000 Mann ſtarke Kolonne , bez ſtehend aus einem über 600 Mann ſtarken Bataillon des 67. franzöſiſchen Infanterieregiments, 240 Mann vom 5. Regiment der Diviſion Rouyer ( Herzoge von Anhalt und Fürſten von Lippe) , 60 Mann des herzoglich ſáchſiſchen Regiments von den als Beratung in Barcelona verbliebenen gothaiſchen und mei
ningiſchen Kompagnien , unter dem Lieutenant von Plaenckner, und aus ungefähr 30 Mann naſſauiſchen , weimariſchen und 1
koburgiſchen Rekonvaleszenten , die wieder zu ihren in Manreſa befindlichen Truppentheilen ſtoßen ſollten. 215 nun das am
3. frühmorgens aus dem Bivouak bei Martorell aufge brochene Detachement , welches dieſen Ort von ſeinen Bea
wohnern ganz verlaſſen gefunden hatte , in der Nähe von Es: paraguera angekommen war , fand es dieſen Fleden nicht allein
von dem Feinde ſtark befekt, ſondernfah auch zugleich ſeine linke Flanke von der auf ihrem Zuge nach Manreſa bes griffenen Diviſion Campoverde bedroht. Sich zu ſchwach füha lend , um hier Angriffsweiſe zu Werke gehen zu können , trat das Detaſchement ſofort wieder feinen Rückzug auf der Straße 1
nach Martorell an * ). Da indeſſen der Feind , und zwar mit
Bedacht, nur langſam nachgefolgt war , weshalb man ihn auch nicht für ſo ſtark hielt , ſo wendete ſich das Detaſchement wie: der zum Angriffe gegen Esparaguera. Aber nun ward es in der
zwiſchen dieſem Flecken und dem Dorfe Abrera befindlichen Ebene in ein lebhaftes Frontgefecht verwickelt uno , da ſein
linker Flügel zu weichen anfing, abermals zum Růđzuge ge *) Hier fand man ein empórendes Opfer der ausgeſonnenſten feindli chen Rache und Grauſamkeit: einen meiningiſchen Soldaten, wel cher aus Ermattung dem Detaſchement nicht hatte folgen tonnen, zwar noch lebend ., aber mit zwei tiefen kreuzweiſen Meſſerſchnit ten über den Kopf , mit durchſchnittenen Fingergelenken und einer Schußwunde im Unterleib in ſeinem Blute ſchwimmend. Er flehte nur um einen Trunk Waſſer ,1 und war , ſeiner Ausſage nadı, von mehrern Bauern und Bäuerinnen nach und nach To martervol gemißhandelt worden. 26 *
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nóthigt. Sogleich machte die ſpaniſche Kavallerie einen ſo hef tigen Ungriff auf die Kolonne ,I daß dieſe dadurch in Unord
nung gerieth und, von den Spaniern hart gedrångt, fich eiligſt über eine kleine Brüde , die über ein tiefes Nebenflüßchen des
Llobregat führt, zurückzog. Obgleich ſich nun hinter derſelben die Truppen ſchnell zu ordnen ſuchten , ſo ſprengte ſie doch zu gleicher Zeit ein neuer Angriff der Kavalerie abermals .
auseinander, und ihre Bedrängniß ſteigerte ſich auf den höchſten Grad , als ſie auch noch die hinter fich liegende Brücke über die Noya von bewaffneten Einwohnern Martorels beſegt fan den. Ein Theil derſelben bahnte fich über dieſe Brücke und
durch den Ort mit dem Bajonette den Weg , indeſſen die noch links des Fluſſes verbliebene größere Anzahl ſchleunigſt ein Quarrée zu formiren ſuchte , jedoch während der Ausführung durch einen dritten lebhaften Angriff der ſpaniſchen Kavallerie und nachrückenden Infanterie auseinander geſprengt und ſo in vôliger Auflöſung nach der Nona und dem Llobregat zu ge trieben wurde. Bergebens verſuchten nun noch einzelne Trupps,
Rücken an Rüden gelehnt , ſich zu vertheidigen I, und wer nicht unter den Sábeln der feindlichen Reiterei fallen wollte , dem blieb keine andere Wahl , als ſich von dem , oft mehr als 30 .
Fuß hohen , ſteilen felſigen Ufer in das Waſſer hinabzuſtürzen, um fo am jenſeitigen , weniger ſchroffen Flußrande ſeine Ret: tung zu ſuchen , wobei jedoch manche ihren Tud fanden , und viele ihre Gewehre verloren.
Demnach erreichten blos gegen 500 Mann dieſer Kolonne am Abend deſſelben Tages die Gegend um Barcelona , und zwar betrug der Verluſt der Franzoſen ungefähr 320 Mann, der von dem Truppentheile des Regiments der Herzoge von Un halt and Fürſten von Lippe wenigſtens 140 Mann , und der jener vorerwähnten Abtheilung vom herzoglich fåchſiſchen Regi mente 40 Mann.
Von dieſer entging der ſie führende gothaiſche Lieutenant von Plaendner , welcher nebſt 20 Mann , unter denen 5 Ver wundete waren , nach Barcelona wieder zurückkehrte, nur da
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durch dem wahrſcheinlichen Tode, daß er ſich , als die ſpaniſche Kavallerie bis auf wenige Schritte herangekommen , durch
ſchnelles Hinabſtürzen in die Noya an das andere Ufer rettete, während jene faſt alles ohne Ausnahme niederhieb und die blutgierigen Volkshaufen einen Theil der Verwundeten und Ge:
fangenen ſchonungslos umbrachten oder empórend mißhandelten. Der größere Theil aller von Ermordung oder Mißhandlungen verſchont Gebliebenen hatte ſeine Rettung hauptſächlich den ſpa:
niſchen Schweizertruppen zu verdanken . Bei dieſem Gefechte waren eine große Anzahl Todter und unter den Offizieren einer von der anhaltiſchen Abtheilung auf dem Plaße geblieben ; un ter den Bleſſirten befand ſich der gefangene lippiſche Lieutenant
von Korff, der einen Såbelhieb im Kopf erhielt. Auch der größte Theil der gefolgten 30 Rekonvaleszenten hatte ſeinen Unter: gang gefunden .
Der unglückliche Ausgang dieſer Erpedition dürfte wohl,
außer dem unerwarteten Zuſammentreffen mit einer feindlichen Uebermacht, beſonders der verſchiedenartigen Zuſammenſtellung der Truppen beizumeſſen ſeyn.
Wegen dieſen , binnen wenigen Tagen bei Villafranca und Martorell erfochtenen Vortheilen , glaubten nun die Spanier, das bereits von bedeutender Uebermacht eingeſchloſſene, durch die aufgezählten Umſtånde ſo hart bedrångte , von dem achtzehn
Stunden entfernten Barcelona abgeſchnittene naſſauiſche und ſáchſiſche Detaſchement in Manreſa , durch Herbeiführung fol cher anſehnlichen Streitkräfte von 2 Liniendiviſionen , ebenfalls
völlig zu vernichten . Marſchau Augereau ſelbſt hielt , nach der Kunde von dieſen Ereigniſſen und nach der ganzen Lage der Dinge , dieſes Detaſchement bereits für verloren. Nachdem am 4. April die Katalonier während des Vor
mittags ein weniger lebhaftes Feuer um Manreſa , dem Vera muthen nach , um vorerſt die ihnen bekannte Ankunft ihrer an dieſem Tage einzutreffenden Verſtärkungstruppen abzuwarten, unterhalten hatten , langte plößlich des Nachmittags auf der
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óſtlichen Seite der Stadt die zwiſchen 3,000 bis 4,000 Mann ſtarke leichte Diviſion Miquelets unter dem Oberſten Rovira an. Bald hierauf fah man einen ſpaniſchen Parlementairoffizier, von einer Maffe tobender Volkshaufen geraume Zeit umringt, fich den Vorpoſten nähern. Er wurde in die Stadt zum Gene ral Schwarz geleitet. Dieſer Offizier entledigte ſich nun ſeines fchriftlichen Auftrags, der Aufforderung zu ſofortiger Uebergabe der Stadt und der Beratung, mit dem Bemerken , daß , wenn dieſem Antrage nicht ſogleich Folge geleiſtet würde , alsbald ge ſtürmt und alles niedergemacht werden ſollte. Gleichzeitig machte er den General Schwarz mit den unglücklichen Ereig niſſen bei Vilafranca und Martorell bekannt und bemerkte ihm nod ), daß , da er von aller Hülfe abgeſchnitten und durch eine ſo weit überlegene, wenigſtens 9,000 Mann ſtarke, bewaffnete
Macht bereits umringt , auch noch eine Diviſion im Unmarſche
gegen ihn begriffen fer , er doch zu Vermeidung alles unnügen Blutvergießens dem angebotenen Kapitulationsantrage, den er den Umſtänden nach mit allen Ehren annehmen könnte,1 ent ſprechen möchte.
Nachdem General Schwarz den Parlementairoffizier långere Zeit aufzuhalten gewußt und dadurch einer eben bei ihm ver fammelten Anzahl Offiziere ſeines Detaſchements Befehle zur ſchleunigen Ergreifung der kräftigſten Widerſtandsmaasregeln auf allen Punkten gegeben ,
ſowie den Stabsoffizieren ſei
nen beſondern Entſchluß , die Stadt jedenfalls bis gegen Mit ternacht noch zu vertheidigen und dann ſich nach Barcelona
durchzuſchlagen , mitgetheilt hatte , entließ er den Parlementair mit der Antwort : daß er , im Vertrauen auf die fernere Bes harrlichkeit und Tapferkeit ſeiner ihm anvertrauten und oft er:
probten Truppen , jeden Kapitulationsantrag verwerfe und den angedrohten Sturm entſchloſſen erwarte. Hierauf wurden nun mit größter Thåtigkeit allenthalben die am mehrſten gefährdeten Punkte möglichſt haltbar gemacht und alles zu einem kräftigen Widerſtande vorbereitet, obgleich der nur noch unbedeutende Munitionsvorrath Anlaß zu gegründeter Beſorgniß geben mußte.
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Kaum war der Parlementair jenſeits unſerer Vorpoſten linie , von bewaffneten kataloniſchen Volkshaufen umringt , in das lager zurückgekehrt, ſo růckten ſchon 4. Bataillone feindli cher Linieninfanterie gegen die öſtliche und weſtliche Seite der Stadt heran , indeſſen 1 Eskadron vom Dragonerregiment Nu mancia ihnen in der Ferne folgte. Ungefähr gegen 5 Uhr Nachmittags ſtürmten nun dieſe
Bataillone lebhaft gegen die von den Naſſauern beſetten Ver ſchanzungen heran , wurden aber von dieſen braven Truppen mit ſolchem Nachdruck empfangen , daß ſich 1 Bataillon der: felben auflóſ’te und in wilder Flucht einem Slivenwäldchen 1
zueilte. Ein lauter Beifallruf ertönte deshalb von den andern ,
Angeſichts deſſen auf den hoch gelegenen Punkten der Stadt poſtirten Truppentheilen. Kurz hierauf erfolgte gleichfalls ein lebhaftes Vordringen der durch die Ankunft ihrer Linientruppen wo möglich noch ermuthigtern , ihres Sieges fid) gewiß wähnen
den und durch die Anführung ihrer Geiſtlichen enthuſiasmirten Katalonier gegen die auf der weſtlichen Seite gelegene , von fåchſiſchen Truppentheilen vertheidigte Brücke. Allein auch dieſe ſo zuverſichtlich vorrückenden Haufen wurden durch ein heftiges und wirkſames Feuer ſo nachdrücklich empfangen , daß fie bald auseinanderſtoben . Durch dieſe beiden gleich anfangs erlittenen Unfälle ſchienen die Feinde etwas an ihrer Zuverſicht
verloren zu haben . Zwar unternahmen ſie , vorzüglich ihre Linientruppen , noch mehrmalige Angriffe auf die naſſauiſchen Verſchanzungen , ſcheiterten aber jedesmal an dem ihnen entge gengeſellten beſonnenen Widerſtande und an der geſchickten Bes nußung des bekannten durchſchnittenen Terrains . So hatte das lebhafte Gefecht unter beiderſeitigem Verluſte faſt auf al len Theilen der Stadt , beſonders aber auf der Oſt- und Weſt
feite, bis Abends 7 Uhr angehalten 1, als auch die , aus einer Abtheilung des Schweizerregiments Kaiſer mit beſtehende Avant garde der vom Monſerrat anrückenden ſpaniſchen Diviſion Campoverde auf jener Seite eintraf. Da nun der Feind we nigſtens 10,000 Mann , worunter die Hälfte Linienmilitair ,
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vor Manreſa verſammelt hatte, ſo ſah ſich General Schwarz, hauptſächlich zur möglichſten Munitionserſparniß, genöthigt, ſeine Truppen von den außerhalb befekten Punkten zurückzuziehen. Doch behauptete der Kapitain Hopfensberger *) vom naſſauiſchen Regimente mit ſeiner Abtheilung die von ihm eingenommenen Stellungen mit rühmlicher Standhaftigkeit gegen die ihm weit überlegenen feindlichen Linientruppen noch bis zum Eintritte der
Dåmmerung , Abends 8 Uhr. Dieſer Offizier bewerkſtelligte hierauf glücklich ſeinen anbefohlnen Rudzug , obgleich der zahl: reiche Feind ihm bis an die Stadt nachfolgte, eine Abtheilung des Dragonerregiments Numancia die feinige erreichte, und ein Dragoner ihm ſelbſt ſeine Kopfbedeckung herabhieb. Dem General Schwarz blieb nun , ungeachtet aller Hin: gebung und alles Muthes ſeiner bereits durch bedeutende Ver
luſte geſchwächten Truppen, keine andere Wahl, als das große Wagniß : fich , um einer demüthigenden Kapitulation zu ent:
gehen , durch ſeine übermåchtigen , mit allen Bedürfniſſen wohl verſehenen Gegner und durch das ſo ſchwierige Terrain nach dem achtzehn Stunden entfernten Barcelona durchzuſchlagen ;
denn jeder Soldat hatte nur noch ungefähr 30. Stůck Patro nen , und die Lebensmittel reichten , mit Ausnahme des Weins, auch nur noch auf kurze Zeit hin , während die Anzahl der Ver wundeten , ſowie die Sorge für deren Unterhalt und Pflege, fich tåglich mehrte. Zur Sicherung des anzutretenden Rückzugs ließ man daher ſogleich durch die Sappeurs des geſammten Detaſche
ments die Cardonerbrücke ungangbar machen und die Thore verrammeln . Desgleichen wurden die Strånge der Glocken abge ſchnitten , um ſo das zu befürchtende Sturmlåuten (somaten ) der Einwohner nach erfolgtem Abmarſch aus der Stadt zu ver: hindern. Gleichzeitig mußten auch alle Fuhrwerke , wenn ſie nicht in feindliche Hånde fallen ſollten ,1 vernichtet werden , in *) Dieſer Offizier gchorte dem Kontingente des Fürſten von Hohen: zollern - Sigmaringen an , welches als ein Beſtandtheil zum 1 .
naſſauiſchen Infanterieregimente geſtoßen war.
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dem die noch einzige ſcheinbar mögliche Rückzugslinie nach Bar celona über die Brücke Vilamara des Llobregat durch die un:
wegſamen Gebirge des Col David nach Barata und Sabadell führte, während die gerade und am Monſerrat vorüber nach Esparaguera führende , von dem übermächtigen Feinde völlig verſperrt war.
Das Bekümmerndſte und Schmerzlichſte dabei war die un
vermeidliche Nothwendigkeit , in Manreſa 300 Verwundete ihrem Schickſal und der nur zu ſehr zu befürchtenden Wuth der eindrin :
genden rachegierigen Volkshaufen, hauptſächlich der aufs Höchſte erbitterten Einwohner dieſer Stadt, überlaſſen zu müſſen . Alles was für ſie gethan werden konnte , beſtand darin , ſie dem
Schuß einiger dort zurückgebliebener Geiſtlichen , die ſich mit der lobenswertheſten Hingebung bisher ihrer Pflege unterzogen
hatten , und nächſtdem der årztlichen Hülfe mehrerer zurück: zulaſſenden Chirurgen anzuvertrauen. Nachdem nun alle Poſten eingezogen und die Wachfeuer,
zu möglichſter Verbergung des Abzugs , ſorgfältig noch unter: halten worden waren , trat General Schwarz um 11 Uhr Nachts im Angeſicht der ganz nahen und zahlreichen feindlichen Bivouakfeuer, von Dunkelheit begünſtigt, in tiefſter Stille den Růckzug zu dem , Barcelona gerade entgegengeſeßten Thore hinaus an , um ſo durch einen Rechtsflankenmarſch die feind lichen Stellungen vor Manreſa in einem Bogen zu umgehen.
An der Spike der Kolonne marſchirte das Regiment Naſſau, welchem das ſáchfiſche Bataillon und von dieſem die weimari: ſchen -hildburghåuſiſchen Kompagnien zuleşt folgten, indeſſen die Arriergarde des Ganzen der Lieutenant von Seebach mit 40 Mann weimariſcher Fúſiliere bildete.
Ats Wegweiſer diente
ein in Manreſa anſåffiger Franzoſe, welchem Weib und Kinder folgten und der während der Befeßung dieſer Stadt von dem
General Schwarz als Spion gebraucht worden war.
Da der
einzuſchlagende rauhe Gebirgsweg nur den Flankenmarſch ge ſtattete , ſo nahm der Zug der Kolonne eine ziemliche Ausdeh.
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nung ein. Dieſe verlängerte ſich überdieß bedeutend , da bei der Dunkelheit der Nacht die Rotten nicht immer gehörig auf
ſchloſſen ; mithin verging eine geraume Zeit , bevor die Arrier: garde aus Manreſa nachfolgen konnte.
Kaum hatte der Rückzug in der den Truppen völlig
unbekannten Gegend , bei der durch die Nacht erzeugten Un ficherheit und bei der Gefahr , jeden Augenblick auf den Feind
zu ſtoßen , gegen eine halbe Stunde von der Stadt gedauert, als ein zur Rechten befindliches ſpaniſches Piquet Feuer gab,
dadurch ungefähr fünf Mann tödtete oder verwundete, jedoch augenblicklich entfloh. Bei dieſem Ereigniß erwachte wieder lebhaft das ſchreckliche Gefühl, daß alle , welche wegen Ver wundung oder aus irgend einem andern Grunde der Kolonne
nicht würden folgen können, hier hůlflos liegen bleiben und der ausgeſonnenen Grauſamkeit dieſer blutgierigen Volkshaufen über: laſſen werden mußten. Der Marſch wurde nun ungeſtört bis zu einem Gehölze fortgeſebt, wo aber der Feind aus einem Ver : ſteck das Feuer eröffnete. Hierauf gelangte man bis zu der nach dem Col David über den Llobregat führenden Brücke Vi lamara , welche auch nach ſchneller Ueberwåltigung des ſie be fekt haltenden ſpaniſchen Poſtens genommen wurde , während der im nahen Gehölz verſteckte Feind mit ununterbrochenem Feuer die Brücke beſtrich und eine Anzahl Soldaten verwundete.
Nachdem die ausgedehnte Kolonne , jenſeits des Fluſſes fich rechts wendend , eine kurze Zeit lang einen ſchmalen Ges birgsweg verfolgt hatte , hielt ſie, als ihre Queue noch nahe der Brücke war , auf einmal an , weil der Führer den rechten über St. Saime nach dem Col David führenden Weg verfehlt zu
haben, erkannte. Dieſer Irrthum, verbunden mit anderm Miß geſchicke, das ſeiner Erheblichkeit wegen weiter unten ausführ: licher erzählt werden ſoll, wurde, wie die Folge zeigt, die Ver : anlaſſung zur Vernichtung eines großen Theils des Detaſche ments, indeſſen ſein Ueberreſt ſich nur unter faſt unglaublichen Unſtrengungen durch ſeine ſo übermächtigen und durch das
Terrain ſo ſehr bevorzugten Feinde nach Barcelona durchzuſchla:
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+
gen vermochte. Ohnehin mußte jede Verzögerung des Rückzugs höchſt verderblich ſeyn , weil jeder Augenblick die Gefahr , von den aus Manreſa nacheilenden Linientruppen eingeholt zu wer: den, vermehrte. Aisbald wendete nun die Tête der Kolonne fich links, wih
rend dem Befehle zufolge, ihre an der Brücke noch befindlichen hinterſten - Kompagnien Halt machten , um dem vorůbermar ſchirenden rechten Flügel ihrer Reihe nach wieder zu folgen.
Bei Ausführung dieſer Anordnung gerieth eine ungefähr 200 Mann ſtarke Abtheilung des naſſauiſchen Regiments wegen der Dunkelheit der Nacht und bei dem ſo ſchwierigen Terrain , un ter den weimariſchen Truppentheil. Da aber hierauf der Ge.
neral Schwarz, um ſich zu überzeugen, ob alles ſeine gehörige ordre de bataille habe , das Ganze an ſich vorbeimarſchiren ließ und dieſen Fehler wahrnahm , ſo ertheilte er alsbald
dem mit dem hildburghåuſiſchen Kontingente an der Tête der weimariſchen Kompagnien marſchirenden Lieutenant von Koppenfels den Befehl , zu halten , um dieſe naſſauiſche Ab theilung zum Wiederanſchließen an ihr Regiment vorbeimar: ſchiren zu laſſen. Hierbei ließ aber der General ganz außer Ucht, auch dieſer naſſauiſchen Abtheilung ſelbſt ſeinen Befehl mitzutheilen. Nachdem nun die beiden Truppentheile , dieſes Verſehens wegen eine Zeitlang angehalten hatten , indem der hildburghäufiſche Offizier das Vorübermarſchiren der naſſauiſchen Abtheilung erwartete, das aber von dieſer unterblieb , da ihr kein Befehl darüber zugekommen, und ein eigenmächtiges Heraus brechen aus ihrer jetzt eingenommenen Linie bei dem beengten Terrain und der herrſchenden Nacht nur neue Unregelmäßig keiten in das Ganze gebracht haben würde , bemerkten ſie dieſes Mißverſtåndniß nur zu ſpåt dadurch, daß fie von dem übrigen Detaſchement, mit welchem General Schwarz ſeinen Weiter marſch indeſſen fortgeſetzt hatte , und von dem gleichfalls der Major Knauth mit den gothaiſchen und koburgiſchen Koma pagnien nebſt etwa 60 Mann von den weimariſchen unter dem Lieutenant von Goldacer anfangs abgekommen, zu dem er je.
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doch einige Zeit hierauf ohne Verluſt wieder geſtoßen war, ſich gånzlich abgeſchnitten ſahen. Dieſer ſich völlig allein überlaſſene, blos ungefähr 450 Mann ſtarke, naſſauiſche, weimariſche und hildburghåuſiſche Truppentheil , über welchen der Hauptmann Marquard vom Re
giment Naſſau, als & lteſter Offizier, das Kommando übernahm , verfolgte nun anfangs ungefähr eine Viertelſtunde weit den
von der Hauptkolonne eingeſchlagenen Marſch, bis er auf ein mal an einen Vereinigungspunkt von drei Wegen ſtieß, und nun nicht wußte, welcher der rechte fen . In dieſer, durch die gånzliche Unkunde der Marſchdirektion und durch die Unkenntniß der Sprache noch verzweifelteren Lage , wobei jeder Verzug die Zahl der ringsum befindlichen Feinde vermehrte und die nachrückenden ſpaniſchen Linientruppen immer nåber heranführte, konnte man nichts anderes vor Au gen haben, als den gånzlichen Untergang dieſer Abtheilung, die ohnedieß mit unzureichender Munition verſehen war . Indeſſen
wurden ſogleich drei von Offizieren geführte Patrouillen auf eine halbe Stunde Entfernung nach jenen drei verſchiedenen Richtungen abgeſendet, um ſo, wo möglich , den vom General Schwarz eingeſchlagenen Weg zu entdecken, während der übrige 1
Truppentheil auf einer nahe gelegenen , von Holz umgebenen Anhöhe Stellung nahm und der Mannſchaft das tiefſte Still ſchweigen anbefohlen wurde. Nachdem nach långerem Ver weilen die ausgeſendeten Offiziere wieder zurückkehrten, von de
nen der naſſauiſche Lieutenant Kathreiner , bei Anwendung der möglichſten Auskundſchaftsmittel , durch den ſcheinbar gering
fügigen Umſtand der Auffindung von friſchgefallenen Pferdes åpfeln den vom General Schwarz verfolgten Weg entdeckt zu ha ben glaubte, wurde nun dieſer augenblicklich, als eben die Mor:
gendämmerung am 5. eintrat, aufs Gerathewohl eingeſchlagen. Nach einer kurzen Strecke betrat dieſe Abtheilung, beren Avantgarde der weimariſche Kapitain von Germar mit ſeiner
Kompagnie und die Arriergarde der Lieutenant von Seebach mit einer weimariſchen übtheilung befehligte, einen ſchmalen
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beſchwerlichen , von beiden Seiten von hohen ſchroffen Gez birgen eingeengten Fußpfad, welcher nur Mann vor Mann zu marſchiren geſtattete, wodurch der Zug eine bedeutende Aus dehnung erhielt. Ungeſtört war ſo der Marſch bis in die Höhe von Valloneſta fortgeſegt worden , als auf einmal der Unruf: Quien viva ? ( Wer da ? ) eines feindlichen , bei einem auf dem Gipfel des Berges gelegenen Gehöfte aufgeſtellten Piquets er : folgte. Obgleich ſolcher mit dem Zuruf España (Spanien) beantwortet wurde , ſo erkannte doch der Feind dieſe Kriegsliſt ſogleich und gab auf die in der Tiefe Marſchirenden Feuer, wodurch er einen Mann ſchwer verwundete, der ihm überlaſſen werden mußte. Augenblicklich erfolgten noch vom jenſeitigen 1
Gebirge mehrere Gewehrſchüſſe, worauf nun auch aus einer nahen Kapelle das Sturmläuten erſcholl, welches , gleichfalls
bald von den Glocken der ganzen Umgegend ertónend, alle Bes wohner zu den Waffen rief, welche denn auch mit der ihnen eigenthůmlichen Schnelligkeit und Begeiſterung zur Vertheidi gung ihres heimatlichen Bodens ringsum alle Höhen und feſten Stellungen ſofort beſekten und den in den Engpåſſen vor: rúdenden Truppentheil lebhaft zu beſchießen begannen .
Es ward indeß unaufhaltſam vorwärtsgedrungen, obgleich mit Zunahme des Tages die Zahl der Guerillashaufen, welche die Gebirge krónten und die alle Schluchten und Felſen be
ſekten , ſich allenthalben ſichtbar mehrten.
Raſch mußten
daher die Engwege unter dem heftigſten Feuer der meiſt unangreifbar poſtirten Feinde durcheilt und hierauf die vorlie genden Höhen erſturmt und die Katalonier hinabgeworfen wer: den , indem man auch die Truppen des Generals Canpoverde
jeden Augenblick im Rücken andringen zu ſehen , erwartete. Alle vorwärts liegende Gebirgskåmme, durch welche der berg auf und bergab gehende Weg führte , waren ſtets zu beiden Seiten entlang vom Feinde beſeßt, welcher den ſo ausgedehnten Truppentheil in der Fronte , in den Flanken und im Rücken ſeiner ganzen Långe nach zugleich beſchoß. Bei der eintreten: den brennenden Tageshite wurden die Höhen nur mit vielen
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Anſtrengungen genommen , während Guerillas - Schwärme zu beiden Seiten unaufhörlich folgten und durch ihr unausgeſek: tes Feuer Tod und Verderben in unſere Reihen brachten. Hierbei verurſachten nun auch oft Todte und ſchwer Ver :
wundete, welche den ſchmalen Fußſteig verſperrten und erſt duf die Seite geſchafft werden mußten , Aufenthalt, Trennung und Wiederaufſchließen , endlich Ermattung der Truppen. Auch war es ſchrecklich, daß man nicht einmal die geringſte Zeit hatte, den Bleſſirten årztliche Hülfe leiſten zu können, und daß .
alle dieſe , welche, nebſt den Kraftloſen , nicht zu folgen im Stande waren, aus Mangel an jedem Transportmittel, der fa natiſchen Wuth und Grauſamkeit der Katalonier überlaſſen werden mußten .
Da dieſe Unglücklichen den raubſüchtigen
Haufen zur beſondern Zielſcheibe dienten , ſo wurden ſie zu: gleich für ihre Kameraden die Ableiter einer heftigeren Ver
folgung, indem über jeden Einzelnen derſelben eine Anzahl dies fer Beute- und Mord- Luſtigen herfiel. Mit Ubſcheu muß hierbei der Gedanke erfüllen , daß dieſe entmenſchten Banden ſich gegen
die, welche lebend oder todt in ihre Hände fielen , nur zu oft und zwar ſelbſt, noch ehe ſie ihnen den Todesſtoß gaben, Schandtha ten erlaubten. Wer dieſes Land und dieſe Kriegführung nicht mit eigenen Augen geſehen hat, kann ſich unmöglich von allen die ſen den Truppen unaufhörlich entgegenſtehenden Hinderniſſen, Gefahren und Gråueln eine gehörige Vorſtellung machen. Denn abgeſehen von der Dertlichkeitskenntniß, verſchaffen auch Uebung und Kleidung dieſen Gebirgsbewohnern eine bedeutende Ueber legenheit über regelmäßige Truppen. Mit faſt unglaublicher Schnelligkeit und Leichtigkeit erſteigen ſie die ſchroffſten Berge, ſuchen allenthalben ihren Gegnern zuvorzukommen , durch ihr nach allen Seiten hin gerichtetes Feuer Unordnung in deren Reihen zu bringen , und ſie unausgeſekt in Uthem zu erhal ten, während der mit Sack und Pack beladene, in ſeine Mon
tirungsſtücke eingeengte Soldat ſchon mit deren Laſt und der Hiße zu kåmpfen hat.
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Obgleich nun unter folchen Verluſten ſich die Zahl der ohnedieß ſchwachen Abtheilung eben ſo ſichtlich minderte, als die unter dem im Umkreiſe unaufhörlich ertönenden Glockenſchall von allen Seiten herbeiſtrómenden Feinde fich auf allen Gea birgen zahlreich mehrten und , unter Benußung aller fich ihnen darbietenden Terrainvortheile zur Hemmung des Rudzugs und zur völligen Vernichtung der kleinen Schaar, ihr kühn entgegen traten , ſo blieben doch alle ihre Anſtrengungen ſtets fruchtlos, indem ſie unter verzweifeltem Kampfe von allen vorwärts ge legenen Stellungen herabgeworfen wurden , indeſſen die , eben:
fals heftig bedrängte Arriergarde die Schritte der unaufhaltſam ganz nahe folgenden Feinde zu hemmen ſuchte. So ward der
bisher noch immer ungewiſſe Marſch bis in die Engpäſſe des Col David fortgeſellt. Hier gab auf einmal ein unbedeutender Umſtand einen Schimmer von Hoffnung, daß die Abtheilung dem Wege des Generals Schwarz wirklich folge, indem man in der Nähe des Gebirgswegs auf ein zur Kolonne deſſelben gehörendes zurückgebliebenes lahmes Maulthier ſtieß. Nachdem dieſe Truppenabtheilung , ſich allein überlaſſen , ungefähr vier Stunden lang ohne nur einen Augenblick Ruhe,
unter faſt unglaublicher Ausdauer und mit Aufopferung der Hälfte der Mannſchaft ſich bis hieher durchgeſchlagen hatte , er ſchien plößlich in ihrem Rücken ein Theil der verfolgenden Diviſion Campoverde , deren Avantgarde eine Abtheilung des ſpaniſchen Schweizerregiment Kaiſer bildete. Noch zwólf Stunden Wegs
hatten wir bis Barcelona zurückzulegen , alſo keine andere Aus 1
ficht, als von der Maſſe der Feinde vóllig erdrückt und vernichtet zu werden ; doch belebte uns plóglich eine neue Hoffnung , als wir auf einer hohen Gebirgskante, in der Nähe einer Kapelle, die mit aufgepflanzten Fahnen uns erwartende Kolonne unter General Schwarz und näher heran die aus einer gothaiſchen Kompagnie unter Kapitain von Geyer und aus 60 Mann von Weimar unter Lieutenant von Goldacker beſtehenden vorge ſchobenen Poſten erblickten .
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Obgleich dieſe lettern ſich mit aller Entſchloſſenheit dem verfolgenden Feinde entgegenſtellten und durch ihr wirkſames
Feuer ſein weiteres Andringen im Rüden hinderten , ſo ſah ſich doch das nun wieder vereinte Detachement auf ein
mal durch die zahlreichen feindlichen Seitenplånkler ſo hef= tig beſchoſſen , daß der General Schwarz ſowohl dadurch, als auch durch die Gewißheit von der in ſeinem Rücken er : folgten Ankunft der Diviſion Campoverde fich veranlaßt fand,
ſeinen weitern Rückzug ungeſäumt fortzuſeßen , ohne auch nur der eben zu ihm geſtoßenen auf das Höchſte entkrafteten und
nur noch mit wenigem Schießbedarf verſehenen Abtheilung einige Ruhe zu gönnen, oder ſie, als bisherige Arriergarde des Gan zen, durch einen Theil ſeiner bis jeßt noch nicht im Gefechte gewe ſenen Mannſchaft abzulöſen. Bei dieſem unverhofften ſchleu nigen Aufbruche kam vorzüglich ein Theil der auf einem hohen fteilen Felſen poſtirten gothaiſchen Kompagnie von Geier in große Gefahr, indem er , um den nun wieder mit aller Macht
vordringenden Feinden nicht in die Hände zu fallen , fich ſchleus nigſt von der Höhe herabſtürzen mußte , und dadurch 7 Mann theils todt theils mit zerſchmetterten Gliedern verlor. Unter gleichen Anſtrengungen und unter dem heftigſten Feuer der von allen Seiten oft nur bis auf ungefähr zehen
Schritte Entfernung verfolgenden Feinde , wurde der Rückzug auf rauhen Gebirgswegen , wo felbſt die berittenen Offiziere oft abzuſiken genothigt waren , und wo bergan bergab meiſt Felſen an Felſen ſich reiheten und alle gleich Bollwerken aus und einſpringenden Felskuppen von den Feinden befekt und von ihnen , wie immer, wenn ſie gedeckt ſtanden, hartnäckig und tapfer vertheidigt wurden, unter immer fich mehrendem Verluſte über Barata, in deſſen Umgegend die Kolonne während des Durch
marſches eines langen Engpaſſes durch das heftige feindliche Bea ſchießen deſſelben viele Leute verlor, gegen Tarraſa fortgeſekt. Da mittlerweile die Kolonne ,
beſonders aber das die
Urriergarde bildende ſåchſiſche Bataillon, deſſen Queue mit dem Feinde oft Mann gegen Mann kämpfte, auch nach und nach
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eine Anzahl Leute verlor, die , bei dem unausgefekten Gefechte durch den brennendſten Durft geplagt, vor Kraftloſigkeit um: fielen, ſo ließ General Schwarz, auf die deßhalb dringende Mela dung des Majors Knauth , welcher Offizier an dieſem Tage durch eine hohe Kaltblütigkeit und allenthalben , wo es galt, durch ſeine entſchloſſene Gegenwart ſich auszeichnete, um ſeinen erſchöpften Truppen wenigſtens einige Ruhe zu gönnen , hinter einem hart am ſchmalen Wege gelegenen Hauſe, zu deſſen Rech ten eine Kapelle fich befand, anhalten und das Gebåude ſchnell
durch 2 Offiziere nebſt ungefähr 40 Mann vom weimariſchen Truppentheile beſeßen , um aus ſelbigem die enge Paſſage zu beſchießen .
Doch kurz darauf trat der General Schwarz, durch das heftige Feuer der Feinde genöthigt , ſeinen weitern Růdzug und zwar ſo pldplich an , daß dadurch die kleine Befaßung des Hauſes , als ſie eben ihr Feuer begonnen hatte , fich völlig preisgegeben fah. Nur mit vieler Mühe gelang es der in den unterſten Räumen poſtirten großern Hålfte nebſt dem Lieu tenant von Ultrock durch einen hintern Uusgang noch zu ents kommen , während der das obere Stocwerk beſegt haltende Pf fizier * ) nebſt dem ſchwachen Ueberreſte von ungefähr 15 Mann fich in wenigen Augenblicken von mindeſtens 100 Mann Mis .
quelets vom Bataillon Manreſa und einer bedeutenden Anzahl
Guerillas vóllig umringt fah. Ein großer Theil der erſtern drang mit halber Zugsfront und gefåültem Bajonette durch den offenen thorbreiten Eingang der Hausflur ein ; in dem Augens blicke machte jener ſchwache Truppentheil den Verſuch, ſich durch
zuſchlagen , wurde aber gefangen genommen , nachdem wohl .
fünf Mann deſſelben theils getödtet, theils bleſſirt worden waren . Unter den lektern befand ſich der Offizier , der durch einen Ba
jonettſtich unter die Bruft eine leichte Wunde erhalten hatte. Der Grund zu dem ſchnellen Aufbruch und zu der unun
terbrochenen Fortſegung des beſchleunigten Kückzugs von Sei *) Verfaſſer dieſes Werkes. 27
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ten des General Schwarz dürfte wohl in der großen Beſorg
niß gelegen haben , welche Gefahr ihm drobe, wenn die Ka vallerie der Diviſion Campoverde früher, als er, die eine halbe Stunde von Sabadell über den Riuſechfluß führende Brücke erreiche und ihn ſo völlig von Barcelona abzuſchneiden verſuche, wie dies auch die Folge zeigte. So ſchlug ſich nun ferner das unausgeſekt umringte Des taſchement unter gleichen ungeheuern Anſtrengungen durch ſeine ſo übermächtigen Feinde und erreichte nach einem , bei der drückend:
ften Sonnenhige durch unwegſame Gebirge ſiebzehn Stunden dau: ernden Marſch und nach langem heißen Kampfe unter völliger er: ſchöpfung, da den Truppen nicht einmal ein Trunk Waſſer zu
Theil worden war , und mit bedeutendem Verluſte am 5. April Nachmittags 4 Uhr die Ebene von Sabadell, wo es nahe der ungefähr eine halbe Stunde von dieſer Stadt über den Riuſech
führenden Brücke ruhte , um gleichzeitig die mühſam nach gefolgten Verwundeten verbinden und zu deren Transport die nöthigen Wagen beitreiben zu laſſen . Doch da nach kurzer
Ruhe das Dragonerregiment Numancia von der Diviſion Sama poverde zur Abſchneidung des Uebergangs über dieſe Brüde her: beigeeilt kam, ſo zog ſich General Schwarz ſogleich hinüber und zwar auf eine mit Holz beſtandene Anhdhe, wo er geſichert war . Nachdem hier noch eine Abtheilung Naſſauer dem Feind entgegengeſtellt worden war ,1 die dabei ihren Führer verlor, rekte nach långerm Verweilen die Kolonne , deren Verwundete in Sabadell faſt fåmmtlich dem Feinde überlaſſen werden muß
ten , ben beſchwerlichen Weg auf den Höhen und durch den Engpaß des Col de Moncada , doch wenig beunruhigt, noch bis S. Andreu , eine Stunde von Barcelona , fort , wo ſie am I
Abend gegen acht Uhr, nach einem unter faſt unglaublicher Aus dauer zurückgelegten einundzwanzigſtündigen Marſche, bei den vorgeſchobenen italieniſchen Vorpoſten eintraf. Am andern Lage , dem 6. , rúdten die Ueberreſte des De:
taſchements , welches bereits vom Marſchal Augereau für vól lig verloren gehalten worden war , zu ſeiner großen Ueberra
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ſchung in Barcelona ein, und der herzoglich råchfiſche Truppen: theil ſtieß nun wieder zu den indeſſen , wie früher bemerkt, un ter dem Oberſten von Egloffſtein hier zurückgebliebenen 2 Koms pagnien von Gotha und Meiningen , wonach die geſammte Stärke des Regiments noch etwas über 500 Mann betrug. Doch hatte daſſelbe bei der Erpedition von Manreſa bedeutend
verloren, indem der Totalverluſt des über 600 Mann ſtark dorthin
marſchirten herzoglich fåchfiſchen Bataillons in wenigſtens 361 Mann Todten , Verwundeten und Gefangenen beſtand , unter denen 12 Offiziere, und davon 8 bleſſirt waren.
Bei den
verſchiedenen Kontingenten ergab ſich folgender Verluſt: von Gotha : die Kapitains von Geier und Meiſter, die Lieutenants Merkel und Wunder verwundet , ſowie 125 Mann getódtet , bleſſirt und gefangen. Von Koburg : Lieutenant von Schauroth verwundet , fo wie ungefähr 30 Mann Todte , Verwundete und Gefangene. Von Weimar : Kapitain von Boyneburgk , die Lieutenants von Boyneburgk , von Crayen (verwundet),1 von Seebach (ver wundet) , von Steuben (verwundet) und von Schauroth fåmmt: lich gefangen , ſowie 170 Mann Getódtete , Bleffirte und Ges
fangene, ſo daß von der 3. Kompagnie dieſes Truppentheils nur noch 1 Mann übrig geblieben war.
Von Hildburghauſen : Lieutenant von Koppenfels gefangen, ſowie ungefähr 25 Mann Todte , Verwundete und Gefangene. Außerdem befanden ſich noch unter den mit Major Knauth
nach Barcelona zurückgekehrten Bataillonstrümmern allein 37 Verwundete, während die übrige bedeutende Unzahl derſelben in Manreſa oder auf dem Rückzuge und in Sabadell in feindliche Hände gefallen war. Desgleichen betrug der große Berluſt des früher 1,600
Mann ſtarken herzoglich naſſauiſchen Regiments an Todten, Verwundeten und Gefangenen angeblich 17 Offiziere und 589 Mann, von welchen die Kapitains Marquard und Hopfensber: ger , ſowie die Lieutenants Kathreiner und von Müllmann in Gefangenſchaft gerathen waren ; außerdem hatte daſſelbe auch 27 *
1
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langen , was die Herzoge von Sachſen betrifft, blos koburgi ſcher Seits entſprochen .
Der Herzog von Naſſau zeichnete die Mannſchaft ſeines braven Regiments durch 28 goldene und ſilberne Tapferkeits medaiden aus.
Indeſſen war glücklicherweiſe die in Manreſa zurůdgelaſ ſene bedeutende Anzahl naſſauiſcher und fåchfiſcher Verwunde: ten , welche man beſonders dem Schuke mehrerer Kloſtergeiſt lichen anvertraut hatte, durch die große edle Feſtigkeit derſelben, in dem ſie ſich nämlich der in das Hospital eindringenden wüthenden
und mordluſtigen Volksmaſſe mit Schwert und Kruzifir in der Hand und mit dem ganzen Unſehen ihrer prieſterlichen Würde und der Heiligkeit der Religion kühn entgegenſtellten , von der
Ermordung gerettet worden. Die übrigen am 5. April auf dem Rückzuge von Manreſa von dem Feinde gemachten, in ein einſames im Walde gelegenes Gehöfte gebrachten ſáchfiſchen und naſſauiſchen Gefangenen , ſollten hier am Nachmittage dieſes Tages , und zwar die Offiziere derſelben erſchoſſen und die in einem Stall eingeſperrten Soldaten darin verbrannt werden ,
da die tobende und auf das Höchſte ergrimmte bewaffnete Volks
maſſe ſie, wegen der vom General Schwarz im Drange der Umſtånde befohlenen Verwendung der Orgelpfeifen aus der Man reſaer Stiftskirche zu Kugeln, für Kirchenräuber anſah. Hiervon rettete ſie auch nur , obwohl mit vieler Mühe , die über alles
Lob erhabene Entſchloſſenheit und der hochherzige Sinn des Generals Milans , Befehlshaber der bewaffneten kataloniſchen Volkshaufen und der des Kapitains Molo mit ſeiner braven Abtheilung Schweizer in ſpaniſchen Dienſten. Die Gefangenen Weimar : Kapitains : von Germar und von Boyneburgk. Premierlieutenants : von Boyneburgk und von Crayen. Sekondlieutenants : von Seebach, von Goldacker, von Steu:
ben , von Altrock , von Schauroth und von Schlegel. Koburg : Sekondlieutenant : von Schauroth . Hildburghauſen : Premierlieutenant : von Koppenfels.
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等
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*
wurden darauf nach Manreſa ,, wo ſie von Neuem ein Blutbad bedrohte, und von hier nach Arenis de Mar geführt und dort nach Tarragona eingeſchifft, von wo ſie ſpåter über Tortoſa, Valencia , Alicante , Carthagena auf die wüſte Inſel S. Pablo I
(nueva Tabarca) und auf die baleariſchen und pithyuſiſchen In feln Majorca , Menorca , Cabrera und Iviza von Kerker zu Kerker, gleich den gemeinſten Verbrechern, transportirt wurden . Die ſchrecklichen Drangſale aller Art vermochten den größten 1
Zheil der Soldaten in ſicilianiſche , ſardiniſche und engliſche
Kriegsdienſte zu treten ,1 in welchen ſie aber , gleich den übri gen gefangen Verbliebenen , mit wenigen Ausnahmen ihren Tod fanden , indeſſen die offiziere vier Jahre lang das ſchreckliche Loos dieſer fo harten Gefangenſchaft, deren unaus: geſekten Leiden auch einer derſelben unterlag , theilten. Nach dem am 3. April zwiſchen Esparaguera und Saba dell vorgefallenen Gefechte, welches , wie ſchon oben angeführt worden , für das mit einem Munitionstransport nach Man reſa beſtimmte Detaſchement ſo unglüdlich ausfiel, hatte eine Abtheilung von 60 Mann Freiwilliger unter dem Kapitain
Heidegger * ) und Lieutenant Blaſer **) vom 2. franzöſi ſchen Schweizerregiment, geführt von dem franzöſiſchen Oberſt lieutenant Rey , das Wagſtück unternommen , in der Nacht vom 4. zum 5. von Barcelona aus nach Manreſa auf der vom General Schwarz eingeſchlagenen Rúdzugslinie fich durchzu ſchleichen, um dieſem vom Marſchall Augereau die Weiſung zu überbringen , ſich , wenn nur irgend möglich , noch bis zum 6. und 7. in Manreſa zu behaupten, indem am lektern Tage ein ſtårkeres Detachement ihn entfeben ſollte.
Da dem Marſchall Augereau an dem Gelingen dieſes kühnen Unternehmens viel lag , ſo hatte er , für dieſen Fall,
den Offizieren ſowie den Soldaten dieſer kleinen Abtheilung, *) Starb vor Jahren als Oberſtlieutenant der königlich franzöſiſchen Schweizergarde.
**) Fand im Jahr 1812 im Feldzuge gegen Rußland reinen Tod.
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von welcher der größte Theil der Landesſprache und einige auch des Weges kundig waren , und zwar erſtern den Orden
der Ehrenlegion und legtern Gratifikationen , zugeſichert. Von der Dunkelheit der Nacht begünſtigt, war es ihnen auch ge glückt, unbemerkt bis gegen Tarraſa vorzudringen , wo ſie aber, am Morgen von den Einwohnern entdeckt, ſich ſogleich anges griffen und nach hartnådiger Gegenwehr , nachdem ſie von bes deutender feindlicher Uebermacht umringt worden , mit einem Verluſte von ungefähr 15 Zobten und Verwundeten ſich zu
ergeben genothigt waren . Sie ſollten nun ſåmmtlich von den Kataloniern erſchoſſen werden , allein der Umſtand ,1 daß fie Schweizer waren , rettete ihnen das Leben ; mit Ausnahme der Offiziere, wurden ſie jedoch alle den ſpaniſchen Schweizerregimen tern einverleibt. Das Auffangen dieſer kleinen Abtheilung und die
dadurch erhaltenen Aufklärungen hatten die Katalonier wo móg lich noch aufmerkſamer gemacht, daher auch General Schwarz
ſeine Rückzugslinie allenthalben ſtark von ihnen beſeft fand, was feine Verluſte noch vergrößerte. Indeſſen war dem Marſchall Augereau doch eine augen blickliche Verbindung mit den am Ebro ſtehenden Truppen des General Suchet dadurch herzuſtellen gelungen , daß der vom
General Severoli mit 2 Bataillonen Franzoſen und Italienern
nebſt einer Eskadron fåger zu Pferd am 4. April von Reus aus abgeſendete unternehmende Oberſt Villate, durch den Eng paß von Urgentera über Fontabella und Falſet nach der vier
zehn Stunden entfernten , am Ebro gelegenen und vom Ge: neral Musnier vom 3. Urmeekorps belegten Stadt Mora vor:
drang und nach den gehörigen Mittheilungen über die Stärke, Stellung und Abſichten beider Armeekorps am 6. Abends un ter unbedeutendem Verluſte, obgleich er ſelbſt verwundet wurde,
wieder zu Reus eintraf. Hierauf ſuchte General Severoli, einem erhaltenen Befehle des Marſchaus zufolge, rugleich bei Eintritt der Nacht dieſes Tages mit den geſammelten Truppen
der Diviſionen in Eilmårſchen Barcelona zu gewinnen , indem wegen des Verluſtes von Villafranca der Rudzug nach dieſer
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Feſtung durch die Diviſionen O'Donell und Campoverde be Dort und in der Umgegend traf er auch am 8. April ein, nachdem die Arriergarde der Diviſion Soubam durch den General O'Donell bei Vilafranca viele Leute verloren hatte.
droht war.
Um 7. April fanden zu Barcelona, auf Veranlaſſung der Bekanntmachung einer vom Kaiſer Napoleon erlaſſenen Prokla mation , nach welcher die Provinz Katalonien mit Frankreich vereinigt wurde, unter dem Kanonendonner aller Werke große Feierlichkeiten, als : Parade der geſammten Garniſon, große mi litairiſche Meſſe in der Kathedrale , Eidesleiſtung der verſchie denen weltlichen und geiſtlichen Behörden und Diener, ſowie Juu mination der öffentlichen Gebäude, ſtatt. Doch erzeugte dieſe Maaß regel, anſtatt der gehofften Beruhigung, bei der Katalonier feſtem
Sinn und glühendem Patriotismus nur noch mehr Erbitterung. Marſchal Augereau , deſſen Korps während drei Wochen
an 3,000 Mann verloren hatte, hegte gerechte Beſorgniffe, daß die Feſtung Hoſtalrich entſegt und Gerona durch die ſpaniſchen Diviſionen Campoverde und Rovira ſehr beunru
higt werden könnte , während ein långerer Aufenthalt in Barcelona mit der hier nun verſammelten Urmee eine große
Verminderung des Mundvorraths für dieſen Plaß herbeiführen würde. Dieſe Rücfichten bewogen ihn, die beabſichtigte Vereini gung mit dem Armeekorps von Aragonien und den gemein ſchaftlichen Offenſiv - Operationsplan aufzugeben. Er trat das her am 11. April des Morgens, mit Zurücklaſſung des Re giments Würzburg und des noch 1,000 Mann ſtarken naſſaui ſchen als Garniſonsverſtärkung von Barcelona , mit ungefähr 12,000 Mann , unter welchen die ſchwache, drei Regimenter .
zählende Diviſion Rouyer, und mit einer Anzahl dienſtunfähiger Soldaten , einer Menge franzöſiſcher und ſpaniſcher Familien, ſowie mit einigen mit Geld und Koſtbarkeiten beladenen Wagen ſeinen Marſch bis S.Andreu an und ſente dieſen am 12. bis Granollers, am 13. bis Hoſtalrich und am 14. bis Gerona und deſſen Umgegend fort, wo die ſchwachen Reſte des herzog
lich fåchſiſchen Regiments nebſt andern Truppentheilen auf der
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Straße zwiſchen beiden Feſtungen und eine Stunde von lek terer in einem Walde das Lager bezogen .
Gegen Vermuthen hatte man während des ganzen , ob gleich unter vielen Entbehrungen zurückgelegten Marſches, wenig Widerſtand von Seiten der Katalonier und nur die Straße theilweiſe grundlos, vorzüglich aber die von Monmalo bis nach Granollers laufenden Engwege von tobten Pferden und Maul thieren angefüllt und verpeſtet vorgefunden , wobei die Noth
in dieſen Gegenden ſo groß war , daß z. B. in Hoſtalrich ein
zweipfündiges Kommisbrod 8 Franks oder gegen 2 Thaler koſtete.
Während der Abweſenheit des Marſchals Augereau von Gerona hatten die Guerillas die zur Verbindung mit Frank: reich der Straße entlang aufgeſtellten Poſten unaufhörlich be: unruhigt und denſelben Kleine Verluſte beigefügt. Darunter iſt vorzüglich die am 7. April auf der Landſtraße von Gerona nach Figueras in der berüchtigten Gegend zwiſchen dem Kreuze von Fallinas und Medina erfolgte Wegnahme einer Unzahl Wagen anzuführen , wobei von der 150 Mann ſtarken Bes deckung 2 Offiziere und gegen 60 Mann getödtet , und Mann gefangen wurden , indeſſen der übrige Theil ſich mit Mühe rettete. Der Marſchal ließ am 18. April den Befehls : haber der auf den kleinen Inſeln de las Medas befindlichen
unbedeutenden Werke zur Uebergabe , wiewohl vergebens, auf fordern .
Da das herzoglich ſåchſiſche Regiment nach dem ſo großen frühern Verluſte im Feldzuge in Tyrol und nach dem bei der Erpedition von Manreſa, nur noch ſchwache Trümmer bildeten ,
wie denn das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen nur noch 4 Offiziere und 120 Mann zählte , ſo brach es am 18. aus ſeinem Lager auf und bezog in dem , eine halbe Stunde hinter Gerona an der Straße nach Frankreich gelegenen , von
ſeinen Bewohnern verlaſſenen und gånzlich zerſtörten Dorfe Pontemajor Kantonnements, um hier ſeine der ſpaniſchen Grenze ſich nahenden Erſaßmannſchaften abzuwarten.
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Doch wie dort des Feindes Hand die Reihen des Regi: ments gelichtet hatte, eben ſo unterlag es nun hier dem gleichen
Geſchicke mit den frühern und ſeinen gleichzeitigen Waffenge fåhrten der verſchiedenen Nationen , indem faſt die Geſammt: zahl deſſelben durch verheerende Seuchen aufgerieben wurde. Natürliche Urſachen derſelben waren : die unaufhörlichen An ſtrengungen , die nothdürftige Verpflegung bei oft verdorbenen Nahrungsmitteln, Mangel an geſundem Trinkwaſſer, die bren: nendſte Hike, verpeſtete Quartiere, die Ungewohnheit des Kli mas , aber vorzüglich die im September und im Oktober hier wúthenden endemiſchen Fieber. General O'Donell gab nun wegen der vom Marſchall Uugereau bewirkten Rückkehr nach Gerona den Plan zur Bes unruhigung dieſer Feſtung und zur Entfeßung Hoſtalrichs, wah rend er erſtere mit der Hauptmacht an beiden Ufern des Llob: regat beſchäftigen wollte , auf, und entſendete blos die leichte Diviſion Rovira nach Vich zur Beobachtung des in und bei Gerona verſammelten Großtheils des 7. franzöſiſchen Korps,
indeſſen er zur Entſegung von Lerida am 20. von Tarra gona abging, in Momblanch Truppen an ſich zog und von hier am 22. zu Vinara eintraf, wo die Kerntruppen ſeiner Armee, die Diviſionen Yvarola und Pirez, deren Stärke ungefähr 7,000 Mann Infanterie und 600 Mann Kavallerie betrug, ſich befanden . Seine Geſammtmacht beſtand aus ungefähr 12,000 Mann. Damit wollte er die ihm vom Gouverneur von Lerida
ſchriftlich zugekommene Nachricht, wonach der größte Theil der Franzoſen ſich von dieſem Plak entfernt hätte, benußen. In deſſen hatten ſich , ihm unbewußt , die Franzoſen wieder zahl reich um Lerida geſammelt. Er begann ſeinen Angriff am 23.
und drångte ihre Vorpoſten bis in die Umgegend der Stadt zurück. Hierauf fand bei dem Dorfe Margalef zwiſchen ihm und dem General Suchet ein Treffen ſtatt , in welchem Ge:
neral O'Donell vollkommen geſchlagen wurde. Mehrere glán: gende Angriffe des 4. franzöſiſchen Huſaren-, hauptſächlich aber
des 13. Kůraſſierregiments, endlich das gut geleitete lebhafte 1
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Artilleriefeuer, wobei die Küraffiers die ſpaniſche Kavallerie auf
ihre Infanterie zurückwarfen , ſo daß dieſe dadurch, ungeachtet aller Anſtrengungen der Wallonengarde und eines Bataillons
Schweizer vom Regiment Kaiſer , völlig über den Haufen ge worfen ward, hatten den Sieg entſchieden. Die Spanier ver loren dabei 1 Fahne , 3 Standarten , 3 Geſchůße und über 5,600 Gefangene , unter denen der General Dupuig, 8 Ober ften und 271 Offiziere ſich befanden . Außerdem záhlten beide
Theile , ungeachtet des bald entſchiedenen Kampfes , eine nicht unbedeutende Zahl Zobter und Verwundeter. Jedoch zog fich
General O'Donell, trok der lebhaften Verfolgung, mit vieler Ordnung auf der Straße von Momblanch zurück. Den Ein druck des günſtigen Augenblicks möglichſt zu benuken , forderte General Suchet den Gouverneur von Lerida , General Garcia
Condé, zur Uebergabe dieſer Feſtung auf, erhielt aber von ihm die laconiſche Antwort : ,,daß dieſer Plat niemals auf die Hülfe einer Armee gerechnet habe. " Diefem ſtolzen Jon entſprachen
die Reſultate der Vertheidigung keineswegs. Indeſſen ſtand das herzoglich fåchſiſche Regiment zu Pon temajor , wo am 29. April die vereinigten gothaiſchen und meiningiſchen Erſakkommandos eintrafen . Jenes war am 17. Februar 1810 von Gotha unter Major von Búnau nebſt 16
Offizieren und 334 Mann Unteroffizieren und Soldaten ; dieſes am 18. Februar von Meiningen unter Major von Boſe mit 2
Offizieren und 81 Mann Unteroffizieren und Gemeinen ausmar ſchirt. Um 5. Mai langten auch die beiden weimariſchen und hildburghäufiſchen Ergånzungsdetaſchements an, von welchen das erſte am 25. Februar von Weimar unter Major von Germar
nebſt 7 Offizieren und 300 Mann Unteroffizieren und Solda ten , das 2. den 26. Februar von Hildburghauſen unter Ka
pitain von Münchs mit 1 Offiziere und 100 Mann Unter: offizieren und Gemeinen ausgerückt war. Endlich traf am 10. Mai ein Detaſchement von Koburg ein, welches am 2. März un.
ter Major Hofmann nebſt 4 Offizieren und 239 Unteroffizieren
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und Soldaten Koburg verlaſſen hatte *). Doch hatten dieſe, größtentheils aus Rekruten beſtehenden Truppentheile, noch un gewöhnt an einen ſo langen Marſch über den Rhein bei Mainz, nach Straßburg , Beſançon , Lyon, Montpellier , Perpignan, über die Pyrenåen nach Katalonien eine kleine Sahl Kranke
in den verſchiedenen Hospitälern Frankreichs zurückgelaſſen, die ſpåter, ſobald es ihr Zuſtand erlaubte, dem Regimente nach: geſendet wurden .
Sufolge der nunmehrigen neuen Formation des herzoglich fåchfiſchen Regiments, wonach der gothaiſche Premierlieutenant von Seebach wieder zum Regimentsadjutanten ernannt wurde, be ſtand daſſelbe aus 1 Linien- und 1 leichten Bataillon und zwar erſteres unter dem gothaiſchen Major von Búnau aus 5 gothai ſchen und 2 meiningiſchen Kompagnien in der Geſammtſtårke, einſchließlich des Regimentsſtabs, von 819 Mann, lekteres un
ter dem weimariſchen Major von Germar aus 3 weimariſchen , 2 koburgiſchen und 1 hildburghåuſiſchen Kompagnie, im Ganzen 773 Mann ſtark. Dagegen kehrten von demſelben kurze Zeit hierauf und
zwar vom gothaiſchen Kontingent der Major Knauth, der Lieu: tenant von Schůk und Regimentsquartiermeiſter Henneberg, ſowie vom weimariſchen der im Monat Februar 1809 wegen Krankheit in Chalons ſur Saône zurüdgebliebene und von da erſt wieder am 10. Mai 1810 in Pontemajor eingetroffene Major von Arnswald, fowie der Kapitain von Kónnerit, Ses
kondlieutenant von Staff und Regimentsquartiermeiſter Schmidt, nebſt mehrern Unteroffizieren und Gemeinen , theils wegen In validitát, theils vermoge erbetenen Abſchieds oder zu anderer Verfügung, nach Sachſen zurück. Das Regiment hatte von Pontemajor aus ſowohl einen Theil der Werke von Gerona, als die Forts Monjui, Connetable
uno Capuzins, ſowie auch die zur Sicherung der Landſtraße *) Die Liſte dieſer Offiziere folgt in der Beilage lI.
