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HEGEL • GESAMMELTE WERKE 27,1
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL
GESAMMELTE WERKE
IN VERBINDUNG MIT DER
DEUTSCHEN FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON DER
NORDRHEIN-WESTFÄLISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER KÜNSTE
BAND 27 IN FÜNF TEILBÄNDEN
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
/KlS'^al
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL
VORLESUNGEN ÜBER DIE PHILOSOPHIE DER WELTGESCHICHTE
HERAUSGEGEBEN VON
BERNADETTE COLLENBERG-PLOTNIKOV
BAND 27,1 NACHSCHRIFTEN ZU DEM KOLLEG DES WINTERSEMESTERS 1822/23
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
In Verbindung mit der Hegel-Kommission der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und dem Hegel-Archiv der Ruhr-Universität Bochum
Diese Publikation wird als Vorhaben der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste im Rahmen des Akademieprogramms von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über (http://portal.dnb.de) abrufbar. ISBN 978-3-7873-2683-9
© Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste, Düsseldorf 2015
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, Vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Film, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Satz: Da-TeX Gerd Blumenstein, Leipzig. Druck: Strauss, Mörlenbach. Bindung: Litges + Dopf, Heppenheim. Werkdruckpapier: alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100% chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany.
www. meiner, de
INHALTSVERZEICHNIS
WINTERSEMESTER 1822/23 NACHSCHRIFT HEINRICH GUSTAV HOTHO mit Varianten aus den Nachschriften Karl Gustav Julius von Griesheim, Friedrich Carl Hermann Victor von Kehler und Karl Rudolf Hagenbach
.
1
Philosophie der allgemeinen Weltgeschichte. Nach dem Vortrage des Herrn Professor Hegel, im Winter 1822/23. Berlin. HHotho .
3
Allgemeine Einleitung.
5
I. Ursprüngliche Geschichte.
5
II. Reflektirende Geschichte.
8
III. Die philosophische Weltgeschichte
.
14
Eintheilun g.
95
China
.
103
Wissenschaft, Kunst, Religion.
130
Indien.
143
Persien
. 205
Assyrien und Babylonien
.219
Medieer. Chaldäer &c
. 226
Das persische Reich als Gesammtes von Cyrus gestiftet.228 Phönizien, syrische Küste, Juden. 235 Aegypten. 239 Griechenland Rom
. 283
.354
Germanisches Weltreich.396 A. In Beziehung auf die römische Welt B. Das andere sind die Epochen
. 398
.402
I Erste Periode. 405
VI
INHALTSVERZEICHNIS
II Zweite Periode des Occidents, von der Epoche Karls des Grossen an Illte Epoche
. 416
. 442
ANHANG Zeichen, Siglen, Abkürzungen
. 463
WINTERSEMESTER 1822/23 NACHSCHRIFT
HEINRICH GUSTAV HOTHO MIT VARIANTEN AUS DEN NACHSCHRIFTEN
KARL GUSTAV JULIUS VON GRIESHEIM FRIEDRICH CARL HERMANN VICTOR VON KEHLER UND
KARL RUDOLF HAGENBACH
Philosophie der allgemeinen Weltgeschichte.
Nach dem Vortrage des Herrn Professor Hegel, im Winter 1822/23. Berlin.
H Hotho.
EINLEITUNG • URSPRÜNGLICHE GESCHICHTE
5
Allgemeine Einleitung.
2r Ho
der Gegenstand unserer Vorlesung ist die allgemeine Weltgeschichte, nicht Re¬ flexionen über sie, sondern sie selbst, ihr Entstehn, ihr Fortgang, nicht Betrach¬
der Gegenstand un¬ serer Vorlesung ist die Weltgeschichte.
tungen, wo wir sie als Beispiel anführen. 5
Wir wollen eine Vorstellung unserer Wissenschaft vorausschicken, und zu die¬ sem Behuf die andern gewöhnlichen Behandlungsarten der Geschichte durch¬ gehn. dieser Behandlung sind 3 Arten: die ursprüngliche Geschichte (bei Ge¬
Gewöhnliche Be¬
schichte hegt im deutschen die Zweideutigkeit von rei gestae und von Erzählung
handlungsarten der Weltgeschichte:
derselben), die reflectirte Geschichte, und die philosophische.
10
I. Ursprüngliche Geschichte.
Zur ursprünglichen Geschichte gehören die Beschreiber wie Thucidides, die Thaten beschreiben, welche sie selbst vor sich hatten, Beschreiber also die dem
1.
die ursprüngliche
Geschichtsbeschrei¬ bung.
Geist der Zeit angehörten, darin lebten, und diese Zeit beschrieben. Sie leisteten dadurch dies daß sie das Geschehene versetzten in das Reich der Vorstellung, der 15
dichter arbeitet die Stoffe für die mehr sinnliche und denkende Vorstellung aus.
1 Allgemeine Einleitung.] GrKe: Einleitung.
2—4 der Gegenstand ... anführen.] Gr: All-
3Gr lKe
gemeine Weltgeschichte sind nicht allgemeine Reflecktionen über die Weltgeschichte, sondern es ist die Geschichte selbst. Hb: Wir haben die "Weltgeschichte selbst zu betrachten, und nicht nur Refle-
2rHb
xionen darüber. In der Rechtsphilosop/ue §§ 213 ff ist der nähere Begriff einer philosophischen Rechts-
20
geschichte gegeben. Ke: Es sind nicht einzelne Reflexionen, die wir vortragen, sondern wir durch¬ gehen die ganze Geschichte. Vergleiche Hegels Philosophie des Rechts, in den letzten §§. wollen so HoHb; Gr: Die Einleitung soll
Vortrags der Geschichte Hb: die andern Weisen, diese Geschichte vorzutragen, Ke: historia
25
8 von Erzählung]
9 die reflectirte Geschichte] Gr: Reflecktionen über die Geschichte Hb: die reflektir-
te Ke: Die reflectirende sprüngliche
5 Wir
6 die andern ... Geschichte] Gr: andere Weisen des
10 I. Ursprüngliche Geschichte, so Gr; Ke (ohne Absatz): 1, Die ur¬
Geschichtsschreibung.
Herodot und Thukydides
11
Thucidides] Gr: Herodot, Thucydides HbKe:
12-13 dem Geist ... lebten,] Gr: in dem Geist derselben webten Hb:
im Geist dieser Begebenheiten gelebt und ihm zugehört haben Ke: lebten im Geiste der begebenheiten, und ihm zu und angehörten
30
13-14 leisteten dadurch ... Vorstellung] Hb: haben das Gegebene
in das Reich der "Vorstellung gearbeitet, sie machten das Vorübergehende zu einem Vorgestellten Ke: versetzten das Geschehene ins Reich der geistigen Vorstellung vgl. Gr: die das, was erst ein vorhan¬ denes, ein Seyendes, Vorübergehendes war zu einem geistig, vorgestellten machten
15 die Stoffe
... denkende] Gr: seinen Stoff für die mehr sinnliche als geistige vgl. Ke: Ebenso ist es beim Dichter.
10 / I. Ursprüngliche Geschichte. / so Gr
4Gr
NACHSCHRIFT HOTHO '
6
1822/23
Bei einem solchen ursprünglichen Geschichtschreiber sind auch die Verfassungen, die schon da sind, ein Ingredienz, ab er ein untergeordnetes; denn ein Haupt¬ werk ist das Werk der Geschichtsschreiber selbst, die das leztre, dzß Vorüberge¬ gangene, in der Erinnrung zerstreute, in eine feste dauernde Vorstellung in den Tempel der Mnemosyne bringen. Von solcher Geschichte smd die Sagen, Volks¬
5
lieder auszuschkeßen, denn diß sind noch erst trübe Weisen das Geschehene zu befestigen, die Völker von trübem Bewußtsein sind von der Weltgeschichte noch ausgeschlossen. In ihr haben wir es vorzüglic/z mit in sich, und über sich ausgebil¬ deten Völkern zu thun. Auch Gedichte gehören hier nicht her, indem sie nicht historische Wahrheit ha2vHo
10
ben, nicht bestimmte Wirklichkeit darstellen. | Es gehört hier erst ein Volk her, das bestimmtes Bewußtsein, Persönlichkeit hat. Indem die ursprünglichen Geschicht¬ schreiber nun ihre gegenwärtigen Begebenheiten, in einen bessren Boden, in den der festen Vorstellung bringen: so ist diß ihr eigener Character. der Umfang solcher Geschichte kann also nicht groß sein, da ihr Stoff das ist, was der Geschichtschreiber
15
mit gemacht oder doch mit erlebt hat. Solche Anschauungen, unreflectirte Züge sind es die er in der Vorstellung der Nachwelt anschaulich darstellt. In solcher Ge¬ schichte sind die Bildung des Verfassers so wie die Bildung der That, die er erzählt ein und dasselbe — der Verfasser lebt in der Sache, nicht über ihr, also macht er noch keine Reflexion darüber. In Zeiten, wo die Bildung vorgeschritten ist, zeigen sich
20
Unterschiede der Verfassung so wie Unterschiede der Bildung überhaupt in jedem
1—2 Verfassungen, die ... sind,] Hb: Erzählungen durch andre Ke: Berichte anderer Ke: Lebende
4 zerstreute]
7-8 die Völker ... ausgeschlossen] Hb: wie sie nur im Volke von einem trüben Be¬
wußtsein vorhanden sein können vgl. Gr: Deswegen sind sie den Vorstellungen trüber Völker ei2Ke
gen und diese sind von der Weltgeschichte ausgeschlossen. Ke: Völker von trübem Bewußtsein bringen sie hervor, so lange sie jenes haben.
25
8-9 In ihr ... thun.] GrKe: (Mer] Ke: In der Welt¬
geschichte,) haben wir es mit Völkern zu thun, (Welche wußten] Ke: die ausgebildet sind, und das Bewußtsein von dem hatten,] was sie waren und wollten. Hb: In der Weltgeschic/ife haben wir es aber mit diesen Völkern nicht zu thun, sondern mit denen, die sich bewußt waren.
11—12 Es
gehört ... hat] Gr: sie sind nicht für ein Volk das zu atomer Festigkeit und ausgebildeter Individua¬
30
lität gekommen ist Ke: die eigentliche Geschichte eines Volkes fängt an mit der Ausbildung des Volkes zum bewußtsein vgl. Hb: für ein selbstbewußtes Volk
13—12 in den ... bringen] Gr: aus
dem Boden der Vergänglichkeit wegnehmen Ke: als der boden der Vergänglichkeit ist Gr: Gegenstand Hb: Hauptgegenstand
16 mit gemacht ... erlebt] Gr: mehr oder weniger mitge¬
macht, erlebt hat, durchgemacht, Hb: durchgelebt vgl. Ke: nur das Erlebte 5Gr
15 Stoff]
18 so wie ... erzählt]
35
Gr: und der von ihm beschriebenen Handlungen Hb: und der Begebenheiten, die er erzählt, Ke: und sein Geist, und der Geist der Handlung, die er erzählt,
20 In] Gr: Hier ist näher anzufüh¬
ren, was seine Anwendung auch auf spätere Zeiten hat. In Hb: In dieser Sache ist näher begriffen, daß der Verfasser in Ke: Erst in 3Ke
21-7,1 in jedem ... Verhältniß] Gr: die mit denen zusammenfal-
len welche in den Ständen lagen Ke: die hervorgehn aus den Unterschieden der Stände
5 bringen] zu brigen
21-7,1 Verfassung so ... Verhältniß.] Verfassg (am Rande mit Verweiszei¬
chen: so wie ... u Verhältniß.].
40
EINLEITUNG ' URSPRÜNGLICHE GESCHICHTE
7
Stande und Verhältniß. Aber bei der ursprünglichen Geschichte muß daher der Ge¬ schichtsschreiber vom Stande derer sein, welche die Begebenheit vollbrachten, er muß Feldherr, oder Staatsman sein, die Reflexion also ist hier ausgeschlossen da der Vei lasser mit der Sache eins ist, der Geist der Sache aberbringt mit sich, daß der Ver5
lasser auch ein Gebildeter sei, denn er hat eine Zeit, die Bewußtsein von sich hat. dei Geist semei Zeit hat ein Bewußtsein über sich und seine Zwecke. Nöthig also ist daß der Schriltsteller ein Bewußter sei, damit er auf die Vorstellung wirke. Hierher gehören vorzüglich Reden von Individuen zu Völkern, und umgekehrt. Sie sind eine Handlung und machen einen Theil der Geschichte aus. denn werden solche
10
Reden nicht lebendig, werden sie nicht zur That und sind ihr gleich zu achten, so waren sie nur ein gleichgültiges Geschwätz, der Geschichtschreiber hat also auch die Reden aufzustellen, und sie enthalten die | Reflexionen über die Zeit und die
3rHo
Zwecke. Es wird also dadurch dern Geschichtschreiber seine eigne Reflexion erspart. Er lebt in jener Reflexion, welches die Reflexion der Zeit ist. Indem er in dem Geist 15
der Handlung und seiner Zeit steht, ist das was er vorträgt, das Bewußtsein der Zeit. So lesen wir im Thucidides Reden von Pericles, Reden fremder Völker, worin sie die
Reflexion ihrer selbst aussprechen,
dergleichen darstellend giebt also der
Schriftsteller die Reflexion der Zeit selbst, nicht eine eigene Reflexion über die Sa¬ che. Will man in den Völkern selbst leben, so muß man sich in solche Schriftsteller
20
3 Feldherr, oder Staatsman] Hb: Staatsmann Ke: Staatsmann oder Heerführer
6 ein Bewußt¬
sein ... Zwecke] Gr: Beweise seiner Handlungen und Grundsätze Ke: ein bewußtsein über seine Grundsätze
7-11 Hierher gehören ... Geschwätz.] Gr: Eine neue Seite ist dann, daß die Hand¬
lungen auch als Reden sich zeigen, indem sie selbst auf die Vorstellung würken, und solche Reden machen dann wesentlich einen Theil der Geschichte aus. Hb: Er muß auf die wirken, mit denen er 25
in einem Interesse verflochten ist; Reden sind dazu besonders wirksam; sie sind selbst Handlungen, machen selbst wesentlich einen Theil der Geschichte. Ke: Wenn solche Reden auch mehr oder we¬ niger ausgearbeitet werden so enthalten sie immer Bilder der Zeit.
12—13 die Zeit ... Zwecke]
Gr: die Zwecke | solcher Zeit Hb: ihr Verfahren, über ihre Grundsätze Ke: die Maximen der Zeit 30
14-15 Indem er ... Zeit.] Gr: Wenn er sich solche Reden ausbildet, so sind doch, indem er
selbst in der Bildung dieser Zeit steht, sie die Reden seiner Zeit. Ke: Wenn solche Reden auch mehr oder weniger ausgearbeitet werden so enthalten sie immer Bilder der Zeit. Der Geschichtschreiber stellt durch die Reden die Maximen der Zeit dar.
35
16 Pericles so HoGr; Hb: Pericles, dem tief¬
fremder Völker] Hb: der Gesandten &c.
17 Reflexion ihrer
selbst] Gr: Volksgrundsätze und Reflecktionen Hb: Maximen ihres Volkes
17-19 dergleichen
gebildetsten edelsten Staatsmann
darstellend ... Sache.] Gr: Auch diese Reden sind daher als etwas vollkommen ursprüngliches zu betrachten. Hb: Der Geschichtschreiber gibt also nicht seine eigne Reflexion.
19-8,1 Will man
... Hand.] Gr: Wenn man den Geist solcher Völker kennen lernen will, so muß man selbst bei die¬ sen Schriftstellern verweilen, und wer die Geschichte eilig genießen will, kann sich daran begnü¬ gen. Hb: Man kann nicht lang genug bei diesen Schriftstellern verweilen, man hat da die Geschichte 40
aus der frischesten, ersten Hand. vgl. Ke: Solche Schriftsteller muß man studiren,
3 Staatsman] Staatsman. lebt] Erlebt
9-11 denn werden ... Geschwätz, am Rande mit Verweiszeichen
14 Er
6Gr
NACHSCHRIFT HOTHO ' 1822/23
hineinleben, und hat dann ein Bild der Zeit aus der ersten Hand. Solche Schrift¬ steller sind freilich so häufig nicht. Herodot, der Urheber der Geschichte gehört dahin, Thucidides nannten wir, Xenophon als Beschreiber des Rückzugs und Caesars Commentarien gehören hierher. Unsre neuere Bildung bringt es mit, die Begebenheiten in Berichten aufzufassen. Sie können auch den Character der Ur-
5
spmnglichkrit haben. Hierher sind viele französische Memoiren zu rechnen, der Boden, auf dem solche Männer arbeiten, ist freilich oft der der Intrigue und Lei¬ denschaft; aber es giebt auch Meisterstücke, die ein grösseres Feld haben. In deutschhwd sind dergleichen Schriften selten. Ausnahmen jedoch machen die Memoiren Friedrichs 2. Es ist nicht genug bei der Begebenheit gewesen zu sein,
10
sondern man muß im Geist der Weltbegebenheit selbst gestanden haben.
II. Reflektirende Geschichte
die 2te Art der Geschichtschreiber sind die reflectirenden, deren darstellnng 3vHo
über das Gegenwärtige hinaus gehtf.j | Zunächst verlangt man bei ihnen eine Uebersicht des ganzen Volks oder der Weltgeschichte; es sind also Compilationen
2. Reflectirende
15
Geschichtsbeschrei¬ bung.
2 so häufig nicht] Ke: nicht so häufig als man meinen sollte
4—6 Unsre neuere ... haben.] Gr: Aber
auch in unserer Zeit giebt es dergleichen ursprüngliche Geschichtschreiber, wenn gleich diese auch das mit sich bringt, die Begebenheiten in die Vorstellung aufzunehmen und zu Gerüchten umzuwandeln. 2vHh
Hb: Diese Geschic/iischreiber gehören auch der neuren Zeit an. Xenophon, Caesar; unsere Zeit hat frei¬ lich ein verändertes Verhältniß mit sich gebracht; wir verwandeln die Begebenheiten gleich in Berichte;
20
solche können auch den ursprünglichen Charakter an sich tragen. Ke: Auch die neuere Zeit hat derglei¬ chen. Xenophon, Thukydides, Herodot, Cäsar. Die neuere Bildung bringt eine Veränderung des Ver¬ hältnisses hervor, die Begebenheiten werden in berichte verwandelt, die auch den Charakter der Ur¬ sprünglichkeit haben können.
6-7 der Boden ... Leidenschaft;] Gr: So giebt es besonders viele
Memoires der Franzosen, welche reicher als jede andere neue Nation hieran sind, wenn gleich der
25
Boden, worauf sie gewachsen viel kleinliches, Intriguen, winzige Interessen enthält. Ke: Der Boden der Intriguen und Leidenschaften ist freilich oft zu finden;
8 aber es ... haben.] Gr: Aber auch Aus¬
nahmen hiervon finden statt, so die geistreichen Werke des Cardinal de Retz u.a. Hb: Viele Berichte (viele französische memoires) sind den Cäsarischen Kommentarien an die Seite zu stellen; z.B. die me¬ moires des Kardinal von Rez. Ke: z. B. memoires des Kardinal von Rez, obgleich diese sehr gut 7Gr
10 Memoiren Friedrichs 2] Gr: Friedrich des Ilten Memoires Hb: Memoires von Friedrich II
sind.
Memoires de mon tems Ke: Histoire de mon tems, von Friedrich II politischen Wirksamkeit 4Kc
11 Weltbegebenheit] Ke: großen
12 II. Reflektirende Geschichte so Gr; Hb (ohne Absatz): Die reflekti-
rende Geschichte. Ke (ohne Absatz): 2te) reflectirende Geschichtschreibung. 2te
30
...
gehtfj]
Gr:
Es
giebt
deren
mehrere
ArtenU
Hb:
Unter
dieser
sind
13—14 die verschiedene
Arten begriffen. Ke: Ihr Charakter geht über das Gegenwärtige hinaus. Hier sind verschiedene Unterarten.
15 Weltgeschichte so HoGr; Ke: Welt vgl. Hb: Landes
15—9,1 es sind ... Anderer.]
Gr: Sie sind nothwendig Compilationen, die Sprache ist nicht die der Anschauung. Hb: Historien 8 Meisterstücke Lesung am Wortende unsicher
12 II. Reflektirende Geschichte so Gr
35
EINLEITUNG ■ REFLEKTIRENDE GESCHICHTE
9
schon vorhandner Geschichtschreiber, von Berichten Anderer, die nähere Art der Compilation hängt vom Zwecke ab. Hierher gehört Livius, Johannes von Müller. Sie sind verdienstlic/i und unentbehrlich. Ein Maaß der Behandlung lässt sich nicht bestimmen. Gern machen es diese Geschichtschreiber so, als höre der Leser Zeitge5
nossen der Begebenheiten sprechen. Aber diß mißlingt oft da das Ganze aus ei¬
a. Nachahmung
nem Ton sein soll, und der Geist und die Bildung der verschiedenen Zeiten nicht
der ursprünglic/ien Geschichte.
derselbe ist; Livius erzählt so Schlachten, die entweder nicht auf die Zeit passen, oder so, wie sie für alle Zeiten passen. Ebenso sind die Reden der alten Könige so, daß sie mit der Zeit sehr contrastiren, in der sie sollen gehalten sein, und stehn 10
den kindlichen Zügen jener Zeit, mit der sie in Verbindung stehn, entgegen. In einigen Perioden ist die Ausführung groß, in andren sehr mangelhaft, diß zeigt sich deutlich im Gegensatz des Polybius. Ebenso ist ein unglücklicher Versuch in der Zeit gelebt zu haben zu scheinen, in welcher die Begebenheit geschah, Johannes Müllers Geschichte der Schweiz. Eine Geschichte, die eine weite Zeit
15
umfaßt, muß sich ihrer Natur nach mit abstracten, allgemeinen Vorstellungen
dieser Art sind nothwendig Kompilationen aus schon verfertigten Berichten. Die Quelle ist nicht die ursprüngliche, die Sprache nicht die des mit dabei Gewesenseins. Ke: Da sind Kompilationen aus ursprünglichen Schriftstellern nöthig, berichte anderer sind da. Sie haben nicht den Charakter des Dabeigewesenseins; 20
1-2 die nähere ... ab.] GrHb: Von dieser Art sind ('nothwendig alle Weltge-
schichten] Hb: die Weltgeschichten überhaupt].
2 Livius, Johannes von Müller] Hb: Dioden« Sicn-
lus, Livius, Johannes Müller Ke: z.B. Livius, Johannes von Müller, Schweizergeschichte und] Gr: Gut gemacht sind sie
3 Sie sind ...
4—7 Gern machen ... ist;] Gr: Sehr schwer ist es hierbei ein Maaß
anzugeben. Wie solche Schriftsteller sich vornehmen den Leser in die Zeit zu versetzen dies verun¬ glückt gewöhnlich mehr oder weniger. Der Geist der Zeit in welcher geschrieben wird, ist ein anderer 25
als der, der Zeit welche beschrieben werden soll. Hb: Es läßt sich bei ihnen kein rechtes Maaß der Behandlung angeben. Sehr gern nehmen diese Geschichtschreiber eine Sprache an, als ob man die Zeitgenoßen erzählen hörte; solches Unternehmen mißglückt aber gewöhnlich. Ke: Gern stellt man es hier so dar, als höre der Leser Zeitgenossen, aber dies verunglückt gewöhnlich, denn man bleibt doch immer ein einziges Individuum „in dem sich der Geist der Zeit spiegelt“.
30
7-8 Livius erzählt ...
passen.] Gr: Livius enthält ein Detail von Umständen die für alle Zeiten passen, Hb: In Livius finden wir detaillirte Beschreibungen in einem Ton der Bestimmtheit, wie von Zeitgenossen; Ke: z.B. Livius beschreibt Schlachten im kleinsten detail, was auf viele andere Zeiten paßt.
8-10 Ebenso sind ...
entgegen.] Gr: es giebt Reden der alten Könige bei ihm, wie sie nur zur Zeit der Advokaten in Rom statt finden konnten. Hb: Reden der alten Könige Roms, wie sie nur von den gewandtesten Advokaten 35
der spätesten Zeit hätten vorgebracht werden können; dagegen sticht die einfache Fabel des Menenius Agrippa (vom Magen und den Gliedern) sehr ab. Ke: Die Reden der Könige Roms scheinen von Advokaten der spätem Zeit ausgearbeitet zu sein. Die Fabel des Menenius Agrippa ist natürlich, und dagegen stechen die andern Reden wunderlich ab.
12 im Gegensatz des Polybius] Gr: wenn man
Livius mit Polybius vergleicht Hb: aus dem Vergleich des Livius und Polybit« Ke: aus der Verglei40
chung des Polybius und dessen Auszug beim Livius
14 Johannes Müllers ... Schweiz.] Gr: Johannes
Müllers Schweitzer-Geschichte, in gemachter affektirter Alterthiimlichkeit nicht origineil wie der ursprüngliche Geschichtschreiber Tschudi. Hb: Johannes Müllers Schweizergeschiüile anzusehn; man liest den einfachen Tschudi lieber, als diese affektirten Schilderungen. Ke: Müllers Schweizergesrhiüzte, die etwas hölzernes und pedantisches hat, durch das bestreben, Zeitgenosse scheinen zu wollen.
NACHSCHRIFT HOTHO '
10
1822/23
behelfen: als es wird die Schlacht verloren, oder gewonnen, und dergleichen, da¬ durch wird solche Geschichte zwar trockner und einfarbig, aber diß gehört der b. pragmatische
Sache an. Eine zweite Art der reflectirten Geschichte ist die pragmatische. Wenn |
Geschichte.
wir nehmlich es mit einer fernen reflectirten Welt zu thun haben, zeigt sich das Bedürfniß einer Gegenwart für den Geist, und diese Gegenwart hat er in seinem
5
Verstand, der Zusammenhang, das Innre ist ein dauerndes, ob die Begebenheiten auch vergangen seien, dise pragmatischen Reflexionen sind das' Belebende, zur Gegenwart bringende der fernen Vergangenheit. Ob sie belebend sind, das kommt auf den Schriftsteller an. die allgemeinen Verhältniße und Zustände werden mehr oder weniger selbst zu den Gegenständen der Beschreibung. Wenn wir hingegen
10
endlos Begebenheiten wollten in Allgemeinen Reflexionen aufstellen, so wäre diß unschmackhaft, werden aber allgemeine Zustände so behandelt, so beweißt diß den Sinn und die Kunst eines solchen Geschichtschreibers. Hier sind auch die c. Pragmatische
moralische Reflexionen hingehörig, die aus der Geschichte hervorgehn; morali-
Geschichte mit mo¬
sclie Reflexionen werden sehr häufig als Zwek angesehn, den das Studium der 15
ralischer Tendenz.
Geschichte haben soll. Kurz bemerkt erheben Beispiele des Guten freilich das Gemüth, und die werden oft angeführt, weil sie das Gute in concretere Vorstel¬ lung bringen, aber das Feld der Schicksale der Völker ist ein andres, höheres, wei¬ teres. Staatsmänner kann man an die Erfahrung durch die Geschichte weisen; der 5Kc
2—3
aber diß
sein
5—6
... an] HbKe: aber (zu diesem Zweck kann das]
Ke: sie können,) nicht anders
20
und diese ... Verstand] Gr: die dieser, aus seiner eigenen Thätigkeit, zum Lohn für seine
Bemühung hat Ke: und diese hat der Geist im Verstände
6-8
der Zusammenhang ... Vergangen¬
heit.] Gr: Die Begebenheiten sind verschieden, aber das Allgemeine und Innere, der Zusammen¬ hang, einer, dies hebt die Vergangenheit auf und macht die Begebenheiten gegenwärtig. Hb: Die pragmatischen Reflexionen über den innern Zusammenhang der Begebenheiten sind das Gegenwärti-
25
ge; sie bringen das Erzählte und Vergangene zur Gegenwart. Ke: Der innre Zusammenhang der begebenheiten, der algemeine Geist der Verhältnisse ist ein Dauerndes, nimmer Veraltendes, stets Ge¬ genwärtiges. dergleichen Reflexionen sollen also die Gegenwart hervorrufen; GrKcHb: (Ke: eignen,) Geist des Schriftstellers
9
Schriftsteller]
allgemeinen Verhältniße und Zustände] Gr: allge¬
meinen Verhältnisse, die Verkettung der Gegenstände Hb: allgemeinen Zustände, Verkettung, Ke:
10
Verkettungen der Umstände 3rHb
nicht mehr das Besondere erscheint Hb: das Allgemeine, | nicht wie vorher das Individuelle Ke: zu den begebenheiten nicht mehr, wie vorher, als einzelne und individuelle
12
individuelle Begebenheiten 9Gr
30
zu den ... Beschreibung] Gr: zur Begebenheit, das Allgemeine,
11
Begebenheiten] Gr:
unschmackhaft] Gr: unwirksam und unfruchtbar
werden aber
... behandelt] Gr: wenn aber der ganze | Zusammenhang der Begebenheit aufgefaßt wird Hb: Wird das Allgemeine zur lebendigen Vorstellung gebracht Sinn, die Kunst und den Geist nen und belehrungen
17
14
13
35
den Sinn ... Kunst] Gr: den Geist Hb: den
moralische Reflexionen so HoGr; HbKe: moralischen Reflexio¬
Gemüth so HoGr; Ke: Gemüth, besonders der lugend
17-18
und die
... bringen] Gr: und solche Beispiele sind bei dem moralischen Unterricht als konkrete Vorstellungen allgemeiner Sätze anzuwenden Hb: um allgemeine moralisr/ie Prinzipien zugleich in Concreto der Vorstellung näher zu bringen, ist dieß beim Jugendunterricht eine gute Methode Ke: die moralischen Grundsätze werden so in konkretere Vorstellungen gebracht
18
Schicksale der Völker so HoKe;
Gr: Schiksale, der Umwälzungen der Staaten Hb: Schicksal der Staaten und Völker ner] Gr: Staatsmänner, Regenten, Feldherrn vgl. Hb: Staatsmännern
19
Staatsmän¬
40
EINLEITUNG ' REFLEKTIRENDE GESCHICHTE
11
morah.se/ien Gebote aber giebt es wenige, und man braucht dazu keines so grossen Feldes. In solchen Verwiklwngen wie den Welt umständen findet man oft, daß die einfachen morali.se/ien Gebote nicht ausreichen, die Geschichte und Erfahrung lehren, daß Völker überhaupt nicht aus der Geschichte gelernt haben, denn jede 5
Zeit lebt in solch individuellem Zustande, daß aus diesem entschieden wird, diß ist der Character der Zeit, der immer ein anderer ist. | das moralische Gebot bezieht
4vHo
sich auf Privatverhältnj/je, und diese brauche ich nicht aus der Geschichte zu ler¬ nen. Bei moralise/zen Geboten ist es in allen Umständen so, daß der Hauptumstand durch solches Gebot erschöpft wird, Im Gedränge aber der Weltbegeben10
heit reicht solch einfacher Grundsatz nicht aus, weil die Umstände nie gleich sind, und das aus der Erimirung Genommne wider die Lebendigkeit des Augen¬ blicks nicht streiten kann. Bildend ist die Geschichte; bei Rednern ist Studium nöthig, aber die Berufung neuerer politischer Verhältniße auf Thaten und Hand¬ lungen der Römer oder Griechen hat immer etwas Schiefes. Moralische Absichten
15
hat ZB. die Geschichte Johannes von Müllers. Solche Reflexionen zeigen die Wohlmeinenheit
2—3
aber die Oberflächlichkeit des Gedankens heim Verfasser.
ln solchen ... ausreichen.] Gr: doch in solchen Verwickelungen der Weltgeschichte reichen so
einfache moralische Gebote nicht aus. Hb: Bei verwickelten Begebenheiten aber, wie sie die Geschichte gibt, ist dieß aber gar nicht erreichbar. Ke: Die moralischen Methoden sind sehr einfach; die 20
biblische Geschichte ist für belehrung hinreichend, die einfachen moralischen Methoden dienen zu nichts.
3-6
die Geschichte ... ist.) Gr: Die Geschichte und die Erfahrung lehren, daß Völker aus
beiden nie etwas gelernt, jedes Volk ist in so individuellen Zustande, daß es diesen Zustand ent¬ schieden wissen muß und wird und gerade nur der große Charakter ist es, der hier das rechte zu treffen weiß. Hb: Die Geschichte und die Erfahrung lehrt, daß grade Menschen und Staaten nie aus 25
der Geschichte und Erfahrung gelernt haben. Ke: Erfahrungen aus der Geschichte werden nie be¬ folgt, und nie hat man daraus etwas gelernt. Völker sind in einem so in | dividuellen Verhältmß, daß frühere Verhältnisse nie auf spätere ganz passen, indem die Umstände ganz anders sind.
7-8
6Kc
Pri-
vatverhältni/fe, und ... lernen.] Gr: einfache Interessen und Privatverhältniße; für diese giebt es einfache Gebote. Hier bin ich ein für allemal angewiesen; 30
9-12
Im Gedränge ... kann.] GrHb:
ganz anders im Gedränge der /Weltbegebenheiten, es giebt nicht ähnliche Zustände, die Erinne¬ rung hat keine Gewalt im Sturm der Gegenwart] Hb: Weltbegebenhcit; da reicht man nicht aus mit ähnlichen Verhältnissen/. Ke: Im Gedränge der Weltbegebenheiten hilft eine Erinnerung an ähnli¬ che Verhältnisse nicht aus, auch nicht die einfachen moralischen Grundsätze.
12
Bildend ist die
Geschichte;] Gr: Die Geschichte ist bildend, aber auf ganz andere Weise. HbKe: Das Bildende der 35
Geschichte ist etwas anderes, als /daß man dadurch eine Sammlung von Fällen hätte, welche auf vor¬ kommende Fälle anzuwenden wären] Ke: die daraus hergenommenen Reflexionen/.
12-14
bei
Rednern ... Schiefes.] Gr: Die Verhältnisse, die Umstände unterschiedener Völker, haben nicht vollkommene Ähnlichkeit, deswegen beruft man sich meistens sehr schief auf die Römer. Hb: Wenn sich Redner auf die Beispiele der Alten berufen, so ist immer etwas Schiefes darin. Ke: Kein 40
Fall ist dem andern ganz ähnlich, individuelle Gleichheit ist nie so da, daß, was in einem Fall das beste ist, es auch im andern wäre. sonders für die Schweizer
15
14
Moralische Absichten] Ke: solchen moralischen Zwek be¬
Johannes von Müllers] Gr;, der in solcher Absicht ganze Reflek-
tions-Sammlungen angelegt hat und deswegen langweilig wird Verfassers, aber auch die Oberflächlichkeit seiner Gedanken
16
aber die ... Verfasser] Hb: des
10Gr
NACHSCHRIFT HOTHO '
12
1822/23
Reflexionen müssen als mtressant selbst concret sein, gründliche Anschauung der Begebenheit allein kann Reflexionen interesstmf machen. Montesquieu macht dergleichen gründliche Reflexionen. Jeder aber traut sich den Geist zu, solche Re¬ flexionen machen zu können; und so ist ein Ueberfluß solcher Reflexion.? geschichten da. Man ist daher zu der Einfachheit zurückgekehrt, bloß genau und
5
mit Wahrheit zu erzählen. Aber solche Erzählung ist dann nur ein Material tür Andere. Wir deutschen fordern in der Vergangenheit eine Gegenwart; die Fran¬ zosen bringen sie sich hervor und suchen deshalb geistreiche Behandlung, aber sie c. critische
sind daher weniger gründliche Geschichtsschreiber. Eine 3tL Art der Reflexions-
Geschichte.
Geschie/zfe ist die critische, welche nicht sosehr die Geschichte selbst, sondern 5rHo
10
eine Geschichte der Erzählwng der Geschichte und die Beurtheilnng der| selben. Solche critische Geschichte ist die römische von Niebuhr. die Franzosen haben darin viel Gründlie/zes und Gutes geleistet. Bei uns hat sich die sogenannte höhe¬ re Critik der Geschichte bemächtigt, welche die besonneneren Geschichtschreiber zu verdrängen suchte, und Abschweifungen, und Phantasien Raum giebt. die
1—2
15
Reflexionen müssen ... machen.] Gr: Reflektionen müssen konkret sein, der Sinn der Idee,
wie sie selbst sich auslegt ist das wahre Interesse. Ke: Aber nur an einem konkreten Fall lassen sie sich lebendig anknüpfen. Genau gemachte Beschreibungen sind auch ein großes Verdienst, aber sie bieten sich nur dar als Material.
2—3
Montesquieu macht ... Reflexionen.] Gr: So Montesquieu
der zugleich gründlich und tief ist. Hb: Betrachtungen, wie Montesquieu sie gemacht hat, kommt höhere
und
Ueberdruß
tiefere
5—6
Wahrheit
zu,
als
solchen
Reflexionen.
4
Ueberfluß
so
HoHb;
20
Gr:
zu der ... erzählen] Gr: zurükgegangen auf Beschreibungen der Vorstellungen
nach allen Seiten Hb: auf die einfache blos beschreibende Art verfallen
6—7
dann nur ... Ande¬
re] Gr: Diese sind allerdings etwas werth, aber sie bieten meistens nur Material dar HbKe: ein gro¬ ßes Verdienst, aber sie bieten sich nur (als Material dar] Ke: dar als Material,)
7
deutschen for-
25
dern ... Gegenwart] Gr: Deutsche sind damit zufrieden Hb: sind mehr zufrieden solche dargestellte Sachen zu haben; aber wir verlangen auch eine Gegenwart
8—9 bringen sie ... Geschichtsschrei¬
feer.] Gr: bilden dagegen geistreich sich eine Gegenwart und beziehen die Vergangenheit auf den gegenwärtigen Zustand. Hb: gehn mehr darauf, dos Gegenwärtige geistreich zu behandeln, sie sind insofern weniger reine Geschichtschreiber. Ke: bringen sich besonders die Vergangenheit in der
30
Gegenwart hervor, und sind daher reine Geschichtschreiber. Sie beziehn stets die Vergangenheit Hcr
auf die Gegenwart.
11
Geschichte der Erzählung] GrHb: Geschichte
derselben.] GrHfe: der
Erzählungen (Hb: , die gemacht sind. So ist in Livius ein Hauptmoment das Kritische,).
12
Sol¬
che critische ... Niebuhr.] Gr: (Niebuhr) Ke: Niebuhrs römische Geschichte ist so geschrieben. Er 7Ke
behandelt die Erzählungen mit Rüksicht auf die Umstände, und zieht daraus | Folgen. sich] Gr: hat sich, nicht wie bei den Franzosen, Hb: Teutschen hat sich
14—13,1
13
hat
35
welche die ...
Einfällen.] Gr: wo man den Boden der Geschichte verlassend den willkiihrlichsten Vorstellungen und Combinationen Raum gegeben, die Gegenwart sind dann Einfälle die leicht für um so vor¬ trefflicher gelten, auf je weniger Gründen sie beruhen. Hb: sie will den Ausgeburten der willkür¬ lichsten Phantasie Eingang verschaffen; man hat die willkürlichsten Kombinationen gelten machen wollen, vgl. Ke: Die höhere Kritik ist in die Ausschweifung verfallen, das besonnene historische Studium zu verlassen. Man hat das Willkürlichste in die Geschichte zu bringen gesucht. Auch dies ist eine Art, die Gegenwart in die Vergangenheit zu bringen.
40
13
EINLEITUNG ' REFLEKTIRENDE GESCHICHTE
Gegenwart, die dadurch hervorgebrackl wird, beruht auf subjectiven Einfallen. Eine 4te Art giebt sich sogleich als etwas theilweise abstrahirendes aus. Sie macht den Uebergang zur philosophischen. Jene Art ist eine special-Geschichte eine5 allgememen Gesichtspunkts, herausgehoben aus dem Leben eines Volks, das also ..
5
...
gegen das allgemeine wieder ein Abstractes ist. Solche Gesichtspunkte smd durch
d. Special-
Geschlchte eines allgemeinen GeSichtspunkts.
die Bildung der Zeit mehr beachtet. Unsere gebildete Vorstellung wie sie ein Bild pp von einem Volke entwirft bringt mehr Gesichtspunkte mit, als die Geschichte der alten Völker. Solche einzelne Gesichtspunkte sind ZB. die Geschichte der Kunst, Verfassung, des Rechts ect. Alles Besondere kann so herausgehoben wer¬ 10
den. In unseren Zeiten ist Besonders Rechts und Verfassungs-Geschickie behebt geworden.
Beide haben nur Sinn im Zusammenhang mit dem Ganzen, und
müssen nicht in so äusserm Stoffe bleiben als Hugo’s Rechtsgeschichte. Reicher gehalten ist Eichhorns Geschickte des deutschen Rechts. Solche allgemeinen Ge¬ sichtspunkte können und werden auch zu Gegenständen besonderer Geschichten 15
gemacht, und stehn im Verhält ni/3 z um Ganzen der Geschickte des Volks. In der Behandlung kommt es darauf an, ob dieser Zusammenhang dargezeigt, oder nur äußerlick berührt ist. das Letztere ist leider der häufigste Fall, sodaß sie nur als ein subjeciiuer Zug eines Volks erscheinen. |
3—5 20
Jene Art ... ist.] Gr: Meistens sind es Special-Geschichten, allgemeiner Gesichtspunkte aus
dem ganzen Zusammenhänge der Allgemeinheit heraus genommen. Hb: Spezialgeschichten eines besonderen Volks oder Landes, oder eines oder des andern Gesichtspunkts, der aus dem Leben des Volks genommen ist. Ke: Specialgeschichte eines allgemeinen Gesichtspunkts, der aus dem reichen Leben eines Volkes herausgehoben wird. Dies ist aber durchaus et¬ was besonderes.
25
6—8 Unsere gebildete ... Völker.] Gr: Durch die Bildung der Zeit ist diese
Weise die Geschichte zu behandeln mehr beachtet und hervorgehoben, unsere Vorstellung indem sie sich ein Bild eines Volkes macht, bringt mehr Gesichtspunkte mit sich, als die der Alten. Hb: Solche allgemeinen Gesichtspunkte sind in der Bildung der Zeit mehr beachtet worden. Ke: Unsre Vorstellung von einem Volke bringt aber immer mehrere Gesichtspunkte mit, die behandelt wer¬ den müssen.
30
9
Kunst, Verfassung, des Rechts ect.] Gr: Kunst, | des Rechts, des Eigenthums Hb:
12Gr
Kunst, Geschie/ite der Wissenschaft, des Rechts, u.s.w. Ke: Kunst, Wissenschaft, Verfassung, des Rechts, Eigenthums, der Schiffarth worden
11-12
10-11
beliebt geworden] Gr: beliebt Ke: hervorgehoben
Beide haben ... RechtsgeschiRte.] Gr: Verfassungsgeschichten haben nur Sinn
und Verstand mit dem Ganzen des Staats. Wenn sie gründlich und interessant sind und nicht blos den äußeren Stoff bearbeiten, wie Hugo’s Römische Rechtsgeschichte, sind sie vortrefflich. Ke: 35
Die lezte hängt schon mehr mit der ganzen Geschichte zusammen, z.b. Hugo’s römische Rechts¬ geschichte
hängt
gehaltreicher Gr:
einer
betrachtung 40
sich
13-14
nur
an
Volks-Geschichte
16-17
das
unwesentliche
12-13
Äußere.
allgemeine« Gesichtspunkte] GrKe: Zweige Ke:
der
Geschichte
eines
15
Reicher
gehalten]
Gr:
der Geschic/ife des Volks]
Volks
16
Behandlung]
Ke:
ob dieser ... ist] Gr: ob der Zusammenhang des Ganzen aufgezeigt, oder
blos in äußerlichen Verhältnissen gesucht wird Ke: ob dieser Zusammenhang im mnern herausge¬ hoben, oder ob er nur in ein äußeres | Verhältniß gesetzt wird
15
gemacht] gemacht werden
26
sie] sich
37
Ke: Zweige] Zweigen
8Ke
14
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
III. Die philosophische Weltgeschichte
5vHo
die philosophische Weltgeschichte knüpft sich an diese Art der Geschichte näher
3. die philosophische
an. Ihr Gesichtspunkt ist nicht ein Besondres, Allgemeines, das abstract heraus¬
Weltgeschichte.
gehoben wird, sondern sie ist ein concret Allgemeines, das geistige Prinzip der Völker, und die Geschichte dieses Prinzips. dieß Allgemeine gehört nicht einer 5 zufälligen Erscheinung an, so daß das Schiksal der Völker ein Erstes wäre, bei Gelegenheit dessen diß Allgemeine sich hervorthäte, sondern diß Allgemeine ist die leitende Seele der Begebenheit, der Mercur der Seelenführer de5 Individuums und der Begebenheiten, die Idee ist der Führer der Völker und der Welt, der Geist führt die Welt, und seine Führung wollen wir kennen lernen, die philosophische
10
Weltgeschichte hat mit der Reflexions geschichte allgemein, daß sie ein Allgemeines zum Gegenstand hat, aber kein abstract Allgemeines, sondern das unendlich Concrete, Gegenwärtige, denn der Geist ist ewig bei sich selbst, das Geistige ist ein Ihr Gegenstand ist das concret-
und dasselbe, immer lebendig und kräftig, ob es war oder sein wird, das Allge¬ meine also ist der Gegenstand der Weltgeschichte, diß Allgemeine ist näher zu be-
15
Allgemeine
stimmen. Es sind 2 Seiten die daran zu betrachten sind. 1) das geistige Prinzip ist die Totalität aller besondern Gesichtspunkte, und die Prinzipien selbst stehn in einer nothwendigen Stufenfolge, sind Sprossen des Geistes, der sich zu einer
3vHb
1
III. Die philosophische Weltgeschichte so Gr; HbKe (ohne Absatz): Die
(Weltgeschichte.] Ke: Geschichte,) Konkretes
philosophische
4 ein concret Allgemeines] Gr: das Konkrete Hb: ein
6 das Schiksa/] Gr: die Schicksaale, Leidenschaften, die Energie
20
7—10 diß Allge¬
meine ... lernen.] Gr: der Geist der Begebenheiten, der sie hervortreibt, ist es, der Merkur, der 13Cl
Führer der Völker. Der Geist ist es der die Weltbegebenheiten führt, und seine Führung haben wir kennen zu lernen. Ke: es ist vielmehr die leitende Sele der begebenheiten selbst, der Merkur der Handlungen, Individuen und begebenheiten, der Führer der Völker und der Welt. Seine Führung
25
wollen wir hier kennen lernen, vgl. Hb: das Allgemeine ist die bleibende Seele der Begebenheiten selbst und aller Thaten gleichsam der Merkur der Individuen, der Führer der Völker und der Welt überhaupt.
12 kein abstract Allgemeines] Gr: nicht eine Seite, sie sei noch so wichtig, Hb: nicht
ein abstrakt Allgemeines Ke: nicht abstract algemein
12—14 das unendlir/i ... wird.] Gr: das
unendlich Konkrete, das gegenwärtig ist, weil der Geist ewig bei sich ist, für das es keine Vergan-
30
gen heit giebt, das immer dasselbe, in seiner Kraft und Gewalt bleibt. Hb: dieses Allgemeine ist kon¬ kret und schlechthin gegenwärtig; der Geist ist ewig bei sich selbst, für ihn ist keine Vergangenheit. Ke: konkret und schlechthin gegenwärtig; denn so ist der Geist, der ewig bei sich selbst ist, und für den es keine Vergangenheit gibt.
17-15,1 und die ... abschließt] Gr: dann ist aber diese nicht
einseitig sondern die Geister der Völker sind selbst die Totalität dieses Geistes, in ihm schließen sie
35
sich ab Hb: daß dieses nicht nur ein Prinzip; sondern daß die Geister der Völker selbst nur Momen9Ke
te des einen Geists sind, der sich durch seine Geister erhebt Ke: Diese Principien selbst, Diese Gei¬ ster der Völker haben eine nothwendige Stufenfolge, sind Erweise des Emen Weltgeists, der sich in ihnen abschließt 1 / III. Die philosophische Weltgeschichte / so Gr
24 leitende] leitender
40
EINLEITUNG ' PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
15
Totalität in sich selbst abschließt. Alle Seiten, die sich an einer Geschichte daher hervorthun, Zustand der Wissenschaften, Künste, ect. stehn im engsten Zusam¬ menhang; diß ist oft richtig gesagt worden. Spricht man hievon so hat man ganz recht, und hat etwas Tiefes gesagt; doch bleibt man gewöhnlich dabei stehn, 5
ohne die Einheit | dieser Seele selbst zu entwickeln und zu erklären. An dieser
6rHo
Bestimmung fehlt es nur zu häutig. Ueberhaupt werden solche Ausdriike der Reflexion oft gebraucht, aber es bleibt nur beim Sprechen stehn und geht nie zmn Inhalt. Im Allgemeinen sind auch solche Reflexionen richtig, aber die Rich¬ tigkeit der Sätze muß sich erst genauer bestimmen, denn oft scheinen einzelne 10 Facta solchen Sätzen zu widersprechen. Chinesen ZB. sind in der Mechanik, die Indier in der Poesie sehr ausgebildet, während sie in der Kunst des Staates, des Rechts, unendlich zurükblieben. Man muß den Zusammenhang der Seiten also nicht so verstehn, als wenn die Eine Seite müßte so ausgebildet als die andere sein, die verschiedenen Seiten versammelt der Geist des Volkes in sich, und er ist 15
die Beziehung, die Einheit der Seiten, dieser Geist nun also ist ein concreter und
1—3 Alle Seiten ... worden.] Gr: Alle Seiten die sich an der Geschichte eines Volkes hervor¬ thun, stehen in der engsten Verbindung. Daß der Zustand der Wissenschaften, der Künste, der Rechtsverhält| nisse, der Staatsverfassung, der Religion eines Volks mit seinen großen Schicksalen
14Gr
und Verhältnissen zu seinen Nachbarn in Krieg und Frieden aufs engste zusammen gehören, ist 20
ein sehr abgedroschener Satz. Hb: Das Allgemeine ist, daß alle Seiten der Bildung eines Volks in Verbindung stehn, Staatsverfassung, Wissenschaft, Kunst, Religion &c. Wenn man dieß sagt, hat man ganz recht; Ke: Alle Seiten und Gesichtspunkte bei einem Volke stehn unter sich in einem genauen Zusammenhänge, z.B. Kunst, Wissenschaft, Religion; Schiksale in Krieg und Frieden. Alles dies steht im engsten Zusammenhänge unter sich.
25
5-6 ohne die ... häufig.] Gr: ohne daß das angege-
ben wird, worauf es ankömmt, dies ist die Bestimmung, was für ein Zusammenhang es sei. Hb: aber worauf es ankommt ist das Erkannte. Diese Einheit selbst, daß sie sich zu erkennen gebe, sage was sie ist. Häufig ist es, daß es an der Angabe dieser Einheit fehlt. Ke: aber die Schilderung der Theile selbst, die Beschreibung der Sele läßt man gewöhnlich aus.
6-8 Ueberhaupt werden ... Inhalt.] Gr: Es
giebt eine ganze Menge von Ausdrücken welche man auf diese Weise gewöhnlich gebraucht, mit 30
denen man Seiten und Bücher anfüllt, ohne daß sie einen würklichen Inhalt haben. Gr: des Satzes, daß alles zusammen hänge HbKe: dieses Satzes bewähren Ke: näher bestimmen
9 der Sätze]
genauer bestimmen] Hb: genauer
9—10 denn oft ... zu] Hb: sonst pflegt es zu geschehn, daß die
Begebenheiten in der Geschichte solchen allgemeinen Sätzen
10—12 Chinesen ZB. ... zurükblie¬
ben.] Gr: Es giebt Völker bei denen manche Künste sich in hoher Vollkommenheit finden wie die 35
Chinesen und Indier. Jene erfanden das Pulver, wußten es aber nicht zu gebrauchen, bei diesen hat die Poesie herliche Blüthen hervorgebracht, ohne daß sie in der Kunst, der Freiheit, in dem Rechte vorgeschritten wären. Ke: Viele Volker sind in den mechanischen Künsten sehr weit, z.b. die Chine¬ sen; (sie haben das Pulver erfunden, aber nicht zu brauchen gewußt) die Inder, (in der Dichtkunst) aber in Staatskunst und Recht bleiben sie unendlich zurtik.
40
12-14 Man muß ... sein.] Gr: Wollte
man nun oberflächlich hieraus urtheilen, daß ihre Bildung in allen Stücken sich gleich geblieben sein sollte, so würde sich zeigen wie sehr jener Satz | mißverstanden wäre.
14-15 die verschiedenen
... Seiten.] Gr: Die Seiten der Bildung sind die Beziehungen des Geistes, er selbst ist Geist der Völ¬ ker, und indem wir ihn erkennen, können wir erst diese Beziehungen kennen. Ke: Jede Seite steht in beziehung auf die andre, der Geist selbst ist das bindende in diesen beziehungen, und ihn haben wir 45
kennen zu lernen
42 der,] die
15-16,2 dieser Geist ... werden.] Gr: Er kann nur durch den Gedanken erfaßt
15Gr
16
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
ihn müssen wir kennen lernen, denn ein geistiges Prinzip kann nur durch den Gedanken erfaßt werden, dieser Geist selbst aber hat den Trieb seine Gedanken zu erfassen, es ist ihm um die Production seiner selbst zu thun. das Tiefste des Geistes ist das denken, es ist ihm also darum zu thun, sich zu denken, sich für seinen Gedanken zu erschaffen; aber zunächst weiß er nur von Zwecken der
5
Endlichkeit, weiß von sich nichts, und hat seine Innerlichkeit nicht, sondern eine bestimmte Wirklichkeit zum Gegenstände. Seine Wahrheit aber ist zum Gedan¬ ken seiner selbst zu vollbringen, und diß wird er thun und that es. diese Vollbrin¬ gung aber ist sein Untergang, aber daraus hervor geht eine andere Epoche der Weltgeschichte, und so ergiebt sich ein Entstehn von höhern Prinzipien, ein
10
Fortgehn der Welt zur Vollendung. | 6vHo
die philosophische Weltgeschichte ist Weltgeschic/ife mit einem allgemeinen Ge¬
Zunächst sich dar¬
danken über sie, nicht Reflexion über einzelne Umstände, einzelne Seiten, der
bietende allgemeine
erste, allgemeine Gedanke, oder die Kathegorie die sich darbietet, ist das Abstrac-
Gedanken: 1. Veränderlichkeit.
te der Verandrung von Völkern und Staaten, die entstehn, Intresse gewinnen, es
15
werden und wir sind es, die den Gedanken erfassen. Ke: Dies geistige Princip kann nur geistig, 10Ke
nur durch den Gedanken | erfaßt werden.
3 es ist ... Production so HoHbKe; Gr: er ist le¬ 3—5 das Tiefste ... erschaffen;] Gr:
bendig und wirkend und es ist ihm um das Produkt
Seine höchste Thätigkeit ist denken und so ist er in seiner höchsten Wirkung, thätig sich selbst zu fassen. Hb: die höchste Weise des Geistes ist das Denken. Das Höchste für den Geist ist, sich zum
Gedanken
wirksam.
seiner
selbst
zu
erheben.
Ke:
er
will
sich
denken
und
darin
ist
20
er
5-7 aber zunächst ... Gegenstände.] Gr: Indem er wirkt, weiß er aber nur von den
Zwecken einer bestimmten Wirklichkeit, nicht von sich selber. Ke: Was er aber an sich ist, weiß er nicht, sondern er kennt nur seine bestimmten Zwecke.
7-8 Seine Wahrheit ... es.]
GrKe: Das höchste des Geistes ist (Ke: aber,), sich selbst zu wissen, sich zum Gedanken seiner selbst zu (Ke: bringen. Dies wird er auch,) vollbringen. Dieses sich selbst erkennen Ke: dies Erfassen seiner selbst
25
8-9 diese Vollbringung so HoGr; Hb: 9—11 aber daraus ... Vollendung.]
Gr: und dies das Hervortreten einer andern Stufe eines anderen Geistes. Der einzelne Geist vollbringt sich, indem er den Uebergang zu dem Princip eines anderen Volkes macht und so 16Gr
ergiebt sich ein Fortgehen, Entstehen, Ablösen der Principe der Völker; worin | ihr Zusam-
30
menhang bestehe ist die Aufgabe der Weltgeschichte. Hb: und dieser Untergang ist das Hervor¬ treten einer neuen Periode. Dieses ist der Zusammenhang in der Geschichte. Ke: und dann tritt ein anderes welthistorisches Volk hervor. Der einzelne Geist volbnngt auch sich selbst, erfaßt den Gedanken seiner selbst, aber dies ist sein Untergang, und nun geht ein andres höheres Princip hervor.
12—13 ist Weltgeschic/ife ... Seiten.] Gr: ist Weltgeschichte mit allgemeinen
35
Gedanken d. h. mit solchen die sich auf das Ganze erstrecken; Hb: ist also Geschichte zugleich mit einer Betrachtung, und zwar mit einem allgemeinen Gedanken, der sich über das Ganze er¬ streckt, nicht einzelne Reflexionen; auch nicht Gedanke, der nicht einzelne Seiten berührt. Ke: beschäftigt sich nicht mit einzelnen Situationen, sondern mit einem algemeinen Gedanken, der sich durchs Ganze hindurchzieht.
14-17,1 das Abstracte ... theilen.] GrHb: der allge-
meine Gedancke oder die Kathegorie (ist die abstrackte der Verdrängung des Wechsels der Völker, der Individuen die eine Zeit lang das Interesse auf sich gezogen haben] Hb: , die sich zuerst darbietet ist der abstrakte Gedanke der Veränderung,). Ke: Diese Kategorie ist der
13 der] die
14 oder die so GrHb
42 Veränderung] Vererigug ?
40
17
EINLEITUNG ' PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
verlieren oder mit andern theilen. Negativ angesehn, kann diese Seite Trauer erregen, und dazu reizt der Anblick vor; Ruinen vergangner Größe. Es ist diß nicht Melancholie, die bloß beim Grabe einzelner Persönlicher Zwecke stehn bleibt, sondern es ist eine allgemeine Trauer über den Untergang von Völkern. 5
Jede Stufe ist auf Ruinen der Vergangenheit erbaut, die nächste Kathegorie ist, doß die Verandrimg, Untergang, zugleich Entstehn eines neuen Lebens ist. diß ist
2. Höhere Entwick-
luwg ^es Geistes-
der durchgreifende Gedanke der orientalischen Metaphysik daßelbe liegt in der Seelenwandrnng, treffender ist das Bild des Phönix, der sich selbst seinen Scheiter¬ haufen erbaut, aber schöner aus der Asche ersteigt, aber es paßt nur auf das Mor10
genländische, Natürl/e/;e, nicht auf den Geist, der zwar in eine neue Sphäre über¬ geht, aber nicht aus seiner Asche in derselben gestalt. Er verzehrt zwar die Formen seiner Gestaltung, seiner Bildung; aber was seine Bildung war wird sein Material, und seine Arbeit erhebt es zu einer neuen höheren Gestalt. Seme Verandrungen sind nicht Rückgänge zur selben Gestalt, sondern sind Verarbeitungen seiner
15
selbst wobei er durch die Lösung einer Aufgabe sich neue, und vervielfältigte er¬ schafft: nach dieser Seite sehn wir den Geist in der Geschichte nach einer Menge von Seiten sich ergehn. Jede seiner Schöpfungen tritt ihm von neuen als Stoff
Wechsel der Individuen, Völker und Staaten, die eine Weile sind, und unser Interesse auf sich
1-4
ziehn, und dann verschwinden. 20
Negativ angesehn ... Völkern.] Gr: Eine Seite erweckt
hier Trauer, besonders der Anblick von Ruinen alter Herrlichkeit eine Melancholie die nicht blos aus dem Verluste einzelner persönlicher Zwecke entsteht, sondern eine uninteressirte Trauer über den Untergang einer gebildeten Vergangenheit. Hb: Faßen wir diese Veränderung von ihrer negntiven Seite, so kann sie Trauer erwecken, dazu reizt der Anblick von Ruinen vormaliger Herrlich¬ keit; es ist dieß eine uninteressirte (nicht persönliche) aber darum interessantere Trauer. Ke: Diese
25
negative Seite allein erregt Trauer; alles scheint zu vergehn, nichts zu | bleiben. Jeder Reisende hat
,
11
Melancholie empfunden; es ist eine uninteressante Trauer; nicht die Trauer am Grabe bekannter
5
Menschen. ruht
6
ist auf ... erbaut] Hb: der Civilisation ist ein Gebäude, das auf der Vergangenheit
Verandrnng so HoHbKe;
Gr: Verdrängung
Ke: aus dem Tode neues Leben aufersteht 30
dancke
der
Orientalen
Orientalen,
7—9
vielleicht
ihr
7
Entstehn]
GrHb: Hervorgehen vgl.
durchgreifende Gedanke ... Metaphysik] Gr: Ge-
größter
Gedanke
Hb:
durchgehende
Gedanke
der
daßelbe liegt ... ersteigt,] GrHb: Seelenwanderung, Phönix (Gr: , Bild des Na¬
turlebens, das sich seinen Scheiterhaufen selbst bereitet und aus der Asche herlich und neu verjüngt hervorgehtj. Ke: Daher die Vorstellung der Selenwandrung, das Bild des Phönix.
9-13
aber es
... Gestalt.] Gr: Dies bezieht sich aber nur auf das Naturleben und ist ein rein morgenländischer 35
Gedanke, abendländisch ist, daß | der Geist nicht blos verjüngt hervortrete, sondern erhöht, ver¬
UGr
klärt. Hb: Dieß Bild paßt aber nur aufs Naturleben, nicht auf den Geist. Der Geist steht nicht ver¬ jüngt aus seiner Asche auf, sondern erhoben, | verklärt, ein reinerer Geist. Der Geist verzehrt sein Dasein, die Formen seiner Gestaltung; durch diese Arbeit erhebt er es zu einem neuen Leben. Ke: Das lezte ist nur ein morgenländisches Bild, es paßt nur auf den Leib, nicht auf den Geist. Der Geist 40
tritt freilich gegen sich selbst auf, und verzehrt die Form seiner Gestaltung, und erhebt sich so zu neuer Bildung. Rückgang
14
13-14
Verandrungen sind nicht Rückgänge] Gr: Verdrängung ist nicht bloßer
sind Verarbeitungen] Gr: ist Läuterung, Verarbeitung
Ke: unerschöpflichen Menge
21 persönlicher] persönlichen
17-18,3
16
Menge so HoGrHb;
Jede seiner ... ausbreitet[.]] Gr: aber seine Arbeit hat nur
4rHb
NACHSCHRIFT HOTHO •
18
1822/23
gegenüber, den er zu verarbeiten hat, seine Arbeit ist also nur gesteigerte Genüße zu bereiten, der abstracte Gedanke bloßer Verandrwng verändert sich in den des | 7rHo
Geistes, der seine Kräfte nach allen Seiten ausbreitet/, j Er hat es in dieser Lust der Thatigkeit nur mit sich selbst zu thun, es ist ihm um die Aeußerung seiner Thatigkeit zu thun, er ist zwar mit äußern und innern Natur bedmgungen umstrickt,
5
durch die er seine Versuche oft mißlingen sieht, und unterliegen muß; aber dann geht er in seinem Berufe, seiner Wirksamkeit unter, und gewährt das Schauspiel sich als geistige Thätigkeit zu zeigen, die nicht Werke sondern lebendige Thätigkeit will. So sehn wir unter dieser Kathegorie in der Geschichte die verschieden¬ artigsten menschlichen Thätigkeiten, und Schicksale, sehn überall Unsriges, also
10
Reiz unsres Interesses. Wir sehn freie schöne Gestaltungen der Individuen, oder solche die sich durch Energie des Lasters Macht verschaffen, dann sehn wir theils befriedigende, theils nicht befriedigte Thätigkeit, große Kräfte vollbringen oft
das eine Resultat, seine Arbeit von neuem zu vermehren und diese von neuem aufzuzehren, so giebt er alle seine Kräfte nach allen Seiten kund. Hb: jede Schöpfung tritt ihm von neuem als ein Stoff entge¬
15
gen, und dieser ist eine neue Anforderung zu einer Verarbeitung. Der abstrakte Gedanke der Verände¬ rung verbreitet sich so in den Gedanken des lebendige« Geistes, der eine Mannigfaltigkeit von Kräften entfaltet. Ke: Stets tritt ihm neuer Stoff entgegen, der ihm Aufforderung ist, ihn zu verarbeiten: der Geist entwikelt seine Kräfte nach allen Seiten hin. Welche Kräfte er besitze, lernen wir aus der Man¬ nigfaltigkeit seiner Bildungen und Productionen.
