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German Pages 549 Year 1982
Beihefte zu / Supplements to
Heft 7
Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland Herausgegeben und eingeleitet von Werner Ehrlicher und Diethart B. Simmert
Duncker & Humblot · Berlin
Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland
Beihefte zu Kredit und Kapital Heft 7
Geld- und Währungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland
Herausgegeben und eingeleitet von Werner Ehrlicher · Diethart B. Simmert
D U N C K E R
& H U M B L O T
B E R L I N
Redaktion: Sigrid Wehrmeister, Bonn
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Ubersetzung, für sämtliche Beitröge vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 05335 4
Der Deutschen Bundesbank zum 25jährigen Bestehen
Inhaltsverzeichnis Werner Ehrlicher, Freiburg, und Diethard Β. Simmert, Bonn: Einführung
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I. Die Währungs- und Geldordnung
Henry C. Wallich,Washington, D. C.: Forces that Drive International Monetary Evolution
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Guy Kirsch, Fribourg: Politische Grenzen der Geldpolitik
33
Otmar Issing, Würzburg: Die Unabhängigkeit der Bundesbank. Theoretisch umstritten — praktisch bewährt
49
Wolf-Dieter Becker, Aachen: Diskussion über ein Bundesbankgesetz im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium
61
Hans-Joachim Huß und Peter Trapp, Kiel: Vorstellungen über eine alternative Geldordnung
79
II. Geldpolitische Strategien
Claus Köhler, Frankfurt a. M.: Probleme der monetären Strategie in der Bundesrepublik Deutschland . . .
97
Inhaltsverzeichnis
Vili
Dieter Duwendag, Speyer: Anmerkungen zur geldpolitischen Strategie der Deutschen Bundesbank ..
111
Thomas Mayer, Davis, California: Money Stock versus Interest Rates as the Intermediate Target. An Institutional Approach 131 Jürgen Siebke, Essen: Steuerung der Geldmengenaggregate: zwischen Können und Wollen
147
Gerhard Förster, Frankfurt a. M.: Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
159
Sybille Oesterlin, Freiburg i. Br.: Zwischen autoritärer und marktwirtschaftlicher Zentralbankpolitik
179
III. Geld- und Finanzpolitik
Helmut Geiger, Bonn: Instrumentelle Aspekte der Geldpolitik
195
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow, Göttingen: Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis. Eine theoretische und ökonometrische Studie für die Bundesrepublik 207 Hans-Hermann Francke, Freiburg i. Br.: Konsistenzprobleme der Geld- und Finanzpolitik in den siebziger Jahren 231 Rolf Caesar und Karl-Heinrich Hansmeyer, Köln: Bundesbankpolitik und Staatsverschuldung
245
Dietrich Dickertmann, Trier: Können Bundesbank-Gewinne problemlos zur Deckung von Haushaltsdefiziten verwendet werden? 259
Inhaltsverzeichnis Alois Pfeiffer, Düsseldorf: Aspekte der Bundesbankpolitik aus gewerkschaftlicher Sicht
299
IV. Nationale und Internationale Märkte
Karl Häuser, Frankfurt a. M.: Die Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes
309
Dietmar Kath, Duisburg: Die Zins- und Laufzeitstruktur der finanziellen Märkte in der Bundesrepublik Deutschland 319 Alois Oberhauser, Freiburg i. Br.: Förderung unternehmensinterner Kapitalbildung. Ein Modell zur Mitarbeiterkapitalbildung
337
Ludwig Huber, München: Internationalisierung des Bankgeschäfts und Auslandstöchter deutscher Banken
349
Helmut Mayer, Basel: Die Bedeutung der Offshore-Finanzmärkte für die inländische Geldpolitik
363
Rüdiger Pohl, Hagen: Zur Bedeutung des internationalen Inflationsverbundes für die Preisniveauentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 385 Härmen Lehment, Kiel: Das Zinsniveau in einer offenen Wirtschaft: geldpolitische und außenwirtschaftliche Einflüsse
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Inhaltsverzeichnis
V. Währungspolitische Probleme
Emil-Maria Ciaassen, Paris: Weltwirtschaftsentwicklung und Weltwährungssystem
421
Wolfgang Schröder, Hamburg: Das MultireserveWährungssystem: Veränderte Rahmenbedingungen für die Politik der Bundesbank 431 Norbert Kloten und Willi Gösele, Stuttgart: Der Fall EWS: Theoretische und empirische Aspekte
449
Manfred Hieber und Norbert Kleinheyer, Bonn: Optionen für eine Weiterentwicklung des Europäischen Währungssystems (EWS) . 479 Wolfgang File, Trier: Monetäre Wechselkurstheorie, Makroökonomische Portfoliotheorie und wechselkursorientierte Geldpolitik 499 Pascal Bridel und Kurt Schiltknecht, Zürich: Devisenmarktinterventionen als Mittel der Wechselkursstabilisierung?
Verzeichnis der Autoren
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Einführung Dieser Sammelband ist der Deutschen Bundesbank zu ihrem 25jährigen Bestehen gewidmet. Die Herausgeber wollen damit die Leistung dieser Institution bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe, die Währung zu sichern, anerkennen und würdigen. Der Band behandelt fünf Themenkomplexe: I. II. III. IV. V.
Währungs- und Geldordnung Geldpolitische Strategien Geld- und Finanzpolitik Nationale und internationale Märkte Währungspolitische Probleme.
Der Themenbereich zur Währungs- und Geldordnung wird mit einem Beitrag von Henry Wallich „Forces that Drive International Monetary Evolution" eingeleitet. Wallich geht es dabei weniger um die Veränderungen selbst, die das Weltwährungssystem in der Vergangenheit durchlaufen hat, als um die Kräfte, die immer wieder Veränderungen ausgelöst haben. Zur Analyse dieser Frage entwickelt er ein theoretisches Konzept, das über den angesprochenen Gegenstand hinaus allgemeine Bedeutung für die Analyse ökonomischer Entwickungsprozesse hat. Er geht davon aus, daß theoretische Ideen, historische Erfahrungen und das Wirken der Marktkräfte die Entwicklung des Währungssystems vorantreiben und fragt nach dem relativen Gewicht dieser Einflußfaktoren. Er ist der Meinung, daß das Gewicht der Marktkräfte für die Entwicklung des Weltwährungssystems gerade in jüngerer Zeit dominierend war, daß die nächste Stelle die Erfahrungen eingenommen haben und der geringste Einfluß von theoretischen Ideen ausging. Die Veränderungen spielen sich so ab, daß Marktkräfte so lange auf das System einwirken, bis sich Politiker zur Reaktion entschließen und — unter Nutzung von Theorien und Erfahrungen — neue Konzepte entwickeln und durchsetzen, die ihrerseits wieder dem Wirken der Marktkräfte ausgesetzt sind und dadurch einen neuerlichen Wandel erfahren. Die Besonderheit des Ansatzes von Guy Kirsch in seinem Beitrag „Politische Grenzen der Geldpolitik" besteht darin, daß er die Währungsstabilität als Kollektivgut betrachtet. Er will damit hervorheben, daß es — selbst wenn alle Gesellschaftsmitglieder ein ureigenes Interesse an einer stabilen Währung haben bzw. hätten — nicht selten im Interesse des einzelnen liegen würde, durch sein Handeln in Wirtschaft und Staat eben diese Stabilität zu gefähr-
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den. Dies hat zur Folge, daß das Stabilitätsziel in einem parlamentarischdemokratischen System kaum Realisierungschancen hätte, wenn die im Interesse einer geldwertorientierten Geldpolitik erforderlichen Maßnahmen im täglichen Prozeß der parlamentarischen Willensbildung durchgesetzt werden müßten. Diese Schwierigkeiten werden noch dadurch verstärkt, daß die negativen Auswirkungen des Geldwertverlustes anfangs dazu tendieren, unterschätzt zu werden, während später, wenn die negativen Folgen der Währungszerrüttung in ihrem vollen Ausmaß erkannt werden, eine Stabilitätspolitik derart schmerzlich-einschneidende Maßnahmen erfordert, daß sie politisch kaum — wenn überhaupt — durchsetzbar ist. Unter diesen Bedingungen hat die Währungssicherung nur eine Chance, wenn das stabilitätspolitische Ziel aus dem politischen Entscheidungsprozeß herausgelöst und in der Unabhängigkeit der Notenbank institutionell verselbständigt wird. Unter Rückgriff auf Gedanken David Hume's und in Analogie zur Judikatur wird die Autonomie der Bundesbank als Ausdruck der politischen Weisheit des Gesetzgebers — im Sinne eines Mißtrauens gegen sich selbst — als Bedingung einer erfolgversprechenden Stabilitätspolitik dargestellt. Während Kirsch aus der Sicht der politischen Ökonomie von der Frage nach den Grenzen der Geldpolitik auf das Autonomieproblem stößt, geht Otmar Issing in seinem Beitrag „Die Unabhängigkeit der Bundesbank. Theoretisch umstritten - praktisch bewährt" dieses Thema zunächst von seiner jüngeren historischen Entwicklung her an. Im Hauptteil seines Beitrages setzt er sich mit den drei Aspekten auseinander, unter denen die Wissenschaft die rechtliche Zulässigkeit und die ökonomische Zweckmäßigkeit der Bundesbankautonomie bisher — zwiespältig — behandelt hat: Dem Gesichtspunkt der Effizienz der Globalsteuerung, der Vereinbarkeit mit den Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie und der Gefährdung der Geldpolitik durch das bürokratische Selbstinteresse der Notenbank. Dem Postulat einer „Globalsteuerung aus einem Guß", mit dem die Autonomie des Trägers der Geldpolitik als einer Teilpolitik unvereinbar erklärt wird, hält Issing entgegen, daß die „Phillips-Illusion", man könne Vollbeschäftigung auf Kosten der Geldwertstabilität erreichen, aufgegeben werden mußte. Gegen das Demokratieargument wendet er ein, es liefe darauf hinaus, daß der Staat über die Möglichkeit verfügen müsse, zusätzliche Ausgaben über die Notenpresse zu finanzieren. I n der Auseinandersetzung mit dem Argument, auch die Repräsentanten von Bürokratien verfolgten persönliche Ziele, greift Issing u. a. den bei Kirsch im Mittelpunkt stehenden Gedanken auf, daß sich das Ansehen der Bundesbank ja gerade an ihrem Erfolg in der Erhaltung der Geldwertstabilität orientiere. Auch in dem folgenden Beitrag von Wolf-Dieter Becker „Diskussion über ein Bundesbankgesetz im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium" wird die Frage der Autonomie der Notenbank nochmals — nun-
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mehr im historischen Rückblick auf die in den Jahren 1952 bis 1956 geführte Diskussion — angesprochen. Becker hebt hervor, daß der Wissenschaftliche Beirat die Notwendigkeit der Unabhängigkeit der künftigen Bundesbank von der Tagespolitik der Regierung betonte, wobei er durchaus die staats-, wirtschafts- und praktisch-politischen Konfliktmöglichkeiten gesehen hat, die sich aus dieser Forderung ergeben. Die historischen Erfahrungen in Deutschland wogen aber in der Überzeugung des Beirates schwerer als die politischen Schwierigkeiten, die aus der relativen Unabhängigkeit der künftigen Bundesbank von der Regierung hätten entstehen können. Neben dieser Frage beschäftigte sich der Beirat ausführlich mit der Formulierung der Aufgabenstellung der künftigen Bundesbank. Er neigte dabei im Interesse eines stetigen Wachstums der Volkswirtschaft dem „unbehaglichen Dreieck" von möglichst stabilem Preisniveau, hohem Beschäftigungsgrad und Zahlungsbilanzausgleich bei freiem Zahlungsverkehr zu. Die Frage der Autonomie der Bundesbank steht auch — nun allerdings mit entgegengesetztem Vorzeichen — im Mittelpunkt der „ Vorstellungen Mber eine alternative Geldordnung" von Hans-Joachim Huss und Peter Trapp. Ziel einer Reform der Geldordnung soll sein, die Geldversorgung allen hoheitlichen Einflüssen zu entziehen und den Kräften des Marktes zu überlassen. Hinter diesen auf F. A. von Hayek zurückgehenden Vorstellungen steht das liberale Vertrauen in die überlegene Steuerungsfupktion des Marktes ebenso wie das Mißtrauen gegen jegliche hoheitlichen Machtpositionen. Als Konzepte für eine optimale Geldversorgung prüfen Huss und Trapp einerseits eine Rückkehr zur Bindung des Geldes an das Gold und andererseits den in jüngerer Zeit insbesondere von v. Hayek befürworteten Wettbewerb von Währungen. Die Autoren sprechen sich dafür aus, daß eine Synthese aus diesen beiden Geldordnungen gesucht werden solle. Wettbewerb zwischen privatem und staatlichem, zwischen inländischem und ausländischem sowie zwischen wertgesichertem und ungesichertem Geld würde ein hohes Maß an Geldwertstabilität gewährleisten. Der Staat hätte zwar, auch wenn das staatliche Geldschöpfungsmonopol aufgehoben sei, als Anbieter von Geld Vorteile und würde sich, solange er den Wert seines Geldes stabil hält, durchsetzen. Der potentielle Wettbewerb privater Währungen würde jedoch verhindern, daß es immer wieder zu sich beschleunigenden Inflationsprozessen kommen könne, da die Marktkräfte in diesem Falle eine schrittweise Veränderung des Geldangebotes zugunsten wertstabiler, privat angebotener Währungen erzwingen würden. Im Mittelpunkt der Beiträge zum zweiten Themenkomplex „ Geldpolitische Strategien" steht die seit einigen Jahren bei der Mehrzahl der Notenbanken dominierende Orientierung am Geldmengenziel. Claus Köhler geht in seinem Beitrag „Probleme der monetären Strategie in der Bundesrepublik Deutschland" davon aus, daß hohe Preissteigerungsraten,
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hohe Arbeitslosigkeit und mangelndes Wirtschaftswachstum von der Wirtschaftspolitik fordern, die Investitionen durch ausreichende Gewinne zu stimulieren, einen angemessenen Nächfrageanstieg sicherzustellen und den sozialen Frieden zu erhalten. Angebots- und Nachfragepolitik müssen mit einer strategiegerechten Einkommens- und Preispolitik der Sozialpartner zusammenwirken. Die Bundesbank trägt zu diesem Ziel bei, indem sie versucht, einen bestimmten Zuwachs der monetären Aggregate (Zielgröße: Zentralbankgeldmenge) sicherzustellen. Dieser Zuwachs ist so zu bemessen, daß das Wirtschaftswachstum monetär alimentiert und die Preissteigerungsrate zurückgeführt werden kann. Die Zentralbank muß dabei das Nichtbankenverhalten beachten und, falls erforderlich, durch zinspolitische Eingriffe korrigieren. Außenwirtschaftliche Einflüsse waren bei der Durchführung einer solchen Strategie immer wieder Anlaß zu Kompromissen zwischen der Orientierung an der binnenwirtschaftlichen Entwicklung einerseits und an Wechselkurs- und Zahlungsbilanzbewegungen andererseits. Dieter Duwendag beschäftigt sich in seinen „Anmerkungen zur geldpolitischen Strategie der Deutschen Bundesbank" ebenfalls mit grundsätzlichen Aspekten der geldpolitischen Strategie. Er weist zunächst auf das konzeptionelle Spannungsverhältnis zwischen der kurzfristig-antizyklisch orientierten Fiskalpolitik und der längerfristig, auf Verstetigung abgestellten Geldmengenpolitik hin und betont die Gefahr, daß sich die beiden Politiken gegenseitig unterlaufen und die Wirtschaftssubjekte verunsichert werden. Aus diesen Überlegungen wird die Forderung abgeleitet, in verstärktem Maße Verstetigungselemente in die Fiskalpolitik einzuführen. In den anschließenden Überlegungen wird begründet, weshalb breite Korridore bzw. Vorbehalte gegenüber Geldmengenzielen zu stabilitätspolitischen Einbußen führen und die Glaubwürdigkeit der Verstetigungsstrategie mindern. In einem dritten Schritt werden Vorzüge und Kritikpunkte der neuen Feinsteuerungstechniken skizziert. A u f die bisher eher vernachlässigte Rolle der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes als Komponente der Geldmengenzielkalkulation und — zusammen mit Geldmengenimpulsen — als möglicher Erklärungsfaktor für reales Wachstum und Inflation wird abschließend eingegangen. Die in institutionellen Aspekten begründeten Vorteile einer Geldmengenorientierung der Zentralbankpolitik gegenüber einer Zinsorientierung werden in dem Beitrag von Thomas Mayer „Money Stock versus Interest Rates as the Intermediate Target - an Institutional Approach" angesprochen. Mayer vertritt die Auffassung, daß die Verfolgung von Geldmengenzielen gegenüber Zinszielen nicht so sehr aufgrund wirkungstheoretischer als vielmehr pragmatisch-institutioneller Gründe vorzuziehen sei. Seine Meinung geht dahin, die üblicherweise in den Überlegungen zur Geldpolitik implizierte Annahme, die Zentralbank sei in der Lage, eine der jeweiligen Situation angemessene und zielwirksame Politik zu betreiben, könne — zumindest für
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die USA — nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, daß die Zentralbank nur zögernd die monetären Zielgrößen korrigiert und dementsprechend oft unzureichend reagiert, sich eher an kurzfristigen Datenänderungen orientiert und ihr Handeln auf die Entwicklung der nominalen statt der realen Größen abstellt. Mayer kommt zu dem Ergebnis, daß unter diesen Annahmen die Orientierung an der Geldmenge die bessere Politik sei, da der Spielraum der Fehler, den die Zentralbank aufgrund der genannten Mängel machen könne, sehr viel geringer sei, wenn sie versuche, die Geldmenge zu steuern, als wenn sie ein Zinsziel verfolge. Jürgen Siebke fragt in seinem Beitrag „Steuerung der Geldmengenaggregate: Zwischen Können und Wollen" zunächst, inwieweit die verschiedenen Zentralbanken, die seit einiger Zeit Geldmengenziele bekanntgeben, tatsächlich zu einer konsequenten Geldmengenstrategie übergegangen sind. Dagegen spräche, daß die angestrebte und die tatsächliche Ausweitung der Geldmenge bislang häufig auseinanderfielen und daß die geläufigen Geldmengenaggregate nach Meinung vieler Zentralbankpolitiker gar nicht direkt steuerbar seien. Diese Sachverhalte nimmt Siebke zum Anlaß, der Struktur des Steuerungsproblems der Geldmengenaggregate nachzugehen. Nach dem vorherrschenden Multiplikatoransatz ist die Geldmenge dann steuerbar, wenn einerseits die erweiterte Geldbasis kontrollierbar und andererseits der Geldmengenmultiplikator prognostizierbar ist. Zur Kontrollierbarkeit der Geldbasis werden mögliche Gründe für eine partielle Endogenität der Zentralbankgeldversorgung aufgezeigt und daraufhingewiesen, daß es nicht erforderlich ist, alle einzelnen Quellen, über die Zentralbankgeld entsteht, kontrollieren zu können. Zur Frage der Prognostizierbarkeit des Multiplikators wird auf empirische Analysen verwiesen, nach denen die Geldmengenmultiplikatoren ausreichend vorhersehbar sind. Nach der Erörterung dieser instrumentellen Fragen nach dem „Kann" einer Geldmengensteuerung wird abschließend noch kurz die Frage nach dem „Soll" einer solchen Politik gestellt. Die Antwort geht dahin, daß die Notenbank hier im Spannungsverhältnis unterschiedlicher theoretischer Ansichten und des allgemeinen wirtschaftspolitischen Umfeldes steht. Gerhard Förster entwickelt unter der Überschrift „ Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik" einen quantitativen Ansatz, der eine Beurteilung des Eignungsgrades unterschiedlicher Geldmengenaggregate ermöglichen soll. In einem ersten Schritt wird eine Theorie der optimalen Zwischenziele formuliert. Dazu wird der relevante Strukturzusammenhang zwischen den geldpolitischen Instrumenten und den Endzielen der Geldpolitik in einen Endziel- und einen Kontrollbereich unterteilt. Unter Anwendung eines Nutzenmaximierungskalküls werden formale Beurteilungskriterien abgeleitet, nach denen die Strenge und Stabilität des Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Geldmengenaggregaten und den geldpolitischen Endzielen
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einerseits sowie zwischen den Geldmengenaggregaten und den geldpolitischen Instrumenten andererseits beurteilt werden kann. Diese Kriterien werden in einem zweiten Schritt auf der Basis ökonometrischer Schätzungen von gesamtwirtschaftlichen Ausgaben- und Geldangebotsgleichungen auf die verschiedenen Geldmengenaggregate angewandt. Förster kommt zu dem Ergebnis, daß die Wahl der Zentralbankgeldmenge in der Definition der Bundesbank den Anforderungen an eine optimale Zielgröße am weitesten entgegenkommt. Sybille Oesterlin untersucht im letzten Beitrag „Zwischen autoritärer und marktwirtschaftlicher Zentralbankpolitik" die Strategie der Bundesbank nicht mehr im Hinblick auf die zu steuernde Indikator- oder Zwischenzielgröße, sondern stellt darauf ab, wie die Bundesbank ihre Geldpolitik gegenüber den Banken durchsetzt. Sie unterscheidet in eine Periode mehr autoritär orientierter Geldpolitik, die bis 1967 — mit Abstrichen bis 1973 — reicht, und in eine zweite Periode mehr marktwirtschaftlich orientierter Politik, die 1973 beginnt. Die jeweilige Orientierung ist dabei maßgeblich von den Rahmenbedingungen des Entscheidungsbereichs der Bundesbank abhängig, wobei die außenwirtschaftliche Absicherung von Bedeutung ist. So markiert der Übergang zum Blockfloating den Bruch zwischen den beiden Perioden, während die in den letzten Jahren zu beobachtende zunehmende internationale Verflechtung der Geld- und Kapitalmärkte wiederum eine Beschränkung der binnenwirtschaftlichen Autonomie der Bundesbank mit sich bringt, die bald in eine dritte, wieder mehr autoritär orientierte Phase der Geldpolitik einmünden könnte. Der dritte Themenbereich beschäftigt sich mit Problemen der laufenden Gestaltung der Geld- und Finanzpolitik. Helmut Geiger analysiert im ersten Beitrag über „Instrumentelle Aspekte der Geldpolitik" das Instrumentarium der Geldpolitik auf seine Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit. Da die Geldpolitik sich in den letzten Jahren durch die zunehmenden Stagflationären bzw. sogar schon rezessiven Tendenzen wie kaum ein anderer Politikbereich herausgefordert sah, kommt dieser Fragestellung für die Praxis eine zentrale Rolle zu. Helmut Geiger diskutiert in seinem Beitrag dabei nicht nur die klassischen Instrumente wie Rediskontkredit, Mindestreserve und Lombardkredit mit ihren spezifischen Vor- und Nachteilen, sondern er geht vor allem ausführlich auf die in den letzten Jahren neu entwickelten bzw. reaktivierten Instrumente der Geldpolitik (ζ. B. Wertpapierpensionsgeschäfte, Devisenswapgeschäfte) ein. Welches Gewicht nun den einzelnen geldpolitischen Instrumenten im praktischen Notenbankgeschäft zukommt, läßt sich erst im Rahmen der jeweiligen konzeptionellen Grundorientierung der monetären Politik entscheiden. Eine Gegenüberstellung der beiden monetären Grundkonzepte — antizyklische versus mittelfristig orientierte Geldpolitik — mit ihren jeweiligen Konsequenzen für den Instrumenteneinsatz bringt folglich
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auch die so notwendige klärende Standortbestimmung. Allerdings war die praktizierte Geldpolitik der Bundesbank in den letzten Jahren stets ein Kompromiß zwischen den beiden alternativen Konzepten. Das Pendel in der Diskussion über die Gestaltung der Geldpolitik schlägt nun beachtlich aus. Waren die Akzente im Beitrag von Helmut Geiger durch die praktischen Erfahrungen und Probleme gesetzt, so stehen im nachfolgenden Beitrag das theoretische Interesse und die wissenschaftliche Methode im Vordergrund. Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow versuchen in ihrem Beitrag „Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis" Anhaltspunkte für Einflußgrößen auf Kreditangebot und -nachfrage zu finden. Im Rahmen eines Modells werden unter Verwendung von Daten der Jahre 1974 bis 1981 eine gesamtwirtschaftliche Kreditangebots- und -nachfragefunktion geschätzt. Unter Berücksichtigung von Verzögerungen wird der Einfluß des Kreditzinses, einer exogen abgegrenzten Geldbasis, einzelner geldpolitischer Instrumente und der Bankverschuldung des öffentlichen Sektors untersucht. Die Schätzergebnisse legen — was für die Geldpolitik von besonderem Interesse ist — die Vermutung nahe, daß das Kreditvolumen binnen Monatsfrist mit geldpolitischen Aktionsparametern wie Diskontsatz und Mindestreservesatz nur schwer steuerbar ist, da kurzfristig offensichtlich Kreditnachfrageeffekte dominieren. Die anschließenden drei Aufsätze beschäftigen sich mit dem Zusammenspiel von Geld- und Finanzpolitik. Hans-Hermann Franche untersucht in seinem Beitrag „Konsistenzprobleme der Geld- und Finanzpolitik in den 70er Jahren". Er unterscheidet dabei Problem-, Konzept- und Systeminkonsistenzen. Eine Probleminkonsistenz ist insoweit zu diagnostizieren, als von keinem der politischen Entscheidungsträger das zentrale Problem, die schon zu Beginn der 70er Jahre deutlich erkennbare ausgeprägte Investitionsschwäche, hinreichend beachtet wurde. Die zu beobachtenden Konzeptinkonsistenzen, d.h. die Tatsache, daß der Geld-, Finanz- und Währungspolitik unterschiedliche theoretische Wirkungsvorstellungen zugrunde lagen, ist auf den Theoriedissens zwischen Keynesianern und Monetaristen zurückzuführen. Die These von der grundsätzlichen Systeminkonsistenz eines hohen Staatsanteils und einer aktiven Fiskal- und Geldpolitik wird vom Verfasser angesichts unserer gemischten Wirtschaftsordnung sowie der Art der anstehenden Wachstumsprobleme abgelehnt. Der Beitrag von Rolf Caesar und Karl-Heinrich Hansmeyer „Bundesbankpolitik und Staatsverschuldung" geht auf ein Problem ein, das als Beispiel für die oben angesprochene Konzeptinkonsistenz von Bundesbank- und Regierungspolitik angesehen werden kann. Bei ihrer Analyse des Beziéhungsgeflechts zwischen Geld- und Finanzpolitik werden die Wechselwirkungen
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zwischen Geldversorgung und Staatsverschuldung, die Einflüsse der Geldpolitik auf Umfang, Struktur und Konditionen der öffentlichen Schuld sowie die aus der Überschneidung der beiden Bereiche resultierenden Probleme auf der institutionellen, instrumentellen und der Zielebene diskutiert. Die Verfasser kommen zu dem Ergebnis, daß die zwischen Schulden- und Geldpolitik bestehenden Konfliktpotentiale durch die starke Zunahme der öffentlichen Verschuldung aufgebaut wurden. Sie müssen daher auch von der Finanzpolitik entschärft werden. Eine Veränderung der institutionellen Zuständigkeiten scheidet nach Meinung der Autoren aus, da das labile Gleichgewicht zwischen den Trägern der Geld- und Finanzpolitik keine Gewichtsverschiebung vertrage. Es sei ohnehin erstaunlich, welchen Belastungen es bisher schon'standgehalten habe. Dietrich Dickertmann kommt in seinem Beitrag „Können Bundesbankgewinne problemlos zur Deckung von Haushaltsdefiziten verwendet werden?" zu dem Ergebnis, daß das wichtigste Problem der in den letzten Jahren vollzogenen Gewinntransfers die mittelfristig zu erwartenden finanzpolitischen Implikationen sind und nicht die bisher in erster Linie diskutierten monetären Probleme. Die Gewinnausschüttung hat die notwendige Konsolidierung des Bundeshaushalts teilweise verhindert, zumindest aber hinausgeschoben, wodurch der finanzpolitische Handlungsspielraum zukünftiger Regierungen weiter eingeschränkt wird. Eine Analyse der Liquiditätseffekte bei Gewinnentstehung und -Verwendung zeigt, daß die Gewinnausschüttung nicht mit einer inflationären Politik gleichzusetzen ist. Mit Hilfe des geldpolitischen Instrumentariums kann eine unerwünschte Ausweitung des Geldumlaufs gegebenenfalls verhindert werden, wobei allerdings die mit einer derartigen Politik verbundenen Struktureffekte beachtet werden müssen. Es wäre verwunderlich, wenn die Geldpolitik der Bundesbank nicht auch kritische Stimmen hervorgerufen hätte. Kritik kam insbesondere von den Gewerkschaften. Allerdings wird dabei von ihnen keineswegs — wie Alois Pfeiffer in seinem Beitrag „Aspekte der Bundesbankpolitik aus gewerkschaftlicher Sicht" feststellt — die Autonomie der Bundesbank in Frage gestellt; vielmehr geht es nur um die Frage nach den wirtschaftspolitischen Zielprioritäten. Während die Zielpriorität der Deutschen Bundesbank mit dem Ziel, „die Währung zu sichern" gesetzlich eindeutig festgelegt ist, steht die Vollbeschäftigung für den D G B an der Spitze der wirtschaftspolitischen Ziele. Entsprechend dieser Zielpriorität hätten die deutschen Gewerkschaften in den letzten Jahren einer geldpolitischen Strategie des „freien Falles des D-Mark-Wechselkurses" statt der tatsächlich von der Bundesbank präferierten, mit außenwirtschaftlichen Zwängen begründeten Hochzinspolitik den Vorzug gegeben. Dabei ist man sich der Risiken auch dieser Strategie (in Form einer möglichen Spirale von Abwertung und Inflation) durchaus bewußt, doch stärker bewertet man die Risiken steigender Arbeitslosigkeit
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und der daraus sich ergebenden wachsenden gesellschaftlichen Instabilitäten. Ganz wesentlich erscheint aber abschließend der Hinweis, daß der Dissens über wirtschaftspolitische Zielprioritäten und geldpolitische Strategien nie die Kommunikationskanäle zwischen dem D G B und der Deutschen Bundesbank verschüttet hätte. Im vierten Thenfenbereich wird auf die Bedeutung der nationalen und internationalen Finanzmärkte für die Geldpolitik eingegangen. Der erste Beitrag widmet sich einem Problem, das mit der fortschreitenden Verkürzung der Laufzeiten auf dem Kapitalmarkt im Gefolge der anhaltenden Inflation aktuell wurde: „Die Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarkts Karl Häuser stellt zunächst die institutionellen Bedingungen dar, die zu der engen Beziehung zwischen diesen beiden Märkten führen. Die Abhängigkeit des Kapitalmarktes stört die Allokationsfunktion dieses Marktes, verstärkt die Konjunkturschwankungen und erschwert die Notenbankpolitik erheblich. Um zu gewährleisten, daß der Kapitalmarkt seine Aufgabe der Wertaufbewahrung und der optimalen Verwendung des Kapitals wieder erfüllen kann, rät der Verfasser zu einer Strategie der Abkoppelung vom Geldmarkt. Wichtig hierfür ist die Verfolgung einer konsequenten monetären Stabilitätspolitik, insbesondere aber auch eine Ausgestaltung der Staatsschuldenpolitik, die nicht — wie in den letzte^ Jahren — die Abhängigkeit verstärkt, sondern dazu beiträgt, daß sich der Kapitalmarktzins — etwa durch eine Öffnung des Zinsfächers bei Staatspapieren — unabhängig von den Schwankungen des Geldmarktes entwickeln kann und an die Grenzertragsrate des Kapitals herangeführt wird. Auch Dietmar Kath geht in seinem Beitrag „Die Zins- und Laufzeitstruktur der finanziellen Märkte in der Bundesrepublik Deutschland" auf die Interdependenz der finanziellen Märkte ein. Er stellt hierfür zunächst die verschiedenen Segmente des finanziellen Sektors in systematisierter Form dar und diskutiert die Gründe für das Agieren der einzelnen Marktteilnehmer. Er versucht, für die beiden Zinszyklen zwischen 1970 und 1982 typische Veränderungen der Zinsstruktur zu erfassen und vermögenstheoretisch zu interpretieren, wobei er zu dem Ergebnis kommt, daß konjunkturelle Schwankungen, geldpolitische Steuerungsmaßnahmen und institutionelle Änderungen und die Struktur und Entwicklung der Zinssätze insofern in systematischer Weise beeinflussen, als sich eine typische Renditestrukturkurve herausbildet. Über diese Bestimmungsfaktoren hinaus hat sich in den letzten Jahren gezeigt, daß die Beziehung zwischen Zins- und Laufzeitstruktur maßgeblich von der erwarteten Inflationsrate beeinflußt wird. Ebenso wie die Geldmarktabhängigkeit des Kapitalmarktes ist die geringe Eigenkapitalausstattung der Unternehmungen ein spezifisches Problem des deutschen Kapitalmarktes, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der Umlauf von Beteiligungspapieren im Vergleich zu Schuldverschreibungen außeror-
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dentlich niedrig ist. Die Frage einer anderweitigen Möglichkeit der Verbesserung der Eigenkapitalsituation der Unternehmer nimmt Alois Oberhauser in seinem Beitrag „Förderung unternehmensinterner Kapitalbildung" auf. Ausgehend von dem ungelösten Problem der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital wird versucht, eine neue Beteiligungsform zu entwickeln, der gegenüber die traditionellen Einwände von Gewerkschaften und Unternehmerseite nicht zutreffen. Es wird davon ausgegangen, daß die für Arbeitnehmer vorgesehenen Gewinnanteile zur Beteiligung am Eigenkapital des arbeitgebenden Unternehmens verwandt werden. Diese Kapitalbeteiligung wird nominell festgelegt und erfährt keine Wertveränderung, so daß das Bewertungsproblem der stillen Reserven vermieden wird. Das Arbeitnehmerkapital wird in Relation zum bisherigen Eigenkapital gesetzt und nimmt wie dieses an der Gewinnverwendung teil. Durch unternehmensübergreifende Sonderregelungen kann die Mitarbeiterkapitalbeteiligung gegen Vermögensverluste im Konkursfall gesichert werden. In den anschließenden vier Aufsätzen werden die Beziehungen zwischen nationalen und internationalen Finanzmärkten untersucht und erörtert, welche Bedeutung diese zunehmende Verflechtung für die Bundesbank und die inländischen Marktteilnehmer hat. In dem Beitrag von Ludwig Huber über „Internatio nalisierung des Bankgeschäfts und Auslandstöchter deutscher Banken" wird zunächst ein Überblick über die bisherige Entwicklung des Auslandsgeschäfts der deutschen Banken gegeben, wobei detailliert auf die Beweggründe und unternehmenspolitischen Notwendigkeiten des wachsenden Engagements auf den Auslandsmärkten eingegangen wird. Bei einer Ausdehnung des Geschäfts auf das Ausland ist für die Kreditinstitute die Suche nach der unternehmensstrategisch günstigsten Organisationsform von besonderer Bedeutung. Huber kommt zu dem Ergebnis, daß der Begriff „Bahnbrecher einer neuen integrierten Weltwirtschaftsordnung" zwar überzogen erscheinen mag, es jedoch nicht zu bestreiten sei, daß die Kreditwirtschaft einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu einer solchen Entwicklung leistet. Helmut Mayer stellt in seinem Beitrag „Die Bedeutung der OffshoreFinanzmärkte für die inländische Geldpolitik" zunächst die Auswirkungen einer erhöhten internationalen Kapitalmobilität auf den Spielraum der nationalen Geldpolitik dar. Er kommt dabei zu dem Schluß, daß sich auch unter einem System frei beweglicher Wechselkurse gewisse Zielkonflikte ergeben und die Geldpolitik durch die größere Beweglichkeit des Kapitals erschwert wird. Andererseits sei jedoch zu betonen, daß die Existenz von OffshoreMärkten unter bestimmten Umständen die nationalen wirtschaftspolitischen Optionen erweitert. Im zweiten Teil wird untersucht, welche Veränderungen sich durch die internationale Verflechtung auf Einsatz und Wirksamkeit des geldpolitischen Instrumentariums ergeben. So führen
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Instrumente, die den Banken im Inland einen Kostennachteil auferlegen, zu einer Abwanderung des inländischen Bankgeschäfts zu Offshore-Märkten, die nicht im Interesse der Zentralbankpolitik liegen kann. Dabei diskutiert der Verfasser die Nachteile, die sich aus der Existenz von Parallelmärkten für die Wirtschaftspolitik ergeben können und zeigt die quantitative Bedeutung dieses Problems für einige Länder auf. Auch Rüdiger Pohl kommt in seinem Beitrag „Zur Bedeutung de s internationalen Inflationsverbundes fur die Preisniveauentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland" zu der Ansicht, daß die Erwartung, ein System flexibler Wechselkurse könne die Bundesrepublik vor Inflationsimport schützen, sich als Illusion erwiesen habe. Er sieht insbesondere drei Sachverhalte, die die Hoffnung auf den Abschirmeffekt enttäuscht haben: die anomale Reaktion von Leistungsbilanzen, das Überschießen der Wechselkurse und die Divergenz der Inflationsraten. Wenn auch unbestritten ist, daß die Bundesrepublik weiterhin im internationalen Inflationsverbund steht, so zeigen die empirischen Daten doch, daß die Auslandskomponente im Vergleich zur heimischen Inflationskomponente relativ gering ist, was allein schon auf die Tatsache zurückzuführen ist, daß die Bundesrepublik gleichzeitig Inflation ins Ausland exportiert hat. Es hat daher den Anschein, daß die außenwirtschaftliche Verflechtung weniger eine direkte Übertragung von Inflation mit sich bringt als vielmehr in erheblichem Maße die Bedingungen erschwert, unter denen es möglich ist, die Inflation zu bekämpfen, ohne das Beschäftigungsziel zu gefährden. Im abschließenden Beitrag wird der Einfluß der internationalen Verflechtung auf die Zinsabhängigkeit zwischen in- und ausländischen Finanzmärkten untersucht. Härmen Lehment geht in seinem Aufsatz „Das Zinsniveau in einer offenen Wirtschaft: Geldpolitische und außenwirtschaftliche Einflüsse" von zwei Fragen aus: Erstens, welche Möglichkeiten zur Beeinflussung der Zinsentwicklung im eigenen Land hat eine Notenbank bei flexiblen Wechselkursen und enger internationaler Integration der Kapitalmärkte, und zweitens, welchen Einfluß hat ein Anstieg der Auslandszinsen auf die inländische Zins- und Konjunkturentwicklung. Lehment untersucht die Abhängigkeit des Realzinses und kommt zu dem Ergebnis, daß man bei Berücksichtigung von Preis- und Wechselkursänderungserwartungen nicht davon ausgehen kann, daß sich Zinsveränderungen im Ausland zwangsläufig und in gleicher Weise auf das inländische Zinsniveau übertragen. Lediglich unter bestimmten Annahmen — etwa den im traditionellen Mundell'schen Modell unterstellten engen Substitutionsbeziehungen zwischen den beteiligten Währungen — kommt es zu einer Angleichung der in- und ausländischen Zinsentwicklung. Umstritten ist dabei, wie die Notenbank eines Landes in einem derartigen Fall reagieren soll. Nach Meinung des Verfassers kann nicht davon ausgegangen werden, daß bei einem importierten Zinsanstieg eine
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zusätzliche Ausweitung der Geldmenge notwendig ist, da der außenwirtschaftlich induzierte Zinsanstieg in der Regel die Umlaufgeschwindigkeit erhöhen wird und damit bereits kompensatorisch wirkt. Die fünfte Gruppe von Beiträgen beschäftigt sich mit währungspolitischen Problemen. In den ersten beiden Beiträgen wird nach den Veränderungen der Weltwirtschaft und den gewandelten Rahmenbedingungen gefragt, die sich im Zuge der Entwicklung zum heutigen Multireservewährungssystem ergeben haben. Zwei weitere Beiträge untersuchen das Europäische Währungssystem, zum einen unter der Fragestellung, wie sich dieses System bewährt hat, zum anderen, welche weiteren Entwicklungsmöglichkeiten darin angelegt sind. Ein mehr theoretisch und ein mehr empirisch orientierter Beitrag zur Wechselkursproblematik bilden den Abschluß. Emil-Maria Ciaassen geht in seinem Beitrag „ Weltwirtschaftsentwicklung und Weltwährungssystem" davon aus, daß die gegenwärtige Weltwirtschaftslage durch vier Krisenfaktoren gekennzeichnet ist: die auf die beiden Ölschocks folgenden Rezessionen, die Verdoppelung der Inflationsrate seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen, das durch die amerikanische Geld- und Budgetpolitik ausgelöste hohe internationale Zinsniveau und die jüngste Insolvenz mehrerer Entwicklungsländer. Die Fragestellung ist vor allem darauf gerichtet, ob die Einführung flexibler Wechselkurse diese Fehlentwicklungen gefördert hat. Nach Ciaassen hätten die negativen Wirkungen der Ölpreiserhöhungen auf das Wirtschaftswachstum in einem System fester Wechselkurse nicht vermieden werden können. Für eine geringere Steigerung der Weltinflation spricht zwar das Disziplinierungsargument fester Wechselkurse; gerade dieses Argument gilt aber nicht für die Vereinigten Staaten. Auch die Übertragung der hohen realen Zinssätze der USA auf die übrigen Länder sieht Ciaassen als weitgehend unabhängig von der Gestaltung des Wechselkurssystems an. Im Zusammenhang mit der Insolvenzgefahr der hochverschuldeten Entwicklungsländer weist er auf die neue Rolle hin, in die der Weltwährungsfonds dadurch hineingewachsen ist, daß er als neutrale Institution eine gewisse Chance hat, in diesen Ländern eine auf den Abbau der Leistungsbilanzdefizite gerichtete Wirtschaftspolitik durchzusetzen. Wolfgang Schröder fragt in seinem Beitrag „Das Multireservewährungssystem: Veränderte Rahmenbedingungen für die Politik der Deutschen Bundesbank", welche Wirkungen sich aus der Entwicklung der D-Mark zur zweitwichtigsten internationalen Reserve- und Anlagewährung auf Zinsen und Wechselkurse sowie auf die Struktur und das Wachstum des Realeinkommens ergeben haben und wie sich damit der geldpolitische Spielraum der Deutschen Bundesbank verändert hat. Mit Hilfe einer portfoliotheoretischen Analyse wird zunächst abgeleitet, daß die Wirkung davon abhängt, ob die internationalen Präferenzen sich stärker auf zinstragende DM-Aktiva oder auf DM-Kasse verlagern. Sodann wird gezeigt, daß der
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Reservenaufbau wachstumsanregende Impulse ausgelöst und die Produktionsstruktur zu Lasten der Produktion international handelbarer Güter verändert hat. Das Dilemma der Geldpolitik in einem Multireservewährungssystem resultiert aus der Tatsache, daß die internationale Nachfrage nach eigener Währung in die geldpolitische Strategie mit einbezogen werden muß. Diese Nachfrage wird stark von der Politik anderer Notenbanken, insbesondere der des Federal Reserve Systems, beeinflußt, weil die D-Mark als Reservewährung in enger Substitutionsbeziehung zum US-Dollar steht. Norbert Kloten und Willi Gösele stellen in ihrem Beitrag „Der Fall EWS: Theoretische und empirische Aspekte" fest, daß das Europäische Währungssystem im Gegensatz zu den ursprünglichen Intentionen bisher eher desintegrierend .gewirkt und den erwarteten Abbau der Divergenzen in den wirtschaftspolitischen Strategien und der wirtschaftlichen Entwicklung nicht erreicht habe. Auch die Hoffnung, die Preissteigerungsraten in Ländern mit relativ hohen Inflationsraten durch den Stabilitätsdruck eines Festkurssystems zu dämpfen, hat sich nicht erfüllt.. Dies sei vor allem auf die hohe Zahl der Freiheitsgrade, die vorwiegend aus politischen Gründen im System belassen worden sind, zurückzuführen. Hierdurch verblieben den politischen Entscheidungsträgern in der Regel genügend Möglichkeiten, dem Stabilitätsdruck des Festkurssystems auszuweichen und den Zwang zu einer internen Stabilitätspolitik zu unterlaufen. Eine Reform des Systems in Richtung auf eine Verrringerung der Freiheitsgrade scheiterte bisher am Widerstand einzelner Länder. Die Autoren halten eine Weiterentwicklung des EWS so lange für wenig sinnvoll, als nicht eine Harmonisierung der Wirtschaftspolitiken erreicht werde. Manfred Hieber und Norbert Kleinhey er analysieren in ihrem Beitrag die „Optionen für eine Weiterentwicklung des Europäischen Währungssystems (EWS)". Sie unterscheiden dabei zwei Gruppen von Lösungsansätzen. Die Vereinbarungslösungen setzen in der Praxis voraus, daß sich die Zentralbanken auf ein gemeinsames Stabilitätsziel verständigen können. Die Leitwährungslösungen hingegen schrieben einer Währung die stabilitätspolitische Rolle zu, wobei die übrigen Zentralbanken die Wechselkurse zur Leitwährung pflegen müssen. Dabei könne sowohl eine nationale Währung als auch die Gemeinschaftswährung, ζ. B. ECU, die Leitwährungsfunktion übernehmen. In Anlehnung an das System der Goldkernwährung untersuchen die Verfasser das Modell einer ECU-Kernwährungslösung, wobei die ECU als europäische Währung selbst nicht Umlaufswährung ist, sondern nur als Zahlungsmittel zwischen Zentralbanken fungiert. Dieser Lösungsansatz überträgt die stabilitätspolitische Kompetenz auf eine föderalistisch geführte europäische Zentralbank, und die einzelnen nationalen Zentralbanken, die bestimmte Deckungsquoten ihrer Geldbestände in Relation zu ihren ECUGuthaben einbehalten müssen, sind so an das gemeinschaftliche Stabilitäts-
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ziel gebunden. Nach Ansicht der Verfasser wäre dies ein praktikabler Weg zur Erreichung des Ziels einer stabilen Währungszone in Europa. Zwei Beiträge zur Wechselkursproblematik, von denen der erste stärker an die Entwicklung der Theorie anschließt, der zweite mehr von der tatsächlichen Entwicklung der Wechselkurse ausgeht, bilden den Abschluß der währungspolitischen Beiträge. Wolfgang File überschreibt seinen Aufsatz „Monetäre Wechselkurstheorie, makroökonomische Portfoliotheorie und wechselkursorientierte Geldpolitik". Er zeichnet die Entwicklung der Wechselkurstheorie von der monetären Theorie über ihre Erweiterung zum assetmarket-Ansatz bis zur makroökonomischen Portfoliotheorie nach und leitet ab, welche Konsequenzen sich daraus für die Geldpolitik ergeben. File versucht dies zu konkretisieren, indem er Kursänderungen in der Politik der Deutschen Bundesbank mit Weiterentwicklungen der Wechselkurstheorie in Zusammenhang bringt. Nach der monetären Zahlungsbilanztheorie sind Korrekturen des Angebots der nationalen Währung das geeignete Instrument zur Beseitigung von Devisenmarktungleichgewichten. File meint, daß die weitgehende Vernachlässigung außenwirtschaftlicher Entwicklungen in der Orientierung der Deutschen Bundesbank bis 1980 im Einklang mit dieser Theorie stünde. Die stärker außenwirtschaftliche Orientierung ab Februar 1981 folgt nach File's Auffassung der Handlungsanweisung, die sich aus der Erweiterung des monetären Ansatzes der Wechselkurstheorie zum assetmarket-approach ergibt. Die Weiterarbeit am asset-market-approach führte zur makroökonomischen Portfoliotheorie, aus der sich für die praktische Politik ableiten läßt, daß die strikte Orientierung der Geldpolitik an binnenwirtschaftlichen Zielstellungen längerfristig auch dem Ziel der Außenwertstabilisierung besser diene als eine unmittelbar wechselkursorientierte Politik. Pascal Bridel und Kurt Schiltknecht gehen in ihrem Beitrag „DevisenmarktInterventionen als Mittel der Wechselkursstabilisierung" davon aus, daß sich die Wechselkursschwankungen nach dem Zusammenbruch des Systems von Bretton-Woods über alle Erwartungen hinaus verstärkt haben. Zahlreiche Notenbanken haben versucht, die Kursschwankungen durch Devisenmarktinterventionen zu dämpfen, wobei ein solches Vorgehen nach wie vor umstritten ist. In diesem Zusammenhang wurden drei Fragen diskutiert: Wie schädlich sind Wechselkursschwankungen? Ist der Devisenmarkt effizient? Läßt sich der Wechselkurs genau steuern? Bridel und Schiltknecht stellen fest, daß die Schädlichkeit großer Kursausschläge nicht zu bestreiten sei, da insbesondere die durch Wechselkursschwankungen verursachte große Varianz der relativen Preise zu falschen Inflationserwartungen und damit zu einer Verstärkung der realen Schwankungen führen kann. Kritisch werden die Ergebnisse der Markteffizienzstudien beurteilt, da eine korrekte Effizienzuntersuchung die Kenntnis des „richtigen" Gleichgewichtskurses vor-
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aussetzen würde. Ein Fragezeichen setzen die Autoren hinter die Möglichkeit, den Wechselkurs durch Devisenmarktinterventionen kurzfristig steuern zu können. Sie empfehlen als wirkungsvolle Alternative zu Interventionen eine konsequente, mittelfristig konzipierte Geld- und Fiskalpolitik. Der Überblick über die in dieser Festgabe gesammelten Beiträge läßt die Entwicklung deutlich werden, die sich seit der Errichtung der Deutschen Bundesbank im Jahre 1957 in der Währungs- und Geldordnung, in der Konzeption der geldpolitischen Strategien, im Einsatz des geldpolitischen Instrumentariums, auf den nationalen und internationalen Märkten sowie in der Währungspolitik vollzogen hat. Die Deutsche Bundesbank hat diese Wandlungen nicht nur mitvollzogen, sondern in Anpassung an die veränderten Wirtschaftsbedingungen aktiv mitgestaltet. Die Entwicklung der Weltwährungsordnung zu einem Multireservewährungssystem, in dessen Rahmen die D-Mark nach dem Dollar die wichtigste Anlage- und Reservewährung geworden ist, und die fortschreitende Integration der internationalen Geld- und Kapitalmärkte stellen unsere Notenbank in der gegenwärtigen Situation weltweiter Rezession vor neue schwierige Aufgabe. Wir wünschen der Deutschen Bundesbank, daß sie diese ebenso meistern möge wie die Aufgaben, mit denen sie in den vergangenen 25 Jahren immer wieder von neuem konfrontiert war. Im November 1982 Werner Ehrlicher, Freiburg Diethard B. Simmert, Bonn
I. Die Währungs- und Geldordnung
Forces that Drive International Monetary Evolution By Henry C. Wallich, Washington Frequent change seems to have been the norm of the international monetary system since World War I I and also earlier. The institutions, rules, and processes that make up the system have been modified, sometimes discontinuously, more often through gradual evolution. The elements involved in this process, such as the exchange-rate regime, liquidity, reserve assets, the I M F , have often been examined. In this paper I intend to focus less on the particular nature of these changes and more on the forces that seem to have driven the process. Recognizing that in economics everything interacts with everything else, I believe that a useful grouping of the influences can be made by distinguishing theories, experiences, and market forces that have helped shape the international monetary system (IMS). The role of theory would be indicated by specification of the economic analysis underlying particular reforms and other developments, beginning with the Bretton Woods system. Experience would represent the historic factors that influenced both theorists and men of affairs, usually in government, in their choice of action or inaction on monetary reform. Market factors, or more broadly the state of the world, would denote forces that impinged on the IMS often without being directly related to monetary affairs. Naturally, this classification is subject to the usual gaps and overlaps that beset such endeavors. The need to generalize when attempting a short treatment of a broad subject may justify the procedure. Much of the change in the IMS has tended to occur through government action. From time to time, rules and institutions have been the subject of reform. Additionally, government action has affected the IMS and its functioning by fiscal, monetary and other policies that have impacted indirectly, and often adversely. Of the actions directed specifically at reform of the IMS, some have been guided primarily by experience, as I believe the Bretton Woods structure was. In other instances, theory may have been the chief guide, as, for instance, in the creation of the SDR and perhaps the Jamaica agreement. Market forces have persistently tended to modify the system. The role that the dollar acquired under the Bretton Woods system is an example. The growth of international bank lending on liquidity is another such instance.
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I. The Bretton Woods System The Bretton Woods system is my first exhibit. Both as to purposes and structure it was heavily influenced by experience. As regards purposes, from the U. S. point of view its principal aim was to guard against a repetition of the twin evils in the international financial field during the 1930's: competitive depreciation and discriminatory foreign-exchange control. The United States had suffered from both at the hands of its trade partners. Particularly foreign-exchange control was felt to have a much more widespread and invidious effect than might be deduced from the degree of freedom enjoyed by many of the major currencies. This seemed to follow from the practice of several countries which imposed the distasteful job of maintaining controls to their own trade partners, thereby deriving the „benefits" without suffering many of the costs. From the British point of view, the dominant experience was that of the overvaluation of the pound during the 1920's and the beneficial exchange-rate flexibility protecting an expansionary domestic policy during the 1930's. British insistence on some degree of flexibility in the Bretton Woods structure served to mitigate the rigor demanded by the American side. In neither view were floating rates a viable alternative. This, too, must be read as a lesson of experience. No doubt it was also supported by contemporary theory, but prior to the 1950's there was little discussion at a theoretical level of the pros and cons of fixed versus floating rates. Experience also determined the form that was given to the IMF's creditgranting function. The arrangements drew heavily on the experience of the U. S. Treasury with loans made by the Exchange Stabilization Fund after 1934. These had taken the form of reciprocal currency „purchases." The foreign country received the dollars it needed. The United States received, instead of one of the usual forms of debt instruments, the foreign currency that it did not need. The peculiar structure of the operation arose out of the statutes of the Exchange Stabilization Fund, which limited it to currency purchases. The formal structure of its loan operations thus differed from those of central banks, which pioneered exchange stabilization loans during the 1920's. The currency-purchase technique was incorporated into the International Monetary Fund, in lieu of the much simpler structure of a clearing union as proposed by Keynes . The U. S. technique had the advantage of providing an automatic limitation on the aggregate amount that would be drawn on the United States — the U. S. dollar holdings of the Fund. It also satisfied the Treasury's desire to minimize the role of central banks in this mechanism, who could have monetized drawings on their respective contribution. This penchant for making the U. S. contribution a Treasury and budgetary affair
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was to create problems many years later in accommodating quota increases within U. S. budget limitations. A l l things considered, the Bretton Woods system must be viewed as a modified gold standard, with some exchange-rate flexibility and substantial credit facilities added. It flowed predominantly from the lessons of experience, positive and negative, and could hardly be considered as a new or intellectually independent form of international monetary system.
II. Post-Bretton Woods Evolution The Bretton Woods system soon began to evolve in various dimensions, even though the I M F remained relatively inactive for a number of years. Market forces were principally responsible, if in that concept we include forces operating on government as well as on the private sector. The Bretton Woods system had been set up as a symmetrical system, with the dollar seemingly assigned no other role than any other currency, except for the magnitude of the U.S. quota. Of course, the unrealism of that assumption was well understood and soon began to make itself felt. As world trade and investment expanded, the dollar increasingly was the principal currency, for trade, investment, and for private and official reserves. The dollar component in the gold exchange standard increased as gold production lagged behind reserve needs. Non-U. S. central banks met their obligation to maintain a stable currency by operating in dollars, which was cheaper and more convenient than gold shipments. The United States met the same obligation by receiving and accepting gold. The benefits, under fixed rates, of using a single key currency, through economies of scale and otherwise, became increasingly apparent. They remained so even after the dollar ceased to be the only fully convertible currency. These developments introduced a severe asymmetry into the system. The United States was largely exempt from balance-of-payments discipline, being able to finance deficits by issuing its own liabilities. By the same token, however, the United States was unable to change its exchange rate without the agreement of other countries. Any change in the dollar price of gold could have been matched by other countries, leaving the dollar exchange rate unchanged. The Triffin dilemma became visible: continued U.S. deficits would reduce the gold cover of the dollar; an ending of the deficits would deprive the world of a major source of international liquidity. A t the same time, the whole exchange-rate system rigidified. Rate changes ceased to be readily viable and became major political issues. In this regard, the system seemed to move back towards the gold standard concept of
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irrevocably fixed rates. These developments differed considerably from what had been foreseen or intended. One must ascribe them to the working of market forces in the broad sense, and somewhat contrary to the theoretical concept.
I I I . The SDR Economic theorizing enters as a propelling factor with the discussion, during the early 1960's, of a threatening liquidity shortage. Perpetual U. S. deficits as a source of liquidity to the rest of the world were regarded with the gravest of misgiving, including by the United States. A new form of liquidity creation, therefore, seemed to be needed. The SDR was very much a creature of economic theory. It would allow creation of the right amount of international liquidity — enough to avoid excessive striving for surpluses to build up reserves, but not so much as to contribute to inflation through excessive international demand and consequent domestic money creation. The approach implies a linkage between international liquidity and domestic money creation, of the kind present in the classical gold-standard mechanism. It also implies a conception of the I M F as an incipient world central bank, influencing national money creation through control of international liquidity. It is not clear how far the negotiators and the legislators passing the First Amendment of the I M F Articles of Agreement were aware of or in accord with this. The SDR itself was kept as far away from market influences as possible. Its interest rate was artificial, its acceptability depended on agreement rather than market value, it could not enter the private sector, and its character as international money was compromised further by repurchase obligations. And, being issued in part a least as a free gift, it immediately became linked with proposals to employ it as an instrument of foreign aid, which did not increase its popularity with potential creditor countries. A l l in all, it met the familiar description of a camel as an animal designed by a committee, in this case a committee of theorists.
IV. Transition to Floating It is hard to argue that the transition to floating was brought about by anything but market forces. Past experience had little to contribute of a positive character. Episodes of floating during the early 1920's and early 1930's, followed as they were by strong efforts go get back to fixed rates, could hardly be rated as endorsements. The repeated float of the Canadian
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dollar, on the other hand, did seem to suggest that a country might prefer this form of flexibility to a fixed rate with occasional rate changes, and it also suggested that fluctuations would be moderate. This, however, could be attributed to the close relationship between the Canadian and U.S. economies. Theory, to be sure, had a great deal to say in favor of floating. Probably a majority of economist interested in the subject favored floating exchange rates. Floating rates were seen as an application of the universal priciple of price flexibility. They would provide a better adjustment mechanism than deflation and inflation under fixed rates. They would enable countries to conduct independent monetary and fiscal policies, would protect them against imported infation and deflation. They were expected to involve no bigger rate changes in the aggregate than the sum of discrete re- and devaluations under fixed rates. Purchasing-power parity was frequently mentioned as a guide to appropriate exchange rates. Theoretical argumentation nevertheless was not decisive in bringing about the transition to floating rates. A l l one may assume is that it made official thinking more receptive to floating when a fixed-rate system of the traditional kind became unviable and exchange control threatened as the only means of maintaining rate fixity. Official concern focused mostly on the danger of declines in the respective currencies. Where the prospect was for a rise, as in Germany, resistance to floating seems to have been less. This contrasts with attitudes in the early 1930's, when downward floating was seen as a means of gaining a competitive advantage. The new-found greater ability to conduct domestic expansionary policies, and greater fear of inflation, had reversed the direction of concern. Experience was influential also in pushing official attitudes away from exchange control as a possible means of dealing with a breakdown of fixed rates. The experience of the 1930s in this case was a wholesome lesson.
V. Experience Under Floating As floating became generalized, market forces began to shape it. Concerns that market participants and national economies would not be able to cope with substantial rate variability proved unfounded. This became apparent even as rate movements turned out to be much wider than had been anticipated. The degree of policy independence achieved by most countries proved disappointing. Transmission of shocks of various kinds turned out more severe than predicted. Purchasing-power parity as a guide to exchange-rate behavior revealed itself as far less reliable than one might have thought. The ability to forecast exchange rates on the basis of the standard determinants
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such as inflation, current account, and interest rates, turned out to be negligible. A belief took hold that exchange rates are determined in asset markets rather than in goods markets and, therefore, correspondingly volatile. The experience of floating can be expected to have a substantial impact on the evolution of the international monetary system. It was bound to lead to innovations in the way in which we think about and deal with liquidity, the optimal way of holding exchange reserves, the merits of regional exchangerate stabilization, and other issues. Some of these innovations have already begun to take shape. Others may be ahead.
VI. Diversification In the presence of widely fluctuating exchange rates, the risk of holding international reserves, official or private, can be reduced by diversification. A movement toward diversification of international assets (and also liabilities) was likely quite aside from any adverse expectations about the possible long-term trend of the dollar. That the diversification movement gained intensity at times when the dollar was declining is understandable. Under these conditions, one would have expected the SDR to provide prefabricated diversification of a sort attractive at least to official holders. One might also have thought that the IMF-issued SDR would be replicated in the private sector as a means of holding international cash balances and investments. Such developments have been very slow, however, if indeed they have been going forward at all. Despite the decision to make the SDR the main reserve asset of the system, very little progress in that direction has been made at the official level. A t the private level, the SDR was revealed itself as hard to handle in transfers among holders of SDR-denominated bank deposits or similar claims. Its attractiveness seems to have suffered also from the rigidity of its composition. Private holders of international balances apparently believe that they can achieve diversification suitable to their needs more easily by their own foreign-exchange operations. Market forces seem to have won out, so far, over expectations based on theory.
VII. Multi-Currency Reserve System At the official level, diversification of reserves points in the direction of a multi-currency reserve system. Such a system raises potential problems of currency instability. Movements, or expected movements, of particular reserve currencies may engender destabilizing switches of both official and private funds. This concern has led to ideas how official switching at least
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could be limited. But evidently it is widely believed that market forces are very powerful in this regard both at the official and at the private level and are likely to prevail. A multi-currency reserve system would be the opposite end of the spectrum from an SDR-based system. In a multi-currency reserve system, there is no obvious room for a world central bank controlling liquidity by the measured issuance of SDR. It is the polar opposite of what was thought to have been set in motion with the creation of the SDR. Market forces may have initiated a very major decision concerning the future of the international monetary system, pushing it in the direction of a multi-currency reserve system.
VIII. Liquidity This market-based development gains importance from the new meaning that floating has given to international liquidity. It is further enhanced by the great expansion in international bank lending. In a floating system in which countries hold several reserve currencies, liquidity tends to become openended. Monetary authorities can enlarge their reserves by buying them in the market. They need not even accept a corresponding depreciation of their currency if they choose their time carefully when their own currency is strong and they may wish to intervene in order to lean against the wind. Even where this opportunity is not available, central-bank reserves can readily be increased by borrowing from private banks. Indeed, the holding of large reserves in turn makes it easier for the borrower to borrow still more. The supply of international liquidity, therefore, in a gross sense, has become virtually open-ended, subject to creditworthiness. As for the demand for liquidity, one might have supposed that under a floating system — which, of course, applies only to a limited number of industrial countries — the demand for reserves would diminish. This seemingly has not been the case. The desire to support the currency in times of weakness, and the need to finance payments deficits especially of the oilshock variety, has perpetuated the demand for reserves under floating. Given past reasoning about the effect of very high international liquidity, this open-endedness of reserves would have to be considered extremely dangerous. Yet not many concerns of that sort are being voiced. The reason is that floating has unlinked international liquidity from domestic money creation. Countries do not need to acquire reserves and expand their money supply when their currencies are strong and in demand. Instead, they can simply allow their currencies to appreciate, albeit at some economic cost. The prevalence of money-supply targets reinforces the severance of international and domestic liquidity. Fully sterilized intervention still would make acquisi-
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tion of reserves compatible with full domestic control over the money supply. By the same token, however, it probably would not have very large or lasting effects on the exchange rate. Thus, high international liquidity may have impacts on exchange rates rather than on domestic money supply and inflation. Moreover, to the extent that monetary stability is protected by fully sterilized intervention, resource transfers are made to foreigners as reserves take the place of domestic credit in the assets of the banking system. Hence, while concern about international liquidity may be in abeyance at this time, there is no reason to ignore its effects even under floating and in the presence of domestic moneysupply targets. Control of liquidity, under present conditions, is largely in the hands of the market. So long as banks regard a country as creditworthy, it can increase its international purchasing power. When the banks slow down the flow of credit, the borrowing country must adjust. The decision over the choice between financing and adjustment, therefore, has also moved out of the rulebook of theory into the hands of the market.
IX. Substitution Account A n effort to obtain better control of international liquidity through the creation of a substitution account was undertaken but failed. A t a theoretical level, it reflected the desirability of stabilizing world liquidity by funding which was often referred to as the „dollar overhang" and simultaneously promoting the progress of the SDR to the center of the international monetary system. That, in turn, might have permitted better control over the future evolution of liquidity, although it is not quite clear how the open-endedness of the system under conditions of floating and readily available international bank credit would have been overcome in the absence of further measures. The proposal for a substitution account did not founder over issues of theory, however. It failed because the political will was lacking to overcome relatively moderate technical difficulties. They related, in the main, to the distribution of costs and burdens between the United States and dollarholding countries. It is plausible to conclude that the governments participating in the negotiations did not regard their experience with floating and with the creation of liquidity as sufficiently adverse to warrant even these minor sacrifices. Experience in this case seems to have won out over theoretical considerations. It might be an exaggeration to say that by this decision the world accepted a continuing drift toward a multi-reserve currency system deliberately and knowingly. But that may have been the import of the decision.
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X. The European Monetary System It is difficult to place the European Monetary System within the coordinates of theory, experience, and market forces. Fundamentally, it was a political act. At the theoretical level, the EMS is the concept of an optimum-currency area, which implies that closely integrated economies should maintain relatively stable exchange rates with each other. But the EMS seems to defy the theoretical proposition that countries with persistently different rates of inflation cannot long maintain a fixed exchange rate, and that they suffer continuous misallocation of resources from trying to do so. The market seems to document this very visibly at least as regards financial flows. Following a realignment of exchange rates, there is temporary confidence that the new rate level will be maintained for a while. Money then flows to the countries with the highest interest rates, usually those whose currencies previously had been under attack. Then, unless there has been a change in inflation expectations, the entire process will repeat itself. The experience of the EMS so far seems to contradict also the political expectation that creating a fait accompli with respect to fixed exchange rates will compel a convergence of economic policies that would perpetuate rate stability. The experience also suggests, however, that for temporary periods it is quite possible to fix exchange rates and maintain them with a moderate volume of intervention and only a very moderate commitment to supportive policies in the high- and low-inflation countries respectively. Presumably, this is because the fixing of a rate enlists the support of stabilizing expectations, at least temporarily. Speculation then becomes at least in part stabilizing, so long as the rate is expected to hold. This contrasts with exchange-market intervention under floating rates which „leans against the wind" but establishes no firm rate expectation in the market.
XI. Exchange-Market Intervention Exchange-market intervention has been a more or less continuous feature of the floating-rate system. The relative impact of economic theory, experience, and market forces are particularly visible in this field. Theory suggests that pure, i. e., fully sterilized, intervention must occur on a very large scale in order to have a significant and lasting effect on exchange rates in markets where assets possess some substitutability. Needed for effectiveness is a change in the currency composition of the public's asset holdings. The greater the substitutability of differently denominated assets, the less the effect of intervention. With growing diversification of official and private exchange holdings, substitutability must be assumed to be generally
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growing. It should be clear that this skeptical attitude refers to pure intervention, unsupported by any monetary-policy effects, announcement effects, and other expectation-building actions that frequently are regarded as part of intervention. Experience with intervention has been mixed. There have been episodes of success and episodes of failure. Even when massive intervention has failed to keep a rate up or down, it is never quite clear what would have happened absent the intervention. Where success can be claimed, it may be difficult to separate the effects of pure intervention from associated monetary policy and expectational effects. Practitioners who evaluate their own experience in the exchange market tend to ascribe to intervention more effectiveness than theorists do, perhaps because they observe the short-run impact of their operations. This suggests that very short-term impacts, of the daily smoothing variety, are likely to show more results than leaning against the wind of a longer term trend. Market forces predominantly seem to push in the direction of more rather than less intervention. One manifestation of such pressure is an occasional tendency toward disorder, or bandwagon effects. Another is the high volatility of exchange rates under floating with frequent reversals and transient rate changes that are large relative to longer run trends. Still another is the frequently expressed preference of market participants for an official presence. The motive for this desire no doubt runs all the way from guidance and reassurance to an opportunity to make money off the intervention authorities. Shifts in reserve currency preferences among monetary authorities, which may call for offsetting action, are another market force that on occasion may push toward intervention.
XII. Gold Theory, experience, and the market have all left their imprint on the role of gold in the postwar period. The great majority of economists probably is opposed to a gold standard. But this is as much a matter of judgment as of analysis. The main defects of the gold standard — control of money supply unrelated to economic conditions, gold production inadequate for longterm growth — are easily defined. But the choice depends on what one thinks of the alternative system of a paper standard managed by discretion or rule. Experience since World War I I has indicated that gold production is indeed inadequate to sustain even a noninflationary monetary expansion if the reserve role of gold is not to be supplemented by reserve currencies or SDRs. This supplementation, which dominated the Bretton Woods expe-
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rience, tends, of course, to nullify the alleged benefits of the gold standard. Experience has further made very plausible that any fixed rules introduced under a gold-standard scheme would be set aside by political action if pressures rose high enough. Experience has also suggested that the symmetrical expansion and contraction of gold-receiving and gold-losing countries is unlikely to materialize either side, although for different reasons. The market, finally, has indicated a much-increased private hoarding demand compared to earlier periods. Gold has become an investment vehicle far beyond the traditional gold-hoarding countries and social groups. Very wide price swings, and, on average, a large increase in the real price of gold have been further manifestations of this broadened market for gold. While price instability seems to be widely regarded as a further impediment to the functioning of a new gold standard, part of the market in which it mainly originates would probably disappear if the price of gold were fixed in a manner that carried credibility. The historic tendency toward an inadequate output of gold experienced so far has been confirmed by the action of producers. They have shown a clear tendency, partly because of regulation and partly reflecting profit maximization, to reduce output as the price of gold rises. Lower grade ores are employed at higher prices because producers or their governments must fear that some ores will remain forever unusable if the gold price should fall.
X I I I . Foreign Exchange Control Both theory and experience utterly condemn the kind of monetary arrangements that can best be described by the terms „exchange control" or „inconvertibility" — subjecting all foreign-exchange transactions to special license, a situation in which trade eventually has to be conducted via bilateral clearing balances. Such a system never existed on a worldwide basis and today does not exist outside the group of East-Bloc countries, but during the late 1930's and the early post-World War I I years, became widespread. Capital movements in particular were extremely difficult. In a sense, these arrangements owed their existence to market forces, although they could not have come about without government action. Few countries would voluntarily have chosen this route as a matter of principle. But under conditions of depression and trade imbalance, deficit countries found themselves tempted to impose bilateral clearings on their customers. In conditions of virtually total cessation of trade, as immediately after World War I I , it was often the only way to restart trade. The standard argument was „bilateral trade is better than no trade." The I M F and the European Clearing Union helped to put an end to these practices.
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Among types of international monetary systems, the gap between a fullfledged system of controls and any convertible system is far greater than that between two convertible systems with fixed and floating rates respectively. Viewed in that light, the principal achievement of Bretton Woods and the floating period has been to ensure a high degree of convertibility and to avoid the relapse into inconvertibility and bilateral clearings. Of course, this achievement is a matter of degree. Many developing countries maintain controls over both current account and capital movements. In not a few industrial countries there is control over capital movements a least for residents. Nevertheless, the predominant fact is convertibility of currencies in the market. But since the world has seen one financial ice age, it can never be sure that there will not be another. The forces that might bring this about, operating through the market and its impact on government decisions, are latently present during any period of financial stress. On the other hand, the evolution of markets also has generated some antidotes to the effective application of exchange control. Growth and integration of national financial centers into a closely knit worldwide network creates ways of avoidance or evasion. Controls no doubt would be circumvented increasingly, the more profitable it became to do so. The Eurocurrency markets, which create assets and liabilities in the major currencies outside the control of national autorities, are an example. When the fixed-rate system broke down in the early 1970's each country had to make the decision whether to try to maintain stability with respect to some other rate by introducing exchange control, or whether to accept floating. In the 1930's, countries confronted with this alternative in many cases opted for controle. In the 1970's, the preference of the industrial countries was almost universally to accept floating and forego controls. The latter decision was certainly in with theory, even though it may have been taken predominantly under the pressure of market forces.
XIV. The International Monetary Fund The theoretical conception of the I M F is that of an incipient world central bank. While its powers fall far short of those of national central banks within their domestic domain, some of the basic functions of the I M F parallel those of national central banks. The I M F is a supplier of international liquidity, through its quotas, and through SDR allocation. It contributes to balanced growth by surveilling the policies of members and by promoting the process of balance-of-payments
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adjustment. It oversees, in particular, the international monetary system and has to exercise firm surveillance over exchange-rate policies of members. These are, in a broad sense, central-banking functions and would become so increasingly if the powers were tightened up. Market forces, however, or more broadly the trend of world events, seem to push the I M F away from its incipient central-bank role and more toward that of a low-income lending institution. Exercise of the Fund's centralbanking role has undoubtedly been frustrating. The Fund cannot control international liquidity, as noted earlier, because liquidity today is virtually open-ended. Moreover, in a world where domestic liquidity is controlled by money-supply targets or equivalent central bank policies, the issuance of SDR does not influence domestic liquidity. It simply becomes an instrument for the transfer of resources from surplus countries to deficit countries. The Fund has lost control over exchange rates, to the extent that it ever possessed it, as a result of floating. Surveillance has proved a useful but not very powerful way of influencing national policies. A n urgent need for the Fund's service is felt only by countries that need an adjustment program in order to restore their viability and bankability. By supplying funds conditional on adherence to a Fund-designed program, the Fund, in effect, acts as a lender of last resort to these countries. This last role borders, of course, on a lending function pure and simple. Decisive for the distinction is the hardness of the conditions, the duration of the loans, and the ability of the borrowing country to repay and stand on its own feet. Because of conditionality, countries that have access to bank credit and other sources have tended to avoid going to the Fund. This negative selection process threatens to leave the I M F mainly with low-income LDCs as a clientele. The danger in this situation is that the Fund may acquire a permanent portfolio of subsidized loans. It would be very unfortunate if the Fund were to allow itself to slip into this role for which it is not intended and not at all well set up. The world does not need still another aid organization. It does need an institution that can play a role analogous to that of a lender of last resort and that some day could evolve to a world central bank. There is no way in which an institution like the Fund could be created today, now that the urgencies of the postwar period and the dominant power of the United States have disappeared. In its role as lender of last resort, the Fund from time to time has had an opportunity for important operations. There is no way in which the banks or national governments can impose conditionality on a sovereign borrower, but the I M F can. A growing role for surveillance of national policies also is open if the members are willing. The control of international liquidity may become meaningful again under different exchange-rate and monetary-policy regi-
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mes. Even though the evolution of the international monetary system has not gone in the direction of the Fund, the stable development of the system is difficult to visualize without the presence of the Fund.
XV. Summary and Conclusions This paper has attempted a review of the forces that have been driving the evolution of the international monetary system. Much of it reflects expression of opinion rather than presentation of evidence. I have grouped the principal types of impulses under the headlings of theory, experience, and market forces. The chief conclusion is that the role of market forces in shaping the system has always been considerable and is particularly dominant at the present time. Experience comes in second, theory third. This does not mean necessarily that theories turned out to be invalid, but that their influence was often outweighed. The dominance of market forces — the state of the world — is by no means to be viewed altogether negatively. Theory and experience have been misleading, or at least irrelevant, often to make reliance on market-determined evolution not unreasonable. In any event, it is important to understand the direction in which the system is trying to evolve since apparently the ability of governments and economists to guide that evolution is quite limited. Efforts at guidance may be best deployed if they are directed toward avoidance of particular defects, rather than at pre-figured patterns. Whether a system evolving in this manner deserves the name of a „system", or a „nonsystem", seems to me a semantic matter.
Politische Grenzen der Geldpolitik Von Guy Kirsch, Fribourg/Schweiz
I. Die Suche nach den politischen Grenzen der Geldpolitik nimmt zweckmäßigerweise ihren Ausgang mit der Frage, was über die Geldpolitik erreicht werden soll. Im Vergleich zu anderen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen ist der geldpolitische Auftrag, wie ihn das Gesetz der Deutschen Bundesbank vorschreibt, von großer Klarheit und materialer Eindeutigkeit: Es geht primär um die Sicherung der Währung und — soweit diese erste Aufgabe erfüllt ist — um die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Diese deutliche Zweiteilung und Hierarchisierung des Auftrages ergibt sich aus der Einsicht, daß ohne stabiles Geldwesen auf die Dauer jedes geordnete gesellschaftliche Zusammenleben, jede geordnete ökonomische Arbeitsteilung und Koordination unmöglich werden; also auch jede Wirtschaftspolitik Sinn und Inhalt verliert. Es ist demnach durchaus begründbar, wenn im Bewußtsein des Volkes die Deutsche Bundesbank vornehmlich als Hüterin der Währung, nicht aber als Erfüllungsgehilfe der Bundesregierung erscheint. Nun weist aber das Ziel der Geldwertsicherung einige Charakteristika auf, die für seine Analyse als Gegenstand der Politik von großer Bedeutung sind. Sie zu berücksichtigen ist wichtig, wenn man es unternimmt zu fragen, wie und bis zu welchem Punkt die Politik, genauer, der politische Entscheidungsprozeß, mit diesem Ziel umgehen kann. Mal mehr, mal weniger, mal eindeutig-bewußter, mal ahnend-diffuser wird von den Bürgern die Bedeutung einer stabilen Währung für den Bestand und das Funktionieren des Gemeinwesens und der Wirtschaft und für die Sicherheit des eigenen individuellen Lebensraumes eingesehen und — auf Befragen — anerkannt. Der Bezug eines stabilen Geldwesens zum Wohlstand der Nation und zur Wohlfahrt des Bürgers wird, wenn überhaupt, im Prinzip nicht in Frage gestellt. Nach den schmerzlichen Erfahrungen wiederholter Währungszusammenbrüche ist diese Einsicht in der Bundesrepublik, im Vergleich zu anderen Nationen, wie Umfragen bestätigen, besonders ausgeprägt.
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Man sollte also meinen, daß was von den betroffenen Bürgern und beteiligten Wählern so klar und einmütig als gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Wert erkannt und anerkannt zu werden scheint, auch mühelos im politischen Prozeß auf der Prioritätenliste der gesellschaftspolitischen Ziele nach oben rücken kann und dies nicht nur auf der Ebene der bloßen Deklamation, sondern auch und vor allem der tatsächlichen Aktion. Leider ist das nicht so; die Gründe hierfür liegen, wie gesagt, in wesentlichen Charakteristika des Zieles der Währungsstabilität selbst. So ist die Tatsache von entscheidender Bedeutung, daß die Geldwertstabilität die Merkmale von Kollektivgütern aufweist 1 , im wesentlichen also ein jeder von den Vorteilen eines stabilen Geldwesens profitieren kann, gleichgültig ob er zu seinem Bestand einen Beitrag leistet oder nicht. Die Folge ist, daß im Extrem jeder einzelne als einzelner, aber auch als Mitglied von Unternehmensverbänden, Gewerkschaften, Handwerksinnungen, öffentlichen Körperschaften usw. lauthals für die Stabilität des Geldwesens eintritt, sich aber nach Möglichkeit völlig stabilitätswidrig verhält. Dies ist nicht als Ausdruck von Scheinheiligkeit und Hinterlist zu werten, sondern als Ausdruck einer auf Eigennutz bedachten Rationalität 2 . Verhielte sich der einzelne nämlich stabilitätskonform, so würde er wohl die entsprechenden Verzichte auf die Realisierung anderweitiger Ziele hinnehmen müssen; er hätte also die Kosten seiner privaten Politik der Geldwertsicherung zu tragen, ohne daß die Vorteile seines Stabilitätsbeitrages für ihn ohne weiteres nennenswert zu Buch schlagen würden; vielmehr werden diese derart gering sein und derart weit über die Gesellschaft diffundieren, daß sie von ihm faktisch vernachlässigt werden können. Er muß realistischerweise damit rechnen, daß — verhalten sich andere nicht stabilitätskonform — er diesen gegenüber Verteilungsnachteile in Kauf nehmen muß, ohne daß für ihn(oder auch für sonst jemanden) sein Stabilitätsopfer einen merklichen Sinn, weil einen fühlbaren Vorteil bringen würde. Aus der Perspektive des einzelnen kann man es auch so sagen: Verhalten sich imExtrem alle stabilitätskonform, so wird die Währung durch das stabilitätswidrige Verhalten dieses einzelnen nicht merklich gefährdet; verhalten sich aber alle übrigen im Extrem stabilitätswidrig, so sind die Kosten, die der einzelne um der Stabilität der Währung willen zu tragen gewillt wäre, ein sinnloses Opfer, weil sein so geleisteter Stabilitätsbeitrag ohne nennenswerte Auswirkungen verpufft. Diese Logik der Kollektivgüter führt demnach zu dem Ergebnis, daß, was im Zweifel jeder will, nämlich ein stabiles Geldwesen, von allen nicht nur nicht 1
Vgl. R. A. Musgrave. P. B. Musgrave, L. Kullmer, Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Bd. 1, Tübingen 1975, S. 53 ff. 2 „Aus rationalen Gründen ist niemand an Geldwertstabilität als solcher interessiert." (£. Streiss/er, u. a., Zur Relativierung des Zieles der Geldwertstabilität, Göttingen 1976, S. 10).
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gefördert, sondern höchst aktiv gefährdet wird. Letzteres besonders auch deshalb, weil — wiederum aus der Perspektive des einzelnen — sein stabilitätswidriges Verhalten für ihn um so einträglicher und nutzbringender ist, je stabilitätsgerechter sich die übrigen Gesellschaftsmitglieder verhalten. Dies ist ein weiterer Grund, warum es im Interesse des einzelnen liegt, aus ehrlichem Herzen für die Währungsstabilität einzutreten und sie mit aller Kraft zu gefährden. Der einzelne hat ein ausgeprägtes Interesse am stabilitätskonformen Verhalten der anderen; dann zahlen sich seine Stabilitätsverstöße besonders aus. Allerdings ist diese Darstellung in einem Punkt zu relativieren: Das obige Argument steht und fällt damit, daß die negativen Folgen des stabilitätswidrigen Verhaltens denjenigen nichtfühlbar erreichen, der sich dessen schuldig gemacht hat. Dies für den einzelnen anzunehmen ist realistisch. Weniger realistisch ist es zu unterstellen, daß dies unbedingt auch für große 'collective actors', also für Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und für öffentliche Körperschaften gilt; in dem Maße wie diese — da sie wenig zahlreich und von verhältnismäßig großem Gewicht sind — von den negativen Auswirkungen ihrer eigenen Verstöße gegen die Geldwertstabilität, für sie fühlbar, in der Realisierung ihrer Ziele erreicht werden, sind sie unter Umständen eher zu stabilitätsgerechtem Verhalten zu bewegen. Es ist dies die Überlegung, die hinter dem Konzept der Konzertierten Aktion stand. Wie man weiß, ist das Unterfangen, auf freiwilliger Grundlage die wichtigsten 'collective actors' in die Pflicht für stabilitätsgerechtes Verhalten einzubinden, gescheitert. Den Gründen hierfür ist an dieser Stelle im einzelnen nicht nachzugehen; doch hat es sehr denAnschein, daß dieses Scheitern nicht als Argument gegen die obige Analyse ins Feld geführt werden kann. Denn, was formell auseinandergebrochen ist, hat bis in die jüngste Gegenwart informell weiterexistiert und funktioniert; wenigstens die Tarifpartner haben ein hohes Maß an Verantwortung für die Stabilität auch der Währung an denTag gelegt3. Dies für die Vergangenheit bis in die Gegenwart konstatieren zu können, sollte allerdings nicht zu dem Optimismus verleiten, daß dieser gesegnete Zustand auch in Zukunft von Dauer sein muß. Er wird dann zu Ende gehen, wenn für die Tarifpartner die jeweiligen Verteilungsvorteile eines stabilitätswidrigen Verhaltens größer sind oder scheinen als die negativen Konsequenzen des Stabilitätsverlustes für sie selbst. Dieser kritische Punkt dürfte um so eher erreicht sein, je stabilitätswidriger sich der Staat verhält und je eher und mehr es gelingt, die Arbeitslosen aus dem Solidaritätsverbund der Arbeitnehmer auszuscheiden; für beides gibt es Anzeichen. Wie auch immer, vorerst darf festgehalten werden, daß — abgesehen von besonderen Umständen — das Ziel der Währungsstabilität, auch wenn es von 3 Einschränkend hierzu vgl.: D. Dickertmann, A. Siedenberg, Geldpolitik, Wisu-Texte, 3. Aufl., Düsseldorf 1979, S. 122.
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allen Betroffenen und Beteiligten bejaht wird, doch von eben diesen durch deren Verhalten konstant gefährdet wird.
II. In die gleiche Richtung wirkt folgender Tatbestand: Die Stabilität des Geldwesens stellt einen, im Vergleich zu anderen Zielen, recht abstrakten Wert dar. Gemeint ist hiermit, daß stabile Währungsverhältnisse in ihrem Wert nur erkannt und anerkannt werden können, wenn der einzelne, seine eigene konkrete Situation des Augenblicks in der Reflexion transzendierend, sich Gedanken über den Zusammenhang von stabilem Geld und solidem Gemeinwesen, über den Konnex zwischen solidem Gemeinwesen und eigener Wohlfahrt macht. Während andere Anliegen sich dem einzelnen in ihrer Wertigkeit leicht erschließen, sie also leicht als seinem Eigeninteresse förderlich erkannt werden können, ist dies für die Währungsstabilität nicht so ohne weiteres der Fall 4 . Es ist also zu erwarten, daß — selbst wenn die Währungsstabilität nicht den oben skizzierten Kollektivgutcharakter aufweisen würde — ihr Wert, ihre Bedeutung für den Wohlstand der Nationen und die Wohlfahrt der Menschen, nach Maßgabe des defizienten Analysevermögens der Gesellschaftsmitglieder, systematisch unterschätzt wird. Das Ergebnis ist, daß einem nur analytisch erschließbaren, also irgendwie als unwirklich angesehenen Wert die Reverenz abstrakt-unverbindlicher Lippenbekenntnisse dargebracht wird, während die unmittelbar-konkreten Anliegen, jene, die aus dem unreflektierten Erleben des Laien hervorgehen, im Zweifel recht tatkräftig angestrebt werden: Hundert Mark mehr in der Lohntüte haben für den Durchschnittsbürger einen anderen Grad an Wirklichkeit als eine um ein Prozent reduzierte Inflationsrate; dies auch weil der Durchschnittsbürger in der Regel nicht die Inflation, also ein steigendes Preisniveau, sondern das Steigen der Preise einzelner Güter und Dienstleistungen erlebt und wahrnimmt. Dies ist wohl einer der Gründe, warum Regierungen, die eine Politik der Währungsstabilität nicht treiben können und wollen bzw. eine solche durch ihr eigenes Verhalten hintertreiben, den politischen Erfolg durch Preiskontrollen im Innern und Devisenbewirtschaftung nach außen suchen — und wenigstens auf Zeit finden. Das Frankreich der Gegenwart ist — übrigens hierin der eigenen Tradition folgend — ein sprechendes Beispiel. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu bemerken, daß — hat der Verfall des Geldwertes, die Inflation, erst einmal einen bestimmten Punkt erreicht — die Situation eintreten kann, in der das Hochschnellen des Preisindex im politischen Bewußtsein der Gesellschaftsmitglieder einen hohen Rea4
Vgl. G. Schmölders, Geldpolitik, 2. Aufl., Tübingen 1968, S. 393.
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litätsgrad annimmt: Die monatlichen, wöchentlichen oder gar täglichen Mißerfolgsmeldungen von der Geldwertfront stehen nicht mehr als Signal für etwas anderes, sondern werden zu einer eigenständigen Wirklichkeit, an der man sich ausrichtet, was auch immer die sonstigen Erfahrungen sein mögen. Es ist dies der Zeitpunkt, wo auf breiter Linie die Geldillusion 5 zusammenbricht und das geldpolitisch relevante Verhalten der Gesellschaftsmitglieder noch am ehesten in den sozialpsychologischen Kategorien einer Theorie der Panik erfaßt werden kann.
III. Dies ist selbstverständlich der Endpunkt einer versagenden Geldpolitik; ehe es soweit kommt, werden andere für die politische Rezeption des Zieles der Währungsstabilität wichtige Stadien durchlaufen. Wenn auch hier nicht alle wichtigen, geschweige denn alle Aspekte einer solchen Entwicklung auch nur erwähnt werden können, so ist doch auf folgendes hinzuweisen: Währungserschütterungen werden keineswegs von allem Anfang an als Unglück, als Negativa empfunden. Dies hat seinen Grund darin, daß die Kosten einer Währungsinstabilität sich nicht sofort bemerkbar machen, ihr aber— insbesondere am Anfang — durchaus positive Seiten abgewonnen werden können; es kommt hinzu, daß die Perzeption der Kosten und der Nutzen einer Inflation nach sozialer Gruppenzugehörigkeit verschieden schnell und unterschiedlich scharf erfolgt. Daß die Inflation, insbesondere während ihrer Anfangsstadien, nicht als Übel empfunden wird, liegt im wesentlich daran, daß sie eine Leichtigkeit in das Geschäftsleben hineinbringt, die sich höchst vorteilhaft abhebt gegenüber jener sonst üblichen Strenge, mit der Dispositionsfehler ihre Sanktion erfahren. Nicht selten ist in den ersten Anfängen einer Inflation eine Art leichten Kollektivrausches, ein Verlust des Kontaktes mit der Wirklichkeit zu konstatieren, eine — man könnte sagen — Ich-Aufblähung der Wirtschaftssubjekte, die ihren Niederschlag in Entscheidungen findet, welche — ist der Rausch erst mal zu Ende — völlig unverständlich erscheinen; der katatone Katzenjammer entspricht dann dem vorangegangenen Rausch 6 . Mag auf die Dauer die Währungsstabilität die Voraussetzung jeden Wachstums sein, so ist die Inflation in ihren Anfangsstadien die Ursache für den beaten Glauben an ein müheloses und unbegrenztes Wachstum. 5 Vgl. I.Fisher, The Money Illusion, New York 1928; ders., Feste Währung, Illusion und Wirklichkeit, 2. Aufl., Heidelberg 1948, S.24. 6 Vgl. F. A. von Hayek, Denationalisation of Money — The Argument Refined. An Analysis of the Theory and Practice of Concurrent Currencies, 2nd ed. London 1978, S. 92 f.
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Das Ergebnis ist, daß in den Anfängen einer Währungsgefährdung, also zu dem Zeitpunkt, wo diesen Anfängen noch verhältnismäßig leicht, weil relativ schmerzlos gewehrt werden könnte, die Notwendigkeit solcher Stabilisierungsmaßnahmen nicht gesehen wird. Wer zur Nüchternheit anhält, ist nicht unbedingt bei jenen populär, die in den Wonnen des ersten Rausches schwelgen. Ist dann allerdings der Geldwertverfall weiter fortgeschritten, wird die Gefährdung der Währung und damit auch die Bedrohlichkeit der Situation sichtbar, dann werden gegensteuernde Stabilitätsmaßnahmen wohl eher in ihrer Notwendigkeit erkannt; doch wird es politisch im Zweifel ungemein schwer sein, sie auch tatsächlich in die Tat umzusetzen, da sie — weil die inflationsbedingten Fehldispositionen inzwischen weite und tiefe Schäden hinterlassen haben — mit hohen Korrekturkosten, also mit großen Schmerzen verbunden sein werden. M i t einiger Vereinfachung läßt sich sagen, daß im politischen Raum eine Stabilitätspolitik dann, wenn sie von den Kosten her noch erträglich ist, nicht als notwendig erkannt wird, daß sie aber dann, wenn ihre Notwendigkeit nicht mehr geleugnet werden kann, wegen der nun hohen Kosten kaum noch möglich ist. Anders ausgedrückt: Ein Politiker, der sich im Zeitpunkt einer beginnenden leichten Inflation für Stabilitätsmaßnahmen einsetzen würde, findet kein Gehör; ein Politiker, der sich in einem späteren Zeitpunkt für Stabilitätsmaßnahmen einsetzt, kann wohl mit einem zustimmend nickenden Publikum rechnen, solange er es beim stabilitätspolitischen Gerede beläßt; er macht sich aber sofort unpopulär, wenn er eine entsprechende Politik in die Tat umsetzen will, und zwar dürfte dies um so mehr gelten, je weiter die Inflation fortgeschritten ist 7 ; es sei denn, es ist jener Endpunkt erreicht, wo der immanente oder schon vollzogene Währungszusammenbruch auch die inflationsbedingten Wohlstandspositionen unter sich begraben hat bzw. in Kürze begraben wird. Dieser hier vereinfacht dargestellte und sicher differenzierungsbedürftige Zusammenhang bedeutet, daß alles in allem das Ziel der Währungsstabilität im politischen Raum einer parlamentarischen Demokratie, wo Politiker auf Resonanz und Popularität angewiesen sind, ohne großen „political appeal" ist; mit der Folge, daß es vorerst um seine Realisierung recht schlecht bestellt ist. IV. Diese ohnehin trübe Perspektive wird noch um einiges trister, wenn man folgenden Aspekt in Rechnung setzt: Oben hieß es, die Anfänge einer Inflation brächten eine gewisse Leichtigkeit in das Geschäftsleben, wie sie unter solideren Währungsverhältnissen nicht üblich ist. Dies hat seinen Grund darin, daß die Geldillusion, d. h. die Vorstellung, daß eine Mark auch 7
Vgl. W. Ströbele. Inflation, München 1979, S. 175 f.
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in realer Kaufkraft über die Zeit hinweg eine Mark bleibt, recht ungleich unter den Wirtschaftssubjekten verteilt ist. Dabei gilt, daß jene, die als erste diese Illusion durchschauen, also entsprechend disponieren können, aus der Tatsache, daß andere noch weiter in dieser Illusion befangen sind, ihren Vorteil ziehen können. Dies bedeutet aber nichts anderes, als daß jene zulasten dieser ihren Anteil an der Verteilung des Sozialproduktes und/oder des Volksvermögens verbessern können. Jene, die sich als erste der Geldillusion entledigen, sind demnach in der Laj>e, ihre Wohlfahrt, ihr Einkommen bzw. ihr Vermögen nicht nur durch den Dienst an der Wohlfahrt der übrigen Wirtschaftssubjekte zu steigern, wie dies dem Konstruktionsprinzip der Marktwirtschaft entspricht; vielmehr können sie ihren Anteil an der Verteilung auch, vielleicht gar ausschließlich dadurch vergrößern, daß sie von der Verblendung der übrigen Marktteilnehmer profitieren. Hier dürfte einer der wichtigsten Gründe für die allgemeine Euphorie liegen, die für die Anfänge einer Inflation kennzeichnend ist: Jene, die die Geldillusion durchschaut haben, können ohne größere Schwierigkeiten aus ihrem Wissensvorsprung ihren Vorteil ziehen; jene aber, die in tumber Verblendung den Unterschied zwischen nominalem und realem Wachstum nicht zu sehen vermögen, freuen sich ihrerseits über Zuwächse, und seien diese nur nominal. Allerdings spricht einiges für die Annahme, daß mit der Zeit, d. h. mit fortschreitender Inflation, der Kreis jener, die aus dem Traum konstanter Kaufkraft des Geldes aufwachen, wächst. Dies bedeutet, daß es mit der Zeit für die Wissenden schwierig wird, hinreichend Unwissende zu finden, mit denen sie Geschäfte derart machen können, daß ihnen auch ohne eigene reale Leistung eine Gegenleistung zuwächst; entsprechend flaut die Euphorie ab, die Realität holt die Wirtschaftsaktoren allmählich ein. Wenn nun richtig ist, daß die Geldillusion nicht bei allen Wirtschaftssubjekten gleichzeitig und mit einem Schlag völlig zusammenbricht, wenn also damit gerechnet werden muß, daß das Verschwinden der Geldillusion ein Vorgang ist, der in der Regel beim einzelnen nach und nach vor sich geht und verschiedene individuelle Einkommens- und Ausgabenarten nacheinander erfaßt und — insbesondere — bei den Mitgliedern einzelner Gesellschaftsgruppen mit unterschiedlicher Schnelligkeit und Intensität einsetzt, dann ist dies für die politischen Realisierungsaussichten einer Stabilitätspolitik einigermaßen bedenklich. In der Tat: Jene, die als erste die Geldillusion aufgeben, also die Inflation als solche erkennen, haben wenigstens vorerst kein Interesse daran, daß der Geldwertverfall aufhört. Jene aber, die ein Opfer der Geldillusion und eine Beute der Sehenden sind, merken nichts, sehen bestenoder richtiger schlimmstenfalls nur, daß es nominal kräftig aufwärts geht. Entsprechend sehen sie sich — in Verkennung ihrer Interessenlage — auch nicht veranlaßt, eine stabilitätsorientierte Geldpolitik zu fordern und politisch zu honorieren.