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nach Figueras bei Medina angelegten Befeſtigungen zu bes ſeßen. Wie nachtheilig bereits die herrſchende Tageshite in der kahlen Gegend um die Feſtung, wo, wie früher bemerkt iſt, vor der Belagerung 30,000 Stück Olivenbäume umgehauen wor: den waren, und die mit Anbruch der Nacht plößlich eintretende
ſchneidende Kålte und der Morgenthau, gleichwie das bei gånz lichem Mangel an Stroh unvermeidliche Liegen auf dem kal:
ten Fußboden der verwüſteten Quartiere, nebſt der mangelhaf ten Verpflegung und der håufige Genuß des ungeſunden Trink: waſſers auf die Truppen einwirkte, zeigte ſich bald dadurch, daß bereits am 12. Mai 110 Kranke , darunter 2 Offiziere, in den Hoſpitålern zu Pontemajor und Gerona lagen. Da das von den italieniſchen Truppen eingeſchloſſene und
durch ihr anhaltendes Bombardement in einen Schutthaufen verwandelte Kaſtell zu Hoſtalrich ſowohl nach den am 29. April, am 2. und 8. Mai mißlungenen Verproviantirungsverſuchen von Seiten des in ſeiner Umgegend befehligenden ſpaniſchen
Oberſten Vilamil, als auch durch die Verſchüttung ſeines einzigen Brunnens , dem ſchrecklichſten Mangel preisgegeben war, und Marſchall Uugereau dieß durch Deſerteurs von der Beſakung erfuhr, ſo forderte er am 11. Mai Abends dieſelbe mit der
Drohung auf, daß , wenn ſie ſich nicht binnen zwei Stunden ergebe, er den Sturm verſuchen und die Garniſon ohne Gnade niedergemacht werden würde. Der Gouverneur antwortete hier: auf : Herr Marſchall! empfangen ſie im Namen dieſer Gar :
niſon die Erklärung, welche würdig iſt, der des unſterblichen Gerona gleichgeſegt zu werden : Ohne Vorbehalt ſchlage ich ihre Aufforderung ab , weil das Ziel der Uebergabe noch nicht vorhanden iſt.
Iulian de Eſtrada.
Während der Gouverneur von Hoſtalrich , im geheimen Einverſtändniß mit der Sunta zu Arenis de Mar und mit dem Oberſten Vitamil , die Aufmerkſamkeit des Blokadekorps durch Demonſtrationen, welche auf eine vermeintliche Einſchiffung der Garniſon im lektern Hafen deuteten, zu tåuſchen und deſſen
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Hauptſtärke auf entgegengefekte Punkte zu ziehen wußte, ver: ließ er mit ſeiner ungefähr noch 1,300 Mann ſtarken , aber
ſehr erſchöpften Befaßung am 12. Mai gegen Mitternacht die Ruinen des mit 3,000 Bomben beworfenen Kaſtells. Indeſſen nun auf allen Seiten die italieniſchen Schildwachen durch Ab theilungen zurückgeworfen wurden , ſekte der Haupttheil der Beſaßungstruppen in vollem Laufen ſeinen Weg nach S. Se:
loni fort und war auch ſo glücklich , ohne Verluſt durch die ganze italieniſche Vorpoſtenlinie zu kommen. Das Vorhaben, ſich bei Vich mit einem Theile der Diviſion Rovira zu vereini gen, würde auch ohne alle Einbuße gelungen ſeyn , wären nicht die Spanier von ihrer erſten Marſchrichtung abgekommen, und bei Arbucias, auf mehr als 2,000 Mann Franzoſen und Ita liener ſtoßend, in ein Gefecht verwickelt worden, in Folge deſſen
und eines abermaligen Verfehlens des Weges 400 Mann nebſt dem ſchwer verwundeten Gouverneur de Eſtrada bei Arbucias gefangen genommen wurden , indeſſen gegen 800 Mann am 14. nach Bich entkamen und daſelbſt zu Rovira ſtießen.
Hierauf beſekte dieſen Tag das italieniſche Einſchließungs korps, nach frühern nicht unbedeutenden Verluſten an Mann
ſchaft, die Feſtung Hoſtalrich, wo man eine kleine Anzahl ſchwer Verwundeter , viele Kugeln und 42 vernagelte Geſchůße fand. Spåter lohnte das tapfere Benehmen eines jeden ihrer Vertheidiger eine goldene Medaille, auf welcher ein Bergkaſtell und die Umſchrift ſich befand : Valor y fidelidad constante ; Hostalrich 12. de Mayo 1810 ( Tapferkeit und beſtåndige Treue ; Hoſtalrich am 12. Mai 1810). Für das 7. franzöſiſche Korps war der Beſit dieſer Feſtung deshalb wichtig, da ihm nun zu feiner Verbindung zwiſchen Gerona und Barcelona
kein befeſtigter Punkt mehr entgegenſtand. Dem Falle dieſer Feſtung folgte aber ein für Katalonien weit empfindlicherer Verluſt, nämlich der von Lerida. Dieſer wichtige, in der alten Geſchichte ſchon berühmte Plat, war vom 3. franzöſiſchen Urmeekorps unter General Suchet am 13. April 1810 eingeſchloſſen und in der Nacht vom 24. April
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ein vergeblicher Angriff auf die zwei Redouten von Garden unternommen worden. Nachdem man hierauf nach den Bes lagerungsoperationen am 29. April die erſte Tranchée eröffnet und in der Nacht des 30. die Errichtung der Batterien, ſowie
am 7. Mai früh das Feuer derſelben begonnen , am 12. Mai mit 8 Batterien fortgeſetzt und dadurch gegen Abend zwei Breſchen eröffnet hatte I, wurden in der Nacht die 2 Redouten
von Garden , ſowie am 13. Abends die Stadt nach åußerſt blutiger Gegenwehr im Sturme genommen , worauf deren Gar niſon und Bewohner fich bunt durch einander in das alte, hochgele: gene, beengte Schloß flüchteten. Daſſelbe ergab ſich am 14. Mai
vermöge Kapitulation, mit 7,748 Offizieren und Soldaten als Kriegsgefangenen, ſowie mit 130 Geſchůßen , 1,000,000 Patro nen , 10,000 Pfund Pulver , 10,000 Gewehren , 10 Fahnen
und vielen Magazinen. Dagegen beſtand der Verluſt der Bes lagerer ſeit dem 12. April bis zum 14. Mai in ungefähr 200 Todten und 500 Verwundeten , indeſſen die Feſtungsgar niſon während der Belagerung 1,200 Mann verlor. Außer dem zählten die Belagerer noch unter die werthvollſte ihrer Trophäen die Befreiung von 33 gefangenen franzöſiſchen Offi zieren von der Armee von Katalonien, welche ihre Befreier mit unbeſchreiblicher Freude begrüßten. Der nach Frankreich abgeführte Gouverneur von Lerida, General Garcia Condé , wurde während ſeiner Gefangenſchaft
durch ein ſpaniſches Kriegsgericht zum Tode verurtheilt, weil er keinen Verſuch , ſich durchzuſchlagen , gemacht hatte.
Unter ſolchen Verhältniſſen löſte der am 15. Mai in Ge rona eingetroffene Marſchall Macdonald , Herzog von Tarent, den Marſchall Augereau im Oberbefehl über das 7. Korps in Katalonien , zufolge des am 21. Mai an daſſelbe erlaſſenen Tagesbefehles, ab. General Guilleminot wurde zum Chef ſeines Generalſtabs ernannt. Marſchall Augereau kehrte nach Frank
reich zurück; dahin folgten ihm eine nicht unbedeutende An zahl Kranker, Verwundeter, Invaliden, auch Offiziere und Sol
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daten, welche nur noch kleine Stämme, die einzigen Reſte früherer Truppenabtheilungen , bildeten. Zu gleicher Zeit verließ General O'Donell, durch eine alte Wunde genöthigt, auf eine kurze Zeit feine Armee, und übera gab das Oberkommando dem General de Biliena. Bei dieſer Gelegenheit erließ er an die, ihm ihr volles Vertrauen ſchenken :
den Katalonier, eine ſehr energiſche Proklamation, worin er ſie zur unausgeſeßten Vertheidigung ihres Landes aufforderte und unter andern ſagte, daß fie nicht einmal der feſten Plåte be: dürften , da Kataloniens unerſteigliche Gebirge ſtets ihre Feſtun
gen geweſen wären , wo ſie lieber als freie Männer, denn in Sklaverei gelebt håtten. Marſchau Macdonald nahm alsbald eine neue Eintheilung
der durch vieles Ungemach und Unfälle erſchütterten Armee vor, wonach die zu einer Diviſion vereinigten, noch 9,000 Mann ſtarken, italieniſchen Truppen unter die Befehle des General Severoli , die ungefähr 10,000 Mann ſtarke franzöſiſche Di viſion unter die des Generals Frère, und die auf 2,000 Mann
gebrachte Kavalleriebrigade unter das Kommando des Generals Delorts geſtellt wurden, während General Souham eine ander :
weitige Beſtimmung erhielt. Das Gouvernement von Ober: katalonien übernahm der Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers,
deſſen Streitkräfte gegen 10,500 Mann betrugen , von denen Neapolitaner und franzöſiſche Depots die Umgegend von Fi gueras und die , 3 ſchwache Regimenter bildende, deutſche Di: viſion Rouyer Gerona behaupteten, indeſſen Barcelona mit 6,000 Mann beſegt blieb. Demnach beſtand das geſammte 7. Ktorps aus 37,500 Mann.
Indeſſen hatte vorzüglich der kleine Krieg von beiden Seiten unter unerhörten und wahrhaft erfinderiſchen Grauſam
keiten fortgedauert. Daher war des Marſchalls Macdonald
eifrigſtes Bemühen die Erzielung eines gegenſeitigen menſch lichern Verfahrens, der ſtrengſten Mannszucht und zugleich einer beſſern Verpflegung der Truppen. Denn die unter dem Oberbefehle des Marſchalls Augereau vollſtreckten Todesurtheile 28
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als Franzoſen tódteten . Dann wurden ſie dem an der Flu :
via ſtehenden General Reillé zum weitern Transport nach Frankreich übergeben , worauf General Lechi wieder zum Ge neral Saint - Cyr glücklich zurückkehrte. Sechs , von dieſem General inzwiſchen nach Barcelona entſendete Bataillone trafen , mit Zurüdlaſſung eines einzigen dort , am 11. Mai beim Ar: meekorps wieder ein , und dieſe Feſtung war während deſſen
durch eine von Toulon ausgelaufene franzöſiſche Eskadre un ter dem Contreadmiral Cosmao , ungeachtet der vor ihr kreu zenden engliſchen Schiffe, ſowohl mit Mehl , als auch mit
Pulver verſehen worden ; Cosmao gelangte dann ohne Unfall wieder nach Toulon zurück. Des Generals Saint - Cyr eifrige Sorge war nun , die Belagerung von Gerona zu beginnen,
weshalb er am 12. den General Lechi theils zur Herſtellung der Verbindung mit dem General Reillé , den er ſchon vor dieſer Feſtung glaubte , und der ungefäumt mit den Belagerungs operationen beginnen ſollte, theils zur Refugnoszirung der Ge
gend abſendete, der jedoch, dem Befehle gemäß , fofort wieder zu ihm zurückkehrte, indem der General Marquez de Coupigny 1
nebſt dem General Blake ſeit einigen Tagen die Diviſionen Souham und Pino durch wiederholte Angriffe beunruhigte. Der General de Coupigny war nåmlich dem General Ludwig Re: ding, nachdem diefer tapfere, geſchickte und thåtige Anführer, def fen große Seele in dieſem erbitterten Volkskampfe fich niemals verläugnete, der deshalb der Retter ſo vieler in ſeine Hände fallen den Berwundeten und Kriegsgefangenen wurde und deſſen Anden ken in Spaniens Geſchichte gefeiert bleibt, mittlerweile zu Tarra gona an ſeinen in der Schlacht bei Baus erhaltenen Wunden und an der in jener Feſtung herrſchenden Seuche ruhmvoll ſein Leben geendet hatte, im Oberkommando der ſpaniſchen Armee in Katalonien gefolgt.
Indeſſen war im Monat April 1809 eine Brigade von 5 Bataillonen Franzofen und 1 Bataillon Walliſer, zuſammen
ungefähr 4,600 Mann ſtark , unter dem General Guillot, ſowie am 14. dieſes Monats die des Generals Amen , beſtehend
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aus dem 1. und 2. Regiment bergiſcher Truppen , ungefähr 3,000 Mann , 1 Regiment Würzburger , gegen 1,500 Mann und das Bataillon der Prinzen , * ) höchſtens 840 Mann, 1
als Verſtärkung zum 7. Korps geſtoßen. Dieſe beiden Bri: gaben kamen als eine Diviſion unter die Befehle des Genes rals Verdier und bezogen ſofort die Vorpoſten jenſeits der Fluvia. Dieſe Truppen hatten theilweiſe bald von Zeit zu Seit Gefechte mit den bewaffneten Kataloniern zu beftehen, von welchen das bedeutendſte mit einer Kompagnie Berger bei Deckung einer Fouragirung gegen den untern Terfluß vorfiel,
wobei ſie gegen die weitüberlegenen Feinde eine Anzahl Todte und Berwundete verlor. Gleichfalls langten am 2. Mai weſt:
phåliſche Truppen in Katalonien an. Die Stårke dieſer Dis viſion,1 zu welcher 2 Batterien gehörten , betrug ungefähr 6,000 Mann und wurde von dem General Morio befehligt. am nåmlichen Tage růdte General Verdier zur Verſtårkung der 1
Beobachtungstruppen von Gerona unter General Reillé und
zwar die Brigade Guillot nach Bañolas und Bascara , ſowie die bergiſchen nach Medina , wo ſie zum General Reillé ſtießen , und das Regiment Würzburger nebſt dem Bataillon der Prin gen gegen den untern Ter zur Deckung der linken Flanke vor. Hierauf erfolgte am 8. Mai die Berennung von Gerona, nach
dem die Spanier gegen Abend dieſes Tages in die Werke und
in die Stadt zurückgetrieben worden waren . Da indeſſen meh rere nahe an der Ausmündung des Terfluſſes gelegene Derter dem von ſpaniſchen Truppen unterſtükten kataloniſchen Volks: aufſtande zu Vereinigungspunkten dienten und dadurch die Sicherheit der Straße bedroht war , ſo wurden nach jenen
*) Dieſes aus 1 Kompagnie von Schwarzburg Rudolſtadt , 1 Roma
pagnie Schwarzburg - Sondershauſen , 1 Rompagnie Lippe - Dets mold , 1 Kompagnie Schaumburg -Lippe , 1 Kompagnie Waldeck und 1 Kompagnie Reuß zuſammengeſegte Bataillon ſtand unter den Befehlen des ſchwarzburg - rudolſtädtiſchen Oberſten von Brockenburg. 22 *
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Gegenden Rekognoszirungen unternommen . Hierbei und zwar am 11. Mai hatte der Oberſt von Brockenburg mit dem groß ten Theile des Bataillons der Prinzen , indem die Kom pagnie Waldeck von ihm detaſchirt war , Gelegenheit , fich durch ſeine eben ſo beſonnene als entſchloſſene Führung aus.
zuzeichnen , da er dieſen Tag das von feindlicher Uebermacht beſepte, . unweit der Mündung des Ter gelegene Dorf Gualter ſtürmend nahm und dabei eine Kanone eroberte. Das Bas
taillon zählte hierbei nur 11 Verwundete, wogegen der Feind über 100 Todte auf dem Plaße ließ und außerdem noch 7 gefangene Offiziere verlor , die ausnahmsweiſe ihr Leben blos
der deutſchen Großmuth zu verdanken hatten, indem, als Wie: dervergeltung für ſeine unaufhörlichen Grauſamkeiten, den Trup pen der ausdrückliche Befehl, keinen Pardon zu geben , ertheilt worden war.
Indeſſen hatte , auf Napoleons Befehl , der General Verdier den General Reillé im Kommando abgeloſ’t, der Ge I
neral Sanſon vom Genieweſen die Leitung der Belagerung
von Gerona , General Daviel den Befehl über die Artillerie und General Saint - Cyr die Nachricht erhalten, daß ihn Mars ſchall Lugereau, Herzog von Caſtiglione, im Kommando abló ſen würde.
Der General Saint- Cyr ſtellte dem General Verdier, indem er ihm zugleich die Beſchleunigung der Belagerung von Gerona anbefahl, außer ſeinen ihm bereits überlaſſenen Kanonieren, Sappeurs und verfügbaren Artilleriepferden, am 22. Mai noch den General Lechi mit 3,000 Mann zur Verfügung, ſo daß des Generals Verdier Streitkräfte , beſtehend aus Franzoſen, Italienern , Walliſern , Weſtphalen , Bergern , 1 Regiment Würzburgern und aus dem Bataillon der Prinzen, auf 18,000 Mann ſtiegen , indeſſen ſich das Beobachtungskorps unter -Ges neral Saint - Cyr bis auf 12,000 Mann verminderte , mit
welchen Truppen er bei Vich ſtehen blieb , und dort tåglich mit den Spaniern Gefechte, obſchon zu feinen Gunſten , doch für beide Theile erfolglos, zu beſtehen hatte.
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Da die proviſoriſche Regierung, zur Erzielung der Einheit bei den Operationen, dem General Don Joachim Blake, einem gebornen Irlånder , welcher gegen den in Uragonien befehligen den General Suchet bei Alcaniz ein glückliches , obgleich unbe deutendes Gefecht, beſtanden hatte , den Oberbefehl in Katalo: nien ſowie in den Königreichen Valencia und Aragonien über trug, ſo kehrte dieſer, nachdem er , um die Franzoſen aus Sa: ragoſſa zu vertreiben , auf das Aragonien beſegt haltende 3. Korps einen mißglückten Angriff unternommen und dabei gro .
Ben Verluſt erlitten hatte, nach Katalonien zurück um Gerona
zu entſeken , noch mehr zu verproviantiren , und die Garniſon zu verſtärken . Indeſſen war ein in der Nacht auf den 1. Juni gemach: ter Verſuch der Spanier , Barcelona zu nehmen , obgleich dabei durch engliſche Kriegsſchiffe und durch die Verråtherei eines italieniſchen Kapitains unterſtüßt, vódig geſcheitert. Der General Saint - Cyr , das Vorhaben des Generals Blake
errathend, hatte am 8. Juni unter ſicherer Eskorte ſeine Ver wundeten und Kranken , ſowie die nach Vich mitgenommene Artillerie nebſt alen Transportkarren , um auf den blos gang
baren Fußpfaden ſich Gerona zu nåhern und deſſen Belagerungsa artillerie zu decken , nach Barcelona abgeſendet, deſſen Befakung ſich nun dadurch auf 9 Bataillone, 1 Kúraſſierregiment, ge: gen 3,000 Verwundete und Kranke , von denen täglich ein Sheil wieder unter das Gewehr trat , fowie 200 Beamte
erhöhte. Hierauf brach er am 18. Juni mit den Diviſionen Souham und Pino von Vich auf und traf über S. Julia und unter S. Sadurni de Oſor, S. Hilario und S. Coloma de Farnes , am 20. Juni zu Caldas de Malavella ein . Auf die 1
fem Marſche wurden drei ſpaniſche Bataillone zurückgeworfen und zwiſchen beiden Orten gegen 1,200 Stück nach Gerona beſtimmte Ochſen erbeutet, wodurch nun die Mannſchaft das
ſo lange entbehrte Fleiſch erhielt. General Saint - Cyr nahm ſein Hauptquartier zu Caldas de Malavella und beſette eine Linie , die , mit ihrem rechten Flügel vorwärts Brunola auf
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die Oña geſtüßt, ſich über Caſtanet , S. Coloma de Farnes, Riu de Urenas , la Mallorquina, Vidreras und S. Grau bis S. Feliu de Quirols , deſſen Hafen der Sammelplatz der ſpa
niſchen Kaper war , und von wo am 21. die Spanier , unge: achtet des tapferſten Widerſtandes, vertrieben wurden, ausdehnte. Mittlerweile hatte der feit dem 8. Juni mit den Belas
gerungsarbeiten von Gerona beſchäftigte General Verdier dem dortigen Gouverneur , Don Mariano Alvarez , am 13. Juni durch einen Parlementairoffizier den Antrag zur Uebergabe mit freiem Abzug aus dieſer Feſte gemacht, jedoch von ihm die Antwort erhalten , daß er mit den Franzoſen nie anders als
durch die Mündungen ſeiner Kanonen unterhandeln und von nun an auf jeden mit Antrågen zur Ergebung fich nahenden Offizier ohne Weiteres Feuer geben laſſen würde. Die von ungefähr 14,000 Seelen bewohnte Feſtung Ges rona , aus welcher nur eine Anzahl Greife, Beiber und Kins 1
der ausgewandert, war durch ihre Bevölkerung zu einer mög= lichſt hartnäckigen Gegenwehr hergeſtellt worden. Ihre Werke wurden durch 180.Geſchübe vertheidigt, von denen ein Dritt: theil aus Wurfgeſchüß beſtand. Sie war auf acht Monate mit allen Kriegs- und auf vier Monate mit Mund - Bedürf niſſen verſehen worden , indeſſen ihre Garniſon nur aus 3,000 Mann ſpaniſcher Linientruppen und aus 3,000 Mann Búr
germilitår beſtand , welches leştere man in 10 Kompagnien eingetheilt hatte , unter dieſen 2 Kompagnien Artillerie, die aus den angeſehenſten Einwohnern gebildet waren. Die geſammte Bevölkerung , von denen die männliche die abgehenden Streis ter ſtets erſegte, war kriegeriſch eingetheilt, hatte ihre beſtimm ten Verrichtungen , ſowie großentheils Geiſtliche zu ihren an führern , und dabei den Eid , nie von Kapitulation zu ſprechen , und daß im Falle der Uebertretung der Schuldige die Todes: ſtrafe erleiden follte , beſchworen ; gleichwie von ihnen ein Ges ſeß , wornach Seder , ohne Ausnahme , der ſich nicht willig al
len ihm möglichen Anforderungen zur Vertheidigung des Plages 1
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unterzoge , dem ſtårkſten Feuer der Feinde preisgegeben werden ſollte, einſtimmig angenommen worden war. Eine Anzahl hochherziger Frauen bildete die ſtarken Rom: pagnien der heiligen Barbara , die verpflichtet waren , immer in der Nähe der höchſten Gefahr zu ſeyn und ſo die Dienſt thuenden und Kämpfenden in den Werken möglichſt zu unter: ſtúßen und ihnen Munition und Lebensmittel herbeizuſchaffen, ſowie die Verwundeten in Sicherheit zu bringen und ihnen die 1
erſten Verbånde anzulegen. Indeſſen hatte General Verdier am 19. und 21. Juni
drei in Mauerwerk aufgeführte , das Fort Monjui deckende Redouten und zwar die erſte durch franzöſiſche Truppen , die zweite durch bergiſche und die dritte durch die würzburgiſchen,
nach vorgefundener geringen Gegenwehr ſtürmend genommen ; dagegen einen empfindlichen Verluſt durch die Wegnahme einer mit Bedeckung verſehenen Zufuhr von Transportkarren ſowie von 120 Artilleriepferden von Seiten des unternehmenden Oberſten , Doktors Rovira , welcher ungefähr 3,000 Miquelets und Somatenen befehligte, erlitten. Deßhalb mußte ihm Ge
neral Saint- Cyr, zur Fortſegung der Belagerung, feine fámmt
lichen zur Beſpannung des Geſchůbes nicht gehörigen Pferde, 300 an der Zahl , abgeben .
Zu dieſer Zeit war Marſchall Zugereau , Herzog von Caſtiglione, zur Kommandoúbernahme des 7. Urmeekorps in Katalonien , wo er im Jahre 1794 einen glüdlichen Krieg ge
führt hatte, zu Perpignan eingetroffen , und erließ nun zuvor 1
von dort aus an die Katalonier eine auf günſtige Stimmung der
Gemüther für den neuen König Joſeph berechnete Proklamation, die durch Abgeordnete, unter Eskorte eines Bataillons, in den kataloniſchen Dörfern angeſchlagen werden ſollte. Doch wurde dieſes Detaſchement bereits am 6. July auf der Grenze, nach dem es nur zum Theil ſeinen Zweck hatte erreichen können, von den Spaniern bei S. Lorenzo geſchlagen und zerſprengt,
ſo daß nur wenige nach Perpignan entkamen.
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Da jedoch den Marſchall Lugereau in jener Stadt ein
Krankheitsanfall den Oberbefehl zu übernehmen hinderte, ſo blieb dieſer hinfort proviſoriſch in den Händen des Generals Saint Cyr. Allmålig naheten ſich nun die ſpaniſchen Truppen den Stellungen dieſes Generals, dabei jedoch jedes Gefecht vermei
dend. Hierbei mußte ſich dieſer noch durch eine nothwendige Detaſchirung einer Brigade der Diviſion Souham nach der Gegend von Bañolas, zur Unterhaltung der Verbindung mit Figueras , ſchwachen , wohin die Berwundeten und Kranken gebracht und von woher Mund- und Schieß - Bedarf herbeige
ſchafft wurde , und deſſenungeachtet machten die Miquelets und Somatenen die Straße bis zur franzöſiſchen Grenze höchſt unſicher.
Am 5. Juli erhielt der General Fontana den Befehl, fich der befeſtigten Stadt Palamos zu bemachtigen , welche eine Halbinſel bildet , die Verbindung der Garniſon Geronas mit Tarragona erleichterte , und welche durch Linientruppen und
eine Menge hier verſchanzter Somatenen unter patriotiſchen tapferen , rühmlichſt bekannten Unführern , als z. B. dem Oberſten Cabrera , ſowie durch 20 von erfahrnen Articles
riſten bediente Kanonen vertheidigt wurde , während den Ha fen ſpaniſche und engliſche Kanonierſchaluppen ſchükten. Er vollführte dies dadurch , daß er dieſen feſten Plaß , nach drei vorangegangenen vergeblichen Kapitulationsaufforderungen und nachdem bei der lebten die Spanier, gegen alles Völkerrecht, den Parlementår durch einen Kartåtſchenſchuß getödtet hat ten , durch das 2. leichte italieniſche Infanterieregiment , wel: ches durch ein lebhaftes und gut geleitetes Geſchüpfeuer, ſowie durch zwei Schwadronen von Napoleon Dragoner unterſtüßt 1
ward, ſtürmend nahm , wobei die , ſowohl Stadt als Ver I
ſchanzungen , Schritt vor Schritt auf das Hartnäckigſte ver
theidigenden Feinde bis auf wenige, die ſich in das Meer ſtürz ten und ſpåter in Gefangenſchaft geriethen , niedergemacht wur
den.
Dieſes blutige Beiſpiel ſchrecte auch mehrere Städte
von åhnlicher Bertheidigung ab.
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Indeſſen erzeugten beim 7. Korps die unaufhörlichen Ent: behrungen und Strapazen verheerende Krankheiten , gleichwie
auch Neigung zur Deſertion, die zu ſeiner Uuflöſung hätte führen können , wenn nicht die Mannſchaft durch die von den
Feinden an den in ihre Gewalt fallenden Verwundeten, Kran ken und Gefangenen begangenen , empörenden Grauſamkeiten hiervon zurückgeſchreckt worden wåre. Das Belagerungskorps von Gerona hatte indeſſen eine Bat: terie, die kaiſerliche, und von den Belagerten die Teufelsbatterie
genannt, von 25 Geſchüßen gegen das Fort Monjui vollendet, und durch deren am 3. Juli begonnenes Feuer binnen zwei Tagen eine von dem Geniebataillonschef Fleury als gangbar erkannte Breſche bewerkſtelligt. Hierauf ließ der General Ver: dier nach vier Tagen, welche aber die Belagerten benußt hatten, hinter der Breſche, zur Erſchwerung des Zugangs, Verſchanzun gen anzulegen und ſie mit ſpaniſchen Reitern zu umgeben, auf die fes Fort am 8. Juli Morgens drei Viertel auf 4 Uhr durch
franzöſiſche, weſtphäliſche, bergiſche und würzburgiſche Eliten kompagnien , zuſammen ungefähr 3,500 Mann, zwei morderi ſche Stürme unternehmen. Als ſie die Breſche erſtiegen und
auf derſelben eine Stunde hindurch mit Wundern von Tapfer keit und ſeltener Ausdauer ein furchtbar verheerendes Geſchůta
und Kleingewehr- Feuer ausgehalten hatten, fahen ſie ſich durch den rühmlichen Tod faſt ſåmmtlicher Anführer aller Leitung
beraubt und ftanden von ferneren Angriffen ab.
Bei die
ſem Blutbade beſtand der Verluſt in 1,600 bis gegen 2,200
Mann, unter denen 900 Kampfunfähige waren . Der General Verdier ſtellte darauf an den Kommandanten des Forts Mon: jui, Oberſten Blas das Furnas, durch einen Parlementair, wel
chem man ausnahmsweiſe, ſeines Auftrags ſich zu entledigen,
verſtattete, das Geſuch , daß die im Graben des Monjui lie: gende Menge Verwundeter herausgezogen werden dürfte. Die ſer jedoch gab blos die kalte Antwort: es ſollte dafür ge ſorgt werden , daß keiner derſelben in einer Viertelſtunde mehr lebe.
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Doch , gleichſam als Wiedervergeltung für dieſe Unmenſch lichkeit, flog kurz hierauf der baſtionirte Thurm von S. Jos hann , ſey es durch eine in das Pulvermagazin geworfene Bombe , oder durch Fahrläſſigkeit, in die Luft, unter ſeinen Trümmern die ſpaniſche Beſaßung begrabend , von der nur we nige wieder lebendig aus dem Schutte hervorgezogen wurden . Indeſſen machten bereits ſeit drei Tagen bei Hoſtalrich lagernde ſpaniſche Truppen wiederholte Angriffe auf die Di: viſion Pino, um deren Aufmerkſamkeit von der Belagerung Ge: ronas abzulenken und ſo dieſe Feſte deſto leichter mit Mann:
ſchaft verſtårken zu können , und verſuchten hierauf , das lettere Vorhaben am 9. Juli Morgens mit 1,500 -Grenadieren un: ter den Befehlen des engliſchen Oberſten Marſchall auszufüh: ren. Aber obgleich ſie bereits die Linie des Generals Pino durchſchlichen und hinter ſich hatten , ſo wurden doch am 10.
zwei Dritttheile davon durch eine Abtheilung dieſes Generals gefangen genommen und nach Frankreich transportirt, während der übrige Theil ſich zerſtreute. Da von den Spaniern zu la Junquera ein Pulvertrans port weggenommen worden war, ſo hatte die bereits früher er :
wähnte , zur Unterhaltung der Verbindung des Generals Ver: dier mit der franzöſiſchen Grenze detaſchirte, Brigade der Di: viſion Souham am 12. bei Bañolas ſich aufgeſtellt und der die Belagerung von Gerona ungeſtört fortſetzende General Ser : dier die Höhen von S. Lorens de la Muga durch des Ge:
nerals Guillot unvollzählige Brigade befeßen laſſen . Um 2. Auguſt bemachtigten ſich 4 würzburgiſche und bergiſche Elitenkompagnien des Belagerungskorps von Gerona des verſchanzten mit einer Anzahl Verwundeter ,1 vielen Medi:
kamenten und Lebensmitteln angefüllten Kloſters zum heiligen Daniel , wodurch die Eroberung des Forts Monjui , da dieſes 1
alsbald die Verbindung mit der Stadt verlor, beſchleunigt wurde. Nachdem am 4. Auguft der Halbmond des Monjui durch die franzöſiſchen Eliten vom 4. Bataillon des 2. und 56. Re: giments erſtürmt und dieſen Tag eine Kolonne von 200 Mann,
1
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welche die Feſtungsgarniſon verſtärken ſollten , bei ihrem beabs ſichtigten Eindringen nach Gerona , gefangen genommen , da: 1
gegen am 5. das von 3,000 Mann Miquelets und Soma:
tenen , ſowie 200 Mann Kavallerie angegriffene, in Bascara zur Deckung der Straße von Figueras nach Bellgarde aufge: ſtellte Batailon vom 32. Regiment nach Gerona zurüdge trieben worden war, wurde bereits am 11. Abends eine gang
bare Breſche zur Wegnahme des Monjui geſchoſſen.
Hierauf
wollte man ſich dieſes Forts am 12. Morgens durch 2 Deta:
fichements, jedes von 1,000 bis 1,200 Mann , die man nicht vom Belagerungskorps, ſondern aus den beiden Beobachtungs diviſionen genommen hatte , im Sturme bemachtigen. Doch nach einem von den Spaniern am 11. Abends gemachten Uusfalle überzeugten ſie ſich von der Unhaltbarkeit des Mon : jui, ſprengten eiligſt deſſen Magazine in die Luft und zogen ſich wieder nach Gerona zurück, worauf die Belagerungs truppen dieſes Fort beſekten , und darin noch 46 Zentner Pulver nebſt 18 vernagelten Geſchůben, jedoch die Ziſterne durch I
hineingeworfene Leichname verpeſtet, fanden . Obgleich es am 15. Auguſt einer von Plot unter dem Oberſten Doktor Rovira entſendeten , 800 Mann ſtarken , ſpa :
niſchen Kolonne mißglückte , fich durch die Diviſion Souham den Weg nach Gerona zu bahnen, und ſie zurüggetrieben wors den war, ſo gelang es ihr doch am folgenden Zage, da ihr das Feldgeſchrei verrathen ward, durch die weſtphäliſche Diviſion in die Feſtung einzubringen. Uebrigens hatten Hunger , Mangel
an geſundem Waſſer und die unter der drückendſten Hiße zu beſtehenden großen Anſtrengungen , bei den deutſchen Truppen überdieß noch die Ungewohnheit des Klimas , mittlerweile, be: ſonders aber im Auguft, die Krankheiten dermaßen geſteigert, und dadurch die Reihen der um und in der Nähe Geronas
ſtehenden Truppen des 7. Korps in ſolchem Grade gelichtet, daß jedes Bataillon durchſchnittlich kaum noch 300 Mann zählte. Indeſſen war auch Geronas Lage ſehr bedrångt gewor: den . Waren auch die Sturmlůcken noch nicht völlig gangbar,
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ſo hatten dagegen die große Wärme , der Mangel an gutem Trinkwaſſer, der höchft angeſtrengte Dienſt und das große Elend einer Menge Bewohner , deren Gebåube durch das Bombarde ment verwüſtet worden und die deßhalb in dumpfen Kellern
liegen mußten, eine dahinraffende Seuche erzeugt, die Zahl der Streitbaren war zuſammengeſchmolzen, gleichwie die Lebensmit: tel , indem bereits alle Thiere aufgezehrt waren ; der General Alvarez ertheilte daher den Befehl, daß Jeder , welcher les bensmittel verbergen oder ſich dem Dienſte auf dem Wall ent ziehen würde , zur Strafe eine Stunde gefeſſelt in die Lücken der Breſchbatterien gelegt werden ſollte.
Dieſes ſchreckliche
Beiſpiel ward denn auch wirklich an Don Pujades 1, einem al: ten reichen Landedelmanne vollzogen , welchen man nachher, obgleich er von den zahlreichen Geſchůkkugeln unverſehrt ge blieben war , ganz ohne Bewußtſeyn wieder aus der Breſche herausnahm und der bald darauf ſtarb. Durch die bedenkliche Lage Geronas fowie die dringenden Vorſtellungen des Gouverneurs und ſeiner Bewohner veran
laßt, ſuchten nun die ſpaniſchen Generale zur Befreiung dieſes Plages alle ihre Streitkräfte zu vereinigen, wogegen dem Ge: neral Saint- Cyr , der ſeit dem 10. Auguſt ſein Hauptquartier
zu Fornells hatte , die Belagerungsdiviſion ungerechnet, enur 10,000 Mann zum Kampfe verfügbar blieben. Hierauf wurde auch am 30. Auguſt die Diviſion Souham,
welche Brunola ,1 als den befeſtigten Hauptpunkt von des Ge nerals Saint - Cyr Aufſtellung, beſegt hielt, durch den General
Sarsfield in der Fronte heftig angegriffen , während die Divi fion O'Donell ſie umging und dadurch von der Diviſion Pino trennte, gleichwie endlich auch die Diviſion Claros die Rück
zugslinie derſelben auf dem rechten Flügel abſchnitt. Nach mehr ſtündiger tapferer Gegenwehr , bei welcher ſich vorzüglich ein Bataillon vom 1. Regiment auszeichnete, wurde dieſer, obgleich von der Hauptſtärke des Generals Souham vertheidigte Ort von den Spaniern im Sturm genommen , und die Diviſion
Souham , mit Verluſt von 4 Kanonen und vielen Gefangenen, 1
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gegen Fornells zurückgedrångt.
Jedoch fiel gegen Abend die
fes Tages, nach wiederhergeſtellter Verbindung mit dem Gene:
ral Pino und nach achtſtündigem anhaltenden Kampfe, Bru nola wieder in franzöſiſche Hände. Am 1. September hatte General Saint- Cyr ſeine Truppen
auf folgenden Punkten aufgeſtellt. Die vereinigte Diviſion Soubam ſtand auf dem linken Ufer der Oña , und zwar auf der Höhe von S. Dalmay und Salitja , ihr linker Flügel bei
dem auf der Straße von Barcelona gelegenen Meierhofe von Hoſtalnou, indeſſen die ganze Diviſion Pino mit ihrem rechten ſich an dieſe Straße anlehnte , und ihr linker fich hinter Riudel lots de la Selva gegen den Oñafluß hin ausdehnte. Als Reſerve dieſer beiden Diviſionen dienten die vom General Ber
dier von Gerona herbeigeführten dort nur einigermaßen ent behrlich ſcheinenden Truppen des Belagerungskorps. Die ſchwache Diviſion Lechi hielt Salt befekt und die Weſtphalen blieben in ihrem Lager bei S. Pons. Alſo betrug die den Spaniern vereint gegenüber geſtellte Macht nur etwa 12,000 Mann.
Der General Blake aber, um die nothgedrungene Verpro
viantirung Geronas zu bewerkſtelligen und dieſe doch nicht, bei dem moraliſchen Uebergewichte ſeiner Gegner, durch den mögli chen Verluſt eines Treffens auf das Spiel zu reken , ſuchte
dieſen Tag durch Liſt ſeinen Zweck auf folgende Weiſe zu er reichen , und fah auch ſeinen Plan durch das Gelingen voll kommen gekrönt.
Während nämlich die zwei leichten ſpaniſchen Diviſionen Sarsfield und Milans die franzöſiſche Fronte im Schach hiel ten , griff Claros die Vorpoſten der Weſtphalen an und warf ſie von S. Medir gegen Saria zurück ; jedoch wurde jener Ort von den zuſammengerückten weſtphåliſchen Truppen wieder ge nommen . Das Gefecht dehnte ſich nun von da nach Monta gut und dem grünen Hügel aus, auf welchem eine Breſchbatterie errichtet war ; indeſſen wurden , nach wiederholten Angriffen
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von Seiten Claros , beide Punkte den Weſtphalen, ungeachtet
der tapferſten Vertheidigung , nachdem ihr General Hadeln ge blieben war, nebſt ihren Lagern, ihrem in der Ebene von Salt befindlichen Gepäck und dem Geſchůze jenes Hügels entriſſen, Saria jedoch , der Schlüſſel der Umſchließung, trok aller an geſtrengten Verſuche von Seiten der Spanier , durch den , oba gleich kranken , weſtphäliſchen General von Ochs mit ſeinen braven Truppen unausgeſett ſtandhaft behauptet. Der Ges neral O'Donell, der während deſſen Brunola umgangen hatte,
trieb den im Wege nach Vilarareir aufgeſtellten franzöſiſchen Poſten zurück, und griff, da General Blake ihm inzwiſchen nach : folgte, die nur 7 ſchwache Bataillone ſtarke Diviſion lechi,
welche, in Abweſenheit ihres Generals, von dem General Miloſſe wit befehligt wurde , an und drångte dieſe endlich , als auch der Brigadier Garcia Condé nebſt 3,000 Mann am Ter an gelangt war, nach tapfrer Gegenwehr, mit unbedeutendem Ver: luſte gegen Fornells zurüc. Hierauf führte der Brigadier Condé die zu Amer verſammelten 3,000 Mann Verſtårkungstruppen nebſt 1,500 mit Mund- und Kriegs - Bedarf beladenen Maulthies ren über den Terfluß auf höchſt beſchwerlichen Fußpfaden nach Gerona , während die Hauptmacht des Generals Saint - Cyr, durch den gegen Fornells und la Tiona Front machenden General O'Donell bedroht, und durch die Diviſionen Sarsfield und Milans auf der andern Seite beſchäftigt, zu keinem feſten Entſchluß kommen konnte.
Mittlerweile hatte der General Don Alvarez einen glück: lichen Ausfall auf den Monjuiberg gemacht und die Spanier befekten die von den Belagerern verlaſſenen Kloſter S. Da
niel und der heiligen Engel , wo ſie in jenem 500 Kranke unterbrachten und zugleich alle Stampfunfähigen aus Gerona entfernten . Nach dieſen Vorfällen ging General Verdier be: fohlnermaßen noch in der Nacht vom 1. zum 2. über den Ter auf
deſſen linkes Ufer nach Saria in ſeine frühern Stellungen zurück. Da der General Blake feinen Entzweck vollkommen er
reicht, und Gerona nun bis in die erſten Novembertage mit
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Lebensmitteln verſehen hatte, To trat er noch in derſelben Nacht ſeinen Rückzug an , obgleich der Feſtungsgouverneur, Don Al varez , da in dem innern Feſtungswal bereits faſt gangbare Breſchen vorhanden und das Elend der Beſaßung und Be wohner, die täglich blos eine Ration wurmwimmelnder Bohnen und ein wenig ſchlechtes Brod erhielten , unbeſchreiblich waren, den vollen Entſak des Plages von ihm ficher gehofft hatte.
Vergebens erwartete auch General Saint-Cyr am 2. Sep tember mit den bei Hoſtalnou an der Dña verſammelten 21 Bataillonen , die ungefähr 8,000 kampffähige Mann zählten, ſeinen Angriff, wozu er ihn überdieß durch Demonſtrationen zu bewegen verſuchte. Dagegen verließ der General Condé mit ungefähr 1,500 Mann Infanterie und Kavallerie und 1,500 Maulthieren am 4. gegen Tagesanbruch Gerona wieder
und entkam glücklich, ungeachtet aller vom General Saint - Cyr angeordneten Verhinderungsmaaßregeln. Sedoch blieb General
O'Donell, zur Deckung der von den Belagerten angefangenen Demolirungen der Werke und Aufråumen der Breſchen , noch bis zum 5. vor Gerona ſtehen , welchen Tag er ſeinen Abzug, nach einem unbedeutenden Arriergardegefechte, ohne Verluſt ge gen Caldas zum General Blake vollführte. Auf Nachſuchen des Generals Verdier wurde defſen Bez lagerungsdiviſion noch durch die Brigade Mazuchelli verſtärkt; die Weſtphalen als Dedung links dem Terfluß verwendet ; die alten Breſchbatterien von neuem erbaut ; das Kloſter S. Daniel wieder befekt und jene 500 dort untergebrachten kran
ken Spanier înach Gerona zurückgeſendet. Als hierauf am 6 . eine 1,800 Mann ſtarke Kolonne die Stadt verlaſſen wollte, wurde ſie durch das 6. italieniſche Linienregiment nach einem hißigem Gefechte und mit ziemlichem Verluſte wieder hinein
geworfen , dieſen Tag auch durch den General Mazuchelli /
der feit dem 1. September von den Spaniern mit 500 Mann
beſegte wichtige Poſten , das Kloſter der heiligen Engel , im Sturme genommen, wobei ſich vorzüglich der Oberſt Eugen von
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dieſem Regimente auszeichnete, und die geſammte Befakung bis auf 4 Mann , welche Pardon erhielten, niedergemacht. Dagegen mißlang dieſen Tag ein Angriff, welcher von dem aus Piemonteſern beſtehenden 32. Regiment und der faſt fåmmt:
lichen weſtphåliſchen Diviſion unter dem tapfern General Soba, der bei dieſer Gelegenheit ſeinen Tod fand und auch mit bes deutendem Verluſte der legtern, gegen die vom Oberſten Rovira und dem Oberſtlieutenant Claros befehligten Miquelets und Somatenen bei S. Gregorio gemacht wurde. Nachdem am 13. des Morgens die Batterien des Monjui
von Neuem ihr Feuer gegen die angefangenen Breſchen be gonnen hatten , griffen die Belagerten am 15. bei einem ftar: ken Ausfalle die Breſchbatterien an, eroberten eine derſelben und vernagelten darin einige Kanonen ; jedoch wurden ſie , nachdem
die Reſerven am Monjui fich vereinigt hatten , wieder genom men und die über den Tod ihres Unführers , des Oberſten Marſchall ( eines Engländers) , beſtürzten Spanier durch den, ungeachtet des lebhafteſten Feuers von Seiten der Stadt , mit 1 Bataillon aus dem Monjui herabgerückten Oberſten Muff in die Stadt wieder zurückgeworfen. Von beiden Seiten war hierbei der Verluſt nicht unbedeutend.
Doch wie hart bedrångt Gerona war , zeigt der vom Fe ſtungsgouverneur Don Alvarez unterm 9. September 1809 an die Oberjunta von Katalonien gemachte Bericht, deſſen Schluß wortlich lautet : ,,daß, wenn man die Belagerung nicht ſchnell
aufzuheben ſuchte, Gerona bald nichts mehr ſeyn würde, als mein Haufen glorreich gefallener, auf die Trümmer ihrer Håu
uſer und Befeſtigungswerke gebetteter Leichen, deren die Nach „Welt in Trauer und Schmerz gedenken würde." Da nach dem unausgeſekten Feuer der Belagerer die Ge nie- und Artillerie - Offiziere am 19. vier Breſchen im Haupt walle Geronas für gangbar hielten , ſo wurden am Morgen dieſes Tages, wo der beiderſeitige Kanonendonner ſchwieg, fran zöſiſche Parlementairs wegen Aufforderung zur Uebergabe ab geſendet , jedoch als dieſe ſich der Mauer der Stadt genahet
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hatten, zur augenblicklichen Rückkehr bedeutet , und die Werke, die außer der Bejagung auch noch von den Einwohnern , ohne Un:
terſchied des Standes oder Geſchlechts, beſeßt waren , begannen fofort wieder ihr Feuer. Hierauf wurde vom General Saint: Cyr der Sturm auf Nachmittags 4 Uhr dieſes Tages feſtges ſetzt, ſowie die aus Franzoſen, Italienern, Neapolitanern, Weſt phalen, Würzburgern und Bergern beſtehenden 50 verfügbaren Bataillonsſtämme des 7. Korps, welches zu der Zeit, in Folge der unausgeſegten Strapazen und des Elends , allein 5,000
Kranke in Perpignan hatte *) , während zugleich die Lager der Diviſionen Souham und Pino , wegen der bei ſich behaltenen Kranken , ungeheuren Hospitälern glichen , (was einen Begriff von der beklagenswerthen Lage dieſes Korps giebt) , folgender: maßen verwendet :
Unter General Souhams Befehlen 8 Bataillone nebſt der
Reiterei , zur augenblicklichen Abwehrung des in die Nähe ge růckten Generals Blake , Fals ſolcher vom Gebirge herab káme,
ſowie auch , wenn dieß nicht geſchahe, zur Erneuerung des etwa mißlingenden Sturms für den Abend oder die Nacht; unter General Pino 13 Bataillone, um Gerona einzu:
fchließen und einen Scheinangriff auf dieſe Stadt zu unter: nehmen , ſowie
unter General Verdier 29 Bataillone , beſtimmt, die Breſchen der Stadt anzugreifen . Um 4 Uhr Nachmittags růckten die Kolonnen vou Ent:
ſchloſſenheit, unter dem furchtbaren Feuer aller Werke, ſowie uns ter dem Ertónen der Sturmglocke vom Dome der Stadt, zum
*) Nach den Beſtandliſten vom 14. September 1809 war der préſente Stand der Belagerungsdiviſionen vor Gerona folgender : die fran: zöſiſche, aus 1 Regiment Franzoſen , 1 Regiment Würzburger und
2 Regimentern Berger zuſammengeſegt, 2,441 Mann ; die weſt pháliſche, 4 Regimenter ſtarke, 1,779 Mann und die italieniſche, aus Veliten und 1 Regiment Italiener, ſowie aus 2 Regimentern Nca : politaner, 686 Mann, daher die Geſammtſtårke 4,906 Mann. 23
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Sturm an , hatten aber ſchon , ehe ſie die Mauern erreich ten , 200 Verwundete und wurden nach anderthalbſtündigem höchſt blutigen Kampfe, während deſſen ſie einem mörderiſchen Feuer ausgefekt waren und nur eine geringe Zahl die Breſche 1
erſtieg , durch die tapferſte Gegenwehr der Belagerten , unter 1
denen die heroiſchen Frauen der Sankt Barbara - Kompagnien ſich ſehr thåtig zeigten und ſich durch das von jedem Luft zuge bewirkte Flattern ihrer Bånder den Augen der Belagerer bemerkbar machten, nach dreimaligen Angriffen, unter dem bedeu tenden Verluſte von 1,600 Todten und Verwundeten, überall zurückgeſchlagen. Die bergiſchen Truppen , von denen die Oberſten Muff und Geither ſich hierbei beſonders auszeichne ten , verloren allein 11 Offiziere und 350 Mann an Todten und Verwundeten . Unter den legtern befand ſich auch der durch
die Bruft geſchoſſene und in Folge dieſer Verwundung kurz nachher verſtorbene Oberſt Muff, ein geborner Elſaſſer, der wah rend der Revolution allen Feldzügen beigewohnt und haupts fåchlich in Aegypten durch ſeine ungewöhnliche Unerſchrođenheit Napoleons Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen hatte. Um die Vertheidigungswerke und einen Theil der Streich linien noch mehr zu zerſtören , was man als ein Haupthinder niß bei dem fehlgeſchlagenen Sturme betrachtete , wurden nun, obgleich Mangel an Schießbedarf vorhanden war , die Bela gerungsarbeiten fortgeſekt, und zugleich die Blokirung noch enger bewirkt , um eine möglichſt baldige Uebergabe dieſes Plages .
herbeizuführen, indem das fámmtliche Belagerungskorps, wegen
der bei dieſer ſo lange anhaltenden Belagerung unausgefegt er duldeten Drangſale jeder Art , von Widerwillen und Niederges · ſchlagenheit erfüllt war. Indelſen bedrohte General Blake ſeit dem 21. bis zum 25.
die Belagerer vor Gerona mit Angriffen, ohne aber zum Ents faße dieſer höchſt bedrängten Stadt, wo Hunger und grafſirende Krankheiten ſchrecklich wütheten , etwas zu wagen. Doch ver ſuchte er, dieſe Feſtung , nachdem er am 25. mehrere Angriffe 1
unternommen hatte, am 26. früh mit einem auf Packefeln ges
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ladenen anfehnlichen Vorrathe ' von Lebensmitteln aller Art nebſt einer Heerde von 300 Ochſen und 1,200 Schafen abermals zu verproviantiren. Und obgleich es auch jegt dem die 6 Bataillone ſtarke Avantgarde befehligenden Brigadier, Heinrich O'Donell, gelungen war , durch die Lager zu dringen und die Baracken in Brand zu ſtecken und er ſodann ſeinen Marſch gegen die Stadt fortſekte , ſo wurde er doch nun in die åußern Forts des Connetable und der Königin Anna ſich zu werfen gezwungen , und der ganze Konvoi nebſt Bedeckung durch die Generale Pino , Mazuchelli und Fontana abgeſchnitten . Von dieſen in der Fronte und im Rücken , ſowie durch das 6. Regiment in ihrer rechten Flanke hart bedrångt , fiel dieſe Zufuhr einem Theile der Diviſion Souham in die Hände, ohne daß der Gou verneur von Gerona zur Erhaltung derſelben einen Ausfall verſuchte. Die Spanier verloren hierbei 3,000 Mann , darun:
ter ungefähr 700 Gefangene, mit Einſchluß von 40 Offizieren. Wie erbittert der Kampf war, zeigen folgende Thatſachen :
Der Angriff des 67. franzöſiſchen Regiments auf die Freiz willigen von Tarragona , welche die Arriergarde bildeten , war
ſo ungeſtům , daß zwiſchen den beiderſeitigen eben im Gewehr fållen begriffenen Truppen der franzöſiſche Bataillonschef Bes nay den ſpaniſchen Kommandeur erreichte, fich mit demſelben
perſónlich ſchlug und ihn durch mehrere Såbelhiebe verwun dete, und daß auch die Italiener, aus Vergeltung für die eben fo grauſame, als entehrende Ermordung mehrerer in die Hånde des Oberſten Rovira und andrer Bandenanführer ge fallenen Transporte Verwundeter und Kranker, keinen Pardon gaben. Blos die Diviſion Souham machte hiervon eine Aus. nahme.
Da der General Blake mit der Hauptmacht ganz ruhig auf den Höhen von Sadorin als Reſerve zurückgeblieben war,
und von hier aus den unglücklichen Ausgang des Gefechts eines Theils ſeiner Truppen mit angeſehen hatte, ſo verſuchte
man ihn alsbald in ſeiner Stellung anzugreifen , die er aber ſofort verließ und fich am 27., bei der Annäherung des zu 23 *
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ſeiner Feliu denn unter
Verfolgung beauftragten Generals Beſſières, über S. de Quirols , von Gerona ganz zurückzog. So überließ er dieſe Stadt , welche nun auch noch die , wie bemerkt, dem Brigadier O'Donell in die Forts eingerückten Trupa 1
pen , die man nicht wieder herausließ , mit ernähren mußte, 1
ihrem traurigen Geſchicke. Von der zur Verbindung mit Frankreich aufgeſtellten , aus
Lazaronis und Calabreſen gebildeten neapolitaniſchen Diviſion Prinz Pignatelli, hielt das leichte Regiment die Fluvia durch Bañolas und Vascara befeßt, während es mit dem in Medina die Magazine des Belagerungskorps deckenden Bataillon der Prinzen in Verbindung ſtand. Dieſe Truppen waren , da die herumſtreifenden kataloniſchen Banden die Straße bis an die Grenze von Frankreich ſo unſicher machten , in ſteter
Unruhe und Gefahr.. Daher ereignete ſich es auch, daß der mit 2 neapolitaniſchen Bataillonen die Verwundeten, Kranken
und einen leer zurückgehenden Konvoi eskortirende General
Narcis bei Col D'Oriol fich angegriffen und in ein ungünſti ges Gefecht verwickelt fah , wobei er mehrere hundert Mann an Todten und Verwundeten ſowie eine Menge Zugthiere ver lor. Er mußte hierauf Bascara , von wo ein die Befaßung
bildendes leichtes neapolitaniſches Bataillon durch den Oberſten Rovira vertrieben worden war , mit neuem großen Verluſte nehmen. Die hierbei gefangenen Katalonier ließ er an den Båumen aufhängen , die bewohnten Häuſer ausplündern , und die Bewohner verjagen. Alsbald wurde dann der Anfang zu neuen ſtårkern Befeſtigungen gemacht.
Bei dieſem Stande der Dinge ging der General Saint Cyr, dem General Souham den Oberbefehl über das 7. Korps übertragend, nach Perpignan , um mit den dortigen Behörden die geeignete Rückſprache wegen des nöthigen Unterhalts ſeiner Truppen um Gerona zu nehmen , weil nach Aufzehrung der eben
gemachten Beute in Katalonien nichts mehr aufzubringen war. Da dieſer dort vernahm , daß der ſchon längſt zum Oberkom mando über dieſes Korps beſtimmte, zu Molitg fich aufhaltende
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Marſchall Augereau ſich wohl befinde, fo úbergab ihm nun der General Saint - Syr den Oberbefehl, den er ſchon ſeit mehreren
Monaten nur proviſoriſch geführt hatte , und reifte , durch uns ausgeſepte Beſchwerden an ſeiner Geſundheit zerrüttet, der früher ſchon erhaltenen Erlaubniß des Kriegsminiſters zufolge, fich von der Armee entfernen zu dürfen, am 5. Oktober von Pers pignan ab.
Dieſer General hatte, wie der Verlauf der erzählten Be gebenheiten lehrt, mitten in dieſem im ſchrecklichſten Aufruhre ſich befindenden Lande ftets ein gemäßigtes Verfahren zur Bez ruhigung der Bewohner an den Tag gelegt, ſowie vermoge ſeines mit dem General Reding im Februar oder Mårz d. I.
abgeſchloſſenen, der Menſchlichkeit entſprechenden Vertrags vielen Verwundeten und Kranken ſeines Armeekorps 'und der Spanier Leben und Freiheit gerettet ,1 und oft mit geringen Streit kräften und bei Mangel aller Subſiſtenzmittel, glänzende Waf fenthaten ausgeführt. Gleichwohl hatte er während ſeines ganzen Oberbefehls auch nicht einen Titel , noch Orden für einen der Braven ſeiner franzöſiſchen Truppen auswirken können ; ja es 30 gen, trok jener vorzüglichen Eigenſchaften, die frühere Weigerung, mehrere feſte Pläße auf einmal zu belagern , weil , beſtberechne tem Ermeſſen zufolge, ſeine geringfügigen Mittel kaum zu ei
nem ſolchen Unternehmen hinreichten , und die Sorge , das 7. Korps vor einer Menge Unfälle zu bewahren , ſowie die Nieder legung des Oberbefehls ihm die große Ungnade des Kaiſers Na poleon zu. Die Abgeneigtheit deſſelben erklärte er ſich auch, und zwar aus früherer Zeit dadurch, daß er in Neapel einen ihm an die Hand gegebenen Antrag, eine Armee, über welche er den Ober: befehl führte, zu einer herabwürdigenden , die Annahme der Kai
ſerwürde bezweckenden Adreſſe an den damaligen erſten Konſul Buonaparte zu bewegen , mit der freimüthigen Leußerung ab lehnte , eine ſolche Erhebung müſſe von der Nation aus :
gehen , indem der Armee blos Gehorſam gezieme.
Alles dieß
führte für ihn eine zweijährige Verweiſung herbei, nach welcher
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Zeit er , jedoch ohne ſein Geſuch), wieder zum Dienſte verwen det wurde.
Unter dem Belagerungskorps von Gerona, welches übrigens dieſe Stadt nur noch einſchloß , trat des anhaltenden Regens wegen eine große Sterblichkeit ein , während unter ihrer Bes ſaßung Hunger wüthete und Krankheit, von welcher ſelbſt der zum Marechal de Camp beförderte Gouverneur Don Alvarez bedeutend heimgeſucht wurde. Nachdem jedoch das 7. Korps binnen Kurzem nicht allein
durch neue Ergånzungen wieder auf 28,000 Mann gebracht, fondern auch das Ganze aus Frankreich mit Lebensmitteln ver ſehen, was bisher blos bei der Belagerungsdiviſion Verdier der Fall geweſen , und überdieß noch das 3. Korps unter General
Suchet zu ſeinemBeiſtand angewieſen worden war, welches denn auch einige bedeutende Belagerungen übernahm , trat unter fol chen günſtigen Verhältniſſen der Marſchall Augereau , Herzog von Caſtiglione, den Oberbefehl an, während General Rey zum Chef des Generalſtabs deſſelben ernannt wurde , und traf am 11. oder 12. Oktober vor Gerona ein , wo ihm nun durchaus
kein Hinderniß zur weitern Blokade entgegenſtand. Indeſſen gelang es doch dem ſeit dem 26. September in
der Feſte eingeſchloſſenen General O'Donell, mit ſeiner Brigade in der Nacht auf den 13. Oktober mittelſt eines kühnen Durch brechens durch die Diviſion Souham zu entkommen , und ſich zu S. Coloma de Farnes mit dem Oberſten Milans zu verei nigen. Kurz darauf wurde der Eintritt des Marſchalls in Katalonien noch durch ein andres ungünſtiges Ereigniß bezeich: net, indem die Eskadre, die aus 3 Linienſchiffen, 2 Fregatten 1
und 19 Transportſchiffen beſtand , und am 21. Oktober aus
dem Hafen von Toulon zur Verproviantirung Barcelonas un ter Contreadmiral Baudin ausgelaufen war, durch die 26 Kriegs ſchiffe ftarke engliſche Eskadre des Admirals Collingwood auf der Höhe der Küſte bei Roſas auseinander geſprengt worden war , und 12 der Frachtſchiffe vor und in dem Hafen dieſer
Stadt theilweiſe genommen und theils verbrannt wurden, ſowie
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2 Kriegsſchiffe in den Hafen von Sette fich flüchten und 2 andere, um nicht in engliſche Hände zu fallen , auf Befehl des Contreadmirals bei des Aresquiers auf den Strand laufen und in Brand geſteckt werden mußten ; ſo daß blos eine Fre: gatte nach Marſeille entkam.