3—9 Er hat ... will.] Gr: In dieser Lust seiner
20
Thätigkeit hat er es nur mit sich selbst zu thun; er ist zwar mit Naturbildungen verstrickt, äußeren und inneren die nicht blos Wiederstand und Hindernisse in den Weg legen, sondern auch gänzliches Mi߬ lingen seiner Versuche herbei führen können, dann geht er aber unter in seinem Beruf als geistiges Wesen, dem nicht das Werk, sondern seine eigene Thätigkeit Zweck ist. Hb: Der Geist verwickelt sich zwar mit Naturbedingungen (äußeren und inneren) und ist in dieselben verstrickt, er wird Widerstand,
25
Hindernisse, mißlungene Versuche antreffen; er wird diesen Verwicklungen oft unterliegen, er geht aber dann in seinem Beruf unter, in seiner Wirksamkeit, und gewährt auch so noch das Schauspiel als lebend sich erwiesen zu haben. Ke: Er ist verwickelt in Naturbedingungen, aber diese sucht er zu über12Ke
winden, obgleich er ihnen oft unterliegen wird, wo er dann in seinem | Berufe, d.h. seiner Thätigkeit
9-11
untergeht.
So sehn ... Interesses.] Gr; In der Geschichte sind nun die verschiedensten Bege¬
30
benheiten, menschliches Thun und Leiden sind der Reiz unseres Interesses als das unserige, Hb: Sehn wir in dieser Kategorie die Welt an, so haben wir ein mannigfaches Gemälde menschlicher Lebendigkeit, der verschiedenartigsten Charaktere, Leidenschaften &c. Ke: In dieser Kategorie sehen wir die Welt¬ geschichte an, überall sehen wir menschliches Thun und Leiden oben auf, überall menschliches Intresse.
11—19,2 Wir sehn ... Andere,] Gr: Bald treten Erscheinungen hervor die durch Schönheit
35
und Freiheit glänzen, bald solche die durch Energie, selbst durch Energie der Laster, sich Gewalt und | 18Gr
Macht verschaffen, bald bringen ungeheure Aufgebote von Kräften nur Kleines hervor und bald hat eine an sich unbedeutende Begebenheit die ungeheuersten Folgen, immer aber bewegt uns dies im menschlichen Interesse. Hb: Wir sehen Leiden und Thaten, sehn bald Gestaltungen der Individuen, Schönheit, Reichthum, anziehend, bald selbst durch Energie der Laster bedeutend, bald Menschen ei¬
40
nem bedeutsameren Interesse, bald einer Komplexion kleiner Verhältnisse hingegeben und darin zer¬ stieben, aus kleinen Erscheinungen Großes hervorgehen &c.; das bunteste Gedränge, entflieht das eine, so tritt ein andres menschliches Interesse an seine Stelle. Ke: Schönheit, Freiheit, Reichthum zieht an; die Energie des Lasters selbst reizt. Oft sehen wir aus Ungeheuern Kräften nichts, aus kleinen Großes hervorgehen. Stets bleibt menschliches Interesse obenan. 42 &c.] &c. v
45
19
EINLEITUNG ‘ PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
Kleines und umgekehrt, das bunteste Gedränge komt uns vor Augen, ein menschliches Intresse verdrängt das Andere, der nächste Erfolg dieser Anschauw«gen ist daß wir dadurch ermüden, jedem Einzelnen müßen wir Intresse zuge¬ stehn, aber es drängt sich die Frage aut: was das Ende ist dieser Einzelheiten? Ist 5
nicht ein Endzweck aller dieser Bewegung zu denken? diese Frage, ob hinter diesem Lärm der Erscheinung nicht die Fördrtmg eines Werkes geschieht, das still und geheim ist, dem Alles zu Gute kommt, um das alles geschehn ist? diß ist die
3. Vernünftigkeit
3te Kathegorie, die Kathegorie der Vernunft, die Frage ist also nach einem an-
der Geschichte.
und für sich bestimmten Inneren, das Eines ist, dessen ewige Arbeit ist, sich zum io Wissen, zum Genuß seiner selbst fortzutreiben, das in den Begebenheiten das Herschende, und allein sich vollbringende ist, daß also Vernunft in der Weltgeschteilte ist, | die bejahende Antwort der Frage wird hier vorausgesetzt, als Be¬
7v Ho
weis welcher Wahrheit man die Weltgeschichte selbst nehmen könnte, da sie das Bild und die That der Vernunft ist. Aber die philosophische Weltgeschichte ist mehr 15
ein Aufweisen als ein Beweisen, der Beweis ist das Erkannte, die Vernunft selbst, die der Stoff alles geistigen Lebens ist. die Weltgeschichte ist nur die Erschei¬ nungsweise
einer
besondern
der
Gestalten
der
Vernunften.
Bei
unserem
5-8 diese Frage ... Vernunft.] Gr: In ihren besonderen Zwecken können wir sie nicht erschöpft finden, die Frage drängt sich uns auf, ob hinter dem Lärmen dieser lauten Oberfläche nicht ein 20
inneres, stilles, geheimes Werck sei, worein die Kraft aller Erscheinungen aufbewahrt werde und dem alles zu gute komme. Dies ist die 3te Kathegorie, die der Vernunft. Hb: Diese Frage ob nicht ein geheimnißvolles Werk dem Ganzen zum Grunde liege, um dessen willen alles geschähe, ist die Frage worin die Kategorie der Vernunft liegt, der Gedanke an ein bestimmtes Innere, das unmittelbar eins ist, und deßen Arbeit ist, sich selbst zum Bewußtsein zu bringen. Ke: Einem Werke muß alles
25
zu Gute kommen. Diese Betrachtung ist die dritte Kategorie, worin die Kategorie der Vernunft enthalten ist, die Frage nach einem Endzweck an und für sich. ben] Gr: selbst zur Anwendung und zum Genüße fortzubringen
9-10
zum Wissen ... fortzutrei¬
10—14
das in ... ist.] Gr: Daß
nun würklich ein solcher Zweck vorhanden, daß Vernunft vorhanden wird hier vorausgesetzt. Man könnte zwar in der Weltgeschichte selbst den Beweis hiervon suchen in dem man darstellte, 30
daß Weltgeschichte nichts ist als That der Vernunft, Hb: Daß ein letzter Zweck bei allen Thaten und Leiden der letzte ist, mit andern Worten, daß Vernunft in der Weltgeschichte ist, ist eine Wahr¬ heit, mit der wir anfangen müssen. Ke: Daß in den begebenheiten der Völker ein solcher lezter Zwek das Herrschende, daß Vernunft in der Weltgeschichte ist, ist eine Wahrheit, die wir voraussetzen;
35
14-17
Aber d ie ... Vernunften.] Gr: dies ist aber mehr ein Aufweisen als der Be-
19Cr
weis des Gesagten, denn dieser liegt in der Vernunft aus der gewiß hervorgeht, daß der Gedanke allein das Treibende und daß die Weltgeschichte selbst eine Weise der Erscheinung der Vernunft ist. Hb: Diese Darstellung soll mehr ein Aufweisen der Vernunft sein, als ein Beweisen. Die Welt¬ geschichte ist nur eine Erscheinung dieser eine« Vernunft; so zu sagen eine Anwendung des an und für sich bewußten. Ke: ihr beweis ist die Abhandlung der Weltgeschichte selbst, sie ist das Bild und
40
die That der Vernunft, der eigentliche Beweis ligt in der Erkentniß der Vernunft selbst, in der Weltgeschichte erweist | sie sich nur. Die Weltgeschichte ist nur die Erscheinung dieser Einen Vernunft; eine der besondern Gestalten, worin die Vernunft sich offenbart.
12
die bejahende ... Frage stattgestr: diese Wahrheit
13Ke
20
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Standpunkt müssen wir also von dem Grundsatz ausgehen, nichts zu finden als Abbild dos einen Urbildes; das Material zu diesem Abbild sind die Völker, und ihre Kämpfe und Arbeiten. Um die Vernunft in der Geschichte zu erkennen, dazu muß man die Vernunft freilich mitbringen, denn wie man die Welt ansieht, so sieht sie uns wieder an. In neuern Zeiten, nachdem man die Erforschung der Wahrheit
5
sehr schwierig gefunden hat, hat man für den Wunsch Gedanken zu bekomen an die Geschichte gewiesen, und sich überhaupt von ihr für alles alles versprochen. Sie giebt viel, arbeitet den hohlen Abstractionen entgegen; aber man muß vorher wissen, was vernünftig ist. Ohne dieses Wissen würden wir die Vernunft nicht finden. Sollte sie uns das letzte Resultat geben, wären wir im Greisenalter, das nur
10
die Erinnruug eines Gewesenen hat. Wenn man nicht den Gedanken der Vernunft mitbringt, muß man wenigstens deu Glauben mitbringen, daß wirklich Vernunft in der Geschichte sei, und daß die Intelligenz nicht dem Zufall Preisgegeben sei, denn hier tritt der Geist im Lichte der sich selbst wissenden Idee auf, höher also als in der Natur, in der auch Idee ist. die geistige Welt ist von Gott nicht verlassen,
2 Abbild des einen] Hb: Abbild der Vernunft, des Ke: Abbild des
15
3—5 Um die ... wieder] Gr:
Wie man die Geschichte ansieht und die Welt, so sieht sie einem wieder Hb: um die Vernunft in der Geschichte zu erkennen, dazu muß man die Vernunft schon hineinbringen. Sieht man die Welt vernünftig an, so sieht sie einen wieder vernünftig Ke: Um diese Vernunft in der Geschichte zu erkennen, oder um die Geschichte vernünftig zu erkennen, muß man die Vernunft mit bringen. Wie man die Welt ansieht, sieht sie einen wieder
20
5-7 In neuern ... versprochen.] Gr: In neuerer
Zeit nachdem man die Erkenntniß der Welt sehr schwierig gefunden, hat man an die Geschichte gewiesen, es ist aber nichts darin zu lernen. Hb: In neuer Zeit hat man besonders an das Studium der Geschichte gewiesen, damit man Aufschlüsse über das Wesen der Religion, des Rechts &c. er¬ halte. Ke: Allerlei Aufschlüsse über die Natur des Geistes, Rechtes, u.s.w. hat man sich aus der Geschichte versprochen,
25
8—10 Sie giebt ... finden.] Gr: Besonders muß man der Hohlheit allge¬
meiner Abstracktionen entgegen arbeiten, daß die Vernunft selbst schon zu ihr könne gekommen sein. Hb: Die Geschichte ist besonders dazu gemacht, der Hohlheit der allgemeinen Abstraktionen entgegenzuwirken. Aber wenn die Geschichte vorhanden sein soll, so muß man wissen, daß sie vernünftig ist. Ke: aber sie ist leer, wenn man nicht Vernunft und Geist mitbringt.
11—15 Wenn
30
man ... ist.] Gr: Den Glauben an die Vernunft muß man schon wenigstens mit in die Geschich¬ te bringen und wissen, daß der Geist, nicht dem Zufalle preis gegeben sondern über die Natur erhaben ist. Hb: Wenn man auch nicht den Gedanken der Vernunft mit in die Geschichte mit¬ bringt, so muß man wenigstens den Glauben mitbringen, daß Vernunft in der Geschie/ire sei; daß nichts dem Zufall anheimgegeben sei, daß die Welt sich im Licht der sich selbst wissenden Idee
35
zeigen müße. Ke: Allein den Gedanken und Glauben muß man zur Geschichte bringen, daß die Welt des Wollens nicht dem Zufall anheim gegeben ist.
15—21,4 die geistige ... seien.] Gr:
Man giebt zwar oft zu, daß ein gött|licher Wille und Zweck in der Geschichte walte, sobald aber hierbei ans Bestimmtere gegangen wird, tritt man zurük. Die nähere Frage nach dem Plan der Vorsehung beantwortet die Demuth bekanntlich damit, daß dieser so wie die Natur Gottes, unerforschlich unerschöpflich sei. Hb: Man gibt dieß auch zu, daß die Welt von Gott nicht ver¬ lassen sei, daß die Vorsehung die Welt beherrsche, daß ein göttlicher Endzweck durchgreife; aber man tritt zurück wenn ans Bestimmte gekommen werden soll. Die nächste Frajje wäre die: Was 6 sehr schwierig so Gr
10 das,] dß
29 vorhanden Lesung unsicher
40
EINLEITUNG ' PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
21
Gott beherrscht die Welt. | diß wird zugegeben, aber das bestimmtere will man
8r,
nicht, fiagt nicht nach dem Plan der Vorsehung. Ist dieser Plan zu begreifen? die dehmuth sagt daraut, daß weder die Natur Gottes noch seine Plane zu erforschen seien, dieser dehmuth haben wir das entgegen zuhalten, was die christliche Reli5
gion ist, die dem Menschen das Wesen Gottes offenbarte, da er früher da.s unbe¬ kannte war. Jetzt ist er manifestirt, wir wissen als Christen, was Gott ist. Sagen wir Gott sei nach seiner Offenbarung unbekannt, beleidigen wir die Religion, de¬ ren Pflicht ist, Gott zu erkennen, diese Wohlthat hat sie den Menschen gewährt. Sie verlangt diese dehmuth: nicht aus sich, sondern dnreh den Geist Gottes, dnrch
10
das Wissen von ihm die Erhebung zu haben. Gott will nicht engherzige Gemüther, nicht leere Köpfe, sondern solche Kinder, die reich sind von der Er¬ kenntnis Gottes, und darin einzig ihren Werth setzen. Indem durch die chnstliche Religion das Wesen Gottes offenbart ist, so ist uns dadurch der Schlüssel zur Weltgeschichte gegeben, denn sie ist die Entfaltung seiner Natur in einem besonde-
15
ren Elemente, diß als besondres ist ein bestimmtes, und es giebt hier keine andre
ist aber der Plan der Vorsehung? ist er zu erfassen? Was die Antwort der Demuth auf diese Frage ist, ist bekannt, daß die Natur Gottes eben so unerforschlich wäre, als der Plan der Welt. Ke: Man gibt zu, daß die geistige Welt von Gott nicht verlassen sei, daß ein göttlicher Endzweck in der Geschichte durchgeführt werde, aber man tritt zurük, wenn man an das bestirntere komt. 20
Was ist nun der Plan der Vorsehung in der Weltgeschichte? Ist die Zeit gekommen, ihn einzusehn? | „Die Natur Gottes ist unerforschlich, auch sein Plan in der Weltgeschichte,“ meint man demüthig.
5-6 die dem ... war] Gr: in welcher dem Menschen die Natur Gottes offenbar
geworden, der vorher verhüllte Gott ist hier manifestirt worden Hb: die christliche Religion ist die, die dem Menschen das Wesen Gottes offenbar machte, vorher war er ein verdecktes Ke: wel25
che dem Menschen die Natur und das Wesen Gottes manifestirt hat
6-10 Sagen wir ... ha¬
ben.] Gr: Wenn wir Gott für eben so unbekannt nach der Offenbarung halten, so geben wir zu erkennen daß wir nicht christliche Religion haben, denn sie legt uns nur das eine auf, Gott zu erkennen, so verlangt denn die christliche Demuth, nicht durch sich, sondern durch den Geist, das Wissen Gottes, sich erhoben zu finden. Hb: die christliche Religion verlangt diese Demuth, 30
nicht aus sich, sondern durch die Erkenntniß Gottes, durch den Geist Gottes, durch das Wissen Gottes von ihm die Erkenntni/i zu haben. Ke: izt ist Gott nicht mehr ein unbekanntes, behaupten wir dies noch so, sind wir nicht Christen. Unsre Pflicht ist nur, Gott zu erkennen.
11-12 sol¬
che Kinder ... setzen] Gr: er verlangt, daß man ihn erkenne Hb: solche, die in die Erk enntniß Gottes ihr höchstes Gut setzen vgl. Ke: Die christliche Religion verlangt Demuth, nicht aus sich, 35
sondern aus der Erkenntniß Gottes, aus dem Wissen Gottes, Gott zu erkennen.
12—22,2 In¬
dem durch ... statt.] Gr: Die Geschichte ist die Entfaltung der Natur Gottes in einem besondern Element. Es ist dies ein bestimmtes Element und es findet hier keine andere als eine bestimmte Erkenntniß statt. Hb: Die Weltgeschichte ist die Erscheinung Gottes in einer besonderen Weise sei¬ ner Offenbarung. Eben in der Erkenntniß ihres Planes in der Geschichte besteht die Erkenntniß der 40
Gottheit. Ke: Die Christen sind also in die Mysterien Gottes eingeweiht, und so ist uns auch der Schlüssel zur Weltgeschichte gegeben. Sogar gibt es eine bestirnte Erkenntniß der Vorsehung und ihres Plans. 28 die] sie
14Kc
NACHSCHRIFT HOTHO '
22
1822/23
Erkenntni/? als eine bestimmte der Vorsehung, dh. deren Plan, sonst findet kerne Erkenntn//? statt. Man kann beim Allgemeinen ganz unbefangen stehn bleiben, daß ein Gott die Welt regiere; aber man kann an dieser Behauptung auch befan¬ gen halten, und diesen allgemeinen Satz um seiner Allgemeinheit willen in dem negativen Sinn nehmen, daß das absolute Wesen jenseits der menschlichen dinge
5
und Erkenntniß sei. Nachdem man es dahin gebracht hat, behält man sich die Freiheit sich in einer beliebigen Vorstellung zu ergehn, und die Anfordrung des 8vHo
Vernünftigen zu entfernen. | So wird diß allgemein nur ein leeres Gerede. Wenn Gott Jenseits gestellt wird, sind wir davon befreit ihn zu erkennen, und die subjective Eitelkeit hat ihre vollkommene Freiheit, die fromme dehmuth weiß, was
10
sie damit gewinnt. - die Weltgeschichte also haben wir zu betrachten und wel¬ ches ihr Endzweck sei. diesem Endzweck werden alle Opfer auf dem Altar der Welt gebracht; er ist das Wirksame, Belebende. Gott will das Vollkommenste und was er will, kann nur er selbst sein, sein Wille. Sein Wille ist von ihm nicht unterschieden, diß nennen wir die Idee, und von dem Ausdruk der Rehdie Geschichte
gion haben wir hier zu abstrahiren, und haben die Begriffe in der Form des
ist die Idee in der
Gedankens zu erfassen. Wir können also sagen, daß wir die Idee im Element
15
Form der menschli-
des menschlichen Geistes, der menschlichen Freiheit zu betrachten haben, das
chen Freiheit.
Wahre hat verschiedene Elemente, die erste Form, die ihm eigenthümlich ist ist
21Gr
3
ein Gott ... regiere] GrHb: (die] Hb: eine) göttliche Vorsehung die Welt regiere Ke: bei der Vorstei-
lung einer göttlichen Weltregierung
7-8
20
und die ... entfernen] Gr: und sich von dem Allgemei¬
nen fern zu halten Ke: die Anforderung des Wahren und Vernünftigen zu entfernen
8-11
So wird
... gewinnt.] Gr: Wird Gott jennseits unseres Bewustseines gestellt, so sind wir befreit uns um seine Natur zu bekümmern. Die fromme Demuth weiß wohl was sie durch ihr Verzichten gewinnt. Hb: Wenn Gott jenseits unseres Bereichs gestellt wird, so sind wir davon befreit, unserem Wißen eine Be-
25
ziehung auf das Wahre, auf das Göttliche zu geben; und da ist der Eitelkeit freies Spiel gelassen. Ke: In 15Ke
diesem Sin ist aber jene Vorstellung von | Gott nur ein leeres Gerede. Wird Gott jenseits unseres bewußtseins gestellt, so sind wir davon befreit, Vernunft in der Weltgeschichte zu finden, freie Hypo¬ thesen haben dann ihren Spielraum.
12—18
diesem Endzweck ... haben.] Gr: Dieser Endzweck ist
es, was Gott mit der Welt gewollt, von ihm wissen wir daß er das Vollkommenste ist, er kann sich
30
also nur selbst wollen und was ihm gleich ist und so ist es die Idee überhaupt, aber in diesem Elemen¬ te des menschlichen Geistes die wir zu betrachten haben oder bestimmter ist es die Idee der mensch¬ lichen Freiheit. Hb: dieser Endzweck ist das allein Beständige im Wechsel aller Begebenheiten und Zustände; dieser kann die Natur des Willens Gottes allem sein; und diesem Willen Gottes geben wir den philosophischen Namen der Idee; hier haben wir in der Form des philosophischen Ausdrucks den
35
Satz, daß die Idee überhaupt es ist, die wir zu betrachten haben; aber die Idee im Elemente der menschlichen Freiheit. Ke: dieser Endzwek ist das, was in der Welt gewollt wird. Gott und die Natur seines Willens ist einerlei, und diese nennen wir philosophisch die Idee. Die Idee also haben wir zu betrachten in dem Elemente der menschlichen Freiheit.
19—23,2
erste Form ... die,] Gr: reinste
Form in der sich die Idee offenbahrt, ist der Gedanke selbst, so geschieht dies in der Logik; eine ande22Gr
re Form ist die, der physischen Natur, die dritte | endlich ist die Form Hb: reinste Form, in der die
6
hat] wird
12
Endzweck2] Entzweck
20
Welt regiere] Gr: Weltregiere
40
EINLEITUNG ’ PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
23
dti reine Gedanke, er betrachtet die Idee der Logik, eine andre Form ist die, wor¬ in sie sich selbst versenkt, die physische Natur, die dritte Form ist die des Geistes überhaupt. In dieser Form ist die eine herauszuhebende der menschlic/ie Wille, sodab der Wille die abstracte Basis dieser Gestalt wird, das Product ist dann das 5
sittliche Leben eines Volks, diß ist der Nähere Boden, aber nicht nur die sittliche Welt abstract, sondern wie sie sich in der Zeit erzeugt, haben wir zu betrachten, diese Hervorbringung legt sich dar in einer Reihe sittlicher Gestalten deren Folge
Momente der Idee
den Gang der Geschichte ausmacht. Wir haben hier also die Idee als Totalität der
in der Geschichte: I. die abstracte Idee
sittlichen Freiheit, da treten 2 Momente auf. Einmal die Idee selbst als abstractes, | io
dann 2tens die menschlichen Leidenschaften. Beide zusammen sind Kette und der Einschlag zu dem Teppich, den vor uns die Geschichte ausbreitet, die Idee ist die
II. die menschhf/ze
substantielle Macht, aber für sich betrachtet ist sie nur das Allgemeine, der Arm
Leidenschaft
wodurch sie
sich verwirklicht sind
die Leidenschaften der Menschen,
die
Mitte der Extreme, die Versöhnung beider, worin sie ihre lebendige Vereinigung 15
haben, ist die sittliche Freiheit, diß näher zu bestimmen, müssen wir noch andre
III. die sittlic/ie
Betrachtungen anstellen. Was die Idee betrifft, als das leitende, so sind von ihr die
Freiheit.
Idee erkannt werden kann, ist die Idee, wie sie logisch betrachtet wird; eine andre Form der Idee, in der sie zu betrachten ist, ist die Form der physischen Natur, die 3“ Form die Ke: erste Form derselben ist der reine Gedanke selbst, und so wird die Idee logisch betrachtet, eine andre Form ist die Form 20
der physischen Natur; die dritte die Form
3-5 In dieser ... Volks.] Gr: Unter den Formen des
Geistes ist aber besonders eine herauszuheben, wie sie sich nehmlich in dem Elemente des mensch¬ lichen Willens darthut, so daß letzterer die abstrakte Basis der Freiheit, das Produkt aber das ganze sittliche Dasein eines Volkes wird. Hb: Unter den Formen, die die Idee im Element des menschli¬ chen Geistes hat, ist die eine Form herauszuheben, wie sie sich im Element des menschlichen Willens 25
kundthut, so daß der menschliche Wille die abstrakte Basis dieser Form ist; dtis Produkt aber ist das sittliche Leben eines | Volkes überhaupt; Ke: Hier ist die Idee herauszuheben, die sich im Element des menschlichen Willens, der menschlichen Freiheit äußert, diese Freiheit zeigt sich im leben eines Volkes,
5-8 diß ist ... ausmacht.] GrHb: fDie Freiheit ist aber nur die Art, wie sie das, was sie ist
hervorbringt und in eine Reihe von sittlichen Gestalltungen sich aus legt und sich so erst] Hb: es ist 30
nicht nur der sittliche Boden überhaupt, sondern die sittliche Welt, wie sie sich in der Zeit erzeugt; was sie ist, ist sie nur indem sie sich hervorbringt; diese Hervorbringung in einer Reihe sittlicher Ge¬ staltungen darlegt, und sich eben dadurch) zu dem macht, was sie dem Begriff nach ist. Ke: und dies ist die Welt, wie sie sich in der Zeit erzeugt.
9—11 Einmal die ... ausbreitet.] Gr: Das erste Prinzip
der Idee, abstrackt, ist sie selbst, das andere die menschliche Leidenschaft, beide bilden den Einschlag 35
und den Faden des Teppichs der Weltgeschichte. Hb: Beide Momente; die Idee, als das abstrakte Extrem, und das andre Extrem, die Leidenschaften, machen zusammen dus Ganze der Weltgeschir/ife aus. Ke: das andre Moment, abstract bestimmt, sind die menschlichen leidenschaften.
11-13 ist
die ... Menschen.] Gr: als solche ist die Wirklichkeit, die Leidenschaften sind der Arm, womit sie sich erstreckt. 40
13-15 die Mitte ... haben,] Gr: Dies sind die Extreme die sie bindende Mitte Hb:
Die Mitte beider, die Versöhnung beider Ke: beides sind Extreme; die Mitte beider aber, worin sie concurriren,
16-24,3 Was die ... übergehn.] Gr: Die Idee hat Hauptmomente, ganz abstrakt kann
aber hier nicht gesprochen werden, sondern es muß dies konkreter geschehen, wie sie als Geist sich zeigt. Hb: Von der Idee hier abstrakt zu sprechen, würde uns von unserem Zweck abbringen, wir müssen sie in ihrer konkreten Form fassen. Ke: die Idee ist die Sele als das Leitende, Formelle,
5rHb
NACHSCHRIFT HOTHO '
24
1822/23
Momente zu entwickeln; wir fassen sie in der concreten Gestalt des Geistes nicht als Logische. In dieser Rücksicht wollen wir formell von der Natur des Geistes I. die abstracte Idee
sprechen, und dann zu Anwendungen übergehn, der Geist überhaupt ist denken
Von der Natur des
eines Solchen, das ist, und denken, daß es ist, und wie es ist; er ist Wissen über¬
Geistes überhaupt; er ist:
haupt, Bewußtsein. Ich bin nur als Selbstbewußtsein, Bewußtsein, d. i. ich weiß
Bewußtsein
nur von einem Gegenstände, einem Andern, Aussen nur insofern ich darin von
5
Selbstbewußtsein.
mir weiß, das Andre bestimme, das Meinige zu sein, daß ich also darin meine
Vernunft.
Bestimmungen weiß: daß ich von mir weiß und von einem Gegenstand, ist un¬ zertrennlich keins ist ohne das andre, obgleich das 1. Moment oft überwiegend sich zeigt. Zunächst wissen wir uns fühlend, uns so und so bestimmt, darin ist das Moment der
noch keine Gegenständlichkeit, sondern die Unbestimmtheit; der Fortgang ist
Unbestimmtheit
sich zu bestimmen sich zu entzwein, etwa5 mir als Gegenstand gegenüber zu
10
oder das Gefühl
stellen. So werden im Gefühle eine äußere und innere Welt. Sprechen wir so vom Gefühl ist die Bestimmtheit überhaupt gewonnen. Es tritt aber eine eigne Weise der Bestimmtheit ein, und so finde ich einen Widerspruch mit mir selbst, der mei-
15
ne Einheit mit mir aufzulösen droht. Ich bin, an diesem halte ich, setze diß dem 9v Ho
Negativen entgegen, und gehe darauf den Mangel aufzuheben/, j | So bin ich
23Gr
wie es ist. Wissen ist Bewustsein eines vernünftigen | Gegenstandes. Hb: Der Geist ist überhaupt
16Ke
ist, Wissen und Bewußtsein. Ke: der Geist ist | denkend, und das denken eines solchen, welches
3-5
der Geist ... Bewußtsein.] Gr: Der Geist ist denken eines solchen, welches ist, daß es ist und
Denken, und das Denken eines solchen das ist, und Denken eines solchen, daß es ist und wie es
5—10
ist, und Denken, daß und wie es ist; er ist wissend, hat bewußtsein.
20
Ich bin ... zeigt.] Gr:
Ich habe Bewustsein in so fern ich selbst Bewustsein bin, ich weiß von einem Gegenstand nur in so fern ich darin als von mir selbst weiß, daß ich darin meine Bestimmung weiß, daß ich nicht nur dies oder jenes bin, sondern daß ich das bin, wovon ich weiß. Beides ist nicht zu trennen.
25
Hb: Bewußtsein nur in sofern es Selbstbewusstsein ist; ich weiß von einem Gegenstand nur in so¬ fern ich von mir selbst weiß. Ke: Bewußtsein ist nur mit Selbstbewußtsein, d. i.: ich weiß nur von einem Gegenstände, also einem äußeren, insofern, als ich um mich selbst weiß. Meine bestimung für mich weiß ich, d.h. ich weiß, daß das, was ich bin, auch für mich Gegenstand ist; also ich
11—13
weiß von einem Gegenstände und ich weiß von mir.
der Fortgang ... stellen] Gr: ich
30
gehe zuerst darauf aus mich mit mir selbst zu entzweien Hb: als Geist gehe ich aber darauf aus, anzuschauen Ke: Diese bestimtheit suche ich nun von mir abzutrennen, und zu einem Gegen¬
13
stände zu machen
im] GrHbKe: meine
14—16
Es tritt ... mir] Gr: Auf diese Weise ist
also erst Bestimmtheit vorhanden, aber zugleich eine eigene Weise der Bestimmtheit, daß ich mich mangelhaft fühle, ein Wiederspruch der mich Hb: Es tritt aber eine eigne Weise der Be-
35
stimmtheit in das Gefühl, und zwar, daß ich mich mangelha/f fühle daß ich einen Widersprwc/i in mir fühle, der mich Ke: Es tritt aber ein eine eigne Weise der bestimtheit, nämlich, daß ich mich als
mangelhaft,
Einheit
16—17
als
negativ
fühle,
daß
ich
einen
Widerspruch
in
mir finde,
der meine
Ich bin, ... aufzuhebenfj] GrHb: Ich bin aber, ('dieß weiß ich und setze dieß
der Negation, dem Mangel entgegen, und erhalte mich,] Hb: dieses Sein setze ich der Negation gegenüber.,) Ke: Diesen Mangel suche ich aufzuheben,
17-25,1
bin ich Trieb so HoGr; HbKe:
habe ich (Trieb] Ke: Triebe,)
12-13
zu stellen] zustellen
16
setze] setste
32
abzutrennen,] abzutrennen.
40
EINLEITUNG ■ PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
25
Trieb, die Gegenstände in sofern ich mich als Trieb verhalte, haben den Sinn, Mittel der Widerherstellw«^ der Einheit, also Befriedigung zu sein, diß ist das
5
Theoietische und Practische. In diesen Trieben sind wir zunächst unmittelbar,
a. unmittelbares
Naturwesen, sind uns äußerlich und im Äusserlichen. die Anschauungen sind
Gefüh1’ Tneb’
sinnlich, die Triebe auch, und dieses hat der Mensch mit dem Thier gemein, ist noch nicht eigentlich als Selbstbemußtsem. Was dem Menschen diese Unmittelbarkeif nimmt, ist daß er sich selbst zu seinem Gegenstände hat, innerlich bei sich selbst ist, diß ist sein denkendsem. denken ist Wissen des Allgemeinen, der Mensch ist nur denkend, indem er innerlich vor sich ist. Ich als das ganz Einfache bin das
io
ganz Allgemeine, in diß Einfache muß der Inhalt gesetzt werden, und wird so selbst vereinfacht, zu einem ideellen, der unendliche Trieb des denkens ist, das Reelle in uns zu setzen als ein Allgemeines und Ideelles. Indem der Mensch so ist, als sich wissend als ideell, so hört er auf ein bloß natürliches zu sein, bloß im Ge¬ fühl und im Triebe zu leben und in der bloßen Production seiner Triebe, daß er
15
diß innerlich weiß ist daß er die Triebe hemmt, die Vorstellung, die Gedanken
1-2 die Gegenstände ... sein.] Gr: Die Gegenstände, in so fern ich mich mit dem Triebe darnach verhalte, sind Mittel der Integration, Hb: Es ist kein Trieb ohne Widerspruch. Alles Geistige hat nur Trieb, sofern es die Negation seiner ertragen kann. Ke: Alles Lebendige hat Triebe, der Ge¬ genstand, worauf der Trieb geht, ist dann Gegenstand der befriedigung, der Wiederherstellung 20
meiner Einheit.
3-4 zunächst unmittelbar ... Äusserlichen] Gr: unmittelbar im äußerlichen
selbst äußerlich Hb: im Aeußerlichen und selbst äußerlich vgl. Ke: So sind wir Naturwesen 4—6 die Anschauungen ... Selbstbetaußtsein.] Gr: Die Anschauungen sind ein einzelnes, sinnli-
24Gr
ches, eben so der Trieb, gleich viel welches sein Inhalt sei und dies hat der Mensch mit dem Thiere gemein, so ist er noch nicht denkend, als Selbstbewustsein, nicht als Bewustsein. Ke: der 25
Trieb | ist ein Sinliches überhaupt; und nach dieser bestimmung ist der Mensch mit dem Thiere einerlei, denn im Triebe ist kein Selbstbewußtsein.
6—8 Was dem ... denkendsein.] Gr: Erst
daß er von sich selber weiß, innerlich bei sich selbst ist, macht daß er denkend ist und unterschei¬ det ihm vom Thiere. Hb: Was den Menschen über die natürliche Unmittelbarkeit erhebt, über das Thier erhebt ist, daß er bei sich selbst ist, sich selbst zu seinem Gegenstand hat, denkend ist. Ke: der 30
Mensch aber weiß um sich selbst, und dies unterscheidet ihn vom Thiere; er ist bei sich selbst, weiß um sich, ist denkend; das Algememe
8 Wissen des Allgemeinen so HoGr; Hb: das allgemeine Wissen Ke:
9 vor sich ist] Hb: in sich zu wißen anfängt
9—12 Ich als ... Ideelles.] Gr: Ich
bin das Innere, Einfache und nur indem ich den Inhalt in dies Einfache setze wird er allgemein, ideell. / Was der Mensch reell ist, muß er ideell sein. Ke: Dadurch, daß der Inhalt ins einfache 35
gesezt wird, wird er selbst vereinfacht, d.h. ideell, ein Algemeines.
12-14 Indem der ... Trie¬
be.] Gr: Von dem Realen wissend, als dem Ideellen, hört der Mensch auf, blos in seinen unmittel¬ baren Anschauungen, Trieben deren Befriedigung und Producktion zu sein. Hb: Ich bin das In¬ nerliche, ich bin einfach, ich bin eben darum das Allgemeine. Dadurch wird der Mensch zu einem Allgemeinen oder wie man es auch nennt zu einem Ideellen. Ke: So hört der Mensch auf, ein bloß 40
natürliches zu sein, hingegeben bloß seinen Trieben und deren Befriedigung.
15-26,1 die
Vorstellung ... stellt] Gr: seine Vorstellungen und die Vollführung derselben trennt Hb: er stellt die Vorstellung und den Gedanken hinein zwischen das Drängen seines Triebes und die Befriedi¬ gung desselben Ke: das ideelle, den Gedanken stellt er hinein zwischen das Drängen und die Be¬ friedigung des Triebes
17Kc
26
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
ß. Wissen des Trie¬
zwischen das drängen des Triebes und die Befriedigung stellt. Beim Thier ist diß
bes und Hemmen
nicht, da ist steter Zusammenhang von Trieb und Befriedigung, und dieser kann
desselben
nur äußerlic/i unterbrochen werden, nicht innerlich', das Thier entzweit sich nicht, aber der Mensch thut diß, er hemmt den Trieb, und handelt so nach Zwecken/.] Er hat die Bestimmungen vor sich, betrachtet sie vor der Ausführung, und welche
5
Seite von den vielen die sie haben, gelten soll, hängt von diesen Zweken ab. die Bestimmung kann das selbst ganz Allgemeine sein, wenn er sich das ganz Allge¬ lOr Ho
meine zum Zweck setzt. | das Schrankenloseste Allgemeine ist seine schrankenlose Freiheit, diese kann sich der Mensch zum Zweck setzen/.] Was ist, ihn determinirt, diß ist das Wissen von sich und von seinem Willen, diß macht den Men-
10
sehen zum willenvollen, das Thier ist willenlos, kann seine Fodrwngen nicht
y. Freier Wille.
hemmen. In der Erinnrung des Menschen liegt die Quelle seiner Freiheit, seine Bestimmung nach Zwecken, die das Allgemeinste, wie das Einzelne sein können, diese Innerlichkeit ist es, welche den Menschen zum selbstständigen macht, der Mensch ist nicht selbstständig, weil er die Quelle seiner Bewegung in sich hat,
15
denn diß hat das Thier als Lebendiges auch. Was dem Thier nicht entspricht diß gehört nicht zu ihm, aber was es bestimmt, hat es in seinem Innern, aber kann
1-3 Beim Thier ... nicht,] Gr: Bei den Thieren ist dies eins, das Thier unterbricht diesen Zusam¬ menhang nicht aus sich selbst, es setzt nicht ein Inneres dem Inneren entgegen. Hb: Beim Thiere ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen beidem, und kann nur durch äußere Gewalt (Furcht,
20
Schmerzen) gestört werden. Das Thier setzt kein Inneres entgegen, es entzweit sich nicht in sich selbst. Ke: beim Thiere fält beides zusammen, und kann nur durch Schmerz oder Furcht unterbro¬ chen werden. Das Thier entzweit sich selbst aus sich selbst in ihm selbst.
4-8 aber der ... setzt.]
Gr: Der Mensch indem der Trieb vorher in ihm ist, ehe er ihn befriedigt, handelt nach Zwecken. 25Gr
Welcher ihm gelten soll, hat er zu bestimmen | und er kann dies, selbst bei dem ganz allgemeinen,
25
es zu seinem Zwecke setzend. Hb: Indem die Triebe vor dem Menschen sind, ehe er sie befriedigt, indem er sie hemmen kann, handelt er nach Zwecken; er vergleicht, überlegt, ehe er ausführt. Ke: Der Mensch aber denkt und hemmt so die Triebe. Indem er sie hemmen oder laufen lassen kann, handelt er nach Zwecken, bestirnt sich nach etwas Algemeinem.
8—9 das Schrankenloseste ...
setzen/.]] Gr: Er kann sich so den einfachen Begriff zu seinen Zweck machen, z.B. seine positive Freiheit.
30
10 diß ist ... Willen] Gr: weiß er, es ist das, was die Selbstständigkeit des Menschen,
seinen Willen macht Ke: sind die Vorstellungen von dem, was der Mensch sei und was er wolle
10—11 diß macht ... willenvollen.] Hb: Dieß macht den Standpunkt des Menschen über¬
haupt aus. Ke: Hierin liegt die Selbstständigkeit der Menschen.
11—14 das Thier ... macht.] Gr:
Dem Thiere fehlt dieß, weil es seine Vorstellungen nicht als Ideelles, als Wirkliches hat. Hierin
35
liegt die Quelle der Freiheit des Menschen. Hb: Das Thier hat keinen Willen, weil es nicht wissend ist. Das Denken, die Innerlichkeit ist was den Menschen zum freien Willen macht. Ke: das Thier hat lSKe
keinen
Willen,
Thätigkeit
kann
die
Hemmung nicht
vornehmen.
15
Bewegung
so
HoGrKe;
Hb:
16—27,1 Was dem ... setzen.] Gr: was nicht seinem Inneren entspricht, ist für das
Thier auch nicht vorhanden, aber es kann nichts einschieben zwischen seinen Trieb und der Befriedigung desselben. Ke: bei ihm fängt auch das Erregende im Innern an, und sezt eine immanen¬ te Ausführung voraus. 6 ab] hat
40
EINLEITUNG • PHILOSOPHISCHE WELTGESCHICHTE
27
nichts zwischen den Trieb und seine Ausführung setzen, das denken aber, das Sein de5 Menschen als Geist, als Ich, diß macht die abstracte Wurzel seiner Natur, constrnirt das Prinzip dnreh welches der Geist, Geist ist. Hierin hegt die Bestimmung,
der Mensch als
die uns näher angeht, daß der Mensch ist nicht als unmittelbares, sondern als in
Geist ist nicht unmittelbar.
5
sich zurückgekehrt, diese Bewegung ist das wesentlie/ie Moment der geistigen Natur, dadurch wird der Mensch selbstständig und frei, der Geist ist nur das, zu
der Geist ist nur
was er sich durch seine Thätigkeit macht. Gewöhnlich wenn wir von Rükkehr
sein Resultat
sprechen, stellen wir uns vor ein Ausgehn, einen Ort wohin, eine Rückkehr an die vorige Stelle, dieser Vorstellung müssen wir entsagen, daß das erste das subject 10
sei, denn das 2tL ist erst das wirkliche, das wahre, oder der Geist ist nur als sein Resultat, diß macht das Leitende für die ganze Weltgeschichte. Wir können diß zu erläutern die Vorstellung des Samens zu Hülfe nehmen, der Samen ist Anfang, aber Resultat der ganzen Pflanze, | er ist wesentlich das
lOv Ho
Erzeugniß; aber es ist die Ohnmacht des natürlichen Lebens, daß der Samen An¬ 15
fang und Resultat ist und aber daß beide Seiten verschieden an ihm sind, denn der Same ist auf der einen Seite Resultat einer Pflanze und auf der andren Seite Anfang einer Andren, oder beide Seiten fallen auseinander wie die Form einmal Samen zu sein, das andre mal Entwicklung der Pflanze. An sich ist aber die Ein¬ heit erhalten, denn im Samenkorn hat schon die ganze Pflanze gelegen, diß ist
20
ebenso beim empfindenden Leben, und auch beim menschlichen Leben das Leben eines Volks bringt eine Frucht zur Reife, sein Prinzip ist sich da¬ rin zu befriedigen, daß es sein Prinzip producirt. diese Frucht, die das Volk hervorbrmgt, kehrt nicht in seinen Schooß zurück, es bekommt sie nicht zu
1-3 das denken ... ist.] Gr: Denken, daß er ich ist, macht die Wurzel der menschlichen Natur aus. 25
Hb: Das Denken also macht die Wurzel der menschlichen Natur aus, konstruirt das Prinzip, wo¬ durch der Geist als Geist überhaupt ist. Ke: das Denken also macht die Wurzel der menschlichen Natur überhaupt aus.
7-10 Gewöhnlic/z wenn ... wahre,] Gr: Erst das in sich zurük Gekehrte ist
26Cr
das Subjekt, reelle Wirklichkeit. Hb: erst das in sich Zurückkehren ist das Subjekt, das Reelle,
5vHb
Wirkliche: 30
10-11 sein Resultat so HoHb; Gr: solches Resultat Ke: sein Resultat, nicht als das
uranfängliche unmittelbar
13-14 Resultat der ... Erzeugniß] Gr: er ist auch zugleich das Resul¬
tat der ganzen Thätigkeit der Pflanze, sie entwickelt sich darum, um ihn hervorzubringen Ke: ist es, womit die Pflanze anfängt, aber er ist Resultat des ganzen lebens der Pflanze vgl. Hb: der Same aber nicht Anfang, sondern Resultat des ganzen Sems, der ganzen Th'Atigkeit der Pflanze
19 denn im
gelegen] Hb: die Pflanze ist doch ein Leben, ein immanentes, vorher bestimmtes, sich getreu 35
bleibendes
20 Leben, und ... Leben] Gr: Leben ist dies eben so der Fall, eben so bei dem Mensch¬
lichen, ebenso bei dem der Völker Hb: Leben, beim animalischen, ist es eben so; derselbe Fall ist aber beim menschlichen Leben, und beim Leben dev Völker Ke: und menschlichen leben ist dies eben der Fall; auch im leben der Völker
21 eine so HoGrHb; Ke: seine
23 hervorbringt so HoKe; Gr: als
geistiges Ganze zeigt, die aber auch zugleich natürliches Leben entwickelt, 40
in dem sie gebohren wurde, Ke: zurük, wo es sich ausgeboren hat; 10 als] als.
21 Prinzip] Prinzip,
25 aus] ist
zurück,] Hb: zurück,
19Ke
NACHSCHRIFT HOTHO '
28
1822/23
genießen, sondern sie wird ihm ein bitterer Trank, das Volk ist dieser unend¬ liche durst nach der Frucht, ab er sie kostend ist sie der Trank der seine Existenz vergiftet, und die Frucht wird Same eines andern Volkes, indem er dieses andre belebt und zur Reife bringt. Ein näheres Beispiel daß der Geist nur Resultat ist, hat jeder an sich, der
5
Mensch was er zunächst unmitte/bar ist, ist nur seine Möglichkeit, erst dnrrh Zucht, Erziehung wird er der Vernünftige; der Mensch ist nur die Möglichkeit Mensch zu sein, wenn er geboren ist. das Thier ist geboren fast fertig, sein Wachsthum ist mehr ein Erstarken, im Instinkt hat es sogleich alles, was es be¬ darf. der Mensch muß sich alles erwerben, muß sich zu dem machen, was sonst
10
nur seine Möglichkeit war. das erhabenste Beispiel ist die Natur Gottes selbst, diese kann aber kein Beispiel genannt werden, sondern ist die Wahrheit | selbst, wovon alles andre nur ein Beispiel ist. Unsre Religion sagt: Gott ist Geist, und das ist eigenthümlie/i der christlichen Religion. Auch andre Religionen nannten ihn so, allem nur noch als bloßer Name, wodurch die Natur des Geistes noch
15
nicht explicirt wird. In der christlichen Religion ist Gott ausgesprochen: als Va¬ ter, die Macht, das absolut Allgemeine, Eingehüllte, dann aber ist Gott das sich
3—4 Same eines ... bringt] Gr: der Saamen zu dem Princip eines anderen Volk’s Hb: Same, den ein andres Volk entwickelt und zu seiner Reife bringt Ke: wieder Same, aber Same eines andern Volkes, um dieses wieder zur Reife zu bringen
5 jeder] GrHb: jedes Individuum
6—8 was er ... ist,] Gr: ist, was er
20
sein soll, nur durch Bildung; was er zunächst ist, ist nur die Möglichkeit, frei zu sein Hb: ist was er ist nur durch Erziehung; was er zunächst unmittelbar ist, ist nicht sein Sein; er bringt nur die Möglichkeit mit auf die Welt, frei, vernünftig zu sein Ke: ist nur durch Zucht, was er sein soll; was unmittelbar ist, ist nur die Möglichkeit, (vernünftig und frei zu sein), nur die bestimung, nur das Sollen
8-10 das Thier
... bedarf] Gr: Man muß dies nicht für eine besondere Wohlthat der Natur für das Thier betrachten,
25
daß es bald mit seiner Bildung fertig, es ist nur ein quantitatives Erstarken. HbKe: Das Thier (hat alles im Instinkt,] Ke: dagegen ist bald fertig, aber das ist keine Wohlthat der Natur.)
10—11 sich alles ...
war.] Gr: sich selbst erst zu dem machen, was er sein soll. Hb: sich erst alles erwerben, er muß diesen Mackel, ein blos Natürliches zu sein, abthun. Ke: alles erst machen, und sich erwerben, eben weil er ist ein Geistiges; er muß das natürliche abschütteln. Der Geist ist also sein eignes Resultat. spiel] Gr: Beispiel (Beiher Spiel) Hb: Beispiel, als ein neben herspielendes
12 Bei¬
30
13—14 Unsre Religion
... Religion.] Gr: I11 unserer Religion ist Gott, Geist. Hb: Wir sagen, wenn wir von Gott sprechen, Gottes Geist, es ist das Eigenthümliche der christlichen Religion, daß Gott als Geist gefaßt worden ist; Ke: Gott ist als Geist geoffenbart in der christlichen Religion;
14-16 Auch andre ... wird.]
Gr: Die älteren Religionen haben Gott zwar auch vou die Extreme nicht für sich selbstständig sind, sondern nur dieß dritte
5
als Gleichgewicht existirt. das Gleichgewicht im römischen Staat war deshalb nur temporär, und der Bruch bricht fürchterlicher auseinander, das Gleichgewicht in das sich die Gegensätze setzten, brachte eine Richtung nach Außen hervor, die Reichthum, Ruhm, Vortheil erwarben, und dadurch, das innerlich so schlecht sich Befindende zusammenhielt, aber eben so auch Noth und Unglück herein¬
10
brachte, die freilich selbst wieder die abstrakten Seiten zusammenfügten. die 2te Seite, die zu betrachten wäre, ist die Römergröße nach Außen, das Hnnptmoment dabei ist der feste Zusammenhalt, der Gehorsam gegen das Staats¬ gesetz, worin die römische Tugend zu setzen ist, daß die Römer nur darin einen Halt hatten, was der Staat gebot, diser Zusammenhalt hat oft Rom gerettet, und
15
unterscheidet Rom von andern Nationen, die nicht dises abstracte Zusammen¬ halten zu ihrem Prinzip hatten, die Kriegskunst der Römer ist ein 2tes, das von disem abhängt. Jeder Feldherr hat mehr und weniger seine eigene Weise der Kriegskunst. Bei den Macedomern war der Phalanx das Uebliche; die römischen Legionen haben das Geschlossene derselben, sind aber in sich gegliederter und 20 zersplitterter, hatten nicht die beiden Extreme des Zusammenhaltes und das der Zersplitterung der leichten Truppen, sondern waren ein Festes Ganzes, das in
6-7 das Gleichgewicht ... auseinander.] Gr: Dies ist aber hier nicht der Fall, dies Gleichgewicht ist nur palliativ, temporär und der Bruch zeigt sich hernach um so fürchterlicher[.] 140Gr
7—11 das
Gleichgewicht ... zusammenfügten.] Gr: In diesem Gleichgewicht kehrte es sich aber nach aussen,
25
und dies brachte einerseits Glück, Reichthum und Ruhm was selbst dazu beitrug das so schlecht Verbundene zusammen zuhalten; zugleich aber brachte es fürchterliche Noth, die jedoch wenn auch wenigstens nur eine Zeit lang den Zusammenhalt hervorbrachte. Hb: In dieser Gestalt kehr¬ te sich der Staat nach außen. nach aussen in ihren Kriegen.
12 die 2te ... Außen.] Gr: Die andere Seite der Römergröße liegt 12—17 das Hnwptmoment ... hatten.] Gr: Dabei fällt dieser feste
30
Zusammenhalt auf, daß der römische Staat in diesem Patriotismus in dieser Ergebenheit, absoluten Aufopferung für das Eine seinen Halt gehabt, und hierdurch unterscheidet sich Rom von allen andern italienischen Nationen, indem diese nicht das abstrakte Zusammenhalten zu ihrem Princip 141Cr
hatten. Betracht
17-18 ist ein ... abhängt] Gr: ist eben so eigentümlich Hb: kommt hier vorzüglich in 18-19 mehr und ... Uebliche;] Gr: fast immer eine neue Kriegskunst eingetuhrt, bei
35
den Macedoniern war es der Phalanx dessen 8tes Glied mit seinen Eisenstacheln bis vorn reichte. Hb: seine Weise, den Krieg zu führen; bei den Griechen war die Phalanx üblich.
20-371,1 das
Geschlossene ... war] Hb: dasselbe aber in sich gegliederter, zersplitterter in sich: sie hatten nicht die Masse und die Zersplitterung in kleinere Truppen nebeneinander, sondern beides beieinander, Mas¬ se und Beweglichkeit vgl. Gr: Die römische Schlachtordnung war zwar auch so in Masse aber doch gegliederter, beide Extreme vermeidend, wie dies auch das Princip der neuern Kriegskunst ist. 9 das] dß
40
ROM
371
sich gegliedert und beweglich war. Ueber die Kr/ege kann bemerkt werden, daß es langweilig ist, sie durrhzusehn, wie mannigfach auch die Scenen sind. Lang¬ weilig ist bei Livius die trockne Rhetorick und die Ausführung des steten positi¬ ven Rechtes. Aber dises haben immer beide Theile. Langweilig ist auch noch die 5
Weise der Rhetorick der Geschichtsschreiber da sie nur immer sagen, die Römer haben | es nur mit dem Abstractum von Feinden zu thun, so daß man nur den
151vHo
Namen des Volks, aber nicht ihre Individualität und Verfassung erfährt. - In dise l'tL Periode nur fallen die großen tugendhaften Charactere. Mit diser Erstarkung tritt Rom in die 2U Periode, indem sie durch die Ansammlung kleiner Capitahen 10
sind zu großen Capitalisten geworden, und jetzt können wie in ein Panorama des Weltheaters treten, in Berührung seiend mit Gallien, Spanien, Carthago, Sicilien,
Macedonien,
den griechischen
Reichen in Klein-Asien,
dann
mit
Aegypten, Epirus, also mit der ganzen Runde dos Mittelmeers, und die Kriege hieher verwickeln sich gleichzeitig untereinander/.] disen Zeitpunkt hat Polybius 15
ergriffen, ein Achaeer, der ein Opfer der Schlechtigkeit seiner Landsleute wurde, und der Römer auf der andern Seite. Carthago war eine der Hauptmächte, gegen die Rom kämpfte, die Größe Cartha^os lag in der Meeresbeziehnng, hatte keine eigentliche Landarmee. Hanmbal hatte aus der gewaltsamen Vermischung von Nationen die großen Hülfsquellen gezogen, mit denen er Rom zu schaffen
20
1-7 Ueber die ... erfährt.] GrHb: (Ermüdend ist es, die Kriege der Römer durch zu nehmen, be¬ sonders langweilig ist bei Livius daß sie immer positiv recht haben, eben so daß sie immer nur mit einem Abstraktum von Feinden zu thun haben, von der Individualität ihrer Feinde nach Sprache, Sitten, Kriegskunst us.w. erfahren wir] Hb: Die Kriege der Römer durchzugehn ist ermüdend und langweilig. Es ist hier immer ein spezielles Verhältniß vorhanden. Die Reden der Feldherrn und Be¬
25
schreibung der Schlachten bei Livius ist langweilig. Auch ist langweilig, daß es die Römer nur mit einem Abstractum von Feinden zu thun haben; von der Individualität dieser Völker erfährt man wenig oder) nichts.
8 lstc Periode ... Charactere] GrHb: Periode der Eroberung fallen die frömi-
142Gr
sehen Tugenden, diese Charakteren, die das, was sie sind, nur für den Staat sein wollen] Hb: großen Altrömischen Tugenden, die Charaktere, die alles was sie sind, nur im Staat sind) 30
8-14 Mit diser
... untereinander/J] Gr: II Zweite Epoche. So gleichsam zu Kapitalisten ihrer Stärke geworden, treten die Römer in ihre 2te Periode und in ein Welttheater, das rund abgeschlossen ist wie ein Panorama; sie treten mit Gaben, Spanien, Griechenland, Aegypten, kurz mit dem großen Rund des mittelländischen Meeres in Beziehung. Hb: Mit dieser Erstarkung tritt Rom auf das Weltthe¬ ater, das von großer, rundumfaßender Berührung ist. Nord-italien, südliches Frankreich, Spanien,
35
Karthago, Sizilien, Griechenland, Mazedonien, Kleinasien, Ägypten.
15—16 ein Achaeer ... Sei¬
te] Hb: wo Rom ringsumher diesen Einfluß übte vgl. Gr: Dies hat Polybius ein Achäer dargestellt, der ein Opfer der Parteien wurde.
61vHb
16—17 war eine ... kämpfte] Gr: ist unter den Mächten,
mit denen die Römer es zu thun hatten, eine der vorzüglichsten
17-18 lag in ... Landarmee]
Gr: war auf das Meer basirt, indem es keine National Armee hatte vgl. Hb: Karthago hatte kei¬ 40
ne Nationalarmee;
18-372,5 gewaltsamen Vermischung ... welck.] Gr: Vermischung der Nu¬
midier us.w. seine Ressourcen gezogen die aber keinen Nachhalt hatten | sondern blos durch 5 der Geschichtsschreiber über der Zeile mit Einfügungszeichen
31 ihre 2te] ihrer 2ten
143Gr
372
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
machte; aber dise Quellen haben kein Resultat, waren nur durch, sein subjectives Genie zusammengehalten. A/s sie erschöpft waren fand Hannibal keine Mittel in seinem Vaterland und auch nicht an den Heeren der Macedoner, Syrier, dise Völ¬ ker waren in sich gebrochen, der Stamm Griechenlands und seine Zweige waren trocken und welck. Rom wurde Herrscherin des Mittelmeers und aller Länder
5
umher, und hatte nun von diser Peripherie nur weiter in die Breite zu arbeiten. In dise Periode fallen die sittlichen, glücklichen Individuen, die in einem gesun¬ den Zustand ihres Vaterlandes leben — Aber auch der große Scipio schon ist ver¬ bannt gestorben. Von disem Siege über Carthago an bricht das Verderben in Haufen los; die Individualität wird mannigfach, sie kann aber die Größe nicht 152rHo
10
mehr haben im Sinn ihres Vaterlands zu handeln/.] | Auf dise Periode des schö¬ nen Glanzes, der nicht nur innerlich als ideales sich ausbildet, bricht unmittelbar die Particularität los, die Anspannung läßt los, denn die Römer als Sieger haben sie nicht mehr nöthig. Jetzt dürfen sie concreter sein, da ihr abstractes vollendet ist, aber zu schönen Concreten sind sie nicht ausgearbeitet, und nur die zurükge-
15
haltne Besonderheit mit ihrer Herbigkeit läßt sich von allen Seiten los. Es geht jetzt (146 v. Chr.) die Plünderung Spaniens, Griechenlands an, und zugleich bre¬ chen die Stürme äußerlich und innerlich los; die Stürme der Grachen einerseits,
sein subjektives Genie zusammen gehalten wurden, nachdem er 36 Jahr in Italien war, fand er die Mittel zur Besiegung der Römer weder bei seinen Landsleuten noch bei den Griechen und Syrern
20
die schon längst in sich gebrochen waren. Hb: gewaltsame« Vermischung der verschiedenartigsten Nationen die großen Ressursen gezogen, mit denen er Rom so viel zu schaffen machte; sie waren nur durch sein subjektives Genie zusammengehalten. Er fand die Mittel die Römer zu bekriegen nicht in seiner Vaterstadt, auch nicht bei den Griechen.
5—6 Herrscherin des ... arbeiten] Gr: so
Herrscherin des Mittelländischen Meeres d.h. des Landes rund herum Hb: also Beherrscherin des mittelländischen Meeres und hat von dieser Peripherie aus sich weiter verbreitet
25
7-9 In dise ... ge¬
storben.] Gr: Hierher fallen die glücklich großen Individuen der Scipionen die in einem gesunden sittlichen Zustande ihres Vaterlandes leben, aber auch schon Scipio ist unglücklich verbannt, ge¬ storben. Hb: In die punischen Kriege fallen die sittlich großen Individuen, glückliche Individuen wie die Szipionen; sie leben in einem gesunden Zustande. Der große Scipio stirbt aber unglücklich, ver¬ schmäht, verbannt.
30
9-11 disem Siege ... handeln] Gr: nun an bricht das Verderben in Masse los,
die Grösse der Individuen wird stärker an contrastirenden Ereignissen, aber sie können nicht mehr dem Sinne ihres Vaterlandes angemessen sein Hb: nun an bricht das Verderben sogleich in Masse los, die Größe der Individuen wird stärker an kontrastirenden Ereignissen 144Gr
11-14 Auf dise ...
nöthig.] Gr: Es folgt nicht wie bei den Griechen geistige Vollendung, | sondern es bricht die Par-
35
tikularität aus. Die Anspannung hat nachgelassen, die sich als Feindseeligkeit gegen Anderes zeigte[.] Hb: Auf die Epoche des Glücks der Römer folgt nicht wie bei den Griechen nach den medüc/ien Kriegen der schöne Glanz, der sich innerlich idealisch ausarbeitet, sondern gewaltsam bricht die Partikularität aus, die Anspannung hat nachgelassen.
14-16 Jetzt dürfen ... los.] Gr: Diese Einheit
der Abstraktion mit dem Staat hört zwar auf, die Römer können aber nicht zu schönen konkreten Gestalten werden, sondern die zurükgehaltene Besonderheit allein bricht los. Hb: Sie dürfen jetzt konkrete Menschen sein, aber das ist nicht das schöne Konkrete; es wird nur die zurückgehaltene Persönlichkeit frei; und die Härte läßt sich nach allen Seiten los.
16-373,2 Es geht ... Aristo-
cratie;] Gr: So gehen die Eroberungen in Kleinasien, die Stürme nach Innen und Aussen los;
40
ROM
373
die Kriege der Cimbern und Teutonen, der Bundesstaaten des Marius und Sylla, zeigen die ganze Schlechtigkeit der römischen Anstocratie; Empörung der Sclaven unter Spartacus, die Mithridatischen Kriege, alles Unglück folgt sich dnreh 50 und 100 Jahre, und in disern Zustande werden die Individuen zu Hauptfigu¬ 5
ren, da um sie jetzt sich das Intresse des römischen Staats dreht, ob er überhaupt und wie er sein solle, diß ist wieder eine Zeit außerordentlicher Individualität, wie in Griechenland nach Alexanders Tode. Um Marius, die Grachen, Cicero dreht sich jetzt das Intresse. Caesar ist das vollendetste Bild der römischen Zweck¬ mäßigkeit, ein naiver einfacher Mensch, der nichts will, als der Herrscher zu
10
sein, der durch keine Beschränktheit, keine Leidenschaft gehindert wird, die Gallerie diser Colossen verdient sehr betrachtet zu werden; große Individuen ringen mit dem Unglück, und ihr Unglück ist nicht der Unsittlic/zkeit wiederstehn zu können. So unterliegen die Grachen der äußern und ihrer eigenen inneren Un¬ gerechtigkeit. In disen Individuen kommen die großen Momente des Lebens vor.