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Berücksichtigt man jetzt noch die plausible Hypothese, daß jene, die die Geldillusion relativ früh durchschauen, identisch mit jenen sind, die als politisch Informiertere, interessenpolitisch Organisiertere, machtpolitisch Versiertere im staatlichen Entscheidungsprozeß stehen, so sinken die Aussichten für eine rechtzeitig, d. h. frühzeitig einsetzende Stabilitätspolitik noch weiter. In einer Situation, in der verhältnismäßig wenige zu Lasten relativ vieler von der Inflation profitieren, unterbleibt, was im Dienste der Geldwerterhaltung nötig wäre. Später allerdings, dann wenn die Geldillusion bei vielen verflogen ist, also verhältnismäßig viele kaum noch aus der Geldillusion relativ weniger einen nennenswerten Verteilungsvorteil ziehen können, sind — siehe oben — nicht selten die Korrekturen, die eine Stabilitätspolitik zu diesem späten Zeitpunkt erfordern würde, so schmerzlich, daß sich von daher wenig Hoffnung auf eine Durchsetzbarkeit von Stabilitätsmaßnahmen im politischen Entscheidungsprozeß rechtfertigen läßt. Dies um so weniger als der lang anhaltende Geldwertverfall das Vertrauen der Wirtschaftssubjekte in die Fähigkeit und die Durchsetzungskraft und -bereitschaft der für die Währungspolitik Verantwortlichen geschwächt haben dürfte. Dieses Vertrauen aber ist eine conditio sine qua non des stabilitätspolitischen Erfolges 8.
V. Angesichts dieses durchgehend negativen Befundes sollte es scheinen, daß in demokratischen Staaten das Ziel der Währungsstabilität kaum — wenn überhaupt — Realisierungschancen hat. Zusammenfassend: Wegen seines Kollektivgutcharakters kann es nicht der Verantwortung der individuellen Wirtschaftssubjekte anvertraut werden; im Gegensatz zu anderen Zielen, für die dies auch gilt, kann das Stabilitätsziel aber auch nicht dem politischdemokratischen Entscheidungsprozeß überantwortet werden. M i t anderen Worten: Im Gegensatz zu anderen Kollektivgütern kann das Ziel der Währungsstabilität nicht nur nicht dem einzelnen Gesellschaftsmitglied als Marktteilnehmer anvertraut werden, sondern auch nicht den im staatlichen Kollektiv als Wähler und Politiker agierenden Bürgern; die wichtigsten Gründe hierfür wurden oben skizziert. Sie lassen sich in jenen klassischlapidaren Formulierungen einfangen, die David Hume vor mehr als zweihundert Jahren niedergeschrieben hat: „ I t has been observ'd in treating of the passions, that men are mightily govern'd by the imagination, and proportion their affections more to the light, under which any object appears to them» than to its real and intrinsic value. What strikes upon them with a strong and lively idea commonly prevails above what lies in a more obscure light; and it * Vgl. Κ. Brunner. Alternative Erklärungen hartnäckiger Inflation und Anti-Inflationspolitik, in: A. Woll (Hrsg.), Inflation, Definition, Ursachen, Wirkungen und Bekämpfungsmöglichkeiten, München 1979, S. 129.
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must be a great superiority of value, that is able to compensate this advantage. Now as every thing, that is contiguous to us, either in space or time, strikes upon us with such an idea, it has a proportional effect on the will and passions, and commonly operates with more force than any object, that lies in a more distant and obscure light. Tho'we may be fully convinced, that the latter object excels the former, we are not able to regulate our actions by this judgment; but yield to the sollicitations of our passions, which always plead in favour of whatever is near and contiguous. This is the reason why men so often act in contradiction to their known interest; and in particular why they prefer any trivial advantage that is present, to the maintenance of order in society.. ." 9 . Diese altehrwürdige Textstelle wird hier nicht nur aus Pietät angeführt, vielmehr soll sie auch zu jenem weiteren Zitat hinführen, in dem David Hume die Antwort skizziert, mittels derer jene Schwäche des Menschen, die ihn nur das Nächstliegende berücksichtigen läßt, überwunden werden soll. Konkreter und unmittelbar auf unser Problem der Währungssicherung bezogen: Hume zeigt im folgenden die Logik einer Strategie, mit welcher unter Berücksichtigung, ja unter Nutzung der menschlichen Schwäche ein anderweitig nicht realisierbares Ziel, hier die Währungsstabilität, doch noch mit einiger Aussicht auf Erfolg angestrebt werden kann: „Tis evident such a remedy can never be effectual without correcting this propensity; and as 'tis impossible to change or correct any thing material in our nature, the utmost we can do is to change our circumstances and situation, and render the observance of the laws of justice (hier: the goal of monetary stability, G. K.) our nearest interest, and their violation our most remote. But this being impractical with respect to all mankind, it can only take place with respect to a few, whom we thus immediately interest in the execution of justice (hier: monetary stability, G. K.). These are the persons, whom we call civil magistrates, (hier: directors of the Deutsche Bundesbank, G. K.)..., who being indifferent persons to the greatest part of the state, have no interest, or a remote one, in any act of injustice (hier: in any act causing monetary instability, G. K.); and being satisfied with their present condition, and with their part in society, have an immediate interest, in every execution of justice (hier: in every stabilizing measure, G. K.), which is so necessary to the upholding of society. Here then is the origin of civil government (hier: of the autonomy of the Deutsche Bundesbank, G . K . ) . . . " 1 0 .
y D. Hume, A Treatise of Human Nature, Ed. L. A. Selby-Bigge, 2. Aufl., Oxford 1978, S. 534 f.).
Ebenda, S. 537.
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VI. So gesehen, erscheint die Autonomie der Bundesbank gleichzeitig als Ausdruck politischer Weisheit und als Ausfluß des Mißtrauens gegenüber der politischen Weisheit 11 . Sie erscheint als Ausfluß des Mißtrauens gegenüber der Einsichts- und Handlungsfähigkeit des Souveräns im tagtäglichen Geschäft der kollektiven Willensbildung, als Ausdruck des Mißtrauens gegenüber der Klugheit und Stärke der souveränen Bürger in der Unmittelbarkeit der Tagespolitik, das eigene wohlverstandene Eigeninteresse nicht zu vernachlässigen bzw. es gegen jene zu verteidigen, die noch aus dem Untergang des Gemeinwesens ihren Vorteil herauszuschinden in der Lage und bereit sind. Die Autonomie der Deutschen Bundesbank ist aber auch ein Indiz für die Weisheit und Klugheit des Souveräns. Paradoxerweise äußert sich diese Klugheit im Mißtrauen gegenüber sich selbst: Weil der Souverän sich nicht zutraut, daß er, d. h. die einzelnen Bürger — wenn ihm der Blick durch Entscheidungsgegenstände verstellt ist, die nur deshalb groß und bedeutend erscheinen, weil er im gegebenen Augenblick zu ihnen keine Distanz hat — die Währungsstabilität als primäres Ziel der gesellschaftlichen Ordnung erkennt, entzieht er sie dem Gerangel der politischen Auseinandersetzung. In einem Augenblick distanzierter Überlegung, losgelöst vom unmittelbaren Interessen· und Parteienstreit, in einem Augenblick also, wo die für die Gesellschaftsordnung existenzielle Notwendigkeit der Währungsstabilität erkannt werden konnte, hat der Souverän die Sicherung des Zieles aus seinen unsteten Händen abgegeben: Die Autonomie der Deutschen Bundesbank ist der Reflex einer institutionellen Verselbständigung eines wirtschaftspolitischen Zieles, das um des Bestandes der gesellschaftlichen Ordnung willen — wie die distanzierte Überlegung zeigt — unabdingbar ist, und das im Prozeß der politischen Entscheidungsfindung keine Realisierungschancen hat. Unabhängig von allen anderen denkbaren Gründen, die zugunsten der These, die Unabhängigkeit der Bundesbank habe die Qualität einer Verfassungsnorm, angeführt und an dieser Stelle nicht erörtert werden können, spricht für diese These die Tatsache, daß sich in ihrem Prinzip jenes weise Mißtrauen des Souveräns gegen sich selbst niedergeschlagen hat, das die Grundlage jeder Verfassung ist. Die hin und wieder in ihrer demokratischen Legitimation angezweifelte Bundesbankautonomie ist hier der Unabhängigkeit der Rechtsprechung vergleichbar. Wie diese dient die Unabhängigkeit der Bundesbank der Verwirk11 Vgl. G.Kirsch, Die politische Realisierbarkeit gesellschaftspolitischer Ziele — ein Beitrag der ökonomischen Theorie der Politik, in: B. Kuelp, H. D. Haas (Hrsg.), Soziale Probleme der modernen Industriegesellschaft, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N. F., Bd. 92/1, Berlin 1977, S. 900.
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lichung eines Zieles, dessen Realisierung für den Bestand und das Funktionieren des Gemeinwesens existenznotwendig ist, das aber mangels „political appeal" im politischen Willensbildungsprozeß mit größter Wahrscheinlichkeit unter die Räder kommen wird. In der Tat: In dem einen Fall handelt es sich um die unparteiische, also machtunabhängige Anwendung und Durchsetzung des Rechts; David Humehat hierauf sein Argument ausgerichtet; in dem anderen Fall handelt es sich um die Stabilität der Währung, die nicht — gleichsam als ungewolltes negatives Kuppelprodukt der machtpolitischen Auseinandersetzung im Staat — zuschanden werden darf. Der Grund, weshalb der Staat, präziser der Souverän — gefangen in die tagtäglichen Auseinandersetzungen der politischen Willensbildung — nicht zum Hüter einmal der Rechtsprechung und zum anderen der Währungsstabilität gemacht werden kann, ist in beiden Fällen der gleiche: In Abhängigkeit vom gesellschaftlichen Kräftespiel, wie es sich über die Regeln der staatlichen Entscheidungsfindung zu einem politischen Willensausdruck verfestigt, ist in beiden Fällen der Staat nicht eine über den Partikularinteressen stehende Instanz, dem ohne Risiko die Judikatur bzw. die Währungsstabilität anvertraut werden kann; vielmehr ist er durchaus Partei und als solche begrenzt und borniert, wie es Hume für die normalen Bürger festgestellt hat. Konkreter: Es sind — bezogen auf die Rechtsprechung — Situationen und Konstellationen denkbar, in denen die jeweiligen Machthaber im Staat, ob demokratisch legitimiert oder nicht, ein Interesse daran haben können, daß das geltende Recht nicht angewandt wird. Dies muß nicht in persönlichprivatem Eigennutz seinen Grund haben, sondern mag durchaus mit dem Hinweis auf „übergeordnete" Interessen des Staates gerechtfertigt werden; man nennt das dann die Staatsräson. Die Unabhängigkeit der Rechtsprechung soll gerade sicherstellen, daß die Staatsräson eben nicht zum Zuge kommt; es ist dies eine Bedingung der Rechtsstaatlichkeit und somit auch eines geordneten Gemeinwesens. Analog mag die staatliche Wirtschaftspolitik den durchaus honorigen Grund etwa der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit anführen und selbst bereit sein, den Verfall des Geldwertes in einem mehr oder weniger großen Ausmaß im Hinblick auf die Erreichung dieses Zieles in Kauf zu nehmen. Die Autonomie der Bundesbank, also die institutionelle Verselbständigung des Zieles der Geldwertstabilität soll gewährleisten, daß dieses Ziel keinem, auch nicht dem durchaus vertretbaren Ziel der Vollbeschäftigung, geopfert wird. Insofern sind alle jene Appelle, Vorwürfe und Anwürfe, die Bundesbank möge, solle, müsse ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gerecht werden und — auch unter Hintanstellung des Ziels der Währungsstabilität — Beschäftigungspolitik treiben, wohl verständlich, aber wenig verständig: Gerade damit die Bundesbank sich gegenüber solchen Anforderungen taub stellen und unempfindlich sein kann, ist sie unabhängig. Dies schließt aus-
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drücklich nicht aus, daß die Bundesbank den Handlungsspielraum, der ihr nach der Erfüllung des Währungssicherungsauftrages bleiben mag, dazu nützt, die Politik der Bundesregierung zu unterstützen. Die Appelle an die Bundesbank, um anderer wirtschaftspolitischer Ziele willen die Währungssicherung, und sei es nur teilweise, aus dem Auge zu verlieren, sind ein Ausdruck jenes Mangels an Weisheit und Weitblick, gegenüber welchem die Väter des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank in realistischem Mißtrauen die Währungsstabilität glaubten schützen zu müssen.
VII. Ist aber einmal — wie dies in der Bundesrepublik der Fall ist — das Prinzip der Zentralbankautonomie akzeptiert, dann sind die politischen Grenzen der Geldpolitik, d. h. die Chancen der Währungssicherung, entscheidend erweitert. Dies heißt nicht, daß keine Grenzen mehr existieren. Selbstverständlich schlagen sich nach wie vor die Defizienzen in der Erkenntnis geld- und wirtschaftstheoretischer Zusammenhänge als Reduzierung der Erfolgschancen geldpolitischen Handelns nieder; auch versuchen nach wie vor die privaten Wirtschaftssubjekte und die öffentlichen Körperschaften, unter Nutzung von durchaus legalen Schlupflöchern, manchmal unter Beschreitung nicht so legaler Wege, die Stabilitätspolitik der Bundesbank zu unterlaufen bzw. zu umgehen. Hiervon soll an dieser Stelle nicht die Rede sein. Hingegen ist kurz auf eine Grenze einzugehen, die in der Diskussion über die Notenbank öfter angesprochen wird. Die Autonomie der Deutschen Bundesbank ist gesetzlich verankert. Wie man in der Diskussion, ob es sich bei dieser Unabhängigkeit um eine Verfassungsnorm handelt oder nicht, auch immer optiert, es bleibt die Tatsache, daß diese Autonomie das Ergebnis einer Konvention ist, also auch im Prinzip in einem mehr oder weniger aufwendigen Gesetzgebungsverfahren eingeschränkt oder gar abgeschafft werden kann. Und so wird denn auch nicht selten die Möglichkeit erörtert, daß — sollte die Stabilitätspolitik der Bundesbank mit zu hohen Kosten, d. h. mit zu hohen Zielrealisierungsverzichten bei Privaten und/oder dem staatlichen Aktor, etwa in Form von Arbeitslosigkeit und Unternehmenszusammenbrüchen, verbunden sein — sich die derart Betroffenen und Beeinträchtigten in einer politischen Koalition zusammenfinden, mit dem Ziel einer Aufhebung oder Begrenzung der Notenbankautonomie. Es ist richtig: Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank ist ein Artefakt, das Ergebnis einer im Gesetz kodifizierten gesellschaftlichen Übereinkunft. A u f den ersten Blick kann es also scheinen, daß was durch Übereinkunft entstanden ist, auch durch Übereinkunft abgeschafft werden kann. Wenn auch richtig ist, daß Konventionen revidiert werden können, so ist
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doch die Frage von entscheidender Bedeutung, wie leicht und wie wahrscheinlich solche Kursänderungen sind. Und hier erweist sich bei näherem Zusehen die Unabhängigkeit der Bundesbank als weit weniger gefährdet als dies auf den ersten Blick scheinen mag. Dies aus folgenden Gründen: Damit die Unabhängigkeit der Bundesbank eingeschränkt würde, wäre es erstens nötig, daß sich jene, die durch die Stabilitätspolitik in ihrer jeweiligen Zielrealisierung beeinträchtigt sind, zum gemeinsamen Vorgehen finden. Nun ist dies aber alles andere als a priori wahrscheinlich; ist es doch — worauf Hansmeyer und Mackscheidt mit gutem Grund hingewiesen haben — geradezu charakteristisch für die Politik der Bundesrepublik, daß „der Intention nach... ihre Instrumente so ausgewählt (sind), daß die Opfer ihrer Politik unerkennbar bleiben. Nutzen und Kosten ihrer Politik sind also gleichermaßen diffus, d. h. die Inzidenz ihrer Maßnahmen ist nur in Grenzfallen nachweisbar 12 . Es ist den beiden Autoren demnach zuzustimmen, wenn sie die Unabhängigkeit der Zentralbank nicht primär auf der formalen Ebene eines Gesetzes verankert sehen, sondern auch und in entscheidendem Ausmaß in der Diffusion ihrer Entscheidungsfolgen über das Gemeinwesen. Wohl ist in diesem Zusammenhang auf die Gefahr hinzuweisen, daß — weil die Inzidenz der Kosten der Stabilisierungspolitik nicht oder nur schwierig und selten nachgewiesen werden kann — unbewiesene und unbeweisbare Behauptungen, etwa daß die Last der Stabilitätspolitik einseitig die Arbeitnehmer oder einseitig die Arbeitgeber belastet, in die Welt gesetzt werden. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, daß dies zu einem Konsens unter den Betroffenen führt, gegen die Notenbankautonomie vorzugehen. Im Gegenteil: Gerade die Unbeweisbarkeit einseitiger Inzidenzbehauptungen dürfte — gleichfalls unbeweisbare — Gegenbehauptungen hervorrufen, und so gerade jenen Konsens unmöglich machen oder doch beträchtlich erschweren, der etwa Arbeitgeber, Arbeitnehmer und öffentliche Hand zur gemeinsamen Aktion gegen die Unabhängigkeit der Bundesbank vereinen würde. A u f geradezu paradoxe Art kommt der Stabilitätspolitik — ist die Unabhängigkeit der Notenbank erst einmal etabliert — die Polarität der gesellschaftlichen Interessengegensätze zugute, deren Opfer sie würde, wenn es keine autonome Währungsinstanz gäbe. Ein zweiter Grund trägt dazu bei, daß die Gefahr einer Revision des Prinzips der Bundesbankautonomie relativ gering ist. Oben hieß es, die Währungsstabilität sei im politisch-demokratischen Willensbildungsprozeß nicht gut aufgehoben, weil — zusätzlich zu anderen Gründen — ihre Bedeutung für den Wohlstand der Nation und die Wohlfahrt des einzelnen sich nur 12
Κ. H. Hansmeyer, K. Mackscheidt, Die Free-Rider-Position der Finanzpolitik, Notenbank und Staatsaktivität, in: D. Duwendag (Hrsg.), Macht und Ohnmacht der Bundesbank, Frankfurt/Main 1973, S. 138.
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der distanzierten Analyse erschließt, im Geschäft der täglichen politischen Auseinandersetzung aber leicht aus dem Blickfeld gerät. Es hat in der Tat den Anschein, daß oft die Währungsstabilität verletzt wird, nicht weil jemand dies will, sondern weil viele beim Verfolgen anderer Ziele destabilisierende Nebenwirkungen provozieren, die nicht nur nicht eigens gewollt, sondern nicht einmal als solche vorher bedacht und nachher erkannt werden. Währungen werden selten mit Absicht und in voller Kenntnis dessen, was vorgeht, zerstört, vielmehr verkommen sie, weil man sie über anderen Geschäften vernachlässigt hat. M i t anderen Worten: Währungsinstabilitäten werden weniger gemacht als daß sie geschehen. In dem Maße aber wie die Währungsstabilität durch Unachtsamkeit gefährdet ist, dem analytischen Verstand aber als großer Wert erscheint, droht ihr durch eine potentielle Abschaffung der Notenbankautonomie wenig Gefahr. Denn: In dem Augenblick, in dem die Unabhängigkeit der Bundesbank zum Thema der politischen Willensbildung würde, würde eo ipso die Währungsstabilität explizit zum politischen Thema. Damit aber würde diese auch insofern ausdrücklich ein Sujet für das analytische Räsonnement der Gesellschaftsmitglieder, als in Argument und Gegenargument, in Rede und Widerrede das Pro und Contra der Autonomie und damit auch der Währungsstabilität aufeinander treffen würden. Was auch heißt, daß sich dann Stimmen finden müßten, die ausgesprochen gegen die Stabilität der Währung argumentieren, die für den Geldwertverfall eintreten. Mag auch die Währungsstabilität aus den oben erwähnten Gründen im politischen Tagesgeschäft wenig populär sein, so bedeutet dies doch nicht, daß sich ein Politiker gefahrlos expressis verbis für ihre Verletzung stark machen kann. Der Grund hierfür ist in erster Linie in der von Hume beschworenen Tatsache zu sehen, daß für den Menschen handlungsentscheidend ist, was in hellem und deutlichem Licht, was nahe erscheint. Durch die Kontroverse über die Unabhängigkeit der Notenbank würde aber die Bedeutung der Währungsstabilität in hellem Licht, ihr Wert als von unmittelbarem Interesse für alle Gesellschaftsmitglieder erscheinen, mit der Folge, daß sie nicht einmal stillschweigend mit der gleichen Leichtigkeit wie ehedem verletzt werden könnte.
VIII. Wenn sich aus dem Gesagten auch ableiten läßt, daß einige Zuversicht erlaubt ist, daß die Unabhängigkeit der Bundesbank einem offenen und frontalen Angriff einer Koalition der Träger der Kosten der Stabilitätspolitik nicht ausgesetzt sein wird, also von daher die politischen Grenzen der Geldpolitik kaum eingeengt werden dürften, so zeichnet sich vor dem Hintergrund der obigen Darlegungen doch wenigstens die Möglichkeit von
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Versuchen ab, über subtilere, indirektere Methoden den Aktionsspielraum der Bundesbank, also deren Unabhängigkeit, also auch das Gewicht des politischen Zieles der Währungsstabilität zu schmälern. Eine dieser Methoden, in ihrer Gefahr für die Autonomie der Bundesbank oft erörtert, nämlich die personelle Besetzung des Direktoriums, ist — wenigstens bislang — ohne Erfolg geblieben. Vielmehr hat in der Vergangenheit jedes Direktorium, aus welcher politischen Kräftekonstellation es auch immer hervorgegangen sei, sich als Hüter der Währung erwiesen. Was mit dem Gesetz über die Deutsche Bundesbank angestrebt worden ist, nämlich ein im politischen Prozeß chancenarmes wirtschaftspolitisches Ziel institutionell zu verselbständigen, ist offenkundig in hohem Maße erreicht worden: Die Bundesbank ist in einem Maße zur Inkarnation des Zieles der Währungsstabilität geworden, daß sie Menschen — man möchte sagen: wer sie auch seien — zu Verteidigern eben dieses Zieles macht, sobald sie Teile dieser Institution geworden sind. Dies liegt wohl auch daran, daß ein Vertreter der Bundesbank sich wohl in dem Augenblick um jede über den Skandal des Tages reichende Resonanz bringen würde, wenn er das Ziel der Währungssicherung nicht verteidigte. Wie die Mitglieder jeder Institution trachten die Mitglieder der Organe der Bundesbank nach Resonanz und Einfluß. Ihre Resonanz und ihr Einfluß sind aber an die Verfolgung des Zieles der Währungsstabilität gebunden. Wie sagte doch schon David Hume: Es ist wichtig, die Umstände so zu gestalten, daß es wenigstens für einige nutzbringend ist, das Rechte zu tun, und wenigstens ohne Interesse, das Unrecht zu tun.
Die Unabhängigkeit der Bundesbank Theoretisch umstritten — praktisch bewährt Von Otmar Issing, Würzburg I. Konflikte mit der Regierung Die Bundesbank „ist bei der Ausübung der Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen, von Weisungen der Bundesregierung unabhängig". In lapidarer Kürze sichert § 12 Satz 2 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank deren funktionelle Unabhängigkeit, d. h. die prinzipielle Entscheidungsfreiheit gegenüber Bundesregierung (und Parlament) beim Einsatz des geldpolitischen Instrumentariums. Die Verpflichtung nach Satz 1 des gleichen Paragraphen, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen, wird durch den Hinweis „unter Wahrung ihrer Aufgabe" entsprechend relativiert. M i t der Inanspruchnahme der gesetzlich verbrieften Autonomie hat die Bundesbank in der Vergangenheit immer wieder den Unwillen der in Bonn Regierenden erregt; im übrigen war bereits die Vorgängerin, die Bank deutscher Länder, durch den damaligen Bundeskanzler Adenauer in seiner (deshalb) berühmten Rede vom 24.5.1956 wegen der kurz zuvor erfolgten Diskontsatzerhöhung unter ausdrücklichem Hinweis auf die „Souveränität" des Zentralbankrates heftig kritisiert worden. Nach verschiedenen, mitunter recht dramatischen Konflikten, flauten die Auseinandersetzungen nach 1973 deutlich ab 1 . Einen neuen „Höhepunkt" brachte die Kontroverse zwischen Bundeskanzler Schmidt und Bundesbankpräsident Pohl Anfang April 1981. Der „Zorn des Kanzlers" — so der Titel eines Zeitungsartikels 2 — galt auch diesmal dem restriktiven Kurs der Geldpolitik; eine neue Variante ergab sich durch die Einschaltung des (damaligen) französischen Ministerpräsidenten: „Unusual though it might appear, there can be little doubt that Herr Schmidt has recruited his French friends to help him fight his domestic battles." 3 1
Zu einer Chronologie (1960-1977) siehe: Rolf Caesar, Der Handlungsspielraum von Notenbanken, Baden-Baden 1981, S. 167 ff. 2 Von Wilhem Seuß, F.A.Z. vom 15.4.1981, S. 13. 3 Financial Times vom 15.4.1981, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln No. 36 vom 16. 4. 1982, S. 4.
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In einer Situation nachhaltig hoher Arbeitslosigkeit erscheinen Meinungsverschiedenheiten gerade zwischen einer sozialdemokratisch geführten Regierung und der Notenbank über die „richtige" Geldpolitik beinahe unvermeidlich, doch hat die allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage auch in anderen Ländern ähnliche Kontroversen provoziert. So sind etwa in den USA im Sommer 1982 hektische Aktivitäten zu beobachten, die darauf abzielen, die Unabhängigkeit des Federal Reserve Board deutlich einzuschränken 4 . Eine Verschärfung der Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik in naher Zukunft kann nicht ausgeschlossen werden 5 . Zur Erhöhung des Konfliktpotentials tragen die beiden folgenden Gründe bei. Zum einen wirkt sich — im Gegensatz zu früher — das hohe Zinsniveau, für das der Kanzler im erwähnten Konflikt die Bundesbank verantwortlich machte, spürbar auf die Finanzierung des Bundeshaushaltes aus6. Zum anderen hat die Bundesbank seit der Freigabe des Wechselkurses (mit Ausnahme der Mitgliedswährungen im Europäischen Wechselkursverbund bzw. Europäischen Währungssystem) nach Meinung ihrer Kritiker das Alibi der außenwirtschaftlich bedingten Ohnmacht verloren, wenngleich die Notenbank nicht müde wird, auf die nach wie vor bestehenden internationalen Abhängigkeiten hinzuweisen. Nach der Verabschiedung des Gesetzes äußerte damals die Bundesbank: „ . . . im ganzen muß man aber wohl davon ausgehen, daß Bundesregierung und Bundesbank im Einklang miteinander handeln und daß unvermeidliche Meinungsverschiedenheiten im Wege der Übereinkunft geschlichtet werden, so daß wirkliche Konfliktsfälle... selten sein werden" 7 Diese Erwartung hat sich nicht bestätigt. Aus der tatsächlichen Entwicklung lassen sich jedoch je nach Standpunkt ganz unterschiedliche Folgerungen ableiten. So könnte man einerseits die Häufigkeit der Konflikte als Ausdruck des Versagens der gesetzlichen Regelung werten, andererseits darin aber auch eine Bewährung der Unabhängigkeit sehen, indem die Bundesbank als „Hüterin der Währung" ihren Gesetzesauftrag unbeirrt verfolgt hat. Das Urteil der Wissenschaft in der Frage der Bundesbankautonomie war von Anfang an gespalten, ein Zustand, an dem sich wenig geändert hat; auch nach 25 Jahren beschäftigen sich immer wieder neue Arbeiten mit diesem Thema und kommen nach wie vor zu völlig kontroversen Ergebnissen. I n der 4
Siehe etwa den Bericht in der N.Z.Z., Fernausgabe, vom 23. 6.1982, S. 13. Hinzuweisen wäre in diesem Zusammenhang auch auf die heftigen Attacken gegen die Bundesbankpolitik auf dem Parteitag der SPD im April 1982 in München. Dazu auch: Wolfang Roth, Humane Wirtschaftspolitik, Köln 1982, S. 31 ff. und S. 140 ff. 6 Solange der Bund über die Abführung eines hohen Bundesbankgewinnes gewissermaßen an den hohen Zinsen „mitverdient", verliert dieser Aspekt allerdings erheblich an Bedeutung. 5
7
Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht für das Jahr 1957, S. 7.
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juristischen Literatur wird dabei von Zeit zu Zeit der Versuch erneuert, die Verfassungswidrigkeit der Unabhängigkeit nachzuweisen8. Ohne auf die rechtliche Problematik weiter einzugehen, läßt sich demgegenüber die herrschende Meinung folgendermaßen zusammenfassen: „Die aufgefundene beschränkte Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank von der Regierung ist verfassungsmäßig, aber nicht verfassungsgeboten... Die Selbstentmachtung der politischen Führung zugunsten der Währungsfachleute ist limitiert, verfassungsrechtlich legitimiert und durch den einfachen Gesetzgeber jederzeit widerruflich." 9 Dieser gesetzgeberische Spielraum gibt gerade wegen der kontroversen Auffassungen immer wieder Anlaß zu Diskussionen und Vorschlägen für eine Gesetzesänderung; letztere reichen von der verfassungspolitischen Absicherung der Unabhängigkeit 10 bis zu deren Beseitigung. Im folgenden werden die wichtigsten Argumente kurz diskutiert; dabei liegt das Schwergewicht bei den neueren Entwicklungen.
I I . Unabhängigkeit der Bundesbank Hindernis für eine effiziente Globalsteuerung? Das Postulat einer „Globalsteuerung aus einem Guß" läßt sich im Grunde nicht mit der Autonomie des Trägers der Geldpolitik als einer wichtigen Teil-Politik vereinbaren 11 . Gegner der Unabhängigkeit fordern daher bis in die Gegenwart (zumindest) die gesetzliche Verpflichtung der Bundesbank, die Ziele des Stabilitätsgesetzes gleichrangig zu verfolgen. In diesem Sinne heißt es etwa in den Beschlüssen der SPD auf dem Münchener Parteitag (April 1982): „Anknüpfend an ihre Beschlüsse zum Orientierungsrahmen 1985 fordern die Sozialdemokraten jetzt eine ernsthafte Prüfung der Frage, 8 So etwa kürzlich v. Bonin, für den „eine gesetzliche Regelung, die der Bundesbank die politische Autonomie von Regierung und Parlament gibt, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist." Konrad v. Bonin, Zentralbanken zwischen funktioneller Unabhängigkeit und politischer Autonomie, Baden-Baden 1979, S. 170. 9 Reiner Schmidt, Grundlagen und Grenzen der Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, in: Xenion, Festschrift für Pan. J. Zepos, hrsg. von E. von Caemmerer u. a., II. Band, Köln 1973, S.679. (Zur Beschränkung der Unabhängigkeit, ibid., S. 662 ff.). 10 So etwa Schmidt, a. a. O., S. 679. Pohl hat dazu vor kurzem erklärt: „Die Unabhängigkeit der Bundesbank hat nach meiner Überzeugung den Rang einer Verfassungsnorm gewonnen und wäre deshalb durch eine Gesetzesänderung mit einfacher Mehrheit wohl kaum zu beseitigen.44 Interview in der Wirtschaftswoche vom 30.7.1982, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln Nr. 69 vom 30.7.1982, S. 1 f. 11 Zur Rolle der Geldpolitik in einem konsistenten System der Globalsteuerung siehe: Joachim Klaus und Hans-Jürgen Falk, Geldpolitik und Globalsteuerung, Kredit und Kapital 1969, S. 160 ff.
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ob die Bundesbank gesetzlich auch auf die anderen drei Ziele des Stabilitätsund Wachstumsgesetzes verpflichtet werden kann." 1 2 In diesem Zusammenhang werden häufig Fehler der Geldpolitik hervorgehoben. So heißt es ζ. B. bei Ehrenberg: „ I n der Bundesrepublik hat selbst eine Kette eklatanter Fehlbeurteilungen der wirtschaftlichen Entwicklung durch die Bundesbank den Glauben der Öffentlichkeit an den »Frankfurter Aeropag' nicht zu erschüttern vermocht." 13 M i t den auf den folgenden angeführten „schwerwiegendsten Beispielen" (seit 1949) steht freilich die Bilanz der Bundesbank — im Vergleich zu anderen Institutionen — ausnehmend gut da, der harte Vorwurf wird damit kaum untermauert. Ganz in dieser Tradition fällt Roth über die seit der zweiten Ölpreiskrise verfolgte Geldpolitik sein Urteil: „Ich bin der festen Überzeugung, daß die Hochzinspolitik der Deutschen Bundesbank eines Tages einen ähnlichen Platz in der Abteilung ,Irrtümer der deutschen Wirtschaftsgeschichte' einnehmen wird, wie ihn die Brüningsche Notverordnungspolitik schon lange besitzt." 14 Die Meinungen der Wissenschaft über die Richtigkeit des Notenbankkurses der letzten Zeit sind gewiß keineswegs einheitlich 15 . Anders, als die Wendung „Hochzinspolitik der Deutschen Bundesbank" offensichtlich unterstellt, besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, daß die Notenbank den Kapitalmarktzins — um den es schließlich hauptsächlich geht — nicht steuern kann; alles in allem wird eine expansive Geldpolitik letztlich eher dazu beitragen, den Kapitalmarktzins zu erhöhen statt zu senken. Selbst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, expansiven Maßnahmen sonst nicht abgeneigt, schreibt dazu: „Sicherlich ist nicht zu bestreiten, daß unter normalen Bedingungen und innerhalb gewisser Grenzen ein geldpolitischer Druck auf die Geldmarktzinsen auch den Kapitalmarktzins nach unten zieht. Dieser Zusammenhang wird aber durchbrochen, wenn die Zinssenkung am Geldmarkt und die damit verbundene Geldmengenexpansion so stark werden, daß b.u den inländischen und ausländischen Kapitalmarktteilnehmern 12 Dokumente, SPD-Parteitag, Beschlüsse zur Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, Teil 1: Wirtschaft und Arbeitsplätze, Finanzen, 19.—23. April 1982, München, S.28. Im erwähnten „Orientierungsrahmen" fehlt in der entsprechenden Passage konsequenterweise das Wort „auch", denn gemeint ist wohl eine entsprechende Änderung von § 3 BbkG; über die Verpflichtung, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen (§ 12), ist die Bundesbank nämlich schon jetzt „auch" an die anderen Ziele des Stabilitätsgesetzes gebunden — aber eben mit der Einschränkung „unter Wahrung ihrer Aufgabe", d.h. im Konfliktfall hat die Sicherung der Währung Vorrang für die Geldpolitik. 13
Herbert Ehrenberg, Zwischen Marx und Markt, Frankfurt 1974, S. 31. Roth, a.a.O., S. 33. 15 Siehe dazu etwa: Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft, Wirtschaftspolitik bei defizitärer Leistungsbilanz, Februar 1981, S. 32 ff. 14
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das Vertrauen in den Binnen- und Außenwert der D-Mark beeinträchtigt wird. In einer solchen Situation führt die Senkung der Geldmarktzinsen sogar zu einer Erhöhung der Kapitalmarktzinsen." 16 Es sei hier dahingestellt, ob die zuletzt erwähnte Situation inzwischen nicht eher als der „Normalfall" anzusehen ist. Ein Blick in andere Länder bestätigt jedenfalls die These über den Zusammenhang zwischen Geldmengenexpansion und steigendem Kapitalmarktzins. So setzte etwa die neue französische Regierung ganz im Sinne „beschäftigungspolitischer Vorstellungen", wie sie auch in der Bundesrepublik vertreten werden, praktisch mit dem Amtsantritt auf Expansion der Gesamtnachfrage. Wegen der totalen Abhängigkeit der Banque de France ließ sich diese Absicht zunächst auch ohne Schwierigkeiten realisieren. Als Ergebnis dieser Politik stieg die Wachstumsrate der Geldmenge ( M 2 ) von 9,7% (1980) auf 12,3% (1981), der Kapitalmarktzins erhöhte sich in der gleichen Zeit von 13,7% auf 16,3% — und das trotz verschärfter Kontrollen des Kapitalexports 17 . In Verbindung mit der Unabhängigkeit der Notenbank ist die Frage der Fehler der Geldpolitik jedoch nur unter zwei Gesichtspunkten von Interesse. Einmal geht es um die falsche Priorität, die angeblich nach dem gegenwärtigen Gesetzesauftrag der Bundesbank die Beschäftigungslage hinter der Währungsstabilität zurücktreten läßt. Dieses Problem ist mittlerweile insofern „entschärft", als die „PA/V/z/w-Illusion", man könne Vollbeschäftigung auf Kosten der Geldwertstabilität erreichen, weitgehend aufgegeben werden mußte. Zum anderen spielt die These von der fehlerhaften Diagnose bzw. vom falschen Instrumenteneinsatz nur insoweit eine Rolle, als eine Übertragung der Kompetenzen auf die Regierung die Erfolgsbedingungen der Geldpolitik bzw. der Globalsteuerung überhaupt zu verbessern verspricht. Dieser These fehlt jedoch jegliche theoretische und empirische Basis. Das Beispiel Frankreich (oder auch England) spricht gewißt nicht für diese Vermutung, und im Vergleich mit der Fiskalpolitik schneidet die Geldpolitik in der Bundesrepublik sicher nicht schlecht ab. Unversehens wendet sich damit der Effizienzgesichtspunkt eher zu einem Argument zugunsten der Unabhängigkeit der Bundesbank 18 . 16
Ende der Zinssenkung?, in: DIW Wochenbericht 28/82 vom 15. Juli 1982, S. 369. Zu den genannten Daten siehe: Kommission der EG, Europäische Wirtschaft, Nr. 11, März 1982, S. 64; und: Beiheft A, Nr. 6, Juni 1982, Tabelle 8. 18 Aus Anlaß der Forderungen nach Erweiterung des geldpolitischen Instrumentariums wurde die Frage diskutiert, welchen Effizienzgrad die Geldpolitik einer unabhängigen Bundesbank überhaupt haben sollte und inwieweit Instrumente mit ausgesprochen selektiver Wirkung mit dem gegenwärtigen Notenbankstatus vereinbar sind. Siehe dazu: Otmar Issing, Die Unabhängigkeit der Bundesbank, Bemerkungen zur geplanten Novellierung des Bundesbankgesetzes, in: Strukturwandel und makroöknomische Steuerung, Festschrift für Fritz Voigt, hrsg. von S. Klatt und M. Willms, Berlin 1975, S. 366 ff. 17
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I I I . Unabhängigkeit der Bundesbank — ein Widerspruch zur parlamentarischen Demokratie? Das zentrale Argument für die Unabhängigkeit der Notenbank wird aus den Gefährdungen abgeleitet, die der Geldwertstabilität aus den politischen und gesellschaftlichen Prozessen und Interessen in der Demokratie drohen. „ I n einem demokratischen Rechtsstaat bedarf es . . . zum Schutz der Währung einer neutralen Instanz, die das Anliegen der Währungsstabilität verkörpert und wirksam vertritt." 1 9 Im Wissen um die Verlockungen einer inflationären Politik entschließt sich das Parlament daher zu einem A k t der „Selbstentmachtung" 20 . Der Notenbank wird ein wichtiges Wächteramt übertragen, „die Bundesrepublik schützt sich vor sich selbst, indem sie im Bundesbankgesetz der Deutschen Bundesbank hierfür volle Unabhängigkeit gewährleistet" 21 . Vom Standpunkt eines durchgängigen Demokratieprinzips aus erscheint die Unabhängigkeit der Notenbank dagegen als eine Fehlkonstruktion, die dringend zu beseitigen ist. So ist ζ. B. die Unterordnung der Bank of England unter die Regierung als Ausfluß der Auffassung zu sehen, daß eine mit hoheitlichen Funktionen versehene wirtschaftspolitische Instanz entweder vom Parlament selbst oder von der Regierung kontrolliert werden müsse22. Aus dieser Sicht verlöre dann auch das Argument des „Selbstschutzes" seine Berechtigung 23 . Muß sich also derjenige, dereinem unabhängigen „Beamtengremium" derart weitreichende Machtbefugnisse einräumen will, den Vorwurf gefallen lassen, er nähme die parlamentarische Demokratie nicht ernst 24 ? Wird die parlamentarische Demokratie durch die Unabhängigkeit der Notenbank weiter geschwächt? — so die folgende Meinung: Wenn die Schwäche des parlamentarischen Regierungssystems „von der Schwachheit kommt, hilft es wenig, ihm weitere Kräfte zu entziehen, das heißt, den Prozeß der Willensbildung weiter in Bereiche hinein zu verlagern, die einer Artikulation gesellschaftlicher Kräfte im System, im Extremfall zur Abwahl einer Regierung unzugänglich sind." 25 ig
Günter Schmölders, Geldpolitik, 2. Auflage, Tübingen 1968, S. 194. Schmidt, a.a.O., S.679. 21 Ernst Forsthoff, Rechtsstaat im Wandel, Stuttgart 1964, S. 211. 22 Siehe: Caesar, a.a.O., S.387. 23 In diesem Sinne meinte das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung zum Urteil vom 29.1.1973: „In der parlamentarischen Demokratie des GG läßt sich die Aufhebung der parlamentarischen Verantwortung und die Weisungsfreiheit der Bundesbank nicht mit Gefahren rechtfertigen, die der Währung durch demokratisch legitimierte Organe erwachsen können, denn solche Gefahren wären im Wesen der Demokratie begründet . . D i e öffentliche Verwaltung, Heft 13, Sept. 1973, S. 641. 24 So: Ehrenberg, a.a.O., S. 34. 25 Rolf Wildenmann, Die Rolle des Bundesverfassungsgerichts und der Deutschen Bun20
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Im Prinzip wäre dieses Argument von der Schwächung der parlamentarischen Demokratie durch die Unabhängigkeit jedoch nur dann haltbar, wenn sich über die Inflation wichtige Probleme tatsächlich besser lösen ließen — eine These, die gerade nach den Erfahrungen der siebziger Jahre und der Entwicklung der Theorie skeptischer denn je zu beurteilen ist. Damit reduziert sich aber das „Demokratieargument" im Grunde auf das Postulat, eine Regierung müsse (auch) über die Möglichkeit verfügen, zusätzliche Ausgaben über die Notenpresse zu finanzieren, um die Chance der Wiederwahl zu verbessern. In der Realisierung dieser Absicht und in der daraus entspringenden Verstärkung der Inflation wird man jedoch gerade in einem Lande wie der Bundesrepublik, in dem die Bevölkerung der Geldwertstabilität einen hohen Stellenwert beimißt, kaum einen dauerhaften Beitrag zur Stärkung der Demokratie als solcher sehen können. Aller Anschein spricht eher für das genaue Gegenteil; nicht von ungefähr genießt die Bundesbank mit ihrem Image als „Hüterin der Währung" hohe Wertschätzung, auch dies freilich Anlaß für ironische Kommentare: „Doch da es weder den Kaiser noch Hindenburg mehr gibt, und das Amt des Bundespräsidenten für entsprechende Identifikationen ungeeignet ist, scheint der deutsche Bürger in der Figur des Bundesbankpräsidenten wenigstens so etwas wie einen »wirtschaftspolitischen Ersatzkaiser' sehen zu wollen.. ." 2 6 . Ob die Personifizierung in dieser Form zutrifft, kann offen bleiben, daß Vertrauen in eine wichtige staatliche Institution ein stabilisierender Faktor ist, wird niemand bestreiten, ob daraus nicht schließlich sogar ein „Demokratieargument" zugunsten der Unabhängigkeit der Bundesbank wird, wäre zumindest zu überlegen.
IV. Gefährdungen durch die „Bürokratie" Bundesbank? Die Vorwürfe einer (gelegentlich) fehlerhaften Politik und selbst die Zweifel an der demokratischen Legitimation der Unabhängigkeit ließen das Ansehen der Bundesbank bisher im Kern unangetastet. Um so schwerer wiegen deshalb Aussagen, die Skepsis gegenüber der Notenbank in ihrer Funktion als Sachwalterin des Allgemeinwohls verbreiten und damit die Integrität der Institution als solcher in Frage stellen. Ausgangspunkt bildet dabei die ökonomische Theorie der Bürokratie 27 . Die Übertragung dieses Ansatzes auf den „Fall" der Notenbanken sieht diese desbank in der politischen Willensbildung, Veröffentlichungen der Universität Mannheim, Band 23, Stuttgart 1969, S. 16 f. 26 Ehrenberg, a.a.O., S.34. Siehe vor allem: Anthony Downs, Inside Bureaucracy, Washington 1965; Jr. Niskanen, Α. William, Bureaucracy and Representative Government, Chicago 1971; Gordon Tullock, The Politics of Bureaucracy, Washington 1965.
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als Bürokratien, die eigene Interessen verfolgen, u. z. vor allem die Ziele Prestige und Erhaltung des Status. Aus diesen Prämissen lassen sich bestimmte Hypothesen über das Notenbankverhalten ableiten 28 : (1) Einerseits wird eine Notenbank im Interesse ihres Prestiges die Aufgabe mit höchster Priorität verfolgen, von deren Erfüllung ihr Ansehen in der Öffentlichkeit abhängt. Andererseits wird sie möglichst Konflikte mit den Gruppen zu vermeiden suchen, die über die Macht verfügen, den Status der Notenbank zu verändern. (2) Eine Notenbank wird danach trachten, ihren Ermessensspielraum zu vergrößern und Kritik an ihren Maßnahmen zu erschweren. Diese Absichten verfolgt sie auf verschiedenen Wegen: Indem sie eine eindeutige öffentliche Zielvorgabe vermeidet, möglichst viele Instrumente mit insgesamt schwer durchschaubarer Inzidenz einsetzt und den Erwartungshorizont gegenüber den Möglichkeiten der Geldpolitik herunterspielt. Aufgrund ihres „Bürokratiecharakters" verfolgen Notenbanken also eigene Interessen und können daher von den gesamtwirtschaftlichen Zielen abweichen, für die sie eigentlich verantwortlich sind. Die Erkenntnis dieser Zusammenhänge führt letztlich zu einer ähnlichen „Endogenisierung" der Notenbankpolitik wie für die Wirtschaftspolitik der Regierung, die dem Einfluß der öffentlichen Meinung und dem Wählerwillen unterliegt 29 . M i t dem gewohnten time lag hat auch dieser Ansatz die Bundesrepublik erreicht und zu verschiedenen Hypothesen über das Verhalten der Bundesbank geführt. ( 1 ) Die Bundesbank läßt die Öffentlichkeit über ihre geldtheoretische Position absichtlich im unklaren, gelegentliche eindeutige Stellungnahmen werden durch zusätzliche Quasi-Erläuterungen eingeschränkt und „verwässert". Über eine Fülle von Informationen verfolgt sie eine geschickte Form der Verschleierung und realisiert so eine Strategie der Absicherung ihres Status 30 . (2) Die Bundesbank bestreitet die Existenz eines trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit; auf diese Weise ist sie bemüht, sich der Kritik zu 2K Als erste Arbeiten sind hier zu nennen: Keith Acheson and John F. Chant, The Choice of Monetary Instruments and the Theory of Bureaucracy, Public Choice, Spring 1972, S. 13-33; dieselben, Mythology and Central Banking, Kyklos, 1973, S. 362-379; dieselben, Bureaucratic Theory and the Choice of Central Bank Goals, Journal of Money, Credit and Banking, 1973, S. 637-655. 24 Zu diesem Aspekt siehe: Friedrich Schneider, Ein politisch-ökonomisches Modell des Zentralbankverhaltens bei endogenem Staat, in: Staat und Wirtschaft, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Band 102, hrsg. von C.C. von Weizsäcker, Berlin 1979, S. 473 ff. 30 So: Hans-Peter Basler, Wirtschaftspolitische Zielpräferenzen und theoretische Orientierung in der Geldpolitik der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1979, S. 66 f. und S. 107.
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entziehen, sie nehme bei ihrer an der Geldwertstabilität orientierten Politik bewußt Arbeitslosigkeit in Kauf 3 1 . A n dieser Position hat sich im übrigen bis heute nichts geändert; soweit die Bundesbank selbst einen Konflikt zwischen Stabilität und Beschäftigungslage sieht, betont sie die außenwirtschaftlich bedingten Restriktionen ihres Handelns 32 . (3) Sozusagen ins Mark des Selbstverständnisses der Bundesbank und ihrer Wertschätzung in der Öffentlichkeit trifft der Vorwurf, daß sie sich — vornehmlich Anfang der siebziger Jahre — „stark an den Zielpräferenzen der Bundesregierung orientierte, der man damals von Seiten der Opposition den Vorwurf machte, sie verharmlose die Inflation. So gesehen erwies sich die Deutsche Bundesbank in diesem Zeitabschnitt nicht als die unabhängige Hüterin der Währung" 3 3 . A u f dieser Linie liegt auch die Schlußfolgerung, während der Untersuchungsperiode (1957/11—1977/1V) habe in den sieben Phasen des Konflikts zwischen einem restriktiven Kurs der Geldpolitik und einem expansiven der Finanzpolitik die Bundesbank im Endeffekt jeweils nachgegeben34. Sollte sich der bürokratietheoretische Ansatz allgemein und speziell im Falle der Bundesbank bestätigen, wäre zu fragen, inwieweit daraus Folgerungen für eine notwendige Reform der Notenbankgesetzgebung resultieren. Monetaristen leiten aus dem Befund ein zusätzliches Argument für ihre Position ab: Hinter dem Mythos der Geldpolitik als einer „Kunst" verbergen die Notenbanken nicht nur ihre Inkompetenz, sondern verfolgen auch eigene Interessen. Die Unabhängigkeit als notwendige Bedingung einer adäquaten Notenbankpolitik muß daher dringend ergänzt werden durch die gesetzliche Bindung an einen monetären Standard, am zweckmäßigsten in Form einer konstanten Wachstumsrate der Geldmenge 35 . Damit wäre im übrigen auch der politische Spielraum beseitigt, der aus einer vagen Zielvorgabe durch den Gesetzgeber folgt, und in gewisser Weise dem „Demokratieargument" Rechnung getragen. Der „Bürokratieaspekt" könnte andererseits aber auch einen (weiteren) Anlaß für die Forderung nach Beseitigung der Unabhängigkeit der Notenbank liefern, da die entscheidende Vorbedingung für den gegenwärtigen Status, Sachwalterin des Allgemeinwohls zu sein, nicht erfüllt ist. Allerdings könnte man sich vorstellen, daß durch eine Integration der Notenbanklei31
Basler, a.a.O., S. 67. Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht für das Jahr 1981, S. 1 f. 33 Basler, a.a.O., S.90. 34 Bruno S. Frey, und Friedrich Schneider, Central Bank Behavior, A Positive Empirical Analysis, Journal of Monetary Economics, 1981, S. 308. 35 Siehe: Karl Brunner, The Art of Central Banking, in: Geld, Banken und Versicherungen, hrsg. von H. Göppl, und R. Henn, Band I, Königstein 1981, S. 33 ff. 12
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tung in den Regierungsapparat neue „bürokratische" Elemente der Geldpolitik geschaffen würden. Inwieweit treffen die angeführten Argumente aber überhaupt zu? Diese Frage bedarf sicher noch eingehender Untersuchungen, doch seien hier einige wichtige Punkte angeschnitten. (1) Die genannten empirischen Arbeiten stellen nur einen Anfang dar; inzwischen wurde im übrigen auf erhebliche methodische Probleme hingewiesen 36 . (2) Die erwähnten relativ häufigen Konflikte zwischen Bundesbank und Bundesregierung sprechen nicht gerade für eine einseitige Anpassung der Geldpolitik an die Vorstellungen der Regierung 37 ; dies gilt insbesondere auch für den im Anschluß an die im Frühjahr 1981 ausgetragene Kontroverse verfolgten geldpolitischen Kurs. Wie problematisch der bürokratietheoretische Ansatz im konkreten Fall freilich zu beurteilen ist, kann man daraus ersehen, daß sich auch bzw. gerade das Beharren auf der stabilitätspolitischen Linie in Konfrontation mit der Regierung entsprechend erklären läßt: Die Bundesbank mißt der Geldwertstabilität erste Priorität zu, weil sie mit diesem Verhalten ihr Prestige wahrt; im Vergleich dazu erscheint die Bedrohung ihrer Unabhängigkeit durch den Gesetzgeber gering. (3) In der Beurteilung eines trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit hat die Position der Bundesbank durch die theoretische Entwicklung und praktische Erfahrung eine deutliche Bestärkung erfahren. Dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, daß die Bundesbank — im Verein mit vielen anderen Notenbanken — lange Zeit weniger aus Überzeugung, denn aus den von der Bürokratietheorie behaupteten Gründen, die Existenz eines trade-off geleugnet hat. Nur, beweisen läßt sich diese These nicht. (4) Das eigene Handeln in möglichst gutem Lichte erscheinen zu lassen und externe Kritik zu erschweren, zählt zu den Grundsätzen jeglicher Public Relations. Warum sollte gerade die Bundesbank davon eine Ausnahme bilden, und was beweist es folglich, wenn sie sich in der analysierten Weise verhält? (5) Das Handeln von Bürokratien hängt entscheidend von den Personen an der Spitze ab; deshalb beschäftigt sich die allgemeine Theorie der Bürokratie Siehe: Thomas Baum, Empirische Analyse der Bundesbankautonomie in der Bundesrepublik Deutschland, Diskussionsbeiträge aus dem Institut für Volkswirtschaftslehre, Universität Hohenheim, Nr. 5/1981, S. 10 ff., S. 17 ff. 17 So gerät Basler in seiner Argumentation selbst in einen eklatanten Widerspruch, wenn er der Bundesbank an anderer Stelle bescheinigt, sie habe sich offensichtlich um eine wortgetreue Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags bemüht. Basler, a.a.O., S. 130. In diesem Sinne auch: Michael Parkin. In Search of a Monetary Constitution for the European Communities, in: One Money for Europe, ed. by M. Fratianni and Theo Peeters, London 1978, S. 182 ff.
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zu recht intensiv mit dem Verhalten der Personen innerhalb einer Bürokratie und mit ihrem Bestreben, an die Spitze zu gelangen. Die Ernennung der Notenbankleitung „von außen" stellt insofern einen Fremdkörper in einer institutionsbezogenen Theorie dar. In der Beurteilung der Unabhängigkeit der Bundesbank stellt der komplizierte Ernennungsmodus der Mitglieder des Zentralbankrates einen wichtigen Faktor dar, der sich der bürokratietheoretischen Analyse weitgehend entzieht 38 . (6) Schließlich sei nur am Rande auf die Frage hingewiesen, inwieweit die Bundesbank tatsächlich eine „Bürokratie" im Sinne der Theorie verkörpert. So ist etwa nach Niskanen die Bürokratieeigenschaft an die (mindestens teilweise) Finanzierung des Etats von außen gebunden, während für Downs der Aufstieg innerhalb der Hierarchie — im Gegensatz zur Wahl oder Ernennung von außen — ein wesentliches Kriterium einer Bürokratie ist 39 . Beide Faktoren spielen deshalb eine wichtige Rolle, weil die Hypothesen der Bürokratietheorie über das Verhalten der Organisation als solcher wesentlich von diesen Prämissen abhängen, — die beide für die Bundesbank nicht erfüllt sind. Alles in allem ergeben sich also aus den wenigen bisher vorliegenden Arbeiten zwar einige interessante Nuancen, aber kaum wesentlich neue Gesichtspunkte in der Diskussion um die Unabhängigkeit der Bundesbank.
V. Resümee Das Thema „Unabhängigkeit" erweist sich in der wissenschaftlichen Analyse immer wieder als äußerst „sperrig", ein unvoreingenommener Betrachter wird in teilweise genau entgegengesetzten Argumenten durchaus bedenkenswerte Aspekte finden können. Greift man deshalb zur Performance der Geldpolitik als letztem Beweismittel, erhält die Bundesbankpolitik vor allem im internationalen Vergleich durchweg gute Noten. Vieles spricht dafür, daß dieses Ergebnis nicht zuletzt auch der Unabhängigkeit der Bundesbank zuzuschreiben ist, ein Beweis im strengen Sinne läßt sich für diese These jedoch nicht führen. Alles in allem kann die Bewährung in der Praxis wie auch die Resonanz in der wissenschaftlichen Diskussion bis zum heutigen Tage als Bestätigung einer bemerkenswerten gesetzgeberischen Leistung gelten. Mag es also durchaus plausible Argumente nicht nur pro, sondern auch contra Bundesbankautonomie geben, so fällt doch vor dem Hintergrund der letzten 38 Die Bedeutung des Ernennungsmodus für das Notenbankverhalten wird betont bei Parkin, a.a.O., S. 183. 39 Niskanen, a.a.O., S. 15; Downs, a.a.O., S.24ff.
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25 Jahre die volle Beweislast für den Sinn einer Einschränkung oder gar Beseitigung der Unabhängigkeit denen zu, die eine entsprechende Gesetzesänderung fordern. Wissenschaftlich ist dieser Beweis wohl kaum zu führen, inwieweit die wirtschaftliche und politische Entwicklung solche Bestrebungen unterstützt, bleibt abzuwarten. Um so mehr ist darauf zu achten, daß die Bundesbankautonomie nicht unversehens, sozusagen durch die Hintertür einer institutionellen Erweiterung des Europäischen Währungssystems, eingeschränkt wird. Die Warnung vor einer,„Salami-Taktik' der schrittweisen Aushöhlung der währungspolitischen Rechte der Notenbanken" wurde daher zu recht erhoben 40 , auch wenn im Augenblick keine ernsthaften Initiativen zu erkennen sind, das Europäische Währungssystem in den geplanten Endzustand zu überführen.
4,1
Norbert Kloten, Zur „Endphase" des Europäischen Währungssystems, in: Internationale Anpassungsprozesse, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N. F. Band 114, hrsg. von A. WoU, Berlin 1981, S. 176.
Diskussion über ein Bundesbankgesetz im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium Von Wolf-Dieter Becker, Aachen*
I. Vorgänge im parlamentarischen Bereich Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches wurde um die Wende 1946/47 von der amerikanischen und von der französischen Militärregierung in ihren Kontrollgebieten eine Reihe von „Landeszentralbanken" errichtet; Anfang 1948 folgte die britische Militärregierung mit vier selbständigen Landeszentralbanken in ihrem Gebiet. Anfang März 1948 erging das Gesetz der britischen und der amerikanischen Militärregierung über die Errichtung der „Bank deutscher Länder" als Zentralbank der selbständigen Landeszentralbanken für das vereinigte Wirtschaftsgebiet der britisch und amerikanisch besetzten Zone. Die Landeszentralbanken der französisch besetzten Zone traten der Bank deutscher Länder später bei. Das Gesetz über die Bank deutscher Länder blieb bis 1957 in Kraft 1 . Aufgrund der Artikel 73 und 88 des Grundgesetzes steht dem Bund die ausschließliche Gesetzgebung über „Das Währungs-, Geld- und Münzwesen" zu; ihm obliegt die Errichtung einer „Währungs- und Notenbank als Bundesbank". I m Herbst 1952 hatte die Bundesregierung dem Bundesrat den „Entwurf eines Gesetzes über die Währungs- und Notenbank des Bundes (Bundesbankgesetz)" zugeleitet, der im Rücklauf Ende Januar 1953 mit der Stellungnahme der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag ging (Bundestagsdrucksache Nr. 1/4020). Er sah ein föderalistisches Bundesbanksystem vor. Gleichzeitig lag dem Deutschen Bundestag der Antrag der Fraktion der FDP über einen „Entwurf eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbank" vom 4. Dezember 1952 vor (Bundestagsdrucksache 1/3929). Die FDP hielt sich an die zentralistische Organisationsform der ehemaligen Reichsbank. Beide Entwürfe wurden in erster Lesung auf der 249. Sitzung des * Der Verfasser dankt der Ludwig-Erhard-Stiftung und dem Bundesministerium für Wirtschaft für freundliche Unterstützung. 1 Vgl. Hans Möller, Die westdeutsche Währungsreform von 1948. In: Deutsche Bundesbank (Herausg.), Wirtschaft und Währung in Deutschland 1876—1975, Frankfurt: 1976, S. 452 ff.
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Bundestages am 4. Februar 1953 behandelt und an den Ausschuß für Geld und Kredit als federführenden Ausschuß unter Mitberatung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses überwiesen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde im Auftrage des Bundesfinanzministers vom Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen begründet. A n sich war der Bundesminister für Wirtschaft federführend und zuständig. Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard hatte zwar einen eigenen Entwurf angefertigt, der wie der FDP-Entwurf eine einstufige Organisationsform der Bundesbank vorsah, doch war er im Kabinett mit diesem Entwurf nicht durchgekommen. Er hatte sich infolgedessen nicht in der Lage gesehen, den Regierungsentwurf innerhalb seiner Verantwortlichkeit zu vertreten. A u f Veranlassung des Bundeswirtschaftsministers wurde der Wissenschaftliche Beirat gebeten, sich mit den geld- und kreditpolitischen Grundsatzfragen der künftigen Bundesbankpolitik zu befassen. Dazu ist zunächst anzumerken, daß zur Frage der Organisationsform der Bundesbank die Auffassungen im Ministerium selbst gleichfalls nicht einheitlich waren. Die für Geld und Kredit zuständige Abteilung trat mit Nachdruck für einen zentralistischen Aufbau des Zentralbanksystems nach dem Vorbild der früheren Deutschen Reichsbank ein; eine Linie, die auch der Minister für zweckmäßig hielt. Die für wirtschaftspolitische Grundsatzfragen zuständige Abteilung des Ministeriums hielt hingegen die Organisationsprobleme für weniger bedeutsam, wenngleich sie auch keine Veranlassung sah, von dem gut eingespielten System der selbständigen Landeszentralbanken unbedingt abzugehen, zumal in einem solchen dezentralen Gebilde der Erfahrung nach die Unabhängigkeit der Aufgabenerfüllung organisatorisch besser abgesichert zu sein schien. Die Entscheidung traf dann der Minister. Wie dem aber auch war, vom grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Standpunkt verdienten die Fragen der Aufgabenstellung und der Unabhängigkeit bei der Aufgabenerfüllung der zu schaffenden Bundesbank ein besonderes Interesse. Es kam darauf an, die einschlägigen Grundsatzfragen emotionsfrei und mit wissenschaftlicher Autorität als Entscheidungshilfe vorzubereiten. Der Beirat hat am 20. und 21. Februar 1954 versucht, die Probleme zu klären 2 . Es ist ihm aus Gründen, die noch darzulegen sind, nicht gelungen; seine Äußerung blieb Fragment, gleichwohl politisch nützlich und von nicht geringem historischen Interesse. Viele der geldpolitischen Zusammenhänge mögen heute theoretisch anders gesehen werden als der Wissenschaftliche Beirat vor drei Jahrzehnten analysierte. Andere Erörterungen muten sehr zeitnah an. Wieder andere Überlegungen des Beirats muß man aufgrund der praktischen wirtschaftspolitischen Erfahrungen heute anders sehen als 1954; 2
Der Verfasser hat als Sekretär des Beirats an der Sitzung teilgenommen.
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manches hat sich auch als Irrtum herausgestellt. Was aber heute noch große Bedeutung hat, ist die rechtliche und tatsächliche Sicherung der tagespolitischen Unabhängigkeit der Bundesbank, um die sich der Beirat in erster Linie bemüht hatte. Dabei hatte er durchaus die staats-, wirtschafts- und praktischpolitischen Konfliktmöglichkeiten und Widersprüche gesehen, die aus dieser Forderung zwangsläufig resultieren. Die Erfahrung zweier katastrophaler Inflationen binnen weniger Jahrzehnte und die Mitwirkung der Deutschen Reichsbank bei der Finanzierung zweier Weltkriege wogen demgegenüber in den Überzeugungen des Wissenschaftlichen Beirats schwerer als politische Schwierigkeiten und Ärger, die aus einer relativen Unabhängigkeit der Bundesbank von der zentralen Regierung entstehen konnten.
II. Einstufiges oder zweistufiges System Die Frage, ob die Währungs- und Notenbank des Bundes als ein zentralistisches, einstufiges oder wie das damals bestehende LandeszentralbankSystem als ein föderalistisch zweistufiges System organisiert werden sollte, war — wie gesagt — der Hauptpunkt, der die Politiker und Teile der Verwaltung beschäftigte, wobei beide Auffassungen teilweise mit dogmatischem Eifer begründet und verteidigt wurden. Die Wogen dieer Auseinandersetzung waren auch in die Beratungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium übergeschwappt und hatten das Gremium ungebührlich beschäftigt, obwohl der Beirat in der Meinung übereinstimmte, daß die Frage der Ein- oder Zweistufigkeit einer Bundesbank kaum ein besonderes intellektuelles Interesse beanspruchen konnte. Von einigen Beamten, die an der Sitzung teilnahmen, wurde der zentralistische Standpunkt ausführlich dargelegt und begründet. Unter den Mitgliedern des Beirates selbst war die Auffassung geteilt. Einerseits wurde angeführt, daß ein zweistufiges Zentralbaiiksystem gegenüber den Geschäftsbanken und gegenüber den Ländern gewisse Schwächen haben müßte. Zum anderen wurde argumentiert, daß der gefährlichste Kreditnehmer die Zentralregierung sei, und es müsse daher Unabhängigkeit vor allem von ihr gefordert werden. Im ganzen neigte der Beirat dazu, einem zweistufigen System den Vorzug zu geben, wobei hervorgehoben wurde, daß diese Organisationsform zusammen mit dem Kollegialprinzip zu einer Anreicherung der Leitungsorgane des Systems mit befähigten Persönlichkeiten führen kann (und geführt hat). Diese Auffassung wurde dann auch in den „Empfehlungen und vorläufigen Stellungnahmen" (Tz 14) festgehalten 3. Das Bundesbankgesetz von 1957 stellte später einen Kompromiß dar, der den „Zentralisten" entgegenkommt, aber auch dem personalpolitischen und dezentralen, die Unabhängigkeit der 3
s. Anhang 1 zu diesem Beitrag.
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Bundesbank stützenden Grundgedanken des Beirats in Gestalt der Beibehaltung des Zentralbankrates prinzipiell Rechnung trägt. Im Verlaufe der Debatte über diese Frage kam es zu Spannungen zwischen den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats und Vertretern der Verwaltung; insbesondere, als der Vorsitzende des Beirats die langwierige Erörterung dieses Punktes im Rahmen der Generaldebatte am 20. Februar 1954 gegen Mittag abbrach, um zur Spezialdebatte überzuleiten. Diese Verärgerungen führten auch dazu, daß der Wissenschaftliche Beirat späterhin nicht mehr unmittelbar gutachtlich mit dem Bundesbankgesetz befaßt wurde, und es bei seinen „Empfehlungen und vorläufigen Stellungnahmen" zu den Problemen der Geld- und Kreditordnung belassen mußte. Gleichwohl hatte sich der Beirat während der parlamentarischen Beratung der Gesetzesvorhaben im Rahmen anderer Gutachten immer wieder mit Fragen der Kreditpolitik und ihrer rechtlichen Institutionalisierung befaßt. Zu erwähnen ist besonders das große Gutachten vom 3. Juni 1956 „Instrumente der Konjunkturpolitik und ihre rechtliche Institutionalisierung" 4 , dessen Beratung sich über ein Jahr erstreckte, teilweise in gemeinsamen Sitzungen mit dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium. Auch diese Äußerungen haben selbstverständlich die Gestaltung des späteren Bundesbankgesetzes mitbeeinflußt.
I I I . Aufgaben und Ziele der Notenbankpolitik Den größten Raum bei der Diskussion von Problemen einer Bundesbankgesetzgebung im Wissenschaftlichen Beirat nahm die Frage ein, ob die Notenbank für ihre Politik völlige Freiheit haben oder ob sie an Regeln gebunden sein soll. Dabei ging es zunächst im Anschluß an einen Vortrag von Prof. F \ A. Lutz darum, ob die Politik der Notenbank dem Goldmechanismus unterworfen werden sollte. Der Beirat war überwiegend skeptisch bis ablehnend. Im Falle von Zahlungsbilanzschwierigkeiten würde bei der Goldbindung der Währung nur die Wahl zwischen einer vielleicht unzweckmäßigen Deflationspolitik oder der Einführung von Devisenbewirtschaftung bestehen. Beides hielt der Beirat für unerwünscht und politisch nicht vertretbar. Jedoch auch ohne Goldbindung, aber bei voller Konvertierbarkeit einer Währung und festen Wechselkursen hat die Zentralbank bei Zahlungsbilanzproblemen nur die Möglichkeiten, entweder zu einem möglicherweise konjunkturell ungeeigneten Zeitpunkt Deflationspolitik zu betreiben, die Währung abzuwerten, Devisenbewirtschaftung einzuführen oder zu flexiblen Wechselkursen über4
Auszüge s. Anhang 2 zu diesem Beitrag.
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zugehen5. Dabei war sich der Beirat zunächst einig, daß die Wiedereinführung der Devisenbewirtschaftung praktisch unmöglich gemacht werden müßte. Es wurde beispielsweise eine Vorschrift vorgeschlagen, daß Devisenbewirtschaftung nur durch Änderung des Bundesbankgesetzes auf parlamentarischem Weg eingeleitet werden dürfte. Der Vorschlag entsprach aber kaum den praktischen Notwendigkeiten. Die §§ 22 und 23 des Außenwirtschaftsgesetzes übertragen daher die Entscheidung hierüber der Bundesregierung. Zur Goldbindung wurde schließlich noch erwähnt, daß vor allem die internationale Sicherung der Währung nur auf einer Paritätsstabilisierung beruhen könne. Durch eine direkte oder indirekte Goldbindung sollte ein internationales Durcheinander (Währungsdumping) vermieden werden. Diese Gefahr wurde bestritten. Es wurde nicht für zutreffend gehalten, daß die internationale Zusammenarbeit durch flexible Wechselkurse geschädigt werde. Die Kooperation sei vielmehr dadurch zu sichern, daß man keine Devisenbewirtschaftung mehr zuließe. Schwankende Wechselkurse seien nur die inverse Betrachtung für bewegliche interne Preisniveaus. Die Frage lief letzten Endes auf das Primat der Innen- oder der Außensituation des Wirtschaftsablaufs hinaus. Als positive Regel für eine realistische Geldpolitik der Zentralbank ging die Mehrheit des Beirats vom konjunkturellen Primat der Innensituation aus. Die Außensituation — also den Wechselkurs — sah sie als Gegenstand sekundärer Wichtigkeit an. Eine am konjunkturellen Primat der Innensituation ausgerichtete Geldpolitik kann entweder das Ziel der Vollbeschäftigung oder das der Stabilität des inneren Preisniveaus befolgen. In diesem Zusammenhang wurde allerdings gefragt, welcher Preisindex bei einer Stabilisierung des inneren Preisniveaus als Fixmarke benutzt werden sollte. Es wurde argumentiert, daß eine Indexbindung schon deswegen in sich unlogisch sei, weil man auf diese Weise Preise an Preisen ausrichten würde. Gold ist dagegen kein Gebrauchsgut und deshalb sein Preis unabhängig von den Warenmärkten. Preisbewegungen können außerdem zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen Bedingungen durchaus unterschiedlich beurteilt werden. Es war schließlich die Auffassung des Beirats, daß sich eine solche Zentralbankpolitik nicht im einzelnen in eine gesetzliche Fassung bringen läßt. Auch die Verwaltung war der Meinung, daß die Aufgaben der Zentralbank sich nicht konkret fassen lassen und daher auch nicht im Gesetz zu definieren wären. Dennoch wurde von einigen Beiratsmitgliedern die Meinung nachdrücklich vertreten, daß man die Beteiligten nicht zu abstrakt ansprechen dürfe. Zumindest sollte gesagt werden, was man nicht will. Das 5 Das gleiche gilt für quasi-feste Wechselkurse, die der Beirat 1954 noch nicht in Betracht zog.
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Gesetz sei schließlich eine Deklaration an die Öffentlichkeit und sollte daher positive Richtlinien der Notenbankpolitik enthalten. Im Rahmen der Debatte über die Aufgabenformulierung wurde auch die Frage nach der Bedeutung der Geldschöpfungsmacht für den Gesamtprozeß aufgeworfen. Die sich hierbei entwickelnde Diskussion mutet recht modern an, wenn man an die geldtheoretischen und geldpolitischen Auseinandersetzungen der 70er Jahre denkt. Die entscheidende Erkenntnis der (damals) neueren Theorie war, daß Geld durch Kredit entsteht und durch Rückzahlung von Krediten wieder verschwindet. Dabei wird das Kreditgeld im Zusammenhang mit der 'güterwirtschaftlichen Produktion geschaffen; die Geldmenge wird von der Nachfrage nach Krediten, oder anders gesagt, von der Güterproduktion bestimmt. Voraussetzung für die Produktion von Gütern sind jedoch die sehr unstabilen Unternehmererwartungen. Somit ist ein Gleichgewicht der Geldversorgung also nicht von vornherein gesichert. Infolgedessen wäre nach Meinung einiger Beiratsmitglieder zu prüfen gewesen, wie die Geldschöpfung von der Kreditnachfrage der Unternehmen möglichst gelöst werden könnte, um den Gesamtprozeß zu stabilisieren. Konsequent zu Ende gedacht, könnte aus solchen Überlegungen die Folgerung abgeleitet werden, daß allein die Notenbank die Geldversorgung vornehmen dürfe, also auch etwa im Sinne eines „Hundertprozent-Money-Plans". Demgegenüber hätte aber ein gutausgestattetes Zentralbanksystem, nach Meinung der Beiratsmehrheit, heutzutage hinreichende Mittel, um die multiple Geldschöpfung wirksam bremsen zu können, und zwar auch durch direkte oder indirekte Einflußnahme auf die Geschäftsbanken. Allerdings kam der Beirat zu dem Schluß, daß auch zur Lösung dieser Aufgabe keine bestimmten Rezepte angeboten werden können. Keine wirtschaftliche Situation ist einer anderen gleich, und selbst gleiche Situationen werden zudem verschieden beurteilt. Vor allem die Verknüpfung der Notenbankpolitik mit der Wirtschaftspolitik rechtfertigte dennoch nach Auffassung der Beiratsmehrheit die Suche nach einer möglichst konkreten Regel. Aufgabe der Bundesbank sollte es etwa sein, zur Sicherung eines „stetigen Wachstums des Sozialprodukts bei möglichst stabilem Preisniveau" beizutragen. Dazu kam ein Ergänzungsvorschlag, für den Aufgabenkatalog als dritten Punkt die „maximale Freiheit des internationalen Zahlungsverkehrs" anzufügen. Innerhalb dieses unbehaglichen Dreiecks von stabilem Preisniveau, stetiger Wachstumsrate und freiem internationalen Zahlungsverkehr müßte sich nach Auffassung der betreffenden Beiratsmitglieder die Währungspolitik bewegen, ohne daß man mehr über ihre Zielsetzungen zu sagen brauchte. Dem Beirat war dabei natürlich klar, daß sich die Maximierung aller drei Punkte gegenseitig ausschließen würde. I m Grunde genommen war die Situation sogar noch komplizierter, weil das Streben nach einem Optimum in einer Richtung in den anderen
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Komplexen Bedingungen setzte, die nicht auf eine Ebene zu bringen waren. Die Formulierung der Aufgaben der Bundesbank mußte jedoch auf das Ziel des „allgemeinen Besten" hinauslaufen, wobei es klar war, daß dies nicht allein durch die Kreditpolitik erreicht, aber seine Erreichung durch eine falsche Kreditpolitik jedenfalls verhindert werden konnte. Die Ausführungen zu diesem (und zu den anderen) Punkten bildeten die Grundlage für einen Entwurf von„Empfehlungen und vorläufigen Stellungnahmen" des Wissenschaftlichen Beirats, den eine Kommission von sechs Beiratsmitgliedern erarbeitete. Nach Vorlage des Entwurfs wurde die Diskussion fortgesetzt und die endgültige Formulierung vorgenommen. Zu den Aufgaben der Zentralbank heißt es dann endgültig in den „Empfehlungen" T Z 10. und 11.: I m Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik hat die Notenbank die spezielle Funktion, die Geldversorgung der Volkswirtschaft richtig zu dosieren. Es empfiehlt sich daher, hinsichtlich dieser Funktion die Aufgabe der künftigen Bundesbank wie folgt zu formulieren: 11. „Die Notenbank hat im Interesse eines stetigen Wachstums der Volkswirtschaft die Geld- und Kreditpolitik danach auszurichten, daß die Kaufkraft der Deutschen Mark tunlichst stabil gehalten wird, daß die Geld- und Kreditpolitik zu einer Beschäftigung aller Produktivkräfte beiträgt und daß der Zahlungsbilanzausgleich auf der Grundlage eines freien internationalen Leistungsaustausches erfolgen kann."
Das verwundert nicht, wenn man weiß, daß der Bundestagsabgeordnete und spätere Bundeswirtschaftsminister Prof. Karl Schiller dem Beirat angehört und an der Sitzung teilgenommen hatte. Man erkennt in dieser Formulierung die berühmten Punkte des späteren Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes6. Man wird dem Wissenschaftlichen Beirat nicht vorwerfen können, daß er mit dieser relativ präzisen Beschreibung der Notenbankaufgaben die Funktion der Bundesbank übermäßig einengen oder sie gar in ihrer Unabhängigkeit gegenüber der Regierung einschränken wollte. Vielmehr zeigte sich in der Diskussion, daß die Frage der Aufgabenstellung nicht streng von dem Problem der Unabhängigkeit der Notenbank zu trennen ist. Die Zentralbank hat allein nicht die Macht, die Zielpunkte jeweils zu verwirklichen, sie kann die Ziele nur durch Kooperation mit der Regierung erreichen. Die gesetzliche Unabhängigkeit der Zentralbank bedeutete also nach Auffassung des Beirats nicht etwa völlige Unabhängigkeit von der Regierungspolitik. Es wurde daher vorgeschlagen, diesen 6
Demgegenüber lautet die Formulierung im §3 des Bundesbankgesetzes v. 26. Juli 1957: „Die Deutsche Bundesbank regelt mit Hilfe der währungspolitischen Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen, den Geldumlauf und die Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem Ziel, die Währung zu sichern, und sorgt für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland." Die Formulierung bedeutet ohne Zweifel gegenüber dem Vorschlag des Beirats einen bedeutenden Verlust an Zielbeschreibung und Information.
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Sachverhalt auch in der Weise offiziell anzuerkennen, daß das Bundesbankgesetz einen Koordinierungsausschuß vorsehen sollte, in dem die Notenbankpolitik und die Regierungspolitik abgestimmt werden. A u f jeden Fall war der Beirat der Meinung, daß möglichst konkrete Regeln für eine bestimmte Politik aufgestellt werden sollten, seien es die Stabilisierung des Preisniveaus oder andere bestimmte Ziele.
IV. Unabhängigkeit der Notenbank Für die Unabhängigkeit der Zentralbank hat der Beirat drei Kriterien aufgestellt: — Sie muß ausschließliche Zuständigkeit besitzen. — Die grundsätzlichen Verhaltensweisen müssen langfristig gesetzlich festgelegt sein. — Sie muß unabhängig von den Weisungen der Regierung sein. Gleichzeitig bedeutete das jedoch nach Auffassung des Beirates, daß eine eigene Wirtschaftspolitik der Bundesbank ausgeschaltet werden muß. Absolute Unabhängigkeit im Sinne des zitierten Dreiecks würde bedeuten, daß die Notenbank eine Art Nebenregierung bildet. Die Notenbank hat jedoch im Verhältnis zur Gesamtwirtschaftspolitik nur eine dienende Funktion und nur innerhalb dieser Funktion sollte sie Freiheit besitzen. Das Maß der Unabhängigkeit wiederum ist eine Funktion dieser Aufgabe und diese ist — technisch ausgedrückt — einfach die Geldversorgung. Gleichwohl ist Notenbankpolitik Wirtschaftspolitik. Damit war die Frage des Zuständigkeitsbereichs aufgeworfen. Wollte man den Umfang ihrer Zuständigkeit auf die formale Handhabung des kreditpolitischen Instrumentariums beschränken, so wäre dies eine ganz subalterne Unabhängigkeit. Die Kreditpolitik, von der der Zentralbank nur ein Teil obliegt, bestimmt letzten Endes der Hoheitsträger. Das Problem liegt daher in der Willensbildung und in der Koordinierung der tatsächlich verantwortlichen Stellen. Deshalb ist eine verwaltungspolitische Kooperation notwendig, von der die Kooperation mit der Notenbank ein Teilbereich ist. Im Gutachten vom 3. Juni 1956 hat der Beirat diese Koordinationsnotwendigkeit dann nochmals unterstrichen (Anhang, Ziff. 2, zu diesem Beitrag). Dazu wurde, wie erwähnt, der praktische Vorschlag gemacht, die Zusammenarbeit durch einen Regierungsausschuß zu sichern, der Leitbilder für die Wirtschaftspolitik erarbeiten sollte. Dadurch würde nach Meinung einiger Beiratsmitglieder ein oft feststellbarer „Ressortpartikularismus" durch staatspolitisches Denken ersetzt. Allerdings müßte dann die Notenbank auch an das Koordinie-
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rungsergebnis gebunden sein. Einige Beiratsmitglieder versprachen sich von einem solchen Koordinierungsgremium nicht etwa eine Einschränkung, sondern im Gegenteil eine gewisse Stärkung der Unabhängigkeit der Zentralbank. Andere zogen die Konsequenz, daß dann auch beispielsweise die Unabhängigkeit der Fiskalpolitik zur Debatte gestellt werden müßte. Sollte sie an der Politik der Zentralbank ausgerichtet werden? Klarheit bestand im Beirat darüber, daß die Geldpolitik in die allgemeine Wirtschaftspolitik eingegliedert werden muß und nicht gegen die Regierung laufen darf. Das bedeutet allerdings, daß bei einem solchen Zwang der Zusammenarbeit keine volle, d. h. absolute Autonomie mehr besteht. A u f jeden Fall sollten aber nach der Vorstellung des Beirats bestimmte Praktiken für die Notenbank ausgeschlossen werden, auch wenn die Regierung es will. Insbesondere ist die Möglichkeit der Geldschöpfung zugunsten politischer Absichten zu verführerisch; denn die Politik der Regierung muß immer bis zu einem gewissen Grade „populär" sein. Der Präsident der Zentralbank muß dagegen unpopulär sein können. A n die Stelle der Politik muß im Falle der Zentralbank der Grundsatz treten. A u f jeden Fall muß klargestellt werden, wer innerhalb des Aufgabendreiecks für die Geldpolitik zuständig sein soll. Für diese Zuständigkeit sollten langfristige Grundsätze festgelegt und der Regierung die Kompetenz für diesen Bereich genommen werden. Können solche Grundsätze nicht klar formuliert werden, so steht die Unabhängigkeit der Notenbank auf schwachen Füßen. Eine längere Debatte ergab sich im Beirat darüber, was im Konfliktfalle geschehen sollte. Wenn die Zentralbankpolitik an langfristige Grundsätze gebunden ist, andererseits der Regierungspolitik auch nicht entgegenlaufen soll, so ist offenbar noch eine Regelung notwendig, wenn sich beide Absichten widersprechen. Letztlich entscheidet die Regierung über den Kurs der Wirtschaftspolitik; denn sie ist dem Parlament verantwortlich. Daher ist es nach Auffassung einer Reihe von Beiratsmitgliedern wichtig, daß ein etwaiger Konflikt der Regierung mit der Notenbank offen zutage tritt. Er muß „dramatisiert" werden, obgleich die Währungsstabilität psychologisch sehr empfindlich ist. Diese Überlegungen waren dafür ausschlaggebend, daß der Wissenschaftliche Beirat eine formale Prozedur für die Lösung eines Konfliktes zwischen Bundesbank und Bundesregierung nicht ins Auge gefaßt hat. Er war vielmehr der Auffassung, daß prozedurale Vorschriften der von ihm gewünschten „Dramatisierung" eines Konfliktes nicht dienlich wären. Zusammen mit dem Verhältnis der Zentralbank zur Regierung kam im Beirat auch ausführlich die Problematik des Staatskredits zur Sprache. Hier standen sich zwei Meinungen gegenüber. Die eine Gruppe erblickte in einem uniimitierten Kreditplafond eine Stärkung der Unabhängigkeit der Zentralbank. Wenn keine zahlenmäßige Begrenzung gegeben ist, dann ist jeweils sofort eine öffentliche Diskussion über den Staatskredit im Gange. Voraus-
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setzung ist hierbei allerdings, daß die Zentralbank über einen hohen Grad von Autonomie verfügt, so daß sie gegebenenfalls ein wirksames Veto einlegen kann. Eine andere Gruppe merkte zunächst an, daß die Einräumung eines begrenzten Kreditplafonds im Gesetz die Zentralbank noch nicht ohne weiteres zu einer unbesehenen Kreditvergabe verpflichtet; sie hat vielmehr die Zweckmäßigkeit der Kredite zuprüfen. Eine quantitative Beschränkung des Staatskredits ersetzt Vorschriften, wie sie für die Geschäftsbanken bei der allgemeinen Kreditgewährung bestehen. Zudem würde die Nichtexistenz eines Plafonds bei gleichzeitiger Unabhängigkeit die Bundesbank zum „heimlichen Regenten" machen. Ein Kreditplafond, so ergab sich als zusammenfassende Meinung des Beirats, ist also notwendig entweder zum Schutz der Währung (vor allem bei abhängiger Zentralbank) oder zur Wahrung der Grenzen der unabhängigen Zentralbankpolitik innerhalb des besprochenen Aufgabendreiecks. Interessant ist, daß in diesem Zusammenhang die Frage, ob denn auch der Zentralbank der Ankauf von langfristigen Staatspapieren unbegrenzt möglich sein soll, was auf einen langfristigen Staatskredit im Rahmen der Offenmarktpolitik hinausläuft, allgemein bejaht und später vom Beirat generell —als Offenmarktpolitik mit langfristigen Titeln schlechthin — befürwortet wurde, weil dies die Wertpapieranlage der Banken fördern würde (Anhang, Ziff. 2, zu diesem Beitrag). Einwänden hiergegen wurde mit der Bemerkung begegnet, daß es gegen eine Wahnsinnspolitik der Zentralbankleitung ohnehin kein institutionelles Mittel geben kann. Die Frage des Eigentums an der Notenbank ist hingegen vom Beirat zu Recht als ziemlich bedeutungslos charakterisiert worden. Es steht fest, daß der Eigentümer, wer immer es sei, keinen Einfluß auf die Kreditpolitik oder gar auf die Rentabilität der Zentralbank nehmen darf. Gewinnerzielung ist nicht Aufgabe der Bundesbank; deshalb ist ein öffentlicher Eigentümer sinnvoll. V. Bankenenquête Zu den in den beiden Gesetzentwürfen vorgeschlagenen Instrumentarien hat sich der Wissenschaftliche Beirat in seinen vorläufigen Stellungnahmen nicht geäußert. Das vorgesehene Instrumentarium der Bundesbank galt mit den in den „Vorläufigen Stellungnahmen" gemachten Anregungen als komplett, nachdem als neues Instrument Mindestreservesätze im einzelnen vorgesehen wurden. Es wurde angeregt, noch die Frage der öffentlichen Kassenreserven zu regeln, und zwar dadurch, daß ein Zwang zur Haltung dieser Bestände im Zentralbanksystem in das Gesetz aufgenommen werden sollte. A u f beide Fragen ist der Beirat später im Gutachten vom 3. Juni 1956 ausführlicher eingegangen (Anhang Ziff. 2 zu diesem Beitrag).
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Es zeigte sich im Verlauf der Diskussionen des Beirats, daß eine Reihe von Einzelfragen ungeklärt bleiben mußte, weil zu viele Details in ihren praktischen Bedeutungen nachzuprüfen gewesen wären. Außer diesen Einzelproblemen mußte aus den gleichen Gründen auch die prinzipielle Frage nach der Stellung der Zentralbank im gesamten Bankensystem, also die Beziehungen zu den Geschäftsbanken, offen bleiben. Der Wissenschaftliche Beirat griff daher die Anregung zu einer umfassenden Bankenenquête auf und brachte zum Ausdruck, daß er einer solchen Enquête großen Wert beimesse. Nicht zuletzt sollte dadurch auch das Interesse der Öffentlichkeit für die Geld- und Kreditordnung mehr aktiviert werden. Er stellte fest, daß man bisher zu leichtfertig an das Notenbankgesetz herangegangen sei und sich wenig um die bisherigen Erfahrungen bemüht habe. So hatte zum Beispiel der zuständige Ausschuß des Bundestags die Entwürfe ohne Hinzuziehung der Wissenschaft, der Ministerien und der Bank deutscher Länder beraten. Auch die umfangreichen Vorbereitungen in der wissenschaftlichen Literatur waren von den vorbereitenden und entscheidenden Instanzen bei weitem nicht ausgewertet worden. Der Beirat kam nach kurzer Beratung zu der Auffassung, daß dem zu konstituierenden Enquête-AusschuB der Ertrag seiner (des Beirats) freigeführten Verhandlungen zur Verfügung stehen müsse und beschloß, die Ergebnisse seiner Verhandlungen als Empfehlungen und vorläufige Stellungnahmen schriftlich zu fixieren. Die Verhandlungen waren, wie schon angedeutet, nicht frei von Spannungen zwischen dem Beirat und Vertretern der Verwaltung. Insbesondere bestanden Meinungsverschiedenheiten in den Fragen der Organisationsform (Einstufigkeit oder Zweistufigkeit), die der Beirat als von minderem Interesse erachtete, aber auch bei dem vom Beirat betonten Primat der Innensituation und bei der Formulierung der Aufgaben und des Verhältnisses der Notenbank zur Regierung. I m ganzen fühlte sich der Beirat für ein Gutachten über „Probleme der Geld- und Kreditordnung" zeitlich und praktisch überfordert. So ist sein Vorschlag für eine umfassende kreditpolitische Enquête zu verstehen, an der sowohl die Wissenschaft als auch der politische Sachverstand beteiligt werden sollten. Zu einer solchen Untersuchung ist es leider ebenso wenig gekommen wie zu einer erneuten Beratung und zu einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium zum Bundesbankgesetz. In der zweiten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages legte die Bundesregierung 1956 einen neuen Gesetzentwurf vor. Er ist in der Sitzung vom 26. Juli 1957 beschlossen worden und am 1. August 1957 in Kraft getreten.
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Anhang 1 Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium hat sich in seiner 28. Sitzung vom 20. und 21. Februar 1954 mit Problemen der Geld- und Kreditordnung befaßt und ist zu folgenden Empfehlungen und vorläufigen Stellungnahmen gelangt:
I. 1.
Die gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik stehen vor der Aufgabe, die Geld- und Kreditordnung durch neue deutsche Gesetze zu regeln.
2.
Die Beratungen des Beirats haben ergeben, daß es vor Erlaß eines neuen Notenbankgesetzes und der damit notwendig werdenden Neugestaltung des Kreditwesengesetzes unbedingt einer sehr eingehenden wissenschaftlichen Untersuchung —insbesondere auch der institutionellen Seiten — bedarf, die nur von einem zu diesem Zweck berufenen unabhängigen Gremium nach Anhörung aller zuständigen und betroffenen Stellen in der Form einer umfassenden Enquete durchgeführt werden kann. Der Wissenschaftliche Beirat empfiehlt daher aufs dringendste die möglichst baldige Durchführung einer solchen Enquête. Die Mitglieder des Enquête-Gremiums sollten aus den Kreisen der Kreditinstitute, der hauptsächlich betroffenen Wirtschaftskreise und der Wissenschaft von der Bundesregierung bestellt werden. Der Vorsitzende des Enquête-Gremiums ist aus den Kreisen der Mitglieder von diesen selbst zu wählen. Im Interesse einer fruchtbaren und schnellen Arbeit erscheint es angebracht, die Zahl der eigentlichen Ausschußmitglieder auf 15 zu begrenzen. Keines der Mitglieder darf an Weisungen irgendwelcher Behörden, Verbände usw. gebunden sein.
3.
Unbeschadet dieser Meinung hat sich der Beirat mit einigen grundsätzlichen Fragen einer künftigen Geld- und Kreditordnung befaßt und dabei insbesondere (1) die Frage der Aufgaben und der Zielsetzung der Notenbankpolitik, (2) die Frage der Unabhängigkeit der Notenbank und damit zusammenhängender institutioneller Probleme und (3) spezielle Probleme des kreditpolitischen Instrumentariums
4.
erörtert. Wenn auch für alle diese Stellungnahmen des Beirats gilt, daß sie gegebenenfalls auf Grund der Ergebnisse der vorgeschlagenen Enquête revidiert werden müssen, so ist doch diese Gefahr um so geringer, je mehr sie sich auf allgemein theoretische Erwägungen grundsätzlicher Art stützen.
II. 5.
Es kann nicht Sache der Notenbank sein, von sich aus autonom wirtschaftspolitische Ziele aufzustellen; vielmehr hat sie die Ziele der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Regierung zu berücksichtigen. Jedoch läßt sich die Inanspruchnahme der
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Notenbank für die Verwirklichung wirtschaftspolitischer Ziele nur innerhalb eines bestimmten Rahmens rechtfertigen. 6.
Dieser Rahmen kann aber nicht in der traditionellen Weise durch eine starre Bindung der Währungseinheit an irgendwelche volkswirtschaftliche Einzelgrößen abgesteckt werden.
7.
Ungeachtet der Notwendigkeit, die bestehenden internationalen Verpflichtungen auf währungspolitischem Gebiet zu erfüllen und im Interesse der Integration Europas sowie der Wiederherstellung eines multilateralen Weltwirtschaftsverkehrs weitere derartige Verpflichtungen einzugehen, erscheint es unzweckmäßig, in das Bundesbank- und in das Münzgesetz eine Definition der Deutschen Mark als einer festen Gewichtsmenge Feingold in dem Sinne aufzunehmen, daß dadurch die Verpflichtung der Bank begründet würde, ihre Geld- und Kreditpolitik entsprechend dem sogenannten Goldautomatismus zu steuern. Zur Begründung hierfür genügt bereits, daraufhinzuweisen, daß eine derartige Bindung der Geldund Kreditpolitik die Bundesregierung und die Notenbank, solange keine zureichende internationale Kooperation verwirklicht ist, zwingen könnte, in einer konjunkturell ungeeigneten Situation Deflationsmaßnahmen durchzuführen.
8.
Analoge Überlegungen gelten für die Ablehnung einer im Bundesbankgesetz fixierten Bindung der Deutschen Mark an eine bestimmte fremde Währungseinheit oder an einen bestimmten, irgendwie fixierten Preisindex.
9.
Es erscheint generell unzweckmäßig, die Währungspolitik durch eine eindeutige Norm starr zu binden. Jedoch wäre es ebenso unzweckmäßig, in das Bundesbankgesetz überhaupt keine Richtlinie für die Geld- und Kreditpolitik aufzunehmen.
10. Im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik hat die Notenbank die spezielle Funktion, die Geldversorgung der Volkswirtschaft richtig zu dosieren. Es empfiehlt sich daher, hinsichtlich dieser Funktion die Aufgabe der künftigen Bundesbank wie folgt zu formulieren: 11. „Die Notenbank hat im Interesse eines stetigen Wachstums der Volkswirtschaft die Geld- und Kreditpolitik danach auszurichten, daß die Kaufkraft der Deutschen Mark tunlichst stabil gehalten wird, daß die Geld- und Kreditpolitik zu einer Beschäftigung aller Produktivkräfte beiträgt und daß der Zahlungsbilanzausgleich auf der Grundlage eines freien internationalen Leistungsaustausches erfolgen kann."