Alsbald führte Marſchal Augereau mit 10,000 Mann von Gerona aus, an der Feſte Hoſtalrich und unter deren Ges ſchüpfeuer vorüber, einen dreimonatlichen Mundbedarf, mit ges ringem Verluſte, nach dem von unbedeutenden ſpaniſchen Streit:
kråften eingeſchloſſenen Barcelona , und kehrte von da ſogleich, mit dem durch den General Maurice Mathieu dort erſekten
General Duhesme , unter unerheblichem Geplånkel wieder nach Gerona zurück. Doch gegen Ende Oktobers nahte fica General Blake wie der mit bedeutenden Streitkräften der Feſtung Gerona, um fos
wohl den Muth der Belagerten von Neuem zu beleben , als auch ihnen einen friſchen bei Hoſtalrich fich ſammelnden Pro
vianttransport zuzuführen , wobei er den Brigadier D'Donell blos mit 2 Bataillonen nach La Bisbal detaſchirt, ſowie am
29. Oktober von einer ſeiner Diviſionen die Hében von Bru :
nola hatte beſeßen laſſen, die aber durch die Diviſion Souham angegriffen und geſchlagen wurde. Nachdem Marſchall Uugereau am 30. die Stellungen der Spanier rekognoszirt hatte, griff er am 1. November das von ihnen befekte S. Coloma an, von wo er ſie nach einem mehr
ſtündigen blutigen Kampfe mit bedeutendem Verluſt an Mann : fchaft ſowie an Geſchůßen und Gepäck vertrieb, ſo daß General Blake ſich noch in der Nacht gegen Vich zurückzog. Hierauf brach am 2. November die Diviſion Pino gegen die Feſtung Hoſtalrich auf, beſtand am folgenden Tage bei Ma fanet mit den Somatenen ein Gefecht, regte ſich am Abend in dieſem Flecken , wo eine Anzahl Spanier gefangen genommen wurden , feſt, drang am 3. bis zur Tordera vor und umzin gelte am 7. jene Feſte. Am 8. ward nun von dieſer Diviſion ſo
wohl die, von 1,500 bewaffneten Einwohnern und Bauern ver:
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theidigte, verſchanzte Vorſtadt (Arrabal), ſowie die von dem Bria gadier Quadrado mit 2,000 Mann Spaniern lange behauptete Altſtadt nebſt ihren Magazinen ſtürmend genommen und dieſe in das von 1,200 Mann befekte Kaſtell zurückgeworfen, während die Einwohner, welche nicht niedergemacht wurden , entflohen . Aber nur unter einem bedeutenden Verluſt an Mannſchaft hatte die Diviſion Pino die Wegnahme des für Gerona beſtimmten Pro viants bewirkt und General Blake ſeinen Rüdzug angetreten. Der Marſchall Lugereau hatte ſich, nachdem er bei Bru: nola eine Brigade aufgeſtellt , wieder nach Gerona gewendet,
in welcher Stadt, der verheerenden Krankheiten wegen, die Noth
auf das Höchſte ſtieg. Doch dauerte die enge Blokade dieſes Plakes den ganzen November hindurch, ohne daß er ſich ergab. Zu dieſer Zeit ſtieß noch das aus Ausländern , vorzüglich aus den zum Dienſt gezwungenen öſterreichiſchen Kriegsgefangenen , ſowie aus Ueberlåufern vieler Nationen gebildete, 1,000 Mann ſtarke Bataillon Latour D'Auvergne als Verſtärkung zur Dis 1
viſion Verdier und wurde mit zur Deckung des linken Ter ufers verwendet.
Nachdem nun der zur Beendigung der Belagerung ers
forderliche Schießbedarf angekommen war , wurde am 2. Des zember die Beſchießung von Neuem und mit gutem Er folge heftig begonnen , ſowie am Abend dieſes Tages durch die Brigade Mazuchelli die Marinevorſtadt, trok des ſtarken Gez ſchüßfeuers der Stadt , genommen und in der Nacht zum 3. zwei neue Batterien angelegt. Ungeachtet deſſen ſekten die Ver theidiger von Gerona den heftigſten Widerſtand fort und be: nußten dazu alle ihnen zu Gebote ſtehenden Mittel. So ver wendeten ſie meiſt bei den Ausfållen und zur Vertheidigung der Breſchen 300 Mann vom 7. Korps deſertirte Neapolitaner, weil ſie wußten , daß dieſe ſich , wegen des bei ihrer Habhaft werdung von Seiten der Belagerer zu erwartenden Schickſals, als Verzweifelte ſchlagen würden. In der Nacht auf den 7. Dezember ſetten fich 50 italieni: ſche Freiwillige in der die Stadt mit dem Fort Connetable ver:
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bindenden Redoute feſt, wobei gegen 20 Spanier niedergemacht wurden , während zu gleicher Zeit die KapitelSredoute und das
Kalvarienfort von bergiſchen und würzburgiſchen Truppen um : zingelt wurde , und ein Gruppentheil der legtern Geronelle bes fekte. Zur Wiedernahme der Redoute der Stadt unternahmen
am 7. 1,200 Spanier unter großem Verluſte einen fruchtloſen Uusfall , während welches der bergiſche Oberſt Geither ſich des von den Spaniern nur ſchwach beſeßt gelaſſenen Kalvarienforts und der Kapitelsredoute , mit unbeträchtlicher Zufopferung an Mannſchaft, bemachtigte.
Nachdem das , obgleich nun von den drei genommenen Werken umfaßte und von jeder Verbindung mit der Stadt ab geſchnittene, Fort Connetable am 8. vergeblich zur Uebergabe aufgefordert worden war , fuhr man während des 9. mit der heftigern Beſchießung dieſes Werks ſowie der Stadt fort, wodurch in lekterer die Bruſiwehren zuſammengeſchoſſen wurs 1
den und ſich Trúmmer auf Trümmer håuften, gleichwie auch ein großer Theil des ſpaniſchen Geſchůßes zum Schweigen ge bracht ward .
Obwohl der auf den Tod erkrankte Feſtungsgouverneur Don Alvarez in dieſer höchſt bedenklichen lage mit allen Ehren
eine Kapitulation hätte abſchließen können , ſo verſuchte er doch noch mit allen Waffenfähigen, während des in der Nacht zum 10. ſchwacher als am Tage zuvor unterhaltenen Geſchußfeuers der Belagerer, fich aus der Stadt durchzuſchlagen , welches Un ternehmen jedoch bei dem auf das Höchſte erſchöpften Zuſtande der Beſakung mißlang , und nach welchem er , neuerdings leicht verwundet, ohne Bewußtſeyn in die Stadt zurückgebracht wurde.
Nachdem endlich am 10. vom Morgen an die Belagerer ringsum auf Gerona ein heftiges Feuer unterhalten hatten , wel: ches die Belagerten nur ſehr ſchwach noch erwiedern konnten, ſchwieg um Mittag das Geſchůk der lextern ganz , und ro rah fich nun dieſe bis auf das Zeußerſte vertheidigte Stadt, in Er mangelung von Lebensmitteln , da dieſe theilweiſe auch durch
den Brand verzehrt waren , und von geſundem Trinkwaſſer,
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ſowie durch ununterbrochenen Kampf, durch Krankheiten und Beſchwerden theilweiſe ihrer Beſabung und Bevölkerung beraubt , zu einer Kapitulation genothigt , die jedoch am Abend erſt zu Stande kam. Vermöge derſelben zogen am 11., 1
Morgens 9. Uhr, 2,300 Spanier nebſt 1,900 nicht uniformir
ten Kataloniern mit klingendem Spiel aus der Stadt, ſtreckten auf einer Ebene und entfernt von den Belagerungstruppen die Gewehre und wurden hierauf mit ihrem Gepäck als Kriegsge fangene nach Frankreich abgeführt.
Dem Vertrage zufolge
ging auch der Feſtungsgouverneur, Don Alvarez, in die Gefan: genſchaft nach Frankreich ab , während für die Geiſtlichkeit und
Bewohner volle Verzeihung alles Geſchehenen , ſowie Schuß für Religion und Gewerbe und Niederſchlagung jeder Unters ſuchung , ausbedungen worden war. 1
Den Franzoſen fielen hier gegen 180 Geſchüße nebſt unbes trächtlicher Munition in die Hände , und außerdem ließ der Marſchau Augereau auch noch die mit ihrem koſtbaren Schmuď angethanen filbernen Heiligenbilder , Narciß und Donat , des : halb, weil ſie, als geiſtlicher Gouverneur und Kommandant , im Kampfe vorangetragen worden waren , nach Frankreich trans:
portiren. Nächſtdem hatten die Belagerten nach und nach uns gefähr 2,800 Mann vom regulairen Militair , ſowie 5,000 bez waffnete Katalonier und Einwohner an Todten verloren und,
jedoch nach unmaßgeblicher Schåkung, im Ganzen über 70,000 Schüſſe und Würfe aller Art gethan . Dagegen hatten die Belagerer während der langwierigen Blokade und Belagerung angeblich 12,000 Mann verloren, und dabei über 6,000 große Zúndgranaten , über 10,000 Bomben und über 48,000 Kanonenkugeln verſchoſſen. Außer dem waren auch noch die Verluſte der die Blokade und Bes
lagerung Geronas deckenden Diviſionen Souham , Pino und .
Lechi bedeutend.
Die in Gerona eingerückten geſammten deutſchen Truppen des Belagerungskorps wurden in die Kloſter verlegt, wo fie
aber der verpeſteten Luft preisgegeben waren .
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Obgleich der Marſchall hier die ſtrengſte Mannszucht hand haben und mehrere , nur geringer Diebſtahle ſchuldige Solda
ten vor der Kathedrale erſchießen ließ , ſo wurden doch , der Kapitulation zuwider , ſowohl die weltliche Geiſtlichkeit in uns terſuchung genommen , als auch gegen 600 Kloſtergeiſtliche als
Gefangene nach Frankreich transportirt; und auch der bereits in Narbonne eingetroffene Gerieral Don Alvarez , auf Befehl
des Königs Joſeph Napoleons , wegen ſeines früher erwähnten Benehmens als Kommandant des Monjui in Barcelona, nach
Figueras zurückgeführt , um ihm dort den Prozeß zu ma chen , wovon jedoch dieſen von den Spaniern hochgefeierten Hel: den ein plößlicher Zod befreiete.
Uebrigens gelang es 500
Mann von der nach Frankreich transportirten Befakung , in Rouſſillon zu entkommen, unter denen ſich auch der tapfre Baron d'Eroles befand , der ſich ſpåter in Katalonien ſo ſehr her vorthat.
Obgleich Geronas Fall in Katalonien den tiefſten Eindruck auf die Bewohner hervorbrachte , ſo verließ ſie doch, bei ihrem durch Beharrlichkeit und Ergebung an Kirche und Zhron aus:
gezeichneten Karakter , die Hoffnung nicht. Da am 18. eine bedeutende Anzahl Spanier den Mona negre befekt und bei Hoſtalnou die Straße geſperrt hatten , worauf die Neapolitaner zwar dieſen Tag fich dieſes Bergs bemåchtigten und dabei eine Anzahl Katalonier tódteten , aber dieſe Stellung nicht behaupten konnten und ſie den Spaniern wieder überlaſſen mußten , ſo brachen am 21. die Generale Souham mit ungefähr 4,500 Mann und Verdier mit 2,600 Mann gegen die Fluvia auf , während die Staliener zwiſchen dem Ter und der Dña , ſowie die Weſtphalen in Gerona ſtehen 1
blieben. Hierauf vertrieb General Souham dieſen Tag die Spanier von den Höhen von Bañolas und Junia , ſowie aus
Beſalu , wobei ſie viel Leute verloren , indeſſen General Ver: dier, ihm bis Mata folgend , ſeinen Marſch rechts über die
Fluvia bis gegen Crespia und Navata furtſegte.
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Während General Souham am 22. ſich um Beſalu aus: breitete und mit einzelnen Poſten bis Palau und Riu vor: rückte , befekte General Verdier gleichzeitig S. Lorenzo I, wurde jedoch bei ſeinem weitern Vordringen gegen den Monnegre von der , plóklich aus dem Verſtecke des Hochgebirgśthales unter Drts und Maſanet hervorbrechenden, 6,000 Mann ſtarken, Di: viſion Claros in ein Gefecht verwickelt, in Folge deſſen er zu einem übereilten Rúdzuge , und von den Kataloniern bis in die Nacht verfolgt, mit Berluſt von beinahe 80 Todten und Vers
mißten ſowie 250 Verwundeten , bis zu einem in der Gegend von Hoſtalnou gelegenen Dorf genöthigt wurde. Am 23. trat General Verdier den Rückmarſch an und
ließ durch die bei ſich geführten bergiſchen und würzburgiſchen Truppen Vilanant und Navata , ſowie durch die Franzoſen Beſalu beſegen . Nachdem am 24. die Zruppen dieſes Genes
rals die des Generals Souham in ihren Stellungen abgelöſt hatten , ſammelten ſich lektere zu Palau und griffen die Spanier auf den Höhen um Montagut an , warfen ſie von
da zurück und nöthigten die Diviſion Claros , ſich mit Verluſt gegen Abadeſas zurückzuziehen , worauf fie am 25. , während Truppen des Generals Verdier zur Beſebung von Caſtell: folit nachrückten , Plot nach einem Gefechte nahmen , und als: dann nody den , von den abziehenden Spaniern aufgegebenen,
feſten Gebirgspaß bei Las Preſas beſekten. Während die Diviſion Souham am 26. einen nöthigen Ruhetag hielt , nahm General Verdier, mit einem beibehaltenen
Poſten in Beſalu , eine Gebirgspoſition bei S. Pau , S. Iscle und Las Prefas gegen Vich , in welcher er am 27. und 28. von den Spaniern erfolgloſe Angriffe zu beſtehen hatte. Am 27. bezog eine Brigade der Diviſion Souham eine Stel:
lung bei S. Pau und S. Martin , von welcher 2 Bataillone Campredon úberrumpeiten und die dortigen Gewehr- und Munitions - Werkſtätten vernichteten , ſowie deren Vorråthe theils mit ſich nahmen oder zerſtörten , worauf dieſe Bri gade am 28. die erbeuteten Gegenſtände nach Slot führte, ohne
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daß ſolches die geſdrachte Diviſion Claros, troß ihrer deshalb unternommenen Angriffe, hatte verhindern können. Der am 29. Alles zu einer weitern Verfolgung der Di: viſion Claros vorbereitende General Souham ließ am 30. feine zweite Brigade gegen Ripoll aufbrechen, welcher Ort von derſelben überrumpelt und nach unbedeutendem Widerſtande ge nommen wurde.
Da die Diviſion Claros fich hierbei uma
gangen ſah, ſo zog ſie ſich in die ſtarke Stellung zwiſchen den Dörfern Baget und Vidabona zurück , in welcher fie ſich gegen jeden Angriff feſt behauptete. Sie war aber ſo herabgeſchmol zen und entmuthigt, daß fie ſich am 31. , beim weitern Vor
dringen der Franzoſen , in das Hochgebirge gegen Planolas zer ſtreuete, worauf eine franzöſiſche Abtheilung gegen den Gewehr fabrikort Ribas ſich wendete und dieſe Stadt, welche von ihren Bewohnern außerhalb und innerhalb vertheidigt wurde , ſtúrs mend nahm und plünderte. Demnach erbeutete General
Souham auf ſeinem Gebirgsmarſche mehrere tauſend Gewehre, die er nach Figueras zurückſendete. So hatte ſich das Jahr 1809 in Katalonien für die ſpa
niſchen Waffen unter ungünſtigen Ereigniſſen und angefüllt mit Schreckensſcenen geendet ; doch blieb das nun beginnende Jahr 1810 an hochherzigen Thaten , aber auch an Blut, Gråuel- und Vernichtungs - Scenen , ſowie an verheerenden Krankheiten und Drangſalen aller Art , nicht hinter dieſem zu rück. Indeſſen konnte der Katalonier glühende Vaterlandsliebe, ihr Muth , ſowie der Entſchluß , das ihnen mit Gewalt aufges drungene Joch um jeden Preis abzuſchütteln , durch ihre ſo
håufigen Niederlagen , ſo wie durch den Anblick ihrer in Schutt und Uſche liegenden oder verwüſteten Städte , Dórfer und Ges höfte, verbunden mit Bedrångniſſen aller Art, nimmer geſchwächt werden, während ſie auch durch die Entheiligung ihrer Kirchen und 1
die erduldeten ſchweren Unbilden immer mehr mit ſtillem Rachge:
fühl erfüllt wurden. Die Geiſtlichen, vorzüglich die Mönche, hatten wegen der Entweihung ihrer Altáre, zu ihrer eigenen Selbſterhal tung und aus Ingrimm über des Vaterlandes Schmach ihre
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ſtillen Kloſterhallen verlaſſen , zu den Waffert gegriffen , und foch ten in den Reihen des Volks oder führten es durch Verſprech ungen des Himmels und unter dem Fluche gegen ihre Feinde,
die ſie auf jede Art zu vertilgen jedem bei ſeiner Seelen Sea ligkeit auferlegten , begeiſternd zum Kampfe. So hatte Aules, ohne Unterſchied des Ranges und Standes , zu den Waffen ges
griffen . Auch die Vertheidigung bei ſchloſſenheit aus , glänzende Beweiſe
Frauen trugen zu des heimathlichen Bodens und zeichneten ſich durch Muth und Ent wovon vorzüglich Gerona und Tarragona gegeben haben. Grenzenlos aber war das
Elend der armen Bewohner ; denn nachdem ſie von Allem ent bloft , ihre Häuſer angezündet, und dieſe auch oft von ihnen
ſelbſt aus Verzweiflung niedergebrannt worden waren , wurden auch noch diejenigen , welche friedlich zu Hauſe bleiben wollten, durch die ſpaniſchen Truppen , ſolche zu verlaſſen und ſich in
die Gebirge zu flüchten , oder die am Meere wohnenden ſich einzuſchiffen gezwungen . So lebten nun jene in den Bergen im tiefſten Elende bivouakirend und ſahen von da aus ihr Eigens
thum verwüſten und ſich durch tågliche Gefechte ermatten und entkräften. Auf dieſe Weiſe und durch alle nur inögliche Auf reizungen wurden ſie zu empórender Grauſamkeit gegen ihre Feinde hingeriſſen und ſo in der unzugånglichen Gebirge Ab
geſchiedenheit durch die von der glühendſten Vaterlandsliebe entbrannten Partheiführer zu den unverſöhnlichſten Guerillas umgeſchaffen ,
zerſtreute Haufen wilder und undisciplinirter
Menſchen , welche mit einer bewundernswerthen Hartnäckigkeit und unter Entſagungen aller Art den kleinen Krieg , der ihrer Gegner Macht ſo ungemein verderblich wurde , führten . Aber auch bedeutend groß war die Anzahl der Katalonier , die aus Vaterlandsliebe den offentlichen ſchmachvollen Tod erouldes ten ,1 und deren blutige Opfer fich dem Auge allenthalben an
den landſtraßen und Wegen , an den Bäumen , ſowie an den in Stådten , Flecken und Dörfern errichteten Galgen aufgehängt, als ſchauerliche Zeugen darſtellten ; indem , nur mit wenigen 1
Uusnahmen , jeder mit den Waffen in der Hand . ergriffene Ein
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wohner , als Räuber (brigand ) bezeichnet, fofort, ohne weite: res Urtheil , aufgeknüpft wurde. Demungeachtet aber opferten ſie nach wie vor mit größter Bereitwilligkeit und mit der bewuna dernswertheſten Hingebung allenthalben ihr Gut , Blut und Les
ben unter dem Wahlſpruche : ( „Vencer o morir por la santa religion , por Fernando Septimo y por la patria ! “) „ Siegen
oder ſterben für die heilige Religion , für Ferdinand VII. und für das Vaterland !
Durch dieſe unbeſchreiblichen Anſtrengungen und unter dem Berluſte einer ungeheuern Anzahl ſeiner Bewohner , be
wirkte Katalonien , gleichwie ganz Spanien , daß es , obgleich nach mehrjährigem Kampfe, doch nicht vollſtändig unterworfen war und dadurch andern Nationen in den darauf folgenden
Unabhängigkeitskriegen ein erhabenes Beiſpiel zur Nachahmung gegeben hat.
Der ungünſtig ausgefallenen kriegeriſchen Ereigniſſe wegen verlor der Oberſtlieutenant Claros ſein Kommando und trat in
die Linie ein ; indeſſen auch General Blake , da ihm ſein Kriegs glud in Katalonien nicht lächelte , den Oberbefehl hier nie derlegte , um ſich jetzt in Murcia und Valencia zu verſuchen ;
worauf nun General Don Enrique O'Donell dieſen , nach der Beſtimmung der Junta , übernahm , und Garcia Condé , als ålterer General dadurch zurückgeſeßt, das Kommando der erſten Diviſion an den Brigadier Porta übergab. Am 6. Januar , wo die beiden ſpaniſchen Liniendiviſio nen Porta bei Hoſtalrich und O'Donell bei Vich ſich aufgeſtellt
befanden, war General Souham indeſſen am Ter herabgerückt und bedrohte lektern Ort , und Marſchall Uugereau entſendete
die früher vom General Lechi, jekt von dem General Severoli befehligte erſte italieniſche Diviſion nach S. Hilario , um die Verbindung dieſer beiden ſpaniſchen Diviſionen zu unterbrechen, weshalb General O'Donell den General Porta aus der Gegend um Hoſtalrich weg und nahe an ſich zog. General O'Donell ging am 10. , bei gleichzeitiger Annäher: ung der Diviſionen Soubam und Severoli gegen Bich, von 1
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da auf den Gebirgsrücken von Fularia bis Tona und Ceva zurück. Marſchall Uugereau , der am 10. die bisher zwiſchen der Dña und dem Terfluſſe von Gerona als Reſerve geſtan dene Diviſion Pino mit der des Generals Souham , zuſam
men 10,000 Mann ſtark, bei Bich vereinigt hatte , griff am 12. dieſen Gebirgərücken an I, und zwar um die Vereinigung
der Generale O'Donell und Porta zu hindern. Hierbei warf die Diviſion Souham den General Porta nach Geva und Tona zu růd ; als ſie jedoch eben im weitern Vorgehen gegen Golfespina
begriffen war , wurde ſie von 5,000 Mann alter ſpaniſcher Truppen unter General O'Donell mit dem Bajonette ſo nach drücklich angegriffen , daß ſie weichen und , verfolgt, ſich mit Verluſt einer Anzahl Offiziere und von ungefähr 100 Mann gegen Miramberch zurückziehen mußte. Doch ſchon am 13. ging General Souham in der Richtung gegen Centellas wies 1
der zum Angriff über , drang mit der Hauptmacht und unter ziemlichem Verluſt aus Tona heraus , verfolgte einen Theil der Spanier auf Collfespina und rückte bis Moya vor ; worauf General O'Donell, nach fruchtloſem Angriff auf legtern Ort, fich gegen Cellent und S. Feliu zurückzug. Hierauf marſchirte General Souham , ſeinen beabſichtigten Plan auf Manreſa auf gebend , am 14. von Moya in eine Stellung zwiſchen Vich und Roda zurück, und ließ am 18. 4,000 Mann bei erſterer Stadt ſtehen , indeſſen der übrige Theil ſeiner Diviſion ohne
Geſchůß gegen den Monſeny zur Vertreibung der dort verſam melten , die Einſchließung der Feſte Hoſtalrich erſchwerenden Banden aufbrach , und auch am 18. ungehindert in Arbucias 1
und bei Hoſtalrich eintraf.
Dagegen hatte General O'Donell zu Caldas und Moya,
fowie Oberſt Rovira mit einem Truppentheile das Gebirge bei Grao de Ploft zur Beunruhigung Vich's , aus deſſen Gegend das 7. Korps theilweiſe ſeine Lebensmittel bezog , und General Campoverde mit einer andern Abtheilung Esparaguera befekt.
Da nun Marſchall Augereau den Zeitpunkt zu einer neuen Verproviantirung Barcelonas für geeignet hielt, ſo brach desa
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halb am 20. Januar von Hoſtalrich , welche Stadt feit dem 8. November 1809 genommen und deren Kaſtell unausgeſellt blokirt war , ein durch 8,000 Mann eskortirter Konvoi von
2,000 Stück Vieh nebſt einer großen Anzahl mit Lebensmitteln beladener Laſtthiere nach dieſer Stadt auf, und traf, nach einem von Hoſtalrich bis S. Seloni mit den zahlreichen Guerillas beſtandenen hißigen Gefechte, am 21. vor dem am Beſos gelea genen , von einer bedeutenden Unzahl Katalonier vertheidigten Drt Moncada ein , aus dem dieſe, von zwei Seiten angegriffen ,
vertrieben wurden. Als jedoch hierauf der Konvoi , durch die in den Dörfern Mollet und S. Perpetua , fowie zum Theil von Barcelona aus nach Sabadell zu aufgeſtellte Detaſchements gedegt nach jener Hauptſtadt aufbrachy, wurden dieſe bei den erſten zwei Dertern durch weit überlegene Streitkräfte der Ges nerale Campoverde und Porta lo heftig angegriffen, daß die
franzöſiſchen Truppen in dieſem unglücklichen Treffen 500 Mann Todte und Bleſſirte , ſowie 18 Offiziere und 400 Mann Ge: fangene nebſt 2 Kanonen verloren . Und außerdem noch gingen während des Gefechts von dem 1,000 Mann ſtarken Bataillon
Latour d'Auvergne, weil deſſen Mannſchaft aus zum Dienſte gezwungenen meiſt deutſchen Gefangenen und Deſerteurs be: ſtand , gegen 800 Mann zu den Spaniern über. Gleichzeitig wurden auch von der Seite des Llobregat über Molins de Rey die von Barcelona nach Sans detaſchirten Truppen , ſowie ein
von dieſer Stadt dem Konvoi als Húlfsleiſtung entgegengeſen : deter Truppentheit durch die Spanier angegriffen und mit Ver: luft von wohl 80 Todten und Verwundeten , nebſt einer Ka
none, zurückgeſchlagen ; daher nur ungefähr zwei Dritttheile des Transports in Barcelona eintrafen. Nach Verlauf mehrerer Tage kehrte die durch anſehnliche Verluſte geſchwächte Kolonne
von legterer Stadt wieder in die Gegend bei Hoſtalrich unter geringer Einbuße zurück. In Folge der unaufhörlichen Anſtrengungen und des öftern Mangels an Verpflegung, ſowie dadurch , daß die Katalonier
felbſt jegt die deutſchen, italieniſchen und neapolitaniſchen Trup 24
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pen durch Handgelb zur Deſertion zu verleiten ſuchten , zähl ten dieſe Truppentheile des 7. Korps eine nicht unbedeutende Anzahl Ueberläufer.
Da indeſſen eine franzöſiſche Diviſion unter dem General Guillemain aus Aragonien vor dem Fort Balaguer eingetroffen war und dieſes einſchloß , ſo wurde Katalonien , wo nun die
oberſte Regierung den General O'Donell zum Generalkapitain ernannt hatte , auch von dieſer Seite aus bedroht ; jedoch ver
hinderten die ſich ihr allenthalben kühn entgegenſtellenden be waffneten Bewohner ein weiteres Vordringen derſelben. Um 2. Februar wurde ein von 4 Kompagnien Bergbewohner auf Beſalu unternommener hißiger Ungriff von deſſen Beſakung zwar zurückgeſchlagen ; jedoch hielten ſie nicht allein dieſen Ort ein: geſchloſſen , ſondern nöthigten auch am 4. ein zu ſeinem Ent:
fake herangerücktes, 300 Mann ſtarkes, Detaſchement zum Rúdt zuge und fekten ihre Streifereien bis Palot, Llero und Amer fort.
Am 10. begann das Bombardement des bisher von Zeit zu Zeit durch eine Batterie beworfenen Kaſtells von Hoſtal rich , wodurch dieſen Tag faſt ſámmtliche Gebäude darin zer: ſtórt wurden . Auf eine hiernach von Seiten des Generals Ma: zuchelli ergangene Aufforderung zur Uebergabe deſſelben, erwie: derte der Kommandant: Hoſtalrich ſey der zweite Felſen , an dem in Katalonien die Unterdrücker der Menſchheit zerſchellen
müßten ." Da die Spanier die zur Behauptung der Gegend von
Vich in ausgedehnten Poſten aufgeſtellte Diviſion Souham an griffen und die von einer Abtheilung derſelben befekte Höhe bei Malla mit dem Bajonette genommen hatten , ſo unternahm am 11., auf des Generalkapitains O'Donell Befehl, der Oberſt Sarsfield mit 1 Schweizerregiment und 3 Bataillonen , ſowie 130 Mann Reiterei nebſt 4 Geſchůben eine Rekognoszirung. Dieſer vertrieb hierbei 450 Mann franzöſiſcher Infanterie und Kavallerie aus Malla, und war bereits bis in die Ebene ganz
nahe bei Vich vorgerudt, als er nicht allein von dem aus dies ſer Stadt mit 3,000 Mann Infanterie, 400 Mann Kavallerie
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und überlegenem Geſchüs ausgerückten General Souham an : gefallen und zum Rückzuge nach Tona genothigt ward, ſondern
auch ſein rechter Flügel durch neuangekommene, zur Verbindung mit Hoſtalrich verwendet geweſene, franzöſiſche Truppen ange griffen , alsbald geworfen und über Tona bis Collſespina ver: folgt wurde, wo er ſein Geſchůk ' verlor. Indeſſen brachte hier General O'Donell die Fliehenden nicht allein zum Stehen, ſon dern er nahm auch , nach einem heißen Gefechte, bei welchem er wiederholt verwundet wurde, feine verlornen Kanonen wie 1
der und trieb die Franzoſen bis zum Col de Malla zurůck, von wo ſie aber zu verdrången , ihm nicht gelang. Der vom Marſchal Augereau zur Herbeiſchaffung von Lebensmitteln långs der Tordera nach der Küſte hinab mit 1,500 Mann Infanterie und 300 Mann Kavallerie abgeſendete General Verdier befekte am 16. das am Meere gelegene Stådt: chen Calella, welches er aber am 18. durch das Feuer von zwei
herbeigeeilten Kriegsfahrzeugen zu verlaſſen genothigt wurde. Er hatte nun von hier an ein ſechsſtündiges Gefecht mit den bewaffneten Einwohnern mehrerer Orte zu beſtehen , wobei
ihm ein Pferd unter dem Leibe getödtet und er, durch den Sturz beſinnungslos, weggetragen wurde. Er traf dieſen Tag über Malgrat in dem durch feine Truppen befekt gehaltenen Stadt: chen Blanes ein, und brach am 19. mit einem inteſſen da zu ſammengebrachten anſehnlichen Transport von Lebensmitteln gegen Gerona auf.
Dieſe für die Katalonier theilweiſe günſtigen Ereigniſſe erweckten ihren Muth von Neuem ſo, daß ſie mit Nachdruck und Kühnheit ihre weitern Operationen verfolgten. Da General O'Donell jekt , auf ſeine wohl 20,000
Mann ſtarke regulaire Truppenmacht, ſo wie auf die Zers ftreutheit ſeiner Gegner zählend , den Plan entworfen hatte, die Diviſion Souham von drei verſchiedenen Punkten aus 2
zu umzingeln und ſie ſo von Gerona abzuſchneiden , ſo wurden dem zufolge am 20. die Beſaßungen zu Malla und
Vich beunruhigt und von S. Eugenia und Miramberch die 27 *
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Poſten vertrieben. Da aber General Souham ſogleich ſeine Truppen ſammelte und zwiſchen Vich bis über Vilalleons
Stellung nahm , ſo entſpann ſich hierauf ein bißiges Gefecht, wobei die Spanier fich auf der nach Gerona führenden Straße
bei Riudeperas feſtzuſeßen ſuchten. Die Franzoſen, durch das Schweizerregiment Kaiſer und von noch 2 Linienregimentern mit großer Entſchloſſenheit angegriffen , wichen und wurden von der ſpaniſchen Reiterei theilweiſe niedergehauen und verfolgt. General Souham aber, die Unordnung des verfolgenden ſieges trunkenen rechten Flügels der Spanier benußend, durchbrach nun den Feind mit ſeiner weit zahlreichern Kavallerie, die noch durch eine Batterie unterſtüßt ward und warf ihn zurück. Vergeb lich waren nun alle Berſuche des Generals O'Donell, der ſeine geſammten Reſerven ins Feuer führte, ein für ſich noch günſti ges Reſultat zu bewirken ; und ſo ſah er fich denn an der Spiße des ſeine Haltung beibehaltenden Schweizerregiments Kaiſer den Rückzug nach dem Gebirge auf Collſespina und Moya , von den Franzoſen verfolgt, fortzuſeßen genothigt. Der Verluſt der Spanier betrug, außer den Todten und
Verwundeten, faſt 900 Gefangene; der des Generals Souham dagegen , welcher durch einen Streifſchuß im Geſichte verwun
det worden war , den franzöſiſchen Berichten zufolge, 156 .
Todte und 282 Verwundete.
Desgleichen unternahmen am Nachmittage dieſes Tages, dem Befehle des Generals O'Donell zufolge, 4,000 Mann Spanier auf das italieniſche Blokadekorps vor Hoſtalrich einen
Angriff, der auch noch durch einen Uusfall der Beſaßung des
Kaſtells unterſtüßt warb, aber keinen weitern Erfolg hatte, als daß man das Lager der Blokirenden verbrannte und ſie in die Stadt Hoſtalrich und bis an den Fuß des Kaſtells zu:
růddrångte, wobei dieſe jedoch ihr Belagerungsgeſchůz und ihre Vorråthe behaupteten. Noch ungünſtiger und unter vielem Verluſte fiel am 20. ein heftiger Angriff von 3 Kompagnien ſpaniſcher Grenadiere auf das von 200 Mann bergiſcher Truppen beſeßte Kloſter
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S. Maria und das alte Schloß zu Beſalu aus , welchen ver
ſchanzten Ort, dem Angriffsplane des Generals O'Donell ge måß, der Brigadier Sotomajor mit weitüberlegenen Streitkräf ten und nach tapferer Gegenwehr genommen hatte.
Lekterer
zog ſich am Abend dieſes Tages , nach erhaltener Kunde von anrückenden Entfeßungstruppen, von da bis Montagut zurück. Da dem Kaſtell Hoſtalrich , welches mit geringen unter :
brechungen fortan beſchoſſen wurde, die Lebensmittel zu man : geln anfingen, es dabei aber noch eine bedeutende Menge Muni:
tion beſaß, ſo hatte der Kommandant deſſelben dem General O'Donell davon Mittheilung zu thun gewußt. Dem zufolge griffen am 4. März 1,000 Mann Katalonier unter dem Oberſt lieutenant Villamit in vier verſchiedenen Truppentheilen, durch
einen ſtarken Nebel begünſtigt, der zugleich ihre Schwäche ver: barg , das auf den Höhen nördlich dem Kaſtell gegenüber be: findliche Lager der Italiener an, ſchlug dieſe zurück und brannte ihr Lager nieder. Unter Begünſtigung eines aus dem Kaſtell gemachten Ausfalles , wurden nun 40 mit Proviant beladene
Maulthiere nebſt einer Menge im italieniſchen Lager erbeutete Brode in die Feſte geſchafft, und dagegen die darin befindlichen
Verwundeten heraustransportirt. Bei dieſem Stande der Kriegsoperationen in Katalonien brach nun das herzoglich fáchfiſche Regiment, gegen 1,200 Mann ſtark, am 11. März 1810 des Morgens aus dem Bivouak
bei dem franzöſiſchen Dorfe Boulou zur Ueberſchreitung der Pyrenåen auf, dieſes ungeheueren Bolwerks der Natur und der Scheidewand zwiſchen zwei mächtigen Völkern. Hinter dieſem Ortè wurde, vorzüglich der bereits eingetretenen warmen Witterung wegen der Marſch auf der in Zickzack laufenden gut unterhaltenen Kunſtſtraße, je mehr es ſich der dieſelbe beherr
fchenden , ihr zur Rechten gelegenen , franzöſiſchen Grenzfeſtung Bellegarde nåberte , und wo man Wålder von Korkeichen er:
blickte , immer beſchwerlicher. Nach mehrſtündigem ununter brochenen Steigen an dem auf den zackigten Gipfeln der Pyre nåen errichteten großen Kreuze und in der Nähe gedachter
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Feſte angekommen , lud das Regiment aus nöthiger Vorſicht, da es in Katalonien jeden Einwohner als Feind anzuſehen und ſtete Ueberfälle und Hinterhalte zu erwarten hatte, ſeine Ge 1
wehre, paſſirte das franzöſiſche Grenzdorf Pertus, welches von
den franzöſiſchen Grenzpoſten le perdu qui passe und zwar deßhalb ſo genannt ward , da jeder es Paſſirende für verloren
gehalten wurde, und überſchritt nun auf einer kleinen ſteiner nen Brücke, die durch zwei umgeſtürzte mit dem ſpaniſchen Wappen verſehene Pyramiden bezeichnete Grenze Kataloniens, betrat ſo dieſen blutigen Kriegsſchauplag und traf úber den
am Fuße der Pyrenåen gelegenen Ort La Junquera, in deſſen Gegend wir einer Anzahl nach Perpignan transportirter Bleſfir ten und Kranken vom 7. Korps begegneten und allenthalben
Verwüſtung erblickend , nach einem faſt zwölfſtündigen Marſche am Abend in der in Ruinen liegenden Stadt Figueras ein, wo der größte Theil des Regiments auf dem Markte bivoua kirte. Blos in einigen von franzöſiſchen und italieniſchen Mar ketendern eingerichteten årmlichen Kaffee- oder Wein -Häuſern fand man für ſchweres Geld einige Lebensmittel ,1 indem ſonſt hier nur Noth und Elend vorhanden waren.
Auf einem der Stadt nahe gelegenen ſteilen Felſen liegt das ſie beherrſchende, mit einer feſten Mauer aus gehauenen Steinen und mit breiten tiefen Gråben umgebene, in der Form eines ungleichen Fünfecks gebaute machtige Feſtung S. Fer nando , welche ein Heer von faſt 20,000 Mann aufnehmen
kann, und wo ſich eine große Militairbäckerei nebſt den Equi pagen der Generale des 7. Korps und eine Maſſe Militair
effekten deſſelben befanden. Am 12. frůh trat das Regiment ſeinen Marſch über Bascara und Medina nach Gerona an.
Die in einer fruchtbaren Gegend gelegenen Ortſchaften und Gehöfte waren, ausgenommen die von der franzöſiſchen Grenze an , von Entfernung zu Entfernung an der Landſtraße befind lichen , der nöthigen Verbindung wegen befeſtigten , durch 1
Detaſchements belegten Häuſer, verwüſtet oder von ihren Bewohnern verlaſſen , gleichwie Felder und Weinberge un : 1
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bearbeitet, ſo daß uns das Bild der Berheerung allenthalben entgegentrat , während die Kadaver der an der Landſtraße ge fallenen Thiere die ohnedieß zu dieſer Sahreszeit bereits drückende
Luft verpeſteten. Dieſen Anblick des allgemeinen Elends vers großerten noch die an der Landſtraße von Medina nach Gerona auf dem Monroro (rothen Berg) und vor dieſer Stadt zu Pon temajor errichteten Galgen, an denen man eine bedeutende Ans
zahl gehängter Katalonier erblickte, deren Leichname von den zahlreichen Raubvögeln , ſowie von den Hunden aufgezehrt wur +
den , während dieſe wieder, von den heißhungerigen Soldaten und Einwohnern geſchlachtet , als Leckerbiſſen dienten. Das Regiment bezog gegen Abend, nach einem eilfſtündis gen Marſche, hinter der durch die ſo denkwürdige Belagerung åußerſt zerſtörten Stadt das Lager , in deren Umkreiſe man noch ein weites Leichenfeld , voll von einer großen Anzahl das liegender Menſchengerippe, gewahrte , und vereinigte ſich hier ſeit dem Abmarſch von Linz in Deſterreich wieder zum erſten : male mit den andern 3 Infanterieregimentern der nun zum 7. franzöſiſchen Korps gehörenden Diviſion Rouyer , nåmlich dem 1. herzoglich naſſauiſchen , dem der Herzoge von Anhalt und Fürſten von Lippe , ſowie dem der Fürſten von Schwarz burg, Waldeck und Reuß. Um 13. war Ruhetag und die vor dem ſein Hauptquartier in Gerona habenden Marſchall Uu gereau auf dieſen Tag anbefohlne Revue unterblieb , wogegen die Truppen zu ihrem Weitermarſch auf 5 Tage Brod und auf 2 Tage Fleiſch erhielten , wovon lekteres jedoch , da der
Soldat dieſe Rationen bei der herrſchenden Hiße trug, meiſt verbarb.
Bei der ſchon ſo bedeutenden Tageswärme, gegen welche die ganz kahle Gegend um Gerona keinen Schuß gewährte, indem deſſen Bewohner vor der Belagerung 30,000 Stúd Olivenbäume, die einen großen Theil ihres Reichthums ausmachten , umgehauen hatten , war der , Katalonien eigen thümliche, ſchnelle Temperaturwechſel der ſo ſchneidend kal ten Nächte in den von allem entbldf'ten Bivouaks um ſo .
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fühlbarer und ſo erzeugte die Ungewohnheit des Klimas und die
veränderte Lebensweiſe bereits Krankheiten . Am 14. brach Marſchall Augereau, blos mit Zurücklaſſung
der auf der großen Landſtraße von Gerona nach la Junquera und zu Beſalu aufgeſtellten Detaſchements , mit den Diviſionen Souham und Rouyer, ſowie mit einem Theile der Verdierſchen
und 500 Mann Kavallerie nebſt 4 Batterien, im Ganzen über 14,000 Mann ſtark und mit einem Konvoi von ungefähr 1,000 mit Lebensmitteln beladenen Karren und Chaiſen und einer bedeutenden Unzahl Marketender, nach Barcelona auf, um von hier aus das übrige Katalonien entweder durch Güte
oder Waffengewalt zu unterwerfen.
Durch die Beſchaffenheit des Terrains, ſowie durch den Geiſt der Einwohner waren die Schwierigkeiten der Verbindung
in Katalonien ungeheuer, und bei zunehmender Entfernung von der Grenze um ſo großer, indem, ungeachtet man faſt alle We: gesſtunden von einander ſtarke Poſten in befeſtigten Häuſern aufgeſtellt hatte, doch , um einen Konvoi oder Kourier nach Figueras mit Sicherheit zu transportiren , meiſt 1 bis 2 Bataillone und von dieſer Feſtung nach Gerona ſowie von da bis Barcelona und weiter , eine noch bedeutendere Trup
penmacht nöthig waren. Deßhalb wurde auch der Zug mit größter Vorſicht eingeleitet. Nach einem bis Nachmittags in völlig ſchlagfertiger Drd nung mit Vor- und Seiten -Patrouillen durch menſchenleere und
verwüſtete Gegenden zurücgelegten Marſche bezog das Korps auf den Bergen vor Hoſtalrich, und zwar in der Nähe des da befindlichen Lagers des italieniſchen Blokadekorps, den Bivouak. Während deſſen wurde das bereits in Trůmmer geſchoſſene Kaſtell von Hoſtalrich aus 10 Mörſern der dicht am Fuße des Felſens errichteten Batterie mit Bomben beworfen, wobei eine derſelben die in den Lüften flatternde mit einem weißen
Kreuze verſehene rothe Fahne deſſelben traf und zu Boden warf, die aber, ungeachtet des ununterbrochenen Bombardements, binnen wenigen Minuten unter dem erwiederten lebhaften Ge
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fchúkdonner des Kaſtells ſich von Neuem wieder erhob. Auch hier in der Umgegend erblickte das Auge nichts als Verwüſtun:
gen und zerſtreutliegende Menſchengerippe. In der Dunkelheit der Nacht vom 14. zum 15. brach der große Wagentransport unter ſtarker Eskorte franzöſiſcher Truppen auf, um den nördlich von der Stadt angelegten ſtei len , dem Bergabhang entlang führenden und in ſchlechtem Zuſtande fich befindenden , ſowie an mehreren Stellen dem
wirkſamen Geſchůßfeuer des Feindes ausgefekten Weg nach Lavalaria wo möglich ohne Verluſt zurückzulegen , welches ihm auch, trok dem Feuern von der Feſte , gelang ; worauf er fich gedrångt ſammelte und anhielt , um die Ankunft des Haupttheils der Kolonne zu erwarten . Durch den langſamen Gang des Konvois wurde Verzó: gerung veranlaßt und daher konnte der Haupttheil erſt mit
Anbruch des Tages nachfolgen , weßwegen er auf ſeinem Vorüber: marſch eine lebhafte Kanonade von Kaſtell auszuhalten hatte, ſo daß unter andern auch ein Rad an einem weimariſchen Ba:
taillonswagen zerſchmettert ward und unter heftigem Kanonenfeuer durch ein Nothrað erſegt werden mußte. Nachdem das ganze Korps fich wieder angeſchloſſen und ſo ſeinen Marſch kurze Zeit ungeſtört fortgeſegt hatte, waren durch eine der ausgeſen : deten Seitenpatrouillen ſehr zahlreiche, die beiderſeitigen Höhen des Thals der Tordera beſekthaltende Guerillas wahrgenommen
worden . Sogleich mußten die naſſauiſchen Voltigeurkompag nien, das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen nebſt der Voltigeurkompagnie von Koburg den waldigen Thalrand erklimmen , um auf dem fortlaufenden Gebirgsrücken als Sei: tenpatrouillen die ſchwierige Deckung des Konvois in ſeinen Flanken zu übernehmen , während das 1. Bataillon des her:
zoglich fächſiſchen Regiments ſelbigen im Thale ſicherte und das Bataillon der Fürſten von Schwarzburg die Arriergarde der
Wagenburg und des ganzen Korps bildete. Alsbald entſpann fich zwiſchen den Seitenpatrouillen und den Guerillas ein un bedeutendes Tirailleurfeuer; die Avantgarde fand den Ort la:
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valaria durch mehrere Miqueletskompagnien vertheidigt, und vertrieb fie, ſo daß der größte Theil der Kolonne vor S.
Seloni anlangte , und zur Fütterung des ihm nachfolgenden Konvois Halt machte. Indeſſen waren bei dem ſo bedeutend lang ſich ausdehnenden Zuge von ungefähr tauſend Wagen Stodungen und Unordnungen eingeriſſen , während die, ihn deckenden , mit dem Feind tiraillirenden Seitenpatrouillen von Zeit zu Zeit durch das beſchwerliche Terrain in ihrem Marſche
ſehr aufgehalten wurden . Endlich entſtand zwiſchen dem Kon: voi, der auf einmal anhielt und dann ſchnell wieder davoneilte,
und der Arriergarde ein großer Zwiſchenraum , weil dieſe nur langſam nachfolgen konnte , indem ſie alle maroden Soldaten aufzunehmen und für deren Fortkommen zu ſorgen hatte, da jeder nur 20 Schritte hinter der Kolonne Zurückbleibende uns fehlbar in die blutgierigen Hånde dieſer wilden Banden fiel. Die raubſüchtigen Guerillas, deren Hauptaugenmerk und Kraft: anſtrengung lediglich auf die Wegnahme der Wagen gerichtet
war , dieß benußend , ſtürzten ſich auf einmal in beträchtlicher Anzahl mit ihrer eigenthümlichen Schnelligkeit von den Gebir gen zwiſchen dieſe und die abgekommene Arriergarde und fingen an die hinterſten Fuhrwerke zu plündern 1, unter denen ſich die Equipage des Diviſionsgenerals Rouyer mit befand , und von I
denen manche Führer bereits entfliehen wollten , indeſſen andere gefährdete Wagen unter dem Ungſtgeſchreie darin befindlicher,
zum Theil auch ſchon von den Kataloniern herausgeriſſener Frauen 1, die Flucht ergriffen. Die vom Gebirge aus dieß gewahrenden Seitenpatrouillen des linken Flügels vom Ba taillon Weimar und Hildburghauſen eilten raſch zur Rets
tung des Konvois in das Thal hinab ; da jedoch eine große Menge der
Guerillas
im Rücken ihnen auf dem Fuße
nachfolgte, während zugleich auch andere Trupps derſelben an mehreren Punkten , dem Wagentransport entlang , ſie auf bei den Seiten durchbrachen und in die Tiefe hinab drangen , ſo entſtand daſelbſt auf einige Zeit ein anhaltendes Gefecht, wo
bei eine Anzahl der verwegenſten Katalonier mit dem Bajonette
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niedergeſtochen wurde. Mittlerweile war, auf die Meldung des hierbei gerade anweſenden und ſchnell vorwärts zum General Rouyer geeilten Hauptmanns vom Bataillon Lippe und Gal lopin dieſes Generals , Falkmann , eine Abtheilung Naſſauer als Verſtårkung zurückgeſchickt worden, worauf die indeſſen allmås lig bedeutend vermehrten Gueriủas , mit Hinterlaſſung einer Anzahl Todter , in die Gebirge zurückgetrieben wurden. Nun hielt die ganze Kolonne der Fütterung des Konvois wegen wieder an , während das Feuer auf dem linken Flügel noch fortdauerte. Das Korps brach nach kurzer Ruhe wieder auf.
Nach
dem die vor dem Konvoi marſchirende Hälfte deſſelben die Brücke über den zur Linken fließenden Torderafluß, die in den nach Cardedeu lang fich hindehnenden engen Hohlweg führte, paſſirt und eine kurze Strecke darin zurückgelegt hatte , ertonte auf einmal das Sturmgelåute aus der auf einer Bergſpike gelegenen Kapelle.
Auf dieſes Zeichen verſuchte eine in den
beiden Gebirgsſeiten fich verſteckt haltende Maſſe Somatenen unter wildem Gefchrei und mit ziemlich lebhaftem Gewehr feuer abermals auf den Konvoi ſich herabzuſtürzen und warf .
auch in der linken Flanke eine , die Seitenpatrouillen bildende
Abtheilung Italiener zurüc.
Nun erſtürmte jedoch Oberſt
von Egloffſtein , auf Befehl, mit dem 1. herzoglich ſáchſiſchen Linienbataillon und dem Bataillon der Herzoge von Unhalt in einzelnen Kompagnien die Höhen und behauptete ſich dort mit den bisher als Seitenpatrouillen verwendeten leichten Truppen gegen alle wiederholten Angriffe, ſo daß die im Engwege mar: ſchirende Kolonne nebſt der Wagenburg , vollkommen gedeckt, ihren Zug bis Granollers fortſekte. Hier bezog ſie das Lager, wo das herzoglich fåchfiſche Regiment, wovon das Linienbas
taillon hinter dem Engpaſſe die Arriergarde übernahm, indeſſen das leichte Bataillon ununterbrochen als Seitenpatrouille des Wagenzuges diente , unter ſtetem Gefechte, mit Verluſt von 7 Todten und 19 Verwundeten , erſt gegen Mitternacht einrückte. Ungeachtet dieſes anhaltenden Kampfes und der vielen
Schwierigkeiten , verlor das Korps doch wenig leute , indem
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der Feind aus zu weiter Ferne, mithin ſehr unſicher, ſchoß, und auch nur eine unbedeutende Anzahl Karren, an denen die Zug
thiere, zum Theil durch Kugeln getödtet , zum Theil aus .
Entkraftung gefallen oder Råder zerbrochen waren. Den hier :
bei durch die deutſchen Truppen gefangenen Kataloniern , wel: chen man Alles gelaſſen hatte, ſchenkte der Marſchall ausnahms weiſe, zu ihrem nicht geringen Erſtaunen , Leben und Freiheit. Nach den Mühſeligkeiten dieſes Tages hatten die erſchópf: ten Soldaten in dieſer ganz verwüſteten Gegend nichts als Brod ; jedoch war ihnen wenigſtens an ihren von Rosmarin,
Lorbeer und Burbaum emporlodernden Bivouakfeuern einige Ruhe vergönnt. Uuf dem am 16. mit Beginn des Tages von Granollers über Monmalo , Moncada und S. Andreu nach Barcelona fortgeſegten Marſche des Korps, waren die zu beiden Seiten der Straße als Seitenpatrouillen dienenden leichten Truppen, welche die hohen Gebirge erſtiegen, um von da die zahlreichen Sumatenen zu vertrieben, in beſtändigem Gefechte mit den:
felben und hatten auf dieſem Gebirgshöhenzuge , bei drückender Hige und großem Mangel an Lebensmitteln , einen ſo beſchwer:
lichen Weg zurückzulegen , daß ihre wiederholte Ablóſung er: folgen mußte.
Auch konnte dabei nicht gehindert werden,
daß die hinter Felſen und Schlupfwinkeln verſteckten Katalo nier einzelne, vorzüglich den Offizieren zu Pferd geltende, Schüſſe auf die im Thale marſchirende Kolonne thaten , wodurch jedoch nur einige Pferde verwundet wurden. Hauptſächlich war eine zwiſchen Monmalo und Moncada in der linken Flanke auf einer ziemlichen Anhöhe mit drei ſteinernen Kreuzen bezeichnete Stelle vom Feinde ſtark beſegt ; und da er von hier aus die Kolonne durch ſein unausgeſegtes Feuer ſehr belåſtigte, ſo ſah man
ſich genöthigt , ihn durch einen Bajonettangriff zu vertreiben. Weil, wie gewöhnlich, alle im Gebirge gelegenen Gehöfte beim Unrücken de Kolonne von ihren Bewohnern verlaſſen
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worden und dieſe die Waffen ergriffen hatten , ſo nahmen die eben ſo erbitterten als heißhungrigen Soldaten überall die ſpår: lich vorgefundenen Lebensmittel mit. So erreichte das Korps am ſpåten Nachmittage, mit unbedeus
tendem Berluſt, die eben ſo reizende als fruchtbare Ebene von Bar: celona, in welcher Stadt der Marſchall nebſt einem Iruppentheile ſein Hauptquartier nahm. Ebendahin brachte man auch den Konvoi , indeſſen der größte Theil des Korps in den ſchönen und ausnahmsweiſe volig bewohnten Dörfern Gracia und
Sarria lag, wobei das 1. Linienbataillon des herzoglich ſách fiſchen Regiments in Sarria ſehr enge Kantonnements , zu hun: dert in einem Landhauſe, und das leichte Bataillon Weimar
und Hildburghauſen an einem gegen Esplugas zu gelegenen Hohlwege den Bivouak bezog. Jedoch rådte auch lekteres am 17. gleichfalls nach Sarria in ſehr gedrängte und von Allem entbldſ'te Quartiere , in welchen das Auge ſich nur an dem
Anblick der fie umgebenden , mit prachtigen Fontainen und mancherlei Fruchtbåumen der ſüdlichen Zone verſehenen Garten weiden konnte und entſchädigen mußte. Vor uns lag zwar
in einer , ſo weit die Blicke reichten , reizenden , mit herrlichen
ſehr verſchiedenartigen Landhåuſern , anmuthigen Gårten, Obft: und Olivenbåumen bedeckten und auf der einen Seite durch das
weite Meer begrenzten Ebene , zwiſchen den Mündungen der Flüſſe Llobregat und Beſos , jedoch von beiden eine halbe
Stunde entfernt, die von den Spaniern mit vollem Rechte als
,, die ſehr ſchöne “ bezeichnete Hauptſtadt Barcelona , deren !
Bevolkerung vor dem Kriege wohl an 140,000 , ießt aber nur noch ungefähr 90,000 Seelen betrug, mit ihren ſcho nen Gebåuden und Promenaden , dem Fort Atarazanas und der Zitadelle. Nabe bei ihr die freundliche, mit 30,000 Sees
len bevdikerte Stadt Barcelonetta , deren geradlinigt abgetheilte rothe Backſteinhåuſer mit grün angeſtrichenem Holzwerk , einen eigenthümlichen Anblid gewähren ; endlich das mächtige Kaſtel
Monjui , welches bei ſeiner trefflichen und zweckmäßigen Bau art, außer einer in Felſen gehauenen, 70,000 Kubikfuß Waſſer
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faſſenden Ziſterne, auch noch einen bedeutend tiefen Brunnen guten füßen Waſſers hat und das ſowohl den Hafen als auch die Stadt und die gegen den Llobregat gelegene Ebene dominirt, ſo daß Barcelona, hinſichtlich ſeiner Ausdehnung und Stärke, zu
den erſten Plåzen Europas gehört. Doch herrſchte ſowohl in dieſer Stadt als auch in der nahen Umgegend nur Hunger
und Elend, und ein zweipfündiges Brod koſtete den ungeheuern Preis von 6 Peſetas oder ungefähr 1 thlr. 16 gr. Konven tionsgeld.
Die vor einem Jahre aus ungefähr 10,000 Mann bes ſtandene Garniſon war durch die in der Umgegend vorgefalle nen Gefechte und durch Krankheiten bis auf 7,000 Mann
herabgeſchmolzen , von welchen ſich noch 2,000 Kranke in den Hospitålern befanden , und der Soldat erhielt täglich nur eine geringe Portion Reis und Del , ſo daß man auch Hunde und andere zu menſchlicher Nahrung ſonſt ganz ungewöhnliche, Ekel erregende Thiere verzehrte. Die Bevölkerung der Stadt hatte ſich , in Folge des Kriegs , um mehr als 50,000 Einwohner verringert und war ſehr verarmt, ſo daß nur für die Reichſten das Brod und glücklicherweiſe für alle noch der , unter dem Bereiche der Geſchüße von Barcelonetta betriebene Fiſchfang zur hauptſächlichſten Nahrung diente. Unter ſolchen Umſtänden war es höchft dringend , daß durch des Marſchalls Ankunft die Verbindung mit Frankreich zu Lande hergeſtellt wurde. Dieſer erließ daher ſofort an die 1
Katalonier neue, in kataloniſcher und franzöſiſcher Sprache neben: einander gedruckte, warnende , zu Niederlegung der Waffen und vertrauensvoller Ergebung an ihre neue Regierung auffordernde
Proklamationen , die aber nur mit Mühe einigermaßen verbrei tet werden konnten und auch jede Wirkung verfehlten.
Um die vom Marſchall Qugereau beabſichtigte gútliche oder gewaltſame Unterwerfung Kataloniens zu erzielen , und dem Befehle des Kaiſers zufolge , wo möglich, bis zum Ebro vorzubringen , dort dem 3. Urmeekorps unter General
Suchet die Hand zu bieten und dieſen dadurch zu der Belage
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rung von Lerida zu unterſtüßen, brach am 19. März der größte Theil der Diviſion Souham , ſo wie kurz darauf die vom Gea neral Severoli befehligte 1. italieniſche Diviſion nach Villas
franca auf. Begünſtigt durch die nicht im Aufruhr begriffene Gegend, drangen beide gegen die Feſtung Tarragona vor , wel che nur eine ſchwache ſpaniſche Garniſon hatte , und befekten To die wohlhabenden Städte Vaus und Reus , wobei fie durch
bewegliche Kolonnen ſowohl die Verbindung mit Villafranca unterhielten , als auch die ſpaniſchen Truppen nebſt der gedach ten Fefte beobachteten .
Bu einer andern Expedition vereinigten ſich dieſen Tag von der Diviſion Rouyer in dem von Sarria eine Stunde
weit entfernten Dorf Sans das vom Oberſten von Påünig be fehligte , aus 2 Bataillonen beſtehende, 1,600 Mann ſtarke herzoglich naſſauiſche Regiment mit 7 unter die Befehle des gothaiſchen Majors Knaut geſtellten Kompagnien vom herzog 1
lich fachfiſchen , deren drei von Gotha , eine von Koburg , drei
von Weimar und eine von Hildburghauſen waren , und die zu: ſammen zwiſchen 600 bis 700 Mann zählten , um nach der hinter dem Monſerrat gelegenen , ungefähr 18 Stunden ents fernten Stadt Manreſa aufzubrechen. Dieſe Stadt diente dem kataloniſchen Volksaufſtande während des ganzen Kriegs zum hauptſádylichen Sammelplage. Hier ſollten nun jene Truppens theile zwiſchen der Diviſion Soubam und dem am Ebro und Segre ſtehenden 3. franzöſiſchen Armeekorps unter General Suchet die Verbindung decken oder ſelbſt herſtellen . Aber dieſes Vorhaben wurde durch die Bewegungen des Generals O'Donell verhindert, indem Marſchall Uugereau fich nicht auf lange Zeit von Barcelona entfernen konnte , oder andern bedrohten Punk
ten Kataloniens zu Hülfe zu eilen gendthigt war. Das Regiment Naſſau hatte an der Straße zu Sans den Bivouak und die 7 herzoglich fåchfiſchen Kompagnien daſelbſt die von ihren Bewohnern verlaſſenen und ganz vers
wüſteten Quartiere und zwar jedes Haus immer wenigſtens mit 100 Mann bezogen , wobei die Verpflegung höchſt unges
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nügend blieb , indem den Offizieren und Soldaten nun bereits ſeit drei Tagen nichts als tåglich eine knappe Ration Brod verabreicht wurde , und ſelbſt für vieles Geld in dieſer gang
ausgeſogenen Gegend kaum noch lebensmittel aufzubringen waren. Desgleichen erhielten die Pferde an Fourage tåglich nichts weiter als eine ſehr geringe Quantitåt Stroh. Indeſſen Marſchal Lugereau mit den Truppentheilen der Diviſionen Verdier und Soubam und mit dem 5. und 6. Regi ment der Diviſion Rouyer, ſowie von dem 4., dem herzoglich ſacha fiſchen Regimente , der Oberſt von Egloffſtein mit dem Stabe nebſt der gothaiſchen Grenadier - und der meiningiſchen Kom
pagnie in Barcelona , in welchem Platze der Diviſionsgeneral .
Maurice Mathieu Gouverneur und General Lacombe Saints
Michel Kommandant wurde , zur Verſtärkung der dortigen Garniſon und zur Sicherung der Ebene zurückblieben ; brach am 20. des Morgens unter den Befehlen des bereits früher in dieſem Feldzug erwähnten franzöſiſchen Brigadegenerals Schwarz, eines Elſaſſers, das vereinigte herzoglich naſſauiſche und herzog lich fåchfiſche, über 2,200 Mann ſtarke Detaſchement, nebſt 6
franzöſiſchen Kúraſſieren, aber ohne Geſchüße und mit Zurück laſſung der Regimentswagen , von Sans nach Molins de Rey auf, wo es die ſchöne Königsbrücke über den Llobregat nach Mara torell paſſirte und von wo es nach einiger Ruhe und erhalte ner Weinration ſeinen Weitermarſch über die Noya nach Espa raguera fortſekte. In geringer Entfernung von dort hørte man mehrere Gewehrſchüſſe, die den Einwohnern , da dieſe ge meiniglich ſchon vorher ſowohl von der Unnäherung , als auch von der Stärke jeder feindlichen Kolonne unterrichtet waren , zum Zeichen des Entfliehens dienten. In dieſer Provinz fand
man , nur mit wenigen Ausnahmen 1, jeden Drt beim Einrúden
entweder von den Einwohnern ganz verlaſſen , oder dieſe mit der Arbeit auf dem Felde beſchäftigt und ſtets bereit , ſogleich
nach dem Abmarſche der Truppen zu den verſteckten Waffen zu greifen , dann ihr Bandenchef ſich in einem Nu an ihre
Spiße ſtellte, dem Feind ſie eiligſt nachyführte, dieſen von allen
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Seiten angriff . unaufhórlich in Athem hielt und ermüdete. Wurden ihre Banden geſchlagen , ſo zerſtreuten fie fich und verſchwanden augenblicklich, jedoch nur, um in wenigen Stunden fich wieder zu ſammeln. Wer aus irgend einer Urſache hinter
den Truppen zurü & blieb , war ohne Rettung verloren und büßte
dafür, faſt ohne Ausnahme, jedesmal mit einem martervollen To: de, bei welchem oft die Weiber das Henkershandwerk verrichteten .