15
Als Hannibal nach Carthago kommt ist das Erste, was er thut, daß er muß den Redner vom Stuhle reißen, der den Frieden zu schmählick findet, den er errun¬ gen hatte. Marius der Sieger über die Cimbern und Teutonen muß sich im Schilf verbergen, sitzt aut Carthago’s Trümmern; Caesar am Rubicon bedenkt das Schicksal | der Welt und ist plötzlich entschlossen, wird endlick mit 23 Wunden
20
152v
die griechischen Unruhen und der jugurthinische Krieg decken die ganze Schlechtigkeit der römi¬ schen Aristokratie auf. Hb: Es geht das Erobern in Spanien, Griechen/and, KlemAsien an; Stürme von innen gracchischen Unruhen; die Kriege der Cimbern und Teutonen, Marius und Sylla.
2-7 Em¬
pörung der ... Tode.] Gr: Die Kriege mit den Cimbern, Teutonen, Sertorius, Empörung der Sclaven, Marius und Sulla, diese Stürme zwischen 50 und 100 Jahre zeigen Individuen die zu Hauptfiguren 25
werden und um die sich das Hauptinteresse dreht. Dies ist so wie in Griechenland nach Alexander. Hb: Die italischen Staaten machen einen allgemeinen Aufstand. Sertorius. Mithridatisc/ie Kriege. Em¬ pörung der Sklaven unter Spartacus. Seeräuber auf dem mittelländischen Meer. 50 Jahre und länger währen diese Stürme.
7-10 Um Marius ... wird.] Gr: Zuletzt tritt | endlich Caesar auf, der rein
145Gr
praktische Mensch der nichts will als diesen Zweck, und dafür zu herrschen. Hb: Individualitäten: die 30
Gracchen, der harte Marius, der starke Cinna, Cicero, und endlich Caesar. Dieser das vollendete Genie der römischen Zweckmäßigkeit; ein einfacher, naiver Mensch, der nichts will als rein zweckmäßig da¬ für, der Herrscher zu sein. verdient
11 verdient so HoGr; Hb: gleichsam dieser romantisch werdenden Römer
11-14 große Individuen ... vor.] GrHb: Ihr Hauptunglück ist, daß sie das Sittliche nicht (Gr:
rein,) bewahren (Rinnen, selbst die edelsten z. B. die Gracchen erliegen] Hb: können. Die Gracchen un¬ 35
terliegen] nicht nur der Aeußern sondern auch der ('eigenen] Hb: innern] Ungerechtigkeit (Gr:, indem sie gezwungen werden, das, wofür sie leben mit Füssen zu treten].
15-17 Als Hannibal ... hatte.]
GrHb: Hannibal ('der] Hb: reißt] einen Redner (vom Redner Stuhle herunterreissen muß weil er seinen Frieden zu schmählich findet] Hb: von der Rednerbühne].
17-18 der Sieger ... Trümmern;] Gr:
der Sieger auf den Ruinen Karthagos, einsam sitzend Hb: sitzt auf den Trümmern Karthagos 40
18-
374,16 am Rubicon ... Individuen.] Gr: Stundenlang in der Nacht am Rubicon auf und abgehend, das Schicksaal der Welt erwägend. Wir finden dies bei Plutarch und solche Anschauungen geben die Vorstellung von dem was der Mensch ertragen kann. Caesar hatte | dies ungeheure Aussereinander 19 der so GrHb
146Gr
374
NACHSCHRIFT HOTHO '
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ermordet. An solchen Momenten ist dzse Geschichte reich, und zeigt welche Contraste die menschliche Brust zu ertragen weiß. Caesar hat das Außereinander zusammengenommen, nach Außen, es jenseits der Alpen aufgeschlossen, ist in die nordische Welt gedrungen und hat damit eine neue Welt aufgethan, und dann sich als Herrscher an die Spitze der römischen Welt gestel/t, und nicht durch einen
5
Bürgerkrieg auf dem Forum, sondern nach Erobrtnig der ganzen römischen Welt. Sein Kampf sieht nicht aus wie ein Privatkampf, sondern er tritt der Republik entgegen, die ein leerer Name geblieben war. Alle mittelmäßigen Factionisten hatten unter disen Titel sich geflüchtet; gegen dise tritt Caesar frei und öffentlich, hat sich die Macht und den Titel der Republ/c/e erobert, hat eine Willkühr der 10 Particularitüt an die Stellen der vielen Besonderheiten und Willkühren gesetzt. Und über Viele muß einer herrschen. Alle Angelegenheiten wurden durch Factionen dnrchgesetzt, alles war Leidenschaft und Besonderheit. An die Stelle diser kleinen Pardcularitäten hat sich Caesar gestellt, und Rom davon gereinigt, dise Herrschaft der einen Willkühr war nothwendig. Aber Caesar ward ermordet,
15
durch einen seltsamen Irrthwm adliger Individuen, daß die Wegräumung der ei¬ nen Individualität es nicht machte, zeigte sich. Cicero selbst hat nur in besondern Personen das Heil des Staats sehn können und dann ist immer eine Verandrwng nothwendig. Es hat zweimal geschehn müßen, daß Einer Herrscher
zusammen beschworen, nach Aussen hatte er Gallien und Germanien aufgeschlossen, und so eine
20
neue Welt entdeckt, das Andere war, daß er sich an die Spitze der römischen Welt stellte, aber nicht wie Sulla durch Bürgerkrieg, nicht durch Kampf zwischen Faktionen, sondern er hat die römische Welt in allen ihren Theilen erobert. Es ist ihm gegenüber nicht mehr die Repub/ik, son¬ dern nur ihr Name, der Titel unter dessen Flügel alle kleinen Faktionisten sich begeben. / Caesar hat eine Partikularität über die vielen Willkühren gestel/t. An die Stelle niedriger, kleinlicher
25
Partikularitäten hat er sich gestel/t und Rom davon gereinigt, nichts war nothwendiger. Er wurde 147Gr
ermordet durch 23 Wunden, durch einen merkwürdigen | Irthum wie sich bald gezeigt hat. Hb: in der Nacht am Rubicon reitet hin und her, überdenkt das Schicksal der Welt, jacta est alea! cf. Plutarchs Biographie. - / Caesar hat die nordische Welt aufgeschlossen, die Herrscha/f der Römer in Gallien festgesetzt, Britannien berührt. Er stellt sich an die Spitze der Römer; er hat die römische
30
Welt in allen ihren Theilen erobert, sein Kampf sieht nicht mehr aus als Privatsache zwischen Fak¬ tionen und ihren Häuptern; es ist nur der Titel der Freiheit, unter den sich die Faktionisten begeben. Caesar ist auch ein Faktionist, aber er handelt offen, er hat Eine Willkür an die Spitze gestellt, Eine Partikularität statt der vielfachen Partikularitäten. Über die vielen Partikularitäten wird Einer leicht 62rHb
Meister. | Caesar ist ermordet im ]ahr 27 [sic]. Dieser Tod ist ein merkwürdiger Irrthum gewesen. Der edle Brutus war selbst darunter.
35
16-17 daß die ... sich.] Hb: Es zeigte sich aber bald, daß
die Hinwegräumung dieser Individuen nicht viel nützte.
18-19 selbst hat ... nothwendig] Gr:
dieser Vater des Vaterlandes hat das Heil desselben auch nur auf besondern Personen beruhen sehen Hb: erwartete auch von dieser Veränderung zu viel
19-375,2 Es hat ... werden.] Gr; Es mußte
solche große Veränderung 2 mal geschehen, indem ein Mal, kein Mal, zum zweiten Male aber das erste Mal bestätigt ist. So mußte August folgen, wie Napoleon 2 Mal entthront werden mußte. Hb: August wurde Herr. - Eine solche Sache muß 2mal geschehn, um sich zu bewähren. Einmal ist keinmal. Napoleon mußte auch 2 mal kommen.
40
ROM
375
wurde. Ein mal sagt man, ist Keinmal, in dem Sinn, daß was einmal geschieht kann zufällig geschehn, wie Napoleon auch hat 2 mal mäßen entfernt werden. August zunächst und Tiber noch haben die Formen des Staats bestehn laßen, dazu war die römische Verfassung gekommen bloße Form zu sein, etwas sub¬ 5
stanzloses.
| die Sache, Macht, Herrschaft war aus ihr entwichen und in die
153rHo
Hand einer Willkühr entflohn, die sich gewaltig machte, das Mittel diser Herr¬ schaft war sehr einfach, ciie Kaiser überließen die Führung dem Senat, hatten aber ein Lager Legionen unweit Rom und ließen die Unwilligen der Senatoren ermorden, dieß Mittel dann war bald nicht mehr nothwendig. Hier sehn wir 10
dann in dem Imperatoren die particuläre subjectivität in die Maßlosigkeit sich hintreiben. die Particulantät hat nur die eine Grenze, den Tod, und diser wurde zu einem bloßen Schauspiel. Neros Tod kann so für ein Muster der Gleichgültig¬ keit vor dem Tod gelten, wo keine Furcht, keine Zukunft, nichts mehr ist als die Begierde der losgebundenen Willkühr in der Gegenwart. An dem Willen And¬
15
rer, an etwas Algemeinem ist keine Schranke vorhanden, das Verhältniß der Herr¬ schaft ist unbeschrankt, in der ganzen Welt ist kein Wille dem des Imperators gleich, die Imperatoren drücken das völlige Außer sich gekommen sein de5 Gei¬ stes aus, die vollendete wißende und wollende Endlichkeit, die unbeschränkt ist. Unter diser Herrschaft ist alles in Ordnung, wie es ist, denn es ist nur die Har¬
20
monie Aller mit der Herrschaft und dem Willen dieses Einen nöthig. das Concrete der Imperatoren hat kein Intresse. Auch die edlen diser Gestalten erwecken kein Intresse; sie sind ein glücklicher Zufall der den Zustand läßt, wie er ist, und spurlos verschwindet. Es ist da kein Widerstand, kein Gedanke, nichts was
3-6 August zunächst ... machte.] Gr: August, dann Tiber haben die Form bestehen lassen, da diese 25
an sich etwas Substanzloses war, die Herrschaft die Gewalt, war entwichen und nur eine Willkühr übten sie aus. Hb: Die republikanische Form war etwas substanzloses, die Macht war gewichen, Eine Willkür hatte nun die Gewalt.
7-11 sehr einfach ... hintreiben.] Gr: das in der Nähe von Rom
liegende Lager der Legionen, das ihnen bald selbst auch nicht mehr nöthig war. Die partikula¬ re Subjektivität der Imperatoren wurde | jetzt zur vollkommenen maaßlosen Wirklichkeit, vgl. 30
Hb: Der Imperator verschaffte sich die Gewalt durch die Soldaten; durch diese wurden Senatoren umgebracht, die sich widersetzten.
11-14 hat nur ... Gegenwart.] Gr: hat zu ihrer Schranke
nur den Tod. Der Tod war blosses Schauspiel und der des Nero könnte wohl so als Muster gel¬ ten. Hb: des Imperators hatte keine Grenze als die abstrakte Grenze, den Tod. Dieser wurde zu einem bloßen Schauspiel. Der Tod Neros kann als Muster gelten der Gleichgültigkeit gegen den 35
Tod. Es ist hier kein Vorwärts, kein Rückwärts, nur diese Gegenwart, Begierde, Leidenscha/i, Genuß in gänzlicher Unbeschränktheit.
14-17 Andrer, an ... gleich.] Hb: des Andern ist keine
Schranke vorhanden. Die Individualitäten der Kaiser gehören wesentlich zum Gemälde des ganzen Zustands;
18 wißende und wollende] Hb: Partikularität des Selbstbewußtseins, die vollendete vgl.
Gr: Diese Kaiser stellen das Aussersichgekommensein des Geistes dar, die wissende, wollende, un¬ 40
beschränkte Endlichkeit. Einklang ist
19-20 denn es ... nöthig] Gr: und sie fordert nur, daß alles mit ihr in
20-376,2 das Concrete ... Wille.] Gr: Auf das Konkrete kommt es bei ihnen nicht
an, selbst die guten Imperatoren sind ein blos glücklicher Zufall, der spurlos vorüber geht, sie haben
148Gr
376
NACHSCHRIFT HOTHO ’ 1822/23
solle producirt werden; es fällt auch den Antoninen nicht ein, Einrichtungen zu machen, sondern sie bleiben particulaerer Wille, die römische Welt ist durch dise Spitze der reinen Particularität fest und in Ordnung. Kein Gegensatz ist mehr vorhanden, weder von Tugend noch von Laster, Keines gilt, Beides sind nur An¬ gelegenheiten der Particularität. Aber in disem Festsein ist dise Äußerlichkeit des 153vHo
5
Geistes, liegt der tiefe Bruch. | die absolute Subject/vität an sich, die Unendlich¬ keit des In sich seins gegen dise abstracte Endlichkeit ist schon als alles umwäl¬ zendes unscheinbar eingebrochen. Indem also die ganze Welt die eine Willkühr beherrschte ward damit der große Bruch herbeigeführt. Unter Augustus selbst, dem ersten, mit dem das Elerschen der Particularität begann, der Endlichkeit, die
10
für sich als das Letzte gilt, ist das Gegentheil, die Unendlichkeit, erschienen, aber mit disem Prinzip der für sich bestimmten Endlichkeit vereint, so aber, daß dise Endlichkeit nur die Form der Erscheinung, der Inhalt aber das Absolute, An und für sich seiende ist. die Angel der Weltgeschichte, die christliche Religion, ist hiermit aufgedreht, was die wahrhafte Religion ist, ist hier nicht zu betrach¬
15
ten, denn die Geschichte hat es mit der Erscheinung des Wahrhaften zu thun. die wahrhafte Idee also ist vorauszusetzen, die absolute Idee ist das an und für sich
nur zu wollen gut oder schlecht. Selbst den Antoniern Fällt es daher nicht ein, etwa Einrichtungen zu machen, sondern sie bleiben Partikulares. Hb: Bei den Cäsaren hat das Konkrete ihres Charak¬ ters nichts Interessantes. Selbst Titus, die Antonier &c. erwarten kein großes Interesse; sie haben
20
nur zu wollen, so ist es; es ist keine Veränderung vorhanden, kein Zweck, der hervorzubringen ist. Es fällt auch de« Antoninen nicht ein Einrichtungen zu machen, sie bleiben partikulärer Wil¬ le
2-9 durch dise ... herbeigeführt.] Hb: also ganz und gar in Ordnung durch diese Spitze. Rom
ist für die Römer selbst ein Wunder. Kein Gegensatz ist mehr vorhanden; selbst der Gegensatz von Tugend und Laster, der sich im Gemüth erzeugt, ist ein ohnmächtiges. Grade hierin ist der ungeheu¬
25
re Bruch geschehn gegen diese absolut gewordene Endlichkeit; gegen diese that sich die absolute In149Gr
nerlichkeit auf. vgl. Gr: Diese große | Partikularität ist so fest, daß Tugend und Laster gleichgültig erscheinen. Es ist alles in Ordnung, wie es auch ist, denn die blosse Endlichkeit ist Zweck. Gegen diese Ordnung, gegen diese Endlichkeit hat sich aber das Subjekt aufgethan. Der Geist ist schlecht¬ hin ausser sich und dieser Geist regiert die Welt, zu dieser Ordnung ist der absolute Grund gewor¬ den, gegeben.
30
9-14 selbst, dem ... ist] Gr: selbst, unter diesem vollkommen einfachen Herr¬
scher der partikularen Subjektivität ist das Gegentheil, die Unendlichkeit erschienen, aber mit dem Princip der für sich seienden Endlichkeit in sich Hb: selbst ist das Gegentheil, die Unendlichkeit erschienen, aber die Unendlichkeit selbst mit dem Prinzip der für sich bestehenden Endlichkeit in sich, so daß diese Endlichkeit nur die Form der Erscheinung, der Inhalt das Unendliche an und für sich seiende selbst ist
35
14-15 Angel der ... aufgedreht] GrHb: christliche (Hb: ?j Religion, (diese
Angelegenheit] Hb: die Angel,) der Weltgeschichte ist (Hb: hier] aufgetreten
15-16 was die ...
thun.] GrHb: (Gr: Es kann hier nicht bewiesen werden was wahrhafte Religion und Idee Gottes ] 150Gr
ist, sondern nur das Erscheinen, oder die Nothwendigkeit des Erscheinens zu dieser Zeit] Hb: Die Geschichte hat aufzuzeigen,), daß die Zeit erfüllt war.
17-377,4 also ist ... habend] GrHb: ist die
an und für sich seyende Allgemeinheit (die nur in dem Gedanken ist, aber] Hb: , nicht ein Natürli¬ ches, Sinnliches, so daß sie,) nicht das Abstrakte (das leere absolute Wesen, sondern innerlich in sich bestimmt, daß die Negativität zugleich absolut sei, oder daß die Form sei] Hb: ist, sondern unend¬ lich in sich bestimmt, die absolute Negativität, so daß das Allgemeine die Form in sich hat,)
40
ROM
377
semde Algemeine, das nur für und im Gedanken ist, aber so nicht, daß diß Algemeine das Abstracte, Leere Wesen sei, sondern das zugleich unendlich in sich be¬ stimmte, die absolute Negativität, oder das Allgemeine als alle Form der Be¬ stimmtheit in sich habend, aber als unendliche Form. Gott ist der Eine, das 5
schlechthin Algemeine, worin alles Natürliche, Besondre untergegangen ist. diser Eine aber ist auf dise Weise noch abstract, die concreten Bestimmungen müßen aber auch festgesetzt werden, und es sind diß nicht die Eigenschaften, denn dise sind selbst immer ein Besondres, (zwar kein sinnlich Besondres wie die griechi¬ schen Götter, sondern es sind Eigenschaften des Einen) aber dise Bestimmungen
10
erfüllen doch das subject nicht, die Orientalen benennen ihre Götter vielfach, doch dise Bestimmungen sind nicht erschöpfend, sondern Versuche nur des Erschöpfens, die das nicht erfüllen, was sie erfüllen sollen, und nur ein schlecht Unendliches sind. Eigenschaften also erschöpfen das Wesen des Einen nicht, die wahrhafte Fülle liegt nur dann, daß die Bestimmtheit nicht viele Besondre aus¬
15
macht, sondern in sich zurückgekehrt ist, nicht sich allein außer sich hinausschickt sondern sich auch zu sich zurück nimmt, dieß ist die unendliche Fülle, das Eine soll nun absolut bestimmt sein, in | sich selbst bestimmt, und dise Be-
154rHo
stimmtheit ist absolute Bestimmtheit, dise Bestimmtheit ist absolut durch die Rückhehr in sich, indem sie hinausgeschickt ist sich auf ein Andres zu beziehn, 20
4—9 Gott ist ... Einen)] Gr: Diese Idee Gottes ist der Eine, dies ist das Abstrakte, konkrete Be¬ stimmungen in diesem Einen sind die Eigenschaften, diese aber haben selbst nur besonderen In¬ halt, Allmacht, Allgüte u.s.w. zwar sind sie nicht ein sinnlich Besonderes, Hb: Gott ist der Eine, der das schlechthin Allgemeine; dieser Eine aber ist noch ein Abstractes, als konkrete Bestimmun¬ gen von diesem Einen können von ihm ausgesagt werden die Eigenschaften, allmächtig, allgütig
25
&c. Der Inhalt dieser Eigenschaften selbst aber ist nur ein Besondres, nicht das wahrhaft konkre¬ te; diese Eigenschaften sind zwar nicht ein sinnlich besonderes, wie die Götter der Griechen; son¬ dern Eigenschaften des Einen Subjekts, die Bestimmungen in sich enthalten,
10-13 benennen ihre
... nicht.] GrHb: geben (darum ihren Göttern sehr] Hb: der Gottheit) viele Namen, (die aber nur
62vHb
ein Versuch sind] Hb: diese vielen Bestimmungen erschöpfen) das Unendliche (zu erschöpfen, die 30
es aber nicht | erfüllen] Hb: nicht, es sind nur Versuche).
14 Fülle] Gr: Fülle, wenn sie gefaßt
wird, ist der Eine, sie erschöpft und dies Hb: Fülle, (wenn diese gefaßt wird, so ist das Eine ganz erschöpft)
14-16 die Bestimmtheit ... nimmt] Gr: diese Bestimmung nicht ein Besonderes ist,
sondern nur in sich zurükgekehrt ist, die also nicht ausser sich hmausschickt, sondern zurükgeht in sich, das Fürsichsein Hb: die Bestimmung nicht als besondere ist, sondern daß sie nur ist als in sich 35
zurückgekehrt, das unendliche Erfüllende, die an und für sich seiende Bestimmtheit
16-378,5 Fül¬
le. das ... zurükkehrt.] Gr: Fülle, Bestimmtheit in sich selbst, nicht leere absolute unendliche Be¬ stimmtheit, sondern dadurch beides, daß sie aus dem Elmausschicken auf ein Anderes sich bezieht, und zugleich dies zurükkehren ist. / Diese Fülle ist die der Idee. Sie besondert sich, bringt sich als Anderes ihrer selbst hervor, aber verliert sich darin nicht, sondern setzt dies als nicht Anderes, 40
und kehrt darum in sich zurück, vgl. Hb: Das bestimmende schickt hinaus auf ein andres, aber die unendliche Bestimmtheit nimmt dieses Hmausschicken wieder zurück; die Grenze die kei¬ ne Grenze und eben darum die wahrhafte Grenze ist, die Fülle der Idee, ein Sein, das ein andres hervorbringt, aber dieses andre eben so sehr als nicht anderes setzt und in sich selbst zurückkehrt.
37 bezieht] beziehen
151Gr
378
NACHSCHRIFT HOTHO ' 1822/23
aber eben so sich zu sich zurücknimmt, eine Grenze ist, die keine ist. dise Fülle ist die der Idee, die Idee ist dieß Eine, das sich bestimmt, besondert, als das An¬ dere seiner selbst hervorkommt, aber in disem Andern sich kein Andres ist, son¬ dern dieß Negative seiner, ebenso negirt, als Nicht-Anderes setzt, und so zu sich zurükkehrt. Gott ist dieß unendliche Leben, Andres von sich auszuschließen,
5
und in disem Ausgeschloßenen Bei sich selbst zu sein, dieß Verhältmß ist speculative Form. Als Empfinch-mg kennen wir es als Liebe: Wenn Ich das Bewußtsein meiner in einem Andern habe. Ich bin unvollständig, habe mein Wollen und Wissen in einem Andern, aber dieß mein Wollen und Wissen in einem Andern bin ich selbst, mir erst im Andern nur zuriik^egeben, sodaß der Andre mir kein
10
Andres ist, sondern schlechthin Ich selbst. Beide sind Andre, gegenseitig aus¬ schließend und rückkehrend aus dem Andern zu sich selbst. In höherer Form ist dise Idee Geist, die Definition des Geistes ist dieselbe, und diser Inhalt ist es, der als christliche Lehre in der dreieinigkeit vorgestellt ist. Erst da ist der Begriff des Geistes ausgesprochen. In der christlichen Religion also ist Gottes Wesen offen¬
15
bart, denn es ist offenbart was der Geist ist. die Christen wissen, was Gott ist, indem sie ihn als dreieinigen wissen, dise Wahrheit aufzufassen giebt es 2 Wei¬ sen: die Weise des Glaubens durch die Vorstellung, und die Weise des Wißens durch die Vernunft. Zwischen beiden hegt der Verstand, das Festhalten der Un¬ terschiede, die er nicht in die Einheit weiß zurükzuführen, sondern beim
152Gr
20
6—12 dieß Verhältniß ... selbst.] Gr: Wir kennen dies in vielen Formen z.B. in | der Empfindung, da ist es Liebe. Ich gehe in ein Anderes, bin nicht bei mir und indem ich darin mein Wissen und Wollen habe so bin ich es selbst und ich bin darin bei mir selbst. Hb: Dieses Verhältniß ist spe¬ kulativer Natur; wir können es in -vielfacher Form ausdriieken, unter der Form der Empfindung ist es Liebe, ich gehe außer mir, suche mich in einem Andern, und indem ich in diesem Andern
25
mein Wissen und Wollen habe, so ist eben dieß mein Selbst, ich bin mir darin zurückgegeben. Sprechen wir ich und das andre, so ist jedes das andere, beide sind dasselbe, es ist eine Gegen¬ seitigkeit des sich Ausschließens, des Zurücknehmens seines Außer sich sein.
12-13 In höherer
... Geist.] Gr: Ein höherer Ausdruck dieser Idee ist, was wir Geist nennen, dessen Begriff das Gesagte ist. Hb: „Gott ist der Geist“ ist der höchste Ausdruck hiefür. Der Gedanke des Geistes ist aber eben das Gedachte.
30
13-17 die Definition ... wissen.] Gr: Dieser Inhalt ist als Lehre der
christlichen Kirche in der Dreieinigkeit. In dieser Religion sind alle Räthsel alle Mysterien offen geworden, die Christen wissen was Gott ist, in so fern sie wissen, daß er dreieinig ist. Hb: Dieses ist als Lehre der christlichen Kirche in der Dreieinigkeit vorgestellt, nur darin ist es ausgesprochen, daß Gott der Geist ist. Die Christen wissen nur daß Gott ist, in wiefern sie wissen, daß er dreieinig ist (?)
35
17-379,2 dise Wahrheit ... ist.] Gr: Eine Weise dies zu wissen ist die des Glaubens, die
andere ist die des Gedankens der die Wahrheit denkt und so Vernunft ist, zwischen beiden ist der Verstand, der das Festhalten der Unterschiede ist. Hb: Es gibt 2 Weisen dieß aufzufassen 1. die Weise des Glaubens, 2. die Weise des Gedankens. Zwischen beiden, zwischen Glauben und Vernunft steht der Verstand, die Reflexion; dieser ist das Festhalten der Unterschiede, er ist nicht in der Liebe; die Reflexion ruinirt grade das, was das Wahre an der Wahrheit ist. 6 Ausgeschloßenen] ausgeschloßenem
40
379
ROM
Abstracten stehn bleibt, der Verstand an die Wahrheit kommend, zerstört das, was an ihr das Wahre ist. der Verstand weiß von Gott nichts als dreie/nigen, weiß von Christo nichts, als daß er ein moralischer, tugendhafter Mensch gewe¬ sen sei. der Verstand weiß ihn nicht als Gottsohn. Von seiner Tugend aber wis5
sen | auch die Mohamedaner. Hat der Mensch die Wahrheit der christlichen Re-
154vHo
ligion nicht, hat er gar keine Wahrheit denn dieß ist die alleinige Wahrheit, dise Religion in ihrem Anfang ist ein Vergangenes, aber sie ist ebenso lebendiger ge¬ genwärtiger Geist, der sich forthin ergründet, zu einem tiefem Bewußtsein ge¬ bracht hat. der Geist der Gemeinde, der Kirche, der Geist als daseiender ist wirk10
sanier Geist, ist wirklicher Geist, Christus will in seiner Gemeinde sein und sie lehren, der Geist wird in alle Wahrheit einführen. Auf den Buchstaben ist hierin nicht zu verweisen, der Geist der Kirche, der Gemeinde hat dieß Bewußtsein erhalten. — dieß ist die Grundlehre der christlichen Religion der Vernunft und der speculahnen Idee, der Verstand weiß von beidem nicht. An dieses war zu erin-
15
nern, damit man nicht an ein gemeintes Christenthum, wie jeder es sich macht, zu denken habe, die Zeit nun war erfüllt, daß Gott seinen Sohn schickte, d.h. es war nothwendig; das Selbstbeumßtsein der geistigen Welt hatte sich zu den Mo¬ menten erhoben, die zum Begriff des' Geistes gehören, diese Momente waren
2-5 der Verstand ... Mohamedaner.] Gr: Wer von Gott nicht weiß daß er dreieinig ist, der weiß 20
nichts von Christenthum. Daß Christus
|
moralisch und s.w. gewesen, das wissen auch die
Mahomedaner. Hb: Der Verstand weiß nichts von Gott als dem dreieinigen.
153Gr
5—9 Hat der ... hat.]
GrHb: (Die christliche Religion kann nun aufgefaßt werden nach ihrem Anfang, und so ist sie ein Vergangenes, Aufbewahrtes, aber sie ist ein Gegenwärtiges indem sich der Geist fortwährend] Hb: Bei der christlichen Religion kann unterschieden werden ihr ltcr Anfang, nach diesem ist sie ein 25
vergangenes, in der Erinnerung ein Aufbewahrtes; aber das andre ist, daß sie auch nicht vergangen ist, lebendiger gegenwärtiger Geist, der sich forthin,) ergründet.
9-14 der Geist ... nicht.] GrHb:
Es kommt (Gr: also,) nicht darauf an, fob] Hb: daß man) in der Bibel (ausdrüklich steht, daß Gott dreieinig ist, das ist Buchstabe. Der Geist der Kirche ist der wirkliche wirksame Geist und so ist das, was in der Bibel steht als vorher Gewußtes noch nicht das wahrhafte. Es ist die Kirche die das 30
erkannt hat, der Geist der Wahrheit, der sich zum bestimmten Bewußtsein aus sich selbst gebracht hat. Der Verstand weiß weder vom Glauben noch von der Vernunft] Hb: nachweisen kann, daß die Dreieinigkeit aufgeschrieben sei, der Buchstabe tödtet, der Geist macht lebendig, der Geist der Gemeinde ist lebendig; der Geist wird euch in alle Wahrheit einführen,).
14-18 An dieses ...
gehören.] Gr: Es ist aber davon zu sprechen, daß die Zeit erfüllt gewesen, daß Gott seinen Sohn 35
gesandt hat, das heißt, das Bewußtsein der geistigen Welt hat sich zu den Momenten erhoben, die zum Begriff des geistigen Bewußtseins gehören. Hb: Die Zeit ist erfüllt gewesen als Gott seinen Sohn gesandt, es ist nothwendig gewesen, dan Selbstbewußtsein der geistigen Welt hat sich zu den Momenten erhoben, die zum Begriff des Geistes gehören, sie sind Inh alt des weltlichen Bewußtseins geworden.
40
18-380,6 diese Momente ... seien?] Gr; Es sind Momente des weltlichen Bewußt-
seins und es ist Bedürfniß, daß diese Momente vereinigt, in der Wahrheit aufgefaßt werden. Diese Momente sind jetzt die regierenden Kathegorien der Welt und daß sie dies sind, darauf kommt es an. Die Frage ist also welches diese Kathegorien sind. Hb: Die Momente, die im Begriff des Geis¬ tes enthalten sind, sind jetzt, d.h. sie sind das letzte Selbstbeww/frsein, sie sind itzt die regierenden Kategorien der Welt.
154Gr
380
NACHSCHRIFT HOTHO
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einerseits Beumßtse/n des weltlichen Bewußtseins geworden, aber außereinander gerißen durch den Verstand der Welt und anderseits war es Bediirfniß daß dise Momente, die zersplittert waren, vereint in ihrer Wahrheit aufgefaßt wurden, die Momente im Begriffe des Geistes haben wir näher zu betrachten/.] Sie sind jetzt die regierenden Kathegorien der Welt, und daß sie es sind, darauf kommt es
5
an. die Frage ist zunächst: welches dise Kathegorien seien? Sie sind zunächst nur Kathegorien, disjecta membra, VerstandesBestimmnngen, der Inhalt, der erst sei¬ ne Wahrheit hat als in der Einheit zusammengefaßt, die Eine Kathegorie ist das für sich bestimmtsein der Endlichkeit, die Kathegorie des Fürsichseins, des Glau¬ bens, daß die Endlichkeit ein Absolutes sei, und die Andere Kathegorie ist der 155rHo
10
Glaube an die Unendlichkeit des Anundfürsichseins. | Beides in Einem macht das An und für sich seinde. Beide Getrennt haben wir einmal: die Endlichkeit, die absolute Getrenntheit, was wir als die römische Welt sehn, die Innerlichkeit die ein Zweck ist, also keine natürliche, sondern innerliche Endlichkeit, der harte dienst, welcher der Sinnlichkeit angethan wird, einen beschränkten Zweck setzt,
15
der als ein Letztes Gültigkeit erhält. Es ist diß der dienst der das Endliche zu ei¬ nem Innerlichen, Abstracten, letzten macht, die Härte dises dienstes ist in der römischen Welt, aber ohne dieß ist keine Freiheit, ohne Furcht ist keine Inner¬ lichkeit, ohne Empfindung der Negativität des Natürlichen. Erst dnreh den Ge¬ horsam des Natürlichen kann Freiheit werden, der Zweck ist zunächst in der rö-
20
mischen Welt bestimmt und beschränkt und anderseits als absolutes, Letztes festgesetzt,
die
römische
Religion
sahen
wir
als
Religion
der
endlichen
7—8 VerstandesBestimmnngen, der ... zusammengefaßt] Gr: die erst zusammen eine Einheit ge¬ winnen Hb: Verstandesgedanken 155Gr
9-12 für sich ... seinde.] Gr: an und für sich Bestimmtsein,
die Kathegorie des sich auf sich beziehenden Punktes, der ] Glaube der Endlichkeit, die zweite
25
und das entgegengesetzte ist der Glaube der allgemeinen Unendlichkeit, das Allgemeine, das die Gränze für sich selbst hat. vgl. Hb: Glauben an Unendlichkeit ist die eine Kategorie; die andre ist die Vorstellung der allgemeinen Unendlichkeit, wie sie durch den Gedanken ist. Die Einheit von
63rHb
beiden ist die Idee, das Allgemeine, das die Grenze in sich selbst hat, das für sich bestimmtsein | in sich.
12—16 Beide Getrennt ... erhält.] Gr: Das erste Princip ist in der römischen Welt. In dem
30
harten Dienst der Römer ist eine Innerlichkeit die praktisch ist, ein Zweck ist, eine Endlichkeit, die nicht die natürliche ist, sondern eine Innere. Hb: Was das eine Moment betrifft, das Für sich bestimmt sein, so haben wir dieß in der römischen Welt gesehn, eine Innerlichkeit mit praktischem Zweck, eine Endlichkeit, die nicht die natürliche, sinnliche Endlichkeit ist, sondern die innere End¬ lichkeit, der harte Dienst, der das Endliche zunächst zum Zweck erhebt.
16-20 Es ist ... Na-
35
türlichen] Gr: Es ist damit ein Allgemeines gesetzt, das allgemein ist aber nur endlich. Indem es Inneres ist, ist es zum letzten Zweck gemacht. Ohne diesen harten Dienst ist keine Freiheit, wie ohne Furcht keine Liebe. Ohne die Empfindung dieser Negativität ist keine Innerlichkeit, erst durch den Gehorsam vgl. Hb: Ohne Dienst ist da keine Freiheit, ohne Furcht keine Liebe, ohne Empfindung der unmittelbaren Negativität des Seins ist keine Innerlichkeit, erst durch diesen Gehorsam geht die Innerlichkeit auf. 156Gr
20-22 der Zweck ... endlichen] Gr: Dieser bestimmte Zweck
ist als | Absolutes, Letztes gesetzt, die Religion der Römer ist die der Hb: Die Seele der Römer war die Religion der
40
ROM
381
Zweckmäßigkeit, diser Zweck des Endlichen also ist als Absolutes festgesetzt, und vorgestellt als der Zweck des Menschen, durch den er gebunden ist. dise In¬ nerlichkeit ist erst Beginn der Freiheit nicht die Freiheit selbst, das woran der Mensch hier gebunden ist, ist ein abstrnctes, kein Algemeines. dises Seinige aber, 5
das so Pradicat ist, sahen wir auch als subject, die geistliche Persönlichkeit als das Prinzip des positiven, formalen Rechts. In disem Recht bin Ich dieser, diß abstractum, als Eigenthum habend, bin darin als unendlich, diser Punkt, dise End¬ lichkeit sahen wir dann auch als den Schmerz des dises als Gegenstand des Intresses, und aut der Andern Seite wieder das dises als Letztes in der Wilkühr des
10
Imperators, dieß positive, und negative dieses also gilt hier als Letztes, der Gott der Welt also hier ist das dieses geworden, dieß ist die eine Kathegorie. diese Kathegorie ist absolute Grenze, die grundlose Selbstbestimmung, die aber nur bis zum Verstünde gekommen ist, zum Unglück die Grenze, das Beschrankte als das Letzte anzusehn. Es ist diß die einseitige Kathegorie der Idee. | die andere
15
155vHo
Kathegorie ist die unendliche Freiheit, die Allgemeinheit, das Gegentheil der Grenze, dieß ist die andere Seite, von der aufzuzeigen, wie ihr Boden in der Welt war. Es war einmal der Boden des Gedankens als Philosophie des Stoi'cismus,
Epicurismus
und Scepticismus,
Formen
die alle vom socrates ihren
1—16 diser Zweck ... Grenze.] Gr: Der Zweck des Endlichen ist als Absolutes vorgestellt und dies
20
ist als Zwek des Menschen gesetzt, er ist gebunden an denselben. Das Seinige ist so dieser Zweck, dies Seinige ist auch als Subjekt erschienen, als Princip der abstrakten Persönlichkeit, das absolute Recht, hier ist die Kathegorie des Punkts gesetzt, diese unendliche Sprödigkeit. Es ist auch als Schmerz des Dieses gesetzt, aber auf der andern Seite auch so, daß Dieses, die Partikularität des Imperators als das Letzte ist. Dieser Imperator, dieser ist der Gott der Welt. Die andere Cathegorie
25
ist die absolute Grenze, Endlichkeit, dies ist eben so das grundlose Sichselbst | bestimmen, aber so ist
157Gr
sie nur noch auf sinnliche Weise, es ist das Bewußtsein, das zu diesem Verstände oder aber nur zu diesem Unglück der Abstraktion gekommen ist. Es ist noch die einseitige Kathegorie die absolute Schranke, das gerade Gegentheil der unendlichen Grenze. Hb: Die andere Kategorie ist das sich selbst bestimmen, aber so noch auf äußerliche "Weise, das bewußt sein, das zu diesem Verstand gekom¬ 30
men ist, das unendliche Unglück des Verstands, Grenze, die noch nicht versöhnt ist. Die andre Ka¬ tegorie ist die unendliche Abstraktion des Gedankens, absolute schrankenlose Freiheit.
16-17 dieß
ist ... war.] Gr: Dieser Boden der abstrakten Allgemeinheit ist aufzuweisen. Hb: Es ist aufzuzeigen, wie dieser Boden in der Welt vorhanden gewesen ist.
17-382,5 Es war ... für-gültig-halten.]
Gr: Zunächst ist es die Form des Stoicismus, der so wie der Epicureismus und Skepticismus sehr 35
ausgebreitet gewesen ist. Sie sämmtlich sind von der Lehre des Sokrates aus gegangen, und es liegt darin, daß der Mensch nur in sich sey, (lacuna) habe, daß der Mensch gegen alles gleichgültig sei, weil er gar | keine Befriedigung in der Welt habe, daß er daher nichts glaube, nichts für wahr halte. Hb: Dieser Boden kann aufgezeigt werden in der Form der Philosophie, Form des Stoizismus. In diesem sowohl als Epikumm, Skeptizism liegt daß der Mensch in der Wirklichkeit keine Befrie¬
40
digung habe, daß er nur seie einsam in der abstrakten Einsamkeit des Gedankens, daß er sich eine 11 geworden.] geworden,.
12 die,] das
15 Allgemeinheit] Allgehemiht
36 (lacuna)] eine
Lücke von zwei halben Zeilen; am Anfang der ersten von fremder Hand: ärapa^ia, am Anfang der zweiten (vielleicht von nochmals anderer Hand): imperturbabilitas
158Gr
382
NACHSCHRIFT HOTHO '
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Ausgangspunkt, und alle dieß zum Prinzip haben, daß in der Welt der Mensch nicht seine Befriedigung finde, sondern d/se nur erlange in der Einsamkeit mit sich, in der Ataraxia, der Unerschütterlichkeit, die nur bewirkt wird, dwreh die völlige Gleichgültigkeit gegen Alles, dnreh das Nicht-für-wahr, für-recht, fürgültig-halten. diß ist die nächste Form diser Allgemeinheit, die weitere Form ist
5
die, wie sie im Orient ist, und die römische Welt ist die Verbindung der Endlich¬ keit des Abendlandes und der unendlichen Weite des Orients, dieses Andre Mo¬ ment muß aber nicht nur im Gedanken sein, sondern auch in der Weise der Er¬ scheinung. dieß andere Moment der Weite, der Unermeßlichkeit fanden wir in der morgenländischen Anschauung. Aber hier ist es nur ein Praedicat zunächst,
10
kein subject für sich, die begrenzten Gegenstände wären in’s Maaßlose erweitert, und dises ist nicht gewußt als für sich seiend, sondern nur als eine Bestimmung, die bei den Gegenständen gilt, dieß Weite also ist morgenländisch, ist aber in disen Verstellungen nicht für sich als da5 Letzte fixirt, nicht als das Unsinnliche in der Bestimmung des Für sich seins, daß es das Letzte, das Wahre ist. Als dises
15
kommt es nur in der israelitischen Vorstellung vor, als der allgemeine Gott, der für sich ist, nicht der Brama, nicht das Licht der Perser, sondern abgestreift von diser Sinnlichkeit, der Gott Judas ist dieß Eine, das Allgemeine, sodaß nur das Alge¬ meine das Letzte sei. diß ist bloß innerlich, bloß für den Gedanken faßlich, auch 156rHo
ist nicht bei der Bestimmung stehn zu bleiben, daß Gott das Eine | sei: In der 20 Philosophie kann man wohl vom Absoluten als dem Einen sprechen, denn man hat ausdriiklich den Gedanken dabei, daß dieß Eine nicht das Praedicat sondern
Ataraxie, Imperturbabilität erwerbe, daß der Mensch durchaus gleichgültig ist, an nichts sich bin¬ det, nichts für wahr, für gültig hält an und für sich, das schroffe Gegentheil zur römischen Reli¬ gion.
5-7 diß ist ... Orients.] Gr: Die weitere allgemeinere Form ist die welche wir im Orient
25
haben und in diesem Einen, der auch im Orient ist und die römische Welt ist so die Verknüpfung zwischen dieser abstrakten Sprödigkeit des Abendlandes und dieser freien Allgemeinheit des Ori¬ ents. Hb: Aber die allgemeinere Form dazu ist die in der Weite des Orients, und in diesem Einen, dos auch im Orient zu Haus ist.
7-9 dieses Andre ... Erscheinung.] Gr: Es muß dies nicht nur in der
Weise des Gedankens sondern wesentlich auch in der Anschauung vorhanden sein.
9-18 dieß
30
andere ... Sinnlichkeit.] Gr: Dies Moment der Unermeßlichkeit in den morgenländischen An¬ schauungen ist da überhaupt nur Prädikat, nicht Subjekt für sich, die begränzten Anschauungen 159Gr
werden ins Maaßlose erweitert, aber es ist dies | noch nicht für sich als das Letzte fixirt. So daß nur es als das Wahrhafte ist, als das Unsinnliche, so kommt es nur bei dem Israelitischen Volke vor, hier ist es der Gott des Gedankens, er ist das Eine das Allgemeine, und nur in innerlichen Vorstellun¬
35
gen zu fassen. Hb: Im Orient ist dieses Weite nur ein Prädikat, nicht ein Subjekt für sich, ins Maa߬ lose verzerrt/.] In der Weise des reine« Gedankens kommt es nur vor im israelischen Volke, wo das Allgemeine gesetzt ist für sich.
18-383,3 der Gott ... wird.] Gr: Es ist aber auch nicht das Eine,
so wäre es nur Prädikat, aber es ist das Fürsichseiende, das Subjekt. Hier wird die Bestimmung des Gottes, daß er das Eine ist, welthistorisches Princip. 35 innerlichen] innerlicher
37 verzerrt] verzehrt
40
383
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das subject sei, daß der Inhalt in dfser subjectivitdt des Fürsichsez'ns sei. Und dazu nöthig ist die Bestimmung Gottes als des Emen. Hier erst auf dz'sem Punkt ist es, duß dise Religion, dise Bestimmung Gottes als des Emen welthistorisch wird. — dieß nun sind die beiden Prinzipien der Idee: das Eine, und die Anschauung der 5
Sprödigkeit der Einzelheit, der subjectivitöt. diß sind die beiden Kathegorien des Selbstbewußtseins diser Zeit. Vereinzelt sind sie einseitig, abstrczct, verständig. Ihre Wahrheit sind sie als Eines gesetzt, dise Vereinung des Morgenlunds und Abendlands und die Verarbeitung beider Prinzipien ist in der römischen Welt geschehn. der Abend hat sich nach einer tiefem Innerlichkeit, nach der Allgemein-
10
heit gesehnt und im Morgenlunde gefunden, und solche Vereinigung seines Prin¬ zips und des Algemeinen, solche ist es, die auf vielfache Weise sich verbreitet und in trüber Weise sich geltend gemacht hat. diese Vereinung war das Bedürfniß der Zeit, der Geist in einer endlichen Zweckmäßigkeit verloren, hat ein Unendli¬ ches verlangt und im Morgenluud gefunden. So entstanden die Isis dienste und
15
Mithras dienste. So entstand die Vereinung des Concreten des Abendlands und der Weite des Morgenlunds. Besonders war Alexandrien der Mittelpunkt wo bei¬ de Prmzipe wissenschaftlic/z verarbeitet wurden. Jetzt ist das aegyptische Räthsel im Geduuken aufgefaßt und somit gelößt. derselbe Inhalt der Phantasie im Ge¬ danken erhoben, erhält seine Lösung, wo das Widersprechende seine Vereinigung
20
findet, Alexandrien also war der Boden, wo die Vereinigung in mannigfaltigen Formen auftrat. Wir finden da gelehrte Juden, die die morgenländischen Vorstel¬ lungen mit Gedanken Platons verbinden, mit dem logos vereint erkennen. Es ist
7-9 dise Vereinung ... geschehn.] Gr: Die beiden Principien des Morgen- und Abendlandes gehen hier zunächst äusserlich durch Eroberung aber auch durch innere Verarbeitung zusammen. Hb: 25
In der römischen Welt geschah die Vereinigung des Morgen und Abend-Landes und die Vereinigung beider Prinzipien ineinander;
9-12 tiefem Innerlichkeit ... hat] Gr: tiefen Unermeßlichkeit
gesehnt und diese im Morgenlande gefunden, solche Vereinigungen haben sich verbreitet und
160Gr
in trüber Weise geltend gemacht Hb: tiefem Innerlichkeit, nach der Allgemeinheit gesehnt, und diese hat er im MorgenLand gefunden 30
14—16 So entstanden ... Morgenlands.] Gr: Die Isis und
Mithras haben sich um diese Zeit in der ganzen römischen Welt verbreitet. Der Geist in die End¬ lichkeiten des römischen Reichs verbreitet, hat sich nach den Einen in sich und für sich seienden gesehnt. Hb: Die Gottesdienste der Isis und die Mithradienste verbreiteten sich um diese Zeit in der ganzen römischen Welt.
16-17 wo beide Prinzipe] Gr: beider Principe, wo beide vgl. Hb:
Alexandrien ist der Mittelpunkt dieser Kommunikation geworden. 35
17-22 Jetzt ist ... erkennen.]
Gr: Indem das Räthsel im Gedanken aufgefaßt wurde, so war es gelößt. In Alexandrien waren gelehrte Juden die ihre Anschauungen des Gedankens mit den abendländischen Bestimmungen, Gott in seiner Unendlichkeit, in der logischen Reinheit auffassten. Hb: Das ägyptische Räthsel, das wir früher im Stein gesehn haben, hat sich jetzt im Gedanken gelöst. In Alexandrien sehn wir gelehrte Juden, die ihre Vorstellungen vom Unendlichen verbinden mit abendländischen Prinzipien,
40
von Plato entlehnt.
22-384,9 Es ist ... Triebes.] Gr: Höchst interessant ist die Geschichte dieser
Zeit besonders nach der Anregung christlicher | Lehre. In Aegypten und Syrien waren unzählige 7 und so GrHb; Ho: des
10 gesehnt] sich gesehnt
12 Bedürfniß] Bedrüfß
38 das] die
161Gr
384
NACHSCHRIFT HOTHO '
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eine sehr mtressante Seite religiöser und philosophischer Vorstellungen, die Ge156vHo
sch;V//te diser Zeit zu studiren, besonders | nachdem chnsthr/ie Vorstellungen in Asien, Syrien, angeregt waren, ln allen d/sen Secten ist diselbe Tendenz, diselbe Gährwng, die das Wahre trifft, aber wieder mit bizarren Beisätzen versieht. Be¬ sonders zeigt sich diser Trieb in der allegorischen Erklnrnngsweise griechischer
5
Mythologie, die keinen andern Zweck hat, als in dise sinnlichen Vorstel/nngen den Gedanken hineinzuarbeiten, das Bestimmte vom Sinnlichen zu befrein, und das Concrete dwrch ch’se Innerlichkeit und Einheit zu beseelen. Es sind dise man¬ nigfache Erscheinungen alle die darstellnng deßelben Triebes, dise Idee hat aber nicht nur können auf dise unvollständige Weise zwr Erscheinung kommen, son¬
10
dern hat sich in ihrer reinen und vollständigen Gestalt zu offenbaren gehabt, so daß dise Idee selbst so erscheint, daß die Bestimmtheit, die sie enthält, bis auf’s Lezte, bis auf die sinnliche Gegenwart des dieses herausgearbeitet ist. daß Gott als Mensch dem Menschen sich offenbarte, war die Sehnsucht der Welt, daß der Mensch, der sich gefußt hat, angeschaut wurde als Absolutes, der Mensch als
15
Endlicher erhoben wurde als Moment des göttlichen Wesens, der Mensch als
Sekten von ein und demselben Trieb wo ein und dieselbe Sehnsucht ein und dasselbe erlangten, producirten, oft in bewundernswürdigen Erfindungen das Wahre trafen, aber auch wieder durch bizarre Vorstellungen entstellen. Besonders gehören hierher die allegorischen Vorstellungen der griechischen Mythologie, die hier begannen und keinen andern Zweck hatten als in dies Sinnli¬
20
che den Gedanken hineinzu arbeiten. Hb: In allen den verschiedenen sowohl heidnischen als schon christlichen Sekten ist dieselbe Gährung; vornämlich ist dieser Trieb zu erkennen in der allgemeinen Erklärungsweise der griechi.sc/ien Mytho/ogie. Diese zum Theil trüben, grotesken Erscheinungen haben Eine Idee zum Grunde.
9—13 hat aber ... ist] Gr; aber hat nicht nur auf diese unvoll¬
ständige Weise zur Erscheinung kommen können, sondern sich rein und vollständig dar stellen
25
müssen, so daß diese Idee angeschaut ist, auf eine Weise daß diese Bestimmtheit bis auf das Letzte, 162Gr
auf die Gegenwart | vollendet ist Hb: hat nicht nur auf diese untrübe [sic] Weise erscheinen, son¬ dern sich auch in ihrer reinen und vollständigen Gestalt offenbaren müssen
13—385,11 daß Gott
... sei.] Gr: Gott hat sich also als Mensch in menschlicher Gestalt offenbaren müssen. Danach hat die Welt sich gesehnt daß der Mensch sich nur einer Seits als Zweck gefaßt und seine Unendlich¬
30
keit in sich gewußt hat, daß er als Moment des göttlichen Wesens gefaßt werde und anderer Seits umgekehrt Gott aus seiner abstrakten Ferne zur Anschauung des Menschen komme. Dies ist die Versöhnung mit Gott, der so als Einheit der menschlichen und göttlichen Natur vorgestellt ist. / Der Mensch wie er nach der Natur ist, ist nicht in dieser Einheit, nicht von Natur ist er gut son¬ dern seine blosse Natürlichkeit ist die Ungeistigkeit und erst durch das Wegarbeiten derselben, 163Gr
35
welches für ihn aber nicht da sein soll, kommt er zur | Versicherung dieser Einheit, zum Glauben denn hierin in diesem mystischen Wesen, in dieser Einheit mit Gott ist ihm wohl. Hb: Gott hat sich als Mensch in menschlicher Gestalt offenbaren müssen, dieß ist es, wonach die Welt sich gesehnt hat, worin sie ihre Befriedigung hat finden müssen. Gottes Natur ist so vorgestellt als die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur. Der endliche Geist nicht wie er nach der Natur ist, ist in dieser Einheit; der Mensch ist nicht von Natur gut, seine bloße Natürlichkeit ist die Ungeistigkeit;
63vHb
und erst durch | die Negation seines natürlichen Seins, welches für ihn ein solches ist das nicht sein soll, kommt er zur Versicherung dieser Einheit, zum Glauben. Der Glaube hat die Versicherung, daß der göttliche Geist in ihm wohne;
40
385
ROM
Gott, und umgekehrt Gott als Mensch zur Erscheinung komme, dise Anschau¬ ung ist es, die die Versöhnung des Menschen mit Gott und Gottes mit dem Men¬ schen ausmacht, die wesentlichen Bestimmungen hiebei sind, daß der endliche Geist nicht wie er natürlich fleischlicher Weise ist, in diser Einheit mit dem gött¬ 5
lichen Wesen sich findet, oder daß der Mensch in seiner bloßen Natürlichkeit nicht gut, sondern ungeistig ist, und erst durch das Absagen vom natürlichen Sem, also erst durch die Negation dises Natürlichen welches für ihn ein nicht seinsollendes sein soll, also ein Böses und kein Gutes, daß der Mensch erst hiedurch zur Gewißheit der Einheit mit Gott, zum Glauben kommt, der Glaube ist dise
10
Gewißheit, daß der göttliche Geist in ihm wohne, daß er in mystischer Einheit mit dem Göttlichen sei. Erst durch die Abarbeitung des Natürlichen kann diser Glaube kommen. | Bleibt aber der Mensch dabei, daß er wie er gehe und stehe,
157rHo
gut sei, so liegt dann die Verdamniß. der Mensch also hat dise natürliche Weise aufzuheben um zum Glauben zu kommen, die Anschauung diser Einheit hat 15
auch müßen in natürlicher Erscheinung vorhanden sein, das unmittelbare Sein also, das dises gehörte mit zur Vollendung diser Versöhnung, die Einheit hat aber so nur einmal erscheinen können. Gott ist an sich nur Einer, und also seine Er¬ scheinung muß auch das Praedicat des Emen haben, die Mehrheit ausschließend, die Vielen der Menschen sind, wie sie nicht sein sollen, sind das Ungöttliche, diese
20
Erscheinung des Emen trat im jüdischen Volk hervor, denn dises betete Gott als den Emen an, unvermischt und unsinnlich, dise Religion ist still und verborgen geblieben, bis sie welthistorisch wurde, bis der Geist die Stationen durchlaufen hatte, die dises Moment bedingt und dem andern Moment, der absoluten Grenze, begegnete, das als sein Extrem das Grenzenlose Einfache fordert, durch welche
25
Fordrung diß andre Moment welthistorisch hervortrat,
das Allgemeine kann
11-12 Abarbeitung des ... kommen.] Gr: Befreiung von seiner Natürlichkeit kommt er in die Einheit mit Gott Hb: Befreiung seines natürlichen Bewußtseins kann diese Mittheilung an ihn kommen
14-17 die Anschauung ... können.] Gr: Diese Anschauung der Einheit mußte auch
in natürlicher Weise vorhanden sein, in der Weise des unmittelbaren Seyns, der Gränze, die 30
ein Dieses ist, aber so hat sie nur einmal in einem einzigen Individuum erscheinen können. Hb: Die Anschauung der göttlichen und menschlichen Natur in ihrer Einheit hat auch in unmittel¬ barer Weise vorhanden sein müssen, aber so hat sie nur einmal erscheinen können, nur in Einem Individuum.
17-18 an sich ... ausschließend] GrHb: (Hb: an sich) nur Einer, und seine Erschei¬
nung ("muß also schlechthin mit dem Prädikat des Einen bezeichnet sein und so ist sie ausschließend 35
alle Mehrheit] Hb: kann auch nur Eine sein)
20-21 des Emen ... unsinnlich] GrHb: ist (Hb:
alsoj im jüdischen Volke hervorgetreten (Gr: , dies Volk hat Gott als den Einen angesehen aber zugleich ist diese Unvermischtheit der Sinnlichkeit | diesem Volke eigentümlich,)
21-25 und
verborgen ... hervortrat] GrHb: geblieben, bis (zugleich das begegnende Moment der absoluten Grenze dies Prinzip als das Extrem gefordert hat] Hb: diese Anschauung hat welthistorisch werden 40
können, bis der Geist die Nationen durchlaufen hat, welche das Moment bedingen,)
25-386,4 das
Allgemeine ... sein.] Gr: Das Eine kann auf doppelte Weise in dem Bewußtsein aufgehen, ein Mal unbewußt wie bei den Kindern, denen man sagt: Gott ist Einer, weil dies so leicht zu tassen, es ist
164Gr
NACHSCHRIFT HOTHO '
386
1822/23
doppelt ins Bewußtsein kommen, auf unmittelbare Weise, wie den Kindern bei uns, oder so, daß das Eine ein Gesondertes ist, ein Resultat der Mannigfaltigkeit, die in sich unglücklich die Sehnsucht nach dem Emen ist. Auf dise gedoppelte Weise müßte dise Bestimmung des Einen sein. Als welthistorisch tritt sie als Re¬ sultat, als Fordrtmg der Grenze auf, der es zu eng wird und die in’s Unermeßli¬
5
che, oder in ihr abstract Inneres flieht, die Weise des unmittelbaren Aufsteigens ist es, die im jüdischen Volk vorhanden war. Und so ist es dise alte Religion gewe¬ sen, die mit Abraham ihren Anfang nahm, der zu dem Brahma zu dem Einfa¬ chen, dem Einen kam. Er kam zu diser Vorstel/wüg des Einen mit Wegschneiden alles Irdischen. Weil aber die Erhebung unmittelbar ist, ist sie selbst beschränkt 157vHo
10
und begrenzt, die Erhebung ist nur | wahrhaft unbeschränkt, wenn alle Be¬ schränkungen ausdrücklich negirt sind. Bei den Kindern ist die Vorstel/ung Got¬ tes als des Einen selbst beschränkt, dise Beschränktheit der Unmittelbarkeit sehn wir in der jüdischen Religion auch, wo sie dise ist, daß der Eine nicht concret in sich ist, so daß der Inhalt, das Bestimmte, außer disern Einen fällt, und so ein
15
Verhältniß ist, daß der Eine äußerlich auf den Menschen als das Bestimmte bezo¬ gen ist, der den Geist also in seiner Beschränkung ausmacht, der allgemeine Be¬ griff also des Geistes ist es nicht, mit dem es der Eine zu thun hat, sondern Gott hat es nur mit dem Einzelnen, Beschränkten, End/ichen zu thun; Gott hat es
dies abstrakt; das andere Mal wird es gefordert von der Sehnsucht nach dem Einen, wo die man¬
20
nigfaltige Endlichkeit vorhanden ist, so tritt es auf als Negation aller Begrenztheit. Hb: Dieses Eine kann auf doppelte Weise im Bewußtsein aufgehn, 1. auf unmittelbare Weise, man sagt, schon den Kindern Gott ist Ein Gott. 2. Daß dieses Eine ein Resultat ist von der Mannigfaltigkeit, die in sich unglüklich gewesen ist. Das 1" ist unmittelbar, das andre geht hervor als Gefordertes, als Resultat.
4—10 Als welthistorisch ... Irdischen.] Gr: So als Resultat ist es in der Weltgeschich¬
25
te erschienen, aber auch die Weise seines unmittelbaren Hervorgehens, Aufsteigen im Geiste, ist 165Gr
im jüdischen Volke vorhanden gewesen, und so ist es die Religion Abrahams | gewesen (Brarna); wie er zu dieser Religion gekommen ist mit Wegschneidung alles Fremdartigen, wissen wir geschichtlich nicht. Hb: Die Geschichte tritt damit als Resultat, als Gefordertes auf. Die Wei¬ se seines unmittelbare« Vorhandenseins war früher im jüdischen Volk;
11-13 und begrenzt ...
30
beschrankt.] Gr; , denn die Erhebung zu dem Einen ist dann nur unbeschränkt, wenn sie alle Endlichkeiten negirt hat. vgl. Hb: die Erhebung zum Eine« ist nur unbeschränkt, wenn es den Weg durchgemacht hat, vorher ist die Vorstellung des Eine« nur ein beschränktes, wie bei den Kindern.
13-19 der Unmittelbarkeit ... thun;] Gr; ist in der jüdischen Religion unmittelbar
diese, daß das Eine keinen Inhalt hat und das Konkrete, Bestimmte, ausser diesem Einen fällt,
35
und dies zeigt sich dann, daß dies Eine äusserlich auf den Menschen bezogen ist. Der Geist wird dann nur als dies Bestimmte aufgefaßt auf den das Eine bezogen wird.
19—387,3 Gott hat ...
Sündenfalls.] Gr: So ist Gott nur auf diese Menschen bezogen, und so ist er nur der Gott des 166Cr
jüdischen Volks. Es ist darin | aber auch die Vorstellung der allgemeinen menschlichen Natur 20 Einen so Ho
36 den] dem
40
ROM
387
nur mit dem jüdischen Volk zu thun. In chser Religion aber ist ebenfalls die Vor¬ stellung der algemeinen Natur des Menschen erhalten in der Geschichte der Er¬ schaffung des Menschen und des Sündenfalls, daß der Mensch ist zum Ebenbild Gottes geschaffen, und durch die Sünde zur Erkenntniß ist des Guten und Bösen 5
gekommen nach Verscherzung des Paradises, als des natürlichen Glücks, der Mensch also ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, und in der Erkenntniß des Guten und Bösen ist der Mensch Gott gleich geworden, dieß ist der Schlange in den Mund gelegt, aber Gott hat es bestätigt; sagt: Adam ist geworden wie un¬ ser Einer. In diser Geschichte ist also der höhere Begriff der menschlichen Natur
10
vor^estellt, ist eine Ansicht, die höherer Ordnung ist, die den Menschen betrach¬ tet wie er nicht in seiner Natürlichkeit, sondern seinem Begriff nach ist, in seiner Ebenbildlichkeit mit Gott, soduß die Natur des Menschen an sich mit der Gottes vereint ist. dise Vorstellungen finden wir weder in orientalischen Vorstellungen, noch in griechischen Mythen. Es sind Vorstellungen, doch kein Extravagantes
15
Orientalisches, dise Erzählung steht aber nur einzeln in der jüdischen Anschau¬ ung als Mythe
obenan,
und nirgend im alten Testament findet sich ein
aufbewahrt worden, in der Geschichte der Erschaffung und des Sündenfalls des Menschen. Hb: Im israelischen Volk hat es Gott nur mit diesem Volk zu thun, die Vorstellung der allgemeinen menschlichen Natur ist zwar in diesem Volk aufbewahrt worden, die Vorstellung des Begriffs des 20
Menschen ist erha/ten in der Geschichte der Schöpfung der Welt und des Sündenfalls;
3-9 ist
zum ... Einer.] Gr: nach der Erkenntniß, sein natürliches Glück, das Paradies verscherzt hat, sagt dies doppelte, daß der Mensch zum Bewußtsein des Guten und Bösen gekommen, darin liegt einer Seits die Sünde, anderer Seits aber ist er Gott gleich geworden. Zu gleicher Zeit aber sagt nicht blos die Schlange, sondern Gott selbst „Solcher ist worden wie unser einer.“
25
Hb: zur Erkenntniß des Guten und Bösen gekommen ist, daß er sein Glück verscherzt hat, das ist aber eben sein natürliches Glück, sein Böses, der Mensch soll nicht im Paradiese, nicht un¬ schuldig sein. Der Mensch ist zum Ebenbild Gottes geschaffen; er ist zur Erkenntniß des Guten und Bösen gekommen, das ist einerseits Sünde, anderseits aber ist er geworden wie Gott, nicht blos die Schlange sagt das, sondern Gott sagt: Adam ist worden wie unser einer.