III. 12. Um es der Notenbank zu ermöglichen, daß sich ihre Geld- und Kreditpolitik innerhalb der eben bezeichneten Richtlinien hält, muß die Notenbank mit einem hohen Maß von Unabhängigkeit ausgestattet werden. 13. Diese Unabhängigkeit konkretisiert sich zunächst in ihrer alleinigen Zuständigkeit für die Handhabung des unten geschilderten Instrumentariums, das ihr für die Durchführung dieser Politik in die Hand gegeben wird. In der Handhabung ihres Instrumentariums und ihrer Geschäfte ist sie keinen Weisungen von Regierungsstellen unterworfen. Bei ihrer Entscheidung über den optimalen Kom-
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14. Für eine Stärkung der Unabhängigkeit der Notenbank hat sich bisher der zweistufige Aufbau des deutschen Notenbanksystems als geeignet erwiesen. Außerdem garantiert dieser Aufbau das Wirksamwerden eines echten Kollegialprinzips und eine besondere Wirtschaftsnähe sowie die Gewinnung unabhängiger Persönlichkeiten für die Leitung des Notenbankwesens. Es wird empfohlen, an dem zweistufigen Aufbau festzuhalten, zumal die Praxis ergeben hat, daß auch mit diesem System eine einheitliche Währungs-, Geld- und Kreditpolitik erfolgreich durchgeführt werden kann. Ein Teil der Beiratsmitglieder sieht sich nicht in der Lage, dieser Empfehlung zuzustimmen, da für sie das Pro und Contra der Zweistufigkeit noch nicht ausreichend geklärt ist. 15. Das Weisungsrecht der Bundesbank an die Landeszentralbanken muß in geeigneter Weise verfassungsrechtlich einwandfrei geregelt werden. 16. In einem zweistufigen System erscheint die Gefahr, daß Rentabilitätsgesichtspunkte der Notenbank für die Geldpolitik bestimmend werden, nicht größer als in jeder anderen Organisationsform der Notenbank. Es ist selbstverständlich und unerläßlich, daß die Geld- und Kreditpolitik der Notenbank sich völlig frei hält von irgendwelchen Ertragsrücksichten. 17. Deshalb erscheint es sinnvoll, daß sich das Kapital der Notenbank ausschließlich in öffentlicher Hand befindet.
IV. 18. Die ausschließliche Berechtigung der Notenbank, über ihre bekannten Werkzeuge (Diskontpolitik, Offenmarktpolitik, Mindestreserve) zu verfügen, ist im Gesetz festzulegen. Die Mindestreservesätze sollen nach oben und unten begrenzt sein, und zwar sollte der Spielraum zwischen 5 und 25% liegen. 19. Weitere Pflichten und Rechte der Notenbank müssen durch das Gesetz festgelegt werden. Dazu gehören insbesondere die Kassenkredite und Rediskontierungszusagen der Notenbank an den Staat. Hierfür ist im Gesetz eine Obergrenze festzulegen. Anträge der Regierung im Parlament auf Änderung dieser gesetzlichen Bestimmung müssen die Stellungnahme der Bundesnotenbank enthalten. 20. Das Recht der Notenbank, aus konjunkturpolitischen Gründen Einfluß auf die Inanspruchnahme von Zentralbankkrediten durch den Staat und auf die Stillegung öffentlicher Gelder zu nehmen, sollte in institutionell geeigneter Form verankert werden. 21. Abgesehen von der Kreditgewährung an die öffentliche Hand ist die Zentralbank auf den Verkehr mit Banken zu beschränken.
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22. Um die Richtung der Geld- und Kreditpolitik der Notenbank auch im Geschäftsverkehr der übrigen Kreditinstitute durchzusetzen, sind geeignete institutionelle und sonstige Maßnahmen zu treffen. Königswinter, den 21. Februar 1954 Hotel Margarethenhof Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium gez. Prof. Dr. E. von Beckerath
Anhang 2 Auszug aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats vom 3. Juni 1956 „Instrumente der Konjunkturpolitik und ihre rechtliche Institutionalisierung44:
IV. Geld- und Kreditpolitik 23. Kernstück, aber nicht einzig möglicher Ansatzpunkt jeder wirksamen Konjunkturpolitik ist die Beeinflussung der monetären Nachfrage. Diese Beeinflussung muß derart erfolgen, daß die oben genannten drei Ziele erreicht werden, also Vollbeschäftigung annähernd verwirklicht, das Preisniveau der Konsumgüter tunlichst stabil Und die Zahlungsbilanz möglichst im Gleichgewicht gehalten wird. 24. Abgesehen von Variationen der Kassenhaltung und der Zahlungsgewohnheiten haben Veränderungen der monetären Gesamtnachfrage zur Voraussetzung, daß die Geldmenge durch das Zentralbanksystem verändert wird. Zentralbankgeld kann entweder den Geschäftsbanken oder den öffentlichen Kassen zur Verfügung gestellt werden. Während die Zentralbank in der Regulierung der den Geschäftsbanken zur Verfügung gestellten Zentralbankmittel autonom ist, muß sie — nach der bestehenden Rechtslage — die Einzahlung und den Abzug öffentlicher Guthaben passiv hinnehmen und kann sich nur der Erhöhung ihrer Kredite an die öffentliche Hand widersetzen. Für eine konjunkturpolitisch sinnvolle Veränderung der Geldmenge ist daher eine Kooperation von Zentralbank und öffentlicher Hand notwendig. 25. Durch Zurverfügungstellung von Zentralbankgeld wird unmittelbar der Liquiditätsstatus der Geschäftsbanken beeinflußt. Dadurch werden mittelbare Wirkungen auf die Kreditkonditionen der Geschäftsbanken, auf ihre Bereitschaft zur Kredithergabe und auf die Modalitäten der Verteilung des Kreditvolumens ausgeübt. Jedoch ist der Umfang des tatsächlich geschaffenen Kreditvolumens gleichzeitig, wenn nicht in erster Linie, von den Gewinnerwartungen der Unternehmer abhängig, die den Umfang der Kreditnachfrage bestimmen. Infolgedessen ist die Zentralbank nicht in der Lage, durch ihre Politik eine bestimmte Wachstumsrate der Volkswirtschaft durchzusetzen. Sie kann lediglich
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26. Zur Beeinflussung des Kreditvolumens stehen der Zentralbank die Methoden moderner Notenbankpolitik, insbesondere Diskont-, Offenmarkt- und differenzierende Mindestreservenpolitik, die Festsetzung von Rediskontkontingenten sowie sonstiger Refinanzierungsbedingungen zur Verfügung. Diese Instrumente sollten niemals isoliert, sondern stets zweckmäßig aufeinander abgestimmt angewendet werden. Dabei sollte auf die Variabilität der Diskont- und Offenmarktpolitik besonderes Gewicht gelegt werden. Die Ausdehnung der Offenmarktoperationen auf langfristige festverzinsliche Wertpapiere ist zu empfehlen, was dem Geschäftsbankensystem überdies ermöglichen würde, sich in stärkerem Maße der Wertpapieranlage zuzuwenden, als es der bisherigen deutschen Tradition entspricht. 27. Die Einbeziehung der Kapitalmarkttitel in die Offenmarktpolitik der Zentralbkank darf selbstverständlich nicht einschließen, daß die Zentralbank damit eine Verpflichtung zu kursregulierendem Eingreifen übernimmt. Dadurch würden nämlich derartige Titel im Besitz der Geschäftsbanken den Charakter einer neuen Sekundärliquidität gewinnen, durch deren Ausnutzung die Geschäftsbanken eine restringierende Politik der Zentralbank zu durchkreuzen in der Lage wären. 28. Zur Erhöhung der Wirkung der Mindestreservenpolitik ist eine Ansetzung weiter Spielräume und die Einbeziehung aller Einlageformen in die Mindestreservepflicht zu empfehlen. Um zu vermeiden, daß die Geschäftsbanken sich durch Ausnutzung ihrer Sekundärliquidität den Wirkungen der liquiditätspolitischen Maßnahmen des Zentralbanksystem entziehen, ist es notwendig, daß die Zentralbank wie bisher den Umfang ihrer Refinanzierungskredite nicht allein von einer bonitätsmäßigen Prüfung der Kreditanträge abhängig macht, sondern auch quantitativ durch Rediskontkontingente begrenzt. Zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit mancher Institute müssen jedoch Ausweichmöglichkeiten auf den Lombardkredit belassen werden. 29. Variationen der Zinssätze durch die Zentralbank wirken als ein erwünschtes Signal für die am Kreditsystem beteiligten Wirtschaftssubjekte. Die Häufigkeit dieser Variatonen wird verhindern, daß Presse und Publikum unberechtigte und konjunkturpolitisch unerwünschte Konsequenzen aus diesen Zinssatzänderungen glauben ziehen zu müssen. 30. Die in vielen Jahrzehnten bewährte alleinige Zuständigkeit der Zentralbank für die Festsetzung ihrer Diskont- und Lombardsätze sollte unbedingt gewahrt bleiben. Das Gleiche gilt für die Festsetzung der Mindestreserven und der Rediskontkontingente. Wann und in welcher Kombination die kreditpolitischen Maßnahmen jeweils einzusetzen sind, sollte der Entscheidung der Zentralbank deswegen überlassen bleiben, weil sie nur aus ihrer Kenntnis der Geld- und Kreditmärkte heraus und nur von Fall zu Fall auf Grund der jeweils dort gegebenen Situation eine zweckmäßige Auswahl der Instrumente treffen und die Dosierung ihrer Anwendung bestimmen kann.
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31. Viele Zentralbanken üben eine selektive Kreditpolitik aus und können dadurch auf das Ausmaß der Kreditgewährung auf einzelnen Wirtschaftsgebieten Einfluß nehmen, ζ. B. auf den Umfang und auf die Konditionen für Teilzahlungs-, Effekten-, Export- und Baukredite. Durch ihre Refinanzierungsbedingungen wirkt die Politik der BdL auf einzelnen Gebieten in gleicher selektiver Weise. Eine gesetzliche Verpflichtung zu paritätischer oder differenzierender Behandlung verschiedener Teilvolumina des Kredites sollte nicht begründet werden. Abgesehen von den technisch-administrativen Schwierigkeiten haben die nachteilig betroffenen Wirtschaftskreise häufig die Möglichkeit, sich den Wirkungen selektiver kreditpolitischer Maßnahmen zu entziehen. Schließlich besteht die sehr große und naheliegende Gefahr, daß besondere Befugnisse zu selektiver Kreditpolitik zu einem mit den Grundsätzen der Marktwirtschaft unvereinbaren punktuellen und sich evtl. steigernden Dirigismus führen. Auch die Bekämpfung von Engpässen, die die erstrebte wirtschaftliche Wachstumsrate gefährden, sollte nicht zur Aufgabe der Zentralbankpolitik durch differenzierende Diskontpolitik o. ä., vielmehr zur Aufgabe der Fiskal- und der übrigen Wirtschaftspolitik gemacht werden.* 32. Unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten sollte eine Zentralbank als eine Bank der Banken und der öffentlichen Hand organisiert sein, damit sie bei ihren kreditpolitischen Maßnahmen niemals in den Verdacht geraten oder gar in die Versuchung kommen kann, zu Gunsten ihrer eigenen Publikums-Kunden die Kundschaft der Geschäftsbanken bei restriktiven oder expansiven Maßnahmen zu diskriminieren."
* Zwei Mitglieder des Beirats beim BMW stehen trotz dieser auch von ihnen bejahten Bedenken auf dem Standpunkt, daß sie nicht den Ausschlag geben sollten. Das Erfordernis der Investitionslenkung innerhalb des „Wirtschaftsprogramms" (Abschnitt VII) wiegt so schwer, daß möglichst viele verschiedene Mittel zur Verfügung stehen sollten. Jede Beschränkung des Instrumentariums mache Lenkpngseingriffe, die in bestimmten Situationen ergriffen werden müssen, in ihrer Wirkung härter.
Vorstellungen über eine alternative Geldordnung Von Hans-Joachim Huß und Peter Trapp, Kiel
Aufgabe der 1957 gegründeten Deutschen Bundesbank ist es, die Kaufkraft der D - M a r k zu sichern. Um diesen Auftrag erfüllen zu können, ist der Bundesbank im Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BBG) das ausschließliche Recht, Banknoten auszugeben, eingeräumt worden (§ 14 BBG). Außerdem verfügt sie über eine Reihe zins- und liquiditätspolitischer Instrumente, die es ihr ermöglichen sollen, den Geldumlauf und die Kreditversorgung im Inland so zu regeln, daß der Wirtschaftsablauf reibungslos und inflationsfrei finanziert werden kann. Nach der leidvollen Erfahrung mit zwei Inflationen, die auf den staatlichen Mißbrauch der Notenpresse zurückzuführen waren, hatte man zwei Sicherungen in das Bundesbankgesetz eingebaut, um zu verhindern, daß der Staat seine Ausgaben durch unkontrollierte Geldschöpfung finanziert. Zum einen ist die Bundesbank „bei der Ausübung der Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen, von Weisungen der Bundesregierung unabhängig" (§ 12 BBG), zum anderen ist die staatliche Inanspruchnahme der Notenbank auf kurzfristige, der Höhe nach begrenzte Kassenkredite beschränkt (§20 BBG) 1 .
I. Anhaltende Inflation Damit war zwar der Staat als Inflationsquelle ausgeschaltet; es zeigte sich jedoch bald, daß Gefahren für die Geldwertstabilität nicht beseitigt waren, sie kamen vor allem von außen (Hahn, 1962, Sachverständigenrat, 1965). Denn in dem Festkurssystem von Bretton Woods, in dem Paritätsänderungen nur bei fundamentalem außenwirtschaftlichen Ungleichgewicht vorgesehen waren, führte jeder Versuch der Bundesbank, sich vom internationalen Inflationstrend abzuhängen, über kurz oder lang zu Aufwertungserwartun1 Wirksamen Schutz vor staatlichen Manipulationen können solche Vorschriften freilich nur gewähren, wenn die rechtsstaatlichen Institutionen intakt sind. Auch für die Reichsbank war nach der Inflation von 1923 im Bankgesetz von 1924 eine autonome Stellung und eine enge Begrenzung der Kredite an das Reich festgelegt. (Stucken 1976). Die Regelungen wurden jedoch in der Zeit des Nationalsozialismus zunächst umgangen und 1937 ganz aufgehoben (Hansmeyer, Caesar, 1976). Zur Bedeutung der Notenbankautonomie vgl. auch Giersch/Lehment (1981).
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gen und zu Kapitalzuflüssen. Die Bundesbank mußte dann auf dem Devisenmarkt intervenieren, um den Dollar zu stützen. Dadurch kam es zu einer beschleunigten monetären Expansion und letztlich zu einer Anpassungsinflation im Inland. Nur dank sporadischer Paritätsänderungen nach Phasen anhaltenden Aufwertungsdrucks ist es der Geldpolitik in der Zeit fester Wechselkurse gelungen, die Bundesrepublik am unteren Ende des internationalen Inflationsgeleitzuges zu halten. Mit dem Zusammenbruch des Bretton Woods Systems im Jahr 1973 und dem Übergang zu flexibleren Wechselkursen war die notwendige Bedingung für eine autonome Stabilitätspolitik im Inland zwar geschaffen, doch hat die Bundesbank diesen Spielraum nicht ausgeschöpft. Vor allem aus konjunkturellen Gründen hat sie nach 1973 eine Geldmengenexpansion zugelassen, die weit über das hinausging, was mit dem Ziel der Geldwertstabilität vereinbar war. Die anhaltende Geldentwertung hat in der Bundesrepublik — wie in vielen anderen Ländern — das Vertrauen in die Fähigkeit und Bereitschaft der Notenbank, für wertstabiles Geld zu sorgen, nachhaltig erschüttert. Weltweit ist in den siebziger Jahren die Nachfrage nach inflationssicheren Geldanlagen gestiegen. Zwar ist die Geldpolitik in den meisten Ländern seit Anfang der achtziger Jahre deutlich auf Inflationsbekämpfung ausgerichtet, doch hat dies die Befürchtung nicht ausräumen können, daß die Notenbanken ihren Restriktionskurs wegen der hohen sozialen Kosten der Inflationsbekämpfung in Form von Arbeitslosigkeit und hartnäckig hoher Haushaltsdefizite nicht durchhalten werden. Immer noch sind die Zinsen auf den Kapitalmärkten auf einem Niveau, das gemessen am aktuellen Preisanstieg, mehr aber noch gemessen an der durch die Restriktionspolitik angelegten niedrigeren Inflationsrate, außerordentlich hoch ist. Zugleich haben sich die Laufzeiten der neu emittierten Papiere auf dem Kapitalmarkt drastisch verkürzt. Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht nur dringend erforderlich, nach Maßnahmen zu suchen, mit denen die Inflation und die Inflationserwartungen mit möglichst geringen sozialen Kosten reduziert werden können, sondern auch über Mittel und Wege nachzudenken, mit denen solche anhaltenden Inflationsprozesse in Zukunft verhindert werden können. Gegenstand dieses Beitrages ist die Frage, wie die monetären Rahmenbedingungen verändert werden müssen, um sicherzustellen, daß die Geldpolitik ständig — und nicht nur wenn konjunkturelle Umstände dies geboten erscheinen lassen — am Ziel der Geldwertstabilität ausgerichtet ist. Die Auffassungen über die optimale Geldordnung gehen weit auseinander, und es ist an dieser Stelle nicht möglich, die Diskussion über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Geldordnungen umfassend darzustellen 2. Wir beschränken uns im folgenden auf zwei Vorschläge, die in jüngster Zeit :
Vgl. hierzu Schumpeter (\965\ S. 1304 ff.), Friedman (1953, S. 133 ff. und S. 204 ff.)
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häufig diskutiert worden sind und die (scheinbar) relativ entgegengesetzte Positionen beinhalten: auf den Plan, wieder eine Goldbindung einzuführen (Laffer, Turney, 1980) und auf den Vorschlag, das staatliche Geldschöpfungsmonopol abzuschaffen und Wettbewerb zwischen privaten Notenbanken zuzulassen (Hayek, 1976; Vaubel, \911\Engels , 1981). Abschließend wird eine Geldordnung zur Diskussion gestellt, in der das positive Element (Geldwertstabilität) der beiden Vorschläge mit möglichst wenig institutionellen Änderungen mit dem Vorteil des gegenwärtigen Systems (niedrige soziale Kosten der Geldproduktion) verbunden wird. Als Ausgangspunkt der Analyse alternativer Geldordnungen soll eine kurze Darstellung des gegenwärtigen Systems und der Hypothesen über den optimalen Umfang der Geldversorgung dienen.
II. Grundzüge der gegenwärtigen Geldordnung In der gegenwärtigen Geldordnung der Bundesrepublik gibt es zwei Anbieter von Geld: die Bundesbank und die Kreditinstitute. Die Bundesbank ist monopolistischer Anbieter von Zentralbankgeld (Einlagen bei der Bundesbank und Bargeldumlauf); die von ihr in Umlauf gebrachten Banknoten und Münzen sind gesetzliches Zahlungsmittel 3 . Die Kreditinstitute produzieren Geld in Form von Sichteinlagen, indem sie entweder Aktiva von privaten Nichtbanken erwerben oder Kredite gewähren. Die Geldmenge ist der von den privaten Nichtbanken gehaltene Bestand an Bargeld und Sichteinlagen, sie ist vor allem das Ergebnis der Kredit- bzw. Buchgeldschöpfung der Kreditinstitute (Geld der privaten Emittenten in gleicher Währungseinheit wie das Zentralbankgeld). Es besteht jedoch eine enge Beziehung zwischen der Zentralbankgeldmenge 4 und der Geldschöpfung der Kreditinstitute. Denn aufgrund der Pflicht, Sichteinlagen auf Verlangen in Bargeld umzutauschen und bei der Notenbank Mindestreserven auf Einlagen zu halten, ist durch die Zentralbankgeldmenge eine Grenze für die Geldschöpfung der Kreditinstitute gegeben. Klein 1974, S. 44) spricht von einer Geldordnung, in der jede Bank in der Lage sein muß, das von ihr emittierte Geld (Buchgeld) zu pari in das dominierende Geld (Zentralbankgeld) einzulösen5. 3 Das Recht, Münzen auszugeben, steht nach § 1 Münzgesetz zwar dem Bund zu, doch erfolgt die Ausgabe der Münzen über die Deutsche Bundesbank. 4 Dieses Aggregat entspricht dem üblichen Geldbasiskonzept, es ist nicht identisch mit der von der Bundesbank verwendeten Zielgröße, der Zentralbankgeldmenge zu konstanten Reservesätzen. 5 Die Vorstellung, daß das private Geldangebot ohne diese Einlösepflicht grenzenlos expandieren würde, zumal die Produktionskosten des Geldes nahezu gleich Null sind, wird häufig als Berechtigung für das staatliche Monopol der Zentralbankgeldschaffung angesehen. Inwieweit diese Auffassung richtig ist, ist im folgenden noch zu untersuchen.
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Bei gewinnmaximierendem Verhalten der Kreditinstitute und stabilem Einlageverhalten (Präferenzen) des Publikums kann die Expansion der Geldmenge also mit Hilfe der Zentralbankgeldmenge gesteuert werden. Interventionsverpflichtungen, wie sie gegenwärtig im EWS bestehen, können allerdings die Autonomie der Notenbank bei der Steuerung der monetären Expansion — zumindest zeitweise — stark einschränken. Abgesehen von solchen Zwängen können die geldpolitischen Instanzen freilich nur das nominale Geldangebot steuern, das Publikum bestimmt durch die Höhe des Preisniveaus selbst, welche realen Kassenbestände es halten will {Johnson 1971). Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Geldpolitik keinen Einfluß auf die Veränderungen des Preisniveaus habe. Empirische Untersuchungen haben vielmehr gezeigt, daß die Nachfrage nach realer Kassenhaltung eine stabile Funktion einiger weniger Variablen ist. Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhanges und der durchschnittlichen Veränderung der Bestimmungsfaktoren der Geldnachfrage kann die Notenbank dafür sorgen, daß die Zunahme der nominalen Geldmenge auf mittlere Sicht etwa gleich dem Anstieg der Nachfrage nach realer Kassenhaltung ist. Bei diesem Kurs sind zwar kurzfristige Divergenzen zwischen Geldangebot und Geldnachfrage kaum zu vermeiden, verhindert werden kann aber, daß es — wie in den vergangenen Jahrzehnten — zu einer länger anhaltenden inflationären Ausweitung,der Geldmenge kommt. Tatsächlich werden diese Zusammenhänge auch bei der Festlegung von Geldmengenzielen berücksichtigt (Deutsche Bundesbank, 1981, S. 5).
I I I . Hypothesen über die optimale Geldversorgung Von der Technik der monetären Steuerung her gesehen, ist es für die Zentralbank prinzipiell möglich, den Geldumlauf so zu regeln, daß Preisniveaustabilität auf mittlere Sicht erreicht wird. Es besteht zwischen Theoretikern und Praktikern der Geldpolitik auch Übereinstimmung darüber, daß eine anhaltende Inflation ohne eine Ausweitung der Geldmenge, die über längere Frist über das Wachstum des Produktionspotentials hinausgeht, nicht möglich ist CFriedman,, 1969, S. 150; Schlesinger, 1976, S. 533). Dennoch ist es in der Nachkriegszeit zu immer stärkeren Preissteigerungen gekommen. Es ist daher zu untersuchen, ob wohlfahrtstheoretische Gründe — anders als wirtschaftspolitische Überlegungen — für eine positive Inflationsrate sprechen. Unter wohlfahrtstheoretischen Gesichtspunkten ist die Geldversorgung dann optimal, wenn die privaten Kosten der Geldhaltung gleich den sozialen Kosten der Geldproduktion sind. Kosten der Geldhaltung entstehen in Form entgangener Erträge, d. h. der Erträge, die man bei alternativer Verwendung des Geldes erhalten hätte. Sie sind bei Geldwertstabilität so hoch wie der Realzins. Wenn das Preisniveau steigt, entstehen zusätzliche Kosten in Höhe
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der Inflationsrate. Die Unternehmen und Haushalte versuchen dann, ihre Kassenbestände zu reduzieren, etwa indem sie ihre Zahlungsgewohnheiten ändern und inflationsgeschützte Anlagen nachfragen. Die dafür verwendeten Ressourcen stellen die sozialen Kosten der Inflation dar. Auch vielen gesetzlichen Vorschriften und institutionellen Regelungen sowie vielen Geschäftsusancen liegt die Annahme von Geldwertstabilität zugrunde. Sie führen bei (unerwarteten) Preisniveausteigerungen zu ungewollten und effizienzmindernden Vermögenstranfers oder, wenn Preisniveauerhöhungen erwartet und Maßnahmen getroffen werden, um solche Effekte zu vermeiden, zu zusätzlichen sozialen Kosten. Die für diese Zwecke eingesetzten Ressourcen sind bei anhaltender Inflation nicht unerheblich und stellen einen Wohlstandsverlust für die Gesellschaft dar. Die sozialen Kosten der Geldproduktion sind dagegen gleich Null, wenn man einmal von den geringen Kosten für das Drucken von Banknoten und Prägen von Münzen absieht. Friedmann (1969) hat daher argumentiert, daß die optimale Geldversorgung dann erreicht ist, wenn das Preisniveau mit einer Rate sinkt, die annähernd so hoch ist wie der Realzins, weil dann die privaten Kosten der Kassenhaltung so hoch sind wie die sozialen Kosten der Geldproduktion 6 . Mussa (1977) hat dagegen eingewandt, daß Geld nicht nur als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel benutzt werde, sondern auch als Recheneinheit. Daher müssen bei der Bestimmung der optimalen Geldversorgung die Kosten der Preisanpassung mitberücksichtigt werden, die bei Deflation höher sind als bei Preisniveaustabilität, wenn nur relative und keine allgemeinen Preisänderungen stattfinden. Insgesamt spricht daher vieles dafür, eine solche Geldmengenpolitik als optimal anzusehen, die für Geldwertstabilität sorgt.
IV. Warum ein stabiler Geldwert nicht erreicht wurde Nach diesen Überlegungen kann an dem hohen Stellenwert, den Geldwertstabilität für die Wirtschaftspolitik haben muß und hat, kaum Zweifel bestehen. Daß aber ständig und in immer stärkerem Maße von dieser Norm abgewichen wurde, ist vor allem darauf zurückzuführen, daß die Geldpolitik neben der langfristigen Ausrichtung am Ziel Geldwertstabilität auch immer wieder versucht hat, kurzfristige Fehlentwicklungen konjunktureller oder außenwirtschaftlicher Natur zu korrigieren. Dahinter stand wohl die Vorstellung, daß nur der langfristige Trend der Geldmengenexpansion die Inflation bestimme und daß daher eine stärkere monetäre Expansion auf kurze Sicht nicht unbedingt die Geldwertstabilität gefährden müsse (Niehans, 1980, S. 326; Emminger, 1982, S. 299). Diese Rechnung ging jedoch nicht auf, denn 6
Andere Vorschläge laufen darauf hinaus, Geld zu verzinsen, um die Opportunitätskosten der Geldhaltung auf die sozialen Kosten der Geldproduktion zu reduzieren (Johnson, 1971).
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weder erwies sich die expansive Geldpolitik als preis- und kostenneutral, noch gelang es — wegen der mit monetären Restriktionsmaßnahmen verbundenen beschäftigungsdämpfenden Effekte — die langfristige Rate der Geldmengenausweitung nach dem Inflationsanstoß wieder auf ein stabilitätsgerechtes Maß zu reduzieren. Dies hat dazu geführt, daß das Vertrauen in die Stabilitätsanstrengungen der wirtschaftspolitischen Instanzen deutlich gesunken ist und daß die Aussichten auf eine dauerhafte Stabilisierung des Preisniveaus immer ungünstiger eingeschätzt werden. Diese Erwartung scheint sich selbst zu erfüllen: Denn bei ungebrochenen Inflationserwartungen werden die dämpfenden Effekte der Restriktionspolitik nicht oder nur unzureichend bei Lohnabschlüssen und Preisfestsetzungen berücksichtigt, so daß die Anti-Inflationspolitik mit so starken Produktions- und Beschäftigungsrückgängen verbunden ist, daß früher oder später aus Beschäftigungsgründen eine übermäßige geldpolitische Lockerung zu befürchten ist. Immer deutlicher zeigt sich, daß ein höherer Beschäftigungsgrad mit Hilfe einer Politik des billigen Geldes auf Dauer nicht erreicht werden kann und daß diese Politik zu immer mehr Inflation führt und die Inflationsbekämpfung immer schwieriger macht. Dazu hat freilich beigetragen, daß eine gradualistische Strategie, mit der die Kollision zwischen Geld- und Lohnpolitik hätte abgeschwächt werden können, nie durchgeführt worden ist (Stein, 1980). Die Bundesbank ist zwar 1974 dazu übergegangen, Geldmengenziele festzulegen und hat damit dem Ziel einer stetigen, potentialorientierten Geldmengenpolitik mehr Gewicht eingeräumt. Sie hat sich aber ausdrücklich vorbehalten, bei außenwirtschaftlichen sowie bei tarif- oder finanzpolitischen Fehlentwicklungen vom Geldmengenziel abzuweichen. Von diesem Vorbehalt hat sie in der Vergangenheit reichlich Gebrauch gemacht. Sie ist überdies dazu übergegangen, Zielmargen zu nennen, die relativ viel Spielraum für diskretionäre Veränderungen der Zuwachsrate der Geldmenge lassen. Auch in Zukunft wird es sich die Bundesbank kaum nehmen lassen, „flexibel" auf Zielabweichunen zu reagieren. Damit besteht, insbesondere bei anhaltend schlechter Beschäftigungslage, weiterhin die Gefahr, daß die Notenbank, um beispielsweise eine „übersteigerte" Aufwertung der D-Mark zu vermeiden, eine Überschreitung des Geldmengenziels zuläßt. Im Interesse einer langfristigen Sicherung der Geldwertstabilität ist daher zu überlegen, wie die geldpolitischen Rahmenbedingungen verändert werden müssen, um eine stetigere Entwicklung der Geldmenge zu erreichen.
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V. Stärkere Inflationsbremsen erforderlich Wichtig ist vor allem, daß die Geldpolitik ausschließlich daran ausgerichtet ist, Geldwertstabilität zu sichern, denn nur dieses Ziel kann sie auf längere Sicht erreichen 7. Nachdrückliche Bekenntnisse der geldpolitischen Instanzen zu einer stabilitätsorientierten Politik reichen allerdings nicht aus, um das Vertrauen in die Bemühungen um Geldwertstabilität wiederherzustellen. Die Wirtschftssubjekte verlangen stärkere Garantien und handfeste Sicherungen gegen eine neue Fehlleitung der Geldpolitik. Es ist notwendig, wirksame Inflationsbremsen in die Geldordnung einzubauen, um zukünftig kumulative inflationäre Prozesse zu verhindern. Aber auch bei solchen währungspolitischen Schritten wird es geraume Zeit dauern, bis sich die Inflation und die Inflationserwartungen deutlich verringert haben. In dieser Phase sind weitere Produktions- und Beschäftigungseinbußen wahrscheinlich. Nur wenn die Wirtschaftssubjekte den Rückgang der Inflationsrate bei ihren Lohn- und Preisentscheidungen bereits antizipieren, ist es möglich, daß sich die sozialen Kosten der „Disinflation" in erträglichen Grenzen halten. Um einen wirtschaftlichen Kollaps zu vermeiden, kommt es.daher darauf an, die Wirtschaftssubjekte davon zu überzeugen, daß die Notenbank im Kampf gegen die Inflation nicht nachlassen wird und daß sie dabei von der Finanzpolitik unterstützt wird. Zu diesem Zweck ist vorgeschlagen worden: — daß Indexklauseln in Tarifverträgen und im privaten Kapitalverkehr zugelassen werden, um „kostspielige" Irrtümer über die zukünftige Höhe der Inflationsrate zu vermeiden (Giersch, 1973), — daß der Staat seine Entschlossenheit, Geldwertstabilität zu erreichen, durch die Ausgabe kaufkraftgesicherter Anleihen dokumentiert, denn nur bei einem Rückgang der Inflationsraten könnte er seine Zinsausgaben dann reduzieren ( Vaubel, Ahnefeld, 1974) und — daß sich die Notenbank nicht nur für ein Jahr, sondern für einen Zeitraum von mehreren Jahren vorbehaltlos auf Geldmengenziele festlegt, die einen schrittweisen Abbau der monetären Preiserhöhungsspielräume vorsehen (Boss et. al. 1980, S. 37). Je besser die Übergangsprobleme gelöst werden, desto größer ist die Chance, daß eine Geldordnung mit wirksameren Inflationsbremsen durchgesetzt werden kann.
7 Zur Rollenverteilung in der Konjunkturpolitik vgl. Söhnten (1969, S. 184) und Fels et. al. (1971, S. 5).
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VI. Stabiles Geld durch eine Bindung an das Gold ? Immer wenn die Papierwährungen merklich an Kaufkraft verlieren, steigt die Nachfrage nach Gold. Darin zeigt sich das ungebrochene Vertrauen der Wirtschaftssubjekte in die relative Wertbeständigkeit des Goldes. Einige Ökonomen sehen daher in der erneuten Bindung der Währung an das Gold einen erfolgversprechenden Weg zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Währung und zur dauerhaften Sicherung von Geldwertstabilität (Laffer, Turney, 1980; Wanniski, 1978). Bei der Beurteilung dieser Vorschläge ist die von Friedman (1962) eingeführte Unterscheidung zwischer echter und unechter Goldwährung hilfreich. Eine echte Goldwährung ist durch den Gebrauch des Goldes als Geld gekennzeichnet, also dadurch, daß Goldmünzen oder Goldzertifikate zirkulieren, die auf Verlangen jederzeit in Gold umgetauscht werden können. Bei einer unechten Goldwährung bestimmt die Regierung einen festen Goldpreis und setzt diesen mit Hilfe von Interventionen am Goldmarkt durch, behält sich jedoch die diskretionäre Steuerung des Geldumlaufs vor. Die Vorschläge zur Wiedereinführung einer Goldbindung laufen in der Regel auf eine unechte Goldwährung hinaus. Nach dem Plan von Laffer und Turney ζ. B. sollen im Durchschnitt 40 v H der Verbindlichkeiten der Federal Reserve durch Gold gedeckt sein (target reserve quantity). Von dieser Rate kann die Federal Reserve nach eigenem Ermessen um 25 v H nach oben oder nach unten abweichen. Damit soll der Notenbank diskretionärer Spielraum gegeben werden, um flexibel auf kurzfristige Störungen reagieren zu können. Erst bei einer stärkeren Abweichung der Golddeckung vom 40 vH-Ziel werden feste Anpassungsregeln wirksam, mit denen die Golddeckung wieder in das Zielband gebracht werden soll. Bei dieser Art der Goldbindung wird in erster Linie auf den Vertrauenseffekt des Goldes gesetzt, während der Ermessensspielraum der Notenbank ähnlich groß ist wie im gegenwärtigen System. Friedmann (1962, S. 127) hat darauf hingewiesen, daß der unechte Goldstandard in der Zwischenkriegszeit eine sehr unheilvolle Rolle gespielt hat: „Das Federal Reserve System (wich, der Verfasser) 1919 von der Politik ab, die ein echter Goldstandard diktiert haben würde. Als 1920 die Goldreserven schnell schwanden, wurde das Steuer der Geldpolitik so stark herumgeworfen, daß der Goldabfluß überkompensiert und eine drastische Deflation herbeigeführt wurde. Ähnlich legte das Federal Reserve System von 1922 bis 1929 Gold still und verhinderte, daß es sich so auf die Geldmenge auswirkte, wie es bei einem echten Goldstandard der Fall gewesen wäre. Als 1931 Großbritannien vom Gold abging und die Vereinigten Staaten einen Goldabfluß erlitten, änderte das Federal Reserve System wiederum die Richtung seiner Geldpolitik. Es reagierte auf den Goldverlust kräftiger als erforderlich gewesen wäre und verschärfte damit eine Deflation katastrophal, die bereits zwei Jahre andauerte".
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Bei einer echten Goldwährung wären die Schwankungen der Geldmengenexpansion und damit die der wirtschaftlichen Aktivität wahrscheinlich wesentlich milder ausgefallen. Zum einen hätten die Goldzuflüsse bei einem Leistungsbilanzüberschuß zu einer entsprechenden Ausweitung der Geldmenge geführt und dadurch bewirkt, daß sich das Preisniveau im Überschußland an das der Defizitländer anpaßt. Zum anderen wäre die Geldmenge im Defizitland nur im Maße der Goldabflüsse geschrumpft. Der Deflationsprozeß wäre also weniger drastisch gewesen als bei der diskretionären Politik, die darauf ausgerichet war, den Goldabfluß nicht nur zu stoppen, sondern in einen Zufluß umzuwandeln. Der Anpassungsprozeß entspricht dem in einem Festkurssystem, nur daß die Kaufkraft des Geldes hier letztlich vom Preis des Goldes und nicht von der Geldpolitik im Reservewährungsland bestimmt wird. Auch in einem echten Goldwährungssystem gibt es Kaufkraftveränderungen, nämlich dann, wenn sich das Verhältnis zwischen Güterangebot und Angebot an Währungsgold verändert. Anders als bei der Papierwährung oder beim unechten Goldstandard sind anhaltende Geldentwertungsprozesse aber kaum möglich. Denn auf lange Sicht wird die Kaufkraft des Geldes durch die Produktionskosten des Goldes bestimmt (Bordo, 1981). Der Wettbewerb zwischen den Goldproduzenten sorgt dafür, daß die Inflationen und Deflationen nicht über längere Frist andauern. Bei fallenden Goldpreisen wird die Goldproduktion zunehmend unrentabel; das Goldangebot sinkt. Umgekehrt nimmt die Produktion bei einem steigenden Goldpreis zu und übt dadurch einen dämpfenden Effekt auf den Goldpreis aus. Auch bei Veränderungen der Geldnachfrage ergäbe sich durch entsprechende Schwankungen des Preisniveaus bzw. des Goldpreises eine automatische Anpassung des Gold- bzw. des Geldangebots. Untersuchungen für Perioden mit einem echten Goldstandard zeigen, daß es kurzfristig zwar zu merklichen Veränderungen des Preisniveaus gekommen ist, daß der Geldwert auf lange Sicht aber relativ stabil war (Bordo, 1981). Historische Erfahrungen mit dem Goldstandard zeigen aber auch, daß durch neue Goldfunde sowie durch das Auflösen oder Bilden von Goldhorten schubartige Veränderungen des Geldangebots bewirkt wurden, die zu starken Störungen der wirtschaftlichen Aktivität und erheblichen Deflations- und Inflationsprozessen geführt haben. Bei dem Übergang zu einer echten Goldwährung könnte die Veränderung von Goldbeständen gerade in der Anfangsphase zu starken Kaufkraftschwankungen führen. Außerdem entstehen durch das Halten der Goldreserve erhebliche Kosten 8 . 8
Friedman hat die Kosten eines Goldmünzenstandards für die USA auf mehr als 2,5 vH des Sozialprodukts im Jahr 1960 geschätzt (Friedman, 1959). Kosten der Goldhaltung entstehen allerdings auch in dem gegenwärtig praktizierten System, in dem die Notenbanken Goldreserven halten, ohne allerdings die Geldschöpfung an das Gold zu koppeln.
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Trotz dieser Nachteile sehen viele Ökonomen im Goldstandard ein geringeres Übel als in dem gegenwärtigen System der ungebundenen diskretionären Kreditgeldschöpfung. So stellt Schumpeter (1927, S. 82) nach der Rückkehr Englands zur echten Goldwährung im Jahre 1925 fest: „ I n der Tat ist die Gegnerschaft gegen die Goldwährung durchaus begreiflich. Seit mehr als hundert Jahren wissen wir, daß effektive Zirkulation des Goldes im täglichen Verkehr ein überflüssiger Luxus ist, und seit rund fünfzig Jahren, daß es überhaupt nicht zum Wesen des Geldes gehört, daß es aus einem wertvollen Stoff besteht oder durch einen solchen „gedeckt" ist. . . . Trotzdem hat die Welt recht gehabt, als sie zum Golde zurückkehrte. Ist gleich das Gold für die Währung... überflüssig..., so ist es doch um so weniger überflüssig als eine sachliche Garantie für die Kaufkraft der Einkommenseinheit. Sein Eigenwert liegt wie ein Schwerstein darauf und hindert sie am Verflattern." Dennoch, allein die hohen Kosten der Goldwährung und die Möglichkeit, durch die Veränderungen von Goldhorten die wirtschaftliche Aktivität zu stören und die Kaufkraft des Geldes vorübergehend zu manipulieren, sind Grund genug, nach einer Geldordnung zu suchen, in der Geldwertstabilität mit geringerem Aufwand erreicht werden kann. Schwerer noch wiegt die Erfahrung, daß auch die gesetzliche Fixierung des Goldstandards die Regierungen in der Vergangenheit oft nicht daran gehindert hat, die Regeln des Goldstandards zu verletzen, wenn die staatlichen Finanznöte groß waren. Es bedarf daher anderer Kontrollen, um die staatliche Geldproduktion auf ein stabilitätsgerechtes Maß zu begrenzen.
VII. Stabiles Geld durch Wettbewerb von Währungen? Während Vorschläge, den Goldstandard erneut einzuführen, in der wirtschaftspolitischen Diskussion durchaus ernst genommen werden, weil diese Geldordnung in der historischen Entwicklung des Währungssystems bereits einen festen Platz hat, wird der Vorschlag, konkurrierende Währungen einzuführen, als utopisch und praxisfern betrachtet. Wettbewerb zwischen den Währungen wird von einigen Autoren (Hayek 1976, Vaubel 1977, Engels 1981) als der einzig zuverlässige Weg, die Volkswirtschaft mit stabilem Geld zu versorgen, angesehen. Nur so könne dem Mißbrauch der Geldproduktion durch einen staatlichen Monopolisten nachhaltig und kostengünstig begegnet werden. Der Vorschlag sieht vor, daß miteinander konkurrierende private Anbieter (Banken) eigenes Geld emittieren und daß die Wirtschaftssubjekte frei wählen können, welches Geld sie als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel verwenden wollen. Im Wettbewerb wird sich dann, vorausgesetzt die Wirtschaftssubjekte sind frei von Geldillusion, das Geld durchsetzen, das wertsta-
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bil ist. Damit dieses Ziel erreicht wird, müssen sich die Austauschrelationen zwischen den Währungen (Wechselkurse) frei am Markt bilden können. Andernfalls gilt das Gresham'sche Gesetz, wonach das „schlechte" Geld das „gute" Geld verdrängt 9 . Wenn unterschiedliche Währungen im Umlauf sind, entstehen Informations- und Transaktionskosten. Sie sind für ein bestimmtes Geld um so geringer, je größer der Marktanteil und je größer das Vertrauen in die Wertstabilität des Geldes ist. Bei Währungswettbewerb ist daher zu erwarten, daß die einzelnen Geldanbieter versuchen, die Verwendung und das Vertrauen in die Kaufkraftstabilität ihres Geldes dadurch zu erhöhen, daß sie bestimmte Wertgarantien geben. Diese können darin bestehen, daß die Banken versprechen, den Preis ihres Geldes, ausgedrückt in speziellen Güterbündeln wie etwa Rohstoffe, stabil zu halten. Hayek spricht sich dafür aus, es den Banken zu überlassen, die vorteilhafteste Wertgarantie für ihr Geld zu ermitteln (Hayek 1976, S. 63 ff.). Engels hält dagegen den Aktienindex für die optimale Bezugsgröße und fordert vom Staat, diesen als Referenzgröße für alle Geldanbieter vorzuschreiben. Eine Wertgarantie, die sich auf ein bestimmtes Gut oder ein eng definiertes Güterbündel — z. B. Rohstoffe — bezieht, hat den Vorteil, daß sie durch Interventionen am Markt relativ leicht eingehalten werden kann. Garantien, die sich auf die allgemeine Kaufkraft des Geldes beziehen, gemessen etwa an dem Warenkorb, der dem Preisindex für die Lebenshaltung zugrunde liegt, sind dagegen viel schwieriger aufrechtzuerhalten, da der Geldanbieter in diesem Fall Veränderungen der Geldnachfrage korrekt antizipieren muß. Wenn die Referenzgröße ein Gut oder ein Güterbündel ist, besteht aber die Möglichkeit, daß es zu relativen Preisänderungen kommt, etwa zwischen Rohstoffen und anderen Verbrauchsgütern. I n diesem Fall müßte, gemessen in jenen Währungen, deren Wertstabilität auf bestimmte Rohstoffe bezogen ist, eine Veränderung des allgemeinen Preisniveaus in Kauf genommen werden. Welche Bezugsgröße letztlich optimal ist, kann ohne vollkommene Voraussicht bezüglich der Veränderungen relativer Preise nicht à priori entschieden werden. Es sollte deshalb den Marktkräften überlassen bleiben, herauszufinden, welche Art von Wertgarantie am vorteilhaftesten ist 10 . Die Festlegung des Wertes einer Währung auf ein Güterbündel verschafft dieser Geldordnung konkurrierender Anbieter zur Warenwährung verwandte Züge. Auch bei Konkurrenz sind die Anbieter gezwungen, um ihren Garantien nachzukommen, entsprechende Güter oder Aktien vorzuhalten, damit sie bei gegebenenfalls auftretenden Schwankungen in der Nachfrage nach ihrem Geld der Einlösepflicht nachkommen können. Wie bei einer * Vgl. hierzu Vaubel (\9Π). 10 So könnte auch allein am Markt festgestellt werden, ob eine formelle Einlösepflicht, wie Engels sie vertritt, zusätzliches Vertrauen schafft. Die Garantie, den Preis eines Gutes oder eines Korbes von Gütern stabil zu halten, führt faktisch zu einer Einlösepflicht.
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Warenwährung entstehen also auch bei konkurrierenden Währungen Kosten der Kurspflege. Insgesamt dürften die Produktionskosten des Geldes aber niedriger ausfallen, weil eine Warendeckung nicht erforderlich ist. Mit zunehmendem Umlauf eines Geldes treten zudem economies of scale bei der Produktion auf. Wenn das Gut, mit dem interveniert wird, um die Wertgarantie einzuhalten, eine Rendite abwirft, entsteht für den Geldproduzenten sogar ein Ertrag. Verschiedene Autoren haben Zweifel daran, ob sich in einem System konkurrierender Währungen letztlich wertstabile Währungen durchsetzen würden. Friedman sah sogar die Möglichkeit, daß sich bei Wettbewerb kein endliches Preisniveau einstellen würde. Diesen Einwand hat Klein (1974) jedoch zurückgewiesen, indem er gezeigt hat, daß bei Währungen, die wohl zu unterscheiden sind, sich durchaus ein endliches Preisniveau bildet. Tullock (1975, S. 496 f.) vermutet, daß die Anbieter von Geld stets die Gefahr sehen, daß der Staat ihnen das Recht zur Geldemission wieder entzieht. Er befürchtet daher, daß die Geldanbieter versuchen, mit inflationärer Geldexpansion ihren Gewinn kurzfristig zu maximieren. Besteht aber — was bei Wettbewerb zu erwarten ist — ausreichender Druck der Geldnachfrage auf die Anbieter wertinstabilen Geldes, so wird letztlich nur stabiles Geld im Umlauf bleiben. Optimal wäre es im Hinblick auf die sozialen Vorteile in Form niedriger Informations- und Transaktionskosten, wenn das System konkurrierender Währungen letztlich gegen eine Ordnung konvergiert, in der bei weiterhin bestehendem potentiellen Wettbewerb nur ein Anbieter stabilen Geldes übrig bleibt 1 1 . Aber auch eine Systemordnung, in der mehrere stabile Gelder nebeneinander existieren, wäre mit einem hohen Maß an sozialen Vorteilen verbunden. In diesem Falle wären die Wechselkurse zwischen den Währungen wahrscheinlich vorhersehbar und ein erheblicher Teil der Informationskosten würde entfallen.
V I I I . Ein Konzept für eine Geldordnung, die Stabiität sichert Von der optimalen Geldordnung wird gefordert, daß sie die Wirschaftssubjekte zu möglichst niedrigen Kosten mit einem Geld versorgt, das wertstabil ist und als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sowie als Recheneinheit verwendet werden kann. Die ökonomische Analyse alternativer Geldordnungen hat gezeigt, daß bei einem Goldstandard oder in einem System konkurrierender Währungen auf mittlere Sicht mit geringeren Geldwertveränderungen zu rechnen ist als in der gegenwärtigen Geldordnung. Den niedrigeren Opportunitätskosten der Geldhaltung steht aber gegenüber, daß in diesen beiden Systemen höhere soziale Kosten der Geldproduktion 11
Zur Diskussion vgl. Brunner und Meitzer (1971).
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entstehen. Sie sind am höchsten im Goldstandard, wo sie durch die Produktionskosten des Goldes bestimmt werden; im System konkurrierender Währungen entstehen Kosten, da die privaten Anbieter versuchen, ihrem Geld durch Produktdifferenzierungen eine gewisse Identität zu geben. I n der bestehenden Geldordnung wird die Volkswirtschaft dagegen zu Produktionskosten, die nahezu gleich Null sind, mit Geld versorgt. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, daß das staatliche Geldschöpfungsmonopol die Wirtschaftspolitik immer wieder verleitet hat, auf kurzfristige Beschäftigungsprobleme mit einer übermäßigen — letztlich inflationär wirkenden — Geldmengenexpansion zu reagieren. Offensichtlich besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Ziel, wertstabiles Geld zu schaffen, und dem Ziel, die sozialen Kosten der Geldproduktion möglichst gering zu halten. Darüber, wo die optimale Geldordnung zwischen diesen Extremen (relativ wertstabiles Geld mit hohen Produktionskosten oder Geld mit relativ geringer Wertbeständigkeit und niedrigen Produktionskosten) liegt, kann mangels ausreichender Informationen keine endgültige Aussage gemacht werden. Angesichts fehlender objektiver Kriterien für die Wahl einer bestimmten Geldordnung liegt es nahe, die Wirtschaftssubjekte selbst zwischen privatem und staatlichem, zwischen wertgesichertem und ungesichertem Geld und zwischen Geld mit und ohne Einlösegarantie wählen zu lassen. Dies bedeutet, daß Wettbewerb zwischen verschiedenen Geldanbietern etabliert wird. Dazu ist es erforderlich, das gesetzlich fixierte staatliche Geldschöpfungsmonopol aufzuheben. Dafür spricht neben den bereits angeführten Überlegungen auch, daß die Wohlfahrtstheorie keine stichhaltigen Argumente für das staatliche Monopol liefert (Vaubel, 1982). Insbesondere kann nicht nachgewiesen werden, daß es sich bei Geld um ein öffentliches Gut handelt. So sind externe Effekte, die diese Form der staatlichen Aktivität erfordern, nicht gegeben. M i t der Abschaffung des staatlichen Monopols sollte privaten Geldanbietern freier Marktzugang gewährt werden. Auch bislang noch bestehende Hemmnisse und Behinderungen des internationalen Kapitalverkehrs sollten beseitigt werden. Das staatliche Geld kann in dieser Geldordnung weiterhin als das Zahlungsmittel fungieren, in dem der Zahlungsverkehr mit dem Staat abgewickelt wird (legal tender). Im übrigen sollte es den Wirtschaftssubjekten aber freigestellt sein, in welcher Währung sie Verträge abschließen und Zahlungen leisten 12 . Darüberhinaus sollte auch der Handel mit Gold keinen Beschränkungen unterliegen und es sollte privaten Geldanbietern freigestellt sein, Goldmünzen in Umlauf zu bringen. 12
Im Prinzip existiert ein solcher Währungswettbewerb bereits auf den internationalen Kapitalmärkten zwischen den nationalen Währungen. Einschränkungen der Vertragsfreiheit und Kapitalverkehrshemmnisse verhindern aber, daß dieser Wettbewerb auch auf nationaler Ebene stattfindet.
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Die Einführung von mehr Wettbewerb muß nicht bedeuten, daß das staatliche Geld von anderen Geldarten verdrängt wird. Der Staat hat nämlich gewisse Vorteile bei der Geldproduktion, die ihm, solange er relativ wertstabiles Geld anbietet, einen Wettbewerbsvorsprung gewähren. So wirkt die Erfüllung bestimmter Staatsaufgaben — etwa die Abwehr innerer und äußerer Gefahren — gleichzeitig vertrauensfördernd für das vom Staat emittierte Geld 1 3 (Klein 1974, S. 449). Zudem hat das vom Staat ausgegebene Geld bessere Startchancen, da es als bereits bestehendes, allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel erhebliche economies of scale bietet. Private Geldanbieter müssen dagegen Investitionen unternehmen, um Vertrauen in ihr Geld zu schaffen; außerdem entstehen für die Benutzer dieses Geldes — zumindest in der Anfangsphase — relativ hohe Informations- und Transaktionskosten. Es ist daher wahrscheinlich, daß sich die Zentralbank im Wettbewerb der Anbieter durchsetzen kann, wenn es ihr gelingt, die Wirtschaftssubjekte davon zu überzeugen, daß ihre Politik allein daran ausgerichtet ist, wertstabiles Geld zu schaffen. Dazu wäre es erforderlich, daß sie sich vorbehaltlos auf eine potentialorientierte Geldmengenausweitung festlegt. Um diese Politik durchzusetzen, sollte das geldpolitische Instrumentarium so geordnet werden, daß der Anstoß für eine Ausweitung der Geldbasis allein von der Zentralbank ausgehen kann 1 4 . Angemessen wäre es auch, die Möglichkeiten der Geldpolitik, die wirtschaftliche Aktivität kurzfristig zu beeinflussen, dadurch zu verringern, daß die Genehmigungspflicht für Indexklauseln aufgehoben wird. Wenn die Bundesbank in einer solchen Geldordnung vom Ziel der Geldwertstabilität abwiche, würde ihr Geld zunehmend der Konkurrenz privater Anbieter ausgesetzt sein. Denn bei steigenden Opportunitätskosten des staatlichen Geldes wären die privaten Anbieter wertstabilen Geldes trotz höherer Produktionskosten immer wettbewerbsfähiger. Der entscheidende Vorteil dieser Geldordnung ist, daß er der Konsumentensouveränität wieder zur Geltung verhilft. Möglicherweise bestehende Präferenzen für Geld mit bestimmter Wertgarantie könnten von privaten Geldanbietern befriedigt werden. Der staatliche Geldanbieter kann ebenfalls die Nachfrage nach wertstabiler Währung erfüllen. Wenn er dieser Aufgabe nicht gerecht würde, sorgten freier Marktzugang und Wettbewerb dafür, daß private Geldanbieter einspringen und wertstabiles Geld anbieten würden.
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Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem sozialen Nutzen dieser Staatstätigkeiten, der allen Geldanbietern zugute kommt und dem Vertrauenseffekt, der sich für den Staat, als den der diese Leistungen erbringt, einstellt. 14 Vgl. hierzu „Vor einer ausgeprägten Rezession", Kieler Diskussionsbeitrag Nr. 73, Kiel 1980, S. 19 f.
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Es ist anzunehmen, daß die potentielle Konkurrenz privater Anbieter die Bundesbank veranlassen würde, weniger als bisher von der Norm der Geldwertstabilität abzuweichen. Daran müßte auch die Regierung ein Interesse haben, denn nur, wenn das staatliche Geld dominiert, kann sie den größtmöglichen Vorteil aus dem Münzgewinn ziehen. Wenn diese Erwartungen richtig sind, würde sich an den bestehenden monetären Einrichtungen faktisch wenig verändern. Dieser Vorschlag würde daher den von Bagehot ( 1873) vorgetragenen Bedenken, daß nur schrittweise Änderungen der geldpolitischen Institutionen mit Erfolg durchgeführt werden können, Rechnung tragen, gleichzeitig wäre durch das Wettbewerbselement ein Sanktionsmechanismus eingeführt, der dazu beitragen kann, Abweichungen vom Ziel der Geldwertstabilität weniger wahrscheinlich zu machen. Wenn sich ein faktisches staatliches Monopol in dieser Geldordnung bildet, werden die von Brunner und Meitzer sehr hoch eingeschätzten Kosten des marktmäßigen Suchprozesses überdies vermieden. Wird der staatliche Geldanbieter seiner Rolle jedoch nicht gerecht, so besteht die Chance der schrittweisen Veränderung des Geldangebotes zugunsten wertstabiler Währungen durch die Marktkräfte.
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II. Geldpolitische Strategien
Probleme der monetären Strategie in der Bundesrepublik Deutschland Von Claus Köhler, Frankfurt I. Die Herausforderung der Wirtschaftspolitik in den achtziger Jahren Die Wirtschaftspolitik und damit auch die Geld- und Kreditpolitik sieht sich im Herbst 1982 Fehlentwickungen bei allen wirtschaftspolitischen Zielen gegenüber. Die Preissteigerungsrate bei den Lebenshaltungskosten beträgt 5 v. H. Zwar gehört die Bundesrepublik Deutschland damit zu den relativ preisstabilen Ländern, jedoch kann eine solche hohe Rate nicht toleriert werden. Gleichzeitig gibt es kein wirtschaftliches Wachstum mehr, ja die wirtschaftlichen Leistungen gehen sogar gegenüber dem Vorjahr leicht zurück. Mit diesem Null- oder leichten Minuswachstum korrespondiert eine hohe Arbeitslosigkeit. Von den abhängigen Erwerbspersonen finden — saisonbereinigt — 2,0 Mio. Menschen keine Arbeit. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 8,2 v. H. Dabei bleibt noch unberücksichtigt, daß von den ausländischen Arbeitskräften, die die Bundesrepublik Deutschland beschäftigt hatte, 0,5 Mio. in ihre Heimatländer zurückgegangen sind, die die Arbeitsmarktstatistik also nicht „belasten". Außenwirtschaftliches Gleichgewicht ist ebenfalls nicht erreicht. Zwar ist der Außenbeitrag, die Summe von Ausführungsüberschuß und Dienstleistungsbilanzdefizit noch zu gering, um die unentgeltlichen Leistungen der Bundesrepublik, die Übertragungen, zu „finanzieren" und der Bundesrepublik als Industrieland netto einen langfristigen Kapitalexport zu ermöglichen, jedoch nähert sich die Entwicklung diesem Ziel. Die anhaltende Wachstumsschwäche in der Bundesrepublik Deutschland hat mittlerweile die Wachstumsmöglichkeiten beeinträchtigt: Die Wachstumsrate des Produktionspotentials geht zurück. Das ist nicht ungefährlich. Eine vor allem im internationalen Vergleich zu geringe Investitionstätigkeit hemmt den technischen Fortschritt und beeinträchtigt die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland. Einefehöhung der Wachstumsrate des Produktionspotentials aber braucht Zeit. Gelingt es der Wirtschaftspolitik, die konjunkturelle Entwicklung in einen Aufschwung überzuleiten, dann wird das Wirtschaftswachstum vor allem erst einmal von der besseren Auslastung des Sachkapitals, also vom Produktivitätsfort-
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schritt, getragen. Die Arbeitslosigkeit läßt sich unter diesen Bedingungen noch nicht spürbar verringern. Ein Aufschwung in einer ertragsmäßig ausgelaugten Wirtschaft ist mit der Gefahr verbunden, daß Unternehmen über Preiserhöhungen schnell ihre Gewinnlage zu verbessern versuchen. Wachstumsverluste, Arbeitslosigkeit und Preisniveausteigerungen sind Herausforderungen, mit denen die Wirtschaftspolitik auch in den nächsten Jahren noch konfrontiert sein wird. Die Bundesrepublik Deutschland, aber auch andere Industrieländer, haben die Chance, schneller als andere Fehlentwicklungen, das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht zu beseitigen. Ein Außenbeitrag von 2v. H. des Bruttosozialprodukts und eine ausgeglichene Leistungsbilanz liegen i'n der Bundesrepublik schon 1982 im Bereich des Möglichen. In anderen Ländern, vor allem in den Entwicklungsländern und den Staatshandelsländern, ist weiterhin mit hohen Defiziten ihrer Leistungsbilanzen zu rechnen. Zwar werden diese Defizite über die internationalen Kreditmärkte finanziert, jedoch belastet die Höhe der Verschuldung dieser Länder die Weltwirtschaft stark. Die Gefahr, daß solche Schulden nicht mehr bedient werden können, wächst und beeinträchtigt die internationalen Wirtschaftsbeziehungen.
II. Die strategische Antwort der Wirtschaftspolitik Die Wirtschaftspolitik hat die Aufgabe, die Fehlentwicklungen, Preisniveausteigerungen, Wachstumsverluste, Arbeitslosigkeit und außenwirtschaftliches Ungleichgewicht zu bekämpfen. Den Rückgang der Wachstumsrate des Produktionspotentials aufzuhalten und das Wirtschaftswachstum wieder so weit anzukurbeln, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gesichert bleibt, erfordert zusätzliche Investitionen. Sie sind Voraussetzung, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Die Preissteigerungsrate zurückzuführen, verlangt, daß die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage nicht stärker expandiert als es den Angebotsmöglichkeiten durch Ausschöpfen des Produktionspotentials und damit einer besseren Auslastung des Sachkapitals entspricht. Schließlich wird außenwirtschaftliches Gleichgewicht nur erreicht werden können, wenn es gelingt, einen Teil des Sozialprodukts zugungsten des Auslandes ohne innere Spannungen umzuverteilen. Alle Gruppen in der Wirtschaft, die das Sozialprodukt beanspruchen, haben das zu beachten. Die Investitionstätigkeit zu stimulieren, setzt ausreichende Gewinne bei den Unternehmen voraus, ferner einen angemessenen Nachfrageanstieg und sozialen Frieden. Diese drei Bedingungen müssen gleichzeitig erfüllt sein, wenn die Investitionen zunehmen sollen. Ein angemessener Nachfrageanstieg allein genügt nicht, wenn die vorgenommenen Investitionen keinen
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ausreichenden Gewinn versprechen. Aber umgekehrt gilt ebenso, daß ein Unternehmen auch bei ausreichenden Gewinnen kaum investieren wird, wenn es wegen schleppender Nachfrage nicht damit rechnen kann, die zusätzlich produzierten Güter und Leistungen absetzen zu können. Ohne sozialen Frieden, der selbst wieder vom Umfange der Fehlentwickungen, vor allem der Höhe der Arbeitslosigkeit, bestimmt wird, kann man eine befriedigende Investitionstätigkeit nicht erhoffen. Die strategische Antwort auf die Herausforderung, vier wirtschaftspolitischen Zielen gleichzeitig gerecht zu werden, lautet: die Angebotsmöglichkeiten in der Wirtschaft stärken und die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage diesen Angebotsmöglichkeiten anpassen. Angebotsorientierte und nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik gehören also eng zusammen; sie sind keine Gegensätze. Die Wirtschaftspolitik hat darauf zu achten, daß die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage nicht geringer ist als die Angebotsmöglichkeiten, wenn Wachstumsverluste und Arbeitslosigkeit abgebaut werden sollen. Sie muß aber auch dafür sorgen, daß die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage die Angebotsmöglichkeiten nicht übersteigt, wenn die Preissteigerungsraten weiter zurückgeführt werden sollen.
I I I . Zur Rollenverteilung in der Wirtschaftspolitik Die Angebotsmöglichkeiten fördern und die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage diesen Angebotsmöglichkeiten anpassen ist ein Ziel, dem sowohl die Geld- und Kreditpolitik als auch die Finanzpolitik und die übrige Wirtschaftspolitik gerecht werden müssen. Geld- und kreditpolitische Maßnahmen und dadurch induzierte Veränderungen im monetären Bereich wirken nicht nur auf die Nachfrage und da$ Preisniveau, sondern auch auf die Investitionen und beeinflussen somit das Produktionspotential und die Auslastung des Sachkapitals. Ausgaben, Einnahmen und das Defizit des Staates wirken auf die Nachfrage und das Preisniveau ebenso wie auf die Beschäftigung und das Wirtschaftswachstum. Nur wenn also wirtschaftspolitische Instanzen auf der Basis eines einheitlichen wirtschaftspolitischen Konzepts zusammenwirken, können sie bei der Bekämpfung der Fehlentwicklungen erfolgreich sein. Das Zusammenwirken wirtschaftspolitischer Instanzen bei der Bekämpfung von Fehlentwicklungen ist zwar eine notwendige Bedingung, Fehlentwicklungen zu verringern, jedoch reicht es für einen Erfolg der Wirtschaftspolitik nicht aus. Dieser wird erst sichergestellt, wenn auch die Sozialpartner in ihrer Einkommenspolitik und die Unternehmen in ihrer Preispolitik sich strategiegerecht verhalten. Wenn die Sozialpartner hohe, nicht strategiegerechte Lohnsteigerungen vereinbaren, dann entsteht
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Arbeitslosigkeit und das Preisniveau steigt. Es entsteht Arbeitslosigkeit, weil die Wirtschaftspolitik die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage in den Grenzen der Angebotsmöglichkeiten zu halten sucht, und es entstehen Preisniveausteigerungen, weil die Wirtschaftsunternehmen die vereinbarten Lohnsteigerungen zahlen müssen und teilweise auch infolge der immer gegebenen finanziellen Flexibilität der Nichtbanken finanzieren können. Wenn einzelne Unternehmen Preise erhöhen und dies Anstoß zu gleichgerichtetem Verhalten auch anderer Unternehmen ist, dann wird auch eine strenge Geldpolitik der Zentralbank nicht verhindern können, daß ein solcher Preisauftrieb zumindest in einem gewissen Umfang finanziert wird. Preisniveausteigerungen, Arbeitslosigkeit und Wachstumsverluste haben viele Ursachen. Vermieden werden können diese Fehlentwicklungen nur, wenn alle wirtschaftspolitischen Instanzen diese Ursache bekämpfen und alle übrigen Gruppen, die wirtschaftliche Macht ausüben, sich in ihrem Verhalten an der wirtschaftspolitischen Strategie ausrichten. Zu den gewichtigen Aktiven in der Bundesrepublik Deutschland gehört es, daß sich sowohl Sozialpartner als auch Unternehmen in ihrem Verhalten im großen und ganzen den Erfordernissen einer die Fehlentwicklungen bekämpfenden wirtschaftspolitischen Strategie angepaßt haben. Gelegentlich werden die komplizierten Zusammenhänge zwischen Fehlentwicklungen und ihren Ursachen simplifiziert, indem man Fehlentwicklungen jeweils als nur von einem Faktor abhängig ansieht: Preisniveausteigerungen seien abhängig von Geldmengensteigerungen, und Arbeitslosigkeit sei abhängig von Lohnsteigerungen. Solche monokausalen Thesen implizieren eine Rollenverteilung in der Volkswirtschaft, die die Lösung wirtschaftspolitischer Probleme nicht erleichtert, sondern erschwert. Träfe es zu, daß das Preisniveau nur steigt, wenn die Geldmenge stärker zunimmt, dann wäre es für die Preisniveauentwicklung belanglos, ob die Defizite öffentlicher Haushalte hoch oder niedrig sind oder hohe oder niedrige Lohnsteigerungsraten vereinbart werden. Es sind aber gerade Veränderungen dieser Größen, die — selbst bei unveränderten Geldmengenaggregaten, aber begleitet von einer sich ändernden Umlaufgeschwindigkeit des Geldes — auch das Preisniveau beeinflussen. Bei monokausaler Erklärung von Preisniveausteigerungen trüge die Zentralbank die alleinige Verantwortung für Preisniveaustabilität. Sie brauchte sich nicht um Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung zu sorgen. Die Verantwortung für Vollbeschäftigung länge allein bei den Sozialpartnern, deren Lohnabschlüsse darüber entschieden, ob dieses Ziel erreicht wird oder nicht. Die monokausale Welt ist jedoch nicht die Welt, in der wir Menschen leben. Geld- und kreditpolitische Maßnahmen wirken auch auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, und die Sozialpartner können allein nicht für Vollbeschäftigung sorgen. So wenig zutreffend es ist, Preisniveausteigerungen allein von einer Größe abhängig zu machen, so verkehrt wäre es, einer Zentralbank die alleinige Verantwortung
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für Preisniveaustabilität aufzubürden. Auch die übrige Wirtschaftspolitik, die Sozialpartner und die Unternehmen müssen beitragen, die Preissteigerungen zu bekämpfen. Ebenso muß die Geld- und Kreditpolitik mithelfen, die übrigen wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen, denn auch Fehlentwicklungen bei diesen Zielen sind von monetären Veränderungen abhängig. Diejenigen, die der Zentralbank die alleinige Verantwortung für Preisniveaustabilität geben, weisen gelegentlich auf das Bundesbankgesetz hin. Sie betonen, es sei schließlich Aufgabe der Deutschen Bundesbank, „die Währung zu sichern". Dabei übersehen sie, daß der Gesetzgeber diese Formel bewußt allgemein gefaßt hat. Er hat nicht der Bundesbank den Auftrag gegeben, „das Preisniveau zu stabilisieren". Gesetzestreu kann sich nur verhalten, wer dem Willen des Gesetzgebers folgt. Daher ist es wohl notwendig, sich dieses vom Gesetzgeber in der Begründung zum Bundesbankgesetz festgeschriebenen Willens zu erinnern 1 : „Die Stabilität der Inlandskaufkraft ist — wie hier hervorgehoben werden soll — von überragender Bedeutung, aber trotzdem darf die Stabilität der Auslandskaufkraft angesichts der Abhängigkeit unseres Verarbeitungs- und Ausfuhrlandes von der Weltwirtschaft nicht vernachlässigt, die Vollbeschäftigung angesichts der politischen Verhältnisse Deutschlands nicht für unwichtig angesehen und das stetige Wachstum unserer Volkswirtschaft angesichts des steigenden Lebensstandards anderer Völker nicht außer Betracht gelassen werden. Ist also jedes dieser verschiedenen Ziele wichtig, so wird es manchmal nötig sein, unter Würdigung aller Umstände den für das ,Gesamtinteresse' oder das,Wohl des Landes' optimalen Kompromiß zu finden. Kann aber die Notenbank unter gegebenen Umständen nur den optimalen Kompromiß zwischen verschiedenen Zielen anstreben und erreichen, so scheint es bedenklich, ihr durch die Formulierung zwar idealer, aber nicht immer erreichbarer konkreter Einzelziele eine Verantwortung vor der öffentlichen Meinung aufzuerlegen, die sie gar nicht tragen kann." „Es kommt hinzu, daß nicht allein die Notenbank für die Sicherung der Währung verantwortlich ist. Ihre Währungspolitik ist zwar von wesentlicher Bedeutung, aber ihr Erfolg ist letzten Endes nur garantiert bei einer gleichgerichteten, also die Sicherung der Währung fördernden oder jedenfalls nicht gefährdenden Politik der Regierung und aller sonst verantwortlichen Instanzen, insbesondere auf dem Gebiet der Lohn-, Preis-, Handels- und Sozialpolitik, der allgemeinen Wirtschaftspolitik sowie der Finanzpolitik. Deshalb ist eine gute Zusammenarbeit aller verantwortlichen Instanzen unter Einschluß der Notenbank nicht minder wichtig als deren noch besonders zu behandelnde Unabhängigkeit von anderen Instanzen."
1 Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode 1953, Drucksache 2781 — Entwurf eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbank, Bonn, 18.10.1956, S.23.
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IV. Die monetäre Zielsetzung der Deutschen Bundesbank Der Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank legt seit 1975 ein monetäres Ziel fest: Eine bestimmte Zuwachsrate der Zentralbankgeldmenge, das ist der Bargeldumlauf und das von Mindestreservesatzänderungen bereinigte Mindestreservesoll auf Inlandsverbindlichkeiten. M i t dieser Zielsetzung macht die Deutsche Bundesbank der Öffentlichkeit deutlich, wohin die kreditpolitische Reise jeweils gehen soll. M i t der Ableitung des Ziels wird offengelegt, welchen Beitrag die Geld- und Kreditpolitik leistet, um die Angebotsmöglichkeiten in der Bundesrepublik Deutschland mit der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage in Übereinstimmung zu bringen und somit die Preissteigerungsrate zurückzuführen und das Wirtschaftswachstum zu fördern und auf diesem Wege die Arbeitslosigkeit zu verringern. Bei der Festlegung der monetären Zielgröße Zentralbankgeldmenge für das Jahr 1982 ging der Zentralbankrat von einer Wachstumsrate des Produktionspotentials von 1,5 bis 2 v. H. aus. Wenn er eine solche Wachstumsrate bei seiner Zielableitung berücksichtigt, dann unterstreicht das die Tatsache, daß die Deutsche Bundesbank bereit ist, das mögliche Wirtschaftswachstum monetär auch zu alimentieren. Die Angebotsmöglichkeiten in einer Periode werden aber nicht nur von der Wachstumsrate des Produktionspotentials bestimmt, sondern auch von der als vertretbar angesehenen Veränderung des Auslastungsgrades des Produktionspotentials. Dieser Auslastungsgrad hatte 1981 abgenommen und der Zentralbankrat unterstellte, daß ein solcher Rückgang auch in den ersten Monaten des Jahres 1982 nicht zu verhindern sei. Allerdings war er der Auffassung, daß im weiteren Verlaufe des Jahres 1982 es möglich sei, die Auslastung des Sachkapitals wieder zu verbessern. Das Verlaufsmuster ergab eine durchschnittliche Auslastung im Jahre 1982, die allerdings noch um 1/2 v. H. unter der des Vorjahres lag. Die Wachstumsrate des Produktionspotentials und die unterstellte Veränderung des Auslastungsgrads ergeben die Angebotsmöglichkeiten, das heißt die anzustrebende Zuwachsrate des realen Bruttosozialprodukts. Das ist für das Jahr 1982 1 bis 1,5 v. H. Im Jahr 1981 betrug die Preissteigerungsrate für alle Güter und Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland (Deflator) 4,3 ν. Η . Der Zentralbankrat hielt es für möglich, die Preissteigerungsrate 1982 auf 3,5 v. H. zurückzuführen. Die anzustrebende Zuwachsrate des nominalen Bruttosozialprodukts, also der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage, beträgt dann 4,5 bis 5 v. H. Bei der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wurde angenomnmen, daß sich 1982 gegenüber dem Vorjahr diese Größe kaum ändert. Die anzustrebende Fortschrittsrate der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage ist damit also ebenso hoch wie die Zuwachsrate der monetären Zielgröße Zentralbankgeldmenge im Vorjahresvergleich.
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Der Zentralbankrat hielt es für zweckmäßig, die monetäre Zielgröße als Verlaufsziel und nicht als Ziel im Vorjahresvergleich festzulegen. Vom Ziel im Vorjahresvergleich ist in einem solchen Fall der Überhang aus dem Jahre 1981 — Durchschnitt 1981 bis zum 4. Vierteljahr 1981 — abzuziehen und die dann verbleibende Rate — 4. Vierteljahr 1981 bis Durchschnitt 1982 — zu verdoppeln. Das Ergebnis war eine Zuwachsrate der Zentralbankgeldmenge im Verlaufe des Jahres 1982, also vom 4. Vierteljahr 1981 bis zum 4. Vierteljahr 1982, von 4 bis 7 v . H . Gelegentlich wird kritisiert, daß dieses Band zu breit sei. Das ist jedoch nicht der Fall. Ein abgeleitetes Ziel im Vorjahresvergleich ohne Bandbreite (zum Beispiel 5v. H.) wäre erreicht, wenn das tatsächliche Ergebnis im Abrundungsbereich läge (4,5 v. H. bis 5,4 v. H.). Das ergibt also eine Bandbreite im Vorjahresvergleich von einem Prozentpunkt. Diese Bandbreite verdoppelt sich, wenn aus dem Vorjahresziel ein Verlaufsziel abgeleitet wird. Sie beträgt dann also zwei Prozentpunkte. Ein tatsächlich festgelegtes Verlaufsziel mit einer Bandbreite von drei Prozentpunkten läßt also wenig Spielraum für diskretionäres Handeln. Die Deutsche Bundesbank hat nie einen Zweifel daran gelassen, daß die Verringerung der Preissteigerungsrate und die für realisierbar gehaltenen Angebotsmöglichkeiten nur erreicht werden können, wenn auch die Finanzpolitik und die Sozialpartner auf der Basis dieser Grundlagen agieren: „Der neue ,Zielkorridor' für das Jahr 1982 wurde so bemessen, daß Stabilitätsfortschritte, aber auch ein angemessenes Wachstum der Wirtschaft möglich sind. Wenn die hiermit vorgezeichnete Politik zu befriedigenden Ergebnissen insbesondere für das Wachstum und die Beschäftigung führen soll, müssen sich freilich auch die Tarifparteien und die öffentlichen Haushalte stabilitätsorientiert verhalten" 2 . Anfang Februar 1982 hat die Bundesregierung ihren Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt und darin die Eckwerte der Jahresprojektion 1982 veröffentlicht 3 . Es sind Werte, die die Bundesregierung vor allem mit Hilfe der Finanzpolitik zu realisieren versucht. Die Bundesregierung nennt für das als realisierbar betrachtete reale Bruttosozialprodukt, also die Angebotsmöglichkeiten, ebenso wie die Bundesbank 1 bis 1 1/2 v. H. Das anzustrebende nominale Bruttosozialprodukt wird mit 5 v. H. angegeben. Die Bundesregierung legt ihrer Rechnung also eine unvermeidliche Preissteigerungerate von 4v. H. zugrunde. Bundesregierung und Bundesbank agieren auf der Basis eines einheitlichen wirtschaftspolitischen Konzepts, wobei die Deutsche Bundesbank beim wirtschaftspolitischen Ziel Preisniveaustabilität etwas ehrgeiziger ist als die Bundesregierung. M i t anderen Worten: Die Bundesbank unterstützt auf diesem Wege unter Wahrung ihrer Aufgabe die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung (§ 12 BBankG). Auch die 2 5
Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Dezember 1981, S.8. Deutscher Bundestag, 9. Wahlperiode, Drucksache 9/1323 vom 4.2.1982, S.35.
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Sozialpartner haben sich mit ihrer Einkommenspolitik in diese Strategie eingeordnet. Die Bundesregierung sah in ihren Eckdaten Lohnabschlüsse als vertretbar an, die zu einer Zunahme der Einkommen aus unselbständiger Arbeit von 4 v. H. führen. Die Lohnabschlüsse in diesem Jahr zeigen, daß dieser Rahmen nicht über-, sondern eher unterschritten werden wird. Das monetäre Ziel der Deutschen Bundesbank wird vom 4. Vierteljahr des Vorjahres bis zum 4. Vierteljahr des laufenden Jahres festgelegt und von der Geld- und Kreditpolitik angestrebt. Allerdings muß man sich bewußt sein, „that the relationship between money and national income was not invariant to changes in other relatively exogenous influences on demand 4 ". Änderungen im Nichtbankenverhalten beeinflussen diese Beziehung. Diese möglichen Änderungen sind auch ein Grund, der den Zentralbankrat veranlaßt, jeweils in der Mitte der Zielperiode zu prüfen, ob das festgelegte Ziel weiterverfolgt oder eventuell, bei einer Änderung der dem Ziel zugrundegelegten Annahmen, revidiert werden soll. Die monetären Aggregate bewegen sich im allgemeinen nicht stetig, sondern schwanken von Monat zu Monat oder von Woche zu Woche. Solche kurzfristigen Bewegungen sollte die Geldpolitik nicht zu kreditpolitischen Eingriffen veranlassen. Geld- und kreditpolitische Reaktionen auf kurzfristige Schwankungen der Geldmenge provozieren nämlich unter Umständen ein Verhalten der Nichtbanken, das diese Schwankungen verstärkt. Zu beobachten ist das in den USA, wo die Kreditpolitik auf kurzfristige Veränderungen der Geldmenge mit liquiditätspolitischen Maßnahmen reagiert und damit Zinsänderungen verursacht. Wenn die Geldmenge etwas stärker zunimmt, dann verknappt die Zentralbank die Bankenliquidität und die Zinssätze steigen. Die Nichtbanken stellen sich darauf ein. Werden neue Geldmengenzahlen bekannt und sind sie höher als vorgesehen, dann erwartet der Markt Zinssteigerungen. Nichtbanken legen frei werdende Mittel aus längerfristigen Anlagen dann erst einmal kurzfristig an, und Banken halten sich bei Ausleihungen zurück. „Der erste Vorgang läßt die Geldmenge erneut steigen. Der zweite Vorgang führt zu einem Anschwellen frei verfügbarer liquider Mittel der Banken. Beides gibt der Zentralbank Anlaß, restriktiv zu handeln. Das Karussell der Erwartungsreaktionen dreht sich immer schneller in derselben Richtung mit einander verstärkendem Wachstum der Geldmenge, Nachfrageüberschüssen an den Finanzmärkten und steigenden Zinssätzen. Die Geldmenge verliert an Aussagekraft für das Finanzierungspotential der Nichtbanken 5 ". Notwendig für eine erfolgreiche Geld- und 4 National Institute Economic Review, Nr. 99, Febr. 1982: Intermediate Targets and Makroeconomic Policy", S. 64. 5 Wolfgang File, „Das Europäische Währungssystem am Scheidewege" — Devisenmarktanalyse für das erste Vierteljahr 1982. Institut für Empirische Wirtschaftsforschung, Berlin 1982, S.3f.
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Kreditpolitik ist eine konsequente Liquiditäts- und Zinspolitik, die die gegebenen Basisfaktoren wie Wachstumsrate, angestrebte Auslastung des Sachkapitals, unvermeidliche Preissteigerungsrate und Umlaufgeschwindigkeit des Geldes berücksichtigt. A u f kurzfristige Schwankungen sollte die Zentralbank gelassen reagieren.
V. Das Nichtbankenverhalten Eine Zentralbank und somit auch die Deutsche Bundesbank erwartet, daß die Kreditinstitute mit Hilfe des von der Zentralbank bereitgestellten Zentralbankgeldes Kredite gewähren. A u f diesem Wege wird das zusätzliche Sozialprodukt finanziert und es entstehen zusätzliche Einlagen und damit erhöht sich die Mindestreservehaltung. Ein steigendes Einkommen ist außerdem mit einem erhöhten Bargeldumlauf verbunden. Es nimmt also auch die monetäre Zielgröße Zentralbankgeldmenge zu. Soll diese Zielgröße um 5v. H. steigen, dann ist im allgemeinen nicht damit zu rechnen, daß es ausreicht, zusätzlich 5 v. H. an Zentralbankgeld bereitzustellen und daß sich dadurch die Kredite, die Geldmenge, die Nachfrage und schließlich die monetäre Zielgröße Zentralbankgeldmenge um 5 v. H. erhöhen. Nichtbankenverhalten „stört" diesen Transmissionsmechanismus. Es kann sein, daß Nichtbanken weniger als zusätzlich 5 v. H. ausgeben. Sie nehmen dann auch weniger Kredit in Anspruch. Unter diesen Umständen ist es nicht ausreichend, den Banken nur 5 v. H. zusätzlich Zentralbankgeld zur Verfügung zu stellen. Mehr Zentralbankgeld ist erforderlich, um die Zinsen zu senken und den Ausgabeprozeß zu stimulieren. Es kann aber auch sein, daß Nichtbanken mehr als zusätzlich 5 v. H. ausgeben und den Expansionsprozeß durch Passivtausch finanzieren. Auch dann fragen sie weniger als zusätzlich 5 v. H. Kredit nach. In diesem Fall jedoch wird eine Zentralbank die Zentralbankgeldversorgung drosseln, um die Zinsen zu erhöhen und die Ausgabenexpansion zu dämpfen. Das Nichtbankenverhalten muß von der Zentralbank ins Kalkül gezogen werden. Da sich Verhaltensänderungen vor allem in einer Zunahme oder Abnahme der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und den Veränderungen in der Liquiditätsneigung (Umschichtung zwischen Geldmenge und Geldkapital) niederschlagen, muß eine Zentralbank Änderungen dieser Größen berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, daß das Nichtbankenverhalten in den einzelnen konjunkturellen Phasen unterschiedlich ist. Im Abschwung neigen Unternehmen dazu. Mittel anzuhäufen; sie zwingen damit andere Unternehmen, sich zusätzlich zu verschulden, wenn diese Unternehmen ihre Produktion aufrechterhalten wollen (Tendenz zu sinkender Umlaufgeschwindigkeit des Geldes). I m Aufschwung werden häufig erst die angesammelten Gelder zur Finanzierung von Ausgaben verwendet, ehe zusätzlich
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Kredite beansprucht werden (Tendenz zu steigender Umlaufgeschwindigkeit des Geldes). Das Verhalten der Nichtbanken ist bei Preisstabilität anders als bei hohen Preissteigerungsraten, bei Vollbeschäftigung anders als bei Arbeitslosigkeit, bei unterausgelasteten Kapazitäten anders als bei optimaler Kapazitätsauslastung. Daher verbieten sich Regelbindungen. Versucht eine Zentralbank, die monetäre Zielgröße Zentralbankgeldmenge stets mit einer bestimmten Zuwachsrate fortschreiten zu lassen, dann würde sie im Aufschwung und im Abschwung oft prozyklisch wirken. M.J.M. Neumann, grundsätzlich ein Befürworter einer geldpolitischen Regelbindung, schreibt: „Die trendorientierte Regelbindung der Geldpolitik ist so lange auszusetzen, wie die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote saisonbereinigt den Stand von 1,8 v. H. übersteigt 6 ". Das gilt natürlich auch für Fehlentwicklungen bei anderen wirtschaftspolitischen Zielen und daraus resultierenden Verhaltensänderungen der Nichtbanken. Trotzdem muß die Geld- und Kreditpolitik potentialorientiert bleiben. Es ist das Ziel der Wirtschaftspolitik, vorhandene Fehlentwicklungen abzubauen. Ist die Wirtschaftspolitik erfolgreich, dann wird sich auf dem Wege zu einer fehlentwicklungsfreien wirtschaftlichen Entwicklung das Nichtbankenverhalten ändern. Die Geld- und Kreditpolitik hat dies zu berücksichtigen. Erreicht die Wirtschaftspolitik einen Zustand ohne Fehlentwicklungen, dann, aber erst dann, kann die Geld- und Kreditpolitik die Zentralbankgeldversorgung ausschließlich trendorientiert steuern. Eine Geld- und Kreditpolitik, die die Wachstumsrate des Produktionspotentials zur Basis ihres Handelns macht und Korrekturen daran (Zu- oder Abschläge für die Auslastung des Produktionspotentials, für unvermeidliche Preissteigerungsraten oder für die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes) nur vornimmt, um vorhandene Fehlentwicklungen zu verringern, ist potentialorientiert und damit mittelfristig ausgerichtet.
VI. Die Zentralbankgeldversorgung Hat der Zentralbankrat ein Zentralbankgeldmengenziel beschlossen, dann muß die Deutsche Bundesbank den Kreditinstituten das Zentralbankgeld bereitstellen, das erforderlich ist, um das monetäre Ziel zu erreichen. Dabei hat sich gezeigt, daß der Umfang des monetären Ziels und der Umfang der Zentralbankgeldversorgung nur in seltenen Fällen summengleich sind. Ein Grund ist das im vorangegangenen Abschnitt dargestellte Nichtbankenverhalten. Wenn Nichtbanken weniger Kredite nachfragen als für die Zielerfüllung erforderlich, dann muß die Zentralbankgeldversorgung umfang6 Manfred J. M. Neumann, „Stabilisierungspolitik stabilisieren" in Wirtschaftswoche Nr. 25 vom 14.6.1974, S.69.
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reicher sein als die angestrebte Veränderung der Zentralbankgeldmenge. Dabei entstehende freie Liquiditätsreserven drücken den Zins und stimulieren dadurch die zu geringe Kreditnachfrage. Auf diese freien Liquiditätsreserven können die Banken später bei angemessener Kreditnachfrage zurückgreifen. Die Zentralbankgeldversörgung wird dann geringer sein als die angestrebte Zentralbankgeldmenge. Markteinflüsse können bewirken, daß Veränderungen der Zentralbankgeldversorgung von der angestrebten Zunahme der Zentralbankgeldmenge abweichen. Zu diesen Markteinflüssen zählen unter anderem die Transaktionen öffentlicher Haushalte mit der Zentralbank, Veränderungen des Bargeldumlaufs und insbesondere Interventionen der Zentralbank an den Devisenmärkten. Devisenmarktinterventionen sind erforderlich im Europäischen Währungssystem, also in einem Festkurssystem, aber auch beim frei floatenden US-Dollar. Beim US-Dollar und anderen beweglichen Währungsrelationen bestimmen weniger die Kaufkraftparität, das Zinsgefalle und das Produktivitätsgefalle die Veränderungen des Devisenkurses als vielmehr Erwartungen, die häufig keine Basis in wirtschaftlichen Vorgängen haben und zu erratischen Kursschwankungen führen. Die Deutsche Bundesbank mußte durch Interventionen oftmals einer solchen Hektik entgegenwirken. Veränderungen der Zentralbankgeldversorgung infolge solcher Markteinflüsse muß die Zentralbank mit Hilfe ihres liquiditätspolitischen Instrumentariums, wenn erforderlich, kompensieren. In den beiden Jahren 1980 und 1981 — als die Leistungsbilanz hohe Defizite aufwies und die D - M a r k abwertete — entzogen die Marktfaktoren, vorwiegend infolge von Devisenmarktinterventionen, den Banken liquide Mittel in Höhe von 43,50 Mrd. D M . Außerdem nahm die monetäre Zielgröße Zentralbankgeldmenge in dieser Zeit um 10,32 Mrd. D M zu. Von dem gesamten Zentralbankgeldbedarf deckte die Deutsche Bundesbank vor allem durch Mindestreservesatzsenkungen, Rediskontkontingentserhöhungen, Käufen von langfristigen Wertpapieren und Wertpapierpensionsgeschäften 45,31 Mrd. D M . I n Höhe von 8,51 Mrd. D M mußten die Kreditinstitute vorhandene freie Liquiditätsreserven abbauen. Immer wieder wird die Auffassung geäußert, man könne die Zentralbankgeldversorgung dadurch erleichtern, daß den Kreditinstituten freie Liquiditätsreserven verwehrt werden. Bei einer solchen Politik der Liquiditätsquote von Null glaubt man, könnten sich die Banken nicht selbst bedienen. Sie müßten mit ihrer Kreditgewährung warten, bis die Zentralbank Zentralbankgeld bereitstellt. Diese Erwartung bestätigt sich nicht. Banken gewähren auch Kredite, wenn sie nicht über Zentralbankgeld verfügen. Sie gewähren Mittel dann zum Beispiel zu Lasten von Nostroguthaben. I m gesamten Bankensystem treten an die Stelle von Nostroguthaben Kredite an Nichtbanken, und aus Bank-zu-Bank-Einlagen werden Nichtbankeneinla-
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gen. Erst jetzt entsteht Zentralbankgeldbedarf. Die Zentralbank steht dann vor der Frage, entweder dieses Zentralbankgeld bereitzustellen oder hinzunehmen, daß die Mindestreserve nicht erfüllt werden kann oder die Banken zahlungsunfähig werden. Bei Aufrechterhaltung einer konstanten Liquiditätsquote — Liquiditätsquote Null — gerät eine Zentralbank in das Schlepptau der Kreditgewährung der Banken. Die Deutsche Bundesbank löst dieses Schlepptauproblem durch zinspolitische Maßnahmen. Ein höherer Zins dämpft die Kreditnachfrage der Nichtbanken und macht die Zentralbankgeldversorgung wieder zielgerecht. „Zwar kann die Bundesbank nur mittelbar darauf hinwirken, daß sich die Zentralbankgeldmenge im Rahmen der geldpolitischen Zielvorstellungen bewegt; denn auf ganz kurze Sicht, insbesondere innerhalb der monatlichen Mindestreserve-Erfüllungsperioden, kommt die Bundesbank wegen der nahezu unelastischen Zentralbankgeldnachfrage des Bankensystems letztlich nicht umhin, den laufenden Liquiditätsbedarf der Kreditinstitute zu befriedigen. In etwas längerfristiger Betrachtung kann die Notenbank aber das Geldmengenwachstum sehr wohl steuern, indem sie ihre Zinskonditionen und sonstigen Bedingungen, zu denen sie laufend Zentralbankguthaben anbietet oder bereitstellt, entsprechend gestaltet 7 ". Die Zinspolitik, mit der das Verhalten der Nichtbanken beeinflußt werden kann, behält einen hohen Stellenwert bei der monetären Steuerung. Wird über einen längeren Zeitraum eine Liquiditätsquote von Null durchgesetzt, dann suchen Kreditinstitute nach einem Ersatz für die fehlenden freien Liquiditätsreserven. Kein Unternehmen und damit auch keine Bank und kein privater Haushalt möchte und kann auf freie Dispositionsreserven längere Zeit völlig verzichten. Kreditinstitute finden solche Substitute einmal in Schatzwechsel und Schatzanweisungen und in Nostroguthaben. Werden Schatzwechsel und Schatzanweisungen fällig, dann werden sie über die Konten öffentlicher Haushalte bei der Bundesbank eingelöst. Die Bank erhält Zentralbankgeld. Kreditinstitute bauen sich Bestände an solchen Papieren auf, deren Fälligkeitsstruktur ihren Zentralbankgelddispositionen entspricht. Zum anderen sind Nostroguthaben Substitute für freie Liquiditätsreserven. Für die einzelne Bank sind sie jederzeit für Kreditgewährungen einsetzbar. Sind freie Liquiditätsreserven vorhanden und will eine Zentralbank den Banken signalisieren, sich bei der Kreditgewährung zurückzuhalten, dann verringert sie den Umfang freier Liquiditätsreserven. Wenn allerdings keine freien Liquiditätsreserven vorhanden sind, dann entfällt auch dieses Signal. Die Ersatz-Reserven Schatzwechsel und Nostroguthaben sind mit kreditpolitischen Mitteln schwer zu erreichen. Diese Zusammenhänge bei der Zentralbankgeldversorgung machen deutlich, daß die Nichtbanken finanziell flexibel sind. Sie können Ausgaben mit 7
Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, April 1982, S.24.
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Hilfe von Krediten auch dann finanzieren, wenn die Zentralbank kein zusätzliches Zentralbankgeld bereitstellt. Aus dieser Tatsache folgt, daß eine Zentralbank allein zum Beispiel nicht für Preisniveaustabilität sorgen kann. Werden übermäßig hohe Lohnsteigerungen vereinbart, dann können die Unternehmen diese Löhne zumindest zum Teil durch Kredite finanzieren, auch wenn den Banken vorab kein zusätzliches Zentralbankgeld bereitgestellt wurde.
VII. Binnenwirtschaftlich und außenwirtschaftlich orientierte Geldpolitik Sollen die Fehlentwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland verringert werden, dann muß die Wirtschaftspolitik versuchen, die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage den Angebotsmöglichkeiten anzupassen. Diese Bemühungen aber wurden und werden durch außenwirtschaftliche Einflüsse immer wieder gestört. Zunächst, bis Anfang der siebziger Jahre, führte man das auf die festen Wechselkurse zurück, mit denen die D-Mark und die Hauptwährung in der Welt, der US-Dollar, verbunden waren. Spannungen in der Weltwirtschaft führten zu Zuflüssen von Milliarden von US-Dollar und zwangen die Deutsche Bundesbank, zins- und liquiditätspolitisch gegenzuhalten. Durch Freigabe des Dollarkurses glaubte man sich nun geld- und kreditpolitisch ganz auf die binnenwirtschaftlichen Probleme konzentrieren zu können. Wenn das eine trügerische Hoffnung war, so deshalb, weil man sich auch hier vor allem nur auf eine Theorie verließ, die Kaufkraftparitätentheorie. Es ist doch nur logisch, wenn die Preise in den USA um 10 v. H. steigen und in der Bundesrepublik Deutschland um 6 v. H., daß die höhere Entwertung in den USA im Devisenkurs zum Ausdruck kommen muß. Die D-Mark muß um 4v. H. aufwerten, und dann kann auch das Zinsniveau in der Bundesrepublik um 4 v. H. unter dem der USA liegen. Man übersah, daß es auch eine Zinsparitätentheorie gibt und daß viele andere Faktoren die Wechselkurse mitbestimmen, und man mußte erfahren, daß Haberief s „naive Zahlungsbilanztheorie" so naiv nicht ist. Aber wenn viele Faktoren einwirken, dann ist schwer zu bestimmen, welcher Faktor dominiert. Der Markt hat keine „Führung". Erwartungen, die oft auch durch politische Einflüsse geprägt werden, bestimmen dann die Kursentwicklung. Diese Erwartungen ändern sich häufig, und entsprechend hektisch verläuft die Kursentwicklung am Devisenmarkt. Obwohl die Preise 1981 in den USA rascher gestiegen sind als in der Bundesrepublik Deutschland, wertete die D - M a r k gegenüber dem US-Dollar ab.
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Wenn Fehlentwicklungen abgebaut werden sollen, dann müßte die Wirtschaftspolitik trotz solcher Störungen versuchen, die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage den Angebotsmöglichkeiten anzupassen. Das hätte niedrigere Zinsen in der Bundesrepublik Deutschland verlangt, als sie Anfang 1981 vorhanden waren. Da man auf die Kaufkraftparitätentheorie nicht vertrauen konnte, war nicht auszuschließen, daß Zinssenkungen in der Bundesrepublik Deutschland zu erheblichen Abwertungen der D-Mark gegenüber dem US-Dollar und damit zu verstärkter importierter Inflation geführt hätten. Der Zentralbankrat hat diese Gefahr höher eingeschätzt als das Risiko, über längere Zeit Angebot und Nachfrage auseinanderklaffen zu lassen und einen stärkeren Konjunktureinbruch hinzunehmen. So erhöhte er die Zinssätze in der Bundesrepublik im Februar 1981 drastisch. Als sich das Leistungsbilanzdefizit in der Bundesrepublik deutlich verringerte, nahm er die Zinssätze wieder zurück. Eine hohe Zinsdifferenz gegenüber den USA und dadurch induzierte Kapitalabflüsse hindern ihn allerdings daran, ein niedrigeres konjunkturgerechtes Zinsniveau durchzusetzen. Die außenwirtschaftlichen Einflüsse auf die Geld- und Kreditpolitik sowie die binnenwirtschaftlichen Probleme, vor allem die des Nichtbankenverhaltens und die der Zentralbankgeldversorgung, zeigen, daß eine erfolgreiche Geld- und Kreditpolitik nicht schematisch gehandhabt werden kann. Sie muß mittelfristig am Produktionspotential orientiert sein und sie hat flexibel auf die konjunkturellen und außenwirtschaftlichen Einflüsse zu reagieren. Geld- und Kreditpolitik ist immer nur ein Teil der Wirtschaftspolitik. Erfolgreich können die Fehlentwicklungen nur bekämpft werden, wenn die Geldund Kreditpolitik sowie die übrige Wirtschaftspolitik zusammenwirken und daneben die Sozialpartner in ihrer Einkommenspolitik und die Unternehmen in ihrer Preispolitik sich strategiegerecht verhalten.