Wie groß dieſe Unſicherheit war , zeigte ſich uns in einem Bei ſpiele, indem der weimariſche Kompagniechirurg Georgi , der ſich bei Martorell nur auf eine kurze Strecke von der Kolonne entfernt hatte , ſogleich in der Katalonier blutgierige Hände fiel und für immer verſchwand.
Das Detaſchement machte vor Esparaguera Halt und fendete ſogleich von jeder Kompagnie 1 Offizier und 6 Mann, zur Herbeiſchaffung der ſo höchſtnöthigen Lebensmittel und der
gleichmäßigen Vertheilung derſelben unter die Truppen, hinein. Dieſer Ort bildet mit einem vom Fuße des Monſerrat herab
fließenden Bach einen bedeutenden Engpaß , durch welchen ein
tiefer Hohlweg führt. Während der Aufſuchung des Mund vorraths , größtentheils in Wein , Sardinen oder getrockneten Heeringen und Tabak beſtehend, růdte der General Schwarz mit dem übrigen Detaſchement durch das von Einwohnern
ganz verlaſſene Esparaguera und bezog hinter dieſem Orte, nach dem ungefähr eine Stunde entfernt gelegenen Monſerrat zu , auf einer mit Olivenbåumen beſtandenen Fläche den Bi vouak. Von den ausgeſtellten Porpoſten des ganzen Truppen theils bildete 1 Offizier nebſt 40 Mann vom naſſauiſchen Res gimente den äußerſten gegen den Monſerrat zu , und eine An zahl Proklamationen des Marſchaus Augereau wurden an den Häuſern der Stadt angeheftet. Am 21. früh regte General Schwarz, noch eingebent der hier und weiter vorwärts am 6. Juni 1808 vorgefundenen
großen Terrainſchwierigkeiten und der ſeiner Brigade damals, ſowie ſpåter, und zwar am 14. deſſelben Monats und Jah
res , der ganzen Diviſion Chabran durch die bewaffneten Ein 25
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wohner zugeſtoßenen bedeutenden Unfälle , ſeinen Marſch mit
möglichſter Vorſicht gegen den Monſerrat fort, wobei das naſ: ſauiſche Regiment die Tète und eine gothaiſche Kompagnie un ter Kapitain Wagner die Arriergarde bildete. Doch bald nahm
das Feuer der Seitenpatrouillen und der Urriergarde mit den nachfolgenden bewaffneten Bewohnern Esparagueras und denen der nahegelegenen Ortſchaften feinen Anfang, und wurde bei
allmåliger Annäherung an den Monſerrat immer heftiger. Das , nahe auf bei folgten die Katalonier dem Detaſchement ganz dem Fuße und riſſen die hier und da auf dem Wege angebef:
teten Proklamationen ſogleich wieder herab. Der Monſerrat, dieſer am Llobregat und inmitten einer
großen Fläche ſich mehr denn 3,000 Fuß emporhebende , rechts und links mit unbedeutenden und unfruchtbaren Hügeln zu: ſammenhångende und an ſeinen Seiten durch riefenhafte kahle Felſenwände , über welche ein überaus beſchwerlicher, fich
ſchlängelnder Weg zieht , geſicherte Berg , iſt mit dreizehen 1
amphitheatraliſch übereinander liegenden Einſiedeleien geſchmückt. Auf ſeinem Gipfel thront in einer Vertiefung im Hintergrunde an einer großen Felſenwand die eben ſo reiche, als wegen ihres
ungeheure Schaaren von Wallfahrern unaufhörlich herbeiziehen: den Marienbildes berühmte , weitluftig und dauerhaft gebaute
Benediktinerabtey , deren Mönche ſich mit den Schåben nach der 1
Inſel Majorca geflüchtet hatten. Er war befeſtigt, diente der kataloniſchen Armee als Zentralſtellung und zum Waffenplaße. Von dieſer furchtbaren Stellung aus , welche die Hauptſtraßen und die Höhen des Mittelpunkts von Katalonien beherrſcht,
machte ſie meiſt in kleinen aber häufigen , nie zu vertilgenden Banden nach allen Richtungen hin Streifzüge und nahm Zu fuhren aller Art weg. Dieſem áußerſt majeſtátiſchen Berge entlang , deſſen Umgebung , vorzüglich nach Barcelona und Tar ragona hin, Olivenwälder bedecken und der dem Beſchauer einen eben ſo impoſanten als unvergeblichen Eindruck zurücklåßt, zieht ſich ein zu beiden Seiten mit Holz bewachſener Engpaß nach Manreſa ; eine höchſt ſchwierige Paſſage, die erzwungen
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werden mußte, und wenn ſie beſſer vertheidigt worden wäre, viele Menſchen gekoſtet håtte. So wurde denn im beſtåndigen Gefechte, hauptſächlich der Seitenpatrouillen und der Arriergarde, der Marſch durch das Dorf Bruch bis zu dem zwiſchen bier und la Guardia befinda lichen größern Engpaſſe des Monſerrats fortgefeßt. Da man die zur Rechten gelegenen ſteilen Unhöhen von den Kata loniern beſeft fand , machte man Halt und beorderte die naſ:
ſauiſchen Voltigeurs nebſt einem weimariſchen Truppentheile zu ihrer Vertreibung , worauf dieſe auch mit vieler Entſchloſſen:
heit unter dem feindlichen Feuer die ſteilen Anhöhen erſtürmten, und dann von der Hihe herab ihre Hörner ertönen ließen. Auf dieſe Art zur Rechten, ſowie links durch zwei als Seiten: patrouillen dienende Kompagnien von Weimar und von Hild burghauſen gedeckt , fekte das Detaſchement mit möglichſter Vorſicht ſeinen Marſch bis zu dem hinter dem Monſerrat ge legenen Wald , in welchern das Gefecht mit den da links und rechts poftirten Kataloniern wieder lebhafter wurde, fort. Uebri gens fand man die Dörfer und Gehöfte von den Bewoh nern verlaſſen ; alle Månner hatten die Waffen ergriffen. Näher 1
gegen Manreſa wuchs auch die Anzahl der Feinde , indem das
Gelåute der Sturmglocken (somaten) dieſer Stadt , ſowie der umliegenden Ortſchaften , die Annåherung der Kolonne verkün: dete und alle waffenfähigen Bewohner zum Kampfe rief. Der immer ſtärker werdende Andrang dieſer Schaaren und ihre ſtets heftiger werdenden Angriffe nöthigten zu bedeutender Berſtar: kung der Seitenpatrouillen.
Da die bewaffneten Haufen zwiſchen Salellas und Man: refa den Uebergang über den eben angeſchwollenen Granollers: bach vertheidigten , ſo ward unter dem Sturmmarſche von dem Detachement das Waſſer durchſchritten und der Feind in die
Flucht gejagt. So hinter dem Walde und in der Nähe von Manreſa angekommen , verſuchten mehrere Hundert Katalonier,
in einem an der Straße gelegenen Gehöfte feſten Fuß zu faſ: ſen , wurden aber auch daraus , ungeachtet ihres lebhaften 1
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Feuers , durch eine Abtheilung des Regiments Naſſau mit dem Bajonette vertrieben.
Endlich traf das Detaſchement unter einem faſt ununter brochenen Gefecht und nach einem zehnſtündigen Marſche, mit Verluſt an Todten und Verwundeten , des Nachmittags vor Manreſa ein , von wo ſich alle Einwohner , mit Ausnahme einer ſehr kleinen Anzahl , geflüchtet hatten , indeſſen man noch bewaffnete Haufen derſelben nebſt einer Unzahl Miquelets von da abziehen fah. Hierauf nahm vom Regiment Naſſau das 1 . Bataillon öſtlich der Stadt, ſowie das 2. Bataillon nördlich derſelben unweit eines kleinen Dorfes , und das herzoglich fach fiſche Bataillon auf der Weſtſeite, mit Beſerung der dort be: findlichen , nach Caſtellfollit gehenden Straße, an der Brücke über den Cardoner Stellung, während 300 Mann von legterm auch noch die Stadt beſetzten. 1
Manreſa, bekannt genug aus den Ereigniſſen des neueſten Bürgerkrieges , mit einer Bevolkerung von ungefähr 8,000 bis 9,000 Einwohnern , iſt eine der gewerbſamſten Städte Spa niens , hat eine Anzahl Fabriken , vorzüglich eine ſehr bedeu tende Seidenmanufaktur, eine ziemlich große Kirche, 6 Kloſter und 4 Thore. Sie dehnt ſich aus der Tiefe allmålig bergan aus und liegt an dem ſich etwa eine Stunde unterhalb in den Llobregat ergießenden Cardonerfluſſe, über welchen drei Brüden führen . Die Umgegend , deren Thal überaus fruchtbar iſt, bil det ein von Weinbergen , Feldern , Hügeln , Bergen und Oli 1
I
1
venwäldern ſehr durchſchnittenes Terrain , was den Kataloniern
bei ihrer eigenthümlichen Kriegsführung zu ihrer Vertheidigung um ſo mehr zu Statten kam , da auch einige Pulvermühlen ſich in der Nähe befanden .
Vorzüglich wichtig iſt der Beſit dieſer Stadt deshalb, weil von hier aus nach Vich , Berga , Cardona , Solſona, .
Calaf , Agramunt , zum Segrefluſſe und nach Balaguer Stra
Ben führen , ſo daß fie dadurch der Hauptſtraßenvereinigungs punkt vom innern Katalonien iſt.
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Da Manreſa , als der Siß der Junta , die über ganz Ka .
talonien den Aufruhr verbreitete , ein Mittelpunkt der kataloni:
ſchen Volksaufſtånde war , ſo fah ſich auch das Detaſchement des Generals Schwarz vom Augenblick ihrer Befeßung an, von zahlreichen bewaffneten und kriegeriſch geſinnten Volkshau: fen , vorzüglich von der ganzen erbitterten Bevölkerung dieſes Drts , eingeſchloſſen , und bis in die Nacht im ganzen Um kreiſe durch deren Feuer beunruhigt. Da den 22., vom früheſten Morgen an, die Katalonier das
Feuer , welchem vorzüglich das , in der Nähe von Weinbergen
und Gehölzen aufgeſtellte , naſſauiſche Regiment am mehrſten ausgeſegt war , rings um die Stadt unterhielten und dadurch
eine Anzahl Leute tódteten und verwundeten , zugleich auch von den , auf der Südſeite gelegenen , bisher unbeſekten Berg 1
höhen mit aller Macht vorzudringen ſuchten , ſo ſah General Schwarz wohl ein , daß er, zu Behauptung der bisherigen aus: gedehnten Poſitionen gegen die, ſich von Zeit zu Zeit vergrößernde, feindliche Uebermacht für die Långe der Zeit ohnehin zu ſchwach, tåglich viele Leute verlieren und von der auch eben nicht über
flüſſigen Munition allzuviel verbrauchen würde , während jeder neue Bedarf aus dem 18 Stunden entfernten Barcelona mitten durch den Feind bezogen werden mußte. Er ließ daher, einer kon zentrirten Aufſtellung halber und ſich blos auf die Vertheidigung der Stadt und einiger ihr nahe gelegenen wichtigen Punkte bes ſchránkend , noch an demſelben Nachmittage die außenſtehenden Truppen durch Thurmglockenzeichen zurückziehen, und die åußern Håuſer der Stadt, namentlich deren flache Dächer, mit Mann: 1
fchaft bereken .
Weil nun aber die Katalonier das Zurückziehen
nach der Stadt als Folge großer Bedrängniß anſahen, ſo folgten ſie den Truppen allenthalben und vorzüglich dem naſſauiſchen Re gimente , da deſſen Einrücken ſeiner entferntern Stellungen we: gen erſt am ſpåteſten erfolgen konnte, bis faſt an die nach der Seite des Monſerrats zu gelegene Eingangsbrücke auf dem Fuße nach , wo ſie jedoch durch das lebhafte Feuer eines , eben im Einmarſch nach der Stadt begriffenen, 40 Mann ſtarken
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weimariſchen Detaſchements in die Flanke genommen und ſehr belåſtigt wurden . So ſtürmten ſie nun, an der Spike eine Ans zahl Geiſtliche mit rothen oder ſchwarzen Fahnen in der Hand, init wildem Geſchrei und vieler Keckheit gegen die Stadt heran. Doch empfing man ſie hier vor und aus den Håuſern mit einem heftigen Feuer , ſo daß ſie, mit Berluſt einer Anzahl Todter und Verwundeter , unter welchen lettern ein mit dem
Kreuze in der Hand ſie anführender Kapuziner fich befand, eiligſt wieder davonflohen. Es wurden nun , außer der nothi gen Vorpoſtenlinie vor der Stadt , hauptſächlich zwei Brücken und zwei hochgelegene Kløfter , wovon eines außerhalb der Stadt ſich befand , ſowie ein ihr naher mit einer platten Kuppe von
bedeutendem Durchmeſſer und mit einer Kapelle verſehener Berg von wo aus die Straßen der Stadt beſchoſſen werden konnten,
endlich auch eine Mühle ſo gut als möglich beſegt. Die Stadt ſelbſt nebſt der erhöht liegenden Stiftskirche ward , ſo viel thunlich, in Vertheidigungsſtand geſekt, auf dem Thurme der Kirche gute Schüßen zum Beſtreichen der Gegend aufgeſtellt, und die be deutend große Seidenfabrik zum Reduit beſtimmt. Da in der faſt menſchenleeren Stadt, außer Fleiſch, auch
Vorräthe an Stockfiſch (bacallao) , Hülſenfrüchten, Getraide, Del und vorzüglich an Wein vorgefunden wurden , fo trat für den Soldaten die langentbehrte , höchſtnóthige Verpflegung ein, wogegen demſelben jedes eigenmächtige Holen aus den, verlaſſe nen Wohnungen auf das Strengſte verboten wurde. Desglei chen errichtete man zwei Hospitåler , in deren einem mehrere der in Manreſa zurückgebliebenen Kloſtergeiſtlichen die Pflege der Verwundeten und Kranken übernahmen ; die Mühle ge brauchte man zugleich als Bäckerei. Am 23. und 24. wiederholten die Katalonier vom Mor: gen bis zum Abend ihre Ungriffe auf die Vorpoſten und auf mehrere Punkte der Stadt , die aber allenthalben zurückgewieſen wurden. Vorzüglich waren am lektern Tage ihre Anſtrengungen auf die Wegnahme des frühererwähnten und von einer gothai ſchen Kompagnie unter Kapitain Meiſter befekten Berges mit
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der Kapelle gerichtet, weil dieſer die Stadt beherrſchte. Da der Feind aus dem Verſtecke des hohen, rings am Berge hinauf laufenden Geſtripps ſie mit ſolchem Nachdrude beſchoß , daß fie
eine nicht unbedeutende Anzahl Leute verlor und gegen Mittag dieſe Stellung nicht lange mehr behaupten zu können glaubte, ſo wurde ihr ſchleunigft eine weimariſche Kompagnie als Ver ſtårkung zugeſendet, worauf beide Truppentheile , um åhnlichen Verluſten vorzubeugen , ſogleich an der Kante des Berges Erd aufwürfe errichteten und ſo , hinter dieſen großentheils geſchůkt,
durch ihr wirkſames Feuer alle fernern feindlichen Verſuche zur Wegnahme dieſes Punktes abwehrten. Eine gleiche Verſchan zung fand auf der ganzen Vorpoſtenlinie um Manreſa ſtatt.
Die Katalonier , auf ihre große Uebermacht zählend, glaub ten dieſen Tag , das von allen Seiten eingeſchloſſene Detaſches ment zur Uebergabe auffordern zu können, welchen Antrag aber, wie nicht anders zu erwarten war ,
General Schwarz mit
Unwillen und mit dem Bemerken , daß er mit brigands , mit
welchein Namen die franzöſiſche Armee die in Spanien inſura girten bewaffneten Volkshaufen bezeichnete, niemals unterhan deln werde , zurückwies. Indeſſen war der Zuſtand ein höchſt bedenklicher: die Truppen ſtanden Tag und Nacht unter den Waffen , die Munition zehrte ſich durch die unaufhörlichen Gefechte ſtündlich mehr auf und die Hoffnung , neue Vorråthe aus dem fernen Barcelona zu erhalten , verminderte ſich mit jedem Uugenblicke.
Der Morgen des 25., ſowie auch mit wenigen Ausnaha men die Frühſtunden der folgenden Tage 1, zeigten unſeren Blicken ein eben ſo eigenthümliches als feierliches Schauſpiel: ein großer Theil der bewaffneten Volkshaufen nåmlich , um das auf einer Unhöhe befindliche Kreuz verſammelt, wurde von einem Geiſtlichen eingeſegnet, was ihren Muth bis zum Fanatismus 1
entflammte und worauf ſie wieder ihre lebhaften Angriffe, bei des nen ihnen Weltgeiſtliche und Mönche mit Fahnen in der Hand
zu muthigen Führern dienten , gegen die Stadt unternahmen.
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Da indeſſen der General Schwarz vermittelſt eines kata
loniſchen Spions , deren die Franzoſen , bei der eigenthümlichen Gewinnſucht der Katalonier, treffliche in jeder Hinſicht hatten, vom Marſchal Augereau von Barcelona aus die Nachricht er:
hielt , daß dieſen Tag ein am 24. von dort aufgebrochener höchſt nöthiger Munitionstransport unter Eskorte eines ſtarken italieniſchen Bataillons nebſt 2 Kanonen für ihn in Manreſa eintreffen ſollte , ſo fendete er dieſem Konvoi 8 Kompagnien des naſſauiſchen Regiments als Hůlfsleiſtung drei Stunden weit nach dem Monſerrat zu entgegen , indeſſen er mit dein
zurückbleibenden Truppentheile blos die am mehreſten gefährde ten Punkte der Stadt belegte.
Nachdem dieß naſſauiſche Detaſchement fich durch Verja gen der die Anhöhen von Manreſa beſetthaltenden Katalonier
den Weg gebahnt hatte , und ſo ſeinen Marſch gegen den Mon
ſerrat fortſegte, ſtieß es als Verſtärkung zum italieniſchen Ba taillon, und zwar zu ſeinem einzigen Heil , da dieſes bei meh reren Angriffen in den Engpåſſen an dieſem Berge bereits zwei von ſeinen fünf Pulverwagen verloren hatte und ſonſt, allem Vermuthen nad), die andern auch noch eingebüßt haben würde. Obgleich von allen Seiten durch die feindliche Uebermacht ge drångt, und unter unausgefektem lebhaften Gefechte mit nicht 1
unbedeutendem Verluſt an Todten und Verwundeten , trafen nun
dieſe vereinten Truppentheile nebſt den drei Pulverwagen am Abend deſſelben Tages in und bei Manreſa ein ; das italieniſche Bataillon nahm nördlich der Stadt Poſition.
Während deſſen hatten auch die um Manreſa verbliebenen zahlreichen bewaffneten kataloniſchen Haufen den Abmarſch des größten Theils vom Regiment Naſſau zur Ueberwältigung der als Beſaßung zurückgebliebenen ſchwachen herzoglich fåch
fiſchen und naſſauiſchen, nur ungefähr 900 Mann ſtarken Trup pentheile benußen zu können geglaubt , und deßfalls unausge: fekte Angriffe, vorzüglich gegen das am Ende der Stadt hoch gelegene Kloſter, unternommen , allenthalben aber die entſchloſ ſenſte Gegenwehr gefunden.
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Indeſſen erlitt das Detaſchement des Generals Schwarz tåglich Verluſte, ſo daß das herzoglich fåchfiſche Bataillon ſeit der Berebung von Manreſa bereits 10 Todte und 28 Ver:
wundete zählte. Das italieniſche Bataillon, welches während des 26. bei Manreſa blieb , glaubte dadurch ein abſchreckendes Beiſpiel zu geben , daß es in ſeinem Lager einen mit den 1
Waffen in der Hand gefangenen Katalonier , dem Armeebefehle
zufolge, aufknüpfte. Allein dieß erbitterte auch hier, wie überall, die bewaffneten Volkshaufen nur noch mehr , und ſie bewieſen es durch ihr dieſen ganzen Tag hindurch noch lebhafteres Feuer gegen die Stadt.
Das italieniſche Bataillon trat nebſt ſeinen 2 Kanonen den für 8 Uhr Abends anbefohlnen Rúdmarſch nach Barcelona,
erſt gegen Mitternacht an, wahrſcheinlich um ihn im Dunkel der Nacht ruhiger und ſicherer zurückzulegen. Der Major Knauth hatte es mit dem ſchwachen herzoglich ſächſiſchen Bataillon als Húlfs
leiſtung bis über den Paß des Monſerrats hinaus gegen fünf Stunden weit zu geleiten. Die vereinten Truppentheile erreich ten dieſen Punkt unter wenigen feindlichen Gewehrſchüſſen, wo: durch einige Leute verwundet wurden , jedoch in Folge einiger
Aufenthalte erſt des Morgens 6 Uhr , alſo zu der Zeit , in wel cher das fåchfiſche Bataillon , dem Befehle des General Schwarz zufolge, wieder in Manreſa hätte eintreffen ſollen , weil bei
ſeiner Schwache und bei den vielen lokalen Schwierigkeiten ein Marſch am hellen Tage die größten Beſorgniſſe erregen mußte. Kaum hatte auch das Bataillon , von den Italienern ge trennt , ſeinen Rückmarſch nach Manreſa angetreten , als der
Feind nun bei Tagesanbruch deſſen geringen Streitkräfte ge wahrenb , ihm auf dem Fuße folgte und es von allen Seiten
beſchoß, während die in der Umgegend ertönenden Sturmglocken neue Schaaren deſſelben herbeiriefen . Indeſſen deckten die in
beiden Flanken zahlreichen Tirailleurs, ſo wie die, obgleich ſtets von bedeutender Uebermacht lebhaft gedrängte, aus einer wei
mariſchen Kompagnie beſtehende Arriergarde , den Weitermarſch unter unausgeſeptem lebhaften Gefechte bis zu dem breiten hoch
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angeſchwollenen Bach , unweit von Salellas, wo die, durch das Terrain ſehr begünſtigten und in weitüberlegener Zahl poſtir ten Katalonier kühn den Weg vertraten und ſelbſt abzuſchnei den drobeten. Deßhalb ließ der Major Knauth ſofort ſeinen
noch übrigen geſchloſſenen Bataillonstheil ſich gleichfalls in eine Tirailleurlinie auflöſen und griff ſo den Feind mit Ungeſtům an , verjagte ihn trok hartnådiger Gegenwehr und ſepte ſeinen Marſch bis dicht hinter den legten Wald vor Manreſa fort, wo er ſein Bataillon ſich wieder formiren ließ.
An dieſem Holze fano man den Leichnam eines am 21 .
beim Hermarſche nach Manreſa verloren gegangenen weimariſchen Soldaten, der gånzlich, den Kopf vermuthlich zur leichtern Er kennung ausgenommen , verbrannt war , ſo wie die von zwei
andern Militairs , welche von jeder Bedeckung entblöſt und durch die zügelloſe Wuth der Barbaren auf das Schamloſeſte ver ſtúmmelt waren. Wie tiefen Eindruck nun auch dieſe Schreckens: bilder auf den Soldaten machten , fo feuerten ſie doch andrer :
ſeits zu verzweifeltem Muthe und höchſter Erbitterung an. Der Feind folgte unausgefekt auf dem Fuße nach und drångte plöblich ſo heftig gegen die Urriergarde heran , daß auf einen Augenblick ſelbſt Gefahr für die, auf den zwei ſchma len mit vier Maulthieren beſpannten Karren transportirten
Verwundeten entſtand. Dieſe Karren waren ohnehin ſo über: laden, daß der ſchwerbleſſirte koburgiſche Lieutenant von Schau roth darauf nur mit größter Mühe fortgeſchafft werden konnte. Sene Gefahr wurde auch nur dadurch abgewendet, daß ſich der weimariſche Lieutenant von Schlegel mit einer Abtheilung den
Kataloniern , deren Hauptaugenmerk auf die Wegnahme dieſer Fuhrwerke gerichtet war, raſch entgegenwarf und ſo die bereits ganz nahen Feinde von ihrem Vorhaben abzuſtehen nöthigte. 1
Indeſſen ſendete General Schwarz, als er das heftige Ges wehrfeuer Manreſa fich nähern hörte , den Anrückenden zwei naſſauiſche Kompagnien über eine Viertelſtunde weit zur Un: terſtübung entgegen , die aber , dem Befehle zuſolge, wieder nach dieſer Stadt zurückkehrten, als das durch die unausgeſetz 1
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ten Gefechte aufgehaltene, nach einem neunzehnſtündigen Mar: ſche erſt um 3 Uhr Nachmittags auf den vor dieſer Stadt ges
legenen Anhöhen eintreffende herzoglich ſáchfiſche Bataillon ei: nige ihm daſelbſt angewieſene Verſchanzungen beſegt hatte. Hier behauptete es ſich noch bis Abends acht Uhr unter min: der lebhaftem Feuer , und rückte dann nach Manreſa in die ihm beſtimmten neuen Stellungen ein. Sein Verluſt an dieſem Tage betrug 4 Todte und 18 Verwundete wogegen der der Katalonier , vorzüglich bei der Vertheidigung der kleinen Brücke an dem erwähnten Bache zur Erſchwerung des Uebergangs , wohl bedeutender geweſen reyn dürfte, obgleich ſie , durch die Terrainkenntniß bevorzugt, ſich wo nur möglich ſtets gedeckt zu ſtellen wußten. An den darauffolgenden Tagen wurde die Behauptung von Manreſa immer ſchwieriger , da die bewaffneten Katalonier wohl über 1
5,000 Mann ſtark um die Stadt herangewachſen waren, Tag
und Nacht die Beſaßung in Uthem hielten und unausgeſellt Leute tódteten oder verwundeten.
Dadurch , daß das eingeſchloſſene Detaſchement ſeiner
Schwäche wegen nur die ausgedehnte verſchanzte Vorpoſten: linie und die Stadt zu vertheidigen fich beſchränken mußte, wurde der ohnehin an Zahl übermächtige Feind täglich kühner gemacht, verſuchte nun auch von Zeit zu Zeit , unter Begún 1
ſtigung der Nacht, den ſeichten Fluß zu durchwaten und die
Stadt zu überrumpeln ; fand jedoch fortwährend die ohnedieß auch des Nachts bereitſtehenden Truppen ſo wachſam , daß er,
von ihrem Feuer begrüßt , jedesmal von ſeinem Vorhaben ab: ſtehen mußte.
Wiederholte • an den General Schwarz gerichtete Anträge zur Uebergabe wurden zurückgewieſen, und dagegen alle Punkte,
wo es noch möglich war , zu hartnådiger Gegenwehr hergeſtellt; ſo daß der größte Theil der auf den gefährdeten Stellen zu äußerſt liegenden Häuſer rings um die Stadt einen mit Schießs
ſcharten verſehenen Vertheidigungsort bildete. Zur Sicherung des Unterhalts für die Truppen , da die Dauer der Beſebung
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unbeſtimmt war, und damit jedes etwaige eigenmächtige Holen von Lebensmitteln unterbliebe, wurden die Thüren der Häuſer feſt verwahrt, indeſſen die von Zeit zu Zeit die Straßen durch: ziehenden Patrouillen über die Aufrechthaltung dieſer Maas. regel wachten .
Da es den Truppen ſeit der Beſebung von Manreſa gånz lich an Fleiſch mangelte, ſo wurde folches für die in den Hos: pitálern ſich täglich mehrenden Verwundeten und Kranken ein
dringendes Bedürfniß , weßhalb eine Abtheilung Naſſauer wah: rend der Nacht einen Zug zur Herbeiſchaffung von Vieh in die Umgegend unternahm. Die Einbringung der Beute in die Stadt zu erleichtern, wurde am 29. früh ein allgemeiner Ausfall von der Beſakung gemacht. Dadurch gelang es denn auch die fem durch weimariſche und gothaiſche Truppentheile in den Flan: ken gedeckten naſſauiſchen Kommando, mehrere Stück Vieh un ter ſehr heftigem Feuer hereinzubringen. Indeſſen veranlaßten
alle dieſe Gefechte immer mehr Verluſte an Mannſchaft, wo: bei aber immer die ſo fichtbare Abnahme an Munition am beſorgteſten machte, indem , wie bereits angeführt , blos etwas über die Hälfte der von Barcelona nach Manreſa geſendeten
daſelbſt angekommen , während der andere Theil in feindliche
Hånde gefallen war. Wie dabei die åußerſt geringe Anzahl der in der Stadt zurückgebliebenen Bewohner mit unſern Fein den um die Stadt das Einverſtändniß , und wenn auch nur
durch Signale, zu unterhalten trachtete, beweiſ't folgender Vorfall. In dem von einer weimariſchen Kompagnie belegten , am
Ende der Stadt hoch gelegenen , ſehr geräumigen Kapuziner kloſter, aus deſſen zahlreichen Kloſterzellen die Umgegend wirks ſam beſchoſſen wurde, waren zwei hochbejahrte und gebrechliche Mönche zurüdgeblieben ,I welche, da ſie dem Mangel preisge geben waren , von den zugemeſſenen Rationen mit verpflegt
wurden , jedoch ſich beinahe den ganzen Tag über verborgen hielten. Da nun von dem platten Dache des Kloſters der größte Theil des Kampfplakes um Manreſa genau überſehen werden konnte , ſo wurde erſteres von Zeit zu Zeit durch die
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Offiziere der Kompagnie beſtiegen, wobei eines Tages der Ver: faſſer dieſes Buches zu ſeinem größten Erſtaunen den bejahr: teſten jener Mönche dort mit einer rothen Fahne in der Hand überraſchte, als dieſer eben, ſeinen Landsleuten gegenüber, Siga nale gab. Nur ſein hohes Alter ſchüßte ihn bei dieſem Ver: rathe , womit er das Vertrauen vergalt , und man unterwarf
fortan , wie natürlich , dieſe ſcheinbar ſo unſchädlichen Kloſter brüder einer ſtrengen Beaufſichtigung. Obgleich bei dieſer Lage der Dinge die Feinde nun auch durch Miquelets ſich täglich um die Stadt mehrten und wiederholte heftige Angriffe gegen die aufgeſtellten Poſten unternahmen , ſo bewies ſich doch auch hier , daß Muth und Disciplin úber die bei ihnen vereinten Vortheile des Terrains und der Ueberzahl ſiegten, und daß fie, mit Nachdruck em : pfangen , meiſt das Weite ſuchten.
Nachdem alle von den Kataloniern an den General Schwarz
geſtellten Anträge zur Uebergabe , ſowie ihre vielen Anſtrengun gen zur Bezwingung durch Waffengewalt beharrlich zurückges wieſen worden und mißlungen waren , ſo wähnten ſie , durch Liſt und Verſprechungen ihren Endzweck zu erreichen und die
Mannſchaft des Detaſchements zur Verführung hinzureißen, was aber ebenfalls an deren Ehre und Treue ſcheiterte. Nachdem ſie nåmlich an einem der lekten Tage des Mårz vom frühen Mor gen bis zum Nachmittag ein lebhaftes Feuer um die Stadt unterhalten hatten , ſtellten ſie dieſes plóglich auf allen Punk
ten ein und kamen mit Zeichen zum Unterhandeln an die Vor poſtenlinie heran , die deßhalb auch augenblicklich jede Feind:
ſeligkeit unterließ , glaubend , daß die Einwohner von Manreſa und der Umgegend ſich unterwerfen wollten . Hierauf machten nun Schweizer in ſpaniſchem Solbe, als Dolmetſcher , den Antrag an die Mannſchaft, daß dieſe doch , da ſie von fo be
deutender Uebermacht völlig eingeſchloſſen und ohne Ausweg verloren ſey , in ſpaniſche oder engliſche Dienſte übertreten möchte, oder wenn ſie dieß nicht wollte, nach England und von da in ihr Vaterland eingeſchifft werden ſollte.
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Obgleich dieſe Anträge nach Berdienſt beantwortet wur: den und an die Katalonier fogleich die Weiſung, ſich auf der
Stelle zurückzuziehen, erging , ſo hatten dieſe doch Gelegenheit gefunden, auf eine hinterliſtige und treuloſe Weiſe ein bis zwei naſſauiſche Offiziere gefangen zurückzuhalten , welchem Geſchic ein weimariſcher nur mit Mühe entging. Da endlich durch die täglichen Gefechte der Schießbedarf
bis auf einen ganz kleinen Vorrath herabgeſchmolzen war und von Barcelona jede neue ſo ſehr erwartete Zufuhr ausblieb, dagegen die im Vertrauen auf ihre große Uebermacht, ſowie auf die Húlfsloſigkeit und Bedrångniſſe des eingeſchloſſenen Detaſchements, unter der perſönlichen Anführung ihrer fanati: ſchen Geiſtlichen immer kühner werdenden kataloniſchen Maſſen , daſſelbe mehr einzuengen ſuchten, ſo blieb dem General Schwarz, wenn er , ungeachtet aller möglichen Ausdauer ſeiner Truppen, nicht aus Mangel an Vertheidigungsmitteln bei noch långerer Behauptung von Manreſa ſeinen weit überlegenen Feinden uns terliegen ſollte, nur noch ein kühnes Wageſtůck übrig. Dem gemäß unternahm denn am 1. oder 2. April eine Abtheilung des naſſauiſchen Regiments, von der Dunkelheit der Nacht und
von der oft vorwaltenden Sorgloſigkeit der Katalonier begün ſtigt, in tiefſter Stille einen Zug nach den eine Stunde von der Stadt entfernten Pulvermühlen, nahm dort eine Quantitåt Pulver weg und führte es auf Saumthicren , unter einem leb:
haften Gefechte mit dem ſolches inne gewordenen Feinde, glúd: lich herein. Allein damit war dem Munitionsmangel nur einſeitig abgeholfen, indem es nun immer noch gånzlich an Bley fehlte. Daher ergriff General Schwarz in ſeiner ſo hodiſt bedenklichen
Lage die einzige durch die eiſerne Nothwendigkeit gebotene du: Berſte Maasregel , daß er die Pfeifen aus der Orgel der Stifts kirche herausnehmen und ſie zu Patronenkugeln umgießen ließ. Dieſes Untaſten eines der Heiligthümer mußte aber bei der ſo fana tiſchen Bevólkerung die Erbitterung auf den höchſten Grad ſteigern .
Bei der gleichzeitigen Aufſuchung nach Munition in Man reſa und vorzüglich in den dortigen Kloſtern, die viele feſte und
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dem Auge durchaus verborgene Räume enthielten , fand man aber blos in der von einer weiinariſchen Kompagnie beſekten Mühle einen geringen Pulvervorrath nebſt einem kleinen Wurf geſchüß, welches letztere in das Waſſer verſenkt wurde. Nächſt dem ward auch noch hierbei von den Offizieren der die Bes
Ft
ſagung des früher erwähnten Kapuzinerkloſters bildenden Kom
pagnie (Weimar), und zwar in der Nähe einer bedeutend großen Grotte, in welcher ſich eine Fontaine befand, und wo man die
-
bei Uebertretung der Kloſtergelübde eintretenden zeitlichen und ewigen Strafen ſinnbildlich mit lebensgroßen Figuren darges
ſtelt fah, ein unterirdiſches Gewölbe entdeckt. In dieſem wur:
FI
den ſowohl eine Anzahl Werkzeuge der Inquiſition als auch
ſchwarz angeſchriebene Namen nebſt Jahreszahlen an den Wänden und bei dem Einſchlagen derſelben, worauf ſich ein Todtengeruch verbreitete, fieben Skelette von Monchen , die zur Strafe le
bendig nahe an einander eingemauert worden waren, vorgefun
*
den. Jeder dieſer fo martervoll Hingerichteten befand ſich in
einem beengten Raume, der ihm nur eine fißende Stellung und wenig Bewegung geſtattete , wobei quer vor ſeiner Bruſthöhe in der Mauer ein eiſerner Stab befeſtigt war , auf welchem mehrere dieſer Unglücklichen , vorwårts gebogen , mit gefalteten
e
Hånden noch ruhten. *)
Da der General Schwarz zu dieſer Zeit durch einen Spion die Mittheilung erhielt , daß für ihn von Barcelona aus ein
NO
ME pere
*) Da der Verfaſſer , dieſer Kompagnie angehörend , dic Auffindung und unterſuchung dieſes Denkmals barbariſchen Mönchthums mit bewerkſtelligte, ſo nahm er den an der Hand eines dieſer Skelette befindlichen Roſenkranz als Undenken ſchrecklicher Grauſamkeit an
mo
fich, wobei er nicht ahnete, daß ihm dieſe Reliquie in ſeiner bald darauf erfolgten , über vier Jahre lang dauernden harten Gefan
genſchaft in Spanien und auf den baleariſchen und pithyuſiſchen
a
Inſeln , durch das Tragen derſelben auf der Bruſt , gemäß dorti l
fi
ger Landesſitte, und was da als Zeichen eines guten Chriſten (buen christiano) galt ., eine zuweilen menſchlichere Behandlung verſchaffen würde.
400
friſcher Munitionstransport am 3. April in Manreſa eintreffen follte, ſo ermuthigte dieſe frohe Kunde das von aller äußern
Hülfe aufgegebene und tåglich mehr bedrängte Detaſchement zu neuer Thatkraft. Um nun die Aufmerkſamkeit der, fich nach
und nach bis wenigſtens an 6,000 Mann geſammelten , bewaff neten kataloniſchen Maſſen , die der ſo unternehmende.General Milans befehligte, auf allen Punkten um Manreſa zu beſchaf:
tigen und dadurch eine Erleichterung für den im Anzuge ge glaubten Konvoi zu erzielen , fand ſchon am frühen Morgen dieſes Tages ein allgemeiner lebhafter Ausfal ſtatt, wobei 2
naſſauiſche und 2 ſächſiſche Kompagnien auf der Seite nach dem Monſerrat zu , von welcher jener zu erwarten war , vor: 1
drangen und die Feinde , ungeachtet ihres beharrlichen Wider: ſtandes, auf allen Punkten zurückgetrieben wurden. Weil in deſſen bis am Nachmittage der erwartete Transport nicht an langte , ſo zog ſich alles unter einigem Verluſte nach ſeinen frühern Stellungen wieder zurück. So ſchien es nun , daß für die Beſaßung von Manreſa jede Hoffnung auf irgend eine Hülfe von anderwårts her ver ſchwunden ſey, während, ungeachtet aller Ausdauer, ihre Lage, vorzüglich des Munitionsmangels wegen 1, tåglich bedenklicher werden mußte, indem auch außer dem Verluſt an Todten ſchon
über 200 Verwundete,1 worunter eine Anzahl Offiziere, im Hospitale ſich befanden, und die noch vorhandenen Lebensmittel, beſtehend in etwas Brod , dürrem Gemüſe und Del , faſt aufges zehrt waren, und dabei die Kräfte der Truppen nun bereits im Verlaufe von vierzehn Tagen und Nachten, entweder durch Gea fechte oder durch Bereitſtehen , ſehr in Anſpruch genommen wor:
den waren. Denn bei ihrer Unzulänglichkeit gegen den ſo über machtigen Feind mußten ſie unausgeſekt von einem minder be: drohten Punkte ſchnell nach einem plóklich gefährdeten fich wenden . In Anerkennung ihres Verhaltens erließ auch Ge
neral Schwarz am 4. April 1810 in Manreſa folgenden Ta gesbefehl :
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„Ich kann nicht verweilen, ſåmmtlichen Herren Stabs-, ,,Ober- und Unter - Offizieren meine Zufriedenheit über die
„ gute Disziplin , welche ſie bei ihren Leuten erhalten, ,, hiermit kund zu thun , und ich verſpreche mir , daß dies „felben ſich beſtreben werden , die vortheilhafte Meinung, ,,die ich von ihnen gewonnen habe, forthin zu unterhalten." ,,Dieſer Befehl wird drei Tage hintereinander den Sols .
„daten beim Verleſen wiederholt und ich erſuche die Herren
,,Kompagniekommandanten , denſelben meine gånzliche Zus ,,friedenheit über ihr tapferes Betragen gegen den Feind
„ und ihre lóbliche Folgſamkeit bei den übrigen Gelegen „ heiten zu bezeugen ."
,,Der Brigadegeneral Schwarz." Inmitten dieſer Ereigniſſe von Manreſa fanden auf andern Punkten Kataloniens Begebenheiten ſtatt, welche einerſeits die långere Vertheidigung dieſer Stadt unmöglich machten , und andererſeits zur Vernichtung des Detaſchements unter General
Schwarz hauptſächlich beitrugen. Denn obgleich dieſe Provinz indeſſen auch durch das 3.
Armeekorps unter General Suchet , welcher die Feſtung Lerida einſchloß , bedroht wurde , ſo hatte doch General O'Donell, ohngeachtet ihm dieſe zu entfeben nicht gelang, durch die um : ſichtige Beweglichkeit ſeiner Truppen nach allen Punkten bin
den Marſchall Augereau im Schach zu halten und ſo die Ver bindung beider franzöſiſchen Korps bisher zu verhindern gewußt. Konzentrirt in ſeiner vortheilhaften Stellung in und bei Tarragona, deſſen reiche Umgegend ihm Unterhalt verſchaffte, dehnte er von hier nach allen Richtungen Kataloniens ſeine Bewegungen aus und benugte dann , durch deſſen patriotiſche Bewohner von Adem Kunde erhaltend , die guten Gelegenheiten, die irgendwo ſchwach befekten Stellungen zu überfallen ; zumal da das von aller Verbindung mit Frankreich und den andern franzöſiſchen Korps in Spanien abgeſchnittene 7. Urmeekorps, ſeines nöthigen Unterhaltes wegen ſich auszubreiten und deshalb von Zeit zu Zeit Barcelona ſich zu nähern , genöthigt war. .
26
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So hätte ſich General O'Donell mit ſeiner Hauptmacht am 1. April gegen Momblanch zur Bedrohung der Diviſion Sou ham und gleichzeitig eine , bei dieſem Orte ſtehende, 6,000 Mann ſtarke Diviſion unter dem Marechal de Camp I, Juan
Caro , dieſen Tag nach Villafranca zur Ueberwältigung der dortigen Beſakung gewendet. Da dieſe Stadt am 2. April durch ein franzöſiſches Bataillon beſegt war , ſo leiſtete dieſes zwar Anfangs im Freien beharrlichen Widerſtand, mußte ſich aber zulebt vor der ſo großen feindlichen Uebermacht in ein vor derſel: ben hoch gelegenes , etwas befeſtigtes Gebäude werfen , wo es
nach zweiſtündiger Gegenwehr ſich, über 600 Mann ſtark mit 2 Stabsoffizieren , kriegsgefangen ergab , nachdem es über 200 Todte und Verwundete verloren hatte. Auch die Spanier er :
litten dabei verhältnißmåßigen Verluſt , und General Caro ſelbſt wurde verwundet.
Dieſe ſpaniſche Diviſion hatte die Weiſung gehabt ,
in
einer Stellung hinter der Noya und mit dem Rücken gegen
den Monſerrat, den General O'Donell mit deſſen nachfolgen : den Truppen zu erwarten. Doch in der Nacht vom 2. zum 3. April war ihr der Befehl zugekommen , über Esparaguera nach Manreſa, zur Bezwingung des dort eingeſchloſſenen und hart bedrängten Detaſchements unter General Schwarz, zu marſchiren ; demgemåß war ſie am früheſten Morgen deſſelben Tages und zwar , da General Caro verwundet worden , unter den Befehlen des Generals Campoverde dahin aufgebrochen .
Uber ſchon nach einigen Stunden des Marſches und eben als ſie über Piera gegen Esparaguera vorrückte , nahm ſie den Zug einer von Martorell gleichfalls nach Esparaguera begriffe: nen Kolonne wahr und erfuhr alsbald durch bewaffnete Kata
lonier , daß es eine ſtarke franzöſiſche Abtheilung aus Barcelona mit einem für Manreſa beſtimmten Munitionstransport Tey , welche die verfloſſene Nacht bei Martorell zugebracht habe.
Es war dies die vom Marſchall Augereau aus Barcelona
am 2. mit dem ſo nöthigen Schießbedarf für den General Schwarz .nach Manreſa entſendete , von einem franzöſiſchen
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Oberſten befehligte, gegen 1,000 Mann ſtarke Kolonne , bez ſtehend aus einem über 600 Mann ſtarken Bataillon des 67.
franzöſiſchen Infanterieregiments, 240 Mann vom 5. Regiment der Diviſion Rouyer (Herzoge von Anhalt und Fürſten von Lippe), 60 Mann des herzoglich ſáchſiſchen Regiments von den als Beſaßung in Barcelona verbliebenen gothaiſchen und meis
ningiſchen Kompagnien , unter dem Lieutenant von Plaendner, 1
und aus ungefähr 30 Mann naſſauiſchen , weimariſchen und koburgiſchen Rekonvaleszenten , die wieder zu ihren in Manreſa befindlichen Truppentheilen ſtoßen ſollten .
215 nun das am
3. frühmorgens aus dem Bivouak bei Martorell aufges brochene Detaſchement , welches dieſen Ort von ſeinen Bea wohnern ganz verlaſſen gefunden hatte, in der Nähe von Es: paraguera angekommen war , fand es dieſen Flecken nicht allein
von dem Feinde ſtark beſegt , ſondern fah auch zugleich ſeine linke Flanke von der auf ihrem Zuge nach Manreſa bes griffenen Diviſion Campoverde bedroht. Sich zu ſchwach füh lend ,! um hier Angriffsweiſe zu Werke gehen zu können , trat das Detaſchement ſofort wieder ſeinen Rückzug auf der Straße nach Martorell an *). Da indeſſen der Feind , und zwar mit Bedacht, nur langſam nachgefolgt war , weshalb man ihn auch nicht für ſo ſtark hielt , ſo wendete ſich das Detaſchement wies der zum Angriffe gegen Esparaguera. Aber nun ward es in der
zwiſchen dieſem Flecken und dem Dorfe Abrera befindlichen Ebene in ein lebhaftes Frontgefecht verwickelt und , da ſein
linker Flügel zu weichen anfing, abermals zum Růdzuge ge *) Hier fand man ein empórendes Opfer der ausgeſonnenſten feindli chen Nache und Grauſamkeit: einen meiningiſchen Soldaten, wel cher aus Ermattung dem Detaſchement nicht hatte folgen tonnen, zwar noch lebend 1, aber mit zwei tiefen kreuzweiſen Meſſerſchnit: ten über den Kopf , mit durchſchnittenen Fingergelenken und einer Schußwunde im Unterleib in ſeinem Blute ſchwimmend. Er flehte nur um einen Trunk Waſſer 1, und war , ſeiner Wusſage nach, von mehrern Bauern und Bäuerinnen nach und nach ſo martervoll gemißhandelt worden. * 26 *
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nöthigt. Sogleich machte die ſpaniſche Kavallerie einen ſo hef: tigen Angriff auf die Kolonne , daß dieſe dadurch in Unord nung gerieth und, von den Spaniern hart gedrångt, ſich eiligſt über eine kleine Brücke, die über ein tiefes Nebenflüßchen des Llobregat führt, zurückzog. Obgleich ſich nun hinter derſelben die Truppen ſchnell zu ordnen ſuchten , ſo ſprengte fie doch zu gleicher Zeit ein neuer Angriff der Kavallerie abermals auseinander, und ihre Bedrångniß ſteigerte ſich auf den höchſten Grad , als ſie auch noch die hinter ſich liegende Brücke über
die Noya von bewaffneten Einwohnern Martorels befekt fana den. Ein Theil derſelben bahnte ſich über dieſe Brücke und durch den Ort mit dem Bajonette den Weg , indeſſen die noch
links des Fluſſes verbliebene größere Anzahl ſchleunigſt ein Quarrée zu formiren ſuchte , jedoch während der Ausführung durch einen dritten lebhaften Angriff der ſpaniſchen Kavallerie und nachrückenden Infanterie auseinander geſprengt und ſo in
võlliger Auflöſung nach der Nona und dem Llobregat zu ge trieben wurde. Vergebens verſuchten nun noch einzelne Trupps, Rücken an Rüden gelehnt , ſich zu vertheidigen ,1 und wer nicht unter den Såbeln der feindlichen Reiterei fallen wollte , dem blieb keine andere Wahl , als ſich von dem , oft mehr als 30
Fuß hohen , ſteilen felſigen Ufer in das Waſſer hinabzuſtürzen, um fo am jenſeitigen , weniger ſchroffen Flußrande ſeine Ret: tung zu ſuchen , wobei jedoch manche ihren Tud fanden , und viele ihre Gewehre verloren .
Demnach erreichten blos gegen 500 Mann dieſer Kolonne am Abend deſſelben Tages die Gegend um Barcelona , und
zwar betrug der Verluſt der Franzoſen ungefähr 320 Mann, der von dem Truppentheile des Regiments der Herzöge von Un halt and Fürſten von Lippe wenigſtens 140 Mann , und der jener vorerwähnten Abtheilung vom herzoglich fåchfiſchen Regi mente 40 Mann.
Von dieſer entging der ſie führende gothaiſche Lieutenant von Plaendner , welcher nebſt 20 Mann 1, unter denen 5 Ber :
wundete waren , nach Barcelona wieder zurückkehrte, nur da
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durch dem wahrſcheinlichen Tobe , daß er fich , als die ſpaniſche Kavallerie bis auf wenige Schritte berangekommen durch
ſchnelles Hinabſtürzen in die Noya an das andere Ufer rettete, während jene faſt alles ohne Ausnahme niederhieb und die blutgierigen Volkshaufen einen Theil der Verwundeten und Ge: fangenen ſchonungslos umbrachten oder empórend mißhandelten. Der größere Theil aller von Ermordung oder Mißhandlungen verſchont Gebliebenen hatte ſeine Rettung hauptſächlich den ſpa : niſchen Schweizertruppen zu verdanken . Bei dieſem Gefechte waren eine große Anzahl Todter und unter den Offizieren einer
von der anhaltiſchen Abtheilung auf dem Plaße geblieben ; un: ter den Bleſſirten befand ſich der gefangene lippiſche Lieutenant
von Korff, der einen Såbelhieb im Kopf erhielt. Auch der größte Theil der gefolgten 30 Rekonvaleszenten hatte ſeinen Unters gang gefunden .
Der unglückliche Ausgang dieſer Erpedition dürfte wohl, außer dem unerwarteten Zuſammentreffen mit einer feindlichen Uebermacht, beſonders der verſchiedenartigen Zuſammenſtellung der Truppen beizumeſſen ſeyn .
Wegen dieſen , binnen wenigen Tagen bei Villafranca und Martorell erfochtenen Vortheilen , glaubten nun die Spanier, das bereits von bedeutender Uebermacht eingeſchloſſene, durch die 1
aufgezählten Umſtånde ſo hart bedrångte , von dem achtzehn Stunden entfernten Barcelona abgeſchnittene naſſauiſche und rächſiſche Detaſchement in Manreſa, durch Herbeiführung ſols cher anſehnlichen Streitkräfte von 2 Liniendiviſionen , ebenfalls vôlig zu vernichten. Marſchal Lugereau ſelbſt hielt , nach der
Kunde von dieſen Ereigniſſen und nach der ganzen Lage der Dinge , dieſes Detaſchement bereits für verloren. Nachdem am 4. April die Katalonier während des Vor: mittags ein weniger lebhaftes Feuer um Manreſa , dem Vera muthen nach ,1 um vorerſt die ihnen bekannte Ankunft ihrer an dieſem Tage einzutreffenden Verſtärkungstruppen abzuwarten, unterhalten hatten , langte plößlich des Nachmittags auf der
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óſtlichen Seite der Stadt die zwiſchen 3,000 bis 4,000 Mann ſtarke leichte Diviſion Miquelets unter dem Oberſten Rovira an. Bald hierauf ſah man einen ſpaniſchen Parlementairoffizier, von einer Maſſe tobender Volkshaufen geraume Zeit umringt,
ſich den Vorpoſten nåhern. Er wurde in die Stadt zum Genes ral Schwarz geleitet. Dieſer Offizier entledigte ſich nun ſeines ſchriftlichen Auftrags , der Aufforderung zu ſofortiger Uebergabe der Stadt und der Beſatzung, mit dem Bemerken , daß , wenn
dieſem Antrage nicht ſogleich Folge geleiſtet würde , alsbald ge ftúrmt und alles niedergemacht werden ſollte. Gleichzeitig machte er den General Schwarz mit den unglücklichen Ereig niſſen bei Villafranca und Martorell bekannt und bemerkte ihm
noch, daß , da er von aller Hülfe abgeſchnitten und durch eine ſo weit überlegene , wenigſtens 9,000 Mann ſtarke, bewaffnete Macht bereits umringt , auch noch eine Diviſion im Anmarſche 1
gegen ihn begriffen ſen , er doch zu Vermeidung alles unnügen I
Blutvergießens dem angebotenen Kapitulationsantrage, den er den Umſtånden nach mit allen Ehren annehmen könnte, ent ſprechen möchte. Nachdem General Schwarz den Parlementairoffizier långere Zeit aufzuhalten gewußt und dadurch einer eben bei ihm ver fammelten Anzahl Offiziere ſeines Detaſchements Befehle zur ſchleunigen Ergreifung der kråſtigſten Widerſtandsmaasregeln auf allen Punkten gegeben , ſowie den Stabsoffizieren ſei nen beſondern Entſchluß, die Stadt jedenfalls bis gegen Mit ternacht noch zu vertheidigen und dann ſich nach Barcelona durchzuſchlagen , mitgetheilt hatte , entließ er den Parlementair mit der Antwort : daß er , im Vertrauen auf die fernere Bea
harrlichkeit und Tapferkeit ſeiner ilim anvertrauten und oft er : probten Truppen , jeden Kapitulationsantrag verwerfe und den angedrohten Sturm entſchloſſen erwarte. Hierauf wurden nun mit größter Thåtigkeit allenthalben die am mehrſten gefährdeten Punkte möglichſt haltbar gemacht und alles zu einem kräftigen Widerſtande vorbereitet , obgleich der nur noch unbedeutende
Munitionsvorrath Anlaß zu gegründeter Beſorgniß geben mußte.
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Kaum war der Parlementair jenſeits unſerer Vorpoſten: linie , von bewaffneten kataloniſchen Volkshaufen umringt , in
das Lager zurückgekehrt, ſo růkten ſchon 4. Bataillone feindlia cher Linieninfanterie gegen die öſtliche und weſtliche Seite der Stadt heran , indeſſen 1 Eskadron vom Dragonerregiment Nu mancia ihnen in der Ferne folgte.
Ungefähr gegen 5 Uhr Nachmittags ſtürmten nun dieſe Bataillone lebhaft gegen die von den Naſſauern beſekten Ver ſchanzungen heran , wurden aber von dieſen braven Truppen mit ſolchem Nachdruck empfangen , daß ſich 1 Bataillon der: ſelben aufldſte und in wilder Flucht einem Olivenwäldchen 1
zueilte. Ein lauter Beifallruf ertönte deshalb von den andern ,
Angeſichts deſſen auf den hoch gelegenen Punkten der Stadt poſtirten Truppentheilen. Kurz hierauf erfolgte gleichfalls ein lebhaftes Vordringen der durch die Ankunft ihrer Linientruppen wo möglich noch ermuthigtern , ihres Sieges ſich gewiß wähnen den und durch die Anführung ihrer Geiſtlichen enthuſiasmirten Katalonier gegen die auf der weſtlichen Seite gelegene , von fåchſiſchen Truppentheilen vertheidigte Brücke. Ulein auch dieſe ſo zuverſichtlich vorrůckenden Haufen wurden durch ein
heftiges und wirkſames Feuer ſo nachdrücklich empfangen , daß ſie bald auseinanderſtoben. Durch dieſe beiden gleich anfangs erlittenen Unfälle fchienen die Feinde etwas an ihrer Zuverſicht verloren zu haben . Zwar unternahmen ſie , vorzüglich ihre Linientruppen , noch mehrmalige Angriffe auf die naſſauiſchen 1
Verſchanzungen , ſcheiterten aber jedesmal an dem ihnen entge
gengeſekten beſonnenen Widerſtande und an der geſchickten Be nukung des bekannten durchſchnittenen Terrains . So hatte das lebhafte Gefecht unter beiderſeitigem Verluſte faſt auf al len Theilen der Stadt , beſonders aber auf der Oſt- und Weſt
feite,1 bis Abends 7 Uhr angehalten , als auch die , aus einer Abtheilung des Schweizerregiments Kaiſer mit beſtehende Uvant
garde der vom Monſerrat anrückenden ſpaniſchen Diviſion Campoverde auf jener Seite eintraf. Da nun der Feind we nigſtens 10,000 Mann , worunter die Hälfte Linienmilitair ,
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vor Manreſa verſammelt hatte , lo fab ſich General Schwarz,
hauptſächlich zur möglichſten Munitionserſparniß, genothigt, ſeine Truppen von den außerhalb befekten Punkten zurückzuziehen. Doch behauptete der Kapitain Hopfensberger *) vom naſſauiſchen
Regimente mit ſeiner Abtheilung die von ihm eingenommenen Stellungen mit rühmlicher Standhaftigkeit gegen die ihm weit überlegenen feindlichen Linientruppen noch bis zum Eintritte der
Dámmerung , Abends 8 Uhr. Dieſer Offizier bewerkſtelligte hierauf glüdlich ſeinen anbefohlnen Rückzug, obgleich der zahl: reiche Feind ihm bis an die Stadt nachfolgte, eine Abtheilung des Dragonerregiments Numancia die ſeinige erreichte, und ein Dragoner ihm ſelbſt ſeine Kopfbedeckung herabhieb. Dem General Schwarz blieb nun , ungeachtet aller Hins gebung und alles Muthes ſeiner bereits durch bedeutende Ver
lufte geſchwächten Truppen, keine andere Wahl, als das große Wagniß : ſich , um einer demüthigenden Kapitulation zu ent: gehen , durch ſeine übermächtigen , mit allen Bedürfniſſen wohl verſehenen Gegner und durch das ſo ſchwierige Terrain nach dem achtzehn Stunden entfernten Barcelona durchzuſchlagen ; denn jeder Soldat hatte nur noch ungefähr 30 Stüd Patro :
nen , und die Lebensmittel reichten , mit Ausnahme des Weins, auch nur noch auf kurze Zeit hin , während die Anzahl der Ver: wundeten 1, ſowie die Sorge für deren Unterhalt und Pflege, fich tåglich mehrte. Zur Sicherung des anzutretenden Rückzugs ließ man daher ſogleich durch die Sappeurs des geſammten Detaſche
ments die Cardonerbrücke ungangbar machen und die Thore
verrammeln. Desgleichen wurden die Strånge der Glocken abges ſchnitten ,. um ſo das zu befürchtende Sturmlåuten ( somaten) der Einwohner nach erfolgtem Abmarſch aus der Stadt zu ver: hindern. Gleichzeitig mußten auch alle Fuhrwerke , wenn ſie nicht in feindliche Hände fallen ſollten , vernichtet werden , ina *) Dieſer Offizier gchorte dem Kontingente des Fúrften von Gohen: zollern - Sigmaringen an , welches als ein Beſtandtheil zum 1 . naſſauiſchen Infanterieregimente geſtoßen war.
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dem die noch einzige ſcheinbar mögliche Rückzugslinie nach Bar: celona über die Brücke Vilamara des Llobregat durch die un:
-
.' * :*
will
wegſamen Gebirge des Col David nach Barata und Sabadell führte, während die gerade und am Monſerrat vorüber nach
Esparaguera führende , von dem übermächtigen Feinde völlig verſperrt war.