30
diser ... ist.]
9—13 In
Gr: Dies wird in Christus erst wahr. Hb: Das erklären die Theologen vom
2"n Adam, von Christus.
In Christus ist dieß eben zur wahren Erscheinung gekommen.
13-15 dise Vorstellungen ... Orientalisches.] GrHb: solche Vorstellungen und Gedanken finden (sich nicht in andern orientalischen noch in griechischen Erzählungen. Sie sind die Vernunft in der Form der Vorstellung] Hb: wir nicht in andern Mythen und Erzählungen. Diese Vorstel-
35
lungen gehören dem Begriff anf
15—388,2 dise Erzählung ... Begriffs.] Gr: In der jüdischen
Religion bleibt dies ganz folgenlos, nirgend im alten Testament findet sich eine Anspielung auf diese Geschichte, nirgend ein Insichgehen in das Wesen der Menschen. Hb: Die jüdische Volksvorstellung spricht immer vom Gott Ahrahams Isaaks und Jakoiw: Gott ist Belohner der Guten und Bösen, Schöpfer der Welt &c., aber nirgends sonst im Alten Testament zeigt sich eine 40
Anspielung auf diesen Sündenfall, es kommt nirgends ein Insichgehn der menschlichen Natur in sich selbst. 38 vom] von
167Gr
388
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Rückblick auf di'sen Begriff des Menschen, nirgend also ist eine Erinnrwng dises 158rHo
Begriffs. | Erst jetzt in discm harten dienst des Fatums kommt es zu Stande, daß das den Griechen aufgegebene: „Mensch erkenne dich selbst!“ nicht bloß bis zur Schönheit fortgeht, sondern sich vollendet, zum allgemeinen Bewußtsein durch die Vorstellung kommt, daß Gott Mensch geworden sei, und so die Versöhnung,
5
die Befreiung zu Stande gekommen ist. Wenn wir nun gesehn, was dnrrh die christliche Religion in das Bewußtsein des Menschen gekommen ist, so ist es die ohjective Natur Gottes, was in Anklängen der griechischen Philosophie auch erschienen ist, aber nur in ganz abstracter Form. In diser Idee, diser Wahrheit findet der Mensch 2tens sich selbst; die göttliche Na¬
10
tur ist die Güte, der Geist, dise Natur findet er als die Seinige, und hat dise Natur in näherer Anschauung im Sohn. Also als Moment des göttlichen Wesens findet der Mensch sich als dieses in Gott. Wie so die göttliche Idee in sich diß Her¬ über zum Menschen hat, weiß der Mensch sich als Unendlichkeit in sich selbst, weiß sich als in der Bestimmung zu sein der Ewigkeit in ihm selbst. Seine wahr¬
15
hafte Existenz hat er so in einer unendlichen Innerlichkeit im Gegensatz seines natürlichen daseins und Wollens, und dise seine Bürgerschaft in der Ewigkeit ge¬ winnt er nur durch seine Arbeit das Natürliche zu brechen, diser Brnch ist der Schmerz der Natur; das Böse tritt hier als ein Verlauf des göttlichen Wesens selbst auf, während es früher ein Unbegreifliches, bloß Seiendes war. das Unglück heißt
20
jetzt das Unglückselige, das Negative ist nur einerseits negativ, im Begriff die Umkehrung seiner selbst,
und als sich selbst vernichtend das Affirmative,
2—6 Erst jetzt ... ist.] Gr: Erst jetzt erhält dies Bedeutung, daß der Mensch sich selbst betrachtet und das
vor)Tov — nicht mehr dies erste Erkennen ist, sondern sich vollendet, und die allgemei¬
ne Natur des Geistes erfaßt wird. Das ist die Befreiung die in der christlichen Religion gegeben
25
ist. Hb: Jetzt erst konnte dieses alte Poem verstanden werden. Was den Griechen aufgegeben war: „Mensch erkenne dich selbst“, ist jetzt nur das 1“ Erkennen, sondern es vollendet sich und die all¬ gemeine Natur des Geistes wird erfaßt, es kommt zur allgemeinen Anschauung, daß die menschli¬ che Natur angeschaut wird in der Einheit des Göttlichen; das ist die Versöhnung der christlichen Ke\igion[.]
7-9 Wenn wir ... Form.] Gr: Die objektive Idee Gottes kam zum Bewußtsein, Gott
30
ward nach seiner Wahrheit offenbar, abstrakte Anklänge der griechischen Philosophie offenbarten sich jetzt dem Menschen in konkreter Vorstellung. 168Gr
10-12 Idee, diser ... Anschauung] Gr; Wahr-
heit findet der Mensch sich selbst, sein wahrhaftes Wesen | in der göttlichen Bestimmung und zwar
12-19 Also als ... Schmerz] Gr; In so fern der Mensch sich als endlich weiß, weiß er sich
doch als Selbstzwek, daß er Bestimmung zur Ewigkeit hat, und zwar nicht zur zukünftigen son¬ dern zur gegenwärtigen, und diese Bestimmung erhält er durch den Bruch mit
35
19-389,4 Böse
tritt ... handelt.] Gr: Uebel, das Böse, was früher nur ist und darum nicht begriffen werden kann ist jetzt in Bewegung und darum ist das Unglück begreiflich, es ist das Unglückseelige, die Seeligkeit des Unglücks. Dies ist die Umkehrung des Bösen, des Negativen in das Positive, so ist der Mensch nicht gut von Natur sondern durch sich selbst durch die Umkehrung aus dem Bösen. 24
VOTJTOv] VOTOV.
40
ROM
389
Positive, dise Umkehrung zum Positiven ist nicht das Natürliche, nicht das Gutsein des Menschen von Natur, sondern das aus der Negativität sich Erzeugende, der Geist, ein Innerer, der sich selbst Selbstbewußte, der sich herausarbeitet, und nur von da aus handelt, dieß sind die Bestimmungen des religiösen Bewußtseins, 5
dises höchste Bewußtsein des Menschen geht dann weiter zu weltlichen Folgen fort, bestimmt sich im Verhältniß zur Existenz. Hier fangen wir also vom Gedanken an, zur Existenz | fortgehend, die erste Folge in Ansehung der Wirk¬
158vHo
lichkeit ist daß die Sclaverei im Christenthum verbannt ist, denn der Mensch als Christ ist an sich als ein absolut Gültiges gesetzt, ist in der göttlichen Natur aufge¬ 10
nommen. Indem der Mensch als in Gott angeschaut wird, ist alle Particularita't verschwunden, er gilt nicht als Grieche, als Römer, als Bramin, sondern hat un¬ endlichen Werth in sich als Mensch, ist zur Freiheit an und für sich bestimmt, das Christenthum in so fern es wirklich ist, kann keine Sclaverei haben. Man muß aber nicht äußerlich Geschichtliches aufnehmen wollen, wie daß die Sclaverei
15
nicht durch Concilien ect abgeschafft sei; die Abschaffung ist weltlich, die wahr¬ hafte Wahrheit aber das Christenthum, denn die äußerliche Weise der Erschei¬ nung ist nicht das Wahrhafte, die 2te Folge ist, daß die Formen der Sittlichkeit verändert wurden, die schöne Sittlichkeit der Griechen kann im Christenthum nicht vorhanden sein; das Sittliche muß zwar auch Sitte und Gewohnheit werden,
20
aber hervorgegangen aus dem Innern, denn die subjectivitat ist jetzt frei gewor¬ den und berechtigt, so wie auch die Particularita't. die wahrhafte Weise der
4-7 sind die ... fortgehend.] Gr: höchste Bewußtsein geht nun zu weltlichen Folgen über und bestimmt | sich auf andere Weise.
7—12 in Ansehung ... bestimmt.] Gr: in Ansehung der Wirk¬
169Cr
lichkeit ist die Verbannung der Sclaverei. Der Mensch ist nach dem was er an sich ist betrachtet, 25
damit wird er in Gott angeschaut, auf ganz allgemeine Weise, und alle Partikularität fällt weg, er gilt nicht als Grieche, Jude, als Wohl- oder Schlecht-geboren, sondern als Mensch. Hb: von dem
64rHb
Eintritt des Christenthnms, ist daß die Sklaverei in demselben verbannt ist, der Mensch wird auf absolute 'Weise, als allgemeines Wesen angeschaut, er gilt nicht mehr als Athenienser, Jude, Bram, sondern als solcher, als so oder so, wohl- oder übel-geboren. 30
12-17 das Christenthnm ... Wahr¬
hafte.] Gr: Wo Christenthum wirklich ist kann Sclaverei nicht statt finden und es ist daher weder eine Instanz daß noch jetzt Sclaverei ist, so wenig als die äussere Weise wie sie aufgehört hat, sie ist nicht etwa durch Kaiser aufgehoben sondern der Geist hat sie aufgehoben. Hb: Das Christenthnm, insofern es wirklich ist, kann es die Sklaverei nicht dulden. Wenn man sagt, daß noch in einigen Landern Sklaven seien, so ist das dasselbe als man sagen wollte, daß auch noch Mord und Dieb¬
35
stahl in christlichen Ländern vorkomme. Ebenso braucht man nicht äußerliche historische Gründe, Konzilien, Dokumente &c. dafür aufzusuchen.
17-18 Formen der ... wurden] GrHb: Form
der Sittlichkeit (ist ferner dadurch verändert] Hb: überhaupt durch das Christenthnm verändert istj
18—390,1 der Griechen ... geistige.] Gr: ist nicht mehr vorhanden, was jetzt sittlich ist | kann
auch Sitte, Gewohnheit sein, in so fern es aus dem Inneren kommt, das Subjekt ist aber durchaus 40
berechtigt. Subjektivität in einer Weise ist Partikularität, Willkühr, die andere Weise ist wahrhafte innere Subjektivität. Hb: kann im Christenthnm nicht vorhanden sein, das nunmehr Sittliche muß auch Sitte und Gewohnheit werden aber nur insofern es auf dem Innern beruht. Dieses Freiwerden der Subjektivität ist jetzt berechtigt.
170Gr
390
NACHSCHRIFT HOTHO ' 1822/23
subject/vität ist die Innere, geistige. Aber mit dem Chn’stenthwm wird auch die Particulanta't frei, die früher nur als Verderben erschien, die Particulanta't selbst hat aber im Innerlichen wieder ihren Zaum; das Äußerliche Beiwesen des Han¬ delns jedoch verliert seinen Werth, die Würde des äußerlichen daseins als bloß äußerliche wird unbedeutend, und erhält die Form des bloß Äußerlichen. Es ge¬
5
hört dann hieher, daß alles durch den freien Willen vermittelt ist, theils dnrch das Gemüth überhaupt, theils dnrch den particulären Willen, die Particularität im beschränkten Zweck soll für sich gelten, und die wahrhafte Innerlichkeit fodert noch höher ihr Recht, drittens entstehn jetzt dadurch 2 Welten, eine über¬ sinnliche, geistige durch die Wahrhaftigkeit der subjectivität, die als dem subjech-
10
ven Bewußtsein angehörend zugleich zeitlich ist, ein dasein hat, in’s dasein tritt, 159rHo
sich geltend macht als Kirche, | und auf der andern die Weltlichkeit als solche. damit sind zweierlei Staaten; der Eine, der im Zeitlichen ewige, der andre der in ihm weltliche Zwecke hat. Eine 4te Folge ist die Frage, welches jetzt die Idee des Staates der Weltlichkeit sei, d. h. welche Verfassung sein Zweck ist. dise Verfas¬
15
sung kann kein orientalischer Despotismus sein. Sittlichkeit und Recht können nicht als äußerlicher Befehl vorhanden sein, ebensowenig wie die orientalische Naturgebundenheit, denn der Mensch ist in sich frei, und diese Freiheit ist zu er¬ halten und zu erarbeiten. Eben so wenig kann eine griechische Democratie, die
1—5 Aber mit ... Äußerlichen.] Gr; Es wird zwar dadurch die Zufälligkeit lose, aber die Subjek¬
20
tivität hat doch darum ihren inneren Zaum. Alles Aeußerliche erhält seine Bedeutung durch den Geist, aber als ein Aeußerliches und braucht nicht der einfache plastische Ausdruck des Inneren zu sein. Hb: Es wird damit die Aeußerlichkeit der Verhältniße gleichgültig gegen die unabhängige In¬ nerlichkeit, alles Aeußerliche erhält seine Bedeutung durch den Geist oder das Gemüth, aber als ein Aeußerliches.
6—7 theils dnrch ... Willen] Gr; eben so gut durch den Vortheil als durch allgemei¬
ne Interessen
7-9 Particularität im ... Recht] GrHb: Individualität soll nicht (mehr aufgeopfert
25
werden, aber es ist auch die geistige höhere Innerlichkeit vorhanden] Hb: eine aufgeopferte sein, für sich geltend, sowohl als besonderes Individuum, als auch nach ihrer Innerlichkeit] 171Gr
10-12 gei-
stige durch ... solche.] Gr: die aber zu gleich auch, weil sie dem subjektiven Bewußtsein angehört, auf Erden steht, sich an das Dasein bindet, die Kirche, und anderer Seits die weltliche Erde, der
30
Staat, der zunächst auf das Regiment der Endlichkeit herunter gesetzt ist. Hb: die weil sie dem subjektiven Bewußtsein angehört auch zeitlich ist und auf Erden steht, eine Kirche; und auf der andern Seite die Erde, die Weltlichkeit als solche, der Staat, der zu einem Regiment im Endlichen heruntergesetzt; 2
13 damit sind zweierlei] Gr: So sind also zwei Hb: es sind dadurch gleichsam
14-15 Eine 4te... ist.] Gr: Die Verfassung des weltlichen Staats ist zu betrachten. Hb: Es frägt
sich welche Verfassung dieser Staat haben könne und welches seine Idee sei?
35
16-18 Sittlichkeit
und ... Naturgebundenheit.] Gr; Als äusseres Gesetz kann das, wodurch Sitte ist nicht vorhanden sein, auch nicht als Naturnothwendigkeit.
18-19 denn der ... erarbeiten.] GrHb: Der Mensch ist
frei in sich selbst (und kann nicht auf die Weise äusserlichen Befehls herunter gezogen] Hb: , diese 172Cr
Freiheit muß ihm erhalten] werden.
19-391,3 kann eine ... sich.] Gr; ist es die | unbefangene
Einheit der sittlichen Freiheit griechischer Demokratie, so daß mein Wille unmittelbar identisch ist mit dem Willen des Staats, sondern mein subjektiver Wille ist in innerlicher Eigenthümlichkeit für 13 im] in
14 ihm] ihr
40
391
ROM
unbefangene Einheit der Sittlichkeit vorhanden sein, daß meine subjectivi’tät ver¬ eint ist mit der Objectivität des’ Staats. Vielmehr ist jetzt mein subjectiver Wille in innerlicher Eigenthnmhchkeit tiir sich. Ebensowenig kann römische Aristocratie, Gebundensein an den dienst für einen endlichen Zweck vorhanden sein, die in¬ 5
nerliche Einheit hat jetzt einen unendlichen Zweck, das weltliche Regiment also hat in so lern seinen Platz im Äußerlichen, abgesondert von der Kirche, und kann in seinen Bereich die Moralität und die Sittlichkeit, und Familienverhältniße nicht mehr ziehn, nicht mehr aulopfern und unterdrücken, wie in der römischen Welt, der Gehorsam an der weltlichen Herrschaft muß jetzt vermittelt sein, dadurch,
10
daß das Privatmtresse des Individuums, der particuläre, innerliche Wille wie der höhere, geistige seinen Vortheil, seine Belriedignng in der weltlichen Herrschaft haben, das Recht und der Staat also muß an sich in seinem Zwecke gerecht sein, unabhängig vom Privatmtresse und der particw/ä'ren Meinung. Er läßt sich zum Mittel machen der Particularität, aber eben darum muß der Staat für sich stark
15
sein, aushalten können diß Aneignen des Privatintresses an ihn, aber so daß zu¬ gleich die Privatintressen in ihm sich befriedigen, der Staat also muß ein System sein, das nicht directe des Moralischen bedarf; eine sich selbstgenügende feste Natur sein, wie die äußerliche Natur dem Selbstbemnßtsein gegenüber, die, wenn das Gemüth sie auch nicht versteht, doch für sich bleibt und das subject sich un¬
20
terwirft/. ] | Indem so der Staat sich als dises Feste ausbildet muß er an sich ver-
159vHo
nunftig sein, wenn er auch von den Privatinfreßen nicht erkannt wird, die Ver¬ nünftigkeit, der Begriff also muß im Staat jetzt realisirt sein. - Aus disen sich. Hb: kann griechische Demokratie vorhanden sein, diese unbefangene Einheit einer sittlichen Freiheit, der partikulären Subjektivität, diese Einheit des subjektiven Willens mit dem geselligen Wil¬ 25
len hat hier keinen Platz mehr, sondern mein subjektiver Wille ist in innerlicher Eigentümlichkeit für sich selbst.
3—4
kann römische
...
sein] Gr: ist solcher Dienst unter dem beschränkten endli¬
chen Zweck römischer Aristokratie Hb: kann römische Aristokratie herrschen, nicht diese Gebun¬ denheit in endlichen Zwecken
6—8
Äußerlichen, abgesondert ... Welt] GrHb: äusserlichen und
kann (Gr: in seinen Bereich nicht mehr,) das Moralische (Zehen, so wenig als das sittliche und das 30
Familien Verhältniß] Hb: nicht mehr seinem Befehl unterwerfen, noch viel weniger dasselbe auf¬ opfern und unterdrücken)
9—12
an der ... haben] GrHb: für weltliche Ordnung muß (Gr: aber
auch,) vermittelt sein mit (dem individuellen subjektiven Zweck, das privat Interesse muß] Hb: den subjektiven Zwecken, mit dem Vortheil der Individualität, so daß das Privatintresse eben so) seine Befriedigung ('erhalten] Hb: findet, als der höhere absolute geistige Wille,) 35
12-17
seinem Zwecke
... bedarf;] Gr: seinen Zwecken gerecht sein, unabhängig von Privatinteressen und partikularer Meinung, der Staat muß für sich stark, eine Welt äusserer wirklicher Nothwendigkeit sein, ein System das nicht unmittelbar der Sittlichkeit der Religiosität direkt bedarf. Hb: einem Zwecke gerecht sein, unabhängig von Privatintresse und partikulärer Meinung. Der Staat muß an sich ge¬ recht sein, so daß die Vernünftigkeit, der Begriff sich darin befriedigen kann.
40
18-20
sein, wie
... unterwirft] Gr: , die dem Selbstbewußtsein gegenübersteht, das Subjekt muß sich derselben unterwerfen als einer Macht über sich
20-22
Indem so ... sein.] Gr: So muß der Staat an sich
vernünftig sein wenn er auch von der subjektiven Meinung nicht anerkannt würde, er muß an sich gerecht sein, auch mehr oder weniger mit Einsicht, so daß der Begriff sich darin befriedigen kann.
173Gr
392
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
wesentlichen Momenten folgt, daß im Staat als d/ser in sich und für sich nothwendigen Welt, alle Momente der Idee in ihrer Selbstständigkeit heraustreten und vollständig entwickelt sind. Und dises Ganze der Organisation ist die Monarchie neuerer Zeit. In diser sind alle Bestimmungen der Idee so heraus gearbeitet, daß jedes Moment eine selbstständige Gewalt und zugleich ein Organ des ganzen Or¬
5
ganismus ist. die Andere Bemerkung betrifft die Art und Weise der histomc/ien Entstehung eines solchen Staats, dise ist nothwendig romantisch d. h. sie ge¬ schieht so, daß das, was für disen Zweck geschiht, gleichsam bewußtlos ge¬ schieht, sich als ein Zufäl/iges zu machen scheint, denn es ist die Gestalt äußerhche Nothwendigkeit, die diese Entstehung annimmt. Keiner der neuern Staaten
10
hat die Ehre gehabt sich eine Verfassung zu machen wie sie in alten Staaten durch Solon, Lycurg gemacht ist. Sondern alles scheint sich zufällig gemacht zu haben. Besondere Intreßen, Leidenschaften von Ständen, Städten bringen die Bestimmungen herbei, Anmaßungen der Theile gegeneinander, das Ganze, was so entsteht, der Zweck, den der Geist hat, setzt sich aus solchen einzelnen theils
15
gütlichen, theils gewaltigen Erwerbungen, zusammen. — dieß also sind die
174Cr
1-3
im Staat ... die] Gr: , indem der Staat sich als diese Natur entwickelt, alle Momente der
Idee selbst entwickelt und herausgeboren sind. Dies ist das Princip der Hb: der Staat als diese Natur alle seine Momente selber entwickelt, dieß ist die
4—6
In diser ... ist.] GrHb: Die Idee
dessen, (wodurch sich die Freiheit verwirklicht, ist in der neuern Monarchie in der Weise ei¬
20
ner Natur vorhanden, und jedes Moment ist als selbstständige Gewalt gesetzt, die zugleich Or¬ gan des ganzen Organismus ist] Hb: was an und für sich ist, ist in der monarchischen Verfassung 64vHb
vorhanden in | der Weise einer Natur, sodaß diese Idee als eine selbstständige Gewalt gesetzt ist, als Organ des Gemeinsamen).
6—10
Andere Bemerkung ... annimmt.] GrHb: historische Ent¬
stehung (eines solchen] Hb: des) Staats ist nothwendig romantisch d. h. (Hb: sie geschieht, so daß)
25
das was für diesen Zweck geschieht, (geschieht bewußtlos, scheint sich zu machen als etwas zu¬ fälliges, denn es ist eben die Geistigkeit äusserliche Nothwendigkeit] Hb: gleichsam bewußtlos geschieht). 175Gr
10-13
Keiner der ... haben.] Gr: Kein Staat ist in neuerer Zeit so zu seinen Gesetzen
gekommen, wie Athen oder Rom, sondern | alles ist zufällig entstanden, es hat sich dies Bedürfniß gezeigt und ist durch dies oder jenes Gesetz befriedigt worden. Hb: Es hat keiner der neueren
30
Staaten die Ehre gehabt, so sich die Verfassung zu geben wie die alten durch Lycurg, aus einem Stücke, sondern es hat hier alles die Gestalt des Zufalls erhalten.
13—16
Besondere Intreßen ...
zusammen ] Gr: Die Leidenschaften und Interessen der Fürsten, der Stände und so fort haben die Gesetze hervorgebracht, die Anmassungen der verschiedenen Theile haben sich gerieben und so sich das ganze zusammengesetzt, was der Geist als Bedürfniß gefühlt. Das Gegentheil tritt mit
35
einem Maale hervor, wo sich das Ganze gezeigt. Hb: Es sind besondere Interessen und Leidenschaf¬ ten von Individuen, Fürsten, Ständen; nachher 100 Ja/ire darauf wieder eine andre Bestimmung &c.; Anmaßung verschiedener Theile gegeneinander. Die Hervorbringung des Ganzen setzt sich zusammen aus einzelnen Erwerbungen und Regulirungen.
16-393,3
dieß also ... gehn.] Gr: Die
Geschichte bis auf die neueste Zeit ist so die Entwickelung dieser Folgen, an die Hauptmomente der äusserlichen Weise dieser Entwickelung ist noch zu erinnern.
3
Organisation] Organistation
4
gearbeitet] gegearbeitt
33
so fort] sofort
40
393
ROM
weltlichen Folgen der christlichen Religion: die Entwiklwng d/ser Folgen ist die Geschichte bis zu d/ser Zeit, und wir selbst stehn in d/ser Entwicklung. Wir haben jetzt also an die Erscheinung d/ser Entwiklwnj? zu gehn, die christ¬ liche Religion ging zur Zeit der römischen Welt auf, aber nicht bei den Römern 5
selbst, sondern in einem andern Volk, | das der Weltgeist bestimmte Träger d/ses
160rHo
Prinzips zu sein, denn die verschiedenen Prinzipe der Idee indem sie existiren, sind in der Existenz wesentlich eine andere Nation. — das römische Prinzip sa¬ hen wir zur Alleinherrschaft eines blinden Wollens des diesen lortgegangen, zu einem Herrschenden, einer Ordnung, die abstracte vernunftlose Ordnung ist. 10
Mit d/ser Herschaft des diesen ist verbunden, daß die Unterthanen als Personen sind, ein rechtliches Verhältniß haben. die 3tc Epoche des römischen Reichs ist d/se, wo die römische Welt mit dem Volke in Berührung tritt, durch welches sie untergeht, der Untergang hat die 3 Bestimmungen: die Fte, daß da5 Reich durch sein eigenes Verderben in sich sich
15
zerstörte durch das Geistverlaßensem der Privatpersonen, indem die subject/vität bei der Privatlust, dem Pnvatmtreße stehn bleibt, und alle Personen vereinzelte, das Ganze somit ein geistloser Leichnahm ist, wo wohl viel Bewegung ist aber nur von Würmern. Habsucht, alle Laster sind die Mächte der Privatwillkühr und schließen sich durch das Formelle des Privatrechts, das 2te ist daß der Geist sich in
20
3—6
die christliche ... sein.] Gr: In den Römern selbst kann sich dies Prinzip nicht entwickeln,
sondern ein nordisches Volk ist Träger dieser Idee. Hb: Die Römer können es nicht sein, in denen dieß Prinzip hervortreten kann, es muß ein andres Volk sein, das die Vorsehung bestimmt hat, Träger dieses Prinzips zu sein, ein nordisches Volk. andre Natürlichkeiten 25
7-9
6-7
der Idee ... Nation] Hb: erfordern auch
Prinzip sahen ... ist] GrHb: Reich | (ist] Hb: warj in sich fortgegan-
176Gr
gen (zu der] Hb: zur) Alleinherrschaft eines Diesen, (eines Unvernünftigen, Troknen, Abstrakten, einer Ordnung die nur Ordnung ohne Vernunft, Herrschaft die nichts weiter ist] Hb: des trocke¬ nen, abstrakten Diesen, des blinden Wollens eines Subjetoj
10-11
Mit diser ... haben.] Gr: Die
andern Unterthanen sind so abstrakte Personen die nur in rechtlichen Verhältnissen stehen. Hb: Damit war verbunden, daß die Unterthanen Personen sind in rechtlichen Verhältnissen. 30
ke] GrHb: welthistorischen Volk
14—19
13
Vol¬
die lste ... Privatrechts.] Gr: 1. Es ist sein eigenes Ver¬
derben was es in sich trägt, daß es sich in sich zurückzieht und blos bei Privatinteressen, Privatlust stehen bleibt. Das Ganze ist ein Geistloses, eine wesenlose Erscheinung, ein Leichnam, in dem viele Bewegung ist aber von Würmern, Habsucht und alle Laster alle Mächte des | Privatinteresses sind los gebunden. Hb: 1. durch sein eignes Verderben in sich, Privatintresse, Privatsucht; das 35
Ganze ein Geistloses, ein Leichnam, in dem viel Bewegung ist, aber die Bewegung ist nur die der Würmer.
19-394,4
das 2tc
...
hervorgeht.] Gr; 2. Das zweite ist, daß der Geist sich in sich als
in ein Höheres zurückzieht, dies ist einer Seits Philosophie, anderer Seits ChristenthumfJ Beide unterminiren das Bestehende und sind das Revolutionaire gegen das Römische. Sie sind aber nicht blos das Negative sondern auch das Positive, woraus das Folgende hervorgeht. Hb: 2 40
.
Daß der Geist
sich in ein Höheres zurückzieht, nicht in diese Partikularität, sondern in sich in das Höhere; einer¬ seits Philosophie (Stoizismus) anderseits das Christenthum. Philosop/iie und Keligion unterminiren das Bestehende, sie sind aber nicht blos negativ, sondern wesentlich die konkrete höhere Welt, das Positive, aus dem die neue Welt hervorgehn soll.
177Gr
394
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
sich, in das Höhere sich zurückzieht, einerseits in die Philosophie des Stoicismus ect, anderseits in das Christenthwm. Beide sind das Revolutionäre gegen die rö¬ mische Weit, aber nicht bloß das Negative des Verderbens, sondern die christliche Religion ist das positive, aus dem die neue Welt hervorgeht, das dritte ist der Untergang wie er äußerlich an die römische Welt dwrch den Andrang auswärti¬
5
ger Völker (die Völkerwandrnng) komt da dise nördlichen und östlichen Barbaren Germanen genannt wurden, so wird das weltgeschichtliche Volk jetzt das Ger¬ manische sein. Bei disem Gegenstände zeigt sich eine manigfache Schwierigkeit theils in der Materie selbst, indem sie uns als uns näher liegend nicht so unbefangen läßt, als
10
eine ganz entschwnndne Vergangenheit. Eine größre Schwirigkeit ist eine ob160vHo
jective, indem | wir in der Geschichte hier einmal die Idee als solche, dann die Particularität haben, aus welcher die Erfüllung des absoluten Endzwecks heraus kommen soll, die Vereinigung beider Seiten kann von Anfang an nicht sein, sondern im Anfang ist Beides wesentlich unterschieden, und doch durch einan¬
15
der vermittelt, das Object dnrch die subjectivität des Willens, und die Befriedi¬ gung der Particularitäten, die auch nur ihren Zweck erreichen können, indem sie dem Absoluten entsprechen. Aber der particuläre Wille verkennt zunächst den absoluten Endzweck und ist im Kampfe; er will disen Zweck, aber verkennt disen Trieb, schlägt sich in particulären Zwecken herum, und ist so im Kampf
20
mit sich selbst. In disem Kampfe bewirkt er das Absolute indem er es bekämpft, das Bewirkende ist also der Particuläre Wille, der zunächst seine endlichen Zwecke hat. das wahrhafte ist das Getrieben sein zum absoluten Endzweck, aber dieß Getriebensein, diser Trieb, ist zunächst das Trübe, und so müssen wir das
4-8
das dritte ... sein.] Gr: 3. Das Dritte ist der Untergang in so fern er von Aussen kommt. Nor¬
25
dische und östliche Barbaren der Völkerwanderung die als ein Strom sich über das römische Reich ergiessen, welches ihnen keinen Damm mehr entgegen stellen kann. Hb: 3. Der Einbruch der nor¬ dischen Barbaren, die in der Völkerwanderung das römische Reich zertrümmern.
9-11
Bei disem
... Vergangenheit.] Gr: Die subjektive Schwierigkeit bei der neueren Geschichte ist, daß wir selbst
11-18
diese Materie und also nicht unbefangen sind. 180Gr
jektive Schwierigkeit |
Eine größre ... entsprechen.] Gr: Die ob-
30
entsteht dadurch daß die Zwecke des partikularen, subjektiven Willens
hier befriedigt werden. Das letzte Ziel ist die Vereinigung des Anundfürsichseins und der parti¬ kularen Zwecke.
18-21
Aber der
...
selbst.] Gr: Im Anfänge kann die Partikularität noch nicht
mit dem absoluten Endzwecke eins sein, sondern die partikularen Zwecke sind noch verschie¬ den, und der partikulare Wille verkennt seinen absoluten Endzweck und ist im Kampf, er will dies verkennt aber sein wahrhaftes Inneres.
21
was er wahrhaft will und bewirkt es so selbst
35
bewirkt er ... bekämpft] Gr: bekämpft er das,
23-395,4
das wahrhafte ... l’embrasse.] Gr: Der
Wille ist getrieben von dem Wahrhaften, aber er ist noch trübe und so müssen wir oft dies ge181Gr
rade auf die entgegengesetzte Weise | beurtheilen als es in der Geschichte der Völker erscheint.
5 römische] röml
15-16 durch einander]
rigkeit
Paginierung
39
|]
der,] die
in
der
des
durcheinander
Manuskripts
wurden
23 die
Getrieben] Getireben
31
Seiten
übersprungen
178
und
179
Schwie-
40
395
ROM
Geschehnsein jetzt oft entgegengesetzt beurtheilen. Was das Unglück ein« Volks ist, nannte d/ses und die Geschichte sein höchstes Glück, während das Glück als das höchste Ung lück bekämpft wurde, die Franzosen sagen: en reputant la verite, on l’embrasse. dieß kommt in der europaeischen Geschichte 5
in sofern vor, daß sie nur zu ihrem Endzwek kommt, die Wahrheit abstößt, der Wille also der neuern Welt ist ein Trüber, in deßen Hintergründe die Wahrheit liegt, der das An und fürsie/zseinde bekämpft, sich dann abmüht, und in dem befriedigt was oft das Gegentheil des Wahrhaften ist. Es ist in diser Geschichte vorzüglich zu sehn, daß die Idee als Vorsehung, als eingehülltes Innres herrsch-
10
te, sodaß was sie vollführt, und was die Völker wollen, oft das Gegentheil ist. Bei den Griechen und Römern ist dieß nicht so unterschieden, indem sie das wahre Bewußtsein ihres Wollens und Sollens hatten. Mit der neuern Geschichte zusammen hängt das Schemen | der Zufälligkeit der Umstände, die ein Resul-
161rHo
tat hervorbringen, das als ein Wunderbares erscheint, da das Ziel diser Ura¬ ls
stände ein Eingehülltes war. Die Wichtigkeit der Stellung der Begebenheiten und Zufälle wird hier sehr verschieden sein. Special Vorfälle, wo sich das grö߬ te Genie zeigt, können von der Idee aus betrachtet, in sehr große Unbedeu¬ tendheit zurükgesezt werden müßen. dieß ist das Verhältniß deßen, was hier als äußere Geschic/ite erscheinen wird.
20
Was ihr Unglück ausgemacht hat wird als ihr erstes Glück angesehen und umgekehrt, la verite en la refusant on l’embrasse.
4-5
dieß kommt ... abstößt.] Gr: So hat Europa gethan, so
müht sich der neuere Mensch in den blutigsten Kämpfen ab.
5-8
der Wille ... ist.] Hb: /
Germanisches Reich. / Ein trüber Wille, in dessen Hintergrund das Wahre liegt, ist der Charakter der germanischen Völker; 25
8-10
Es ist ... ist.] Gr: Die Idee herrscht hier in der
Weise der Vorsehung, die mit dem widerstrebenden Wollen der Völker ihre Zwecke vollführt. Hb: es herrscht hier die Idee in der Weise der Vorsehung, als bewußtloses Innres; so daß das was
11-12
sie vollführt und was die Völker thun oft schlechthin entgegengesetzt ist.
indem sie
... hatten] GrHb: (Gr: sondern; sie haben mehr das (richtige nicht sich verkennende] Hb: be¬ stimmte; Bewußtsein (dessen] Hb: von dem; was sie wollen (Gr: und sollen; 30
12—15
Mit der
... war.] Gr: In der neuern Geschichte ist ein Wechsel mannigfaltiger Begebenheiten, die am Ende ein Resultat haben, was doch schon | der innere Trieb war.
15-19
Die Wichtigkeit ...
wird.] Gr: Hiernach ist die Wichtigkeit zu betrachten und so können Begebenheiten, die mit Aufwand von Genie betrieben werden, doch als unbedeutend erscheinen weil sie kein Resultat haben. 35
4
reputant lies repoussant
21
refusant lies repoussant
24
der] die
182Cr
396
NACHSCHRIFT HOTHO * 1822/23
Germanisches Weltreich. Wollen wir mehr den Character der römischen weit auf die Staaten anwenden ergiebt sich Folgendes. Eine Ausbildung der Particularität, aus welcher die Ein¬ heit heraus kommt ist der Grund character diser Zeit, der Ptc Gesichtspunkt ist daß die Staaten auf souverainetät auf Unabhängigkeit von einander hin streben,
5
und darin ihre Ehre haben, dise Hartnäckigkeit hat Europa mit der griechischen Welt gemein. Nach diser Seite hat die Geschichte die Ausbildnng der Staaten in sich in Betracht auf den Gegensatz von Kirche und Staat, und dann die Seite der Verfassung zu betrachten. In allen disen Staaten ist dasselbe Prinzip. Wegen diser Gleichmäßigkeit ist die Selbstständigkeit nur als formelles Recht zu betrachten,
10
die christlichen Staaten untereinander sind nur formell unterschieden; ein Staat während er dem Andern unterworfen ist, verliert jetzt nur formell seine Selbst¬ ständigkeit. In wie fern das Prinzip nicht bloß formell sei, diß hängt dann von andern Bestimmungen ab. das 2te zu diser Selbstständigkeit ist die Richtung der Staaten auf ihre Einheit, als besondre haben die Staaten zunächst eine Richtung,
15
2-4 Wollen wir ... Zeit.] Gr: Es gehört zu diesem Charakter: die Ausbildung der freien Partikularität der Staaten so daß sie aber doch in Einheit in Beziehung stehen. Hb: Wenn wir den Charakter der modernen Welt im Verhältniß zu den Staaten angeben sollen, so ist er der: es gehört dazu freie Ausbildung der Partikularität der Individuen und Staaten.
4—7
der lste ... Welt] GrHb: (Gr: l) Die
Staaten (Hb: der europäischen Welt] gehen auf (Hb: Selbstständigkeit,) Unabhängigkeit (aus, und dies
20
ist ihre erste Ehre, diese Hartnäckigkeit (lacuna) haben sie mit Griechenland] Hb: voneinander, Suveränität. Diese Hartnäckigkeit hat die christliche Welt mit der griechischen)
7—9
Staaten in
... Prinzip.] Gr: besonderen Staaten in sich zu betrachten eben so die der Kirche und der Verfas¬ sung. In aller Verschiedenheit ist aber doch auch Gleichmässigkeit in allen germanischen Principien. vgl. Hb: Christenheit ist das geistliche, das Germanische das weltliche Prinzip, im allgemeinen dasselbe.
25
10—14 Recht zu ... ab.] Gr: Princip zu betrachten, es ist nicht wie zwischen Griechen¬
land und Persien ein absoluter Unterschied. Jeder Staat der dem andern einverleibt worden hat nur die formelle Selbstständigkeit verloren, aber nicht seine Religion und Gesetze, das Konkrete, tgl. Hb: Unter den christlichen Staaten ist das Prinzip der Selbstständigkeit ein Formelles.
14—397,8 das 2"
... ist.] Gr: II Die Richtung der Staaten ist auf ihre Einheit. Sie haben eine Richtung auf einander,
30
eine Beziehung die Kriege, Freundschaft, Bündnisse der Dynastien | herbeiführt, es ist aber noch eine andere Einheit, denn jenes entspricht der griechischen Hegemonie, hier ist aber der Geist das Hegemonische. So ist früher die Einheit des fränkischen Reichs unter Karl dem Grossen und das Verhältniß dieser Selbstständigkeit und dieser Einheit, ist bald nach der einen, bald nach der an¬ dern Seite überwiegend/J Hb: Die Staaten haben als besondere eine Richtung aufeinander die Kriege
35
hervorbringt, Verwandtschaften, Dynastien &c, diese Richtung ist | eine spezielle Beziehung. Die Richtung auf die allgemeine Einheit ist etwas andres. Diese Einheit ist nicht blos eine Hegemonie wie in der griechischen Welt, das Hegemonische ist der Geist, welcher sich eine eigenthümliche Weise der Einheit sucht; wir sehen früher eine Einheit des fränkischen Reichs unter Karl dem Großen; die Einheit der Kreuzzüge ist ganz anderer Art, die der heiligen Allianz auch eine andere Art (!). 1 Germanisches Weltreich, so Gr
39
dem] ds
12 seine] sner
21 (lacuna)] eine Lücke von einer halben Zeile
40
397
GERMANISCHES WELTREICH
die Kriege hervorbringt, dise Richtung ist eine specielle Beziehung. Aber ihre Richtung auf eine allgemeine Einheit entspricht dem, was bei den Griechen die Hegemonie war. In Europa aber ist das Hegemomsche der Geist, der sich eine eigenthümliche Weise der Einheit sucht, wie wir eine Einheit unter Carl dem 5
Großen, in den Kreuzzügen sehn, und in neuerer Zeit als die heilige Alliance. | dise 2 Richtungen der Particulären Beziehung und der allgemeinen Einheit sind die
161vHo
beiden wesentlichen Seiten, von denen bald die Eine, bald die Andre überwie¬ gend ist. der 3te Gesichtspunkt zu disen beiden ist, daß wieder alle Staaten Europa’s als eine Einheit ein Verhältniß nach Außen haben. Bisher waren die 10
Perioden Beziehung auf das frühre und spätere welthistorische Volk. Jetzt aber ist da5 Prinzip der Welt vollendet mit der christlichen Religion, der jüngste Tag für die Welt hereingebrochen, die Kirche ist zwar einerseits eine Vorbereitung auf die Zukunft, aber nur für die Individuen als Besondere ist die Ewigkeit eine Zu¬ kunft. die Kirche hat aber auch gegenwärtig den Geist Gottes in sich, sagt dem
15
Sünder: deine Sünden sind dir vergeben, und er lebt dann in sich glücklich und wie im Himmel, die christlie/ie Welt als dise Vollendung in sich selbst kann kein Verhältniß nach Außen anders haben als relativ, und in disem Verhältniß ist also nur zur Erscheinung zu bringen, daß da.? Außen an sich überwunden ist. diß nach Außen für die christliche Welt ist momentan die mahomedanisehe Welt, das
20
Mahomedanisehe besteht nur noch als ein unwesentliches Moment, die Christliche
8-12 der 3" ... hereingebrochen.] Gr; 111 Das Ganze der christlichen Staaten ist nach Aussen ge¬ richtet, als Welt der Vollendung wo das Princip erfüllt ist. Hb: Das Ganze des Staatenvereins der Christenheit hat wieder zusammen als ein Ganzes ein Verhält«//! nach außen; dieses ist auch anders modifizirt; bisher bestimmte das Verhältniß die Epochen, rückwärts und vorwärts. Das kann hier 25
nicht der Fall sein. Das christliche Prinzip ist das Prinzip der Vollendung. Das Ende der Tage ist vollgeworden.
12-16 die Kirche ... Himmel.] Gr: Die Kirche zwar weist auf das jenseits hin
und macht Vorbereitungen für die Zukunft aber nur für die Partikularitäten, sie hat aber auch den Geist Gottes gegenwärtig und sagt: „deine Sünden sind dir vergeben“ so hat das Individuum den | Genuß und lebt auf Erden wie im Himmel. Hb: Die Ewigkeit ist nur für die Individuen 30
zukünftig; die Kirche aber hat den Geist Gottes schon gegenwärtig in sich. Der Christ lebt auf Erden wie im Himmel, die Kirche ist das gegenwärtige Himmelreich.
16-20 die christl/c/ie ... Mo¬
ment.] Gr: So hat die Christenheit kein wahrhaftes Verhältniß nach Aussen, es zeigt sich daran nur, daß es überwunden ist. So ein nach aussen Gerichtetes ist der Mahomedanismus. Hb: Die christliche Welt kann kein wahrhaftes, absolutes Nachaussen haben, ihr Verhältniß nach außen 35
kann nur ein relatives sein; so daß das Aussen an sich überwunden ist. Dieses nach Aussen ist für die christliche Welt die mahomedanisehe.
20—398,2 Christliche Welt ... dulden] GrHb: Welt
ist umschifft, sie ist (Gr: für die Europäer/ ein Rundes/, was noch] Hb: geworden, ein Globus; was/ nicht beherrscht /wird, ist entweder nicht der Mühe werth oder noch bestimmt beherrscht zu werden] Hb: ist, ist mehr oder weniger nicht der Mühe Werth/ 40
3 Hegemonie so GrHb; Ho: Haegemonie das
10 auf] auf.
15 er lebt] erlebt
Hegemonische so GrHb; Ho: Haegemonische 24 Das] Dass
26 weist] weißt
8 daß]
39 Mühe so Gr
185Gr
398
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Welt hat die Welt umschifft, beherrscht die Welt, und was nicht beherrscht wird, ist nicht werth der Beherschung, oder wird sie noch dulden, die Beziehung nach Außen macht also nicht mehr Epochen aus, und die wesentlichen Revolutionen gehn im Innern vor. dieß sind die 3 Seiten, die im Algemeinen in Betrachtung kommen. Ehe wir den Plan nun des Ganzen betrachten, stößt uns die Betrachtung der Natur des Anfangs auf, und zwar einmal in Betreff auf die römische und dann in Betreff auf die germanische Welt.
A. In Beziehung auf die römische Welt.
In Betreff auf die römische Welt hat der Anfang dies Characteristische, daß kein 111
10
sich vollendetes Volk über die römische Welt stürzt, sondern Barbaren, die Wel¬
len auf Wellen heranwogend, das Verderben bringen. In der römischen Welt fin162rHo
den | wir jetzt die ganz abstracte Äußerlichkeit, gegen welehe jetzt die ganz abstracte Intensität hereinbricht, der asiatischen Welt thut da5 gebildete Griechenland die Ehre der Unterwerfung an, der griechischen die gebildete römische Welt. And-
15
res ist die jetzige Unterwerfung, die geschieht durch die unenthüllte Intensität ge¬ gen die enthüllte Äußerlichkeit. In Betreff auf die germanische Welt ist hierdnrch auch der Anfang bestimmt. Ein jetzt zu bildendes Volk, sehen wir seit Griechen¬ land, geht nicht von patriarchalischen Zuständen aus. die Römer waren abstract als
3 macht also ... Revolutionen] Gr: ist so nicht mehr das Bestimmende, die Revolutionen Hb: ist also hier nur das Begleitende. Die eigentlichen Evolutionen [sic]
20
6—8 Ehe wir ... Welt.] Gr: Zu¬
erst ist der Anfang zu betrachten. Hb: Wir haben erst den Anfang zu betrachten; und zwar nach 2 Seiten. 1. in Beziehung auf das Vorhergehende, die römische Welt. 2. in Beziehung auf die germanische Welt selbst. 186Gr
10-12 kein in ... bringen] Gr: nicht ein in sich vollendetes Volk, auf das |
vorhergehende Princip folgt, Wogen auf Wogen eines barbarischen Volkes stürzen sich darüber
25
Hb: es kein in sich vollendetes Volk ist, welches der römischen Welt Untergang bringt, es sind wahre Barbaren, Wogen auf Wogen, Wellen auf Wellen
12—14 In der ... hereinbricht.] Gr: Gegen das
völlige Aussereinandergekommensein ist die ganze abstrakte Intensität die es stürzt.
14-15 der
asiatischen ... Welt.] GrHb: Das asiatische (Gr: und griechische] Reich], wird von gebildeten Völ¬ kern aufgenommen, über das römische Reich aber bricht eine ganz ungebrochene ungemilderte
30
Wildheit herein] Hb: erhält durch ein gebildetes Volk den Untergang; ebenso Grier/ienland den seinen durch das gebildete Rom].
17-19 In Betreff ... aus.] Gr: Die zweite Seite bildet sich
hiernach. Ein welthistorisches Volk kann nicht auf patriarchalische Weise hervorgehen. Hb: Die 2" Seite bestimmt sich unmittelbar hieraus. Wir haben gesehn, daß ein welthistorisches Volk nicht aus dem patriarchalischen 'Verhältniß hervorgehn kann;
19—399,3 die Römer ... Anfang.] Gr: Wenn
die Griechen sich freundlich, die Römer als Räuber verbanden, so sind bei den Germanen absolut zwei verschiedene Principien, ein Gedoppeltes, absolut verschiedene disparate Bildung. Hb: bei den germanischen Nationen ist der Anfang das schlechthin Gedoppelte in sich. Es sind 2 Prinzipien 9 / A. In ... Welt, / so Gr
35
399
GERMANISCHES WELTREICH
Räuber zusammengebunden; das germanische Volk hat in sich ein gedoppeltes Prinzip, aus dem das Ganze sich zu vereinen hat, die disparateste Ungleichheit macht hier den Anfang. In diser Rücksicht ergeben sich 3 Hanptgestalten: eine westliche, deutschlnnd selbst und eine dritte, die östliche. Was das Geschichtliche 5
betrifft, so macht die Völkerwandrnng disen Anfang, das Nähere ist hier nicht zu betrachten. Es ist ein romantisches Wogen von Völkern auf Völker, ein Einströ¬ men und Zerfließen ohne Wirkung, die Völker, die das bleibende gründen, sind keine Asiaten, sondern Germanen, nördlich von der Donau und östlich vom Rhein kommend, theils gereizt von der Culturwelt, deren Sieger sie früher ken¬
10
nen gelernt hatten/./ die Güter diser Welt, der Bequemlichkeit, der Religion, der Gesetze hatten sie kennen gelernt. Theils aber auch sind dise Völker gewaltsam von asiatischen Völkern vorwärts getrieben. Es sind jetzt kurz die entstandenen Reiche zu nennen, die eine Parthie von Ländern, in denen das Weltgeschichtliche versirt, sind solche, die die Römer lang besessen hatten, und heraufgebildet zur
15
Cultur waren. Hierhin gehört Spanien und Portugal, Frankreich, wo die Alemannier und Suewen gegen Ende des 6ten Jahrhunderts sich angesiedelt hatten: Später ausgezeichnet ist das Reich der Franken. | das dritte wäre dann Brittanien, wo-
162vHo
hin die Angelen und Sachsen zogen, zum Theil auch Normannen, die alle
aus denen sich das Ganze zu vereinen hat; absolut verschiedene Bildung überhaupt, absolut verschie¬
20
dene Religion, die disparateste Verschiedenheit ist es, die hier den Anfang macht.
3-4 eine
westliche ... östliche] Gr: erstens die westliche, zweitens die von Deutschland, drittens die östliche, slavische Hb: die westliche, das eigentliche Teutschland, die östliche (slavische) ... Wirkung] Gr; das, wie ein Wasserstrom wieder zerfliesst
187Gr
6-7 auf Völker
7—12 Völker, die ... getrieben.]
Gr: andern Völker aber, die ein Bleibendes gründen sind germanisch. Oestlich vom Rhein und 25
nördlich von der Donau. Theils werden sie gereitzt von der Kulturwelt deren Gebietern sie nach und nach bekannt geworden, Germanen haben schon auf den pharsalischen Feldern als Söldner die Entscheidung gegeben, zum Theil werden sie gewaltsam in dem Westen und Süden vorwärts ge¬ trieben. Hb: germanischen Völker sind gekommen östlich vom Rhein, nördlich von der Donau; ge¬ waltsam vorwärts gedrängt.
30
13—16 die eine ... hatten;] Gr: Der westliche und | südliche Theil
188Gr
dieser Länder war von den Römern lange Zeit besessen und hatte sich zu deren Gewerbe Kunst und Leben herangebildet. / Spanien und Portugal sind von den Allemannen gegen Ende des 6. Jahrhunderts gestifftet. Hb: Die eine Partie der Länder, in denen die Weltgeschichte dann versirt, im Süd-Westen ist eine solche, die von den Römern lang besessen und zur Kunst und Cultur herausge¬ bildet ist, Spanien und Portugal, südliches Frankreich (Westgothen);
35
16-400,8 Spä¬
ter ausgezeichnet ... Besitz.] Gr: Dann das Reich der Franken, das sich vom Niederrhein und Nieder-Deutschland aus nach Frankreich geworfen und dort behauptet hat. Das 3te ist Brittanien wo Angelsachsen und Normannen sich niederließen. Ferner Italien, wo das Reich der Ostgo¬ then unter Theoderich und Totila einen Glanz und Schein der Grösse aber keine Dauer hatte, es verschwand schimmernd in sich zerrissen und es folgten darauf die Langobarden aus Pannonien,
40
dieses gothische Volk | dessen Stamm an den skandinavischen Küsten war. Später wurde das langobardische Reich von den Franken unterjocht, Unteritalien von den Normannen in Besitz ge3 3 so Hb; Ho:
18 Angelen lies Angeln
lich so Ho Gr; Hb: östlich über gestr. nördlich
20 disparateste so Ho; Hb: desperatische
28 nörd¬
189Gr
400
NACHSCHRIFT HOTHO '
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Küsten von Europa verwüsteten oder dort sich festsetzfen: Ferner ist Italien zu nennen, wo das Reich der OstGothen unter Theoderieh den Schein der Größe erhielt, weil hier die Größe der Römer, ihre Cultur mit dem Fremden sich zu vereinen schien. Aber dise Einheit zerriß; die Langobarden setzten sich nun fest, die Gothen leitet man von Scandinavien ab, indem sie sich herabziehend erst ins
5
östliche, dann ins westliche römische Reich warfen, die Langobarden wurden spä¬ ter von den Franken unterjocht; Unter-Italien eroberten die Normannen, später erhielt die Kirche den Besitz.
In Franken finden wir ein altes burgundisches
Reich, und spät erhielt sich die Tendenz einer Scheidewand zwischen Frankreich und deutschlami. dise Länder haben alle das Eigenthümlic/ie, daß Barbaren mit
10
Gebildeten sich vermischten; also von disem ungeheuren Contrast ward ausge¬ gangen, obgleich die Barbaren die meiste Bildung zerstörten. Es sind hier zwei Hauptnationen in Italien, die aber zusammen schmelzen, deutschlami hingegen erhielt sich rein für sich, Nur an seinem Saum war es römisch gewesen. Weiter nach Osten und Norden war deutschland frei geblieben, in sich eine Nation, ob¬
15
gleich kein Staats-Ganzes. Allemannier, Türmger, Sachsen unterscheiden sich. Weiterhin im Osten lagern sich dann bald slavische Nationen, die Elbe entlang, durch Sachsen, Baireuth, und von Süden herein dringen später die Ungern; wei¬ terhin im Osten, westlich von Griechenland, sind es die Reste asiatischer Barbaren die dort bleiben, Bulgaren, Albaneser. Von disen Stößen und Gegenstößen der
20
nommen und bald gewann auch die Kirche unabhängigen Besitz. Hb: das 2" Reich ist das Reich der Franken in Gallien, das 3tc Brittanien (Angelsachsen: Normannen u. s.f.), — fern er Itali¬ en (Ostgothen. Theoderieh. — Longobarden. —)
8-10
In Franken ... deutschland.] Gr: Von den
Franken wurde ein burgundisches Reich gestifftet, was die spät erhaltene Tendenz hatte zwischen Frankreich und Deutschland eine Scheidewand zu bilden. Hb: Vom Fratikenreich herüber gegen
25
Teutschland finden wir ein altes burgundise/ies Reich, zwischen Frankreich und Deutschland eine Scheidewand.
10—16
dise Länder ... sich.] Gr: Das Ganze das in diesem ungeheueren Kontrast
ausgegangen ist den die Barbaren allerdings weniger schneidend gemacht haben, indem sie alles ver¬ wüsteten, sind 2 Nationen, die in eine zusammenschmelzen. Eine Nation d.h. in sich eine nicht 190Gr
ein und dieselbe, aber so daß in jedem Lande eine gewesen: | Allemannen, Thüringer, Bajuwaren
30
pp; Deutschland unterscheidet sich aber von dem bisherigen nur an seinem Saume, nur am Neckar und an der Donau ist es römisch gewesen. Hb: Es sind 2 Nationen überhaupt, die dann in eins zu¬ sammenschmelzen. Tentschland ist nur an seinem Saum römisch gewesen; hier haben sie Kastelle, 65vHb
Städte, Gewerbzusammenhang. | Allemannen, Sachsen &c.
17-20 Weiterhin im ... Albaneser.]
Gr: Weiter im Osten haben sich slavische Völker gelagert der Elbe entlang und zwischen sie später
35
Ungarn und Magiaren, im südlichen Osten Albaneser, Alanen und Bulgaren, Asiatischen Ursprungs. Hb: weiterhin östlich lagern sich bald slavische Nationen der Elbe entlang durch Meißen, Baireuth, südöstlich - Ungarn. - Wallachei - Türkei - Hier sind es die Reste asiatischer Barbaren die bleiben. Albaneser.
20—401,1 Von disen ... gebliebenfj] Gr: Diese slavische Parthie kommt nicht in dem
Bereich der Geschichte, als das östliche, was auch noch in der neuesten Zeit in sich ein so conzentrirtes ist. 2 der so Gr; Ho: des gewesen.
7 Normannen Verdoppelungsstrich vers. über a statt über n
38 südöstlich Lesung unsicher
30 gewesen:]
40
401
GERMANISCHES WELTREICH
Völker ist viel verschwunden, wenig geblieben/1/ |
dise unterschiedene Be-
163rHo
stimmthett der Staaten haben wir nun näher in’s Auge zu fassen, der eine Theil von Staaten ist aus Gemisch von Römern und Germanen gemacht, das ganze geistige Dasein des wollenden und selbstbewußten Lebens ist also ein Getheilt5
sein, der hiedurch begründete Unterschied fällt auch äußerlic/i am leichtesten in der Sprache auf, die eine Ineinanderarbeitimg des Altrömischen ist und des Ger¬ manischen. Wir kennen dise Sprachen die romanischen nenen und ihr Gebiet ist, außer Italien, Frankreich, Spanien und Portugal, der andere Theil der Staaten ist ein solcher, der zu seiner Wurzel kein Gemisch hat, und die dreiheit diser Staaten
10
ist deutschland, Scandinavien und Brittanien, wo, nur als Insel, die römische Bil¬ dung nur am Saum eindringen konnte, die emdringenden Sachsen hatten es mehr mit Einheimischen zu thun. die Römer waren aus Brittanien schon seit 40 Jahren ausgezogen, als die Sachsen dahm kamen, die erst Kent eroberten, Korn¬ wallis erst im löten Jahrhundert. Später griffen die Normannen ein; aber alles,
15
was hier sich zusammenfand, war mehr ein homogenes, der Chnracter diser Völ¬ ker ist also die ungetheilte Einheit ihrer Bildung; dise Innigkeit ist gleich im An¬ fang geschichtlich und in der Gährung tritt der Unterschid weniger hervor, wie nothwendig ist. Aber auch in Ansehung des Fortgangs wird dise Verschiedenheit beider Staatenmassen sich nicht verleugnen; ZB. wird bei der Eten Masse sich weit
20
2-5 der eine ... Getheiltsein.] Gr: Ein Theil dieser Nationen hat sich aus römischen und germa¬ nischen Naturell gebildet, das ganze geistige Dasein ist so in seiner Wurzel ein Getheiltes. Hb: Der eine Theil dieser Staaten ist aus fremdartiger Bildung.
5-8 der hiedurch ... Portugal.] Gr:
191Gr
Dies zeichnet sich auch durch die Sprache aus die ein ineinander verarbeitetes von alt römischen oder noch älterem einheimischen und germanischen Sprachen, dies kann die romanische Sprache 25
genannt werden. Hb: Dieser Unterschied fällt auch durch die Sprache auf, eine Ineinanderarbeitung von alt Römischem und eigentlich Germanischem, das Romanische, dessen Gebiet Italien, Spa¬ nien, ein Theil von Portugal und Frankreich.
8-15 der andere ... homogenes.] Gr: Die anderen
Völker, die mehr oder weniger deutsch redenden Völker sind wie jenes drei, Deutschland, Skan¬ dinavien und England. In das letztere sind die Römer nur an den Saum gekommen/" J Die Sachsen 30
haben sich so mit den alten Vorgefundenen Völkern, deren König Arthur in Wallis war, vermischt ein Element, was ihnen mehr homogen war. Hb: Der andere Theil ist der der mehr oder weni¬ ger teutsch redenden Völker; 1. Teutschland überhaupt, 2. Skandinavien. 3. Brittanien (Arthur Nationen König in Südwalles).
15-19 der Character ... verleugnen;] GrHb: Die Grundbestim¬
mung (ihres Charakters ist diese] Hb: dieser Nationen ist die) ungetheilte Einheit(, diese unzer35
brochene Innigkeit, Subjektivität. Dies zeigt sich besonders im Anfänge, | in der Entwicklung ist dieser Unterschied weniger hervortretend; aber auch in Ansehung des Fortganges wird sich dies nicht verläugnen] Hb: der innersten Wurzel ihres geistigen Lebens in sich selbst, diese unzerbrochene Innigkeit).
19-402,2 ZB. wird ... ist.] Gr: In Ansehung der Religion und der Gesetze
wird bei den Völkern der ersten Art, eben weil es ein Zusammengehen des Barbarischen mit dem 40
Gebildeten ist, sich alles früher zeigen. 2 Auge] Augen
4 Dasein so Gr; Ho: daseins
7 kennen lies können land] Tutsldld
24 und] und mit
selbstbewußten] selbstbßtten
26 Germanischem] Germanischen
6 des,] dem 32 Teutsch¬
192Gr
402
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
eher das Christenthwm verbreiten, wie auch sich die Verfassung eher befestigen wird, weil sie ein Zusammengehn von Barbaren und gebildeten Völkern ist. das Gesetzbuch der Ost-Gothen ward schon im 5tn'Jahrhundert verfaßt, dise Völker also sind in allem um einige Jahrhunderte in der Bildung voraus. In deutschlund sind die großen dichter erst spät entstanden; aber dise zweite Staatenmasse wird 163vHo
5
eigenthümlic/i bleiben. | diser Unterschid also ist eine Grundbestimmung, die ge¬ gen das Ende immer noch tiefer hervortritt, denn die vollendete Bildung ist nur dies Hervortreten der Prinzipien in gemzer Tiefe. -
B. Das andere sind die Epochen.
das andere zu Bemerkende sind jetzt die Epochen der Geschichte, die wir vor
10
uns haben, der Anfang ist schon bezeichnet als die Völkerwandrung. Nach disem sind 3 Epochen:
1) Carl der Große, Herrschaft der Franken, des allgemeinen
Konigsreichs über die Germanen, das deshalb das römische Kaiserthum ward. In so fern wir das germanische Reich als Reich der Tota/itat haben können wir hier die bestimmtere Wiederholung der frühren Momente erkennen, die früher
15
selbstständig auseinander fielen. So ist das Kaiserthum Carls dem Perserreiche vergleichbar, dem Reiche der Herrschaft und substantiellen Einheit, die hier nicht
2-6
das Gesetzbuch ... bleiben.] Gr In Ansehung der Litteratur so ist die der 2ten Art eigen-
thümhcher, anstatt daß jene von Frankreich Italien und Spanien alle an römische Litteratur erin¬ nern. Hb: Das gothische Gesetzbuch ist schon im 5te" Jahrhundert entstanden; ebenso fangen Künste und Literatur früher bei den lten Nationen an, als eigenthnmlicher.