Anmerkungen zur geldpolitischen Strategie der Deutschen Bundesbank Von Dieter Duwendag, Speyer
Nach siebenjähriger Erfahrung mit der Geldmengenpolitik zog der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Fritz Leutwiler, ein Resümee: „Alle Notenbanken, die Geldmengensteuerung betreiben, sind noch am experimentieren, und keine kann behaupten, sie habe das richtige, für alle Zeiten gültige Rezept gefunden" 1 . Ein weites Feld also für weitere praktische Experimente, aber auch für die wissenschaftliche Diskussion der Geldmengenpolitik. Wir beschränken uns im folgenden auf einige Anmerkungen zum Verhältnis von geld- und fiskalpolitischen Strategien, zur „Korridorpolitik" und zur Feinsteuerungstechnik und gehen etwas ausführlicher auf die Rolle der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ein. I. Verstetigung und Antizyklik: Zur Doppelstrategie der deutschen Konjunkturpolitik Geld- und Fiskalpolitik verfolgen prinzipiell das gleiche Ziel, die Stabilisierung der wirtschaftlichen Aktivität. Die Wege zu diesem Ziel sind jedoch grundverschieden. Sie wurzeln in konzeptionellen Unterschieden, die zu Konfliktgefahren zwischen beiden Politikbereichen führen. Einige grundsätzliche Anmerkungen zum Strategieproblem seien deshalb einführend vorausgeschickt. Die deutsche Konjunkturpolitik ruht seit etwa 1975 auf zwei — vom Ansatz her gesehen — prinzipiell verschiedenen Säulen: zum einen auf der antizyklischen Fiskalpolitik, zum anderen auf der Verstetigungsstrategie der Bundesbank. Als Grund für diese konzeptionellen Unterschiede wird häufig angeführt, daß beide Politikbereiche nur zum Teil identische Ziele verfolgen. So sind Bund und Länder konjunkturpolitisch unmittelbar den gesamtwirtschaftlichen Zielen des § 1 StWG verpflichtet, während dies für die Bundesbank nur „unter Wahrung ihrer Aufgabe", nämlich „die Währung zu sichern" (§ 3 Bundesbankgesetz), gilt. Für die Bundesbank hat sich daraus de facto ein Vorrang für die Erreichung des Ziel der Preisniveaustabilität ergeben. 1 F. Leutwiler, Keine Rückkehr zum Goldstandard, Wiederabdruck in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 3 vom 8.1. 1982, S. 7.
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Der Kritikpunkt lautet, die antizyklische Fiskalpolitik konterkariere die Wirkungen der monetären Verstetigungsstrategie. ( 1 ) Weshalb unterlaufen antizyklische Maßnahmen die Verstetigungspolitik? Für die Fiskalpolitik typisch ist das extrem kurzfristige Gegensteuern, das antizyklische „stop and go". Deutsche Gründlichkeit in Sachen Antizyklik hat seit 1974 etwa 15 kleinere und größere Konjunkturprogramme hervorgebracht, also im Durchschnitt zwei pro Jahr. Seit 1967, dem Jahr des Inkrafttretens des Stabilitätsgesetzes, waren es (ungefähr) sogar deren 25 2 . Jahrelange Erfahrungen der Wirtschaftssubjekte mit der antizyklischen Fiskalpolitik haben sie an Dämpfungsmaßnahmen im Boom und an Staatshilfe in der Rezession gewöhnt. Sie antizipieren diese Maßnahmen und stellen sich darauf ein 3 . Das heißt, bei erwarteten restriktiven Maßnahmen werden Aktivitäten zeitlich vorgezogen, mit der (möglichen) Folge erstens einer Boomverstärkung, zweitens der Vorausprogrammierung eines späteren Abschwungs. Bei erwartetem expansiven Kurs dagegen halten sich die Wirtschaftssubjekte solange zurück, bis die Staatshilfe kommt, wiederum mit der (möglichen) Folge erstens einer Rezessionsverschärfung, zweitens einer den späteren Aufschwung übertreibenden Wirkung. Dieses durchaus rationale Verhalten macht die antizyklisch beabsichtigten Maßnahmen tendenziell wirkungslos, oder — wahrscheinlicher — es verschärft sogar noch die Konjunkturausschläge. (2) Die seit 1975 betriebene Geldmengenstrategie der Bundesbank ist dagegen — vom Ansatz her gesehen — längerfristig, d. h. zyklenübergreifend angelegt4. M i t der Vorankündigung von Geldmengenwachstumszielen wird ein monetärer Rahmen vorgegeben, der sich primär nicht an der jeweiligen Konjunkturlage orientiert, sondern an den längerfristigen Wachstumsaussichten5 (plus der als unvermeidlich angesehenen Inflationsrate). Geldmengenpolitik ist im Kern Suggestivpolitik, der Versuch einer „monetären Disziplinierung" mit viel Psychologie und wenig Sanktionen. Die Ratio dieses Ansatzes ist, daß die Wirtschaftssubjekte die monetären Vorgaben zur 2
Wieviel es genau waren, hängt davon ab, was als „eigenständiges" Programm gezählt wird, d. h. welche Zeiträume und welche Einzelmaßnahmen konjunkturpolitischer Aktivität zusammengefaßt werden. Zahlreiche Konjunkturprogramme sind überdies mit sozial-, verteilungs- und rein steuerpolitischen Maßnahmen vermengt. Nach 1974 zeichnen sich alle Programme durch „expansive" Maßnahmen aus, davor gab es auch eine Reihe von restriktiven Initiativen. Zu einem Überblick über die verschiedenen Programme vgl. die Gutachten des deutschen Sachverständigenrats. 3 Vgl. dazu im einzelnen ζ. Β. B. Kühn, Rationale Erwartungen und Wirtschaftspolitik, Baden-Baden 1979. 4 Zu einem Abriß vgl. D. Duwendag, Alternative Ansätze der Geldmengensteuerung, in: Probleme der Geldmengensteuerung, hrsg. von W. Ehrlicher und A. Oberhauser, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N.F. Bd. 99, 1978, S.49ff. 5 Dies wäre das Idealbild einer potentialorientierten Geldmengenstrategie. Zur Relativierung vgl. den nachfolgenden Abschnitt II.
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Richtschnur ihres eigenen Verhaltens machen, ihrer Erwartungen und Dispositionen. Bei einer Verstetigungsstrategie sollen sie konjunkturpolitische Abstinenz des Staates antizipieren, also Verzicht auf antizyklische Maßnahmen. Diese Erwartungen bestimmen zugleich die Handlungen. Die Dispositionen werden langfristiger und stetiger und stabilisieren damit auch den Wirtschaftsablauf. Freilich setzt dieser erhoffte Verstetigungseffekt — wie bei der Antizyklik — jahrelange Gewöhnungsprozesse und Erfahrungen der Wirtschaftssubjekte mit einer Verstetigungsstrategie voraus. Über Nacht sind keine Erfolge zu erwarten. Diese Doppel-Strategie der deutschen Konjunkturpolitik — halb Antizyklik, halb Verstetigung — muß bei den Adressaten dieser Politik zwiespältige Reaktionen hervorrufen. A u f der einen Seite die Bundesbank mit Verstetigungs-Appellen an die am Wirtschaftsprozeß Beteiligten: Wir geben Euch mit vorangekündigten Geldmengenzielen einen längerfristigen und stabilen monetären Rahmen; stellt Eure Erwartungen und Handlungen darauf ein, plant längerfristig, orientiert Eure Lohn- und Preispolitik an dem vorgegebenen monetären Spielraum! Und zur gleichen Zeit kommen Bund und Länder mit adhoc-Konjunkturprogrammen, wobei eines das andere jagt. Der Effekt dieses Nebeneinanders muß verunsichern. Welcher Strategie soll man Vertrauen schenken? Per Saldo werden die kurzfristigen Konjunkturprogramme überlegen sein: Niemand schlägt Steuererleichterungen oder die Übernahme von Staatsaufträgen aus bzw. wartet (in Boomphasen) die staatlichen Bremsmaßnahmen ab, nur weil die „Verstetigungsapostel" dies für die längerfristig richtige gesamtwirtschaftliche Strategie halten. Aber das eigentlich Fatale ist, daß von der Geldmengenpolitik mühsam aufgebaute Verstetigungsstrukturen, also Verhaltensmuster mit längerfristiger Perspektive, durch derartige ad hoc-Programme wieder zerstört werden und keine Chance haben, sich zu verfestigen. Die Gleichzeitigkeit einer Verstetigungsstrategie und einer Politik des „ad hoccery" vertragen sich nicht; sie behindern sich gegenseitig. Als Motor für die ständig neue Ankurbelung von expansiven Konjunkturprogrammen hat die Staatsverschuldung dabei eine zentrale Rolle gespielt. Insbesondere das Tempo der Neuverschuldung hat die konzeptionellen Unterschiede zwischen der Geld- und Fiskalpolitik aufbrechen lassen und den Konflikt durch Unterlaufen der Verstetigungsstrategie verschärft 6 . Als Fazit ergibt sich die Notwendigkeit, in verstärktem Maße Verstetigungselemente in die Fiskalpolitik einzubauen: erstens wgen der genannten Konfliktgefahren, zweitens wegen des Ausbleibens sichtbarer Erfolge der antizyklisch geführten Nachfragesteuerung insbesondere seit 1974, und drittens, um den gravierenden Zukunftsaufgaben der Wirtschaftspolitik gerecht 6 Zu den Konflikten zwischen Geld- und Staatsschuldenpolitik vgl. im einzelnen/). Duwendag, Staatsverschuldung — Notwendigkeit und Gefahren, Baden-Baden 1982.
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zu werden. Entscheidend wichtig ist dabei der Zeithorizont. Den Adressaten der Wirtschaftspolitik müssen wieder verläßliche, d. h. längerfristig gültige Rahmenbedingungen an die Hand gegeben werden, um ihnen die bisherigen Wechselbäder zwischen Antizyklik und Verstetigung sowie — innerhalb der antizyklischen Politik — zwischen „stop and go" zu ersparen. Für die Fiskalpolitik bedeutet dies vor allem den Verzicht auf fallweises Gegensteuern und stattdessen die Ausrichtung auf längerfristige, für alle Beteiligten kalkulierbare Programme, etwa nach dem Vorbild des „Zukunftsinvestitionsprogramms" (ZIP). Dies gilt auch für die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, die, kaum daß sie hierzulange entdeckt ist, schon wieder Gefahr läuft, auf kurzfristigen Aktionismüs hinzusteuern. Kalkulierbarkeit bedeutet für die staatliche Einnahmen- (Steuer- und Schulden-) und Ausgabenpolitik insgesamt, einem längerfristigen Wachstumspfad — wie die Geldpolitik — zu folgen. Vorrangig ist eine engere Abstimmung zwischen Regierung(en) und Bundesbank in den Größenordnungen der Staatsverschuldung und im laufenden Schuldenmanagement, konkret: Die Neuverschuldungsraten müssen in den Rahmen der Geldmengenziele hineinpassen. Ein konzeptioneller Wechsel der Fiskalpolitik in Richtung Verstetigungsstrategie müßte vermutlich auch eine Revision der keynesianisch inspirierten Vorschriften des Grundgesetzes (Art. 109, 115) und des StWG nach sich ziehen.
II. Geldmengenziele mit Vorbehalten Wenn Bundesbank, wie seit 1979, ihre Geldmengenziele mit weiten Korridoren versieht und die Ausfüllung dieser Spannen an Konjunktur-, Inflations- und außenwirtschaftliche Vorbehalte knüpft, so hat dieses Vorgehen nichts mit einer Rückkehr zur antizyklischen Nachfragesteuerung alten Stils zu tun. Derartige Vorbehalte sollen die mit Punktzielen verbundene starke Selbstbindung der Bundesbank lockern, ihren Handlungsspielraum erweitern. Der Wunsch nach größerer Flexibilität, eine bevorzugte Maxime aller Notenbanken, steht dahinter. A m prinzipiellen Ansatz der Verstetigungspolitik durch Geldmengensteuerung hat sich dadurch nichts geändert. Denn auch schon vorher hatte die Bundesbank im Bedarfsfall, d. h. insbesondere auf Zahlungsbilanz- und Wechselkursveränderungen, kurzfristig „zu Lasten" der angestrebten Geldmengenziele „antizyklisch" reagiert (vgl. ζ. B. die Zielüberschreitungen 1975—1978). Nur geschah dies stillschweigend, ohne Vorankündigung. Der Unterschied seit 1979 liegt darin, daß die Zielvorbehalte nun im vorhinein öffentlich deklariert werden, ferner, daß binnenwirtschaftliche Zielvorbehalte (Konjunktur- und Inflationsentwicklung) hinzugekommen sind. Kurz gesagt bedeutet die Korridorpolitik den Übergang zu einer Verstetigungsstrategie mit ex ante deklarierten Reaktionsvorbehalten bzw. antizyklischen Elementen. Dies sei zur Klarstellung vorausgeschickt.
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Seit dem Übergang zu Korridorzielen hat es eine relativ breite Diskussion über die Ratio dieses Vorgehens gegeben. Neben anderen haben wir selbst die Abkehr vom Punktziel-Verfahren kritisiert 7 ; die Bundesbank hat direkt darauf geantwortet 8 , und sie hat in den Folgejahren in ihren Publikationen stets großen Wert auf die Begründung des Zielkorridors gelegt9. Die Argumente sind also ausgetauscht, (fast) alles scheint gesagt. Wir beschränken uns im folgenden auf die — aus unserer Sicht — eigentliche Kernfrage, nämlich auf das Problem der Glaubwürdigkeit. M i t der Vorankündigung eines monetären Wachstumsziels will die Bundesbank den „an Entscheidungen über Preise und Kosten Beteiligten" (Unternehmen, Gewerkschaften, öffentliche Haushalte, Verbände) ihre Entschlossenheit zur konsequenten Stabilitätspolitik verdeutlichen. Dieses Signal muß für die Beteiligten glaubwürdig sein, sie müssen ihm vertrauen, sollen die angestrebten Wirkungen erreicht werden. Nun ist es wohl nicht umstritten, daß der stärkste Glaubwürdigkeitseffekt dann besteht, wenn über Jahre hinweg feste Punktziele nicht nur vorgegeben, sondern auch tatsächlich eingehalten werden. Dies ist indessen in der Praxis nicht oder nur schwer zu erreichen. Nach mehreren Jahren (1975—1978) mit zum Teil erheblichen Überschreitungen der Punktziele gab die Bundesbank dieses Verfahren auf, offenbar in der Annahme, die Glaubwürdigkeit ihrer Strategie sei durch die (monetären) Zielverfehlungen erschüttert worden. Verschiedentlich war sogar zu lesen, die Bundesbank wollte deshalb völlig auf die Vorankündigung von Geldmengenzielen verzichten 10 . Die entscheidende Frage in dieser Situation ist nun, wodurch bei den Beteiligten mehr Glaubwürdigkeit und Vertrauen erzeugt wird: durch eine hohe „Trefferquote" der Geldmengenziele — oder durch sichtbare Erfolge in der Stabilitätspolitik? Wir meinen, das letztere ist ausschlaggebend. Für eine glaubwürdige Verstetigungs- und Stabilitätspolitik dürfte es allemal besser sein, ex post festzustellen, daß Geldmengenzielpunkte verfehlt, aber die Stabilitätsziele erreicht wurden, als ex ante mit weiten Zielkorridoren die Treffsicherheit zu erhöhen, aber dadurch der inflationären Entwicklung gleichzeitig Vorschub zu leisten. Die empirische Entwicklung scheint diese 7 Vgl. D. Duwendag, Der Rückfall in die antizyklische Geldpolitik; Zur „Korridorpolitik" der Deutschen Bundesbank, Wiederabdruck in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 105 vom 18.12.1980, S.6. 8 Vgl. H.-J. Dudler, Kein Kurswechsel in der Stabilitätspolitik; Zur Geldmengensteuerung im Zielkorridor, Wiederabdruck in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 107 vom 29.12.1980, S. 5/6. 9 Besonders ausführlich z.B. in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank Nr. 12, 1980, S. 8/9 und Nr. 3, 1981, S. 7/8 sowie im Geschäftsbericht für das Jahr 1980, S. 31/32. 1,1 Vgl. z. B. J. Starbatty, Bilanz der Geldpolitik im letzten Konjunkturzyklus (1976— 1981), in: List Forum, 1981/82, S. 323.
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Behauptung zu bestätigen (vgl. Tab. 1 utiAAbb. 3): Trotz zum Teil erheblicher Punktzielverfehlungen wurde die Inflationsrate von 7,0% (1974) sukzessive bis 1978 auf 2,7% herabgedrückt. Seit dem Übergang zu Zielkorridoren ab 1979 ist die Inflationsrate dagegen Jahr für Jahr wieder bis auf 5,9% (1981) gestiegen. Zufallsergebnis? Möglicherweise ja, aber die perfekte Koinzidenz von Punktzielphasen mit Stabilitätserfolgen und von Korridorzielphasen mit steigenden Inflationsraten ist ein Faktum und sollte zu denken geben, obwohl natürlich in beiden Phasen zahlreiche weitere und zum Teil unterschiedliche Inflationsdeterminanten eine Rolle gespielt haben. Unserer Interpretation stehen andere Auffassungen gegenüber. So meint ζ. B. Lamfalussy, daß „der Glaubwürdigkeit durch eine lose, jedoch realistische Zielfestlegung besser gedient ist als durch eine strikte Festlegung, die nur geringe Chancen hat, ernst genommen zu werden" 11 . Auch die BIZ plädiert nachdrücklich für „recht weite Zielspannen" bei der Geldmengenpolitik 12 . Die Bundesbank selbst liefert folgende Begründung: „ I n einer Zeit, in der unvorhersehbare Störungen von außen drohen..., wäre es für die monetäre Zielsetzung zu ehrgeizig und in der Praxis der Geldpolitik unmöglich, ein ,Punktziel' für das Geldmengenwachstum anzustreben" 13 . Gemeint ist doch wohl: „zu erreichen" (obwohl auch dies nicht ausgeschlossen ist), denn ein Punktziel anzustreben kann weder „zu ehrgeizig" noch „unmöglich" sein. Jenseits dieser Semantik meinen wir, daß in der zitierten Begründung die Auffassung der Bundesbank zum Glaubwürdigkeitsproblem zum Ausdruck kommt: Die Furcht vor (weiteren) Punktzielverfehlungen hat den Übergang zu Korridorzielen diktiert. Tatsächlich wurden die Zielkorridore bislang allesamt realisiert, und zwar in bemerkenswert exakter Weise die seit 1979 jeweils anvisierten „unteren Enden" der Zielspannen. Vielleicht wurde damit und mit der Korridorpolitik überhaupt die Strategie der Vorankündigung von Geldmengenzielen „politisch" gerettet. Aber für die längerfristige Orientierung der Geldmengenstrategie (Verstetigungspolitik) und für die Stabilitätspolitik bedeuteten die Zielvorbehalte Einbußen bzw. einen Verlust an Glaubwürdigkeit. Der erstgenannte Punkt wird aus dem Hause der Bundesbank selbst bestätigt: „Für die Bundesbank waren die außenwirtschaftlichen Belastungen ein hinreichender Grund, um von der mittelfristigen Orientierung ihrer monetären Politik vorübergehend in einem plausiblen Maße abzurücken" 14 . Was den zweiten Punkt, die stabilitätspolitischen Einbußen betrifft, scheint uns folgende 11
A. Lamfalussy, „Rules versus Discretion": An Essay on Monetary Policy in an Inflationary Environment, (BIS Economic Papers, Nr. 3), Basel 1981, S.47. 12 Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 52. Jahresbericht, Basel 1982, S.97. 13 Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1980, S.31. 14 N. Kloten, Zur wirtschaftlichen Lage in der Bundesrepublik Deutschland, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 59 vom 29.6.1982, S.4.
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Argumentation realistisch: Es heißt, Konjunkturpolitik sei zu 50% Psychologie. Für die Geldmengenpolitik dürfte dies nicht minder gelten, zielt sie doch in ganz besonderem Maße auf die Beeinflussung von (Inflations-) Erwartungen. Wie werden die Erwartungen der für die Lohn-, Preis- und Finanzpolitik Verantwortlichen beeinflußt, wenn die Bundesbank 6—9%-, 5—8%- oder 4—7%-Korridorziele vorankündigt, versehen mit Konjunktur-, Inflations-, Zahlungsbilanz- und Wechselkursvorbehalten? Unseres Erachtens suggeriert die Bundesbank den Beteiligten damit Geldmengen- und Stabilitätsziele quasi „ohne Gewähr", gleichsam „mit beschränkter Haftung" (Verantwortung). Konditionierte Zielkorridore 15 , zumal mit derart weiten Spannen (50—75%), bergen die große Gefahr, daß sie von den Adressaten nicht mehr ernst genommen werden, daß ihre Funktion als verläßliche und längerfristige Orientierungshilfe entwertet wird, daß sie die Beteiligten verunsichern oder sogar als stabilitätspolitische Resignation der Bundesbank gedeutet werden. Die daraus resultierende potentielle Gefahr für das Entstehen und die Ausschöpfung inflationärer Freiräume liegt auf der Hand. Fazit: Unter dem Druck binnenwirtschaftlicher Probleme und außenwirtschaftlicher Zwänge — nach der anhaltenden DM-Aufwertung und den Leistungsbilanzdefiziten nun die DM-Abwertung gegenüber dem US-Dollar — wurde der Handlungsspielraum der Bundesbank stark eingeengt. Durch Korridorziele hat sie versucht, diesen Spielraum zumindest teilweise wieder zurückzugewinnen. Erkauft wurde dies durch Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit der Verstetigungs- und Stabilitätspolitik und die damit verbundenen erhöhten Inflationsgefahren. Ob Punkt- oder Korridorziele, reagieren muß die Bundesbank insbesondere auf Zahlungsbilanz- und Wechselkursprobleme in jedem Fall, innerhalb des EWS ist sie sogar dazu verpflichtet. Punktzielverfehlungen können und werden deshalb häufig unvermeidlich sein. Dies hinterher zu konstatieren (und zu begründen) ist aber etwas gänzlich anderes, als im vorhinein Ziele durch weite Korridore zu öffnen, die als inflationäre Spielräume mißverstanden werden könnten. Die Bundesbank sollte deshalb zu engen Zielvorgaben zurückkehren.
I I I . Von den freien Liquiditätsreserven zur Feinsteuerung Es kommt nicht von ungefähr, daß mit dem im vorigen Abschnitt diskutierten Übergang zur Korridorpolitik im Jahre 1979 etwa zeitgleich eine weitere Innovation der Bundesbank einherging: die Einführung und zunehmende Anwendung von Feinsteuerungsmaßnahmen am Geldmarkt. Beides diente und dient der Vergrößerung des Handlungsspielraums der Bundesbank. 15
Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht für das Jahr 1981, S. 56.
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M i t dem Vordringen der Feinsteuerung wurde die Bedeutung der „freien Liquiditätsreserven" (FLR) der Banken, hauptsächlich bestehend aus den unausgenutzten Rediskontkontingenten, zurückgedrängt. Über diese „quasiautomatischen Ziehungsrechte" der Banken auf Zentralbankgeld äußerte die Bundesbank schon 1974 Unbehagen, weil sie darauf verzichtete, „ihr Monopol der Zentralbankgeldschaffung unmittelbar zur Erreichung ihrer geldpolitischen Ziele einzusetzen", ferner, weil sie „keine Kontrolle mehr über die monetäre Entwicklung (hatte)" 16 . Der Ausweg war, die FLR auf ein technisches Minimum herabzudrücken (was 1973/74 und seit 1979 geschah) und gleichzeitig alternative Möglichkeiten der Zentralbankgeldversorgung anzubieten. Dies erfolgte mit dem Grundsatzbeschluß der Bundesbank vom Mai 1979, reversible Ausgleichsoperationen mit den Banken durchzuführen: Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufvereinbarung über Rentenwerte und Handelswechsel (Pensionsgeschäfte), Devisenswap- und Devisenpensionsgeschäfte, kurzfristige Schatzwechselabgaben (insbesondere „N-Papiere") und die befristete Einschleusung von Bundesmitteln in den Geldmarkt 1 7 . Die entscheidenden Vorteile dieser Feinsteuerungsmaßnahmen im Vergleich zu den FLR sind, daß sie der Bundesbank in nahezu jeder Hinsicht das „Gesetz des Handelns" in die Hand geben, insbesondere die Initiative über die Mengen der den Banken zur Verfügung zu stellenden Zentralbankguthaben, ferner die Möglichkeit zu rascherem und „geräuschloserem" Handeln und zu einer praktisch beliebigen Befristung der Ausgleichsoperationen je nach den liquiditätspolitischen Erfordernissen. A l l dies erhöht die Effizienz der Notenbankpolitik und unterstreicht — nach den bisherigen Erfahrungen —, daß „das Bankensystem..., um normal zu funktionieren, keine freien Liquiditätsreserven... (braucht)" 18 . M i t der Feinsteuerung hat die Bundesbank übrigens einen Schritt in Richtung der von der Federal Reserve schon seit langem praktizierten Techniken getan. Angesichts der evidenten Vorteile der Feinsteuerung aus geldpolitischer Sicht hat es bisher auch nur wenig Kritik daran gegeben. Für die Gelddisponenten der Kreditinstitute bedeuten diese Maßnahmen allerdings gewisse zusätzliche Risiken und Unsicherheiten, da sie im Vergleich zu dem FLR — wie die Bundesbank betont — „keine sichere Rückgriffsmöglichkeit auf Notenbankgeld" beinhalten. Ebenso kann auch das Bankensystem insgesamt die Zuführung von Zentralbankgeld nur „mit einer gewissen Unsicherheit über Menge und Zinskosten antizipieren" 19 . Aber dieser Effekt eines „Spanlh
„Zentralbankgeldmenge und freie Liquiditätsreserven der Banken", in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 7, 1974, S. 14/15. 17 Im einzelnen vgl. dazu : „Die Deutsche Bundesbank; Geldpolitische Aufgaben und Instrumente", Sonderdruck der Deutschen Bundesbank Nr. 7, 1982, S. 43/44 und S. 64 ff. lK H. Bockelmann, Geldpolitik zwischen Theorie und Praxis, in: Sparkasse, H. 2, 1981, S. 47.
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nungsverhältnisses am Geldmarkt" ist ja durchaus gewollt 20 ; die Banken sollen an einem noch kürzeren Zügel geführt werden. Soweit wir sehen, hat es zur Feinsteuerung im wesentlichen nur zwei Kritikpunkte gegeben, die kurz skizziert seien. So hat die BHF-Bank 2 1 den folgenden Punkt moniert: Durch Wertpapierpensionsgeschäfte mit der Bundesbank würde „potentiell verfügbare Liquidität. .. aus Rentabilitätsgründen unter Verschluß gehalten", wenn die Banken Kursverluste hinnehmen müßten, die die zusätzlichen Zinsgewinne aus alternativen Finanzanlagen übersteigen (sogenannter „Locking-in-effect"). Dazu ist zu sagen, daß sich die Bundesbank derartigen Situationen wohl nicht verschließen und vermutlich aus der breiten Palette der Feinsteuerungsmaßnahmen dann andere Möglichkeiten, ζ. B. Devisenpensionsgeschäfte, anbieten wird. Der zweite Kritikpunkt zielt darauf, daß es — im Vergleich zu Feinsteuerungsmaßnahmen — „für die Deckung des langfristigen Grundbedarfs an Zentralbankgeld... effizienter, d.h. mit geringeren Kosten verbunden (wäre), wenn die Bundesbank verstärkt die klassische Offenmarktpolitik verwenden würde" 2 2 (gemeint ist der definitive Ankauf von Wertpapieren). In der Tat dürften die auf kurze Fristen laufenden und deshalb sehr häufigen Ausgleichsoperationen mit hohen Transaktions- und Informationskosten verbunden sein — für die Bundesbank und für die Kreditinstitute. Wäre die Feinsteuerung das einzige Instrument zur Sicherstellung der längerfristigen Geldversorgung, so müßten die Pensionsgeschäfte überdies laufend aufgestockt und verlängert werden. Aber daran ist wohl (noch) nicht gedacht, dient die Feinsteuerung doch in erster Linie den kurzfristigen „Operationszielen" am Geldmarkt. Zur Deckung des längerfristigen Grundbedarfs an Zentralbankgeld verbleiben weiterhin, wenn auch eingeschränkt, die bisherigen Maßnahmen der Grobsteuerung: die „üblichen" Refinanzierungskredite der Bundesbank, die (definitive) Offenmarktpolitik und bis zu einem gewissen Umfange Mindestreservesatzsenkungen. Ebensowenig ist damit zu rechnen, daß die bisherige Hauptquelle, die Devisenzuflüsse, in Zukunft vollkommen versiegen wird.
19
„Zentralbankgeldbedarf desbank", in: Monatsberichte 2,1 Vgl. dazu K. Andreas, Kooperation, in: Deutsche 6.9. 1982, S.7. 21
der Banken und liquiditätspolitische Maßnahmen der Bunder Deutschen Bundesbank, Nr. 4, 1982, S.22. Zeitgemäße Liquiditätspolitik — eine Herausforderung zur Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 78 vom
Vgl. „Grundsatzbeschluß der Bundesbank — Renaissance der Liquiditätspolitik", in: Wirtschaftsdienst der Berliner Handels- und Frankfurter Bank, Frankfurt/M., vom 9.6. 1979. 22 G. Maier, Die neue Offenmarktpolitik der Bundesbank, in: Wirtschaftsdienst, H. VII, 1981, S. 339.
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IV. Offene Fragen zur Umlaufgeschwindigkeit des Geldes Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit geraten, nicht nur im Schrifttum, sondern auch in den strategischen Konzepten der Notenbanken — zu Unrecht, wie wir meinen. Die Umlaufgeschwindigkeit der Zentralbankgeldmenge ( v ^ b g ) gehört — neben dem Wachstum des Produktionspotentials, der „unvermeidlichen" Preissteigerungsrate und dem Anstieg der Kapazitätsauslastung — zu den vier Komponenten der Geldmengenzielkalkulation der Bundesbank. Die Ratio ist, daß ein Abschlag in Höhe des erwarteten prozentualen Anstiegs der V Z B G v o m Geldmengenziel, wie es sich aufgrund der genannten drei anderen Komponenten ergibt, vorgenommen werden kann, da sich die vorhandene Geldmenge schneller umschlägt, „härter arbeitet" und auf diese Weise die Zuführung von zusätzlichem ZBG teilweise erübrigt. Umgekehrt kann ein Aufschlag auf das Geldmengenziel erfolgen, wenn eine Reduzierung der V Z B G erwartet wird. Die Bundesbank hat sich bisher von der Vorstellung leiten lassen, daß die e t w a ZBG den konjunkturellen Schwankungen folgt, d. h. im Aufschwung steigt und im Abschwung sinkt. Im Zuge der konkreten Geldmengenzielkalkulation wurde die Umlaufgeschwindigkeit dagegen stark vernachlässigt: obwohl stets erwähnt, hat die Bundesbank die erwartete Änderung der v ^ ß G 1975 in drei Mal in quantifizierter Form in die jährlichen Geldmengenziele einbezogen, und zwar mit einem Anstieg von jeweils 1% in den Jahren 1976,1977 und 1980. Das Ergebnis: Nur 1980 lag die Bundesbank in etwa richtig (tatsächlicher Anstieg: 1,6%); 1976 und 1977 stimmte noch nicht einmal die Richtung (vgl. Abb. 1 und Tab. 1). V
Nun ist die Vorausschätzung der ν in der Tat ein schwieriges Geschäft. Als „catch all" bündelt sie die Auswirkungen unterschiedlichster Faktoren zu einer kaum entwirrbaren Gemengelage. Sie wird beeinflußt von kurzfristigzyklischen Veränderungen ebenso wie von längerfristig-trendmäßigen Entwicklungen, z.B. von Konjunkturschwankungen, von Zins- und Inflationsänderungen (und darauf gerichteten Erwartungen), von Veränderungen der Geldnachfrage, der Kassenhaltungsgewohnheiten und der Finanztechnologie —• und natürlich von der Geldpolitik selbst. Soweit sich die Umlaufgeschwindigkeit kurzfristig-zyklisch ändert, ist die Berücksichtigung derartiger Schwankungen an sich ein Fremdkörper in einem reinen Konzept der potentialorientierten Geldmengensteuerung (ebenso wie die unvermeidliche Preissteigerungsrate und Veränderungen der Kapazitätsauslastung). Solange sich aber die Bundesbank noch auf dem Wege hin zum potentialorientierten Geldmengen-Wachstumspfad befindet, diesen also noch nicht erreicht hat, kann sie — dieser Auffassung scheint die Bundesbank wenigstens zu sein — die zyklischen Komponenten in ihrem Geldmengenziel nicht
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ignorieren, ohne inflationäre oder deflationäre W i r k u n g e n zu erzeugen. A l l e r d i n g s dauert diese „Übergangszeit" mittlerweise bereits sieben Jahre, u n d ein Ende ist nicht abzusehen. W i r w o l l e n dieses Problem hier nicht weiter verfolgen, insbesondere die Frage, o b n i c h t ein rascherer Übergang zur ausschließlich a m W a c h s t u m des P r o d u k t i o n s p o t e n t i a l s ausgerichteten Geldmengensteuerung bessere Ergebnisse gezeitigt hätte, v o r allem m i t B l i c k a u f die Inflationsentwicklung. Diese Frage ist ex post empirisch o h n e h i n nicht eindeutig zu beantworten. V i e l Abb. 1: Wachstumsraten (w) des realen (r) Bruttosozialprodukts (BSP) a) und Umlaufgeschwindigkeit (v) der Zentralbankgeldmenge (ZBG) b )
a) In Preisen von 1970. b) Bargeldumlauf und Mindestreserve-Soll zu konstanten Reservesätzen (Basis: Januar 1974). Seit März 1978 hat die Bundesbank die Kassenbestände der Kreditinstitute an inländischen Noten und Münzen aus der ZBG herausgenommen (Anrechnung auf die Mindestreserve). Durch diesen statistischen Bruch war die v^gQ vor und nach März 1978 nicht mehr vergleichbar. Zur Bereinigung wurden deshalb hier ab März 1978 zu den (saisonbereinigten) ZBGAngaben der Bundesbank die (nicht saisonbereinigten) Kassenbestände der Kreditinstitute wieder hinzugezählt. Quelle fiir Grunddaten: Statistische Beihefte zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Reihe 4, Saisonbereinigte Wirtschaftszahlen, div. Jge.
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mehr soll auf die folgenden zwei Fragen zur Umlaufgeschwindigkeit eingegangen werden: Erstens, ist sie — wie allgemein unterstellt — im Lichte der letzten zehn Jahre ein zyklisches Phänomen? Zweitens, erhöht die Einbeziehung der V£BG die Aussagekraft der Ergebnisse der Geldmengensteuerung? (1) Die erste Frage läßt sich tendenziell anhand von Abb. 1 beantworten. Dort sind die jahresdurchschnittlichen Wachstumsraten des realen Bruttosozialprodukts als Maßstab für zyklische (konjunkturelle) Entwicklungen in den letzten zehn Jahren abgetragen. Ihnen gegenübergestellt ist die Entwicklung der VZBQ, definiert als die Relation aus nominellem BSP und ZBG. Der Verlauf beider Kurven zeigt, daß ein zyklisches Verhalten der v ^ ß G n i c h t erkennbar ist. Während der drei Aufschwungphasen (1973, 1976, 1979) verläuft die v ^ ß G allenfalls 1973 mit dem konjunkturellen Aufschwung synchron (marginaler Anstieg). Ebensowenig ist in den Abschwungphasen ein systematischer Gleichlauf mit der Konjunktur zu beobachten. Vielmehr vermittelt Abb. 1 das Bild einer nahezu unabhängig von konjunkturellen Schwankungen verlaufenden Entwicklung der ^ZBG in Form eines relativ stetig abwärts gerichteten Trends. Absolut gesehen, sank die V£BG v o n 10,202 in 1971 auf 9,161 in 1981 (mit einem Tiefstwert von 9,067 in 1979). Jahresdurchschnittlich hat sie sich um 1,1% im Zeitraum von 1973 bis 1981 verringert. Offensichtlich handelte es sich also um einen langfristig fallenden Trend der V£BG· Sollte er sich in Zukunft fortsetzen, müßte ihm die Bundesbank— prinzipiell — durch einen entsprechenden Zuschlag bei ihrer Geldmengenzielkalkulation Rechnung tragen. Andernfalls könnte der Geldmantel zu eng geschneidert werden. Immerhin bedeutet die Veränderung der v ^ B G u m ^ bei den derzeitigen Größenordnungen das Äquivalent von etwa 1,7 Mrd. D M ZBG. Allerdings sind hinter eine solche Empfehlung sogleich einige Fragezeichen zu setzen: So mag die bis 1979, gemessen an den Geldmengenzielen, überreichliche tatsächliche Versorgung mit Zentralbankgeld 23 mit zu dem permanten Fallen der v ^ ß G beigetragen haben, ohne daß hiervon realwirtschaftliche Aktivitäten auch nur im mindesten beeinträchtigt wurden. Empirisch ist diese Frage (Was wäre gewesen, wenn?) allerdings kaum zu beantworten. Immerhin deutet sich nach dem starken Herunterfahren der (tatsächlichen ZBG-Zunahme 1980 und 1981 eine gewisse Stabilisierung der V ZBG niedrigem Niveau an. Ob diese Tendenz anhalten wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls sollte die Entwicklung der Umlaufgeschwindigkeit in 23 Ausnahmen: 1974 und 1975; betrachtet werden die jahresdurchschnittlichen Zuwachsraten. Ähnlich argumentiert auch Tobin. Vgl. J.Tobin, Stabilization Policies Ten Years After, in: Brookings Papers on Economic Activity, Nr. 1, 1980, S. 19-71 (insbes. S. 51); ferner derselbe, Monetary Policy and Inflation, Wiederabdruck in: A.T. Sommers (Hrsg.), Answers to Inflation and Recession: Economic Policies for Modern Society, Report from the Conference Board, New York 1975, S. 2-33.
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den letzten zehn Jahren der Bundesbank Anlaß geben, ihr künftig erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Aber auch die Forschung sollte sich verstärkt der Untersuchung der Bestimmungsfaktoren dieser Größe annehmen. Tabelle 1
Nominelles (n) und reales a) (r) BSP, Z B G b ) , v und Preisniveau (P)c) 1971-1981 *
Z B G
b )
Jahresdurchschnitt!. Veränd. (%) des/der ZBG + Jahr
BSP n
ZBG
V
ZBG
BSP n
ZBG
V
11,1 9,4 11,2 7,3 4,9 8,7 6,7 7,5 8,3 6,7 4,0
10,5 12,7 10,5 6,2 7,8 9,3 9,0 12,1 9,4 5,0 4,6
0,5 -2,9 0,6 1,0 -2,7 -0,5 -2,1 -4,1 -0,9 + 1,6 -0,6
ZBG
V
ZBG
Ρ
BSP r
11,0 9,8
5,2 5,6 7,0 7,0 6,0 4,3 3,7 2,7 4,1 5,5 5,9
3,3 3,7 4,9 0,4 -1,7 5,3 2,8 3,6 4,4 1,8 -0,3
Mrd. DM 1971 72 73 74 75 76 77 78 79 1980 81
756,0 827,2 920,1 986,9 1 034,9 1 125,1 1 200,6 1 290,7 1 398,2 1 491,9 1 551,9
74,1 83,5 92,3 98,0 105,6 115,4 125,8 141,0 154,2 161,9 169,4
10,202 9,907 9,969 10,070 9,800 9,750 9,544 9,154 9,067 9,215 9,161
11,1 7,2 5,1 8,8 6,9 8,0 8,5 6,6 4,0
* Zur Erläuterung der Abkürzungen vgl. Anmerkungen zu Abb. 1. a) In Preisen von 1970. b) Vgl. Anmerkung 2) zu Abb. 1. c) Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte. Quelle: Wie Abb. 1.
(2) Die Vorankündigung von Geldmengenzielen bzw. die Geldmengenpolitik soll insbesondere dazu beitragen, ein möglichst inflationsfreies Wachstum herbeizuführen, zumindest aber die Inflationsraten zu dämpfen, indem sie die Überwälzungsspielräume für Preissteigerungen begrenzt. Damit ist das grundlegende geldtheoretische Transmissionsproblem angesprochen: Wie wirken monetäre Impulse auf güterwirtschaftliche Mengen- und Preis variablen? Ein kleiner Teilaspekt dieses Problems sei im folgenden herausgegriffen und damit auf die zweite, oben gestellte Frage eingegangen. Es fällt auf, daß bei Analysen der „performance" der Geldmengenpolitik im allgemeinen nur die Veränderungen der monetären Aggregate den durch sie zu beeinflussenden Veränderungen von realwirtschaftlichen Mengen- und Preisgrößen gegenübergestellt werden. So werden ζ. B. die Beziehungen zwischen den Veränderungen der Z B G einerseits und den Wachstumsraten des
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realen BSP oder der Inflationsrate andererseits berechnet, um daraus Schlußfolgerungen im Hinblick auf die Wirkungen und die Wirksamkeit der Geldmengenpolitik abzuleiten. Derartige Berechnungen führen häufig zu unbefriedigenden oder auch zu Überraschungsergebnissen, letztere in dem Sinne, daß sich reale Wachstumsraten und Inflationsraten konträr zu den — gemessen an den Geldmengenveränderungen — erwarteten Ergebnissen einstellen. Ein möglicher Grund hierfür könnte sein, daß bei derartigen Analysen häufig die Veränderung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes außer acht gelassen wird. Denn prinzipiell gilt, daß ζ. B. eine einprozentige Zunahme (Abnahme) der Geldmenge die gleiche Wirkung entfaltet wie ein einprozentiger Anstieg (Rückgang) der Umlaufgeschwindigkeit. Davon ausgehend lautet unsere Hypothese, daß erst die Summe beider Größen ein aussagekräftiges Bild über die tatsächliche Wirkung von monetären Impulsen zu zeichnen vermag. Nun sind die beiden Komponenten dieser Summe in verschiedenster Hinsicht heterogen.Was insbesondere die Steuerbarkeit angeht, so ist die ZBG grundsätzlich durch die Bundesbank kontrollierbar, während die v ^ ß G diversen Einflüssen unterliegt (siehe oben), von denen der von der Geldpolitik ausgehende womöglich noch nicht einmal der dominierende ist. Ein monetärer Impuls aber ist die Veränderung der v ^ ß G allemal. Wir legen deshalb im folgenden dieses „Summenkonzept" zugrunde und stellen der Entwicklung der Inflationsrate und den Wachstumsraten des realen BSP jeweils die Summe der Veränderungsraten der ZBG und der V Z B G gegenüber. Erwähnt sei, daß vorläufige Regressionsberechnungen mit Bezug auf die Wachstumsraten des realen BSP zu statistisch sehr guten und mit Bezug auf die Preissteigerungsraten (Verbraucherpreisindex) zu befriedigenden Ergebnissen geführt haben. Wir sehen an dieser Stelle vorerst davon ab, diese rechnerischen Ergebnisse zu präsentieren, da über die ökonomischen Eigenschaften und Bestimmungsfaktoren der Umlaufgeschwindigkeit noch weitgehend Unklarheit herrscht. Fertige Rechenergebnisse könnten darüber hinwegtäuschen. Wir wählen stattdessen als ersten groben Ansatz zur Überprüfung des Summenkonzepts die graphische Gegenüberstellung— zugegebenermaßen einen „heuristischen" Ansatz, der jedoch die Aufgabe, zunächst auf diese Zusammenhänge aufmerksam zu machen, erfüllen dürfte. Außerdem begnügen wir uns mit Jahresdaten, die in Tabelle 1 enthalten sind. Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Veränderung von monetären Impulsen und der wirtschaftlichen Aktivität? Abb. 2 zeigt zunächst, daß während des letzten Jahrzehnts zwischen dem Wachstum des realen BSP und der Veränderung der ZBG nur ein relativ loser Zusammenhang bestanden hat (bei zeitgleicher Betrachtung). Kausal gedeutet: Die Wachstumsrate des realen BSP folgte nur phasenweise den durch die Veränderung der ZBG ausgelösten monetären Impulsen. Deutlich unterbrochen ist die Parallelität
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in den Jahren 1973, 1975, 1977 und 1979, in denen beide Kurven konträre Richtungen aufweisen. Auch in den übrigen (parallelen) Jahren weichen die Steigungsmaße beider Kurven zum Teil erheblich voneinander ab. Durch zeitliches Vorziehen der ZBG-Kurven, d. h. durch Berücksichtigung einer Wirkungsverzögerung von Geldmengenimpulsen von einem Jahr, gleichen sich zwar die Verläufe beider Kurven stärker einander an, es verbleiben jedoch weiterhin zum Teil konträre Richtungen (1977/78) und abweichende Steigungsmaße (aus Abb. 2 nicht ersichtlich). Betrachten wir nun die Summe der jahresdurchschnittlichen Zuwachsraten von Z B G und v ^ B G ' * n Abb. 2 durch die gepunktete Kurve dargestellt, so ergibt sich ein annähernder Gleichlauf zur Kurve der Wachstumsraten des realen BSP mit weitgehend identischen Steigungsmaßen (einzige größere Ausnahme: 1976) 24 . Der kumulierte monetäre Impuls aus den Veränderungen der Z B G und der Umlaufgeschwindigkeit scheint also die wirtschaftlichen Schwankungen in den letzten zehn Jahren weitaus besser zu erklären als die ZBGVeränderungen allein. Zwei Beispiele seien herausgegriffen: Im Rezessionsjahr 1975 war der ZBG-Impuls, für sich genommen, mit + 7,8% im Vergleich zum Vorjahr expansiv. Aufgrund des Rückgangs der v ^ ß G u m ergab sich jedoch per Saldo ein eher restriktiver Gesamtimpuls von nur + 5,1%. In 1978, einem Jahr moderaten wirtschaftlichen Wachstums, expandierte die Z B G mit 12,1%, während die v ^ ß G u m 4,1% sank und so zu einem ebenfalls moderaten Gesamtimpuls führte. Kompensierende Effekte dieser A r t sind auch in weiteren Jahren aufgetreten. Was die prozyklische Wirkung der Geldmengenpolitik betrifft, gelangt Neumann 25 zu einem ähnlichen Ergebnis mit Hilfe eines makroökonomischen Modells für den Zeitraum 1973—1980, allerdings ohne Berücksichtigung von Veränderungen der Umlaufgeschwindigkeit. Sein Modell bezieht sich zwar 24 Vorsorglich sei darauf hingewiesen, daß diese Beziehung nicht selbstverständlich, also tautologisch ist. Dies gilt nur mit Bezug auf die Wachstumsrate des nominellen BSP. Als Näherungsformel, d. h. ohne Berücksichtigung der bei der Ableitung von Wachstumsraten auftretenden „Residuen", ergibt sich die Wachstumsrate des realen BSP aus der Summe der Zuwachsraten der ZBG und der v Z B G , abzüglich der Preissteigerungsrate (w p ) des realen BSP:
»BSpr~»ZBG w
Ist pggpr
=
+
"v ZBG-»P BSpr
liegen die wg§pr- und die (w^bq + w V 2 B Q ^ " ^ e r t e w
Kurve. Nur wenn pggpr
i m
ann
ähernd auf einer
Zeitablauf konstant (und größer als Null) ist, verlaufen die
Kurven der realen Wachstumsrate und der Summe von
und w v
Z B
q vollkommen
parallel (Veränderung um jeweils die gleiche Anzahl an Prozentpunkten). Beides sind Spezialfälle. Bei realistischen, d. h. ζ. T. stark schwankenden (Ausnahmen: 1974/75; 1977-79) Preissteigerungsraten des realen BSP können sich also durchaus konträre Verläufe der genannten zwei Kurven ergeben. 25 Vgl. M. J. M. Neumann, Der Beitrag der Geldpolitik zur konjunkturellen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 1973-1980, in: Kyklos, Vol. 34, Nr. 3, 1981, S. 405 ff.
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Abb. 2: Wachstumsraten (w) des realen BSP, der ZBG und Summe der Zuwachsraten von ZBG und v ^ q q
%
13 12 11
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1 -2 a) Jeweils jahresdurchschnittliche Zuwachsraten. Zur Erläuterung, Berechnung und Quelle vgl. Abb. 1 und Tab. 1.
auf die Erklärung des realen Outputwachstums des privaten Sektors, doch verläuft dieses — wenn auch mit ausgeprägteren Schwankungen — in etwa parallel zum Wachstum des realen BSP. Das Modell von Neumann enthält neben der Geldbasis noch zahlreiche weitere monetäre und realwirtschaftliche Erklärungsvariablen und schließt eine spezifische Hypothese rationaler Erwartungen ein. Analytisch gesehen ist es also mit unserem „heuristischen" Ansatz, der mit der Summe aus ZBG- und vzßQ-Impulsen scheinbar nur zwei Bestimmungsfaktoren aufweist, überhaupt nicht vergleichbar. Dennoch führen beide Ansätze tendenziell zu dem gleichen Resultat. Zufallsergebnis? Wir glauben nicht, denn tatsächlich bündelt die Umlaufgeschwindigkeit die Wirkungen einer (unbestimmten) Vielzahl von Einflußfaktoren: monetäre und realwirtschaftliche, binnen- und außenwirtschaftliche, konjunkturelle und strukturelle, kurz- und längerfristige. Diese Eigenschaft könnte ihr möglicherweise eine hohe Aussagekraft als erklärende Variable verleihen. Allerdings bleibt dabei die Frage nach den hauptsächlichen Determinanten und damit auch der Kontrollierbarkeit der Umlaufgeschwindigkeit natürlich weiter im Dunkeln. A n diesem Punkt müßten, wie schon betont, eingehendere Analysen einsetzen. In diesem Zusammenhang sei noch kurz auf eine Interpretation von Köhler eingegangen: „Die Deutsche Bundesbank hat ein monetäres Ziel ab 1975
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aufgestellt und von diesem Zeitpunkt an eine stärker auf Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung gerichtete Kreditpolitik betrieben. Tatsächlich gelang es von 1975 bis 1980, die wirtschaftliche Entwicklung stetiger verlaufen zu lassen als vorher" 2 6 . Natürlich ist es bis zu einem gewissen Grade immer willkürlich, eine wirtschaftliche Entwicklung als „stetig" einzustufen, ebenso, wie weit man bei einem solchen Vergleich zeitlich zurückgeht. Datiert man die Dauer eines Konjunktur- bzw. Wachstumszyklus als den Zeitraum zwischen zwei Tiefpunkten der Wachstumsrate des realen BSP, so umfaßt der siebte deutsche Nachkriegszyklus insgesamt sechs Jahre (1975 bis vorläufig 1981), während die vergangenen Zyklen in der Regel nur vier Jahre umspannten. Seit Beginn der Geldmengenpolitik ist der Zyklus also gestreckt, ist länger geworden, und darauf abgestellt, mag Köhler durchaus recht haben, daß die Vorankündigung von Geldmengenzielen hierzu beigetragen hat. M i t jahresdurchschnittlichen ZBG-Wachstumsraten in einer Schwankungsbreite zwischen 12,1% (1978) und 5,0% (1980; 1981:4,6%; vgl. Tab. 1) in dem von Köhler betrachteten Zeitraum von 1975 bis 1980 kann dagegen schwerlich von einer „stärker auf Verstetigung... gerichteten Kreditpolitik" (siehe oben) gesprochen werden. Ähnlich starke Schwankungsbreiten weisen auch die realen Wachstumsraten mit zwei Rezessionen (1975: —1,7%; 1981: —0,3%) und zwei Aufschwüngen auf (1976: 5,3%; 1979: 4,4%). Zutreffend ist allerdings, daß die Entwicklung zwischen den beiden Rezessionen gewisse Ansätze zu einer stetigeren Entwicklung erkennen läßt. (3) Der zweite Punkt betrifft die Beziehungen zwischen ZBGVeränderungen und der Inflationsentwicklung. Abb. 3 zeigt, daß seit Beginn der eigentlichen Geldmengenpolitik der Bundesbank im Jahre 1975 (aber auch schon vorher) die Kurven der Preissteigerungsraten (Verbraucherpreise) und der jahresdurchschnittlichen Zuwachsraten der ZBG in ausgeprägter Weise entgegengesetzt verlaufen sind: Steigende Zuwachsraten der ZBG waren von rückläufigen Inflationsraten begleitet (1975—1978), sinkende ZBG-Zuwachsraten von steigenden Preissteigerungsraten (1979— 1981). Überspitzt formuliert: Die stabilitätsorientierte Geldmengenpolitik hat gleichsam immer das Gegenteil der eigentlich zu erwartenden Wirkungen gehabt. Den konträren Verlauf der ZBG und der Inflationsentwicklung bezeichnet Emminger überrascht als „erstaunliches Phänomen" und als „merkwürdiges Paradox" und führt dazu aus: „ I n der Periode einer — am Ziel gemessen — relativ reichlichen Geldversorgung wurde der angestrebte Stabilisierungseffekt erreicht... In der Periode einer knapperen Geldversorgung von 1979 bis 1981 stiegen dagegen die Preise stärker als bei der Festlegung der Geldmengenziele unterstellt worden war" 2 7 . Als Gründe für die 26 CL Köhler, Kapitalmarktpolitik durch die Zentralbank, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 96 vom 29. 10. 1981, S.4. 27 O. Emminger, Deutsche Geldpolitik im Zeichen des Monetarismus, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 73 vom 11.8. 1982, S.4.
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höheren Inflationsraten in der zweiten Phase nennt Emminger den Ölpreisschub 1979/80, die DM-Abwertung gegenüber dem US-Dollar und die beträchtliche Erhöhung der Lohnstückkosten 28 . Bemerkenswert ist erstens, daß damit allesamt nichtmonetäre Inflationsursachen ins Feld geführt werden, zweitens eine gewisse Asymmetrie in der Begründung, denn mit Ausnahme der den Inflationsimport dämpfenden DM-Aufwertung dürften auch schon in der vorangegangen Phase sinkender Inflationsraten (1975—1978) die genannten Inflationsursachen von Bedeutung gewesen sein. Während Emminger die Phase sinkender Inflationsraten wegen der gleichzeitigen starken monetären Expansion als Paradoxon bezeichnet, sieht Schlesinger darin zumindest teilweise durchaus einen Erfolg der Geldmengenpolitik: „Das allmähliche Zurückdrängen der Inflation nach 1973 war sicherlich ein Erfolg dieser Politik (der „deklarierten Geldmengenpolitik"; D. D.), wenn er auch in diesem Ausmaß... nicht allein auf die innere Geldpolitik zurückzuführen ist" 2 9 . Ohne diese Diskussion hier weiter zu vertiefen, soll nun versucht werden, einen monetären Ansatz zur Erklärung der beiden unterschiedlichen Inflationsphasen in dem betrachteten Zeitraum zu liefern. Einen ersten Hinweis gibt Emminger selbst: „Die dogmatischen Monetaristen werden natürlich versucht sein, all dies (das o. g. „Paradoxon"; D. D.) mit der Zeitverzögerung, den ,time-lags', zwischen der Geldmengenentwicklung und der Preisentwicklung zu erklären" 30 . Bauen wir zunächst einen time-lag von einem Jahr 3 1 ein, d. h. ziehen wir die ZBG-Kurve ein Jahr vor (in Abb. 3 nicht eingezeichnet), so ändert sich kaum etwas an dem schon bei zeitgleicher Betrachtung festgestellten konträren Verlauf der ZBG- und der Inflationskurve (P-Kurve). Undogmatische Monetaristen gehen allerdings einen Schritt weiter und stellen der P-Kurve die (um ein Jahr) zeitverzögerte Kurve der Summe aus ZBG- und v^BQ-Impulsen gegenüber. Dies ist in Abb. 3 (gepunktete Kurve) geschehen mit dem Effekt, daß in fünf von insgesamt sieben Jahren seit Beginn der Geldmengenpolitik 1975 ein, was die Richtung betrifft, Gleichlauf zwischen der P-Kurve und der Kurve des monetären Gesamtimpulses zu verzeichnen ist. Post hoc, ergo propter hoc? Die Strammheit des Zusammenhangs läßt sicher zu wünschen übrig, sowohl was die graphische Veranschaulichung betrifft als auch — wie erwähnt — die regressionsanalytische Berechnung. Trotzdem scheint uns aus den schon weiter oben genannten Gründen das Summenkonzept als monetärer Ansatz zur Inflationserklärung dem ZBG-Konzept, für sich allein genom28
Ebenda. H. Schlesinger, Verteidigung des Geldwertes in einer inflatorischen Umwelt, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 12 vom 5.2.1982, S.3. 30 O. Emminger, a. a. O., S. 4. 31 Die Wirkungsverzögerung von Geldmengenänderungen auf die Inflationsentwicklung wird empirisch auf 12 bis 18 Monate geschätzt. 29
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men, bei weitem überlegen. V o n einem „ P a r a d o x o n " k a n n wenigstens nicht die Rede s e i n 3 2 , auch wenn die beiden „Ausreißer"-Jahre (1977, 1981) m i t dem S u m m e n k o n z e p t a u f den ersten Blick nicht vereinbar sind. H i e r mögen Sonderfaktoren eine Rolle gespielt haben, die noch eingehender zu untersuchen wären.
Abb. 3: Inflationsraten (P) a ) , Wachstumsraten (w) der ZBG und Summe der Zuwachsraten von ZBG und 0/
/o
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a) Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte. b) Vgl. Anmerkung 1 zu Abb. 2.
32 Als Ergebnis einer „Beitragsrechnung44 der verschiedenen Inflationsursachen erhält auch Neumann die Geldpolitik als den „dominierenden Inflationsfaktor", mit teils dämpfenden, teils inflationstreibenden Effekten. Vgl. M. J. M. Neumann. a. a. O., S. 417 ff.
Money Stock versus Interest Rates as the Intermediate Target An Institutional Approach By Thomas Mayer, Davis, California*
In recent years the central banks of many developed countries have shifted from an intereste rate target to an aggregates target, such as the money stock. One possible explanation for this is provided by the theory of bureaucracy which treats central banks, like other government agencies, as organization that maximize their own welfare 1. Along these lines one might argue that with rising interest rates central banks have an incentive to avoid setting interest rate targets, because an explicit interest rate target appears to make the central bank responsible for the unpopular high interest rates. On the other hand, an interest rate target also has an advantage for the central bank bureaucracy. I f it misses its interest rate target it can put the blame on market factors more readily than it can if it misses a money stock target. Hence, while the self-interest of central banks might certainly have played some role in the shift away from interest rate targets, it is doubtful that this provides most of the explanation. A n alternative explanation is that the shift to a money stock target is due to the strong evidence in favor of such a target that academic economists, particularly the monetarists, have provided. A third explanation is that the shift is due to certain practical problems that arose with interest rate targets, problems that become apparent only when one abandons the assumption that the central bank is efficient. A fourth explanation is that the damage caused by using the wrong target variable is greater if it is an interest rate target that the central bank is using. In this paper I will try to show that it is the last two of these explanations that are highly plausible. The evidence offered comes mainly from the United States, and with respect to European countries I am therefore advancing an hypothesis that invites testing, rather than one that is already confirmed. What differentiates this paper from most other * I am indebted for helpful comments to Victor Goldberg, Raymond Lombra and John Scadding. 1 See, for instance, Keith Acheson and John Chant, „Bureacratic Theory and the Choice of Central Bank Goals: The Case of the Bank of Canada", Journal of Money, Credit and Banking, vol. 5, May 1973, pp. 637-56.
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discussions of monetary targets is that it abandons the implicit assumption of central bank efficiency. Section I of this paper reviews the arguments for, and against, a money stock targets that are usually advanced by economists, and shows that they do not lead to an unequivocal conclusion. Section I I then relaxes the assumption that the central bank is efficient and shows, that once this assumption is abandoned a much stronger case for a money target emerges. Section I I I then discusses the damage that is likely to result if the central bank is not efficient while using the wrong target. A final section provides a summary.
I. Given an efficient central bank the choice of an intermediate target variable involves three issues; (1) the closeness with which the intermediate target variable is related to the higher-level nominal income target, (2) the accuracy with which the intermediate target variable can be measured, and (3) the precision with which it can be controlled. The standard approach to the first of these as developed by William Poole is to say that if the IS curve is predictable while the L M curve shifts unpredictably, then the interest rate is the better target, and under the converse conditions the money growth rate is the preferred target. This analysis is familiar to most monetary economists and hence will not be repeated here 2. As is also well known this approach answers the question only by posing another one, „is the IS curve or the L M curve more predictable?" Here little information is available. As Karl Brunner has pointed out, the positive correlation of nominal income and the interest rate implies that during the cycle the IS curve shifts more than the L M curve. However, the question is not which curve shifts more, but which curve is subject to more unpredictable shifts, because in selecting the setting of the target variable the central bank can make allowance for predictable shifts. Only if it fails to to so, and sets its targets on the assumption that the IS and L M curves are stable, does stability rather than predictability matter. If the central bank were to determine its target settings entirely on the basis of an econometric model, the matter would be simple; one could just see whether the model makes more severe errors in the IS sector or the L M sector. However, this is not the way central banks usually operate; econometric models play only a limited role in their decision-making. Hence, a finding that econometric models predict, say the IS curve more accurately, does not 2 For short expositions see, for instance, Hans-Herman Francke, Bankliquitat und Zins als Orientierungsvariable der Geldpolitik (Berlin, Duncker& Humblot, 1975) pp. 174-83, or Thomas Mayer, James Duesenberry and Robert Aliber, Money Banking and the Economy, (New York, W.W. Norton, 1981), pp. 522-32.
Money Stock versus Interest Rates as the Intermediate Target
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really tell us whether the central banks errors are greater for the IS or the L M curve. Another issue in the choice of an intermediate target is the accuracy with which the money growth rate and the interest rate can be measured. The money data suffer from both statistical and conceptual problems. In the U.S., for example, the early estimates on which month-to-month policy is based are subject to very substantial revisions, mainly due to revisions in the seasonal adjustment factors. In addition, there are serious conceptual problems. Money market fund shares are excluded from M 1 despite the fact that checks for $ 500 an over, and in some cases smaller checks too, can be written against these funds. Similarly, Eurodollar balances are excluded from M l , as are repurchase agreements. There is no reliable way of determining what proportion of such funds should be included in „money", and yet their exlusion may, in principle, seriously bias the estimated growth rate of „money". Potentially even more serious is the problem created by „sweeps." Under this system banks at the close of business transfer the customer's deposit above a certain minimum out of the demand deposit into an interest earning asset. Since bank deposits are counted at the close of business, these „swept" funds are not counted as part of deposits, and hence part of the money stock. Yet they are available for expenditures the next day. Until recently such arrangements were confined to large firms, but they are now being made available to households too. For example, some depository institutions sweep deposits above a threshold of $ 2000. Beyond this there are the old problems of whether to define money as M 1 or M 2, and whether to look only at national money or to pay attention as well to the world money stock. So far at least, the erosion of the concept of money may not have done serious damage in the U.S. Both the trend of velocity and its variance were no greater in the 1970s than they were in the 1950s and 1960s3. In fact, if one predicts velocity simply by assuming that its growth rate this year is equal to its growth rate in the previous year one obtains a surprisingly good estimate. For the period 1970—1981 this procedure results in an average absolute error in velocity of only 1.1 percent. (Admittedly this error could have been larger had the Fed not controlled interest rates and therefore raised the supply of money along with the demand for money.) For the last five years the mean absolute error is greater, 1.4 percent, with more than half of it being due to a large error in 1981. Since this was the year when the Federal Reserve had to make a rather impressionistic adjustment to the M 1 data to account for the shift into NOW accounts, this error in estimating M 1 velocity may be just a 3 See U. S. Congr. Joint Economic Committee, The 1982 Joint Economic Committee Report 97th Congr. 2nd session, March 1982, p. 237.
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statistical artifact 4 . However, it could also be the beginning of a less stable and predictable behavior of M 1 velocity. But the interest rate target also faces statistical and conceptual problems that are hardly trivial. The interest rate that should be used as the target is, of course, the interest rate that affects expenditures, and this is a weighted average of long and short rates, of rates on business loans, bonds, consumer loans, mortgages, etc.. Such rates do not always move together. To use „the" interest rate as a target one would therefore have to know the relative weight to be attached to each of the major rates; that ist, one would have to estimate the relative importance of each of these rates in the determination of expenditures at the margin. In addition, there are many interest rates that are not recorded in the data. For example, American banks lend to a varying proportion of their best customers at rates below the prime rate, but no current data are available either on the volume of such loans or on the rates charged. Moreover, changing standards of credit-worthiness and credit availability modify — probably quite seriously — the meaning of many interest rates. The most serious problem in measuring the interest rate is, however, the need to translate the observed before-tax nominal rates into after-tax real rates, since the former is a totally inadequate guide for policy 5 . The adjustment for taxes is difficult to make. For an accurate estimate it wojuld be necessary to survey potential spenders to obtain information on their marginal tax rates. Since the marginal tax rates of various spenders should be weighted in proportion to the impact that monetary policy has on them, the average after-tax interest rate would not be easy to determine even with an extensive survey. Furthermore, to translate the nominal after-tax rate into an expected real after-tax rate is obviously not an easy task. Periodic surveys of price expectations of firms and househoulds would be necessary. Such surveys would be very expensive if done properly, and there is a danger of the central bank relying instead on cheaper, but less reliable information. Moreover, insofar as price expectations of various types of spenders differ, it would again be necessary
4 See John Tatom, „Recent Financial Innovations: Have They Distorted the Meaning of M-l?", Federal Reserve Bank of St. Louis, Review vol 64, April 1982, pp. 23-35. 5 In this thorough study of the behavior of real interest Frederic Mishkin („The Real Interest Rate: An Empirical Investigation", Carnegie-Rochester Conference on Public Policy, vol. 15, 1981, p. 193) concludes that: „The most important policy implication... is the recommendation that policymakers... should not focus on nominal interest rates as indicating the tightness of monetary policy... Nominal interest rates contain little information on real interest rates... nominal interest rates have been a highly misleading indicator of monetary tightness during some crucial business cycle episodes".
Money Stock versus Interest Rates as the Intermediate Target
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to weight their responses by the proportions of the impact of the monetary policy that they bear. The final criterion for the choice of a target variable is controllability. Obviously, if the central bank uses a target variable it cannot control properly, its attempts to achieve a particular value for it could generate substantial fluctuations in income. It might then be better to use a more controllable intermediate target, even if this target is less closely related to the higher-level nominal income target. In the U.S. the money growth rate target can be controlled fairly well if the central bank really tries, though the term „fairly" is open to varying interpretations 6 . The controllability of interest rates is harder to determine. The Federal Reserve can obviously control short rates. But to obtain a quick and strong response from intermediate-term and longterm rates it would probably have to conduct more open market operations in such securities. However, it is reluctant to deal in intermediate-term and longer-term issues because of the thinness of these markets. Moreover, the interest rates in the less well organized markets, such as the bank loan market, probably respond to Fed policy only to a lesser degree and with a longer lag. In summary then, none of the three criteria provide an unequivocal case for either interest rates or the money growth rates as the appropriate target. Hence, the relative advantages of a money stock target and an interest rate target may well differ from country to country and it would indeed be surprising if the considerations discussed so far were the cause of the widespread shift to monetary targets that occured in the 1970s. This is so particularly since recent work on control theory suggests that one should use both variables as targets. This becomes clear if one looks back at what created the whole problem of choosing between target variables in the first place. Suppose that we possess a correct model of the economy, so that we know the position and slope of the money demand function. In this case there is no need to choose between the interest rate and the money growth rate. Each interest rate corresponds to a unique money stock which we can just read off the demand curve, and it does not matter which axis of the diagram the central bank looks at. Now suppose that in January the central bank decides to aim, say, at an 8 percent interest rate and a 2 percent money James Johannes and Robert Rasche („Can the Reserve Approach to Monetary Policy Really Work?44, Journal of Money, Credit and Banking, vol. 13, August 1981 pp. 298-313) have calculated that the Fed should be able to achieve its yearly M - l target usually with an error of only one percent. Their estimate has been criticized because most of their data come from a time in which the Federal Reserve accomodated changes in the demand for money, thus reducing fluctuations in the interest rate. Had the interest rate been allowed to fluctuate more, then presumably the money multiplier would have been less stable. However, this argument is open to the reply that their estimate of the money multiplier has not really deteriorated since October 1979 when interest rates were allowed to fluctuate much more.
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growth rate for February. In February, however, the data show that an 8 percent interest rate requires a 3 percent, rather than a 2 percent, money growth rate. The usual approach tells the central bank that it should stick with its interest rate target if the error is in the L M curve, but stay with its money growth target if the error is the IS curve. But why assume that all the error is in just one of the curves? In fact, if the central bank has a consistent and comprehensive model, then an error in any one function suggests an error of opposite sign in at least one other function in the model. I f one assumes a normal distribution of random error terms in the IS and L M curves, then a large observed error in their intersection may well be the result of reinforcing relatively .small errors in both, rather than of a single large error in just one of the curves. This suggests that it is better to use both the interest rate and the money growth rate as targets than to use just one of them 7 . The relative weight to be attached to each target then depends on the relative size of the error terms in the IS and L M curves. However, the appropriate weight is not proportional to these errors; the money target deserves more weight than is implied by the relative size of the errors 8 . This is so because a stable money growth rate target is itself already a „mixed" policy, and hence appropriate for a situation where the errors are likely to be in both curves. For example, suppose that the central bank knows with certainty that the IS curve has shifted outward. The appropriate policy would then be neither to keep the money growth rate stable as a money target implies, nor to increase the money growth rate as would happen with an interest rate target. Instead, it would be better to reduce the money growth rate to offset the exogenous expansionary shock. Keeping the money growth rate constant as the interest rate rises is already a compromise that takes into account the possibility that the rise in the interest rate may be due in part to an outward shift of the L M curve. This asymmetry suggests that if only one target variable is to be used, the money growth rate is preferable to the interest rate.
II. So far this disscussion has been conducted on the assumption, generally made in these discussions, that the central bank is reasonably efficient. This assumption may seem justified because efficiency in this context merely means operating on the basis of the best available information, and such 7 See Stephen LeRoy and David Lindsey, „Determining the Monetary Instrument: A Diagramatic Exposition", American Economic Review, vol. 68, December 1978, pp. 929-34. 8 ibid p. 931-32.
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rational behavior is generally assumed in economics. But the fact that the rationality assumption is useful in analyzing the private sector does not necessarily mean that it can be applied to the government sector too. The Darwinian argument that firms that are inefficient fail is not relevant to a central bank, and like any monopolist, a central bank can suffer from substantial X-inefficiency. It is, of course, tempting to assume that a central bank like the Federal Reserve is efficient, because its research staff is highly competent, and many of the Governors are well-regarded economists. But it is the very essence of X-inefficiency that the quality of the output does not adequately reflect the high quality of the inputs. For the Federal Reserve this appears to be so 9 . Friedman and Schwartz and Elmus Wicker have shown the inefficiency of the Federal Reserve in the 1930s, Brunner and Meitzer have documented this for the 1960s, Lombra and Moran for the 1970s, and I have demonstrated this for two instances in the 1960s and 1970s10. Models which assume efficient central bank behavior should therefore be supplemented by analyses that relax this assumption. Not surprisingly this has a cost — a high cost — due to a loss of rigor; surmise replaces formal demonstration. But this price must be paid. I f central bank inefficiency is indeed a crucial part of the targets problem, then there are only two defensible positions to take. One is to introduce central bank inefficiency and analyze it as best one can, and the second is to admit that one is not able to solve the target problem. Simply to assume efficiency because this allows a more rigorous, and hence seemingly „scientific" analysis is to sin against the basis spirit of science11. Once one drops the efficient behavior assumption there is, of course, the problem of what type of behavior to assume instead. There are many possible biases that a central bank may have, but I will discuss the implications of 9 This is not meant to be an attack on the Federal Reserve. I doubt that typical U.S. university, or for that matter, the academic economics „industry", is necessarily more efficient than is the Fed. ,n Milton Friedman and Anna Schwartz, A Monetary History of the United States (Princeton, Princeton University Press, 1963), Elmus Wicker, Federal Reserve Monetary Policy 1917-1933 (New York, Random House, 1966); Karl Brunner and Allan Meitzer, Some General Features of the Federal Reserve's Approach to Policy, U.S. Cong., House, Committee on Banking and Currency, Sub-Committee on Domestic Finance, 88th Congr. 2nd session 1964; Raymond Lombra and Michael Moran, „Policy Advise and Policymaking at the Federal Reserve", in Carnegie-Rochester Conference on Public Policy,(Supplement to Journal of Monetary Economics), vol. 13, Autumn 1980, pp. 9-68; Thomas Mayer, „Federal Reserve Policy in the 1973-75 Recession: A Case Study of Federal Reserve Policy in a Quandary", in Paul Wachtel (ed.) Crises in the Economic and Financial Structure (Lexington, Lexington Books, 1982); and „Regulation Q in 1966: A Case Study of Federal Reserve Policymaking", Journal of Monetary Economics, forthcoming. On the other hand, Sherman Maisel's description of Fed policymaking is much more favorable to it. (Managing the Dollar, New York, W.W. Norton 1973). 11 The traditional defense of unrealistic assumptions is not applicable here, because there is no way of testing by implications, except those that are obtained by treating the assumptions as implications.
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only three, first a reluctance to change the target setting, second shortsightedness, and third a tendency to focus on nominal rather than real magnitudes. Central bank inertia in changing the numberical value of the target has been widely observed in the United States. There are several reasons for inertia. One is that the F O M C prefers to change policy by a broad consensus rather than by a simple majority. Since the conservatives on the F O M C are reluctant to become part of a consensus in favor of a more expansionary policy until the need for it is clear, while the liberals are not willing to support a more restrictive policy until there is a very strong case for it, policy changes tend to be too long delayed 12 . Second, although the members of the FOMC realize that monetary policy operates with a lag, many of them are skeptical about the accuracy of forecasts, and therefore pay attention mainly to current conditions. But if the lag in the effects of monetary policy is fairly long relative to the average length of a cycle phase, this results in policy being badly timed. Because of the lag in the effects of monetary policy, an expansionary policy should frequently be initiated at a time when inflation (a lagging variable) appears to be the major problem, and a restrictive policy should be imposed while unemployment (another lagging variable) is still high. Given the pressures on policymakers to deal with the „current problem", as well as the nagging fear that their forecast may be wrong, it is hardly surprising that the Federal Reserve focuses on the current situation, rather than on the situation at the time its policy will become effective 13 . It is asking a great deal to expect it to change policy on time. Another reason for inertia is that it is easy to confuse stable interest rates with appropriate interest rates. As the IS or L M curves shift the appropriate interest rate changes too. With little solid information being available on the need for a change in the interest rate, the central bank is tempted to delay or avoid any change. Why give up the benefits of interest rate stability when it may turn out that no change in the interest rate was needed after all? A similar problem also exists with a money stock target. I f the central bank has announced a certain money growth rate target, it may well be reluctant to change this target because such a change may be interpreted as showing confusion and may also have unfavorable effects on expectation. To the extent that the central bank uses a broad target range, or has several different monetary targets it can point to when it misses any one of them, this problem is less severe.
12 Cf, Robert Shapiro, „Politics and the Federal Reserve". The Public Interest, No. 66, Winter 1982, p. 128. 11 See Raymond Lombra, „Policy Advice and Policy-Making: Economic Political and Social Issues", Michael Dooley, Herbert Kaufman and Raymond Lombra, The Political Economy of Policy-Making Beverly Hills, California, Sage Publications, 1979, p. 25.
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The central bank is therefore likely to show substantial inertia regardless which target variable it uses. But there exists a factor that makes for greater inertia if the central bank uses an interest rate target. This is the strong political pressure for low interest rates 14 . It may seem at first glance that, while public disapproval of high nominal interest rates would slow the central bank's decision to raise rates, it would, on the other hand, speed up its willingness to reduce rates in a recession. But, at least in the United States, it has not worked in this way. The Federal Reserve know that if it allows interest rates to fall in a recession it may have to let them rise again in the next expansion. And it is probably criticized more for letting rates rise, then for high rates per se. The public treats what exists, and has existed for some time, as more or less inevitable, but objects to a change that would seem to make it worse off. Hence political pressures reinforce the Fed's reluctance to change its interest rate target. To some extent they also make the Fed reluctant to change its money stock target, But there is a difference; if the Fed has an explicit interest rate target, the adoption of a more restrictive policy looks like direct defiance of those who want low interest rates. By contrast, if the Fed formulates its policy in terms of a lower money growth rate, then its conflict with advocates of low interest rates is not explicit, and hence less likely to draw fire. Thus, in discussing the Federal Reserve's shift towards a money stock target in October 1979, Governor Wallich wrote: „The reserve-based procedure has the advantage of minimizing the need for Federal Reserve decisions concerning the funds rate. Interest rates become a byproduct, as it were, of the money-supply process. To be sure, the public and the Congress will remain aware that the Federal Reserve has something to do with interest rates. But there is widespread public and political support for a policy of holding down the money supply which probably cannot be said for the mirror image of such a policy in terms of interest rates. The new procedure therefore has a better chance of avoiding a pro-cyclical bias 15 ". Another reason why the Federal Reserve is reluctant to let interest rates change when it is using an interest rate target is that then the market may at times overreact to any small change in interest rates by reading more into this change than the Federal Reserve intended to accomplish. With a money growth rate target this is less of a problem, since interest rate movements then convey less information about the Fed's intentions. This problem of sending false signals may seem trivial because, in principle, the Federal Reserve 14 These pressures should not, of course, be considered as an example of the central bank per se being inefficient, but as making monetary policy less efficient. 15 „Techniques of Monetary Policy", Washington D.C., Board of Governors, Federal Reserve System, 1980, duplicated, p. 4.
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should be able to explain to the marktet what it is doing. But in the 1973—75 recession this fear of sending the wrong signal was a major deterrent to the Fed's adoption of a more expansionary policy 1 6 . More generally, Governor Wallich reported about the Federal Reserves' procedures prior to October 1979 that: „Even though the funds rate was being controlled for the purpose of controlling the money supply, a widespread public perception developed, or perhaps persisted, that the Federal Reserve was seeking to influence primarily interest rates But even a correct perception of the funds rate as being merely an operating instrument did not discourage the market from closely watching that rate, ready to make portfolio changes, and thereby transmit the impulse to other rates whenever the funds rate moved. The link thus established between the daily funds rate and a wide range of short-term market rates made it more troublesome for the Federal Reserve to move the funds rate in pursuit of its money-supply target. This created a danger that the Federal Reserve might move too late or too little, and that meanwhile the money supply might run a ways in a procyclical direction 17 ". Such a market reaction to Fed interest rate changes is not unlikely. The initial information on cyclical turning points is quite hazy, and until the situation clarifies the Fed has to respond in a sequence of small steps. This means that there is serial correlation in the Fed's policy action, and since the market knows this, it may well overreact to small poliy changes18. A signaling problem can also arise with a money stock target. Thus Governor Wallich has expressed concern that if during a recession the Federal Reserve kepps the money growth rate constant, and allows interest rates to fall, the market will interpret this as an abondonment of its concern with inflation 1 9 . A l l in all, it is not surprising that Federal Reserve officials have indicated that inertia is less of a problem with a money stock target. According to Governor Wallich : „ I n terms of the effectiveness of achieving a given money supply target past studies suggest t h a t . . . [the federal funds approach and the reserves approach] are approximately equal. However, inertia in the adjustment of the 16
Thomas Mayer, „Federal Reserve Policy in the 1973-75 Recession", op cit. Henry Wallich, op. cit., p. 3. 18 Insofar as the market acts rationally it will extrapolate from the current interest rate change to future Fed interest rate changes only to the extent justified by serial correlation in Fed interest changes. Hence, in principle, the Fed should perhaps welcome such market overreaction, but, rightly or wrongly, it is most unlikely to do so. |g Henry Wallich, „U.S. Monetary Policy: A Convergence of View", Washington D.C., Board of Governors, Federal Reserve System, 1981, duplicated, p. 18. 17
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funds rate to needed levels under the old procedure would in practice tip the balance in favor of reserves 20". Similarly, the president of the Boston Federal Reserve Bank, Frank Morris, reported that: „Is has proven much easier for the FOMC to agree on a monetary growth path and to accept the interest rate consequences of that path than it was for t h e . . . [the F O M C ] to make explicit decisions to change interest rates to the extent required 21 ". A recent Federal Reserve staff study stated that: „While interest rate targets could in concept be adjusted promptly so as to minimize the likelihood of pro-cyclical monetary policy, in practice the institutional decision-making procedure often limits the ability to make sizeable adjustments in the target. This could constrain interest rate variations when rates are taken as intermediate targets of monetary policy 2 2 ". Similar evidence is available for Canada. A Canadian central banker C. E. Freeman wrote: „Monetary targeting also gives the central bank much more solid ground on which to stand in its efforts to explain and defend the unpopular but necessary actions it must take on occasion. People can understand and accept intuitively the proposition that if inflation is ever to be contained, monetary growth must be kept firmly under control at all times. The basic case for setting monetary growth targets, in my view, is that it puts the main emphasis in monetary policy squarely where it belongs-on the central bank trying to do what it alone can and must do if the value of money is to be preserved rather than on its giving equal weight to any number of competing short-run concerns that can only divert if from discharging its main responsibility 23 ". Does central bank lethargy create a serious problem? Prior to the October 1979 change to a money stock targets many critics of Fed policy had begun to realize that the central issue was not so much the relative predictability of the IS and L M curves as the unwillingnes of the Federal Reserve to adjust its 2
" „Techniques of Monetary Policy", o. cit., p. 5. Frank Morris, „Do Monetary Aggregates Have a Future as Targets of Federal Reserve Policy?" Federal Reserve Bank of Boston, New England Economic Review, March/April 1982, p. 9. 22 Stephen Axilrod, „Overview of Findings and Evaluation", in Board of Governors, Federal Reserve System, New Monetary Control Procedures, vol. 1, p. A 19. Washington DC. 1981. 23 G.E. Freeman, „ A Central Banker's View of Targeting", Brian Griffiths and Geoffrey Wood, Monetary Targets, London, Centre for Banking and International Finance, 1981. 21
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interest rate target 24 . Even if the real IS curve is stable, the appropriate value of the nominal interest rate target changes as the inflation premium does. I f the nominal interest rate is held constant as the inflation premium changes the inflation will tend to accelerate. By contrast, a stable (i.e., a totally lethargic) money growth rate is advocated by many monetarists. With such a target the decline in the real money growth rate that results from inflation is an automatic stabilizer. Hence, the lethargy problem is much less severe if the central bank has a money target than if it has an interest rate target. Apart from inertia the Federal Reserve has frequently been accused, and I believe rightly so, of shortsightedness 25. This problem too, is probably worse with an interest rate target than with a money growth target. The money growth rate that is appropriate for the longer run is better known than is the correct long-run interest rate 26 . Hence, a central bank is less likely to be distracted from the appropriate long-run target by considerations that seem important at the time, but are not really so important when seen by hindsight, if it has a money stock target than if it has an interest rate target. Given the pressure to put „first things first", und deal with the current problem, a long-run target whose appropriate value is uncertain is of little use. Another type of central bank shortsightedness is its concentration on the immediate effects of its policy. In the U.S. the Fed has rightly been criticized for everemphasizing the impact of its policies on the money market relative to the effect on the whole economy. For example, in the 1973—75 recession the Federal Reserve, in thinking about its interest rate target, paid too much attention to the short-term rate (which it affects directly via open market operations) and relatively too little attention to the long-term rate 27 . Insofar as this is still the case, it provides an argument against using an interest rate target 28 . The third bias results from the tendency of the central bank, at least in the U.S., to focus on nominal magnitudes. With respect to the interest rate there are two obvious reasons for this. First, the central bank knows exactly what 24
See for instance William Poole , „Comments", Brookings Papers on Economic Activity, 1977: 2, p. 342. 25 For the classic discussion see Brunner and Meitzer, loc. cit.; for a more recent discussion see Thomas Mayer, „Federal Reserve Policy in the 1973-75 Recession", loc. cit. 26 Except possible in periods of rapid financial innovations changes in velocity can probably be predicted better than can changes in the equilibrium real interest rate. Admittedly, the U.S., is now going through a period of rapid financial innovations, but this should eventually come to an end. 27 Thomas Mayer, „Federal Reserve Policy in the 1973-75 Recession", loc. cit. 28 In principle, this need not be the case; a central bank that has a money stock target might focus its attention, not on the money stock, but on reserves or the base. But, at least in the United States, this has not happened. Moreover, many economists believe that the base is what the Federal Reserve should focus on.
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the nominal rate is, but does not know the expected real rate. A central banker may be reluctant to adopt — on the basis of his rough estimate that the inflation premium embodied in the nominal rate has risen — a restrictive policy that, if he is wrong, could cause considerable unemployment. Those who make policy recommendations cannot afford to ignore the restrictions imposed by the limited efficiency of the institutions that carry the policy. Second, public attention, as well as pressure from foreign central banks, center on the nominal rate rather than on the real rate, so that letting the nominal rate fluctuate, while keeping the real rate stable, draws much more criticism than does the converse. But, unless price expectations are stable, by focusing on the nominal rate, the central bank in effect sets the much more relevant expected real rate at an inappropriate level. The central bank also tends, at least in the short run, to focus on the nominal money stock rather than the real money stock, with changes in policy being usually phrased as changes in the nominal growth rate. However, this does little harm since, except perhaps in the case of supply shocks, the nominal money growth rate is a more appropriate target than is the growth rate of real money. Hence, its bias in favor of nominal magnitudes does much less damage if the central bank has a money stock target, than if it has an interest rate target. The previous section concluded that it is undesirable to use either an interest rate target or a money growth rate exclusively, that instead the correct procedure is to use a mixture. Does this conclusion still hold once one removes the assumption of central bank efficiency? Probably not. I f a central bank that has been given two targets is influenced by political pressures or by its own inertia, it is then likely to place too much emphasis on that target that allows it to act in a way consistent with these influences. Hence, giving it a single target may well be the better choice. A central bank that has allowed money to behave procyclically, as the Federal Reserve has done, should not be asked to follow a sophisticated control theory approach. A final, but far from trivial, consideration relating to central bank inefficiency is that the central bank that follows a wrong policy is in a much better position to escape criticism — and hence is less likely to change this policy— if it has an interest rate target, than if it has a money stock target. Suppose the central bank pursues a procyclical policy by slowing the money growth rate in a recession and putting upward pressure on interest rates. I f it has an announced money growth rate target, then its error is plain and apparent. But, this is not so if it has an interest rate target. Since during a recession interest rates fall in any case as the demand for funds declines, the central bank can point to these falling interest rates, and claim that its policy is countercyclical when, in fact, it is procyclical and is prevening interest rates from falling as much as they otherwise would.
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III. Having discussed whether a central bank is able to manage a money stock target or an interest rate target with fewer and smaller biases, the next question is whether the errors that result from these biases do more damage if the central bank uses an interest rate target or a money stock target. For reasons previously discussed I will assume that the central bank is slow to change the numerical setting of its target. Consider the case where all the response of nominal income to montary policy consists of price changes so that real income is constant. Assume also that the central bank sets its target in nominal terms. Now suppose that there is a once-for-all unanticipated decline in the Cambridge k, so that the L M curve shifts downward. I f the central bank uses a money stock target, despite the fact that an interest rate target is appropriate in this circumstance, the price level will rise in proportion to the decline in k. This will however be only a single price rise rather than a permanently higher inflation rate 29 . By contrast, assume now that the central bank makes the opposite mistake. It has an interest rate target when the IS curve shifts upwards. This means that the market rate is now below the natural rate, and as Wicksellhas taught, this leads to a continuous inflation rather than to a single rise in prices. Moreover, as this inflation continues the fixed nominal interest rate corresponds to a lower real rate, so that the inflation accelerates 30. So far it has been assumed that the central bank focuses on the nominal values of its money stock or interest rate targets. What happens if it looks at real magnitudes instead? A real money growth rate target will result in continuous inflation if, with the Cambridge k having fallen, the central bank continually tries to provide more real money than the public now wants to hold. Of course, this will also occur if the central bank uses as its target a fixed real interest rate that is too low. Hence, if the central bank sets either target in real terms, but uses an interest rate target when a money growth rate target is appropriate, und vice versa, there will in both cases be an unintended change in the inflation rate. On this basis one cannot chose between the two targets. But in the more 29 „Once-for-all" does not mean that the price rise necessarily all occurs in the first period. This would require that the demand for money is unaffected by the price increase in the first period, something that will occur only if it does not generate inflationary expectations. If it does generate inflationary expectations, then the resulting decline in the Cambridge k means that prices will rise again in the next period. What is critical, however, is that the process is convergent on a higher price level , rather than on a higher inflation rate. 30 If some of the response to monetary policy consists of changes in real income rather than in prices, then the expansion may be terminated by such factors as the decline in the propensity to consume as transitory income rises.
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probably case of the central bank focusing on the nominal values of its targets, the story is very different. Then, using a money stock target, when an interest rate target is the correct one, results in a smaller loss than if the central bank uses an interest rate target when it should be using a money growth rate target. Thus, when one looks at the damage that results from maintaining the wrong setting of the target variable the money growth rate is clearly the better target.
IV. In summary the shift to monetary targets that took place in the 1970s can therefore be explained as a shift to a better policy. The reason why it is a better policy lies not so much in the factors that have been so frequently cited in the professional literature, such as the L M curve being stabler than the IS curve, or the money stock being easier to measure than the interest rate. The real advantage of a money stock target becomes apparant only if one abandons the common assumption that the central bank is using either target efficiently and looks at the biases that lead a central bank to make errors with either target, and at the damage these errors do. On these grounds, at least on the basis of evidence for the U.S. a money stock target is clearly superior.
Steuerung der Geldmengenaggregate: zwischen Können und Wollen Von Jürgen Siebke, Essen
I. Bei einer Betrachtung, die man aus dem „historischen" Anlaß des runden Geburtstages einer Zentralbank zur Problematik der Geldmengensteuerung anstellt, erinnert man sich zunächst an zwei gleichlautende Konstatierungen von Harry G. Johnson aus seinen beiden einflußreichen Surveys über die Entwicklungslinien der Geldtheorie, geschrieben fünf Jahre nach Gründung der Deutschen Bundesbank: „The theory of iponey supply is virtually a newly-discovered area of monetary research" (1962). „The theory of money supply is a field in which there has been almost no work done until very recently" (1963)1.
Bis zum Zeitpunkt der zitierten Feststellungen war die Geldtheorie bei der Gel.dangebotserklärung in der PA///*/?s-Tradition 2 behaftet; eine Tradition, die aus institutionell vorgegebenen Faktoren — wie Zahlungssitten und Mindestreservesätzen und gegebenem Zufluß an Zentralbankgeld — rein rechnerisch einen Geldschöpfungsspielraum des GescTiäftsbankensystems herleitete und die Veränderungen der Geldmenge exakt, d. h. hier: definitorisch, bestimmte 3 . Entsprechend dieser mechanistischen Sicht weise wurde davon ausgegangen, daß die monetären Instanzen den Umfang der Geldmenge determinieren 4 . Typischerweise ist in Keynes ' „General Theory" die 1 H. G. Johnson, Monetary Theory and Policy, American Economic Review, Vol. 52 (1962), S. 335-384; derselbe, Recent Developments in Monetary Theory, Indian Economic Review, Vol.6 (1963), No.3, S.29-69 und No.4, S. 1-28. Beide Aufsätze abgedruckt in: Derselbe, Essays in Monetary Economics, London 1967. Zitate dort: S. 41 und S. 96. 2 Ch. A. Phillips , Bank Credit, New York 1920. 3 Die angebotene Geldmenge war „simply a matter of arithmetic44, lautet eine treffende Charakterisierung von Davidi. Fand; zitiert nach V. Alexander, Geldangebot und Geldbasiskontrolle in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1975, S. 15. Hier findet man einen knappen, mit umfangreichem Literaturverweis belegten Überblick über den Stand der Geldangebotstheorie Anfang der 60er Jahre und die daran anschließende Weiterentwicklung. 4 Die monetäre Instanz ist in der Regel die Zentralbank. Es gibt aber bereits in den 30er Jahren makroökonomische Analysen, die faktischerweise die Regierung unter die monetären Instanzen subsumieren. So führt beispielsweise Bresciani-Turroni die deutsche Infla-
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Geldmenge eine exogene Variable 5 . Allerdings gab es in den beiden Jahrzehnten nach der „General Theory" auch keine Herausforderung an die Geldtheorie, sich gründlicher, unter Einschluß von Verhaltenshypothesen, mit dem Geldangebotsmechanismus zu beschäftigen. Zum einen behafteten die Interpreten von Keynes das IS-LM-Paradigma mit der Eigenschaft, daß die Geldpolitik unwirksam sei, weil in der Realität entweder die Liquiditätsfalle mit der vollkommen zinsunelastischen Geldnachfrage vorliegt oder aufgrund der nur gering zu Buche schlagenden Kreditkosten die private Investitionsnachfrage relativ zinsunelastisch reagiert. Zum anderen kulminierte mit dem Radcliffe-Report 6 Ende der 50er Jahre die liquiditätstheoretische Ansicht, daß nicht die Geldmenge, sondern die Liquidität die monetäre Schlüsselgröße sei; aufgrund der engen Substitution zwischen allen Finanzaktiva vermöge aber die Geldmengenpolitik, beispielsweise durch Offenmarktoperationen, allein die Zusammensetzung, nicht jedoch das Volumen der Liquiditätsausstattung der Wirtschaft zu beeinflussen. Die Folge beider Denkströmungen war, daß die Geldpolitik sich nicht an der Geldmengen, in welcher Abgrenzung auch immer, interessierte und orientierte. Die Praxis des geldpolitischen Handelns war auf den Zinssatz, die free reserves (Federal Reserve) oder die freien Liquiditätsreserven (Deutsche Bundesbank) gerichtet. Manches hat und vieles scheint sich seitdem verändert zu haben. Die Wiederbelebung des quantitätstheoretischen Denkens, eingeleitet vor allem durch das Wirken von Milton Friedman\ und die Erfahrungen, die die westlichen Industrieländer mit der Inflation haben hinnehmen müssen, weckten das Interesse an den Bestimmungsgründen und der Kontrolle der Geldmenge. Die Geldangebotsanalyse ist zu einem eigenständigen Teilgebiet der Geldtheorie geworden, das sich von allgemeinen Geldangebotsmodellen über eine mikroökonomische Theorie der Bank bis hin zu Überlegungen über tion Anfang der 20er Jahre quantitätstheoretisch darauf zurück, daß die Finanzierung des Budgetdefizits des Reiches über die Kreditaufnahme bei der Reichsbank zu der ständig steigenden Geldmengenausweitung geführt hat. C. Besciani-Turroni, The Economics of Inflation, London 1937. 5 Diese Exogenität ist durchaus als »typisch' zu bezeichnen, da sich Keynes in seiner „Treatise on Money44 ausführlich im Rahmen der /Vi/V///7j-Tradition mit den Determinanten der Geldmenge und deren möglichen Veränderungen beschäftigt: J. M. Keynes , A Treatise on Money, London 1930, Chapter 2,25 und 32. Doch heißt es dann lapidar resümierend in der General Theory of Employment, Interest, and Money, London 1936, S. 247: the quantity of money as determined by the action of the central bank.44 6 Report of the Committee on the Working of the Monetary System, London 1959. 7 Von besonderer Bedeutung für den Auftrieb der geldangebotstheoretischen Forschung ist das empirische Werk von M. Friedman and A. J. Schwartz, A Monetary History of the United States 1867-1960, Princeton 1963. Allerdings wurden bereits vorher und zur gleichen Zeit weitere Arbeiten vorgelegt, welche die Geldangebotsanalyse in neue theoretische Bahnen lenkten. Stellvertretend sei genannt: K. Brunner, A Schema for the Supply of Money, in: International Economic Review, Vol.2 (1961), S.79-109.