Das Bekümmerndſte und Schmerzlichſte dabei war die uns vermeidliche Nothwendigkeit, in Manreſa 300 Verwundete ihrem Schickſal und der nur zu ſehr zu befürchtenden Wuth der eindrin :
genden rachegierigen Volkshaufen, hauptſächlich der aufs Höchſte erbitterten Einwohner dieſer Stadt, überlaſſen zu müſſen. Alles
was für ſie gethan werden konnte , beſtand darin, ſie dem Schuß einiger dort zurückgebliebener Geiſtlichen , die ſich mit der lobenswertheſten Hingebung bisher ihrer Pflege unterzogen
hatten , und nächſtdem der årztlichen Hülfe mehrerer zurück: zulaſſenden Chirurgen anzuvertrauen. Nachdem nun alle Poſten eingezogen und die Wachfeuer, zu möglichſter Verbergung des Abzugs , ſorgfåltig noch unter: halten worden waren , trat General Schwarz um 11 Uhr
Nachts im Angeſicht der ganz nahen und zahlreichen feindlichen Bivouakfeuer, von Dunkelheit begünſtigt, in tiefſter Stille den
Rúdzug zu dem , Barcelona gerade entgegengeſeßten Thore hinaus an , um ſo durch einen Rechtsflankenmarſch die feind lichen Stellungen vor Manreſa in einem Bogen zu umgehen. An der Spiße der Kolonne marſchirte das Regiment Naſſau, welchem das fächſiſche Bataillon und von dieſem die weimari: ſchen -hildburghåuſiſchen Kompagnien zulekt folgten, indeſſen die Arriergarde des Ganzen der Lieutenant von Seebach mit 40 Mann weimariſcher Fúſiliere bildete. Als Wegweiſer diente ein in Manreſa anſäſſiger Franzoſe, welchem Weib und Kinder folgten und der während der Beſeßung dieſer Stadt von dem General Schwarz als Spion gebraucht worden war. Da der
einzuſchlagende rauhe Gebirgsweg nur den Flankenmarſch ge ſtattete, ſo nahm der Zug der Kolonne eine ziemliche Ausden:
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nung ein. Dieſe verlångerte ſich überdieß bedeutend , da bei
der Dunkelheit der Nacht die Rotten nicht immer gehörig auf ſchloſſen ; mithin verging eine geraume Zeit , bevor die Arrier garde aus Manreſa nachfolgen konnte.
Kaum hatte der Rückzug in der den Truppen völlig unbekannten Gegend , bei der durch die Nacht erzeugten Un ficherheit und bei der Gefahr , jeden Augenblick auf den Feind
zu ſtoßen , gegen eine halbe Stunde von der Stadt gedauert, als ein zur Rechten befindliches ſpaniſches Piquet Feuer gab,
dadurch ungefähr fünf Mann tódtete oder verwundete, jedoch augenblicklich entfloh. Bei dieſem Ereigniß erwachte wieder lebhaft das ſchreckliche Gefühl, daß alle , welche wegen Ver: wundung ober aus irgend einem andern Grunde der Kolonne
nicht würden folgen können, hier hůlflos liegen bleiben und der ausgeſonnenen Grauſamkeit dieſer Blutgierigen Volkshaufen über: laſſen werden mußten. Der Marſch wurde nun ungeſtört bis zu
einem Gehölze fortgeſeßt, wo aber der Feind aus einem Ver: ſteck das Feuer eröffnete. Hierauf gelangte man bis zu der nach dem Col David über den Llobregat führenden Brücke Bi lamara , welche auch nach ſchneller Ueberwåltigung des fie bes fekt haltenden ſpaniſchen Poſtens genommen wurde , während der im nahen Gehölz verſteckte Feind mit ununterbrochenem
Feuer die Brücke beſtrich und eine Anzahl Soldaten verwundete. Nachdem die ausgedehnte Kolonne , jenſeits des Fluſſes fich rechts wendend , eine kurze Zeit lang einen ſchmalen Ge birgsweg verfolgt hatte , hielt ſie, als ihre Queue noch nahe der Brücke war , auf einmal an , weil der Führer den rechten über 1
St. Saime nach dem Col David führenden Weg verfehlt zu
haben, erkannte. Dieſer Irrthum, verbunden mit anderm Miß geſchicke, das feiner Erheblichkeit wegen weiter unten ausführ: licher erzählt werden ſoll, wurde, wie die Folge zeigt, die Ver: anlaſſung zur Vernichtung eines großen Theils des Detaſche ments, indeſſen ſein Ueberreft fich nur unter faſt unglaublichen
Anſtrengungen durch ſeine ſo übermächtigen und durch das Terrain ſo ſehr bevorzugten Feinde nach Barcelona durchzuſchla
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gen vermochte. Ohnehin mußte jede Verzögerung des Rückzugs höchſt verderblich ſeyn , weil jeder Augenblick die Gefahr , von den aus Manreſa nacheilenden Linientruppen eingeholt zu wer: den, vermehrte. Alsbald wendete nun die Tête der Kolonne fich links, wah
rend dem Befehle zufolge, ihre an der Brücke noch befindlichen hinterſten Kompagnien Halt machten , um dem vorübermar ſchirenden rechten Flügel ihrer Reihe nach wieder zu folgen.
Bei Ausführung dieſer Anordnung gerieth eine ungefähr 200 Mann ſtarke Abtheilung des naſſauiſchen Regiments wegen der Dunkelheit der Nacht und bei dem ſo ſchwierigen Terrain , un ter den weimariſchen Truppentheil. Da aber hierauf der Ge neral Schwarz, um ſich zu überzeugen, ob alles ſeine gehörige ordre de bataille habe, das Ganze an ſich vorbeimarſchiren ließ und dieſen Fehler wahrnahm , ſo ertheilte er alsbald
dem mit dem hildburghåuſiſchen Kontingente an der Tète der weimariſchen Kompagnien marſchirenden lieutenant von Koppenfels den Befehl , zu halten , um dieſe naſſauiſche Ab theilung zum Wiederanſchließen an ihr Regiment vorbeimar ſchiren zu laſſen. Hierbei ließ aber der General ganz außer Ucht, auch dieſer naſſauiſchen Abtheilung ſelbſt ſeinen Befehl mitzutheilen. Nachdem nun die beiden Truppentheile , dieſes ,
Verſehens wegen eine Zeitlang angehalten hatten , indem der
hildburghåuſiſche Offizier das Vorübermarſchiren der naſſauiſchen
Abtheilung erwartete , das aber von dieſer unterblieb , da ihr kein Befehl darüber zugekommen, und ein eigenmächtiges Heraus brechen aus ihrer jekt eingenommenen Linie bei dem beengten Terrain und der herrſchenden Nacht nur neue Unregelmäßig keiten in das Ganze gebracht haben würde , bemerkten ſie dieſes
Mißverſtåndniß nur zu ſpåt dadurch, daß ſie von dem übrigen Detaſchement, mit welchem General Schwarz ſeinen Weiter: marſch indeſſen fortgeſetzt hatte , und von dem gleichfalls der Major Knauth mit den gothaiſchen und koburgiſchen Kom pagnien nebſt etwa 60 Mann von den weimariſchen unter dem Lieutenant von Goldacker anfangs abgekommen, zu dem er jea
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doch einige Zeit hierauf ohne Verluſt wieder geſtoßen war , fich gånzlich abgeſchnitten ſahen. Dieſer fich völlig allein überlaſſene, blos ungefähr 450 Mann ſtarke, naſſauiſche,, weimariſche und hildburghåuſiſche Truppentheil , über welchen der Hauptmann Marquard vom Re:
giment Naſſau, als ålteſter Offizier, das Kommando übernahm , verfolgte nun anfangs ungefähr eine Viertelſtunde weit den von der Hauptkolonne eingeſchlagenen Marſch , bis er auf ein mal an einen Vereinigungspunkt von drei Wegen ſtieß , und nun nicht wußte, welcher der rechte ſey. In dieſer, durch die gånzliche Unkunde der Marſchdirektion und durch die Unkenntniß der Sprache noch verzweifelteren Lage , wobei jeder Verzug die Zahl der ringsum befindlichen Feinde vermehrte und die nachrückenden ſpaniſchen Linientruppen
immer nåber heranführte, konnte man nichts anderes vor Au gen haben, als den gånzlichen Untergang dieſer Abtheilung, die ohnedieß mit unzureichender Munition verſehen war. Indeſſen
wurden ſogleich drei von Offizieren geführte Patrouillen auf eine halbe Stunde Entfernung nach jenen drei verſchiedenen Richtungen abgeſendet, um ſo, wo möglich, den vom General Schwarz eingeſchlagenen Weg zu entdecken, während der übrige Truppentheil auf einer nahe gelegenen , von Holz umgebenen Anhöhe Stellung nahm und der Mannſchaft das tiefſte Stills ſchweigen anbefohlen wurde. Nachdem nach långerem Ver weilen die ausgeſendeten Offiziere wieder zurückkehrten, von des 1
nen der naſſauiſche Lieutenant Kathreiner, bei Anwendung der
möglichſten Auskundſchaftsmittel, durch den ſcheinbar gering fügigen Umſtand der Luffindung von friſchgefallenen Pferde åpfeln den vom General Schwarz verfolgten Weg entdeckt zu ha ben glaubte, wurde nun dieſer augenblicklich, als eben die Mor gendåmmerung am 5. eintrat, aufs Gerathewohl eingeſchlagen. Nach einer kurzen Strecke betrat dieſe Abtheilung , deren Avantgarde der weimariſche Kapitain von Germar mit ſeiner
Kompagnie und die Arriergarde der Lieutenant von Seebach mit einer weimariſchen Abtheilung befehligte, einen ſchmalen
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beſchwerlichen , von beiden Seiten von hohen ſchroffen Gea birgen eingeengten Fußpfad, welcher nur Mann vor Mann zu marſchiren geſtattete, wodurch der Zug eine bedeutende Aus dehnung erhielt. Ungeſtört war ſo der Marſch bis in die Höhe von Valloneſta fortgeſeật worden , als auf einmal der Anruf : Quien viva ? ( Wer da ? ) eines feindlichen , bei einem auf dem Gipfel des Berges gelegenen Gehöfte aufgeſtellten Piquets er folgte. Obgleich ſolcher mit dem Zuruf España (Spanien) beantwortet wurde , ſo erkannte doch der Feind dieſe Kriegsliſt ſogleich und gab auf die in der Liefe Marſchirenden Feuer,
wodurch er einen Mann ſchwer verwundete, der ihm überlaſſen werden mußte. Augenblicklich erfolgten noch vom jenſeitigen Gebirge mehrere Gewehrſchüſſe, worauf nun auch aus einer nahen Kapelle das Sturmläuten erſcholl, welches , gleichfalls bald von den Glocken der ganzen Umgegend ertónend, alle Bez I
wohner zu den Waffen rief, welche denn auch mit der ihnen
eigenthümlichen Schnelligkeit und Begeiſterung zur Vertheidi gung ihres heimatlichen Bodens ringsum alle Höhen und feſten Stellungen ſofort beſekten und den in den Engpåſſen vor rúkenden Truppentheil lebhaft zu beſchießen begannen.
Es ward indeß unaufhaltſam vorwärtsgedrungen , obgleich 1
mit Zunahme des Tages die Zahl der Guerillashaufen , welche die Gebirge krönten und die alle Schluchten und Felſen be ſekten ,I ſich allenthalben ſichtbar mehrten . Raſch mußten
daher die Engwege unter dem heftigſten Feuer der meiſt unangreifbar poſtirten Feinde durcheilt und hierauf die vorlie genden Höhen erſtürmt und die Katalonier hinabgeworfen wer:
den , indem man auch die Truppen des Generals Canpoverde jeden Augenblick im Rüden andringen zu ſehen , erwartete. Alle vorwärts liegende Gebirgskämme , durch welche der berg auf und bergab gehende Weg führte., waren ſtets zu beiden Seiten entlang vom Feinde befekt, welcher den ſo ausgedehnten Truppentheil in der Fronte , in den Flanken und im Rücken ſeiner ganzen Långe nach zugleich beſchoß. Bei der eintreten: den brennenden Tageshiße wurden die Höhen nur mit vielen
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Anſtrengungen genommen , während Guerillas- Schwarme zu beiden Seiten unaufhörlich folgten und durch ihr unausgeſetz tes Feuer Tod und Verderben in unſere Reihen brachten. Hierbei verurſachten nun auch oft Todte und ſchwer Ver:
wundete, welche den ſchmalen Fußſteig verſperrten und erſt auf die Seite geſchafft werden mußten , Aufenthalt, Trennung und Wiederaufſchließen , endlich Ermattung der Truppen. Uuch war es ſchrecklich , daß man nicht einmal die geringſte Zeit hatte, den Bleſſirten årztliche Hülfe leiſten zu können, und daß alle dieſe, welche, nebſt den Kraftloſen , nicht zu folgen im Stande waren, aus Mangel an jedem Transportmittel, der fa natiſchen Wuth und Grauſamkeit der Katalonier überlaſſen
Da dieſe Unglücklichen den raubfůchtigen Haufen zur beſondern Zielſcheibe dienten , ſo wurden ſie zu : gleich für ihre Kameraden die Ableiter einer heftigeren Ber : folgung, indem über jeden Einzelnen derſelben eine Anzahl dies ſer Beute- und Mord- Luſtigen herfiel. Mit Abſcheu muß hierbei werden mußten .
der Gedanke erfüllen , daß dieſe entmenſchten Banden ſich gegen
die, welche lebend oder todt in ihre Hände fielen , nur zu oft und zwar ſelbſt, noch ehe ſie ihnen den Todesſtoß gaben , Schandtha ten erlaubten . Wer dieſes Land und dieſe Kriegführung nicht mit
eigenen Augen geſehen hat, kann ſich unmöglich von allen dies ſen den Truppen unaufhörlich entgegenſtehenden Hinderniſſen, Gefahren und Gråueln eine gehörige Vorſtellung machen. Denn abgeſehen von der Dertlichkeitskenntniß, verſchaffen auch Uebung und Kleidung dieſen Gebirgsbewohnern eine bedeutende Ueber legenheit über regelmåßige Truppen. Mit faſt unglaublicher Schnelligkeit und Leichtigkeit erſteigen ſie die ſchroffſten Berge,
ſuchen allenthalben ihren Gegnern zuvorzukommen , durch ihr nach allen Seiten hin gerichtetes Feuer Unordnung in deren Reihen zu bringen , und ſie unausgefekt in Athem zu erhal ten, während der mit Sack und Pack beladene, in ſeine Mona
tirungsſtücke eingeengte Soldat ſchon mit deren Laſt und der Hiße zu kämpfen hat.
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Obgleich nun unter ſolchen Verluſten ſich die Zahl der ohnedieß ſchwachen Abtheilung eben ſo ſichtlich minderte , als die unter dem im Umkreiſe unaufhörlich ertónenden Glockenſchall
von allen Seiten herbeiſtrómenden Feinde ſich auf allen Ge birgen zahlreich mehrten und , unter Benugung aller fich ihnen
darbietenden Terrainvortheile zur Hemmung des Rückzugs und zur völligen Vernichtung der kleinen Schaar, ihr kühn entgegen traten , ſo blieben doch alle ihre Anſtrengungen ſtets fruchtlos, indem ſie unter verzweifeltem Kampfe von allen vorwärts ge legenen Stellungen herabgeworfen wurden , indeſſen die , eben: falls heftig bedrängte Arriergarde die Schritte der unaufhaltſam ganz nahe folgenden Feinde zu hemmen ſuchte. So ward der bisher noch immer ungewiſſe Marſch bis in die Engpåſſe des
Cor David fortgefeßt. Hier gab auf einmal ein unbedeutender Umſtand einen Schimmer von Hoffnung, daß die Abtheilung dem Wege des Generals Schwarz wirklich folge, indem man in der Nähe des Gebirgswegs auf ein zur Kolonne deſſelben
gehörendes zurückgebliebenes lahmes Maulthier ſtieß. Nachdem dieſe Truppenabtheilung , ſich allein überlaſſen , ungefähr vier Stunden lang ohne nur einen Augenblick Ruhe, unter faſt unglaublicher Ausdauer und mit Aufopferung der Hålfte der Mannſchaft ſich bis hieher durchgeſchlagen hatte , er ſchien plößlich in ihrem Rücken ein Theil der verfolgenden Diviſion Campoverde , deren Uvantgarde eine Abtheilung des ſpaniſchen Schweizerregiment Kaiſer bildete . Noch zwölf Stunden Wegs hatten wir bis Barcelona zurückzulegen ,I alſo keine andere Aus ficht, als von der Maſſe der Feinde vóllig erdrückt und vernichtet zu werden ; doch belebte uns plóklich eine neue Hoffnung , als
wir auf einer hohen Gebirgskante , in der Nähe einer Kapelle, die mit aufgepflanzten Fahnen uns erwartende Kolonne unter General Schwarz und näher heran die aus einer gothaiſchen
Kompagnie unter Kapitain von Geyer und aus 60 Mann von Weimar unter Lieutenant von Goldacker beſtehenden vorge
ſchobenen Poſten erblickten .
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Obgleich dieſe lektern ſich mit aller Entſchloſſenheit dem verfolgenden Feinde entgegenſtellten und durch ihr wirkſames Feuer ſein weiteres Andringen im Rüden hinderten , ſo ſah ſich doch das nun wieder vereinte Detaſchement auf ein mal durch die zahlreichen feindlichen Seitenplånkler ſo hef:
tig beſchoſſen , daß der General Schwarz ſowohl dadurch, als auch durch die Gewißheit von der in ſeinem Rücken er: folgten Ankunft der Diviſion Campoverde fich veranlaßt fand, ſeinen weitern Rückzug ungeſäumt fortzuſehen , ohne auch nur der eben zu ihm geſtoßenen auf das Höchſte entkräfteten und nur noch mit wenigem Schießbedarf verſehenen Abtheilung einige Ruhe zu gönnen, oder ſie, als bisherige Arriergarde des Gan:
zen, durch einen Theil ſeiner bis jetzt noch nicht im Gefechte gewe ſenen Mannſchaft abzulöſen. Bei dieſem unverhofften ſchleu nigen Aufbruche kam vorzüglich ein Theil der auf einem hohen ſteilen Felſen poſtirten gothaiſchen Kompagnie von Geier in große Gefahr, indem er , um den nun wieder mit aller Macht
vordringenden Feinden nicht in die Hände zu fallen , ſich ſchleu nigſt von der Höhe herabſtürzen mußte , und dadurch 7 Mann theils todt theils mit zerſchmetterten Gliedern verlor.
Unter gleichen Anſtrengungen und unter dem heftigſten Feuer der von allen Seiten oft nur bis auf ungefähr zehen Schritte Entfernung verfolgenden Feinde , wurde der Rückzug auf rauhen Gebirgswegen , wo ſelbſt die berittenen Offiziere
oft abzuſißen genöthigt waren , und wo bergan bergab meiſt Felſen an Felſen ſich reiheten und alle gleich Bollwerken aus: und einſpringenden Felskuppen von den Feinden befekt und
von ihnen, wie immer, wenn ſie gedeckt ſtanden, hartnäckig und tapfer vertheidigt wurden, unter immer ſich mehrendem Berluſte über Barata, in deſſen Umgegend die Kolonne während des Durch marſches eines langen Engpaſſes durch das heftige feindliche Bes ſchießen deſſelben viele Leute verlor, gegen Tarraſa fortgeſett. Da mittlerweile die Kolonne , beſonders aber das die
Urriergarde bildende fåchſiſche Bataillon, deſſen Queue mit dem Feinde oft Mann gegen Mann kampfte, auch nach und nach
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eine Anzahl Leute verlor , die , bei dem unausgefekten Gefechte durch den brennendſten Durſt geplagt , vor Kraftloſigkeit um: fielen, ſo ließ General Schwarz, auf die deßhalb dringende Mel dung des Majors Knauth , welcher Offizier an dieſem Tage durch eine hohe Kaltblütigkeit und allenthalben , wo es galt,
durch ſeine entſchloſſene Gegenwart ſich auszeichnete, um ſeinen erſchöpften Truppen wenigſtens einige Ruhe zu gönnen , hinter einem hart am ſchmalen Wege gelegenen Hauſe, zu deſſen Rech
ten eine Kapelle ſich befand, anhalten und das Gebåude ſchnell durch 2 Offiziere nebſt ungefähr 40 Mann vom weimariſchen Truppentheile beſeßen , um aus ſelbigem die enge Paſſage zu beſchießen .
Doch kurz darauf trat der General Schwarz , durch das
heftige Feuer der Feinde genöthigt , ſeinen weitern Rückzug und zwar ſo plößlich an , daß dadurch die kleine Befagung des Hauſes , als ſie eben ihr Feuer begonnen hatte, fich völlig preisgegeben ſah. Nur mit vieler Mühe gelang es der in den unterſten Räumen poſtirten großern Hälfte nebſt dem Lieu : tenant von Altrock durch einen hintern Uusgang noch zu ents kommen , während der das obere Stockwerk beſegt haltende of fizier *) nebſt dem ſchwachen Ueberreſte von ungefähr 15 Mann ſich in wenigen Augenblicken von mindeſtens 100 Mann Mi .
quelets vom Bataillon Manreſa und einer bedeutenden Anzahl
Guerillas völlig umringt fah. Ein großer Theil der erſtern drang mit halber Zugsfront und gefåütem Bajonette durch den offenen thorbreiten Eingang der Hausflur ein ; in dem Augen blicke machte jener ſchwache Truppentheil den Verſuch, ſich durch zuſchlagen , wurde aber gefangen genommen , nachdem wohl fünf Mann deſſelben theils getódtet, theils bleſſirt worden ware
Unter den legtern befand ſich der Offizier , der durch einen Ba jonettſtich unter die Bruſt eine leichte Wunde erhalten hatte. Der Grund zu dem ſchnellen Aufbruch und zu der unun
terbrochenen Fortſegung des beſchleunigten Rückzugs von Sei *) Verfaſſer dieſes Werkes. 27
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ten des General Schwarz dürfte wohl in der großen Beſorg niß gelegen haben , welche Gefahr ihm drobe, wenn die Ka
vallerie der Diviſion Campoverde früher, als er, die eine halbe Stunde von Sabadell über den Riuſechfluß führende Brücke
erreiche und ihn ſo völlig von Barcelona abzuſchneiden verſuche, wie dies auch die Folge zeigte. So ſchlug fich nun ferner das unausgeſekt umringte Des taſchement unter gleichen ungeheuern Anſtrengungen durch ſeine ſo übermächtigen Feinde und erreichte nach einem , bei der druckend: ften Sonnenhiße durch unwegſame Gebirge ſiebzehn Stunden dau: ernden Marſch und nach langem heißen Kampfe unter völliger Er:
ſchöpfung, da den Truppen nicht einmal ein Trunk Waſſer zu Sheil worden war , und mit bedeutendem Verluſte am 5. April Nachmittags 4 Uhr die Ebene von Sabadell , wo es nahe der ungefähr eine halbe Stunde von dieſer Stadt über den Riuſech
führenden Brücke ruhte , um gleichzeitig die mühſam nach gefolgten Verwundeten verbinden und zu deren Transport
die nöthigen Wagen beitreiben zu laſſen . Doch da nach kurzer Ruhe das Dragonerregiment Numancia von der Diviſion Cam poverde zur Abſchneidung des Uebergangs úber dieſe Brücke her : beigeeilt kam, ſo zog ſich General Schwarz ſogleich hinüber und zwar auf eine mit Holz beſtandene Anhdhe , wo er geſichert war. Nachdem hier noch eine Abtheilung Naſſauer dem Feind entgegengeſtellt worden war , die dabei ihren Führer verlor, regte nach långerm Verweilen die Kolonne , deren Verwundete in Sabadell faſt ſåmmtlich dem Feinde überlaſſen werden muß ten , den beſchwerlichen Weg auf den Höhen und durch den
Engpaß des Col de Moncada , doch wenig beunruhigt, noch bis S. Andreu , eine Stunde von Barcelona, fort , wo ſie am 1
Abend gegen acht Uhr, nach einem unter faſt unglaublicher Uus dauer zurückgelegten einundzwanzigſtündigen Marſche , bei den vorgeſchobenen italieniſchen Vorpoſten eintraf. Am andern Tage , dem 6. , růcten die Ueberreſte des De:
taſchements , welches bereits vom Marſchall Augereau für vól lig verloren gehalten worden war , zu ſeiner großen Ueberra .
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ſchung in Barcelona ein, und der herzoglich fåchfiſche Truppen: theil ſtieß nun wieder zu den indeſſen , wie früher bemerkt, un ter dem Oberſten von Egloffſtein hier zurückgebliebenen 2 Kom pagnien von Gotha und Meiningen , wonach die geſammte Stårke des Regiments noch etwas über 500 Mann betrug. Doch hatte daſſelbe bei der Erpedition von Manreſa bedeutend verloren , indem der Totalverluſt des über 600 Mann ſtark dorthin
marſchirten herzoglich fåchfiſchen Bataillons in wenigſtens 361 Mann Todten , Verwundeten und Gefangenen beſtand , unter
denen 12 Offiziere, und davon 8 bleſſirt waren.
Bei den
verſchiedenen Kontingenten ergab ſich folgender Verluſt : Von Gotha : die Kapitains von Geier und Meiſter, die
Lieutenants Merkel und Wunder verwundet , ſowie 125 Mann getödtet , bleſſirt und gefangen . Von Koburg : Lieutenant von Schauroth verwundet , fo wie ungefähr 30 Mann Todte , Verwundete und Gefangene. Von Weimar : Kapitain von Boyneburgk , die Lieutenants von Boyneburgk, von Craven (verwundet), von Seebach (ver
wundet) , von Steuben (verwundet) und von Schauroth fåmmt: lich gefangen , ſowie 170 Mann Getódtete , Bleſſirte und Ges fangene, ſo daß von der 3. Kompagnie dieſes Truppentheils nur noch 1 Mann übrig geblieben war.
Von Hildburghauſen : Lieutenant von Koppenfels gefangen, ſowie ungefähr 25 Mann Todte , Verwundete und Gefangene. Uußerdem befanden ſich noch unter den mit Major Knauth
nach Barcelona zurückgekehrten Bataillonstrümmern allein 37
Verwundete, während die übrige bedeutende Anzahl derſelben in Manreſa oder auf dem Rückzuge und in Sabadell in feindliche Hånde gefallen war. Desgleichen betrug der große Verluſt des früher 1,600 Mann ſtarken herzoglich naſſauiſchen Regiments an Todten , Verwundeten und Gefangenen angeblich 17 Offiziere und 589 Mann , von welchen die Kapitains Marquard und Hopfensber: ger , ſowie die Lieutenants Kathreiner und von Müllmann in
Gefangenſchaft gerathen waren ; außerdem hatte daſſelbe auch 27 *
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den größten Theil ſeiner auf Maulthieren mit fich geführten Kriegskaſſe eingebüßt. Nåchſtdem war General Schwarz felbſt durch zwei Kus geln leicht verwundet und ihm ein Pferd unterm Leibe getödtet worden.
Wie übrigens Alles ohne Ausnahme auf dieſem eben ſo unheilvollen als blutigen Rückzuge dem heftigen feindlichen Feuer ausgeſellt war , zeigt der Umſtand , daß die Frau und
ein Kind des , dem Detaſchement von Manreſa aus dienenden Wegweiſers erſchoſſen und außerdem noch 4 Marketenderinnen verwundet wurden .
Der Marſchall Augereau bezeigte bereits am 6. den beiden naſſauiſchen und fåchfiſchen Truppentheilen , welche bei dieſer Erpedition in ehrenvollem Wetteifer die Gefahren und Múben derſelben getheilt hatten , durch einen an die Armee von Stata :
lonien erlaſſenen Tagesbefehl ſeine vollkommenſte Anerkennung.* )
*)
Barcelone le 6. April 1810 . Armée de Catalogne. Ordre du jour. Son Excellence Monseigneur le Maréchal de l’Empire, com mandant en Chef l'armée , charge Msr. le Général de Division
Rouyer de témoigner à Msr. le Général Schwarz et aux of ficiers supérieurs de sa Brigade allemande , détachée à Man rèse , composée du Régiment de Nassau et du Bataillon de
Saxe , toute sa satisfaction particulière pour la brillante con duite que ces troupes ont tenue dans les divers combats qu'elles ont eu à soutenir contre des forces supérieures. Msr. le Général Schwarz a parfaitement rempli les intentions de Monseigneur le Maréchal dans la mission dont il était chargé. Cet officier général fera connoître à son Excellence les offi
ciers et soldats qui se sont particulièrement distingués. Par ordre de S. E. M. S. le Maréchal d’Empire, le Géné signé Rey . ral Chef de l'Etat Major Général Barcelona den 6. April 1810. Iage sbefehl.
Armee von Katalonien.
Seine Ercellenz der Herr Reichsmarſchall, Oberbefehlshaber der Armee, beauftragt den Herrn Diviſionsgeneral Rouner , dem berrn
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Dieſer Aufforderung des Marſchalls zufolge ſchlug Gene: ral Schwarz eine Anzahl Individuen des naſſauiſchen Regi ments und des ſächſiſchen Bataillons zur Verleihung des Ordens der Ehrenlegion vor, und zwar mit dem in ſeinem deshalb an den Diviſionsgeneral Rouyer gerichteten Rapport unter andern wörtlich alſo lautenden Bemerken : „ Si j'avais pu citer tous ceux , qui se sont distingués , tont le corps des officiers
l'aurait mérité 66" (wenn ich alle diejenigen , welche ſich ausge zeichnet haben , hätte anführen dürfen , ſo würde das ganze Offizierkorps es verdient haben). Als Beweis, wie ſehr auch
Kaiſer Napoleon, nach Kenntnißnahme alles deſſen, mit dem Ver halten dieſer Truppentheile zufrieden war , diene die Bemer: kung, daß er jeden bei der Erpedition nach Manreſa dem Tode
oder der Gefangenſchaft entgangenen naſſauiſchen uns ſächſiſchen Offizier *) befördert, oder dekorirt wiſſen wollte, wozu deren Souveraine vorſchlagen ſollten. Jedoch wurde dieſem Bers
General Schwarz und den Offizieren ſeiner nach Manreſa deta ſchirten deutſchen Brigade , zuſammengefeßt aus dem Regiment Naſſau und dem Bataillon Sachſen , ſeine vollkommenſte Zufrie denheit über das glänzende Benehmen , welches dieſe Truppen
in den verſchiedenen Gefechten gegen überlegene Streitkråfte an den Tag gelegt haben , zu erkennen zu geben.
Der Herr Genes
ral Schwarz hat bei dieſer ſeiner Sendung die Abſichten des Herrn Marſchaus vollkommen erfüüt.
Dieſer General wird
Seine Ercellenz, die Offiziere und Soldaten , welche ſich beſonders ausgezeichnet haben , namhaft machen . Auf Befehl Sr. Excellenz des Herrn Reichsmarſchall,I der Ge: Rey. neral und Chef des Generalftabs unterzeichnet *) Die Offiziere des nach Manreſa detaſthirten herzoglich fáchfiſchen Bataillons waren folgende :
Von den Kontingenten : Gotha : Major Knauth.
Kapitains : Geier von Geiersberg , Wagner und Meiſter. Premierlieutenant : Merkel.
Sekondlieutenants : Kråkſchmar , Müller und Wunder.
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langen , was die Herzoge von Sachſen betrifft, blos koburgi ſcher Seits entſprochen.
Der Herzog von Naſſau zeichnete die Mannſchaft ſeines braven Regiments burch 28 goldene und ſilberne Tapferkeits medaillen aus.
Indeſſen war glücklicherweiſe die in Manreſa zurůdgelaſ ſene bedeutende Anzahl naſſauiſcher und ſåchfiſcher Verwunde: ten , welche man beſonders dem Schuße mehrerer Kloſtergeiſt lichen anvertraut hatte, durch die große edle Feſtigkeit derſelben, in
dem ſie ſich nämlich der in das Hospital eindringenden wüthenden und mordluſtigen Volksmaſſe mit Schwert und Kruzifir in der Hand und mit dem ganzen Unſehen ihrer prieſterlichen Würde und der Heiligkeit der Religion kühn entgegenſtellten , von der Ermordung gerettet worden. Die übrigen am 5. April auf dem Rückzuge von Manreſa von dem Feinde gemachten, in ein einſames im Walde gelegenes Gehöfte gebrachten ſáchfiſchen und naſſauiſchen Gefangenen , ſollten hier am Nachmittage dieſes
Tages , und zwar die Offiziere derſelben erſchoſſen und die in einem Stall eingeſperrten Soldaten barin verbrannt werden , da die tobende und auf das Höchſte ergrimmte bewaffnete Volks maſſe ſie, wegen der vom General Schwarz im Drange der Umſtånde befohlenen Verwendung der Orgelpfeifen aus der Man refaer Stiftskirche zu Kugeln, für Kirchenråuber anſah. Hiervon rettete ſie auch nur , obwohl mit vieler Mühe , die über alles
Lob erhabene Entſchloſſenheit und der hochherzige Sinn des Generals Milans , Befehlshaber der bewaffneten kataloniſchen
Volkshaufen und der des Kapitains Molo mit ſeiner braven Abtheilung Schweizer in ſpaniſchen Dienſten. Die Gefangenen Weimar : Kapitains : von Germar und von Boyneburgk. Premierlieutenants : voi Boyneburgk und von Crayen. Sekondlieutenants : von Seebach, von Goldacker, von Steu
ben , von Altrock , von Schauroth und von Schlegel. Koburg : Sekondlieutenant : von Schauroth.
Hildburghauſen : Premierlieutenant: von Koppenfels.
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wurden darauf nach Manreſa ,, wo ſie von Neuem ein Blutbad bedrohte , und von hier nach Urenis de Mar geführt und dort nach Tarragona eingeſchifft, von wo ſie ſpåter über Tortoſa, Balencia, Alicante , Carthagena auf die wüſte Inſel S. Pablo
(nueva Tabarca ) und auf die baleariſchen und pithyuſiſchen In ſeln Majorca , Menorca , Cabrera und Iviza von Kerker zu Kerker, gleich den gemeinſten Verbrechern, transportirt wurden. Die ſchrecklichen Drangſale aller Art vermochten den größten 1
Theil der Soldaten in ſicilianiſche, ſardiniſche und engliſche
Kriegsdienſte zu treten , in welchen ſie aber , gleich den übri gen gefangen Verbliebenen , mit wenigen Ausnahmen ihren Tod fanden , indeſſen die offiziere vier Jahre lang das ſchreckliche Loos dieſer To harten Gefangenſchaft, deren unaus. geſekten Leiden auch einer derſelben unterlag , theilten.
Nach dem am 3. April zwiſchen Esparaguera und Sabas dell vorgefallenen Gefechte, welches, wie ſchon oben angeführt worden , für das mit einem Munitionstransport nach Man reſa beſtimmte Detaſchement ſo unglücklich ausfiel, hatte eine Abtheilung von 60 Mann Freiwilliger unter dem Kapitain
Heidegger * ) und Lieutenant Blaſer **) vom 2. franzöſi: ſchen Schweizerregiment, geführt von dem franzöſiſchen Oberſt lieutenant Rey , das Wagſtůđ unternommen , in der Nacht vom 4. zum 5. von Barcelona aus nach Manreſa auf der vom
General Schwarz eingeſchlagenen Rückzugslinie ſich durchzu ſchleichen, um dieſem vom Marſchall Augereau die Weiſung zu überbringen , ſich , wenn nur irgend möglich , noch bis zum 6. und 7. in Manreſa zu behaupten, indem am lettern Tage ein ſtårkeres Detaſchement ihn entfeßen ſollte. Da dem Marſchall Augereau an dem Gelingen dieſes
kühnen Unternehmens viel lag , ſo hatte er , für dieſen Fall, den Offizieren ſowie den Soldaten dieſer kleinen Abtheilung, *) Starb vor Jahren als Oberſtlieutenant der königlich franzöſiſchen Schweizergarde.
**) Fand im Jahr 1812 im Feldzuge gegen Rußland ſeinen Tod.
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von welcher der größte Theil der Landesſprache und einige auch des Weges kundig waren , und zwar erſtern den Orden der Ehrenlegion und legtern Gratifikationen , zugeſichert. Von
der Dunkelheit der Nacht begünſtigt, war es ihnen auch ge glückt, unbemerkt bis gegen Tarraſa vorzudringen , wo ſie aber, am Morgen von den Einwohnern entdeckt, ſich ſogleich ange griffen und nach hartnåckiger Gegenwehr, nachdem ſie von bes deutender feindlicher Uebermacht umringt worden , mit einem Verluſte von ungefähr 15 Todten und Verwundeten ſich zu ergeben genothigt waren. Sie ſollten nun jåmmtlich von den Kataloniern erſchoſſen werden , allein der Umſtand , daß fie Schweizer waren , rettete ihnen das Leben ; mit Ausnahme der
Offiziere, wurden ſie jedoch alle den ſpaniſchen Schweizerregimen tern einverleibt. Das Uuffangen dieſer kleinen Abtheilung und die
dadurch erhaltenen Aufklärungen hatten die Katalonier wo mog lich noch aufmerkſamer gemacht, daher auch General Schwarz ſeine Rückzugslinie allenthalben ſtark von ihnen beſeft fand, was feine Verluſte noch vergrößerte.
Indeſſen war dem Marſchau Uugereau doch eine augenz
blickliche Verbindung mit den am Ebro ſtehenden Truppen des General Suchet dadurch herzuſtellen gelungen , daß der vom General Severoli mit 2 Bataillonen Franzoſen und Italienern
nebſt einer Eskadron Jäger zu Pferd am 4. April von Reus aus abgeſendete unternehmende Oberſt Villate , durch den Eng
paß von Argentera über Fontabella und Falſet nach der vier zehn Stunden entfernten ,1 am Ebro gelegenen und vom Ge neral Musnier vom 3. Urmeekorps befekten Stadt Mora vor:
drang und nach den gehörigen Mittheilungen über die Stärke, Stellung und Abſichten beider Urmeekorps am 6. Abends un
ter unbedeutendem Verluſte, obgleich er ſelbſt verwundet wurde, wieder zu Reus eintraf. Hierauf ſuchte General Severoli, .
einem erhaltenen Befehle des Marſchals zufolge, ſogleich bei
Eintritt der Nacht dieſes Tages mit den geſammelten Truppen der Diviſionen in Eilmårſchen Barcelona zu gewinnen , indem 1
wegen des Verluſtes von Villafranca der Núdzug nach dieſer
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Feſtung durch die Diviſionen O'Donell und Campoverde be droht war.
Dort und in der Umgegend traf er auch am 8.
April ein, nachdem die Arriergarde der Diviſion Souham durch den General O'Donell bei Villafranca viele Leute verloren hatte. Am 7. April fanden zu Barcelona, auf Veranlaſſung der
Bekanntmachung einer vom Kaiſer Napoleon erlaſſenen Prokla : mation , nach welcher die Provinz Katalonien mit Frankreich vereinigt wurde, unter dem Kanonendonner aller Werke große Feierlichkeiten, als : Parade der geſammten Garniſon, große mi litairiſche Meſſe in der Kathedrale , Eidesleiſtung der verſchie denen weltlichen und geiſtlichen Behörden und Diener, ſowie Ilu mination der öffentlichen Gebåude, ſtatt. Doch erzeugte dieſe Maaß regel, anſtatt der gehofften Beruhigung, bei der Katalonier feſtem Sinn und glühendem Patriotismus nur noch mehr Erbitterung. Marſchall Lugereau , deſſen Korps während drei Wochen an 3,000 Mann verloren hatte, hegte gerechte Beſorgniſſe, ,
daß die Feſtung Hoſtalrich entſegt und Gerona durch die
ho
ſpaniſchen Diviſionen Campoverde und Rovira ſehr beunru bigt werden könnte , während ein långerer Aufenthalt in Barcelona mit der hier nun verſammelten Armee eine große Perminderung des Mundvorraths für dieſen Platz herbeiführen würde. Dieſe Rückſichten bewogen ihn, die beabſichtigte Vereini gung mit dem Armeekorps von Aragonien und den gemeins ſchaftlichen Offenſiv - Operationsplan aufzugeben . Er trat das
her am 11. April des Morgens, mit Zurücklaſſung des Res &
bei
giments Würzburg und des noch 1,000 Mann ſtarken naſſaui fchen als Garniſonsverſtärkung von Barcelona , mit ungefähr 12,000 Mann , unter welchen die ſchwache, drei Regimenter
zählende Diviſion Rouyer, und mit einer Anzahl dienſtunfähiger Soldaten , einer Menge franzöſiſcher und ſpaniſcher Familien,
ſowie mit einigen mit Geld und Koſtbarkeiten beladenen Wagen ſeinen Marſch bis S. Andreu an und legte dieſen am 12. bis
Granollers , am 13. bis Hoſtalrich und am 14. bis Gerona und deſſen Umgegend fort, wo die ſchwachen Reſte des herzog lich ſáchfiſchen Regiments nebſt andern Truppentheilen auf der
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Straße zwiſchen beiden Feſtungen und eine Stunde von lek terer in einem Walde bas Lager bezogen .
Gegen Vermuthen hatte man während des ganzen , ob
gleich unter vielen Entbehrungen zurückgelegten Marſches, wenig Widerſtand von Seiten der Katalonier und nur die Straße theilweiſe grundlos, vorzüglich aber die von Monmalo bis nach Granollers laufenden Engwege von todten Pferden und Maul
thieren angefüllt und verpeſtet vorgefunden , wobei die Noth in dieſen Gegenden ſo groß war , daß z. B. in Hoſtalrich ein
zweipfündiges Kommisbrod 8 Franks oder gegen 2 Thaler koſtete. Während der Abweſenheit des Marſchaus Lugereau von
Gerona hatten die Guerillas die zur Verbindung mit Frank: reich der Straße entlang aufgeſtellten Poſten unaufhörlich be unruhigt und denſelben Kleine Verluſte beigefügt. Darunter iſt vorzüglich die am 7. April auf der Landſtraße von Gerona nach Figueras in der berüchtigten Gegend zwiſchen dem Kreuze
von Fallinaš und Medina erfolgte Wegnahme einer Unzahl Wagen anzuführen , wobei von der 150 Mann ſtarken Be: deckung 2 Offiziere und gegen 60 Mann getödtet , und 16 Mann gefangen wurden , indeſſen der übrige Theil ſich mit Mühe rettete. Der Marſchau ließ am 18. April den Befehls haber der auf den kleinen Inſeln de las Medas befindlichen
unbedeutenden Werke zur Uebergabe , wiewohl vergebens , auf fordern .
Da das herzoglich fåchſiſche Regiment nach dem ſo großen frühern Verluſte im Feldzuge in Tyrol und nach dem bei der
Erpedition von Manreſa, nur noch ſchwache Trümmer bildeten, wie denn das leichte Bataillon Weimar und Hildburghauſen
nur noch 4 Offiziere und 120 Mann zählte , ſo brach es am 18. aus ſeinem Lager auf und bezog in dem, eine halbe Stunde hinter Gerona an der Straße nach Frankreich gelegenen , von ſeinen Bewohnern verlaſſenen und gånzlich zerſtörten Dorfe Pontemajor Kantonnements, um hier ſeine der ſpaniſchen Grenze .
fich nahenden Erfagmannſchaften abzuwarten .
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Doch wie dort des Feindes Hand die Reihen des Regi ments gelichtet hatte, eben ſo unterlag es nun hier dem gleichen Geſchicke mit den frühern und ſeinen gleichzeitigen Waffenge fåhrten der verſchiedenen Nationen , indem faſt die Geſammt:
zahl deſſelben durch verheerende Seuchen aufgerieben wurde. Natürliche Urſachen derſelben waren : die unaufhörlichen An: ſtrengungen , die nothdürftige Verpflegung bei oft verdorbenen Nahrungsmitteln, Mangel an geſundem Trinkwaſſer, die bren: nendſte Hike , verpeſtete Quartiere, die Ungewohnheit des Kli
mas , aber vorzüglich die im September und im Oktober hier wüthenden endemiſchen Fieber. General O'Donell gab nun wegen der vom Marſchalt Uugereau bewirkten Rückkehr nach Gerona den Plan zur Bes unruhigung dieſer Feſtung und zur Entfeßung Hoſtalrichs, wih rend er erſtere mit der Hauptmacht an beiden Ufern des Llob regat beſchäftigen wollte, auf, und entſendete blos die leichte Diviſion Rovira nach Vich zur Beobachtung des in und bei Gerona verſammelten Großtheils des 7. franzöſiſchen Korps, indeſſen er zur Entſegung von Lerida am 20. von Tarra gona abging, in Momblanch Truppen an ſich zog und von hier am 22. zu Vinara eintraf, wo die Kerntruppen ſeiner Armee, die Diviſionen Yvarola und Pirez , deren Stärke ungefähr
7,000 Mann Infanterie und 600 Mann Kavallerie betrug, ſich befanden . Seine Geſammtmacht beſtand aus ungefähr 12,000 Mann. Damit wollte er die ihm vom Gouverneur von Lerida
ſchriftlich zugekommene Nachricht, wonach der größte Theil der Franzoſen ſich von dieſem Plat entfernt håtte, benußen. In: deſſen hatten ſich , ihm unbewußt , die Franzoſen wieder zahl: reich um Lerida geſammelt. Er begann ſeinen Angriff am 23. und drångte ihre Vorpoſten bis in die Umgegend der Stadt
zurück. Hierauf fand bei dem Dorfe Margalef zwiſchen ihm und dem General Suchet ein Treffen ſtatt , in welchem Ge: neral O'Donell vollkommen geſchlagen wurde. Mehrere glåna zende Angriffe des 4. franzöſiſchen Huſaren-, hauptſächlich aber des 13. Kůraſſierregiments, endlich das gut geleitete lebhafte
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Artilleriefeuer, wobei die Küraſſiers die ſpaniſche Kavallerie auf ihre Infanterie zurückwarfen ,1 ſo daß dieſe dadurch, ungeachtet aller Anſtrengungen der Wallonengarde und eines Bataillons
Schweizer vom Regiment Kaiſer , völlig über den Haufen ge worfen warb, hatten den Sieg entſchieden . Die Spanier ver: loren dabei 1 Fahne , 3 Standarten , 3 Geſchůße und über 5,600 Gefangene, unter denen der General Dupuig, 8 Ober ſten und 271 Offiziere ſich befanden. Außerdem zählten beide Theile, ungeachtet des bald entſchiedenen Kampfes , eine nicht unbedeutende Zahl Todter und Verwundeter. Sedoch zog ſich
General O'Donell, trok der lebhaften Verfolgung, mit vieler Ordnung auf der Straße von Momblanch zurück. Den Ein druck des günſtigen Augenblicks möglichſt zu benußen , forderte General Suchet den Gouverneur von Lerida,1 General Garcia Condé, zur Uebergabe dieſer Feſtung auf, erhielt aber von ihm die laconiſche Antwort: „ daß dieſer Plat niemals auf die Hülfe einer Armee gerechnet habe." Diefem ſtolzen Ton entſprachen die Reſultate der Vertheidigung keineswegs. Indeſſen ſtand das Herzoglich fåchſiſche Regiment zu Pon temajor , wo am 29. April die vereinigten gothaiſchen und meiningiſchen Erſakkommandos eintrafen. Senes war am 17. Februar 1810 von Gotha unter Major von Búnau nebſt 16
Offizieren und 334 Mann Unteroffizieren und Soldaten ; dieſes am 18. Februar von Meiningen unter Major von Boſe mit 2 Offizieren und 81 Mann Unteroffizieren und Gemeinen ausmar ſchirt. Um 5. Mai langten auch die beiden weimariſchen und
hildburghåufiſchen Ergånzungsdetaſchements an , von welchen das erſte am 25. Februar von Weimar unter Major von Germar
nebſt 7 Offizieren und 300 Mann Unteroffizieren und Solda ten , das 2. den 26. Februar von Hildburghauſen unter Ka pitain von Münch mit 1 Offiziere und 100 Mann unter : offizieren und Gemeinen ausgerückt war. Endlich traf am 10 . Mai ein Detaſchement von Koburg ein, welches am 2. März uns
ter Major Hofmann nebſt 4 Offizieren und 239 Unteroffizieren
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und Soldaten Koburg verlaſſen hatte *). Doch hatten dieſe,
größtentheils aus Rekruten beſtehenden Truppentheile, noch uns gewöhnt an einen ſo langen Marſch über den Rhein bei Mainz,
nach Straßburg , Beſançon , Lyon, Montpellier, Perpignan, über die Pyrenåen nach Katalonien eine kleine Zahl Kranke in den verſchiedenen Hospitålern Frankreichs zurückgelaſſen, die ſpåter, ſobald es ihr Zuſtand erlaubte , dem Regimente nach geſendet wurden .
Bufolge der nunmehrigen neuen Formation des herzoglich fåchſiſchen Regiments, wonach der gothaiſche Premierlieutenant von Seebach wieder zum Regimentsadjutanten ernannt wurde, be ſtand daſſelbe aus 1 Linien- und 1 leichten Bataillon und zwar erſteres unter dem gothaiſchen Major von Búnau aus 5 gothai ſchen und 2 meiningiſchen Kompagnien in der Geſammtſtärke, einſchließlich des Regimentsſtabs, von 819 Mann, legteres un: ter dem weimariſchen Major von Germar aus 3 weimariſchen,
2 koburgiſchen und 1 hildburghåuſiſchen Kompagnie, im Ganzen 773 Mann ſtark.
Dagegen kehrten von demſelben kurze Zeit hierauf und zwar vom gothaiſchen Kontingent der Major Knauth, der Lieu: tenant von Schüß und Regimentsquartiermeiſter Henneberg, ſowie vom weimariſchen der im Monat Februar 1809 wegen Krankheit in Chalons ſur Saône zurückgebliebene und von da erſt wieder am 10. Mai 1810 in Pontemajor eingetroffene Major von Arnswald, ſowie der Kapitain von Könnerik, Ses
kondlieutenant von Staff und Regimentsquartiermeiſter Schmidt, nebſt mehrern Unteroffizieren und Gemeinen, theils wegen In
validitåt, theils vermoge erbetenen Abſchieds oder zu anderer Verfügung, nachy Sachſen zurück. Das Regiment hatte von Pontemajor aus ſowohl einen Theil der Werke von Gerona, als die Forts Monjui, Connetable
uno Capuzins, ſowie auch die zur Sicherung der Landſtraße *) Die Lifte dieſer Offiziere folgt in der Beilage II.
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nach Figueras bei Medina angelegten Befeſtigungen zu be ſeken. Wie nachtheilig bereits die herrſchende Tageshite in der kahlen Gegend um die Feſtung, wo, wie früher bemerkt iſt, vor der Belagerung 30,000 Stück Dlivenbåume umgehauen wor: den waren, und die mit Anbruch der Nacht próglich eintretende
ſchneidende Kålte und der Morgenthau, gleichwie das bei gånz lichem Mangel an Stroh unvermeidliche Liegen auf dem kal: ten Fußboden der verwüſteten Quartiere, nebſt der mangelhaf ten Verpflegung und der håufige Genuß des ungeſunden Trink: waſſers auf die Truppen einwirkte, zeigte ſich bald dadurch,
daß bereits am 12. Mai 110 Kranke, darunter 2 Offiziere, in den Hoſpitälern zu Pontemajor und Gerona lagen. Da das von den italieniſchen Truppen eingeſchloſſene und durch ihr anhaltendes Bombardement in einen Schutthaufen
verwandelte Kaſtell zu Hoſtalrich ſowohl nach den am 29. April, am 2. und 8. Mai mißlungenen Verproviantirungsverſuchen von Seiten des in ſeiner Umgegend befehligenden ſpaniſchen Oberſten Villamil, als auch durch die Verſchüttung ſeines einzigen Brunnens , dem ſchrecklichſten Mangel preisgegeben war, und Marſchall Uugereau dieß durch Deſerteurs von der Beſakung erfuhr , ſo forderte er am 11. Mai Abends dieſelbe mit der
Drohung auf, daß , wenn ſie ſich nicht binnen zwei Stunden ergebe, er den Sturm verſuchen und die Garniſon ohne Gnade niedergemacht werden würde. Der Gouverneur antwortete hier:
auf: Herr Marſchall! empfangen ſie im Namen dieſer Gar : niſon die Erklärung , welche würdig iſt, der des unſterblichen Gerona gleichgeſegt zu werden : Ohne Vorbehalt ſchlage ich ihre Aufforderung ab , weil das Ziel der Uebergabe noch nicht vorhanden iſt.
Iulian de Eſtrada.
Während der Gouverneur von Hoſtalrich , im geheimen Einverſtändniß mit der Funta zu Arenis de Mar und mit dem Oberſten Villamil, die Aufmerkſamkeit des Blokadekorps
durch Demonſtrationen, welche auf eine vermeintliche Einſchiffung der Garniſon im lektern Hafen deuteten, zu tåuſchen und deſſen
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Hauptſtärke auf entgegengefekte Punkte zu ziehen wußte, ver: ließ er mit ſeiner ungefähr noch 1,300 Mann ſtarken , aber
ſehr erſchöpften Beſabung am 12. Mai gegen Mitternacht die Ruinen des mit 3,000 Bomben beworfenen Kaſtells. Indeſſen
nun auf allen Seiten die italieniſchen Schildwachen durch Ab: theilungen zurückgeworfen wurden , ſekte der Haupttheil der Beſaßungstruppen in vollem Laufen ſeinen Weg nach S. Se: loni fort und war auch ſo glücklich , ohne Verluſt durch die ganze italieniſche Vorpoſtenlinie zu kommen. Das Vorhaben, ſich bei Vich mit einem Theile der Diviſion Rovira zu vereini gen, würde auch ohne alle Einbuße gelungen ſeyn, wären nicht die Spanier von ihrer erſten Marſchrichtung abgekommen, und bei Arbucias, auf mehr als 2,000 Mann Franzoſen und Ita liener ſtoßend, in ein Gefecht verwickelt worden, in Folge deſſen und eines abermaligen Verfehlens des Weges 400 Mann nebſt dem ſchwer verwundeten Gouverneur de Eſtrada bei Arbucias gefangen genommen wurden , indeſſen gegen 800 Mann am
14. nach Vich entkamen und daſelbſt zu Rovira ſtießen. Hierauf beſekte dieſen Tag das italieniſche Einſchließungs korps, nach frühern nicht unbedeutenden Verluſten an Mann
ſchaft, die Feſtung Hoſtalrich, wo man eine kleine Anzahl ſchwer Verwundeter , viele Kugeln und 42 vernagelte Geſchůke fand.
Spåter lohnte das tapfere Benehmen eines jeden ihrer Vertheidiger eine goldene Medaille, auf welcher ein Bergkaſtel und die Umſchrift fich befand : Valor y fidelidad constante ; Hostalrich 12. de Mayo 1810 (Tapferkeit und beſtåndige Treue ; Hoſtalrich am 12. Mai 1810). Für das 7. franzöſiſche Korps war der Beſik dieſer Feſtung deshalb wichtig, da ihm nun zu ſeiner Verbindung zwiſchen Gerona und Barcelona
kein befeſtigter Punkt mehr entgegenſtand. Dem Falle dieſer Feſtung folgte aber ein für Katalonien weit empfindlicherer Verluſt, nämlich der von Lerida. Dieſer
wichtige, in der alten Geſchichte ſchon berühmte Plak, war vom 3. franzöſiſchen Urmeekorps unter General Suchet am 13. April 1810 eingeſchloſſen und in der Nacht vom 24. April
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ein vergeblicher Angriff auf die zwei Redouten von Garden unternommen worden. Nachdem man hierauf nach den Bes lagerungsoperationen am 29. April die erſte Tranchée eröffnet
und in der Nacht des 30. die Errichtung der Batterien , ſowie am 7. Mai frůh das Feuer derſelben begonnen , am 12. Mai mit 8 Batterien fortgeſetzt und dadurch gegen Abend zwei Breſchen eröffnet hatte , wurden in der Nacht die 2 Redouten von Garden , ſowie am 13. Abends die Stadt nach äußerſt
blutiger Gegenwehr im Sturme genommen, worauf deren Gar niſon und Bewohner ſich bunt durch einander in das alte, hochgele gene, beengte Schloß flüchteten. Daſſelbe ergab ſich am 14. Mai vermoge Kapitulation, mit 7,748 Offizieren und Soldaten als
Kriegsgefangenen, ſowie mit 130 Geſchůßen, 1,000,000 Patro nen , 10,000 Pfund Pulver, 10,000 Gewehren , 10 Fahnen
und vielen Magazinen. Dagegen beſtand der Verluſt der Bes lagerer ſeit dem 12. April bis zum 14. Mai in ungefähr 200 Todten und 500 Verwundeten , indeſſen die Feſtungsgar niſon während der Belagerung 1,200 Mann verlor. Außer dem zählten die Belagerer noch unter die werthvollſte ihrer Trophåen die Befreiung von 33 gefangenen franzöſiſchen Offi zieren von der Armee von Katalonien, welche ihre Befreier mit unbeſchreiblicher Freude begrüßten. Der nach Frankreich abgeführte Gouverneur von Lerida, General Garcia Condé , wurde während ſeiner Gefangenſchaft durch ein ſpaniſches Kriegsgericht zum Tode verurtheilt , weil er keinen Verſuch, ſich durchzuſchlagen , gemacht hatte. Unter ſolchen Verhältniſſen loſ'te der am 15. Mai in Ge rona eingetroffene Marſchall Macdonald , Herzog von Tarent, den Marſchall Augereau im Oberbefehl über das 7. Korps in Katalonien , zufolge des am 21. Mai an daſſelbe erlaſſenen
Tagesbefehles, ab. General Guilleminot wurde zum Theffeines Generalſtabs ernannt. Marſchall Uugereau kehrte nach Frank reich zurück; dahin folgten ihm eine nicht unbedeutende Un
zahl Kranker, Verwundeter, Invaliden, auch Offiziere und Sol
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daten, welche nur noch kleine Stämme, die einzigen Reſte früherer Truppenabtheilungen, bildeten. Zu gleicher Zeit verließ General 9'Donell, durch eine alte Wunde genöthigt, auf eine kurze Zeit feine Armee, und über: gab das Oberkommando dem General de Viliena. Bei dieſer Gelegenheit erließ er an die, ihm ihr volles Vertrauen ſchenken :
den Katalonier, eine ſehr energiſche Proklamation, worin er ſie zur unausgeſekten Bertheidigung ihres Landes aufforderte und unter andern ſagte , daß ſie nicht einmal der feſten Plåte be dürften , da Kataloniens unerſteigliche Gebirge ſtets ihre Feſtun : gen geweſen wären , wo ſie lieber als freie Männer, denn in Sklaverei gelebt håtten .
Marſchall Macdonald nahm alsbald eine neue Eintheilung der durch vieles Ungemach und Unfälle erſchütterten Armee vor, wonach die zu einer Diviſion vereinigten, noch 9,000 Mann ſtarken , italieniſchen Truppen unter die Befehle des General Severoli , die ungefähr 10,000 Mann ſtarke franzöſiſche Di viſion unter die des Generals Frère, und die auf 2,000 Mann gebrachte Kavalleriebrigade unter das Kommando des Generals Delorts geſtellt wurden, während General Souham eine ander: weitige Beſtimmung erhielt. Das Gouvernement von Ober: katalonien übernahm der Diviſionsgeneral Baraguay d'Hilliers,
deſſen Streitkräfte gegen 10,500 Mann betrugen , von denen Neapolitaner und franzöſiſche Depots die Umgegend von Fi gueras und die , 3 ſchwache Regimenter bildende , deutſche Die viſion Rouyer Gerona behaupteten, indeſſen Barcelona mit 6,000 Mann beſeßt blieb. Demnach beſtand das geſammte 7. Korps aus 37,500 Mann.
Indeſſen hatte vorzüglich der kleine Krieg von beiden Seiten unter unerhörten und wahrhaft erfinderiſchen Grauſam : keiten fortgedauert.
Daher war des Marſchaus Macdonald
eifrigſtes Bemühen die Erzielung eines gegenſeitigen menſch lichern Verfahrens , der ſtrengſten Mannszucht und zugleich einer beſſern Verpflegung der Truppen. Denn die unter dem Oberbefehle des Marſchaus Augereau vollſtreckten Todesurtheile 28
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an einer bedeutenden Anzahl Katalonier aller Stånde, die, dem Armeebefehle zufolge, wonach jeder derſelben , mit den Waffen in der Hand ergriffen , dem Strange verfiel, in den Städten
und an den Landſtraßen aufgehängt wurden, und unter denen während der Beſeßung von Pontemaior durch das herzoglich fåchfiſche Regiment auch zwei Geiſtliche in ihrem prieſterlichen Ornate zu ſchauen waren , wovon der eine deutſche Solda:
ten zur Deſertion verleitet, der andere Nachzugler von den Kolonnen des 7. Korps mit einer Windbüchſe erſchoſſen hatte,
reizten die Katalonier zur höchſten Rache und Blutgier, ſo daß ſie, wohl mit wenig Ausnahmen, alle ihnen in die Hände fallenden Feinde an den Bäumen der Landſtraße aufhängten oder annagelten, oder auf die grauſamſte und ſchamloſeſte Weiſe verſtümmelten.
Kein Soldat konnte den Rayon der von den
Truppen befekten Punkte überſchreiten, ohne ſich dieſem Geſchick auszuſehen , wie ſolches denn am 23. Mai und kurz vorher in der Nähe von Pontemajor mehrere franzöſiſche Gensdarmen und italieniſche Soldaten , welche lektere man noch lebend
aber entſeßlich verſtümmelt auffand, betroffen hatte. Unaufhörlich ſuchten die Guerillas die an der Landſtraße poſtirten Truppen zu ermüden und die Zufuhren an Lebens: mitteln zu bedrohen. So fiel am 28. Mai zwiſchen einer Ab theilung deutſcher Truppen und 300 Mann Miquelets unter Fabregas zwiſchen Bañolas und Bascara ein Gefecht vor , in Folge deſſen dieſer Unführer, obgleich abgeſchnitten, doch, durch die genaue Terrainkenntniß bevorzugt, nicht allein ſich durcha ſchlug, ſondern auch ſeinen Gegnern 12 Mann, darunter 1 Offi zier, tódtete , ſowie 37 Mann , worunter 1 Offizier, gefangen .
nahm .
Um 29. Mai hielt Marſchau Macdonald Muſterung über das herzoglich fåchfiſche Regiment zu Pontemajor, wonach dies ſes, mit Zurüdlaſſung eines kleinen Detaſchements und mehr als 100 Mann Kranker, worunter der Regimentskommandeur
Oberſt von Egloffſtein , zur Befeßung von Hoſtalrich un ter den Befehlen des Majors von Germar aufbrach , und das .