Teutschland; die Teutschen blieben aber
6-8 diser Unterschid ... Tiefe.] Gr: In späteren Zeiten treten diese Unter¬
schiede dann am entschiedensten hervor. 193Gr
111
20
chen der germanischen Geschichte.
9 B. Das ... Epochen, so Gr; Hb (ohne Absatz): Epo-
12-13
1) Carl ... ward.] GrHb: (\. Karls des Gro¬
ßen Herrschaft] Hb: 1. Epoeiie Karls des Großen. Epoche der Herrscha/i, des Königreichs,) der
25
Franken, (Hb: das) im Ganzen (Gr: das) allgemeine (Reich] Hb: Königreich) über die Germanen, (Gr: das dann im Zusammenhänge) römisches (Kaiserthum ist.] Hb: Kaiserthum;,)
13-16
In
so ... fielen.] Gr: In so fern das germanische Reich als das der Totalität anzusehen ist, so zeigen sich auch die früheren Epochen darin. Hb: inwiefern wir die germanische Welt als das Reich der Totalität anzusehen haben, so können wir in ihm die bestimmte Wiederholung früherer Epochen erkennen.
16—403,2
30
So ist ... Weltlie/ien.] Gr: So ist dies mit dem persischen Reiche zu
vergleichen, Reich der Herrschaft überhaupt und näher, das, der substantiellen Einheit und hier nicht mehr in der orientalischen Bedeutung, sondern als Einheit des Gemüthlichen, unbefangene Einheit des geistlichen (geistigen) und Kirchlichweltlichen. Hb: Wir können diese Epoche mit dem Perserreich vergleichen, Reich der Herrscha/f überhaupt, Reich der substantiellen Einheit; doch nicht in der orientalischen Form, sondern gemüthliche Einheit, unbefangene Einheit des Geistlichen und Weltlichen.
2
ist so Gr; Ho: sind
Ho: Widerhohlwng
9 / B. 27 das]
Das ... Epochen. / so Gr daß
30
in] ihn
14
wir so Hb
15
Wiederholung so Hb;
35
403
GERMANISCHES WELTREICH
mehr die orientalische Bedeutung hat, sondern eine Einheit des Gemiithlichen ist, unbefangene Einheit des geistig Geistlichen und des Kirchlichen und des Weltlichen. die 2
Epoche ist die 2tL Form der Einheit, die gegen die PtL reale Einheit als eine
ideelle zu bezeichnen ist. Es ist diß die Zeit der großen Spanischen Monarchie 5
Carls V und mehr noch die Zeit vor ihm, wo nicht mehr die reale Einheit ist, sondern die verschiednen Staaten und Stände in denselben, in ihren besondern Zuständen fest geworden sind. Indem so die reale Einheit zerfallen ist, so ist nach Außen die Beziehung nur eine äußerlich politische, die Beziehung wird also diplo¬ matisch, kein Staat kann ohne den andern sein. Es tritt die Vorstel/ung des Gleich-
10
gewichts ein. diese Einheit ist also nur eine ideelle in dem untergeordneten Sinn, da die höhere ideelle Einheit die ist, welche aus dem Geiste hervorgeht, und die des Geistes ist, welcher in sich aus der Leidenschuft, | aus der dumpfheit des Be-
164rHo
wußtseins zurükkehrt in der Zeit wo die Welt sich klar wird, auch in ihrem äußerlichen Umfang. Hierher fällt also die Entdeckung Amerikas ect. 15
In der
Kunst erklärt sich, verklärt sich die Religion mit sich klar im Element des Sinlichen. Sie wird sich aber auch im innersten Geiste in der Reformation klar, dise Zeit ist mit Griechenland zur Zeit des Perikies zu vergleichen, das Insichsehn des Socrates correspondirt Luther. Zwar steht diser Welt kein Perikies vor. Carl V. hat die ungeheure Möglichkeit durch die äußren Mittel dazu, aber er hat nicht
20
3—7 die 2te ... sind.] Gr: 2 Die 2te Epoche ist die Zeit der grossen spanischen Monarchie, gegen die erste reale Einheit ist sie als die ideelle zu bestimmen. | / Hier ist alle Partikularität fest ge-
194Gr
worden, die verschiedenen Reiche, Staaten und darin die einzelnen Stände mit ihren besonderen Berechtigungen. Hb: 2. Epoche tritt als ideelle Einheit auf. Die Zeit der großen spanischen Monarchie Karls V und vor ihm, wo nicht die reale Einheit mehr vorhanden ist, alle Partikw25
larität ist fest geworden, verschiedene Staaten gegeneinander, Stände, Kreise, in ihren Privilegien und besonderen Rechten;
7-9 Indem so ... sein.] GrHb: Die Beziehung nach aussen ist (blos
politisch, diplomatisch] Hb: nur eine äußere, es tritt die diplomatische Politik ein,). Gleichgewichts] Gr: vom Gleichgewicht in Europa
9—10 des
10-14 diese Einheit ... ect.] GrHb: (Die¬
se Einheit ist nur äusserliche oder ideelle in untergeordneter Bedeutung. Die höhere ideelle 30
Bedeutung, ist die des Geistes, der in sich zurükgeht, aus der Dumpfheit des Bewußtseins, die Zeit wo die Welt sich klar wird auch in ihrem äusseren Umfange durch die] Hb: Die höhere ideelle Einheit ist die, die aus dem Geist hervorgegangen ist, die Einheit des Geistes, der in sich zu¬ rückgeht, aus der Aeußerlichkeit, aus der Dumpfheit, Bornirtheit des Bewußtseins, die Zeit, wo die Welt sich klar wird. Die Entdeckung des Wegs um Afrika nach Ostindien.,) Entdeckung von
35
Amerika.
14-16 In der ... klar.] GrHb: Es ist (Hb: die substantielle) reale Religion, die sich in der
Kunst zur sinnlichen Klarheit (macht, aber im Gegentheil dann auch ein] Hb: bringt, die sich aber auch klar wird im,) Element des (Gr: innersten,) Geistes in der Reformation. HoHb; Gr: der griechischen Welt
17 Griechenland so
17-18 das Insichsehn ... Luther.] Gr: So wie dieser mit Leo
X zu vergleichen so ist Sokrates mit Luther zu vergleichen. Hb: Socrates = Luther. 40
steht
diser
Welt]
Gr:
Aber
freilich
steht
dieser
Welt
Hb:
Dieser
Epoche
steht
18 Zwar freilich
19-404,2 er hat ... ab.] GrHb: (ihm fehlt der innere Geist, dies] Hb: er hat nicht den Geist, das 10 ideelle] ideelle.
16 klar] klar wird
19 er so Hb; Ho: es
195Gr
404
NACHSCHRIFT HOTHO •
1822/23
das, was Perikies zum Herrscher machte; der innere Geist, das absolute Mittel der Herrschaft geht ihm ab. ch'se Periode ist also die Ideelle Einheit, das sich Klar¬ werden des Geistes. Und hier ist es, wo die angegebenen Unterschide der germanischen Welt hervortreten. — die 3tc Periode ist die der neuesten Zeit, die wir mit der römischen Welt vergleichen könnten, denn in ihr ist die Algememheit vorhan¬
5
den, doch nicht die abstracte Allgemeinheit, sondern die Hegemonie des selbstbewußten Gedankens, der das Allgemeine will und vollführt. Es ist jetzt der verstän¬ dige Zweck, den die Regierungen vollbringen, die Privilegien verschwinden vor demselben, und die Völker erhalten das Bewußtsein das Recht an und tür sich und nicht das Privileg zu wollen, die Tractaten der Staaten beruhen jetzt auf 10 Grundsätzen, und ebenso kann die Religion es aushalten ohne den Gedanken und den absoluten Begriff erlangt zu werden, indem sie sich in die Idealität des Gefühls zurükzieht, aber so auch bis zum Aberglauben fortgeht, da dise Idealität entweder aus Plattheit geschieht, aber auch aus höherem Bedürfniß und aus Ver¬ zweiflung am Gedanken. - | 164vHo
15
dieß also sind die 3 Perioden. - Mit diser Fortbildung der Einheit an sich ver¬ bindet sich die Beziehnng nach Außen, welche aber die Epochen nicht mehr be¬ stimmt. dise Momente der Beziehnng sind kurz an ihrer Stelle nahmhaft zu ma¬ chen.
wahre,) absolute Mittel freier Herrschaft.
2-4 dise Periode ... hervortreten.] GrHb: (Es ist dies
20
die Epoche der realen Trennung und hier] Hb: Hier,) treten die beiden Unterschiede der germani¬ schen Welt hervor.
4-7 die 3te... vollführt.] Gr: 3. Die dritte Epoche ist die der neuesten Zeit
unserer Zeit, sie ist mit der römischen Welt zu vergleichen. Sie ist eben so Einheit des Allgemeinen, aber nicht Hegemonie der abstrakten Allgemeinheit, sondern des selbstbewußten Gedankens der das Allgemeine will und weiß und die Welt regiert. Hb: 3" Epoche. Die der neuesten Zeit. Wir
25
können sie mit der römischen Welt vergleichen, es ist in ihr ebenso die Einheit des Allgemeine«; aber es ist nicht die Hegemonie der abstrakten Allgemeinheit, sondern hier tritt die Hegemonie des Gedan196Cr
kens ein/)/
7-15 Es ist ... Gedanken.] Gr: Der verständige | Zweck des Staats ist vorhanden, die
Privilegien zerschmelzen und so haben die Völker das Recht, nicht Privilegien sondern das Recht zu wollen. Es sind hiermit nicht Traktaten das Bindende der Völker sondern Grundsätze. Die Religion
30
kann eben so es aushalten den Gedanken, das absolute Wesen zu begreifen oder wenn sie dies nicht thut sich aus der Aeußerlichkeit des reflektirenden Verstandes zurükziehen, in den Glauben, ja Aber66rHb
glauben. Eben dies ist aber durch den Gedanken hervorgebracht. Hb: Es ist der verständige Zweck des Staats, den die Regierungen wollen. Privilegien, solche Partikularitäten, verschmelzen. Die Völker haben dos Recht an und für sich. Eben so sind in der Politik es nicht blos die besondern Traktate als sol¬
35
che, sondern zugleich Grundsätze, die den Gegenstand der Diplomatik ausmachen. Die Religion kann es aushalten, ohne den Gedanken, das absolute Wesen zu begreifen. Sie geht über zu dem intensiven Glauben des Gefühls und geht bis zum Aberglauben, indem sie sich von der Reflexion zurückzieht. Dieses Zurückziehen geschieht z um Th eil aus Plattheit z um Theil aus höherem Bedürfni/? gegen die Leerheit des bloßen Verstands, verknüpft mit der Verzweiflung an dem Gedanken. aber ... bestimmt] Gr: aber dies ist nur untergeordnet 6 Hegemonie so GrHb; Ho: Haegemonie
12 indem sie so Hb; Ho: und
17-18 welche
40
405
GERMANISCHES WELTREICH
I Erste Periode.
Zuerst nun haben wir die Momente des' Anfangs bis zur lsten Epoche durchzu¬ nehmen. Wir begannen sogleich damit, die Epoche abzuschneiden, wo das germanische Volk außer dem weltgeschichtlichen Zusammenhang für sich lebte, 5
auch haben wir den Unterschied der Germanen unter sich nicht durchgenom¬ men. Es ist bei den Alemannen Gemeinsamkeit der Verbindung überhaupt für die bloßen Zwecke der Bedürfniße des Lebens und der Beziehungen nach Außen, wogegen die Sachsen als Jeder für sich sich isolirend, festgesetzt werden, diser alte Unterschied gehört dem ungebildeten Zustande an, der für sich folgenlos ist.
10
der wahrhafte Unterschied begründet sich erst in dem angegebenen Verhältniß der Vereinzelung. Zum concreten Zustand gehört Beides, Gemeinsamkeit und Vereinzelung, durch das Verhältniß nach Außen ist schon die Bestimmung der Gemeinsamkeit nothwendig, dise Gemeinsamkeit, die vorher mehr nur nach ei¬ ner Seite des germanischen Volks zeigte, muß selbst in der Richtung nach Außen
15
ein Gemeinschaftlic/ies jedes Volks sein, dise Richtung nach Außen geht bei den Germanen aus einem Freien Anschheßen an einen Anführer hervor, und hier bildet sich dann ihr Unterschied, von dem früher die Rede war, des Verbleibens in der Heimath und des Auswanderns. So verdoppeln sich die germanischen Völ¬ ker, und wir sehn Ost- und West-franken, Allemanen in Spanien und deutsch-
20
land, Sachsen in England und deutschland; ebenso Normannen in Dänemark zu
2-3 Zuerst nun ... durchzunehmen.] Gr: 1. Vom Anfänge bis zu derselben.
3-6 Wir begannen ...
durchgenommen, j Gr: Die alte Zeit wo das germanische Volk | ausser dem Kreise der Weltgeschichte lag ist nicht zu erwähnen, auch nicht der Unterschied der sich in den Völkern selbst zeigt.
197Gr
6-8 Es
ist ... werden.] Gr: Gemeinsamkeit der Verbindung für blosse Bedürfnisse des Lebens macht bei den 25
Alemannen das Wesentliche aus, wogegen die Sachsen jeder für sich lebte und erst durch die Fran¬ ken vermittelt wurden. Hb: Die Allemannen werden als gemeinsam lebend geschildert, die Sachsen als festsitzend und zwischen ihnen die Franken angegeben.
8—12 diser alte ... Vereinzelung.] Gr:
Dieses gehört einem für sich folgelosen Zustande an. Jener abstrakte Unterschied von Isolirung und Gemeinsamkeit muß sich zu Emern zusammen machen. Hb: Diese Zustände müssen sich zu einem 30
Konkreten vereinigen.
12—15 dnreh das ... sein.] Gr: Schon durch das Verhältniß nach Aussen ist
die Bestimmung vorhanden sich zu einer Gemeinsamkeit zu verbinden. Diese ist vorher nur nach einer Seite der Germanen. Hb: Für sich schon ist durch das Verhältniß nach außen die Bestimmung nothwendig sich zu einer Gemeinsamkeit zusammen zu machen.
15—18 dise Richtung ... Auswan¬
derns.] Gr: Die Richtung nach Aussen geht bei den Germanen hervor aus freiem Antriebe und hier 35
bildet | sich der vorhin erwähnte Unterschied. Hb: Bei den Germanen geht die Richtung nach außen aus von einem freien Anschließen an einen Anführer.
18-406,2 So verdoppeln ... ansiedelten.]
Gr: Nun sind West und Ostfranken in Frankreich, Sueven und Allemannen in Deutschland so An¬ geln und Sachsen in England, so Normannen in Dänemark, zu Hause bleibend und auch wieder als diese Ritter zur See. Die germanische Welt ist hier verdoppelt. Hb: Ost- und Westfranken; Sueben, 40
Allemannen in Spanien und Deutschland; Normannen zu Hause bleibend und als Ritter zur See.
1 I
Erste Periode, so Gr
4
lebte] lebten
6
bei den Alemannen so Gr; Ho: hier
198Gr
406 165rHo
NACHSCHRIFT HOTHO '
Hause geblieben, und auf der andern Seite
|
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Seeritter, die die Küsten von ganz
Europa verwüsteten, und ihre Stämme überall ansiedelten. So verschieden nun zunächst dise Schicksale sind, ist das nothwendige das eine Ziel gewesen: Besitz und Fortbildung zu einem Staat, dieß Ziel und diser Fortgang vom lsten Zustand, sei er noch so verschieden gewesen, ist das Gemeinsame aller Germanen. In diser
5
Fortbildung nun zum Staate und zum Staatsrechtlichen sind es die 3 Bestimmun¬ gen, die wir zuerst schon sehen, die nothwendig hier zum concreten Leben sich vereinen müssen, die Eine Bestimmung ist die Bildwng zur Gemeinsamkeit, die von einzelnen Individuen ausgeht, und sie noch in ihrer Vereinzelung läßt; das andere ist Bildung zu einem Mittelpunkt, zu einem Fürsten, von welchem aus die
10
Verbindung geschieht/./ die 3te ist die specifisehe Weise der Vermittlung beider Seiten, der Freiheit der Individuen und der Einheit des Ganzen. diese 3 Elemente sind es, die wir näher zu betrachten haben, das lste war die Selbstständigkeit der Individuen, deutschland überhaupt hatte von jeher freie In¬ dividuen, und die Römer haben die deutschen in diser Rücksicht sogleich in
15
Gegensatz ihrer selbst aufgefaßt. Freiheit war von jeher das Panier der deut¬ schen. der 30jährige Krieg, der Westphählische Friede, der Fürsten bund gegen Joseph II. alle dise Momente gingen aus disem Prinzip der Freiheit empor.
3—8 ist das ... vereinen] Gr: daß ein Theil der Stämme nach aussen geht während der andere zu Hause bleibt, so ist doch beiden das gemeinsame Ziel gewesen, sich dem Staate entgegen zu
20
bilden, und in dieser Fortbildung zum Staate sind es drei Bestimmungen die hier nothwendig vereint sein Hb: so daß ein Land sich nach außen geworfen, die andern sich zu Sklaven gemacht hat und das andere ruhig zu Hause bleibt, ist das nothwendige Ziel eins und dasselbe gewesen, sich dem Staat entgegenzubilden; und dieses Ziel, dieser Fortgang, ist das Gemeinsame das allen zu¬ kommt. Es sind 3 Bestimmungen, die sich hier vereinigen
8-12 die Eine ... Ganzen.] Gr: Die
25
erste Bestimmung ist die Bildung zur Gemeinsamkeit die von einzelnen Individuen ausgeht und 199Gr
sie in der Vereinzelung ihres | Willens läßt. / Die 2te Bestimmung ist die Bildung durch und zu einem Mittelpunkte, ein König zu dem herauf oder von dem herunter diese Bildung geht. / Die 3te Bestimmung ist die Vermittelung zwischen beiden, die Freiheit der einzelnen und der Einheit. Hb: 1. Bildung zur Gemeinsamkeit, die von vereinzelten Individuen ausgeht und
30
sie in der Vereinzelung ihres Willens läßt. 2. Bildung zu einem Mittelpunkt, durch einen Mit¬ telpunkt; König oder Fürst, von welchem aus die Bestimmung ausgeht. 3. Die spezifische Weise der Vermittlung dieser beiden, die Freiheit der Individuen.
13-18 das lste ... empor.] Gr: Die
lte Bestimmung trifft Deutschland, seine Völker sind von jeher wegen ihrer Freiheit berühmt gewesen und sind im Gegensatz zu den anderen Völkern so aufgefaßt. Bis auf die neueste Zeit
35
sowohl im westphälischen Frieden als zu Friedrich II Zeit sind gegen den römischen Kaiser die Fürsten aufgerufen. Hb: 1. Die teutschen Völker sind solang man von ihnen weiß, wegen ihrer Freiheit berühmt gewesen, die Römer haben sie gleich in diesem Gegensatz aufgefaßt gegen die Völker unter der römischen Herrschaft. Freiheit Teutschlands war immer das Panier, im 30jährigen Krieg, und im 7jährigen &c. 6 3 so Hb; Ho: 2
7 zum] als zm
40
GERMANISCHES WELTREICH
407
Indem dieß Element der Freiheit der Individuen zu einem Gesellschaftlic/zen fort¬ geht, kann diser Fortgang sich nur zu Volksversammlungen bilden, deren Mit¬ glieder alle Freie waren, die sich über Alles und Jedes benethen. So sehn wir von den deutschen Völkern sowohl von denen, die in der Fleimath blieben, als die, 5
welche hinaus stürmten, solche Versammlungen, die verbunden waren für alle Bedürfniße und Verhältniße, in Rücksicht der Wälder, der Äcker | in Rück-
165vHo
sicht des Rechts, sodaß die Gemeinden auch die Richter waren. In Ansehung des Privatrechts ist das Eine zu bemerken, daß der Todtschlag durch eine Geld¬ buße konnte abgethan werden, dieß ist hier keine Strafe, geht nicht von derBlut10
rache der Orientalen aus, sondern wir haben hierin zu sehn, daß das positive Bestehn des Individuums die Hauptsache war, daß also der Freie in der Volksver¬ sammlung bestehn bleiben sollte, als was er war, und nur eine Buße geben mu߬ te. dises absolut concrete Gelten des Individuums ist also hier eine Hauptbestim¬ mung.
15
Ebenso wie die Angelegenheiten des Rechts durch dise Gemeinden
berathen wurden, waren auch die allgemeinen Gegenstände diser Volksversamm¬ lungen; sie waren freie Bündmße, wie unter Arminius. dises daß durch die Volksversammlungen das Individuum als particuläres galt ist ein Grundzug, den Tacitus schon beschreibt, und der noch in den fränkischen Märztagen, und später auf den deutschen Reichstagen durchscheint, das Andere Moment zu diesem
20
Gelten der Particularität des Individuums ist die Bildung bleibender und be¬ stimmter Mittelpunkte in den Königen, die Bildung eines solchen Mittelpunkts,
1—3 Indem dieß ... beriethen.] Gr: Dies war das gesellschaftliche Verhältniß, zum Anfänge ei¬ nes Staates aber konnte es sich nur in den Volks-Versammlungen | zeigen, das nur freie Männer
200Gr
zu Mittgliedern hat und in welchem jedes Mittglied darum als freier Mann proklamirt ist. Hb: 25
Durch das Element der Freiheit, indem es zum gesellschaftlichen Verhältniß überging, kann nichts andres gesetzt werden als Volksversammlungen, daß jedes Individuum ein freier Mann sein muß, eben dadurch daß er Mitglied ist.
3—7 So sehn ... waren.] Gr: Solche Gemeinden zeigen
sich in den Völkern so wohl in denen die zu Hause bleiben als auch in denen die hinaus strö¬ men, Gemeinden die verbunden waren zu allen Verhältnissen in den Marke«, in Rücksicht der 30
Weiden, ja des Eigenthums, ja daß diese Gemeinden auch Richter waren.
8 das Eine zu be¬
merken] GrHb: (Gr: ein Umstand,) zu bemerken )der] WU , daß) die germanischen Völker (Hb: das) besonders auszeichnet (Gr: , nämlich)
10—13 sondern wir ... mußte.] Gr: das positive
Bestehen des Individuums ist das Ueberwiegende, der freie Mann gilt als beste|hend er mochte gethan haben, was er wollte. So in heutiger Zeit die Ehre, es mag einer gethan haben was er 35
will, so verlangt er doch dafür nicht geschmäht zu werden. Hb: wir haben hier zu erkennen, daß das positive Bestehn des Individuums hier das' Überwiegende ist, daß das Individuum gegol¬ ten hat als solches.
13—14 also hier eine Hauptbestimmung] Hb: eine Bestimmung, die das
Band dieser Vereinigung überhaupt ausmachte
16-21 dises daß ... den] Gr: Das Individuum
als partikulare Subjektivität, ist ein selbstständiges und letztes. Tacitus führt als eine« Grundzug 40
der Germanen an, daß in ihren Volksversammlungen jedes Individuum galt; das andere Mo¬ ment zum individuellen Gelten ist die Bildung von freien bleibenden Mittelpunkten, Fürsten, Heerführern,
201Gr
408
NACHSCHRIFT HOTHO '
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wenn sie auch äußere Veranlaßwug durch Geburt hatte, so kam sie doch aus ei¬ nem freiwilligen Anschließen der Individwe« her. Es ist ein Zusammenhang der Treue, denn die Treue ist das 2tc Panier der Germanen. Sie schließen sich frei an ein subject und an seinen dienst an, und haben darin ihre Ehre, und machen das Verhältniß zu einem Unverbrüchlichen, diß Verhältniß war weder bet den
5
Römern noch Griechen. Orest und Pylades war mehr ein Verhältniß particulärer Freundschaft, das Prinzip der Treue ist also ein Prinzip der modernen Welt, das Selbst, dise innerste Persönlichkeit nach disem sollen die Individuen bezogen sein, die Beziehung also ist eine der subjectivität d.h. ein subject muß an die 166rHo
Spitze der andern gesetzt werden, dieß Verhältniß | der Treue also ist das Andere
10
Panier, das zuerst gegen Außen hm sich richtet, wo es sich nothwendig macht, der Zweck ist dann nicht die Erhaltung dessen was ist, sondern ein Angriff auf ein Äußeres, dise Spitze, die sich in der Erobrnng bildet, wird in ihr mächtig, denn sie wird der Herr über die Ueberwundenen, denn einerseits ist ein Halt ge¬ gen die ueberwundenen nöthig, und anderseits haben die Ueberwundenen selbst
15
sich an die selbe zu halten. So bildet sich eine Spitze, von der aus die Geschäfte gehn, Güter vertheilt werden. Es gehört also in dieß Prinzip von den dienstleuten. Es zeigen sich so 2 Weisen des Zusammenhangs, die eine, nach welcher das Individuum seiner Genossenschaft angehört, und die andre, wo die Spitze das
1-6 202Gr
äußere Veranlaßwng ... Griechen.] Gr: äusserlich veranlaßt war, beruhte doch auf freier An-
20
Schliessung der Individuen auf der Treue | derselben, dem zweiten Panier zur Freiheit der Ger¬ manen. In diesem Anschliessen, dieser dem Germanen eigenthümlichen Treue hat das Individuum seine Ehre, und macht dies Verhältniß aus sich zu einem unverbrüchlichen. Weder die Römer noch die Griechen kannten dies. vgl. Hb: 2. Das Anschließen an den Fürsten geschieht mit freiem Willen, welches Verhältniß zu einem unverbrüchlichen wird.
6—7
war mehr ... Freundschaft] Gr; sind nur
25
ein einzelner Fall, mehr der Freundschaft als des Dienstes, die Könige dienen nicht dem Agamem¬ non, sondern schhessen sich ihm nur zu bestimmten Zwecken an
7—10
der Treue ... werden.] Gr:
der modernen Welt ist dies aus dem innersten Gemüth mit einem andern Subjekt in Verbindung zu stehen, die Beziehung muß in Weise der Subjektivität sein d. h. das Subjekt muß an der Spitze der an203Gr
dern sein.
10-17
dieß Verhältniß ... werden.] Gr: Dem Verhältniß der Treue sind Unternehmun¬
30
gen nach Aussen eigenthümlich. Wo gehandelt werden soll, da müssen Individuen an der Spitze ste¬ hen. Der Zweck ist hier nicht Erhaltung und Vertheidigung sondern es ist die Richtung nach aussen vorhanden. Diese Spitze wird selbst mächtiger, sie ist Chef der ihrigen und ferner der Ueberwunde¬ nen Herr. Bei Eroberungen ist ein Halt gegen die Ueberwundenen nöthig, und die Ueberwundenen müssen sich an den Ueberwinder wenden, daher besonders wird er mächtiger, und so bildet sich ein
35
Mittelpunkt. Hb: Dieser Mittelpunkt, diese Spitze ist nothwendiy, wo gehandelt werden soll. An diese Spitze haben sich die Überwundenen zu halten, daher das Entstehen einer Macht.
17—409,3 gehört
also ... also.] Gr: giebt hier zwei Weisen des Zusammenhanges, die erste ist: daß das Individuum sei204Gr
ner Genossenschaft angehört, | wo der Beschluß vom ganz partikulären Willen ausgeht. Die andere ist für das Ganze zu fechten und als Dienstmann für seine Oberen thätig zu sein, so sind die Herzoge und Grafen sowohl Vorsteher freier Genossen als Dienstleute ihrer Obern. Hb: steht der Einzelne im doppelten Verhältniß zu seinen Genoßen, und zum Führer. 24 2. auf dem Rande
40
GERMANISCHES WELTREICH
409
Gebietende ist. das Individuum also hat 2 Verpflichtungen, einmal für die Ge¬ nossenschaft, dann als dienstmann für den festen Mittelpunkt. Es ist also hier ein doppelter Sinn von Herzogen, dieß sind die 2 Hauptverhältm'ße also, das 3te ist die Vereinigung beider Verhältniße, und um die Verbindung beider dreht sich 5
die Bildung des Staats, dienst des Fürsten und Verpflichtung gegen das Individu¬ um muß zusammenfließen, muß Pflicht auch für das Allgemeine sein, der Ge¬ horsam für den Fürsten, muß Gehorsam für seine eigne Freiheit sein. Beide Sei¬ ten also haben sich zu vereinen, die Rechte, die das Individuum dann hat, müssen theils gemeinschaftlic/i sein, Privatrechte, dann Rechte, die dem Staate als dem
io
Allgemeinen zukommen, der Staat soll die Seele, der Herr bleiben, von ihm soll die Bestimmung und Berechtigung ausgehn, die Vereinigung dessen, was wir als Treue sahen mit dem was particulärer Wille ist, ist das letzte Ziel der Staatenbildwng. In dem ersten Anfänge treten die Colhsionen beider Seiten auf, und was das Ueberwiegende der germanischen Staaten ist ist die particuläre Subjectivitä't,
15
welche die lstc Form ausmacht, in welche alle Rechte und Pflichten gefaßt wer¬ den. | die Rechte also erhalten nicht den Character allgemein rechtlicher Bestim-
166vHo
mutigen, sondern alle Gesetze der Staatseinrichtungen sinken zur Form von Privatreehten herab, und was ein Allgemeines sein sollte, zersplittert sich in Mengen von Privatpflichten. Alles zerspaltet sich in besondere Rechte, in particuläre 20
Verpflichtungen, dieß ist die wichtigste Form, in der sich das Staatsleben faßte, das eben deswegen kein Staatsleben ist, da es nur eine unendliche Menge von Privatabhängigkeit aus macht. Aus disem kampfvollen Zustande arbeitet sich erst spät ein Allgemeines, ein Verständiges heraus, das, wesend ich aus
3—19 das 3te ... Privatpflichten.] Gr: Das 3te hierzu ist die Vereinigung beider Weisen, um die 25
sich die Bildung zum State dreht, so daß das Individuum nicht nur gegen ein Individuum son¬ dern gegen die eigene Freiheit den Dienst ausübt. Hier entstehen Pflichten und Rechte nach bei¬ den zunächst getrennten Seiten. Die Rechte des Individuums müssen Theils gemeinschaftlich sein, Theils nicht. Die Rechte müssen Theils der Privatperson zukommen, Theils dem Staat, der Seele und Herr bleiben | soll. Die Gewalten fliessen aus der allgemeinen Bestimmung. Die Ver-
30
205Gr
einigung der Treue ist das letzte Ziel, wovon die Staatsbildung ausgeht. Das Eigenthümliche in den germanischen Staaten ist überwiegende Besonderheit. Die barbarisch, partikuläre Sub¬ jektivität ist die erste Form aller Rechte und Pflichten, aller rechtlichen Zusammenhänge, die nicht den Charakter gesetzlicher Bestimmungen haben, sondern in die Form von Privatrech¬ ten herabsinken. Es ist kein Inhalt allgemeiner Natur, sondern das Ganze ist in partikulärer Pri-
35
vatabhängigkeit zersplittert. Hb: 3. Während des Kampfes jener beiden Verhältniße ist den Ger¬
66vHh
manen eigentümlich die partikuläre Subjektivität, alle Rechte sinken herab in Privatrechte, und was allgemein sein sollte, zersplittert sich in viele besondere Rechte.
19-22 Alles zerspaltet ...
macht.] Gr: Die wichtigste Form in die sich das Staatsleben fasst, ist die Sammlung unendlich vie¬ ler Privatabhän| gigkeiten. 40
22—410,2 disem kampfvollen ... ist.] Gr: mühseligen Kämpfen bildet
sich zuletzt ein verständiges Allgemeines. Dies kann als großes Ganzes zusammengesetzt und in 2 Mittelpunkt] Mittelpkte
37 sein so Ho
206Or
410
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Privatverhältnlßen zusammengesetzt, als ein in sich Unorganisches anzusehn ist. So ist es in der englischen Verfassung, deren Einzelnes ein in sich unconsequentes ist. die ältere Geschichte von deutschfand ist deshalb eine peinliche End¬ lichkeit von Bestimmungen, und eine Mühseligkeit disen Einzelheiten nachgehn zu müssen, während in andern Geschichten immer das Bild eines Ganzen vor¬
5
handen ist. die Geschichte germanischer Völker aber ist eine Sammlung von Ein¬ zelheiten. Es ist eine unendliche Menge der Formen der Abhängigkeit in Betreff der dienste und eben so in Rücksicht auf das Eigenthnm, und ebenso finden wir die Zersplitterung in Betreff auf das Geographische, dieß also ist die Grundbestim/nwng, daß kein Einfaches, keine Gesetze als ein Allgemeines vorhanden ist,
10
sondern alles zu Fordernde und alles Eigenthnm ein Particulaires, und beides das dienstfordern und das Eigenthnmhaben auseinanderfällt als das Privateigenthnm. die Ämter werden Privateigenthnm, und eben so die dienste, also das zu Leistende wurde in die Willkühr dessen gelegt, der zu leisten hatte. Es ist hiemit absolute Vereinzelung, und Entfernung alles Sins für den Staat. Zu diser Vereinze¬
15
lung, disen Particularitäten der Verhältniße kommt das particufare Gemüth und die Leidenschaften, die die größten Greuel hervorbringen. | die Religion wirkt zwar dagegen, aber die Kirche in disen Zeiten lebend erwirkt ebenso wie die an¬ dern die disparatesten Rechte; sie bekämpft also einerseits die Particularifat, die
sich unförmlich sein, sind die einzelnen Verfassungen aus Privatverhältnissen hervorgegangen,
20
die einzelnen Berechtigungen sind ungleich, in sich inconsequent, ungeachtet ein Ganzes da ist. Hb: dem mühsamen Kampf bildet sich ein Ganzes, Allgemeines, Verständiges aus
3-7 die
ältere ... Einzelheiten.] Gr: In Deutschland hat man eine peinliche Gelehrsamkeit von Einzelnheiten und Hörigkeiten zu verfolgen statt daß andere Geschichten das Bild eines Gan¬ zen liefern.
7-9 ist eine ... Geographische] Gr: sind eine unendliche Menge Formen der
25
Abhängigkeit und Dienste in Rücksicht auf Eigenthum, wie sich dies auch geographisch zersplittert
9-13 dieß also ... Privateigenthnm.] Gr: Es giebt keine einfachen allgemeinen
Grundgesetze, alles was zu leisten | und zu fordern ist, ist Partikuläres und Privateigenthum, dem Staate bleibt nichts oder wenig.
13-14 Ämter werden ... hatte.] Gr: Geschäfte und
Aemter werden partikulär. Was im Sinne der Dienstmannschaft genossen wird, wird zu einem Privateigenthum und das zu leistende wird in die Willkühr des Leistenden gelegt.
30
14-15 Es
ist ... Staat.] Gr: Hiermit ist ein gänzlicher Mangel des Staats-Sinnes und eine Einwurzelung in Privatvortheil und Zersplitterung vorhanden.
15-17 diser Vereinzelung ... hervorbringen]
Gr: dieser Vereinzelung kommen partikuläre Leidenschaften im grossen und kleinen Hb: den partikulären Rechten treten dann die partikulären Leidenschaften
17-411,4 Religion wirkt ...
35
hätte.] Gr: Religion mit ihrem Schrecken ihrem Trost und ihrer Wahrheit rückt der Eigensucht entgegen, aber die Kirche erwirbt wie die anderen die disparatesten Rechte, die Kirche erhebt die Gemüther zu höheren | Zwecken, aber ihr gereicht die Gleichgültigkeit gegen die Güter zum Vortheil, sie tritt an die Stelle der anderen, und das alte Verhältniß bleibt. Das Individuum entsagt der Welt, die grade der Erhebung des Geistes bedürfte. Hb: Kirche ist auch nicht frei davon; sie wirkt gegen die Herrsch aß des Aeußern.
1 zusammengesetzt] zü/sammengesetzt ten] Leiden/schften zu
16 Particularitäten] Particulerithaten
17 Leidenschaf¬
40
411
GERMANISCHES WELTREICH
Gleichgültigkeit gegen Herrschaft und Güter kehrt sich aber zum Nutzen der Kir¬ che, die in die Stelle diser Herrschaft tritt, so daß in dem Verhältniß nichts We¬ sentliches geändert wird. Entreißt die Kirche den Individuen die Leidenschaften, erhebt sie ihre Geister, so entsagen sie der Welt, die ihrer grade bedurft hätte. 5
Indem so die europaeische Welt sich neu bildet, und die Völker in ihren Zu¬ ständen sich festsetzen, so bestimmen sie alle Verhältniße, die sie kennen lernen, aut eine particuläre Weise. Was Regel und Gesetz werden muß, ist hier eine un¬ endliche Menge von Zufälligkeiten; was einfach sein muß, wird ein unendlich Verwickeltes, die Völker von der Einheit der Christlichen Religion abfallend hau¬
10
sen sich in der Particularität ein. Indem das Allgemeine Particularität wird muß die gänzlich entgegengesetzte Richtung eintreten, wo alle Privatsachen zerschla¬ gen, die subjectivität von jeder Schranke gereinigt wird, dise andere Revolution, dises Extrem ist die orientalische Welt, wo jetzt das Eine, Einfache zum absoluten Gegenstand des Bewußtseins, zum Letzten Zweke alles Handelns gemacht wird.
15
Wir haben früher die substantielle Einheit des Orients gesehn, wo die Einheit des Gedankens und des Natürlichen ungetrennt, der Geist also von der Natur befan¬ gen war, die Vorstel/nng also in eine Menge von Göttern zerfällt. Jetzt aber in dem reinen Gedanken des Einen ist alle bindende besonderheit verzehrt, und diser Gedanke des Einen läßt es auch in der Wirklichkeit zu keinem Bestimmten kom¬
20
men, denn alles Besondere ist gegen diß unendlich Weite als ein nur Accidentelles gesetzt, das Licht der Perser ist auch nur ein Natürliches; der Eine des Orients ist daher vielmehr der Eine des Judenthums, das im | Mahomedamsmus Reli-
167vHo
5—7 bildet, und ... Weise] Gr: gestalltet und die Menschen Bedürfnisse und Bildung kennen lernen, so bestimmen sich alle Verhältnisse partikulär, trübe zu Privatverhältnissen 25
7—9 und Gesetz ...
Verwickeltes.] Gr: werden muß, ist Zufälliges und in Abhängigkeit und die Grundsätze werden ver¬ wickelt zusammengesetzt.
10—12 Indem das ... wird.] Gr: Es muß nun die entgegengesetzte Rich¬
tung zur Integration des Ganzen auftreten, in der alle Privatsachen zerschlagen, die Subjektivität von innerer und äusserer | Schranke gereinigt wird. Hb: Zur Integration des Ganzen muß nun eine ganz entgegengesetzte Richtung eintreten; alle Partikularität muß zerschlagen werden. 30
209Cr
12-412,5 d/se
andere ... Besonderheit.] Gr: Im Orient wurde das Eine Gegenstand des Bewußtseins und Letztes der Wirklichkeit, das Verhältnißlose wurde Verhältniß aller Existenz. In ihm sind Gedanken und Natur ungetrennt, der Geist in der Natur befangen und unfrei. Das Dasein zerfällt in unzählich viele Gött¬ lichkeiten, die natürliche Banden sind, im reinen Gedanken des Einen ist alle bindende Besonderheit verzehrt. Der reine Gedanken des Einen läßt es in der Wirklichkeit zu keiner Organisation kommen,
35
alles Besondere ist accidentell nur ideell darin, dies ist nicht das Licht der Perser, nicht als Natürli¬ ches, sondern es ist der Eine der Inder im Muhamedanismus vollendet | als dieser Eine gewußt als innerlich sich bestimmend. Im Christenthum ist die andere Weise der Vollendung, das ist daß das Eine von äusserlicher Beschränkung frei als das Eine des Gedankens angeschaut wird, dies ist das Negative gegen die Natürlichkeit und Besonderheit. Hb: Das ist eben die Revolution des Orients, der reine Ge¬
40
danke muß jetzt wirklich werden, alles Besondere ist dann schlechthin als accidens gesetzt. Dieß Eine ist das Negative gegen das Natürliche und eben so auch gegen alles Besondere. 33 reinen Gedanken des so Ho; in Gr eine Lücke von knapp einer halben Zeile eine Lücke in Wortlänge
bindende so Ho; in Gr
210Gr
412
NACHSCHRIFT HOTHO '
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g/on des Orients überhaupt wird, diser Eine hat seine Wahrheit erst im Christenthum als in sich erfüllt und bestimmt, die andere Weise der Bestimmung des Ei¬ nen ist, es als reinen Gedanken von aller natürlichen Besonderheit befreit, zu erfassen, dieß Eine ist somit das Negative gegen alles Natürlie/ie, und gegen jede Besonderheit. Indem diser Eine als das Absolute gewußt wird, muß auch die Re¬
5
ligion dises Einen wirklich werden, und dazu gehört, daß diser Eine das allein Geltende und Herschende, Anerkannte, Gewollte sei. dise Realisirwng muß die Zerstörung aller Unterschiede sein und hiemit Fanatismus, dise Religion als das eine Bewußtsein des Individuums muß Fanatismus sein, denn der Fanatismus ist dises ein Abstractes zu wollen, und gegen jedes Besondere ein Negatives zu sein.
10
Als Empfindung ist dises Eine gegen alles ObjeefiV seiende, denn das Objerfine ist wesentlie/i in sich gegliedert, der Mahumedanismus ist es also, der in seinem Glanze, in seiner Freiheit, in der Weite und ungetrübten Klarheit der Vertiefung der christlichen Welt in das Particuläre entgegensteht. In disem Einen fällt alle Besonderheit des Orients weg, aller Kasten unterschied, alles Recht der Geburt,
15
alle besondern Zwecke sind ungültig, und dise Ungültigkeit sich realisirend wird zerstörend und verwüstend. Im lsten Viertel des 7ten Jahrhunderts ist es, daß diser Mahumedanismus auftrat, und er macht das Ergänzende zum Prinzip des Abendlandes aus. — der Mahumedanismus kann einerseits für sich träge sein, insofern aber ge¬
20
handelt werden soll, insofern sich diser Geist zur Wirklichkeit verhält, muß er wesentlich negativ sein, denn sein Character ist das Fanatische, das wirkliche Leben
5—17 Indem diser ... verwüstend.] Gr: Indem dies Eine als absolut gewußt wird so soll die Re¬ ligion des Einen wirklich vorhanden sein, dazu gehört daß die Anschauung des Einen das allein Anerkannte und regierende sei; Indem dies Eine allein gilt und realisirt wird so ist dies die Zerstö¬
25
rung aller Unterschiede, der Fanatismuß, der etwas Abstraktes will, indem alles Bestimmte negativ ist. Wenn dies Abstrakte Empfindung ist, so ist diese fanatisch, das Objektive | ist solches nur als sich gliedernd, die Empfindung ist gegen dies Objektive fanatisch, nicht aber nur die Empfindung, sondern auch die Vorstellung des Einen, abstrakten, die sich Wirklichkeit giebt ist fanatisch. Der Muhamedanismus tritt daher klar damit auf; alle Banden verschwinden, keine Kasten, kein Adel,
30
kein positives Recht, keine politische Beschränkung der Individuen ist vorhanden, Eigenthum und Besitz sind ungültig. Es giebt keine Anstalten nach Ursachen und Wirkungen daher verwüstet, bekehrt, erobert der Muhamedanismus alles. Alles ist gleich, nur der Glaube an den Einen bleibt. Hb: So soll auch die Religio« des Eine« wirklich vorhanden sein, es tritt diese abstrakte Einheit im Mahomedanism als Fanatism ein, der alle anderen Religionen feindlich bekämpft. ... aus]
Gr: trat die Ergänzung zu dem was wir im
|
Abendlande sehen, auf
17-19 ist es 20-22
35
der
Mahumedanismus ... wesentlich] Gr: Bei diesem Glauben des Einen, wo das Bewußtsein nur den Einen und sonst nichts anerkennt, bei diesem Fanatismus kann der Muhamedanismus doch trä¬ ge sein in so fern sich der Geist aber zur Wirklichkeit erhebt, muß er Hb: Der Mahomedanism kann einerseits träge sein, insofern aber gehandelt werden soll, muß der Geist des Muhamedanism wesentlich
22-413,3 denn sein ... regiert] GrHb: Das wirkliche Leben ist (aber hier konkret, es
geht zu Bestimmungen fort. Alles Konkrete, erscheint aber nur als Accidentelles, es erscheint auf
40
GERMANISCHES WELTREICH
aber ist concret, bestimmt sich; das
|
413
concrete Bestimmte im Leben des
168rHo
Mahumedamsmus zeigt sich als ein Accidentelles, Verschwindendes: Was zur Er¬ scheinung kommen will ist nur ein Momentanes, und der Glückswechsel regiert alle Verhältn/ße. Es ist also hier der Boden steter Verandrnng, in Betreff auf In¬ 5
dividuen und ganze Reiche, das Individuum kann jetzt Sclave sein, dann Fürst werden und umgekehrt. Eine Menge Dynastien sind von Sclaven gestiftet, aber kaum scheint ein Reich in Ruhe zu sein, wird es zerstört, denn der Mahumedanismus ist das stets sich Verjüngende, daß ein Individuum Fürst, Minister ist, Dynastien bestehn, alles ist eine blosse Zufälligkeit, diejenigen die die Stützen
10
des Throns sind, die nach unsern Begriffen höchst dankbar sein sollten, stürzen gerade den Fürsten. Was Gestalt werden will, zerfließt also ebenso unmittelbar, das 3U was hierin hegt ist, duß cDs Bestimmte zu dem das Individuum kommt, daß es in dtsem ganz und durch und durch davon durchdrungen ist. der Europäer hingegen ist ein Convolut der mannigfachsten Verhältniße; der Mahumedaner
15
aber ist eines ganz und nur dieß Eine. Ist der Mahumedaner rachsüchtig, so ist der Tiger nicht wilder, ist er empfindend, liebend, ist nichts concreter, intensiver, als diese Liebe, in der allein er lebt, die Innigkeit, Schönheit der Liebe ist im Orient im schönsten Glanz vorhanden und beschrieben. Allen Glanz, alle Pracht legt der Fürst zu deu Füßen der Geliebten, aber ebenso rücksichtslos opfert er sie auf.
20
Sand gebaut, alles was zur Erscheinung kommen will ist nur momentan und der Glückswechsel re¬ giert] Hb: ein besonderes, alles was sich befestigt, was als ein Konkretes erscheint, ist da ein Accidens, auf Sand gebaut. Der Glückswechsel regiert hier]
4—5 also hier ... Reiche] GrHb: (Hb: hier]
der Boden (des Wechsels] Hb: absoluter Veränderung]
5—6 jetzt Sclave ... umgekehrt] GrHb:
Sclave seinfi und doch wieder Gebieter über weite Reiche werden, eben so kann | ein Reich das 25
213Gr
in Ueppigkeit versunken ist, doch aus eigener Quelle sich restauriren] Hb: und eben so gut Fürst werden]
8—11 daß ein ... unmittelbar.] Gr: Daß fürstliche Familien sind ist blosse Zufälligkeit,
die Günstlinge des Fürsten die ihm den größten Dank schuldig sind, werfen ihn herunter und set¬ zen sich auf den Thron. Es ist schlechthin der Boden der Veränderlichkeit. Hb: Diejenigen auf die der Fürst sein Vertrauen setzt, werfen ihn im anderen Augenblick herunter und setzen sich an seine 30
Stelle. Was hier Gestalt werden will, zerfließt eben so unmittelbar.
12-17 das 3tc ... lebt.] Gr:
Ferner liegt darin, daß das Besondere, Bestimmte in dem was es ergreift ganz ist, durch und durch, das Individuum der Muhamedaner ist nicht so wie die Europäer die eine Menge von Rücksichten haben, wenn der Muhamedaner listig ist, so ist nichts hartnäckiger in der Hinterlist, Jahre lang trägt er sich mit ihr herum, eben so wenn er grausam, | großmüthig, empfindend, liebend ist, so 35
ist besonders in letzterem nichts konkreter, inniger. Hb: Das Besondere, Bestimmte, was hier ist, ist durch und durch rücksichtslos. Die Europäer haben eine Menge von Rücksichten, Verfaßungen, Beamten, die sie beobachten, sie sind ein Konvolut der mannigfachen Verhältniße, dieß ist im Mahomedanismns nicht so. Wenn der Mahomedaner empfindend, hebend, schlau, tapfer, grausam ist, so ist er dieß immer im höchsten Grad.
40
18-19 Allen Glanz ... auf.] Gr: Der Fürst, der Kaiser
legt alle Pracht zu den Füssen seines geliebten Gegenstandes nieder, eben so kann er aber auch rücksichtslos diesen aufopfern. 19 zu so Gr; Ho: zur
214Gr
414
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Ein türkischer Kaiser zu Felde ziehend sah eine Christin und in sie versunken, blieb er 4 Wochen unthät/g liegen. Als nun aber das Heer zu murren begann, ließ er die Geliebte vor dasselbe treten, den Srhleier fallen, und sie dann tödtend zog er weiter dem Feind entgegen. In den Griechen und Römern ging der Mor168vHo
gen ein er schönen Welt dnrrh den Zusammenhang mit dem Orient auf.
| der 5
Westen von Europa ist der Naturseite nach im Westen entsprungen aber der Osten ist sein höherer Geistiger Vater, die Römer haben das Christenthnm aus dem Orient erhalten das Element der Freiheit, der Allgemeinheit gegen das nordische Beruhen auf der einzelnen subjectivität. die Tapferkeit der Europäer ist zum schönen Ritterthnm in Spanien dnreh die Araber geworden, die auch die Wis-
10
senschaften verbreiteten. Ebenso ist auch die freie Phantasie an den Orient ange¬ gründet. Noch kürzlich erst hat sich Göthe an das Morgenland gewandt und in seinem Divan eine Perlenschnur der Lieder gegeben, deren Gluth am orientalisclien Feuer sich anzündete. dieß also ist der allgemeine Character des Orients und das Verhältniß zum
15
Westen. Was das Practisc/ze betrifft, so hat keine Begeisterung größere Thaten vollbracht als dise morgenländische, dise Begeisterung hat kein bestimmtes Ziel gehabt, sondern ist eine rein abstracte, alles umfassende, nichts Bedürfende, dise 1—4 Ein türkischer ... entgegen.] Gr: So jener türkische Kaiser der seiner Geliebten den Kopf
abhieb. Diese Glut ist auch in der Poesie der Araber, der Saracenen, es ist ganz vollkommenes
20
hingeben, keine Sehnsucht. Hb: Der türkische Kaiser legt alles dem Gegenstand seiner Liebe zu Füßen, und opfert ebensosehr auch denselben rücksichtslos auf. Diese Gluth ist ebenso in der Phantasie; in der Dichtung der Araber.
4—14 ging der ... anzündete.] Gr: ist im Zusammen¬
hänge mit dem Orient ein schöner Morgen aufgegangen, so auch mit der christlichen Welt, deren natürlicher Vater der Abend, der geistige der Orient ist. Von diesem haben sie auch das
215Gr
25
Element der Freiheit gegen das nordische Element der vereinzelten Subjektivität. | / Die eu¬ ropäische Tapferkeit ist zum schönen Ritterthum geworden in Berührung mit den Arabern, eben so die klassischen Werke der Alten, auf die sie Einfluß gehabt haben, und eben so die freie Poesie die noch in heutigen Tagen von Göthe in Anregung gebracht ist. Hb: ist der Morgen einer schönen Welt aufgegangen in Verbindung mit dem Orient; aus dem Osten ist das Christenthnm
30
gekommen, im Westen hat es sein Prinzip erhalten; das Element der Freiheit, der Allgemein¬ heit gegen die nordische Subjektivität, die nur Tapferkeit ist durch den Orient in Spanien zum Ritterthum idealisirt, die 'Wißenschaft kam den Europäern durch die Araber; die alten Autoren waren lang aus arabischen Übersetzungen allein bekannt. Ebenso ist die Poesie am Orient an¬ gezündet. Noch kürzlich hat Goethe im westöstlichen Divan eine Perlschnur aus dem Orient gegeben.
35
17-415,4 dise Begeisterung ... herauf.] Gr: Es ist eine rein abstrakte Begeisterung
die deswegen alles umfaßte, die durch nichts aufgehalten wurde, sie eroberte ohne Kriegskunst die Länder von Tibet aus bis an das Mittelmeer, ganz Aegypten, später Persien und Hindostan, bis ins mittlere Afrika machte sie sich alles unterthänig und kam endlich über Spanien bis in die
216Gr
Mitte des | südlichen Frankreichs. Hb: Diese Begeisterung ist rein abstrakt, durch nichts aufgehalten. Sie hat vom Euphrat an bis ans mittelländische Meer alles unwiderstehlich erobert, ohne
67rHb
besondere | Kriegskunst. Auch sind die Araber in Spanien und das südliche Frankreich bis in die
Mitte herauf eingedrungen.
40
415
GERMANISCHES WELTREICH
hat vom Euphrat bis zum Mittelmeer ohne besondere Kriegskunst unwidersteh¬ lich alles erobert, auch Persien. Hindostan und das mittlere Asien tiefhin sich unterwürfig gemacht, so auch Ägypten; Spanien und Frankreich bis in die Mitte herauf. Erst bei Poitiers sind die Araber geschlagen. Ebenso wandten sie sich 5 nach Italien bis Nizza. In Frankreich schlug sie 730 Karl Marteil. Sein Sohn war Pipin, dessen Sohn Carl der Große, dise Macht erlangten die Araber in einem Jahrhundert und ebensoschnell ist bei ihnen auch die Blüthe aller Wissenschaften aufgeschoßen. Unter den großen Califen ist im 8ten und 9ten Jahrhundert Aegyp¬ ten und Kleinasien voll von blühenden Städten gewesen, wo überall gelehrte io Schulen sich versammelten. | Besonders glänzte der Hof zu Bagdad, an äußerer Pracht und durch Poesie und
169rHo
Einfachheit der Sitten, der geringste Sarazene sah den Kalifen als seines Gleichen an und durch die naive Richtung des Geistes konnte dieß sich äußern, dieß große Reich aber war selbst nur ein Verschwindendes das spurlos hinsank. Später wur15 den die Türken übermächtig, die sich dadurch unterscheiden, daß sie aller Cultur sich unfähig gezeigt haben. Zu gleicher Zeit als dos große arabische Reich in viele besondere zerfiel, zerfiel auch das große Fränkische, zu dem wir zurückzu¬ kehren haben, nach der Betrachtung der beiden Gegensätze des Orients und Occidents —
20
4-5 Ebenso wandten ... Nizza.] Gr: Ebenso wendeten sie sich von der Provence aus gegen Italien gegen Nizza. Hb: Von der Provence aus haben sie sich nach Italien gewendet.
5-6 schlug sie ...
Große.] Gr: wurden sie 730 von Karl Martell geschlagen, dem Großvater Karls des Grossen. Hb: stießen sie auf Karl Märtel, der sie 738 geschlagen.
7 aller] Gr: der Poesie und
8-10 Unter
den ... versammelten.] GrHb: Im 8ten Jahrhundert (Ist in ganz Spanien ein Reichthum von 25
Städten mit den herrlichsten Pallästen, überall finden sich Gelehrte] Hb: bis ins 9tc hinein ist Asien, Aegypten, Nord-Afrika, Spanien reich an Städten gewesen, die angefüllt waren mit präch¬ tigen Moscheen und Gärten, Versammlungen von Gelehrten,) und Schulen.
11—12 glänzte der
... Sitten.] Gr: aber zeichnet sich Bagdad aus wo hiermit die edelste Einfachheit der Sitten ver¬ bunden war. Hb: glänzend war der Hof des Kalifen in Bagdad. Wißenschaft und edle Einfach30
heit der Sitten wurden hier erhalten.
12-13 geringste Sarazene ... äußern] Gr: Geringste ist
dem Kalifen gleich Hb: gemeinste Sarazene sah den Califen als seines gleichen an
13-16 dieß
große ... haben.] Gr: Dies glänzendste Reich ist aber schnell vergangen und ohne Spur, | sein weiter Umfang wurde späterhin größtentheils von den Türken eingenommen die durchaus aller Kultur sich unfähig gezeigt haben. Hb: Das große Reich der Califen von Bagdad ist zerfallen in 35
sich und von dieser Herrlichkeit ist keine Spur geblieben. Seither haben sich die Türken aller Kul¬ tur unfähig gezeigt.
17-19 zerfiel auch ... Occidents] Gr: ist auch das grosse fränkische Reich
untergegangen Hb: zerfiel auch das große römische Reich 9 von so Gr
15 übermächtig] u / mächtg
22 dem] den
217Gr
416
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II Zweite Periode des Occidents, von der Epoche Karls des Grossen an.
Im Occident beginnen wir die 2tL Periode. Carl der Große brachte das große Reich der Franken zusammen, Frankreich, Spanien, Deutschland, das Longobardische Reich bis an Neapel hin. Im Jahre 800 ward Carl der Große zwm rö-
5
mischen Kaiser ernannt. Aachen war die Kaiserstadt auf deren Thron er noch nach Jahrhunderten saß. Von der Natur des Characters dises Reichs ist nichts be¬ sonderes zu bemerken außer daß jetzt das Prinzip der Particularitöt begann. Im fränkischen Reich waren aber noch Staatsgewalten, denn die Gewalten gehörten noch dem Staat und waren noch nicht Privateigentum, das Ganze war noch im
10
Schweben und erst im Werden der sich festsetzenden Particularität. Nach Carl dem Großen zerfiel das Reich. Unter ihm war das Frankenreich dise reale Herr¬ schaft. daß sie es geblieben wäre als Grundlage, aus der sich das Folgende ent¬ wickelt hätte, solches Verhältniß ist nicht lür das Westliche Europa, denn hier soll der Geist herrschen und diser ist Rückkehr zu sich, nicht von der Natur aus169vHo
15
gehend, da er sonst in seinem | Resultate vom Naturmoment behaftet bleibt, der Geist muß auch vom Äußerlichen anfangen, denn er ist nur das, zu dem er sich macht, diß Äußerliche aber ist ein Unmittelbares, das die Einzelheit des Willens,
3—5
brachte das ... hin.] Gr: brachte das grosse Reich zusammen welches das fränkische Reich
genannt wird. Dazu gehörte Frankreich, Spanien bis an den Ebro, Deutschland wo er selbst die 218Gr
20
Sachsen unterwarf, also das gesammte Deutschland und Italien | bis an Neapel, weiter südlich herrschten Longobardische Herzoge die ihm aber auch das Zeichen der Unterwerfung darbrach¬ ten. Hb: beherrschte Frankreich, einen Theil von Spanien bis an den Ebro; in Teutschland unterwarf er noch die Sachsen, eroberte das longobareüsdie Reich bis an Neapel.
5—7
Im Jahre ... saß.] Gr:
In Rom ward er gekrönt, aber in Aachen hatte er seinen Sitz, wo er noch Jahrhunderte nach sei¬
25
nem Tode im Grabe saß. Er ist so der Herr der Christenheit, denn England ist isolirt. Hb: Aachen war die Kaiserstadt. Er ist das weltliche Haupt der gesammten Christenheit gewesen.
7—11
Von
der ... Particularität.] Gr: Hier begann das Reich der Partikularität, doch ist hier noch Staatsgewalt vorhanden, die Verhältnisse gehörten noch dem Staate an und waren noch nicht Privat-Eigenthum das Ganze war noch in der Schwebe. Hb: Das Prinzip der Partikularifaf begann unter ihm.
30
Das fränkische Reich kann aber ein Staat genannt werden. Das Staatsverha/fni/1 war noch vorhanden. Das Ganze ist noch in der Schwebe. Die Partikularisation erhielt noch nicht den Charakter des Privateigentums. 219Gr
12
zerfiel das Reich] Gr: ward das Reich getheilt und zerfiel Hb: zerfiel dieses
Reich, und wurde getheilt
12—417,1
Unter ihm ... ist.] Gr: Sein Reich war das | reale Reich,
obere Herrschaft, daß dies geblieben wäre, aus ihm sich das Fernere gewickelt hätte, ist nicht für
35
den europäischen Westen. Das westliche Reich ist ein geistiges und dies geistige Moment muß ein solches sein, das nicht von der Natur ausgeht. So hat der Geist auch anfangen müssen von dem Aeusserlichen um sich hervor zu bringen, dies Aeusserliche aber ist, wie wir gesehen haben, auch ein Unmittelbares, aber die Intensität des Gemüths. Hb: Wenn der Geist von der Natur ausgeht, so bleibt er auch in seinem Resultate behaftet mit dem Naturelement; hier aber mußte der Geist an¬ fangen allerdings auch mit dem Aeußerlichen; dieß Aeußerliche ist aber die Einzelheit des Willens;
1-2
II Zweite ... an. so Gr
13
der] dem
40
GERMANISCHES WELTREICH
417
die Intensität des Gemüths ist. Carl ist darum römischer Kaiser geworden, und sein Reich zeigt sich als Fortsetzung des alten Römer reichs, weil die Festigkeit der Einzelheit des Willens, die im römischen Reich das Letzte war, der Europä¬ ischen Welt zum Anlang dient. In dise Privat einzelheit, formelle Rechtlichkeit 5
einer unendlichen Menge von Abhängigkeiten, fällt die germanische Welt zuriik, denn sie ist eine Reaction gegen eine unmittelbare Bestimmtheit, die hier keine Gewalt der Natur, sondern des endlichen Geistes ist. — die Periode des Mittel¬ alters also hat jetzt die Bestimmnng, daß die reale Herrschaft eine ideelle werde, daß die Christenheit jetzt wirklich christliche Welt werde. Es ist also dieß vor-
10
nehmlzV/z Zeit der Kirche, die germanischen Nationen sind früh Christen gewor¬ den, aber dieß ihr Christenthnm war oberflächlich, nicht dnrch alle geistige Verhältniße durchgearbeitet. Carl der Große zwang die Sachsen dern Heidenthnm abzuschwören; ihr Uebergehn war ein bloß formelles; einige Tage sind ihnen im Ganzen die Lehren vorgetragen, dann sind sie getauft, dises Christenthum ist
15
also ein noch ganz Oberflächliches sowohl nach Seite des subjectiven Glaubens, als auch nach der Seite der durchbildwng der Verhältm'ße. das Christenthum soll also jetzt das die Welt beherrschende sein, aber dadurch wird es selbst weltlich gegen Christi Ausspruch: mein Reich ist nicht von diser Welt. Nach diser Weltlichkeit muß dann noch dieß eintreten, daß diese Weltlichkeit aufgehoben ist, denn die
20
1-4 Carl ist ... dient.] Gr: Karl war so römischer Kaiser und sein Reich ist mit Recht als die Fortsetzung des römischen Reichs zu betrachten, so daß das, was in diesem alten Reich das feste war, für das germanische | der Anfangspunkt gewesen ist. Hb: das europäische Reich erscheint von dieser Seite mit Recht als eine Fortsetzung des alten römischen Reichs.
4-7 In dise ... ist.] GrHb:
(Die Bildung der germanischen Welt ist so wesentlich eine Reaktion eine Bekämpfung, nicht 25
Naturbestimmung, sondern formelles Recht,] Hb: Dieß Herabfallen der germanischen Welt in die Privateinzelheit ist wesentlich eine Reaktion, eine Bekämpfung einer unmittelbaren Bestimmtheit. Diese unmittelbare Bestimmtheit ist nicht die Natur, sondern,) Privatgewalt, eine Vereinzelung, die sich festmacht.