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die makroökonomische Implementierung der Geldpolitik erstreckt. Zugleich scheinen nunmehr die Zentralbanken vieler Länder ihrerseits eine Geldmengenstrategie zu verfolgen: Die Deutsche Bundesbank legte bekanntlich erstmals für das Jahr 1975 eine Zielmarke für das Geldmengenwachstum fest, um dann später zu vorher angekündigten Zielmargen überzugehen; das Federai Reserve System gibt derartige Bandbreiten der beabsichtigten Ausweitung der Geldversorgung seit 1973 im voraus bekannt. Zwei Erfahrungen aus den letzten Jahren lassen allerding^Z'wdifel aufkommen, ob sich die Geldpolitik an die eigene Zielvorgabe gfelältSfiSiat — insofern ein Geldmengenaggregat überhaupt kontrollieretf WolÌté'-^ ; ùnd in welchem Ausmaß die Zentralbanken überhaupt auf ihr Köirißfr, p A/7///?5-Tradition\ Zum Konstruktionsprinzip vgl. M. J. M. Neumann, Konstrukte der Zentralbankgeldmenge, in: Kredit und Kapital, 8. Jg. (1975), S. 317-345, hier S.324f. 24 M. Willms, Die Steuerung der Geldmenge in der Bundesrepublik Deutschland, in: W. Ehrlicher und A. Oberhauser (Hrsg.), Probleme der Geldmengensteuerung, a. a. O., 23
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„ 1. Auswahl des zur Steuerung vorgesehenen Geldmengenaggregats; 2. Fixierung der Wachstumsrate des Geldmengenaggregats; 3. Prognose des Geldmengenmultiplikators; 4. Ermittlung der für die gewünschte Ausdehnung des Geldmengenaggregats erforderlichen Ausdehnung der Zentralbankgeldmenge und Umsetzung in praktische Geldpolitik; 5. Anpassung der Zentralbankgeldmenge in der nächsten Periode, um eine eventuelle Abweichung des tatsächlichen Multiplikators von seinem prognostizierten Wert zu korrigieren."
I I I . Kontrolle der Geldbasis Zugang zu dem Kontrollproblem der erweiterten Geldbasis findet man über deren Definition von der Entstehungsseite her. Sie faßt alle Komponenten zusammen, über die Zentralbankgeld geschaffen und vernichtet wird: Währungsreserven der Notenbank, deren Portefeuille an Staatsschuldtiteln, Refinanzierungskredite an Banken und auch den quantitativen Effekt der Mindestreservepolitik. Ausgehend von der einfachen Geldbasis ist diese Definitionsgieichung lediglich eine andere Schreibweise der Bilanz der Zentralbank. Die Struktur einer bestimmten Zentralbankbilanz aber wird entscheidend durch die institutionellen Rahmenbedingungen des monetären Systems geprägt. Man kann mithin nicht losgelöst von institutionellen Gegebenheiten das Steuerungsproblem betrachten. Unter generellem Gesichtspunkt läßt sich aber feststellen: Steuerbarkeit der Geldbasis heißt nicht, daß die Zentralbank in der Lage sein muß, jede der einzelnen Quellen, über die Zentralbankgeld entsteht, unter Kontrolle haben zu müssen. Eine Veränderung der Geldbasis ist gleich der Summe der Variationen ihrer Komponenten. Den Gesamteffekt dieser Bewegungen gilt es zu steuern. Sind einige Bilanzpositionen endogen bestimmt und nicht kontrollierbar, kommt es mithin darauf an, deren unerwünschte Variationen über die exogenen, geldpolitisch steuerbaren Entstehungskomponenten zu kompensieren. Über welche Kanäle und in welchem Ausmaß endogen Basisgeld von und zu der Zentralbank fließen kann, mag zahlreiche Gründe haben; unter ihnen sind auszumachen: — Institutionelle Rahmenbedingungen, die der Zentralbank auferlegt sind; — Historisch gewachsene Gegebenheiten; — Ausgestaltung oder Handhabung des geldpolitischen Instrumentariums durch die Zentralbank selbst. Ein typisches und bedeutsames Beispiel auferlegter Rahmenbedingungen ist das System fester Wechselkurse 25 . Es wird heute generell gesehen, daß die S. 96-127, hier S. 114. Vgl. auch V, Alexander und H. E. Loef, Methoden und Probleme einer Geldmengensteuerung. Empirische Simulationstests für die BRD, in: Kredit und Kapital, 9. Jg. (1976), S. 455-480, hier S.457.
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Interventionspflicht auf den Devisenmärkten die Geldpolitik vor allem der Nicht-Weltwährungsländer zumindest unterminiert. Ob deshalb die Geldbasissteuerung unmöglich ist, bleibt gleichwohl ein empirisches Problem. Um diese Frage ist beispielsweise für die Geldpolitik der Bundesbank bis zum Beginn des Floatens gegenüber dem US-Dollar ein Disput entstanden. Willms glaubte zeigen zu können, daß es der Bundesbank relativ gut gelungen war, die erweiterte Basis zu kontrollieren; nach Alexander und Loefhai die Bundesbank keine hinreichende Beeinflussung der Geldbasis erreichen können 26 . Unbestritten aber ist, daß mit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen die Kontrollierbarkeit erleichtert und mit der erneuten Interventionspflicht in dem kleineren Rahmen des Europäischen Währungssystems wiederum erschwert wurde. Eine systematische empirische Evaluierung der seit März 1979 zu machenden Erfahrungen steht noch aus. Deren Problematik liegt ja gerade darin, daß zwischen der Kontrollierbarkeit und der tatsächlich erfolgten Geldmengensteuerung unterschieden werden muß. Historische Gegebenheiten prägen insbesondere das geldpolitische Instrumentarium der Deutschen Bundesbank. Es fehlt die steuerungspolitisch effiziente, klassische Offenmarktpolitik, mit der die Zentralbank auf eigene Initiative und Rechnung Staatsschuldtitel am offenen Markt kauft und verkauft. Die Ursache liegt bekanntlich darin, daß mit der Währungsreform im Jahre 1948 die Schuld des Reiches gestrichen wurde. Mangels Masse vor allem in kurzfristigen Staatsschuldtiteln war eine mengenmäßige Offenmarktpolitik nicht möglich; jenes Instrument, mit dem das Federal Reserve System auf dem großen amerikanischen Markt für government securities die Geldbasis auch sehr kurzfristig zu steuern vermag. Die Hinwendung der Bundesbank zu den Offenmarktgeschäften mit Rückkaufvereinbarung kann als Versuch gewertet werden, ein analoges Mengeninstrument zur kurzfristigen Steuerung aufzubauen. In ihrer Offenmarktpolitik via Mobilisierungsund Liquiditätspapiere ist die Bundesbank dagegen analog zum Refinanzierungsmechanismus abhängiger von dem Portfolioverhalten der Banken. Der bisherige Grad dieser Abhängigkeit geht zugleich zurück auf die Handhabung des Instrumentariums durch die Zentralbank selbst; nämlich des relativ starren Einsatzes der zinspolitischen Parameter Diskontsatz und Abgabesatz. Hält die Zentralbank diese Zinssätze auf der Höhe der NettoGrertzertragsrate für Bankkredite, werden die Banken mit Rediskonten und Offenmarktpapieren die Geldmengenpolitik nicht unterlaufen. Eine stetige 25 Eine vollständige Auflistung wird nicht angestrebt. Die Freiheit der Zentralbank kann auch dadurch eingeschränkt sein, daß sie gezwungen ist, staatliche Defizite zu finanzieren. 26 M. Willms, Controlling money in an open economy: The German case, in: Review of the Federal Reserve Bank of St. Louis, Vol.53 (1971), No. 4, S. 19-27. V.Alexander und H. E. Loef, Die Kontrolle der Geldbasis und ihrer Komponenten. Eine empirische Analyse für die BRD, in: Kredit und Kapital, 7. Jg. (1974), S. 508-542.
Steuerung der Geldmengenaggregate: zwischen Können und Wollen
155
Anpassung des Diskontsatzes an die Marktentwicklung kann im Prinzip den Rediskontkredit auf die Funktion eines ,lender of last resort' reduzieren. Zuzugestehen ist, daß sich die Kontrolle der (erweiterten) Geldbasis für die Deutsche Bundesbank schwieriger als für das Federal Reserve System gestaltet. Gerade deswegen besteht ein gewisser Widerspruch in der Argumentation der Bundesbank, daß einerseits die Verhältnisse der USA nicht auf die der Bundesrepublik übertragbar — also die Veränderungen der Geldbasis nicht steuerbar — seien und andererseits behauptet wird, daß die Bundesbank in der Lage sei, die Bankenliquidität — in Form der freien Liquiditätsreserven — grundsätzlich und unmittelbar zu beeinflussen 27. Eine unmittelbare Beeinflussung dieses monetären Konstrukts impliziert nämlich, daß die Bundesbank einen wesentlichen Teil der Entstehungsseite der Geldbasis beeinflußt 28 . Eine Einschränkung der Refinanzierungskreditnahme und verstärkte Nachfrage nach Geldmarktpapieren seitens der Banken, also eine Aufstockung der freien Liquiditätsreserven, ist ceteris paribus identisch mit einer Verringerung der Zentralbankgeldmenge in gleicher Höhe. Die freien Liquiditätsreserven FLR seien folgendermaßen definiert 29 : (2)
FLR = ( F - F ) + ML
Und für die erweiterte Geldbasis gelte von der Entstehungsseite her 30 : (3)
Be=IR+F-ML
+ Ü
Aus der Zusammenfassung beider Ausdrücke ergibt sich: (4)
Be - F = IR + Ü - FLR
Bei einem gegebenen Rediskontkontingent und Beherrschung der Komponenten (IR + Ü) bedeutet die Behauptung, FLR unmittelbar zu beeinflussen, auch die erweiterte Geldbasis BP direkt zu kontrollieren. Das eigentliche Problem liegt auf zwei anderen Ebenen: ( 1 ) Bei einer Steuerung der Geldbasis über die in Üzusammengefaßten Komponenten (z. B. Mindestreservepolitik) zu verhindern, daß diese durch gleichlaufende endogene Anpassungen der 27 Beide Behauptungen finden sich in vielen, aber nicht immer in ein und denselben Quellen. Die bislang angeführten Literaturstellen dokumentieren bereits beide gleichzeitigen Äußerungen: H. Schlesinger, Neuere Erfahrungen der Geldpolitik in der BRD, a. a. O.; C. Köhler, Probleme der Zentralbankgeldmengensteuerung, a. a. O., H. Bockelmann, Streitfragen zur Kontrolle der Geldschöpfung durch die Notenbank, a.a.O.; Deutsche Bundesbank, Geldpolitische Aufgaben und Instrumente, Sonderdruck Nr.7, a.a.O. 28
Vgl. auch M. J. M. Neumann, Konstrukte der Zentralbankgeldmenge, a. a. O., S. 341 f. Es bedeuten F: = Rediskontkontingent; F: = Rediskontkredit; ML: = Bestand an Mobilisierungs- und Liquiditätspapieren bei den Banken. Abgesehen werde von den Überschußreserven der Banken, die eine untergeordnete Rolle spielen, und den übrigen in die „Geldmarktregulierung" einbezogenen Geldmarktpapieren. " Es bedeuten IR: = Nettowährungsreserven der Bundesbank; Ü: = Alle übrigen Positionen der Aktiv- und Passivseite der Bundesbankbilanz einschließlich des quantitativen Effektes der bisherigen Mindestreservepolitik. 29
Jürgen Siebke
156
Liquiditätsreserven durchkreuzt wird; das erfordert, wie oben angedeutet, eine aktive Zinspolitik; (2) bei einer Variation der Rediskontkontingente F sicherzustellen, daß die gewünschten Mengeneffekte in die Geldbasis B? kanalisiert werden.
IV. Multiplikatorprognose M i t der Steuerung der erweiterten Geldbasis ist die Kontrolle eines Geldmengenaggregats noch nicht sichergestellt; es sei denn, der Multiplikator bleibt im Zeitablauf konstant. Damit ist in der Realität nicht zu rechnen. Mithin ist sein numerischer Wert für die anstehende Periode der Geldmengensteuerung zu prognostizieren. Theoretisch gibt es eine Vielzahl von Prognosemöglichkeiten. Bei dem Versuch, die „besten" Lösungen herauszufiltern, hat sich eine gewisse Entwicklungslinie abgezeichnet: — Die Federai Reserve Bank of St. Louis hat für die USA die monatlichen Multiplikatorprognosen mit Hilfe von Regressionsgleichungen aus vergangenen Multiplikatorwerten gewonnen 31 . Alexander und Loe/konnten mit ähnlichen Verfahren für die Bundesrepublik zumindest für Quartalswerte untermauern, daß die Geldmenge auf dieser Basis steuerbar ist 3 2 . — Aus Zeitreihenmodellen des Multiplikators konnten mit Hilfe der BoxJenkins-Technik verläßliche Ergebnisse für die USA und die Niederlande, die Schweiz und durch Willms für die Bundesrepublik erzielt werden 33 . — Johannes und Rasche haben die Prognose für die USA noch genauer gestalten können, indem sie die vorangehend erwähnte Technik nicht auf den Multiplikator selbst, sondern auf dessen einzelne Komponenten angewendet haben 34 . 31 A. E. Burger, L. Kalish III and Ch. T. Babb, Money stock control and its implications for monetary policy, in: Review of the Federal Reserve Bank of St. Louis, Vol. 53 (1971), No. 10, S. 6-22. Vgl. auch F. J Levin, Examination of the money-stock control approach of Burger, Kalish and Babb, in: Journal of Money, Credit, and Banking, Vol.5 (1973), S. 924-938. 32 V. Alexander und H. E. Loef, Methoden und Probleme einer Geldmengensteuerung, a.a.O. 33
E. J Bomhof/, Predicting the money multiplier: A case study for the U.S. and the Netherlands, in: Journal of Monetary Economics, Vol. 3 (1977), S. 325-345. H.-J. Biittler, u.a., A multiplier model for controlling the money stock, in: Journal of Monetary Economics, Vol.5 (1979), S. 327-341. M. Willms, Die Steuerung der Geldmenge in der Bundesrepublik Deutschland, a. a. Ο. 34 J. Μ. Johannes and R.H. Rasche, Predicting the money multiplier, in: Journal of Monetary Economics, Vol. 5 (1979), S. 301-325. Dieselben, Forecasting multipliers for the ,new-new* monetary aggregates, in: Shadow Open Market Committee, Policy Statement
Steuerung der Geldmengenaggregate: zwischen Können und Wollen
157
Weniger die methodische Vielfalt interessiert in diesem Zusammenhang als die Tatsache, daß für mehrere Länder und damit unterschiedliche Geldangebotssysteme die Multiplikatoren prognostiziert werden können. Damit wird eine Geldmengensteuerung über die Geldbasis möglich. Selbstverständlich ist eine solche Kontrolle der Geldmenge nicht perfekt, und das ist von den Befürwortern auch nicht behauptet worden. Es werden stets Schwankungen und Abweichungen vom Zielpfad auftreten; von Woche zu Woche und von Monat zu Monat.Diese Abweichungen gehen im wesentlichen auf Prognoseirrtümer im Multiplikator zurück und fallen deshalb unsystematisch aus.
V. Zentralbankpolitik eine Kunst? Gegen die Geldmengensteuerung wird oft eingewendet, daß die Zentralbank (a) es auch mit einem akuten Zentralbankgeldbedarf der Banken zu tun hat und (b) starke Zinsschwankungen und übermäßige Wechselkursausschläge in Schach zu halten habe. Handelt es sich im ersten Falle um vorhersehbare Bedarfsveränderungen, ζ. B. saisonale Anspannungen, werden sie durch die Multiplikatorprognosen berücksichtigt und in die kurzfristige Geldmengensteuerung einbezogen. Die zweite Argumentation tangiert nicht die Frage,.ob die Zentralbank die Geldmenge kontrollieren kann, sondern ist relevant für die Auseinandersetzung, ob die Zentralbank ein Geldmengenaggregat steuern soll. Hier steht die Geldpolitik sicherlich im Spannungsverhältnis unterschiedlicher theoretischer Ansichten und des allgemeinen wirtschaftspolitischen Umfeldes. Niehans schließt seine „Theorie des Geldes" 35 mit dem Satz: „Wie weit die Geldtheorie auch fortschreiten mag, die Zentralbankpolitik wird wahrscheinlich eine Kunst bleiben." Damit ist sicherlich nicht gemeint, die monetäre Steuerung allein dem „feeling" der Zentralbankpolitiker zu überlassen und auf empirisch-quantifizierbare Kontrollmethoden zu verzichten. Duwendag hat mit Recht darauf hingewiesen, daß analog der Steuerung der Geldmenge via Kontrolle der Geldbasis ein Multiplikatorproblem bei der Steuerung der Zentralbankgeldmenge der Bundesbank via freie Liquiditätsreserven existiert 36 . Die Steuerungsprobleme bleiben erhalten.
and Position Papers, Graduate School of Management, University of Rochester, September 13-14, 1981, S. 39-49. 35 J. Niehans, Theorie des Geldes. Synthese der monetären Mikro- und Makroökonomie, Bern und Stuttgart 1980, S.336. 36 D. Duwendag, Alternative Ansätze der Geldmengensteuerung, in: W. Ehrlicher und A.Oberhauser, Probleme der Geldmengensteuerung, a.a.O., S.49-93, hier S.64f.
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik Von Gerhard Förster, Frankfurt
I. Vorbemerkungen Seit dem Jahre 1974 betreibt die Deutsche Bundesbank eine geldmengenorientierte Geldpolitik. Sie orientiert dabei ihre geldpolitischen Maßnahmen an der Wachstumsrate der Geldmenge, die sie im voraus im Vorjahr festlegt und bekannt gibt. Auch andere Zentralbanken der westlichen Industrieländer sind in den 70er Jahren zu einer Geldmengensteuerung übergegangen und verfahren im Grundprinzip wie die Deutsche Bundesbank. Dieser Wandel der Geldpolitik war begleitet von grundsätzlichen Diskussionen über die Zweckmäßigkeit einer Geldmengensteuerung, wobei sich darin insbesondere die unterschiedlichen Standpunkte von Monetaristen und Keynesianern offenbarten. Aber auch unter den Befürwortern der Geldmengenpolitik gab es keine einhellige Zustimmung. Das genauere Prozedere, aber insbesondere die Wahl des zu steuernden Geldmengenbegriffs, stiftete in der Bundesrepublik zum Teil einige Verwirrung, führte aber auch zu alternativen Vorschlägen hinsichtlich der Wahl des zu steuernden Geldmengenaggregates 1. Nach intensiver Öffentlichkeitsarbeit der Bundesbank 2 und recht erfolgreicher Geldpolitik bis gegen Ende der 70er Jahre verstummte die geldtheoretische Diskussion in der Bundesrepublik über die zu empfehlende Strategie der Geldpolitik. Erst in den letzten Monaten werden bei uns, angesichts hoher hartnäckiger Inflationsraten und zusätzlicher außenwirtschaftlicher monetärer Störungen, wissenschaftliche Stimmen laut. Im Rahmen der Diskussionen werden auch Überlegungen hinsichtlich modifizierter Geldmengendefinitionen angestellt. Die weit größere Unruhe bezüglich des Geldmengenbegriffs herrscht jedoch in den USA. Das Federai Reserve hat dabei Konsequenzen 1
So stellt das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel den engen Geldmengenbegriff M 1 im Rahmen seiner Beurteilung des geldpolitischen Kurses der Bundesbank in den Vordergrund. 2 Vgl. Helmut Schlesinger, Neuere Erfahrungen der Geldpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, in: Kredit und Kapital, 9. Jahrg. (1976), S. 433-454.
160
Gerhard Förster
aus der großen Innovationsfreude der amerikanischen Banken im Zahlungsverkehr und bei den kurzfristigen Anlagemöglichkeiten gezogen und bezieht im Sinne einer rein funktionalen, im Gegensatz zu einer institutionellen Betrachtung, alle Depositen, die direkt mittels Zahlungsmittel oder indirekt durch automatische Übertragung auf das Girokonto zu Transaktionszwecken verwendet werden können, in den einen oder anderen Geldmengenbegriff mit ein. Den Innovationen der Banken folgt damit das Fed mit der Bildung neuer Geldmengendefinitionen. Dieser Prozeß dürfte noch nicht abgeschlossen sein. Inwieweit eine derartige Entwicklung in der Bundesrepublik zu erwarten ist, läßt sich angesichts großer technologischer Entwicklungen im Bankensektor nur vermuten. Sicher wird die Frage nach der zweckmäßigen Definition der Geldmenge weiterhin latent im Raum stehen. Der vorliegende Beitrag stellt einen quantitativen Ansatz zur Beurteilung unterschiedlicher Geldmengenaggregate dar, als Zwischenzielgröße im Konzept der Deutschen Bundesbank zu fungieren.
I I . Die Theorie der optimalen Zwischenziele 1. Der Struktur Zusammenhang Die Frage nach Zwischenzielen ist untrennbar mit dem Willen und dem Zwang zur Wirtschaftspolitik verbunden, Insbesondere seit dem 2. Weltkrieg mit den zunehmenden staatlichen Interventionen im Wirtschaftsprozeß hat sich die Ökonomie verstärkt mit Strategieproblemen der Wirtschaftspolitik beschäftigt. Einen gewissen Abschluß und einen Höhepunkt erreichte die Diskussion über Strategie- und Zwischenzielprobleme mit dem Monetarismus-Keynesianismusstreit. Es wurden zunehmend formale Ansätze 3 entwickelt, die insbesondere die Unwissenheit und Unsicherheit der intervenierenden Instanzen über die Wirkungsweise und Auswirkungen ihrer Politik und damit implizit über die Struktur des Wirtschaftssystems und seiner Prozesse in den Vorgrund stellten. Dank der verstärkten Durchdringung der ökonomischen Theorie mit Erkenntnissen der mathematischen Statistik und der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Fortschritte der Ökonometrie gelang es, die Risikokompo3
Vgl. Manfred J. M. Neumann, Zwischenziele und Indikatoren der Geldpolitik, in: Kredit und Kapital, 4. Jahrg. (1971), S. 398-420. Karl Brunner und Allan Meitzer, The Meaning of Monetary Indicators, in: Horwich George (ed.): Monetary Process and Policy, Homewood 1967, S. 187-217.
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
161
nenten Unwissenheit und Unsicherheit formal aber auch quantitativ operational zu machen. Wendet man diese Grundüberlegungen auf die vorliegende Fragestellung an, so geht es für die Deutsche Bundesbank darum, eine Strategie und eine entsprechende Zwischenzielgröße zu finden, die ihre Fähigkeit verbessert, mittels ihres gegebenen Instrumentariums und ihres Wissens einen geplanten Einfluß auf die ihr vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Ziele zu nehmen, obwohl über den Wirkungszusammenhang teilweise Unsicherheit herrscht. Unter der Annahme, daß es unsichere Kenntnisse über die Beziehungen zwischen den geldpolitischen Zielen einerseits sowie den geldpolitischen Instrumenten andererseits zu den potentiellen monetären Zwischenzielgrößen gibt bzw. diese Kenntnisse mittels wissenschaftlicher Methoden zu erlangen sind, ist es zur weiteren Behandlung der vorliegenden Frage zweckmäßig, den relevanten Strukturzusammenhang in einen Endziel- und einen Kontrollbereich 4 zu unterteilen:
(1)
Y = f (M, X 1)
Endzielbereich
(2)
M = f (IN, X 2)
Kontrollbereich
Gleichung (1) zeigt den Zusammenhang zwischen den Endzielen der Geldpolitik (Y) und der strategischen Zwischenzielgröße (M). Außerdem deutet die Gleichung an, daß auch exogene und vorherbestimmte Variablen (X 1) einen Einfluß auf Y haben. Gleichung (2) gibt den Einfluß des geldpolitischen Instrumentariums (IN) auf die Zwischenzielgröße wieder, wobei auch hier weitere exogene Faktoren wirken können. Die geeignete Zwischenzielgröße weist einen vergleichsweise strengen und stabilen Zusammenhang zu den geldpolitischen Instrumenten und zu den Endzielen der Geldpolitik auf. Sie gewährleistet einerseits, daß die geldpolitische Instanz diese Größe hinreichend genau steuern und kontrollieren kann, und andererseits, daß von der geplanten Änderung der Zwischenzielgröße die beabsichtigten Wirkungen auf die geldpolitischen Endziele mit entsprechender Genauigkeit eintreten. Durch dieses Konzept der Zwischenzielsteuerung erhält das geldpolitische Geschäft eine vergleichsweise höhere Sicherheit. Strenge und Stabilität eines ökonomischen Wirkungszusammenhangs als wichtige Kriterien der Beurteilung einer Zwischenzieleignung verlangen eine Stochastisierung der Modelle für den Endziel- und Kontrollbereich. Diese Stochastisierung besagt, daß der Funktionszusammenhang der beiden Modelle von Störeinflüssen, die unbekannt oder zufallig auftreten, beeinträch4
So auch bei Hans-Hermann Franche, Bankenliquidität und Zins als Orientierungsvariable der Geldpolitik, Berlin 1975, S. 119.
162
Gerhard Förster
tigt wird. Durch die Annahme, daß diese unbekannten Einflüsse gewissen Wahrscheinlichkeitsgesetzen folgen, ist die Unwissenheit und Unsicherheit theoretisch operational, aber vor allem quantitativ faßbar geworden. Die stochastischen Modelle für den Endziel- und den Kontrollbereich lauten unter der vereinfachenden Annahme linearer Funktionsbeziehungen: (3)
Y = b! M + Vi
mit bf = E (bf)
^\χ)(ο2ν)
ν, - E (vi) o\rV(bi) σ 2ν. = V (ν i)
(4)
M=b 2IN
+ v2
und mit vi
+ci X 1
v 2=a2+ c2 Xl + u2 Dabei stellt E den Erwartungswerteoperator und V den Operator für die Varianz einer Zufallsvariablen dar. Insbesondere die Varianz zeichnet sich als die Schlüsselinformation zur Beurteilung der Zwischenzieleignung aus. Sie gibt die Strenge und Stabilität der Wirkungszusammenhänge im Endzielund Kontrollbereich wieder. Sie ist aber uno actu ein Maß für die Unsicherheit und Unwissenheit über die Strukturzusammenhänge. Damit erlaubt sie, Unsicherheiten und Unwissenheit im Rahmen von Strategieüberlegungen durch geschickte Auswahl einer Zwischenzielgröße vergleichsweise gering zu halten. Eine große Varianz von b\ bedeutet zum Beispiel, daß der Zusammenhang zwischen der Zwischenzielgröße (M) und den geldpolitischen Zielen (Y) wenig stabil ist. Die Notenbank kann sich deshalb nicht darauf verlassen, daß eine von ihr angestrebte und auch erreichte Änderung von M die geplante Wirkung auf Y hat. Einen ähnlichen Effekt hat eine große Varianz von zum Beispiel Yj. Hier treten vergleichsweise hohe exogene Störungen auf, die unbekannt und unvorhersehbar sind. Zwischenzielgrößen, die in ihrem Strukturzusammenhang eine höhere Sicherheit bieten, sind demnach als geeignet anzusehen.
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
163
2. Die optimale Zwischenzielgröße Zur Ableitung von Entscheidungskriterien, in die insbesondere die Unsicherheiten und Risiken einbezogen werden können, soll ein Ansatz von Poole 5 den weiteren Überlegungen zugrunde gelegt werden, der wiederum auf dem sogenannten Tinbergen-Theil-Brainard-Ansatz aufbaut. Der Grundgedanke des letzteren ist, daß ein Wirtschaftspolitiker durch den Einsatz seines Instrumentariums seinen Nutzen, den er daraus zieht, optimiert. Kernstück dieses Optimierungskalküls ist, daß die Risiken und Unsicherheiten, die mit einer Politik verbunden sind, in die Nutzenbetrachtung einbezogen werden. Poole wiederum ermittelt den Nutzen, der bei einer Politik mit unterschiedlichen Zwischenzielgrößen zu erwarten ist, und wählt die Zwischenzielgröße mit dem höchsten Nutzen aus. Dieser Ansatz ist geeignet, die Frage nach der zu steuernden Geldmenge im Rahmen einer geldpolitischen Strategie für die Bundesbank zu beantworten. Grundlage ist die Nutzenfunktion des Geldpolitikers. Der Tinbergen-TheilBrainard-AnsaXz formuliert die Nutzenfunktion aus einer Verlustfunktion. (5)
U=-{Y-
Y +)2
,
wobei Y + für den angestrebten Zielwert des Geldpolitikers steht. Der Politiker maximiert seinen Nutzen, indem er den mit der Politik unter Unsicherheit und Unwissenheit verbundenen erwarteten Verlust minimiert. Formt man Gleichung (5) algebraisch um, so lautet das Optimierungskalkül des Geldpolitikers:
(6)
E( U)
= - ( ( F - Y +)2 +σ 2ν)
mit Y
=E(Y)
Setzt man in die Gleichung (6) Y = b\M + ν ι und ο2γ = o2b ^ M 2 + aj
ein,
und bildet das Differential nach M gleich Null (7)
SM
bx
so ergibt dies den optimalen Wert M ^ für die Zwischenzielgröße M :
(8)
M+ = — ( Y
+
- V
x
) .
5 William Poole, Optimal Choice of Monetary Policy Instrument in a Simple Stochastic Macro-Model, in: Quarterly Journal of Economics, Vol.84 (1970), S. 197-216.
164
Gerhard Förster
Setzt die Geldpolitik bei einem angestrebten Zielwert von Y ^ den Zwischenzielwert auf die durch Gleichung (8) bestimmte Höhe, so erleidet sie zwar einen Verlust, da beide Komponenten der Verlustfunktion (6) positiv sind und sich somit nicht ausgleichen können, dieser Verlust stellt jedoch ein Minimum dar. Die Höhe des Verlustes erhält man, indem man die Formel (8) für den optimalen Wert der Zwischenzielgröße in die Verlustfunktion einsetzt. Der minimale erwartete Verlust beträgt dann:
(9)
A u f die Frage nach der geeigneten Zwischenzielgröße angewandt, zeigt die Bedingung (9) das Entscheidungskriterium, an der die Eignung zu messen ist. Die Zwischenzielgröße ist geeignet, die die Bedingung (9), das Endzielkriterium, erfüllt. Neben dem Endzielkriterium ist noch das sogenannte Kontrollkriterium abzuleiten. Der Geldpolitiker erleidet nicht nur im Endzielbereich durch Zielabweichungen aus Unsicherheit und Unwissenheit, sondern auch im Kontrollbereich einen Verlust. Da dem Endzielkriterium implizit die Annahme zugrunde liegt, der Geldpolitiker sei in der Lage, die jeweilige Zwischenzielgröße autonom und ohne jede unvorhersehbare Störung zu steuern, muß im nächsten Schritt diese unrealistische Annahme durch die Einbeziehung des Kontrollkriteriums aufgehoben werden. Jede mögliche Zwischenzielgröße muß dann auch am Kontrollkriterium gemessen werden. Die geeignete Zwischenzielgröße ist dann diejenige, die die Notenbank mit den geringsten Risiken, d. h. aber den geringsten Verlusten steuern kann. Die Ableitung des Kontrollkriteriums Kontrollbereichs (10)
aus der Verlustfunktion des
+ v2 - Μ * ) 2 +
* ( ü ) a = - [(^2
ΖΛ Γ + 2 + σ 2 ^ ]
ergibt (11)
E(U)
î=-
h2 b
- ( M + - v 2 ) 2 + Vo 22
l 2 Ο
Aus der Sicht des Kontrollbereichs ist die Zwischenzielgröße zu bevorzugen, die den Ausdruck (11) minimiert. Sie gestattet der Notenbank eine Zwischenzielsteuerung mit höchstem Nutzen. Hebt man die Restriktion der Strukturgleichung (2) auf, wonach der Notenbank nur ein Instrument (IN)
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
165
zur Vergügung steht, so ändert das an der prinzipiellen Aussage von (11) nichts, das Kontrollkriterium wird jedoch realitätsnäher und lautet dann für den fl-Instrumenten-Fall 6:
E(U)X
(12)
=
Min
-
„Λ
Σ — +1 1=1
J
σ
1
Endziel- und Kontrollkriterium (Gleichung 9 und 12) zeigen die Bedingungen, die eine optimale Zwischenzielgröße erfüllen muß. Die Notenbank hat damit die Möglichkeit, ihre Strategie durch eine entsprechende Zwischenzielgröße zu verbessern. Da unterschiedliche Zwischenzielgrößen einen jeweils unterschiedlichen Strukturzusammenhang sowohl zu den Endzielen als auch zu den Instrumenten der Geldpolitik aufweisen, gibt es unter einer bestimmten Menge zur Auswahl stehender möglicher Zwischenzielgrößen eine Variable, die unter Berücksichtigung beider Bedingungen7 als optimal zu bezeichnen ist.
I I I . Empirische Überprüfung der Beurteilungskriterien 1. Das Endzielkriterium Ein seit 10 Jahren gängiges Verfahren, den Einfluß der Geldmenge auf die Sozialproduktentwicklung mittels einer reduzierten Form-Gleichung zu untersuchen, ist als die St. Louis-Gleichung in die Literatur eingegangen. Andersen und Jordan 8 testeten die Hypothese, daß die wirtschaftliche Aktivität auf geldpolitische Maßnahmen stärker, zuverlässiger prognostizierbar und schneller als auf fiskalpolitische Maßnahmen reagiert, mit einer Strukturgleichung folgenden Typs der reduzierten Form: (14)
Yt=f(M t-i,FH>Èxt-k)
Danach erklären die Wachstumsraten der Geldmenge (Kl), die Veränderungsrate einer nominellen Größe (F), die das fiskalpolitische Handeln des Staates wiedergibt, sowie die Veränderungsrate der nominellen Exportnachfrage 6
Vgl. Zur Herleitung Gerhard Förster, Der optimale Geldmengenbegriff, Berlin 1981, S. 218 f. 7 Vgl. zur Synthese von Kontroll- und Endzielkriterium Kapitel II 1.3. 8 Leonell C. Andersen and Jerry L. Jordan, Monetary and Fiscal Actions: A Test of Their Relative Importance in Economic Stabilization, in: Federal Reserve Bank of St. Louis Review, November 1968, S. 11-23.
166
Gerhard Förster
(Ex) die konjunkturelle Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen nominellen Ausgaben- bzw. Nachfragetätigkeit (Ϋ ). Die Zeitindizes deuten an, daß die konjunkturellen Impulse mit einer zeitlichen Verteilung auf das Sozialprodukt einwirken. Durch die ökonometrische Schätzung der Gleichung (14) mit den unterschiedlichen Geldmengenaggregaten lassen sich die zur Anwendung des Endzielkriteriums notwendigen Kenntnisse der unterschiedlichen ökonomischen Strukturzusammenhänge ermitteln. Das den Schätzungen zugrunde liegende Datenmaterial basiert auf den Statistiken der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank sowie der vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Der Schätzzeitraum umfaßt den Rahmen von 1964 bis 1977. Es werden vierteljährliche Wachstumsraten im Vergleich zum gleichen Quartal des Vorjahres benutzt. Y sind die Wachstumsraten des nominellen Bruttosozialproduktes, M die Wachstumsraten der vier verschiedenen Geldmengenaggregate, F die Wachstumsraten der Staatsausgaben9 sowie Ex die Wachstumsraten des Exports. Das benutzte Schätzverfahren ist die einfache Kleinst-QuadrateSchätzung (ordinary least square). Da Gleichung (14) einen dynamischen Wirkungszusammenhang darstellt, erscheinen die erklärenden Variablen mit einer Lagverteilung in der Schätzung. Der mit dieser Art von Regressionsgleichungen häufig verbundenen Gefahr der Multikollinearität wird durch die Anwendung des Almon-Lag-Verfahrens 10 mit Polynomgraden von 2 bis 4 und Lag-Längen zwischen 3 und 9 Perioden begegnet. Die folgenden Tabellen zeigen die Schätzergebnisse für die verschiedenen Geldmengenaggregate 1
* Im Rahmen derartiger Schätzungen werden in der Literatur meist spezielle Staatsimpulsvariablen diskutiert. An dieser Stelle werden nur die Staatsausgaben berücksichtigt. Zur Begründung vgl. Gerhard Förster, Der optimale Geldmengenbegriff, a. a. O., S. 137 f. 1,1 Shirley Almon, The Distributed Lag Between Capital Appropriations and Expenditures, in: Econometrica, Vol. 33 (1965), S. 178-196. 11 Die Werte in Klammern sind die Standardabweichungen a i der Regressionsparameter aj · R^ das Bestimmtheitsmaß, das als Maß für die Güte der Anpassung gilt. DW ist der Durbin-Watson-KotiTmtnX als Testgröße für Autokorrelation. SE ist die Standardabweichung der Störgröße.
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
Tabelle
167
1
M 1, Ast und Ex als Erklärung für Y n Erklärende Variablen Abhängige Variable
Λί 1
t
Absolutglied
t - 1
Summe
Èx El
Yn
0,0279 (0,0135)
Àst
- 0,0375 (0,2121)
0,5053 (0,1138)
0,1145 (0,0621)
0,78
0,2569 (0,2953)
0,1401 (0,0448)
• 0,1212 (0,0648)
DW
t -2
0,4104 (0,3088)
- 0,0619 (0,0635)
1,05
t -3
0,0067 (0,2222)
- 0,1418 (0,0497)
SE
t -4
- 0,1404 (0,0421)
0,021
t -5
- 0,0984) (0,0565)
t -6
- 0,0569 (0,0483)
t -7
- 0,0565 (0,0919) 0,6365 (0,5262)
0,0895 (0,1229)
- 0,0067 (0,0898)
168
Gerhard Förster
Tabelle M 2, Ast
2
und Ex als Erklärung für Y n Erklärende Variablen
Abhängige Variable
Absolutglied 0,0453 (0,0131)
M2
t- 1 t-2 t-3 f- 4
Ex
0,3054 (0,1997)
0,5290 (0,1378)
- 0,0139 (0,0733)
0,69
0,1978 (0,1852)
0,1361 (0,0659)
- 0,1619 (0,0671)
DW
- 0,0611 (0,1446)
- 0,0572 (0,0815)
- 0,2083 (0,1780)
- 0,1102 (0,0661)
SE
0,0194 (0,2023)
- 0,0825 (0,0756)
0,025
f-5
- 0,0335 (0,0662)
t-6
- 0,0226 (0,1131)
0,84
t-1 Summe
0,2532 (0,4095)
0,3591 (0,2392)
- 0,1758 (0,0994)
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
169
Tabelle 3 M 3, Ast
und Ex als Erklärung für Y n Erklärende Variablen
Abhängige Variable
M3
t
Yn Absolutglied
t - 1
- 0,0231 (0,0203)
t- 2
Ex Ri
0,0723 (0,2906)
0,6517 (0,1224)
- 0,0525 (0,0956)
0,76
0,8422 (0,3746)
0,1301 (0,0855)
0,1955 (0,0596)
DW
0,1084 (0,2778)
- 0,0943 (0,0710)
1,062
t -3
- 0,1459 (0,0695)
SE
t -4
- 0,1171 (0,0671)
0,022
t -5
- 0,0674 (0,0615)
t -6
- 0,0237 (0,0801)
t Summe
Λ si
-
7
0,0198 (0,0956) 1,0229 (0,5495)
0,3533 (0,2367)
- 0,2480 (0,1127)
170
Gerhard Förster
Tabelle ZBG, Àsî
4
und Ex als Erklärung für Y n Erklärende Variablen ZBG
Abhängige Variable
Èx Ei
Yn
t
0,5453 (0,3336)
0,4285 (0,1028)
0,0365 (0,0642)
Absolutglied
t- 1
0,3202 (0,5030)
0,1694 (0,0263)
- 0,1357 (0,0591)
t -2
0,0206 (0,3370)
- 0,0144 (0,0415)
DW
t -3
- 0,1230 (0,0586)
1,0
t- 4
- 0,1564 (0,0458)
SE
t -5
- 0,1146 (0,0227)
0,022
r -6
0,0025 (0,0893)
0,0032 (0,0156)
0,75
r -7 Summe
0,8861 (0,6913)
0,1920 (0,1643)
- 0,0992 (0,0873)
Eine Anwendung des Endzielkriteriums 12 ergibt folgende empirische Werte: Tabelle 5 Endzielkriterium σ
1ài
b\+o\x M 1 M 2 M 3 ZBG
0,406 0,723 0,224 0,380
(Υ^-νιΫ
0,0074 0,0074 0,0074 0,0074
< 0,0011 0,0015 0,0016 0,0011
-E{U)Ï
0,0041 0,0069 0,0033 0,0039
Rang
3 4 1 2
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
171
Danach ist Λ/3 vor der Zentralbankgeldmenge die geeignete Zwischenzielgröße, da ihre Steuerung dem Geldpolitiker den geringsten Verlust bringt. M2 erscheint völlig ungeeignet.
2. Kontrollkriterium Zur Anwendung des Kontrollkriteriums sind empirische Kenntnisse über die Strukturzusammenhänge zwischen dem geldpolitischen Instrumentarium und den verschiedenen Geldmengenaggregaten notwendig. Ansätze dazu bietet die Literatur der Geldangebotstheorien 13 . Obwohl es eine Reihe konkurrierender Gçldangebotstheorien gibt, läßt sich ein gemeinsames Grundschema erkennen. Geldangebotstheorien verknüpfen das Geldangebot (M) über einen Multiplikatorausdruck mit einer Geldbasisvariablen (Β). (15)
M = m
Β
Ziel dieses Ansatzes ist es, die Verhaltensweisen der am Geldangebotsprozeß beteiligten Wirtschaftssubjekte und -gruppen, wie Zentralbank, Bankensystem und Nichtbanken, in ihren Einflüssen auf das Geldangebot zu erfassen. Unter bestimmten Verhaltensannahmen lassen sich dann unter anderem auch die Steuerungsmöglichkeiten der Zentralbank auf das Geldangebot theoretisch und empirisch aufzeigen. Dies gerade ist aber zur Anwendung des Kontrollkriteriums gefordert. Gelingt die empirische Schätzung mit einer linearen Regressionsgleichung, also einem Modell einer Reduzierten-Form-Gleichung, ist die Anwendung des Kontrollkriteriums analog zum Endzielkriterium möglich. Detailliert man den allgemeinen Multiplikatoransatz (15) nach den unterschiedlichen Verhaltensweisen, erweist sich die Anwendung des Kontrollkriteriums als äußerst schwierig. So lautet zum Beispiel das Geldangebotsmodell nach Brunner/ M eitzer 14:
12
Annahme y + = 8,6% und V j = 0. Siehe dazu Gerhard Förster, Der optimale Geldmengenbegriff, a.a.O., S. 154ff. 13 Vgl. dazu Manfred Neidner, Die Bestimmungsgründe des volkswirtschaftlichen Geldangebotes, Berlin 1976. 14 Vgl. dazu Manfred Neidner, ...Geldangebot, S. 259 ff.
172
Gerhard Förster
M
(16)
mit M 2 =
BA k t r r re r b
=
= = =
2_
1 +k+t (r r+r e-r b){\+t)
B A
+k
Bargeld + Sichteinlagen + Termineinlagen Geldbasis abzüglich der von den Banken geborgten Reserven Bargeld/Sichteinlagen Termineinlagen/Sichteinlagen durchschnittlicher Mindestreservesatz durchschnittlicher Anteil der freiwilligen Überschußreserven durchschnittlicher Anteil der geborgten Reserve
Diese Gleichung enthält zwar die zugrundeliegenden Verhaltensweisen, sie ist jedoch durch ihre Gleichungsform für eine lineare Regression ungeeignet. Berücksichtigt man noch, daß eine Reihe geldpolitischer Instrumente 15 nicht explizit enthalten sind und diese über die Verhaltensparameter wie zum Beispiel r e und r^ wirken,zeigt dieser Typ von Geldangebotsmodell eine für empirische Schätzungen linearer Regressionsgleichungen zu große Komplexität. Aus diesen Gründen soll, aufbauend auf den Grundüberlegungen der Geldangebotstheorien, ein pragmatischer Ansatz gewählt werden. Der Geldangebotsprozeß hat folgende Struktur: Die Bundesbank bestimmt die Angebotsbedingungen auf den Refinanzierungsmärkten, wo sie auf die Nachfrage der Banken trifft. Aufbauend auf der daraus resultierenden Refinanzierung, treten die Banken auf den Märkten für Aktiv- und Passivgeschäfte als Anbieter auf. I m Zusammenspiel mit den Nichtbanken als Nachfrager nach Kredit- und Einlagemöglichkeiten bilden sich Gleichgewichtswerte für die Komponenten der verschiedenen Geldmengenaggregate. Dies zeigt die folgende Abbildung: Drei Überlegungen führen zu einem Ansatz, in dem die Geldmengenaggregate nur noch zu den verschiedenen Entstehungskomponenten der Geldbasis in eine lineare Regressionsbeziehung gesetzt werden, also: (17)
Afy = /y (Komponenten der Geldbasisentstehung)
Erstens dürfte die Frage, wie die geldpolitischen Instrumente auf die Komponenten der Geldbasisentstehung wirken, nicht diskriminierend hinsichtlich der verschiedenen Geldmengenaggregate sein, so daß die Kenntnis darüber für die Anwendung des Kontrollkriteriums nicht notwendig ist. Interpretiert man zweitens eine Veränderung der Komponenten der Geldbasisentstehung aus verändertem Refinanzierungsverhalten der Banken als 15 Unterstellt man, daß die Größe BA nur einen vernachlässigbaren Einfluß auf den Geldangebotsprozeß ausübt, so beinhaltet dieser Ansatz außer dem Mindestreservesatz r r kein geldpolitisches Instrument. Zur Frage des Einflusses von BA auf das Geldangebot vgl. Volbert Alexander, Geldangebot und Geldbasiskontrolle in der BRD, Berlin 1975.
\ ·
Banken
*
KZ4
Zentral/geldpol. bank M Instrumente I
Nachfrage
Angebotsbedingungen
I
Geldbasis
j
y l
1\
Nachfrage / nach J GeldBankprodukten y menge
Angebot an Bankprodukten
;
^
V-i I
'
Märkte fur Bankprodukte
Nichtbanken
—«
^^
ίΛΛ Γ^Ί
Refinanzierungsmärkte
Der Geldangebotsprozeß
\ 1
\
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik 173
174
Gerhard Förster
„passive" Geldpolitik im Sinne des Gewährenlassens durch die Bundesbank, und ist drittens die explizite Schätzung der Verhaltensparameter auf den Bankenmärkten nicht von Interesse, so ist der Ansatz (17) diskriminierend für die Frage, wie gut die Bundesbank die verschiedenen Geldmengenaggregate kontrollieren kann. Die Entscheidung für ein Geldmengenaggregat über das Kontrollkriterium setzt somit nur noch an der Frage der Strenge und Stabilität des Zusammenhangs zwischen den Geldbasiskomponenten und den Geldmengenaggregaten an. Als Komponenten der Geldbasisentstehung werden aus dem Bundesbankstatus benutzt: DEV REF LRA
= Währungsreserven = Bankkredite = Durch Reservesatzsenkungen freiwerdende Mindestreserven LRP = Durch Reservesatzerhöhungen zusätzlich gebundene Mindestreserven MOB = Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere SONSTA = Sonstige Aktivposten SONSTP = Sonstige Passivposten
Die Variablen werden als Wachstumsraten zum gleichen Quartal des Vorjahres berechnet. Die Wachstumsraten werden mit dem Anteil der jeweiligen Komponente an der Geldbasis gewichtet. Für die Geldmenge werden jeweils die Werte für die Geldmengenaggregate Μ Ι , Λ ί 3 undZBGeingesetzt. Bei der Methode der Kleinstquadrate wird wiederum das Almon-LagVerfahren benutzt. Die nachfolgenden Tabellen zeigen die Schätzergebnisse für den Schätzzeitraum von 1964—1977.
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
Tabelle
175
6
Erklärung von M l t
M 1 Absolutglied
t- 1
t- 2
Summe
0,0104 (0,0130)
DÈV
0,0982 (0,0493)
0,0941 (0,0226)
0,0900 (0,0525)
0,2823 (0,0755)
SONSTA
0,1160 (0,0591)
0,1147 (0,0251)
0,1135 (0,0560)
0,3442 (0,0852)
RÈF
0,1205 (0,0518)
0,1155 (0,0230)
0,1105 (0,0512)
0,3465 (0,0764)
LRA
0,0753 (0,0834)
0,1521 (0,0322)
0,2289 (0,0841)
0,4563 (0,1227)
- 0,0716 (0,0866)
- 0,3201 (0,0924)
- 0,3917 (0,1266)
- 0,1079 (0,0394)
- 0,0673 (0,0749)
- 0,3237 (0,1121)
LRP MOB
- 0,1485 (0,0735)
R2
DW
SE
0,64
1,017
0,028
176
Gerhard Förster
Tabelle
7
Erklärung von M 3 M3
t
r- 1
t-2
Summe
Absolutglied
0,0978 (0,0053)
DÈV
0,0242 (0,0240)
0,0440 (0,0107)
0,0638 (0,0191)
0,1320 (0,0325)
SONSTA
0,0404 (0,0240)
0,0115 (0,0104)
-0,0172 (0,0221)
0,0345 (0,0342)
RÈF
- 0,0013 (0,0226)
0,0024 (0,0098)
0,0061 (0,0193)
0,0072 (0,0313)
IRA
- 0,1024 (0,0428)
0,0983 (0,0396)
LRP
0,0616 (0,0332)
- 0,0291 (0,0165)
- 0,1198 (0,0318)
- 0,0873 (0,0488)
MOB
- 0,0546 (0,0330)
- 0,0685 (0,0185)
- 0,0824 (0,0278)
- 0,2055 (0,0469)
rL 0,76
DW 1,419
- 0,0041 (0,0583)
SE 0,011
Die Geldmenge als Zwischenzielgröße der Geldpolitik
177
Tabelle 8 Erklärung von ZBG t
ZBG
t-
t - 2
1
Summe
Absolutglied
0,0668 (0,0061)
DÈV
0,0100 (0,0278)
0,0460 (0,0124)
0,0821 (0,0222)
0,1381 (0,0377)
SON STA
0,0392 (0,0278)
0,0435 (0,0121)
0,0478 (0,0256)
0,1305 (0,0397)
REE
0,0311 (0,0262)
0,0383 (0,0114)
0,0455 (0,0223)
0,1149 (0,0362)
LRA
- 0,1196 (0,0496)
- 0,1144 (0,0460)
LRP
0,1300 (0,0385)
- 0,0231 (0,0191)
- 0,1762 (0,0368)
- 0,0693 (0,0566)
MOB
- 0,0553 (0,0383)
- 0,0755 (0,0124)
- 0,0958 (0,0323)
- 0,2266 (0,0545)
- 0,0082 (0,0676)
DW 0,987
rL 0,75
SE 0,013
Unterstellt m a n die Zwischenzielwerte, die sich i m Endzielbereich bei einem angestrebten Endzielwert v o n
8% ergeben, also M 1 + = 7,86%,
Λ / 3 + = 6,0% u n d ZBG^~ = 5,60%, setzt ?2 = 0 u n d n o r m i e r t die errechneten Verlustwerte aus G l e i c h u n g (13) m i t d e m Variationskoeffizienten des jeweiligen Geldmengenaggregates 1 6 , so zeigt das K o n t r o l l k r i t e r i u m folgende Reihenfolge: Tabelle 9 Kontrollkriterium -E{U)\
16
Rang
M 1 ZBG
0,00103 0,00088
2 1
M 3
0,00140
3
Vgl. dazu Gerhard Förster,
Der optimale Geldmengenbegriff, S. 186 ff.
178
Gerhard Förster
Demnach ist ZBG die geeignete Zwischenzielgröße, da sie den Verlust des Geldpolitikers im Kontrollbereich minimiert und somit seinen Nutzen maximiert.
3. Synthese aus Endziel- und Kontrollkriterium Nach der Analyse des Endziel- und Kontrollkriteriums zeigt sich ein widersprüchliches Bild. M 3 minimiert den Verlust des Geldpolitikers, wenn er über ein Geldmengenwachstum Einfluß auf die Inflationsrate nehmen will. Die Zentralbankgeldmenge dagegen minimiert den Verlust, der bei der Steuerung und Kontrolle der Geldmenge als Zwischenzielgröße auftritt. Eine Synthese der beiden Verlust- bzw. Nutzenkomponenten erlaubt die endgültige Entscheidung für einen Geldmengenbegriff. Da die Verlustgrößen der beiden Kriterien unterschiedliche Dimensionen aufweisen — im Endzielbereich in Einheiten des nominellen Bruttosozialproduktes und im Kontrollbereich in Einheiten des jeweiligen Geldmengenaggregates —, werden die Verlustwerte in Relation zu den mittleren Verlustwerten in den beiden Bereichen gesetzt. Unter der Annahme einer Gleichgewichtung der beiden Verlustkomponenten durch den Geldpolitiker erhält man eine Synthese durch die Bildung eines geometrischen Mittelwertes zwischen Endziel- und Kontrollbereich. Tabelle 10
Synthese Endziel· und Kontrollkriterien Endzielkriterium
Kontrollkriterium
Synthese
Rang
M 1 ZBG
1,102
1,04
2
0,95
M 3
0,883
0,982 0,854 1,357
1 3
1,049
1,09
Danach ist die Zentralbankgeldmenge die geeignete Zwischenzielgröße im geldmengenorientierten Konzept der Deutschen Bundesbank. Die empirischen Ergebnisse bestätigen somit die Wahl der Zentralbankgeldmenge durch die Deutsche Bundesbank als Zwischenzielgröße ihres geldpolitischen Konzeptes.
Zwischen autoritärer und marktwirtschaftlicher Zentralbankpolitik Von Sybille Oesterlin, Freiburg
I. Einleitung Das Banksystem in der Bundesrepublik ist zweistufig aufgebaut. Der Zentralbank bzw. dem Zentralbanksystem obliegt mit der Zuständigkeit und Verantwortung für die Geld- und Währungspolitik eine hoheitliche Funktion. Die Geschäftsbanken erfüllen ihre Aufgaben dagegen unter konkurrenzwirtschaftlichen Bedingungen; d. h., ihr Handeln wird bestimmt durch das Streben nach Rentabilität. Diese grundsätzlich verschiedene Stellung der Zentralbank und der Geschäftsbanken im Rahmen der Wirtschaftsordnung und die daraus resultierenden divergierenden Zielstellungen bedingen eine latente Konfliktsituation. Für die Geschäftsbanken ist die Stabilität des Geldwertes zwar der beste Rahmen für eine kalkulierbare und reibungslose Abwicklung ihrer Geschäfte, und sie gehörten daher in der Vergangenheit zu den eifrigsten Befürwortern einer konsequenten Inflationsbekämpfung: Dennoch bedeutet dies nicht, daß sich die einzelne Bank in der Ausrichtung ihrer Geschäftstätigkeit, insbesondere im Umfang ihrer Kreditgewährung, am Ziel der Geldwertstabilität orientieren wird. Andererseits ist der Bundesbank mit der Aufgabe, die Währung zu sichern, ausdrücklich auch die Regelung des Geldumlaufs und der Kreditversorgung der Wirtschaft 1 übertragen, und sie ist damit verpflichtet, bei der Handhabung ihrer Politik der Entwicklung von Rentabilität und Liquidität der Kreditinstitute Rechnung zu tragen; dies heißt aber nicht, daß die geldpolitischen Maßnahmen die Ziele der Banken nicht schmerzhaft beeinträchtigen können. Bei den Konfliktsituationen zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken kann man zwischen den kurzfristig-situationsbedingten und den langfristigordnungspolitischen Aspekten unterscheiden. Die situationsbedingten Konflikte sind die, die in der Öffentlichkeit den meisten Staub aufwirbeln und die größte Publizität erfahren: „Sollten die Zinsen nicht endlich gesenkt werden?", „Warum wird der Diskontsatz bereits 1
Vgl. Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26. Juli 1957, § 3.
180
Sybille Oesterlin
wieder erhöht?", oder „Warum setzt die Bundesbank die Ausgabe von Bundesschätzen aus?". Dies sind in der Regel auch die hoheitlichen Entscheidungen der Bundesbank, die die Banken bei der Durchführung ihrer Geschäfte am unmittelbarsten berühren. Theoretisch sind diese situationsbedingten Konflikte schnell beschrieben: Sicher wird eine wirksame restriktive Geldpolitik den Banken die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Liquidität erschweren. Fast ebenso sicher wird eine scharf restriktive oder expansive Geldpolitik, die zu entsprechenden Veränderungen der Zinsen führt, die Rentabilitätsentwickung bei den Kreditinstituten nicht unbeeinflußt lassen. Im letzteren Falle ist der Konflikt allerdings in seiner Richtung nicht eindeutig, da die Unterschiede in der Bilanzstruktur dazu führen, daß die Ertragsentwicklung bei manchen Kreditinstituten durch steigende, bei anderen durch sinkende Zinsen positiv berührt wird 2 . Solche situationsbedingten Konflikte zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken sind unvermeidbar, solange die Zentralbank aus binnen- oder außenwirtschaftlichen Gründen eine situationsbezogene Geld- und Währungspolitik betreibt und zur Durchsetzung ihrer Ziele die Geschäftsbanken zu einer bestimmten Kredit-, Einlagen- und Zinspolitik anzuregen oder zu zwingen versucht. Auch die Verfolgung vorgegebener Geldmengenziele schließt die Notwendigkeit einer solchen Politik — solange man eine gewisse Tendenz zu einem instabilen Wirtschaftsverlauf unterstellt — nicht aus. Die aus solchen situationsbezogenen zentralbankpolitischen Maßnahmen resultierenden Wirkungen dürften für die Banken jedoch mittelfristig nicht sehr gewichtig sein, da einer situationsbedingten Benachteiligung in der nächsten Phase in der Regel eine entsprechende Begünstigung folgt. Die längerfristigen oder ordnungspolitischen Konflikte zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken sind darin begründet, daß für die grundsätzliche Ausgestaltung und Handhabung der Geld- und Währungspolitik Alternativen zur Verfügung stehen, denen aus der Sicht der Akteure eindeutige Vorund Nachteile zugeordnet werden. Die Frage, ob eine Mindestreservepolitik der Offenmarktpolitik vorzuziehen ist, ob Mindestreserven auf Aktiva oder Passiva gehalten werden sollen, ob Offenmarktpolitik mit Nichtbanken wünschenswert ist, ob man eine Kreditplafondierung einführen soll usw., werden in der Regel von der Bundesbank und den Geschäftsbanken unterschiedlich beantwortet. Die Diskussion über die grundsätzliche ordnungspolitische Ausgestaltung des Instrumentariums der Bundesbank, bzw. des Einsatzes dieser Instrumente, läßt sich mit einer gewissen Zuspitzung darauf reduzieren, ob die Bundesbank mehr hoheitlich-autoritäre oder mehr marktkonforme Instru2 Vgl. S. Oesterlin, Die Bankenzinsspanne — Eine theoretische und empirische Untersuchung für die Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1979.
Zwischen autoritärer und marktwirtschaftlicher Zentralbankpolitik
181
mente einsetzen sollte. Die Vorstellungen der Geschäftsbanken über eine adäquate, d.h. bankengerechte Geld- und Währungspolitik, zielen dabei nicht von vornherein — wie man zunächst erwarten würde — auf die letztere Alternative. Diese Vorstellungen können grundsätzlich mit vier Forderungen beschrieben werden: Die Geld- und Währungspolitik sollte — ein gewisses Maß an Vorhersehbarkeit und Kontinuität besitzen, um eine rationale Geschäftsplanung zu ermöglichen — weitgehend wettbewerbsneutral sein, also nicht einzelne Bankengruppen in eindeutiger und vermeidbarer Weise benachteiligen — die Ertragssituation möglichst wenig belasten — den Banken einen Handlungsspielraum bei der Durchführung ihrer kurzbis langfristigen Geschäftspositionen lassen. Die vierte Forderung ist dabei in ihrem Inhalt am unbestimmtesten. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß sie nicht unbedingt die Umschreibung für die Ablehnung einer dirigistischen Politik ist. So stehen zwar z. B. die Banken dem autoritären Instrument der Mindestreservevariation ablehnend gegenüber; die Abschaffung der Zinsbindung und damit die Absage der Bundesbank an ein ordnungspolitisch als ausgesprochen dirigistisch einzustufendes Instrument wurde von den Kreditinstituten aber keineswegs sofort mit der zu erwartenden Zustimmung bedacht. Der von den Banken gewünschte Anpassungsspielraum läßt sich also offensichtlich sowohl bei einer institutionell relativ autoritär als auch bei einer mehr marktwirtschaftlich-orientierten Geld- und Währungspolitik erreichen. Betrachtet man das Verhältnis der Bundesbank zu den Geschäftsbanken in den letzten 25 Jahren, so kann man zwei Phasen unterscheiden: — eine Periode weitgehend autoritär orientierter Geldpolitik, die in eindeutiger Weise bis 1967, mit Abstrichen bis 1973 geht, — eine zweite Periode mehr marktwirtschaftlich orientierter Politik, die 1973 beginnt. Die Unterscheidung dieser beiden Phasen, bzw. ihre entsprechende Kennzeichnung, soll dabei nicht besagen, daß die jeweilige Politik nur in einer entsprechenden Haltung der Bundesbank bzw. ihrer Gremien begründet war. Es sei im Gegenteil betont, daß die jeweilige Orientierung sehr stark von den äußeren Bedingungen des Entscheidungsbereichs der Bundesbank abhängt. Dies zeigt sich erneut in der gegenwärtigen Entwicklung, bei der die Internationalisierung der Geld- und Kreditmärkte Bedingungen für die Geldpolitik schafft, die dazu führen könnten, daß wir uns schon bald in einer dritten, wieder mehr autoritär orientierten Phase der Geldpolitik befinden könnten.
Sybille Oesterlin
182
II. Die Phase autoritärer Geld- und Währungspolitik Zwei Entwicklungen in den allgemeinen institutionellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten haben in den letzten 25 Jahren die Ausgestaltung der Zentralbankpolitik in besonderer Weise beeinflußt: Die Wirkung der beiden Faktoren auf die Beziehung von Bundesbank und Geschäftsbanken war dabei gegenläufiger Natur. Die zunehmend hektischere Entwicklung der 70er Jahre zog einerseits einen vermehrten und verstärkten Einsatz des Bundesbankinstrumentariums nach sich, während die Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen zu einem Rückgang der direkten Abhängigkeit der Bankentscheidungen von den geldpolitischen Steuerungsmaßnahmen führten. Das weitgehend starr reglementierte Verhältnis zwischen den beiden Akteuren wurde zunächst durch den Übergang zur freien Konvertibilität im Jahre 1958, sodann durch den Wegfall der Zinsbindung im Jahre 1967 und schließlich durch den Übergang zu flexiblen Wechselkursen bzw. zum Blockfloating im Jahre 1973 zunehmend liberalisiert. Bis zum Jahre 1967 machten allein die gesetzlichen Bestimmungen in vielen Bereichen die Ausübung einer marktkonformen Politik unmöglich oder zumindest weitgehend unnötig. Erst mit dem Übergang zur freien Zinsbildung war der Weg frei für eine zunehmend liberale Haltung der Bundesbank. Allerdings wurde auch in den darauf folgenden Jahren die Geldpolitik überwiegend durch den Einsatz dirigistischer Mittel geprägt. Das wirkliche Ende der „autoritären Periode" der Bundesbankpolitik wird daher erst durch den Übergang zu flexiblen Wechselkursen markiert. Die Bundesbankpolitik vor 1967 basierte vor allem auf zwei Instrumenten: der Diskontpolitik und der Mindestreservepolitik. Erstere wurde vorwiegend zur Feinsteuerung, letztere mehr zur Grobsteuerung eingesetzt. Diese Aufgabenverteilung beruhte darauf, daß in dieser Zeit das Hauptproblem der Geldpolitik der Zufluß an Mitteln aus dem Ausland war, der durch hohe Mindestreserven auf Ausländereinlagen verhindert bzw. durch hohe Mindestreserven auf Inländereinlagen nachträglich abgeschöpft werden sollte, neben diesen relativ autoritären Maßnahmen kam von den marktkonformen Instrumenten lediglich die Swappolitik zu häufigerem Einsatz. Die Offenmarktpolitik wurde dagegen nur in sehr geringem Umfang angewendet3, obwohl gesetzliche Beschränkungen hier nicht gegeben waren. Ziel der binnenwirtschaftlichen Steuerung war in erster Linie das Verhalten der Nichtbanken. Ihr wichtigstes Instrument — die Diskontsatzvariation — führte aufgrund der Zinsbindung zu direkten Veränderungen der Einlagen und — mit Abstrichen auch — der Kreditzinsen, wodurch entsprechend Angebots- und Nachfragereaktionen von Anlegern und Kreditnachfragern 3 Vgl. H. Speyerer, 1979, S. 80.
Die Offenmarktpolitik der Deutschen Bundesbank, Baden-Baden
Zwischen autoritärer und marktwirtschaftlicher Zentralbankpolitik
183
erhofft wurden. Die bei einer Geldpolitik, die insbesondere auf das Nichtbankenverhalten abzielt, eigentlich zu erwartenden Offenmarkttransaktionen wurden dagegen kaum durchgeführt. Allerdings hätte die Bundesbank hier bei dem Versuch mit Hilfe günstigerer Zinskonditionen Anleger anzulocken, die Haben-Zinsbindung unterlaufen, was von den Banken sicher als Affront empfunden worden wäre 4 . Für die Bundesbank hatte die autoritäre Geldpolitik, bei der Diskontsatzund Mindestreservepolitik im Vordergrund standen, unter der gegebenen Bedingung der Zinsbindung zwei Vorteile: — auf die Variation ihrer Parameter folgte eine in Quantität und Wirkungsgeschwindigkeit genau vorhersehbare Veränderung der Zwischenzielgrößen (Zins und Sekundärliquidität) — bei der Durchsetzung ihrer Politik war sie nicht auf die Mitwirkung eines Partners angewiesen, was die Durchführung in der Regel erleichtert. Die Durchführung dieser Politik war, da die Reaktionen vorhersehbar und ihr Einsatz daher mit geringem Informationsaufwand verbunden war, relativ einfach. Allerdings zeigte sich auch schon in dieser aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung vergleichsweise problemlosen Zeit,, daß die Kreditexpansion der Banken nicht hinreichend schnell eingeschränkt werden konnte, wenn dies geldpolitisch erwünscht schien, da eine wirksame Mengenregulierung unter den gegebenen Umständen nicht möglich war. Diese bei der Geldpolitik gegebene Mischung aus Direktheit des Einflusses einerseits und Unbeeinflußbarkeit andererseits findet sich in gleicher Weise in der Abhängigkeit der Bankendispositionen von den Zentralbankaktionen wieder: Das Liquiditätsziel war für die Kreditwirtschaft durch die Zentralbankpolitik nie ernsthaft berührt, da sich die Banken aufgrund ihrer hohen Bestände an Sekundärliquidität jederzeit Zentralbankgeld beschaffen konnten. Demgegenüber wurde die Entwicklung der Rentabilität der Geschäftsbanken in dieser Zeit durch zentralbankpolitische Maßnahmen viel unmittelbarer beeinflußt als in den siebziger Jahren, in denen sich umgekehrt der Einfluß der Zentralbankpolitik auf die Liquiditätsentwicklung direkter gestaltete. Die Zinsspannenentwicklung der wichtigsten Bankengruppen zeigt 5 , daß die Ertragsentwicklung in den sechziger Jahren in hohem Maße auf den Einfluß des Zinsstruktureffekts, d. h. auf die unterschiedliche Reagibilität der Zinsen auf der Aktiv- und auf der Passivseite, zurückzuführen war. Da diese Reaktionsdifferenzen weitgehend in der unterschiedlichen Diskontreagibilität der verschiedenen Einlagen- und Kreditarten begründet waren, kann die 4 5
Vgl. C.Köhler, Orientierungshilfen für die Kreditpolitik, Berlin 1968, S.82. Vgl. S. Oesterlin, a.a.O.
184
Sybille Oesterlin
Diskontpolitik als direktes Auslösemoment für positive oder negative Ertragsentwicklung angesehen werden. Auch der Mengenstruktureffekt, der zweite Einflußfaktor der Ertragsentwicklung, hing in wesentlich stärkerem Umfang von der Bundesbankpolitik ab als heute. Da Umschichtungen zwischen den einzelnen Depositen- und Kreditarten in weit geringerem Maße praktiziert wurden, war die Variation der Mindestreserven bei manchen Bankengruppen für die Richtung des Einflusses auf die Ertragsentwicklung dominierend. Insgesamt kam die Zentralbankpolitik vor 1967 den Bedürfnissen der Geschäftsbanken sehr entgegen, da sie weder vor Probleme hinsichtlich der Verfügbarkeit von Zentralbankgeld noch vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Geldpolitik gegenüber den Bankkunden gestellt wurden. Die Kreditvergabemöglichkeiten wurden nicht wirksam eingeschränkt, die Preispolitik wurde ihnen weitgehend von der Bundesbank abgenommen. Allerdings führte die Geldpolitik durch die Bevorzugung der Mindestreservepolitik gegenüber den marktkonformeren Instrumenten wie der Offenmarktpolitik zu erheblichen Ertragsbelastungen. Die nach 1967 folgende Periode war eine Zeit des Umbruchs und insbesondere für die Bundesbank eine Zeit der Unsicherheit. Ihrer Preispolitik war mit der Zinsfreigabe die direkte, vorhersehbare Wirkung genommen, ihre Mengenpolitik war weiterhin ungenügend, um die zunehmend aus dem Ausland zufließenden Mittel wirksam zu neutralisieren. Dies war die Zeit, in der intensiv über eine Reform des Bundesbankinstrumentariums nachgedacht wurde, wobei die Überlegungen bezeichnenderweise vorwiegend in Richtung auf eine Verschärfung der autoritären Eingriffsmöglichkeiten — Kreditplafondierung, Aktivamindestreserve etc. — gingen. Die anhaltende Neigung der Bundesbank zu autoritären Maßnahmen zeigte sich in besonderer Weise darin, daß bei der Abschöpfung der unerwünschten Auslandsgelder die Offenmarktpolitik weiterhin nur zögernd angewandt wurde und lieber auf Mittel wie Mindestreserveerhöhungen sowie Anlageverbote für Ausländer und Bardepotpflicht für Inländer zurückgegriffen wurde. Als dann 1973 durch die Freigabe des D-Mark-Wechselkurses gegenüber dem Dollar eine effiziente Mengensteuerung möglich war, sah es zunächst so aus als könnte die Bundesbank ihren autoritären Anspruch realisieren. Die Reduzierung der freien Liquiditätsreserven auf nahezu Null kann als ein Versuch angesehen werden, die Banken an „die kurze Leine" der Zentralbank zu nehmen. Durch die Vorgabe eines engen monetären Rahmens sollte die Geldpolitik wieder direkt wirken, d. h. quantitativ und zeitlich gut vorhersehbar sein. Die bei der drastischen Reduzierung der Liquiditätsreserven zu erwartende Bankenreaktion — eine entsprechende Reduzierung der Kreditvergabe — trat allerdings nicht ein. Dies hatte zwei Gründe: Der erste Grund, der wohl
Zwischen autoritärer und marktwirtschaftlicher Zentralbankpolitik
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nur vorübergehendes Gewicht gehabt hätten, war, daß die Vorstellungen von Bundesbank und Geschäftsbanken über die betriebs- und volkswirtschaftliche Liquidität erheblich auseinanderklafften 6. So sahen die Banken ihre Anlagen im Ausland noch als Sekundärliquidität an — was einzelwirtschaftlich auch vernünftig war —, die aber für den gesamten Bankensektor keine Möglichkeit der Zentralbankgeldbeschaffung darstellte, da die Bundesbank keine Interventionspflicht auf dem Devisenmarkt hatte. Die zweite Entwicklung, die den Versuch der Bundesbank zu einer autoritären Mengenpolitik scheitern ließ, war dagegen grundsätzlicher Art und würde auch bei einer langfristigen Praktizierung dieser Politik wirksam sein. Der plötzlichen Verknappung von Zentralbankgeld standen bei den Banken eine Vielzahl von langfristigen Krediten und Kreditzusagen gegenüber. Dieses MißVerhältnis konnten und wollten die Banken nicht nur zu Lasten ihrer Kunden lösen, sondern verließen sich in gewisser Weise darauf, daß die Bundesbank die große Zahl der Kreditinstitute, die in Liquiditätsschwierigkeiten kamen, nicht an der restriktiven Politik scheitern lassen konnte. Die Verantwortung der Bundesbank für das Funktionieren der Kreditversorgung ließ den vermeintlich kurzen Zügel der Mengensteuerung zur großen Freiheit der Bankdispositonen werden 7 . Die Erfahrung von 1973 machte deutlich, daß eine Rückkehr zu einem direkten und autoritären Verhältnis von Bundesbank- und Bankenentscheidungen mit den neuen Möglichkeiten der Mengensteuerung nicht sinnvoll war. Zwar ist es möglich, die Zentralbankgeldversorgung so zu institutionalisieren, daß jede Veränderung der Mengenpolitik der Zentralbank sofort auf die Liquiditätsreserven der Geschäftsbanken durchschlägt, aber diese enge Verbindung zwingt die Bundesbank dann unter Umständen, ihrerseits zu ungewollten Reaktionen auf die Bankenbedürfnisse. Die Banken halten dann quasi die Bundesbank am kurzen Zügel. Hier zeigte sich deutlich der Unterschied zwischen einer autoritären Preispolitik — wie sie zu Zeiten der Zinsbindung praktiziert wurde — und einer autoritären Mengenpolitik. Die Preispolitik der Zentralbank greift weniger zwingend in den Entscheidungsprozeß der Banken ein, da sich hier immer noch Ausweichmöglichkeiten ergeben. Es ist leichter, einen Kunden mit einem teuren Kredit zu enttäuschen, als ihm den versprochenen — unter Umständen zu jedem Preis gewünschten — Kredit völlig verweigern zu müssen. Es ist für ein Kreditinstitut auch leichter, ein unbefriedigendes Ertragsergebnis zu überbrücken, als eine nicht ausreichende Liquiditätssituation. Für die Politik vor 1973 gilt daher: Da die Geldpolitik — als Preispolitik — 6
Vgl. R. Pohl, Für mehr Liquidität bei den Banken, in: WSI-Mitteilungen 4/1974, S. 468 ff. 7 Vgl. C. Köhler, Kreditpolitik gerät ins Schlepptau der Banken, in WSI-Mitteilungen 6/1974, S. 207-213.
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unwirksamer war, konnte sie diktatorischer, unvorhersehbarer und hektischer sein als die Mengensteuerung nach diesem Zeitpunkt.
I I I . Die Bundesbank als Marktpartner Die Bundesbank lernte die Lektion aus der Situation des Jahres 1973 schnell, sie gab die Politik des „kurzen Zügels" auf und wurde zum eifrigsten Verteidiger der freien Liquiditätsreserven 8 . Die Mengensteuerung blieb zwar Kernstück der Geldpolitik, sie wurde aber nun mit dem Ziel betrieben, elastisch auf Liquiditätsengpässe der Wirtschaft reagieren zu können. Auffallige Signale, die Unruhe in die Dispositionen der Anleger und Kreditnachfrager bringen, sollten vermieden werden, weshalb die klassischen Instrumente Diskont- und Mindestreservepolitik an Bedeutung verloren. In den Vordergrund traten dagegen zunehmend Maßnahmen der Feinsteuerung 9 , wobei insbesondere die Möglichkeiten und der Einsatzbereich der Offenmarktpolitik ausgedehnt wurde: — zunehmende Einbeziehung der Nichtbanken in die Offenmarktpolitik durch Einführung der Bundesbankschätze (1971), deren Stückelung herabgesetzt und deren Laufzeit immer mehr erweitert werden (1983), — ab 1973 zunehmend Pensionsgeschäfte, um den Banken eine genauere Anpassung an den Liquiditätsbedarf zu gestatten; diese Geschäfte werden zunächst mit Wechseln, ab 1979 auch mit Wertpapieren durchgeführt, wodurch auch der Kapitalmarkt mit in die Regulierung einbezogen wird, — ab Sommer 1979 werden Devisenpensionsgeschäfte durchgeführt, — im März 1980 werden erstmals Pensionsgeschäfte im Zinstenderverfahren vorgenommen. Dieser Bedeutungszuwachs der Offenmarktpolitik brachte es zwangsläufig mit sich, daß die Mitgestaltungsmöglichkeiten von Banken und Nichtbanken bei der Erreichung der geldpolitischen Ziele zunahm. Die Bundesbank setzt einen der Parameter fest, überläßt aber ihren Marktpartnern die Entscheidung über Vornahme und Umfang der Transaktionen. Die Einführung von Zinstendergeschäften bildet wahrscheinlich einen vorläufigen Schlußpunkt unter die Reform des Bundesbankinstrumentariums in Richtung auf eine zunehmende Marktkonformität. Durch diesen Schritt sind die Banken nicht nur, wie früher, an der Bestimmung der Mengenentwicklung, sondern auch beim Zinsfindungsprozeß beteiligt, da die Bundesbank hier lediglich einen 8
Vgl. H. Schlesinger, Neuere Erfahrungen der Geldpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, in KREDIT und KAPITAL 1976, (9. Jg.). 9 Vgl. Die Deutsche Bundesbank — Geldpolitische Aufgaben und Instrumente, Sonderdrucke der Deutschen Bundesbank Nr. 7, S.44, Frankfurt 1982.
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Mindestzinssatz vorgibt, der genaue Abgabesatz aber durch die Gebote der Kreditinstitute bestimmt wird. Sicher hat die Bundesbank sowohl beim Mengen- als auch beim Zinstenderverfahren genaue Vorstellungen über die Höhe des resultierenden Parameters und wird ihre Vorgabe so wählen, daß die gewünschte Entwicklung in etwa eintritt. Der gesamtwirtschaftliche Effekt — Zentralbankgeldzu- oder -abfluß bzw. Veränderung der Refinanzierungkosten — wird deshalb weitgehend identisch mit der Wirkung der traditionellen Politik sein. Für die einzelne Bank ist der Entscheidungsspielraum durch die „Neue Geldpolitik" dagegen wesentlich größer geworden. So kann sie bei der Offenmarktpolitik Vornahme und Umfang der Transaktionen — etwa im Gegensatz zur Mindestreservepolitik — selbst bestimmen, sie kann beim Zinstenderverfahren die Kosten der Refinanzierung — wenn auch in sehr engen Grenzen — mit beeinflussen und steht nicht wie bisher einem starren Zinssatz gegenüber. Im Zuge dieses zunehmenden Zusammenrückens von Bundesbank und Geschäftsbanken verändert offensichtlich auch die Diskontpolitik ihren Charakter. Der Diskontsatz scheint von einem Instrument der Zinsdeterminierung zunehmend zu einer Orientierungsgröße für die Nichtbanken zu werden. So wird er häufig erst dann variiert, wenn er für die generelle Entwicklung zwar schon konstatierend ist, die Bundesbank der Kreditwirtschaft aber eine Argumentierungshilfe gegenüber ihren Kunden im Massengeschäft geben will 1 0 . Der Übergang zur Bekanntgabe eines Geldmengenziels im Jahre 1975 ist bei Berücksichtigung dieser Umstände eher als ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer partnerschaftlichen Beziehung, denn als Start in eine monetaristische Ära anzusehen. Die Geldmengenvergabe erscheint als eine folgerichtige Maßnahme innerhalb der Mengensteuerung, die die Banken als korrespondierenden Partner benötigt. Man will durch gezielte Informationen Friktionen auf den einzelnen Märkten vermeiden und schneller und billiger zum gewünschten Mengen- oder Zinsergebnis kommen. Das „Neue" an der Bundesbankpolitik wäre damit nicht die 1975 begonnene Bekanntgabe von Geldmengenzielen, sondern der seit 1973 praktizierte Übergang zu einer markt- und mengenorientierten Geldpolitik. Dieser Wechsel ist aber mehr in „vordergründigen" Effizienzüberlegungen begründet als in der monetaristischen Überzeugung, daß die reale und monetäre Entwicklung zwangsläufig durch die Veränderungen der Geldmengenaggregate determiniert ist. Die Art der Berechnung der Zentralbankgeldmenge, die Rückkoppelungseffekte vom realen Wirtschaftsgeschehen auf die Höhe des anzustrebenden Geldmengenziels explizit in Rechnung stellt, lassen jedenfalls nur sehr bedingt auf ein monetaristisches Theoriegebäude schließen. Vgl. Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, März 1979, S. 6.
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Für die Bundesbank ist die Geldpolitik nach 1973 effizienter geworden. Gleichzeitig gestaltet sich ihre Durchführung aber auch komplizierter als in den sechziger Jahren. Zum Teil ist dies in der größeren Hektik der konjunkturellen Entwicklung und der damit einhergehenden stärkeren Zielabweichung begründet. Zusätzlich erschwert aber auch die neue Politik der Mengensteuerung, die eine größere Rücksichtnahme auf die Banken und größere Behutsamkeit erfordert, die technische Durchführung. Der Anwendungsbereich der Instrumente hat sich kontinuierlich verbreitert. Der Wille der Bundesbank, eine lautlose Politik zu betreiben, erzwingt häufig eine Vielzahl von Aktionen, während man früher eine einzige Maßnahme verkündet hat. So werden ζ. B. statt der Variation der Mindestreserve unter Umständen drei Tranchen Offenmarktpapiere aufgelegt. Soll diese marktorientierte Politik funktionieren, so muß sie durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit vorbereitet bzw. begleitet sein. Die Bekanntgabe des Geldmengenziels ist nur eine dieser Informationen, auch die wechselseitige Anwendung von Zinsund Mengentender dient nicht nur der Bundesbank dazu, die Zins- und Mengentendenzen am Markt zu testen, sondern kann gleichzeitig als Hinweis der Bundesbank an die Partner über die von ihr angestrebte Preis- und Mengenentwicklung gesehen werden. Auch für die Banken brachte der Wandel in der Geldpolitik eine Reihe von Veränderungen mit sich, wobei die neue Partnerschaftlichkeit einerseits zur Erleichterung der Bankdispositionen beitrug, andererseits aber auch Schwierigkeiten mit sich brachte. Während die Banken vor 1967 durch die Zentralbankpolitik in eine Art Preiskorsett gezwängt wurden — sie standen einerseits fixierten Refinanzierungskosten, andererseits durch Diskontpolitik auch weitgehend fixierten Einlagen- und Kreditzinsen gegenüber — engt die Bundesbank sie nach 1973 eher durch ihre Zentralbankgeldversorgung ein. Dadurch ist seit dem Übergang zur Mengensteuerung die Liquiditätsplanung der Banken in wesentlich stärkerem Umfang vom Kurs der Geldpolitik abhängig. Im Gegensatz hierzu hat sich die Rentabilitätsentwicklung eher vom Einfluß der Bundespolitik gelöst 11 . Während man zur Zeit der Zinsbindung die Zinsspannenveränderungen bei vielen Bankengruppen auf die Diskontsatzvariation bzw. den Zinsstruktureffekt zurückführen konnte, war für die Ertragsentwicklung in den 70er Jahren in zunehmendem Maße der Mengenstruktureffekt bestimmend. Die hohen Zinsdifferenzen zwischen den verschiedenen Anlage- und Kreditarten zogen ein zunehmend zinselastisches Nachfrage- und Angebotsverhalten der Nichtbanken nach sich. Diese Umschichtungen nahmen bei manchen Bankengruppen einen derartigen Umfang an, daß der Mengenstruktureffekt den gegenläufigen Zinsstruktureffekt kompensierte und die Gewinnentwicklung determinierte. Mit dem 11
Vgl. S. Oesterlin, a.a.O.
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Einflußrückgang des Zinsstruktureffekts zugunsten des Mengenstruktureffekts ist — da man davon ausgehen kann, daß die Zinsentwicklung auch von der Zentralbankpolitik mitbestimmt wird —, die Bedeutung der Geldpolitik auf die Gewinnentwicklung der Banken zurückgegangen. Ob der zunehmende Einfluß der Entscheidungen von Nichtbanken dabei für die Kreditinstitute vorteilhaft ausfällt, ist fraglich, da diese unter Umständen davon ausgehen müssen, daß das Verhalten der Anleger und Kreditnachfrager unvorhersehbar und erratischer ist als die Entscheidungen der Zentralbank. Schließlich wirken die Vielzahl der Einzelaktionen der Bundesbank zwar stabilisierend auf die Entwicklung der finanziellen Märkte, sie erhöhen aber auch die Unübersichtlichkeit der Geldpolitik für die Banken und steigern damit ihr Informationsbedürfnis. Für die Bundesbank besteht dabei die Gefahr, daß sie bei zunehmender Marktkonformität immer mehr als „normaler" Marktpartner angesehen wird und damit auch verstärkter Kritik und Abwehr gegenübersteht. Schon heute wird ζ. B. ein weiterer Ausbau der Offenmarktpolitik in Richtung auf eine Ausdehnung der Transaktionen mit Nichtbanken von vielen Kreditinstituten unter dem Wettbewerbsaspekt als unwillkommen angesehen. Trotz dieser negativen Einschränkungen gestaltete sich das Verhältnis von Bundesbank und Geschäftsbanken in dieser zweiten Periode insgesamt positiv. Die Bundesbank war weitgehend in der Lage, ihre geldpolitischen Vorstellungen durchzusetzen. Ihr stand dabei eine zunehmende Zahl von wirksamen Instrumenten zur Verfügung, wobei die marktkonformen Mittel verstärkt zur Anwendung kamen. Für die Banken ist durch die wirksame Mengensteuerung zwar einerseits der Handlungsspielraum kleiner geworden, die „Leine" war aber doch elastisch genug, um eine freie und differenzierte Entwicklung zuzulassen. Die Zentralbank und die Banken sind bei der Verfolgung ihrer Ziele näher zusammengerückt. Die Bundesbank nimmt bei der Durchsetzung ihrer Politik mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der Banken — auf plötzliche Liquiditätsengpässe etwa durch Steuertermine, Nichtbankenreaktionen etc. wird möglichst flexibel eingegangen — andererseits sind die Banken auch in zunehmendem Maße bei der Durchführung der Geldpolitik beteiligt, da die Steuerung immer stärker mit Hilfe der Mechanismen der Finanzmärkte und immer weniger über hoheitliche Anordnungen erfolgt.
IV. Die Gefahren der Internationalisierung des Bankgeschäfts oder mögliche Zukunftstendenzen in der Geldpolitik Während die Freigabe der Wechselkurse der Bundesbank den Übergang zu einer neuen Geldpolitik ermöglicht hat, die die Beziehung zwischen Zen-
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tralbank und Kreditwirtschaft auf eine partnerschaftliche Basis gestellt hat, geht von der Internationalisierung des Bankgeschäfts in den letzten Jahren ein Einfluß aus, der den Charakter dieser Beziehung wieder verändern könnte. In den letzten zehn Jahren haben sich die Verflechtungen zwischen dem deutschen und den ausländischen Finanzmärkten außerordentlich verstärkt. Deutsche Nichtbanken sind zum wichtigsten Kreditnehmer auf den Euromärkten geworden 12 , die DM-Einlagen auf den Euromärkten beliefen sich 1979 auf etwa 200 Milliarden D M 1 3 , die DM-Anlagen von Ausländern in der Bundesrepublik betrugen circa 185 Milliarden D M und lagen damit in etwa doppelt so hoch wie 1974 14 . Diese Entwicklung ist zunächst einmal auf das Bemühen der Banken zurückzuführen, ihre Tätigkeit in einen Bereich auszudehnen, der weniger administrativen Bestimmungen unterliegt und daher lukrativer ist als der Inlandsmarkt. Gleichzeitig hat die Bundesbank diese Tendenz aber erst durch ihre konsequente Stabilitätspolitik ermöglicht, die — verbunden mit dem relativ stabilen politischen System und der guten Wirtschaftskraft der Bundesrepublik — die D M zur zweitwichtigsten Reservewährung der Welt machte und damit den internationalen Märkten die Mittel zuführte, die sie zur Abwicklung ihrer Geschäfte benötigte. Die marktorientierte und behutsamere Politik der Bundesbank seit 1973 beruht ausschließlich auf ihrer Fähigkeit, eine wirksame Mengensteuerung durchführen zu können. Nur wenn die Bundesbank in der Lage ist, die Zuflüsse an Zentralbankgeld weitgehend autonom zu steuern, kann sie durch eine kontinuierliche Mengensteuerung stabilen Rahmen schaffen, innerhalb dessen sie bei der Feinsteuerung die Bedürfnisse von Banken und Wirtschaft flexibel berücksichtigen kann. Entfällt diese autonome Mengensteuerung, so könnte ein Rückfall in mehr Hektik und Dirigismus bei der heutigen außenwirtschaftlichen Verflechtung unausweichlich werden. Die Effizienz der Mengensteuerung ist durch drei Faktoren der Internationalisierung gefährdet: — Man vermutet, daß durch die Reservewährungsfunktion der Bestand an D M im Ausland heute ein Mehrfaches der inländischen Zentralbankgeldmenge beträgt. Da man davon ausgehen muß, daß hiervon — im Gegensatz zu den im Ausland befindlichen Dollars nur ein geringerer Teil als 12
Vgl. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 49. Jahresbericht 1978/79, S. 130. Vgl. J. Reimnitz, Die D-Mark als internationale Anlage- und Reservewährung — Folgen für den Euro-Kapitalmarkt, in: G. Bruns, K. Häuser (Hrsg.) Die Deutsche Mark als internationale Anlage- und Reservewährung, Probleme des Kapitalmarkts, Bd. 23, Frankfurt/M. 1981, S. 35. 14 Vgl. N. Kloten, Die D M als internationale Anlage- und Reservewährung— Folgen für den Kapitalmarkt aus notenbankpolitischer Sicht, in: G. Bruns/K. Häuser (Hrsg.) a. a. O., S. 74. 13
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unverzichtbares Transaktionsmedium angesehen wird, besteht die Gefahr plötzlicher und starker Spekulationswellen gegen oder zugunsten der D M . Verfolgt die Bundesbank — wie in der Vergangenheit — das Ziel, hektische Ausschläge auf dem Devisenmarkt zu verhindern, so wäre sie zu größeren An- oder Verkäufen von Zentralbankgeld verpflichtet. — Dehnen die Kreditinstitute ihre Anlagen in Ländern, mit denen die Bundesrepublik im Rahmen des EWS mit festen Wechselkursen verbunden ist, weiter aus, so steht den Banken zunehmend Sekundärliquidität zur Verfügung, die sie von den Aktionen der Zentralbank unabhängig macht. — Eine Ausweitung des EWS würde den Zwang zu Devisenmarktinterventionen wahrscheinlich verstärken und würde es der Bundesbank erschweren, den Zufluß unerwünschten Zentralbankgeldes zu verhindern. Der ersten Gefahr kann die Bundesbank mit einer vertrauensbildenden Geldpolitik in gewissem Umfang vorbeugen. In welchem Umfang dagegen feste Wechselkurse für unsere Außenbeziehungen bestimmend sind —, d. h. die Wirkung des zweiten und dritten Faktors — hat die Bundesbank nicht in der Hand. Die Umstände bei der Einführung des EWS sind hierfür ein eindeutiges Beispiel. Sicher könnte mit einer effizient gestalteten Offenmarktpolitik ein großer Teil dieser aufgrund der außenwirtschaftlichen Entwicklung zu- oder abfließenden Mittel marktkonform kompensiert werden. Administrative Hindernisse wie die heutige Begrenzung der Mobilisierungsund Liquiditätspapiere auf 16 Milliarden D-Mark würden gewiß, wenn es sich als sinnvoll erwiese, aus dem Wege geräumt. Bei aller Ausdehnung der technischen Möglichkeiten bleibt es dennoch grundsätzlich fraglich, ob die deutschen Märkte fähig sind, größere Volumina in der erforderlichen Geschwindigkeit aufzunehmen. Hier erscheinen ab einer gewissen Größe der Bundesbanktransaktionen Friktionen und Störungen auf den Märkten unausweichlich 15 . Je größer daher die Abhängigkeit der Zentralbankgeldentwicklung von Faktoren außerhalb des Wirkungsbereichs der Bundesbank wird, um so stärker wird die direkte Einflußnahme der Geldpolitik auf die Zins- und Mengenentwicklung auf den Finanzmärkten sein. Um so mehr wird die Bundesbank für die Kreditinstitute zum Konkurrenten auf den einzelnen Märkten werden und/oder um so spürbarer wird ihr Einfluß als Hoheitsmacht sei. Denn wenn die Mengensteuerung nicht mehr befriedigend durch marktkonforme Instrumente, wie ζ. B. Offenmarkt- und Swapsatzpolitik, bewältigt werden kann, werden autoritäre Mittel wie ζ. B. Mindestreservepo15 Vgl. ο. V., Nur noch Offenmarktpolitik? in: Wirtschaftsdienst der Berliner Handelsund Frankfurter Bank, Frankfurt v. 28.4.1979 aus Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln Nr. 31, 9. Mai 1979, S. 13.
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litik, Verzinsungsverbote oder Strafzins zur Anwendung kommen. Die Anfang der 70er Jahre abgebrochene Diskussion über eine Reform des Bundesbankinstrumentariums in Richtung auf eine direktere Kontrolle, wie zum Beispiel mit Hilfe einer Kreditplafondierung, würde unter Umständen recht bald wieder aufgenommen werden. Aus der Sicht der Banken wird das Verhältnis zur Bundesbank durch die Internationalisierung in zweifacher Weise verändert. Die direkte Abhängigkeit ihrer Liquiditätsentwicklung von den Aktionen der Zentralbank wird— wie bereits dargestellt — abgemildert. Die Abhängigkeit der Rentabilitätsentwicklung der Kreditinstitute könnte dagegen wieder vermehrt in den Einflußbereich der Geldpolitik zurückkommen. Es ist denkbar, daß bei zunehmender Internationalisierung die Tendenz zur Ausdehnung der Geschäftsbereiche wieder rückgängig gemacht wird. Eine rentable Vertretung auf den internationalen Märkten läßt sich unter Umständen nur durch eine gewisse Spezialisierung erreichen. Amerikanische Banken, die im internationalen Geschäft immer noch mit Abstand führend sind, könnten hier als Beispiele gelten. Der Ausbau ihrer Marktführerschaft ist sicher zum Teil in ihrer Beschränkung auf einzelne Marktbereiche begründet. Die Entwicklung in der Bundesrepublik zeigt im Augenblick jedenfalls an, daß der Trend zur Diversifizierung auf möglichst viele Bereiche von kaum einer Bankengruppe noch konsequent verfolgt wird. Es ist eher eine Rückbesinnung auf die traditionellen Geschäfte und Kundengruppen zu beobachten, eine Entwicklung, die im Augenblick noch vorwiegend in Kostenüberlegungen begründet ist. Die verstärkte Spezialisierung würde den in den 70er Jahren angestiegenen Einfluß des Mengenstruktureffekts auf die Zinsspannenentwicklung wieder etwas zurückdrängen und die Abhängigkeit der Gewinnentwicklung von der Zinsentwicklung verstärken. Die Bedeutung von Nichtbankenentscheidungen für die Bankenrentabilität würde damit wieder zugunsten eines steigenden Einflusses der Bundesbank zurückgehen. Wenn auch die Gewinnschwankungen im Kreditgewerbe damit nicht unbedingt geringer würden, so könnten die Banken u. U. doch hoffen, daß die Veränderungen etwas besser vorhersehbar wären. Die bei einer zunehmenden Internationalisierung zu erwartende größere Hektik und Schärfe der Geldpolitik würde die Kreditinstitute in bezug auf ihre Liquiditätsplanung kaum in Schwierigkeiten bringen. Da die Abhängigkeit der Banken von den Refinanzierungsmöglichkeiten bei der Bundesbank abgenommen hätte, wäre Behutsamkeit bei der Durchführung von mengenorientierten Maßnahmen nicht mehr in gleichem Maße erforderlich wie heute. Für die Rentabilitätsentwicklung der Banken könnte dagegen der Wechsel von den marktkonformen Mitteln zu vermehrt hoheitlichen Eingriffen recht schmerzhaft sein.
III. Geld- und Finanzpolitik
Instrumentelle Aspekte der Geldpolitik Von Helmut Geiger, Bonn Die Geldpolitik muß dem ihr gesetzten Ziel „Wahrung der Preisstabilität" in eigenständiger Verantwortung gerecht werden, kann und darf aber nicht aus der Gesamtverantwortung der Wirtschaftspolitik entlassen werden. Dabei ist eine möglichst enge Verzahnung mit den übrigen Politikbereichen, besonders mit der Finanzpolitik des Bundes, sehr wünschenswert. Maxime der Geldpolitik muß es sein, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichtes und Festigung der Stabilisierungserfolge im Inneren einen möglichst wirkungsvollen Beitrag zur Belebung der Konjunktur und zur Finanzierung des Strukturanpassungsprozesses zu leisten. Damit steht die Geldpolitik zum wiederholten Male in der Nachkriegszeit vor einer sehr schwierigen Herausforderung.