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dort befindliche 6. italieniſche Infanterieregiment noch am nåm lichen Tage ablof'te.
In den erſten Tagen des Iuni erfolgte die Auflöſung des in Folge des Kriegs, ungerechnet die in den Hospitälern bes findliche Anzahl Kranker, bis auf ungefähr 300 Mann Kampf fähiger herabgeſchmolzenen Bataillons der Prinzen, deſſen Ueber reſte nun dem 5. und 6. Regimente der Diviſion Rouyer, und zwar ihren dort befindlichen Kontingentsbeſtandtheilen , einver leibt wurden .
Da mittlerweile die Diviſion Campoverde ſich mit der
Diviſion Rovira bei Olot zur Beunruhigung der Verbindungs ſtraße vereinigt hatte, ſo entſendete Marſchall Macdonald 4,400 Mann mit 4 Geſchüßen unter dem Brigadegeneral Deveaur nach der obern Fluvia. Dieſer vertrieb, denn auch am 9. Juni die Truppen des Generals Campoverde , der mit 3,000 Mann rechts dieſes Fluſſes die Höhen hinter Caſtellfollit befekt hielt, aus dieſer Stadt und verfolgte ihn gegen Olot. Lekterer zog
ſich jedoch blos ſcheinbar nach dieſem Orte zurück, indeſſen er fich gegen Las Preſas wendete und daſelbſt in einen Hintera halt legte.
As daher am 10. Juni früh die Avantgarde des General Deveaur fich in ein Gefecht bei Slot verwickelt fah , wurde ſeine Arriergarde von den Gebirgen von las Preſas her ſo unvermuthet und mit ſolchem Ungeſtům angegriffen, daß er
ſofort ſeinen Rúdzug nach Caſtellfollit antrat.
Er fekte von
hier ſeine weitere Retirade , da er ſie durch die kataloniſchen bewaffneten Haufen bedroht fah , unausgefekt nach Urgelaguer fort , jedoch mit einem Verluſte von ungefähr 800 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen .
Gleichzeitig verlor das 7. Korps täglich eine Anzahl Leute durch Krankheiten, ſowie durch kleine Ueberfälle von Seiten der
auf allen Punkten unermüdlich umherſtreifenden und die Landſtraße von Strecke zu Strede in Trupps von 20 bis 30 Mann bes unruhigenden Katalonier.
Um Barcelona mit den nöthigen
Lebensmitteln zu verſehen , da jede Zufuhr zu Waſſer burch 28 *
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die Wachſamkeit der engliſchen Kriegsſchiffe unmöglich gemacht wurde , brach Marſchau Macdonald am 10. Juni mit 10,000 Mann und einem Konvoi nach jener Feſtung auf, während er blos eine Anzahl Truppen um Beſalu , zur Beobachtung des bei Olot ſtehenden Generals Campoverde, zurückließ. Er traf noch denſelben Tag bei Hoſtalrich und dann , nach Beſeitigung der gewöhnlichen Hinderniſſe, am 12. zu Barcelona ein, worauf ſich der mit einem Truppentheile von Tarragona aus zur Be: obachtung Barcelonas detaſchirte Oberſt San Juan über den Llobregat zurückzog. Der indeſſen um Campredon ſtehende und Befalu be:
drohende General Campoverde ließ die fliegende Diviſion Roa vira Einfälle nach der franzóſiſchen Cerdagne machen , welche
die franzöſiſchen Departementalgarden zum Rückzuge nach Mont: louis und Villefranche nothigten und die ganze Umgegend aus: plünderten oder Kontributionen erhoben. Mit anſehnlicher Beute
zurückkehrend , ſtellte ſich Rovira in kleinen Trupps der Land .
ſtraße von Oberkatalonien entlang wieder auf, um alle daſelbſt die feſten Punkte befekt haltenden Truppentheile des 7. Korps
ſtets in Uthem zu halten und ihnen Verluſte beizubringen. Schon am 15. brach Marſchau Macdonald wieder von Barcelona auf und traf am 17. in Serona ein 1, worauf die
ſpaniſche Diviſion Yranzo ſogleich von Molins de Rey zur Beobachtung gegen Barcelona vorgerückt war.
Das herzoglich råchfiſche Regiment war zwar am 16. Juni durch 2 Offiziere *) nebſt 112 Mann des gothaiſchen Kontingents verſtärkt worden, verlor aber unausgefekt an Mann : ſchaft durch die früher angeführten Uebel, beſonders hier noch durch die bei der drückenden Sonnengluth von vielen umher liegenden oder ſchlecht verſcharrten Leichnamen wahrhaft ver
peſtete Luft und durch die durchnäſſenden ſcharfen Thaue in den kalten Nachten , während welcher der Soldat wegen der
*) Sie ſind in der Beilage II. aufgeführt.
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in Schutt und Uſche liegenden , mit Unreinlichkeit und Unges ziefer aller Art angefüllten Häuſertrümmer von Hoſtalrich bis vouakiren mußte.
Alle dieſe Uebel vermehrten noch weſentlich:
das wegen der überall auflauernden Guerillas mit Gefahren und
Mühen verbundene Fouragiren , Waſſerholen und Holzfållen, der Poſtendienſt, die täglichen ſtarken Rekognoszirungen ſowie die öfteren Eskortirungen von Konvois, Militairperſonen, Rapports und Kourieren. Bei ſolchen Marſchen mußte der meiſt erhigte
Soldat die auf der Landſtraße nach Gerona befindlichen Fur: ten der häufig ſehr angeſchwollenen, von den Kataloniern meiſt vertheidigten und eiskalten Gebirgswaſſer oft bis an den Gür: tel durchwaten , indeſſen die noch freie Zeit aller nicht zum Dienſte verwendeten Mannſchaft zu Einübung des eben erſt
durch den Marſchall Macdonald beim herzoglich fåchſiſchen Re: gimente eingeführten franzöſiſchen Grerzierreglements verwen det wurde.
Zur möglichſten Abwendung noch größerer Uebel wurde deßhalb für alle ſtehenden Beſakungen folgendes, dieſem ſo heißen und ſo abwechſelnden Klima angemeſſene , tågliche Dienſtregle
nent angeordnet : Die Nachtpiquets unternahmen früh gegen 2 uhr im Umkreis einer Stunde Wegs allgemeine Rekognos: zirungen in der Umgegend , während ihnen die zum Waſſer-, Holz- oder Lagergeſtråuchholen befehligte Mannſchaft folgte, und rückten um 4 Uhr wieder in die Quartiere ein.
Unter:
deſſen war bis um dieſe Zeit die übrige dienſtfreie Beſaßung unter das Gewehr getreten, um entweder zur Verſtärkung der Patrouillirungen oder zu Detaſchements und Eskortirungen, ſo: wie bis um 8 Uhr zum Ererzieren verwendet zu werden. Hatte der Soldat nach erfolgtem Einrücken Alles gepukt, in Ordnung geſekt und ſein nun eigenhåndig bereitetes Eſſen
zu ſich genommen , ſo ſollte er bis 3 Uhr , wo die Trommel
ihn wieder unter die Waffen rief, ruhen. Hierauf erfolgte die genaueſte Inſpizirung der mit Sack und Pack angetretenen Truppen, gleichwie das Kommandiren der Wachen und Piquets, welche nach Empfang ihrer Rationen um 5 Uhr auf ihre ver:
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ſchiedenen Poſten abmarſchirten . Die übrige Mannſchaft faßte nunmehr ihre Lebensmittel und ging dann aus einander, bis der nur zu oft erfolgende Allarmſchlag ſie von Neuem zuſammenrief. Unter den verſchiedenen kleinen Gefechten, wobei das her: zoglich fåchſiſche Regiment, obgleich unbedeutend, verlor, fiel eins am 19. Suni mit dem zu Ueberbringung des Rapports von
Hoſtalrich nach Gerona befehligten Detaſchement, welchem fich mehrere Marketenderwagen angeſchloſſen hatten , bei la Tiona vor, worin daſſelbe durch die weit zahlreichern Guerillas, außer mehrern Verwundeten auch den Verluſt von zwei dieſer Wagen , der gewöhnlichen Zielſcheibe dieſer raubſüchtigen Banden, erlitt. .
1
Der General O'Donell, welcher den Oberbefehl in Kata :
lonien wieder übernommen , hatte indeſſen mit gewohnter Ener: gie , Thåtigkeit und Tapferkeit die zweckmäßigſten Befeſtigun gen ſowohl in Tarragona als auch in Tortoſa , und zwar hier allein durch 2,000 Arbeiter, angeordnet, ſowie einen Aufruf an die Bewohner der Bezirke von Tarragona, Tortoſa und Lerida zur kräftigen Beihülfe gegen die Feinde des Vaterlandes er
laſſen , mit der Drohung , daß jeder Ort, der bei Annäherung der Feinde nicht die Waffen ergreifen würde ,1 von den Lands: leuten ſelbſt feindlich behandelt werden ſollte. Nächſtdem theilte
er feine über 35,000 Mann ſtarke Armee, bei welcher er Ent: laſſungen und Avancements beſtätigte, ſowie Grade und Decora:
tionen auf dem Schlachtfelde bewilligte, in ein mobiles Korps von mehr als 20,000 Mann, in 9000 Mann Beſagungstrup
pen unter dem General Velasco zu Tortoſa, in 2,000 Mann zu Tarragona und endlich in die um Olot ſtehende, aus 4,000 Kata: loniern gebildete, fliegende Diviſion Rovira ein. Mit dieſer,
außerdem noch durch die bewaffnete Bevölkerung vermehr ten Macht, von welcher die Linientruppen ihren Unterhalt von den baleariſchen Inſeln bezogen, ftugte er ſich auf die Feſtung Tarragona. Zugleich richtete er an die verſchiedenen Truppen
theile des 7. Korps , mit Ausnahme der Franzoſen , eine Pro klamation, des Inhalts , daß ſie ſich durch Dienſtnehmen bei den Spaniern gegen Handgeld und guten Solb, allem
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Elend und zugleich der Demüthigung , fich für Napoleons
Herrſchſucht ſchlagen zu müſſen , entziehen möchten. Dieſer Aufruf verfehlte denn auch ſeine Wirkung nicht, indem jest von Zeit zu Zeit Soldaten deſertirten , aus welchen in Tarra
gona das Ausländerregiment Ferdinand VII. errichtet wurde. Obgleich nun die beiden Korps des Marſchals Macdonald und des Generals Suchet gegen 60,000 Mann betrugen , ſo
wurde doch ein ſehr großer Theil ihrer Streitkräfte durch die
Macht des Volksaufſtandes, vorzüglich im ganzen Oberkata: lonien ; gefeſſelt, und dadurch verhindert, gemeinſchaftlich über den General O'Donell herzufallen . Kaiſer Napoleons gemeſſene Befehle, wonach Marſchall Macdonald gegen Tarragona vor
růden , während General Suchet ſich gleichzeitig Tortoſa's bes machtigen ſollte, hatten bisher nicht ausgeführt werden können ,
obgleich ſchon am 8. Juni das Schloß Mequinenza mit 1,400 Mann Garniſon , 45 Geſchüßen , 400,000 Patronen , 30,000 Pfund Pulver und dreimonatlichem Vorrath von Lebensmitteln, den Franzoſen ſich ergeben hatte.
General Suchet hatte, in der Erwartung eines gleichzeiti: gen Vorbringens von Seiten des Marſchalls Macdonald gegen Tarragona , die 6,000 Mann ſtarke Diviſion Laval vor Tor: tofa růcken und nach am 3. und 4. Juli beſtandenen Gefech ten den dortigen Brückenkopf einſchließen laſſen , worauf er am
6. ſein Hauptquartier zu Mora aufſchlug. Aus Barcelona, welches die leichte ſpaniſche Diviſion Yranzo beobachtete, wurde am 5. Juli eine Fouragirung von 1,000 Mann Infanterie , 200 Pferden und 2 Geſchüßen gegen den -
Llobregat bis S. Feliu unternommen . Dabei verloren dieſe Truppen durch die mit 1,600 Mann entgegenrúdende feinda liche Diviſion 1 Offizier nebſt 20 Mann , während 150 kataloniſche Freiwillige es wagten , bis in den Graben von Bar :
celona vorzubringen und eine Anzahl Schlachtvieh , ungeachtet der gegen ſie ausrückenden Thorwache, wegzutreiben . Gine zweite, am 12. Juli von 1,200 Mann Infanterie und 100 Mann Kavalerie von Barcelona aus gegen die Dörfer Sarria 1
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und Esplugas verſuchte Erpedition fab fich, während 200 Kas
talonier, die eine Anhöhe vertheidigten , ſie beſchäftigten , durch 3 Bataillone, 200 Mann Reiterei und 2 Kanonen unter Oberſt
Oſorio unvermuthet in der linken Flanke und im Rücken ge faßt, und nach Einbuße von 71 Mann unter die Walle von
Barcelona zurückgetrieben . Hierauf rückte am 14. Juli die zweite ſpaniſche Liniendiviſion vor Barcelona, indeſſen die leichte nach dem Monſeny aufbrach, um dem Konvoi, welcher in Gerona für Barces
lona vorbereitet wurde, da es verrathen worden war, aufzulauern. Indeſſen mchrte ſich beim 7. Korps von Tag zu Tag, aus den früher angegebenen Urſachen , vorzüglich aber durch die immer mehr zunehmende außerordentliche Hiße und un
geachtet aller rühmlichen Fürſorge von Seiten des Marſchalls Macdonald, die Anzahl der Todten und Kranken , ſo daß das herzoglich fåchfiſche Regiment bereits am 14. Juli, ungerechnet die Geſtorbenen, unter denen am 11. Juni zu Pontemajor der gothaiſche Lieutenant und Adjutant Friedheim fich befand , über 400 Kranke nebſt 15 Offizieren in den verſchiedenen Hospitá 1
lern zählte ; die in Hoſtalrich befindlichen Kranken waren eben fals wegen beſſerer Verpflegung nach Gerona transportirt worden . Zu dieſer Zeit waren übrigens , vermöge der früher erwähnten, zwiſchen den Generalen Gouvion Saint - Cyr und Reding ab geſchloſſenen Konvention, die drei in den Hospitålern zu Man reſa und Sabadell verwundet zurückgebliebenen Lieutenants von Crayen, von Steuben (von Weimar) und von Schauroth (von Koburg) nebſt einer Anzahl Soldaten aus der ſpaniſchen Ge: fangenſchaft entlaſſen worden , und der zweitgenannte Offizier auch bereits wieder beim Regiment eingetroffen , während die beiden Andern als noch dienſtunfähig in Barcelona zurück: blieben .
Wegen der beabſichtigten nöthigen Verproviantirung Bar celona's brach Marſchall Macdonald am 16. Juli mit unge: fåhr 12,000 Mann Infanterie, 900 Mann Kavallerie nebſt 15 Geſchüßen und einer über 300 Wagen beſtehenden Zufuhr aller Art , ſowie mit 500 Stück Schlachtvieh von Gerona auf,
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und bezog dieſen Tag bei Hoſtalrich das Lager. Von hier regte ſich am 17. Juli frůh 3 Uhr der Konvoi nebſt dem Großtheil. der Truppen in Bewegung , dem erſt um 5 Uhr das , den Tag zuvor durch das 16. franzöſiſche Linienregiment als Beſakung von Hoſtalrich abgeldſ'te herzoglich fåchſiſche Re: giment nebſt 1 Eskadron franzöſiſcher Dragoner und 2 Ges ſchüßen unter dem Oberſten von Egloffſtein , als Arriergarde des Ganzen, nachfolgte. Das Korps bezog nach einem bei S. Seloni am Torderafluſſe vorgefundenen unbedeutenden Wider: ſtande und unter geringem Verluſte am Abend, und zwar die Nachhut erſt um 9 Uhr nach einem ſechszehnſtündigen Marſche, den Bivouak bei Sardedeu . Um Am 18. frúh um 2 Uhr brach
der durch eine zahlreiche Avantgarde, ſowie in ſeinen Flanken durch 4,000 Mann , und eine 3,000 Mann ſtarke Reſerve, ge deckte Konvoi auf ; das herzoglich ſáchſiſche Regiment folgte ihm, als Urriergarde, erſt um 5 Uhr des Morgens. Bei ſeiner An kunft in den Engpäſſen zwiſchen Cardedeu und Granollers ward er von den beiden , in der Nacht vom 17. zum 18. Suli vereinigten leichten Diviſionen Yranzo und Rovira , wo von fich 6,500 Mann nebſt 6 Geſchügen bei lekterem Orte,
ſowie zwiſchen demſelben und Monmalo 700 Mann Kavallerie nebſt 2 Kanonen aufgeſtellt hatten , in ſeiner rechten Flanke an: gegriffen , indeſſen 2,500 Katalonier , bei ihrer ſo eigenthümli chen Raubgier vorzüglich dazu beſtimmt, über den Konvoi her:
zufallen , links der Straße entlang in Hinterhalt gelegt waren. · Der Marſchall verſtärkte nun ſogleich feine Avantgarde, damit dieſe
den Feind ſo lange beſchäftigte, bis ſein Großtheil nebſt dem Konvoi näher herangekommen war , worauf er dieſen unter rei ner Bedeckung den Marſch geſchloſſen fortſeßen , die übrigen Truppen dagegen, ſoweit das durchſchnittene Terrain es geſtattete,
ſich in Schlachtordnung formiren ließ.
Kaum hatte hierbei
das Herzoglich ſådhſiſche Regiment auf einer nicht ausgedehnten, zum Theil von Wald umgebenen Ebene und zwar die Eskadron Dragoner nebſt den 2 Gefchůßen auf dem rechten Flügel desa
ſelben fich aufgeſtellt, als ſpaniſche Linieninfanterie einen mit
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etwas Holz beſtandenen Berg herab vorrückte, am Fuße deſſel: ben angekommen , anhielt und ihr Feuer , jedoch aus ſo bedeu
tender Ferne eröffnete, daß es ohne Wirkung blieb. Einige ſofort auf ſie abgefeuerte Kartåtſchenſchüſſe, unter welchen zu gleich das leichte Bataillon des Regiments ſchnell vordrang, bewog fie zum Rückzuge, worauf nun das erſte Bataillon dem leichten nachfolgte und in deſſen Linie einrückte. Da in deſſen zahlreiche feindliche Infanterie und Kavallerie auf einer vorwärts des Waldes gelegenen Anhöhe Stellung nahm und ihre am Gebirgsabhange fechtende Tirailleurlinie von Zeit zu Zeit verſtärkte, ſo dauerte das Gefecht långere Zeit fort, bis endlich der Feind auch von da vertrieben wurde. So růdte die 2,000 Mann betragende Avantgarde des Marſchaus , verſtärkt
durch die geſammte Kavallerie , langſam und im beſtåndigen Gefechte gegen den vom Feinde befekten Flecken Granollers
vor ., auf welchen Ort zweimal Angriffe unternommen wurden, aber mißlangen. Unterdeſſen paſſirte der Konvoi die Engpäſſe trotz eines heftigen , aber zu voreilig gemachten Unfalls von Seiten der 2,500 verſteckten Katalonier , die durch die 4,000 Mann ſtarke Bedeckung , welche die Berge unter nicht unbes deutendem Verluſte erſtiegen hatte , ungeachtet aller ihrer Un An: ſtrengungen von Wegnahme der Zufuhr abgehalten wurden . Alsbald bahnte ſich der Marſchal mit aller Macht den Weg
durch Granollers , und ruhte hierauf nebſt dem Konvoi auf einer gegen Monmalo ſich erſtreckenden Hochebene, während blos das 7. franzöſiſche Linienregiment nebſt dem herzoglich fåchli ſchen und 2 Eskadrons Kavallerie, ungefähr eine Stunde lang noch den Feind beobachteten , und dann Nachmittags 2 Uhr wieder zur Kolonne des Marſchalls ſtießen. Nach einer Ruhe
von blos einigen Stunden , welche den faſt verſchmachteten Truppen vergónnt wurde , und zwar um 6 Uhr Abends brach das Korps wieder auf und traf über Mollet des Nachts 12
Uhr bei Moncada ein , wo der Bivouak bezogen wurde. Uußer ordentlich erſchöpfend für die Truppen war der , durch des
Konvoi's langſamen Gang und deſſen oftere Stockungen bis zu
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18 Stunden hingezdgerte Marſch, wozu übrigens auch des Tages ungeheure Hike, ſowie der fünfſtündige heiße Kampf und der durch den Eintritt der finſtern Nacht beſchwerlicher und unſicher ge
wordene Weg das Ihrige beitrugen ; dabei mußte man ſelbſt eine halbe Stunde Wegs weit in dem Bette eines Baches marſchis ren , wobei den Truppen das Waſſer bis an das Knie ging.
Dieſes alles zuſammen nun verurſachte ein Auseinanderkommen,
daher es als ein Glück anzuſehen war , daß die Feinde nicht verfolgten , ſondern ſich am Abend gegen Caldas gewendet hats
ten , von wo ſie am andern Tage bis Tarraſa zurůdgin gen.
Doch hatten beide Theile anſehnlich verloren , ſo daß das
Korps des Marſchaus, von welchem das 7. franzöſiſche Infan terieregiment, welches die Avantgarde mit bildete, am bedeu: tendſten litt , angeblich 400 Todte und 1,100 Berwundete
zählte,1 während der Feind 143 Getödtete und 400 Bleſſirte hatte.
Bei Aufgåhlung der Verluſte des herzoglich fåchſiſchen Re:
giments iſt beſonders anzuführen , daß 4 Mann lediglich durch die brennende Jageshite todt im Gliede niederfielen. Am 19. Juli růckte der Marſchall nebſt dem Konvoi in
Barcelona ein , indeſſen der größte Theil des Korps am Nach:
mittage im Umkreiſe der Stadt , und zwar das herzoglich ſách fiſche Regiment in der Nähe von Sans unter dem Bereiche der Geſchůße des Forts Monjui , den Bivouak bezog. Elend und Hunger herrſchten ſowohl in Barcelona , wo der General Lacombe St. Michel Gouverneur war , als auch in der Ums gegend noch immer gleich groß, ſo daß ein dreipfúndiges Kom misbrod 5 bis 6 Franks oder gegen 1 thlr. 6 gr. bis 1 thlr. 12 gr. ſáchſiſch koſtete, daher auch die Truppen dem fühlbar: ſten Mangel preisgegeben waren . Das herzoglich ſächſiſche Res giment lagerte bei der faſt erſtickenden Hiße in einer von jedem Baum und Strauch entbloſ'ten ebenen Gegend und war ſo
während des Tages der vollen Sonnengluth dieſer heißen Zone, dagegen des Nachts den hier vorzüglich wegen der Nähe des
Meeres ſchneidend kalten Winden und dem gleich Regen nieder:
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fallenden Thaue ausgelegt, wobei es hier einen Abgang von 68 Mann zåhlte , die theils verwundet , theils krank in den Hospitålern von Barcelona untergebracht wurden. In der Beſorgniß , daß Marſchall Macdonald den Llobre: gat überſchreiten und mit dem General Suchet gemeinſchaftlich operiren würde , ſtellte nun General O'Donell ſeine Armee fol gendermaßen auf. Die 1. Diviſion befekte den Llobregat zur Beobachtung von Barcelona ; die 2. verblieb in den Umgebun: gen von Falſet, um den General Suchet im Auge zu behal:
ten , indeſſen ein Theil der 3. zu Eſterri die Zugänge des Uranthales deckte. Von der in zwei Theile getheilten Reſerve beſegte der eine den , nahe bei Tortoſa gelegenen Paß del Alba und der andere nebſt einiger Kavallerie Arbeca und Borjas Blancas , um die Garniſon von Lerida im Zaume zu halten. In Oberkatalonien hielten ein Korps Huſaren , ſowie die Kom pagnien d'Ulmugavarès und andere leichte Truppen , die von der franzöſiſchen Grenzé bis Gerona der Straße entlang auf geſtellten Detaſchements des 7. Korps unausgelegt in Athem,
während zahlreiche bewaffnete Katalonier die Verbindung zwiſchen dieſer Feſtung und Barcelona auf das Möglichſte zu erſchweren ſuchten. Außerdem hatten Tarragona und Tortoſa die erfor: derlichen Befakungen .
Nachdem aber Marſchau Macdonald bis zum 23. Juli in und bei Barcelona verblieben war , kehrte er mit ſeinem in der Nacht dieſes Tages bei Moncada geſammelten Korps und den leeren Transportwagen über Granollers und Hoſtalrich, ohne vorgefundenen Widerſtand, am 26. nach Gerona zurück, und das herzoglich fåchfiſche Regiment bezog eine Stunde von dieſer Feſtung bei Fornells das Lager. Da die neapolitaniſche Diviſion Prinz Pignatelli, mit Ausnahme der von gutem Geiſte beſeelten Dffiziere, größtentheils aus einem Gemiſche von Land
ſtreichern , verurtheilten oder entlaſſenen Verbrechern zuſam mengeſeßt, welche deshalb , obgleich die Mehrzahl fich tapfer benahm , durch Ungehorſam , Plúnderung und Deſertion
traurige Beiſpiele von Mannszucht gegeben und dabei mit den
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Kataloniern in gegenſeitiger Rache gewetteifert hatten, die nach Frankreich führende Landſtraße bisher befekt hielt , ſo ward fie, zur Beruhigung dieſer Gegend, an die Küſte und zwar von der Mündung des Ver bis über Palamos zur Deckung der Berbindung von Gerona und Hoſtalrich gegen feindliche fan: dungen verlegt , wobei ihr La Bisbal als Stúgpunkt diente.
Dagegen verrichteten deutſche Truppen den beſchwerlichen Dienſt zwiſchen Gerona und der franzöſiſchen Grenze ,1 während frana zöſiſche und italieniſche Depots in Figueras und Roſas die Befaßungen bildeten .
Obgleich Marſchall Macdonald durch ein ſehr gemäßigtes Verfahren die Einwohner zur Ruhe zu gewinnen ſuchte , ſo dauerten doch faſt unausgelegt die feindlichen Angriffe gegen die an der Landſtraße aufgeſtellten deutſchen Truppen fort, vor: züglich durch den Oberſten Rovira , der nebſt andern Chefs auch die friedlichen Einwohner nicht in Ruhe ließ. Beſonders am 22. und 23. Juli fanden mit ihm bei Montagut und Bañolas Gefechte ſtatt, wobei am lektern age die deutſchen
Truppentheile 19 Todte , gegen 80 Verwundete und 16 Gea fangene verloren , inbeffen die Spanier nur 31 Getódtete und
Bleſſirte zählten. Am 27. wurde ein Konvoi bei la Junquera,
nahe der franzöſiſchen Grenze , jedoch mit wenigem Erfolge, 1
durch das Bataillon der Ausgewanderten überfallen. Um 31. brach das herzoglich ſåchſiſche Regiment aus dem Bivouať bei Fornells auf, und belegte am 1. Auguft das faſt im Mittelpunkte zwiſchen Gerona und Figueras an der Land
ſtraße gelegene Städtchen Bascara ., wo es ein neapolitaniſches Regiment als Beratung ablóſte. Dieſer an der Fluvia geles gene armſelige Ort war faſt von ſämmtlichen Einwohnern verlaſſen.
Die Belekung ſeines auf der weſtlichen Seite gelegenen, mit feften Mauern umgebenen und von 2 Geſchüßen vertheis
digten Schloſſes , welches der Beragung von Bascara als Stúppunkt diente, ferner die Behauptung des eine Stunde von da nach Gerona hin gelegenen Forts, das Kreuz von Fal:
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linas , endlich der ſtarke Vorpoſtendienſt, bie håufigen Eskor tirungen nach Figueras oder Gerona und die feindlichen Allarmi: rungen nahmen hier die unausgeſegte Thåtigkeit der Truppen in Anſpruch .
Dagegen hatte indeſſen in Unterkatalonien die Garniſon der Feſtung Tortoſa , die bereits ſeit dem 3. Juli durch die Diviſion Laval vom 3. franzöſiſchen Armeekorps von der Ber : bindung mit Valencia abgeſchnitten war , am 6. , 8. und am
12. Juli Ausfälle unter beiderſeitigen Verluſten unternommen . Auch fanden gleichzeitig zwiſchen Abtheilungen dieſes Korps und denen des Generals O'Donell, und zwar am 10. Juli zu Tiviſa, am 11. und 12. bei Mora, higige Gefechte Statt, in welchen ſich die polniſche Legion von der Weichſel wie immer
auszeichnete, die aber zum Nachtheil für die franzöſiſchen Wafa fen ausfielen , und wobei erſterer Ort niedergebrannt wurde.
Hierbei brach General O'Donell mit 2 Infanterieregimentern und 300 Pferden von S. Jago am 31. Juli von Tarragona zu einem Unternehmen gegen den General Suchet nach Falſet
auf, und vereinigte am 1. Auguft daſelbſt beinahe 10,000 Mann. Er griff gegen Mittag dieſes Tages die in Tiviſa aufgeſtellten 5,000 Mann unter General Habert an , wurde jedoch zum
Rückzuge gezwungen, worauf er ſich nach Tortoſa wendete. Uus dieſer Feſtung, deren Gouverneur jegt der General Graf d'Alacha war , unternahm General D'Donell am 3. Auguſt Nachmittags mit Elitenkolonnen , nachdem er ſowohl dieſe als auch die ganze
Bevölkerung von Tortoſa durch eine kräftige Anrede begeiſtert hatte , einen heftigen Ausfall, wobei er rechts gegen die fran zöſiſchen Verſchanzungen , ohne einen Schuß zu thun , anſtürmte und ihre erſten Poſten zurückwarf. Jedoch wurde er nach einem långern Kampfe durch den General Laval , welcher eine Kolonne
gegen ſein Zentrum führte und feinen Rückzug in dem Brückena kopfe bedrohte, ſich zurúczuziehen gezwungen, wobei er lebhaft verfolgt ward und viele Todte und Verwundete , ſowie auch
220 Gefangene , größtentheils Kavalleriſten , verlor.
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In Oberkatalonien wurde zu dieſer Zeit für die der Land ſtraße entlang zu ihrer Deckung aufgeſtellten Truppen der Dienſt dadurch noch angeſtrengter und ſie noch mehr den Kriegsunfällen ausgeſekt, daß der franzöſiſche Brigadegeneral Schwarz mit dem 5. und 6. Regiment * ) der Diviſion Rouyer, die in Folge der Gefechte und von Krankheiten auch bedeutend ge ſchwächt worden waren , am 2. Auguft die um la Bisbal auf geſtellte neapolitaniſche Diviſion Prinz Pignatelli ablóſ?te, da: mit dieſe, durch alle noch verfügbare franzöſiſche und italieniſche Truppen verſtärkt, unter Marſchall Macdonald am 7. Auguſt
eine dreimonatliche Zufuhr an Lebensmitteln nach Barcelona eskortiren konnte.
Deshalb verließ das herzoglich ſáchſiſche
Regiment Bascara und traf noch an demſelben Tage in Gerona ein , wo es das 6. italieniſche Regiment als Garniſon erſegte und in einem an der porta Ambilla als Kaſerne eingerichteten
Klofter die Quartiere bezog. Doch hatten indeſſen bei demſels ben , die Verluſte durch den Feind ungerechnet , die früher an geführten Uebel , noch vermehrt durch den bei der tåglichen großen Verminderung an Mannſchaft über alle Kräfte anſtrengen : I
den Dienſt , wobei kaum Geneſene und noch Schwachliche mit
verwendet werden mußten, die Sterblichkeit und Krankheiten in ſo verberblichem Grade verbreitet, daß das Regiment an jenem Tage bereits 28 Offiziere und 814 Unteroffiziere und Gemeine als Kranke und nur noch gegen 650 Dienſtfähige zählte. Die Hauptkrankheiten beſtanden in ruhráhnlicher Diarrhoe, nervóſen Gallen- und Wechſel - Fiebern , Gelbſucht, Waſſerſucht, Ges 1
ſchwulft der Füße , auch Verluſt der Sehkraft, Schwerhörig keit und ſelbſt vouligem Abnehmen des Verſtandes. Marſchall Macdonald traf mit dem Konvoi ohne Wider: ſtand am 9. Auguſt in Barcelona ein , und hatte nun daſelbſt,
mit Ausnahme der in dieſer Feſtung zurückbleibenden neapolitani: *) Den Befehr über dieſes Regiment hatte den 1. Auguft der ſchwarz: burg - rudolſtadtiſche Oberſt von Brockenburg , früher Komman: deur des aufgelöſten Bataillons der Prinzen , übernommen .
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ſchen Diviſion Prinz Pignatelli, an 13,000 Mann disponible Streitkråfte vereinigt , worunter von den deutſchen Truppen ſich blos das bergiſche Regiment befand. Dem Befehle des Kai ſers, durch eine Bewegung gegen Tarragona der Belagerung .
von Tortoſa bebúlflich zu ſeyn , Folge leiſtend, rückte er am
11. Auguſt mit der Avantgarde über den Llobregat bei Molins de Ren , von wo die Spanier fich zurückgezogen hatten , bis Cervello vor. Er ließ hierauf am 12. die Stellungen der Spanier an der Noya und um Ordal rekognosziren und off nete ſich am 13. , unter Gefechten gegen die Truppen der Ges nerale Ibarola und Manſo , wobei er 200 Kampfunfähige hatte und 80 Mann an Gefangenen verlor, den Weg nach Villa .
franca , wo er am 14. blieb. Von hier drang er , nach am 15. vorgenommenen Entſendungen zu unterſuchung des Weges
und zu Reinigung deſſelben vom Feinde , am 16. úber Bañes ras durch den Col de S. Chriſtina, am 17. bis Paus und am 18. an Tarragona vorüber bis Reus vor.
Hierauf unternahmen am 21. Auguſt 2,200 Mann In fanterie, 300 Mann Kavallerie nebſt 4 Geſchüßen verſchiebe
ner Truppentheile , unter dem bergiſchen Oberſten Geither , eine Rekognoszirung gegen Tarragona , wohin der General O'Donelli
wieder zurücgekehrt war. Wegen Umgehung eines 300 Mann ſtarken , bei dem Gehöfte von Canoja aufgeſtellten feindlichen Vorpoſtens, kamen dieſe Truppen der Küſte ſo nahe , daß fie
von einer engliſchen Fregatte und zwei ſpaniſchen Schaluppen heftig beſchoſſen wurden. Als hiernach General O'Donell mit
2 Bataillonen und mehreren Schüßenabtheilungen von der Beratung dieſer Feſtung , die auf ſeinen Befehl durch 4 Ba taillone der bei Falſet ſtehenden Diviſion Campoverde früher
verſtärkt worden war , dem indeſſen bei Canoja zurückgegange nen Poſten zu Hülfe eilte 1, ſo zogen ſich die Rekognoszirungs
truppen nach zweiſtündiger Kanonade zwiſchen 2 franzöſiſchen und 2 ſpaniſchen Geſchůßen und gleichlangem Infanteriegefechte, von den Spaniern verfolgt, mit nicht unbedeutendem Verluſte
in ihre frühern Stellungen zurück. Gleichzeitig war ein Trup
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pentheil zur Wegnahme der engliſchen Waarenniederlagen nach dem , Tarragona nahe gelegenen, Hafen Salou detaſchirt, jedoch durch das Feuer einer engliſchen Fregatte und mehrerer ſpani: fchen Schaluppen an dieſem Vorhaben verhindert worden .
Nachdem Marſchau Macdonald bis zum 25. Auguſt in und bei Reus verblieben war 1, jedoch zur Belagerung von
Tarragona weder einen Belagerungspark herbeigeführt, noch Magazine dazu angelegt hatte und dieſe, durch den Gene: ral O'Donell von den nöthigſten Lebensmitteln entbloſ'te Ge
gend nicht langer behaupten konnte , auch nachſtdem durch die in Tarragona, Valls und dem Col de Ribas aufgeſtellten Diviſionen dieſes Generals ſich umringt fah , ſo brach er noch deſſelben Tages von dort auf. Er mußte gegen 700 Kranke
und Verwundete in den Hospitälern der Stadt zurüdlaſſen, und hatte bereits über 250 Staliener durch Deſertion nach
Tarragona verloren , daher jekt nichts Dringenderes zu thun, I
als ſich bei Lerida mit dem 3. Korps zu vereinigen und mit
General Suchet, wegen den nächſten Maaßregeln , Rúdſprache zu nehmen.
Seinen Zweck ſuchte er durch eine Scheinbewegung nach dem Col de Balaguer und durch einen darauf folgenden ſchnellen Gegenmarſch nach Alcover zu erreichen ; auch bahnte er ſich am 26. mit Unerſchrockenheit durch die Engpåſſe von Ribas und Momblanch ,1 und durch die Diviſionen von Georget und von Sarsfield, mit Verluſt von ungefähr 400 Kampfunfähigen und
einer Anzahl Fuhrwerke , den Weg nach legterm Orte und traf dann mit der Armee am 29. vor Lerida ein , wo ſie bis Bas
laguer Quartiere bezog. Im Einverſtändniß mit den Bewegungen des Marſchals, überſchritt die bei Barcelona , theils zur Unterhaltung der Verbindung mit Hoſtalrich , theils zur Eröffnung derſelben
von Llobregat gegen die Segreebene zurückgebliebene , 4,000 Mann Infanterie und 200 Mann Kavallerie ſtarke neapoli
taniſche Diviſion Prinz Pignatelli am 23. Auguſt den llo bregat, traf úber S. Coloma de Queralt , welchen Ort fie 29
450
am 26. befekt hielt , gleichfalls bei Leriða ein und ſchloß fich den Truppen des Marſchaus wieder an. Während dieſer Ereigniſſe ſchifften am 10. Auguſt 300 Freiwillige der bei Falſet ſtehenden Diviſion Campoverde über den bro' , überrumpelten im Einverſtåndniſſe mit den Bewoh nern die blos mit 160 Franzoſen vom 3. Armeekorps befekte Stadt Flir , machten die Beſaßung bis auf 20 Entkommene und wenige Gefangene nieder , erbeuteten bedeutende Vorråthe,
und brachten dieſe nebſt den fåmmtlichen Einwohnern und der ren Habſeligkeiten über den Fluß in Sicherheit. Da hierauf der Marechal de Camp , Juan Caro , mit 8,000 Mann von
Valencia zur Entſekung von Tortoſa anmarſchirte, ſo růcte ihm General Suchet mit den am 14. Auguſt zu Ulldecona
vereinigten 11 Bataillonen , 800 Pferden und Feldgeſchůß ent gegen . Doch wartete der ſpaniſche General nach einigen, zwis ſchen den beiderſeitigen Vortruppen ſtattgefundenen , kleinen Ge fechten bei Vinaroz und dabei erlittenem Verluſte von 51 Gea fangenen und 1 Fahne , den Hauptangriff nicht ab , ſondern zog ſich auf Caſtillon de la Plana zurück. General Suchet ließ nun ſeine Truppen auf dem Wege von Tortoſa zurück marſchiren , während er für ſeine Perſon in ſein Hauptquartier nach Mora ging, und von da in Lerida noch vor dem Mar ſchal Macdonald , deſſen Ankunft ihm bereits mitgetheilt war, eintraf.
Dem hier von beiden Generalen ſogleich verabredeten fer
nern Operationsplane zufolge, ſollte General Suchet durch ſchleu nige Herbeiſchaffung von ſchwerem Geſchůk die Belagerung von Tortoſa nun beginnen , indeſſen Marſchall Macdonald Lerida
beſeken, ſowie für Einbringung der Ernte und Unlegung von Magazinen ſorgen ſollte. Aber alles Belagerungsgeſchůk mußte erſt von Mequinenza , entweder auf dem Ebro bei hohem War ſerſtande, oder auf der von da gegen Favara ,1 Mora und von hier gegen Pinel und Xerta nach Tortoſa in einer Strecke von 20 franzöſiſchen Lieues mitten durch ſteile Gebirge und tiefe
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Thåler durch das 3. Korps herzuſtellenden Straße herbeige ſchafft werden.
General O'Donell, deſſen ganze Aufmerkſamkeit auf Ober katalonien gerichtet war , hatte ſeine Urmee ſo aufgeſtellt, daß fie ſich dem Verſuch einer Rückkehr von Seiten des Marſchaus Macdonald nach Tarragona widerſeken oder , wenn dieſer auf
der Straße von Lerida nach Barcelona burchzudringen beabſich tigte , ihm in die Flanke fallen , auch gleichzeitig die , Tortoſa auf dem rechten Ebroufer einſchließenden Truppen in Reſpekt halten ſollte. Daher beſegte eine Diviſion unter dem Baron von Barre Falſet , General Obispo Momblanch und Vinara, Georget zur Deckung der rechten Flanke S. Coloma de Ques
ralt; in Oberkatalonien der Baron d'Eroles den Flobregat, der Oberſt Luis de Creeſt (Greffi) Beſalu und Bañolas , von wo er unaufhörlich Streifzüge bis unter die Mauern von Ges rona machen ſollte, indeſſen der Oberſt Don Philipp de Fleis res zu Lloveras das Thal von Talarn zu decken befehligt war. Seit dem in der erſten Zeit des Auguſt erfolgten ub: marſche des Marſchaus Macdonald aus Oberkatalonien , war die Lage der dort zurückgelaſſenen ſchwachen Truppentheile durch des Feindes unaufhörliche Adarmirungen , Ueberfälle, ſowie durch Mangel und die in dieſem Monat auf das Höchſte geſtiegene, die eingeriſſenen Krankheiten noch vermehrende, drückende Hiße, von Tage zu Tage immer ſchwieriger geworden. So lichteten ſich auch durch tågliche Verluſte die Reihen des feit dem 7. Uuguſt die Garniſon von Gerona mit bildenden , damals ſchon auf ungefähr 650 Dienſtfähige herabgeſchmolzenen , herzoglich ſáchſiſchen Regiments. Denn bei der ohnehin reißenden Abnahme an Mannſchaft durch Krankheiten, bedrohten ein immer angeſtreng terer Feſtungsdienſt, verbunden mit den häufigen , oft angefocha tenen, ſtarken Eskortirungen nach Hoſtalrich und Bascara , dem Fouragiren , Holzholen , der Bewachung des unter dem Bereiche der Geſchüte kümmerlich weidenden Schlachtviehes es mit baldi 1
.
ger gånzlicher Aufreibung, indem der feindliche Oberſt de Creeft (Greffi) mit ſeiner, durch zahlreiche Guerillas unterſtükten, flie !
29 *
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genden Diviſion , mehrmals bis unter die Kanonen der faſt von ihm eingeſchloſſenen Feſtung vorzubringen wagte und die an der Landſtraße von Gerona nach Figueras verſchanzten Punkte, fowie die Konvois beinahe unausgeſept anfiel. Da die ohne
dies verpeſteten Hospitåler ſich immer mehr angefůůt hatten, ſo wurde dem Regimente zu dieſem Zweck ein Kloſtergebåude und eine Kirche angewieſen , wo blos ſeine eigenen Aerzte die Behandlung der Kranken übernahmen . Aber ungeachtet alles
rühmlichen Eifers und der Hingebung der Legtern , hauptſäch lich des gothaiſchen Regimentsarztes Haßkarl und des weima:
riſchen Bataillonsarztes Mirus , raffte doch der Tod zahlreiche Opfer hinweg und låhmte ſo die Thatkraft des Regiments.
Ein Gleiches war auch bei den übrigen , in Oberkatalonien befindlichen , deutſchen Truppentheilen der Fall, und wie ver heerende Krankheiten aller Art unter ihnen wütheten , wird man darnach ermeſſen , daß von dem , unter dem General Schwarz in und um la Bisbal ſtehenden , 5. und 6. Regi:
mente der Diviſion Rouyer am 19. Auguſt allein 500 Kranke in Gerona eintrafen . Da dieſe Feſtung ſo mehr einem großen Hospital und ihre Umgebung einem weiten Leichenfelde glich, wo die wenigen Geſunden auch noch angeſteckt wurden , ſo ging am
26. Auguſt ein Konvoi von 80 Wagen mit Kranken und Vers wundeten , größtentheils vom herzoglich fåchſiſchen und vom 5. und 6. Regimente , gleich falls von der Diviſion Rouyer, nebſt einer Anzahl Laſtthieren unter franzöſiſcher Infanteriebedeckung nach Perpignan ab. Ungehindert und ohne einen Feind zu er: blicken , war derſelbe denn auch bis in die Nähe des , eine
Stunde von Bascara gelegenen Forts, das Kreuz von Fallinas, gekommen , als er von dem daſelbſt im Hinterhalt liegenden Oberſten Luis de Greeft ( Greffi), welcher durch die Belegung
der Höhen links der Straße mit dem Bataillon der Ausge wanderten und 80 Schüben von Llora und Umpurdan die
Verbindung mit Bascara abſchnitt , indeſſen 3 Kompagnien Miquelets und 25 Mann von S. Narciß Huſaren unter dem Kapitain Dreſayre rechts der Straße die Bedeckung des Konvois
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angreifen ſollten , unvermuthet angefallen wurde. Nach dem Beginnen des feindlichen Tirailleurfeuers ließ der Kommandant der Wagenburg dieſe auf einer geeigneten Stelle gedrångter auffahren. Sedoch kaum war dies geſchehen , als das Bas taillon der Ausgewanderten auf die vordern Wagen eindrang und alles von ihrer Bedeckung und von den auf den Wagen
Transportirten , die mit Zuſammenraffung aller Kräfte Rettung verſuchten , ſogleich niedermachte , indeſſen die mit den Ber wundeten und Kranken , ſowie mit Stroh zum lager beladenen Fourgons angezündet und ſo die Unglücklichen lebendig verbrannt wurden. Von den Kranken gelang es blos dem meiningiſchen Hauptmann von Donop, und dem ſchwarzburg-fondershåuſiſchen Major Schumann vom 5. Regimente , in der Verwirrung, während die raub- und mordgierigen Banden über das Ganze herfielen , die Wagen zu verlaſſen und auf ihren an denſelben angebundenen Reitpferden mit großer Mühe und Gefahr nach dem Fort , das Kreuz von Fallinas , ſchleunigſt zu entkommen . Nur einigen Fuhrwerken und Saumthieren glückte das Ent: rinnen auf demſelben Wege.
Der Theil der Eskorte und der Wagen , welcher růd
wärts auf der Landſtraße von Gerona nach Medina ſchnell zu entfliehen ſuchte , fiel größtentheils dem mit aller Macht auf
ſie einſtürmenden feindlichen Truppentheile unter Kapitain Drea fayre in die Hände und fand, mit Ausnahme einer ſehr ge ringen Zahl , den Tod ; nur Wenige erreichten den lebtern Ort. Obgleich eine Abtheilung der Beſakung von Bascara dem Transporte zu Hülfe zu eilen ſuchte , ſo war dieſe doch zu ſchwach, und mußte ſich gleichfalls mit Verluſt zurückziehen . Angeblich betrug der Geſammtverluſt diefes vernichteten Kon vois an 400 Mann ; doch brandmarkte dieſe an wehrloſen Ver
wundeten und Kranken begangenen Gräuelthat den Oberſten Luis de Greeft (Greffi) und ſeine Horde mit unauslöſchlicher
Schande und vermehrte nur noch die gegenſeitige Erbitterung. Die Katalonier wurden , ermuntert durch ſolche für ſie
günſtige Ereigniſſe, in den Umgebungen Geronas tåglich kúh
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ner. Sobald ſich daher eine bedeutende Anzahl derſelben bei Bañolas verſammelt hatte , vereinigte ſich am Abend des 30.
Auguſt unter dem franzöſiſchen General Caillet ein aus dem
1. italieniſchen leichten Infanterieregiment, dem herzoglich ſách fiſchen , 1 Bataillon des 106. franzöſiſchen Linienregiments, 2 Eskadrons Kavallerie und 2 Geſchüßen beſtehendes Detaſche ment im Dorfe Saria bei Gerona , und brach von da um Mit ternacht nach Bañolas zu Ueberrumpelung des Feindes auf.
Am Morgen des 31. Auguſt dort angekommen , fand man jedoch , daß die Katalonier ſich in die Gebirge zurückgezogen hatten , weshalb blos eine 300 Mann ſtarke leichte Infanterie
abtheilung nebſt etwas Reiterei eine Rekognoszirung dorthin unternahm , indeſſen die übrigen Truppen dieſen Tag über vor
Bañolas lagerten. Am Abend brach das Ganze von hier auf und rückte am 1. September früh wieder in Gerona ein. Ganz kurze Zeit nachher betraf die Diviſion Rouyer der
bekannte große, ihre vollige Auflöſung beſchleunigende Ver luſt: der ſeit den erſten Tagen des Auguſt mit dem 5. Regi ment ( Herzoge von Anhalt und Fürſten von Lippe) und dem 6. ( Fürſten von Schwarzburg , Waldeck und Reuß) an den Ufern des Meeres zwiſchen Palamos , la Bisbal und der Aus mündung des Ter aufgeſtellte Brigadegeneral Schwarz, deſſen Truppentheil allmålig auch durch verheerende Krankheiten ſehr geſchmolzen war , und dabei zu ausgedehnte Stellungen zu be haupten hatte , wurde durch General O'Donell , der von ſeiner Schwache und den befekten Poſitionen genau unterrichtet war , durch einen kühnen Handſtreich vernichtet. Dieſer General be: nußte nåmlich die Entfernung des Marſchalls Macdonald von
Oberkatalonien , ſchiffte ſich zu Tarragona mit dem leichten Ba taillon Zarragona und 3 Bataillonen des Regimentes Yliberia
auf 70 Fahrzeugen , gedeckt durch eine engliſche und eine ſpa niſche Fregatte , ein und landete am 6. September bei Blanes und bei Mataro , indeſſen er das zur Einſchließung Barcelonas
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verwendete , 300 Mann ſtarke, Dragonerregiment Numancia vom Llobregat über Granollers und Arenis de Munt an ſich 30g. Hierauf wurden am 12. früh von einer engliſchen Floa tille 200 Mann bei Bagur an das Land gefekt, welche die dort mit 1 Lieutenant, 30 Mann und 2 Geſchůßen befekte
Küſtenbatterie wegnahmen und nach Zerſtörung derſelben ſich, unter Mitnahme der Beſakung, wieder einſchifften , ohne gegen die kleine Garniſon des auf einem Berge liegenden alten Kaſtells von Bagur das Mindeſte zu unternehmen . Nachdem nun General D'Donell am 14. mit bedeutender Uebermacht
die verſchiedenen detaſchirten Poſten des Generals Schwarz eingeſchloſſen und ihnen den , auf la Bisbal als Sammelplatz anbefohlnen Růdzug abgeſchnitten hatte , umzingelte er mit 1 Bataillon , 200 Kataloniern und 50 Mann Kavallerie die kleine
ganz offene Stadt La Bisbal , deren ehemaliges biſchöfliches Gebåude General Schwarz mit ungefähr 350 Mann , worun
ter aber eine Anzahl Kranke ſich befanden , und zur Vertheidi gung des Hauptzugangs mit einem Geſchůke befekt hatte. Er vertheidigte ſich hier bis zum Abend dieſes Tages , wo er je doch , nach braver Gegenwehr und nach einem Verluſte von we: nigſtens 50 Todten und Verwundeten und ohne Hülfe von ir: 1
gend einer Seite , die ihm mehrmals angetragene Kapitulation annahm , vermoge welcher er ſich kriegsgefangen ergab , und wors nach die Offiziere ihre Degen nebſt Equipage und die Gemeinen ihre Torniſter behalten , die Bleſſirten und Kranken aber in
beſondere Obhut genommen werden ſollten . Im Laufe dieſes Tages hatten ſich auch die übrigen detaſchirten Poſten zu Lla goſtera, Tornella-Mongri, Bagur , Palamos und S. Feliu und zulegt die zu Calella , nach heftigem Widerſtande und mit nicht unbedeutendem Verluſt an Todten und Verwundeten, zu ergeben genöthigt geſehen. Es wurden hierauf am 16. die,
angeblich 900 Kópfe ſtarken , Gefangenen, nachdem ſie, dem Ver trage zuwider , auf die ſchonungsloſeſte Weiſe volig ausgeplün dert worden waren , nebſt den 18 eroberten Geſchüßen zu Palamos nach Tarragona eingeſchifft und jene einige Zeit
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nachher von da nach den baleariſchen Inſeln, ſowie ſpåter nach England transportirt. *) Der Feind zählte gleichfalls bei allen dieſen Angriffen eine nicht geringe Anzahl Getódteter und Verwundeter, und General O'Donell ſelbſt hatte eine ſchwere Schußwunde durch das linke Knie erhalten , die den Knochen zerſplitterte, und ihn in der Folge den Oberbefehl auf einige Zeit niederzulegen no thigte. Für das Gelingen dieſes Unternehmens wurde er ſpå ter zum Grafen von La Bisbal erhoben. Da Marſchall Macdonald mit ſeinem Armeekorps , von welchem er blos die neapolitaniſche Diviſion Prinz Pignatelli dem General Suchet auf einige Zeit zur Verfügung überlaſſen hatte , ſeit den erſten Tagen des September von Lerida nach
Agramunt und Servera marſchirt war , ſo wurden die unter dem General Baraguay d'Hilliers, Gouverneur des Ampur dans , Dberkatalonien befekt haltenden und jegt durch den Un fal des Generals Schwarz ſehr geſchwächten Truppentheile,
vorzüglich durch den Guerillaskrieg unaufhörlich in Athem ge halten .
Das herzoglich fåchſiſche Regiment , welches in der erſten Hålfte Septembers durch ein am 2. Juli d..I. von Koburg
*) General Schwarz und die ſämmtlichen Offiziere wurden auf den Inſeln Majorca und Menorca in harter Gefangenſchaft gehalten, jedoch von hier ſpåter nach England eingeſchifft , von wo ſie aber erſt nach Jahren in ihr Vaterland zurückkehrten . Dagegen be:
wogen , die zu Tarragona und ſpåter auf der berüchtigten Inſel Cabrera (einer der baleariſchen) erduldeten , höchſt unmenſchlichen Mißhandlungen , faſt fåmmtliche Soldaten zum Uebertritt in fremde
Kriegsdienſte, und ſo ward eine Anzahl derſelben , namentlich von dem Bataillon der Herzoge von Anhalt , durch den Udjutanten
des Generals Whittingham , Rittmeiſter von Hallberg (jekt Oberſt lieutenant), welcher nach dem unglücklichen Feldzuge 1809 aus den öſterreichiſchen Dienſten in ſpaniſche getreten war , für die auf der Inſel Majorca auf engliſche Koſten errichtete Diviſion Whit: tingham angeworben .
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63 Kópfe ſtark ausmarſchirtes Erſakkommando verſtärkt wor den war , hatte indeſſen wieder bei den unglüdlichen Ereig niſſen in und um la Biskal von einem zu Tornella - Mongri
befindlichen ungefähr 38 Mann ſtarken Detaſchement, gegen
es
20 Mann theils todt, theils verwundet und gefangen verloren . Die übrigen 18 Mann waren an demſelben Tage glücklicher Weiſe beſonders detaſchirt worden , retteten ſich nach Figueras und ſtießen dann in Gerona wieder zu dem Regimente. Nächſtdem hatte dieſes durch die , während der Monate September und Oktober in Gerona graſſirenden , endemiſchen Fieber ſo bedeutende Verluſte an Geſtorbenen , unter denen ſich am 8. September auch der gothaiſche Lieutenant Müller befand, und außerdem noch ſo viele Kranke, daß es am 20. September hier nur noch 17 Offiziere und 113 Mann dienſtfähig zählte, während anſtrengender Dienſt und Elend aller Art die weni:
gen Geſunden einem gleichen Geſchicke zuführte, und das Ganze mit völliger Auflöſung bedrohte. Ueberdieß nåherten ſich die Truppen des General O'Donell, die im Monat September einen Zuwachs von 5,000 Mann,
ſelbſt aus den vom 7. Korps befekten Diſtrikten , ins Geheim neu ausgehobener Katalonier erhalten hatten , von Zeit zu Zeit der Feſtung Gerona ſo ſehr, daß die ſo herabgeſchmolzene Bes ſagung dadurch unaufhörlich allarmirt und die Sicherheit dieſes
Plabes ſehr gefährdet wurde. Deßhalb ſah ſich auch Ge neral Baraguay d'Hilliers genöthigt, aus allen Kommiſſairs, Militairarbeitern und Nichtcombattanten eine Nationalgarde zu errichten, die, mit den Armaturſtücken der in den Spitälern ver
ſtorbenen deutſchen Soldaten bewaffnet, zum Feſtungsdienſte mit verwendet wurde.
Bei ſolcher Abnahme der Feſtungsgarniſon ereignete es ſich auch , daß , als zu dieſer Zeit ein Theil derſelben , unter
welchem die noch dienſtfähigen Ueberreſte des herzoglich ſách fiſchen Regiments ſich befanden, einem von Perpignan kommen: den großen Konvoi als Hůlfsleiſtung nach Figueras hin entgegen : gerůckt war , ſich die nahe der Feſtung und im Einverſtändniſſe
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mit ihren Bewohnern ſtehenden Feinde zu einem Angriff auf dieſelbe anſchickten , ſo daß der Gouverneur in dieſer bedrång ten lage eiligſt und perſönlich die Reconvalescenten und ſelbſt die Kranken in den Hospitålern zu Ergreifung der Waffen aufrief. Jedoch wurde die drohende Gefahr noch dadurch ab gewendet, daß bald hierauf der Transport, deſſen Bededung
die von dem Feinde gegen ihn gerichteten Angriffe zurückge
ſchlagen hatte , glücklich in Gerona eintraf. Dieſe Verlegen heiten vermehrten ſich noch dadurch , daß die Mannſchaft der , die Beſakung von Gerona mitbildenden , neapolitaniſchen Truppentheile , aus den bereits früher angeführten Gründen, ſehr unzuverläſſig war, häufig deſértirte und oft bei Patrouillen und Eskorten , von deutſchen Offizieren befehligt, grobe Erzeſſe und Inſubordinationsvergehen beging , wofür denn auch meh rere derſelben , zum abſchreckenden Beiſpiel, erſchoſſen wurden. Da die Engländer zuweilen Landungen an der nur ſchwach beſekten Küſte von Oberkatalonien verſuchten, ſo brach ungefähr um dieſe Zeit von Gerona und der Umgegend eine kleine bes wegliche Kolonne, beſtehend aus der geringen Anzahl der Dienſt fåhigen des herzoglich ſáchfiſchen Regiments nebſt dem 5. und 6. von der Diviſion Rouyer und wenigen andern Truppen
reſten , unter dem Kommando des waldeckſchen Oberſten von Heringen , gegen den am Meere gelegenen Flecken La Escala auf , wo ſie ſich am Meeresufer mit einer Abtheilung Fran : 30ſen vereinigte. Ueber dieſe zuſammengeſekten , höchſtens 500 Mann ſtarken Truppentheile übernahm hier nun ein Oberft
vom franzöſiſchen Generalſtabe den Befehl, und ſtellte fie, der
beabſichtigten feindlichen Ausſchiffung entgegen , während der dunkeln Nacht hier auf. Als nun auch wirklich engliſche In fanterie gelandet war und die Boote , welche ſie an das Land geſellt hatten, zu Abholung eines zweiten Transports nach den Schiffen zurückregelten , wurde jene von dem erſten in Hinter
halt gelegten Poſten ſo unvermuthet und ungeſtům angegriffen, und die andern Truppen folgten ſo ſchnell dieſem Beiſpiele nach, daß nach einem kurzen, meiſt mit dem Bajonette geführten Ges
!
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fechte, gegen 200 Mann der abgeſchnittenen ſo überraſchten Eng länder 1, mit einem nicht unbedeutenden Verluſte an Todten und Verwundeten , fich ergaben , wogegen die bewegliche Kolonne
ungefähr 6 Getódtete und über 20 Bleſſirte verlor. Mit Ta gesanbruch führte ein Theil derſelben die Gefangenen nach Figueras ab ; die übrigen kehrten wieder nach Gerona zurück. Indeſſen hielt Marſchall Macdonald mit ſeiner Armee während der Monate September und Oktober die fruchtbare
Ebene von Urgel, wo er bedeutende Getreidevorråthe einſam melte, befekt; jedoch hinderten ihn noch immer Verhältniſſe,
7
dem Armeekorps von Aragonien ſich zu nähern und mit dieſem vereint zu operiren. Nachdem er nach unbedeutenden Gefech ten die Spanier aus Solſona vertrieben hatte, unternahm er
am 21. Oktober mit der italieniſchen Diviſion und einigen an: dern Truppen einen Verſuch gegen die, von den Spaniern bes reits in Bertheidigungsſtand geſepte Zitadelle von Cardona und gegen die eben befeſtigt werdende Stadt. Dieſer Angriff blieb jedoch erfolglos und beide Theile hatten einigen Verluſt an Todten und Verwundeten .