7-10 des Mittelalters ... Zeit] Gr: hat nun die Bestimmung daß die reale
Herrschaft eine ideelle wird, daß die Christenheit in die Herzen eingebildet werde. Dies ist vor30
zugsweise die Zeit des Christenthums und Hb: die man Mittelalter überhaupt nennt, hat die Be¬ stimmung, daß statt der realen Herrschaft die ideale herrscht, daß das Christenthnm in die Herzen hineingebildet wird, es ist diese Zeit vorzugsweise Zeit
10-16 die germanischen ... Verhältm'ße.]
GrHb: Das Christenthum (was die Germanen früher angenommen, ist ein oberflächliches, die Sachsen wurden dazu von Karl gezwungen, eben so früher die Burgunder und die anderen Stäm35
me. Diese Predigt des | Christenthums ist noch oberflächlich sowohl subjektiv als auch nach der Seite der Durchbildung in die Wirklichkeit] Hb: soll sein Durchbildung des Gemüths, des Geistes, der Verhältniße; die Predigt des Christenthwws anfänglich wie es zu den Sachsen kam &c. ist noch oberflächlich sowohl nach subjektiver als objektiver Seite,).
16—17 soll also ... es] Gr: ist so das re¬
gierende und wird Hb: soll nun das Regierende der Welt werden, dadurch wird aber das Christen40
thiim
18-418,6 Nach diser ... können.] Gr: Dann muß es sich noch von der Weltlichkeit trennen
und die Welt von der Kirche. Aber die Welt muß dann in ihren Elementen geistig, d. h. vernünftig 18 Christi so Gr; Ho: Christus
von so Gr
418
NACHSCHRIFT HOTHO •
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Weltlichke/t ist getrennt von der Geistigkeit, die Welt aber in ihrem Elemente | 170rHo
muß geistig vernünftig werden, das Kirchliche sich reinigen von der Weltlich¬ keit, denn nur so kommt die wahrhafte Einigkeit beider zu Stande. Kirche und Weltlichkeit können nicht in unmittelbarer Einheit sein, sondern beide müßen sich zu Totalitäten gebildet haben um die wahrhafte Einigkeit constituiren zu
5
können. Im Mittelalter also wird die Kirche weltlich, und stellt daher nur eine falsche Einigkeit dar. Was zu betrachten ist, ist, daß statt des realen Reichs jetzt sich das ideelle bildet, der Geist sich in sich vertieft, in die Tiefe der Wahrheit der christlichen Religion eingeht. In diser Rücksicht nun ist 3erlei darzustellen: einmal wie in die Religion wissenschaftlich hineingegangen ist; wie der Gedan¬
10
ke die Religion gefaßt hat. der Gedanke ist das Innerste des Geistes in seiner abstractesten Freiheit. Früher ist die Lehre der Kirche schon durch Concilien und Kirchenväter festgesetzt, und somit schon fertig geworden. Was jetzt vorhanden ist, ist die Umbildung dises subjecigewordenen durch die Theologen des Abend¬ landes die wesentlich Philosophen waren. Und jede Theologie muß philoso¬
15
phisch sein, denn die bloß geschichtliche Betrachtung geht den Inhalt als Wahr¬ heit nichts an. Im Mittelalter nun ist es geschehen, daß das Objective der Lehren
werden. Das Letzte ist, daß beide Elemente sich für sich gestalten. Die geistige Kirche muß sich rein und dadurch wahr machen. Erst indem jedes für sich ist, ist wahrhafte Einigkeit möglich. Hb: Beide Elemente müssen sich aber für sich gestalten. Es ist verkehrte Vorstellung, daß Religion und Staat
20
unmittelbar eins sein sollen, vielmehr erst indem jedes frei für sich ist, ohne Vermischung mit dem andern, ist die wahrhafte Einigkeit möglich und wird wirklich. 222Gr
6—9 also wird ... eingeht.] Gr:
herrscht die Kirche. Es | ist dies einer Seits nicht zu geringe, anderer Seits aber auch nicht zu hoch anzuschlagen, denn diese Einigkeit ist noch nicht die wahrhafte. Das andere ist daß statt dieses realen Reichs sich das Geistige bilde daß der Geist sich in die Tiefe der Wahrheit tauche, vgl. Hb: Das Mit¬ telalter muß einerseits nicht zu gering, anderseits nicht zu hoch angeschlagen werden.
25
9—12 In
diser ... Freiheit.] Gr: Die ausgeführte Geschichte hatte zu zeigen wie die Individuen sich in die Religion vertieften und das Studium derselben verbreitet wurde. Der Gedanke hat die Religion ge¬ faßt, er hat sich in seine innerste Innigkeit gezogen wo er Geist ist. Hb: Es wäre in dieser Streitsac/ie 67vHb
3erlei zu zeigen 1. wie in die Religion | wissenschaftlich eingegangen worden ist; der Gedanke hat die Religio« gefaßt und ergriffen.
30
12-13 ist die ... geworden] GrHb: (ist durch Concilien der Kirche
die Religion schon] Hb: wurde die Lehre festgesetzt durch Concilien und Kirchenväter, und ist in so¬ fern] fertig gewesen 223Gr
13-17 Was jetzt ... an.] Gr: Jetzt kommt die Umbildung der Religion hinzu,
durch die Theologen des Abendlandes, | die sie in Gedanken auffassen. Im Mittelalter ist Philo¬ sophie und Theologie eins. Wenn die Theologie nicht Philosophie ist, so weiß sie nicht, was sie
35
will. Die Lehre ist im Katechismus, dessen Ausführung Philosophie ist, das Geschichtliche ist nicht Religion. Hb: Was jetzt eintritt ist die Umbildung der Form der Religion durch die Theologen des Abend-Landes welche mit dem Gedanken an die Religion gekommen sind. Im Mittelalter ist Theologie und Philosophie eins gewesen. Das theoDgisc/ie Studinm ist wesentlich philosophisch; das Geschichtliche geht den Inh alt nichts an (?)
17-419,3 nun ist ... Beiwesens.] Gr: ist dies nun das was scholasti¬
sche Theologie oder Philosophie genannt worden ist. Wissenschaft der Theologie, als Erkenntniß der Wahrheit ist die Weise der Gelehrsamkeit nach dieser Seite. 2 werden,] werden;
16 den so Hb; Ho: dem
40
GERMANISCHES WELTREICH
419
des Christenthwms jetzt gedacht ist, und zwar in der scholastischen Philosophie; der Gedanke also hat sich jetzt an die Reliigion gewendet, Theologie war Erkenntniß der Wahrheit, nicht Kenntniß des geschichtlichen Beiwesens. Vor¬ nehmlich Paris wurde der Mittelpunkt dises Studiums, und auch England; 5
deutschland blieb hie und da zurück. Characteristisch ist daß Italien durch die medicinische Wissenschaft in Salerno, und in der Rechtswissenschaft in Bologna sich Ausgezeichnet hat. Eine 2te Vertiefung ist die des Gefühls. Mit der Ausbrei¬ tung des Christenthums war die Verbreitung von Klöstern und Mönchsorden verbunden. | In diesem Mönchswesen ist die Wendung an die Herzen der Indi-
10
170vHo
viduen, und es bietet sich hier die Verkehrung, die durchdringung des Herzens der Individualität vom Ideellen dar. Es wird hier das Leben Germaniens durchsto¬ chen durch die Gewalt des Ideellen. Es ist die ungeheure Gewalt, welche den starren Eigenwillen des Barbarischen bricht, und das Starke des Naturells zu Bo¬ den wirft, das Innre in den Weibern und Männern zerknikt, die Unschuld, die
15
schöne Liebe entblättert, dise Lebendigkeit begräbt und ihre Ruhe nur finden läßt in der Sehnsucht einer himmlischen Sehnsucht. Mönche und Nonnen mu߬ ten die Gelübde der Keuschheit, des Gehorsams und der Armuth thun, also gegen die Liebe und das sittliche Verhältm'ß der Ehe, Gehorsam gegen die Obern, und Entsagung des Eigenthums. Gregor der7tc verbot der ganzen Geistlichkeit die Ehe,
20
trennte so das Weltliche vom Geistlichen, dieß Tödten des natürlichen Wollens ge¬ schieht also theils auf die einfache Weise durch das Klosterwesen, theils aber ist dise Tödtung nur Resultat eines langen Kampfes, der mit dem mannigfachsten Ereiguiß verknüpft ist, und interessant hier sind die Geschichten der Einzelnen,
7—11 25
Eine 2te ... dar.] Gr: Die andere Weise ist die Vertiefung der Religion in das Herz der Indi-
224Gr
viduen, die klösterlichen Institute, das Mönchswesen wendet sich an die Herzen der Individuen und so ist das Herz durch das geistige Prinzip umgewendet. Hb: Die 2te Weise des Vertiefens ist das Vertiefen ins Gefühl, die Vertiefung des Christenthnrns in das Herz der Individuen, der Kampf des Herzens in dieser Rücksicht. — Das Mönchswesen wendet sich an die Herzen der Individuen und bietet das Schauspiel dar von dieser Durchdringung des individuellen Herzens durch das lde-
30
eile Prinzip.
11—16
Es wird ... Sehnsucht.] Gr: Wenn das germanische auch das feste, knor¬
rige Eichenherz in sich ist, so wird es doch zerspalten durch das Christenthum in sich so daß die Stärke seines Naturells in den Männern wie in den Völkern ganz zu Boden sinkt, die in ihrer unschuldigen schönen Liebe zerknikt und die Lebendigkeit ertödtet wird.
16-19
Mönche und
... Eigenthwms.] Gr: Die Gelübde der Keuschheit sind gegen die Sittlichkeit der | Familienliebe, 35
das Gelübde des Gehorsams ist gegen den Eigenwillen, das der Armuth gegen das Eigenthum gerichtet. Hb: Die Mönche und Nonnen thun die Gelübde der Keuschheit, des Gehorsams, der Armuth.
19-20
Gregor der ... Geistliche«.] Gr: Gregor hat auch dem ganzen geistlichen Stan¬
de die Ehelosigkeit aufgelegt, so daß er ganz von der Sittlichkeit der Familie abgerissen ist. Hb: Gregor VII auferlegt der gesammten Geistlichkeit den ehelosen Stand. 40
20-420,4 dieß Tödten
... finden.] Gr: Dies Entzweibrechen des natürlichen Wollens ist zum Theil nur das Resultat eines
7
ausgezeichnet hat so Hb; Ho: auszeichnen
225Gr
420
NACHSCHRIFT HOTHO ' 1822/23
die mit aller Tapferkeit sich nicht konnten in der Welt befriedigen, sich trüben durch die Fordrwng eines Höhern, und in disem Zwiespalt zu Grunde gehn, oder durch Entsagung aller Intressen und Leidenschaften im Schooß der Kirche Ruhe finden, die 2 Seiten diser Einbildung des Ideellen, einmal durch den Gedanken als das Allgemeine, dann dnrch das Eierz, machen sich förmlich 3tens dadurch, daß
5
Gesetze überhaupt, besonders die Privatgesetze nach der Ansicht der Kirche um¬ gewandelt worden, die christliche Religion also bildet die sonstigen Ansichten um, und es kommt eine ganz andere Stellung der Verbrechen herein, der Mord bekommt jetzt die Bestimmung eines Verbrechens. Was nur Privatverletzwng be171 rHo
kommt jetzt die Stellung eines öffentlichen Verbrechens, | besonders das Eherecht
10
erhält eine neue Stellung. Wie nun diese Ansichten umgebildet wurden, tritt die Geistlichkeit auch direct dem Bösen entgegen, mischt sich zwischen Gewalttä¬ tigkeiten und Fehden. Im Hause der Merowinger wechseln Verbrechen mit Ver¬ brechen, die auf weltliche Weise vergolten werden; im Hause der Carohnger hin¬ gegen erhält die Ahndung eine ganz andere Gestalt, denn hier greift vorzüglich
15
der Pabst ein, Synoden werden gehalten und treten als Autorität ein. Also die Ansicht nicht allem sondern auch die Macht der Geistlichkeit tritt als richterliche
mannichfachen Kampfes der höchst interessant ist und worin sich zeigt, wie die Menschen mit ihren Leidenschaften, Zwecken, mit ihrer Tapferkeit sich in der Welt herumschlagen, aber sich nicht befriedigen und nur am Ende durch Entsagung aller ihrer Interessen Ruhe finden. Hb: Dieses
20
Entzweibrechen des Herzens geschieht theils auf eine einfache Weise ohne großen Widerstand, oft aber ist es nur Resultat eines mannigfachen Kämpfens, mit den verschiedensten Interessen verknüpft 226Gr
und vermischt.
4—7 die 2 ... worden.] Gr: Förmlicher macht sich dies dann nach anderer Weise,
nämlich daß die weltlichen Gesetze sich auf kirchliche Weise umbilden. Hb: Die Gesetze über die Vfrvatwerhältniße werden nach dem Gesetze der Kirche umgebildet.
7—11 die christliche ... Stel¬
25
lung.] Gr; So kommt eine ganz andere Stellung in die Betrachtung der Verbrechen, so erhält Mord jetzt eine ganz andere Bestimmung als vorher, nämlich als Verbrechen, eben so die Gesetze der Ehe u.s.w. Hb: Die Art und Weise, wie früher Diebstahl und Mord angesehen und bestraft worden ist, wird umgebildet, es ist hier nicht Rache, äußerliche Wiedervergeltung. Der Mord erhält jetzt die Bestimmung eines Verbrechens.
11—13 Wie nun ... Fehden.] Gr: Die geistliche Macht ist es
30
die jetzt direkt in dieser Rücksicht dem Verbrechen entgegentritt, zwischen Privatrache, Fehden und so weiter hineintritt. Hb: Was vorher Privatverletzung war, erhält jetzt einen allgemeinen Cha¬ rakter. Ebenso tritt die geistliche Macht direkt dem Bösen entgegen.
14—16 die auf ... ein.] Gr:
die zwar bestraft, aber auf weltliche Weise bestraft werden. Im Hause der Karolinger geschieht dies 227Gr
dagegen durch die | Bischöfe, Erzbischöfe und den Pabst. So z.B. geschieht es mit Lothar in des¬
35
sen Händeln wegen seiner Geliebten. Hb: sie werden verletzt und bestraft, aber auf weltliche Weise erlangen sie ihre Vergeltung, hingegen im Haus der Karolinger erhält die Ahndung der Verbrechen eine ganz andre Gestalt.
16—421,3 Also die ... ausmacht.] Gr: Die geistige Gewalt tritt also auch
als richterliche im äusseren auf, aber auch innerlich zeigt sie sich in der Beichte und in vielfachen Büssungen, deren höchste Spitze der Kirchenbann als das Fürchterlichste ist, was einem Indivi¬ duum geschehen kann. Hb: Es tritt die geistliche Gewalt nicht nur als äußerlich richterliche auf, sondern auch als Gewalt des Innern; Beichte, auferlegte Büßungen, Kirchenbann. 1 sicht so Gr
40
GERMANISCHES WELTREICH
421
Gewalt ein, ab ex nicht bloß als äußerliche sondern auch als Innerliche wie es in der Beichte und den Büßungen der Fall ist, deren höchste Spitze der Kirchenbann ausmacht. Wenn wir auch nur in diser Rüksicht dns Nibelungen hed betrachten, so tritt in die ganze Begebenheit die Geistlichkeit nicht ein, die erst bei den 5
Carolingern eine wichtige Rolle spielt. Wie so das Christenthnm in Privatverhältniße eintritt, so auch in die Fehden zwischen Fürsten und Staaten, die Macht also dec Christenthnms ist es, die sich in diser Zeit in allen Verhältnißen geltend macht, das 4U nun, das hier hinzukommt, daß die Einbildung des Christenthnms in die Weltlichkeit in dem algemeinen Politischen Verhältniß zu betrachten ist,
10
daß die Politik von diser Einbi/dnng aus ihre Bestimmung erhält. Um das Be¬ stimmte dises Gangs aufzufassen ist an die gedoppelte Weise diser Einbi/dnng zu erinnern, welcher Unterschied das wesentlich Besondernde der politischen Fort¬ bildung der Staaten ist. Früher nehmlich ist der Unterschied gemacht, daß sich die germanischen Nationen verdoppelten: einmal zu Hause geblieben sind und sich in
15
ihrem einfachen Prinzip beibehielten, oder sich dort mit Andren ohne Störung mischten; anderseits aber ausströmten und mit ganz andren Völkern sich einten, und in der anßern Staatsbildnng | in seinem Insichsein ein Äußerlichsein setzten,
171vHo
also im innersten Prinzip schon eine Gedoppeltheit enthielten, aber von Haus aus
20
3-8
die
Einheit fanden,
die ein
Gedoppeltes in sich zu ertragen vermag.
Wenn wir ... macht.] Gr: Das Nibelungenlied hat seinen Schauplatz am Burgundischen Hofe
in christlichem Lande, aber das Christenthum tritt nicht ein. / Später bei den Carolingern stellt sich die Kirche ganz anders in weit gewaltigerer Stellung. Eben so tritt sie in das | Verhältniß zwi-
228Gr
sehen Fürsten und Volk ein. Hb: Betrachten wir in dieser Rücksic/ü das Nibelungenlied, so spielt diß in einem christlichen Volk, aber die Geistlichkeit tritt da noch nicht so ein, erst später bei den 25
Karolingern ist dieß 'Verhältniß geordnet. — Ebenso tritt das Christenthnnj ein in Beziehung auf die Fehden. Gottesfriede.
8-10
das 4“ ... erhält.] GrHb: (Das weitere was uns zukommt, ist, daß
die] Hb: Die) Einbildung des Christenthums in das Weltliche (in die] Hb: mus im) allgemeinen politischen und historischen Verhältnisse betrachtet werden (muß] Hb: , daß dieses dadurch seine Bestimmung erhält). 30
11-13
ist an ... ist.] Gr: muß man sich an das Frühere erinnern nämlich
an die doppelte Weise wie diese Einbildung vorausgesetzt ist und wie sie geschieht. So müssen wir zum historischen Standpunkt als solchen zurück gehen, vgl. Hb: Es ist an die gedoppelte Wei¬ se dieser Einbildung zu erinnern.
13-19
Früher nehmlir/i ... vermag.] Gr: Die germanischen
Nationen haben sich verdoppelt, indem der eine Theil zu Hause im einfachen Princip verharrte, oder wenn auch wie in England er mit anderen zusammenkam doch einfach blieb, der andere | 35
Theil aber ein fremdes Naturell aufnahm. Die germanische Nation hat in seinem innersten Prinzip Gedoppeltheit erhalten, aber von Hause aus hat sie auch die Einheit in sich gefunden, die ein Ge¬ doppeltes in sich ertragen kann. Hb: Es ist früher der Unterschied gemacht worden, daß die Germanischen Nationen von der einen Seite zu Haus geblieben sind und sich da in ihrem einfachen Prinzip erha/ten haben oder daß sie zusammen gegangen; der andre Theil hat mit einem ganz fremden Volk
40
eine politische Einheit gebildet, und hat in seinem Werden zu einem andern Staat in seinem In sich sein zugleich ein Außer sich sein gesetzt und in seinem innersten Prinzip eine Gedoppeltheit erhal¬ ten.
8
das2] dß
12
Besondernde Lesung unsicher
14
geblieben sind und sich so Hb; Ho: bleiben
229Gr
422
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Hierdurch ist begründet, daß bei den romanischen Völkern die Kirche eine Tren¬ nung schon vorfand, also auf eine weltliche Weise sich einbilden konnte, ohne die Ruhe des Ganzen zu stören, sondern das Verhältniß ruhig ließ, indem das Prin¬ zip de^ Zusammengehens von Heterogenem sich fand, diß Zusammengehn konnte aber nur eine oberflächliche Einheit hervorbringen, während da, wo die
5
Fordrung einer tiefen Einheit war, dies Zusammengehn mit der Kirche nicht ohne Kampf abgehn konnte, und erst in späten Tagen zu Stande kam. In deutschlami hat daher das Verhältniß von Kirche und Staat einen schweren Kampf erwecken müßen, aus dem die Kirche zunächst wohl siegend herausging, doch nur relativ siegend. Betrachten wir dieß historisch Concreter, so kommt dabei Folgendes in
10
Rücksicht: die weltlichen Reiche, die wir die Romanischen nannten, sind durch die Erobrung schon zu einer weltlichen Einheit zu einer festen geworden, ehe die Kirche darin als Gewalt gedieh.
In Gallien, Spanien fand sich wohl schon
Christenthum vor, aber die Oberherrn wurden die Eroberer, nach welcher Be¬ festigung die Kirche sich erst weiter aus dehnte, zum Besitz und zum Reichthum
15
gelangte, doch nur unter geordnet, indem das Weltliche die Oberherrschaft fest¬ hielt.
Mit disem Festsein des Weltlichen mußten auch Kämpfe und Kriege
1—7 Hierdurch ist ... kam.] Gr: So fand in den romanischen Ländern die Kirche schon eine Tren¬ nung des Geistes vor, so daß sie sich dem weltlichen zwar gegen über stellte, aber in den bisher be¬ standenen Verhältnissen, so daß das Princip des Zusammengehens schon gefunden war und daher
20
kein Kampf statt fand, diese Vereinigung aber konnte nur oberflächlich sein, wo die Anforderung 230Gr
tieferer Einheit war, da konnte nicht so ruhiges Zusammengehen sein, sondern | nur ein Kampf konnte das in sich Unterschiedene in seinem höheren vernünftigen in späteren Tagen versöhnt werden. Hb: In Italien, Spanien und Frankreich, was wir die romanischen Nationen nennen, fand sie schon eine Trennung vor, und die Kirche konnte sich dem Weltlichen gegenüber embilden und
25
doch blieb ein ruhiges Verhältniß, ohne Kampf der kirchlichen und weltlichen Macht, das Prinzip 68rHb
des Zusammengehens war sogleich gefunden. Wo aber Foderung einer tieferen | Einheit vorhan¬ den ist, da kann ein solches ruhiges Zusammenfinden nicht stattfinden; es konnte da nicht ohne Kampf gehn, die Unterschiede mußten hartnäckig aneinander kommen und die höhere vernünftige Einigung konnte erst in späteren Tagen zu Stande kommen.
7—11 In deutschlani ... Rück¬
30
sicht:] Gr: So ist in Deutschland ein feindseeliger Kampf woraus die Kirche allerdings zunächst siegreich hervor geht, aber diese Vereinigung kann noch nicht die letzte, höchste, konkrete sein. Hb: In Teutschland also mußte sich ein Kampf entwickeln, aus welchem die Kirr/iemnacht sieg¬ reich hervorging.
11-13 weltlie/ien Reiche ... gedieh] Gr: romanischen weltlichen Reiche wa¬
ren durch die Eroberung schon zur festen Staatseinheit, weltlichen Einheit gekommen, ehe noch
35
Christenthum und Kirche zu weltlicher Macht gediehen Hb: weltlichen Reiche Germanie/w sind durch die Eroberung gleich zu einer festen Staatseinheit gebildet worden, es war eine weltliche Ein¬ heit, ehe noch die Kirche zu ihrer Gewalt gediehen ist
13-17 In Gallien ... festhielt.] GrHb: Die
Kirche fals geistige Macht sich weiter verbreitend, gelangte zum Besitz und Reichthum aller Art aber nur in untergeordneter Herrschaft] Hb: gelangte nur zu einer untergeordneten Herrscha/f, die obere hat sich die weltliche Macht schon vorweggenommen,).
17-423,1 Mit disem ... Staats.] Gr:
Diese Befestigung weltlicher Herrschaft ist auch mit Kämpfen und Kriegen verknüpft. Hb: Kriege 12 ehe] ehe darin
40
GERMANISCHES WELTREICH
423
verknüpft sein, denn Kriege gehören zur Existenz einen Staats, dise Kriege konnten 3fach sein: christlicher Staaten gegen Christliche oder unchristlie/ie ei¬ nen weltlichen Verhältnißes wegen, und drittens christlicher Mächte gegen
|
Cdiristen von der Art, daß das Object den Streits kein bloß weltlichen, sondern 5
172rHl
ein geistlichen Moment in sich habend ist. Betrachten wir kürzlich die Staaten, nachdem Carl den Großen Reich zerfiel, wie ihr Schicksal sich bestimmt so sehn wir von Spanien, daß es seinen Feind in den Sarazenen hat, wo also dan christliche Volk allein dan Berechtigte ist. In disem Kampfe mit den edlen Arabern hat sich Spanien nicht nur mit Künsten und Wissenschaften, sondern mit dem edlen
10
Ritterthnm geschmückt, das so rein und schön war, daß es vertragen konnte, ver¬ spottet zu werden, und also bis zur Ironie fortging, also auch in Don Quixote noch schön erscheint. Frankreich war in weltlich festgebildetem Zustand, nicht consequent in sich gebildet, sondern nur befestigt. Es zerfiel in viele Fürstenthümer, in allen aber blieb da.? weltliche Prinzip in einem festen Zustand. Bei den
15
schwachen Carolingern und nach ihnen bei den Capetingern war die Krone eine
gehören mit zur Existenz des Staats.
1-5 dise Kriege ... ist.] Gr: Diese Kriege sind entweder ge-
231Gr
gen unchristliche oder gegen christliche Staaten gerichtet, im letzten Fall zu weltlichen Zwecken und hier konnte die geistige Macht nicht vermittelnd eintreten. Die dritte Art der Kriege sind die christlicher, gegen christliche Staaten, aber nicht um weltliche zeitliche Zwecke, sondern um 20
geistige Momente um geistige Zwecke. Hb: Die Kriege könnten 3erlei Art sein, christliche Staaten gegen unchristliche oder christliche gegen christliche um blos weltlichen Interesses willen; 3. von christlichen Mächten gegen christliche; so aber daß auch das eine oder andre geistliche berech¬ tigt ist, daß das worüber sie streiten, nicht blos ein weltlicher Zweck ist, sondern daß ein geistiges Moment darin ist.
25
5-8 Betrachten wir ... ist.] Gr: Spanien hat seinen Feind an den Saracenen,
wo dies das ganz unberechtigte Volk ist. Hb: Spanien hat seinen Feind an den Sarazenen, einem unchristlichen Volk.
8-12 den edlen ... erscheint.] Gr: einem freien und großartigen Volke hat
sich Spanien nicht nur mit den Kenntnissen der Araber geschmückt sondern auch mit dem schön¬ sten reinsten Ritterthum, so rein, daß es dies vertragen hat | verspottet zu werden im Don Quixote und auch hier noch edel und schön erscheint. Hb: den edeln Mauren hat sich Spanien nicht nur 30
mit Kenntnisse« der Araber geschmückt, sondern mit dem edelen Ritterthnm. In Spanien ist das Ritterthnm des Mittelalters am schönsten erblüht. Es hat es ertragen, verspottet zu werden, wie das griechische Volk die Ironie über sich selbst ertragen konnte. (Don Quixotte.)
12—13 war in ...
befestigt] GrHb: (Hb: ist vornehmlich) in einem befestigten weltlichen Zustande (ist nicht ein consequenter Staat, aber das weltliche Verhältmß ein Befestigtes in sich] Hb: gewesen, nicht so, daß 35
es einen konsequenten Staat in sich gebildet hätte, sondern daß das weltliche ein befestigtes gewesen ist]
13—424,2 Es zerfiel ... wurde.] GrHb: Frankreich (zerfällt in viele weltlichen Fürsten, aber
in allem Zerfallen ist das weltliche Princip herrschend. Die Königswürde ist zwar etwas unbedeu¬ tendes, aber die weltliche Würde etwas festes, und weil die Königswürde so unbedeutend ist, so ist sie um so leichter erblich geworden] Hb: ist in mehrere Fürstentümer zerfallen, das weltliche 40
Prinzip ist aber ein festes geblieben. Nach den Karolingern unter den Kapetingern erhielt sich dieses Prinzip fort. Die Königswürde war leicht erblich]. 3
christlicher]
Quischotte
christlen
8
Kampfe]
38 Würde] Wurde
Kämpfe
10
das]
dß
11
Quixote
so
Gr;
Ho:
232Gr
424
NACHSCHRIFT HOTHO '
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unbedeutende Macht, aber das Weltliche war fest in sich, und die unbedeutende Würde der Krone hatte das Gute, daß die Krone eher erblich wurde. Frankreich nun wandte sich wenig nach Außen, hatte das glückliche Schicksal nur innerhalb seiner von weltlichen zu weltlichen beschäftigt zu sein, wobei die Königs würde, obgleich eine abstracte Grundlage de.? Staats, doch fest wurde. England ist das
5
dritte diser Reiche, und wurde durch Erobrnng zu einer weltlichen Macht, viel sich mit Weltlichem herumkämpfend, und darin die Grundidee des Staats erhal¬ tend. Ganz anders dagegen ist das Schicksal Italiens und Frankreichs, die in sich zerfielen, und nur oberflächlich geeint waren. Was Italien betrifft, so sehn wir es 172vHo
unter den Longobarden zwar vereint, doch eine Einung, die | bald aufhörte.
10
Italien hatte das Prinzip, daß darin die Vereinung nicht bestehn konnte. Italien ist noch ein Boden der antiquen Welt, und die abstracte Vereinzelung des Westens vereint sich mit der Starrheit Roms; die starre Vereinzlung bildet sich zwar als schöne Religiosität aus, und geht zur schönen Kunst, aber anderseits zu der ausgelassensten Sinnlichkeit aus. Politischer Weise hängt Italien mit dem altgrie¬
15
chischen Kaiserthum zusammen, wie es in Griechenland besteht; dann ist Rom der Sitz des Oberhaupts der Kirche, das ein Unabhängiges auch in der Weltlichkeit
2—5
Frankreich nun ... wurde.] Gr: Der Stoff des Krieges liegt daher in ihm selbst im Verhältnis von
Fürst zu Fürsten. Nach aussen hat Frankreich im ganzen nichts zu thun gehabt. / Wilhelm von der 233Gr
Normandie nur ein Einzelner hat England erobert, es hat dies | Glück nur mit sich selbst beschäfftigt
20
gewesen zu sein. Hb: Frankreich hatte den Stoffseiner Kriege immer in sich selbst. Wilhelm von der Normandie erobert England, der Herzog von Anjou Neapel, dergleichen Bewegungen aber waren et¬ was Partielles, im Ganzen hatte Frankreich das Schicksal innerhalb seiner selbst beschäftigt zu sein, der Krieg war von weltlichen zu weltlichen.
5-8
ist das ... erhaltend.] Gr: hat nur weltliche Feinde ge¬
habt. Hb: ist eben so durch Eroberung zu einer weltlichen Macht geworden und hat vielfar/i auf welt¬ liche Weise sich herumbewegt. Angeln, Sachsen, Normannen waren weltliche Feinde.
8-9
25
Ganz
anders ... waren.] Gr: Ganz anders Italien und Deutschland deren Bestimmung entweder ist zu zer¬ fallen oder dem Zerfallen entgegen zu gehen und wenn es ein Ganzes ist so wird diese Bestimmung immer hohler und zuletzt ganz verschwindend. Hb: Italien aber und die Tewtschen haben das ge¬ meinsame Schicksa/ entweder zu zerfallen oder dem Zerfall zuzugehn.
9—10
Was Italien ... auf¬
30
hörte.] Gr: Nach dem Aufhören des fränkischen Reichs entstand in Italien vielfache Entzweiung. Hb: Die Vereinigung Italiens ist nur eine Erscheinung, die durch das fränkisc/ie Reich aufgehoben wird.
11-15
Italien hatte ... aus.] Gr: In ihm hatte ja Einheit der Herrschaft von jeher nicht be¬
standen, als Boden der antiquen Welt behält es das natürliche Element bei. Die starre Vereinzelung 234Gr
des Verstandes, mit römischer Abstraktheit in der Vernünftigkeit der Kirche, bringt | einer Seits zwar
35
schöne Individualität, anderer Seits aber auch hingegen die ausgelassenste Sinnlichkeit hervor. Hb: Italien hat die Bestimmung gehabt, daß Einheit der Herrscha/t darin nicht bestehn konnte; überhaupt ist Italien noch ein Boden der antiken Welt, das natürliche Element behält darin seine Rechte. Die abstrakte Vereinzelung des Westens verbunden mit der römischen Starrheit des Charakters bestimmt das Schicksal Italiens.
15-425,1 Politischer Weise ... Punkte] Gr: Nach der politischen Seite hin,
hängt es noch mit dem altrömischen Kaiserthum zusammen, denn der würdigste Sitz der Kirche
4 von so Hb 21 in so Gr
sein so GrHb
32
15
ausgelassensten] ausgelassendsten
Vereinigung] Vereinigung
18-19
im Verhältnis von] zu
40
GERMANISCHES WELTREICH
425
haben muß, Weiter liegt Italien am Meer, seine Küsten werden Punkte des Han¬ dels. - das Schicksal deutschknds geht mit dem Italiens parallel in Betreff des Zerlallens, anderseits hat es gegen Italien seinen Gegensatz. Italien zerfällt in sich aut leichtsinnige Weise ohne Streben nach einer Einheit, 5
deutschlands
Schicksal ist eigenthümlicher. Was dises Reich betrifft, so trat es für sich aus Carl des Großen Reich heraus, und war etwas in sich Looses. Kurz war die Herrschaft Carl des Großen und theils noch unter ihm ward deutschland christlich, die welt1 iche Herrschaft theils im Algemeinen, vornehmlich aber in Ansehung derBildnng derinnern Abhängigkeiten nach den verschiedenen Seiten, ward zugleich mit dem
io
Christenthnm, theils ward dieses auch von der festen weltlichen Abhängigkeit, die Kirche also setzte sich mit der weltlichen Gewalt fest, trat mit der weltlichen Herr¬ schaft zugleich in Besitz. In Frankreich, Spanien sind die Bischöfe auch Räthe der Fürsten und unabhängige Mitglieder der Versammlungen, ohne aber weltliche Fürsten zu sein, doch dieß Letztere war in deutschland der Fall, denn die Erz-
15
bisthümer und Abteien wurden weltliche Autoritäten, mit derse/ben Gewalt als die für sich weltlichen Herrscher, die Geistlichen also kamen in denselben Besitz als
die nothwendig eines Oberhaupts bedarf, ist Rom. Nach der Seite der Weltlichkeit muß die Kir¬ che auch Gebiet haben, seine Küsten sind der Sammelplatz vielfacher Punkte Hb: Politischer Weise hing noch mit dem griechüüie« Kaiserthwm zusammen; alsdann ist es der Sitz der Kirche, die Kirche 20
bedarf eines Oberhaupts, dieses muß ein unabhängiges sein. Italiens Küsten werden ein Sammelplatz von vielen Punkten
2—3 das Schicksal ... Gegensatz.] Gr: Deutschland ist in seinen Schicksalen
parallel, aber das Eigenthümliche Deutschland’s ist, daß es sich auf Italien bezieht und seinen Ge¬ gensatz darin und in der Kirche hat. In Spanien findet keine Kolision | des Weltlichen und Geist-
235Gr
liehen oder umgekehrt statt, eben so in Frankreich. Hb: Dar Schiksal Teutschlands steht einerseits 25
dem Schiksal \ Italiens parallel, aber zugleich erscheint es im Krieg gegen Italien und dann gegen die Türken.
68vHb
3-4 in sich ... Einheit] Gr: leichtsinnig in sich, ohne Bedürfniß und Sorge der Ein¬
heit und gegen das Geistliche leichtsinnig so z.B. lag Florenz 10 Jahre im Bann
4-6 deutschlands
Schicksal ... Looses.] Gr: Deutschland’s Schicksaale sind eigentümlich, es ist aus dem Reiche Karls des Grossen heraus getreten und ist so lose in sich gewesen. Hb (ab hier andere Hand): Deutschland trat 30
aus dem Reiche Caroli Ma^ni aus und war so etwas loses;
6—10 Kurz war ... Abhängigkeit.] Gr:
Es wurde kurz vor Karl dem Grossen christlich, in ihm hat die weltliche Flerrschaft nicht für sich festen Fuß gefaßt, sondern sie wurde zugleich mit dem Christenthum, zum Theil wurde auch das Christenthum früher als die feste weltliche Abhängigkeit. Hb: es war erst kurz vorher christianisirt, die welth'cfie Fierschaft hat hier nicht festen Fuß gefaßt, die Kirche hat sich zugleich Abhängigkeit 35
des Weltlichen zugeeignet;
10—16 die Kirche ... Herrscher.] Gr: Die Kirche nahm nachher zu¬
gleich mit den weltlichen Fürsten | Besitz. In Frankreich waren die Bischöfe und Erzbischöfe zwar Räthe der Fürsten und unabhängige Mitglieder der Versammlungen, sie wurden aber nicht selbst weltliche Fürsten, dagegen in Deutschland waren die Bischöfe von Kölln, Mainz, Münster, Osna¬ brück, ferner in Sachsen und bei den Wenden und Slaven Bisthümer die zugleich weltliche Autorität 40
waren, mit derselben weltlichen Gewalt wie die weltlichen Fürsten für sich. Hb: dadurch geschah es, daß die Bischöfe weltliche Fürsten wurden, wie sie in Spanien und Frankreich nicht waren, ob¬ gleich zwar Räthe des Königs.
2
parallel] paralell
14
16—426,10 die Geistlichen ... werden.] Gr: In Deutschland ist durch
sein] thun
236Gr
426 173rHo
weltliche
NACHSCHRIFT HOTHO '
\
1822/23
Herrn, dadurch ward eine besondere Kraft der Privatherrschatt festge¬
setzt, was wir früher als Characteristisch anführten. Privateigenthwm war hier jetzt zugleich Herrschaft eines geistlichen Mittelpunkts. Und so ward ein solches Eigenthwm ein unüberwindliches an Welches sich dann auch weltliche Herrscher schlossen, wodurch sie ebensofest konnten ihr Eigenthwm behaupten, dadurch 5 also daß die weltliche Herrschaft zugleich geistliche Berechtigung hatte, wurde das Eigenthwm befestigt, und solche abgesonderten Herrschaften gebildet, die sich nicht in Einheit bringen ließen. Es konnte hier keine Einheit durch Zwang, noch durch Aussterben der Herrscher, nicht durch Theilwng, durch Erbschaft aquirirt werden, dise Zersplittrwng auf solchen festen Grund gebaut ist es, was bis auf die
10
letzten Zeiten deutsche Freiheit hieß: Selbstständigkeit derbesondern Herrschaft, eine Zersplittrwng die immer als die Würde und Ehre deutschlands galt, aber Schmach und Ungliik brachte, deutschland so in sich zerfallend blieb doch in seinem Prinzip in Innigkeit, in dem Prinzip, daß der Besitz nicht durch Erobrnng geschah, diese einfache Innigkeit dises Prinzips blieb, dieß Prinzip aber will und 15 soll in sich concret sein, soll aus einem Fremden sich einen, das deutsche Prinzip muß also den Trieb haben sich concret zu machen durch Vereinung mit einem ihm zunächst Andern, was bei Andern schon im Ursprung ihres Entstehens war. deutschland also muß den Trieb haben mit einem Andern sich zu einen, dieß
die Verbindung und den Schutz der geistlichen Herrschaften das Privateigenthum weltlicher Herr-
20
schaft ein unüberwindliches, es ist dadurch unmöglich daß eine Einheit stattfinden konnte, denn 237Gr
weder durch Gewalt konnten diese Mittelpunkte unterdrükt, | noch durch Aussterben aquirirt werden. Hb: Die geistlic/zen Mittelpunkte kamen also in Besitz welth'c/ier Herschaft ebenso wie die 'weltlichen Herren. Die vereinzelnde Herschaft wwrde dadurch ein unüberwindliches woran sich die übrigen Herren anschlossen, und eben solches Eigenthum behaupteten, und so wurde es un-
25
möglich daß eine Einheit des Reichs entstehen konnte. Keine Gewalt konnte diese Herschaft ver¬ nichten, keine Erwerbung der Eigenthümer konnte geschehen von einem höheren allgemeinen Mittelpunkte.
10-13 dise Zersplittrwng ... brachte.] Gr: Diese Zersplitterung ist namentlich in
der letzten Zeit deutsche Freiheit genannt worden, was doch in älteren Zeiten das Unglück und die Schmach dieses Landes hervorgebracht hat. Hb: Eine solche Zersplitterung ist es die bis auf die
30
letzten Zeiten deutsche Freyheit genannt ist. In älteren Zeiten brachte es Deutschlands Unglück und Schmach hervor.
13—15 deutschland so ... blieb.] Gr: Es bleibt so dabei aber doch die ei-
genthwmliche Innigkeit des deutschen Princips, diese auf sich beharrende Einfachheit. Hb: Dabey bleibt die innere Eigentümlichkeit des deutschen Princips, seine auf sich beharrende einfache Innigkeit.
16-427,3 sein, soll ... Macht.] Gr: sein, es muß sein Trieb sein sich zusammen zu
35
setzen, durch Vereinigung mit einem zunächst Anderem, dadurch muß es sich konkret machen. Dies bestimmt die Stellung Deutschlands, die ein unglückliches Streben, ein Wollen und Nicht¬ 238f
können ist und das Resultat | ist die traurige Erkenntniß der Ohnmacht. Hb: seyn: und muß sein Trieb werden, sich concret zu machen, sich mit einem andern vereinigen. Das bestimmt die Stelle Deutschlands
111
seiner gesch/Atlichen Thätigke/f, ein Wollen, und nicht können, ein unglückliches
Streben. 2 anführten Lesung unsicher
9-10 aquirirt werden so Gr
38 sein so Gr; Hb: seyn
40
GERMANISCHES WELTREICH
427
bestimmt die Stellung deutschland. Es ist ein Wollen und nicht Können, ein Sol¬ len und nicht Vermögen, und das Resultat ist die Ohnmacht der vermeinten Macht, das Andere, Fremde, mit welchem deutschland befangen ist, mit dem es kämpft und sich zu eigen machen will, hat deutschland an Italien, und Italien 5
selbst wirft seine Augen nach deutschland, glaubt an ihm seinen Halt zu haben. diß Andere deutschland ist Andres als Weltliches | und andres als Geistliches. die
173vHo
Kirche aber ist etwas, mit welchem deutschland an sich identisch ist. deutschland ist eins mit der Kirche und doch mit ihr im Kampfe, deshalb in inconsequentem Verhältniß. Es ist noch zu bemerken, daß deutschland als es von Carls Reich 10
abgetrennt war, in Provinzen zerfiel, die untereinander noch in sich politisch fest waren. Es war in einem Reich vereinigt gewesen, das mehr aus disem Reich selbst war, und dem es nur zur Noth unterworfen war. Als dieser Mittelpunkt des frän¬ kischen Reichs die Provinzen losließ, war diese Einheit eine bloß Leere und Hohle, und so war die Kaiser würde das Passende für dises Reich. Von der römi-
15
sehen Kaiserwürde kann man prächtige Beschreibungen lesen: der Kaiser sei Herr der Christenwelt, habe den Rang über alle weltlichen Fürsten, habe das Recht den Titel eines Königs zu ertheilen; von ihm gehn Adel und Ritterschaft aus. Aber Ritterschaft im natürlichen und geistigen Sinn, muß von dem Individu¬ um selbst ausgehn, die christlichen Staaten waren nur dem Titel nach abhängig,
20
und thaten was ihnen gut dünkte, die allgemeine Gültigkeit der kaiserlichen
3—5 das Andere ... haben.] GrHb: (Das Fremde mit dem es] Hb: Dasjenige, mit welchem Deutsch¬ land! befangen ist, was es (sich zu eigen machen will] Hb: bestrebt sich mit sich eigen zu machen,! ist Italien, und (Gr: auch! dies wirft (Hb: auch! seine Augen auf Deutschland (Gr: und glaubt daher seinen Halt zu erhalten!. 25
6—9 diß Andere ... Verhältniß.] Gr: Dies ist ein anderes weltlicher und
geistiger Weise. Die geistliche Macht der Kirche ist aber eben so identisch mit Deutschland weil es christlich ist und so ist es sich gleich und doch mit sich im Kampf in vollkommener Inconsequenz. Hb: Auch mit der geistlichen Macht der Kirche ist Deutschland in sich identisch, und es tritt auf eng da¬ mit verbunden, und also im Kampfe damit.
9-14 Es ist ... Reich.] Gr: Deutschland als es aus Karls
des Grossen Reich entstand ist eine Menge von Provinzen die ihre Verbindung eigentlich ausser 30
ihnen selbst haben. Wie dieser Mittelpunkt die Provinzen los gelassen und die Provinzen die Einheit erreichten so mußte dies eine hohle leere Einheit ] sein. So war die Kaiserwürde das passendste für diese Hohlheit. Hb: Dadurch ist überhaupt eine Mannigfaltigkeit von Provinzen, die unter einander nichts politisc/z festes ausgemacht hatten, sondern in einem Reiche vereinigt, die außer den Provinzen war; ihr Mittelpunkt war ein äußerlicher. Wie es sie losgelassen hat, und sie einen Schein eines Gan-
35
zen annahmen, ist es eine leere hohle Einheit gewesen. Zu seinem Vereinigungspunkte hat Deutsch¬ land die römische Kaiserwürde erhalten;
15-428,6 der Kaiser ... Kraft.] Gr: Von der Kaiserwürde
giebt es prächtige Beschreibungen. Der Kaiser sei das Oberhaupt der christlichen Kirche, er habe den unbestrittensten ersten Rang er könne den Titel des Königs geben (nicht viel), von ihm gehe aller Adel aus. Pütter sagt die Theorie habe dem Kaiser in allen Reichen die Obermacht gegeben, 40
er habe sie dann aber nicht geltend gemacht. So klug sind sie doch gewesen, dieser Kaisermantel hat 13 diese] dsr punkte
19 waren] hingen
29 Reich] Reichs
35 Vereinigungspunkte] Vereinnigungs-
239Gr
428
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Gesetze, der Theorie nach, war unbestritten, aber die Kaiser hatten den Verstand sie nicht geltend zu machen. So leer war die Oberherrschaft, weil deutschlunfl nur dem Wort nach eine Einheit war. diser leere Kaisermantel hat deutschlund viel zu schaffen gemacht, der römische Kaiser nrantel hatte nicht die Kruft irgend etwas zu beschwören, er hatte nur die Zauberkruft der Meinung, daß Andere glauben soll¬
5
ten, er habe Kruft. Frankreich ward in sich ein Reich, und hatte wenig Verhältniß nach Außen, nur der Vortheil war, duß die Herrscher nicht Kaiser wurden, durch 174rHo
die Kaiserwürde erhielt deutschlund
|
seine Stellung, die Kaiser deutschlunds ver¬
suchten als römische ihre Herrschuft in Italien geltend zu machen, eben ihr An¬ deres zu bekämpfen, besonders die sächsischen Ottonen. dise lang daurenden
10
Verhältniße mit Italien haben einen meist schimpdicken und schmählichen, unglück/ic/ien Ausgung gehabt, die deutschen Fürsten zogen wohl mit, doch verlie¬ ßen sie schimpflich den Kaiser, oder starben aus Unmäßigkeit, oder die Kuiser kamen mit zu geringer Anzahl und alles dergleichen, die Kriege waren unglücklich und brachten schlimme Verhältniße herbei, dise Täuschung der Kaiser in Italien
15
herrschend zu werden, diselbe Täuschung fanden die Italiener von deutschlund Hülfe gegen Bedrückungen hoffend, denn sie verließen sogleich den Kaiser, wenn
nicht die Kraft gehabt etwas zu beschwören, allenfalls den Zauber der Meinung, daß die andern die Meinung seiner Kraft haben sollten. Hb: es wäre das Haupt der Kirche, dominus mundi, habe das Recht, den Titel eines Königs zu ertheilen, der Adel und die Ritterschaft gehen nur von ihm
20
aus, alle weltlif/ien Staaten gehören zum römischen Reiche, sie sollen in allen ziemlichen und billi¬ gen Dingen dem Kaiser untergeben seyn, die allgemeine Gültigkeit des Kaisers in allen christlichen Ländern sey unbestritten etc. Doch haben die Kaiser so viel Verstand gehabt, diese Titulaturen nicht geltend zu machen. So etwas leeres machte Deutschlands Einheit aus; es hatte zu schaffen mit diesem leeren Kaisermantel; es war ein Zaubermantel, dessen Kraft aut die Meynungen der An¬ dern beruhte. 240Gr
25
6—8 Frankreich ward ... Stellung.] Gr: Für Frankreich ist es das Glück gewesen |
nicht zu dieser Ehre gekommen zu sein, da es sich so mit sich selbst beschäftigt hat, obgleich seine Könige wohl danach strebten.
8-12
Kaiser deutschlunds ... gehabt.] Gr: römischen Kaiser sind
für’s Erste versucht ihre Herrschaft in Italien geltend zu machen, besonders die Ottonen haben dies gethan, so unglücklichen und schimpflichen Ausgang es auch hatte. Hb: römischen Kaiser haben
30
nun erstlich versucht, ihre Herrschaft in Italien geltend zu machen, vornehmlich die Ottonen; aber es hatte einen unglücklir/ien und schmählichen Ausgang.
12-14
die deutschen ... dergleichen.]
Gr: Sehr häufig sind die Kaiser von den Italienern zum Römerzuge aufgefordert und dennoch ist ihr deutsches Gefolge oft nicht einmal in die Städte gelassen, oft ist dasselbe wegen Unmässigkeit sämmtlich gestorben. Hb: Die römischen Bischöfe haben die deutschen Fürsten, wenn sie über die
35
Alpen waren, beschimpft, aber sie ließen sie ruhig hineinkommen. Munche Fürsten fanden in Ita¬ lien einen schändlichen Tod. 241Gr
15-429,5 dise Täuschung ... erhalten.] Gr: Eben so hat sich Italien
eine falsche Vorstellung von der Hülfe der Kaiser gemacht und diese treulos verlassen, | wenn sie sich nicht als Mittel für ihre Raub und Parteisucht hergeben wollten und so haben sie den zur Hül¬ fe gerufenen auf jede Weise wieder loszuwerden gesucht. Anderer Seits haben die Italiener auch wieder Klagen über die Kaiser geführt, z.B. Dante. Hb: Die Italiäner haßten, bekriegten, täusch¬ ten und verführten die Kaiser.
10
bekämpfen] bekämpfen versucht
16
Italiener] Iataliener
19
sollten.] sollten.,
40
GERMANISCHES WELTREICH
429
er wollte Recht und Gerechtigkeit handhaben, und nicht bloß Mittel der Beschützung des Raubs der zu Hülfe rufenden, die Italiener haben ebenso, wie sie einer¬ seits die Kaiser täuschten, bittre Klagen gegen sie geführt, über die Verwüstung durch die gegen die Italier rohe Barbarei, und daß die Kaiser nicht vermochten 5
das Recht aufrecht zu erhalten. Außer der politischen Beziehung hatten die deut¬ schen Kaiser noch eine 2te gegen Italien, welche die Hohnstaufen durchzusetzen sich bemühten, der Inhalt diser Beziehung war, die weltlich gewordenen geistli¬ chen Fürsten sich zu unterwerfen, die letzte Entscheidung in disem Kampfe war im ganzen formell gerecht, so, daß die Erzbischöfe die geistlichen nicht sollten von
10
der weltlichen Macht, sondern von ihrem Capitel gesetzt, und weltlich vom Kaiser belehnt werden. Aber durch die Kämpfe und Zwistigkeiten geschah es, daß das, worüber der Kaiser das Recht zu belehnen hatte, nicht mehr der Mühe werth war, es behauptet und erlangt zu haben. Während nun also die übrigen römischen Reiche im Gunzen in Frieden mit der Kirche lebten, und nur weltliche Kriege hat¬
15
ten, | war deutschlund im Kampf ganz anderer Art: der Kaiser gegen den Pabst,
174vHo
ein Trauerspiel wo ebenso die Familie der deutschen Kaiser wie die Macht de.? deutschen Staats untergingen, die Kirche siegte wie sie in andern Staaten schon
5-8 Außer der ... unterwerfen.] Gr: Noch ist eine andere Beziehung da nämlich das Bestreben der grossen Schwaben, der Hohenstaufen, die Fürsten der Geistlichkeit zur Unterwürfigkeit zu brin¬
20
gen. Hb: Auch außer der politischen hatten die römischen Kaiser eine andre Beziehung auf Italien: die Hohenstaufen, die die unabhängigen geistlichen Fürsten sich unterwerfen wollten.
8—11 die
letzte ... werden.] Gr: Dazu gehörte vornehmlich der päbstliche Stuhl selbst. Die letzte Entschei¬ dung dieses zum Theil fürchterlichen Kampfes ist im ganzen formell gerecht, daß nämlich die Bischöfe weder vom Kaiser noch vom Pabst sondern vom Kapitel gewählt werden, ihre weltliche 25
Herrschaft | aber vom Kaiser erhalten. Hb: zu diesen gehörte vornehmlich der päbstliche Stuhl
242Gr
selbst, die letzte Entscheidung in diesem Investiturkampfe war im Ganzen formelgerecht, näm¬ lich daß die Geistlichen von den Kapiteln ernannt werden sollten, von der Seite ihrer weltlichen Herschaft aber vom Kaiser belehnt werden.
11—13 Aber durch ... und] Gr: Durch diese Kriege
aber geschah es selbst daß das, was noch vom Kaiser abhängig war, nicht der Mühe werth blieb es 30
Hb: Dadurch aber wurde dasjenige was noch von Abhängigkeit übrig geblieben war, nicht mehr der Mühe werth es
13-430,7 Während nun ... war.] Gr: Während die übrigen europäischen
Reiche also mit der Geistlichkeit im Frieden sind und nur weltliche Kriege führen so sind diese in Deutschland ganz anderer Art, Trauerspiele, wobei die Familie der Kaiser eben so zu Grunde geht als Deutschlands Einheit. Die Kirche aber hat so gesiegt und wie in den übrigen Reichen wo dies 35
ruhiger geschah ihre Herrschaft festgesetzt. Dieser Kampf hat aber für das übrige Europa nicht viel Interesse. Die Macht der Kirche ist während dieses Kampfes ungeschwächt geblieben und das Resultat ist, daß die Kirche sich eben so zum | Herrn aller Lebensverhältnisse als aller Wissenschäften macht, so daß keine Stunde des Tages ist wo der Mensch sich nicht im geistlichen Dienste befunden. Hb: Der Kampf der deutschen Kaiser mit der Geistlichkeit war etwas sehr Partielles, so
40
großen Platz es auch in der Geschichte des Mittelalters einnimmt, es hatte für das übrige Europa nicht großes Interesse; die Macht der Kirche blieb unterdessen ungeschwächt, und sie erhob sich zur Macht in allen Verhältnissen: auch in der Wissenschaft. 8 unterwerfen] unter werfen
35 festgesetzt] fest, gesetzt
2430r
430
NACHSCHRIFT HOTHO ’
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friedlich gesiegt hatte, der Kampf deutschDmis mit der Kirche, so einen großen Platz im Mittelalter er auch nimmt, war im Ganzen partiell, und für das übrige Europa von wenigem Intresse, die Macht der Kirche blieb als Kirche und unge¬ schwächt und das Resultat war, daß die Religion und Kirche sich zur Macht in allen Privat- und Staats verhältniße« erhob, Herr der Wissenschaft war, sich zu
5
jedes Kaisers Meister gemacht hatte, und das wesentliche, stündliche, tägliche Le¬ ben nur Leben in der Kirche war. die Herrschaft dises ideellen Reichs an der Stelle des realen ist also der nächste Punkt, den wir erreicht. Die Präge ist nun: was diser Kirche mangelte? Man kann sie der Vergehn, der Mißbrauche, der Laster beschuldigen, doch diß sind nur einzelne Mängel, und der Inhalt der Leh¬
10
re ist der der höchsten Wahrheit, und die Verwirklichung diser Lehre, die Ausspendu/ig aller Schätze des Geistes, die Verwirklichung geschah auch wohl durch weltliche Mittel, ist aber alles vollendet, so zeigt sich ein Bedürfniß des Christen¬ thums sich ein Letztes zu geben, dieß Bedürfniß begründet sich auf irgend einem Mangel, den zu finden, wir die Gestalt bestimmen müssen, welche sich die
15
christliche Religion gegeben hatte, dise Seite dann, die jetzt in Betracht kommt, ist die, nach welcher die christliche Religion in der Gegenwart des Selbstbewußt¬ seins einen Luß hat. der absolute Inhalt des Christenthums ist längst fertig durch die alten Kirchenväter, daran hat die Philosophie des Mittelalters nichts geändert, 175rHo
und auch die Philosophie kann nur den Inhalt in die | form des Begriffs verwan¬
20
deln. dise Lehre hat die Seite jetzt, daß das göttliche Wesen dem Menschen kein Jenseits sei, sondern die Grundbestimmuug ist Einheit der menschlichen und göttlichen Natur, daß der Gott dem Menschen erschienen und ihm schlechthin ge¬ genwärtig ist. Um dise Seite der unendlic/ieu Form handelt es sich hier, die göttliche Natur also hat die Bestimmung des diesen in sich. Christus ist erschienen,
25
und diese Gegenwart, dise Einheit des Menschlic/ieu und Göttlichen, dieß ist es,
9-12
sie der ... Geistes] Gr: von ihr Vergehen, Laster, Verbrechen aufzählen, aber dies ist zufällig,
der Inhalt ist die Lehre des Christenthums und die Kirche ist die ununterbrochene Ausstellung der geistigen Schätze
12-14
die Verwirklichung ... Letztes] Gr: Aber auch äusserlich betrach¬
tet zeigt sich ein Bedürfniß der Christenheit, sich ein Letztes, Volles
15-16
Mangel, den ...
30
hatte.] Gr: Mangel. So müssen wir auf die Natur der christlichen Kirche zurückgehen, auf die eigenthiimliche Form wie die Bildung derselben in dieser Zeit hervorgegangen ist. 244Cr
18-21
ab-
iolute Inhalt ... verwandeln.] Gr: objektive Inhalt ist durch die alten Kirchenversammlungen fest¬ gesetzt, weder die alte scholastische Philosophie, noch die Philosophie unserer Zeit kann davon etwas thun.
21-24
dise Lehre ... hier.] Gr: Das göttliche Wesen ist für den Menschen aber
35
nicht ein Jenseits sondern die Einheit desselben mit ihm, die Grundbestimmung ist daß es für den Menschen erschienen und gegenwärtig ist. Diese Seite ist das Bedürfniß der unendlichen Form.
24-431,2 die göttliche ... handelt.] Gr: Christus ist erschienen und die Einheit der göttli¬
chen und menschlichen Natur liegt darin daß er als dieser bestimmt ist.
11
der] die
15
welche] welchen
20
Form] am inneren Rande: 45
40
GERMANISCHES WELTREICH
431
wonach die Welt ewig sich getrieben hat, d/se Gegenwart ist es, um deren Be¬ stimmung überhaupt es sich handelt. Wir haben gesehn, daß die Kirche in sich gediehen, zur Herrschuft der ganzen Welt gediehen ist. die Spitze ist, daß es um die Bestimmung des diesen, um das Wunder der Gegenwart, daß es im Geiste 5
gegenwärtig sei, zu thun ist. diese Gegenwart konnte auf keine äußerliche Weise sein, nicht auf unmittelbare Weise, der Gottmensch, Jesus Christus, ist als Mensch, als Unmittelbares vergangen, und die für den Geist nothwendige Ge¬ genwart konnte für den Geist nicht wie im Dalai Lama sein, wo der Gott dem Menschen gegenwärtig ist, der Pabst, das Haupt der Christenheit, konnte diser
10
Dalai Lama nicht sein. Und darüber hat man sich Rechenschaft zu geben, das Warum ist zu erklären. Was vergangen, ist nicht, und das dieses soll itzt noch sein, diser Mensch aber ist ein natürliches, äußerliches, unmittelbar Natürliches, und dieß Natürliche ist in der christlichen Religion das Aufzuhebende, der Pabst als Mensch stellt sich mit der Gemeinde gemeinschaftlich dem Gott, vor ihm sich
15
dehmüthigend, gegenüber. Ueberhaupt aber weiter ist das diese, der einzelne Mensch, eine unsterbliche Seele, für sich mit Ausschließung anderer Einzelheit, die Einzelheit des Selbstbewußtseins ist in der christlichen Religion keine bloße Form.
Im Indischen ist Gott nur Substanz, die auf einzelne zufällige Weise
existrrt, die nur Modi, Accidenzen der Substanz sind. In der Christlichen Religion 20
ist aber die Einzelheit absolutes Moment, und der einzelne Mensch daher kein bloßer | Modus, sondern unendlich für sich, ein Anderes dieses ausschließend. der
175vHo
Einzelne ist somit schlechthin für sich, kein Modus der Erscheinung des Gottes,
2-13 Wir haben ... Aufzuhebende.] Gr: Die Kirche hat sich in sich vollendet, ist zur Herrschaft in der Welt gediehen, die letzte Spitze ist dies Hinaustreiben zu dem Wun|der der Gegenwart, daß 25
245Gr
der Gott geistig und doch gegenwärtig sei, um diesen Punkt dreht sich das Ganze. In der Kirche hat dies nicht als unmittelbar natürlich sein können z.B. als Licht. Der Gott ist ein Zeitliches ge¬ wesen und ist darum Vergangenes, Gott hat also nicht so als Dalai Lama verehrt werden können. Der Pabst ist Haupt der Christenheit, aber ein Anderes, denn er ist nicht als dieser Mensch verehrt, denn dieser Mensch ist sinnlich äusserlich natürlich und dies blos Natürliche ist in der christlichen
30
Religion ganz tief gestellt.
14-15 als Mensch ... gegenüber] Gr: ist so Knecht der Knechte und
ist so ein als einzelner sich erniedrigender
15-16 Ueberhaupt aber ... Einzelheit.] Gr: Dieser
einzelne Mensch ist aber unsterbliche Seele, absolutes Atom, also für sich mit Ausschließung aller andern.
18-19 Im Indischen ... sind.] Gr: In der | indischen Religion ist Gott nur Substanz die
einmal auf diese einzelne Weise dann auf jene existirt. 35
19-21 In der ... ausschließend.] Gr: Der
Mensch aber als unendlich für sich ist ausschliessend gegen andere Einzelnheit. Einzelne ... müssen.]