I. Außenwirtschaftliche Situation erschwert die Geldpolitik Die Geldpolitik in der Bundesrepublik unterliegt nach wie vor einem weitreichenden Einfluß aus dem Ausland; aufgrund der großen Bedeutung des Außenhandels der Bundesrepublik für die Binnenwirtschaft muß die Geldpolitik ohnehin beträchtliche Rücksichten auf die wirtschaftliche Entwicklung in den Nachbarländern und bei den wichtigsten Handelspartnern nehmen. Hinzu kommt die im Laufe der siebziger Jahre gestiegene Bedeutung der D-Mark sowohl als internationale Anlage- und Reservewährung als auch als eine sehr umsatzstarke Währung vor allem auf dem Eurokreditmarkt. Diese Gewichtsverlagerungen haben die Bewegungsfreiheit und Gestaltungsmöglichkeit der Bundesbank in ihrer Geldpolitik eingeschränkt. Hinzu kommt, daß die Bundesbank auch durch die Mitgliedschaft der Bundesrepublik im EWS und durch die besonders gewichtigen Beziehungen zum US-Dollar auch aus währungspolitischen Gründen in ihrer Geldpolitik durch Interventionsverpflichtungen und -Opportunitäten erheblich gebunden ist. Insbesondere der permanente Wettbewerb zwischen D-Mark und Dollar um die Gunst der internationalen Anleger hat dabei spezielle Beziehungen zwischen der US-amerikanischen und der bundesdeutschen Geldpolitik entstehen lassen. Viele Analytiker in der Bundesrepublik sehen daher fast ausschließlich auf die Geldmengen- und Zinsniveaureaktionen in den
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USA und versuchen, daraus die Handlungsspielräume der Deutschen Bundesbank abzuleiten. Dabei hätte eine realistischere Einschätzung der Geldmengenoszillationen in den USA und der Zinssprünge des Dollar möglicherweise bei uns zu einer ruhigeren und kontinuierlichen Geldpolitik beigetragen. Die deutsche Geldpolitik hatte im Frühjahr 1979 unter dem Eindruck des zweiten Ölpreisschocks einen sehr rigorosen Kurswechsel vollzogen. In der weiteren Konsequenz hat die Bundesbank in raschen Schritten die Leitzinsen heraufgesetzt und schließlich zum Mittel des Sonderlombards gegriffen — was als Ausnahmeregelung galt und den Banken eine besonders teure Refinanzierung bot — und selbst dieser Sonderlombard war im Jahre 1981 für wenige Tage dem Zugriff der Banken gänzlich versperrt. Doch nun sind wieder normalere Verhältnisse an den Geld- und Kapitalmärkten der Bundesrepublik eingekehrt: Über die Jahreswende 1981/82 hinweg baute die Deutsche Bundesbank den Sonderlombardsatz in einer Reihe kleiner Schritte Zug um Zug ab, bis sie am 6. Mai 1982 zum Normallombard zurückkehrte. Danach setzte die Bundesbank die Politik vorsichtiger Schritte mit einer Erhöhung der Rediskontkontingente, mit einer Mindestreservesatzsenkung und mit weiteren Leitzinssenkungen fort. Die ganze Zeit über stellte die Bundesbank den Kreditinstituten zusätzliche Liquidität im Wege von Wertpapierpensionsgeschäften zur Verfügung, wobei in der Spitze bis zu 20 Mrd. D-Mark gleichzeitig alimentiert wurden. A u f diesem Wege hielt sich die Bundesbank die Möglichkeit für eine Steuerung des Geldmarktes auf Sicht offen. Dabei lag das Interesse der Bundesbank offenbar vor allem darin, zur Normalisierung an den Geld- und Kapitalmärkten beizutragen. Die Rückkehr zum normalen Abstand zwischen Lombard- und Diskontsatz von einem Prozentpunkt hat bewirkt, daß der Geldmarkt wieder seinen üblichen Spielraum zum Atmen zwischen der regulären Diskontrefinanzierung und der Spitzenrefinanzierung auf Lombard-Basis hat. Die Wiederherstellung des normalen Zinsgefälles über verschiedene Fristigkeiten und damit die Überwindung der inversen Zinsstruktur stellt ebenfalls einen wichtigen Schritt zur Normalisierung der Verhältnisse an den Geld- und Kapitalmärkten dar. Vor allem aber die Zinssenkungspolitik der Bundesbank selbst, die auf eine schnelle Weitergabe der Zinssenkungen durch die Kreditinstitute an die Kunden abstellte, spielte eine hervorragende Rolle. Denn nur auf der Basis eines normalen Zinsniveaus können private Investitionen im Wettbewerb um Finanzierungsmittel am Kapitalmarkt gegen staatliche Emissionen bestehen. Die sich abzeichnende Normalisierung an den Geld- und Kapitalmärkten bietet die Gelegenheit, das Instrumentarium der Geldpolitik auf seine Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit hin zu überprüfen. Denn einerseits sind jetzt die Voraussetzungen gegeben, für notwendig erachtete Änderungen am Instrumentarium vorzunehmen, zum anderen bietet die Analyse der jüngsten Vergangenheit, in der das Instrumentarium in der Bewährungsprobe stand, die Möglichkeit, Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Deshalb soll im
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folgenden der Versuch gemacht werden, eine Standortbestimmung in der geldpolitischen Grundsatzdebatte vorzunehmen, und für die einzelnen geldpolitischen Instrumente soll untersucht werden, ob aufgrund der jüngsten Erfahrungen Änderungen wünschenswert erscheinen.
II. Standardinstrument Rediskontkredit Unumstritten dürfte sein, daß der Rediskontkredit als der traditionelle Weg zur Schaffung von Zentralbankgeld unverzichtbar bleibt. Denn dieses Instrument hat aus der Sicht der Bundesbank wichtige Vorteile: Zum einen wirkt sich eine Veränderung des Diskontsatzes oder der Rediskontkontingente auf die Kreditwirtschaft in ihrer gesamten Vielfalt aus, und zum anderen ermöglichen die sich ständig umwälzenden Wechselbestände der Bundesbank einen tiefen und umfassenden Einblick in das wirtschaftliche Geschehen. Allerdings gibt es auch einen wesentlichen Nachteil dieses Instruments: So konnte man bei der Anhebung der Rediskonkontingente immer wieder feststellen, daß es einige Zeit dauert, bis die Kreditinstitute ihre Wechselbestände den veränderten Kontingenten anpassen konnten. Insofern hat sich das Instrument der Rediskontkredite als etwas schwerfällig erwiesen. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß der Rediskontkredit mit einer Größenordnung von zuletzt rund 48 Mrd. DM-Mark zu etwa einem Drittel zur Deckung des Zentralbankgeldbedarfs beigetragen hat. Um ihre Rediskontkontingente für die Zukunft zu erhalten, müssen die Kreditinstitute die Spielräume ausfüllen. Dazu sehen sie sich gezwungen, ein entsprechend umfangreiches Wechselkreditgeschäft aufzubauen. Das Instrument des Rediskontkredites hat insofern einen unerwünschten strukturellen Effekt für das Kreditgeschäft. In früheren Jahren relativ geringerer Wechselkreditgewährung waren die Kreditinstitute noch in der Lage, einen über die Kontingente hinausgehenden „Vorratsbestand" an Wechseln aufrecht zu erhalten, so daß das Instrument der Kontingentvariation schnell wirksam werden konnte. Das heutige Wechselgeschäft stößt ohnehin an Grenzen, so daß keine zusätzlichen „Vorratsbestände" gehalten werden. Dies schränkt gleichzeitig auch die mögliche Variationsbreite der Offenmarkt-Operationen ein, und die früher üblichen Zehn-Tage-Offenmarktgeschäfte mit Rücknahmevereinbarung in Wechseln werden schon seit längerer Zeit nicht mehr praktiziert. Es ist davon auszugehen, daß die Bundesbank auch in Zukunft ein Interesse am Ausbau des Wechselkredites hat. Sie wird auch zukünftig über diesen Weg die Kreditinstitute mit Zentralbankgeld versorgen. Aus der Sicht der Kreditinstitute wäre es notwendig, den Rediskontkredit flexibler zu gestalten. In Zukunft sollte es den Kreditinstituten selbst überlassen bleiben, ob sie die festgesetzten Kontingente durch Rediskontierung von Wechseln oder
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durch Hinterlegung von Wertpapieren in Anspruch nehmen wollen. So würde das Rediskontkontingent zu einem Refinanzierungskontingent.
I I I . Spitzenausgleich durch Lombardkredit Zum zweiten Mal innerhalb des letzten Jahrzehnts hat die Bundesbank vom 25. Februar 1981 bis zum 6. Mai 1982 die Kreditgewährung im Rahmen des Lombardkredites suspendiert und an dessen Stelle einen Sonderlombardkredit zu einem Zinssatz von in der Spitze 12 Prozent gewährt. Bereits im Herbst 1973 bis weit in das Frühjahr 1974 hinein hatte die Bundesbank das Lombardfenster geschlossen und stattdessen in drei kurzen Phasen Sonderlombardkredite bis zu 13 Prozent Zins gewährt. Diese Verteuerung der Spitzenrefinanzierung diente vor allen Dingen der Absicherung der außenwirtschaftlichen Flanke, denn die Bundesbank mußte mit diesen Maßnahmen auf zu starke Abflüsse von Geldern in das Ausland reagieren. Dies war jeweils Anlaß, über eine grundsätzliche Reform des Lombardinstrumentariums nachzudenken. Es ist zwar nicht ein gesetzlich festgelegter Zweck der Lombardkreditgewährung, ausschließlich nur für die kurzfristige Überbrückung vorübergehender Liquiditätsbedürfnisse zu dienen, dies entspricht aber von Anfang an der Philosophie und Praxis der Bundesbankpolitik. Entsprechend war der Lombardkredit ursprünglich betragsmäßig unbegrenzt, es entsprach aber den Gepflogenheiten, daß die Kreditinstitute versuchten, möglichst ohne Lombardkredit auszukommen, gegebenenfalls jedoch die Inanspruchnahme des Lombardkredites möglichst rasch zurückzuführen. Dies änderte sich freilich seit 1969, seit nämlich der allmähliche Verfall des Bretton-WoodsSystems die außenwirtschaftliche Flanke der Geldpolitik öffnete. Seitdem konnte man feststellen, daß die Kreditinstitute den Lombard über längere Zeiträume und in größerem Rahmen in Anspruch nahmen, als dies vorher der Fall war. Konsequenterweise führte die Bundesbank seit 1969 zunehmend strengere Begrenzungen des Lombardkredites ein. Interessanterweise wurde bereits 1969 — wenn auch nur für wenige Tage — eine Lombardsatzstaffelung eingeführt, die allerdings seinerzeit auf juristische Bedenken und auf abwicklungstechnische Schwierigkeiten gestoßen war. Die in den Jahren 1981 und 1982 praktizierte Sonderlombardregelung führte erneut zu der Frage, ob das Lombardinstrument eigentlich noch zeitgemäß sei. Die Kreditgewährung im Rahmen des Sonderlombards unterlag nämlich keinen besonderen Beschränkungen oder Kontingentierungen, vielmehr vertraute der Zentralbankrat darauf, daß der hohe Sonderlombardsatz eine regulierende Wirkung entfalten könne. Dies setzte voraus, daß der Sonderlombard die Obergrenze für den Geldmarktsatz bildete. Die unbe-
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schränkte Lombardkreditgewährung bedeutete, daß die Geldmarktsteuerung mit einem umfangreichen, vielseitigen Instrumentarium durchgeführt wurde, in dessen Gesamtzusammenhang der Sonderlombard nur für die „Spitzenrefinanzierung" in Anspruch genommen wurde. Die Rückkehr zum Normallombard im Mai 1982 bedeutet, daß die Lombardinanspruchnahme wieder wie früher limitiert ist; die Kreditinstitute sind gehalten, die Inanspruchnahme des Lombardkredits im Monatsdurchschnitt nicht über 15% der Rediskontkontingente hinaus anwachsen zu lassen. Über diese Verknüpfung von Diskont- und Lombardrefinanzierung verstärkt sich die wettbewerbsverzerrende Wirkung, die ohnehin von der ungleichmäßigen Verteilung der Rediskontkontingente auf die Kreditinstitute ausgeht. In ihrem Monatsbericht September 1979 gibt die Bundesbank zu erkennen, daß sie vor allem die Refinanzierungsquelle Lombard besser kontrollieren möchte und die Inanspruchnahme des Lombardkredits quantitativ begrenzt sehen möchte, dabei durchaus in Kauf nimmt, daß der Ausgleich am Geldmarkt auf anderem Wege als über die traditionelle „Spitzenrefinanzierung" erfolgt, und sie verweist auf kürzerfristige reversible Operationen wie Wertpapierpensionsgeschäfte, Devisen-Swap-Transaktionen und Devisenpensionsgeschäfte, bei denen die Initiative stärker als beim Lombard bei der Notenbank liegt. Durch diese Wandlung hat sich der Charakter des Lombard verändert. Er ist heute einer von mehreren Wegen, die Liquidität der Notenbank kurzfristig in Anspruch zu nehmen, wobei die Kreditinstitute unter den verschiedenen Wegen nach Rentabilitätsgesichtspunkten wählen. In Zukunft sollte geprüft werden, ob der Lombardkredit den Kreditinstituten grundsätzlich uniimitiert offenstehen sollte, wobei die Bundesbank den Lombardsatz entsprechend der gewünschten Inanspruchnahme schneller und zeitnäher variieren könnte. Mittels dieser „pretialen" Lenkung lassen sich die Refinanzierungsbedürfnisse der Kreditinstitute geldpolitisch vernünftig steuern. Dies schließt nicht aus, daß bei Vorliegen kritischer Entwicklungen am Kreditmarkt, beispielsweise bei einer zu hohen Kreditexpansion, bei zu leichter Geldverfassung oder bei unerwünschten Bilanzrelationen, der Lombard gänzlich verweigert werden kann. Diese Überlegungen spielen auch eine Rolle bei der Diskussion über die mögliche Einführung eines „Staffellombards". Das Grundprinzip dieses Staffellombards wäre eine Aufteilung in einen „Normallombard" und einen „Sonderlombard". Der Normallombard würde als eines unter mehreren Instrumenten der Basisgeldversorgung der Kreditinstitute dienen, er müßte dann aber mengenmäßig, d.h. am jeweiligen Geldmengenziel orientiert, beschränkt sein. Der Sonderlombard stünde hingegen zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe zur Verfügung, der Sonderlombard könnte flexibel an die jeweilige Marktsituation angepaßt werden.
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Dieser Sonderlombard wäre mengenmäßig uniimitiert. Mit dieser Kombination von kontingentiertem Normallombard und zinsgesteuertem Sonderlombard würde die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank an Durchschlagskraft gewinnen.
IV. Überbetonte Mindestreserven Ursprünglich diente die Mindestreserve auf Einlagen der Liquiditätssicherung für Kundeneinlagen. I m Laufe der Zeit hat sich die Bedeutung der Mindestreserve jedoch immer mehr verschoben, und heute ist sie in erster Linie ein kreditpolitisches Instrument. So kann eine Senkung der Mindestreservesätze beispielsweise für die Deckung des Grundbedarfs an Zentralbankgeld genutzt werden. Eine Erhöhung der Mindestreservesätze kann dagegen sowohl zur Durchsetzung eines restriktiveren geldpolitischen Kurses eingesetzt werden, als auch selektiv zur Abschöpfung zufließender Auslandsliquidität dienen. Der derzeitige Bestand der Einlagen inländischer Kreditinstitute in Höhe von knapp 50 Mrd. D-Mark wirft allerdings die Frage auf, ob die Mindestreserveanforderungen an die Kreditinstitute nicht zu hoch angesetzt sind. Zwar bestreitet niemand, daß die Mindestreserve mindestens so hoch bemessen sein muß wie die freiwillige Reserve, die die Kreditinstitute zur Aufrechterhaltung ihrer Zahlungsfähigkeit ohnehin unterhalten würden. Denn unterhalb dieses Limits würde das Mindestreserveinstrument keinerlei kreditpolitische Wirkung entfalten. Vielmehr müßte über dieses betriebstechnisch gebotene Minimum hinaus eine zusätzliche Reservehaltung von den Kreditinstituten verlangt werden, damit das Mindestreserveinstrument Wirkung entfalten kann. Andererseits ist auch nicht zu übersehen, daß eine Annäherung des Mindestreservevolumens an das betriebstechnische Minimum eine zusätzliche Steigerung der Effizienz bedeutet, weil dadurch die Umgehung weniger lukrativ wird. Tendenziell wirkt sich eine Mindestreservesatzsenkung auf die Zinsdifferenz zwischen dem Inlandsmarkt und dem Euromarkt einer Währung aus; damit eröffnet sich über eine Mindestreservesatzsenkung der Bundesbank eine stärkere Kontrolle insbesondere des EuroD-Mark-Marktes. Inzwischen hat sich ja ohnehin herausgestellt, daß mit der Einführung einer Euromindestreserve nicht zu rechnen ist.
V. Offenmarktpolitik als Favorit der Feinsteuerung Im Rahmen der von der Bundesbank in den letzten Jahren praktizierten Feinsteuerung des Geldmarktes hat die Offenmarktpolitik eine besondere Bedeutung erlangt. Es handelt sich um Pensionsgeschäfte auf der Basis von Rückkaufvereinbarungen, die über Wertpapiere abgeschlossen werden.
Instrumentelle Aspekte der Geldpolitik
201
Die Kreditinstitute geben dabei lombardfähige Wertpapiere zum vorübergehenden Aufenthalt, also zur Pension an die Bundesbank und erhalten dafür einen entsprechenden Kredit. Es handelt sich um eine Darlehensgewährung, die durch die Übereignung von Wertpapieren abgesichert wird, wobei der Darlehensgeber bei Rückzahlung der Darlehen verpflichtet ist, die Wertpapiere zurückzuübereignen. Die Verzinsung erfolgt dadurch, daß die Bundesbank den Rückkaufbetrag höher ansetzt als den Aufkaufbetrag. Solche Pensionsgeschäfte oder Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufvereinbarung wurden erstmals im April 1973 eingeführt. Die Bundesbank hatte damals noch zum Rediskont zugelassene Inlandswechsel von den Kreditinstituten für zehn Tage angekauft, um kurzfristig Zentralbankgeld bereitzustellen. Derartige 10-Tage-Pensionsgeschäfte werden jedoch schon lange nicht mehr praktiziert. Seit Mai 1979 hingegen werden Pensionsgeschäfte gegen lombardfähige Wertpapiere von der Bundesbank ausgeschrieben. Im Unterschied zu der ungleichen Verteilung des Wechselmaterials über die einzelnen Institutsgruppen stehen lombardfähige Wertpapiere praktisch bei allen Instituten in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Dies ermöglicht es, über die Wertpapierpensionsgeschäfte das gesamte Kreditgewerbe in seiner vollen Breite zu erfassen. Die Wertpapierpensionsgeschäfte werden in aller Regel für vier Wochen, 30 oder 32 Tage, gelegentlich auch etwas längere Fristen gewährt. Die Ausschreibung von Wertpapierpensionsgeschäften wickelt sich nach festen Modalitäten ab. Die Zuteilung der gewährten Kredite erfolgt im Tenderverfahren, regelmäßig als Zinstender, seltener als Mengentender. Bei Zinstendern fordert die Bundesbank die Kreditinstitute auf, Gebote darüber abzugeben, welchen Zins sie zu zahlen bereit sind und in welchem Umfang sie zum genannten Zinssatz Wertpapiere zu hinterlegen wünschen. Dabei legt die Bundesbank einen Mindestbietungssatz fest, der nicht unterschritten werden darf. Dieser Mindestbietungssatz wird in Zeiten betragsmäßig unbegrenzt zur Verfügung stehenden Lombardkredites etwas unterhalb des jeweils geltenden Lombardsatzes festgelegt. Je höher das Zinsgebot eines Kreditinstitutes über dem Mindestbietungssatz liegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Kreditinstitut bei der Zuteilung Berücksichtigung findet. Für die Summe der gesamten Pensionskredite setzt die Bundesbank intern einen Plafonds fest. Wenn die Gebote der Banken vorliegen, wird ermittelt, zu welchem Zinssatz die Summe der Gebote mit der betragsmäßigen Begrenzung übereinstimmt. Dieser Zinssatz findet dann einheitliche Anwendung auf das gesamte Wertpapierpensionsgeschäft. Der Mengentender unterscheidet sich dadurch vom Zinstender, daß die Bundesbank von vornherein einen festen Zinssatz nennt, zu dem sie das Geschäft tätigen möchte. Auch hier wird intern eine betragsmäßige Begrenzung festgesetzt. Gehen mehr Gebote ein, wird repartiert. Aufgrund dieser
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Konstruktion ist der Zinstender eher geeignet, die Marktverfassung abzutasten, während der Mengentender sich dazu eignet, „milde" Zinssignale zu setzen. So hat die Bundesbank in der jüngsten Vergangenheit des öfteren Mengentender angeboten mit einem Zinssatz, der etwas unterhalb des Lombardsatzes lag. Der Markt hat dies dann erwartungsgemäß dahingehend bewertet, daß die Bundesbank kreditpolitische Erleichterungen anstrebte, aber zunächst nicht die Zeit für eine Senkung der Leitzinsen gekommen sah. M i t dem Instrument der Wertpapierpensionsgeschäfte übt die Bundesbank einen recht gut kontrollierbaren Einfluß auf die Zentralbankgeldmenge aus. Die Vorteile dieses Instruments liegen auf der Hand, denn es ist betragsmäßig jeweils exakt begrenzt, in den Konditionen voll dem Willen der Bundesbank unterworfen und zeitlich eng limitiert. Allerdings wirft die Praxis der Wertpapierpensionsgeschäfte die Frage auf, ob dieses Feinsteuerungsinstrument nicht gelegentlich überstrapaziert wurde. So hat die Bundesbank im Frühjahr des Jahres 1982 im Wege von Wertpapierpensionsgeschäften zeitweise einen Liquiditätsrahmen von bis zu 20 Mrd. D-Mark alimentiert. Dies war das Ergebnis einer längerfristig angelegten liquiditätsmäßigen Operation, um die Ausschüttung des Bundesbankgewinnes an den Bund neutralisieren zu können: Gewissermaßen schob die Bundesbank schon seit Herbst 1981 eine immer stärker anschwellende „Bugwelle" von Wertpapierpensionsgeschäften und anderen kurzfristigen Liquidisierungen vor sich her, die dann zeitgleich mit der Gewinnausschüttung gestoppt werden sollte, um so unerwünschte Liquiditätseffekte zu absorbieren. Die „Bugwelle" entwickelte jedoch ein gewisses Eigenleben. Das Ausmaß der' Wertpapierpensionsgeschäfte von in der Spitze über 20 Mrd. D-Mark wuchs weit über den notwendigen Rahmen von 10,5 Mrd. D-Mark Gewinnausschüttung hinaus an. Der Hauptnachteil dieser Operation war, daß das umfangreiche Volumen der Wertpapierpensionsgeschäfte sehr viel Hektik und Unsicherheit in die Geldmärkte getragen hat, so daß man letztlich von einer Feinsteuerung wohl kaum mehr sprechen konnte. Insbesondere im Hinblick auf die im kommenden Jahr wieder zu erwartende Bundesbankgewinnausschüttung wäre zu hoffen, daß das Feinsteuerungsinstrument Wertpapierpensionsgeschäfte nicht noch einmal dazu zweckentfremdet wird, „grobe Brocken" in der Größenordnung zwischen 10 und 13 Mrd. D-Mark aus dem Wege zu räumen.
VI. Weitere Instrumente für die „Feinsteuerung auf Sicht" Neben den Wertpapierpensionsgeschäften verfügt die Bundesbank über ein weit gestaffeltes Instrumentarium für die Feinsteuerung der Geldmärkte. Hierzu gehören die Offenmarktgeschäfte über Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere, die Devisenswap- und Devisenpensionsgeschäfte sowie die Ver-
Instrumentelle Aspekte der Geldpolitik
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lagerung von öffentlichen Mitteln ins Bankensystem gem. § 17 Bundesbankgesetz. Für die Offenmarktgeschäfte über Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere steht der Bundesbank eine Manövriermasse von insgesamt rund 16 Mrd. D M zur Verfügung. Diese Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere können für ganz kurze Zeit, aber auch mit Laufzeiten bis zu zwei Jahren veräußert und auch vor Fälligkeit zurückgenommen werden. Die Verbindlichkeiten der Deutschen Bundesbank aus abgegebenen Mobilisierungs- und Liquiditätspapieren schwanken in letzter Zeit zwischen 3,3 und 5,3 Mrd. D M , womit die Größenordnung des praktizierten geldpolitischen Spielraums verdeutlicht wird. Ein vergleichsweise neues Instrument im Bereich der geldpolitischen Feinsteuerung stellen die Devisenpensionsgeschäfte dar. Im Sommer 1979 hat die Bundesbank beschlossen, Devisenpensionsgeschäfte durchzuführen. Dabei übereignet die Bundesbank Auslandsaktiva an die Kreditinstitute, gleichzeitig wird der Rückkauf zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart. Es handelt sich somit um ein Pensionsgeschäft; die Auswirkung auf die Zentralbankgeldmenge ist aber — anders als bei den sonstigen Pensionsgeschäften — kontraktiv: Die Bundesbank tritt vorübergehend ein Aktivum an die Kreditinstitute ab; im Gegenzug gibt das Kreditinstitut de facto einen Kredit an die Bundesbank, so daß vorhandenes Zentralbankgeld gebunden wird. Die Wirkung ist dieselbe wie bei Abgabe von Mobilisierungs- und Liquiditätspapieren. Devisenpensionsgeschäfte werden in aller Regel nur auf kurze Frist abgeschlossen. Wegen der kurzen Bindungsfrist ist das Instrument sehr flexibel einsetzbar. Bei einem Devisenswapgeschäft koppelt die Bundesbank ein Devisenkassageschäft mit einem entgegengesetzten Devisentermingeschäft. W i l l die Bundesbank etwa dem Geldmarkt Zentralbankgeld zuführen, kauft sie von einem Kreditinstitut Devisen per Kasse, der Gegenwert wird dessen Zentralbankkonto gutgeschrieben. Gleichzeitig wird vereinbart, daß das Kreditinstitut die Devisen zu einem späteren, fest vereinbarten Zeitpunkt, also per Termin, zurückkauft. Die zwischen Ankaufskurs und Verkaufskurs bestehende Differenz bildet den Swapsatz. Will die Bundesbank Zentralbankgeld absorbieren, dann verkauft sie Devisen per Kasse und vereinbart gleichzeitig den Rückerwerb per Termin. Im Unterschied zum Devisenpensionsgeschäft ist das Devisenswapgeschäft schon eine alte Institution, es wurde erstmals 1958 angeboten und nach einer achtjährigen Pause im Frühjahr 1979 reaktiviert. Dienten aber die Swapgeschäfte früher der Förderung des Geldexportes, so werden sie seit April 1979 ausschließlich zur temporären Verflüssigung des Geldmarktes bei Bedarf eingesetzt. Aus geldpolitischer Sicht haben Devisenswap- und -termingeschäfte den Vorteil flexibler und reversibler Einsetzbarkeit, aus der Sicht der Kreditwirtschaft ist jedoch kritisch anzumerken, daß als Geschäftspartner der Bundes-
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bank fast ausschließlich sehr große und im internationalen Geschäft engagierte Kreditinstitute in Frage kommen. Die Verlagerung von öffentlichen Mitteln ins Bankensystem, die sogenannte Einlagenpolitik, stellt ebenfalls ein sehr flexibles Instrument in der Hand der Bundesbank dar. Die Bundesbank kann überschüssige Kassenmittel der öffentlichen Hand — bisher stets nur Mittel des Bundes, die unverzinslich auf Bundesbankkonten gehalten werden — in kürzester Frist in den Bankenbereich verlagern. Auch für dieses Instrument ist allerdings festzustellen, daß derartige Geschäfte nur mit wenigen großen Instituten getätigt werden können.
VII. Grundkonzept der Geldpolitik Welches Gewicht nun den einzelnen geldpolitischen Instrumenten im praktischen Notenbankgeschäft zukommt, hängt entscheidend von der konzeptionellen Grundorientierung der monetären Politik ab. Unstreitig ist dabei die Überzeugung, daß zur Erfüllung des stabilitätspolitischen Auftrages der Bundesbank eine Verstetigung der monetären Gesamtnachfrage und eine Potentialorientierung der Geldpolitik notwendig sind. Kontrovers sind dagegen die Auffassungen über die geeignete geldpolitische Strategie, die die Bundesbank wählen sollte, um die gewünschte Verstetigung tatsächlich zu erreichen. Hier taucht immer wieder die Alternative zwischen „antizyklischer Geldpolitik" und „mittelfristig orientierter Geldpolitik" auf. Das Konzept einer grundsätzlich antizyklisch angelegten Geldpolitik heißt, den jeweiligen konjunkturellen Erfordernissen Rechnung zu tragen, was einen ständigen Handlungsbedarf durch einen permanenten antizyklischen Einsatz des geldpolitischen Instrumentariums bedeutet. Je nach Konjunkturlage befinden sich Liquiditätspolitik und Zinspolitik in ständiger Einsatzbereitschaft zu antizyklischem Handeln. I m Rahmen eines solchen Konzepts würde den kurzfristig einsetzbaren, flexiblen Instrumenten der Feinsteuerung ein besonderes Gewicht zukommen. Das Konzept einer mittelfristig orientierten Geldpolitik will hingegen die Voraussetzungen für eine Verstetigung der wirtschaftlichen Aktivitäten schaffen, und dazu ist es notwendig, die Geldpolitik selbst zu verstetigen und für die am Wirtschaftsleben Beteiligten berechenbar zu machen. Permanentes antizyklisches Eingreifen hat in einem solchen Konzept keinen Platz. Vielmehr verlangt das Konzept, über eine verstetigte Kreditpolitik die Zuwachsraten der Zentralbankgeldmenge selbst grundsätzlich zu verstetigen. Würde die Geldpolitik eines der beiden Konzepte bevorzugen, so hätte dies ganz entscheidende Konsequenzen für den entsprechenden Instrumenteneinsatz. Im antizyklischen Konzept würde der permanenten Lenkung der Geldmarktsätze der
Instrumentelle Aspekte der Geldpolitik
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Vorrang gegeben, während im mittelfristigen Konzept die Abschirmung einer kontinuierlichen Geldpolitik durch Abwehr auftretender Störungen im Vordergrund stehen würde. Die praktizierte Geldpolitik der Bundesbank in den letzten Jahren war stets ein Kompromiß zwischen den beiden alternativen Konzepten. Dies läßt sich leicht am Instrumenteneinsatz belegen. So finden beispielsweise bei der Formulierung der Geldmengenziele sowohl mittelfristige Gesichtspunkte als auch konjunkturelle Erfordernisse Berücksichtigung. Immer wieder hat die Bundesbank deutlich gemacht, daß sie aufgrund konjunktur- oder währungspolitischer Überlegungen durchaus bereit ist, die Geldmengensteuerung flexibel zu handhaben, was nicht zuletzt am relativ breiten Zielkorridor der monetären Zielvorgabe zu erkennen ist. Dieser Weg war insbesondere in der gerade hinter uns liegenden schweren Belastungsprobe durchaus erfolgreich, gerade deshalb sollte jetzt an der Grundkonzeption der Geldpolitik nicht gerüttelt werden. Dies schließt aber nicht aus, daß der Einsatz der einzelnen Instrumente immer wieder kritisch überprüft und überwacht wird und beim Auftreten von Fehlentwicklungen die entsprechenden Verbesserungen vorgenommen werden.
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis Eine theoretische und ökonometrische Studie für die Bundesrepublik* Von Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow, Göttingen I. Aufgabenstellung und Vorgehensweise Das Anliegen des folgenden Beitrages besteht darin, Anhaltspunkte für Einflußgrößen von Kreditangebot und Kreditnachfrage zu gewinnen. Die Relevanz dieses Anliegens läßt sich damit begründen, daß durch das Zusammenspiel von Kreditangebot und Kreditnachfrage der Kreditzins bestimmt wird und dieser im Rahmen des Transmissionsmechanismus monetärer Impulse auf den güterwirtschaftlichen Bereich eine wichtige Rolle spielt. Unter den möglichen Einflußgrößen kommt der exogenen Geldbasis insofern ein spezielles Interesse zu, weil hiervon nicht nur ein Einfluß auf das Kreditangebot ausgeht, sondern möglicherweise auch auf die Kreditnachfrage. Unter dieser Hypothese ist insbesondere zu fragen, wie die voraussichtlichen Wirkungen der exogenen Geldbasis auf den Kreditzinssatz und das Kreditvolumen einzuschätzen sind. Die Bearbeitung der gestellten Aufgaben erfolgt in zwei Teilen: Zunächst werden auf Grund theoretischer Überlegungen empirisch überprüfbare Hypothesen aufgestellt. Diese werden dann anschließend im Rahmen einer ökonometrischen Untersuchung getestet. Die dabei verwendeten Zahlen sind Monatswerte; sie beziehen sich auf die Bundesrepublik, und zwar auf den Zeitraum von Januar 1974 bis Dezember 1981. II. Theoretische Betrachtungen Die theoretischen Betrachtungen erfolgen im Rahmen eines vereinfachten Kreditmarktmodells für eine kurzfristige Periode. Die Untersuchungen bewegen sich dabei insofern im Rahmen einer Partialanalyse, als sie sich auf den monetären Bereich der Volkswirtschaft konzentrieren und das Volkseinkommen als Parameter behandeln. * Für die kritische Diskussion des Manuskripts danken wir Herrn Priv.-Doz. Dr. G. Engel sowie den Herren M. Burda, G. Grebe und Th. Michaelsen.
208
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow 1.
Kreditangebot
Weitere Vereinfachungen ergeben sich aus den Bilanzen der Z e n t r a l b a n k u n d der Geschäftsbanken, die die Rahmenbedingungen für die B e s t i m m u n g des Kreditangebots festlegen.
Zentralbank Aktiva
Passiva
Nettoauslandsforderungen
W
Nettoverschuldung des öffentlichen Sektors
Banknotenumlauf bei Nichtbanken
Ö
Münzumlauf bei Nichtbanken
Kredite an Geschäftsbanken
F
Mindestreserven
Ζ
Münzumlauf
U
Überschußguthaben der Geschäftsbanken 1
ü
Verbindlichkeiten aus abgegebenen (rückgabefähigen) Geldmarktpapieren 2
G
C
Geschäftsbanken Passiva
Aktiva Mindestreserven
Ζ
Überschußguthaben
ü
(rückgabefähige) Geldmarktpapiere Kredite an private Nichtbanken Kredite an den öffentlichen Sektor
G
Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank
F
Sichteinlagen
D
Termin- und Spareinlagen
Τ
KP Κ KÖ
W i e aus der Z e n t r a l b a n k b i l a n z hervorgeht, w i r d die monetäre Basis (Β) d u r c h folgende Beziehung bestimmt: B=C+Z+Ü=W+Ö+F+U-G. D i e exogene ( b z w . bereinigte oder korrigierte) Geldbasis ( B ' ) ergibt sich, wenn 1
v o n der monetären
Basis die gesamte Nettorefinanzierung
der
Einschließlich der Kassenbestände von Geschäftsbanken. Zur Vereinfachung sei angenommen, daß Geldmarktpapiere nur auf Rechnung der Zentralbank begeben werden. 2
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
209
Geschäftsbanken bei der Zentralbank (Refinanzierungskredite minus Bestand an (rückgabefahigen) Geldmarktpapieren bei den Geschäftsbanken) abgezogen wird, d. h.: (1)
B' = C + Z+ Ü-F n
,
wobei F n = F - G .
Aus der Geschäftsbankenbilanz läßt sich folgende Bestimmungsgleichung für die Kredite (K) ablesen: (2)
+ Fn .
K = D + T-Z-Ü
Neben diesen beiden Bilanzidentitäten sind die Mindestreservebestimmungen und fünf Verhaltensgleichungen zu berücksichtigen: (3)
Ζ = r (D + Τ) ,
wobei r den für alle Einlagenarten als gleich angenommenen Mindestreservesatz bezeichnet. (4)
i/ = e(/,z).(0 + r - Z ) ,
wobei e die Überschußguthabenquote, i den Kreditzinssatz und ζ den Refinanzierungszinssatz der Zentralbank bezeichnen und angenommen wird, daß 0. 3i (5)
dz
F n=f(i,z).(D
+
T-Z),
wobei / die Refinanzierungsquote bezeichnet und angenommen wird, daß
3i (V
3ζ C=kD,
wobei der Bargeldkoeffizient k als exogen bestimmt angenommen wird.
210
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow
(7)
T=t(i h).D,
wobei t den Termin- und Spareinlagenkoeffizienten und satz bezeichnen und
den Habenzins-
^ > 0 òi h gelten soll.
(8)
ih = ih (0 >
wobei angenommen wird, daß die Geschäftsbanken den Habenzinssatz in Anlehnung an den Kreditzinssatz fixieren, d. h.:
di Die acht Strukturgleichungen implizieren eine bestimmte Kreditangebotsfunktion, die sich wie folgt herleiten läßt: Aus Gleichung (2) ergibt sich bei Berücksichtigung von (3), (4), (5) und (7): K = (\ + 0 ( 1 -r)D-(e-f)(l
+f)(l
-r)D
bzw. (9)
* = (l+O(l-r)[l-(*-/)]0.
Für Gleichung (1) läßt sich bei Berücksichtigung von (3) bis (7) schreiben: £ ' = *Z) + r ( l + f ) / > + ( * - / ) (1 + f ) ( l bzw. (10)
Ä' = { * + (1 + 0 [ r + ( e - / ) ( l - r ) ] } D .
Wird Gleichung (9) durch Gleichung (10) dividiert, dann erhält man bei Auflösung nach Κ mit K a = K :
(I)
κ - ' ) [ * - ( * - / ) ] * + (l+0[r + (e-/)(l-r)]
β·
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
211
Die Kreditangebotsfunktion impliziert, daß das Kreditangebot positiv mit der exogenen Basis (B') sowie negativ mit dem Diskontsatz (wegen 9f
0 und dz ~ 0) und dem Mindestreservesatz 3 variiert. Insbesondere zeigt sich, daß
dz zwischen dem Kreditangebot und dem Kreditzinssatz ein positiver Zusammenhang besteht, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen erhöht sich bei einem Zinsanstieg die Refinanzierungsquote / ( u n d die Überschußguthabenquote e wird kleiner) und zum anderen wird der Einlagenkoeffizient wegen der Anhebung das Habenzinssatzes größer 4 . In der Erhöhung des Einlagenquotienten kommt zum Ausdruck, daß Nichtbanken infolge des mit dem Kreditzinssatz steigenden Habenzinssatzes Sichteinlagen und entsprechend Beziehung (6) C = k D auch Bargeldbestände zum Teil durch Terminund Spareinlagen substituieren. Die hiermit verbundene Abnahme des Bargeldumlaufs erklärt den mit einer Erhöhung von / einhergehenden expansiven Impuls auf das Kreditangebot 5. 2. Kreditnachfrage Das vereinfachte Kreditmarktmodell wird dadurch vervollständigt, daß eine Kreditnachfragefunktion spezifiziert wird. Als mögliche Einflußfaktoren der privaten Kreditnachfrage werden in der Literatur insbesondere angeführt 6 : der Kreditzins, die erwartete Inflationsrate, das Volkseinkommen, die erwartete Ertragsrate auf Realkapital, das nicht-menschliche Vermögen und das Humankapital. Wegen der Schwierigkeiten bei ihrer empirischen Erfassung werden nicht sämtliche der genannten Einflußfaktoren in die weitere Analyse einbezogen. Berücksichtigung finden der Kreditzinssatz (0, das Volkseinkommen (F) und ein Index für das „Geschäftsklima" als (unvollkommene) Ersatzgröße für die erwartete Ertragsrate auf Realkapital (e). 3
Bei einer Zunahme von r wird der Zähler von (1) kleiner und der Nenner größer. Wird die rechte Seite von (I) durch (I + t) geteilt, dann zeigt sich unmittelbar, daß der Multiplikator vor B' mit steigendem t größer wird. 5 Hinzu kommt noch, daß sich in der Realität bei eineçDmschichtung von Sichteinlagen in Termin- und Spareinlagen Mindestreserveersparnisse ergeben (vgl. hierzu//.-/ Jarchow, Theorie und Politik des Geldes, I. Geldtheorie, 5., Überarb. u. erw. Aufl., Göttingen 1982, S. 178 ff.). 6 Vgl. hierzu z. B. K. Brunner und A. H. Meitzer, Ein monètaristischer Rahmen für die aggregative Analyse. In: Geldtheorie. Hrsg. von K. Brunner, H. G. Monissen und M.J.M. Neumann, Köln 1974, S. 244. — A.E. Burger, The Money Supply Process, Belmont, Cal. 1971, S. 113. — J. Siebke und M. Willms, Theorie der Geldpolitik, Berlin, Heidelberg, New York 1974, S. 139. — D. Kath, Geld und Kredit. In: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, München 1980, S. 169. — M. Willms und K. W. Rie che l, Geldtheorie und Gel^poiitflcTVil: Geldangebot. In: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW). Zugleich Neuauflage des Handwörterbuchs der Sozialwissenschaften, Dritter Band, Stuttgart 1981, S.461. 4
212
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow
Zwischen Kreditzinssatz und Kreditnachfrage wird ein negativer Zusammenhang vermutet, weil bei sinkendem Zinssatz ein steigender Finanzierungsbedarf zu erwarten ist. Abgesehen davon, daß die Geldnachfrage zunimmt, weil eine „Ökonomisierung der Kassenhaltung" weniger lohnend wird, besteht ein Anreiz, den Bestand an Sachkapital aufzustocken. Zwar stehen zusätzliche Finanzierungsmittel dadurch zur Verfügung, daß Nichtbanken wegen des Zinsrückgangs Termin- und Spareinlagen auflösen, doch soll angenommen werden, daß eine Finanzierungslücke bestehen bleibt, die durch Kreditaufnahme zu decken ist. Die Beziehung zwischen dem Volkseinkommen und der Kreditnachfrage wird dadurch bestimmt, daß ein steigendes Volkseinkommen den Bedarf an Transaktionskasse erhöht 7 . Es wird angenommen, daß eine mit steigendem Volkseinkommen 8 möglicherweise einhergehende Liquidierung von Termineinlagen nicht ausreicht, um den Transaktionsbedarf zu finanzieren, so daß die Kreditnachfrage zunimmt. Ein positiver Zusammenhang wird auch für die Kreditnachfrage und die erwartete Ertragsrate auf Realkapital postuliert. Damit wird unterstellt, daß der wegen steigender Investitionstätigkeit zunehmende Finanzierungsbedarf nicht allein durch einen Abbau der Kassenhaltung sowie der Spar- und Termineinlagen gedeckt wird. Neben den erläuterten drei Einflußgrößen dürfte auch die exogene Geldbasis (B') und daneben die Bankenverschuldung des öffentlichen Sektors (KÖ) für die Kreditnachfrage der privaten Nichtbanken eine Rolle spielen. Es ist nämlich davon auszugehen, daß Änderungen von B ' (z.B. als Folge von Devisenzuflüssen) oder von KÖ (ζ. B. auf Grund einer gestiegenen Kreditfinanzierung von Ausgabenüberschüssen des öffentlichen Sektors) mit einer Liquidisierung bei den privaten Nichtbanken einhergehen. So ergibt sich bei den privaten Nichtbanken ein Zugang an flüssigen Mitteln, wenn diese Devisen an Geschäftsbanken verkaufen und die Devisen über den Devisenmarkt von der Zentralbank aufgenommen werden. Eine Liquidisierung bei den privaten Nichtbanken tritt ferner ein, wenn öffentliche Haushalte Kredite bei der Zentralbank oder den Gechäftsbanken aufnehmen und die entsprechenden Mittel verausgaben. Formal ergeben sich die geschilderten Zusammenhänge aus der konsolidierten Bilanz der Zentralbank und der Geschäftsbanken, die 7
Der Zusammenhang zwischen Volkseinkommen und Kreditnachfrage läßt sich außerdem damit stützen, daß sich Volkseinkommen, laufender Absatz und häufig auch der laufende Gewinn gleichgerichtet entwickeln und daß laufender Absatz und Gewinn über den Realisierungszeitpunkt von Investitionsvorhaben mitentscheiden. Während die Unternehmer durch eine günstige Absatz- und Gewinnsituation ermutigt werden, geplante Investitionen zu realisieren, werden sie im umgekehrten Fall veranlaßt, die Realisierung von Investitionsvorhaben zu strecken oder zu verschieben. Vgl. hierzu auch die Hinweise im Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1981, S.44. 8 Zur Beziehung zwischen Termineinlagen einerseits sowie Konjunktur und Investitionstätigkeit andererseits vgl. U. Westphal, Theoretische und empirische Untersuchungen zur Geldnachfrage und zum Geldangebot (Kieler Studien, 110), Tübingen 1970, S.73.
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
213
sich durch Zusammenfassung der Gleichungen (1) und (2) wie folgt herleiten läßt: bzw.
β ' + KP + KÖ = M + T.
Wird vereinfachend unterstellt, daß der öffentliche Sektor flüssige Mittel nur in Form von Zentralbankeinlagen hält und die Geldmenge (M) sowie die Termin- und Spareinlagen (T) dementsprechend nur den privaten Nichtbanken zuzurechnen sind 9 , dann zeigt sich, daß eine Erhöhung von/?'und Ä O — bei zunächst unveränderter Kreditgewährung an die privaten Nichtbanken KP — mit einer Zunahme von Kasse und Geldkapital bei den Nichtbanken verbunden sein muß. Die oben geschilderten Vorgänge lassen vermuten, daß sich diese Zunahme zunächst weitgehend in Geldzuflüssen niederschlägt. Allerdings ist nicht anzunehmen, daß die privaten Nichtbanken den mit einer Erhöhung von B' und KÖ verbundenen Zugang an Finanzvermögen auch in voller Höhe der Geldzuflüsse in Form von Kasse zu halten wünschen. Zu vermuten ist vielmehr, daß sich auch ihre Bestandsnachfrage nach Terminund Spareinlagen sowie nach Sachkapital erhöht. Daneben dürfte die mit einer Zunahme der exogenen Basis und der Bankenverschuldung einhergehende Liquidisierung bei den Nichtbanken auch dazu führen, daß eine Substitution von Krediten und damit eine Abnahme der (Netto-) Kreditaufnahme (Kreditgewährung minus Tilgungen) erfolgt. Da die Planung und Realisierung einer Aufstockung von Sachkapital mit vergleichsweise hohen Anpassungs- und Transaktionskosten verbunden ist, erscheint die Annahme plausibel, daß im Endergebnis kurzfristig im wesentlichen der Kassenbestand sowie die Spar- und Termineinlagen erhöht werden und dazu als Folge einer Kreditsubstitution ein Rückgang der privaten Kreditnachfrage eintritt 1 0 . Unter Berücksichtigung dieser ergänzenden Überlegungen wird als private Kreditnachfragefunktion folgende Beziehung spezifiziert: 9
Für die Schlußfolgerungen ist die weniger restriktive Annahme ausreichend, daß Kassenbestände sowie die Bestände an Bankeinlagen des öffentlichen Sektors bei einer Zunahme von B' und KÖ in geringerem Umfang als B' und KÖ zunehmen. 10 In ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1966 verwendet die Deutsche Bundesbank den Begriff einer „Substitution der Geldquellen*4 (S. 43). Sie erklärt in diesem Zusammenhang die Abschwächung der privaten Kreditnachfrage unter anderem „mit steigenden außenwirtschaftlichen Überschüssen, die den Unternehmen bis zu einem gewissen Grade die zusätzliche Kreditaufnahme ersparten" (S.46). Der Geschäftsbericht für das Jahr 1981 enthält den Hinweis, daß „der Bedarf der Wirtschaft vor allem an kurzfristigen Betriebsmittelkrediten (auch) durch... die expansiven Kassentransaktionen der öffentlichen Hand reduziert (wurde)44 (S. 16). — Vgl. hierzu ferner die Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, November 1973, S. 8, Mai 1976, S. 11, und Mai 1982, S. 5. — Zu beachten ist bei der Bezugnahme auf die zitierten Stellen, daß in dem verwendeten Modell Geschäftsbanken annahmegemäß keine Nettoauslandsforderungen halten, aber in der Realität auch eine Geldschöpfung bei Nichtbanken erfolgt, wenn diese Devisen bei den Geschäftsbanken monetisieren und die Geschäftsbanken die erworbenen Devisen nicht an die Bundesbank weiterveräußern, sondern in ihrem Portefeuille halten.
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KP n=KP n w o b e i
^ < 0 di
(/, Y, e,B\
^ > ö , ® " > 0 dY de
)
)
KÖ), M L " < 0 , ® " dB' dKÖ
< 0
.
Wird zur privaten Kreditnachfrage KP n die (als exogen angenommene) Nachfrage des öffentlichen Sektors nach Bankkrediten KÖ addiert, dann erhält man für die gesamte Kreditnachfrage K n folgende Bestimmungsfunktion: (II)
K n = KP n (i, Y, e, B\ KÖ) +
KÖ.
Hinsichtlich des Gesamteinflusses von KÖ erscheint die Annahme plausibel, daß sich nur in der laufenden Periode der positive direkte Kreditnachfrageeffekt des zweiten Summanden auswirkt, während möglicherweise noch in späteren Perioden auftretende Effekte über KP n in einer negativen Korrelation zwischen KÖ und K n zum Ausdruck kommen.
3. Gleichgewicht und Parameteränderungen Die Kreditangebots- und Kreditnachfragefunktion beschreiben ein Gleichgewichtsmodell mit den endogenen Variablen / (Kreditzinssatz) und AT (Kreditmenge) sowie den exogenen Variablen B', KÖ, r, z, F u n d e. Wie sich Änderungen von exogenen Variablen auf den Kreditzinssatz und die Kreditmenge auswirken, veranschaulicht die folgende graphische Darstellung:
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
215
Wie aus der Graphik hervorgeht, bewirken expansive Einflüsse auf die Kreditnachfrage (wie eine Erhöhung des Volkseinkommens oder günstigere Ertragsaussichten) eine Zunahme der Kreditmenge bei steigendem Zinssatz (vgl. die Bewegung von P 0 nach P\ ) und expansive Einflüsse auf das Kreditangebot (wie eine Senkung des Mindestreservesatzes oder des Diskontsatzes) eine Zunahme der Kreditmenge bei sinkendem Zinssatz (vgl. die Bewegung von P 0 nach Pj). Außerdem läßt die graphische Darstellung vermuten, daß bei relativ zinselastischem Kreditangebot und relativ zinsunelastischer Kreditnachfrage exogene Einflüsse auf die Kreditnachfrage die Kreditmenge stärker beeinflussen als den Kreditzinssatz, während umgekehrt exogene Einflüsse auf das Kreditangebot stärker auf den Kreditzinssatz als auf die Kreditmenge einwirken. Was schließlich die hier insbesondere interessierenden Wirkungen der exogenen Geldbasis anbelangt, so zeigt die Graphik folgendes: Offenbar führen Änderungen der exogenen Basis (ζ. B. eine Erhöhung) zu ausgeprägten Zinsänderungen, weil die Verschiebung der Angebotskurve in ihrer Wirkung auf den Zinssatz durch die entgegengerichtete Verschiebung der Nachfragekurve verstärkt wird (vgl. die Bewegung von P 0 nach P3). Die gegenläufige Verlagerung der beiden Kurven hat zur Folge, daß a priori hinsichtlich der Wirkung auf die Kreditmenge keine eindeutige Aussage möglich ist. Es zeigt sich lediglich, daß bei einem Anstieg der exogenen Basis ceteris paribus um so eher mit einem Rückgang der Kreditmenge zu rechnen ist, je zinsunelastischer die Kreditnachfrage im Vergleich zum Kreditangebot reagiert.
4. Hypothesen Die Spezifizierung der Gleichungen (I) und (II) sowie die Schlußfolgerungen aus der Gleichgewichtsanalyse beinhalten eine Reihe empirisch überprüfbarer Hypothesen. Insbesondere ist von Interesse, — ob das Kreditangebot positiv und die Kreditnachfrage negativ mit dem Kreditzinssatz und der exogenen Basis korreliert sind und — ob von Änderungen der exogenen Basis deutliche entgegengerichtete Wirkungen auf den Kreditzinssatz ausgehen. Weiter ist zu fragen, — ob sich der erwartete positive Einfluß des Volkseinkommens und der Ertragsaussichten auf die Kreditnachfrage zeigt und — ob sich bei Änderungen dieser Parameter gleichgerichtete Änderungen der Kreditmenge und des Kreditzinssatzes ergeben. Daneben läßt sich noch überprüfen, ob von der Bankenverschuldung des öffentlichen Sektors neben einem positiven auch ein negativer Einfluß auf die
216
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow
Kreditnachfrage wirksam wird und ob die speziellen geldpolitischen Parameter Kreditangebot sowie Kreditmenge und Kreditzinssatz in der erwarteten Richtung beeinflussen. Die genannten Hypothesen ergänzend, ist anzumerken, daß sich die Reaktion der endogenen Variablen K a , K n , Κ und / auf Änderungen der exogenen Variablen wegen der Existenz von Anpassungs- und Informationskosten in der Regel über einen bestimmten Zeitraum hinweg verteilt und deshalb zeitliche Verzögerungen zu berücksichtigen sind. So werden die Konditionen des Kreditangebots bei einer Änderung der exogenen Basis vermutlich erst dann merklich angepaßt, wenn man erwarten kann, daß es sich hierbei nicht nur um eine vorübergehende Schwankung handelt. Außerdem resultiert eine zeitliche Verzögerung beim Kreditangebot schon daraus, daß die Bonität des Kreditnehmers sowie der Verwendungszweck des Kredits überprüft und unter Umständen eine Rentabilitätsanalyse des zu finanzierenden Investitionsobjekts vorgenommen wird. Auch hinsichtlich der Kreditnachfrage ist mit zeitlichen Verzögerungen zu rechnen, weil sich die Anpassung der den Finanzierungsbedarf bestimmenden Aktivabestände im allgemeinen über einen längeren Zeitraum hinzieht. So ist zu vermuten, daß die Anpassung des tatsächlichen Bestandes an Kasse, Termin- und Spareinlagen an den gewünschten Bestand nicht innerhalb einer kurzen Periode abgeschlossen ist 1 1 . Für diese Vermutung spricht ζ. B. die Beobachtung, daß die langfristigen Einkommens- und Zinselastizitäten der Geldnachfrage größer sind als die kurzfristigen 12 . Ein weiterer Grund für eine verzögerte Reaktion der Kreditnachfrage dürfte aus der Finanzierung von Sachkapital resultieren, denn insbesondere beim Sachkapital ist mit einer zeitlich gestreckten Reaktion auf Einflußgrößen zu rechnen, weil hier die Grenzkosten in bezug auf die Geschwindigkeit der Anpassung und Informationsgewinnung hoch und in der Regel höher sind als beim Finanzvermögen. Es erscheint deshalb möglich, daß ζ. B. die Wirkung einer Zinsänderung, ζ. B. einer Zinssenkung, auf die Kreditnachfrage auf sehr kurze Sicht schwach ausfällt, weil der Erhöhung der Geldnachfrage eine Liquidierung von Termin- und Spareinlagen entgegenwirkt und sich ein weiterer Finanzierungsbedarf wegen der verzögerten Anpassung des Sachkapitals noch nicht einstellt.
n
Zu den Gründen vgl. Westphal, a.a.O., S.32f. Vgl. ebenda, S. 55. —H. König, Einkommenskreislaufgeschwindigkeit des Geldes und Zinssatzveränderungen: Eine ökonometrische Studie über die Geldnachfrage in der BRD. „Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft44, Bd. 124 (1968), S.79f. — Vgl. zur verzögerten Anpassung der Geldnachfrage auch den Befund von M. J. Hamburger, The Demand for Money by Households, Money Stubstitutes, and Monetary Policy. „The Tournai auf Political Economy44. Vol. 74 (1966), S.621f. 12
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
217
I I I . Empirische Überprüfung des Modells 1. Schätzverfahren Das im vorangegangenen Abschnitt durch die Beziehungen (I) und (II) beschriebene Kreditmarktmodell enthält als abhängige Variablen das Kreditvolumen (if) und den Kreditzinssatz (/), die simultan durch die als unabhängig angesehenen Einflußgrößen bestimmt werden. Zur ökonometrischen Schätzung von Kreditangebot und Kreditnachfrage erscheint deshalb die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate zweckmäßig. Die reduzierte Form des Modells, bestehend aus je einer Bestimmungsgleichung für das Kreditvolumen und den Kreditzinssatz, wird anhand der gewöhnlichen Methode der kleinsten Quadrate geschätzt. Ferner ist es sinnvoll, die Wirkungen der Modellvariablen auf Kreditangebot und Kreditnachfrage (bzw. auf das Kreditvolumen und den Kreditzinssatz) in Form von Elastizitäten zu quantifizieren und dabei auch Wirkungsverzögerungen zu berücksichtigen. Hierzu werden die Gleichungen (I) und (II) zunächst durch folgende linearisierte logarithmische Form angenähert:
(11)
mz logK T = ci + €k log k r + et log t T + e/ log i r + Σ ez /=0 +
(12)
mr iriß' Σ er _/ log r T _/ + Σ /=0 /=0
' -/ log B^j + uT
und
™KÖ log K T = c2 + Vk log k T + v t log t T + 7?/ log i T + Σ 7=0 m
me +
.? ο
Y
η €
'
}
l
°
g βτ
~
} +
/ =0
,· log z T _/ +
ηκο, -j
log * - ->eB'> ~mB' bezüglich der exogenen Geldbasis). Bei jedem Polynom wurden die Stützstellen stets so gewählt, daß die Multikollinearität zwischen den exogenen Variablen möglichst niedrig ausfiel. Sie ließ sich jedoch allein auf diese Weise nicht befriedigend reduzieren. Da auch die Autokorrelation der Residuen in der Gleichung des Kreditzinssatzes erhalten blieb, wurden bei allen Zeitreihen statt logarithmischer Werte Differenzen von Logarithmen verwendet und dann das Almon-LagVerfahren erneut benutzt. Dieses Vorgehen ergab in der Kreditangebotsbeziehung immer noch eine ins Gewicht fallende Multikollinearität, die durch gleichzeitiges Einbeziehen der laufenden und verzögerten Werte des Diskontsatzes bedingt war. Deshalb wurden anstelle des gesamten Anpassungsver13 Vgl. S. Almon, The Distributed Lag between Capital Appropriations and Expenditures. „Econometrica", Vol. 33, No. 1 (1965), S. 178 ff. — Zu Vor- und Nachteilen des Verfahrens siehe auch P. Schmidt und R. Sickles, On the Efficiency of the Almon Lag Technique. „International Economic Review", Vol. 16, No. 3 (1975), S. 792 ff., und die dort angegebene Literatur. 14 Vgl. P. Schmidt und R, N. Waud, The Almon Lag Technique and the Monetary versus Fiscal Policy Debate. „Journal of the American Statistical Association", Vol. 68, No. 341 (1973), S. Uff.
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
219
laufs für den Diskontsatz lediglich alternativ einzelne Koeffizienten mj (j = 0 , 1 , 2 , . . . ) getestet15. Auch beim durchschnittlichen Mindestreservesatz wurde schließlich diese Vorgehensweise gewählt, weil die gleichzeitige Berücksichtigung laufender und verzögerter Effekte die ohnehin schwache Wirkung dieses Instruments überhaupt nicht hervortreten ließ. Ferner entsprachen bei vielen Schätzungen die Elastizitäten bezüglich der Bargeldquote k und des Termin- und Spareinlagenkoeffizienten t nicht den erwarteten Vorzeichen. Da sie außerdem nicht signifikant von Null verschieden waren, blieben sie im weiteren Verlauf der Untersuchung außer Betracht. Unter Berücksichtigung der genannten Modifikationen wurden anstelle der Beziehungen (11) und (12) die Angebotsgleichung (13)
Δ log K T = €j Δ log i T + ez-j z
Δ log z r . / z + er-j r
Δ log r T . y f
mB'
und die Nachfragegleichung (14)
mKö rn e Δ log K T = τ?/ Δ log i T + Σ r\KÖ,-j Δ log KÖ T.j + Σ η6 -/ Δ log 7=0 7=0 my + Σ ηγ 7=0 '
mg * Δ log y T _/ + Σ τ \ Β · -/ Δ l o g ^ . / + ν; 7=0
mit τ = m + 1, . . . , Γ geschätzt. Hierbei ist Δ log X r = log X T - log X T_ j
bezüglich jeder der Variablen X und u \ = Δ uT sowie v ' r = Δ v r . I n der diesen Gleichungen entsprechenden reduzierten Form bewegten sich die partiellen Korrelationskoeffizienten bezüglich der exogenen Variablen im Bereich akzeptabler Werte, und auch die Residuen erwiesen sich nicht mehr als autoregressiv, wie jeweils die Berechnung ihrer Korrelationsfunktion und ein anschließender -Test zeigten 16 . Als Kriterien für die Auswahl von Laglängen und Polynomgraden wurden die ökonomische Plausibilität und möglichst kleine Varianzen der Residuen verwendet 17 . Die a priori vorzuge15
Die Verwendung des Lombard- bzw. Sonderlombardsatzes anstelle des Diskontsatzes führte nicht zu verbesserten Schätzergebnissen. 16 Vgl. G. Ε. P. Box und G.M. Jenkins, Time Series Analyses. Forecasting and Control, San Francisco 1976, S.290f. 17 Dies sehen auch Schmidt und Waud bei praktischen Untersuchungen als zweckmäßig an. Vgl. Schmidt und Waud, a.a.O., S. 13.
220
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow
benden Parameter wurden deshalb innerhalb plausibler Grenzen variiert und eine dementsprechende Anzahl alternativer Modellansätze geschätzt. Dabei wurden in der reduzierten Form jeweils mit der Strukturform übereinstimmende Laglängen bzw. Polynomgrade gewählt, um den für das Kreditangebot und die Kreditnachfrage ermittelten Effekten eine detailgetreue Vergleichsschätzung für das Kreditvolumen und den Kreditzinssatz gegenüberzustellen.
2. Schätzergebnisse Für die Elastizitäten wurden die in den folgenden Tabellen zusammengestellten Schätzwerte ermittelt. Die unter den Schätzwerten in Klammern angegebenen Zahlen sind die geschätzten Standardabweichungen der Koeffizienten. Ein * (bzw. * * ) weist darauf hin, daß der Koeffizient mit einer Irrtums Wahrscheinlichkeit von höchstens 5% (bzw. 1%) entsprechend seinem theoretisch erwarteten Vorzeichen einseitig gegen Null gesichert ist. Hierbei wird bezüglich der Kreditangebots- und Kreditnachfragebeziehung in Tabelle 1 die Standardnormalverteilung zugrundegelegt, die bei großem Stichprobenumfang S asymptotisch gilt. Dieser beträgt hier nach Berücksichtigung der time lags und der Differenzenbildung S = 80. Die Angaben für die reduzierte Form in Tabelle 2 beruhen auf der /-Verteilung. Aus Tabelle 1 a geht hervor, daß die Elastizität des Kreditangebots (K a) bezüglich des Kreditzinses (/) signifikant positiv ist. Der Schätzwert der entsprechenden Zinselastizität der Kreditnachfrage (K n ) ist demgegenüber wesentlich geringer und negativ, jedoch nicht gegen Null gesichert. Dies schließt nicht aus, daß der Zinseinfluß auf die Kreditnachfrage auf längere Sicht deutlicher hervortreten würde. Die exogene Geldbasis (B') hat einen signifikant positiven Effekt auf das Kreditangebot und einen signifikant negativen Effekt auf die Kreditnachfrage. Beide Wirkungen verteilen sich über einen Anpassungszeitraum, der rund ein Dreivierteljahr lang ist. Das Kreditangebot reagiert — anders als die Kreditnachfrage — im laufenden Monat noch nicht merklich auf eine Änderung von B\ Hier ist anzunehmen, daß die Geschäftsbanken zunächst ihre Liquiditätsreserven anpassen und diesen insofern eine Pufferfunktion zukommt 1 8 . Die Kreditangebotswirkung scheint auch etwas eher wieder abzuklingen als die Reaktion der Kreditnachfrage. Die aus dem gegenläufigen Zusammenwirken von Kreditangebot und Kreditnachfrage a priori nicht abschätzbare Wirkung der exogenen Geldbasis auf das Kreditvolumen ( φ ist per Saldo negativ, wie ein Blick in Tabelle 2 zeigt. Obwohl die Angebotswirkung numerisch größer 18 Vgl. ζ. B. H.-J. Jarchow und H. Möller, Geldbasiskonzepte und Geldmenge (I). Erster Teil.: Theoretische Zusammenhänge. „Kredit und Kapital", 9. Jg., (1976), S. 192 ff.
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
221
erscheint als die Nachfragewirkung, überwiegt bei der Überlagerung beider Effekte der letztere. Dies ist auf den im Verhältnis zum Kreditangebot sehr geringen Wert der Zinselastizität der Kreditnachfrage zurückzuführen. In Tabelle 2 wird auch die theoretisch erwartete deutlich negative Wirkung von B ' auf den Kreditzinssatz (/) sichtbar. Der Zinseffekt tritt dann am stärksten ein, wenn neben der Nachfrage auch das Angebot ausgeprägt reagiert, d. h. mit einer Verzögerung von etwa zwei bis vier Monaten. Vergleicht man mittels eines entsprechenden Hypothesentests ζ. B. die Elastizität des Kreditzinssatzes bezüglich der um drei Monate verzögerten Basis B'. 3 mit den zeitlich benachbarten Elastizitäten, so zeigt sich, daß erstere bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% größer ist als die des Kreditzinses bezüglich B\), B-1 sowie bezüglich Β - 5 bis B'~ 9. Auch die übrigen im theoretischen Teil aufgestellten Hypothesen werden durch die Schätzergebnisse weitgehend bestätigt. So zeigt sich in Tabelle 1 innerhalb eines Quartals die erwartete positive Auswirkung des Geschäftsklimas (e) auf die Kreditnachfrage und entsprechend in Tabelle 2 auf das Kreditvolumen und den Kreditzinssatz. Das Volkseinkommen ( Y) wirkt in die gleiche Richtung. Den Schätzergebnissen zufolge scheinen sich die Kreditnachfrage und das Kreditvolumen hieran verzögert innerhalb eines relativ langen Zeitraums von mehr als einem Jahr anzupassen. Die verzögerte positive Reaktion des Kreditzinses kommt zwar bezüglich der Einkommensveränderung in einzelnen zurückliegenden Monaten nicht mit der gleichen Deutlichkeit zum Ausdruck, ist aber insgesamt ebenfalls gut gesichert, wie die entsprechende Koeffizientensumme in Tabelle 2b zeigt. Die einzelnen insignifikanten Schätzwerte für den Kreditzins in der zweiten Hälfte seines Anpassungsprofils deuten wohl darauf hin, daß die Einkommenseffekte auf die Kreditnachfrage und damit auch auf das Kreditvolumen sich auf einen Verzögerungszeitraum verteilen, der kürzer als ein Jahr sein könnte 19 . Dies ließ sich jedoch bei Schätzansätzen mit sukzessive kürzeren time lags nicht klar bestätigen, weil damit unter anderem höhere Schätzwerte für die Residualvarianzen verbunden waren. Hinsichtlich der Bankenverschuldung des öffentlichen Sektors (KÖ) kann man aus Tabelle 1 entnehmen, daß die gesamte (private und staatliche) Kreditnachfrage hierauf unverzögert mit einer gegen Null gesicherten positiven Elastizität von 0,175 reagiert. In der Tendenz zeigt sich hier schon im laufenden Monat, daß private Nichtbanken ihre Kreditnachfrage einschränken, wenn der Staat mehr Kredite bei den Geschäftsbanken aufnimmt; denn ohne Berücksichtigung der induzierten negativen Reaktion der privaten 19
Zu einer zeitlich kürzeren Wirkungsverteilung von Einkommensänderungen vgl. und H. Möller, Bestimmungsgründe der Zentralbankgeldmenge und Steuerungsmöglichkeiten: Eine theoretische und ökonometrische Analyse für die Bundesrepublik. „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik44, Band 193, Heft 4(1978), S. 323 ff.
H.-J. Jarchow
222
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow
Kreditnachfrage würde sich für den laufenden Monat ein Wert von 0,200 ergeben 20 . Hiervon weicht die geschätzte Elastzität allerdings nicht signifikant nach unten ab. Deutlicher tritt die negative Reaktion der privaten Nichtbanken mit einer Verzögerung von zwei bis drei Monaten hervor und ist dann bezüglich weiter zurückliegender Veränderungen von KÖ nur noch schwach sichtbar. Wie Tabelle 2 zeigt, wurde ein ähnlicher Anpassungsverlauf für das Kreditvolumen geschätzt. Mit der durch Änderungen von KÖ bewirkten Kreditsubstitution bei den privaten Nichtbanken scheinen negative Veränderungen des Kreditzinses einherzugehen. Sie sind jedoch nicht im einzelnen gegen Null gesichert, sondern lediglich der Gesamteffekt, wie die Koeffizientensumme in Tabelle 2 b zeigt 21 . A u f welches Ausmaß sich die Kreditsubstitution nach Beendigung der Anpassung beläuft, läßt sich aus den Schätzergebnisse für KÖ nicht mit der gleichen Deutlichkeit ablesen wie für die exogene Geldbais B\ So ist in Tabelle l b die Koeffizientensumme bezüglich KÖ, die den Saldoeffekt auf die gesamte (private und staatliche) Kreditnachfrage angibt, zwar signifikant größer als Null, aber nicht signifikant kleiner als 0,200. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß der KÖ- und der Β '-Kreditsubstitutionseffekt in einer vergleichbaren Größenordnung liegen. Für die lediglich diskret ermittelten Wirkungsverzögerungen der geldpolitischen Parameter zeigten alternative Schätzansätze, daß die zu vermutenden negativen Kreditangebotswirkungen des durchschnittlichen Mindestreservesatzes (r) bzw. des Diskontsatzes (z) am deutlichsten mit einer Verzögerung von 2 Monaten bzw. 4 Monaten hervortraten. Für das Kreditvolumen ergaben sich bei beiden Instrumenten keine gesicherten Effekte. Letzteres kann mit der sehr schwachen kurzfristigen Zinselastizität der Kreditnachfrage erklärt werden. Dieses dürfte auch der Grund dafür sein, daß der Zusammenhang zwischen Diskontsatz und Kreditzins für die betrachtete Periode signifikant positiv ist 2 2 .Die Wirkung des Mindestreservesatzes auf den Kreditzins scheint in der erwarteten Richtung zu erfolgen, ist aber nicht gesichert 23. 20
Aus Gleichung (II) erhält man ohne Berücksichtigung der negativen Reaktion, der privaten Kreditnachfrage einen Wert von Eins für . Da sich der Quotient — im Durchschnitt des Schätzzeitraums auf 0,200 beläuft, folgt dann für · η ^ ein Wert von 0,200. 21 Das theoretisch hergeleitete Modell impliziert einen positiven Einfluß vonKÖ auf /in der laufenden Periode. Der geschätzte negative Effekt ist zwar nicht signifikant; er könnte aber auch ein Hinweis dafür sein, daß die hier verwendete Zeitreihe für den Kreditzins im Hinblick auf den hohen Aggregationsgrad des gesamten Kreditvolumens Κ nur begrenzt repräsentativ ist. Möglicherweise zeigt sich der zu erwartende positive Effekt erst bei zusätzlicher Berücksichtigung eines speziellen Zinssatzes für die Bankenverschuldung des öffentlichen Sektors und einer dementsprechenden Disaggregation. 22 Im Verlauf der Untersuchung zeigte sich dieser Kreditzinseffekt nicht nur für Veränderungen des Diskontsatzes, die um vier Monate zurückliegen, sondern auch für kürzere time lags. 23 In Voruntersuchungen wurden auch die Rediskontkontingente berücksichtigt. Hier-
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
223
Insgesamt legen die Schätzergebnisse die Aussage nahe, daß das Kreditvolumen binnen Monatsfrist überwiegend von Kreditnachfrageeffekten beeinflußt wird und deshalb auf kurze Sicht mit den genannten geldpolitischen Instrumenten schwer steuerbar ist.
IV. Abschließende Bemerkungen Einige der Ergebnisse, wie ζ. B. die dargelegte geringe Wirksamkeit spezieller geldpolitischer Instrumente auf die kurzfristige Entwicklung des Kreditvolumens, dürften vermutlich bei Betrachtung längerfristiger Zusammenhänge zu relativieren sein. Zum einen ist anzunehmen, daß die Zinselastizität der Kreditnachfrage in bezug auf längere Zeitperioden größer ist. In dem Maße wie sie zunimmt, gewinnt auch der Einfluß geldpolitischer Parameter für das Kreditvolumen an Bedeutung. Zum anderen kann längerfristig nicht unterstellt werden, daß das Volkseinkommen und die das „Geschäftsklima" zu einem wesentlichen Teil bestimmenden Erwartungen der privaten Nichtbanken unabhängig von der Politik der Zentralbank sind. Dementsprechend wirken dann geldpolitische Effekte nicht nur über das Kreditangebot, sondern auch indirekt über die Kreditnachfrage auf das Kreditvolumen ein. Insofern ergeben sich Ansatzpunkte für weiterführende (längerfristig orientierte) Untersuchungen. Umfassendere Untersuchungen hätten hinsichtlich des Kreditangebots ferner zu berücksichtigen, daß auch von den speziellen geldpolitischen Parametern zeitlich verteilte Wirkungen ausgehen und daß Geschäftsbanken Nettoauslandsforderungen halten. Weiter dürfte die Kreditnachfragefunktion wohl noch genauer zu spezifizieren sein. Zwar enthält die Kreditnachfrage nach dem ökonometrischen Befund wesentliche Einflußfaktoren; dennoch erscheint es in Hinblick auf eine Verbesserung des Erklärungswertes wünschenswert, auf der Basis eines portfolio-theoretischen Ansatzes weitere Bestimmungsfaktoren systematisch einzubeziehen, wie ζ. B. die erwartete Inflationsrate oder das Vermögen, insbesondere das Sachvermögen.
V. Anhang: Zum verwendeten Datenmaterial Das Zahlenmaterial wurde größtenteils den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank entnommen. Lediglich die Monatsdaten für Y wurden linear interpoliert, und zwar aus saisonbereinigten Quartalsdaten, die in den
für ergab sich hinsichtlich ihrer Wirkung auf das Kreditangebot zwar ein positiver Effekt mit langer Verzögerung; beim Kreditvolumen und beim Kreditzinssatz waren die Schätzwerte aber ebenfalls ungesichert. Deshalb wurde darauf verzichtet, sie in den weiteren Verlauf der Untersuchung zusätzlich einzubeziehen.
224
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow
Statistischen Beiheften zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Reihe 4, veröffentlicht sind. Ferner fanden für das Geschäftsklima (e) die im Ifo-Konjunkturtest für das verarbeitende Gewerbe erhobenen und in der Reihe „Wirtschaftskonjunktur" des Ifo-Instituts ausgewiesenen saisonbereinigten Monatszahlen Verwendung. Das Kreditvolumen CK) wurde anhand der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank ermittelt aus der in Tabelle 1.2 angegebenen Position „Kredite der Kreditinstitute an inländische Nichtbanken insgesamt" abzüglich der „Ausgleichs- und Deckungsforderungen" sowie abzüglich der aus Tabelle III.2 entnommenen „Schatzwechselkredite" der Kreditinstitute. Die Bankenverschuldung des öffentlichen Sektors (KÖ) wurde entsprechend aus der in Tabelle 1.2 der Monatsberichte zu findenden Position „Kredite der Kreditinstitute an öffentliche Haushalte (zusammen)" abzüglich „Ausgleichs- und Deckungsforderungen" abzüglich „Schatzwechselkredite" gebildet. Sowohl Κ als auch KÖ wurden anschließend nach einer Standardvariante des — auch von der Bundesbank verwendeten — Verfahrens „The X - l 1 Variant of the Census Method I I — Seasonal Adjustment Program" von Saisoneinflüssen bereinigt. Ebenfalls auf diese Weise wurde die exogene Geldbasis (B f) saisonbereinigt. Die UrsprungsZeitreihe für B ' ergab sich folgendermaßen: Zunächst wurde die monetäre Basis von der Verwendungsseite berechnet und diese anschließend um die Rediskontverbindlichkeiten, die Lombardverschuldung und die rückgabefahigen Geldmarktpapiere der Geschäftsbanken bereinigt. Zu diesem Zweck wurden die um die Überschußreserven, die Rediskontkontingente und die Lombardverschuldung verminderten freien Liquiditätsreserven (aus Tabelle 1.3 der Monatsberichte) zur monetären Basis addiert. Die Rediskontkontingente stellte freundlicherweise die Deutsche Bundesbank zur Verfügung. Die Monatswerte der Lombardverschuldung wurden als Mittel aus jeweils vier wöchentlichen Daten gewonnen, wie sie in Tabelle II. 1 der Monatsberichte angegeben sind. Als Zeitreihe für den Kreditzinssatz (i) diente schließlich der in Tabelle V.6 der Monatsberichte ausgewiesene „durchschnittliche Zinssatz für Kontokorrentkredite unter 1 Million D M " , und zwar in nicht saisonbereinigter Form, weil sich keine klaren Saisoneinflüsse zeigten. Die Berechnungen der vorliegenden Untersuchung erfolgten auf der Rechenanlage U N I V A C 1100 der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung, Göttingen, überwiegend mit eigenen Programmen.
VI. Zusammenfassung Ausgehend von einem theoretischen Modell werden eine gesamtwirtschaftliche Kreditangebots- und eine Kreditnachfragefunktion sowie aus Parameteränderungen resultierende Effekte auf Kreditvolumen und Kreditzins ökonometrisch geschätzt. Die dabei verwendeten Zahlen sind Monats-
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
225
werte; sie beziehen sich auf die Bundesrepublik, und zwar auf den Zeitraum von Januar 1974 bis Dezember 1981. Es zeigt sich eine positive Abhängigkeit des Kreditangebots vom Kreditzins und eine wesentlich geringere zwar negative, kurzfristig aber nicht gesicherte Zinsreagibilität der Kreditnachfrage. Unter Berücksichtigung von Verzögerungen werden neben den Effekten, die von einigen als unabhängig angesehenen Bestimmungsgrößen wie dem Volkseinkommen, dem „Geschäftsklima", geldpolitischen Instrumenten und der Bankenverschuldung des öffentlichen Sektors ausgehen, die Wirkungen einer als exogen abgegrenzten Geldbasis ermittelt. A u f diese Größe reagiert das Kreditangebot positiv und die Kreditnachfrage aufgrund eines Kreditsubstitutionseffekts negativ. Aus dem Zusammenwirken beider Effekte resultiert eine deutlich negative Wirkung auf den Kreditzins und wegen der geringen Zinselastizität der Kreditnachfrage auch ein negativer Einfluß auf das Kreditvolumen. Schließlich legen die Schätzergebnisse noch die Vermutung nahe, daß das Kreditvolumen binnen Monatsfrist mit geldpolitischen Aktionsparametern wie Diskontsatz und Mindestreservesatz schwer steuerbar ist, da auf kurze Sicht offenbar Kreditnachfrageeffekte dominieren.
226
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow Tabelle 1
a) Monatliche Anpassungskoeffizienten von Kreditangebot und Kreditnachfrage: io
Z, 4
Ka
0,475 (0,150) **
-0,069 (0,033) *
Kn
-0,026 (0,026)
Β-*
-
BIS
r-2 -0,086 (0,044) *
-
B'o
BL !
BL2
BL3
0,014 (0,037)
0,085 (0,039) *
0,124 (0,047) **
0,137 (0,048) •*
-0,014 (0,007) *
-0,017 (0,008)
-0,019 (0,010)
-0,021 (0,010) *
BL 6
BL 7
BL9
Ka
0,131 (0,044) **
0,111 (0,039) •*
0,083 (0,034) **
0,053 (0,031) *
0,028 (0,027)
0,012 (0,035)
Kn
-0,022 (0,009) **
-0,023 (0,008) **
-0,022 (0,007) **
-0,019 (0,006) •*
-0,015 (0,005) **
-0,009 (0,006)
0,017 (0,016)
e-3
KÖ 0
KÖ, 1
KÖ, 2
KÖ, 3
«-1 Ka Kn
K
a
Kn
-
-
-
-
-
-
-
-
0,033 (0,014) *
0,031 (0,014) *
0,012 (0,017)
0,175 (0,030) **
0,024 (0,020)
-0,032 (0,019) *
-0,035 (0,016)
KÖ, 4
KÖ, 5
KÖ, 6
KÖ, 7
KÖ, β
KÖ, 9
Yo
-
-0,020 (0,017)
-
-0,007 (0,017)
-
-0,004 (0,015)
-
-0,010 (0,018)
-
-0,009 (0,020)
-
0,027 (0,029)
-
-0,006 (0,052)
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
r-i Ka Kn
K
y-2 -
Y -3
r-4
-
-
Γ-5 -
0,053 (0,027) *
0,076 (0,024) **
0,094 (0,025) **
0,109 (0,028) **
Y-s
Y-9
r-io
Y-n
Y-12
-
0,127 (0,029) **
-
0,124 (0,026)
-
0,118 (0,022) **
0,107 (0,019) **
Y- 7
Y -6 -
0,026 (0,037)
a
227
-
0,119 (0,030) **
-
0,125 (0,031) **
Γ-14 -
0,092 (0,021) **
0,072 (0,031) **
-
0,049 (0,046)
b) Koeffizientensummen der Zeitprofile: 9 Σ e Β', -j ì =o Ka
9 Σ i =o
0,775 (0,287) **
J0
-
-0,181 (0,062) **
-
-
0,093 (0,034) **
14
-
0,109 (0,065) *
1,284 (0,169) ••
Y
zwo) (1. Stufe)
c) Zusätzliche Angaben:
Β'
tf*
verwendete Polynomgrade e KÖ
3
-
—
—
1,83
3
2
4
2
1,83
228
Herbert Möller und Hans-Joachim Jarchow Tabelle 2
a) Monatliche Anpassungskoeffizienten von Kreditvolumen und Kreditzinssatz: Z-4
R
-2
BÔ
BLX
BL2
BLS
Κ
-0,005 (0,004)
0,005 (0,008)
-0,011 (0,006) #
-0,011 (0,006) •
-0,012 (0,006) *
-0,014 (0,006) *
i
0,130 (0,041) **
0,110 (0,082)
-0,092 (0,069)
-0,230 (0,061) **
-0,297 (0,065) •*
-0,308 (0,064) **
BL6
BLN
BLS
BL9
BL 4
*o
Κ
-0,016 (0,005) **
-0,018 (0,005) •*
-0,018 (0,005) ••
-0,017 (0,005) •*
-0,014 (0,005)
-0,007 (0,006)
0,017 (0,016)
i
-0,279 (0,059) *•
-0,225 (0,055) •*
-0,159 (0,055) **
-0,097 (0,054)
-0,054 (0,051)
-0,045 (0,066)
0,068 (0,180)
e-3
Köo
KÖ, X
KÖ, 2
KÖ, 3
e-i
Κ
0,028 (0,012) *
0,025 (0,012) *
0,007 (0,017)
0,189 (0,029) **
0,028 (0,019)
-0,031 (0,018)
-0,035 (0,015) *
i
0,243 (0,140) *
0,244 (0,130)
0,068 (0,190)
-0,211 (0,320)
-0,112 (0,210)
-0,103 (0,200)
-0,120 "(0,170)
KÖ, 4
KÖ.s
KÖ, 6
KÖ, 7
KÖ, S
KÖ, 9
Κ
-0,019 (0,016)
-0,005 (0,016)
-0,003 (0,015)
-0,009 (0,018)
-0,008 (0,019)
0,029 (0,027)
-0,003 (0,051)
i
-0,123 (0,180)
-0,096 (0,170)
-0,051 (0,160)
-0,023 (0,200)
-0,073 (0,210)
-0,287 (0,300)
0,035 (0,560)
Yo
Kreditangebot, Kreditnachfrage und exogene Geldbasis
229
Y-1
r -2
Y- 3
Y"4
r-s
Y- 6
Y -ι
Κ
0,023 (0,036)
0,046 (0,025) •
0,066 (0,019) **
0,082 (0,019) **
0,095 (0,021) •*
0,105 (0,023) **
0,111 (0,024) **
i
0,170 (0,400)
0,280 (0,280)
0,366 (0,210) •
0,427 (0,210) *
0,464 (0,230) *
0,476 (0,260)
0,464 (0,270) *
Y- 8
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y- io
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Κ
0,114 (0,024) **
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0,095 (0,021) •*
0,082 (0,030) *•
0,066 (0,043)
i
0,427 (0,260)
0,366 (0,240)
0,280 (0,210)
0,170 (0,190)
0,035 (0,230)
-0,124 (0,330)
-0,308 (0,470)
£ 13
Y- 14
b) Koeffizientensummen der Zeitprofile: 14 Σ S. 39 ff.; Schmidt (\9%2)> S. 126 f. Vgl. auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1978), Tz. 151. 5 So ζ. B. Dieckheuer (1978), S. 308; Α?Λ/(1981), S. 311. 6 Siehe ζ. B. Willms (1978a), S. 471; ΡοΛ/(1981), S. 309; Kern (1981), S. 234 ff. 7 Vgl. dazu ζ. Β. das klassische Zitat von Vocke (1956), S. 107: „Es ist nicht so, daß je größer eine öffentliche Aufgabe ist, umso mehr ihre Finanzierung in den Bereich der Notenbank fällt. Eher ist es umgekehrt. Der Bereich der Geschäfte, die die Notenbank finanzieren darf, ist viel enger als der der sonst normalen Bank- und Finanzierungsgeschäfte".
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Finanzierung der Staatsdefizite wesentlich erleichterte. Die Bundesbank hat diese Transaktion seinerzeit ausschließlich geldpolitisch motiviert 8 ; es verdient aber doch Beachtung, welche Aufmerksamkeit das Verhalten der Bundesbank auch bei ausländischen Notenbanken hervorgerufen hat 9 . Nun mag das Jahr 1975 als Einzelfall angesehen werden, dessen Bedeutung nicht überschätzt werden sollte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang aber auch, daß sich der Umfang der Buchkreclite der Deutschen Bundesbank an die öffentlichen Haushalte in den letzten Jahren nicht unerheblich ausgeweitet hat. So stieg diese Form der öffentlichen Verschuldung von 309 Mio. D M Ende 1979 über 2,4 Mrd. D M Ende 1980 auf 4,7 Mrd. D M Ende 1981. Die Aussagefähigkeit solcher unter Umständen von Zufallseinflüssen geprägter Stichtagswerte darf gewiß nicht überinterpretiert werden, da für die Wirkungen auf die Zentralbankgeldmenge eher die durchschnittliche Inanspruchnahme der Notenbankkredite durch Bund und Länder wichtig ist. Auch diese hat sich aber seit 1979 beträchtlich erhöht. Insofern verdient der Notenbankkredit an den Staat zumindest sorgfaltige Beobachtung. Wird die Betrachtung neben der Zentralbankgeldmenge auch auf die anderen Geldmengengrößen ausgedehnt, so kann die „fiskalische Komponente" der Geldmengenausdehnung keineswegs als unbeachtlich eingestuft werden. Die Geldmengeneffekte der Staatsverschuldung sind zwar wegen zahlreicher im einzelnen nicht genau bestimmbarer Möglichkeiten im Portfolioverhalten der Kreditinstitute und der privaten Nichtbanken allenfalls grob abschätzbar, wenn unterschiedliche Hypothesen zugrunde gelegt werden 10 . Immerhin sind aber auf der Basis derartiger Annahmen grobe Schätzungen über den Beitrag der Staatsverschuldung zum Wachstum der Geldmenge(n) möglich. So wurde ζ. B. für die Jahre 1975 bis 1979 festgestellt, daß die „Beteiligung" der öffentlichen Haushalte an der Expansion von M3 aufgrund von Bankkrediten an den Staat zwischen minimal 42,4 v. H. (1977) und maximal 121,5 v. H. (1975) betrug; die entsprechenden Werte für 1976, 1978 und 1979 lagen bei 87,1 v.H., 47,8 v.H. und 62,0 v.H. 1 1 . Bemerkenswert an diesen Ergebnissen, deren Ableitung hier nicht im einzelnen darzustellen ist, ist dreierlei: Einmal spiegelt selbst der Tiefstand des Jahres 1977 ein immerhin erhebliches Niveau der „staatlich verursachten Geldmengenquote" wider. Zum zweiten war der „Beitrag" der öffentlichen Haushalte zum Wachstum von M3 im Rezessionsjahr 1975 größer als die ex post feststellbare Zunahme von M3 insgesamt, woraus 8
Siehe ζ. B. Irmler (1976), S. 105 ff. Siehe Bank of England (1976), S. LXXXV; Raymond/Maarek (1977), S. 177. 10 Vgl. zu entsprechenden Beispielrechnungen die demnächst erscheinende Arbeit von Caesar (1982). 11 Remsperger (1980), S. 2. 9
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sich eine „staatlich verursachte Geldmengenquote" von über 100 v. H. errechnet; dagegen übertraf die Geldkapitalbildung der Privaten ihre gleichzeitige Kreditaufnahme und verringerte damit — für sich genommen — die Geldmenge M3. Schließlich sind die beträchtlichen Schwankungen hervorzuheben, denen der staatliche Beitrag zur Geldmengenexpansion unterlag. Neben der unterschiedlichen Höhe der jeweiligen Kreditfinanzierung haben sich hierin sicherlich auch veränderte Wege und Formen der öffentlichen Verschuldung ausgewirkt; insgesamt bleibt aber der Eindruck einer wechselnden, beachtlichen und kaum kalkulierbaren Einflußgröße auf M3.
2. Einflüsse der Geldpolitik auf die Staatsverschuldung Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß von der Staatsverschuldung wesentliche monetäre Effekte ausgehen können. Die öffentliche Kreditaufnahme stellt insoweit einen Faktor dar, den die geldpolitischen Entscheidungsträger in ihr Kalkül einbeziehen müssen. Umgekehrt gilt das gleiche: Geldpolitische Aktivitäten können für die Staatsverschuldung von erheblicher Bedeutung sein; dies gilt im Hinblick auf Umfang und Konditionen der öffentlichen Kreditnahme 12 . Die Beeinflussung des Umfangs der Staatsverschuldung durch geldpolitische Maßnahmen ist am offensichtlichsten bei allen direkten Kreditbeziehungen zwischen Staat und Notenbank. Eine solche unmittelbare Kreditgewährung der Bundesbank an Bund und Länder ist im Bundesbankgesetz geregelt und nach oben strikt beschränkt 13 ; ergänzend wirken Vor12 Würde die weitere Abgrenzung verwendet, die das Zentralbankgeld einbezieht, so würde überdies die Struktur der (so definierten) Staatsschuld durch geldpolitische Maßnahmen berührt. Jede offenmarktpolitische Transaktion der Bundesbank wäre dann nämlich zugleich eine Maßnahme des debt management, weil sie die Fristenstruktur der Staatsschuld bei gegebenem Gesamtschuldenstand verändert. Die neuere Literatur zur Schuldenstrukturpolitik, die diese weitere Abgrenzung verwendet, hat die aus solchen Umschuldungsmaßnahmen resultierenden Effekte im einzelnen untersucht. Siehe u.a. Milbradt (1975) und Dieckheuer (1978), jeweils mit weiteren Literaturhinweisen. 13 Siehe dazu im einzelnen § 20 BBkG. Der Bund kann hiernach von der Bundesbank einen Überbrückungskredit von maximal 6 Mrd. D M erhalten; der Kreditspielraum der Länder beläuft sich auf D M 40,— je Kopf der Bevölkerung bzw. D M 80,—je Kopf bei den Stadtstaaten. Hinzu kommen Verschuldungsmöglichkeiten der Bundesbahn von 600 Mio. DM, der Bundespost von 400 Mio. DM, des Lastenausgleichsfonds von 200 Mio. D M und des ERP-Sondervermögens von 50 Mio. DM. Hervorzuheben ist dabei, daß es sich hier nur um Obergrenzen handelt, die die Bundesbank nicht überschreiten darf, nicht dagegen um Ansprüche der jeweiligen öffentlichen Haushalte an die Bundesbank, die diese erfüllen müßte; die Gewährung von Kassenkrediten im Rahmen der genannten Höchstgrenzen steht vielmehr de jure allein im Ermessen der Bundesbank. Siehe dazu im einzelnen Caesar (1981), S. 172.
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Schriften, die sich auf die sogenannte Einlagenverpflichtung beziehen. Die gleichen Effekte wie bei einer Direktkreditgewährung der Bundesbank an den Bund ergeben sich allerdings bei Offenmarktkäufen öffentlicher Titel durch die Bundesbank. Die Kreditbeziehung kommt hier zwar erst auf Umwegen zustande; letztlich ist aber die Staatsfinanzierung ebenfalls durch Zentralbankgeldschöpfung erfolgt. Indirekte Einflüsse der Geldpolitik auf den Umfang der Staatsverschuldung können von jeder geldpolitischen Maßnahme ausgehen, die die Kreditgewährungsfähigkeit der Kreditinstitute (und/oder der privaten Nichtbanken) oder aber die Verschuldungsbonität des Staates verändert. Zur ersteren Maßnahmengruppe zählen ζ. B. Variationen der Rediskontkontingente, zur zweiten etwa die Erteilung bzw. Rücknahme von Rediskontzusagen oder Pensionszusagen für staatliche Titel. In beiden Fällen werden die Möglichkeiten des Staates verbessert oder verschlechtert, seinen Kreditbedarf zu decken. Es liegt auf der Hand, daß Beschlüsse der Notenbank darüber hinaus auch die Konditionen für die Kreditaufnahme des Staates beeinflussen können. Das gilt unmittelbar wiederum bei Offenmarktgeschäften in Staatspapieren, die deren Kurs bzw. Effektiwerzinsung verändern. Mittelbar berühren aber auch alle anderen geldpolitischen Eingriffe, die quantitative Effekte auf die Zentralbankgeldmenge oder die Bankenliquidität auslösen, das Zinsniveau und die Zinsstruktur; die endgültigen Wirkungen werden dabei durch das Zusammenwirken von Liquiditätseffekten, Einkommenseffekten und Zinserwartungseffekten bestimmt 14 .
I I I . Koordinations- und Kooperationsprobleme Aus der geschilderten Vielzahl möglicher Wechselwirkungen zwischen Geldversorgung und Staatsverschuldung ergibt sich zweierlei: Einmal sollten beide Politikbereiche einander möglichst wenig stören, sondern tunlichst ergänzen; hieraus ergibt sich die Forderung nach weitgehender Koordination und Kooperation von Geldpolitik und Schuldenpolitik. Zum zweiten aber schaffen die Überschneidungen und Wechselbeziehungen auch potentielle Konfliktfelder zwischen beiden Politikbereichen, die eine reibungslose Koordination und Kooperation gerade weniger wahrscheinlich machen. Solche potentiellen Reibungsflächen können in Form von institutionellen Konflikten, Zielkonflikten und instrumenteilen Konflikten zutage treten.
14
Vgl. Willms (1978a), S. 467.