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In Oberkatalonien war der Monat Oktober für die Trup
pen am verderblichſten , indem , abgerechnet die Verluſte durch den kleinen Krieg, die verheerenden Krankheiten vorzüglich in Gerona und Hoſtalrich viele Leute dahinrafften. Dieſe große
Sterblichkeit erregte die Aufmerkſamkeit der franzöſiſchen Re: gierung in ſo hohem Grade, daß ſie von Paris aus einen Revue: Inſpektor eigens dahin abſendete, der auch am 18. Oktober die Beſaßung von Gerona muſterte, und bei dem herzoglich
fåchfiſchen Regimente nur noch 27 Dienſtfähige fand. Dabei waren Unſicherheit und Noth noch immer gleich groß , indem Niemand ſich nur eine kleine Viertelſtunde Weges von den
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feſten Punkten entfernen durfte, ohne in feindliche Hinterhalte
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zu fallen. Auf dieſe Weiſe verlor das herzoglich fåchfiſche Re: giment den koburgiſchen Lieutenant von Günther , der in die Hånde der rachegierigen Feinde fiel und ſpurlos auf immer
verſchwand. Höchſt beklagenswerth war übrigens das Elend der
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in den Trúmmern ihrer Håuſer lebenden Einwohner, die meiſt von allem entbloſ't waren , und fich auch von Ekel erregen den Thieren nåhrten *). Durch alle dieſe Kriegsdrangfale hatte das herzoglich fåchfiſche Regiment bis in die erſten Tage des Novembers zwei Drittheile feiner Mannſchaft und zwar nur ſeit dem 9. Auguſt 5 Offi
ziere und 504 Unteroffiziere und Gemeine an Todten verloren ; davon zählte das leichte Bataillon allein in den Monaten Sep tember und Dktober in Gerona 176 Mann , ungerechnet die in
den Hospitälern zu Barcelona, Hoſtalrich , Figueras und Per pignan befindlichen Kranken. Das Regiment hatte zudem eine ſo große Anzahl Kranke in den Lazarethen von Gerona , daß die hier vom gothaiſchen Kontingente verſtorbenen Offiziere, als am 5. Oktober der Lieutenant von Gilfa II., am 28. der Ka pitain Wunder und am 3. November der Lieutenant Fleiſch
mann , aus Mangel an dienſtfähiger Mannſchaft nicht mili tairiſch begraben werden konnten , weil z. B. am 8. Novem
ber nur 16 Offiziere und 7 Gemeine ſeine ganze dienſtthuende Mannſchaft bildeten.
Auch der Diviſionsgeneral Rouyer hatte ſich am 29. Ok: tober genothigt geſehen , ſeiner zerrůtteten Geſundheit halber nach Perpignan zurückzugehen . Unter dieſen Umſtånden waren die das Ampurdan beſegt
haltenden Truppen kaum noch im Stande , die feſten Punkte zu behaupten und ihre Verpflegung aus Frankreich zu ſichern. Da der Marſchall Macdonald in den legten Tagen des
Oktobers vom Gouverneur von Barcelona die Nachricht von
dem, Anfangs November zu erfolgenden Abgang eines Konvois von Perpignan nach Gerona erhielt , ſo ſah er ſich, vorzüglich durch die Gefangennehmung des General Schwarz, zu Deckung *) als Beiſpiel davon führe ich an, daß in Gerona eine Ratte eine Peſeta oder gegen 7 Groſchen koſtete , und daß der dortige Bi ſchof einem weimariſchen Offizier für erzeigte Gefáuligkeiten meh: rere dicfer Thiere zum Geſchenk machte.
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dieſer Zufuhr von jener Feſtung nach Barcelona, zum Auf: bruche mit ſeiner Armee aus den bisherigen Stellungen ge nöthigt. Denn er mußte ſonſt befürchten , daß der Gene: ral O'Donell , der zwar ſeiner bei La Bisbal erhaltenen ſchweren Bleſſur wegen perſönlich zu agiren verhindert war, aber gerade jeßt in ſeinen Anordnungen noch mehr Nachdruck
und bei ſeiner Armee eine noch größere Thåtigkeit zu entfalten ſuchte, dem Konvoi alle Hinderniſſe in den Weg legen würde. Zur Abwehr dieſes Feindes war das in Oberkatalonien unter
General Baraguay d'Hilliers zurückgelaſſene Truppenkorps zu ſchwach, und Barcelona mußte fallen , wenn der Konvoi ver: loren ging. Der Marſchall brach daher am 6. November von Lerida auf, wo er blos die bergiſchen Truppen zurückließ und regte ſeinen Marſch über Calaf am 8. bis Manreſa , welche
Stadt und Umgegend hart mitgenommen wurde , über Moja, Vichy, Hoſtalrich nach Gerona fort, wo er gerade bei einem neuen Unfalle, welcher die Truppen in Ampurdan betroffen hatte,
zur Wiederherſtellung günſtigerer Verhältniſſe eintraf. Dieſes unangenehme Ereigniß beſtand darin , daß eine 3,000 Mann ſtarke Abtheilung nebſt einigem Geſchůt unter dem General
Clement von den zu dieſer Zeit , den dringenden Bitten des Marſchals Macdonald zufolge , von Frankreich in Katalonien
eingerückten ungefähr 5,000 Mann Verſtärkungstruppen am 6. November Olot , den Hauptſammelplaß des Volksaufſtan des in Oberkatalonien , nach einiger Gegenwehr beſetzt und am 7. alle daſelbſt vorgefundenen Kriegsmaterialien genommen hatte. 215 dieſer General aber am 8. November mit ſeiner anſehn : lichen Beute von da nach Caſtellfollit marſchirte, wurde er in der Umgegend dieſes Ortes von der verfolgenden kataloniſchen
fliegenden Diviſion unter Baron d'Eroles ſo heftig angegriffen, daß er unter ſtetem hißigen Gefechte ſich nach Beſalu und von da, obgleich nicht mehr verfolgt, doch ohne Aufenthalt, um nicht
eingeſchloſſen zu werden , zu dem von ihm bei Bañolas und Mata aufgeſtellt gelaſſenen, über 1,000 Mann ſtarken, Truppen theile zurückzuziehen genöthigt war. General Clement, ſelbſt hier:
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bei verwundet , hatte die ganze Beute ſeines Zuges und über 400 Todte verloren , indem alle ſchwer Verwundeten , die nicht
folgen konnten , umgebracht worden waren , während außerdem noch gegen 500 Bleſſirte nach Figueras transportirt wurden. Dagegen betrug der Verluſt des Baron d'Eroles, die bewaff neten Landbewohner ungerechnet, 27 Mann Todte , unter denen
1 Offizier war , nebſt 55 Verwundeten . Marſchall Macdonald brach am 23. November mit dem
beweglichen Theile ſeines Armeekorps und einem großen Konvoi zu einer dreimonatlichen , höchſt nöthigen Verpflegung für Bar: celona aus Gerona und deſſen Umgegend auf , indeſſen er den General Baraguay d'Hilliers mit 14,000 Mann , wobei aber eine ſehr bedeutende Anzahl Kranker ſich befand , zur Vertheis digung in Oberkatalonien zurü & ließ, und traf am 25. Novem ber glücklich ein. Er drang nun am 26. November, nach Zurůd: laſſung einer Garniſon von 6,000 Mann, mit 15,000 Mann ge
gen die Uebergånge des Llobregat vor. Die daſelbſt aufgeſtell ten ſpaniſchen Vorpoſten des Generals Obispo zogen ſich fo
gleich nach Cervello und deſſen geſammte Truppen am 27. nach dem Col d'Ordal und Villafranca zurück. Nachdem der Marſchau am 28. die ſpaniſche Vorpoſtenlinie bei Drdal durch brochen und umgangen hatte, nothigte er den General Obispo
zur Råumung Villafrancas und dann nach einem zwiſchen dieſer Stadt und Arbos beſtandenen Gefechte, bei welchem 2
Eskadrons vom 25. franzöſiſchen Jägerregimente durch die aus einem Hinterhalte hervorbrechende ſpaniſche Kavallerie hart mit: genommen wurden , zum ferneren Rückzuge durch legtern Ort
nach Vendrell und bis Altafulla bei Tarragona. Hierauf ſtellte fich der Marſchall Anfangs December um Valls und Reus auf beiden Seiten des Francoli auf , um nun dem General Suchet zur Belagerung von Tortoſa hůlfreiche Hand zu bieten. Indeſſen waren durch den Abmarſch dieſes Marſchaus aus
Oberkatalonien für die dort zurückgelaſſenen, blos auf die Ver theidigung beſchränkten Iruppen ,1 und beſonders für die ſo un zulångliche Beſazung von Gerona wieder neue Bedrängniſſe
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entſtanden. Denn dieſe Feſtung wurde ſeitdem von den Mi: quelets völlig eingeſchloſſen und ſogar mehrere Male zur Ueber:
gabe aufgefordert , wobei dieſe für jeden Handſtreich auf die thåtigſte Mitwirkung ihrer , durch die Jahre lang erduldeten Kriegsdrangfale auf das Leußerſte erbitterten Bewohner rechne: ten. Die Beſagung von Gerona traf deßhalb alle geeigneten Maasregeln zur äußerſten Nothwehr, hielt die Mannſchaft un: ausgeſekt während der Nacht auf den Alarmplåßen unterm Gewehre bereit, bewaffnete ſogar alle Rekonvaleszenten und Kranke, und wies ſie zur Vertheidigung ihrer Aufenthaltsorte bei einem Angriffe an. Da im Monat November der Geſund heitszuſtand der Beſakung im Ganzen ſich beſſerte, ſo ward dem kleinen waffenfähigen Theile des herzoglich ſåchſiſchen Res giments die Vertheidigung der Baſtion Francisco de S. Paulo angewieſen . Bei demſelben trafen auch am 28. November mit einem
von Barcelona angekommenen Konvoi, die als verwundet in dieſer Stadt zurückgebliebenen Lieutenants von Erayen (von Weimar) und von Schauroth (von Koburg), ſowie 25
Mann von den im Monat Juli in erſterer Feſtung zurü & ge: laſſenen 68 Verwundeten und Kranken , von welchen dort 43
verſtorben waren , ein. Dagegen verlor das Regiment am 29. November zu Gerona einen braven Offizier, den gothaiſchen Kapitain Geier von Geiersberg, durch Krankheit. Da übrigens in dieſer Feſtung in den erſten Tagen des Dezembers ein voll 1
zähliges franzöſiſches Infanteriebataillon von Perpignan als
Verſtärkung der Garniſon einrückte, ſo wurden dadurch die Beſorgniſſe vor feindlichen Unternehmungen bedeutend vermindert. Unterdeß war ein Uebergang der Temperatur von uner tråglicher Tageshike zu empfindlicher Kålte eingetreten , ſo daß in dieſem und dem folgenden Monate hier ziemlich ſtarker Froſt erfolgte und Schnee fiel. Dadurch nahmen die Krankheiten zwar ab , jedoch litt das Herzoglich ſächſiſche Regiment haupt ſächlich wieder dadurch ſehr, daß in ſeiner wandelbaren , durch 1
I
das Bombardement bedeutend zerſtörten Kaſerne, bei völligem
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Mangel an aller Fenſterverſchließung, ſowie an Thüren , und felbft dem größten Theile der Dachung , Regen , Kålte und
Wind allenthalben eindrangen , auch das Innere nicht geheizt werden konnte. Eine Anzahl Soldaten brach ſogar durch die Fußboden durch, wobei ſie ſich ſehr beſchädigten und ein Mann auf der Stelle todt blieb.
Obgleich indeſſen General Suchet in Niederkatalonien alle Anſtalten zur Belagerung von Tortoſa mit raſtloſer Thåtigkeit betrieben hatte, ſo wurde dieſe dennoch verzögert, indem abgeſehen davon, daß er ſich durch die valencianiſche Armee unaufhörlich
bedroht ſah , auch der ſchwierige Transport auf dem im Som mer ſeichten Ebro , oder auf dem langen ſo beſchwerlichen Ge birgswege, auf welchem derſelbe eine bedeutende Anzahl Zugthiere erforderte, und überdieß mit ſo mancherlei Gefahren verbunden
war , nur langſam von Statten ging. So traf auch der durch die neapolitaniſche Diviſion Prinz Pignatelli gedeckte Trans port von Mequinenza zu Waſſer erſt am 5. September zu Xerta ein. Als hierauf am 17. September ein die Stadt Flip
und ihr Fort beſetzt haltendes neapolitaniſches Bataillon dieſer Diviſion , zur Deckung eines von Mequinenza nach Xerta, zum Abgehen zu Waſſer bereitliegenden Artillerietransports, auf das
linke Ebroufer gerückt war , wurde es von einer ſtarken ſpani ſchen Kolonne angegriffen, ließ ſich umringen und ſtreckte ſodann, ungeachtet aller von ſeinem Kommandanten Labrano erganges
nen Aufforderungen zum Widerſtande, die Gewehre; Labrano ſelbſt wurde dabei verwundet. Es war übrigens ein Glück, daß der Transport wegen des niedrigen Waſſerſtandes noch nicht hatte abgehen können. Um dieſen Schimpf für die nea
politaniſche Diviſion wieder gut zu machen, ließ General Suchet am 21. September 800 Mann derſelben, vereint mit 800
Mann vom 116. franzöſiſchen Infanterieregimente, den Feind, der die Höhen des rechten Ufers mit Macht beſetzt hielt , an:
greifen , wobei die Neapolitaner , die Angriffstête bildend , den höchſten Muth entwickelten und die Spanier in die Flucht ſchlugen .
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Da Anfangs November der Waſſerſtand des Ebro fich bedeutend gehoben hatte , ſo gingen am 3. November 17 mit Belagerungsgeråth beladene kleine Fahrzeuge von Mequinenza nach Tortoſa ab , wurden aber während ihrer Fahrt in einem Engpaſſe durch 700 Spanier angegriffen , verloren 2 Barken und an Getódteten , Verwundeten und Gefangenen 27 Frans
zoſen und Neapolitaner. Doch war ungeachtet aller zu Waſſer und zu Land in den Weg gelegten Hinderniſſe, alles von Sei ten der Artillerie und des Genies zur Belagerung Erforder:
liche am 9. November zu Xerta zuſammengebracht.
Hierauf ließ General Suchet , zur Erleichterung der Àn nåherung des Marſchalls Macdonald , die bisher Falſet beſett haltende ſpaniſche Diviſion am 19. November durch die Ges
nerale Habert und Abbé lebhaft angreifen, wobei dieſer Ort, die feindlichen Lager , Magazine, Munitionsvorråthe, viele Ge wehre genommen und die Spanier ſelbſt bis jenſeits Falſet verfolgt wurden. Außer 50 Mann an Todten verlor der Feind auch 14
Offiziere und 300 Gefangene, unter denen ſich der ehemalige Gouverneur von Tortoſa , Brigadier Garcia Navarro , befand. In der Nacht vom 26. auf den 27. November unter :
nahm der Oberbefehlshaber der valencianiſchen Armee, General
Baſſecourt, zur Entſeßung von Tortoſa, mit 9,000 Mann einen Angriff auf die bei Ulldecona , zur Deckung der Belagerung, aufgeſtellte Diviſion des Generals Musnier vom 3. Armee korps , wurde jedoch völlig zurückgeſchlagen und dabei auf der Straße von Vinaroz nach Benicarlo von der franzöſiſchen Kavallerie verfolgt, ſo daß er an dieſem Tage 2,500 Gefan gene verlor und ſich nach der Feſtung Peniscola flüchtete. Bald nachher vollzog Marſchall Macbonald mit 15,000 Mann über Momblanch, Prades, Cornudella am 13. Dezem :
ber zu Mora ſeine Vereinigung mit dem General Suchet und befekte die ſo feſte Stellung von Gineſtar, wobei er ſeinen lin : ken Flügel an den Ebro ſtůkte und der Lektere fein Haupta quartier nach Xerta verlegte. 30
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Dagegen befekte die ſpaniſche Diviſion Yranzo Momblanch, während die Diviſion Campoverde auf Riu de Col marſchirte,
General Obispo mit 3,000 Mann zu dieſem ſtieß und der übrige Truppenreſt unter dem General Caro an dem Llobregat verblieb. Indeſſen General Suchet den General Musnier mit einem
Korps zu Uudecona zur Beobachtung der valencianiſchen Ar: mee aufgeſtellt ließ , vollzog er am 15. Dezember die Ein
ſchließung von Tortoſa, wo gleichzeitig der General Valée, zur nöthigen Verbindung der beiden Ufer des Ebro , ober
halb und unterhalb des Plages ſchnell drei Schiffbrücken ſchlug, die ſpåter noch durch eine vierte vermehrt wurden. Db gleich der Marſchall Macdonald ſich mit ſeiner Armee zur Deckung der Belagerung gegen die feindlichen Angriffe von Tarragona her bei Perello aufgeſtellt hatte , ſo kehrte er doch,
aus Mangel an Unterhaltsmitteln , bald wieder in die Poſition von Gineſtar zurück und trat von ſeinen Truppen die 6,000 Mann ſtarke Diviſion unter General Frère, bei welcher die italieniſche Brigade Palombini und das 24. Dragonerregiment fich befanden , zu des Generals Suchet Verfügung ab. Ges neral Suchet ließ dieſe hinter den Truppen des Generals Ha rispe , auf der Straße von Ampoſta , von wo der Feind von Tarragona her etwas unternehmen konnte , eine Stellung neh men. Hierdurch verhinderte der Marſchall Macdonald ſpåter die, von Seiten der kataloniſchen Armee verſuchte Einbringung zweier für Tortoſa beſtimmten Konvois mit Lebensmitteln. Nachdem alle nöthigen Vorkehrungen getroffen waren ,
eröffnete das Belagerungskorps vor Tortoſa am 20. Dezember die Tranchée gegen das Fort Orleans und förderte ſo bis zum 28. Dezember mit unaufhaltſamer Schnelligkeit ſeine Bela gerungsarbeiten. Die dadurch und durch das Errichten von Batterien auf der ganzen Angriffsfronte ſehr bedrohte und be unruhigte Garniſon , unternahm an dieſem Tage , nach einem vorangegangenen fürchterlichen Bomben- und Haubigen -Feuer, mit 3,000 Mann einen Ausfall, drang in die Tranchéen ein ,
vertrieb die Belagerer von der Krónung des bedeckten Weges,
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rúdte theilweiſe bis an die zweite Parallele vor, ſteďte die Schanz körbe in Brand und warf einen Theil der Laufgråben zu. Deſſen ungeachtet ward der Feind nach einem blutigen Hand gemenge in größter Unordnung und mit einem Verluſte von beinahe 400 Todten und Verwundeten in den Gråben oder auf dem Glacis , in die Feſtung zurückgeworfen , wobei aber auch die Belagerer eine Anzahl Leute verloren. Nachdem dieſe wah: rend der Nacht auf den 29. September die zerſtörten Arbei: ten wiederhergeſtellt hatten , eröffneten mit Anbruch dieſes Ta
ges 45 ihrer Geſchůße das Feuer. Die Belagerten erwieder : ten es zwar auf das Heftigſte, aber das des Fort Orleans und mehrerer Baſtionen wurde bald faſt gånzlich zum Schweigen gebracht und dabei die Schiffbrücke beinahe völlig zerſtört. Als hierauf am 30. mit Tagesanbruch die Belagerer ihr Feuer wie der begonnen und beinahe alle Geſchůte der Angriffsfronte, ſo wie die des Forts Orleans gezwungen hatten, das ihrige einzu: ſtellen , wurde die im Haupttheile des Plates angefangene
Breſche zugänglich gemacht.
In der Nacht vom 30. auf den
31. Dezember 1810 ward das Schloß und der es umgebende
Stadttheil von den Mörſer- und Haubik - Batterien bewor fen , wodurch an mehrern Orten Brand entſtand, und durch das am Tage weniger heftig fortgeſetzte Feuer der Batterien, welches die Belagerten, die auch während der Nacht den Brücken : kopf geråumt hatten, nicht mehr erwiederten , wurden die offenen
Breſchen im Fort Orleans und im Haupttheile des Plages erweitert. Hierauf pflanzte am 1. Januar 1811 Vor: mittags 10 Uhr, die ſowohl wegen der Deffnung der Breſchen als auch wegen der Arbeiten des Mineurs und des zu befürch
tenden Sturmes beſtürzte Beſakung die weiße Fahne auf, wo rauf von beiden Seiten das Feuer ſchwieg und der Feſtungs gouverneur , Graf d'Alacha, durch zwei Parlementairs die Be: dingung ſtellte, daß ein fünfzehntågiger Waffenſtilſtand ge ſchloſſen und daß , wenn während deſſelben ihm keine Hülfe
würde , die Beratung mit ihren Waffen und ihrem Gepäcke nebſt 4 Kanonen nach Tarragona geleitet werden ſollte. Dies 30 *
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ſer Antrag wurde aber vom General Suchet verworfen und
von ihm ausdrüdlich verlangt , daß die Garniſon kriegsgefan: gen nach Frankreich abgeführt werden, die offiziere jedoch ihre Degen und Equipage behalten ſollten. Da indeſſen die Ka 1
pitulation nicht zu Stande kam , ſo ſekte der Mineur in der Nacht vom 1. auf den 2. Januar ſeine Arbeit fort und das
mit Tagesanbruch aus allen Batterien der Belagerer begonnene
heftige Feuer machte bis zum 2. Januar Mittags die zwei Bres ſchen gangbar.
Als zu dieſer Zeit der General Suchet Feuer
an die Mine legen laſſen wollte und ſeine Truppen ſich zum Sturm anſchickten , pflanzte die Beſakung 3 weiße Fahnen auf der Stadt und den Forts auf ; deſſen ungeachtet ließ der
General rückſichtlich der nichtigen Ergebniſſe des vorigen Tages, das Feuer fortſegen , ſendete die abermals an ihn abgeſchickten Parlementairs in den Plaß zurück und verlangte,1 als vorläufige Bedingung zu einer Kapitulation , die augenblickliche Einråu mung eines der Forts an ſeine Truppen. Da aber der greiſe Gouverneur wegen ſeiner unruhigen Befakung zu keiner Ent: ſcheidung kommen konnte , ſo unternahm der General Suchet ein
kühnes Wagſtůd, indem er ſich perſönlich in das Schloß begab, wo er , nachdem der ganz überraſchte Gouverneur ſogleich zu ihm herangeeilt war , die daſelbſt unter den Waffen ſtehende und ſcheinbar entſchloſſene Beſakung, deren Kanoniere an ihren Geſchůßen nur den Befehl, das Feuern wieder zu beginnen, er: warteten , in einem ſtolzen Tone anredete, indem er ſich gegen fie wegen der noch nicht erfolgten Uebergabe eines Forts be ſchwerte und ihr bemerkte, daß ſeine Soldaten vom Sturme kaum mehr zurückzuhalten wären und daß er die Garniſon über die Klinge ſpringen laſſen würde , weil , nachdem ſie zu kapituliren verlangt håtte , nun ſich unſchlüſſig zeige, obgleich breite gangbare Breſchen vorhanden waren und alles , um die
Walle auf ein von ihm zu gebendes Zeichen in die Luft zu ſprengen , bereit ſei.
Dieß entſchloſſene Benehmen bewirkte , daß ſogleich auf
einer Kanonenlaffette eine kurze Kapitulation niedergeſchrieben
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und unterzeichnet wurde , worauf alsbald der General Suchet das Schloß und die Stadt beſetzen ließ und die Beſakung ſofort die Waffen niederlegte und als Kriegsgefangene über Xerta nach Frankreich abgeführt wurde.
Dem Belagerungskorps fielen hier 9,461 Gefangene, 182 Geſchůze, 30,000 Bomben und Kugeln , 150,000 Pfund Pul
ver , 2,000,000 Infanteriepatronen , Blei zu Anfertigung von noch 1,000,000 derſelben, 10 bis 11,000 Flinten und 9 Fahnen
in die Hände. Außerdem hatten die Belagerten während der fechsmonatlichen halben Blokirung, ſowie bei der 17 tågigen Belagerung , den 13 Nächten offener Tranchée und fünftågi:
gen Bombardement ungefähr 1,400 Todte , dagegen die Be: lagerer deren 400 Mann verloren. Die Geſchüße der erſtern
hatten 20,000 Schüſſe und die 10 mit 45 Stücken bewaff neten Batterien der legtern während der fünftågigen Beſchießung 300 Schüſſe aus jedem Geſchübe gethan.
Der Fall von Tortoſa war , wegen ſeiner Lage an der Mündung des Ebro, ſowie wegen der Hůlfsmittel und Reicha thúmer , die es in ſich ſchloß , für die Armee und die Provinz
von Katalonien ein ungeheuerer Verluft, da jene fich nun in Tarragona , deſſen Feſtungswerke noch unvollendet waren, vereinigen mußte und das Königreich Valencia jept den feind: lichen Einfällen geöffnet war. Der beeilten Uebergabe dieſer Feſtung wegen wurden auch ihre erſten Befehlshaber, während ihrer Gefangenſchaft in Frank reich , durch ein in Tarragona abgehaltenes Kriegsgericht ihrer .
Ehre verluſtig und zum Tode verurtheilt.
Bereits während der Belagerung von Tortoſa hatte Ges neral D'Donell, ſeiner bei La Bisbal erhaltenen ſchweren Ver wundung wegen, den Oberbefehl über die Armee und die Pro
vinz Katalonien dem General Yranzo zu übertragen und nach Majorca zu gehen ſich genöthigt geſehen *). *) General O'Donel, Graf von la Bisbal, ſtarb am 17. Mai 1834 zu Montpellier.
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Nach dem Falle von Tortoſa 30g Marſchall Macdonald die dem General Suchet während der Belagerung überlaſſene Diz viſion Frère wieder an ſich und richtete nun den Marſch
feines Hauptkorps , mit Ausnahme der zu Mora und am Ebro zurüdgelaſſenen neapolitaniſchen Diviſion , durch die Ges birge gegen Reus und am 10. Januar bis Tarragona , welche Gegend er aber von allen Lebensbedürfniſſen entblof't fand. Von hier drang er gegen Vals vor , welches von dem General Campoverde befekt war , vertrieb dieſen von da , und wendete ſich fodann nach Momblanch und endlich wieder nach Lerida, um, hier und in der Ebene von Urgel aufgeſtellt, ſich zur Bes lagerung von Tarragona vorzubereiten . Kurz darauf fand auch
ein günſtiges Ereigniß für das 7. Korps in Katalunien dadurch Statt , daß ein von Toulon unter Eskorte von drei Fregatten
und einem Aviſoſchiff abgegangener Konvoi von 12 Frachtſchif fen Barcelona mit 22,000 Zentner Getraide , 1,500 Zentner Reis , 50,000 Pfund Pulver u. f. w. verproviantirte , ſo daß dadurch dem Marſchall nun alle Befürchtungen für dieſen To
wichtigen Plak benommen und auch ſeine Operationen in Nie derkatalonien erleichtert wurden.
In Oberkatalonien hatte zwar der kleine Krieg fortgedauert, jedoch die Sterblichkeit der Truppen ſich in etwas vermin: dert. Indeſſen wurde bereits in den erſten Tagen des Monats
Dezember die Diviſion Rouyer aufgelöſt, da das 4. , 5. und
6. Regiment derſelben durch die Folgen des Kriegs bis auf wenige Ueberreſte herabgeſchmolzen waren und das 3. Regiment derſelben (Herzog von Naſſau ) , wie ſchon früher angeführt worden iſt , bereits ſeit dem Monat April die Beſagung von 1
Barcelona mit bilden half.
Da nun das herzoglich fåchfiſche Regiment in dieſem Mo
nat abermals eine Anzahl Soldaten nebſt den 2 Lieutenants Reiche ( von Meiningen) und von Taubenheim (von Hildburg hauſen ), von denen jener am 3. Dezember zu Gerona und dies
fer am 23. deſſelben Monats zu Perpignan ſtarb , und über haupt ſchon in dieſen beiden Orten und zu Figueras über 900
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Mann mit 10 Offizieren an Todten verloren , und nächſtdem auch einen wiederholten Abgang durch Invalidgewordene hatte , un ter denen der Kapitain Meiſter (von Gotha) ſich befand , und
die am 15. Dezember nach Sachſen zurückgekehrt waren , ſo erhielten die Trümmer deſſelben nebſt denen des 5. und 6. Re: giments am 22. Januar 1811 den Befehl zum Abmarſche nach Frankreich. Zugleich bekam es ſeine Beſtimmung nach Agde, ſowohl zur Mitwirkung bei der Deckung der Küſte des ſüdli chen Frankreichs , als auch zu der ſo nothigen Erholung in
einem geſunden Klima und um dort den Zuwachs ſeis ner Rekonvaleszenten aus den ſpaniſchen und franzöſiſchen Hospitålern zu erwarten. Es brach daher am 23. Januar, blos mit Zurüdlaſſung von 1 Offizier und 20 Mann zur Nach führung der in den Spitälern von Gerona , Figueras , Per pignan und Narbonne noch befindlichen Soldaten und der von den Verſtorbenen des Regiments in dieſen Orten zurückgelaſſenen Armatur- und Montur - Stücken , aus Gerona auf , während
in Katalonien von den deutſchen Kontingenten nur die Regi menter Naſſau *) und Würzburg in Barcelona und die bergi:
ſchen Truppen in Lerida als Beſaßungen zurückblieben. Das Regiment traf dieſen Tag Abends 9 Uhr in Figueras , hier: auf am 24. , die Pyrenåen úberſchreitend , in Boulou und am
25. in Perpignan ein , wo es am 26. Raſttag hielt. Von hier trat es am 27. , unter Mitnahme der am 29 .
Upril 1810 im daſigen Arſenale vom weimariſchen Kontingente *) Dieſes Regiment wurde , nachdem es in Folge dieſes Feldzugs viele Leute verloren hatte , durch den Marſhal Suchet in den
Ickten Monaten des Jahres 1813 in Katalonien, in Folge der durch den Krieg in Deutſchland für den Kaiſer Napoleon ſich ſo un günſtig geſtaltenden Ereigniſſe , unvermuthet entwaffnet und kurz darauf nach Frankreich abgeführt, wobei es jedoch einigen Offi zieren , welche, mit Erlaubniß, der gefangenen Kolonne vorausge: gangen waren , gelang , in der Gegend von Gerona zu entkom: men und von da ſpåter nach Villafranca zu gelangen , worauf ſie von Tarragona aus in das Vaterland eingeſchifft wurden .
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deponirten 168 Stück gezogenen Büchſen , im Ganzen 231 Kópfe ftark, feinen Weitermarſch an , während 144 Mann in
den Hospitålern in Katalonien und in Frankreich zurůdblieben und traf über Salces , Sigean , Narbonne und Beziers am 31. Januar in der im Departement de l'Herault und am mit: telländiſchen Meere gelegenen Stadt Ugde ein , wo ſeine ganze Stårke noch 41 Offiziere und 189 Unteroffiziere und Gemeine betrug. Gleichzeitig rückten die Ueberreſte des 5. Regiments ( Herzoge von Unhalt und Fürſten von Lippe), ſowie des 6. ( Fürſten von Schwarzburg, Waldeck und Reuß) in die Quar: tiere von Collioure und Port Vendre ein . Die Truppen erhiel
ten ſeit dem Einmarſch in Frankreich von der franzöſiſchen Regierung, anſtatt der Naturalverpflegung, eine Entſchädigung an Geld und die Unteroffiziere und Gemeinen außerdem noch
tåglich jeder eine Brodportion von 1,1/2 Pfund. Vom Regimente gingen abermals und zwar am 30. Ja nuar von Perpignan aus die bereits ſeit Mitte Dezembers vorigen Jahres von Gerona dort eingetroffenen Lieutenants von Crayen (von Weimar) und von Schauroth (von Koburg), we gen ihrer bei Manreſa erhaltenen Wunden als dienſtunfånig,
nach Sachſen zurück. Dagegen trafen bei demſelben in den erſten Tagen Februars eine kleine Anzahl aus den Hospitålern entlaſſener Kranker, ſowie am 10. dieſes Monats das aus 1 Offizier und 20 Mann beſtehende , zu Gerona zurückgelaſſene, Detafchement wieder ein , welches aber blos 525 Stück Ge
wehre, Såbel und Patrontaſchen der Todten , die an Zahl weit bedeutender waren , ausgeliefert erhalten hatte , jedoch ſelbſt dieſe, der durchaus fehlenden Transportmittel wegen , im Zeug hauſe zu Perpignan zu deponiren genöthigt worden war. Obgleich das Regiment fich in Agde eines ſehr geſunden Klimas , einer guten Verpflegung und eines angemeſſenen Dienſtes , bei welchem es ſeit dem 11. Februar das ſüdlich .
nicht weit davon auf einem Felfen gelegene uneinnehmbare
Fort Brescou , deſſen Magazine , Kaſematten und Batterien in den Felſen gehauen ſind ,1 täglich mit 1 Offizier und 23
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Mann mit befekte, zu erfreuen hatte, ſo verlor es doch bis Ende Februars abermals 17 Todte und es befanden ſich außer : dem noch in den Hospitalern Kataloniens und Frankreichs mit Agde 14 Offiziere und 107 Soldaten als Kranke. Da aus
Katalonien nicht leicht ein Militair nach Deutſchland entlaſſen
wurde , wohl um ungünſtige Eindrücke zu vermeiden , die durch die wahren Nachrichten über den Gang des Kriegs in Spanien
entſtehen mußten , ſo gingen nun von hier aus der Kapitain von Buttlar (von Meiningen ), ſowie die Lieutenants von Schle: gel und von Altrod (von Weimar) nebſt einer Anzahl Solda ten nach Sachſen zurück.
Der Monat Mårz verging hier ruhig , ausgenommen daß von Zeit zu Zeit engliſche Kriegsſchiffe der Küſte fich nahten, worauf jedesmal ein Theil der Beſaßung ausrückte, und wah rend der Nacht am Strande bivouakirte. Endlich , nach mehrmos natlicher Belekung der Stadt Agde, deren geſundes Klima einen ſehr heilſamen Einfluß auf die Herſtellung der Kranken gehabt
hatte , brach , in Folge einer vom Diviſionsgeneral Chabot zu Montpellier erhaltenen Ordre, das herzoglich ſächſiſche Regiment nebſt dem 5. und 6. am 13. April nach Met auf. Es traf über Montpellier , Nismes , Valence , Lyon , Mâcon , Dijon , 1
Langres, Neuf- Chateau über Colombey, Toul, Pont à Mouſſon am 17. Mai in Meß ein.
Von hier aus gingen vom gothaiſchen Kontingente der Kapitain von Tümpling und lieutenant von Schauroth nebſt einigen Soldaten , ſowie ſpåter noch und zwar von Homburg aus der Lieutenant Wunder als untauglich oder mit Abſchied nach Sachſen zurück, ſo daß nun vom herzoglich ſåchfiſchen Regimente während dieſes ganzen Feldzugs 7 Offiziere und 83 Mann als invalid nach Hauſe entlaſſen worden waren.
Nachdem es in Metz bis zum 5. Juni den Garniſon: dienſt mit verrichtet hatte , während es zu dieſer Zeit blos
noch 1 kranken Offizier, den Lieutenant Bachof von Echt (von Gotha) hier , ſowie ungefähr 70 Mann in den verſchiedenen Hospitålern Kataloniens und Frankreichs zählte, brach es nach
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Sachſen auf und langte über Saarbrück, Homburg und Mainz, wo ſeine kleine Schaar am 16. Juni frůh 3 Uhr den Rhein überſchritt und mit hoher Freude des deutſchen Vaterlandes
Boden wieder betrat und begrüßte , dieſen Tag in Frank: furt ein.
Nach dem Raſttage am 17. und der erfolgten Auflöſung der Regimentsverhältniſſe, indem die verſchiedenen Kontingente 1
am 18. von hier den geraden Marſch nach ihrer Heimath an
traten , trafen die noch aus 38'Offizieren , 249 Unteroffizieren und Gemeinen beſtehenden Trümmer derſelben vom 24. bis
mit dem 28. Juni in den verſchiedenen Friedensgarniſonen ein, wo allenthalben feierlicher Empfang ihre Rückkehr bezeichnete. *) Aber ſehr bedeutend war der Verluſt des Regiments wåh
rend dieſes Feldzugs ungeachtet ſeiner nur etwas über zehenmonat lichen Dauer , und zwar wie folgt: Seine Stärke bei dem am 18. Januar 1810 erfolgten Rheinübergange bei Mannheim be trug 32 Offiziere und 1194 Mann Unteroffiziere und Gemeine, wozu es noch in den Monaten Februar , Mårz und April dieſes Jahres 38 Offiziere und 1,229 Mann Erſaktruppen nachgeſendet erhielt , ſo daß ſeine nach Katalonien marſchirte Geſammtzahl 70 Offiziere und 2,423 Mann ausmachte. Hier von zählten noch die im Monat Juni in die Friedensgarniſo nen eingerückten Kontingente 38 Offiziere und 249 Unteroffi ziere und Gemeine , während fich 1 Offizier und ungefähr 70 Mann in den verſchiedenen Hospitålern Kataloniens und Frank: reichs befanden , von denen aber eine Anzahl ſtarb. Beide Abtheilungen zuſammen ergaben für das Regiment einen Bes ſtand von 39 Offizieren und 319 Mann , die , von der gegen Katalonien verwendeten Hauptzahl abgezogen, ſeinen ungeheuern
Totalverluſt von 31 Offizieren und ungefähr 2,104 Unteroffi zieren und Gemeinen , ausſchließlich der noch ſpåter in den eben *) Die Liſte dieſer Offiziere nebſt der ſummariſchen Angabe der un : teroffiziere und Gemcinen der verſchiedenen Kontingente folgt in der Beilage III .
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gedachten Hospitålern Geſtorbenen, ausweifen. Hierbei iſt noch zu bemerken , daß die Gefangenen des Regiments bis auf ſehr wes nige für immer verloren waren , indem ein Theil davon in den
Gefängniſſen oder auf den Pontons Spaniens dem ſchrecklichen Elende unterlag , während ein anderer Theil aus Unteroffizieren und Gemeinen durch Drangſale aller Art zur Annahme frem der Kriegsdienſte vermocht wurde und darin ſeinen Tod fand.
So kehrte denn von ihnen nur eine äußerſt geringe Anzahl nach vieljähriger Abweſenheit in das Vaterland zurück. *
Schließlich iſt nun noch, zur Vervollſtåndigung der Kriegs geſchichtlichen Ereigniſſe des herzoglich fåchfiſchen Regiments, des Schickſals der Gefangenen zu gedenken , deren Mitgefährte der Verfaſſer dieſes Werks während einer vierjáhrigen harten Ge
fangenſchaft war, und wobei er, von Kerker zu Kerker herumge führt, mit Allen daſſelbe Loos gleich dem gemeinſten Verbrecher theilte. Die Beſchreibung folge hier in gedrängter Kürze und mit Uebergehung des größten Theils der unausgefegten Leiden und Drangſale, womit dieſe Zeit angefüllt war , ſo wie mit
Vermeidung einer Schilderung von obgleich nur zu wahren, doch zu důſtern ſelbſt oft das Bartgefühl der Leſer beleidigenden Farben. Die am 5. April 1810 auf dem Rückzuge von Manreſa von den Kataloniern noch am Leben gelaſſenen Gefangenen wurden großentheils bis zur höchſten Entbloßung ausgeplún
dert , und im hůlfloſeſten Zuſtande unter Mißhandlungen
mancherlei Urt in ein im Walde vereinzelt gelegenes Gehöfte transportirt. Sie hatten ihr Leben , wie früher ſchon erwähnt,
lediglich dem Menſchlichkeitsgefühle und kräftigen Verfahren des hochherzigen Generals Milans *) , Befehlshaber der be *) Don Francisco Milans , früher Offizier im Regiment der ſpani
ſchen Garden , ſpåterhin Marechal de Camp , war in die Ver:
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waffneten Volkshaufen und dem braven Kapitain Molo mit ſeiner Abtheilung ſpaniſcher Schweizertruppen, endlich auch zum Theile dem Umſtande zu verdanken, daß ſie Deutſche waren, und vielleicht zum Uebertritt in ſpaniſche Dienſte gewonnen werden konnten. Der Verfaſſer ſelbſt wurde ,1 von Miquelets gånzlich ausgeraubt, der Obhut von zwei raub- und mordjůchtigen Kataloniern über: geben , und ſchuldet die Erhaltung ſeines Lebens blos dem
Menſchlichkeitsgefühl eines bei ſeiner peinlichen Transportirung ihm im Walde begegnenden ſpaniſchen Schweizerſoldaten, der zu ſeinem Schuße der Eskortirung ſich anſchloß. Beide Gue: rillas wurden darüber auf das Höchſte erbittert , weil ſie nun die bei der Verfolgung der Hauptkolonne unter General Schwarz zu hoffende Beute einbüßten ; unter fürchterlichen Verwünſchun gen und Geberden ſchlugen ſie von Zeit zu Zeit mit ihren Geweh ren drohend auf ihren Gefangenen an, als wollten ſie ihn nieder :
ſchießen, um ſich von ſeiner låſtigen Transportirung zu befreien . Unſer Weg führte dabei über die vom naſſauiſchen und ſáchfi ſchen Detaſchement von Manreſa aus eingeſchlagene Rückzugslinie, welche auch von einer nicht geringen Unzahl gefallener Gueril las und Miquelets bedeckt war , und noch jest treten mir alle die Schreckensbilder der von dem Feinde an den Todten oder
noch mit dem Leben zuckenden Verwundeten verübten Schanda thaten lebhaft vor die Seele.
Nachdem die geſammten Gefangenen in jenem im Walde gelegenen Bauernhofe in Verwahrſam gebracht worden waren , verlangten die ſowohl durch den 14tågigen hartnäckigen Wider ſtand in Manreſa als auch hauptſächlich durch die vom Genes
ral Schwarz befohlene Herausnahme der Orgelpfeifen der dorti gen Stiftskirche und deren Verwendung zu Kugeln , als eine Entheiligung der Kirche, auf das Höchſte ergrimmten Volkshaufen den Tod der Gefangenen ,I und zwar ſollten die Offiziere ſogleich ſchwörung des Generals lacy mit verwickelt , weßhalb er Spanien verließ und ſich lange Jahre in Montpellier aufhielt, von wo er im Mai 1834 in ſein Vaterland zurückkehrte.
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erſchoſſen ,1 die in einem Stall eingeſperrten Soldaten darin verbrannt werden ! Ein kataloniſcher Franziskanermånch , der franzöſiſch ſprach , erſchien auch ſchon bei den Offizieren , um ſie .
gleichſam auf Alles vorzubereiten .
Doch die vom General
Milans und Kapitain Molo genommenen höchſt energiſchen Maaßregeln retteten die Gefangenen , obwohl nur mit der große ten Mühe , von dem ihnen zugedachten Looſe. Nachdem fie hier ohne die mindeſte Nahrung und die Berwundeten ohne Verband , dabei den Tod jeden Augenblick gewärtigend , bis zum 6. geblieben waren, wurden ſie an dieſem Zage nach Man
reſa transportirt. Bei ihrem Einzuge in dieſe Stadt hatten ſie das Schrecklichſte zu befürchten , und entgingen auch nur, durch die Entſchloſſenheit des Generals Milans und des Kapitains
Molo , deren Leben ſelbſt dabei gefährdet ward , ſowie durch einen Theil der unter den Waffen ſtehenden Diviſion Campo verde geſchůkt, kaum dem ihnen zugedachten Blutbade. Die indeffen wieder nach Hauſe zurüdgekehrte und nach Rache dürftende Manreſaer Bevólkerung empfing fie ſchon vor der Stadt mit Verwünſchungen und einem Hagel von Steinwurs
fen , wodurch auch eine Anzahl Gefangener und ſelbſt einige der ſpaniſchen Schweizerſoldaten verwundet wurden. Ihre Mordgier ward durch den Ruf der mit gezückten Dolchen und Meſſern verſehenen fanatiſchen Mönche ,,Nieder mit den
Kirchenråubern , ſchneidet ihnen die Gurgeln ab !" auf's Höchſte entflammt, während die weibliche Bevölkerung , mit Tüchern wehend, unausgefegt den immer den Tod Erwartenden entgegen : rief:: ,, Viel Glück Euch zum ewigen Schlafe!" Da General Campoverde die Gefangenen in ihrem Gefängniſſe vor den ſammengerotteten Volksmaſſen , die unaufhörlich, unter wildem Geſchrei und mit Steinwürfen gegen die offenen Fenſteroff nungen ihren Tod verlangten , nicht ſicher genug hielt , ſo ließ er ſie,1 durch einen Theil ſeiner Diviſion geſchüßt, in einen noch feſtern Verwahrſam bringen. Um 7. April wurden ſie durch die , zu ihrer Sicherheit
in den Straßen von Manreſa aufgeſtellte Diviſion Campoverde,
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unter dem mordluftigen Geſchreie der Bevölkerung, durch ein von Kavallerie, Schweizern und Miquelets zuſammengeſeptes, vom General Milans befehligtes Detaſchement abgeführt. Aus Furcht, vielleicht einzelnen Abtheilungen des 7. franzöſiſchen Korps in die Hände zu fallen , ging der Zug auf großen Um: wegen , über faſt ungangbare Gebirge , wo der Fußpfad oft blos Mann vor Mann zu gehen geſtattete, nach der am Meere
gelegenen Stadt Arenis de Mar , wo man am 8. April ein: traf. Dieſe in der druckendſten Sonnengluth vom früheſten
Morgen bis am Abend anhaltenden Mårſche, waren vorzüglich deßhalb höchſt anſtrengend und beſchwerlich, weil ſie lediglich 1
bei Brod und Waſſer und von einem großen Theile der of:
fiziere und Soldaten ohne Fußbekleidung und Kopfbedeckung zurückgelegt werden mußtén. Dazu hatte die Junta von Man: reſa dem General Milans den Befehl ertheilt, jeden Gefan : genen , welcher aus irgend einer Urſache nicht folgen könnte,
ſogleich erſchießen zu laſſen .. Doch auch hierbei zeigte fich die Menſchlichkeit dieſes Generals , indem er einem kranken wei:
mariſchen Offizier ſein eignes Maulthier überließ und deßhalb felbſt zu Fuße ging. Nachdem die Gefangenen bis zum 12. April in Arenis de Mar in ſtrenger Haft, jedoch mit Brod, Reis und Del verpflegt, geblieben waren , wurden ſie an dies ſem Tage , unter Bedeckung eines ſpaniſchen Korſaren , nach Tarragona eingeſchifft, wo ſie des widrigen Windes wegen erſt am 14. April landeten. Da man ſie auf kleinen Schiffen , in den unterſten dunkeln Råumen den Sklaven gleich zuſammen : gepreßt , transportirt hatte , und ihnen während der mehrtågigen Fahrt das Verdeck, um wenigſtens friſche Luft zu ſchöpfen , zu betreten nicht vergönnt war , ſie dabei nur mit einer Ration Schiffszwieback und Waſſer verpflegt wurden , überdieß auch die Mehrzahl an der Seekrankheit ſehr gelitten hatte , ſo langten ſie
faſt insgeſammt höchſt entkräftet in Tarragona an und wurden, überdieß beinahe ganz entblöſt , unter den ſchrecklichſten Vers
höhnungen der Bevölkerung, welche erſt kurz zuvor zwei ge fangene Offiziere in den Straßen ermordet hatte, eingekerkert.
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Die Offiziere kamen in eine zum Gefängniß eingerichtete Ka ſerne, die Soldaten in das Zuchthaus , wo mehrere hundert Galeerenſklaven fich befanden ; beide Gebäude waren vol un:
reinlichkeit und Ungeziefer. Ihr Lager war der harte Fußbo den und erſt am Abend des zweiten Tages , als Hunger und
Durſt ſie auf das Höchſte peinigten , erhielten ſie eine Brods portion und Waſſer. Das traurige loos theilten hier gleich
zeitig noch eine Anzahl gefangener Offiziere und Soldaten ver: ſchiedener Nationen vom 7. franzöſiſchen Korps. Am 5. Mai verließen die jåmmtlichen gefangenen Offi ziere unter ſtarker Eskorte Tarragona. Dieſe Stadt und Feſtung befindet ſich auf einer über dem Meere ziemlich hoch gelegenen Felshöhe und ihre Umgegend iſt nur mit Wein und
Dlivenbäumen bepflanzt. Die Gefangenen wurden dieſen Tag bis Cambrils , am 6. an dem auf der Straße nach Tortoſa am Meer und auf dem Gebirgspaſſe von Balaguer gelegenen
Fort S. Felipe vorüber nach Perello, und am 7. nach Tortoſa 1
transportirt.. Die faſt unerträgliche Tageshige, der quålende Durſt und Hunger , das Nachtlager meiſt in einem Stalle, die harte Behandlung der Eskorte , die unausgeſepten Schmåh ungen der Bewohner und der Mangel an Bekleidung machten dieſe Mårſche höchſt peinlich. Obgleich eine Strecke Wegs von Tortoſa der Gouverneur dieſer Feſtung mit einer anſehnlichen Huſarenabtheilung der Eskorte der Gefangenen als Verſtärkung entgegenkam , ſo konnte er ſie doch nur mit Mühe in das Ges fångniß geleiten , indem die wüthende Volksmaſſe, von der man
einen großen Theil aus allen Stånden , ſowie Geiſtliche in iha ren verſchiedenen Ordenshabiten an den Befeſtigungen arbeiten, und ſelbſt vornehme Frauen dabei beſchäftigt fah , ſowohl die Gefangenen als auch deren Bedeckung unter den unaufhörlichen gewöhnlichen Beſchimpfungen ladrones (Räuber) ,. bribónes (Landſtreicher), judios (Juden) und gavachos (ein die Franzo: ſen auf die verächtlichſte Weiſe bezeichnender Spottname) mit Steinwürfen empfing und mehrere Gefangene und ſpaniſche Soldaten verwundete. Die gefangenen Pffiziere erhielten wah 1
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rend ihrer hier bis zum 25. Mai dauernden ſtrengen Haft tåglich , anſtatt einer Naturalverpflegung , eine Geldentſchädi: gung , die aber bei der herrſchenden Theuerung höchſt ungenüs gend war. Von den indeſſen in Tarragona verbliebenen her: zoglich rådhfiſchen und naſſauiſchen gefangenen Unteroffizieren und Soldaten hatte ſich eine Anzahl durch engliſche, ſiciliani ſche und fardiniſche Offiziere anwerben laffen , wozu man ſie
durch die ausgeſonnenſte Mißhandlung, durch Hunger, Durſt 1
und Elend aller Art gewiſſermaßen zu zwingen verſtand. Am 25. Mai wurden die gefangenen Offiziere von Tor: toſa nach Ventallas , am 26. nach Vinaroz , am 27. nach Zorre Blanca , am 28. nach Caſtello de la Plana , und am
29. nach dem ungefähr eine Stunde vom Meere in einer geſega neten Ebene gelegenen , alten , aus den puniſchen Kriegen hoch berühmten ehemaligen Sagunt (iebt Murviedro) transportirt.
Die auf ſteiler faſt unzugånglicher Felſenhöhe befindlichen Forts dieſer Stadt beherrſchen nicht allein die Ebene von Valencia,
ſondern auch die hier vorüber nach Saragoſſa und Barcelona führenden Hauptſtraßen .
Am 30. Mai erfolgte der weitere Transport durch die Huerta nach Valencia. Dieſe Huerta gleicht in der That einem
großen , reizenden , fruchtbaren Garten , einem wahren Paradieſe. Hier erblickt das Auge reiche Städte, Dörfer, Luſthauſer , Klo ſter , Ruinen von mauriſchen Alterthümern , balſamiſchen Duft verbreitende Zitronen-, Orangen- , Pomeranzen- , Maulbeer-, Granat- , Oliven- , Feigen- , Mandela , Johannisbrod -, Uka zien -Båume, mit goldner Krone gezierte ſtolze Palmen , un
endlich viele künſtliche Waſſerleitungen zum Anbau der mit ſtolzer Aloe eingefaßten oder mit wildwachſenden indianiſchen Feigen eingezäunten Reis- , Safran - , Gemüſe- und Getraides felder; weiterhin grünende Wieſen , bedeutenden Wein- , Melo :
nen- und Artiſchoken - Anbau, lauter lebendige Zeugniſſe von der Vortrefflichkeit des Bodens und des Klimas , ſowie von der Thåtigkeit der Valencianer. Von der in der Nähe des Meeres liegenden , mit 100,000 Einwohnern bevölkerten Stadt, ſteht
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man eine bedeutende Anzahl über ſie hervorragender Kirchen,
Klóſter , ſowie die Zitadelle. Zum Zeichen tiefſter Erniedrigung und Schmach wurden die gefangenen Offiziere, unter großem Zuſtrómen der ſie mit Verwünſchungen empfangenden Volks: maſſe , in dem in der Vorſtadt Gráo , dem Hafen von Va:
lencia, befindlichen Baño (Galeerengefångniſſe) zu den Galee renſklaven eingekerkert. Ein bedeutend langer Stråflingsraum , mit kleinen durch ſtarke Eiſengitter verwahrten Fenſteröffnungen, nahm uns in dieſem feſten Gebäude auf , deſſen gepflaſterter Fußboden unſer hartes Lager war. Die von Zortoſa bis hieher unter den größten Entbeh .
rungen bei der drůdendſten Sonnenhike zurückgelegten ſechs Ta: gemårſche hatten die Gefangenen ſo entkräftet, daß ihnen die Ruhe in dieſem Schreckensraume, die nur durch den Anblick des Aufenthaltes felbſt und durch die Beſuche vornehmer Pa lencianer und Valencianerinnen , die ſich an ihrem Elende noch weideten , unterbrochen wurde , als eine Art von Wohlthat er -
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fchien. In dieſer — wohl der ſchrecklichſten — Lage erhielten die ge fangenen Offiziere erſt am andern Tage , von Hunger und Durſt gequált , etwas Broð und Waſſer, indeſſen ein ſpaniſcher Un: teroffizier, mit einem Stock in der Hand , ſie des Tages zwei mal antreten ließ und zählte. Um 2. Juni wurden die Gefangenen unter ſtarker Eskorte nach Almuſarez, am 3. nach Aicira , am 4. nach S. Felipe, am 5. nach Alcoy , am 6. nach Xirona und am 7. nach Ulia
cante transportirt und hier in dem ziemlich großen , vor der .
Stadt gelegenen Hospitale der Kapuziner (el hospital de los capuchinos) , worin eine Anzahl Galeerenſklaven ſich bisher
befanden , in ſtrengen Verwahrſam gebracht ; eine Kompagnie ſpaniſcher Linieninfanterie bildete dabei die Wache. Die von 1
Valencia nach Alicante überſtandenen ſechs Tagemårſche hatten die Gefangenen faſt aufgerieben ; denn ſie wurden bei uner :
tråglicher Tageshiße , unter erſtickenden Staubwolken , bei meiſt unzulänglicher Verabreichung von Brod und Waſſer, bei Man gel an nöthigen Bekleidungsſtücken , unter harter Behandlung 31
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zeigte , daß ihnen die Sterbefakramente gereicht werden ſoll: ten. Oft ließ man auch die Todten mehrere Tage unter den Kranken liegen , was in dieſem bedeutend heißen Klima
in dem ſo beengten Raume die ohnedieß verpeſtete Luft noch völlig vergiftete und den Aufenthalt unerträglich machte. Wie weit übrigens das barbariſche Verfahren der Spanier ging, zeige noch folgender Fall : Der ſeit dem 16. Juni in dieſem Hospitale befindliche
hildburghåuſiſche Lieutenant von Koppenfels erkrankte am 27. dieſes Monats ſo ſehr , daß der obenerwähnte Kloſtergeiſtliche auch ihm die Sakramente reichen wollte, die jener aber als Pro teſtant zu empfangen ſich weigerte und dabei erklärte , in ſei:
nem Glauben ſterben zu wollen . Durch dieſe Weigerung er: fuhr denn der Hospitalarzt , daß er einen Keker behandle, ent: fekte fich und ergrimmte darüber auf eine ſolche Weiſe, daß er augenblicklich befahı , dem Leidenden , ungeachtet ſeiner dringendſten Bitten , wenigſtens ſeine lebten großen Schmerzen noch zu lindern , weder Arznei noch Nahrung mehr zu geben. So endigte der Tod bereits in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni, jedoch bei möglichſt ſorgfältiger Pflege der kranken Kameraden , feine Leiden. Der Zufall wollte , daß gleichzeitig ein italieniſcher Kavallerieoffizier, Namens Mariani , in dieſem Hospitale ſtarb und daß der Verfaſſer dieſes Werks, als bereits mehrmonatlicher Kranker , darin zwiſchen dieſen beiden Leichen 1
und ganz nahe bei felbigen lag : die lettere wurde erſt nach
anderthalb Tagen abgeholt und begraben , und die erſtere blieb fogar bis zum Abend des zweiten Tages liegen , da man ſie
nicht in der geweiheten ſpaniſchen Erde begraben , ſondern in das Meer werfen wollte.
Obgleich nun am nächſtfolgenden
Abend ein franzöſiſcher Krankenwärter den Leichnam , ſtatt ihn in das Meer zu ſchaffen , auf einem nahe hinter dem Hospitale liegenden Ader in der Stille begrub , fo riſſen doch die Spa nier, als ſie am andern Tage dieß erfahren hatten , den Begra benen wieder heraus und ließen ihn zur Nahrung für die Vogel
liegen ; nåchſtdem aber wurde der Krankenwärter auch ſeiner
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Stelle entfett und zu harter Arbeit wie ein Galeerenſklave ver:
wendet. Der ſpaniſche Oberchirurg , ein Ehrenmann , welcher,
emport über das unmenſchliche Benehmen gegen die Gefanges nen , feinen Unwillen laut ausgeſprochen hatte, wurde ebenfalls deßhalb ſeiner Stelle entlaſſen und büßte überdieß noch 6 Wo: chen lang im Gefängniſſe.
Indeſſen waren auch die wenigen bisher in Tarragona verbliebenen herzoglich fåchſiſchen gefangenen Unteroffiziere und Soldaten , welche jedes Dienſtanerbieten ſtandhaft zurückgewies ſen hatten , theils nach der Inſel Cabrera , theils nach Alicante und dieſe ſpäter nach Carthagena auf die fürchterlichen ſpani ſchen Pontons gebracht worden. Das große Ungemach wah rend dieſer Transportmårſche , das unausgeſekte Elend und die Mißhandlungen , wobei ſie noch zu harten Arbeiten an den Befeſtigungen verwendet wurden , rafften ſie allmålig dahin. 1
So machten auch in Alicante die üble Behandlung , das ſchlechte Trinkwaſſer und die in jedem Herbſt dort graffi-:
renden epidemiſchen Fieber , daß eine große Anzahl der bis: her noch geſunden gefangenen Offiziere nach und nach eben: falls erkrankte.
Auch ſie verlegte man nun ,
nebſt allen
in dem Hospitale de los angelos befindlichen gefangenen Kranken , zu den im Hospitale de los capuchinos unter:
gebrachten von anſteckenden Krankheiten ſehr heimgeſuchten 400 bis 500 kranken ſpaniſchen Soldaten , und mancher von ihnen fand dort ſeinen Tod. Obgleich bei dieſer , für die Gefange
nen ſchrecklichen Lage , in Alicante ſicilianiſche und engliſche .
Werbeoffiziere und die daſelbſt reſidirenden Konſuln beider Lån der wiederholt den deutſchen Offizieren unter glänzenden Ver
ſprechungen , z. B. einer Gradbeförderung und freier Equipi: rung , Dienſte anboten , ſo konnte , mit Ausnahme eines Ein zigen , doch nichts ihre Grundſätze von unbefleckter Ehre , Treue und unbedingtem Gehorſam , die erſten Haupterforderniſſe des Soldaten , wankend machen , indem ſie folche als das höchſte Gut , und ſomit weit höher noch als die goldne Freiheit und als die Erlöſung aus dieſer Sklaverei achteten.
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Indeſſen war eine weit fürchterlichere Geißel dieſer Ge gend , als die des Kriegs, und zwar die Peſt, in Sarthagena ausgebrochen ,1 die im Monat November ihre reißenden Fort: ſchritte bis vor Alicante machte , in dieſer Stadt die höchſte Beſtürzung verbreitete und angeblich 26,000 Menſchen dahin raffte. Wegen eines im Hospitale de los capuchinos eingetre: tenen plóglichen Todesfalles, welchen mehrere Aerzte für einen Peſtfall anſahen , wurde dieſes Gebåube ſogleich in Quarantaine
erklärt, rings mit Wachen umſtellt und den gefangenen Offi: zieren die zu Friſtung ihres Lebens nöthigſten Lebensmittel
durch eine kleine , mit Gittern verſehene Deffnung gereicht. Dieſer Vorfall, ſowie das damals unaufhaltſam ſiegreiche Vor:
wärtsſchreiten der franzöſiſchen Truppen im Königreiche Valen: cia , veranlaßte die auf das Hochſte erbitterte Bevölkerung von Alicante , auf Entfernung der Gefangenen zu dringen , obgleich man nicht wußte , wohin man ſie unter ſolchen Umſtänden bringen ſollte. Doch am 20. November 1811 wurden die ge fangenen deutſchen , franzöſiſchen , italieniſchen , polniſchen und
neapolitaniſchen Offiziere , unter dem Schuße der unter den Waffen ſtehenden Beſaßung aus ihrem faſt anderthalbjährigen, eben ſo peinlichen als ungeſunden Gewahrſam gebracht, ſogleich eingeſchifft und auf die, ungefähr fünf Seemeilen von Alicante
entfernte , ganz wüſte Inſel S. Pablo oder nueva Tabarca transportirt. Uuf dieſer kleinen , fandigen , unfruchtbaren , mit keinem Strauch , Baum noch Gras bewachſenen , ringsum von Felſen eingeſchloſſenen , aber dabei mit einem guten Landungs plage verſehenen Inſel, ließ König Karl III. von Spanien im Sahr 1771 eine Anzahl Wohnhäuſer nebſt ausgedehnten Fa
brikgebåuden mit ſehr anſehnlichen Koſten erbauen und bevol kerte ſie, zu Begründung eines neuen Handelsplakes , mit in Afrika losgekauften ſpaniſchen Sklaven. Da der Erfolg dieſem koſtſpieligen Unternehmen nicht entſprach , wurde dieſe Inſel von den Bewohnern wieder völlig verlaſſen , wovon die in Ruinen liegenden Gebåude noch zeugen. Wir wurden daſelbſt in düſtere,1 mehrere Fuß unter der Oberfläche des Meeres be:
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findliche wandelbare Kafematten eingekerkert , die ro feucht wa ren , daß von den Wänden unaufhörlich Waſſer herabtråu felte, indeſſen Ungeziefer mancher Urt auf dem harten und kalten lager auf bloßer Erde uns um ſo mehr peinigte , als die ohnehin nur nothdürftige Kleidung Tag und Nacht nicht abgelegt werden konnte. Dazu beſtand die tägliche Nahrung 1
in einer knappen Ration Brod , Reis , Del, und Waſſer, und dies alles mußte erſt von Alicante herbeigeführt werden. Ein
Offizier nebſt ungefähr 40 Mann ſpaniſcher Artillerie bildeten unſere Wache, obgleich hier jedes Entkommen unmöglich war. Doch bereits nach nur ungefähr fünftågiger Einſperrung in dieſem ſchredlichen Gefängniſſe erkrankte eine Anzahl Offiziere, ſo daß der neue Gouverneur von Alicante , Don Antonio de
la Cruz , auf erhaltene Meldung davon , den Befehl ertheilte, allen Gefangenen Lagerſtroh zu geben und ihnen von früh acht Uhr an die Freiheit auf der Inſel zu geſtatten , bis Abends
ſieben Uhr der Trommelſchlag ſie wieder aus der Sonnengluth in ihre kalten , ungeſunden Kerker zurückriefe.