Gr:
21-432,5 der
Also ist der einzelne Mensch schlechthin für sich und ein solches das
nicht modus der Erscheinung Gottes sein kann, und so kann Christus als natürlich nicht gegen¬ wärtig sein, sondern er ist vergangen, selbst nur die einzelne Erscheinung. In der christlichen Kir¬ che aber hat der Gott auch diese Weise haben müssen, und es ist an die Gestalt zu erinnern wie er 40
in der Kirche vorhanden gewesen ist. 3 gediehen so Gr; Ho: erlangt hat
5 zu thun ist] ist es zu thun
36 das] daß
246Gr
432
NACHSCHRIFT HOTHO * 1822/23
und Christus kann nicht als Einzelner in einem Andern wieder erscheinen. Seine natürliche Einzelheit ist vergangen, diese göttliche Einzelheit aber soll gegenwär¬ tig sein, als Dalai Lamai kann Christus also in der Kirche nicht sein, aber das dieses, die Persönlichkeit in der Kirche, wie sie unmittelbar ist, hat der Gott auf die Weise des diesen haben müssen, die Hcmptgestalt wie Christus in der Kirche
5
als dieser gewußt und gegenwärtig war, ist diese, wie er in der Messe und im Nachtmahl ist. In der Messe ist das Leben, Leiden und Sterben des wirklichen Christus täglich vorhanden; es ist nicht bloß einmal geschehn, sondern ewig, denn es ist das Leben, Leiden, Sterben Gottes, und in Beziehung auf die Zeit muß das Anundfürsichseinde für jede Zeit sein, diß Opfer also geschieht täglich
10
und immer, und als wirkliche Gegenwart. Es ist platt und irreligiös das Leben, Leiden und den Tod Christi bloß historisch zu nehmen, denn es ist göttliche Ge¬ schichte. Gott ist erschienen, der wirkliche Gott, und dieß muß in der Gemeinde immer geschehn. Und die Gemeinde ist das Mithandelnde; Christus opfert sich in den Menschen hinein, und steht in ihm wieder aul. Und dieß ist kein bloß
15
vorgestellter Christus, wie ihn die reformirte Kirche hat. Ein vorgestellter Christus ist ein in der Ferne stehender psychologischer von dem das Gemüth sich Gefühle und Bewegnngen hervorbringen läßt, die besondere subjectivitdt bleibt gegen disen Vorgestellten der Meister, hält ihn draußen wenn sie will/J Es ist dann ein Fatum, ob diser Christus in dem Gemüth die Bewegnngen hervor¬
20
bringt. In der Kirche ist diß anders, dort ist Christus gegenwärtig, der Gott ist gegenwärtig, ist | kein Gewesensein, das Anderswerden im Menschen und Auf¬ erstehn geht ewig vor. So ist es also in der Kirche, daß diese Gegenwart und das dieses vorgestellt ist. Es ist bei diser Bestimmung noch zu bemerken, dnß Christus hier als dieser gewußt und erkannt ist, wobei noch wesentlic/i, da Christus zu¬
25
gleich als Äußerliches hiebei vorgestellt wird als die consecrirte Hostie. Gegen das Consecriren ist nichts zu sagen; der Geist der Kirche kommt auch zu dieser äußer¬ lichen Gegenwart und macht sich dadurch erst als dises mittheilbar. Aber ein
8 täglich] Gr: immer
8-10 ewig, denn ... sein]
also der Zeit nach alle Tage
Gr: als Leben, Leiden und Tod Gottes immer,
11 wirkliche Gegenwart] Gr: wirkliches Opfer
Gr: historisch als eine Begebenheit
12 historisch]
30
13-15 Gott ist ... ihm] Gr: Es ist der wirkliche Gott und
dies geschieht in der Gemeinde immer, so daß die Gemeinde selbst mithandelnd ist, Christus steht in den Menschen
15-19 kein bloß ... wi\\[.]] Gr: nicht ein vorgestellter Gott, wie in
der reformirten Kirche, ein psychologischer Christus der in der Ferne steht und von dem das Gemüth allerhand psychologische Gefühle hervorbringen läßt, wenn es nämlich will, denn es ist Herr darüber.
35
20-21 Christus in ... hervorbringt] Gr: vorgestellte Christus in den Gernü-
thern Wirkungen hervorbringt oder nicht
27-28 der Geist ... mittheilbar.] Gr: es ist der Geist
der Kirche, der sich zu dieser sinnlichen Gegenwart macht, und dadurch als dieser mittheilbar macht. 28 macht sich ... mittheilbar] dadrh sich erst als dses mitthelbar macht
40
GERMANISCHES WELTREICH
433
Hauptpunkt ist, daß dieses, wie sich hier der Gott als dieses zur Erscheinung bringt, daß die Hostie als Gott angebetet werden soll, d.h. als dieß ding, in so fern es als ein Äußerliches noch draußen steht. In der Kirche ist so das dieses so alle Tage und lür jedes Individuum vorhanden, jedes in das göttliche Leben ver5
flochten, und die göttliche Auferstehung, das Leiden ist an disem Ort, in disem Individuum vorhanden. An diser Gegenwart hätte die Kirche sich können genü¬ gen lassen, aber ist einmal festgestellt, daß der Gott als Äußerlich sich auch festhalten laße, wird die äußerlie/ie, sinnliche Gegenwart zur unendlichen Mannigfal¬ tigkeit, und das Bedürfniß derselben erzeugt sich auf manigfache Weise. Christus
io wie er hier erscheint ist auch so bestimmt, daß er sich auf andere Weise vielfach zu erkennen gebe, daß seine göttliche Mutter sich ebenso gegenwärtig zeige, und andre Heilige, Selige, dise Erscheinungen, Wirksamkeiten des Göttlichen in ei¬ nem Gegenwärtigen, die Marienbilder, alles dises sind Hostien, Vergegenwärti¬ gen auf eine thätige, wirksame Weise. Eine dritte andere Weise der Wunder, die 15
Reliquien, alles dises hängt mit diser Gegenwart zusammen, und es sind Erhal¬ tungen von solchen, welche dem Himmel angehörten. Wunder sind dann auch Erscheinungen des' Allgemeinen in besonderer Weise. Alles dises hängt mit dem Bedürfniß der Gegenwärtigkeit der Göttlic/ikeit zusammen^.] | die Kirche wird in
176vHo
solchen Zeiten eine Welt von Wundern, und die fromme Gemeinde hat in der 20
Welt als solcher keine Befriedigung, sondern am Einzelnen nur als verkehrt in eine besondere Erscheinung des Göttlichen, als eine darsteliung des Göttlichen als dieses an disem Ort, in diser Zeit, das Göttliche als Sinnliches ist ein Wunder, denn das Sinnliche ist ein Beschränktes Einzelnes, das Göttliche als solches Ein¬ zelnes ein Wunder, und zugegeben ist damit, daß das Göttliche auf besondere
25
Weise erschienen sei. - dises also nun ist die Weise wie die Kirche sich vollendet
I hier der ... dieses] Gr: Gott ser, diese
2 als] Gr: als solche als
2 daß die] Gr: aufgehalten, befestigt wird als dieses, als die¬ 3 als ein ... steht] Gr: noch draussen aufersteht
6-8 An
diser ... zur] Gr: Die Kirche hätte sich, an diesem Gottesdienst begnügen können, wenn aber einmal zugegeben ist, daß Gott sich auch als äusserlich zeigt, so wird sogleich dies Aeusserliche 30
zu einer
9 derselben erzeugt ... manigfache] Gr: der Gegenwart ist unendlich und erzeugt
sich in unendlicher mannigfacher
249Gr
11—14 seine göttliche ... Weise.] Gr: z.B. seine göttliche
Mutter sich in ihm zeige, andere Heilige sind eben so Erscheinungen, Wirkungen der göttli¬ chen Thätigkeit. Damit sind also die vielfachen Begnadigungen der gegenwärtigen Erscheinung gesetzt. 35
14-17 Eine dritte ... Allgemeinen] Gr: So die Reliquien, die auch sinnlich gegenwär-
tiges erhalten so wie die Wunder, Erscheinungen des Göttlichen ausdrücken, nicht in allgemeiner Weise als Gesetz, sondern
19-21 fromme Gemeinde ... Göttlichen] Gr: Gemeinde findet keine
Befriedigung an dem blos äusserlichen Dasein an dem verständigen, nothwendigen Zusammen¬ hänge der Natur, sondern am Einzelnen derselben in so fern sie in eine besondere Weise des Gött¬ lichen verkehrt ist 40
25-434,1 vollendet dadurch ... hat] Gr: innerhalb ihrer selbst vollendet daß
das Göttliche als dieses erscheint II zu erkennen gebe so Gr; Ho: erscheine
31 mannigfacher] mannigfachen
38 eine so Ho
250Gr
434
NACHSCHRIFT HOTHO '
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dadurch, daß sie das Göttliche als dieses, als Unmittelbares hat. Es ist nun die Fra¬ ge: worin hier der Kirche etwas noch mangelt. Sie hat alles was wir an die gött1 iche Natur fordern, die Herrschaft in der Wirklichkeit, und die Zuspitzung zu dem, was wir sahn in einigen Erscheinungen, die Frage ist: was doch noch der Kirche in ihrem Prinzip mangelte, welchen Mangel sie zu heben hatte ohne von
5
sich selbst noch abzufallen, ohne über ihr Prinzip herüberzugehn, dieser Man¬ gel nun ist dieses, daß die Wunderbilder, in welchen die Gnade als ein Besondres erscheint, nicht von absoluter sondern beschränkter Art sind, und daher einer unendlichen Vervielfältigung bedürfen. Und eben so ist die Hostie, die höher ist als alles dieses, in unzähligen Kirchen vervielfältigt. Christus selbst aber als Got¬
10
tessohn ist nur Einer, als Hostie ist diese Göttlichkeit nur Substanz, zwar zur sinnlichen Gegenwart zur Einzelheit fortbewegt, aber dise Einzelheit ist zugleich eine allgemeine Einzelheit, die in allen Gemeinden ist, selbst also nur eine Refle¬ xions-Allgemeinheit, nicht die Eine letzte im Raum, sondern die Einzelne unter Vielen, nicht das schlechthin Eine Einzelne, dieses schlechthin Eine dießeits | 177rHo
15
hat das Christenthum suchen müssen, die letzte Einzelheit, in welche die Gegen¬ wart sich zusammennimmt ist die im Raume, im Local. Wenn also in der Zeit auch die Einzelheit der Person vergangen ist, erhält sich doch die Einzelheit des Raums. Und diese Einzelheit sucht die Christenheit, diese letzte Spitze der sinn¬ lichen Einzelheit zu suchen, diese Einzelheit des Raums hat die Christenheit sich
20
zu finden und zuzueignen, der Zugang ist ihr durch Ungläubige versperrt, dieß ist ihrer unwerth, und diesen Schimpf abzuwerfen hat die Christenheit in Eines zusammen genommen. In den bisherigen Kriegen war der Gegenstru/d ein Be¬ sonderes, Beschränktes; dieser eine allgemeine Krieg aber sind die Kreuzzüge, dieß hat sie nach dem Morgenlande getrieben. Einmal schon unter Alexander
25
sahn wir den Westen nach Osten ziehn, an der Spitze also ein wirkliches
2-6 mangelt. Sie ... herüberzugehn.] Gr: mangelt, nicht was uns etwa dabei noch mangelt, wie sie diese Mängel innerhalb ihrer selbst zu erregen suchen muß,
6—9 dieser Mangel ... bedürfen.]
Gr: Dies ist daß die Wunderbilder, Wunderworte u.s.w nicht von höchster absoluter sondern nur 2 51 Gr
beschränkter Art sind.
9—15 die höher ... Einzelne.] Gr: dies Höhere als alles jenes selbst ein ver¬
30
vielfältigter Christus, aber schlechterdings nur einer. Als Hostie ist diese Göttlichkeit nur Substanz, zwar transsubstantiirt zur gegenwärtigen Einzelnheit, aber diese Emzelnheit ist zugleich allgemei¬ ne Einzelnheit, nicht diese eine Einzelnheit, sondern nur eine unter vielen, dies ist die Forderung der Kirche.
16 das Christenthtmi] Gr: die Kirche
die letzte Spitze die im Raume gefordert wird.
16-17 die letzte ... Local.] Gr: Es ist dies
21-24 ist ihr ... aber] Gr: dazu ist in den Händen
35
der Ungläubigen er ist der Kirche versperrt und es ist ihrer unwürdig daß er ihr versperrt worden. 252Gr
Dies ist das worin die Christenheit ganz eins gewesen | ist, worin der Krieg nicht diesen oder je¬ nen Zweck sondern einen einzigen hatte. Dies
25 sie nach ... getrieben] Gr: die Christen nach
dem Morgenlande getragen um sich zu bekreuzen 4 in] im
6 herüberzugehn] herüber / Zugehn
fältigung] Verfielfälggg
bedürfen] bedarf
25-435,2 Einmal schon ... genießen.] Gr: 7 welchen] welcher
16 das] die
8 sind] ist
9 Verviel¬
17 Local] Local zusammennimmt
40
GERMANISCHES WELTREICH
435
Individuum, die Christenheit hat das dieses an der Spitze nicht, sondern geht nach dem dieses aus, will es gewinnen und genießen, die Abendländer also sich dieses zu erobern zogen nach dem Morgenlande, wollten den Ort gewin¬ nen. Und sie haben ihren Zweck erreicht, haben den Jordan, Jerusalem, Gethse¬ 5
mane, das heilige Grab, Golgatha gewonnen, dieß war ihr Ziel, ihr Höchstes als Gegenwart zu gewinnen, es vor sich zu sehn, es zu fühlen, dise Gegenwart zu genießen. Einerseits sind die Christen hier ehrlich gewesen, anderseits haben sie hier Königthum gestiftet, Constantinopel erobert, das griechische Kaiserthum, das noch Jahrtausende über dos abendlrmdi.se/ie Reich hinausreichte. Aber schon
10
bei den Zügen dahin haben sich die Abendländer so ungeschickt betragen, daß ihnen Hunderttausende dahinsanken. Mit demselben Unverstand bezeigten sie sich auch bei der Stiftung der Reiche im Morgenland. | Was sie also eigentlich
177vHo
gewannen, waren die heiligen Orte und das Interessanteste war die Erobruug des Grabes des Herrn. Im heiligen Grabe, im Grabe überhaupt vergeht alle Eitelkeit 15
der Meinung, da wird es ernst. Im Grabe, im Negativen, des zeitlichen dieses, da geschieht die Umkehrung. Jesaias sagt: du läßest nicht zu, daß dein Heiliger ver¬ wese. Hier in disem Grabe mußte die Meinung der Christenheit verwesen, im Sinnlichen die Lehre zu finden, da erscholl zum zweitenmale die Antwort: was sucht ihr den Auferstandenen bei den Todten. In disem Auferstandensein liegt
20
dem Verstände schon die Unmöglichkeit Reliquien haben zu können. Wäre diser Verstandesgrund genug, so wäre die Kirche schon fertig damit geworden.
Nicht so wie zu Alexanders Zeit ist es ein wirkliches Individuum was an der Spitze nach dem Mor¬ genlande zieht sondern die Christenheit geht vielmehr darauf aus, das Dieses zu holen.
7—9 Ei¬
nerseits sind ... hinausreichte.] Gr: Die Christenheit ist dabei ehrlicherweise zu Werke gegangen 25
diese Gegenwart zu holen, anderer | Seits hat sie auch noch weiter Königreiche und Fürstenthümer
253Cr
auf ihre Weise gestifftet, auch Konstantinopel ist bei dieser Gelegenheit erobert. Vom griechischen Kaiserthum haben wir noch nicht gesprochen, diesem eigenthümlichen christlichen Reiche, das noch ein Jahrtausend über das abendländische Kaiserthum hinaus fortdauerte.
9-12 Aber schon
... Morgenland.] Gr: Auch noch auf ihren Siegeszügen haben sich die Kreuzfahrer so ungeschikt 30
betragen daß Hunderttausende von ihnen umgekommen sind, eben so ungeschickt haben sie sich auch bei der Erhaltung und Stiftung jener Reiche benommen.
12—14 Was sie ... Herrn.] Gr:
Auch das Holz des Kreuzes und das Grab haben sie bekommen.
14-16 Im heiligen ... Umkeh¬
rung.] Gr: In diesem | Grabe aber hat sich die Umkehrung gemacht, im heiligen Grabe vergeht alle Eitelkeit der Meinung, in diesem negativen Selbst des Dieses. 35
16-19 Jesaias sagt ... Todten.] Gr:
Es heißt im Grabe mußte ihre Meinung verwesen in einem sinnlichen Diesen ihr Letztes zu fin¬ den. Hier ist der Christenheit zum 2ten Male geantwortet worden: „was suchet ihr den Lebendigen unter den Todten, er ist nicht hier, er ist auferstanden!“
19-20 In disem ... können.] Gr: Schon
in dem Auferstehen Christi war der Verstandesgrund vorhanden daß es keine Reliquien geben konnte. 40
20—436,6 Wäre diser ... gehn.] Gr: Aber wenn es zu dieser rein verständigen Anschauung
gekommen wäre, so wäre die christliche Religion ein Götzendienst gewesen, aber nach Christus 3
Morgenlande
so
Gr;
Ho:
17 Christenheit] Chrstenhht
Abendland
11
bezeigten]
bezeichten
16
Jesaias]
Jesaiais
254Gr
436
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
Christus ist erstanden, die sinnliche Gegenwart ist entrückt, und spricht selbst, nach seiner sinnlichen Gegenwart würde der heilige Geist kommen die Menschen in alle Wahrheit zu leiten, die Spitze der subjectivitüt ist nicht unter den Todten, sondern an dem geistigen Lebendigen zu suchen, dieß ist das Resultat der Kreuz¬ züge. das Grab hat sie enttäuscht über die Bedeutung des dieses. Kanaan hat für
5
die Christen also müssen verloren gehn, die Kreuzzüge haben viel Nutzen und Schaden gehabt, diß hat die empirische Geschichte zu betrachten, das Resultat der Kreuzziige war der Seegen, der Geist, der nur ist durch die Negation seiner un¬ mittelbaren Gegenwart zu sich zu kommen, der Geist des Christenthums also hatte dahin zu kommen das sinnliche dieses zu negiren, die Bedeutnng des die¬
10
sen in sinnlicher Unmittelbarkeit von sich abzutrennen, außerhalb seiner zu set¬ zen. dieß ist die Stellung, die sich jetzt in der Weltgeschichte zeigt, das dieses als 178rHo
Sinnliches ist jetzt das dem Geiste Äußerliche, | Nach dem sinnlichen dieses ist, daß der Geist verlangt hat, aber als ein sich äußerliches, und weil dieß Äußerliche das Seinige und zugleich ein Anderes ist, ist die weltliche Natur für ihn ein Sol¬
15
ches geworden, das Intresse für ihn hat. das Andre, die Natur ist das Seim’ge, an ihr hat er Intresse gewonnen, und sodann hat der Geist jetzt die Natur als ein solches, worin er arbeitet, sich selbst genießt, dieß also ist jetzt die Stellung, daß das sinnliche dieses gewollt ist, aber wahrhaft außer dem Geiste sei. dieß Äußerli¬ che ist die Natur, ist von ihm abgetrennt sein Andres, das er aber zugleich wollte,
20
mit dem sich zu beschäftigen er sich berechtigt fühlt, aber nur dann, indem es außer der Kirche ist. Was aufgeht ist, daß der Mensch sich zur Welt wendet, sie frei als dieses entläßt, sicher seiner selbst gegen sie ist, sich practisch an sie macht, der Geist ist in der Kirche von dem sinnlichen diesen befreit. Hienrit also beginnt ein ganz anderer Aufgang des Geistes und diß ist die 2te Bestimmung
255Gr
25
kam der Geist über | die Gemeinde, der ein Lebendiges ist aber nicht ein Sinnliches. Dies ist die Bedeutung der Kreuzzüge, und darum hat das heilige Grab wieder verloren gehen müssen für die Christen.
6—13 die Kreuzzüge ... Äußerliche,] Gr; Es ist dies der Segen der Kreuzzüge, es
ist kein Nutzen und kein Schaden, auch kein Einfluß, aber die Frucht ist, daß eben der Geist nur in der Negation der Sinnlichkeit der Unmittelbarkeit vorhanden ist, daß der christliche Geist das
30
sinnliche Diese, ausserhalb seiner selbst hat setzen müssen, eben weil es dem Geiste das Ausserliche ist. 2560r
13—18 sinnlichen dieses ... genießt.] Gr; Diesen ist es, daß der Geist verlangt und das er als
das Seinige gewollt hat, aber als ein sich Aeusserliches/lj | So ist nun die Welt das für ihn geworden was Interesse für ihn hat. Es ist diese Natur er selbst, aber als anderes, und so ist das Ergehen darin eine Arbeit, die für ihn jetzt gerechtfertigt ist.
18-24 dieß also ... befreit.] Gr; So geht ferner
35
daraus hervor daß das sinnliche Dieses nicht in der Kirche gefunden wird sondern ausser derselben. Was in der Welt also aufgeht ist, daß der Mensch sich zur Welt wendet, sich praktisch verhält, sicher seiner selbst in ihr ist und sie darum frei läßt wie er selbst frei ist. Verhältniß
25 anderer Aufgang] Gr; anderes
25-437,2 Bestimmung diser ... findet.] Gr; Periode, dies ruhige Verhalten zu der Welt
und zur Natur als dem Dieses. 17 sodann] so dann langt] verlangt er
18 er] sich
40 20 das] dß
34 aber als] aberals
22 aufgeht] geht aufgeht
25 die so Gr
32 ver¬
GERMANISCHES WELTREICH
437
ctaser Periode, das erste war die Herrschaft der Kirche, das 2tl’, daß sie das dieses will, und als außerhalb ihrer findet, das 2tf ist das friedlir/ie Verhältm'ß zu diesem Außerlic/ien, es sich zu eigen zu machen, es sich außerhalb der Kirche innerlich einzubilden, die äußerhr/ie Welt ist jetzt außerhr/i der Kirche gesetzt, mit dem der 5
Geist also jetzt zu verfahren hat, und darin die Bestimmung des Seinigen findet, diser Character geht in der Welt jetzt aut und nimmt mannigfaltige Erscheinun¬ gen an. die erste diser Gestalten ist, daß itzt alle Arten von Industrie und von Handel sich beleben, besonders an der Küste von Italien, die Natur ward zu menschlichen Zwecken verarbeitet, besonders in italienischen, Katalonisehen,
10
flammandischen, Deutschen Städten am Rhein und der donau. Im Norden deutschlaiids begann der Kampf gegen die Heiden/Ij | der Hansebund stand im
178vHo
Norden gleichfalls auf zu Handelszwecken. Hierher also gehört das Aufblühn des Handels, das Hineinarbeiten des Verstands in das sinlie/ie Element, das jetzt aus der Kirche ausgeschlossen ist. Mit disem Hineinarbeiten verbindet sich die 15
Erweiterung der Beschränktheit de.? äußern daseins. die Regsamkeit erweitert zu algemeinen Ansichten, macht den Verstand seiner selbst gewiß. In dise Periode fallen dann auch die Menge Erfindungen. Bei vielen ist die Frage wo sie erfun¬ den seien eine untergeordnete, das Characterisirende ist, daß itzt solche Erfin¬ dungen in allgemeinen Gebrauch kommen, daß itzt die Berechtigung der Befrie-
20
dignng in der Äußerlichkeit erwachte, das Schießpulver und die Buchdruckerei sind auszuzeichnen, daß das' Schießpulver vom Mönch Schwarz erfunden sei ist noch immer das Wahrscheinlichste; durch dise Erfindungen ward die Kriegskunst geändert und wichtig waren folgende Punkte: die Schwächung der Befestigung der Burgen zu guten und bösen Zwecken, und der Befestigung überhaupt des
25
Körpers durch feste Waffen, der Unterschied der Waffen zwischen Herrn und
7-11
und von ... Heiden/./] Gr: , Gewerbe und Handel sich beleben, besonders an der Seeküste,
257Ct
in den italienischen Städten, besonders in Katalonien, auch in Deutschland am Rhein und an der Donau wo Städte gegründet werden, so wie weiter in Deutschland hinein im Kampfe mit den
11—12
Slaven auch Städte entstehen. 30
der Hansebund und andere Vereinigungen zu ähnlichen Zweken. des
13-14 jetzt
15-16
aus] Gr: von
den Mitteln gehören
13
des,] Gr: der Industrie und
erweitert zu ... gewiß] Gr: befestigt die Gewißheit | des
17
Menge Erfindungen] Gr: vielen Erfindungen die vornehmlich zu
17—18
Bei vielen ... das] Gr: Es ist dabei keine Frage ob sie im Abendlande
Verstandes in sich selbst
gemacht sind oder nicht, weil das 35
der Hansebund ... Handelszwecken.] Gr: Hierher gehört
21—22
258Gr
daß das ... Wahrscheinlichste;] Gr: Vornehmlich sind
zwei zu erwähnen, die Erfindung des Schießpulvers und die der Buchdruckerei. Von jenem weiß man das Beste, daß Schwarz der Mönch es erfunden hat.
22—438,1
durch d/se ... geschwächt.]
Gr: Wichtig ist daß seine Erfindung den Charakter der Kriegskunst verändert, und namentlich die Befestigung in Burgen, der Vereinzelung, und Harnisch und Panzer, diese kostbaren Vertheidigungswaffen vertrieben hat, wodurch die Macht des Unter| schiedes zwischen Herrn und Knecht 40
aufgehoben ist. 16 Ansichten] Angesichten
259Gr
438
NACHSCHRIFT HOTHO ' 1822/23
Knechten ward jetzt geschwächt. Es ist viel geklagt, daß die Tapferkeit jetzt kön¬ ne durch die Schwäche besiegt werden, doch diß war früher auch der Fall, und das Schießpulver hat wesentlich den geistigen Muth zur Hauptbestimmung ge¬ macht, denn bei der jetzigen Kriegskunst ist die Hauptsache die Anführung. Schon in der alten Kriegs Kunst war das Vornehmlichste der Zusammenhalt, und
5
der Glauben, daß auf diesem alles beruhe, durch den Gebmuch des Schießpulvers kommt noch hinzu, daß das Verhalten der Individuen als Feindliches aufhört, und gegen einen abstracten Feind gefochten wird, und ebenso werden die Kriege jetzt weniger blutig, denn der Verstand behält mehr das Ganze in seiner Gewalt, 179rHo
da es mehr kann in Entfernung gehalten | werden. Man muß also die Erfindung
10
des Schießpulvers ansehn als ein Mittel, das wesentlich mit dem modernen Ver¬ stände zusammenhängt, die Buchdruckerkunst ist das Mittel der leichten Ver¬ breitung von Meinung und Gedanken, das nach seiner Erfindung deutschlund wie eine Seuche überschwemmte. — Es ist also überhaupt jetzt Handel, Industrie, die Mittel des allgemeinen friedlichen Zusammenhangs in die Welt gekommen. Hie-
15
mit zusammen hangt das Seeheldenthum der Portugisen in Entdekungsreisen, die Umschiffung des Vorgebirgs der guten
Hoffnung und die Entdeckung
America’s von Spanien aus, dessen Ritterthum sich jetzt ein neues Feld der Bethätigung suchte, zunächst auf den Genuß beschränkt schien, aber seine Tap¬ ferkeit in disem Elemente zeigte. Mit dieser ersten Betriebsamkeit ist zweitens
20
zum Theil ungetrennt die Entstehung der Freiheit in den Städten verbunden, denn indem der Mensch in seine Hände schaut, und sie vollbringen sieht, das Selbstbewußtsein in der Natur sich bethätigt, so ist er hierin berechtigt, bildet sich in diser Berechtigung, sieht sich genöthigt, sich nach der Natur der Sachen, der
1—4 Es ist ... Kriegskunst] Gr: Ein gewöhnlicher Vorwurf ist, daß der Tapferste jetzt durch den
25
Feigsten geschlagen werden kann, aber diese Weise hat den höheren, geistigen, vernünftigen, be¬ sonnenen Muth hervorgebracht, denn eben dadurch
5—10 Schon in ... werden.] Gr: Es war
schon bei den Alten der Fall daß der Einzelne seine Sicherheit in den Zusammenhang des Ganzen setzte und namentlich ist durch das Schießpulver dieser individuelle Haß gegen den Feind ver¬ bannt, es wird damit gegen den abstrakten allgemeinen Feind geschossen. Die Kriege sind auch 260Gr
jetzt weniger blutig weil jeder die Gefahr auch nur von weitem schon er | kennen kann.
30
12-14 ist
das ... überschwemmte] Gr: hat dem Bedürfniß, auf ideelle Weise mit einander im Zusammen¬ hänge zu stehen Vorschub gethan, wie sie daraus entstanden ist
18-20 sich jetzt ... zeigte.] Gr:
auf andere Weise Bethätigung gefunden hat. In diesem Hinaus hat es sich seine Erweiterung und auch seine Tapferkeit gegeben, in diesem Element, das zunächst das Gegentheil der Tapferkeit zu 261Ct
sein scheint.
35
22-439,4 denn indem ... verhalten.] Gr: Indem das subjektive Selbstbewußtsein
in der äusseren Natur sich bethätigt, so ist der Mensch darin berechtigt, er ist so genöthigt, sich auf allgemeine Weise darin zu verhalten, er muß sich unterwerfen der allgemeinen Natur dieses Gegenstandes, er muß seine blosse Begierde, das Rohe, Unbeholfene besiegen, er wird gebildet. Indem er auf allgemeine Weise thätig ist, so weiß er sich in dieser Arbeit zugleich berechtigt. 6 diesem] dsenn
12 ist] die
40
GERMANISCHES WELTREICH
439
Bedürfmße zu behalten; der Mensch setzt sich in den dienst seiner Beschäftigung, muß sich unterwerfen, und das bloß momentane seiner Willkühr und Roheit überwinden. Er bildet sich d.h. muß sich nicht bloß particulär, sondern auf all¬ gemeine Weise sich verhalten. Es entstehn also zunächst für die Industrie Associa¬ 5
tionen, außerdem aber in diser Betriebsamkeit weiß der Mensch sich berechtigt, und die Verbindungen werden anderseits Verbindungen des Rechts und der bür¬ gerlichen Freiheit, dadurch entsteht in der europaeischen Welt eine neue Welt, verschieden einerseits von der Kirche, die wir sahn, daß sie die Äußerlichkeit ausschloß und freigab. diese Äußerlichkeit ist dem System der Abhängigkeit der
10
Knechtschaft, das bisher galt, entgegengesetzt. | Ein neues System der bürgerli-
179vHo
dien Freiheit trat also in das Feudalsystem, ein Prinzip, das seinem Inhalt nach vernünftige Freiheit enthielt, zwar Freiheit, die einen beschränkten Sinn hat, Freiheit des Eigenthnms, der Geschicklichkeit und des durch sie Hervorgebrach¬ ten, aber in diser Sphäre ist diser Inhalt vernünftig. In dem andern System, dem 15
Feudalsystem, ist Abhängigkeit überhaupt und zufällig, ob der Inhalt vernünftig und berechtigt sei. In disem System ward alles znm Privateigenthnm auch das, was seiner Natur nach es nicht sein soll, und das einmal, wird es dazu, gegen die Sittlichkeit streitet oder gegen das Recht des Staats ist. die Keuschheit der Mäd¬ chen ward so Eigenthnm der Herrn, und auf der andern Seite das Amt des Feld¬
20
herrn, des Ministers. Gegen dieß System des Privateigenthnms, worin das, was Eigenthnm war es seinem Begriff nach nicht sein sollte, macht jetzt den Contrast das neue System bürgerlidier Freiheit, dises Element nun des Vernünftigen und Rechten komt mit dem frühem System in vielfache Collisionen. In den itahänischen Städten bilden sich schöne Republicken, jede kleine Stadt hat ihre intres-
25
sante Geschichte. Es bilden sich einerseits schöne Republicken, die aber ebenso unglücklic/z sind, und innerlich sich zerstören, theils machen sich die Städte nur
4—9 also zunächst ... freigab.] Gr: so Associationen zu diesen äusseren Zweck zunächst, dann aber zum Zweck der bürgerlichen Freiheit. Es entsteht so | ein neues Element in der europäisehen Christenheit, verschieden von der Kirche, ja sogar ausgeschlossen. 30
262Gr
9—14 diese Äußerlich¬
keit ... vernünftig.] Gr: Eben so ist es entgegen dem Verhältniß der Herrschaft und Knechtschaft, dem Feudalwesen. Dies Prinzip hat seinem Inhalte nach vernünftige Freiheit, wenn auch im be¬ schränkten Umfange als die des Eigenthums, der Geschicklichkeit pp. dem Inhalte nach ist sie aber vernünftige Freiheit.
15-20 Abhängigkeit überhaupt ... Ministers.] Gr: es unbestimmt ob
der Inhalt vernünftig ist oder nicht, denn es soll hier z. B. Privateigenthum sein, aber etwas was 35
gar nicht Privateigenthum sein darf z.B. Droit de pucelage und eben so Ministerstellen und so weiter.
23—25 In den ... Geschichte.] Gr: Es zeigt sich in den schönen italienischen Republi¬
cken, die heutigen Tages nicht mehr genannt werden deren jede aber ihre eigenthümliche schöne Geschichte hat.
25-440,1 einerseits schöne ... geschah] Gr: Republicken, die eines Theils im
Flor und unabhängig sind anderen Theils in unglücklichen Kriegen zerstückelt werden 40
14 dem2] der
263Gr
440
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
unter Oberherrschaft der Fürsten frei, wie es in Frankreich vielfach geschah. So sind denn jetzt die 3 wesentliche« Stände entstanden: Bauern, Bürgerstand und Stand der Herrn, neben dem der geistliche Stand steht. Es sind dieß die Stände die wir in Indien als Kasten sahen, und die bedingt sind durch die wesentliche« physische« und geistigen Bediirfniße. Es sind also die Stände, wie sie im Ganzen
5
überall sich hervorthun müssen. Sie sind hier auch hervorgetreten, und theils 180rHo
zu | Unterschieden der Geburt gemacht, wesentlich aber rechtlich bestimmt und festgemacht, dieß ist eine Festsetzrmg die aus dem Willen kommt, nicht aus der Natur, sondern aus einer Bestimmung des Willens, der gegenseitig anerkannt ist. diese wesentliche« Stände also sind festgemacht theils natür/ich, theils rechtlich.
10
Wichtig ferner ist, daß dise Stände einerseits zwar Stände der bürgerliche« Ge¬ sellschaft sind, anderseits hier aber auch Bestimmwttgen in der Staatsgewalt, diese Fällt ebenso in dise Stände, ist mit ihnen verknüpft, dise Stände, die also zu¬ nächst Stände der Lebensweise sind, sind zugleich politische, dieß ist eine sehr wichtige Unterscheidimg. Man versteht gewöhnlich nicht unter Stand auch Un¬
15
terschiede der particulären Lebensweise, so daß sie als bloß politische nicht auch in den Bedürfnißen wurzeln, welche die besondern Lebensweise« mit sich brin¬ gen. die Stände aber sind zugleich Unterschiede der Lebensweise und der politischen Verhältniße. der Herrenstand war zugleich politischer Stand ebenso war es mit den Städten, den Bürgern, denen auch eine politische Standschaft zukam,
20
und was ständisch war politisch, war auch im bürgerliche« Leben festgegründet, der Bauernstand war mehr oder weniger vom Politischen ausgeschlossen, doch in der Schweiz machte sich der Bauernstand zwm ganzen Staat, dise Stände in ihrer gedoppelten Bedeut««g wurden ein rechtlich Festes, und nicht bloß Staatsrecht¬ lich, in einer Constitution, sondern auch so festgesetzt, daß das Staatsverhältniß
25
zugleich die Gestalt eines Privateigenthnms hatte, dise letztere Seite ist der Natur
2-3 Bauern, Bürgerstand ... steht.] Gr: Der Stand der Bauern, Städte, Herrn und der Geistliche Stand.
4—5 wir in ... Bedürfniße.] Gr: sich in Indien als Kasten zeigen, Es sind die Unterschei¬
dungen der Beziehungen auf die Lebensverhältnisse.
6—8 Sie sind ... festgemacht.] Gr: Wie die
Kasten in Indien so treten sie auch hier hervor und sind zum Theil auch zu Natur-Unterschieden 264Gr
gemacht | aber viel wesentlicher sind sie rechtlich bestimmt, festgesetzt worden.
30
8-10 dieß ist
... rechtlich.] Gr: Rechtlich ist nur aus dem Willen kommende nicht blos natürliche Festsetzung, die zugleich von dem Gegentheil allgemein anerkannt wird.
11-13 Wichtig ferner ... ihnen]
Gr: Zu bemerken ist daß sie Stände der bürgerlichen Gesellschaft sind aber zugleich auch Unter¬ schiede Bestimmungen in der Staatsgewalt geworden sind, beides ist
14-19 dieß ist ... Verhält¬
35
niße.] Gr: Daß die Stände eben dies Doppelte sind hat man heut zu Tage vergessen sondern man betrachtet sie blos in politischer Bedeutung und so wurzeln sie nicht in der Bestimmung die sich auf den Unterschied der Lebensweise gründet. 265Gr
19-21 der Herrenstand ... festgegründet.] Gr:
So sind die Herrn auch zugleich politische Gewalt, eben so der | hohe Adel, und die Mitglieder der Städte haben auch politische Standschaft gehabt.
22-23 doch in ... Staat] Gr: zum Theil
aber auch nicht wie er z.B. in der Schweiz sich zu ganzen Staaten gemacht hat
40
441
GERMANISCHES WELTREICH
des Staats zum Theil zuwider: der Staat, indem alle dise Verhältniße privatrecht\kh wurden, verkam einerseits, aber anderseits sind die Staatsrechtlichen Verhält¬ niße auf diese Weise unendlich fest geworden. Von disem Punkt aus ist es, daß der große Unterschied der europäischen gegen die mahomedanischen Staaten ge5
setzt ist, wo sich nichts fest erhält, am heiligen Grabe hat das Morgenland vom Abendland Abschied genommen, die Festigkeit der Unterschiede, die Ordnung im Staat ist nur in Europa. | das Morgenland bleibt eine abstracte fanatische Ein-
180vHo
heit, während in Europa die Unterschiede festgesetzt wurden, und zwar dwrch das Privatrechtliche Verhältniß durchgingen, diß also ist der wichtige Punkt, daß io
die Staatsbildwng in Europa ihre Festigkeit erhielt, dadurch, daß sie dnrch das Privateigentum hindurchging. In diser Rüksicht ist besonders die feste Erblich¬ keit des Throns wichtig, und später die Ungetheiltheit der Länder, dise Erblichkeit des Throns, ist aus diesem festen privatrechtlichen Verhältniß hervorgegangen. Nimmt man disen Punkt heraus, kann man aus disem einen schon gegen den
15
Orient den ganzen Unterschied entwikeln, darauf alles zurückführen, die pri¬ vatrechtliche Bestimmung, dessen was zur Staatsgewalt bestimmt, hat sich auf dise absolute Sphäre noch nicht zurückgezogen. Im Staate gilt kein privatrechtliches als in der Sphäre des Throns, das fürstliche Haus und der hohe Adel als Stütze des Thrones und der Verfassung der Freiheit, diese beide Punkte der Staatsgewalt
20
müßen auch privatrechtlich fest sein. Auf dise Sphäre hat sich aber das Privat¬ rechtliche, wie gesagt, noch nicht zurükgezogen. der Verstand also, der hier die Rechte und Unterschiede festsetzte, ist bisher näher betrachtet, die Staaten diser Zeit wurden auch äußerlich durch Tractate gegeneinander rechtlich bestimmt und durch Bündmße. Bisher hatten die Staaten sich mehr isolirt gehalten, jetzt kom-
25
men Bündmße vor (1508 das Bündniß zu Cambrai war eins der Ersten)/.] Von jetzt an geht also die Gemeinschaft der Staaten im Handeln an. die Staaten mi¬ schen sich gemeinsam in ihre Verhältniße. dieß sind in diser Rücksicht die
2 verkam einerseits] ... Europa.] 30
Gr:
Gr:
ist im Ganzen dadurch mehr oder weniger verkommen
3—7 Von disem
Hier zeigt sich aber der Unterschied der abendländischen von den orientalischen,
mahomedani| sehen Ländern, wo nie eine solche Festigkeit der Unterschiede im Staate ist. Eben damit ist die Ordnung im Staat gegeben.
7—11 das Morgenland ... hindurchging.]
Gr:
266Gr
Die Ein¬
heit im Morgenlande ist eine gediegene, abstrakte, fanatische, dagegen in Europa eine bleibende, dauernde, verständige Festsetzung der Verhältnisse.
14—16 aus disem ... sich]
Gr:
durch seine
Entgegensetzung gegen das Orientalische den ganzen Unterschied europäischer Rechtlichkeit ent35
wikkeln, gegen die orientalische Zerrüttung. Es hat sich dies aber in dieser Zeit ... sein.]
Gr:
17—20 gilt kein
darf nichts Privatrechtliches sein ausser dem Throne und dem hohen Adel als Stützen
jenes und der Verfassung.
22-24 diser Zeit ... Bündniße]
Gr:
sind überhaupt auch gegen einan¬
der ein rechtlich, festes durch Tractaten geworden, haben Beziehung auf einander bekommen, die dann das Gleichgewicht in Europa genannt worden ist 40
24—27 Bisher hatten ... Verhältniße.]
Gr:
Jetzt entstehen Bündnisse z.B. das von Cambray, hier zeigt sich schon daß einer der Staaten nichts für sich thun mag und vermag, ohne Gemeinschaftlichkeit mit andern.
267Gr
442
NACHSCHRIFT HOTHO '
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Hawptgeszchtspunkte. Was wir haben, ist einerseits die alte Kirche, anderse/ts die Außenwelt, und den Verstand in ihr in seinem Selbstsein, der Punkt nun worauf 181 rHo
wir jetzt kommen ist der Uebergang zur neuern Zeit | als der 3tLn Epoche.
Illte Epoche.
Bei disem sind 3 Punkte zu berühren: die Kunst, die Verdorbenheit der Kir¬
5
che, und die Reformation. — das Letzte wovon wir sprachen, war, daß die Welt¬ lichkeit sich für sich sich entwickelte, der Geist für sich sich darin erging, der Geist fand das dieses für die Kirche, indem er es von ihr ausschloß, die Kirche aber behielt das äußerltc/ze dieses, das Sinnliche in sich, und so ist ein Zweifaches Sinnliches als dieses; die Kirche als die erste Kirche hat das Moment der Sinnlich¬
10
keit als Unmittelbarkeit an ihr, die noch nicht zur Geistigkeit in sich zurückge¬ kehrt ist. Indem die Kirche dieß Sinnliche in ihr hat, ist es auch verklärt, und dise Verklärung geschah durch die Kunst, die Ku/zst erhöht beseelt das Äußerliche dnrch eine Form, die dem Geist angehört, und die Andacht zu ihr verhält sich dann nicht mehr zu Einem, das den Geist in eine dinglichkeit hineingetragen
15
hat. Und ein Anderes ist, ob der Geist der Andacht sich als Geist zu einem Geist, oder als zu einem ding verehrend verhält, wie einer Hostie, einem Holz. Zum Geistigen sich verhaltend ist der Geist frei, die Frömigkeit kann zu einem dinge fromm sich verhalten, aber dann ist das Sinliche ganz überflüßig. In objectiver Gestalt soll das Wesen sich darstellen, das ding ist kein objectiv Wahres, sondern
20
ein Unwahres, wogegen der Geist nicht frei ist, sich nicht zu einem Wahren ver¬ hält, also schlechthin unterjocht ist, gebunden, denn er wendet sich zu einem Ungeistigen, Unwahren, und nur in der Wahrheit ist der Geist frei. Wenn solches
1-2
Was wir ... Selbstsein.] Gr: Einer Seits ist also die Kirche und anderer Seits der Verstand ausser
derselben.
6-8 das Letzte ... ausschloß.] Gr: Die Weltlichkeit ist das Princip des Diesen ausser
25
der Kirche sich entwickelnd, der Geist hat die Vollendung des Diesen gesucht für die Kirche, es gefunden, aber so daß er die Kirche ausgeschlossen hat.
8-13
die Kirche ... durch] Gr: Das
Sinnliche ist also auch in der Kirche aber auch von ihr ausgeschlossen. Indem sie es noch in sich hat, ist es inniger, auch verklärt worden und zwar ist diese Verklärung nun
13-16
die Kunst
... hat.] Gr: Sie begeistigt das Sinnliche, sie erhebt, das Aeusserliche zu einer Form, die geistig ist, 269Gr
30
das Gemüth verhält sich dann nicht mehr zu einem blossen | Dinge, sondern als Seele zu einem Seelenhaften, zu einem Geiste.
16-18
sich zu einem, dessen Ebenbild er ist.
Und ein ... frei.] Gr: ln solchem Verhältniß ist er frei für
18-23
zu einem ... frei.] Gr: andächtige Gefühle bei blos
Sinnlichem haben und sogar die göttliche Gnade kann dadurch wirken, was aber sein soll ist die Wahrheit in objektiver Form. Das Ding ist nichts objektives, nichts absolut wahres, daher ist der Geist darin nicht frei, sondern abhängig unterjocht. 268Gr
4
/ Ulte Epoche. / so Gr
15
das] das drh
35
443
GERMANISCHES WELTREICH
Gebundensein das Bedürtniß der Religion wäre, so würde solch Bedürfniß im Verhältn/ß zu einem Schönen nicht seine Befriedigung linden, denn für das Be¬ dürtniß der Unterjochung sind die plattesten darstellimgen die zweckmäßigsten, die Erfahrung soll es auch zeigen, daß die wahrsten darstellwngen, Raphaels Ma¬ 5
donnen, die Verehrung nicht genießen, als schlechtere. Vor ächten Kunstwer¬ ken | geht die Frömigkeit vorbei, indem sie sich innerlich angesprochen fühlt,
181vHo
und solche Ansprüche sind ein Fremdartiges, wenn nur das Gefühl einer dump¬ fen Abhängigkeit das Bedürfniß ist. Was das Verderben der Kirche betrillt, so ist bemerkt, was der Kirche geman¬ 10
gelt hatte, und wie sie disen Mangel integrirte. Ihr Verderbniß darf nicht als zufal/ig angesehn werden. Man kann sagen, es sei entstanden aus Mißbrauch der Macht. Man setzt da voraus, daß die Sache selbst mangellos gewesen sei, und daß nur der zufal/ige Wille eines Menschen dieß Gute verkehrt habe als Mittel zu Zwecken der Leidensehalt. dann wird also das Uebel als ein der Sache Äußerliches
15
genommen. Wenn aber die Sache nur gemißbraucht und dieß in der That nur mißbrauch ist, ist er nur einzeln und zufäl/ig. das Verderben aber der Kirche hat sich in ihr selbst gemacht, und liegt darin, daß sie das dieses als Sinnliches nicht wahrhaft ausgeschlossen hat. die Kunst war nicht genug dieß Sinhche zu verklä¬ ren, denn die Kunst hat selbst die Form der Sinnlichkeit, welche Form den Geist
20
nicht in seinem letzten Bedürfniße befriedigen kann, und das Element der Kunst ist das Sinnliche, der Geist aber verlangt ein geistiges Element, der Weltgeist hat bereits das Sinnliche ausgeschloßen und steht sonnt über der Kirche, die kein Antheil an disem Außgeschloßenen Theil nimmt sondern es in sich behält, der Weltgeist aber hat jetzt ein Außerlic/ies als Äußerliches genommen und wir
25
1-3 das Bedürfniß ... zweckmäßigsten] Gr: die unfreie Abhängigkeit von einem Dinge der Stand¬ punkt einer Religion wäre, so würde das Bedürfniß des Geistes nicht die Befriedigung finden im Schönen, vielmehr sind die plattesten Bilder weit mehr dazu geeignet
4-8 soll es ... ist.] Gr:
270Gr
kann es dann auch beweisen daß die Frömmigkeit weit weniger echte Kunstwerke anbetet, denn diese führen in eine innere Befriedigung, Freiheit, dahingegen die Frömmigkeit nur in dump¬ 30
fer, bewußtloser Abhängigkeit schweben will.
9—15 Was das ... genommen.] Gr: Das Verder¬
ben der Kirche ist nicht als zufälliges zu nehmen, sondern dies Verderben ist nothwendig. Der Mißbrauch der Kirche ist solches Wort wodurch das für sich Gute nur durch subjektive Zwecke verderbt sei, die dann eben nur zu entfernen seien um die Sache zu retten.
15-18 nur gemiß-
brawcht ... wahrhaft] Gr: gemißbraucht wird so geschieht dies nur in einzelnen Erscheinun | gen, 35
aber das Princip des Verderbens liegt in der Kirche selbst, eben dadurch weil sie das Sinnliche nicht ganz
18-21 die Kunst ... Element.] Gr: In der Kunst ist das Sinnliche noch berechtigt, denn die
Kunst ist nicht das, was das letzte Bedürfniß des Geistes befriedigt.
22—444,3 steht somit ...
Verderben.] Gr: sich deswegen schon von der Kirche getrennt. Die Kirche tritt daher von jetzt an hinter den Weltgeist zurück, eben weil er schon dazu gekommen ist, das Sinnliche als solches zu 40
behandeln. Dies Verhältniß entwickelt sich jetzt als Verderbliches in ihr. 29 eine innere] einer innerer
271Gr
444
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
haben eine subjectivität die berechtigt ist das Äußere sich zu unterwerfen, das Sinnliche also ist in der Kirche geblieben, und dieß Verhältniß entwickelt sich in ihr zum Verderben, ciie Kirche hat keinen Widerstand mehr, und so kommt alles, 182rHo
was innerlich in | ihr ist, zur Vollführung, erhält seine Bestimmtheit in ganzer Vollkommenheit, das Verderben kann also gefaßt werden als in der Frömmigkeit 5 selbst, als Aberglauben, das an ein sinnliches dieses gebunden ist, und es als absolu¬ tes verehren soll. So gebunden ist der Geist unfrei, der Wunderglaube der unge¬ reimtesten Art ist ein Beispiel diser Unfreiheit, das Göttliche wird in der Beson¬ dersten Gestalt als daseiend ausgesprochen. Alles Leidenschaftlic/ze thut sich jetzt hervor, ist frei geworden, auf seine d. h. auf rohe, wilde Weise, die Tugend der 10 Kirche ist im Gegentheil jetzt nur abstract negativ gegen das Sinnliche, ist nicht sittlich in ihr selbst, sondern nur die Weltlichkeit fliehend, ihr entsagend, diese contraste sind es, die jetzt in der Kirche sich hervorthun: rohe Begierde, und Laster, und auf der andern Seite allem entsagende Erhabenheit, dise Contraste werden noch stärker durch den Gegensatz gegen die Energie des Verstandes im
15
weltlie/re« Wesen, worin der Mensch jetzt sich ein absolutes Recht gewinnt, das letzte Verderben der Kirche ist, daß sie die Seelen aus der Verderbniß retten soll, und selbst verderbt diese Rettung selbst nur zu einem äußerlie/zen Mittel macht; dieß ist der Ablaß der Sünden, die höchste Befriedigung sucht die subjectivitat in der Gewißheit der Einigkeit ihrer mit Gott. Indem die Kirche diese Gewißheit 20 äußerlich und leichtsinnig bietet, und dieß geschieht für äußerlic/re Zwecke, so ist
272Gr
3-5 alles, was ... Vollkommenheit.] Gr: in ihr selbst alles zur Vollführung. Es erscheint dies als Widerspruch in ihr selbst.
5-7 kann also ... absolutes] Gr: ist nun in der Frömmigkeit selbst als
Aberglauben, nämlich daß sie ein Sinnliches als Geist
7-10 So gebunden ... Weise.] Gr: Der
Wunderglauben ist in der läppischsten Weise, Herrschsucht, Rohheit, Heuchelei, das Sinnliche ist frei und als ungebändigt bricht es roh hervor.
25
11-14 im Gegentheil ... Erhabenheit.] Gr: aber
so nur negativ, fliehend, entsagend, unlebendig, sie kommt nicht dazu sittlich zu sein, die höchste Tugend ist im Kreise des Lebendigen, in der Familie. Auf der einen Seite rohes Laster, und auf 273Cr
der anderen Seite Erhabenheit religiöser Seelen, die alles | aufopfern.
15-16 werden noch ...
gewinnt] Gr: sind noch stärker durch den Gegensatz, durch den Verstand durch die Unterschiede, worin der Mensch sich fühlt
30
17-18 letzte Verderben ... macht] Gr: Letzte ist, daß die Kirche die
Seelen aus dem Verderben retten soll, aber in so fern sie selbst verderbt ist, diesen absoluten Zweck zu einem blos äusserlichen Mittel macht und dies auf ganz äusserliche Weise befriedigt den] Gr: Seele
19 Sün¬
19-445,7 die höchste ... Gericht] Gr: Indem die Befriedigung der Seele so auf
äussere Weise leichtsinnig gewährt wird und zwar nur zum Zweck der Schwelgerei, so muß die
35
Empörung der Seele auf das Höchste gesteigert werden. Zwar ist nicht alles für die Schwelgerei 274Gr
bestimmt | sondern auch zum Bau der Peterskirche dieser schönsten größten äusseren Kirche in der Kirche. So wie Athen das Geld der Bundesgenossen zum Tempel der Athene verwandte und wie dies das Unglück Athens machte, so ist auch dieser Bau in welchen Michel Angelo das jüngste Gericht lieferte, das jüngste Gericht für diesen stolzen und höchsten Bau der Kirche geworden. 3 kommt so Gr; Ho: vollführt in
20 ihrer] sr
4 zur Vollführung so Gr
14 allem] alles
16 worin so Gr; Ho:
40
GERMANISCHES WELTREICH
445
die Empörung gegen solche That das Nothwendige. der Zweck für den dieß gethan ward, war aber nicht Schwelgerei, sondern auch der Bau der Petersk/rche, und es ging hier wie in Athen, wo die Athener für die Kunst das Geld der Bun¬ desgenossen verwendeten, wodurch sie der Bundesgenossen verlustig gingen. 5
Ebenso ward die Peterskirche, welche Michel-Angelo mit dem Bilde des jüng¬ sten
|
Gerichts geschmückt hatte, der Kirche selbst in ihrer Verderbniß ein
182vHo
jüngstes Gericht die alte bewahrte Inner/ic/tkeit des deutschen Volkes ist es welche diesen Sturz der alten Art herbeiführt, und aus ihr die wahrhafte Einigkeit wieder herstellt, 10
diese also sollte das Prinzip der Freiheit erarbeiten. Alle andern Völker wurden hinausgezogen nach Indien und America sich weltliche Herrschaft zu erbeuten. Gegen chse war es ein einfacher Mönch, in dem das Bewußtsein, daß das dieses im tiefen Grabe des Herzens in der absoluten Idealität des Innern zu finden sei, aufging, dem das tiefste Herz verletzt war durch die Verrükung des Wahren.
15
Luthers einfache Lehre, daß das Bewußtsein des diesen in der Gegenwart kein Sinnliches, sondern ein wirkliches, ein Geistiges, von einem wirklich Gegenwärti¬ gen ist, nicht im Sinnlichen, sondern im Glauben und Genuß. Es ist diß kein Be¬ wußtsein von einem Gott, der sinnlich existiren als ein ding sollte, noch auch daß diser Gegenstand ein bloß vorgestellter sei, sondern er sei wirklich, aber nicht
20
sinnlich, deshalb hat Luther in der Lehre vom Nachtmahl nichts nachgeben kön¬ nen. An dise Entfernung vom Sinnlichen des dieses schlißen sich als ein Mittel¬ punkt viele andere Lehren an, die zB die Nichtigkeit der Werke, als ein Thun, das nicht vom Glauben kommt, sondern aus einem äußerlichen Beweggrund vollbracht wird. Beim Glauben ist festzuhalten, daß der lutherüc/ze Glaube keine
25
Gemißheit von bloß Endlichem ist,
das also dem bloß Endlichen subject als
8—10 die alte ... erarbeiten.] Gr: Wenn man das Verderben der Kirche kennen lernen will, so muß man einige Schriften Luthers lesen, da die jetzige Kirche gar nicht mehr in dem Zustande ist, weil sie sich durch die Reformation in sich gereinigt hat. Dies Princip der geistigen Freiheit, | ist in der Innigkeit des deutschen Geistes, aufbewahrt gewesen. 30
275Gr
10-14 Alle andern ... Wahren.] Gr: Die
anderen Völker sind nach Ostindien hinausgezogen wie z. B. Spanien, gegen dies ist in Deutschland in einem einfachen Mönche das Bewußtsein der Gegenwart klar geworden, der die Verrückung der Kirche erkannt, verfolgt und zerstört hat.
15-20 des diesen ... nachgeben] Gr: Christi, wel¬
ches dieser Glauben und Genuß ist, nichts Sinnliches, sondern Geistiges ist; nicht das Bewußtsein daß dieser ein sinnlicher, noch daß er ein blos vorgestellter nicht gegenwärtiger sei, sondern daß 35
er gegenwärtig und nicht sinnlich ist. Luther hat deshalb in der Lehre vom Nachtmahl durchaus nichts aufgeben
21-24 An dise ... wird.] Gr: Hieran schliessen sich mehrere Verhältnisse an,
die nach jenem umgebildet sind. Die Lehre von den Werken, praktische Werke d.h. etwas aus irgend einem äusserlichen Beweggrund Vollbrachtes, nicht aus innerlichem Glauben kommend. 24-446,3 Beim Glauben ... Glauben.] Gr: Der Glauben hat durchaus nicht die Gewißheit von 40
blos endlichen Dingen, ein Glaube etwa an abwesendes, geschehenes, vergangenes, es gehört 1 solche] solches
9 wahrhafte] wahr/hfte
25 das] dß
276Cr
446
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solchem anhängt, der Glaube ist hier kein Glaube an ein Abwesendes, ist kem dafürhalten, ZB. daran, daß Pharao trocknen Fußes durchs rothe Meer ging, dergleichen Gewißheiten von Äußerlichem, dieß gehört nicht vor den Glauben. Christus schmäht die Juden, Zeichen und Wunder zum Glauben haben zu wol¬ len, dh. in einem äußerlichen vereinzelten sich Begebendem die Gewißheit des
5
Göttlichen zu suchen, der Glaube ist die Gewißheit des Ewigen, der an und für 183rHo
sichseienden Wahrheit. | ciie Gewißheit von Gott ist eine ganz andre als die von solchem Äußerlichen, dise Gewißheit sagt die Reformation giebt nur der heilige Geist, die also dem Individuum nicht nach seiner Particularität, sondern nach sei¬ nem Wesen zukommt, die Lutherische Lehre ist rein Katholisch, nur daß das
10
herausgeschnitten ist, was jene Lehre vom äußerlichen Verhältniß herbeibrnchte. die lutherische Lehre ist also nicht gegen die katholische mso fern sie dieß Äußer¬ liche nicht behauptet. Eine Seite ist hier noch heraus gehoben: der Unterschied zwischen Priester und Laien, dise Letzteren haben die katholische Religion noch als ein Gegebenes anzunehmen, allen Inhalt des Sittlichen, Religiösen und Recht¬
15
lichen. Im lutherischen Prinzip ist dieser Unterschied weggefallen, und das Herz, die fühlende Geistigkeit, soll in Besitz der Wahrheit kommen mit der Bestim¬ mung, daß mit diser Wahrheit das subject als Particuläres sich identificire. Hie¬ durch ist die Freiheit in die Kirche gekommen, die Innigkeit der Seele, die der Religion angehört, das dieses ist jetzt ein Geistiges, und das Bewußtsein darüber
20
kein sinnliches, sondern Geistiges, die subjectivitht des Individuums ist jetzt nur Wahrhaftigkeit, ist nur im Glauben, als sich wiedergeborenhabend zum Wissen des Geistes, der Wahrheit, die subjectiWtät ist nicht die natürliche, sondern die substantielle, wahrhaft gemachte, die sich den ohjectiven Inhalt zu eigen macht.
auch nicht dazu zu glauben, daß die Trompeten von Jericho wie Kanonen gewirkt haben, denn dies ist Gewißheit von zeitlichen Dingen.
4-6
das Unrechte, Zeichen und Wunder zu verlangen, um zu glauben, es 277Cr
25
schmäht die ... Glaube] Gr: selbst erklärt es für
8-10
sagt die ... zukommt]
Gr: bewürkt nur der heilige Geist, wie die lutherische Kirche sagt, denn es ist die Gewißheit die nicht blos einem Individuum zukommt, sondern aus dem Geiste hervorkommt
10-14
nur daß
... Laien.] Gr: aber es ist nur alles weggeschnitten, was dem Verhältniß der Äusserlichkeit ange¬
30
hört, und nur in so fern die katholische Kirche dies fest hält, ist es, daß sie gegen Luthers Lehre ist. Jetzt ist auch der Unterschied zwischen Layen und Geistlichkeit aufgehoben.
14-16
dise Letz¬
teren ... Rechtliche«.] Gr: Die Layen haben alles geistige als ein ihnen Fremdes, Gebotenes aufzu¬ nehmen, die Geistlichkeit aber ist im Besitz alles Geistigen.
16-18
Im lutherischen ... identifi¬
cire.] Gr: In der lutherischen Kirche ist es das Herz, das innerste Bewußtsein, Gewissen, das zum 278g,
Bewußtsein der | Wahrheit kommen soll.
19
Innigkeit] Gr: absolute Innigkeit
20-23
35
das
dieses ... Geistes,] Gr: Die Subjektivität des Individuums, seine Gewißheit, Innigkeit, ist nun wahrhafte Subjektivität in dem Glauben, d.h. nur indem sie sich umgebildet hat, zum Wissen des Geistes in
23-24
die subjectivität ... macht.] Gr: Sie muß wahrhaft gemacht sein d.h. sie muß
das subjektive Meinen aufgeben, und sich die Lehre der Kirche zu eigen machen.
4
schmäht] schmäht
Juden,] Juden aus
40
GERMANISCHES WELTREICH
447
Beim lutherischen Prinzip ist ebenso der Inhalt der Lehre nothwendig. die subjectwe Gewißheit, d.h. das Wissen des subjects vom Wahren, das ihm ein objectiv Wahrhaftes, an und fürsichseindes sein soll, wird dadurch wahrhaft, daß gegen disen Inhalt die particuläre subjectivitüt aufgegeben wird, was nur geschieht 5
durch sich zu Eigenmachen der objectiven Wahrhaftigkeit, das, was das subject sich zu eigen macht, ist die Wahrheit, der Geist, der dreiemige. diser Geist ist das absolute Wesen, das Wesen des subjeefiheii Geistes, zu dem sich verhaltend, der subjecfine Geist frei wird indem das Subjekt in seinem Wesen sich zu sich verhält, seine eigene Particularität negirend. In | diser Negativität seiner komt er zu sich
io
183vHo
selbst. So ist die christliche Freiheit wirklie/i geworden. Faßt man die subjechvität bloß als Gefühl, ohne disen Inhalt, so bleibt man bei der bloßen Natürlichkeit stehn, denn der Mensch ist nur Mensch, als den Proceß des Bewußtseins durchge¬ hend, und ist nur Geist, als des wahrhaften Inhalts, des Objectiven sich theilhaftig machend, und es in sieh aufnehmend.
15
dieß ist das letzte Panier um das die Völker sich sammeln, die Fahne der Frei¬ heit, des wahrhaften Geistes, dieß ist der Geist der neuen Zeit, und die Zeit bis zu uns, hat keine andre Arbeit gehabt, als dieß Prinzip in die Wirklichkeit hinemzubilden, und diesem Prinzip die Form der Freiheit, der Allgemeinheit zu gewin¬ nen. Es sind also 3 Gestalten die jetzt in der Welt sind: das Reich der alten Ki'r-
20
che, welche einen wahrhaften Inhalt hat, aber mit Äußerlichkeit behaftet, der also zur subjerfinen Freiheit nicht erhoben ist. Außerdem haben wir die äußerlic/ie Welt, worein alle äußerlichen Verhältniße fallen, Herrschaft, Bürgerliche Gesell¬ schaft, und dann drittens ist es die neue Kirche, die Freiheit des Geistes in
1-6 Beim luthemc/jen ... dreieinige.] Gr: Es ist schlechterdings die Lehre, der Inhalt nothwen25
dig, das Subjekt muß den Gegenstand als an und für sich seienden haben, nur dadurch wird das Subjekt ein wahrhaftes, daß es seinen besonderen Inhalt aufgiebt, daß es sich diese substantielle Wahrheit zu eigen macht.