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1. Institutionelle
Konflikte
Die weitgehende Weisungsunabhängigkeit, die das Bundesbankgesetz der Deutschen Bundesbank als dem primären Träger geldpolitischer Entscheidungen eingeräumt hat, ist zweifellos eine Kompetenzregelung, die den Keim möglicher Auseinandersetzungen in sich trägt. Wenn nämlich geldpolitische Maßnahmen wichtige Determinanten für die Staatsverschuldung setzen, so liegt für den Staat die Versuchung nahe, die Notenbank zu einem fiskalisch erwünschten Verhalten zwingen zu wollen. Umgekehrt wird die Notenbank angesichts der möglichen monetären Wirkungen staatlicher Verschuldungsaktionen bestrebt sein, nicht nur solche Wirkungen (soweit unerwünscht) ex post zu korrigieren, sondern bereits ex ante auf den Staat als den Aktor der Schuldenpolitik einzuwirken. Die institutionellen Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland haben diese beiden potentiellen Einflußrichtungen weitgehend ausgeklammert und im Grunde nur negative Lösungen vorgesehen: Die staatliche Direktverschuldung bei der Bundesbank ist wie dargelegt beschränkt; alle darüber hinausgehenden Verschuldungsmöglichkeiten des Staates bei der Notenbank sind de jure voll kontrollierbar. A u f der Gegenseite ist der Bund lediglich durch eine Sollvorschrift gehalten, seine Kapitalmarktverschuldung über die Bundesbank (§ 20 I I BBkG) zu tätigen, wenn sie in Form von Anleihen 15 erfolgt; ein nennenswerter Einfluß der Bundesbank auf Umfang, Wege und Formen der staatlichen Kreditaufnahme läßt sich hieraus jedoch nicht herleiten und ist auch empirisch nicht nachweisbar. Angesichts dieser ungeregelten institutionellen Beziehungen zwischen den schuldenpolitischen und den geldpolitischen Aktoren ist in der Bundesrepublik Deutschland während der siebziger Jahre die Frage verstärkt diskutiert worden, ob nicht eine weitgehende Konzentration der Befugnisse in einer Hand — entweder der Bundesregierung oder aber der Bundesbank—ratsam wäre. Während die erstere Lösung auf eine teilweise Einschränkung der unabhängigen Stellung der Bundesbank hinausliefe 16 , wird die zweite Alternative vor allem mit der Möglichkeit einer besseren Vereinbarkeit von wirksamer Geldpolitik und effizienterem debt management begründet 17 . Die Argumente der Befürworter der letzteren Lösung haben, rein technisch — d.h. vom „policy-Aspekt" her — gesehen, zweifellos einiges für sich. Aller15 Das gleiche gilt gem. § 20 I I BBkG für Geldmarktverschuldungstransaktionen via Schatzanweisungen und Schatz Wechsel. 16 Vgl. zu diesem Problemkreis zusammenfassend Caesar (1981), S. 201 ff. 17 Vgl. aus der einschlägigen Literatur zustimmend und ablehnend u.a. Milbradt(\915), S. 199 ff.; Gandenberger (1977/78), S. 172 ff.; Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1979), S. 133 ff.; Neumann (1980); Starke (1980); Schmitz (1981), S. 180 ff.
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dings übersehen sie den „politics-Aspekt", d. h. die politische Problematik aller Versuche, der Bundesbank verstärkte Befugnisse zuzuweisen: Die Wahrscheinlichkeit, daß der Preis derartiger Kompetenzerweiterungen für die Notenbank eine stärkere juristische Einbindung in den staatlichen Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozeß sein wird, ist hoch. Selbst wenn an der Stellung der Bundesbank de jure nichts geändert würde, so würde de facto ihr politischer Handlungsspielraum tendenziell abnehmen. Aus diesem Grunde sind gerade die Freunde der derzeitigen Bundesbankverfassung bestrebt, allen Diskussionen über eine eventuelle Ausweitung der „Macht" der Notenbank zu wehren.
2. Zielkonflikte Der Kern möglicher Konflikte zwischen Geldpolitik und Schuldenpolitik ist seit jeher in der angeblich zwangsläufigen Kollision von konjunkturpolitischen und fiskalischen Zielsetzungen gesehen worden. Das Argument lautet, ein rein fiskalisch, d. h. an Zinsminimierung ausgerichtetes debt management löse in der Rezession nachhaltige Liquiditätsentzüge und Zinssteigerungen am Kapitalmarkt aus, die konjunkturpolitisch unerwünscht seien; für den Boomfall gelte das gleiche mit umgekehrten Vorzeichen. Daher existiere ein im Prinzip unlösbarer Zielkonflikt zwischen Geldpolitik und Schuldenpolitik. Bei einer Einbeziehung konjunkturpolitischer Absichten in das Zielspektrum der Schuldenpolitik ließe sich analog von einem Zielkonflikt zwischen diesen beiden potentiellen Zielen des debt management sprechen. A n anderer Stelle ist im einzelnen dargelegt worden, daß selbst ein rein fiskalisch orientiertes debt management keineswegs einfach strukturiert ist 1 8 . Eine umfassende Politik der Zinsminimierung muß nämlich neben dem Blick auf Zinsniveau und Zinsstruktur auch die längerfristige Ergiebigkeit für die öffentliche Schuldaufnahme sowie marktstrategische Entscheidungen über den Grad der Marktanpassung oder Marktteilung in ihr Kalkül einbeziehen. Noch komplizierter würde ein debt management, das versuchen wollte, fiskalisches Ziel und konjunkturelle Ziele miteinander zu kombinieren. Einschlägige Modelle, wie sie für die amerikanischen Verhältnisse ζ. B. von E. Rolph, R. Musgrave, W.L. Smith und Β. U. Ratchford entwickelt worden sind 1 9 , sind freilich von einer konkreten Umsetzbarkeit weit entfernt. I m übrigen bleibt auch hier das liquiditätspolitische Optimum stets in das fiskalische eingebettet; letztlich dominiert damit der fiskalische Aspekt. 18 19
Hansmeyer/Mackscheidt (1970), S. 241 ff. Vgl. den Überblick bei Ratchford {1955), S. 133 ff.
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Eine solche Akzentsetzung mag von den insbesondere aus dem monetaristischen Lager stammenden Kritikern einer aktiven fiscal policy begrüßt werden, während die in keynesianischer Tradition stehenden Befürworter einer antizyklischen Schuldenpolitik das konjunkturpolitische Ziel stärker betont sehen wollen. Auch sie können allerdings nicht leugnen, daß die insoweit erwartete Zielharmonie zwischen Geldpolitik und Schuldenpolitik in der Realität häufig genug an der stabilitätspolitischen free-rider-Position der Finanzpolitik scheitert. Das gilt nicht nur in der Beschlußphase über antizyklische Programme zur Konjunkturbremsung, sondern oft auch in der Realisierungsphase; hier ist es für die finanzpolitischen Aktoren durchaus rational, zwar verbale Bekenntnisse zum Stabilitätsziel abzulegen, jedoch alles zu tun, um einen eigenen Beitrag zur Verwirklichung dieses Ziels zu vermeiden 20 . Die Finanzpolitik der letzten Jahre bietet hierfür Beispiele genug. Aus einer solchen Sicht wird die These, Zielkonflikte zwischen Geldpolitik und Schuldenpolitik seien bei einer entsprechenden Prioritätensetzung durch die finanzpolitischen Aktoren vermeidbar, fast zu einer Leerformel. Die tatsächliche Entwicklung in der Bundesrepublik nicht nur bis zur Verabschiedung des Stabilitätsgesetzes, sondern auch seither, ist durchaus geeignet, eine derartige skeptische Einschätzung zu stützen. Zwar gab es partiell — so insbesondere von Mitte 1973 bis etwa Ende 1977 — gewisse Phasen, in denen Geld- und Finanzpolitik keine wesentlichen Zieldivergenzen aufwiesen 21 . Ganz überwiegend aber wurde die Geldpolitik immer wieder in die Rolle des „Mahners . . . (und) Gegenspielers gegenüber der Finanzpolitik" 2 2 gedrängt. Diese allgemeine Feststellung läßt sich speziell auf die Haltung der Bundesbank gegenüber der staatlichen Schuldenpolitik seit 1977 übertragen; die Bundesbank hat wiederholt und mit Nachdruck auf die Gefahren hingewiesen, die das ungehemmte Wachstum der Staatsschulden in den letzten Jahren für die Durchsetzung der (binnenwirtschaftlichen und außenwirtschaftlichen) Ziele der Geldpolitik mit sich gebracht hat.
3. Instrumentelle Konflikte Konflikte zwischen Geld- und Schuldenpolitik können auch in der Implementations- bzw. Zielrealisierungsphase auftreten, weil im instrumenteilen Bereich Überschneidungen bei den Wirkungen der jeweils eingesetzten Mittel stattfinden. Offenkundigstes Beispiel sind offenmarktpolitische und debt management-Operationen; erstere nimmt die Bundesbank im eigenen 20 21 22
Hansmeyer/Mackscheidt Caesar (1981), S. 213 f. Arndt (1968), S. 113.
(1973), insbes. S. 136 ff.
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Namen und auf eigene Rechnung vor, bei letzteren ist sie im Auftrage des Bundes tätig. Beide Arten von Transaktionen sind für den Außenstehenden nicht zu unterscheiden: Ob die Bundesbank An- oder Verkäufe staatlicher Wertpapiere aus geldpolitischen Motiven ( = Offenmarktpolitik) oder aus Gründen der Kurspflege ( = debt management) tätigt, ist aus der Marktoperation selbst nicht erkennbar. Für die monetäre Entwicklung ist dagegen von entscheidender Bedeutung, welcher der beiden Fälle vorliegt: Offenmarktgeschäfte verändern die Zentralbankgeldversorgung; Kurspflegetransaktionen müßten hingegen aus Zentralbankguthaben des Staates bei der Notenbank finanziert werden, so daß die Zentralbankgeldversorgung insgesamt (legen wir den Geldbasisbegriff unter Einbeziehung der öffentlichen Zentralbankguthaben zugrunde) nicht berührt würde. Konflikte treten einmal dann auf, wenn sich die Bundesbank zu Offenmarktgeschäften veranlassen läßt, die tatsächlich eher durch Kurspflegeüberlegungen oder aber durch eine anderweitig motivierte — de jure allerdings freiwillige — Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Staatsfinanzierung bedingt sind. Der instrumentelle Konflikt mündet hier wiederum in das Problem des politischen Handlungsspielraums der Notenbank, d. h. ihrer Möglichkeiten, eigenständig zu entscheiden und zu handeln, ohne Konflikte hervorzurufen, die sie politisch nicht durchzustehen vermag 23 . Zum zweiten können instrumentelle Konflikte aus den potentiellen Liquidisierungswirkungen entstehen, die mit staatlichen Schuldtiteln verbunden sind. Ein direkter Liquidisierungseffekt ergibt sich zwangsläufig, wenn Geldmarktpapiere des Staates von der Notenbank mit einer Geldmarktregulierungszusage versehen worden sind. Derartige Papiere — die im übrigen zum Teil auch rediskontfähig sind (so Schatzwechsel des Bundes und seiner Sondervermögen sowie der Länder) — sind dann für die Kreditinstitute potentielles Zentralbankgeld, mit dessen Hilfe geldpolitische Restriktionsmaßnahmen temporär unterlaufen werden können. Für den konkreten Fall der Bundesrepublik gilt zwar einschränkend, daß staatliche Papiere dieser Art bereits seit 1975 nicht mehr emittiert worden sind. Nach wie vor sind aber staatliche Schuldtitel (mit Ausnahme von Schuldscheindarlehen) lombardfahig und insofern im Rahmen der jeweiligen Lombardierungsmöglichkeiten ebenfalls als potentielles Zentralbankgeld einzustufen. Konflikte in der Phase des Instrumenteneinsatzes sind daher immer dann möglich, wenn stabilitätspolitisch orientierte Aktionen der Geldpolitik am Geld- und Kapitalmarkt mit stabilitätspolitisch unerwünschten — weil fiskalisch motivierten — Transaktionen des debt management zusammentreffen; hier berühren sich instrumentelle Konflikte und Zielkonflikte. Auch hierzu ist jedoch festzustellen, daß instrumentelle Reibungsflächen der geschilderten Form zwar für die sechziger und frühen siebziger Jahre bestanden haben mögen, aber seit 1974 23
Caesar (1981), S. 70; ähnlich bereits Hansmeyer (1968), S. 155 f.
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nicht nachweisbar gewesen sind. Das Verhältnis von Bundesbankpolitik und Staatsschuldenpolitik ist insoweit partiell entschärft worden. Institutionelle Konflikte und Zielkonflikte sind damit freilich nicht automatisch ausgeräumt, sondern latent weiterhin vorhanden 24 . Das gilt um so mehr, je weniger erfolgreich die Finanzpolitik bei ihrem seit 1976 verkündeten Bemühen ist, das sogenannte strukturelle Defizit — wie auch immer dieses im einzelnen abgegrenzt werden mag — abzubauen und die künftige Netto-Neuverschuldung in engeren Grenzen zu halten. Soweit nämlich durch einen weiterhin hohen Verschuldungsbedarf des Staates monetäre Wirkungen ausgelöst werden, die die Bundesbank als störend ansieht, gerät die Bundesbank in eine reagierende Position. Gäbe es nur die Zentralbankgeldmenge als die in der Öffentlichkeit meistbeachtete Zwischenzielgröße der Bundesbankpolitik, so wären die Probleme relativ gering; bei allen Schwierigkeiten, diese Größe kurzfristig exakt zu steuern, hat die Bundesbank auf mittlere Sicht doch ausreichende Instrumente zur Hand. Je vielfaltiger aber das tatsächliche Zwischenziel-Spektrum der Geldpolitik wird, desto schwieriger muß es der Notenbank fallen, die monetären Effekte, die durch die Staatsverschuldung ausgelöst werden, zu berücksichtigen sowie gegebenenfalls zu neutralisieren oder zu korrigieren. Nun hat aber die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank auch in der Phase der sogenannten „Neuen Geldpolitik" ab 1973 in Wirklichkeit stets mehrere Zwischenziele — wie Zinsniveau und -struktur, Bankenliquidität, Geldmengen in verschiedener Abgrenzung — im Auge gehabt; die Bundesbank wird daher wohl in ihren Bemühungen fortfahren, die öffentlichen Hände zur Konsolidierung anzuhalten.
24
Ein entsprechendes Beispiel aus jüngerer Zeit läßt sich für die de jure ähnlich unabhängige österreichische Nationalbank anführen. 1978 hatte sich diese — nach Einschätzung des früheren Nationalbankpräsidenten W. Schmitz in eindeutigem Widerspruch zu den klaren Vorschriften des österreichischen Notenbankgesetzes—dem Finanzministerium gegenüber verpflichtet, bestimmte Staatspapiere ohne Rücksicht auf die währungspolitische Lage anzukaufen; siehe Schmitz (1981), S. 174. Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, „wie groß die Versuchung immer wieder ist, sich selbst bei eindeutigen gesetzlichen Schranken bei der Notenbank zu finanzieren" (ebenda).
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I V . SchluBbemerkungen Einige Schlußfolgerungen drängen sich auf: (1)
D i e zwischen S c h u l d e n p o l i t i k u n d G e l d p o l i t i k vorhandenen K o n f l i k t potentiale sind v o n der S c h u l d e n p o l i t i k , d. h. der F i n a n z p o l i t i k , aufgebaut worden. Sie müssen daher auch v o n dieser Seite entschärft werden.
(2)
I n s t i t u t i o n e l l e Lösungen d ü r f t e n ausscheiden; das labile Gleichgewicht zwischen den Trägern der G e l d - u n d F i n a n z p o l i t i k verträgt keine Veränderungen, gleichgültig nach welcher Seite. Es ist o h n e h i n erstaunlich, welchen Belastungen es bisher standgehalten hat.
(3)
Konfliktverminderungsstrategien sind daher gleichbedeutend m i t K o n solidierungsbemühungen der öffentlichen Haushalte. D i e öffentliche H a n d muß ihre stabilitätspolitische free-rider-Position verlassen. D a z u erscheint eine Neufassung des A r t . l 15 G G , nicht dagegen eine Revision des Bundesbankgesetzes.
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Können Bundesbank-Gewinne problemlos zur Deckung von Haushaltsdefiziten verwendet werden?* Von Dietrich Dickertmann, Trier
Gewinn-Überweisungen der Deutschen Bundesbank an den Bund erreichten in der weiteren Vergangenheit vergleichsweise geringe Größenordnungen: Beispielsweise wurde für das Jahr 1970 ein Gewinn von 523 Mio. D M und für das Jahr 1975 ein Gewinn von 397 Mio. D M abgeführt. Beachtlich waren demgegenüber die Verluste (Verlustvorträge) der Bundesbank in den siebziger Jahren; dabei ging es um Milliardenbeträge. A u f Grund dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, daß der Gewinntransfer von Frankfurt nach Bonn für das Jahr 1980 mit 2,3 Mrd. D M und erst recht der für das Jahr 1981 mit 10,5 Mrd. D M von einer umfangreichen Diskussion im politischen und wissenschaftlichen Raum begleitet war. Und diese Diskussion wird anhalten, weil der Bundesfinanzminister auch für den Haushalt 1983 — bereits im Juni 1981 — einen Finanzierungsbeitrag von der Bundesbank für das Geschäftsjahr 1982 in Höhe von erneut mehr als 10 Mrd. D M erwartet. Diese Leistungen der Bundesbank gewinnen insbesondere dadurch an Interesse, weil sie in einer Zeit vorgenommen werden, in welcher die Haushaltspläne des Bundes ohne diese Gewinne nicht auszugleichen wären bzw. weil sie der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition zusätzliche Anstrengungen in dem politisch sowieso schon schwierigen Umfeld einer für notwendig erachteten Haushaltskonsolidierung ersparen. So wird denn auch die Gewinnabführung mit unterschiedlichen Bildern verglichen: Da ist von einem „Himmelsgeschenk" (Deutsche Bundesbank) für die Regierung oder auch von einem „warmen Regen für den Bundeshaushalt" (Die Welt) die Rede. Andere sprechen dagegen von einem „Strohhalm, an den sich die Koalition klammert" (Handelsblatt). Diese bildhaften Vergleiche umschreiben eine erste fiskalische und politische Wertung der Gewinnabführung. Nachfolgend wird versucht, einige * Dem ersten Entwurf dieses Beitrages liegt das Manuskript eines Vortrages zugrunde, den der Verfasser am 20. April 1982 vor der Kölner Wirtschaftspolitischen Gesellschaft gehalten hat. Für kritische Anmerkungen zu diesem ersten Manuskript dankt der Verfasser Dr. Werner Steuer, Bonn, und Prof. Dr. Wolfgang File, Trier. Der Beitrag wurde im Juli 1982 abgeschlossen. Eine Überarbeitung des Textes auf Grund des Regierungswechsels in Bonn am 1. Oktober 1982 war aus redaktionellen Gründen nicht mehr möglich.
260
Dietrich Dickertmann
wichtige mit dem Gewinntransfer zusammenhängende Probleme aufzugreifen. Ausgangspunkt der Ausführungen ist die knappe Kennzeichnung der gesetzlichen Bestimmungen zur Gewinnverwendung der Bundesbank (I). Die Darstellung widmet sich dann den Fragen, die mit der Gemnnentstehung in Verbindung zu bringen sind(II). Bei der nachfolgenden Betrachtung der mit der Gewinnverwendung zusammenhängenden Fragen bietet es sich an, die Prüfung nach den jeweils betroffenen Entscheidungsträgern — zum einen die Bundesbank und zum anderen die Bundesregierung — vorzunehmen (III). Abschließend wird versucht, auf die im Thema gestellte Frage durch die Zusammenfassung der vorgetragenen Überlegungen eine Antwort zu geben (IV). I. Die rechtliche Ausgangslage Zunächst ist zu prüfen, ob die Gewinnabführung an den Bund rechtlich zulässig und abgesichert ist. I n der Tat kommt die überwiegende Zahl der Kommentatoren des Gewinntransfers auf Grund der Rechtslage gemäß § 27 BBkG zu dieser Ansicht. Danach gilt, daß der Reingewinn 1 der Bundesbank wie folgt zu verwenden ist: (1) 20 v. H . des Gewinns — mindestens 20 Mio. D M — sind solange einer gesetzlichen Rücklage zuzuführen, bis diese 5 v. H. des Notenumlaufs erreicht hat. Diese Bedingung ist (zwischenzeitlich) erfüllt 2 . (2) Bis zu 10 ν. H. des verbleibenden Reingewinns dürfen zur Bildung sonstiger Rücklagen solange verwendet werden, bis diese dem Betrag des Grundkapitals der Bundesbank — 290 Mio. D M — entsprechen. Auch diese Grenze ist bereits erreicht. (3) Seit 1980 ist von dem verbleibenden Reingewinn ein Teilbetrag von 30 Mio. D M (zuvor 40 Mio. D M ) an den „Fonds zum Ankauf von Ausgleichsforderungen", der von der Bundesbank verwaltet wird, abzuführen. (4) Der „Restbetrag" des Gewinns schließlich ist grundsätzlich an den Bund zu überweisen. Juristisch argumentierende Kritiker der (hohen) Gewinnausschüttung fragen nun danach, was der Gesetzgeber mit dem „Restbetrag" wohl gemeint haben mag. Sie interpretieren die Vorschrift dahingehend, daß darunter nicht ein Differenz-Betrag zu verstehen sei, sondern nur ein kleiner Betrag. Dies sei schon deswegen richtig, weil Gewinnabführungen in Milliardenhöhe bei der 1
Ein gegebenenfalls bestehender Verlustvortrag ist aufgrund einer Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Bundesbank mit dem Jahresüberschuß zu verrechnen. 2 Bei einem Notenumlauf von rd. 83,8 Mrd. D M (Ende 1981) beläuft sich die gesetzliche Rücklage — nach der Verteilung des Jahresgewinns 1982 — auf rd. 4,2 Mrd. DM.
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten?
261
Verabschiedung des Bundesbankgesetzes 1957 überhaupt nicht zu erwarten gewesen seien. Die tatsächliche Begründung für ihre Interpretation des Gesetzestextes beruht jedoch auf einer ökonomischen Überlegung: Befürchtet wird — und darauf ist nachfolgend einzugehen —, daß mit einer solchen Gewinnabführung gravierende inflatorische Impulse wegen der damit verbundenen Zentralbankgeldschöpfung verbunden seien. Ein derartiger Effekt aber sei weder mit der Zielsetzung des Bundesbankgesetzes im allgemeinen und auch nicht mit dem Auftrag der Bundesbank im Sinne von § 3 BBkG im besonderen vereinbar, noch sei ein solcher Effekt mit den Vorschriften einer begrenzten Aufnahme von Kassenkrediten durch den Bund in Höhe von maximal 6 Mrd. D M (§ 20 BBkG) kompatibel. I n diesem Sinne schreiben denn auch die Kommentatoren des Bundesbankgesetzes J. v. Spindler, W. Becker, O.-E. Starke: „Es erscheint als eine selbstverständliche Pflicht der Bundesbank, im Rahmen ihrer Aufgabe... so zu agieren, daß die Ausschüttung eines solchen Gewinns... nicht etwa zu einem inflatorischen Effekt führt. Vielmehr wird die Bundesbank je nach Konjunkturlage zu entscheiden haben, ob und inwieweit expansive Wirkungen hieraus zu erwarten sind oder nicht. . . . es ist Recht und Pflicht der Bundesbank, durch entsprechende Zuweisungen zu den Reserven unerwünschten Expansionstendenzen zuvorzukommen" 3 . — Zu einem Ergebnis kommt unter Berücksichtigung der neueren Literatur/?. W. Strohmeier t der eine unbedingte Gewinnabführungspflicht der Bundesbank verneint. Er führt dazu aus, daß der Bundesbank „das Recht zusteht, unter Abweichung von § 27 BBkG eine Gewinnabführung an den Bund ganz oder teilweise zu unterlassen, wenn sie der Ansicht ist, daß dies ihrer Währungssicherungspflicht, etwa durch eine Ausweitung der Geldmenge, zuwider läuft" 4 .Letztlich aber heißt das: Die juristischen Fachvertreter benötigen zur Bestimmung einer noch zulässigen Gewinnabführung die Amtshilfe der Wirtschaftswissenschaftler, um zu dieser Frage eine verbindliche Antwort geben zu können. Bevor eine solche Antwort aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht versucht wird, ist zum besseren Verständnis der Zusammenhänge auf die Entstehung der Bundesbankgewinne und auf eine erste daraus ableitbare Wertung der Gewinnabführung einzugehen.
3 J. v. Spindler, W. Becker und O.-E. Starke, Die Deutsche Bundesbank, 4. Aufl., Stuttgart u.a. 1973, S.488. 4 R. W. Strohmeier, Keine unbedingte Gewinnabführungspflicht der Deutschen Bundesbank, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 34. Jg./1981, S.802.
262
Dietrich Dickertmann
I I . Die Entstehung der Bundesbank-Gewinne 7. Die Ertragsquellen Die hohen Bundesbankgewinne kommen vor allem aus drei Gewinnbereichen 5 (siehe Übersicht 1 sowie Tabelle 2 im Anhang).
a) Zinseinnahmen aus Auslandsanlagen Ein erster großer Anteil des Gewinns stammt aus Zinseinnahmen verzinslich angelegter Währungsreserven 6. Obwohl die Währungsreserven der Bundesbank, hier speziell die „Guthaben bei ausländischen Banken und Geldmarktanlagen im Ausland", in den vergangenen Jahren stark zurückgingen, sind die Zinseinnahmen daraus wegen des hohen Zinsniveaus (insbesondere für Dollar-Anlagen) sogar noch gestiegen. Beispielsweise betrugen die Zinseinnahmen aus diesen Anlagen im Jahre 1981 (Bestand am Jahresende: 37,2 Mrd. D M ) rd. 7,6 Mrd. D M ; demgegenüber leisteten diese Anlagen im Jahre 1980 (Bestand zum Jahresende: 42,6 Mrd. D M ) „nur" einen Gewinnbeitrag von rd. 5,9 Mrd. D M .
b) Zinsen für Inlandskredite Ein zweiter großer Anteil des Gewinns stammt aus der Inanspruchnahme der Bundesbank als (Re-) Finanzierungsinstitut vor allem seitens der Banken, aber auch seitens der öffentlichen Hand. Die Rediskontkredite und die (Sonder-) Lombardkredite wurden in den vergangenen Monaten von den Banken reichlich in Anspruch genommen. — 5
Um es vorweg zu sagen: Zu den Ertragsquellen der Bundesbank gehören nicht, wie oftmals behauptet (vgl. z. B. L. Mühlhaupt, Risikovorsorge, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 35. Jg./1982, S. 125), die Mindestreserven, welche von den Kreditinstituten unverzinslich bei der Bundesbank zu „hinterlegen" sind. Siehe auch D. Dickertmann, Die Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank — Eine liquiditätstheoretische Bewertung, in: Wirtschaftsdienst, 61 Jg./1981, S. 302 (Fußnote 24). — Unverständlich ist in diesem Zusammenhang auch die Ansicht des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Gutachten zur Schuldenstrukturpolitik des Staates, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, H. 27, Bonn 1979, S. 37, wonach „von der Höhe der durch Vorratskreditnahme gebildeten Zentralbankrücklagen Einflüsse auf den Bundesbankgewinn oder -verlust ausgehen". 6 Gemeint ist übrigens ein großer Teil der Währungsreserven, welche der ehemalige Bundesfinanzminister H. Matthöfer vor gar nicht so langer Zeit — um den Jahreswechsel 1978/79 — für zu hoch hielt und deswegen gern zur Finanzierung von Rohstoffreserven heranziehen wollte. Siehe dazu D. Cassel. Devisenfinanzierte Rohstoffreserven, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt), 8. Jg./1979, S. 486 ff.; 2). Cassel/H. J. Thieme, Gehen unsere Währungsreserven zu Ende?, in: Wirtschaftsdienst, 61. Jg./1981, S. 128 ff.
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von H a u s h a l t s d e f i z i t e n ? 2 6 3 Übersicht 1
Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank Aufwands- und Ertragsvergleich Aufwand
1980
1981
(Mio. DM)
Ertrag
1980
1981
Zinsen für Geldanlagen im Ausland
5 849,6
7 566,8
172,4
Kredite an inländische Kreditinstitute
3 360,9
4 462,6
146,5
477,4
Ausgleichsforderungen
244,1
244,1
9,9
9,8
Wertpapiere
167,1
333,7
259,7
659,6
Verwaltungskosten persönliche sächliche
634,9 131,5
Kassenkredite (Buchkredite)
676,9 144,5 Sonstige Zinsen
158,0
215,1
4,9
4,1
Notendruck
164,7
138.5
Zinsen für Devisenpensions- und Swapgeschäfte mit inländischen Kreditinstituten Zinsen für Mobilisierungs· und Liquiditätspapiere Sonstige Zinsen
Abschreibungen auf das Anlagevermögen Zuweisungen an Rückstellungen Pensionsverpflichtungen sonstige
103,3
Gebühren 90,6
136,9 Erträge aus Anund Verkauf von Fremdwährungen
306,7 930,0
201,0 1 590,0
Versorgungsleistungen wegen Reichsbank
33,8
32,5
Sonstige Aufwendungen
116,3
118.6
Jahresüberschuß Zusammen
9 784,6 12 826,4
Sonstige Erträge
13,9
16.4
1 656,1
3 945,0
49,9
55.5
8 836,3 13 144,8 11 504,5
16 843,3 Zusammen
11 504,5 16 843,3
Anhang Jahresüberschuß
8 836,3 13 144,8
abzüglich: Aus dem Vorjahr übernommener Ausgleichsposten wegen Neubewertung der Währungsreserven und sonstigen Fremdwährungspositionen - Verlustvortrag -
5 759,8
Bilanzgewinn
3 076,5 13 144,8
Quelle: Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1981, S. 136.
264
Dietrich Dickertmann
Der Bund und die Länder haben zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen wiederholt und in starkem Maße auf die Kassenkredite der Bundesbank zurückgegriffen. Darüber hinaus mußten sie für die von der Bundesbank gehaltenen Wertpapiere Zinsen entrichten. Bei einem insgesamt hohen Zinsniveau machten die Erträge aus diesen inländischen Kreditgeschäften rd. 3,7 Mrd. D M (1980) und rd. 5,0 Mrd. D M (1981) aus. Daran hatten die öffentlichen Hände einen Anteil von 569 Mio. D M (1980) und von 793 Mio. D M (1981).
c) Realisierte Kursgewinne Die Bundesbank konnte im Rahmen von Interventionen auf dem Devisenmarkt — insbesondere mit US-Dollars — Kursgewinne in erheblichem Umfang realisieren. Das ergab sich, weil einerseits die Dollarbestände auf Grund des bei der Bewertung der Bestände anzuwendenden Niederstwertprinzips mit 1,73 D M angesetzt sind und andererseits die Dollarinterventionen bei Kursen bis zu 2,57 D M abgewickelt wurden. M i t dem An- und Verkauf von Fremdwährungen wurden Gewinne von rd. 1,7 Mrd. D M ( 1980) und von rd. 3,9 Mrd. D M (1981) erzielt 7 . Die vorgetragene Darstellung der Gewinnentstehung enthielt sich einer Wertung, die nun anzuschließen ist.
2. Verdiente
oder unverdiente
Gewinne?
Zu prüfen ist, welche Anlässe und Vorgänge im einzelnen hinter den genannten Ertragsquellen stehen, damit die Bundesbank derartige Gewinne erzielt bzw. erzielen kann. 1. Da wird zum einen gesagt, es handele sich um Monopol-Gewinne. Diese Kennzeichnung soll — absichtlich oder unbewußt — den Eindruck erwecken, daß die Gewinne durch Machtmißbrauch entstehen8. 7 Die buchungstechnische Erfassung der im Jahre 1980 erzielten Kursgewinne ist im Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1980, S. 114 (dort: Erträge aus Neubewertung...) anders gekennzeichnet als im Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1981, S. 136 (dort: Erträge aus An- und Verkauf...). Die Bundesbank hat das diesbezügliche Buchungsverfahren im übrigen kürzlich geändert. Siehe dazu Deutsche Bundesbank: Die Währungsreserven der Bundesbank im Spiegel des Wochenausweises, in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 1/1982, S. 15 ff., insbesondere S. 17; siehe auch D. Dickertmann und W. File, Mangelnde Transparenz im Wochenausweis der Deutschen Bundesbank, in: Sparkasse, 99. Jg./1982, S. 149 ff. 8 Vgl. Die Kommentare „Geldbewirtschaftung", in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 34. Jg./1981, S. 194; „Keine Geldbewirtschaftung", ebenda, S.293f.
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten?
265
Zwar ist es richtig, daß die Bundesbank das ausschließliche Recht hat, Banknoten als gesetz liches Zahlungsmittel auszugeben. Entscheidend für die Gewinnerzielung ist aber nicht dieses Notenmonopol 9 , sondern die pflichtgemäße Wahrnehmung der währungspolitischen Befugnisse, welche der Bundesbank zur Regelung des Geldumlaufs und der Kreditversorgung der Wirtschaft übertragen wurden, um dem Ziel der Sicherung der Währung gerecht zu werden. Zur Erfüllung dieser Aufgabe fixiert die Bundesbank autonom den Preis für die Zentralbankgeldversorgung — abweichend von allen anderen Preisen, welche marktmäßigen Bedingungen unterworfen sind. Die Wahrnehmung der währungspolitischen Befugnisse ist eben dadurch gekennzeichnet, daß die Bundesbank einerseits Zinsen für ihre Aktiva erhält und gegebenenfalls Kursgewinne erzielt und daß sie andererseits diese Aktiva mit eigenem, selbst geschaffenem Zentralbank-Geld bezahlt, das eben keine Zinsen kostet. Falsch wäre es nun, gegen diese Sachlage und gegen diese Monopolstellung der Bundesbank mit den gleichen Argumenten zu Felde ziehen zu wollen, wie das gegen marktbeherrschende Unternehmen sonst üblich und richtig ist. — Eine erste Schlußfolgerung würde anderenfalls lauten, daß unser Geldsystem von zahlreichen kleinen, möglichst untereinander konkurrierenden Notenbanken gesteuert werden müßte. Eine derartige Regelung würde sich wohl keiner wünschen wollen. Ein geldwirtschaftliches Durcheinander wäre absehbar. Die Folgen: Die übergreifende volkswirtschaftliche Produktivität des Geldes und des Geldsystems, sichergestellt und garantiert durch ein funktionierendes Geldsystem mit einer zentralen Notenbank an der Spitze, würde in Frage gestellt. — Eine zweite Schlußfolgerung würde lauten, daß die Bundesbank nur auf Grund ihrer Monopolstellung — eben als „lender of last resort" — so hohe Gewinne erzielt. Diese Ansicht ist insofern zu korrigieren, als die Bundesbank ihr geldpolitisches Instrumentarium nicht ertragsorientiert einsetzt. Die Gewinne entstehen auf Grund der gesamtwirtschaftlichen Lage und der deswegen für notwendig gehaltenen Maßnahmen zur Sicherung der Währung 1 0 . 9 Das Monopol ist insofern zu differenzieren, als für die Münzprägung der Bund und für den Notendruck die Bundesbank verantwortlich ist. Das In-Verkehr-bringen des Geldes (Münzen und Noten) obliegt aber allein der Bundesbank. Allerdings erzielt der Bund aus dem Verkauf der Münzen an die Bundesbank (zum Nominalwert) den sogenannten Münzgewinn, der jedoch mit der Gewinn- und Verlustrechnung des Bundesbank nichts zu tun hat. Der Münzgewinn entsteht durch Zentralbankgeldschöpfung: Er eirçicht über die Jahre 1957 bis 1982 einen Betrag in Höhe von rd. 7,9 Mrd. D M (vgl. Bundesministerium der Finanzen: Finanzbericht 1982, S. 154 ff.); im Bundeshaushaltsplan 1983 ist dafür ein Betrag von 400 Mio. D M vorgesehen. 10 Vgl. H. E. Büschgen, Bundesbankgewinn —- Willkommener Lückenfüller, in: der arbeitgeber, Nr. 21/33 — 1981, S. 1048.
266
Dietrich Dickertmann
M i t anderen Worten: Wenn das Monopol-Argument richtig wäre, könnte ein Abbau des Monopolgewinns dadurch erreicht werden, daß die Notenbank-Zinsen niedriger festgesetzt werden. Letztlich bedeutete das aber, daß die Bundesbank das Zentralbankgeld höchstens kostendeckend abgeben dürfte. Welche Folgewirkungen sich daraus für das Geldsystem ergeben würden, ist offenkundig. Der ursprünglichen Zielsetzung der Bundesbank wäre damit in keiner Weise mehr Rechnung getragen. Aus alledem folgt: Eine stabilitätsgerechte Steuerung des Geldsystems durch die Notenbank ist eine wirtschaftliche Leistung sui generis — das Ergebnis der geldpolitischen Steuerung ist ein öffentliches Gut, das allen zugute kommt 1 1 . Es muß deswegen „monopolisiert" sein. 2. Zum zweiten wird gesagt, es handele sich bei den Bundesbankgewinnen um unverdiente Gewinne. Begründet wird diese Aussage mit einer Bewertung der Bundesbank-Beteiligung an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung 12 . Wie es darum tatsächlich steht, ist anhand der einzelnen Gewinn-Positionen zu prüfen.
a) Zinseinnahmen aus Auslandsanlagen Die bei der Bundesbank angesammelten Währungsreserven stellen eine (volkswirtschaftliche) Kassenhaltung für internationale Transaktionen im Interesse der gesamten Volkswirtschaft dar. Sie verkörpern zudem einen Anspruch auf das ausländische Sozialprodukt. Es handelt sich folglich dabei um Kredite an das Ausland, solange die Ansprüche an das ausländische Sozialprodukt nicht realisiert werden. Für diese Kredite erzielt die Bundesbank Zinseinnahmen in Devisen. I n der Gewinn- und Verlustrechnung werden diese Zinseinnahmen aber in heimischer Währung (in D M ) verbucht. Bei der Gewinnausschüttung bleibt der in Devisen verbuchte Zinsgewinn und der damit bestehende Anspruch an das ausländische Sozialprodukt unverändert, während im Inland ein zusätzlicher Anspruch gegen das Sozialprodukt realisiert wird. Eine kreislaufmä^ ßige Beziehung zur inländischen Wertschöpfung besteht in diesem Fall in der Tat nicht 1 3 . 11 Nicht zu diskutieren ist an dieser Stelle die Frage, ob Zielrichtung, Zielausmaß und Instrumenteneinsatz immer richtig sind. Das sind Vorgänge einer Effizienzanalyse, die mit der hier betrachteten Frage nicht verwechselt werden dürfen. 12 Siehe dazu ergänzend W. Schröder, Obskurse Bundesbankgewinne?, in: Wirtschaftsdienst, 61. Jg./1981, S. 310 f.; U. v. Suntum, Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Zentralbankgewinnen, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 35. Jg./1982, S. 18 ff.; ders.: Das teure Mißverständnis mit dem Bundesbankgewinn, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 94/23.4.1981, S. 14. 13 Anders wäre die Sachlage zu beurteilen, wenn die Bundesbank die Zinseinnahmen in
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten?
267
b) Zinsen für Inlandskredite Soweit die Gewinne der Bundesbank durch Refinanzierungsgeschäfte der Banken mit der Bundesbank entstehen, handelt es sich um folgenden Vorgang: Die Kreditinstitute nehmen ihre Funktion als Kapitalsammelstelle einerseits und als Kreditvergabeeinrichtung andererseits wahr. Dadurch tragen sie ohne Zweifel zur Wertschöpfung der Volkswirtschaft bei. Die von ihnen erzielten Gewinne dokumentieren das nachhaltig. Wenn nun die Kreditinstitute einen Teil dieser Gewinne für die Bezahlung ihrer Refinanzierungskredite an die Bundesbank weiterreichen, dann geschieht das, weil sie sich durch die Ausleihung der so verschafften zusätzlichen Liquidität noch höhere Gewinne versprechen 14. Die in den Bundesbankgewinnen enthaltenen Zinsen aus diesen Geschäften sind deswegen und insoweit Bestandteil der normalen Wertschöpfung der Volkswirtschaft — sie sind letztlich von den Schuldnern der Kreditinstitute erwirtschaftet. Bei den Zinseinnahmen, welche die Bundesbank durch eine Kreditvergabe an den Staat (Bund/Länder/Sondervermögen des Bundes) erzielt, ist der Vorgang ähnlich zu beurteilen wie bei den Zinseinnahmen aus den Refinanzierungsgeschäften. Nur: Der Anlaß und der Verteilungsmechanismus sind anders. Der Staat beteiligt sich durch die Erhebung von Steuern — hoheitlich — am Wertschöpfungsprozeß der Volkswirtschaft. Einen Teil dieser Zwangsabgaben wird dann vom staatlichen Kreditnehmer an die Bundesbank für in Anspruch genommene Kredite abgeführt 15 . Es handelt sich insoweit um eine Umverteilung dessen, was von den Steuerzahlern erwirtschaftet worden ist.
c) Realisierte Kursgewinne Die Währungsreserven der Bundesbank sind — wie bereits erwähnt — Kassenbestände der Volkswirtschaft an internationaler Liquidität. Aus diesen Kassenbeständen können nun nicht nur Zinseinnahmen (durch zinsgünstige Anlage = Kreditierung) erzielt werden, sondern damit sind Devisen für die an das Ausland gewährten Kredite (soweit Gewinnbestandteil) an den Bund abführen oder wenn sie diese Devisen am Markt verkaufen würde: Damit wäre eine „natürliche" Einbindung der Deviseneinnahmen in den Wirtschaftskreislauf sichergestellt. Die bei der Verwendung bzw. beim Umtausch der Devisen entstehenden Wechsel kurseffekte bleiben hier unbeachtet. 14 Insoweit ist es wohl unzutreffend, die an die Bundesbank gezahlten Zinsen als eine„Kreditsteuer", eine Zwangsabgabe für diejenigen, die sich bei der Notenbank verschulden, zu bezeichnen. 15 Es wird eine Steuerfinanzierung der Zinsen unterstellt.
268
Dietrich Dickertmann
darüber hinaus auch Kursrisiken und Kursgewinnchancen verbunden. Die Kursrisiken werden offenkundig, wenn Abschreibungen auf die Währungsreserven vorzunehmen sind (Kursverluste). Kursgewinne entstehen dann, wenn Devisen zu höheren Kursen abgegeben werden als sie eingekauft oder bilanziert worden sind. Die Kursgewinne—und darauf ist hier abzustellen— ergeben sich folglich aus der Wahrnehmung einer wirtschaftlichen Funktion im Rahmen des Wertschöpfungsprozesses: Die Währungsreserven erfüllen den Zweck, die internationale Zahlungsfähigkeit der Volkswirtschaft (Liquiditätssicherungsfunktion) zu gewährleisten. — Aus alledem folgt: Die Gewinne der Bundesbank sind Bestandteile eines normalen Wertschöpfungsprozesses, wenn — diese Einschränkung ist zu beachten — von dem Umtausch der Zinseinnahmen aus Währungsreserven in Devisen in heimische Währung abgesehen wird. Sie sind insoweit weder unverdient noch „obskur".
3. Die monetäre ex-post-Analyse Notwendiger Bestandteil einer volkswirtschaftlichen Bewertung der Bundesbankgewinne ist auch eine monetäre Analyse der mit der Gewinnentstehung einhergehenden Liquiditätsströme 16 . — Da der Gewinn durch eine Saldierung von Ertrags-und Aufwandsgrößen ermittelt wird, muß auch die monetäre Bewertung der Gewinnentstehung auf eine derartige Saldogröße abstellen. In die Betrachtung sind deswegen nicht nur die Liquiditätseffekte einzubeziehen, die mit dem Entstehen von Erträgen verbunden sind, sondern es sind auch die Liquiditätseffekte zu berücksichtigen, die mit Aufwendungen verbunden sind (siehe Übersicht 1 sowie Tabelle 1 im Anhang): Aufwendungen für Zinsen, für Verwaltungskosten einschließlich der Personalausgaben und für die Bildung von Rückstellungen. Und zu erfassen sind ferner auch die Liquiditätswirkungen, die von der Gewinnverwendung — Bildung von Rücklagen, Zuweisung an den Fonds zum Ankauf von Ausgleichsforderungen und schließlich von der Gewinnausschüttung an den Bund — ausgehen (siehe Tabelle 3 im Anhang). Bei einer solchen Einzel-Analyse der jeweiligen Positionen der Gewinnund Verlustrechnung ergeben sich deutliche Unterschiede in der monetären Wertung. Darauf soll nachfolgend anhand von vier Beispielen eingegangen werden (siehe Übersicht 2 sowie Tabelle 4 im Anhang): (1) Die Zinseinnahmen aus Auslandsanlagen Die Gutschrift von Zinserträgen auf verzinslich angelegten Devisenbeständen im Auslands erfolgt — davon ist auszugehen — in Devisen. Der 16 Vgl. im einzelnen dazu D. Dickertmann, Deutschen Bundesbank..., a. a. O., S. 299 ff.
Die Gewinn- und Verlustrechnung der
269
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten? Übersicht 2
Liquiditätsstrom-Analyse der Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank 1980 und 1981
I.
III.
1981
Zentralbankgeldschöpfung (ZBGSch) Zinsaufwand Verwaltungskosten Notendruck Versorgungsleistungen Sonstige Aufwendungen Ankauf von Ausgleichsforderungen Abgeltung für Länderanteile und für Bundesbankgenußrechte 8. Ausschüttung an den Bund
259,7 766,4 164,7 33,8 116,3 30,0
659,6 821,4 138,5 32,5 118,6 30,0
2 271,7
10 509,6
9. Summe
3 642,6
12 310,2
1. Zinsen von inländischen Kreditinstituten 2. Zinsen vom Staat für — Ausgleichsforderungen — Kassenkredite und Wertpapiere 3. Sonstige Zinsen 4. Gebühren 5. Sonstige Erträge h)
3 360,9
4 462,6
244,1 325,1 4,9 13,9 1 706,0
244,1 548,8 4,1 16,4 4 000,5
6. Summe
5 654,9
9 276,5
- 2 012,3
+ 3 033,7
5 849,6
7 566,8
90,6 1 236,7 774,8 5 759,8
136,9 1 791,0 2 605,2
- 2 012,3
+ 3 033,7
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
II.
1980
Zentralbankgeldvernichtung (ZBGV)
Saldo (I-II)a) (ZBGSch +, Z B G V - )
I V . Neutrale Vorgänge 1. Zinsen für Geldanlagen im Ausland (+) 2. Neubewertung der Währungsposition ( - ) 3. Abschreibungen auf Gebäude und Einrichtungen ( - ) 4. Rückstellungen ( - ) 5. Rücklagen ( - ) 6. Verlustabdeckung ( - ) 7. Saldoa)
a) Differenzen durch Rundungen der Zahlen. b) Einschließlich der Erträge aus dem An- und Verkauf von Fremdwährungen: 1 655,1 Mio. DM (1980) und 3 945,0 Mio. DM (1981). Quelle: Auszug aus Tabelle 4 im Anhang.
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dadurch bewirkte Bestandszuwachs bei den Devisen vermittelt den Eindruck einer erhöhten Zentralbankgeldversorgung des Geldkreislaufes als Gegenbuchung. Tatsächlich aber erfolgt die Gegenbuchung auf dem Konto „Sonstige Passiva" (Gewinn), so daß das umlaufende Zentralbankgeld von diesem Vorgang unberührt bleibt. Der Zuwachs der Devisenreserven durch Zinserträge aus dem Ausland ist also (zunächst) liquiditätsneutral. (2) Zinsen für Rediskontkredite Die Bundesbank verbucht beim Wechselankauf den Nominalwert des Wechsels auf der Aktivseite ihrer Bilanz. Die Gegenbuchung erfolgt einerseits auf dem Bundesbank-Konto des Kreditinstituts, das den Wechsel zum Rediskont eingereicht hat, in Höhe des Nominalwertes abzüglich Diskont, und andererseits auf ihrem Konto „Sonstige Passiva" (Gewinn) mit dem Diskontbetrag. Dieses Refinanzierungsgeschäft hat also nicht eine Zentralbankgeldschöpfung in Höhe des buchmäßig erfaßten Nominalwertes des Wechsels, sondern nur in Höhe des Wechselbetrages abzüglich Diskont zur Folge. Bei Fälligkeit des Wechsels ergibt sich demgegenüber eine Bilanzverkürzung auf der Aktivseite (Inlandswechsel) und auf der Passivseite (Einlagen der Kreditinstitute) in Höhe des Nominalwertes des Wechsel. I m Rahmen des Wechselgeschäftes kommt es also —jeweils zeitversetzt — zu einer laufenden Zentralbankgeldvernichtung in Höhe des Diskontbetrages 17 . (3) Zinszahlungen für verkaufte Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere Die Bundesbank verkauft im Rahmen einer liquiditätsabschöpfenden Offenmarktpolitik sogenannte Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere an Banken und Nichtbanken. Für die (erreichte) Stillegung von Zentralbankgeld durch den Verkauf dieser Titel hat die Bundesbank den Erwerbern Zinsen zu bezahlen, die in der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank als „Zinsaufwand" zu verbuchen sind. Die anfallenden Zinsaufwendungen bringen den Empfängern zusätzliches Zentralbankgeld bei der Ausschüttung. (4) Gewinnausschüttung an den Bund Unabhängig von der liquiditätsmäßigen Bewertung aller anderen Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank erhält der Bund mit der Gewinnausschüttung (zusätzliches) Zentralbankgeld. Dieser Gewinntransfer kann mit einer erweiterten Zentralbankgeldversorgung des Geldkreislaufes gleichgesetzt werden, wenn davon ausgegangen wird, daß diese Mittel zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben eingesetzt werden (Gewinnverwendung). 17 Die gleiche Überlegung gilt analog dazu auch für die Zinserträge der Bundesbank aus allen anderen inländischen Kreditgeschäften.
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Aus diesen Beispielen sind folgende Schlußfolgerungen abzuleiten: a) M i t der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank sind während des ganzen Geschäftsjahres zentralbankgelderhöhende, zentralbankgeldvernichtende und/oder zentralbankgeldneutrale Transaktionen verbunden. Veränderungen in der Zentrlabankgeldversorgung ergeben sich nicht erst oder nur allein bei der Gewinnausschüttung. b) Das Ausmaß der Zentralbankgeldveränderung wird nicht allein durch die Gewinnausschüttung an den Bund determiniert, denn die dadurch zweifellos bewirkte Zentralbankgeldschöpfung kann vorher durch gegenläufige Liquiditätseffekte neutralisiert oder sogar überkompensiert werden 18 . c) Dementsprechend gilt: Alle in diesem Zusammenhang abgewickelten Transaktionen gehen in die laufende Veränderung der Zentralbankgeldversorgung ein und haben dann entsprechende Auswirkungen auf die Zentralbankgeldmenge — hier nun auch auf die Zentralbankgeldmenge in der Abgrenzung der Deutschen Bundesbank. Dieser Ansicht ist auch die Deutsche Bundesbank, wenn sie schreibt: „Die Gewinnabführung ist im Rechenwerk der Liquiditätsanalyse... als expansive Sonderposition unter den laufenden Transaktionen ausgewiesen; sie entspricht in der Größenordnung weitgehend den im Verlauf des Jahres 1981 mit kontraktivem Vorzeichen... erfaßten Ertragsbuchungen, die praktisch die Entstehungsseite des Jahresüberschusses darstellen/ 1 9 A n dieser Stelle sei nachrichtlich vermerkt, daß mit der Gewinn- und Verlustrechnung 1981 (einschließlich einer — unterstellten — Gewinnverwendung zum Jahresende 1981) tatsächlich eine Netto-Zentralbankgeldschöpfung in Höhe von rd. 3 Mrd. D M einhergegangen ist; demgegenüber ist für das Jahr 1980 eine Netto-Zentralbankgeldvernichtung von rd. 2,0 Mrd. D M zu registrieren (siehe Übersicht 2). Summiert über die Jahre 1957 bis 1981 bewirkten die mit den Aufwendungen und Erträgen verbundenen Liquiditätsströme (einschließlich der vorgenommenen Gewinnausschüttungen; siehe Tabelle 4 im Anhang) eine Netto-Zentralbankgeldvernichtung in Höhe von rd. 1,2 Mrd. D M (unter Einschluß des Jahres 1975). Die jeweilige Netto-Zentralbankgeldvernichtung bzw. Netto-Zentralbankgeldschöpfung erreichten ihre jeweils 18 Die liquiditätsmttßige Rechnung unterstellt implizit, daß die Gewinnausschüttung (und Gewinnverwendung) am Jahresende abgewickelt wird. Tatsächlich liegt zwischen dem Jahresende und der Gewinnausschüttung (-Verwendung) eine Zeitspanne von rund vier Monaten. Die dadurch wirksam werdende Verzerrung in den Liquiditätseffekten wird hier vernachlässigt. 19 Deutsche Bundesbank, Die Wirtschaftslage in der Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1982, in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 6/1982, S. U (Fußnote 1).
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größten (oben bereits genannten) Werte in den Jahren 1980 bzw. 1981 bei Gewinnausschüttungen von 2,3 Mrd. D M bzw. 10,5 Mrd. D M . — Die gesamten Einnahmen des Bundes aus der Gewinnabführung beliefen sich in dem genannten Zeitraum auf rd. 14,4 Mrd. D M ; den größten Anteil daran hatten die Gewinn-Jahre 1980/1981 mit rd. 12,8 Mrd. D M (siehe Tabelle 3 im Anhang). d) Die statistischen Unterlagen weisen — das sei ergänzend angeführt — diese Veränderungen in der Zentralbankgeldversorgung nicht oder nur unvollständig aus, so daß bei den in Frage kommenden Größenordnungen Fehlinterpretationen zum Ausmaß der tatsächlichen Zentralbankversorgung denkbar sind 20 . Nun kann die Meinung vertreten werden, eine derartige Betrachtung der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank sei „Schnee von gestern" und für die aktuelle Bewertung der Gewinnausschüttung nicht (mehr) relevant. Dem ist entgegenzuhalten, daß — monetäre Vorgänge und monetäre Steuerung sich nicht nach bestimmten Bilanzstichtagen richten; wenn auch die jeweiligen Veränderungen in der Zentralbankgeldversorgung dann bereits (bis auf die Gewinnausschüttung) vom Marktgeschehen „verkraftet" sind. — durch eine mangelnde Transparenz über laufende monetäre Vorgänge von Bedeutung auch die zukünftige monetäre Steuerung beeinträchtigt werden kann. I I I . Die Verwendung der Bundesbank-Gewinne Trotz der gerade vorgetragenen Überlegungen dürften die Probleme des Bundesbankgewinns zumindest gegenwärtig — auf zukünftige Schwierigkeiten ist noch einzugehen — weniger auf der Entstehungsseite als auf der Verwendungsseite liegen. Die Problembereiche sind nach den betroffenen Entscheidungsträgern zu unterscheiden. 1. Die Gewinnverwendung
im Kompetenzbereich der Bundesbank
a) Kompetente Stellungnahmen zur Gewinnausschüttung Die zentrale Kritik gegen die Ausschüttung des Bundesbankgewinns an den Bund geht von der Feststellung aus, daß mit der Gewinnausschüttung und der anschließenden Gewinnverwendung zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben zusätzliches Zentralbankgeld in den Geldkreislauf gelangt — das 20 Vgl. im einzelnen D. Dickertmann und W. File, Mangelnde Transparenz im Wochenausweis. .., a. a. O., S. 147 ff.
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ist aus dieser Sicht unbestritten und auch unbestreitbar (gleichsam eine monetäre ex-ante-Rechnung). Das aber wirke — so fürchten viele Beobachter der Geldpolitik — ceteris paribus inflationär 21 . Inflationsgefahren als Folge der Gewinnausschüttung fürchtete im übrigen auch die Bundesbank bis zum Jahre 1976. Anläßlich der Gewinnausschüttung für das Jahr 1975 im April 1976 in Höhe von vergleichsweise bescheidenen 397 Mio. D M , die auf Grund einer Vereinbarung zwischen Bundesbank und Bundesregierung nicht in „bar" (in Form von Zentralbankgeld), sondern in Form von Wertpapieren vorgenommen wurde, lofcte der damalige Präsident der Deutschen Bundesbank, KarlKlasen, diese Regelung mit folgenden Worten: „Wir glauben, daß es für die Gegenwart und Zukunft (Hervorhebung durch den Verfasser) gut ist, festgetellt zu haben, daß bei Ausschüttungen der Bundesbank es wichtig ist, darauf zu achten, ob die Liquiditätsvermehrung in die kreditpolitische Landschaft paßt; wir sind dem Bund sehr dankbar, daß er auf unseren Vorschlag eingegangen ist" 2 2 . Die Bundesregierung war seinerzeit gezwungen, sich den entsprechenden Gegenwert durch den Verkauf der Titel auf dem Markt zu besorgen. Dabei war ihr die Bundesbank allerdings dann behilflich. Heute beurteilt die Bundesbank die Sachlage offensichtlich etwas anders, wenngleich ihr — nach den Worten ihres Präsidenten, Karl Otto Pohl in dem Vortrag zum 25. Gründungsjahr der Gemeinschaft zum Schutz der deutschen Sparer am 12. November 1981 — die „äußerst schwierige politische Diskussion" über den Bundesbankgewinn „wenig angenehm ist". Der Bundesbankpräsident führte weiter aus: „Aber wir haben zu respektieren, was das Gesetz uns befiehlt. Im übrigen ist die Abführung eines Notenbankgewinns an den Fiskus nicht ungewöhnlich und in anderen Ländern üblich. Wir sehen darin keine unüberwindlichen währungspolitischen Probleme. Die Rückwirkungen auf die Liquidität und die Geldmenge lassen sich kontrollie-
21 So schreibt O. Issing, Sanierung des Bundeshaushaltes durch Bundesbankgewinne?, in: Volkswirtschaftliche Korrespondenz der Adolf-Weber-Stiftung, 20. Jg., Nr. 7/1981, S. 3: „Der Beitrag zum Bundeshaushalt aus dieser Quelle (gemeint ist der Bundesbankgewinn, der Verfasser) stammt also faktisch aus der Notenpresse". 22
Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 22/1976, S. 1. K. O. Pohl, Geldwertstabilität und Wirtschaftswachstum, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 100/1981, S.4. 24 Zur Gewinnausschüttung ausländischer Notenbanken siehe ο. V., Fiskus kassiert den Notenbankgewinn, in: Süddeutsche Zeitung vom 4.11.1981, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 99/1981, S. 3; Deutsche Bundesbank, Verwendung des Notenbankgewinns in ausgewählten Ländern, Düsseldorf 1981 (unveröffentlichter Bericht). — Beispielsweise hat die amerikanische Notenbank (Fed) für das Jahr 1981 einen Rekordgewinn von rd. 14 Mrd. Dollar (35 Mrd. D M ) an den Bundeshaushalt in Washington abgeführt; siehe „Fed finanziert Defizit des US-Haushalts", in: Handelsblatt, Nr. 129/9./10. 7. 1982, S. 1. 23
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Ähnliche Wertungen zur Sache hatten zuvor bereits der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwickung in seinem Sondergutachten vom 7. Juli 1981 und die fünf Wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten vom 23. Oktober 1981 vorgetragen. — Nach Ansicht des Sachverständigenrates wirft die Gewinnablieferung der Bundesbank „für die Aufgabe einer stabilitätsgerechten Geldmengensteuerung... keine Probleme auf. Durch sie kommt zwar Zentralbankgeld in den Geldkreislauf. Das heißt aber nur, daß auf andere Weise entsprechend weniger Zentralbankgeld herzugeben ist." 2 5 Und die Forschungsinstitute schreiben: „Durch die Ausschüttung von Bundesbankgewinnen an den Bundeshaushalt wird das Einhalten des Geldmengenziels nicht beeinträchtigt, weil die mit der Verwendung der Gewinne verbundene Geldschöpfung der Bundesbank im vorhinein bekannt ist und durch Ausgleichsoperationen neutralisiert werden kann." 2 6 Der (damalige) Bundesfinanzminister H.Matthöfer Schloß sich dieser Ansicht an, als er am 29. Oktober 1981 in einer Regierungserklärung zur finanzpolitischen Lage vor dem Deutschen Bundestag ausführte: „Die Frage ist, ob die Gewinnüberweisung der Bundesbank an den Bund zu einer inflatorischen Geldschöpfung führt. Hierzu ist zunächst einmal zu sagen: Eine Inflation kann nur entstehen, wenn das von der Bundesbank kontrollierte Geldmengenwachstum das Wachstum des Produktionspotentials über einen längeren Zeitraum hinweg nachhaltig übersteigt. Und dies ist in der Bundesrepublik nicht der Fall." 2 7 Und ergänzend dazu erläuterte der Bundesfinanzminister seine Meinung an anderer Stelle wie folgt: „ I n dem Moment, in dem der Bund diese Guthaben abruft, wird das Bankensystem liquidisiert. Genau dieselbe Liquidisierung des Bankensysems würde eintreten, wenn die Bundesbank die Mindestreserven senkte, die Rediskontkontingente erhöhte, Devisen ankaufte usw. Da es nur auf den Gesamteffekt dieser Maßnahmen ankommt, ist die Wahl des Kanals, über den Zentralbankgeld dem Bankensystem zur Verfügung gestellt wird, angesichts der Effizienz unserer Geldund Kreditmärkte von untergeordneter Bedeutung." 28 Wie sind die gerade zitierten Stellungnahmen zur Gewinnausschüttung zu beurteilen?
25 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Sondergutachten vom 7.7.1981, BTag-Drucksache 9/641, Ziff. 33 (S. 10). 26 „Die Lage der Weltwirtschaft und der westdeutschen Wirtschaft im Herbst 198 P , in: DIW-Wochenbericht 43-44/81 vom 29.10.1981, S.503. 27 Das Parlament, Nr. 46/14.11.1981, S. 1. 28 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Fragen zur Gewinnausschüttung der Deutschen Bundesbank, in: Aktuelle Beiträge zur Wirtschafts- und Finanzpolitik, Nr. 91/1981, S.6.
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Ausgangspunkt der Überlegungen muß das jeweilige Geldmengenziel der Bundesbank sein: — Ohne Probleme ist die Gewinnausschüttung zu einer Zeit, in welcher eine Ausweitung der Zentralbankgeldversorgung erwünscht ist: In diesem Fall wäre die Gewinnausschüttung ein zeitpunktbezogenes „geldpolitisches" Instrument — wenn auch nur mit einer begrenzten Steuerbarkeit der Liquiditätsanreicherung. — Schwierigkeiten sind dagegen zu erwarten, wenn die mit der Gewinnausschüttung einhergehende Zentralbankgeldausweitung die geldpolitische Zielsetzung zu konterkarieren droht. Und diese Frage steht im Mittelpunkt der Diskussion über die Gewinnausschüttung. A u f folgende Punkte ist in diesem Zusammenhang aufmerksam zu machen:
b) Bewertung der Stellungnahmen aa) Das Timing Monetäre Bewertungen der Gewinnausschüttung gehen davon aus, daß die Bundesbank — zeitraumbezogen — an einer stetigen Ausweitung der Zentralbankgeldmenge interessiert sei. Bei der Gewinnverwendung, so die Vorstellung, komme es nun zu einer sprunghaften — zeitpunktbezogenen — Ausweitung des umlaufenden Zentralbankgeldes. Das körine zeitweilig erhebliche Verzerrungen auf dem Geldmarkt zur Folge haben 29 . Dies erfordere — und das machten ja auch die obigen Zitate deutlich — ein restriktives Eingreifen der Bundesbank, wenn sie ihrem Ziel einer stabilitätsgerechten Zentralbankgeldmengensteuerung treu bleiben wolle. Z u bedenken ist nur: Dem Geldkreislauf wird netto dann kein Zentralbankgeld entzogen, sondern ihm wird weniger zur Verfügung gestellt, als in dem Moment der Gewinnausschüttung auf dem Markt vorhanden sein soll 3() .Zuzugeben ist allerdings: Der geldpolitische Handlungsspielraum der Notenbank wird unter diesen Umständen — zusätzlich zu den sonst gegebenenfalls schon wirksam werdenden (äußeren) Einflußfaktoren — eingeschränkt. Zudem können mit dem jeweils möglichen und gebotenen Instrumenteneinsatz Struktureffekte verbunden sein, die ohne diese Maßnahmen nicht auftreten würden. Diese negativen Folgen können verhindert werden, wenn der Bundesfinanzminister sich der monetären Auswirkungen bei der Verausgabung des 29 W. Seuß, Der Griff nach den 10 Milliarden, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 250/28. 10. 1981, S. 13; Berliner Bank (Hrsg.), Was geschieht mit dem Bundesbankgewinn?, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 4/1982, S. 3. 30 Konkret müßten die im laufenden Jahr mit der Entstehung neuer Gewinne einhergehenden (saldierten) Liquiditätseffekte in die Steuerungsüberlegungen einbezogen werden.
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Gewinns bewußt ist und den Abruf der Gelder dementsprechend staffelt. Ob ihm das aber aufgrund seiner jeweiligen Finanzlage möglich ist, muß hier zunächst offen bleiben 31 . Sicherlich aber verniedlicht der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung diese Schwierigkeit 3 2 , wenn er in seinem Sondergutachten vom 7. Juli 1981 schreibt: „Das Problem für die Geldpolitik ist ein banales Problem der Abstimmung zwischen Bundesbank und Finanzministeriums hinsichtlich des Managements der Staatsschuldenpolitik" 33 . Zum einen muß die jeweilige Abstimmung zwischen Bundesbank und Bundesregierung nicht reibungslos funktionieren. Unterschiede in der Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage und in der jeweiligen Zielsetzung sind denkbar und auch existent. Zum zweiten ist das Management der Schuldenpolitik kein „banales Problem". Es erfordert die Beherrschung des schuldenpolitischen Instrumentariums — das im übrigen hinreichend ausgestaltet und ausgestattet sein muß — und das Mitziehen der Gläubiger. Zudem hat es spezifische Wirkungen, also wiederum Struktureffekte. Darauf ist nachfolgend einzugehen.
bb) Zentralbankgeldversorgung durch den Staat Zu bedenken ist, daß die Versorgung des Geldkreislaufes mit Zentralbankgeld üblicherweise über den Markt nach — letztlich — marktwirtschaftlichen Kriterien abgewickelt wird. Dieser Mechanismus wird durch die Gewinnausschüttung gestört: Je höher die Zentralbankgeldversorgung via Gewinnausschüttung über den Staat erfolgt, desto weniger Zentralbankgeldversorgung steht — bei einem vorgegebenen Zielkorridor der Bundesbank — für andere, marktmäßige Kanäle zur Verfügung (Hier wird implizit unterstellt, daß der Anteil des Staates am Sozialprodukt nicht noch weiter ausgedehnt werden sollte und daß die über den Markt bewirkte Allokation der Ressourcen effizienter ausgestaltet ist als die über den staatlichen Haushalt.). Mit anderen Worten: Die marktmäßige Lösung der Geldversogung wird zurückgedrängt zugunsten einer staatlichen (zugeteilten) Geldversorgung. In diesem Zusammenhang ist allerdings die Ansicht zu korrigieren, daß beispielsweise durch die Gewinnausschüttung im April 1982 in Höhe von 10,5 Mrd. D M das gesamte für das Jahr 1982 geplante Ausweitungsvolumen für die Zentralbankgeldmenge gleichsam auf einen Schlag absorbiert werde. 31 Zum Verfahren, das bei der Gewinnausschüttung im April 1982 praktiziert wurde, siehe S. 280. 32 Vgl. auch Berliner Bank (Hrsg.), Was geschieht mit dem Bundesbankgewinn?, a.a.O., S. 3. 33 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Sondergutachten.. a. a. O., Zif. 33 (S. 10).
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Die bewirkte Zentralbankgeldversorgung darf nicht mit der Zentralbankgeldmenge in der Abgrenzung der Bundesbank gleichgesetzt werden. Bei einem durchschnittlichen Zentralbankgeldmengen-Bestand von 163,5 Mrd. D M im vierten Quartal 1981 macht ihre vorgegebene Wachstumsrate für das Jahr 1982 von 4 v. H. rd. 6,5 Mrd. D M und von 7 ν. H. 11,5 Mrd. D M aus. Die Zentralbankgeldversorgung durch die Gewinnausschüttung (-Verwendung) mit 10,5 Mrd. D M kommt diesen Beträgen zwar sehr nahe; sie führt im ersten Schritt ceteris paribus „nur" zu einer überschlägig berechneten Ausweitung der Zentralbankgeldmenge von 1,7 bis 2,0 Mrd. D M . Immerhin: Damit sind fast vier Monate (bei einer 4%igen Wachstumsrate) oder gut zwei Monate (bei einer 7%igen Wachstumsrate) für die zielorientierte Zentralbankgeldmengen-Ausweitung ausgenutzt. Die weiteren Zentralbankgeldmengen-Effekte treten erst in den Folgemonaten auf — sie sind der Gewinnverwendung im einzelnen nicht mehr zurechenbar 34 . Insoweit aber ist Gerhard Fels, Mitglied des Sachverständigenrats, nicht zuzustimmen, wenn er sagt, daß „das Geld nur (Hervorhebung vom Verfasser) auf einem anderen Weg in Umlauf gebracht (wird)." 3 5 Zumindest temporär können bestehende Refinanzierungskanäle verschüttet werden 36 . Die Wirkungen sind dann mit denen des sogenannten finanziellen crowding out im Bereich der öffentlichen Verschuldung vergleichbar. In diesem Sinne ist wohl auch die gegenüber dem Sondergutachten verfeinerte Betrachtung des Sachverständigenrats zur Gewinnausschüttung in seinem Jahresgutachten 1981/82 vom 20. November 1981 zu werten: „Eine Gewinnabführung der Bundesbank kommt für die Kreditmärkte im Grund einer Kreditaufnahme des Bundes gleich." 37 Diese Wertung ist wiederholt — zum Teil auch modifiziert — aufgegriffen worden, um die Ablehnung der Gewinnausschüttung zu begründen. Dabei ist die Argumentation in der Regel nur verkürzt und oftmals auch unvollständig. Folgende Fälle sind unter Vernachlässigung anderer Umstände (z.B. Kurs der Geldpolitik) zu unterscheiden: 34 Siehe Deutsche Bundesbank, Die Wirtschaftslage in der Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1982, a.a.O., S. 11 f.; ergänzend dazu „Pressenotiz der Deutschen Bundesbank nach der Sitzung des Zentralbankrats am 22. April 1982 in Frankfurt/Main", abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 35/1982, S. 1. 35 M. K. Keune, „Niemand denkt ernsthaft an eine Verringerung der Staatsschulden44 (Interview mit G.Fels), in: Welt am Sonntag vom 12.7.1981, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 63/1981, S.4. 36 Der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz, C-L. Wagner, malt den Vorgang weiter aus: „Die Bundesbank wird praktisch zu einer Abteilung des Bundesfinanzministeriums. Sie liefert ihren Gewinn ab und schließt ihr Diskont- und Lombardfenster"; zitiert nach E. Kauntz, Mainz muß Stellen streichen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 255/3.11.1981, S. 6. Mehr als fraglich ist es allerdings, ob das wünschenswert wäre. 37 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1981/82, BTags-Drucksache 9/1061, Ziff. 378 (S. 163).
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— Zum ersten wird die Gewinnausschüttung mit einer direkten Verschuldung des Bundes bei der Notenbank — beispielsweise in Form eines Kassenkredits im Sinne von § 20 BBkG — verglichen 38 . Richtig an diesem Vergleich ist, daß es sich in beiden Fällen um Vorgänge der Zentralbankgeldschöpfung handelt. Aber: Bei der Kreditaufnahme ist eine Tilgung und Verzinsung vorgeschrieben; diese Verpflichtung wird auch eingehalten. Der Hinweis auf eine permanent steigende öffentliche Verschuldung, welche letztlich keine Netto-Tilgung kennt, ist deswegen nicht haltbar. Die Gewinnausschüttung kennt dagegen diese Bedingungen nicht: Es handelt sich dabei für den Staat um eine kostenlose Versorgung mit Zentralbankgeld 39 ; eine Rückzahlung erfolgt nicht. — Zum zweiten wird die Gewinnausschüttung mit der Verschuldung des Bundes auf dem Kreditmarkt verglichen. Wird von dem wiederum geltenden Unterschied der Tilgung und Verzinsung abgesehen, gilt folgende Feststellung: Bei einer Verschuldung des Bundes wird dem Kreditmarkt Liquidität entzogen, was Zinseffekte zur Folge hat 4 0 . Denn der private Sektor muß — bei welcher Gläubigergruppe (ausgenommen ist in diesem Fall naturgemäß die Notenbank) sich der Staat auch immer verschuldet — letztlich auf Zentralbankgeld verzichten. Diese Mittel fließen in den Geldkreislauf zurück, wenn sie vom Staat verausgabt werden. Bei der Gewinnausschüttung ist der (vorhergehende) Entzugseffekt nicht gegeben 41 ; es kommt „nur" zu einer Liquiditätszuführung in Form von Zentralbankgeld an den Geldkreislauf bei der Verausgabung des Gewinnbetrages — mit entsprechenden Zinseffekten, wenn von einer monetären Gegensteuerung seitens der Bundesbank abgesehen wird 4 2 . — Die Gewinnausschüttung wird schließlich mit einer (zusätzlichen) Steuer verglichen. Richtig ist, daß die Steuer wie die Gewinnausschüttung nicht mit einer Rückzahlungs- und Verzinsungsklausel versehen ist. Liquiditätsmäßig gilt aber bei der Steuerfinanzierung die gleiche Feststellung wie 38 „Eine Gewinnausschüttung (wirkt)... ökonomisch ebenso wie Kreditgewährungen der Notenbank an die öffentliche Hand...: Die Geldmenge wird erhöht, ohne daß damit eine entsprechende Zunahme des Güterangebots verbunden wäre". Berliner Bank (Hrsg.): Was geschieht mit dem Bundesbankgewinn?, a. a. O., S. 3. 39 Das gilt — eingeschränkt — auch für das Bankensystem; siehe S. 280. 40 Es wird davon abgesehen, daß die Schuldtitel gegebenenfalls von den Kreditinstituten (vorübergehend) für Refinanzierungszwecke bei der Notenbank eingereicht werden (Lombardkredite/Wertpapierpensionsgeschäfte). 41 Abgestellt wird hier — wohlgemerkt — nur auf den Vorgang der Gewinnausschüttung/Gewinnverwendung. 42 Wenn der Vergleich berechtigt (gewesen) wäre, könnte das Bedeutung für die Einhaltung der Verschuldungsgrenzen des Bundes gemäß Art. 115 GG haben, worauf der CDUBundestagsabgeordnete M. Langner hinweist; Meldung „Keim des Verfassungsbruchs", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 85/13.4.1982, S. 14.
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bei der zusätzlichen Verschuldung des Staates auf dem Kreditmarkt: Während bei der Steuerzahlung (in Zentralbankgeld) zunächst Entzugseffekte und gegebenenfalls dann auch Zinseffekte auftreten, die dann durch die Verausgabung der Mittel rückgängig gemacht werden, ergibt sich mit der Verwendung der Gewinn-Mittel „nur" die Erweiterung des Geldkreislaufes mit zusätzlichem Zentralbankgeld — auch in diesem Fall ist wiederum mit entsprechenden Zinseffekten zu rechnen. Über die Liquiditäts- und Zinseffekte hinaus ist aber auch nach den realwirtschaftlichen Auswirkungen bei den betrachteten Vorgängen zu fragen: Bei einer staatlichen Verschuldung auf dem Kreditmarkt und bei einer (zusätzlichen) Steuer wird dem privaten Sektor zugunsten des Staates letztlich (monetäre) Kaufkraft entzogen: Es kommt zu einer Substitution privater Nachfrage und privaten Sparens durch staatliche Nachfrage. Daraus können unterschiedliche Preiseffekte in der einen und/oder in der anderen Richtung resultieren, denen hier nicht im einzelnen nachzuspüren ist. Die Verschuldung des Staates bei der Notenbank und eine Gewinnausschüttung führen dagegen auf Grund vermehrter staatlicher Nachfrage 43 zu einer erhöhten gesamtwirtschaftlichen Nachfrage — das kann (gegebenenfalls) Preissteigerungen bewirken. Wird aber davon ausgegangen, daß zusätzliche Steuern (anstelle der Gewinnausschüttung) in den Preisen überwälzt werden — was nicht notwendigerweise gegeben sein muß —, dann ist insoweit in der Tat die Gewinnausschüttung mit der Besteuerung vergleichbar. A n dieser Stelle kann die (aktuelle) Begründung dafür ansetzen, warum der Staat bei einer Gewinnausschüttung seine ursprünglich geplante Kreditnachfrage zu vermindern hat. Die staatliche Nachfrage soll nicht noch stärker ausgeweitet werden, um gegebenenfalls dadurch bewirkte Preissteigerungen zu vermeiden.
cc) Das stabilitätspolitische Alibi für die Bundesregierung Die (zitierten) Empfehlungen an die Bundesbank, eine infolge der Gewinnausschüttung für zu hoch gehaltene Zentralbankgeldversorgung des Geldkreislaufes durch den Einsatz des geldpolitischen Instrumentariums zu verringern, entläßt die Bundesregierung für diesen Fall — zu schnell — aus der stabilitätspolitischen Verantwortung. Der Bundesregierung wird damit — ceteris paribus — ein Alibi für eine stabilitätspolitische Fehlentwicklung 43 Für den Notenbankkredit als Kassenkredit ist dies nur mit Einschränkungen zutreffend, weil er (nur) die Funktion der Überbrückung von Kassendefiziten erfüllt.
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in der einen oder anderen Richtung verschafft: Steigt das Preisniveau vergleichsweise stärker als das ohne die Gewinnausschüttung der Fall gewesen wäre (was natürlich nicht geprüft werden kann), so hat die monetäre Gegensteuerung versagt. Ist aber die Zahl der Arbeitslosen weiter gestiegen, war die monetäre Gegensteuerung zu restriktiv. In Wirklichkeit aber ist der verfolgte geldpolitische Kurs, der restriktiver ausgefallen ist, als er ohne Gewinnausschüttung erforderlich gewesen wäre, der Bundesbank insoweit nicht anzulasten. Solange die Politiker dies in der Öffentlichkeit anerkennen und auch vertreten, mag das angehen. Sobald die Bundesbank von politischer Seite aber — wiederholt und nahezu unwidersprochen — als der größte Krisenfaktor in der Bundesrepublik 44 hingestellt wird, untergräbt das allmählich und nahezu unmerklich die Stellung der Bundesbank in der Öffentlichkeit. Das schafft unter Umständen Probleme, die in ihren Auswirkungen noch nicht im einzelnen abzusehen sind, auf die aber aufmerksam zu machen ist.
c) Die Bewertung der Gewinnausschüttung im April 1982 Abgesehen von der vorstehenden grundsätzlichen Wertung der Gewinnausschüttung sind folgende Anmerkungen zum aktuellen Vollzug der Gewinnausschüttung am 23. April 1982 vorzutragen. DieEinschleusungund Steuerung des Bundesbankgewinns in den Geldkreislauf erfolgte in zweifacher Weise: — Bereits vor dem Ausschüttungstermin hat die Bundesbank mit den Banken umfangreiche Wertpapierpensionsgeschäfte zur Anreicherung der Bankenliquidität getätigt. Sie wurden teilweise so terminiert, daß sie in der Zeit um den Ausschüttungstermin herum fällig wurden." 45 So wurde nach der Gewinnabführung nur ein Teil der auslaufenden Wertpapierpensionsgeschäfte erneuert, die liquidisierende Wirkung des einen Vorgangs wurde durch den gegenteiligen Effekt des anderen kompensiert" 46 . A n dieser Stelle wird deutlich — und daran haben die Sprecher der Kreditinstitute, welche eine Gewinnausschüttung an den Bund nachdrücklich ablehnten, wohl nicht gedacht —, daß die vorübergehende 44
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, W. Roth, bezeichnet die Bundesbank als einen „binnenwirtschaftlichen Krisenfaktor allerersten Ranges"; vgl. Meldung „Roth: Krisenfaktor Bundesbank", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 65/18.3.1981, S. 13; siehe auch „Fetzen sind nicht geflogen, in: Handelsblatt, Nr. 54/18.3.1981, S.6; G. Kutscher, Nur Tiefschläge, in: Handelsblatt Nr. 55/19.3.1981, S. 2. 4< Vgl. ο. V., Pension bei der Notenbank, in: Wirtschaftswoche, Nr. 16/1982, S. 178; siehe beispielsweise auch Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 30/1982, S. 1 („Bundesbank teilt 5,8 Mrd. D M zu"). 46 Deutsche Bundesbank, Die Wirtschaftslage in der Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1982, a.a.O., S . l l .
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Liquiditätsausstattung durch Wertpapierpensionen, die zudem etwas kosteten, nun in eine endgültige Liquiditätsversorgung umgewandelt wurde, die durchschnittlich wohl weit weniger kostet (Einlagenzinsen und anteilige Mindestreservehaltung). Zumindest wird die Sekundärliquidität des Bankensystems in nicht unerheblichem Maße geschont; sie ist für zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte nutzbar. — Der Gewinnbetrag selbst wurde einerseits zur Rückführung des bei der Bundesbank in Anspruch genommenen Kassenkredits (4,7 Mrd. D M ) verwendet 47 , und andererseits zur Liquidisierung des Geldmarktes im Rahmen der Einlagenpolitik gemäß § 17 BBkG (also mit Zustimmung der Bundesbank) vorübergehend im Bankensystem verzinslich angelegt 48 . Erst im Laufe des M a i 1982 wurden die Gelder dann schrittweise zurückgezogen und teilweise kassenwirksam verausgabt, so daß das Zentralbankgeld allmählich und endgültig im Geldkreislauf untergebracht wurde 49 . Anfang Juni mußte der Bund bereits wieder den Kassenkredit bei der Bundesbank mit 2,1 Mrd. D M in Anspruch nehmen 50 . Aus dieser Darstellung ist abzuleiten: Die Einschleusung des Gewinnbetrages in den Geldkreislauf gelang durch Maßnahmen der Feinsteuerung im Sinne der oben aufgeführten Zitate. Besondere Verzerrungen des Geldmarktes ergaben sich nicht. Daß dies so war, bestätigt auch die unmittelbar daran anschließende Politik der Bundesbank: Zunächst wurde am 6. Mai 1982 die Sonderlombard-Regelung aufgehoben und das herkömmliche „Lombardfenster" wieder geöffnet. Und bald danach, zum 23. Juni 1982, stockte die Bundesbank zudem das Rediskontkontingent des Bankensystems um 5 Mrd. D M und die Linie für Privatdiskonten um 500 Mio. D M auf. Außerdem wurden dem Bankensystem nachfolgend über weitere Wertpapierpensionsgeschäfte Liquiditätshilfen gewährt. 47 Die Vorstellung, daß die Verwendung (eines Teils) des Bundesbankgewinns zur Tilgung von Kassenkrediten anderenfalls befürchtete inflationäre Gefahren der Gewinnverwendung ausschließt, beruht auf einer Illusion. Eine Verringerung der NettoSchuldaufnahme ist damit nicht verbunden. Die Bundesbankgewinne werden zur Deckung bestehender Haushaltslücken und nicht zur Überwindung von vorübergehenden Kassendefiziten eingesetzt. Im übrigen: Kassenkredite können (gegebenenfalls gemäß §20 BBkG) bei Bedarf erneut in Anspruch genommen werden; so geschah es bei der Gewinnausschüttung und Gewinnverwendung im April 1981. 48 Vgl. Deutsche Bundesbank, Erläuterungen des Wochenausweises der Deutschen Bundesbank zum 23. April 1982, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 38/1982, S. 10; siehe auch Deutsche Bundesbank, Die Wirtschaftslage in der Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1982, a.a.O., S. 12. 49 Siehe dazu die jeweiligen Erläuterungen zu den Wochenausweisen der Deutschen Bundesbank, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 42/1982, S. 9; Nr. 47/1982, S.8; Nr. 48/1982, S. 10; Nr. 51/1982, S. 11; Nr. 59/1982, S.8. 50 Siehe Erläuterungen des Wochenausweises der Deutschen Bundesbank zum 7. Juni 1982, in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 59/1982, S. 8.
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Dietrich Dickertmann
Diese Regelungen hätte die Bundesbank sicherlich nicht getroffen, wenn von der Gewinnausschüttung und Gewinnverwendung unerwünschte Wirkungen auf die zielorientierte Steuerung der Zentralbankgeldmenge ausgegangen wären 51 . I n diesem Fall hat die Bundesbank also — was ihr allerdings durch die monetäre Großwetterlage erleichtert wurde — vorausschauend und flexibel reagiert. Die Einschleusung des Gewinns in den Geldkreislauf ist — mit Unterstützung des Bundesfinanzministers — unauffällig und reibungslos gelungen. Von einer inflatorischen Wirkung der Gewinnausschüttung kann insoweit jedenfalls nicht gesprochen werden 52 . Die Wachstumsrate der Zentralbank-Geldmenge lag im Juni 1982 um 6,8 v. H. über ihrem Durchschnittsstand vom vierten Quartal 1981. Sie lag damit — wie vorgesehen — am oberen Rand des Zielkorridors (4 bis 7 v . H . ) der Deutschen Bundesbank 53 .
2. Die Gewinnverwendung
im Kompetenzbereich der Bundesregierung
a) Die fiskalische Bewertung Aus der Sicht des Bundesfinanzministers ist es sicherlich unstreitig, daß es sich bei der Gewinnausschüttung der Bundesbank um eine höchst willkommene Einnahme handelt. Immerhin entspricht eine Gewinnabführung in Höhe von 10,5 Mrd. D M rd. 10 v. H. des erwarteten Mehrwertsteueraufkommens 1982 (Umsatzsteuer und Einfuhrumsatzsteuer: 104 Mrd. D M ) 5 4 oder 51 Siehe auch „Pressenotiz der Deutschen Bundesbank nach der Sitzung des Zentralbankrats am 22. April 1982 in Frankfurt am Main", in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 35/1982, S. 1. 52 Zahlreiche Kritiker der Gewinnausschüttung wurden insoweit widerlegt; beispielsweise der Präsident der Landeszentralbank in Bayern, L. Müller, Geld- und Finanzpolitik in der Bundesrepublik Deutschland — nebeneinander oder miteinander?, Vortrag vor der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken am 23.10.1981, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 100/1981, S. 9; der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbänden, H. Geiger. Ich halte nichts von Programmen, in: BörsenZeitung vom 27.1.1982, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 10/1982, S. 2; ders., Weiterhin auf der Talsohle, in: Deutsche Sparkassenzeitung vom 5.3.1982, abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 21/1982, S. 7. Siehe dazu auch entgegengesetzte Stellungnahmen zur (aktuellen) Zinsentwicklung kurz vor der Gewinnausschüttung im April 1982 durch den Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken einerseits und den Deutschen Sparkassen- und Giroverband andererseits (Handelsblatt, Nr. 73/16./17.4.1982, S.9). 53 Vgl. Deutsche Bundesbank, Kurzberichte — Monetäre Entwicklung, in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 7/1982, S.6. 54 Bezogen auf den Bundesanteil in Höhe von (geschätzten) 60,9 Mrd. D M (ermittelt insbesondere nach Abzug des EG-Anteils) macht das über 17 v.H. aus.
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten?
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fast den Einnahmen aus der Tabaksteuer (erwartetes Aufkommen für 1982: 11,5 Mrd. D M ) . Dementsprechend kommt der ehemalige Bundesfinanzminister H. Matthöfer am 29. Oktober 1981 in seiner bereits erwähnten Regierungserklärung zur Haushalts- und Finanzlage vor dem Deutschen Bundestag bezüglich der Gewinnausschüttung zu folgender Überlegung: Der Bundesbankgewinn „ist das Ergebnis der gegenwärtigen Wirtschaftslage und insofern ein sinnvoller Gegenposten zu konjunkturbedingten Mindereinnahmen und Mehrausgaben, auf Neudeutsch: gewissermaßen ein built in-stabilizer" 55 . Und ergänzend begründet er seine Ansicht (an anderer Stelle): „Es muß berücksichtigt werden, daß ein Teil des Ausgabenzuwachses in 1982 auf erhöhte Zinszahlungen des Bundes zurückzuführen ist. . . . Gewinnabführungen und Ausgabenzuwachs sind demnach in einem gewissen Umfang auf dieselben Faktoren zurückzuführen" 56 . Bei dieser Wertung handelt es sich offenkundig um eine sehr einseitige und unvollständige Beurteilung der Gewinnausschüttung. Sicherlich werden die Vorgänge unzulässig vereinfacht, wenn der Bundesbankgewinn als eine Art „gerechter Ausgleich" für die hohen Zinslasten bei den Bundesschulden angesehen werden. Verantwortlich für diese hohen Zinsausgaben war und ist unter anderem auch die zu hohe Verschuldung des Bundes in den vergangenen Jahren. Zudem wird die Nachhaltigkeit (Dauerhaftigkeit) dieses Finanzierungsbeitrags zum Bundeshaushalt nicht in Frage gestellt. So mahnt der Sachverständigenrat in seinem Sondergutachten vom 7. Juli 1981 — nachdem er zuvor die Einbeziehung des Bundesbankgewinns in die Haushaltsrechnung als „nicht streitig" erklärt —: „geboten ist freilich, ihn (den Gewinn, der Verfasser) im vorhinein vorsichtig zu bemessen, da der Gewinn unsicher ist" 5 7 . Und der Präsident der Deutschen Bundesbank, Karl Otto Pohl sekundiert: „Niemand sollte sich jedoch der Illusion hingeben, das Himmelsgeschenk des Bundesbankgewinns sei ein Ersatz für eine dauerhafte Lösung der Haushaltsprobleme, die nach wie vor aufgeschoben ist.. ," 5 8 .
b) Eine finanzpolitische Bewertung Ergänzend zu der fiskalischen Wertung ist auf eine politische Bewertung der Gewinnausschüttung einzugehen, die sich vor allem auf die Planung des 55
Das Parlament, Nr. 46/14.11.1981, S. 1. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Fragen zur Gewinnausschüttung der Deutschen Bundesbank, a. a. O., S. 4. Siehe ergänzend den E>iskussionsbeitrag des SPD-Bundestagsabgeordneten H. Westphal zur oben erwähnten Regierungserklärung, in: Das Parlament, Nr. 46/14. 11. 1981, S. 4. 57 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Sondergutachten... a. a. O., Ziff. 33 (S. 11). 58 K. O. Pohl, Geldwertstabilität und Wirtschaftswachstum, a.a.O., S.3. 56
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Dietrich Dickertmann Bundesbank-Gewinne: Ein Himmelsgeschenk
Sterntaler '81 Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 253, vom 31. 10. 1981, S. 3.
Bundeshaushalts 1982 konzentriert. Die Einbringung des Bundesbankgewinns in den Bundeshaushalt 1982 ist durch den damaligen Bundesfinanzminister, H. Matthöfer, in mehrfacher Hinsicht ungeschickt und unschicklich abgewickelt worden: Offensichtlich hat der Bundesfinanzminister nicht richtig erkannt, wie die Öffentlichkeit auf einen derartigen Transfer reagiert — nämlich überwiegend empfindlich. Für viele Betrachter des Geschehens handelt es sich bei der Gewinnausschüttung um eine Betätigung der Notenpresse — um eine Art Taschenspielertrick, da die Entstehungsgründe für den Gewinn — zumal in dieser Größenordnung— nicht durchschaubar sind. Der Bundesfinanzminister hätte hier früher und vorsorglich das politische Umfeld informativ vorbereiten müssen. Das hat er versäumt. Eine derartige Offenlegung wurde vermutlich deswegen nicht betrieben, weil der Minister den Bundesbankgewinn lange — zu lange — als „stille Reserve" in seine
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von H a u s h a l t s d e f i z i t e n ? 2 8 5
Haushalts- und Finanzplanung einbezogen hatte 59 , die im übrigen mit absehbaren Risiken zu „großzügig" umging. Während der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Karl Haehser, auf eine diesbezügliche Anfrage im Bundestag am 25. Juni 1981 noch ausführte, „eine Prognose für den diesjährigen Jahresabschluß der Deutschen Bundesbank sei derzeit nicht möglich" 6 0 , schätzte der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank A G , Hans Friderichs, bereits am 29. Juni 1981 den Bundesbankgewinn auf über 10 Milliarden D M 6 1 . Der Bundesfinanzminister dementierte dagegen noch am 16. Juli 1981 einen Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit": Er beabsichtige „niemals einen Gewinn in Höhe von 10 Milliarden D M in den Haushalt einzustellen" 62 . Die Anhebung des Gewinnbetrages im Bundeshaushaltsplan 1982 erfolgte gleichsam scheibchenweise — erzwungenermaßen, weil die Deckungslücken immer größer und die Finanzierungsmöglichkeiten gleichzeitig immer schlechter wurden. Die Datenfolge für den Haushaltsansatz „Bundesbankgewinn" läßt das erkennen: 2./3.9.1981 22. 10. 1981 26.10.1981 Anfang Dezember 1981 Mitte Dezember 1981 .
6,1 Mrd. 8,3 Mrd. 10,0 Mrd. 10.4 Mrd. 10.5 Mrd.
DM DM DM DM DM63
Die Versicherung des Bundesfinanzministers, daß er pflichtgemäß alle zu erwartenden Einnahmen einzuplanen habe, wirkte angesichts der bekanntgewordenen Daten dann nicht mehr glaubwürdig. Der Bundesfinanzminister und auch der Bundeskanzler hatten sich zudem — die Risiken in der Haushaltsplanung nicht richtig einschätzend — vorzeitig in der Öffentlichkeit darauf festgelegt, daß ein über 6,1 Mrd. D M hinausgehender Gewinntransfer für eine Rückführung der Nettokreditaufnahme eingesetzt werde 64 . Diese Zusage konnte dann im weiteren Planungsverfah59
Vgl. ο. V., Das wäre Brüning-Politik, in: Wirtschaftswoche, Nr. 15/1981, S.46. BTags-Drucksache 9/623, S. 11. 61 Vgl. H. Friderichs, Bundesbankgewinne machen sinnlich, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 146/29.6.1981, S. 13. 62 Vgl. Meldung „Matthöfer: 10 Mrd. D M nie genannt", in: Handelsblatt, Nr. 134/17./18.7.1981, S. 7; siehe ergänzend R. Herlt, Hans Matthöfers Traum, in: Die Zeit, Nr. 30/17.7.1981, S. 17. 63 Im Februar 1982 wurde im Bundesfinanzministerium dann sogar erwogen, einen noch höheren Gewinnbetrag (ca. 12 Mrd. DM) vorzusehen; vgl. B. Blohm, Kasse macht sinnlich, in: Handelsblatt, Nr. 23/3.2.1981, S.2; siehe auch Meldung „Mehrwertsteuer wieder in der Diskussion", in: Handelsblatt, Nr. 20/29./30.1.1982, S. 1. 64 Vgl. Interview mit Bundesfinanzminister H. Matthöfer, „Weg vom Konsum, hin zu den Investitionen", in: Der Spiegel, Nr. 30/1981, S.27. Siehe ergänzend P. Gillies, Rote Zahlen, blaue Augen und Schwarzseher, in: Genossenschaftsforum, H. 12/1981, S.535. 60
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Dietrich Dickertmann
ren nicht eingehalten werden. Auch das hat der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung geschadet. Dieser Tatbestand war im übrigen weniger bedeutsam für die Kreditmärkte, wo die Erwartungen hinsichtlich der öffentlichen Kreditnachfrage modifiziert werden mußten. Höher eingeschätzt worden wäre — neben der Einsparung von entsprechenden Zinsausgaben im Bundeshaushalt bei einer niedrigen Verschuldung — die damit signalisierte Zielsetzung, die in den vergangenen Jahren stark gestiegene Wachstumsrate der öffentlichen Verschuldung zurückzuführen. Die Gewinnabführung ist schließlich in Beziehung zu setzen zu dem gesamten finanzpolitischen Bemühen der Bundesregierung. Sie war im Sommer 1981 angetreten, eine Haushaltskonsolidierung zu bewirken: Durch sinnvolle Sparsamkeit sollte die Verschuldung verringert werden; mit der Operation '82 sollte ein Sparvolumen von rd. 20 Mrd. D M realisiert werden. Diese Zielsetzung wurde dann mit Blick auf den erwarteten Bundesbankgewinn nicht erfüllt 65 . Und ähnlich lief das Verfahren bei der Haushaltsplanung 1983 (Operation '83) durch den Nachfolger im Amt des Bundesfinanzministers, M. Lahnstein: Nahezu selbstverständlich wurde in den Haushaltsplan 1983 ein erwarteter Bundesbankgewinn von 10 Mrd. D M eingesetzt66. Der Bundesbankgewinn hat dieses finanzpolitisch bedenkliche Abweichen von den angekündigten Konsolidierungszielen erst ermöglicht. Die verantwortlichen Politiker gingen den sich abzeichnenden Konflikten, die bei einer Realisierung von Ausgabenkürzungen zwangsläufig auftreten mußten, bereitwillig aus dem Weg. W. Ehrlicher kommentierte den Vorgang in einem Diskussionsbeitrag auf der Tagung der Adolf-Weber-Stiftung am 15. September 1981 in Bonn über den Bundesbankgewinn mit den Worten: „Die Gewinnausschüttung vermindert den Kursänderungs-Druck" 67 . Der Bundesbankgewinn hat also neben der fiskalischen Funktion der Finanzierung von öffentlichen Ausgaben zwischenzeitlich eine politische Funktion erhalten: Die der — temporären — Konfliktlösung. Anderenfalls hätten zusätzliche Sparmaßnahmen entwickelt und politisch durchgesetzt werden müssen. Das Kompromißpotential in der amtierenden Bundesregierung war und ist aber offensichtlich weitgehend erschöpft. Das erforderliche finanzwirtschaftliche 65
Stellvertretend für die Flut diesbezüglicher Veröffentlichungen siehe W. Kannengießer, Von Operation zu Operation, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 150/3.7.1982,
S.llf.