Nachdem wir ſo über ſieben Wochen lang hier verblieben waren, und ungeachtet aller Leiden auf dieſer nackten Inſel doch einen Vorſchmack der Freiheit ſeit einer nun faſt zweijährigen harten Gefangenſchaft gehabt hatten , wurden wir am 12. Ia nuar 1812 plóglich durch Transportſchiffe auf die Rhede vor
Alicante geführt , wo dieſe Anker warfen . Hier hatten wir einen Schimmer von Hoffnung auf Erldſung aus der Sklaverei, der leider aber nur zu bald wieder verſchwand und dem noch zwei ſchwere Leidensjahre folgten. Es war nämlich , zufolge der zwiſchen dem Marſchau Suchet und dem ſpaniſchen Ober general Blake am 9. Januar 1812 abgeſchloſſenen Kapitulation
von Valencia , vermoge welcher dieſe Hauptſtadt nebſt ihrer Zitadelle und die ſie vertheidigende Armee ſich den Franzoſen
ergaben , von jenem franzöſiſchen Heerführer aus beſonderer Menſchlichkeit gegen die ſo unglücklichen Kriegsgefangenen in Alicante, Carthagena und auf der Inſel Majorca deren Aus: wechſelung beſonders ausbebungen, und deßhalb auch von ihm
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ein Parlementair nach Alicante an den Gouverneur de la Cruz
geſendet worden , der aber darauf einzugehen ſich weigerte. Hierauf erſchien am 16. Januar 1812 der von der Armee in
Portugal mit einer Kavallerie- und zwei Infanterie -Diviſionen, unter denen auch ein badenſches Infanterieregiment fich befand, detaſchirte General Montbrun vor Alicante und forderte den
Plak zur Uebergabe auf, die aber der Gouverneur abſchlug. Von unſern Schiffen aus im Hafen ſahen wir ganz deutlich , wie ſowohl die zwei Forts als auch die Stadt mit Haubiggranaten beworfen wurden , wie zu gleicher Zeit das badenſche Regiment vorrúdte und wie dagegen die Spanier eine Anzahl Bomben warfen . Das Gefühl, unſern Befreiern ſo nahe zu ſeyn, läßt
ſich nicht wohl beſchreiben. Doch unſere Hoffnung ſchwand bald wieder dahin ; denn bereits am folgenden Tage wurden
die gefangenen Offiziere auf zwei kleine Schiffe gebracht und in deren untern dunkeln Räumen ſo eingeengt , daß jeder Tag und Nacht in ſikender Stellung verbleiben mußte. Beide
Fahrzeuge ſegelten unverzüglich nebſt einer Unzahl anderer Schiffe, unter der Bedeckung eines ſpaniſchen Korfaren , nach der Inſel Majorca (einer der baleariſchen ) ab. Ein friſcher Wind be: günſtigte anfangs unſere Fahrt ; doch am 18. erhob ſich ein
fürchterlicher Seeſturm , ſo daß die ungeheuren Wellen unauf: hörlich die kleinen Schiffe zu verſchlingen drohten. Die durch das Wüthen der Elemente muthlos gemachten und zur Menſch lichkeit geſtimmten ſpaniſchen Matroſen , öffneten die Thüre zum untern Schiffsraum und geſtatteten einer Anzahl der Ge: fangenen , auf das Verdeck zu ſteigen, wodurch die Uebrigen nun mehr Raum gewannen und auch durch die Deffnung Tas gesſchimmer und friſche Luft erhielten. Die Schiffer riefen in höchſter Verzweifelung alle Heiligen des Landes an und empfah len ihnen ihre Seelen. Das Unwetter tobte ohne Aufhören fort und gegen Abend wurde es rabenſchwarz, wobei die Wo: gen die Schiffe überflutheten und ſie jeden Augenblick zu zer: ſplittern drohten. Die Seeleute machten die äußerſten Ans
ſtrengungen, um einen Nothhafen der Inſel Iviza zu erreichen ;
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doch von der Küſte war faſt nichts als der Schaum der an:
und zurückſchlagenden Wellen zu erkennen , während das Kors farenſchiff von Zeit zu Zeit Nothſchůſſe that. So trieb denn endlich der Sturm die Schiffe in einen Nothhafen dieſer In :
ſel ein , wo aber die Artillerie eines an der Küſte gelegenen Wachthurms, vielleicht Barbareskenſchiffe oder das Einſchleppen
der Peſt befürchtend, zur Abwehr ihres Einlaufens drei Ka nonenkugeln auf ſie abfeuerte. Jedes Schiff warf ſogleich mehrere Anker aus und der Sturm tobte ſo die ganze Nacht
hindurch bis zum andern Tage fort. Uebrigens fehlten von der Anzahl Schiffe fünfe, welche an die Küſte von Africa ge: worfen worden waren. Die Lage der größtentheils überaus ſeekranken Gefangenen war bei einer Verpflegung mit Schiffs: zwieback und Waſſer in der That höchſt beklagenswerth.
Von hier langten ſie nach einer günſtigen Fahrt im Ha fen von Palma auf der Inſel Majorca an. Da aber der dor:
tige Generalkapitain unter dem Vorwande , keine Unterhalts mittel für die Gefangenen, und aus dieſem Grunde alle früher hier Befindlichen an die Engländer ausgeliefert zu haben , den ganzen Transport nach der Inſel Menorca (einer der baleariſchen )
verwies und die Drohung ausſprach, daß er die Schiffe in Grund bohren laſſen würde, wenn ſie binnen einer Stunde nicht den
Hafen verließen, ſo mußte die Ueberfahrt nach dieſer Inſel fort: geſegt werden. Bei der Ankunft in dem ſo ſichern, durch die Natur begünſtigten und durch die Kunſt befeſtigten Hafen der hoch gelegenen Stadt Mahon , welche beide durch zwei Forts
geſchüßt werden und wo zu dieſer Zeit die impoſante engliſche Flotte unter Admiral Sir Pellew ( ſeitdem Lord Grmouth ) mit 18
Kriegsſchiffen vor Anker lag, wurden die Gefangenen, weil der Admiral ihrer Aufnahme auf dieſer Inſel fich widerſeßte, auf
die engliſche Fregatte Orlando gebracht und nach Palma wie: der zurückgeſchifft. Obgleich auf dieſer Fregatte die Gefange
nen neben den Geſchüßen ihr hartes Lager eingeräumt erhiels ten , ſo fühlten ſie doch dadurch eine große Verbeſſerung ihrer Lage , daß fie der friſchen Luft nicht beraubt waren und wars
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mes Eſſen erhielten. In Palma am 26. Januar ausgeſchifft, wurden die Gefangenen , Kranke wie Geſunde, in das Fort Belver in die dunkeln , ſchmukigen ſogenannten Juden- und Barbaresken -Gefängniſſe gebracht, wo ſie in ihrem ſo ſehr ent:
blóſten Zuſtande in den ziemlich friſchen Januar- und Februar: Nächten auf den Steinen ihr lager hatten . Die Unreinlich
keit der Aufenthaltsorte, das oft ſo enge Beiſammenſeyn und
der Mangel an gehöriger Bekleidung erzeugten bei ihnen die in dieſem heißen Klima eigenthümlichen fo peinigenden Unbe. quemlichkeiten mancher Urt. Dazu beunruhigten ſie auch noch die ſich hier häufig unter den Steinen aufhaltenden krebsáhn lichen Skorpione, deren Stich ſtets viele Leiden und bisweilen den Tod verurſacht, wofern man nicht das ſtechende Thier ſo :
gleich zerquetſcht, in Del taucht und dann während mehrerer Tage unausgefekt auf die Wunde legt. Dadurch allein rettete fich einer der deutſchen Offiziere vor dem Lode. Alles dieſes
Ungemach, und die anfängliche Verpflegung mit Waſſer und Brod machten eine ziemliche Unzahl der Gefangenen erkranken, die in das Hospital nach Palma geſchafft werden mußten und von denen vier der Tod von allen fernern Leiden befreite.
Doch nach Verlauf von ungefähr zehn Tagen wurden die Ge: fangenen , auf die dringende Vorſtellung des ihre Kerker uns terſuchenden Adjutanten des Generalkapitains, aus ihren ſchreck lichen Aufenthaltsorten in die hoch gelegenen geſunden Räume des Forts verlegt, erhielten einen Strohſack auf dem Fußboden
zu ihrem Lager, und fortan tåglich 4 Realen de Vellon (6 Gr. 8 Pf.) zu ihrem Lebensunterhalte. Aber bei der außerordent lichen Theurung aller Lebensbedürfniſſe, weil ſehr viel davon
nach dem eigentlichen Kriegsſchauplaße in Spanien verführt werden mußten , weßhalb auch z. B. ein vierpfündiges Brod 16 Groſchen koſtete, war dieſes tägliche Verpflegungsgeld durch aus unzureichend. Demgemäß beſtand ihre tågliche Nahrung entweder aus Kleye oder aus Blumenkohlbláttern , welche Ge: muſeart hier außerordentlich viel erzeugt wird, mit etwas Del
geſchmelzt, nebſt ſehr ſparſam zugemeſſenem Brod und- Ziſter:
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nenwaſſer ; denn es mußte von dieſem Gelbe noch jeden Tag zur Anſchaffung der nothdürftigſten Bedeckung möglichſt viel erſpart werden. Doch blieb der während mehrerer Monate an:
haltende Waſſermangel in dieſem heißen Klima ſtets das Pei: nigendſte von Ulem. Jeder Gefangene empfing nåmlich aus der , zwar bedeutend großen doch wenig Regenwaſſer enthal: tenden Ziſterne täglich nur ungefähr ein gewöhnliches Glas Waſſer zum Trinken , und zwar in Gegenwart des Komman:
danten des Forts , der die Ziſterne mit eigener Hand öffnete, und während der Austheilung des Waſſers gegen alle dringen den Vorſtellungen und Klagen unerbittlich blieb. Dieß war aber offenbar zum Leben zu wenig , und doch zum Sterben noch zu viel. Vom Fort Belver , welches einſt der Palaſt der alten Kó:
nige war und das , in Form einer Rotunde aus großen Quas derſteinen gebaut , auf der Weſtſeite von Palma auf einer ziemlichen Anhöhe liegt , dieſe Stadt beherrſcht und nebſt dem Fort S. Carlos den Hafen ſchůbt, überſahen wir nun die aus größtentheils ſchönen Håuſern beſtehende , befeſtigte Hauptſtadt der Inſel Majorca mit ihrem ſehr belebten Hafen und einen
großen Theil der ſo reizenden und fruchtbaren Inſel. Majorca, die größte der baleariſchen Inſeln ,1 hat ein mildes , angenehmes und geſundes Klima , gegen Abend und Mitternacht ſehr bergigte Diſtrikte, übrigens reiche Pflanzungen von Oliven , Wein und mancherlei Südfrüchten , ſowie Getraidebau , zwiſchen welchen Meiereien und Gehöfte emporragen und reizende Anſichten bil den , was alles zuſammen dieſer Inſel ein ſehr romantiſches Anſehen giebt. Den Namen Balearen erhielten dieſe Inſeln von der ehemaligen Geſchicklichkeit ihrer Bewohner im Schleu dern , wogegen die jebigen Inſulaner gewöhnlich ſehr gute Schüßen und Seeleute ſind. Die Stadt Palma iſt der Sik des Generalkapitains der baleariſchen und pithyuſiſchen Inſeln, die zuſammen das ſpaniſche Königreich Majorca bilden , und 1
hat außerdem noch einen königlichen Obergerichtshof (audiencia
real) , einen Biſchof und über 29,000 Einwohner. Zur Be:
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wachung und zugleich zur Sicherheit der gefangenen Offiziere diente im Fort Belver eine Kompagnie ſpaniſcher Linieninfan terie ; denn einige Jahre zuvor , und zwar bei einer Prozeſſion, hatte die erbitterte Volksmaſſe das damals in der Stadt Pal ma befindliche Gefängniß einer Anzahl franzöſiſcher Offiziere
geſtürmt, die als Wache aufgeſtellte ſpaniſche Infanterie kompagnie über den Haufen geworfen und fünf der er: ſtern ermordet ; die übrigen Gefangenen waren von dem ihnen zugedachten Blutbade nur dadurch gerettet worden , daß der
Generalkapitain mit der geſammten bewaffneten Macht und unter feierlicher Mitwirkung des dortigen Biſchofs und der ganzen Geiſtlichkeit , die Gefangenen aus ihrem Gewahrſam bis an das Meer geleitete , ſie einſchiffen und forttransportiren ließ ; dennoch wurden noch einige derſelben mit Dolchſtichen ver wundet. Gleichſam als Genugthuung für dieſe Gråuelthat wurde der die Kompagnie der Gefangenwache befehligende Ka pitain , weil er hierbei nicht genug Feſtigkeit bewieſen haben ſoll, zur Strafe auf ſieben Jahre nach der Inſel Iviza ver .
bannt.
Obgleich auch im Fort Belver den gefangenen deutſchen
Offizieren wieder vortheilhafte Anträge zum Eintritt in ſicilia niſchen Dienſt und unter die damals auf der Inſel Majorca auf engliſche Koſten errichtet werdende Diviſion Whittingham gemacht wurden , ſo zogen ſie doch vor , der Ehre treu und 1
Gefangene zu bleiben. Da im Monat Juli 1812 fünf fran : zöſiſche Offiziere , unter denen ein Kapitain Legros ſich be fand , durch Hülfe eines im Hafen von Palma angekommenen franzöſiſchen Schiffskapitains und unter Mitwirkung eines be
ſtochenen ſpaniſchen Unteroffiziers, der Gefangenwache aus dem 1
Fort Belver entkamen und ſich retteten , fo befahl der Gene ralkapitain der baleariſchen Inſeln , Marquez de Coupigny, daß die geſammten in dieſem Fort gefangenen Offiziere theils zur Strafe, theils um jedes fernere Entkommen derſelben zu verhindern, nach der Inſel Cabrera gebracht werden ſollten ; doch kam dieß nicht zur Ausführung.
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Auf dieſer berüchtigten , ungefähr fünf Seemeilen von
Palma gelegenen , kleinen , wüſten , unbewohnten, ſandigen baleariſchen Inſel Cabrera , die einen Hafen hat und theilweiſe kümmerlich mit ſchlechtem Gras und Strauchholz beſtanden iſt,
befanden ſich mehrere tauſend franzöſiſche, deutſche und andere gefangene Soldaten in einem Elend , deſſen Größe zu ſchildern ich nicht vermag. Dieſe höchſt Bedauernswerthen lebten ſchon ſeit Jahren meiſt in Höhlen zerſtreut, wo der bloße Erdboden ihr Lager war , größtentheils alle in rohem Naturzuſtande, nackend , uud von der Sonnengluth am ganzen Körper verbrannt, da ihre in die Gefangenſchaft mitgebrachte Bekleidung ihnen nach und nach ſtückweiſe vom Leibe fiel. Ihre Verpflegung foute aus einer knappen Ration Brud und Hülſenfrüchten be 1
ſtehen , und ihnen alle acht Tage von der Inſel Majorca zu:
geführt werden. Doch ſehr oft ereignete es fich , daß ſie ent: weder des heftigen Windes oder des Sturmes wegen erſt in vierzehn Tagen ihren Lebensunterhalt erhielten , und in defer Zwiſchenzeit mit Wurzeln und Gras und dem Waſſer einer 1
einzigen Quelle ihr elendes Daſeyn friſten mußten. So von
Hunger und Leiden aller Art gefoltert, erklommen ſie oft mit aller Kraftanſtrengung die ſteilen, nackten Felſen der mit Kriegs fahrzeugen zu ihrer Bewachung umſtellten Inſel und erwarteten bei Únwetter , Sturm und brennender Sonnenhiße die ihnen
Lebensmittel bringenden Schiffe. Unter ſolchen ununterbrochenen Bedrångniſſen ereignete ſich auch zu dieſer Zeit auf der Inſel Cabrera eine Scene , die jes des menſchliche Gemüth mit dem tiefſten Schauder erfüllen
muß , indem ein polniſcher Gefangener einen eben auf der In ſel noch in der Fülle der Geſundheit angekommenen franzöſi
ſchen Leidensgefährten aus Heißhunger ermordete, den leich nam verbarg und ſich mehrere Tage von deſſen Fleiſche nåhrte. Da dieſe ſchreckliche That zufälligerweiſe entdeckt ward , ſo wurde der Pole in Gegenwart aller Gefangenen , als abfchrek kendes Beiſpiel, erſchoſſen. Doch unter allen dieſen fo anhalten den Leiden beſeelte die franzöſiſchen Gefangenen ſtets eine uner : I
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ſchütterliche,1 wahrhaft bewundernswürdige Anhänglichkeit und Verehrung zu ihrem Kaiſer ; denn allenthalben fah man einen
Adler 1, ein vive l'Empereur ! vive Napoleon ! von ihnen ange ſchrieben und eingezeichnet. Faſt täglich ſtarben auf dieſer In fel einige dieſer Unglücklichen in ihren Höhlen ohne irgend eine Pflege , wurden jedoch immer wieder von Zeit zu Zeit durch neu hinzukommende Schlachtopfer erſekt, ſo daß Cabrera in der That das große Grab von angeblich 4,000 bis 5,000 Kriegsgefangenen verſchiedener Nationen , aber auch zugleich ein nie zu vertilgendes Denkmal der Barbarei der damaligen ſpani: ſchen Regierung ward. Auf dieſe Weiſe befreiten ſich die Spanier durch eine unmenſchliche Behandlung und Entziehung der Un terhaltsmittel allenthalben von einer bedeutenden Anzahl ihrer
Kriegsgefangenen , indem ſie dieſe allmålig und martervoll hin ſterben ließen. Nur ſelten wurde von Cabrera eine kleine Anzahl
der Schwererkrankten nach Palma in das Hospital gebracht. Hid ſah denn der Verfaſſer dieſes Werks , der ungefähr ſechs
Wochen als Kranker mit ihnen zuſammenlag, manche von die fen zu Mumien abgezehrten Schredensbildern , deren Anblick Ekel und Schauder erregte und ſelbſt ein Herz von Stein zu Mitleid und Erbarmen geſtimmt håtte. Da dieſe Unglücklichen zu ſehr entkräftet und an eine, obgleich nur leidliche, Hospital pflege nicht gewohnt waren , ſo unterlagen ſie auch hier faſt ſåmmtlich dem Tode.
Die gefangenen Offiziere wurden am 30. Juli 1812 von hier , anſtatt nach Cabrera , nach der Inſel Iviza (einer der pi thyufiſchen ) ; damals ein Verbannungsort für ſpaniſche Vers 1
brecher jeden Standes , eingeſchifft. Die Ueberfahrt war in der Zhat ſchrecklich , indem über 140 gefangene Offiziere auf einem ſchlechten ,I mit mehrern Geſchůben armirten , ſpaniſchen Korſa
ren , deſſen Kapitain jedes menſchliche Gefühl verleugnete, bei 1
der drůckendſten Julihike in dem untern , finſtern , mit einer
wahrhaft erſtickenden Luft angefüllten Schiffsraume den Sklaven gleich ſo zuſammengepreßt waren , daß jeder nur einen ſchma:
len Siß hatte, wo er Tag und Nacht, faſt ohne ſich bewegen
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zu können , bleiben mußte. Dabei hatte die ſpaniſche Wache den gemeſſenen Befehl, blos bei den dringendſten Fällen 6 der
Gefangenen auf einmal , jedoch nur einige Minuten lang , auf das Verdeck zu laſſen , ſo daß eine Anzahl derſelben , die in höchſter Verzweiflung hinauf wolten , durch Kolbenſtöße auf ihre Leidensgefährten zurückgeworfen wurden. Dabei beſtand die ganze Verpflegung dieſer ohnehin ganz Entkräfteten und .
1
überdieß von der Seekrankheit Befallenen in einer Ration Brod
und ſparſam zugemeſſenem , riechendem Waſſer. Nachdem wir ſo am erſten Tage der Fahrt an der Inſel Cabrera vorüber geſegelt waren , entſtand am andern Morgen plöblich ein gro ßer Lårm auf dem Verdeck und die wenigen , zufällig dort be: findlichen Gefangenen mußten ſchnell in den untern Schiffs
raum wieder hinab. Kaum hatten dieſe ihren Leidensgefährten mitgetheilt, daß ein fremdes Schiff in geringer Entfernung auf den Korſaren zuſegle und daß dieſer durch Flaggenaufziehen Signale gebe 1, als der Korſar zwei Kanonenſchüſſe abfeuerte. Dieß Zeichen belebte augenblicklich den Muth der halbtodten
gefangenen Offiziere, die nun feſt glaubten, daß es ein franzó: fiſches Schiff zu ihrer Befreiung ſer , daher ſchnell der Vorſak bei ihnen reifte, das Berdeck zu erſtürmen und die Spanier zu entwaffnen . Doch im Augenblick, als man zur Ausführung ſchreiten wollte , wurde die Thúr des Verdecks von der Wache
zugemacht und von beiden Schiffen erfolgten gegenſeitige An fragen durch das Sprachrohr. Unſere Hoffnung ſank nun bald, indem wir dadurch erfuhren , daß das fremde Schiff ein in
Iviza für Majorca beladenes Salzſchiff fers, und wegen Nicht erwiederung der Signale von dem Korſaren zwei Kugeln , und zwar eine in ſein Segelwerk , erhalten habe. Nachdem wir gegen Abend an der Inſel Formentera (einer der pithyuſiſchen ) vorübergeſchifft waren , trafen wir am 12. Auguſt im Hafen von Sviza ein. Da die Gefangenen ohne
hinlånglichen Raum, um ſich liegend ausſtrecken zu können , fich im Schiffe hatten eng zuſammenkauern müſſen , ſo befanden ſie fich faſt ſåmmtlich in einem halb bewußtloſen Zuſtande, weßhalb
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man ihnen eine Zeit lang auf dem Verbecke die nöthige Erho lung gónnen mußte. Auch hier ſtrömte die Bevölkerung an dem Landungsplaße zuſammen , jedoch , zu nicht geringem Ers ſtaunen , ohne den gewöhnlichen Lärm und die üblichen Schimpf reden und Verwünſchungen wie an den frühern Orten. Alles Verhielt ſich ruhig , da Mitleiden über den kläglichen Zuſtand der Gefangenen ihre Gemůther ergriffen zu haben ſchien. Man 1
führte uns in die Zitadelle ; jedoch mußten ungefähr 20 der
Gefangenen ſogleich in das Spital gebracht werden , von wels 1
chen 5 bald ihren Leiden erlagen. Hätte dieſe Seefahrt nur noch einen oder mehrere Tage långer gedauert , ſo würde wohl eine große Anzahl der Gefangenen einem martervollen
Tode nicht entgangen ſeyn. In der kleinen Feſtung, wo uns .
der Gouverneur der Inſel Iviza , Oberſt Don Llamas ., em:
pfing und in einer kurzen Anrede auf unſer unglückliches Loos vorbereitete, auch gleichzeitig erklårte , daß er den gemeſſenen Befehl erhalten und ertheilt habe , jeden Gefangenen , welcher zu entkommen verſuchen würde , entweder lebendig oder todt einzuliefern , öffnete ſich die Thüre des Kerkers. Um uns die Hårte unſeres Geſchicks ganz wie in Valencia fühlen zu laſſen ,. hatte man abermals den Kerker der Galeerenſkla : ven zu dem unſrigen angewieſen , aus dem erſt jeßt eine Unzahl dieſer Schwergefeſſelten vor unſern Augen abgeführt wurden . Eine ungefähr handbreite Deffnung bildete den einzigen Zugang für das Tageslicht ; unſer lager war auf den Steinen und dabei Waſſer und Brod die tägliche Nahrung. Doch alles Elend in dieſem Kerker erſchien uns immer noch
als eine große Linderung im Verhåltniſſe zu den bei der legten Seefahrt ausgeſtandenen Leiden. Da nach acht Tagen eine Unzahl der gefangenen Offiziere ſchwer erkrankten und man ein Gleiches bei den úbrigen derſelben befürchtete , ſo erhielt jeder wenigſtens einen ſchlechten Strohrad zum lager und
tåglich vier Realen de Vellon. Allein da auch von dieſer In fel Lebensmittel für die Truppen nach Spanien geliefert wer :
den mußten1, ſo wurden dieſe, auch vorzüglich das Brod, tåg
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lich ſeltener und theurer , daher jenes Berpflegungsgeld nur zum kümmerlichen Behelfe ausreichte. Dabei ſtanden die ge fangenen Offiziere unter der Aufſicht eines ſpaniſchen Unterof fiziers, der fie des Tags zweimal antreten ließ , ſie zählte und dabei oft fluchend ſeinen Stock ſchwang , ja zuweilen ſelbſt
Gebrauch davon machte. Doch wurde ungefähr nach Verlauf von vier Monaten , und zwar gegen das Ende des Jahres 1812 , die große Anzahl der gefangenen Offiziere von fünf verſchiedenen Nationen , der Ungeſundheit ihres bisherigen Aufenthaltes, wodurch ununterbrochen viele erkrankten , ſowie
der eintretenden kühlen Jahreszeit wegen , in zwei geſündere Gefängniſſe, worein aber gleichfalls nur durch eine ſchmale Deffnung der zugemauerten Fenſter ein wenig Tageslicht fiel, untergebracht. So burchlebten wir , ohne die mindeſte Nachricht von der
Uußenwelt, oft dem Hunger preisgegeben, den in dieſem gemå ßigten Klima ſo gelinden Winter, als auf einmal gegen die Hälfte des Jahres 1813 uns die troftloſe Mittheilung wurde , daß 1
wir nach Aſien auf die philippiniſchen Inſeln eingeſchifft wer: den ſollten , was jedoch nicht in Ausführung kam . Dagegen ward uns in der To traurigen Abgeſchiedenheit die erſte ſo wohl
thuende Theilnahme und zwar von einem engliſchen Fregattenkapi tain erwieſen , der , um ſich von dem nur zu bekannten harten Looſe der ſpaniſchen Kriegsgefangenen zu überzeugen , bei Iviza Unker warf , uns beſuchte, eine Anzahl der Unſrigen mit Lebens 1
mitteln und Hemden beſchenkte und , zu unſerem nicht geringen Erſtaunen , die erſten Nachrichten von dem ruſfiſchen Feldzuge
ertheilte.
Kurze Zeit hierauf wurde dem Verfaſſer und den
zwei mitgefangenen Offizieren vom weimariſchen Kontingente das unerwartete Glück zu Theil , daß ſie, durch Vermittelung des
ſpaniſchen
Schweizer - Oberſtlieutenants Felir Meyer
in Palma , eine Geldunterſtüßung aus dem Vaterlande erhiel ten. Mittelſt. dieſer wurde vor allem unſre höchſt dürftige Bekleidung verbeſſert und einigen Leidensgefährten zu ähnlichem Zwede kameradſchaftliche Hülfe geleiſtet. 32
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Da die barbariſche Behandlung und der unwiderſtehliche Trieb nach Freiheit bei jedem Gefangenen den Verſuch zur
Rettung , ſo gefährlich und ſchwer ſolches Wagſtück auf dies fer Inſel auch immer in Ausführung zu bringen war , rege gemacht hatten , auch kein unſererſeits gegebenes Ehrenwort als hindernd davon zurüchielt, fo entwarfen unſerer Neun, mit einem unternehmenden italieniſchen Oberſtlieutenant Marin und einem
raguſaniſchen Schiffskapitain Michelo an der Spike , einen Plan zur Flucht und ſuchten ihn im Juni mit Hülfe des em:
pfangenen Geldes in Ausführung zu bringen. Unter Mitwir: kung eines auf die Inſel Iviza für lange Jahre verbannten ſpaniſchen Oberſtlieutenants , eines Auslånders ,1 mit welchem im Hospital alles zum Entfliehen verabredet worden war und mit dem Beiſtande eines beſtochenen ſpaniſchen Sergeanten , der unſer Gefängniß öffnete, entkamen wir auch während der Nacht glúdka lich aus der Zitadelle, indem wir uns an einem Seil in den
Graben hinabließen. Die ſehr unbedeutende Beſabung beſtand gerade damals nur aus Invaliden , da die frühere Garniſon nach Spanien eingeſchifft worden war. So aus der kleinen Feſtung entkommen , ſchlugen wir dem Geſtade entlang den Weg ein , um uns auf demſelben irgendwo eines Fahrzeugs zu
bemachtigen , und uns damit an die ungefähr zwölf Meis len entfernte ſpaniſche Küſte , wo möglich nach Valencia , zu retten. Wir hatten uns deßhalb auf einige Tage mit mehres ren Potboucs ( bockshåutene Schlåuche) voll Waſſer und mit Brod verſehen. Sobald der Tag anbrach , hielten wir uns am Meeresufer im hohen Geſtrúppe verborgen. Doch gegen Mittag verrieth ' ein gefangener italieniſcher adjutant sous - officier, 1
welcher ſich unter den gefangenen Offizieren ſchon früher als
Spion verdächtig gemacht, dem Gouverneur unſere Flucht, und dieſer ſendete nun ſogleich Eilboten nach allen Punkten der
Kúſte hin zur Verhinderung der Wegnahme irgend eines Fahrzeu: ges , zugleich mit dem Befehl an die aufdieſer Inſel ſåmmtlich be waffneten und militairiſch eingetheilten Bauern , auf die Ents flohenen zu ſtreifen. So wurden wir denn auch gegen Abend des
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andern Tages durch eine Anzahl derſelben und zwar mittelft ihrer bei ſich habenden Hunde entdeckt, feſtgenommen , mit auf den Rúden geknebelten Händen unter harten Mißhandlungen nach
Iviza zurücktransportirt, und hier in wahrhaft ſchreckliche, tiefe, enge Kerker gebracht, worein nicht das mindeſte Tageslicht fiel und die nur långe und Breite genug zum Liegen für einen Menſchen hatten. Der gepflaſterte Fußboden war das einzige Lager, ſowie Waſſer und Brod die Gefangnenkoſt. Nach achtta gigen Aufenthalt in dieſen Schreckenshohlen wurden wir endlich
wieder in unſer früheres Gefängniß zurückgeführt, jedoch bald fåmmtlich, als erkrankt, in das Hospital gebracht. In dieſem troſtloſen Zuſtande nabete ſich das Ende des
Iahres 1813 , als wir auf einmal am 12. Dezember Artilles rieſalven der wenigen Geſchüße der Zitadelle vernahmen. Kurze Zeit darauf wurden die deutſchen Offiziere, zu ihrem nicht ge
ringen Erſtaunen , zum Gouverneur geführt, welcher ſie mit der , Deutſchlands Geſchick entſcheidenden Schlacht bei Leipzig und allen ſpätern Ereigniſſen bekannt machte , fie nach Ab nahme ihres Ehrenwortes, die Inſel Iviza bis auf Weiteres
nicht zu verlaſſen , in Freiheit reßen und ein Haus in der Stadt beziehen ließ. Unſer Gefühl in dieſem Augenblicke nach dem faſt vierjährigen Leiden zu beſchreiben , vermag ich nicht. Wir hatten nun Gelegenheit, Stadt und Inſel kennen zu lernen. Mir ſelbſt wurde dieſer Genuß in noch höherem Grade
zu Theil. Nachdem der Oberſt Don Llamas nämlich zu ſeiner anderweitigen Beſtimmung nach Valencia abgereiſt war , beehrte mich zufälligerweiſe der neue Gouverneur der Inſel, Oberſt: lieutenant Don Navarro , mit ſeiner beſondern Gunſt, führte
mich in den erſten Häuſern der Stadt ein und nahm mich auch in ſeine Begleitung nach verſchiedenen Punkten der Inſel, zu den Muſterungen der Miliz. Dabei hatte ich denn Gelegenheit , die
eigenthümlichen Sitten und Gebråuche dieſer Inſulaner kennen zu lernen , die gewiß nicht ſo bekannt ſind , daß nicht eine flüchtige Beſchreibung derſelben für den Leſer von einigem In tereſſe feyn dürfte. 32 *
500
Vom Meer an ſteigt die ziemlich gut befeſtigte Stadt Iviza mit ihrer kleinen Zitadelle immer bergan und bildet ein reizendes Amphitheater. Eine Vorſtadt, eine nicht unbedeu tende Kathedrale, ein ſchönes biſchöfliches Gebäude, mehrere Kldſter , ein Hospital , meiſt gut gebaute , jedoch nicht viele große Häuſer, ein ſehr angenehmer Spaziergang (alameda), gegen 2,700 Einwohner und ein Hafen , deſſen Tiefe aber nur Kauffartheiſchiffen und kleinen Kriegsfahrzeugen das Einlaufen geſtattet, find ihre Hauptbeſtandtheile und Merkwürdigkeiten . Die Ausſicht von der Feſtung, vorzüglich aus der Wohnung 1
des Gouverneurs, ſowie aus allen am Berge hinan liegenden
Håuſern , über das weite Meer und einen Theil der fruchtba ren Inſel mit ihren niedlichen Landſitgen , iſt wahrhaft ent
zůckend. Der nahe gelegene Garten des Biſchofs mit ſeinem hübſchen Landhauſe zeichnet ſich zwar nicht durch Große aus, gewährt aber mit ſeiner ſehr ſchattigen Allee dem Kuge einen recht freundlichen Anblic. Iviza , die größte der pithyuſiſchen Inſeln , welche dieſen Namen wegen der Menge ihrer Fichten erhalten haben , iſt 7 ſpaniſche Meilen lang , 3,1 / 2 breit,
ziemlich bergig und waldig und hat ein ſehr mildes , geſundes Klima. Merkwürdig iſt der Umſtand, daß , nach der Verſicher ung der Einwohner , ſich kein giftiges Thier auf der Inſel auf: halten und ihre Erde ein Gegengift gegen den Biß der Schlan : gen auf der ganz nahe gelegenen Inſel Formentera feyn ſoll. Im Augemeinen iſt die Fruchtbarkeit groß ; die Hauptprodukte ſind ein köſtlicher rother Wein (el vino generoso) , ein treff
liches Divenol, viele Südfrüchte, beſonders köſtliche Feigen , Waſſermelonen und Mandeln ; auch wird viel Waizen gebaut und ein reicher Thunfiſchfang betrieben. Aber als Haupthan: delsartikel betrachtet die Inſel ihr Baiſalz, welches in den großen Salzſchlimmereien von S. Jorge gewonnen und weit verſchifft wird. Die Biebzucht iſt, mit Ausnahme der Maul efel (mulos) und der kleinen Efel (borricos ), unbedeutend
und auf der ganzen Inſel befand ſich damals nur ein einziges
Pferd und zwar das des Biſchofs. Die Inſulaner, angeblich
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ůber 14,000 Seelen , wohnen größtentheils in zerſtreutliegenden Gehöften , ſprechen ein majorcaniſch - kataloniſches mit arabiſchen Wórtern vermiſchtes Patois , find von mittlerer Statur , zitro nengelber Geſichtsfarbe, hager , haben beinahe ſåmmtlich rothes in langen Locken herabhängendes Haar , ſind gute Seeleute,
åußerſt gewandt , tapfer und måßig. Die Vornehmern in der Stadt Jviza tragen dieſelbe Kleidung wie die höhern Klaſſen in Spanien und ſprechen auch gewöhnlich ſpaniſch. Das weib liche Geſchlecht in derſelben zeichnet ſich durch eine ſchöne , ein: nehmende Geſtalt, größtentheils glånzend ſchwarzes Haar und ein großes , flammendes Auge aus. Dagegen verunſtalten ſich die Bäuerinnen , die übrigens ein kräftiges Ausſehen , aber faſt ohne Ausnahme rothes Haar haben' , durch ihre originelle Lan destracht ungemein. Ihr Unzug beſteht nåmlich nur in einem
bis an den Hals zugemachten Hemd , unter dem mit ſehr vielen Falten verſehenen ſchwarzen Rocke; die Fußbekleidung aus hånfe nen Sandalen ; ihr volles rothes Haar iſt in einen, mit weißem Band umwickelten , langen , meiſt bis über den Rücken herab 1
hangenden Zopf geflochten , und Manche tragen auch ſolche falſche Zöpfe, und zwar auf die eine oder die andere Weiſe unten mit einer
kleinen Locke; den Kopf bedeckt ein großer, mit breiten Kråmpen verſehener und mit ſchwarzen Bändern am Kinne feſtgebundener runder Hut ; außerdem tragen ſie noch einen um den Hals oder
an der rechten Seite des Rockes herunterhångenden Roſenkranz. Da früher die afrikaniſchen Seeräuber oft auf dieſer Inſel landeten , die meiſt einzeln gelegenen Häuſer ausplünderten und die Bewohner in die Sklaverei mit fortführten , ſo ſind auf die gefährdetſten Punkte der Inſel an der Küſte Wachthürme
erbaut , die zum Theil mit Geſchüßen bewaffnet ſind und von wo aus den Bewohnern bei zu befürchtenden feindlichen Landungen ſogleich Signale gegeben werden.. Die geſammte waffenfähige
månnliche Bevölkerung iſt zur Vertheidigung ihres Bodens mit Schießgewehren verſehen und bildet eine Landmilig , die 1
durch den Gouverneur der Inſel von Zeit zu Zeit, auf verſchie denen Punkten vereinigt, gemuſtert wird. .
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Die niedere Volksklaſſe hångt feſt an den alten Gewohn heiten und Gebrauchen ihrer Vorfahren und hat rauhe Sitten.
So gilt bei ihnen am Abend das Begrüßen auf dem Wege gleichſam als eine Herausforderung , daher jeder ernſt und ruhig ſeinen Weg zu gehen pflegt. Entführungen der Geliebten aus dem ålterlichen Hauſe durch Liſt oder Gewalt kommen håufig vor und werden vor:
züglich durch die größtentheils vereinzelte Lage der Bauern håuſer ſehr erleichtert; die Entführte kehrt dann nach Verlauf mehrerer Tage gewöhnlich wieder nach Hauſe zurück. Bei ih rer großen Vorliebe zum Schießen haben ſie auch den eigen
thúmlichen Gebrauch, daß der Geliebte ſeine Ankunft vor dem Hauſe der Geliebten durch einen oder mehrere Gewehrſchüſſe anzeigt. Begleiten ſich die Liebenden einzeln oder in mehreren Paaren , ſo gehen die Männer voran und feuern von Zeit zu Zeit ihre Gewehre ab , ohne auch nur ein Wort mit den in geringer Entfernung nachfolgenden Mädchen zu ſprechen ; dabei
legen ſie nach der Zahl der Schüſſe die Größe ihrer Zuneigung an den Tag. Das Klima befördert übrigens die Körperausbil dung der Inſulaner ſo ſehr, daß ſie ſich oft ſchon im vierzehnten und fünfzehnten Sahre verheirathen , weßhalb aber das weib liche Geſchlecht auch zeitig verblüht und bereits im 25. Sahre
zu altern anfängt. Sie lieben den von Zither oder Guitarren: ſpiel begleiteten Tanz und die Vornehmern vorzüglich den úppi: gen mit helltonenden Klappern oder Kaſtagnetten (castañetas) begleiteten Fandango , tanzten aber auch damals ſchon ſehr gern die ihnen noch neuen deutſchen Walzer. Doch am originellſten iſt der bei den Landbewohnern übliche Nationaltanz el caracol
(ein gewiſſer Tanz im Kreiſe). Der Verfaſſer ſah einen ſols chen caracol von einem großen Theile der Bevölkerung, zu Ehren des neuen Gouverneurs , bei Iviza ausgeführt und ſchil: dert ihn hier kurz, weil die Sitten dieſer Inſulaner darin ſehr
deutlich ſich ſpiegeln.
Alle Tanzenden erſchienen paarweiſe,
die Tänzer mit Gewehren bewaffnet; an der Spiße des Zugs befindet ſich der Führer, ein bejahrter, in hohem Unſehen ſtehena
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der Inſulaner, der auf ſeinem Kopf eine ungeheuer große rothe Perücke und in der rechten Hand einen großen Stab trågt. Unter dem betäubenden Schall einer wahren Bårenmuſik von kleinen Trommeln und Pfeifen ſchreitet er mit der feierlichſten
Miene und höchſt gravitátiſch voran, macht mit ſeinem Stabe Zeichen gegen den Himmel und führt ſo den ganzen Zug in
verſchiedenen immer abwechſelnden Krümmungen herum. Nach långerm Herumgehen im Kreiſe trennen ſich die Tänzerinnen und ſtellen ſich auf der Seite vereinzelt in eine Linie auf. Die Månner folgen indeſſen unausgeſegt ihrem Führer , nahen fich aber nun der Reihe nach ihren Herzensauserwählten , ſeken die Mündung ihres mit Pulver und Pfropfen ſtark geladenen Gewehres vor die nackten Füße derſelben auf die Erde und feuern es ab, ſo daß unter einem bedeutenden Knall Erde und Steine um ſie herumſtieben , oft auch ihre Füße verwunden, daß
das Blut davon herunterfließt. Den höchſten Beweis von Liebe giebt nun das Mädchen und erwirbt ſich die allgemeine Bewun derung dadurch , wenn ſie bei dem oft furchtbaren Knalle des
meiſt ſehr überladenen Gewehres nicht erſchrift, eine ruhige Miene beibehalt und den Schmerz bei der Verwundung ohne irgend ein äußeres Zeichen des Wehgefühls ertrågt. Die vornehmere Klaſſe ergókt ſich in ihren Abendgeſell ſchaften ( tertulias) durch Geſang und Tanz , beides mit Bea gleitung einer Guitarre , ſo wie durch Serenaden. Doch über 1
Alles gehen ihr die Faſtnachtsluſtbarkeiten . Abends durchzieht
man dann , in Geſellſchaften vereint und maskirt , die Straßen unter Guitarrenſpiel, und beſucht die beliebigen Häuſer; dem Geſeke der Maskenfreiheit gemäß öffnen ſich auf den Ruf „ mas caras“ (Masken) die verſchloſſenen Thüren , man tanzt darin einige Zeit , låßt ſich mit Früchten und Wcin bewirthen und verläßt dann dieſes Haus wieder , um auf gleiche Weiſe andere zu be ſuchen. Uebrigens bringt ihnen die große Anzahl der alljáhra lichen Feiertage und Feſte eine Menge Vergnügungen und das Feuer ihrer leicht erregbaren Einbildungskraft weiß alle Genüſſe zu ſteigern und zu verdoppeln.
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Bei einem Todesfalle verſammeln ſich alle Verwandte und Freunde im Hauſe des Hingeſchiedenen, erzählen unter großem Wehklagen deſſen edle Thaten und Preiſen ſeine Tugenden.
Bigotterie und Unduldſamkeit ſpielen auf dieſen Inſeln noch immer eine Hauptrolle und äußern ſich überal in Sitten, Ge bräuchen, bei Trauer und Freude, im Privatleben wie bei öffent: lichen Anſtalten und Einrichtungen , gewöhnlich ganz unbefan gen, oft auch rauh , bisweilen in der That ſehr komiſch. So
erſchien eines Tages ein aus Afrika befrachtetes Schiff vor Iviza. Altem Herkommen zufolge durfte es nicht in den Ha: fen einlaufen , ſondern mußte außerhalb deſſelben ankern , weil der Waareneigenthümer , ein Jude , ſich mit am Bord be: fand. Um nun das Land zu betreten und ſeine Waaren zu verkaufen , bedurfte er einer beſondern Erlaubniß. Dieſe traf endlich ein und mit ihr ein Geiſtlicher, der den Juden am Strand erwartete, um ihn vor Mißhandlung , ja vielleicht vor der Ermordung durch die Hand des Volkes zu ſchüßen. Sener begleitete ihn alsdann zum Gouverneur und von da an alle Håuſer, wo er Waaren abzuſehen hoffte. Aber die Häuſer ſelbſt durfte der jüdiſche Handelsmann nicht betreten, ſondern mußte auf der Straße mehrere Schritte von der Hausthúr entfernt ſtehen bleiben und von hier ſeine Geſchåſte abmachen. Sobald er fich von dem Hauſe wieder entfernt hatte , ließ der Eigen: thúmer deſſelben den ganzen Plaß , den der Jude vor demſel ben betreten , fegen und dazu wohl auch råuchern , weil man ihn als verunreinigt und entweiht anſah. Sobald der jüdiſche Kaufmann ſeine Geſchäfte beendet hatte , wurde er durch den Geiſtlichen wieder an das Ufer gebracht und mußte fich ſogleich wieder einſchiffen . Die Einwohner ſind im Verhåltniſſe zu dem warmen Klima ziemlich thátig ; dabei kommt ihnen denn freilich die Fruchtbarkeit
des Bodens ſehr zu Statten. Unſere Weiſe des Getraidedreſchens kennen und üben ſie nicht; ſie haben vielmehr eine Art Denne unter
freiem Himmel , legen darauf das Getraide umher und fahren dann mit ihrem Maulthiergeſpann vor dem Wagen ſo lange
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darüber im Kreiſe herum, bis alle Körner fich aus den Lehren
geldſ't zu haben ſcheinen , wobei natürlich viel Zeit und Körner, die im Strohe bleiben, verloren gehen. Um übrigens nicht, gegen
meinen Willen , ſchon Bekanntes zu erzählen, ſey nur ſo viel von jenen eigenthümlichen Inſulanern geſagt, von denen manche
angenehme und dankbare Erinnerung, als einziger Erſatz für die vier Jahre des Elends und der Leiden in mir zurückgeblieben iſt. In unſerer bedingten Freiheit lebten wir auf dieſer Inſel
noch bis Ende Aprils 1814, wo damals ganz Spanien dem Ju bel über die Befreiung und Rückkehr ſeines Königs Ferdinand VII. aus der franzöſiſchen Gefangenſchaft ſich hingab , darin das Ende aller ſeiner Leiden erblickte, und von dem Herrſcher, wel: chem es unſágliche, ja beiſpielloſe Opfer gebracht hatte , eine gedeibliche und ſchone Zukunft erwartete.
Endlich nach vier:
jähriger Gefangenſchaft, erhielten die deutſchen , nåmlich die badiſchen , ſåchſiſchen , naſſauiſchen , hohenzollern - ſigmaringi ſchen und lippiſchen Offiziere in Iviza nach einem Aufenthalte von 1 Jahr und 9 Monaten auf dieſer Inſel, die Erlaubniß zur Rückkehr in’s Vaterland. Im April und Iuni ſegelten wir darauf nach verſchiedenen Richtungen ab , weil Reiſebe: ſtimmungen und Reiſemittel nicht bei allen gleich waren ; Manche hatten unterwegs noch Kämpfe mit Hinderniſſen und Mangel zu beſtehen , und Einige erreichten ihr Ziel erſt ſpåt. 1
Der Verfaſſer , feinerſeits , ſchiffte ſich am 28. April
von Iviza nach der Inſel Menorca ein , entging aber auf dieſer Fahrt kaum der Gefahr, daß das kleine Ivizaiſche Fahr zeug , auf welchem er ſich befand , durch ein großes Schiff in .
den Grund geſegelt ward , und langte hierauf glücklich im Ha fen von Mahon an , wo er ſich des impoſanten Anblicks der
dort vor Anker liegenden, ungefähr 20 Kriegsſchiffe ſtarken , eng liſchen Flotte unter Admiral Pellew erfreute. Von da fekte er dann die Weiterfahrt auf einem engliſchen Transportſchiffe nahe an der , damals ſchon vom Kaiſer Napoleon bewohnten, Inſel Elba vorüber nach Genua fort.. Am 19. Mai landete
er in dieſer prächtigen Stadt , die eine engliſch - ſicilianiſche
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Armee unter dem engliſchen Generallieutenant William Caven dish Bentink beſeft hielt , während ihr Hafen mit Kriegs- und Transport-Schiffen angefüllt und unter jenen das Linienſchiff er ſten Ranges, der Bellerophon , war, welches erſt kurz zuvor den
franzöſiſchen Kaiſer in ſein Eril nach Elba gebracht hatte. In Genua , von allen Mitteln zur großen Weiterreiſe nach der noch ſo fernen Heimath entblóſt, half ihm am 22. zufälliger - und
unbekannterweiſe ein Ehrenmann , der Kaufmann Pietro Piatolli aus Livorno, durch Vorſtreckung von 80 Duros aus der pein: lichſten Verlegenheit. Von Genua Teßte er am 23. Mai
ſeine Marſchroute über Mailand , Verona , Roveredo, Briren, Innsbruck, Augsburg, Nürnberg, Koburg, Schleuſingen u. . 1
w. fort.
Am 21. Juni 1814 endlich traf der Verfaſſer nach einer
Abweſenheit von 5 Jahren und 3 Monaten, wieder in Weimar ein , wohin auch am 6. Auguft die zwei mit gefangen geweſenen weimariſchen Lieutenants von Boyneburgk und von Schauroth, welche zu einer andern Reiſeroute von Iviza über England und Holland nach Sachſen vermocht worden
waren 1, zurückkehrten. Einige Jahre ſpäter langten auch noch Einzelne von den in Gefangenſchaft gerathenen Unteroffizieren und Soldaten der verſchiedenen herzoglich fåchſiſchen Kontin gente , welche, durch große Drangfale und auch mancherlei Vor:
ſpiegelungen verleitet , in engliſche, ſicilianiſche oder ſardiniſche Dienſte getreten waren, in der Heimath an. Die kleine Schaar der Zurückgekehrten fand nun für alle die ſchweren Prüfungen, Erduldungen und ſo manche empfindlichen Opfer wenigſtens
ihren ſchönſten Lohn in Deutſchlands wieder errungener Freiheit ſowie in der bleibenden Erinnerung an ihre Waffengefährten, mit denen ſie in jener inhaltsſchweren Zeit Gefahren und Leia den getheilt hatten.
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3 e i I a gé I. Liſte der Offiziere des Infanterieregiments der Herzoge von Sachſen bei dem am 18. Januar 1810 erfolgten Rhein übergange bei Mannheim . R e g ime # Oberf von Egloffſtein
$ ft a b.
.
Proviſoriſcher Regimentsadjutant: Sekondlieutenant
von Weimar.
von Staff
Regimentsquartiermeiſter : Lieutenant Henneberg Regimentsquartiermeiſter: Schmidt
von Gotha . von Weimar.
Uuditeur und Quartiermeiſter : Premierlieutenant von Koburg. von Fürſtenau 5 Offiziere und ungefåhr 33 unteroffiziere und Gemeine
1. Linienbataifion Gotha , Meiningen und Koburg . Kommandeur : Major Knauth Prov . Udjutant : Sekondlieutenant Friedheim
} von Gotha.
Stapitains:
Geier von Geiersberg Wagner Meiſter von Donop
von Gotha.
.
von Meiningen.
Premierlieutenants :
Schulthes Reich
von Gotha. von Meiningen. von Gotha .
.
Merker
Sekondlieutenants :
Kråbſdmar . von Plaenckner
von Gotha.
Můler
von Schauroth Wunder
.
Michel
von Koburg. von Gotha. von Meiningen.
von Mauderode
16 Offiziere , 828 unteroffiziere und Gemeine. 33
508
II . Beidhtes Bataitton Weimar und Hildburghaufen . Kommandeur : Major von Urnsward
Prov. Udjutant: Sekondlieutenant von Steuben
von Weimar ,
Rapitains :
von Boyneburg !
.
von Weimar.
Premierlicutenant ::
von Boyneburgk
von Weimar.
von Koppenfels von Crayen
von Hildburghauſen . .
von Weimar .
Setondlieutenants :
von Seebach von Goldacker von Ultrock von Weimar.
von Schauroth von Schleget
11 Offiziere , 383 unteroffiziere und Gemeine . Geſammtſtårke des Regiments :
32 Offiziere , 1,194 Unteroffiziere und Gemeine.
Be i la ge II . Liſte der Offiziere von den zu Pontemajor bei Gerona Ende April und Anfangs Mai , fowie zu Hoſtalrich Mitte Juni
1810 bei dem Infanterieregiment der Herzöge von Sachſen eingetroffenen Erſakmannſchaften. Am 29. April 1810 zu Pontemajor eingetroffen : von Gotha : Major von Búnau. Adjutant: Premierlieutenant von Seebach .
Kapitain Wunder. von Münch. Krázſchmar. :
von Iúmpling.
Premierlieutenant von Schauroth I. S
.
Förfter . .
von Schůt. Sekondlieutenant von Gilſa 1.
von Gråfendorf. .
von Wangenheim . von Gilſa II.
509
Erghavien
Sekondlieutenant Bachof von Echt. .
.
Merkel.
Regimentsquartiermeiſter Irompheller. Regimentsarzt Haßkarl. 17 Offiziere.
Von Meiningen : Major von Boſe. Kapitain von Buttlar. Sekondlieutenant Chriſten. 3 Offiziere.
Um 5. Mai 1810 zu Pontemajor eingetroffen . von Weimar : Major von Germar. Udjutant : Premierlieutenant von Beulwie.
Kapitain von Kónnerit.
*
.
von linker.
Sekondlieutenant von Schůz . von Boyneburgť. Bataillonsarzt Mirus. Uuditeur Múler.
8 Offizieren .
Von Hildburghauſen : Kapitain von Münch. Sekondlieutenant von Taubenheim . 2 Offiziere.
Am 10. Mai 1810 zu Pontemajor eingetroffen . Von Koburg : Major Hofmann. Kapitain von Ulvensleben . Premierlieutenant von Uttenhoven.
Sekondlieutenant von Wigleben. von Günther. 5 Offiziere.
Am 16. Juni 1810 zu Softalrich eingetroffen .
von Gotha : Sekondlieutenant Fleiſchmann. von Bomsdorf.
2 Offiziere :
Geſammtſtårke : 37 Offiziere.
510
Beilage III.. Liſte der Offiziere und ſummariſcher Beſtand der Unteroffiziere und Gemeinen der aus dem Feldzuge in Spanien im Monat Juni 1811 zurüdgekehrten herzoglich fächſiſchen Kontingente.
Vom weimariſchen Kontingente : Oberſt von Egloffſtein.
Major von Germar. Udjutant : ܀Premierlieutenant von Beulwig. Kapitain von Linker. von Germar. Sekondlieutenant von Goldacker. . von Steuben. 2
:
von Schůk.
von Boyneburgk. Bataillonsarzt Mirus. Auditeur Müller.
11 Offiziere , 89 unteroffiziere und Gemeine.
vom gothaiſchen Kontingente : Major von Búnau.
Adjutant : Premierlieutenant Merker. Kapitain Wagner. von Münch .
Krågſchmar. Sdulthes. von Seebadı. Premierlieutenant Förſter. Krágichmar. von Plaencner. Sekondlieutenant Friedheim . von Gilſa.
von Grafendorf. .
Merker.
.
von Wangenheim . von Bomsdorf.
Regimentsquartiermeiſter Srompheller. Regimentarzt Saftart.
18 Offiziere , 95 unteroffiziere und Gemeine.
511
Vom meiningiſchen Kontingente : Major von Boſe.
Kapitain von Donop. Premierlieutenant Chriſten . :
.
von Mauderode.
4 Offiziere , 24 Unteroffiziere und Gemeine.
Vom hildburghåuſiſchen Kontingente : Kapitain von Münch . 1 Offizier , 17 unteroffiziere und Gemeinc.
Vom koburgiſchen Kontingente : Major Hofmann . Kapitain von Alvensleben . Premierlieutenant von Uttenhoven.
3 Offiziere , 24 Unteroffiziere und gemeine.
Geſammtftarke des Regiments : 37 Offiziere , 249 unteroffiziere und Gemeine.
Be richtig ung. Seite 474 Zeite 9 v. 0. leſe man 37 ſt. 38 , wonach dann auch die übrigen bezüglichen Angaben auf derſelben Seite zu berichtigen ſind.
Druck der Abrecht'ſchen privilegirten Sofbuchbruckerei zu Weimar.
R e n v o i zum Plane der Schlacht bei Auerstaedt.
A. Bivouak der preuſsischen Hauptarmee unter dem Feldmarschall Herzog von Braunschweig in der Nacht vom 13. zum 14. Ok tober 1806 .
A. 1. Division von Schmettau . A. 2. Division von Wartensleben.
A. 3. Division Prinz von Oranien.
A.4. Reservedivisionen unter dem General der Kavallerie Grafen von Kalkreuth ,
B. Erste Aufstellung der französischen Division Gudin am 14. Mor gens .
a'a'. Angriff durch die Kavallerie der Avantgarde unter General lieutenant von Blücher auf die Division Gudin.
a ''. Genommene Stellung des Generallieutenants von Blücher
nach diesem abgeschlagenen Angriffe. Bʻ. Spätere Stellung der Division Gudin bei Hassenhausen. bb. Aufmarsch der Division von Schmettau vor Tauchwitz .
cc. Zweiter Angriff der preuſsischen Kavallerie unter General lieutenant von Blücher auf den , in Quarrés formirten , rech ten Flügel der Division Gudin. B2.
C. Ankunft der Division Friant bei Spillberg und Aufstellung ei ner Batterie beim Kirchhofe.
dd. Aufstellung des weimarischen Scharfschützenbataillons , des Füsilierbataillons von Oswald und 4 Bataillone preuſsischer Garden von der Reserve , nebst 1 12pfündigen Batterie und
2 Eskadrons Kavallerie zur Deckung des rechten Flügels ge gen die Saale bei der Emsenmühle und auf den Höhen von Stadt - Sulza.
D. Französische Division Morand , welche auf dem linken Flügel der Division Gudin Posto faſst und bis D ' vorrückt.
ee. Aufmarsch der Division von Wartensleben und deren Vorrük ken bis ele'.
C'. Vorrücken der französischen Division Friant
in
die
linke
Flanke der Division von Schmettau , welche darauf die Stel lung b'b' einnimmt.
F. Die Brigade Prinz Heinrich von der Division Prinz von Oranien, welche zur Unterstützung der Division von Schmettau bei Tauch witz aufmarschirt , den Feind zurückwirft und dann mit gegen Hassenhausen vorrückt.
f'f . Angriff der vereinigten Divisionen von Wartensleben und Prinz von Oranien auf Hassenhausen , welches aber von der Division
Gudin behauptet wird , deren linker Flügel die Stellung B 3 einnimmt , um sich der Division Morand anzuschliesen.
gg . Erste Aufstellung der preuſsischen Reservedivisionen hinter Gernstaedt.
hh. Miſslungener
Kavallerieangriff
des Prinzen Wilhelm
von
Preuſsen auf 3 französische Quarrés des linken französischen
Flügels.
ii. Zweite Aufstellung der 2 Reservedivisionen bei Gernstaedt zur Deckung des Rückzuges.
k . Grenadierbrigade des Prinzen August von Preuſsen als Re pli für den linken Flügel , welche die bei 1. aus den Trümmern der geschlagenen Division von Schmettau formirte Reserve aufnimmt. mm . Noch weiteres Vorrücken der französischen Division Friant
in Flanke und Rücken der preuſsischen Armee.
i'i'. Nothwendige Veränderung der Stellung der preuſsischen Re servedivisionen gegen die Division Friant.
nn. Noch spätere Aufstellung derselben und 00. der Kavallerie unter Generallieutenant von Blücher , Deckung des Rückzuges.
zur
p . Letzte Aufstellung der letztern , während des Rückzuges der preuſsischen Armee über Auerstaedt , Reiſsdorf, Eckartsberga und Eberstedt in der Richtung nach Weimar.
q. Französische Batterie auf dem Sonnenberge, welche , unter stützt von Infanterie der Division Morand , die , bei der Emsen
mühle und Stadt-Sulza aufgestellten Truppen dd angreifen und zum Rückzuge nöthigen . r . Französische Haubitzbatterie , welche von hier aus Auerstaedt bewarf und in Brand steckte. Ende der Schlacht.
SCHLACHT BEL AUERSTAEDT am 11.October 1806. nF ach reibu
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Stellung des die Festung einschliessenden Belagerungskorps unter GeneralLoison und zwar Polmacher Regiment
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Sämmtliche Grenadierkompagnien im Baptquartier Framm h. BB i.
Detachement zur Deckung der Artillerie Parkó i
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Später eingetroflène Französischeu.Holländische Truppen . Kollándisches Regimentunder Oberst Anthing . Französische Brigade
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D. Stellung der Weimarischen undder both : 14
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