7-10 absolute Wesen ... So] Gr: Wesen des Subjekts, indem das
279Gr
Subjekt sich dazu verhält, als zu seinem Wahren, so wird er frei, weil er absolut bei sich ist, so 30
10—14 Faßt man ... aufnehmend.] Gr: Wenn man die subjektive Freiheit blos ins Gefühl
setzt, so bleibt man bei dem natürlichen Willen stehen, der fühlende Willen, ist der natürliche Willen.
15-19 dieß ist ... gewinnen.] Gr: Das neue Panier um das sich die Völker sammeln
ist das, des freien Geistes, und dies bezeichnet die Periode der neuen Zeit, welche kein anderes Werk gehabt hat, als dies Princip in die Welt hinein zu bilden, so daß dies aber noch die Form der Freiheit, Allgemeinheit gewinnen mußte. 35
19—448,1 Es sind ... Innerlichkeit.] Gr: So sind
3 Gestalten ltens das Reich der alten Kirche, welche denselben Inhalt hat | aber noch behafftet ist mit äusserlicher Weise. 2tens die zeitliche Welt, worin die äusserlichen Naturbedürfnisse des Lebens, subjektive Zwecke bearbeitet werden, und worin Herrschaft und Gesellschaft ist, so aber daß der Verstand sich darin befestigt, 3tens die neue Kirche, die Freiheit des Geistes, in der Ge¬ stalt der subjektiven Erkenntniß.
40
3 dadurch so Gr Gesellschaft
8 das Subjekt so Gr
11 als] auf
22 alle] alles
26 diese substantielle] dieser substantiellen
Herrschaft so Gr; Ho:
280Gr
448
NACHSCHRIFT HOTHO '
1822/23
der Gestalt der subjectiven Innerlichkeit. Was geschehn muß ist jetzt, daß diese an sich geschehene Versöhnung der Wirklichkeit eingebddet werde, indem sie selbst objectiv wird der Form nach, daß sie die Form des Gedankens erhalte, dise Form gehört der Bildung an, denn dise ist die Bethätignng des Allgemeinen, des denkens überhaupt. Was die Sphäre des endlichen Willens betrift, Recht, Staat, Ver-
5
waltnng, muß auf allgemeine Weise, dem Begriff gemäß, bestimmt werden. So ist es denn, daß der Geist der Wahrheit im Äußerlichen, natürlichen subjecfinen Willen erscheint, das Material der Erscheinung ist der besondere Wille, und was erscheint ist der Begriff des freien Willens, des wahrhaften Geistes. | So ist es das Wesen, das in disem Element erscheint, und kann nur erscheinen, in sofern der 10 Stoff durch den Begriff und zum Begriff gebildet wird, in sofern die Intensität des Geistes sich zur Form der Algemeinheit des Gedankens erschließt, die Reli¬ gion macht so die Basis der Staaten aus, nicht so, daß den Staaten vermittelst ihrer Gehorsam geleistet werde, sondern die Staaten sind nur Erscheinung de.? wahrhaften Inhalts der Religion, von der Erscheinung dises neuen Prinzips in der
15
Gegenwart ist noch zu sprechen, dabei ist der Unterschied von romanischen Na¬ tionen wieder zu erwähnen. In der ersten Bildung diser trat ein Gebrochenes ein, ein Insichsein im Außer sich sein. Aus disem bestimmten Grunde ist an sich nothwendig, daß sie bei der alten Kirche blieben, denn in ihrem Prinzip ist ein Außer sich sein im Insich sein. Hingegen die andern Nationen, von denen wir 20 sagten, daß sie die alte Innigkeit bewahrten, in ihnen hat die neue Kirche auf¬ gehn können und ist aufgegangen. Uebersehn wir die Reihe der europaeischen Westreiche so ergeben sich folgende Unterschiede: Fürs Erste haben wir Italien vor uns als die gegenwärtige Einzelheit, die es nicht dazu bringt, sich durch den
1—3 Was geschehn ... erhalte.] Gr: Diese muß der Wirklichkeit eingebildet werden und dies kann
25
nur geschehen indem sie selbst wirklich objektiv ist, d. h. da sie es dem Inhalte nach schon lan¬ ge war, daß sie sich nun auch diese Form giebt. tigung des Allgemeinen ist das Denken.
3-5 dise Form ... überhaupt.] Gr: Die Beth'ä-
5-9 Was die ... Geistes.] Gr: So ist es denn daß der
Geist der Wahrheit jetzt im subjektiven Willen erscheint | und was erscheint ist der Begriff des freien Willens, der zugleich Begriff des wahrhaften Geistes ist.
9-12 So ist ... erschließt.] Gr:
30
Er kann nur erscheinen in so fern der Stoff in das Element des Allgemeinen eingebildet wurde, in der Form des Gedankens.
12-15 die Religion ... Inhalts] Gr: So kann man sagen, daß die Ver¬
fassung der Staaten auf Religion gegründet ist, nicht so daß der Staat sich der Religion als Mittel bedient, sondern der Inhalt des Staats ist nichts anders als die Erscheinung den
16 von] Gr: zwischen
17-18 In der ... sein.] Gr: Diese zur Existenz als Staaten kommend, hatten schon Ausser-
sichsein in ihrem Insichsein, waren in | sich ein Gebrochenes.
35
18-20 Aus disem ... sein.] Gr:
Hiermit ist es nothwendig gewesen daß sie bei der alten Kirche geblieben sind, denn es ist in ihnen ein festes, positives, gegen die Freiheit des Geistes.
20-22 Hingegen die ... aufgegangen.] Gr:
Die andern Nationen aber sind zur neuen Kirche gekommen.
23-449,2 Fürs Erste ... Milde.]
Gr: 1. Italien, gegenwärtige Einzelnheit die nicht zur Allgemeinheit kommt. Alles was ausser dieser 1
Innerlichkeit Lesung unsicher
23 Italien] Intalien
3
daß] d daß
10
in,] in in
11
Intensität] Intensentt ?
40
449
GERMANISCHES WELTREICH
Gedanken, durch die Algemeinheit zu bestimmen. Alles wilde kann sich hier ent¬ falten, wie alles Süße und Mdde. Wir sehn hier die Bilder der schönsten Religiosität, die schönsten Blumen der Sittlichkeit, wie die wildeste Sittenlosigkeit und Rechtlosigkeit. Wie Italien die subjective Individualität ist, so ist Spanien 5
das Volk der Vorstellung der Ehre, das Volk in dem das Ritterthnm in seinem schönsten Glanz auftrat, dieß Ritterthum ging außer sich in eine neue Welt, ohne auf sein Innres sich zu kehren. So sehn wir Spanien in Künsten zurück, die Stände sehn wir ihre Se/bstständigkeit verlieren, da das Werden zum Selbst die Inquisition nicht aufkommen läßt/1 _/ | das dritte Volk hiezu sind die Franzosen
10
184vHo
als das Volk des Gedankens, der wesentlich nur abstract ist, ein Volk großer Willkühr, aber afstract gegen das Concrete. der Geist bemächtigt sich des Concreten nur abstract als Witz, die andere Reihe der Nationen ist die, welche die Innig¬ keit behielten, und die sich wieder in eine dreiheit gliedert. In disen ging die Freihezt der K/rche auf, und sie sind wieder in sich 3fach getheilt. Als die lste
15
Nation können wir Großbrittanien anführen, das 3fach in sich getheilt ist: Schottland, Irrland und England. Großbrittanien ist auch als das Prinzip des abstracten Gedankens anzusehn, das Raisonnement das aber concreter ist, und der Intresse vor sich hat. das 2te Volk ist das Scandinavische, das in sich dreifach ge¬ gliedert den Spaniern zu vergleichen ist mit seinen/ Ritterthum und seinen Hel-
20
den wie Carl dem 12u", Gustav Adolph, welche die Ritterzüge wiederholten.
Bestimmung des Gedankens Platz hat, kann sich zur schönsten Blüthe entfalten, wie den/i aber auf der andern Seite auch Betrug und Schändlichkeit ihre Stelle haben.
2-4 Wir sehn ... Recht¬
losigkeit.] Gr: So findet sich hier die schönste Blüthe der Religiosität, aber auch rücksichtslose Sinnlichkeit. 25
4-7 Wie Italien ... Innres] Gr: 2 die Spanier, das Volk der Vorstellung des Ernstes,
wo sich das Ritterthum auf das | Glänzendste entfaltet. Dieser Rittersinn ist aber ausser sich gegangen nach Amerika, ohne sich in sein Innerstes auf
283Gr
7—9 So sehn ... läßt/’J] Gr: So ist keine In¬
dustrie im Lande, also haben die politischen Stände keine Selbstständigkeit. Die Inquisition hat ei¬ nen harten afrikanischen Charakter und hat so das Werden zum Selbst nach keiner Seite geschehen lassen. 30
9-12 das dritte ... Witz.] Gr: 3tens die Franzosen, das Volk des Gedankens und Geistes,
aber wesentlich abstrakt, das Volk unendlicher Bildung, aber der Gedanke ist mit der Aeusserlichkeit gegen das Konkrete behaftet. Der abstrakte Gedanke und der Witz sind die beiden hier zu findenden Weisen des Bewußtseins.
12—13 Reihe der ... gliedert] Gr: Weise ist die im Princip
der Innerlichkeit, hier treten wieder 3 | Unterschiede hervor
13—14 In disen ... 3fach] Gr: Sie
sind in so fern sie in dieser Innigkeit geblieben, auch äusserlich dreifach in sich 35
284Gr
16 Schottland,
Irrland und Engl and] Gr: England, Schottland und Irrland, die episcopalische, presbyterianische und katholische Kirche
16—18 auch als ... sich] Gr: mit Frankreich zu vergleichen, es ist das
Land des abstrakten Gedankens, des Raißonnements aber doch des konkreteren Gedankens, der bestimmte Rechte zu seinem Gegenstände
18-20 das 2" ... wiederholten.] Gr: 2 Die skandina¬
vischen Nationen, Dänemark, Norwegen und Schweden, sie sind mit den Spaniern zu vergleichen. 40
Die alten Seeritterzüge, die sich später in anderer Weise wieder gezeigt haben. Gustav Adolph, Carl XII diese grossen Ritter. | Innerlich führen sie theils im Beistände von ihren stolzen Grandes, theils im Widerspruch mit ihrem Adel, Kriege. 3 Religiosität] Religiosittät
5 in dem] indem
14 auf] aus auf
33 3] 3.
285Gr
450
NACHSCHRIFT HOTHO ’
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das 3te Volk ist deutschland, das ein gleiches Schiksal mit Italien hatte. Es hat das Prinzip der Einzelheit, der subjectivität/'J In disem Mittelpunkt der Innigkeit hat sich die Reformation aufgethan. die politische Einheit hat sich dieß Land nicht zu verschaffen gewußt, ist in sich zerfallen: in der Schweiz ist der Bauern¬ stand für sich als solcher ein Ganzes, ein isolirtes, Selbstständiges, Anderseits sind
5
die Städte, die stadtbürgerlic/ie Freiheit in den Niederlanden zu Selbstständigkeit ausgebildet. Was Deutschland als solches ist, ist ein Mikrokosmos von Europa; an seine große Staaten haben sich östliche Völker angeschlossen, die Hawptrepraisentanten der Prinzipe der neuern Welt müssen sich in deutschland finden, das Prinzip der alten Kirche ist in | Oestereich, das der neuen Kirche in Preußen
10
dargestellt. An dise Mittelpunkte drängen sich die kleinen, die selbstständige Verfassungen erlangen müßen. Außer diesen 2 Ordnungen in Europa bleibt ein drittes das slavische Wesen in gediegener Einheit als der russische Staat, der erst seit kurzem dem europäischen Leben näher trat. In den Proceß der europäischen bildnng hat es noch nicht eingegnffen; in Künsten und Wissenschaften ist der
15
Staat außen geblieben, und ist nur als dise Massenhafte Macht, als das Feste, Ge¬ diegene, Unaufgeschloßene politisch eingetreten, und hat in neuer Zeit das Band des Bestehens der europaeischen Reiche festgestellt und behauptet. Was die geschichtlichen Züge diser Zeit betrifft, so haben sie 3erlei Intressen: daß die neue Kirche sich weltliches dasein erwerbe, daß ihr Prinzip der subjecti-
20
vität des Bewußtseins sich bilde. Wie es zunächst ist hat es die Form der Empfin¬ dung, der Vorstellnng. Es hat sich also die Form der Allgemeinheit, des Gedankens
1-2 das 3tc ... subjectivitii't JJ] Gr: 3tens. Deutschland, hat ähnliche Schicksaale mit Italien, das Princip der Individualität, der Einzelnheit ist hier herrschend. stimmung geistig, hat es sich die politische Einheit
3 hat sich ... Land] Gr: , nach seiner Be¬
4-7
zerfallen: in ... ausgebildet.] Gr: zerfallen,
25
so daß es einerseits den Bauernstand im Schweizerlande selbstständig hat werden lassen, andererseits die Städte im Bunde des Handels, der Industrie in den Niederlanden zu einem unabhängigen Ganzen
7
geworden sind.
Was Deutschland ... ein] Gr: Deutschland ist als solches der
... Völker] Gr: östlichen Staaten haben sich Slaven
8
große Staaten
9-11 Prinzipe der ... dargestellt.] Gr: beiden
europäischen Staats-Principe müssen sich nothwendig in Deutschland finden. Der der alten Kirche, ist
30
Oesterreich, der der neuen Preussen, wohin der Blick der Freiheit sich gerichtet hat und ewig richten wird.
11-12
An d/se ... müßen.] Gr: Die andern bleiben in bunter Menge, in eigenthümlicher Stel¬
lung, die sie behaupten indem sie sich an diese beiden anschliessen und mehr oder weniger selbststän¬ dig sind.
12-14
2 Ordnungen ... trat] Gr: beiden grossen Ordnungen Europas ist noch ein 3tes, das
Slavische, das in anfänglicher Gediegenheit sich hält, dies ist Rußland, welches etwa erst seit 100 Jahren in Verähnlichung mit europäischer Bildung getreten ist
15
es] Gr: es geschichtlich
15-17
35
Kün¬
sten und ... neuer] Gr: äusserlicher politischer Rücksicht ist es aber schon dazu getreten als diese mas¬ senhafte Macht die das Feste aus macht, und hat auch in neuerer wiewohl an sich eigentlich nur passiv
20-451,1
18
behauptet] Gr: behauptet,
daß die ... geben.] Gr: lstens die neue Kirche, nach
ihrer Existenz. 2tens das Princip der neuen Kirche, die Subjektivität des Bewußtseins sich bildend, daß es zunächst in Form der Empfindung sich die Form der Allgemeinheit gebe.
6
den] die
12
müßen.] müßen,
13
der] das
33
sich an] sichan
40
451
GERMANISCHES WELTREICH
zu geben, diese erworbene Allgemeinheit, die zunächst formell ist, hat sich concret zu machen, und die concrete Wirklichkeit zn bestimmen. In das lste Intres¬ se lallen die Religionskriege. Wir sehen früher auch große Züge: die Kreuzzüge ect, die allgemeinem Intresse hatten. Außerdem gab es particukire Kriege die auch 5
in der neuern Welt noch fortlahren. Zu solchen Kriegen gehört der Spanische successionskrieg, wo ein particuläres Intresse der Gegenstand war. das, was uns mteressirt sind die Bethätignngen der neuen Kirche, die sich eine weltliche Exi¬ stenz verschaffte. In Rücksicht hierauf ist zunächst an dam große Reich zu erin¬ nern, das wir hier vor uns linden, dam große Reich Carl des 5ten. diese große
10
weltliche Macht zeigt sich, aber als solche, deren Zeit, deren innres | Intresse
185vHo
vorbei ist. die Masse wirkt nichts, giebt kein welthistorime/iem Resultat, sondern zeigt sich an ihr selbst als ein Ohnmächtiges, das die Intressen der Zeit nicht in sich zu vereinen vermag, diese Macht weiß nicht, was sie mit der Reformation anfangen soll. Carl der 5U besiegt die Häupter der evangelischen Union; gegen 15
Frankreich brachte er es so weit seinen Feind Franz de« Isten gefangen zu neh¬ men, Carl eroberte Rom und plünderte es, aber aus allem disem ist kein Resultat heraus gekommen. Merkwürdig ist es, daß die deutschen Soldaten, als der Pabst in der Engelsburg eingeschlossen war, einen Aufzug als Pabst und Cardinäle machten, und Luther zum Pabst erhoben, der Herzog Alba sagt zu Carl: er solle
20
den Sitz dem Reichs nach Rom verlegen und den Pabst unter seine Herrschaft
1—2
diese erworbene ... bestimmen.] Gr: 3tens daß diese formelle Allgemeinheit, konkreten
Inhalt gewinne, und das Bestimmende der | konkreten Wirklichkeit sei
2—8 In das ... ver-
288Cr
schaffte.] Gr: lte Periode. Religionskriege, mit diesen ist aber wie überhaupt in der neueren Zeit auch Zufälliges verbunden z.B. der spanische Successionskrieg, bei dem das Hauptinteresse ist, ob 25
östreichische oder französische Prinzen zur spanischen Thronfolge gelangen.
9—11 dos große ...
ist.] Gr: nämlich die imposante Monarchie Karls V, die sich aber sogleich ohne inneres Interesse zeigt.
11—13 die Masse ... vermag.] Gr: Diese grosse Macht ist vorhanden, aber sie läßt kein
welthistorisches Resultat zurück und zeigt sich vielmehr in ihr selbst als | ohnmächtiges.
13 die-
289Gr
se Macht ... Reformation] Gr; Es fällt dahinein die Reformation, aber diese Macht weiß nicht, 30
was sie damit
14—19 besiegt die ... erhoben.] Gr: nimmt die Häupter der evangelischen Reli¬
gion gefangen, er schleppt sie, ohne zu wissen, was er mit ihnen thun soll lange mit sich umher und der eine muß endlich einen Fußfall thun um wieder zu seinem Land zu gelangen. In einem Kriege gegen Frankreich nimmt er sogar Franz 1 gefangen aber auch dies hat kein Resultat. Er erobert Rom, belagert den Pabst in der Engelsburg der heimlich entflieht, aber auch dies, daß dieser Mit¬ 35
telpunkt der katholischen Welt in seinen Händen ist ist ohne Folgen. Fronsberger giebt einen Be¬ richt von der Procession der Deutschen, bei welcher Luther im Angesichte | des Pabstes zum Pabst erwählt wird.
19-452,5 Alba sagt ... gezeigt.| Gr: von Alba hat danach zu dem Kaiser gesagt,
er solle den Sitz des Reichs nach Rom legen und den Pabst unter seine Macht nehmen dann sei er der größte Kaiser, oder er solle den Deutschen die Schuld zuschieben, oder als mildthätiger Kaiser 40
auftreten und alles wieder in die alte Gestalt bringen. Moritz von Sachsen zeigte die Ohnmacht dieses Reichs. 8—9 zu erinnern so Gr
290Gr
452
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beugen, oder die Schuld des Ganzen auf deutschlcwd schieben, oder den Pabst einsetzen und alles wieder herstellen. Alba hatte also den Gedanken, das Ober¬ haupt der Kirche in seiner Gewalt zu erhalten. Aber von allem disem ist nichts geschehn, sondern das mächtigste Reich hat sich im Ganzen als ohnmächtig ge¬ zeigt. das Intresse nun aber ist dieses, daß die neue Kirche auch eine weltliche
5
Existenz erhielte, die alte Kirche hatte in den Ländern, die sie behielt, festen Fuß, und war wesentlich mit der politischen Macht unmittelbar dwrch weltliche Herrschaft vereinigt. In deutschland, wo die neue Kirche sich ein dasein gab, mußten Streitigkeiten kommen. Es hätte hier ruhig abgehn können, wenn nicht viele geistliche Bisthümer gewesen wären, deren Vermögen der allgemeinen Kir¬
10
che gehörte. Und außerdem waren noch viele politische Intressen in die alte Kir¬ che verflochten: die fürstlichen familien gelangten dwrch ihrejüngern Söhne zum Besitz der geistlichen Fürstenthümer/ij das Intresse des Adels war ebenso an Stif186rHo
ter | geknüpft, und ebenso der Bürger und Bauern, denn der geringste Bauer konnte Abt werden, der Unterschied der Stände war fest, und nur in der Kirche
15
war Jedem der Zutritt auch zu den hohem weltlichen Stellen offen. Aber zu allen Staatsstellen konnte der Bürger noch nicht kommen. In deutschland entstanden also bürgerliche Kriege wegen der Reformation, innerliche Kriege, die im Allge¬ meinen aber kein aufruhr waren, während sie in andern Staaten, die ein Ganzes in sich ausmachten, Empörungen waren. In deutschland wo die Herrschaft
20
6-8 hatte in ... vereinigt] Gr: hat in den andern Ländern festen Fuß behalten, und ist auch we¬ sentlich mit der politischen Macht verbunden gewesen, theils durch Besitz von Reichthümern, 291Gr
theils auf unmittelbar politische Weise, indem der Staat | sich noch nicht zu dieser Zweiheit ge¬ bildet hatte abgehen
8-9 deutschland, wo ... kommen] Gr: Deutschland konnte dies nicht ohne Zwist 9-10 Es hätte ... allgemeinen] Gr: Hier sind geistliche Fürstenthümer auch Eigenthum
der Kirche, welches der Gesammtheit der Güter
25
11-12 die alte Kirche] Gr: dem Besitz der geistlichen
12—15 gelangten durch ... in] Gr: bestimmten die jüngeren Söhne zum Besitz geistlicher
Fürstenthümer und die Stellung mußte sich natürlich ganz verändern, wenn diese in weltliche Hände kamen. In im Staate 292Cr
16 hohem] Gr: höheren Würden und höheren
offen] Gr: offen, nicht so
16-17 Aber zu ... kommen.] Gr: Diese Aenderung mußte also auch auf die Stel-
lung des niedrigsten Einfluß haben.
30
17-20 In deutschlcmd ... waren.] Gr: So sind bürgerliche
Kriege entstanden die man auch innerliche nennen kann, die aber nicht Kriege der Rebellen wa¬ ren. In anderen Staaten war der Gegensatz wenn er zum Ausbruch kam, Aufruhr und förmliche Empörung.
20-453,8 Herrschaft Privateigenthum ... geschehn.] Gr: Fürsten grosse politische
Selbstständigkeit in ihrem Gegensätze zum Kaiser hatten war kein solches Verhältniß möglich. In
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Frankreich war dies besonders der Fall, doch ist es auch hier nicht durchgängig Empörung, da die Grossen und auch Städte noch grosse Selbstständigkeit hatten. Die Niederlande brachen aber gegen Spanien in förmliche Empörung aus, es war Lossagung vom Glaubensjoche aber auch politische 293Cr
Befreiung vom Druck. Ewig denkwürdig ist dieser Kampf betriebsamer Bürger gegen | die Herrn der Reichthümer Mexikos. England hatte Religions- und Verfassungs-Kriege, um die religiöse Freiheit in Existenz zu setzen war auch eine politische Aenderung nothwendig. 18 die] die nicht
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Privateigenthum der Fürstenthiimer war, trat die neue Lehre nicht als Empörung auf wie in Frankreich; doch auch in Frankreich hatten die Unruhen nicht nach allen Seiten die Gestalt der Empörung, denn die Großen und einzelnen Städte hatten hier auch noch große Rechte, doch der Aufstand der Niederlande war eine 5
lörmliche Revolution, eine ewig denkwürdige, wegen der geringen Mittel, die ihr im Gegensatz Spaniens zu Gebote standen. In den Niederlanden waren die Religionskriege zugleich Verfasswugskriege, und die religiöse Freiheit in Existenz zu setzen konnte nicht ohne Verändrnng des politischen Verhältnißes geschehn. der härteste Kampf, an dem beinahe ganz Europa Antheil nahm war der
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berühmte 30jährige Krieg, die andern europaeischen Mächte konnten politisch berechtigt in disen Kampf eintreten, was bei Frankreich und England nicht der Fall sein konnte, denn in deutschland unterstützten die Mächte keine Rebellen. Und alle strömten auch zu diser Quelle wieder hin, von der sie ausgeflossen wa¬ ren, und fochten ihr altes Prinzip der Innigkeit aus. der Kampf endigte sich als
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gleichgültiges Bestehnkönnen beider Theile, aber ohne Resultat des Gedankens, der Ausgang war im Ganzen politischer Natur, ein Bestehnsollen der Unter¬ schiede nebeneinander. Weder ein Grundsatz ist aufgetreten, noch eine Vereini¬ gung der Religionen zu Stande gekommen, was seit dem Trinitemschen Concihum
20
|
nicht mehr geschehn konnte. Leibnitz verlangte gegen Bossuet zur
186vHo
Vereinigung die Suspension des trinitenischen Conciliums, und Bossuet antwor¬ tete, daß es bei diser Aufhebung rein auf die Geistlichen, nicht auf die Laien ankä¬ me.
In Ansehung deutschlands endigte sich der Krieg durch Constitution des
Rechts, dh. der Verfassungen der einzelnen festen Staaten. Von einem gemeinschaftlic/zen StaatsZweck ist dabei nicht die Rede, sondern die Vorstellung von
25
10 bei
berühmte 30jähr/ge Krieg] Gr: später in Deutschland als 30jähriger Krieg berühmte ...
Rebellen]
Parteien
13-14
Gr:
denn
sie
unterstützten
nicht Rebellen
sondern
politisch
11—12
was
berechtigte
Und alle ... aus.] Gr: Alle Völker sind hier zu der Quelle zurükgeströmt aus der
sie geflossen waren. Und hier hat sich der Kampf des Princips der sich durchgeführten Innigkeit ausgefochten. 30
14-15
der Kampf... Gedankens.] Gr: Er hat sich zugleich mit dem Bestehen bei¬
der Parteien geendigt ohne daß etwas für den Gedanken gewonnen wäre, auf den Grund | von blos Aeusserlichen.
16-19
294Gr
war im ... konnte.] Gr: ist politischer Natur, es ist weder ein Grundsatz
anerkannt, noch eine Religionsvereinigung.
19-22
verlangte gegen ... ankäme.] Gr: hat mit
Bossuet lange über die Vereinigung beider Religionen korrespondirt, indem er darauf bauete, daß Frankreich das tridentinische Concilium, worin die katholische Religion sich auf ganz ausschlies35
sende verständige Weise ausgesprochen hatte, noch nicht anerkannt habe. Bossuet sagte darauf, daß dazu gar nicht das Parlament gehöre, sondern blos die Geistlichkeit und so hat Leibnitz den Streit aufgegeben.
22-454,2
ln Ansehung ... Privatrechth'üzen.] Gr: Mit der Constitution d.h. Fest¬
setzung der Privatrechte der verschiedenen Fürsten ist der Friede geschlossen a lapide. Hier sieht man am beßten daß die Vorstellung der deutschen | Freiheit nur Partikularisation enthält. 40
1
Privateigenthum] Privateigentth
lies Tridentinischen
19-20
7
und] od
10
europaeischen] europ
Bossuet ... Bossuet so Gr; Ho: Boswe ... Boswe
18
Trinitenischen
295Gr
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’
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deutscher Freiheit war nur die einer vollkommen Particularisation und Fest¬ setzung des Privatrechtlic/ien. die Constitution deutschlands also wäre eher eine constituirte Anarchie zu nennen, denn es war die Festsetzung eines Reichs, das Eines sein sollte, da doch die Rechte der Herrschenden so waren, daß das Intres¬ se der Einzelnen Theile gegen das Ganze und umgekehrt aufs unverbrüchlichste bewahrt war,
diser westphälise/ie friedensschluß
5
obgleie/z er das Palladium
deutschlands schien, war doch das größte Unglück, das sich im schmählichen Verhältniß gegen die Türkei und gegen Frankreich zeigte, dise Constitution deutschlands, welche das Aufhören deutschlands als eines Reichs herbeiführte, war das Werk Richelieus. Er hatte das Schiksal, das große Staatsmänner wohl
10
haben, in seinem Staate gerade das zu bewirken, was er gegen seinen Feind thun wollte, Er hat die politische Selbstständigkeit der Protestanten in seinem Vater¬ land unterdrückt und ist dafür von seinen Mitbürgern verwünscht; deutschlands Selbstständigkeit als Reich zerstörte er, und die deutschen freuten sich über die errungene Constitution, das nächste Resultat also war, daß deutschland die ge¬
15
nannte Constitution und Religionsfreiheit erhielt. In andern Staaten hat die Re¬ ligion, als Empörung auftretend, andere Schicksale gehabt und ward unterdrückt oder erhielt nur ein kümmerlich dasein. das Resultat also war nur politisch be¬ gründet. - das nächste Intresse ward so befriedigt, dieses nehmlick das in’s dasein treten der ReligionfJ | die Religion hat jetzt rechtlick gesicherte Existenz, die 2te Periode ist die der formellen Bildung des Verstands.
20
Besondere Intressen
kommen jetzt auf, und führen die Kriege diser Periode herbei. Unterschieden davon ist die Bildung im Privaten, die subjectivität ist es, die itzt ihre Form der
3-8
ein« Reichs ... zeigte.]
Gr: in einem Reiche wo alle Verhältnisse der Gewalthaben¬
den privatrechtlich so gestimmt sind, daß das Interesse war, daß der Einzelne nur für sich
25
Sicherheit hatte und nur so, daß er nicht für das Ganze handelte. Dieser westphälische Friede hat selbst als Paladium gegolten aber bald hat sich gezeigt was es eigentlich mit ihm ist. Be¬ sonders zeigen dies der schmähliche Krieg gegen die Türken die bis vor Wien dringen und nur mit Hülfe der Polen zurükgetrieben werden und der noch schmählichere gegen Frank¬ reich in welchem die Schutzmauern des deutschen Reichs von Franzosen in Besitz genom¬ men werden.
30
8-16 dise Constitution ... erhielt.] Gr: Dies ist das Werk Richelieus, der ge¬
rade das Gegentheil von dem in seinem Staate bewürkte, was er in feindlichen Staaten that. In Deutschland hat er Ohnmacht herbeigeführt und dafür ist er gesegnet, in Frankreich ist er verwünscht, weil er durch Aufhebung der Selbstständigkeit der protestantischen Parthei, dem Reiche Sicherheit gab. ganz unterdrückt
16-18 hat die ... dasein] Gr: wird die evangelische Kirche zum Theil
35
20 hat jetzt ... Existenz] Gr: ist in sich fertig und hat rechtliche Exsistenz,
sie bleibt daher aus dem Spiele
21-22 Besondere Intressen ... herbei.] Gr: In dieser Periode
fallen deshalb blos politische Kriege.
23-455,1 die subjectivität ... tritt.] Gr: Das Subjekt an
sich geltend, erwirbt sich die Form der Allgemeinheit. 6 war] waren Staats/männer
9 welche] welches
10 Richelieus so Gr; Ho: Richelieu
Staatsmänner]
40
455
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Allgemeinheit geltend macht, und in die Außenwelt tritt, die Bildung erhält hier die Bedeutung ihres eigenthümh'c/zen Werthes, denn es ist der Geist, dessen poli¬ tisches Bestehn gesichert ist, der jetzt der Außenwelt auch ihr Bestehn läßt und in ihr, wie sie äußerlich ist, sich selbst und die Wahrheit sucht. Nur für den freien 5
Menschen ist das Andere, das Außere trei, er sucht das Erscheinen des Göttlichen nicht als Wunder, als Einzelnes; sondern läßt die Außenwelt gelten und wendet sich an sie theils aut practische Weise durch Industrie, und zwar so, daß die Thätigkeit in der Außenwelt für sich berechtigt sei, daß der Mensch disen Verstand gegen die Außenwelt ebenso vor Gott zu bringen habe, und es dürfe, die Recht¬
10
schaffenheit muß fortgehn zum Bewußtsein eines absoluten, und aus disem muß sie erst rechtschaffen sein, oder Gott, die Wahrheit in den besondern Verhältnißen sich bethätigen. die Rechtschaffenheit ist die Reahsirnng des Wahren in den besondern Verhältnißen, und ist diser Geist, ist kein Anderer als der der Religi¬ on. denselben Geist also ist der Mensch berechtigt vor Gott zu bringen. Es ist
15
dieß ein Anderes Verhältniß, wenn der Mensch seine Rechtschaffenheit im Sittli¬ che« nur als eine negative Weise seiner Existenz gegen die ansieht, welche die Kirche verlangt. In disem Fall ist es, daß er durch Abgaben an Kirche und Klö¬ ster es gleichsam abkauft in weltlicher Weise sich herum zu arbeiten. Es ist dann ein gedoppeltes dasem, indem man das Leben in der Familie, auf dem Meer ect,
20
für ein Negatives hält, der Geist aber wie er wirksam im Leben ist, | gilt jetzt
187vHo
als berechtigter, und hat sich nicht loszukaufen. Was nun die Bildung, die
1-4 die Bildung ... sucht.] Gr: Bildung ist zu allen Zeiten vorhanden gewesen, hier aber hat die Bedeutung derselben ihren eigenthümlichen Werth. Es ist der Geist für sich dessen politi¬ sche Exsistenz gesichert, der nun auch die Aussenwelt frei läßt, in ihr sich selbst sucht und die 25
Wahrheit.
5 Andere, das Außere frei] Gr: andere wahr
Einzelnen
6—7 gelten und ... die] Gr: als äusserlich gelten, sich an sie wendend praktischer Wei¬
se, so muß diese
6 als Wunder, als Einzelnes] Gr: im
8—9 sei, daß ... dürfe] Gr: sein, mit der Bedeutung daß der Mensch dasselbe
Bewußtsein vor Gott bringen | darf
10-14 muß fortgehn ... Mensch] Gr: ist die Art und Weise
298Gr
des Individuums sich in besonderen Verhältnissen der Exsistenz zu benehmen, diese muß aber auch 30
hinausgehen zum Bewußtsein des Absoluten, dem religiösen Bewußtsein und aus diesem muß sie erst rechtschaffen sein, oder Gott in den besonderen Verhältnissen sich betäthigend, ist die Recht¬ schaffenheit. Dieser Geist der Wahrheit ist denn kein anderer Geist als der religiöse, nur daß er sich auf das Besondere wendet, dies ist der Mensch absolut
14-16 Es ist ... ansieht,] Gr: Wenn der
Mensch rechtschaffen ist und dies gleichsam ansieht als eine nur einseitige Weise seiner Exsistenz 35
und | zwar negativ gegen die
17-18 ist es ... arbeiten] Gr: kauft sich der Mensch durch Opfer,
Abgaben, an die Kirche, ab, auf solche weltliche Weise sich bethätigen zu dürfen
18-20 Es ist
... hält.] Gr: Dies ist das doppelte Leben wo man theoretisch es für Unrecht hält daß man im Krie¬ ge Menschen tödtet, daß man in Händeln und Familien Verhältnissen lebt.
20-21 aber wie ...
loszukaufen] Gr: ist wirksam im wirklichen Leben, gilt als berechtigt und braucht sich nicht mehr 40
durch solche Opfer das Recht zu erkaufen
21-456,3 Was nun ... Franzosen.] Gr: Die Bildung
des Jahrhunderts unter Ludwig XIV in Frankreich ist glänzend, das goldene Zeitalter, wie die 18 Weise so Gr
19 man so Gr
299Gr
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eintritt, ferner betrifft, so kann man die des Jahrhunderts Ludwig des XIV an¬ führen. Es ist dieß ein goldenes Zeitalter der Kunst, nach dem Ausspruch der Franzosen. Wir sehn formelle Tugenden, alle in der Form der Würde, des Wohl¬ wollens dargestellt, die andern wohlgefällig sein wollen und sich auf gemein¬ same Weise betragen. Und so gewinnt dann die Rede, und wird zu einer bered¬
5
ten Sophistik der Leidenschaften, der Inhalt diser Reden ist zwar auch hier traditionelle Tugend, aber ebenso ist er auch die Leidenschaften, die Hauptsache ist, daß kein absoluter Grundsatz gilt, auf keine Einheit des Geistes zurück gegan¬ gen wird, das Nächste wovon jetzt zu sprechen, ist die Form der Bildung, wel¬ che die jetzt erscheinende Wissenschaften ausmacht, die Kirche hat sich nicht an
10
die Spitze der religiösen Freiheit gesetzt, und ebenso auch nicht an die Spitze der Wissenschaften, weder in den Erfahrnngswissenschnften des Gedankens noch der äußerlichen Natur. Besonders in Frankreich und Engl and traten sie zuerst auf. der Geist als denkender setzte sich mit der Natur in Verhältniß, indem er sie als Äußerliches nahm, das er frei von sich entlassen hatte, es gewähren ließ, sich nicht
15
vor ihr fürchtet, weiß, mit dem Äußerlichen sich versöhnen, in ihm sich selbst finden zu können, zu diesen Wissenschaften gehören die Kenntniße des empiri¬ schen daseins und mehr noch der allgemeinen Gesetze in der Natur, das Allgemeine sucht den Geist, was näher hier der Verstand ist. dise Wissenschaften des Ver¬ stands erhalten jetzt ihr gelten, und es wird von ihnen ausgesagt, daß sie dem
20
Menschen Ehre machten, daß sie auch Ehre vor Gott hätten, dieß hat die Kirche nicht zugeben wollen, und zwang Gallilei | zu widerrufen, weil sein System ei-
Franzosen es | genannt der Künste und Wissenschaften.
3—5 Wir sehn ... betragen.] Gr: Es zeigen
sich Tugenden, mit Formen der Grösse und des Wohlwollens, die andere bei Ehren lassen; und] Gr: Rede und die Unterschiede in Ansehung des Betragens, die Kunst der Rede
5 Rede, 6-7 der In¬
25
halt ... Leidenschaften.] Gr: Auch zum Theil in Ansehung des Inhalts werden diese traditionellen Tugenden in der Rede hervor gehoben.
7—13 die Hauptsache ... auf.] Gr: Aber es ist kein wahr¬
hafter absoluter Grundsatz, nicht auf die Freiheit wird zuriikgegangen und diese Tugenden kommen nicht aus der absoluten sittlichen Freiheit hervor. Die wahre Bildung ist wesentlich die, der Wissen¬ schaft, sie ist auf der Seite des Staats nicht der Kirche, welche | sich so wenig an die Spitze der religiö¬
30
sen Freiheit wie der Wissenschaft gestellt hat. / Vornehmlich ist es die Naturwissenschaft, die Erfah¬ rung der äusseren und inneren Natur, welche sich in England und in Frankreich bildet.
14-17 als
denkender ... finden] Gr: hat die Natur hier prosaisch als äusserlich genommen, die er frei für sich gewähren ließ. Der Geist fürchtet sich nicht mehr gegen diese Aeusserlichkeit und verzweifelt nicht mehr, sich mit diesem äusserlichen zu versöhnen
17—157,1 zu diesen ... schien.] Gr: Dazu kom¬
35
men die Gesetze der Natur, das Allgemeine in der Natur und im Verstände. Der Verstand ist Theils Weise des subjektiven Denkens, theils Zusammenhang des Aeusserlichen. / Diese Wissenschaft macht dem Menschen und Gott Ehre. Das Letzte leugnet die katholische Kirche, die auch Galeläi zur Abbitte gezwungen hat, wegen einer Darstellung des kopernikanischen Systems, auf Grund eines Ausspruchs der Biebel der selbst zu jenen oben berührten Glauben gehört. 4 die] u die der
wollen] will
33 die2] der
5 gewinnt] gewinnen
14 als,] aus
16 ihr] ihr sich
40 31
die2]
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nem Ausdruk der Bibel zu widersprechen schien. Anderes aber als das was in der Natur Gottes hegt, in seinem Proceß innerhalb seiner, gehört zum wahrhaften Glauben, das Beweisen gehört nicht zum Glauben. Und Galilei hat sich nicht wie neuerlich gesagt ist, eines unbescheidnen Vortrags bedient. In seinem 70sten 5
Jahr ist Galilei zu widerrufen gezwungen geworden, die Kirche in ihrer alten Gestalt ist also hier feindselig gegen die Wissenschaft aufgetreten. Von anderer Seite aber hat sie gegen dise Wissenschaften ihr Recht, indem sie sagt, daß sie zum Materialismus und Atheismus führen, denn die Natur selbst und ihre Geset¬ ze werden hier als ein Letztes ausgesagt, als ein für sich Allgemeines, und man
io
kann dann wohl hinzufügen, daß Gott diese Natur und dise Gesetze geschaffen habe, aber in disen Wissenschaften ist die Fordrwng der Einsicht in das Vorgefun¬ dene, und der Uebergang zu Gott ist nicht gezeigt, der Zusammenhang diser Gesetze mit Gott ist nicht ausgesprochen und widerspricht dem Prinzip diser Wissenschalten gerade, nur das Eingesehne anzunehmen.
15
Es findet sich also
hier ein Widersprach auf. dise Gesetze, dise Erkenntniße haben einmal die Er¬ fahrung, das sinnliche Sem zu ihrem Grunde, und dann dieses, wie dises Vielfa¬ che der Wahrnehmung in ein Algemeines zusammen gefaßt wird als Gesetze und Gattungen. In disem Algemeinen ist der Geist bei sich; das sinnliche Material giebt den Stoff, den Ausgangspunkt; im Allgemeinen erkennt der Verstand sich, hat
20
sich dem Vorgefundnen gemäß gemacht, das Mannigfaltige in ein Allgemeines erhoben. Hier hat der Verstand dise Identität vor sich, die er selbst ist. dieß also ist das Thun des Verstands nach der Seite der Wissenschaften. Und daß diese Form der Allgemeinheit hervorkommt, ist das 2te Intresse/ij | das 3tc ist, daß dieß zunächst theoretische, diß Erkennen sich zum Practischen hmwendet, daß diese
25
3-4
Und Galilei ... bedient.] Gr: Vor einem Jahre wurde in Zeitungen erzählt, daß er wegen
Anmassung des Vortrages seiner Unterredung, die ohne Entscheidung blieb, verdammt wor¬ den sei.
4-6
seinem 70sten ... aufgetreten.] Gr: einer östereichischen Zeitung wahrscheinlich
von Friedrich von Schlegel wird erzählt daß Galiläi in seinem 70ten Jahre den Irrthum, daß die Sonne stille | stehe habe verfluchen und verdammen müssen. Alle denkenden Menschen haben 30
sich nach solchen Vorgängen von der Kirche entfernt. ser Wissenschaft ist zugleich
11-14
11
disen Wissenschaften ist] Gr: die¬
der Einsicht ... anzunehmen] Gr: , daß aller Zusammen¬
hang eingesehen werde, aber grade im Aufsteigen zu Gott ist diese Brücke, dieser Uebergang nicht gezeigt und dieser Uebergang widerspricht in so fern dem Princip dieser Wissenschaften selbst 35
14-21
Es findet ... erhoben.] Gr: Diese Er|kenntniß hat zwei Seiten, erstens die Er-
fahrung, zweitens die Art wie dies unmittelbare Wahrnehmen in die Form der Allgemeinheit erhoben wird. In den Gesetzen so wie in den Gattungen ist der Verstand bei sich, das sinnli¬ che Material gilt, der Inhalt, der Ausgangspunkt und geht dann in das Allgemeine über, und dies Allgemeine ist der Verstand.
21
Hier hat ... sich] Gr: In der Form des Gesetzes ist der
Verstand befriedigt, weil er die Identität vor sich hat 40
22—458,2
Und daß ... wird.] Gr: Das
Dritte ist, daß dies Allgemeine was zunächst theoretisch ist sich auch gegen die Wirklichkeit wende. Es geht zunächst von dem Seyenden zu Gesetzen, das Andere ist aber daß diese Gesetze
15
haben] hat
19
sich] sich sich
28
daß,] das
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Grundsätze, diese Gesetze angewendet werden als Maaßstab, als feste Gesichts¬ punkte und Voraussetzungen, an denen, was sonst vorliegt, geprüft wird. In diser Wendung tritt das dritte Intresse ein. der Verstand mit seiner Erkenntmß hat die Seite, daß er sich gegen das geistig Concrete, das Religiöse wendet. Wovon er ausgeht, ist ein Vorgefundenes Seiendes, die bestimmten Erfahrungen gelten als
5
das Wahre, als der Prüfstein für alles, was gelten soll, sein Prinzip ist diß der Consequenz, der Idealität und mit disem wendet er sich an die Religion, die Naturgesetze sind ihm das Wahre, und seine Methode ist die der Consequenz. Zu seinem Vorgefundenen gehören auch die geistigen Einzelheiten, die Triebe, das Natürliche des Geistes. Indem der Verstand auf seine Weise verfährt ist er
10
Aufklärung, gegen die die Religion nicht feststehn kann, wenn der Verstand bei seinen Voraussetzungen bleibt, denn eben das Prinzip der Religion ist, daß das Natürliche gerade das Negative ist, das aufzuheben ist, ferner ist die Religion speculativ, und hiemit gegen die abstracte Consequenz des Verstandes inconsequent, denn sie ist dieses, die Unterschiedenheit in sich als Einheit zu haben, was gerade
15
der Identität des Verstandes als des abstracten in sich Unterschiedslosen zuwider ist. Und so erscheint denn dise Wendung des Verstandes in Beziehung des Ver¬ standes negirend gegen die Religion. Ein anderes aber ist die Beziehung dises Verstandes auf den Staat. Indem die Regierung sich als Allgemeines faßt, als einen allgemeinen Zweck, dadurch kommt die Vorstellung jetzt eines allgemeinen Staats189rHo
zweks, als des höchsten Geltenden/ij |
20
diser Gedanke des Staatszwecks muß
zunächst absondern was bloß particuläre Berechtigung in der Gewalt ist. Indem so der Staat denkend wird nimmt er ein anderes Verhältniß in der Wirklichkeit ein. Was Privilegien waren, gelten jetzt nicht mehr an und für sich als die Form des
305Gr
angewendet werden | als Maaßstab, Gesichtspunkte, als feste Voraussetzungen an denen das geprüft wird, was denselben unterworfen ist.
25
2-5 In diser ... Seiendes.] Gr: 3te Periode. So tritt hier
das 3te Interesse ein. Der Verstand mit seinen Gesetzen hat sich als Aufklärung gegen die Religion gewendet, indem er natürliches Sein zum Grundsatz genommen, sei es ein Seiendes der physischen oder geistigen Natur.
5—18
die bestimmten ... Religion.] Gr: Der Verstand hat diese Grundlage
als das Wahre und auch das Princip des Zusammenhangs der Consequenz damit gegen die Religion
30
und so ist Aufklärung. / Zu dem Vorausgesetzen, Natürlichen, gehört auch das Geistige, die Gefühle, 306Gr
Triebe, Unsterblichkeitsgefühl, Mitleiden und so weiterfj | So kann die Religion es nicht gegen ihn aushalten, indem der Verstand bei diesem als dem absolut Wahren stehen bleibt. Die Religion hat einen spekulativen Inhalt, sie ist vernünftig, und inkonsequent gegen den Verstand, denn die Vernunft ist eben dies, das Unterschiedene als Eines zu fassen, als Konkretes; der Verstand aber hält dies fest, er sagt: das
35
Endliche ist nicht unendlich. Alles Mysteriöse, d.h. spekulative der Religion, ist für ihn ein Nichtiges.
19—20 307Cr
die Reg/erwrig ... Zweck] Gr: der Staat und die Regierung Verstand hat, ihre Wirksamkeit als
allgemeinen Zweck faßt der Staatsverhältnisse
22 bloß particuläre ... Gewalt] Gr: blosse Privatberechtigung in Ansehung 23 ein,] Gr: an
24—459,2 Was Privilegien ... entzogen.] Gr: Dem Begriffe
nach gehören alle Verhältnisse dem Staate an die der Form nach privatrechtlich sind. Aber nur was seiner Natur nach, Privatrecht sein kann darf diese Form behalten.
18
Religion.] Religion,
40
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Privateigentums habend, und dem Inhalt nach dem Staate angehörend, dieser Inhalt also wird dem PrivatrechthW/CH entzogen, die Regierung faßt jetzt den Zweck, den Gedanken des Staats, und in sofern dise Seite auftrat, müssen w;V hier Friedrich den 2ten herausheben. Er ist eine welthistorische Person, er ist philoso-
5 phischer König genannt, weil er den allgemeinen Gedanken des Staats gefaßt hat¬ te, und vornehmlic/i der erste Regierende war, der dieses Prinzip zuerst in Aus¬ lührung brachte. Er war es, der den Staatszweck festhielt und ihn geltend machte, das Besondere nicht mehr achtete, insofern es der Erhaltung des Staats zuwider war - die politische Wirksamkeit nach Außen, die Kriege diser Periode 10
können hier constifntionelle heißen, während die der frühem religiöse oder bloß äußerlic/i politische waren. Schon der 7jährige Krieg kann der constifntionelle genannt werden. Es scheint zwar der Zweck der Verbindung aller großer Staaten gegen Friedrich, ihm Schlesien zu entreissen, aber das wahrhaft Treibende war, daß auf dem Thron ein Geist war, der ein Andres Prinzip aufbrachte. Noch
15
mehr constitutionell sind die folgenden Kriege, die Revolution und die Kriege neuerer Zeit haben Verändrwngen der Staatsverfasswrigen zu Folge, und dise Verandrwngen sind von Unten ausgegangen, dise Revolutionen haben im Gedan¬ ken ihren Ursprung, denn die Bildung des Gedankens ist es, die sich jetzt fester | gemacht, allgemeine Vorstellungen als Letztes aufgestellt und mit dem verglichen
20
189vHo
hat, was da war. die höchste Bestimmung, die der Gedanke in diser Rücksicht fin¬ den kann, ist die der Freiheit des Willens. Sonstige Grundsätze von Glückseligkeit ect enthalten mehr und mehr ein Unbestimmtes/.] die Freiheit des Willens
2-7
die Regierung ... brachte.] Gr: Von dieser Seite ist Friedrich
II
eine welthistorische Person. Er
ist ein philosophischer König weil er den allgemeinen Zweck fest gehalten hat. Man konnte ihn
25
auch so nennen in so fern er sich mit | Metaphysik beschäftigt oder als Privat-Person Philosoph
308Gr
war. Philosophischer König ist er, nicht weil er dies ausschließlich, sondern weil er es zuerst gefaßt und als König durchgeführt hat. Wenn dies erst allgemein geltend geworden ist, so heißt man die Philosophie gesunden Menschenverstand.
7—11
war es ... waren.] Gr: hat den Staatszweck fest¬
gehalten und geltend gemacht, und die besonderen Privilegien in so fern nicht geachtet als sie dem 30
Zwecke des Staats entgegen waren, er hat vielmehr Einrichtungen, die für das Ganze vortheilhaft waren, vorgezogen. / Die Kriege in dieser Periode sind constitutionelle zu nennen.
12—14
Es
scheint ... aufbrachte.] Gr: Schon der siebenjährige Krieg ist ein solcher. Zunächst erscheint | als äusserlicher Zweck der Verbindung aller großen Mächte dem Könige, Schlesien zu entreissen.
309Gr
Das Treibende aber ist, daß auf dem Thron ein Anderer gesessen als bisher, der andere Thätigkei35
ten, eine andere Weise gehabt. Allerdings kommt auch besonderes Partikuläres hinzu, aber das Haupttreibende ist, daß ein Mensch von anderer Lebendigkeit auf dem Throne saß.
15—20
die
Revolution ... war.] Gr: Sie haben Veränderung der Staatsverfassung durch Gewalt von unten he¬ rauf zum Zweck. Diese Revolution hat im Gedanken ihren Anfang und Ursprung genommen, der Gedanke, allgemeine Vorstellungen als Letztes annehmend, und dies | im Wiederspruch mit dem 40
findend, was da ist, hat sich empört.
13 hat
22
ect enthalten] Gr: und Wohl des Staats sind
Schlesien zu entreissen so Gr; Ho: kann zunächst Schlesien scheinen
18
fester] festes
21
die] der
16
haben so Gr; Ho:
310Or
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460
allein ist das anundfür sich Bestimmte. Und die Bestimmung der Freiheit des Wil¬ lens hat der Gedanke jetzt als das höchste gefaßt in der Wirklichkeit. In welchem Sinn hiezu der Gedanke Recht habe, hat eine andere Wissenschaft festzusetzen. Freiheit des Willens ist Freiheit des Geistes in Betreff auf seine Richtung auf das Wirkliche. Freiheit des Willens geht aus dem Prinzip der evangelischen Kirche her¬
5
vor. Aber von diser Freiheit des Willens, von der der Staat die Verwirklichung ist, ist der Wille als besonderer zu unterscheiden, die Freiheit des Willens ist hier dieselbe, was die Freiheit des Geistes überhaupt seinem Wesen nach ist. die Revolutionen nun also gingen vom Gedanken aus. diser hat es mit der Wirklich¬ keit zu thun gehabt, und sich zur Gewalt gegen die bestehende Ordnung gemacht,
10
die Frage ist nun: unter welcher Form ist dise Erscheinung hervorgekommen, der Gedanke ward da zur Gewalt, wo er eine absolute Gewalt gegen sich fand. So sehn wir, daß die Revolutionen in Frankreich, in Italien hervortraten und in Spa¬ nien, in allen Staaten also, die wir Romanische nannten. In denen aber, wo die evangelische Freiheit vorher etablirt war, ist Ruhe geblieben, denn dise Länder
15
haben mit der religiösen zugleich ihre politische Reformation gemacht. | In den romanischen Ländern ist der Umsturz der Throne bisher selbst wieder
190rHo
zu Nichte gemacht. Bei d/'sen Revolutionen ist hier herauszuheben, daß hier politische
Revolutionen
ohne
Aendrnng
der
Religion
gemacht
sind.
Ohne
Aendrnng aber der Religion kann keine wahrhaft politische Verändrnng ge-
20
schehn. die Freiheit des Geistes, die Prinzipien der Freiheit, die in disen Ländern
1—2
allein ist ... Wirklichkeit.] Gr: aber ist an und für sich bestimmt, weil sie nichts ist als sich
selbst zu bestimmen. Daß nichts Höheres sei als Dieses hat der Gedanke gefaßt.
4-6
festzusetzen] Gr: ist anders wo aus einander zu setzen
in Betreff ... hervor.] Gr: im Han¬
deln und geht unmittelbar hervor aus dem Princip der evangelischen Kirche. 31 lGr
3 hat eine ...
6—8
von diser
25
... ist.] Gr: unter diesem freien Willen von | dem der Staat die Verwirklichung ist, ist nicht der besondere Wille zu verstehen, wie ihn einer nimmt, sondern die Freiheit des Willens die an und für sich ist, ist die Freiheit Gottes in sich selbst, die Freiheit des Geistes, nicht dieses besonderen Geistes sondern des allgemeinen nach seinem Wesen.
8-10
die Revolutionen ... gemacht.] Gr:
Dieser Gedanke hat es mit der Wirklichkeit zu thun und ist eine Gewalt gegen das Bestehende geworden, und diese Gewalt ist die Revolution überhaupt.
11
30
nun: unter ... hervorgekommen]
Gr: unter welcher Bestimmung und Form die Revolution erscheint
12
eine absolute ... fand]
Gr: das Positive als Gewalt gegen sich über hatte, so sind Revolutionen in Frankreich, in Italien, 312Gr
Neapel, Piemont und zuletzt | auch in Spanien gewesen
12-16
So sehn ... gemacht.] Gr: Die
Revolution tritt also in den romanischen Ländern (Irrland [sic]) hervor, wo aber Freiheit der evan¬
35
gelischen Kirche ist, da ist Ruhe, denn mit der Reformation haben sie ihre Revolution gemacht. Die Hauptsache ist der Umsturz der Throne der bisher erfolgt und wieder zu Nichte gemacht ist.
18-19
hier politische ... sind] Gr: sie nur politisch sind ohne Aenderung der Religion, diese
aber hat in der Freiheit des Geistes weder ab noch zu genommen Gr: Revolution erfolgen 20 Religion] davorgestr: alten
20-21
Verändrwng geschehn] 40
23 Daß] Das
38 diese] dieser
461
GERMANISCHES WELTREICH
zu Prinzipien der Verfassung gemacht wurden, sind selbst schon abstract, indem sie gegen ein Positiv Bestehendes auftraten, und nicht aus der Freiheit des Geistes hervorgingen, wie sie in der Religion ist. die Länder der evangelischen Kirche haben also ihre Revolution schon gemacht, denn es ist in ihnen das vorhanden,
5 daß was geschehn soll, durch allgemeine Bildung, durch Ruhe geschieht. Es ist hier gegen den Gedanken de.? concreten StaatsZweck.? kein absoluter Widerstand; m den Romanischen Ländern aber, ist auch das, was dem Staatszweck zuwider ist, so berechtigt, daß es einen absoluten Widerstand zu leisten vermag, die Verfassungen der evangelischen Staaten sind verschieden, aber in allen das we10
sentliche Prinzip ist vorhanden, daß das, was gelten soll, vom allgemeinen Staats¬ zweck ausgeht und dadurch berechtigt ist. dieß ist abstract die nöthi’ge Bestim¬ mung. Wir haben nun also kurz die darstellnng der Weltgeschichte gemacht, die Ab¬ sicht war zu zeigen, daß der ganze Gang ein Consequenter des Geistes ist, und die
15
Geschichte nur Verwirklichung des Geistes sei, die die Staaten ausführen. Was Wahrheit sein soll, muß einmal als objectives entwickeltes System, in dem rei¬ nen Gedanken und in der Wirklichkeit sein, der subjective Geist muß in diser Objectivitdt für | sich frei sein, und den Inhalt des Seienden erkennen als den
190vHo
Seimgen, und ist so der Geist, der dem Geiste Zeugmß giebt, und ist dabei bei
20 sich und frei, durch diese Einsicht allein kann sich der Geist in der Geschichte und der Gegenwart befriedigen, denn da5 Geschehene und daseiende muß eingesehn werden als ein Werk Gottes zu sein.
1-3 zu Prinzipien ... Religion] Gr: ausgesprochen ist, diese Principien selbst, sind nur abstrak¬ te | Principe weil sie gegen ein Positives gegangen und nicht aus der Religion geschöpft waren, 25
haften Freiheit
5
nischen] Gr: anderen leistet
allgemeine Bildung,
durch Ruhe]
8 so] Gr: dennoch absolut
Gr: Einsicht und Bildung
einen absoluten
...
7
Roma-
vermag] Gr: Widerstand
9—12 Verfassungen der ... Bestimmung] Gr: protestantischen Länder sind nach ihrer äusseren
Verfassung sehr verschieden, | z. B. Dänemark, England, die Niederlande, Preußen sind ganz ver30
313Gr
daher ist es nicht diese Freiheit des Geistes welche in der Religion und der göttlichen und wahr¬
314Gr
schieden, aber das wesentliche Princip ist vorhanden, daß, das, was gelten soll im Staate, muß von der Einsicht ausgehen und ist dadurch berechtigt
14—15 der ganze
...
ausführen] Gr: die ganze
Geschichte nichts als die Verwirklichung des Geistes, und der Staat die weltliche Verwirklichung derselben ist
15—20 Was Wahrheit ... und] Gr: Das wahre muß einerseits vorhanden sein, als ob¬
jektives, entwickeltes System in der Reinheit des Gedankens, anderer Seits aber auch in der Wirk35
lichkeit. Aber dies muß nicht äusserlich objektiv, sondern derselbige Geist muß dabei frei sein und muß, drittens diesen objektiven Weltgeistes Inhalt als den seinigen erkennen. So ist er der Geist der dem Geiste Zeugniß giebt, so ist er darin bei sich und ist
20-22 durch diese ... sein.] Gr: Wichtig
ist die Einsicht, daß der Geist sich nur dann befreien kann, und daß das was geschehen ist und was geschieht, nicht nur von Gott kommt, sondern Gottes Werk ist. 40
9 sind so Gr; Ho: ist
10 ist so Gr
18 den Inhalt des Seienden statt gestr: daß System
315Gr
ZEICHEN, SIGLEN, ABKÜRZUNGEN
463
ZEICHEN, SIGLEN, ABKÜRZUNGEN
Sperrdruck
Hervorhebung im Original
Kursivdruck
Herausgeberrede
Seitenzahlen
Paginierung des Originals
auf dem Rande neue Seite im Original /
im Apparat: neue Zeile
[]
Hinzufügungen der Herausgeberin
]
Abgrenzung des Lemmas
die,
tiefgestellte Ziffern im Apparat geben bei öfterem Vorkommen des gleichen Wortes in einer Zeile die Reihenfolge an
r ,v
geben als Abkürzungen von recto und verso an, ob es sich um die Vorder- oder Rückseite eines Blattes handelt
89a
gibt bei Seitenangaben die Doppelzählungen von Blättern an
22m
Angabe im textkritischen Apparat, die sich auf die Zeilennummer der auf dem Rande dargestellten Marginalie bezieht
In den Apparaten bzw. auf dem Rande werden folgende Siglen verwandt:
Gr; Gr
Nachschrift Griesheim
Hb; Hb
Nachschrift Hagenbach
Ho; Ho
Nachschrift Hotho
Ke; Ke
Nachschrift Kehler
Zur Lektüre des Variantenapparats:
Bei weitgehend übereinstimmender Textstruktur werden die Varianten aus den Nachschriften Gr, Ke und Hb in der folgenden integrierten Form verzeichnet:
(Weltgeschichtliche] Hb: Die weltgeschichtlichen] Individuen haben sich befriedigt, aber (glücklich haben sie nicht sein] Hb: man kann nicht sagen, daß sie glücklich gewesen sind oder glücklich haben werden] GrHb:
wollen. Parallele Formulierungen werden in Klammern zusammengefaßt. Der in der Klammer vor dem Lemmazeichen stehende Text entstammt der erstgenannten
464
ANHANG
Nachschrift, der auf das Lemmazeichen folgende der mit der Sigle bezeichnten weiteren Nachschrift. GrKe: Das höchste des Geistes ist (Ke: aber), sich selbst zu wissen, sich zum Gedanken seiner selbst zu (Ke: bringen. Dies wird er auch) vollbringen.
Formulierungen, die lediglich in einer der Nachschriften Vorkommen, werden ebenfalls, mit der Sigle bezeichnet, in Klammern gesetzt. Außerhalb der Klammern stehender Text ist allen mit Siglen bezeichneten Nachschriften gemeinsam. Dabei werden inhaltlich nicht relevante Differenzen in der Notation (aufgrund von Unterschieden in Orthographie, bei Unterstreichungen, Abkürzungen, Kommasetzung sowie bei Überschriften zudem in bezug auf Schlußpunkte) nicht mitgeteilt. Für den Eintrag wird die Fassung der jeweils vollständigsten Notation gewählt.
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