66 Ähnliche Verfahrensweisen lassen sich bei der Berücksichtigung des Bundesbankgewinns in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes kennzeichnen; siehe dazu Finanzplan 1980-1984 (Ansatz für 1981: 1,7 Mrd. DM); Finanzplan 1981-1985 (Ansatz für 1982: 6,1 Mrd. D M ) und Finanzplan 1982-1986 (Ansatz für 1983: 10 Mrd. DM;1984: 6,0 Mrd. DM). Quellen dazu: Bundesministerium der Finanzen: Finanzbericht 1981, S. 77; Finanzbericht 1982, S. 75; BMF-Finanznachrichten, Nr. 21/81-1982, S.2. 67
Über die Tagung berichtet die Börsen-Zeitung vom 17.9.1981 („Schlecht: Bundesbankgewinne verstetigen"), abgedruckt in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 81/1981, S.3f.
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten?
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Umdenken wurde und wird zumindest in Teilbereichen und in Höhe des eingeplanten Bundesbankgewinns (erneut) auf die lange Bank geschoben. Die durch den Bundesbankgewinn erreichten Handlungsspielräume und Zeitgewinne wurden und werden nicht genutzt. Die Gewöhnung an diese Gewinne, von der doch Hans Matthöfer angeblich nichts wissen wollte 6 8 , ist bereits eingetreten. Nicht oder zumindest zu wenig bedacht wird, daß einzuleitende Konsolidierungsmaßnahmen, die — unter Beachtung der bestehenden Etatrisiken — unumgänglich erscheinen, systemgerecht durchdacht und in eine verständliche gesetzliche Form gebracht, ihre Zeit brauchen, um die Einsparungswirkungen zu erzielen, die angestrebt werden sollen. I n den eingetretenen und in Kauf genommenen Zeitverlusten ist das größte finanzwirtschaftliche Problem der Gewinnausschüttung zu sehen. Denn: Die gegenwärtig noch günstigen Ertragsaussichten der Bundesbank können sich bei veränderter Währungslage und Zinskonstellation schnell verschlechtern. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß die Bundesbank aufgrund der monetären Entwickung gezwungen sein kann, auch über mehrere Jahre hinweg Verluste auszuweisen. Und wie wird die dann entstehende Finanzierungslücke gedeckt? Der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, Helmut Geiger, hat — warnend, was nachdrücklich zu unterstreichen ist — die Richtung gewiesen: Er glaubt, daß sich zukünftig „der Druck auf die Deutsche Bundesbank verstärkt, durch Bewertungsänderungen. . . die hohe Ausschüttung auch künftig darzustellen" 69 . Das zielt vor allem auf die — niedrig bewertete — Gold-Position in der BundesbankBilanz. c) Die stabilitätspolitische Einbindung des Bundesbankgewinns in den Bundeshaushalt Während der Bundesfinanzminister den Bundesbankgewinn voll in seine Haushaltsplanung einbezieht, schlägt der Sachverständigenrat dem Minister vor, den Gewinn nur zum Ausgleich konjunkturbedingter Steuermindereinnahmen zu verwenden, um nicht zusätzliche kontraktive Effekte zuzulassen. Konkret unterscheidet der Sachverständigenrat 70 zwischen — einem dauernden Teil des Gewinns (vorsichtig, aber letztlich mit 3 Mrd. D M doch willkürlich angesetzt), der als Deckungsbeitrag für konjunkturneutrale Ausgaben herangezogen werden kann, 68
Vgl. Interview mit Bundesfinanzminister H. Matthöfer, „Weg vom Konsum.. Λ a.a.O., S. 28. 69 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1981/82, a. a.O., Ziff. 378 (S. 163). 7,1 Ebenda. — Die vom Sachverständigenrat angestrebte Verstetigungsstrategie durch eine limitierte Gewinnausschüttung war zuvor bereits in einem Interview vom Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank, H. Schlesinger: „Eine Grat Wanderung44, in: Wirtschaftswoche, Nr. 31/1981, S. 13, als zweckdienlich erachtet worden.
Dietrich Dickertmann
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und — einem anomalen Teil des Gewinns, der den konjunkturneutralen Teil des Finanzierungsdefizits mindert und deswegen zur Einschränkung der Kreditaufnahme herangezogen werden soll. Und ergänzend begründet der Rat seine Vorstellungen wie folgt: „Weder die Zufalle noch die geldpolitischen Gründe und schon gar nicht die Zinserträge aus Währungsreserven. . . dürfen Anlaß sein, eine Erweiterung des konjunkturneutralen Spielraums für zusätzliche Staatsausgaben anzunehmen. Nur für einen Bundesbankgewinn in »normaler' Höhe, mit dem der Bund dauernd rechnen kann, sollte gelten, daß er in die Ausgabenplanung wie andere ordentliche Einnahmen eingeht" 71 . Diese Aufteilung des Bundesbankgewinns mag theoretisch zielgerecht und wohlbegründet sein. Nur: Angesichts der leeren Bundeskasse ist sie finanzpolitisch überhaupt nicht durchzusetzen — was auch der Sachverständigenrat mehr oder weniger resignierend erkennt. — Müßig ist in diesem Zusammenhang letztlich die Diskussion darüber, ob mit den Gewinnmitteln besser investive Ausgaben finanziert werden oder ob sie auch für konsumtive Zwecke eingesetzt werden können. Es gilt für den Bundeshaushalt das Non-Affektationsprinzip. Würde eine Zweckbindung zu Gunsten investiver Ausgaben vorgesehen, schließt das nicht aus, daß dies durch eine schlichte Umschichtung innerhalb des Budgets bewerkstelligt wird. Zu fragen ist — ergänzend zu den Überlegungen des Sachverständigenrats — allerdings auch nach den Alternativen, die dem Bundesfinanzminister anstelle des Bundesbankgewinns zur Verfügung stehen, und nach den Wirkungen, die vom Einsatz alternativer finanzpolitischer Finanzierungsinstrumente in der gegenwärtigen Konjunktur- und Haushaltslage ausgehen würden. Dem Bundesfinanzminister stehen zwei Handlungsparameter zur Verfügung, wenn bei der Betrachtung auf einen kurzfristig herbeizuführenden Ausgleich des Haushalts abgestellt und eine zusätzliche Verschuldung ausgeschlossen wird. Er kann die Ausgaben senken oder die Steuern erhöhen. Zu diesen Alternativen und zu den von ihnen ausgehenden Wirkungen bei ihrem Einsatz braucht Weiteres an dieser Stelle nicht dargelegt zu werden.
d) Der Bundesbankgewinn weckt förderale Begierden Von den vielfach betonten stabilitätspolitischen Gefahren, welche von der Gewinnausschüttung ausgehen können, blieben die Bundesländer 71 Ebenda. — Die vom Sachverständigenrat angestrebte Verstetigungsstrategie durch eine limitierte Gewinnausschüttung war zuvor bereits in einem Interview vom Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank, H. Schlesinger, „Eine Gratwanderung", in: Wirtschaftswoche, Nr. 31/1981, S. 13, als zweckdienlich erachtet worden.
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten?
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nahezu unbeeindruckt. Der hohe Bundesbankgewinn animierte sie natürlich, Anteile davon direkt oder indirekt für sich zu fordern. Der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz, Carl-Ludwig Wagner begründet Länder-Ansprüche auf den Bundesbankgewinn mit drei Argumenten 72 . — Die von den Ländern bei der Bundesbank aufgenommenen Kassenkredite seien mit dem Diskontsatz zu verzinsen; über die so entstehenden Zinserträge der Bundesbank könne aber allein der Bund verfügen. Kritisiert wird damit eine Form des „versteckten Finanzausgleichs". — Bei den Bundesbankgewinnen handele es sich um eine zins- und tilgungsfreie Finanzierungsquelle des Bundes, während die Länder ihre Kredite nur bei entsprechendem Schuldendienst aufnehmen können. — Konjunkturbedingte Mindereinnahmen seien nicht nur beim Bund, sondern auch bei den Ländern und bei den Gemeinden angefallen. Diese Argumente vermögen nicht vollständig zu überzeugen. Trefflicher wäre wohl eine andere Begründung gewesen: Die Bundesbankgewinne werden nicht nur und allein in Frankfurt erzielt, sondern entstehen unmittelbar oder mittelbar durch diesbezügliche Transaktionen bei allen Zweigstellen der Bundesbank in allen Bundesländern. Von daher böte es sich an, die bisher steuerbefreite Bundesbank der üblichen Besteuerung zu unterwerfen 73 . Das Steueraufkommen würde dann nach dem für die jeweiligen Steuern geltenden Verteilungsschlüssel auf den Bund, die Länder und auch auf die Gemeinden im Steuerverbund verteilt werden. Konkret geht es bei einer Beteiligung der Länder am Bundesbankgewinn um die Frage, ob der Bundesbankgewinn zu den „laufenden Einnahmen" des Bundes zu rechnen ist und dementsprechend in die Finanzausgleichsregelung nach Artikel 106 G G — Verteilung der Umsatzsteuer — einzubeziehen ist oder nicht. Eine dafür eingesetzte Sachverständigenkommission hat sich kürzlich um eine Antwort in dieser Sache bemüht — ist aber nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen. Denn sie stellt in ihrem Gutachten fest: Der Bundesbankgewinn gehört „bedingt" zu den laufenden Einnahmen 74 . 72 Vgl. C.-L. Wagner, Zur Problematik des Bundesbankgewinns, in: Handelsblatt, Nr. 232/3.12.1981, S. 5. 73 Der Finanzminister von Rheinland-Pfalz, C.-L. Wagner, möchte dagegen die Bundesbank (nur) der Körperschaftssteuer unterwerfen, damit die Länder an einem Teil des Gewinns partizipieren; vgl. ebenda, S. 5. 74 Vgl. Sachverständigenkommission zur Vorklärung finanzverfassungsrechtlicher Fragen für künftige Neufestlegungen der Umsatzsteueranteile: Maßstäbe und Verfahren zur Verteilung der Umsatzsteuer nach Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GG, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, H. 30, Bonn 1981, S.66, 49. Das Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.): Zur Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern, BMFDokumentation 9/82, S. 20, ist der Ansicht, „daß die Voraussetzungen dafür, die Gewinnablieferungen der Bundesbank den laufenden Einnahmen zuzurechen, ζ. Z. (Hervorhebung vom Verfasser) nicht gegeben sind". Siehe auch o.V.: Verfassungsstreit um die leeren Staatskassen, in: Handelsblatt, Nr. 46/8.3.1982, S. 5.
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Dietrich Dickertmann
Die aus dieser Aussage ableitbare Schlußfolgerung muß dann lauten: Dementsprechend gehört auch der Bundesbankgewinn nur bedingt in den Finanzausgleich. Die zuständigen Finanzpolitiker beim Bund und in den Ländern sind damit so klug wie zuvor. So wird uns dieser Streitpunkt zunächst einmal erhalten bleiben. Die bereits eingeleiteten Verhandlungen zur Neuverteilung der Umsatzsteuer zwischen dem Bund und den Ländern werden das zeigen. Die föderale Auseinandersetzung um den Bundesbankgewinn wird sicherlich schwierig, wenn sich der Eindruck verstärkt, daß der Bundesbankgewinn zum Dauerfinanzierungsinstrument des Bundes wird (werden soll).
IV. Zusammenfassung Die im Thema gestellte Frage zur Abführung von Bundesbankgewinnen an den Bundeshaushalt ist nach den vorstehenden Überlegungen wie folgt zu beantworten: 7. Bewertung für den monetären Bereich (1) Die Gewinnausschüttung wirkt — wenn von gegenläufigen Liquiditätseffekten bei der Gewinnerttstehung abgesehen wird — für sich genommen expansiv. Aber: Sie ist nicht von vornherein mit inflatorischer Politik gleichzusetzen. Eine geldpolitische Steuerung der durch die Gewinnausschüttung bewirkten Zentralbankgeldschöpfung ist grundsätzlich möglich. Allerdings dürften die monetären Bedingungen sicherlich nicht immer so „günstig" sein, wie das im Frühjahr 1982 der Fall gewesen ist. Insoweit kann dem juristischen Fachvertreter, von dem eingangs die Rede war, geholfen werden. Aber: Damit ist die Antwort noch nicht abgeschlossen. (2) Die ordnungspolitischen Konsequenzen einer Zentralbankgeldversorgung via Gewinnausschüttung und Staatseinfluß sowie die mit einer geldpolitischen Gegensteuerung einhergehenden Struktureffekte sind zu erkennen und müssen bei der geldpolitischen Steuerung und bei der Gewinnverwendung angemessen beachtet werden. (3) Die stabilitätspolitische Verantwortung für eine störungsfreie Einbringung der Bundesbankgewinne in den Geldkreislauf darf nicht allein bei der Bundesbank liegen. Die Bundesregierung ist hier gleichermaßen gefordert. 2. Bewertung fur den finanzwirtschaftlichen
Bereich
(1) Der Bundesbankgewinn ist zweifellos ein willkommenes Finanzierungsinstrument des Bundesfinanzministers. Die davon gegebenenfalls ausgehenden destabilisierenden Wirkungen sind jedoch nicht für sich allein zu
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von H a u s h a l t s d e f i z i t e n ? 2 9 1
werten; ergänzend ist zu prüfen, welche konjunkturellen Wirkungen eintreten würden, wenn der Bundesbankgewinn nicht zur Verfügung steht und auf andere Handlungsparameter zurückgegriffen werden muß. (2) Die Gewinnabführung der Bundesbank wird Gegenstand fiskalischer Erörterungen bleiben. Die Bundesländer werden versuchen, Ausgleichsansprüche auf Grund dieser „zusätzlichen" Einnahmen des Bundes geltend zu machen 75 . Die fiskalische Entlastung für den Bund würde sich dadurch verringern. (3) Bundesregierung und Bundesfinanzminister haben den mit der Gewinnabführung gewonnenen Handlungsspielraum für eine Haushaltskonsolidierung mit langem Atem nicht hinreichend genutzt — weder im Haushaltsjahr 1982 noch für den Haushaltsplan 1983. Damit wurden mögliche Maßnahmen zu einer angestrebten und anzustrebenden Haushaltskonsolidierung nicht nur nicht eingeleitet, sondern obendrein viel politisches Vertrauenskapital verspielt. (4) Allgemeiner Konsens muß auf jeden Fall darüber bestehen, — daß die Bundesbank ihre Aktionen nicht darauf ausrichten kann und darf, wenigstens einen wie auch immer angesetzten „Normalgewinn" für den Bund erwirtschaften zu müssen. — daß sich der Bundesfinanzminister auch nicht durch eine Fortsetzung seiner bisherigen Politik — vergleichbar mit Münchhausen, der sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zog — aus der finanzwirtschaftlichen Dilemmasituation ziehen kann. Die Lösung der anstehenden Haushaltsprobleme wird aber sicherlich nicht erreicht nach der Devise: Hohe Haushaltsdefizite Inflationäre Impulse Restriktive Notenbankpolitik Hohe Zinssätze Hohe Bundesbankgewinne Leichte Haushaltsfinanzierung.
75 Durchaus ernst zu nehmende Bonner Gerüchte besagen, daß den Ländern zum Ausgleich eine Aufstockung des Kassenkredit-Plafonds gemäß § 20 BBkG zugestanden werden soll. Das erfordert allerdings eine Änderung des Bundesbankgesetzes.
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135,5 1,1 1,1
156,4 6,7 1,6
59,7
136,6
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158,0
1961
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_
137,1 1,6 2,3
138,2
1963
1,9 _
78,8 1,7
80^4
1964
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56,7 2,7
59^0
1965
3,6 _
85,1
87^0 6(Ü
1966
58,5
1967 91^9
_
_
586,9 89,2
1968
1: Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank: I. Aufwand* (in Mio. DM)
_
583,3
1969
1970
544,9
180,2
226,5
269,9
303,7
366,5
Nebenrechnung: Betriebsüberschuß ohne Abschreibung/Zuschreibung auf Währungsreserven
10. Jahresüberschufi
534,6
497,2
500,8
1 419,9
0
786,2
3. Verwaltungskosten 691,9 167,2 175,5 187,1 198,1 215,6 235,8 247,2 260,5 286,9 328,3 -persönliche 499,6 143,5 149,8 160,2 169,6 184,8 201,4 211,3 220,7 243,1 278,7 - sächliche 92,3 23,7 25,7 26,9 28,5 30,8 34,4 35,9 39,8 43,8 49,6 4. Notendruck 44,4 33,0 29,5 24,4 28,4 25,4 23,8 27,1 35,1 38,4 48,4 5. Abschreibungen 49,9 10,3 13,4 17,8 25,1 32,2 32,3 12,3 15,4 14,7 14,6 - auf Grundstücke u. Gebäude 39,6 7,3 10,3 14,6 20,0 28,5 27,4 9,8 11,6 10,6 8,7 - auf Betriebs- u. Geschäftsausstattg. 10,3 3,1 3,1 3,2 5,1 3,7 4,9 2,5 3,8 4,1 5,8 6. Zuweisungen an Rückstellungen 580,0 125,3 150,2 212,3 245,6 249,9 273,9 275,9 504,9 46,5 1 252,2 - für Pensionsverpflichtungen 219,6 50,2 50,2 62,3 70,6 99,9 123,9 102,1 104,9 46,5 152,2 - Sonstige 360,4 75,0 100,0 150,0 175,0 150,0 150,0 173,8 400,0 1 100,0 7. Versorgungsleistungen wegen Reichsbank 81,5 21,7 24,1 25,9 24,7 26,8 27,3 28,1 27,6 32,9 33,4 8. Sonst. Aufwendungen 13,5 4,3 3,9 3,8 3,9 6,1 6,0 7,2 8,1 10,6 17,5 9. Abschreibungen auf die Währungsreserven u. sonst. Fremdwährungspositionen15) _ _ c ) _ _ _ _ _ _ 4 098,9
1. Zinsen 846,4 252,7 - für Mobilisierungsu. Liquiditätspapiere 806,7 246,0 - Sonstige Zinsen 39,7 2. Bewertungsbedarf f.d. a Auslandsposition > 266,5
1957/60
Tabelle
292 Dietrich Dickertmann
1972
1977
1978
_
_
_
_
_
_
53,0
124,7
1976
191,8 171,9 341,2 119,4 683,4 4,8 5,3 18,4 170,4e) 113,2e) 182,2e)
346,0
1975 223,4
177,3
1974 701,8
196,7
1973
_
146,5
259,7
1979
_
477,4
659,6
1980
_
1981
-
0
-
9 539,4
-
-
4 631,2 6 661,6 8 836,3
13 144,8 13 144,8
3 793,3 8 836,3
* Die eingerahmten Angaben stammen aus dem Aufwands- und Ertragsvergleich in den Erläuterungen der Bundesbank zur GuV-Rechnung. a) Siehe auch Position 9. - b) Siehe auch Position 2. - c) Es entstand ein Abschreibungsbedarf in Höhe von 1 475,1 Mio. DM. Nach der Auflösung sonstiger Rückstellungen in Höhe von 210,1 Mio. DM außerhalb der GuV-Rechnung wurde eine Forderung gegen den Bund in Höhe von 1 265,0 Mrd. DM in die Bilanz eingestellt; siehe Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1961, S. 102, 112, § 30 Haushaltsgesetz 1961. - d) Der Abschreibungsbedarf lag um 1 031,9 Mrd. DM höher, er wurde „außerhalb" der GuV-Rechnung durch die Auflösung sonstiger Rückstellungen gedeckt; siehe Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1971, S. 148. Im Jahre 1972 wurde wiederum außerhalb der GuV-Rechnung der Abschreibungsbedarf für 1971 um 42,1 Mio. DM auf 1 074,0 Mrd. DM erhöht und durch die Auflösung sonstiger Rückstellungen gedeckt; siehe Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1972, S. 142. - e) Einschließlich Zinsen für Devisenpensions- und Swapgeschäfte mit inländischen Kreditinstituten. Quelle: Zusammengestellt nach den Geschäftsberichten der Deutschen Bundesbank.
Nebenrechnung: Betriebsüberschuß ohne Abschreibung/Zuschreibung auf Währungsreserven 2 895,2 2 950,4 3 505,6 5 072,5 4 059,6 4 444,2 4 327,0
10. Jahresüberschuß
3. Verwaltungskosten 391,3 446,6 514,7 567,4 597,6 614,6 629,0 655,0 700,8 766,4 821,4 - persönliche 332,9 375,3 426,7 471,4 493,6 506,2 525,6 546,3 582,7 634,9 676,9 -sächliche 58,4 71,3 88,0 95,9 104,0 108,4 103,4 108,7 118,1 131,5 144,5 4. Notendruck 46,6 51,1 56,2 65,1 63,9 86,4 102,0 121,8 157,9 164,7 138,5 5. Abschreibungen 20,4 30,3 51,3 43,0 55,8 67,1 62,8 71,2 84,7 90,6 136,9 - auf Grundstücke u. Gebäude 12,6 15,9 36,9 28,7 38,9 47,1 62,8 50,4 55,7 58,9 96,5 - auf Betriebs- u. Geschäftsausstattg. 7,8 14,4 14,4 14,4 16,9 20,0 17,2 20,8 29,0 31,7 40,4 6. Zuweisungen an Rückstellungen 58,8 62,9 245,0 280,3 253,5 145,5 164,4 151,1 158,6 1 236,7 1 791,0 - für Pensionsverpflichtungen 58,8 62,9 221,0 280,3 253,5 145,5 164,4 151,1 158,5 306,7 201,0 - Sonstige - 24,0 _ _ _ _ _ _ 930,0 1 590,0 7. Versorgungsleistungen wegen Reichsbank 35,4 35,3 36,1 36,8 37,5 36,5 35,5 34,6 33,7 33,8 32,5 8. Sonst. Aufwendungen 17,4 17,9 20,0 25,9 27,2 22,6 17,1 122,3 264,0 116,6 118,6 9. Abschreibungen auf die Währungsreserven u. sonst. Fremdwährungspositionen b> 5 996,3d) - 10 278,8 7 230,6 7 488,9 7 880,2 10 574,9 2 868,3 -
1. Zinsen 302,4 238,6 1 120,1 - für Mobilisierungsu. Liquiditätspapiere 298,4 235,6 1 115,6 - Sonstige Zinsen 4,0 3,0 4,5 4,9 5,4 2. Bewertungsbedarf f.d. Auslandsposition a) _ _
1971
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten? 293
1 831,0
512,3
1961
2,5 2,8
_ _ _ _
_ _ _ _
-
_
_
_ _ 27,5 7,5
6. Verlust / Jahresfehlbetrag
2. Gebühren 10,2 3. Erträge aus Neubewertung der Währungsreserven u. sonstigen Fremdwährungspositionen 4. Sonstige Erträge 64,9 5. Entnahme - aus Wertberichtig. - aus Sonstigen Rückstellungen - aus Rücklagen = gesetzl. Rücklagen = Sonst. Rücklagen
-
_ __ _ _ __
_ _ _ _ _
_ _
-
_ 18,9
3,4
_
1,0
61,0 0,8
243,9
156,5
483,8
945,6
807,4
1964
_ _ _
_
_
_
_
-
_ _ _
35,9
3,1 4,2 5,4
_ 9,1 10,8
3,6
61,8 0,5
0,6
61,0 0,4
3,2
__ 9,8
2,8
0,4
245,7
129,3
428,0
865,2
728,6
1963
245,6
103,6
360,0
770,8
612,8
1962
_ _ _ _
_
-
_ 14,6
6,1
63,4 22,3
244,0
1 119,4
1 056,0
1966
_ _ _ _
_
-
16,5
67,4 51,6
244,1
404,1
462,3
_ 15,7
75,5
244,1
261,6
0
1 387,2 419,9 299,9 120,0 -
3 046,1
2 459,2
1969
_
-
114,0
244,1
194,4
-
1970
80,0
244,1
73,6
244,1
449,1 1 437,1
840,4 1 123,3 1 239,7
1 393,7 1 919,6
871,9d»e)
_
1968
1 335,5 1 827,7
1967
560,8
1 178,4 1 143,0
256,5
425,9
990,4
910,0
1965
2: Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank: II. Ertrag* (in Mio. DM)
Zinsen (brutto) 2 943,9 824,7 1.1 für Geldanlagen im Ausland 1 630,9 451,9 1.2 für Kredite an inländische Kreditinstitute 254,1 88,9 1.3 für Ausgleichsforderungen 991,6 244,8 1.4 für Kassenkredite u.Wertpapiere 65,0 38,6 1.5 Sonstige Zinsen 2,3 0,6 0,6
1. Zinsen (netto)
Tabelle
1957/60
29 Dietrich Dickertmann
3.217,3
1973
3 554,4 4 395,5
1972 6 056,4
5 062,4
1974 5 205,0
1975 5 263,6
1976 5 688,3
1977 8 003,7
1978 9 524,9
0
6 773,2
2 158,1
-
-
_ -
_ _
_
16,4
-
_ _
_
2 955,2
-
-
_ -
_ _ _ -
_
2 988,50 64,9 86,8 47,4 1 706,0ß) 4 000,58)
3 553,2
_
204,0c)
13,9
3 044,7
_ _
_ _ _
_
_
5 479,8 22,3
12,1 10,1
-
_
_ _
_
-
_ _
_
244,1
1981
* Die eingerahmten Angaben stammen aus dem Aufwands- und Ertragsvergleich in den Erläuterungen der Deutschen Bundesbank zur GuV-Rechnung. a) Überwiegend aus Wertpapieranlagen. - b) Stammen ζ. T. aus Wertberichtigungen, deren Bildung aus Bilanz und GuV-Rechnung nicht ersichtlich ist. - c) Überwiegend Kursgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren. - d) „Die Wertberichtigungen waren vornehmlich in der zweiten Jahreshälfte 1968 und im Jahre 1969 aus Gewinnen in dem außerordentlich umfangreichen Devisenhandel und aus Swapprämien gebildet worden, als die in den Währungsreserven liegenden Wechselkursrisiken angesichts der zunehmenden Ungleichgewichte in den Zahlungsbilanzen immer deutlicher wurden." Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1969, S. 140. - e) Die Bildung ist aus der Bilanz und aus der GuV-Rechnung nicht ersichtlich. - 0 Zuschreibung zum Gold, mit den in früheren Jahren vorgenommene Abschreibungen - insbesondere infolge der DM-Aufwertungen - rückgängig gemacht werden (§ 155 Abs. 4 AktG) - vgl. Geschäftsbericht 1978, S. 88. - g) Einschließlich der Erträge aus dem An- und Verkauf von Fremdwährungen: 1 656,1 Mio. DM (1980) und 3 945,0 Mio. DM (1981). (Quelle: Zusammengestellt nach den Geschäftsberichten der Deutschen Bundesbank.
6. Verlust/Jahresfehlbetr. 3 101,1
2. Gebühren 6,3 6,5 7,6 9,2 10,5 7,8 9,3 3. Erträge aus Neubewertung der Währungsreserven u. sonstigen Fremdwährungspositionen 4. Sonstige Erträge 241,2^) 33,5 25,8 25,4 5. Entnahme - aus Wertberichtig. _ _ _ _ - aus Sonstigen Rückstellungen _ _ _ _ - aus Rücklagen _ _ _ _ = gesetzl. Rücklagen - _ _ = Sonst. Rücklagen 150,7 -
548,8
244,1
4 462,6
1980
12 166,8
1979
Zinsen (brutto) 3 519,7 3 793,0 5 515,6 6 253,1 5 239,6 5 551,0 5 388,3 6 390,1 8 227,1 9 784,6 12 826,4 1.1 für Geldanlagen im Ausland 2 111,1 2 859,6 4 338,2 4 833,5 4 268,4 4 423,5 4 332,8 5 270,5 6 160,9 5 849,6 7 566,8 1.2 für Kredite an inländische Kreditinstitute 1 069,7 657,3 866,5 1 027,7 451,9 402,1 709,0 670,4 1 527,3 3 360,9 1.3 für Ausgleichsforderungen 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 1.4 für Kassenkredite U.Wertpapiere 58,9 20,4 57,4 142,6 268,3a> 478,3a> 99,8 202,5 291,5 325,1 1.5 Sonstige Zinsen 35,9 11,6 9A 52 6^ Tfi 33 4^ 4,1
1. Zinsen (netto)
11971
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von H a u s h a l t s d e f i z i t e n ? 2 9
"j
4. Zuführung an Fonds zum Ankauf
_
0
1972
107,7
0b>
-
-
_
0
_
_
-
-
-
0 -6 773,2
0
10,0
6,0
16,0
-
40,0
13,8
45,3
226,5
1961
10,0
1973
0
1974
0
165,5
10,0
2,7
13,5
_ _
_
-
-
-
_
_
_
-
-
0
0 219,9 201,9 -
462,3
- 28,8
730,5 -325,9
12,3 273,9 99,5 364,5
425,9
-169,6
32,3 249,9 117,4 211,1
_
483,8
- 37,1
32,2 245,6 102,3 165,5
428,0 _
449,8 - 16,6
IV. Neutrale Vorgänge 1. Zinsen für Geldanlagen im Ausland (+) 1 630,9 451,9 360,0 2. Neubewertung der Wäha) rungsposition (-) 266,5 59,7 3. Abschreibg. auf Gebäude u. Einrichtungen (-) 49,9 10,3 13,4 17,8 25,1 4. Rückstellungen (-) 580,0 125,3 150,2 212,3 5. Rücklagen (-) 152,0 50,0 62,8 75,0 84,7 6. Verlustabdeckting (-) 74,8 e > 107,7 139,5
III. Saldo (I. ./. II.)* (ZBGSch+; ZBGV-)
6. Summe
II. Zentralbankgeldvernichtung (ZBGV) 1. Zinsen von inländischen Kreditinstituten 254,1 88,9 103,6 129,3 156,5 .256,5 404,1 261,6 2. Zinsen vom Staat für - Ausglcichsforderungen 991,6 244,8 245,6 245,7 243,9 244,0 244,1 - Kassenkredite u. Wertpapiere 65,0 38,6 61,0 61,8 61,0 63,4 67,4 75,5 114,0 80,8 3. Sonstige Zinsen 2,3 0,6 0.6 0,4 0,4 0,6 0,5 1,0 0,8 22,3 51,6 4. Gebühren 10,2 2,5 2,8 2,8 3,2 3,4 3,6 3,1 4,2 5,4 6,1 5. Sonstige Erträge 64,9 2^5 ^5 9^ 1^9 10,8 35,9 14,6 16,5 15,7
9. Summe
/. Zentralbankgeldschöpfung (ZBGSch) 1. Zinsaufwand 846,4 252,7 158,0 136,6 138,2 80,4 59,0 87,0 60,2 91,9 2. Verwaltungskosten 591,9 167,2 175,5 187,1 198,1 215,6 235,8 247,2 3. Notendruck 44,4 33,0 29,5 24,4 28,4 25,4 23,8 27,1 35,1 38,4 48,4 4. Versorgungsleistungen 81,5 21,7 24,1 25,9 24,7 26,8 27,3 28,1 27,6 32,9 5. Sonstige Aufwendungen 13,5 4,3 3,9 3,8 3,9 6,1 6,0 7,2 8,1 10,6 17,5 6. Ankauf von Ausglcichsforderungen 160,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 40,0 7. Abgeltg. f. Länderanteile u. f. Buiidesbankgenußrechte 60,6 16,6 16,6 15,4 13,5 13,1 12,7 12,3 11,9 2,5 8. Ausschüttung an Bund 172,3 0 0 0 0 0 0 0 348,7 0
1961
4: Liquiditätsstrom-Analyse der Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bundesbank durch Umstellung von Tabellen 1 bis 3 (in Mio. DM)
1957/60
Tabelle
Bundesbank-Gewinne zur Deckung von Haushaltsdefiziten? 29
1971
1972
1973
1974
1975
793,1
789,5
1 747,1
891,9
1 341,3
1 106,1
1977
1978
1979
1980
908,3
-
_
_ _ 10 509,6
30,0
12 310,2
_ 2 271,7
30,0
1 635,5 1 379,8 3 642,6
_
124,7 701,8 223,4 259,7 659,6 629,0 655,0 700,8 766,4 821,4 102,0 121,8 157,9 164,7 138,5 35,5 34,6 33,7 33,8 32,5 122,3 264,0 116,3 118,6
1976
- 863,0
III. Saldo (I. ./. II.)· (ZBGSch +; ZBGV -)
1 210,8
1 454,2
1 004,0
1 129,7
-743,9 -2 012,3
+3 033,7
1 218,5 2 123,7 5 654,9 9 276,5
- 221,4 + 417,0
1 339,3
- 183,9 + 536,3 - 562,3 + 337,3 - 233,2
973,4
- 863,3 - 184,0 + 536,3 - 562,3 + 337,3 - 233,3
- 221,4 + 417,0
-743,9 -2 012,3
+3 033,7
244,1
1981
* Differenzen durch Rundungen der Zahlen. a) Statt einer Barausschüttung wurden dem Bund Schuldverschreibungen aus dem Bestand der Bundesbank zur Verfügung gestellt, um eine zusätzliche Geldschöpfung zu vermeiden. Siehe Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 22/1976, S. 1. - b) Auflösung von Wertberichtigungen, Rückstellungen und Rücklagen. Siehe ergänzend: „Der Aufwertungsverlust im Bundesbank-Wochenausweis", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 261/10.11.1969, S. 15; Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1969, S. 140; C. Knetschke: Unklarheiten . . . , S. 367. - c) Auflösung von Rücklagen. - d) Höherbewertung der Währungsposition. - e) „Verlustvortrag" in Höhe von 1 265,0 Mrd. DM als Forderung gegen den Bund außerhalb der GuV-Rechnung eingebucht. - f) Verlustvortrag. - g) Einschließlich der Erträge aus dem An- und Verkauf von Fremdwährungen: 1 656,1 Mio. DM (1980) und 3 945,0 Mio. DM (1981). Quelle: Zusammengestellt nach den Tabellen 1 bis 3.
7. Saldo*
IV. Neutrale Vorgänge 1. Zinsen für Geldanlagen im Ausland (+) 2 111,1 2 859,6 4 338,2 4 833,5 4 268,4 4 423,5 4 332,8 5 270,5 6 160,9 5 849,6 7 566,8 2. Neubewertung der Währungsposition (-) 5 996,3 10 278,8 7 230,6 +5 479,8d) 7 488,9 7 880,2 10 574,9 2 868,3 3. Abschreibg. auf Gebäude u. Einrichtungen (-) 20,4 30,3 51,3 43,0 55,8 67,1 62,8 71,2 84,7 90,6 136,9 4. Rückstellungen (-) 58,8 62,9 245,0 280,3 253,5 145,5 164,4 151,1 158,5 1 236,7 1 791,0 5. Rücklagen (-) - A + 150,7 c) - 170,3 - Λ _ _ 774,8 2 605,2 6. Verlustabdeckung (-) +3 101,10 3 101,1 +6 773,20 +2 158,10 8 931,3 +3 044,70 +3 553,20 +2 955,20 3 793,3 5 759,8
1 656,1
6. Summe
II. Zentralbankgeldvernichtung (ZBGV) 1. Zinsen von inländischen Kreditinstituten 1 069,7 657,3 866,5 1 027,7 451,9 402,1 709,0 670,4 1 527,3 3 360,9 4 462,6 2. Zinsen vom Staat für -Ausgleichsforderungen 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 244,1 - Kassenkredite u. Wertpapiere 58,9 20,4 57,4 142,6 268,3 478,3 99,8 202,5 291,5 325,1 548,8 3. Sonstige Zinsen 35,9 11,6 9,4 5,2 6,9 3,0 2,6 2,6 3,3 4,9 4,1 4. Gebühren 6,3 6,5 7,6 9,2 10,5 7,8 9,3 12,1 10,1 13,9 16,4 5. Sonstige Erträge 241,2 33,5 25,8 25,4 22,3 204,0 64,9 86,8 47,4 1 706,Qg) 4 000,5g)
9. Summe
I. Zentralbankgeldschöpfung (ZBGSch) 1. Zinsaufwand 302,4 238,6 1 120,1 196,7 177,3 346,0 2. Verwaltungskosten 391,3 446,4 514,7 567,4 597,6 614,6 3. Notendruck 46,6 51,1 56,2 65,1 63,9 86,4 4. Versorgungsleistungen 35,4 35,3 36,1 36,8 37,5 36,5 5. Sonstige Aufwendungen 17,4 17,9 20,0 25,9 27,2 22,6 17,1 6. Ankauf von Ausgleichsforderungen 40,0 7. Abgeltg. f. Länderanteile u. f. Bundesbankgenußrechte 8. Ausschüttung an Bund 0 0 0 0 397,8a> 0
29 Dietrich Dickertmann
Aspekte der Bundesbankpolitik aus gewerkschaftlicher Sicht Von Alois Pfeiffer, Düsseldorf
Die Deutschen sind durch zwei „galoppierende" Inflationen in Sachen Preisentwicklung sensibilisiert. Bei beiden Inflationen war nicht zuletzt ein Zugriff des Staates auf die Notenbank im Spiel, der schließlich zu einem Griff nach der Notenpresse wurde. Unter dem Eindruck dieser historischen Erfahrungen erfolgte im Bundesbankgesetz eine Fixierung der Bundesbankposition, die zweifach markant ist. — Zum einen wurde ihr die quasi ausschließliche Aufgabe zugeteilt, „die Währung zu sichern", während die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik eindeutig nachgeordnet ist. — Zum anderen ist die Bundesbank „von Weisungen der Bundesregierung unabhängig" und damit „autonom". Die Autonomie der Bundesbank wird bis heute von niemandem ernstlich bestritten. Zweifel können aber auftreten bei der Frage, ob nicht Autonomie plus einseitige Festlegung der geldpolitischen Zielsetzung zuviel des Guten sind; denn in dem Maße, wie die Bundesbank mit ihrer praktischen Politik das Stabilitätsziel im Vergleich zu anderen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen überzieht und sich dabei hinter das Bundesbankgesetz zurückziehen kann, werden bei zunehmendem wirtschaftlichen Problemdruck auch Rufe nach einer Auflockerung der Bundesbankautonomie aufkommen, was bei einer ausgewogenen Befolgung aller ökonomischen Zielsetzungen nicht zu befürchten wäre. Wenn von „politischen Grenzen der Geldpolitik" gesprochen wird, so kann es sich dabei nur um Meinungsverschiedenheiten bis hin zur politischen Auseinandersetzung um die Frage von wirtschaftspolitischen Zielprioritäten handeln, nicht aber über die, ζ. B. im Stabilitätsgesetz, festgelegten Ziele des „magischen Vierecks", bestehend aus Vollbeschäftigung, Wachstum, Preisstabilität und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht. Die Zielpriorität der deutschen Bundesbank ist „mit dem Ziel, die Währung zu sichern" gesetzlich festgelegt, d. h. bei Zielkonflikten muß sich die deutsche Bundesbank für das Stabilitätsziel entscheiden.
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Alois Pfeiffer
Für den D G B gilt eine prinzipiell andere Zielpriorität. Im Kapitel 6 seines Grundsatzprogramms von 1981 heißt es: „Maßnahmen zur Stabilisierung des Preisniveaus müssen die Verteilungsgerechtigkeit sichern helfen. Sie dürfen aber nicht zu Lasten der Vollbeschäftigung gehen." Aus dieser Formulierung wird zweierlei deutlich. Zum ersten dient auch die Preisstabilität — über Verteilungsgerechtigkeit und, so kann man ergänzen, über den Erhalt der realen Lohnkaufkraft — den Interessen der Arbeitnehmer. Zum zweiten aber hat in einer Konfliktsituation die Vollbeschäftigung für den D G B eindeutig Priorität. Diese Zielvorstellungen sind dann nicht miteinander in Einklang zu bringen, wenn — wie beispielsweise in der Zeit von Anfang 1980 bis Herbst 1982 geschehen — mit Hilfe einer besonders restriktiven Geldpolitik versucht wird, Preis- und D-Mark-Wechselkursstabilität — wenn auch unter dauerndem Hinweis auf die hohen USA-Zinsen — „auf Biegen und Brechen" zu realisieren und dabei gleichzeitig das Beschäftigungsziel in Mitleidenschaft gezogen wird. Andererseits besteht in punkto Beschäftigungsziel dann Übereinstimmung, wenn — wie es augenblicklich weitgehend der Fall ist — bei unterausgelasteten Kapazitäten und relativer Preisstabilität die Bundesbank ihren Beitrag zu einem Wiederaufschwung der Konjunktur zu leisten versucht. „Das entscheidende Problem ist nun, daß die Wirtschaftspolitik nicht direkt dämpfend auf die Inflationsrate wirkt, sondern nur indirekt über die Beschäftigung. Die Bremsmanöver — das belegt die Erfahrung — bewirken erst Einbuße bei Produktion und Beschäftigung, bevor sie dann evtl. auf die Inflationsursachen wirken." Der durch die gesetzliche Zielfixierung der Bundesbank bzw. durch die Zielbestimmung im DGB-Grundsatzprogramm im Keim zum Teil vorprogrammierte Gegensatz zwischen D G B und Bundesbank bei wirtschaftspolitischen Zielkonflikten kommt besonders klar in einem Briefwechsel zwischen dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank und dem Verfasser dieses Beitrages zum Ausdruck. Unmittelbar nachdem der Zentralbankrat den Diskontsatz von 6 auf 7 Prozent und den Lombardsatz von 7 auf 8 1/2 Prozent heraufgesetzt hatte, schrieb ich Herrn Pohl am 28. 2. 1980 unter anderem: „Der D G B ist besorgt darüber, daß die Deutsche Bundesbank bei ihrem Versuch, die Preissteigerungsraten einzudämmen, zwar auf der einen Seite wachsende Beschäftigungsrisiken heraufbeschwört, auf der anderen Seite aber keinen nennenswerten Stabilisierungserfolg erzielen kann, da sich die wichtigsten Ursachen für die Preissteigerungen, wie die Erhöhung der Importpreise und der Mehrwertsteuer sowie vermachtete Marktstrukturen der Einflußnahme der Deutschen Bundesbank entziehen... Instrumente einer beschäftigungssichernden Inflationsbekämpfung sieht der D G B unter den gegenwärtigen Bedingungen in einer preisstabilisierenden Wettbewerbs- und Marktpolitik."
Aspekte der Bundesbankpolitik aus gewerkschaftlicher Sicht
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Nur bei einer solchen Politik könne „auch in der Politik der deutschen Bundesbank dem Vollbeschäftigungs- und Wachstumsziel wieder mehr Gewicht beigemessen werden." Der Bundesbankpräsident entgegnete in seinem Antwortschreiben: „Wenn die Bundesbank sich bemüht, den Spielraum für Preis- und Kostensteigerungen mit ihren geldpolitischen Maßnahmen im Inland einzuengen und der D-Mark auch außenwirtschaftlich ihren Wert als harte Währung zu erhalten, liegt das ganz besonders auch im Interesse der Arbeitnehmer. Die Deutsche Bundesbank bemüht sich, mit ihrer Politik den Realwert der Einkommen der breiten Bevölkerung zu sichern und ebenso den Realwert ihrer Ersparnisse, die überwiegend in Geldforderungen gehalten werden und von der Geldentwertung besonders betroffen würden. Wir verschließen uns keineswegs den Risiken, die eine solche Politik zeitweilig für Wachstum und Beschäftigung haben könnte; aber wir sind überzeugt, daß Arbeitsplätze und wirtschaftlicher Fortschritt dauerhaft nur durch stabiles Geld abgesichert werden können." Dieser Schriftwechsel macht deutlich, daß in den grundsätzlichen Zielvorstellungen Übereinstimmung besteht, daß aber in einer konkreten konjunkturellen Situation oft unterschiedliche Vorstellungen über das jeweils mit Vorrang zu verfolgende Ziel vorliegen. Die Mehrheit des Zentralbankrates fühlt sich durch die einseitige gesetzliche Zielfestlegung sicherlich keineswegs in ihren eigenen wirtschaftstheoretischen und wirtschaftspolitischen Gedankengängen „vergewaltigt". Ganz im Gegenteil: Dieses in seiner Mehrheit eher konservativ zusammengesetzte Gremium betreibt die Geldpolitik auf der Grundlage einer Theorie und darauf gestützter ökonomischer Analyse, die dem eindeutigen Vorrang des Stabilitätszieles voll entspricht. Das Muster dieses ökonomischen Weltbildes sieht etwa so aus: — Der Lohn ist die Schlüsselgröße der ökonomischen Entwicklung, und dementsprechend sind Gewerkschaften und Tarifpolitik zentral verantwortlich für positive oder negative Entwicklungsverläufe. Gute Erträge als Spiegelbild von Lohnzurückhaltung sind die Voraussetzung für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung. Auch der Staat wird häufiger an den Pranger der Verantwortung für Fehlentwicklungen gestellt. Die Bedeutung der Zinskosten für Investoren wird heruntergespielt, ein Eingeständnis der Fragwürdigkeit, auch eigener geldpolitischer Maßnahmen, sucht man vergebens. Ein Beispiel für dieses Argumentationsmuster findet man in dem Geschäftsbericht der Bundesbank für das Jahr 1981 auf den Seiten 39 und 40, zu einem Zeitpunkt, als die Zahl der Arbeitslosen wieder steil über die Millionengrenze hinausstieg und die Hochzinspolitik auf ihrem Höhepunkt angekommen war, heißt es dort: „Unter den Ursachen für die schwache Binnenkonjunktur ist an erster Stelle zu nennen, daß sich die Ertragslage der
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privaten Wirtschaft 1981 weiter verschlechtert hat. Die deutschen Unternehmer sahen sich im vergangenen Jahr mit starken Kostensteigerungen konfrontiert. .. Allein der Anstieg der Löhne und Gehälter einschließlich der Sozialabgaben trug zu gut 2 1/2 Prozentpunkten und damit etwa ebenso viel wie die Importverteuerungen zu dem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Stückkosten bei. Hinzu kamen außerdem eine Anhebung staatlicher Angaben und... erhöhte Abschreibungen. Die Kostenrechnungen der Unternehmen wurden 1981 auch mit Mehraufwendungen auf Grund des Zinsanstiegs belastet. Allerdings wird der Zins in seiner Bedeutung als Kostenfaktor im Produktionsprozeß bisweilen überschätzt... Auch sind die Forderungen und Verpflichtungen von Unternehmen vielfach mit festen oder nur mit zeitlicher Verzögerung anzupassenden Zinskonditionen versehen, so daß Zinsänderungen. .. nur erheblich abgeschwächt auf die Kostenrechnungen... durchschlagen." Vergebens sucht man einen Hinweis darauf, daß die Lohnstückkosten bei Vollauslastung der Kapazitäten nur einen Punkt zur Preissteigerungsrate beigetragen hätten und daß wegen der hohen Zinsen immer mehr Unternehmer dazu übergingen, ihr Geld statt in Sachinvestitionen renditeträchtig in Wertpapieren und sonstigen Finanzanlagen unterzubringen. Assistiert wird die Bundesbank übrigens in ihrem Argumentationsschema durch die Mehrheit des Sachverständigenrates. Auch für den Sachverständigenrat ist Vollbeschäftigung kein allzu großes Problem, wenn nur das Lohnniveau auf eine Höhe gebracht wird, die Vollbeschäftigung zuläßt. Wie mit den Autoren des Bundesbankgeschäftsberichtes verabredet, schreibt auch der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 1980/1981: „Die Geldpolitik braucht dringend Entlastung von der Finanzpolitik und der Lohnpolitik." Der Sachverständigenrat forderte damals allen Ernstes, daß durch Lohnzurückhaltung eine Wiederaufwertung des D-Mark-Wechselkurses herbeigeführt und damit wieder Spielraum für Zinssenkungen seitens der Bundesbank geschaffen würde. Dies wurde zu einem Zeitpunkt gefordert, als die Lohnstückkosten in der Bundesrepublik nur um 5 Prozent, in den USA aber um nahezu 10 Prozent und die Verbraucherpreise in der Bundesrepublik um weniger als 6 Prozent, in den USA aber um über 10 Prozent anstiegen, während trotzdem die D-Mark gegenüber dem Dollar abwertete, aus welchen Gründen auch immer, keineswegs aber wegen zu starker Lohn- bzw. Preissteigerungen in der Bundesrepublik. So waren die Mehrheit des Zentralbankrates und die Mehrheit des Sachverständigenrates gleichzeitig die Hauptwidersacher, als der D G B versuchte, durch Empfehlung einer alternativen geldpolitischen Strategie, aus der absurden Situation herauszukommen, die durch strangulierende Hochzinspolitik bei Konjunkturflaute und einer Arbeitslosenzahl auf Rekordhöhe gekennzeichnet war:
Aspekte der Bundesbankpolitik aus gewerkschaftlicher Sicht
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Die Bundesbank begründete ihre absolute Hochzinspolitik in erster Linie mit außenwirtschaftlichen Zwängen, insbesondere dem hohen Zinsniveau in den USA. Daneben ließ sie allerdings auch immer wieder Befürchtungen über steigende Preise (die in erster Linie ölpreisbedingt waren) durchblicken. Diese Hochzinspolitik lasse ihr keine andere Wahl, als durch gleichfalls hohe Zinsen in der Bundesrepublik Kapitalexport zu verhindern, Kapitalimporte anzuregen und damit das Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren. Im übrigen müsse durch Hochzinspolitik, Kapitalimport und Devisenmarktinterventionen der D-Mark-Wechselkurs gestützt werden, um weitere Importverteuerung als Folge weiterer D-Mark-Abwertung zu vermeiden, argumentierte die Bundesbank, unterstützt vom Sachverständigenrat. Dem setzte der D G B eine geldpolifische Strategie des „freien Falles des D-Mark-Wechselkurses" entgegen. Dieses Konzept bestand im einzelnen darin, das deutsche Zinsniveau durch Liquiditätsanreicherung des Bankensystems zu senken und gleichzeitig die Wechselkursbildung den Devisenmärkten zu überlassen, statt sie durch eine Hochzinspolitik und Devisenmarktinterventionen zu manipulieren. Dieses Konzept baute darauf, daß bei beschleunigter Abwertung der D Mark irgendwann ein Punkt erreicht würde, von dem ab nur noch D-MarkAufwertungserwartungen sinnvoll gewesen wären. Solche Aufwertungserwartungen wären nicht zuletzt genährt worden durch eine infolge stärkerer Abwertung zunehmende Exportnachfrage nach deutschen Waren. Unterdrückung der Devisenmarktkräfte durch Interventionen bedeuten Verhinderung von an sich seitens des Marktes geforderter D-Mark-Abwertung und damit auch Verhinderung von Aufwertungserwartungen. D-Mark-Aufwertung aber — so die Argumentation des D G B — wäre gleichbedeutend gewesen mit einer Einebnung des Zinsgefälles zu den USA und somit wäre — damit einhergehend — Spielraum für eine der binnenwirtschaftlichen Konjunktur- und Beschäftigungslage dringend angemessenen Zinssenkung entstanden. Ich muß an dieser Stelle einmal Zwischenschalten, daß, bei aller Auseinandersetzung in der Sache, die Kommunikationskanäle zwischen dem D G B und der Deutschen Bundesbank nie verschüttet worden sind. A m Schluß des vorstehend bereits einmal zitierten Briefes des Bundesbankpräsidenten hieß es: „Es würde mich sehr freuen, wenn ich Gelegenheit hätte, Ihnen und Ihren Kollegen im Vorstand des D G B diese Haltung (der Bundesbank) eingehender erläutern zu können. Es liegt mir sehr daran, die Zielsetzung unserer Politik für die Arbeitnehmerschaft verständlich zu machen." A m 9. Dezember 1981 kam es zu einer Begegnung zwischen dem DGB-Bundesvorstand und dem Direktorium der Bundesbank unter Leitung von Herrn Pohl. Um Mißverständnisse seitens der Bundesbank zu beseitigen, stellte der D G B seine Strategie noch einmal wie folgt klar: „ W i r wollten eben keine 4bloße
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nominale Aufblähung', von der Herr Pohl beispielsweise vor knapp zwei Wochen in einem Interview mit der Welt am Sonntag gesprochen hat. Das eben wollten wir nicht! Wir wollten einen Spielraum für eine an unseren inländischen Bedürfnissen ausgerichtete Lockerung der Geldpolitik durch unsere Strategie früher und schneller erreichen. In dieser zeitlichen Beschleunigung lag unser Ziel und nicht in einer 'bloßen nominalen Aufblähung'. Wir waren uns der Risiken unserer Strategie bewußt, als da sind — nicht nur zeitlich früheres Erreichen des Tiefpunktes beim D-MarkWechselkurs, sondern darüber hinaus auch infolge entsprechender Verunsicherung an den internationalen Finanzmärkten ein etwas tiefer liegender Tiefpunkt, als er schließlich mit 2,57 D M pro Dollar erreicht wurde; — daraus resultierend vielleicht eine etwas stärkere Preissteigerungsrate bei den Importen und das eine oder andere weitere Risiko. Aber vor die Wahl gestellt, das Risiko steigender Arbeitslosigkeit bei uns im Inland mit allen daraus resultierenden Risiken für unsere gesellschaftliche Stabilität einerseits oder die Risiken einer auf beschleunigtes Erreichen des monetären Wendepunktes gerichteten Politik hinzunehmen, haben wir uns für die monetären Risiken entschieden. Daß der von uns zu einem möglichst frühen Zeitpunkt angestrebte Zinssenkungsspielraum nun auch bei Nichtbefolgung unserer Strategie seitens der Bundesbank eingetreten ist, besagt noch nicht, daß dieser monetäre Wendepunkt nicht früher hätte eintreten können als er eingetreten ist." Ich will es bei der Darstellung dieser Aspekte der Bundesbankpolitik aus der Sicht des D G B belassen. Abschließend möchte ich noch einmal betonen, daß es auf der einen Seite zwischen einer Reihe von führenden Bundesbankrepräsentanten und dem D G B durchweg die Bereitschaft zur Respektierung und jeweiligen Erläuterung der gegenseitigen Positionen gibt. A u f der anderen Seite aber kann nicht übersehen werden, daß durch die unterschiedlichen Zielprioritäten in der Sache Konflikte vorgezeichnet sind. Die grundsätzliche Autonomie der Deutschen Bundesbank ist als Konsequenz unserer (und nicht nur unserer) schlechten Erfahrungen, die wir mit staatlichen Zugriffen auf frühere deutsche Zentralbanken machen mußten, mittlerweile eine feste Größe in unserer wirtschaftspolitischen Landschaft geworden. Die Position der Bundesbank und insbesondere ihre „autonome" Position würde meines Erachtens jedoch nicht entscheidend darunter leiden, wenn die gesetzliche Aufgabenstellung der Bundesbank über die Geldwertstabilität hinaus auch die anderen wirtschaftspolitischen Ziele mehr umfassen würde als bisher. Sicher kann darauf verwiesen werden, daß die Bundesrepublik über Jahrzehnte hinweg das preisstabilste Land der sogenannten westlichen Welt ist. Sicher kann insbesondere die Bundesbank mit Stolz auf diesen Tatbestand
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verweisen; und sie tut es ja denn auch. Aber es ist natürlich schwer, gegen historische Fakten mit „bloß theoretischen" Gedanken überzeugend zu argumentieren. Immerhin aber besteht doch wohl die Möglichkeit, daß zumindest zeitweilig durch „harte Geldpolitik" auch erhebliche Wachstums- und Beschäftigungsverluste entstanden sein können. Dessen sollte man sich — und das gilt insbesondere für die Deutsche Bundesbank — stets bewußt sein. Von diesen Gedankengängen ist der D G B — und damit will ich schließen — bei der Formulierung der folgenden Passagen im Kapital 12 seines geltenden Grundsatzprogramms ausgegangen. Es heißt dort: „Die öffentlichen Haushalte müssen der Deckung des gesellschaftlichen Bedarfs, der sozialen Gerechtigkeit und der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dienen. Die staatliche Steuer- und Finanzpolitik ist diesem Ziel unterzuordnen. Dieses Ziel hat auch Vorrang gegenüber stabilitätspolitischen Überlegungen oder privatwirtschaftlichen Rentabilitätsinteressen. Das Vollbeschäftigungsziel hat Vorrang. Zur Verwirklichung einer beschäftigungssichernden Finanzpolitik müssen Bund, Länder und Gemeinden durch ein gleichgerichtetes und abgestimmtes Verhalten beitragen. Auch die Politik der Deutschen Bundesbank muß diesen Zielen verpflichtet sein."
IV. Nationale und Internationale Märkte
Die Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes Von Karl Häuser, Frankfurt I. Vorbemerkungen Einen Kapitalmarkt gibt es nur in der Bundesrepublik Deutschland, nicht in der Deutschen Demokratischen Republik. Deshalb kann im folgenden vereinfachend vom deutschen Kapitalmarkt gesprochen werden, wenn der Kapitalmarkt der Bundesrepublik oder aber der Kapitalmarkt des früheren Deutschen Reiches gemeint ist. Bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts galt der deutsche Kapitalmarkt als besonders geldmarktabhängig, im Gegensatz zu anderen bedeutenden Kapitalmärkten des Auslandes, etwa den Kapitalmärkten Großbritanniens, der USA oder der Schweiz. Inzwischen sind diese kategorischen Unterschiede bedeutend kleiner geowrden, weil auch in den USA, in der Schweiz und in anderen Ländern die jeweilige Verfassung des Geldmarktes auf den Kapitalmarkt durchschlägt und dessen Situation mitbestimmt, obwohl die rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen sowohl für den Geldmarkt wie für den Kapitalmarkt in diesen Ländern zum Teil erhebliche Unterschiede gegenüber dem entsprechenden deutschen Markt aufweisen. Bevor hier eine Beschreibung der besonderen Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes sowie seiner Ursachen und Wirkungen gegeben wird, soll wenigstens andeutungsweise erklärt werden, was unter dieser Geldmarktabhängigkeit zu verstehen ist. M i t diesem Ausdruck wird die führende Rolle des Geldmarktes auf den Kreditmärkten bezeichnet, die sich darin äußert, daß die trendmäßige Entwicklung des Kapitalmarktes hinsichtlich seines Volumens (Emissionen), der Höhe und Struktur seiner Zinsen und hinsichtlich der Laufzeiten vornehmlich von der Entwicklung des Geldmarktes abhängt. Die naturgemäß enge Verbindung zwischen Geldmarkt und Kapitalmarkt — die Integration der Kreditmärkte — und die hier zu behandelnde Abhängigkeit des Kapitalmarktes vom Geldmarkt können dazu verleiten und haben tatsächlich dazu geführt, sie als einen normalen oder gar notwendigen Zusammenhang zu betrachten. Die meisten Lehrbuchdarstellungen gehen davon aus, daß restriktive (expansive) Geldpolitik mit höheren (niedrigeren) Zinsen verbunden sein muß, um dadurch die allgemeine Geschäfts- und insbesondere die Investitionstätigkeit zu dämpfen (anzuregen). Diese Wir-
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kungen sind nur möglich, wenn sich Geldpolitik nicht nur auf die Kassenhaltung, sondern auch auf den Kapitalmarkt auswirkt, bzw. wenn die Kreditmärkte insgesamt in Mitleidenschaft gezogen werden. Mit anderen Worten, es wird implicite unterstellt, daß die Zentralbank keineswegs nur den Geldmarkt, sondern auch den Kapitalmarkt beeinflussen soll. Obwohl es nicht Aufgabe dieser Darstellung sein kann, die Berechtigung dieses Postulats zu analysieren und die Funktion von Geldmarkt einerseits und Kapitalmarkt andererseits einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen, soll wenigstens darauf hingewiesen werden, daß Geldzins und Kapitalzins verschiedenen Geldsphären zugehören und verschiedene Funktionen ausüben, nämlich im ersten Falle die Kassenhaltung zu verbilligen (zu verteuern) und im zweiten die Nutzung von Kapital zu verbilligen (zu verteuern). In beiden Fällen sprechen wir zwar vom Zins, aber es ist etwas anderes, Geld nachzufragen, um liquide zu sein, oder Geld zu leihen, um investiv über reale Ressourcen verfügen zu können; letzteres ist bekanntlich eine Funktion des Kapitalmarktes. Bezeichnenderweise hat unsere Zentralbank nicht die Aufgabe, am Kapitalmarkt çinzugreifen, sondern den Auftrag „ . . . den Geldumlauf und die Kreditversorgung der Wirtschaft" zu regeln „mit dem Ziel, die Währung zu sichern, und... für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs..." zu sorgen. Das Gesetz über die Deutsche Bundesbank läßt bei der Beschreibung ihrer währungspolitischen Befugnisse und Instrumente keinen Zweifel daran, daß ihr Aktionsfeld der Geldmarkt und nicht der Kapitalmarkt ist. Der Begriff Kapitalmarkt ist, anders als der Begriff Geldmarkt, im Gesetz überhaupt nicht enthalten. Noch eine andere Vorbemerkung erscheint angebracht. Der Kapitalzins sollte nach allgemeinem Verständnis im Idealfall dem Grenzertrag des Realkapitals entsprechen. Offensichtlich kann jedoch durch Zinspolitik nicht die Ertragsrate des Realkapitals und dessen Grenzertrag geändert werden. Infolgedessen muß damit gerechnet werden, daß diskretionäre Änderungen des nominalen Kapitalzinses tendenziell eher vom Gleichgewichtszins weg- als zu ihm hinführen, soweit sie nicht getroffen wurden, um zuvor angeordnete, gleichgewichtsstörende Maßnahmen rückgängig zu machen. Geldpolitische Entscheidungen, die auf den Kapitalmarkt durchschlagen, können demnach für den Kapitalmarkt nicht ohne weiteres gerechtfertigt werden. Dies gilt um so mehr dann, wenn der Kapitalmarkt durch derartige Maßnahmen ungewöhnlichen Schwankungen seiner Ergiebigkeit, seiner Zinsen und seiner Laufzeiten und damit einem Wechselbad ausgesetzt wird, das den realen Bedingungen des Kapitalmarktes nicht entspricht. Diese Konsequenz stellt sich ein, wenn der Kapitalmarkt ins Schlepptau des Geldmarktes gerät. Die folgenden Ausführungen werden daher unter der Prämisse getroffen, daß die Geldmarktabhänigkeit des Kapitalmarktes kein wünschenswerter Zustand sein kann und dem deutschen Kapitalmarkt zum Nachteil gereicht.
Die Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes
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I I . Ursachen Die Ursachen der Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes beruhen auf dem Zusammenwirken mehrerer, sich teils ergänzender und teils verstärkender Ursachen. Unter ihnen spielen der für den Kapitalmarkt dominierende Rentenmarkt, die auf dem Rentenmarkt führende Käufergruppe, die Banken, sowie die darauf einwirkende Liquiditätspolitik der Zentralbank und neuerdings auch der Staat als Marktführer auf der Nachfrageseite eine herausragende Rolle. Die eindeutige Vorherrschaft des Rentenmarktes für den deutschen Kapitalmarkt ergibt sich vor allem aus dessen Volumen. Schon um die Mitte der sechziger Jahre wurde der Aktienmarkt vom Rentenmarkt überholt, dessen Volumen heute ungefähr das Vierfache des Aktienmarktvolumens beträgt. Der Kurswert börsennotierter Aktien belief sich Mitte 1982 auf rd. 145 Mrd. D M , der Umlauf festverzinslicher Wertpapiere dagegen auf nahe 650 Mrd. D M . Obwohl die Rentenpapiere eigentlich als Instrumente der Wertaufbewahrung und der sicheren Verzinsung entstanden sind und lange Zeit auch so betrachtet werden konnten, während der Aktienmarkt als der spekulativere und daher umsatzstärkere Markt galt, haben seit 1975 die Umsätze des Rentenmarktes jene des Aktienmarktes bei weitem überholt. Das gilt sogar für die an deutschen Börsen gehandelten ausländischen Aktien und Rentenpapiere. Das geringere Engagement am Aktienmarkt und die Vorherrschaft des Rentenmarktes bedeuten in dem hier interessierenden Zusammenhang eine größere Geldnähe und insofern eine Begünstigung der Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes. Die Hervorhebung des Rentenmarktes gegenüber dem Aktienmarkt ist auch insofern bedeutsam, als sie sich in konjunktureller Hinsicht keinesfalls gleichförmig bewegen. Der Aktienmarkt erweist sich normalerweise im Aufschwung, d. h. bei steigenen Aktienkursen, als ergiebig, während die Emmissionschancen des Rentenmarktes zurückgehen, sobald das Zinsniveau zu steigen beginnt. Kurse und Neuemissionen des Aktienmarktes schwanken daher prozyklisch, während für den Rentenmarkt im allgemeinen der umgekehrte Zusammenhang zutrifft. Weil mit höheren Zinsen fallende Kurse einhergehen, läßt seine Ergiebigkeit nach, sobald sich ein steigender Zinstrend abzeichnet. Der Rentenmarkt reagiert daher tendenziell antizyklisch, weil er dem allgemeinen Zinstrend folgt. Eben dadurch gerät er in das Fahrwasser der Zentralbankpolitik. Ein Kapitalmarkt, der wie in unserem Falle hauptsächlich ein Rentenmarkt ist, wird daher in höherem Grade zinsabhängig als ein vorwiegend durch den Aktienmarkt charakterisierter Kapitalmarkt sein. Die Rentenmarkt- und besondere Zinsabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes wird verstärkt durch die Käuferstruktur auf diesem Markt, denn die bei weitem wichtigste Käufergruppe auf dem Rentenmarkt sind die Kreditinstitute. Während die Banken nur ungefähr 7 v. H . der
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inländischen Aktien besitzen, haben sie etwa zwei Fünftel der gesamten inländischen Rentenpapiere in ihren Portefeuilles. A u f diese Weise wird die zuvor schon angedeutete Abhängigkeit des Rentenmarktes von der Geldpolitik noch verstärkt. Der Kauf festverzinslicher Wertpapiere durch die Kreditinstitute hängt vor allem ab von ihren verfügbaren Mitteln und von den bestehenden Anlagealternativen. Solange die Kreditnachfrage der Bankenkundschaft groß genug ist, um die Kreditfazilitäten auszuschöpfen, werden die Banken im Falle hinreichender Sicherung die Kreditwünsche ihrer Kunden befriedigen und nicht ins Wertpapierengagement gehen, zumal die direkte Kreditgewährung aus Gründen der Rentabilität und zum Teil aus liquiditätspolitischen Gründen — z. B. bei Wechselfinanzierung — meist vorteilhafter als eine Anlage in Wertpapieren erscheinen. In Phasen lebhafter Kreditnachfrage werden nämlich die Zinsen eher eine steigende als eine gleichbleibende oder fallende Tendenz aufweisen und ein Wertpapiererwerb daher bei fallendem Kurstrend als wenig vorteilhaft erscheinen. Die Banken verhalten sich deshalb beim Erwerb festverzinslicher Wertpapiere meist antizyklisch und insofern sogar in Übereinstimmung mit der Zentralbankpolitik. Das bedeutet jedoch, daß die jeweilige Liquiditätslage der Banken — als Ausfluß der Zentralbankpolitik — die Geschehnisse am Rentenmarkt bestimmt, weil die Banken bei nachlassender oder fehlender privater Kreditnachfrage in der Rezession, die ihnen von der Zentralbank zugestandenen liquiden Mittel nunmehr auf dem Rentenmarkt anlegen, wo sie festverzinsliche Wertpapiere als sogenannte Ersatzdebitoren erwerben. Sobald sich Konjunktur und private Kreditnachfrage wieder erholen, läßt die Neigung, sich auf dem Rentenmarkt zu engagieren, nach, da andere und vorteilhaftere Anlagemöglichkeiten sich aufgrund der steigenden privaten Kreditnachfrage bieten, wie oben erwähnt. Wenn sich die Banken am Rentenmarkt zurückhalten, wird das Emissionsvolumen zurückgehen und der Rentenmarkt sich als unergiebiger erweisen, obwohl die privaten Nachfrager zunächst noch eine Zeitlang einspringen. Aber mit einiger zeitlicher Verzögerung folgen sie meist dem Verhalten der Banken, so daß sich der Rentenmarkt als noch unergiebiger erweist. Die Tatsache, daß die Banken die dominierenden Nachfrager und Anbieter — von den Emissionsinstituten abgesehen — auf dem Rentenmarkt sind und dadurch dessen Entwicklung bestimmen, erklärt zugleich den entscheidenden Einfluß der Zentralbankpolitik auf diesen Markt. M i t anderen Worten, alle Maßnahmen der Zentralbank werden zunächst gegenüber den Banken wirksam. Da die Zentralbankpolitik in erster Linie Geldpolitik zu sein hat, ergibt sich über den Bankenapparat eine fast unmittelbare Umsetzung der Zentralbankpolitik auf das gesamte Spektrum bankgeschäftlicher Tätigkeit. Das in Detuschland übliche Universalbankensystem kennt nur
Die Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes
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geringfügige institutionelle Trennungen zwischen Geld- und Kapitalmarkt, zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Geschäften. Infolgedessen können auch Mittel, die sonst dem Kapitalmarkt oder der langfristigen Anlage zugeführt worden wären, ohne weiteres für kurzfristige Zwecke verwendet werden und umgekehrt. Eine deutlichere Segmentierung der Märkte in kurzund langfristige Bankgeschäfte, wie sie in den angelsächsischen Ländern üblich ist, kann zwar die Fluktuation zwischen Geld- und Kapitalmarkt nicht vereiteln, wie sich gerade in jüngster Zeit in diesen Ländern gezeigt hat, aber sie vermag die Geldmarktabhängigkeit des Kapitalmarktes zumindest zu verringern. Ein zusätzliches Element der Geldmarktabhängigkeit hat sich im Laufe der letzten acht Jahre aufgrund der ungewöhnlich raschen Ausdehnung staatlicher Kreditnahme entwickelt. Da diese Kreditnahme infolge wachsender staatlicher Defizite sich als besonders dringlich äußerte, d. h. auf rasch aufzubringende, umfangreiche Kreditbeträge angewiesen war, wurde sie hauptsächlich in Form sogenannter Schuldscheindarlehen getätigt, die zwar wenig fungibel sind, aber in großen Beträgen unmittelbar durch die Banken gewährt werden können. Die Konditionen dieser Art von Kreditgewährung — Zinshöhe, Laufzeit, Zessionsmöglichkeiten — sind in besonderem Maße durch die Liquiditätslage und damit durch die Zentralbankpolitik vorgeprägt. Ein ganz erheblicher Teil staatlicher Kreditnachfrage wurde damit in hohem Grade geldmarktabhängig. Das Jahr 1981 bietet ein besonders krasses Beispiel dafür, weil fast 9 5 v . H . der Kredite an öffentliche Haushalte direkt bei den Kreditinstituten aufgenommen wurden. Wenn der Marktführer der Nachfrageseite auf diese Weise unmittelbar Kunde der Banken geworden ist, werden auch die übrigen Marktteilnehmer an die Konditionen des Bankensektors herangeführt und so der unmittelbaren Wirkung der Zentralbankpolitik und der Geldmarktschwankungen ausgesetzt. I I I . Wirkungen M i t der Abhängigkeit des gesamten Kreditmarktes, einschließlich des Kapitalmarktes, sind zugleich erste Konsequenzen der Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes angedeutet. Es ist beinahe trivial zu erwähnen, daß der deutsche Kapitalmarkt weitgehend durch die Politik der Zentralbank bestimmt wird, wiewohl sie nach dem Gesetz keinen Auftrag dazu hat und sich offensichtlich nicht wohl fühlt in dem Bewußtsein, derartige Wirkungen auszuüben. Meist vermeidet sie es, begreiflicherweise, sich darüber zu äußern, denn es muß ihr schwerfallen, die Folgen der Geldmengen- bzw. Zinspolitik für den Kapitalmarkt auf sich zu nehmen, weil die Wirkung ihrer Maßnahmen zwar auf den Geldmarkt gerichtet sind, aber zugleich den Kapitalmarkt treffen.
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Im Grunde bewirkt die besondere Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarktes eine Funktionsstörung dieses wichtigen Faktormarktes. Sie äußert sich in der bereits erwähnten konjunkturell gegenläufigen Ergiebigkeit, in ungewöhnlich hohen Rendite- und Kursschwankungen und vor allem in einer extremen Laufzeitinstabilität. Die konjunkturelle Gegenläufigkeit bewirkt jedoch nur vordergründig eine Dämpfung der Konjunkturschwankungen; in Wirklichkeit trägt sie zugleich dazu bei, diese zu verstärken. Die Zentralbank befindet sich hier gegenüber dem Kapitalmarkt nicht selten in einem Dilemma. Sie hat die Aufgabe, die Geldmenge zu steuern, nicht die Menge des Kapitals zu verändern oder die Allokationsfunktion des Marktes zu korrigieren. Aber eben diese Folgen stellen sich bei der Wahrnehmung ihrer angestammten Aufgaben immer wieder ein. Will sie beispielsweise einen antiinflationären Kurs steuern und deshalb die Liquidität verknappen und das Zinsniveau erhöhen, so löst sie unvermeidlicherweise eine Tendenz zum Kursfall am Rentenmarkt und zu entsprechenden Reaktionen für den gesamten Kapitalmarkt aus. Soweit dadurch die Investitionsneigung gedämpft wird, kann dies zwar zu einer erwünschten Minderung der Nachfrage führen, aber auf dem Kapitalmarkt verbreitet sich aus dem gleichen Grunde eine attentistische Haltung. Denn tatsächliche und erwartete Zinserhöhungen müssen sich in Kurssenkungen niederschlagen, die den Wert des in Forderungen verbrieften Geldvermögens verringern. Mit anderen Worten, Kursverluste erweisen sich für die Wertpapierbesitzer bzw. die Rentensparer als Vermögenseinbußen, die möglicherweise vorübergehender Natur sind, aber jedenfalls das Risiko der Wertaufbewahrung am Rentenmarkt erhöhen und den Mut zu langfristigen Engagements für längere Zeit lähmen. Das Dilemma lautet demnach: Wenn die Zentralbank den Geldwert am Geldmarkt durch eine Politik des knappen und teuren Geldes verteidigt, gefährdet sie den Wert des dem Kapitalmarkt zur Wertaufbewahrung anvertrauten Geldes. Die Paradoxic wird noch verstärkt dadurch, daß der Kapitalmarkt durch zentralbankpolitische Maßnähmen, z. B. durch das Signal einer Zinsänderung, häufig empfindlicher getroffen wird als der Geldmarkt, denn dieser wird im wesentlichen nur durch die veränderte Zinshöhe, jener aber auch durch die infolge des Zins-Kurs-Mechanismus ausgelösten Vermögensänderungen in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem verliert er, im Falle einer Wendung des Zinstrends nach oben, meist für längere Zeit einen Teil seiner wichtigen Transformationsfunktion, weil der einsetzende Attentismus den Kapitalmarkt unergiebig macht und die anlagebereiten Mittel in die Wartehallen des Kapitalmarkts, d. h. in kurzfristigere Anlagemöglichkeiten verweist. Dort verharren sie, bis die Gefahr weiterer Kursverluste überwunden oder wenigstens verringert erscheint. Der Stau der Ersparnisse im Vorhof des Kapitalmarkts, besonders der Zuwachs an Fest- und Termingeldern, kann dabei beängstigende Dimensionen erreichen, zumal sie das Bankensystem
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mit Liquidität anreichern, die in dieser Phase wiederum mit verstärkt restriktiven Maßnahmen der Zentralbank erwidert werden müssen. Die Gefahr einer Übersteuerung der Kreditpolitik und die Häufigkeit von Fehlallokationen auf dem Kapitalmarkt nehmen unvermeidlicherweise zu. Der Darlehens- oder Finanzmarkt, der seinerseits wieder aus einer Reihe von Teilmärkten besteht, wird in Deutschland in einem erheblichen Grade durch die Liquiditätslage des finanziellen Sektors, d. h. durch Banken, Versicherungen, Bausparkassen und dergleichen beeinflußt. Ihr tatsächlicher Liquiditätsstatus sowie die von ihnen gehegten Liquiditätserwartungen üben entscheidenden Einfluß auf die Höhe des langfristigen Zinssatzes aus, der auf dem Finanzmarkt infolge dieser Liquiditätsabhängigkeit nur in einer weitläufigen Beziehung mit der Ertragsrate des Realkapitals verbunden ist. Die relative Unabhängigkeit des Zinssatzes der Finanzmärkte von der realen Ergiebigkeit des Kapitals läßt sich am Leitzins des Kapitalmarktes, am Rentenmarktzins, überzeugend demonstrieren. Der Rentenmarkt galt einst, ungefähr bis zum Ersten Weltkrieg, als ein Markt für wertbeständige und relativ risikolose Anlagen, auf dem der Zinssatz nur geringfügigen Schwankungen unterworfen und das Kursrisiko dadurch weitgehend minimiert war. Diese Stabilität des Zinssatzes beruhte auf einer langfristig als gesichert erscheinenden Ertragsrate des Realkapitals und einem durch Metalldeckung als gesichert erscheinenden Geldwert. In den letzten beiden Jahrzehnten ist dagegen der Rentenmarkt allmählich ein in hohem Grade spekulativer Markt geworden. Der langfristige Zinssatz und infolgedessen auch die Rentenrenditen weisen so große Schwankungen auf, daß dadurch Kursschwankungen beträchtlichen Ausmaßes entstehen, die den Spekulationscharakter dieses Marktes erzeugen und seine einstmalige Geldaufbewahrungsfunktion erheblich erschüttert haben. Die sich auf dem allgemeinen Kapitalmarkt ergebenden Zinsschwankungen, selbst wenn sie um die Geldentwertungsrate deflationiert werden, demonstrieren deutlich genug, zumal sie relativ rasch und mit hohen Oszillationen erfolgen, daß der langfristige Zinssatz primär nicht durch die Ertragsrate des Realkapitals, sondern weitgehend durch monetäre bzw. liquiditätsbedingte Faktoren bestimmt wird. Eine dritte Beeinträchtigung des Kapitalmarktes entsteht durch die Laufzeitinstabilität, die aus den zuvor beschriebenen Ursachen, d. h. den Zinsund Kursschwankungen und der periodischen Unergiebigkeit bzw. Überflutung des Rentenmarktes, folgt. Die oben beschriebene enge Verbindung zwischen Geld- und Kapitalmarkt erleichtert die Anpassung der Fristen an die Wünsche der Anleger. Da bei Zinsänderungen das Kursrisiko für Rentenpapiere mit der Länge der Laufzeit zunimmt, werden kürzere Laufzeiten von den Anlegern bevorzugt, wobei noch ansehnliche Zinssätze erzielbar sind. Die Laufzeitverkürzung ist
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daher eine typische und begreifliche Reaktion auf die oben geschilderten Kurseinbrüche und Rückschläge auf dem Rentenmarkt, denn die Anleger möchten vermeiden, ihr Geld auf einem nicht sehr stabilen, von Kursrisiken bedrohten Markt bei begrenzten Gewinnchancen und ungewissem Marktkurs für lange Zeit zu binden. Dennoch bleibt der Bedarf an langfristigen Mitteln; so ist z.B. auf einigen Investitionsgebieten mit langer Amortisationsdauer eine fristenkongruente Finanzierung wünschenswert. Diese ist jedoch kaum noch möglich, d. h. der existierende Kapitalmarkt kann partiell keine optimalen Dienste mehr leisten.
IV. Resümee Fassen wir die dargestellten Mängel des deutschen Kapitalmarkts zusammen. Seine Unzulänglichkeiten müssen vor allem in seiner Instabilität und in seiner mangelhaften Funktion für Geldaufbewahrung und Allokation gesehen werden. Diese nachteiligen Folgen ergeben sich aus den erheblichen Schwankungen und den davon ausgelösten Mißweisungen des langfristigen Zinssatzes, ferner aus den enormen Schwankungen des Emissionsvolumens am Rentenmarkt sowie aus der davon herrührenden allgemeinen Diskontinuität des Kapitalmarkts und schließlich aus der damit zusammenhängenden Laufzeitinstabilität. Als Hauptursache für diese Fehlleistungen müssen die ausgeprägte Geldmarktabhängigkeit des deutschen Kapitalmarkts und die vom Geldmarkt ausgehenden Zinsänderungen und Liquiditätsanspannungen angesehen werden, die infolge des institutionell bedingten Transmissionsmechanismus auf den Kapitalmarkt übertragen und meist noch verstärkt werden. Da normalerweise nicht private Sparer, sondern Banken und andere Finanzinstitute die Hauptabnehmer für langfristige Wertpapiere sind, so dienen die leicht handelbaren Papiere des Rentenmarkts im allgemeinen nicht nur als Anlagewerte, sondern zugleich als Liquiditätspuffer. Die Banken benutzen z. B. in Rezessionsphasen und bei expansiver Geldpolitik die ihnen zugestandene bzw. zugängliche Liquidität zur Anlage am Rentenmarkt, zumal in dieser Phase die private Kreditnachfrage meist noch gering ist. I m Boom und während der damit einhergehenden Phase der Liquiditätsverknappung werden nicht nur weniger oder überhaupt keine festverzinslichen Wertpapiere mehr gekauft, sondern die vorhandenen Wertpapierbestände dienen sogar als Liquiditätsreserve. Überdies erscheint es ratsam, aus spekulativen Gründen, bei steigendem Zins und sinkendem Kursniveau die Wertpapierportefeuilles zu reduzieren oder wenigstens nicht zu erhöhen. A u f diese Weise wird der Rentenmarkt ungewöhnlich großen antizyklischen Bewegungen ausgesetzt und erhält einen ausgesprochen spekulativen Charakter. Seine Funktion, als Ort der Geldaufbewahrung zu dienen, geht in der konjunkturellen Aufschwungphase weitgehend verloren. Die Anleger
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neigen deshalb dazu, in Realwerte oder in kurzfristige Anlagen ohne Kursrisiko auszuweichen. Dadurch ergibt sich auf den Finanzmärkten ein Stau an kurzfristigen Mitteln und infolgedessen eine Liquidisierung, welche die Zentralbank zu entsprechend harten Maßnahmen nötigt und damit die Gefahr der Übersteuerung heraufbeschwört. Nochmals sei daran erinnert, daß am Anfang der Ursachenkette die Liquiditätsänderungen auf dem Geldmarkt stehen. Die von dort ausgehenden, zum Teil beträchtlichen Zinsschwankungen greifen rasch auf den Kapitalmarkt über und lösen dort jene Kursbewegungen aus, die zu dem beschriebenen stop and go am Rentenmarkt führen. Die davon herrührenden Mißweisungen des Kapitalmarkts und die Gefährdung der Geldaufbewahrung wird paradoxerweise häufig sogar von der auf den Geldmarkt gerichteten und im Dienste der Geldwertstabilität betriebenen Politik der Zentralbank ausgelöst. Angesichts dieser Diagnose drängt sich die Frage auf: Inwieweit ist eine deutlichere Trennung von Geld- und Kapitalmarkt möglich, bzw. wie können wir den Kapitalmarkt von den geldmarktinduzierten Schwankungen abschirmen, um auf diese Weise wieder eine längerfristige Orientierung des Zinssatzes an der realwirtschaftlichen Ertragsrate zu ermöglichen? Die wichtigste Voraussetzung für eine kontinuierliche Entwicklung des Kapitalmarkts ist ein relativ stabiler Kapitalzins. Ein wünschenswerter stabiler, langfristiger Zinssatz würde, eine einigermaßen zutreffende Höhe unterstellt, die volkswirtschaftlich wichtige Steuerungsfunktion des Kapitalzinses für den Produktionsfaktor Kapital besser erfüllen als der geldmarkt- und liquiditätsbestimmte, wenig stabile Kapitalzins des gegenwärtigen deutschen Rentenmarktes. Ein wünschenswerter Kapitalzins würde darüber hinaus die zinsverursachten, erheblichen Kursschwankungen begrenzen und damit den Wechsel zwischen allzu geringer und boomartig hoher Ergiebigkeit des Marktes vereiteln oder abschwächen. Er würde vor allem auch die Geldaufbewahrungsfunktion des Kapitalmarkts verbessern und dadurch dem Sparer mehr Sicherheit vor Anlageverlusten und damit mehr Vertrauen in die Geldwertstabilität bieten. Wie ließe sich daher mehr Zins- und dadurch mehr Kursstabilität am Rentenmarkt erreichen? A m wirkungsvollsten könnte dieses Ziel durch absolute Geldwertstabilität erreicht und infolgedessen durch eine entsprechende monetäre Stabilitätspolitik angestrebt werden. Aber solange dies nicht möglich ist oder die entsprechende Politik nicht zum Ziele führt, sondern weiterhin die laufende Anwendung der zentralbankpolitischen Instrumente erfordert, wird auch der Kapitalmarkt in der oben dargestellten Weise in Mitleidenschaft gezogen. U m die für den Kapitalmarkt nachteiligen Wirkungen zu vereiteln oder wenigstens zu reduzieren, muß von der Notwendigkeit ausgegangen werden, eine stabilisierende Kapitalmarktpolitik zu betreiben. Sie besteht hauptsächlich darin, die am kurzfristigen Ende des Marktes im
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Interesse der Geldmengen- und Liquiditätssteuerung erforderlichen zentralbankpolitischen Maßnahmen möglichst nicht auf den langfristigen Teil des Marktes durchschlagen zu lassen oder derartige Wirkungen wenigstens abzumildern. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei ein spürbarer, d. h. für den Anleger attraktiver Unterschied zwischen kurz- und langfristigen Zinssätzen. Der Zinsfächer — die Spanne zwischen kurz- und langfristigen Zinssätzen — sollte genügend weit geöffnet bleiben, um zu vermeiden, daß schon eine geringe Anhebung des kurzfristigen Zinssatzes den Kapitalzins mitsteigen läßt und den Rentenmarkt in Unordnung bringt. Es ist also notwendig, den Kapitalmarkt hinreichend weit vom Geldmarkt abzurücken, um ihn dadurch von seiner engen Geldmarktabhängigkeit zu lösen. Angesichts der Dominanz der öffentlichen Schuld auf dem für den Kapitalmarkt dominierenden Rentenmarkt bietet sich die Staatsschuldenpolitik fast wie ein deus ex machina an. Die verschiedenen zur Schuldenaufnahme geeigneten Schuldformen und Wertpapierarten sollten deshalb hinsichtlich ihrer Zins- und Fristenstruktur deutlich voneinander abgesetzt sein, damit der zuvor beschriebene Effekt, d. h. ein Abrücken des langfristigen vom kurzfristigen Markt durch eine institutionelle Sicherung dieser Art besser erreicht werden kann. Die Zentralbank kann im Restriktionsfall den Diskontsatz heraufsetzen oder eine geldmengeninduzierte Zinserhöhung in Kauf nehmen und so den Zinsfächer verengen, ohne den Geldzins auf die Höhe des Rentenzinses zu treiben. I m Expansionsfall kann sie den Zinsfächer wieder nach unten erweitern und so der Elastizität des Geldmarktzinses den nötigen Tribut zollen. Vor allem kann sich die Zentralbank auf diese Weise bis zu einem gewisse Grade dem oben beschriebenen Dilemma entziehen, solange der kurzfristige Zinssatz deutlich unter dem langfristigen liegt und ihn daher nicht wesentlich beeinflußt. A m Schluß sei der Hinweis erlaubt, daß die vorgebrachten Anregungen und Überlegungen nicht dem vordergründigen Zweck dienen, den Kapitalmarkt zu begünstigen oder einzelne seiner Sektoren, etwa den Rentenmarkt, hervorzuheben. Vielmehr handelt es sich darum, den in der Wirtschaftspolitik meist vernachlässigten und allzu häufig als Instrumentalvariable betrachteten Kapitalmarkt in seine ordnungspolitische autonome Funktion wieder einzusetzen. Die Dienste des Kapitalmarkts für die Geldaufbewahrung und für die optimale Verwendung des verfügbaren Kapitals sind zu bedeutsam, um sie zweitrangig und beiläufig den bloßen Erfordernissen der Geldmengenreguierung unterwerfen zu dürfen.
Die Zins- und Laufzeitstruktur der finanziellen Märkte in der Bundesrepublik Deutschland Von Dietmar Kath, Duisburg I. Einleitung Das Anliegen der folgenden Ausführungen besteht erstens darin, die Bestimmungsgründe für typische Verzinsungsdifferenzen unterschiedlicher finanzieller Aktiva und ihre Veränderungen im Zeitablauf — das Zinsstrukturproblem — zu untersuchen und ist zweitens darauf gerichtet, das Problem der Laufzeitstruktur zu analysieren, also jene Faktoren aufzuzeigen, die Verschiebungen im Fristigkeitsspektrum der periodisch neu geschaffenen Finanzaktiva bewirken. Beide Probleme haben ihre gemeinsame Wurzel im Entscheidungsprozeß von Schuldnern und Gläubigern über die zeitliche und sachliche Struktur ihrer Vermögenshaltung. Das Zinsstrukturproblem umfaßt zwei Teilaspekte. Der erste betrifft die zeitliche Zinsstruktur, also die Beobachtung, daß Schuldtitel mit ansonsten gleichen Ausstattungsmerkmalen zum selben Stichtag Verzinsungsunterschiede aufweisen, die systematisch mit der Restlaufzeit variieren. Der zweite Teilaspekt bezieht sich auf artenspezifische Zinsdifferenzen, d. h. auf Unterschiede in der Verzinsung solcher Schuldtitel, die zwar in der Fristigkeit übereinstimmen, deren typische Ausstattungsmerkmale jedoch voneinander abweichen. Die differenzierte finanzielle Struktur einer Volkswirtschaft, die Vielzahl unterschiedlicher Zinssätze und deren Interdependenz lassen sich in einem vermögenstheoretischen Betrachtungsrahmen, wie er in den sechziger Jahren unter der Federführung von Tobin entworfen wurde, schlüssig erklären (Tobin 1965, 1965,1982). Bis zur Mitte der sechziger Jahre wurden gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge auf der Grundlage einkommenstheoretischer Modelle analysiert, in denen die vielfältigen Kreditbeziehungen der privaten Wirtschaftssubjekte untereinander ebensowenig berücksichtigt werden wie die Existenz finanzieller Unternehmen und die von ihnen angebotenen heterogenen Schuld- und Forderungstitel. Monetäre Faktoren werden dort nur in extrem aggregierter Form erfaßt, was insbesondere in der Beschränkung auf ein einziges verzinsliches Finanzaktivum (Bonds) zum Ausdruck kommt, das zudem — aus Gründen einer möglichst einfachen modelltechnischen Behandlung — als festverzinsliches Wertpapier mit
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unendlicher Laufzeit definiert wird. Das Problem der Zins- und Laufzeitstruktur stellt sich daher nicht; denn wegen der Beschränkung auf ein homogenes Finanzaktivum berücksichtigt die aus der Lehre von Keynes hervorgegangene makroökonomische Theorie auch nur einen Zinssatz (Ritter 1963). Diese Theorie bietet auch keinen systematischen Ansatzpunkt zu einer Disaggregation der monetären Größen, um den empirischen Sachverhalt einer Vielzahl voneinander abweichender Zinssätze, die Gesetzmäßigkeiten ihrer Verknüpfung und ihre relative Änderung im Zeitablauf zu erfassen. Die in den vierziger und fünfziger Jahren zur Erklärung des Sachverhalts der zeitlichen Zinsstruktur entwickelten Ansätze stehen zwar nicht im Widerspruch zu der in der makroökonomischen Theorie von Keynes inkorporierten Liquiditätspräferenztheorie des Zinses, sie waren gleichwohl nicht geeignet, die unrealistische Annahme eines homogenen Finanzaktivums zu überwinden (Lutz 1940/41; Hicks 1946, S. 145 ff.; Culbertson 1957). Die artenspezifische Zinsstruktur kann die keynesianische Theorie in Ermangelung einer mikroökonomischen Fundierung der finanziellen Bedürfnisse und Verhaltensweisen überhaupt nicht erklären. Indem die Portfoliotheorie von der Hypothese einer an der Höhe und Struktur des individuellen Vermögens ausgerichteten Verhaltensweise ausgeht und neben der Zinshöhe weitere Entscheidungskriterien berücksichtigt, gelingt es, ein breites Spektrum finanzieller Aktiva in die Erklärung der einzelwirtschaftlichen Vermögensanlage einzubeziehen. Die portfoliotheoretische Analyse des finanziellen Verhaltens basiert auf der Annahme, daß sich die Wirtschaftssubjekte bei ihrer Vermögenshaltung an einer Nutzenfunktion orientieren, die neben der Rendite auch nicht-pekuniäre Ertragskomponenten als Argumente enthält. Die Aussage, daß jene Vermögensstruktur gewählt wird, bei der ein maximaler Anlagenutzen erzielbar ist, impliziert die Bereitschaft, eine geringere Verzinsung zu akzeptieren, sofern der Erwerb des Vermögensgutes neben der expliziten Verzinsung mindestens eine zusätzliche Nutzungsmöglichkeit bietet. Die Existenz heterogener Finanzaktiva mit unterschiedlichen Zinssätzen setzt daher beim Individuum das Vorhandensein unterschiedlicher finanzieller Bedürfnisse und interpersonell abweichende Präferenzsysteme voraus. Der portfoliotheoretische Erklärungsansatz bildet auch die Grundlage für die im folgenden Abschnitt durchgeführte Strukturanalyse des finanziellen Sektors. Im anschließenden dritten Abschnitt werden die im Zinsgefüge der Bundesrepublik Deutschland erkennbaren Gesetzmäßigkeiten sowie die typischen Veränderungen der Zinsstruktur im Verlauf zweier Zinszyklen vermögenstheoretisch interpretiert. Im vierten Abschnitt werden schließlich die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung referiert. Demnach lassen sich die in der Bundesrepublik während des Zeitraums von 1970 bis 1982 eingetretenen Veränderungen der durchschnittlichen Laufzeit festverzinslicher Wertpapiere auf vorzugsweise zwei Bestimmungsfaktoren zurückfüh-
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ren: auf eine erhöhte Unsicherheit über die erwartete Inflationsrate und auf geänderte Zinserwartungen.
I I . Akteure und Märkte des finanziellen Sektors 1. Der finanzielle Sektor umfaßt die Gesamtheit aller finanziellen Unternehmen einer Volkswirtschaft; neben der Zentralbank und den Kreditinstituten zählen dazu auch die Versicherungen und die Bausparkassen. Ihre Aktivität erstreckt sich auf alle finanziellen Märkte, und zwar in der Regel auf mehrere zugleich. A u f den Kreditmärkten bieten sie eigene Forderungstitel, auf den Depositen- und Rentenmärkten standardisierte eigene Schuldtitel an. In gesamtwirtschaftlicher Sicht erfüllen sie dabei drei Funktionen: Erstens die Funktion der Kreditvermittlung: Dadurch werden die direkten Gläubiger-Schuldner-Beziehungen zwischen ursprünglichen Sparern und Investoren (Haushalten und Unternehmen) zu Kreditketten mit indirekten Kreditbeziehungen erweitert. Indirekte Kreditbeziehungen bieten, verglichen mit Direktkrediten, Sparern und Investoren gleichermaßen Vorteile. Beide Seiten vermeiden — indem sie für ihre Wertaufbewahrungs- und Verschuldungsbedürfnisse die Dienste der Finanzinstitute in Anspruch nehmen — jene Informationskosten, die im Falle der Anbahnung einer direkten Kreditbeziehung entstehen würden. Zweitens die Funktion der Risikostreuung: Indem die finanziellen Unternehmen — gegenüber den Einlegern — die Rolle des Kreditnehmers und zugleich — gegenüber den Schuldnern — die des Kreditgebers einnehmen, tragen sie auch die spezifischen Risiken, die mit einem Kreditverhältnis verknüpft sind. Im Gegensatz zum Gläubiger eines Direktkredits, der mit der Insolvenz des individuellen Schuldners rechnen muß, trägt der EinlegerGläubiger nicht das direkte Solvenzrisiko, sondern das beträchtlich geringere Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Kreditinstituts. Diese Risikoverlagerung bedeutet nicht, daß der finanzielle Sektor die addierte Last aller Einzelrisiken zu tragen hat, die den Einlegern als originären Kreditgebern abgenommen werden. Vielmehr ermöglicht das „Gesetz der großen Zahl" wegen der damit verbundenen Risikostreuung eine Risikominimierung. Darüber hinaus beschränken die Unternehmen des finanziellen Sektors die Einzelrisiken durch systematische Kreditwürdigkeitsprüfungen. Wird im Einzelfall das Solvenzrisiko für unvertretbar hoch eingeschätzt und ist ein Beleihen von vorhandenem Sachvermögen nicht möglich, wird der Kredit verweigert. Drittens die Funktion der Fristentransformation: Auch die divergierenden Laufzeitpräferenzen von Schuldnern und Gläubigern sind Grundlage für die ökonomische Aktivität finanzieller Unternehmen. Handeln die Wirtschaftssubjekte bei ihren finanziellen Entscheidungen überwiegend nach dem Prin-
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zip der Risikovermeidung, orientieren sie ihre Laufzeitwahl an ihrem individuellen Dispositionszeitraum. Aus diesem Grund bevorzugen Schuldner häufig langfristige Kreditkontrakte, während Gläubiger stärker zur kurzfristigen Anlagen neigen. Die derart divergierenden Fristigkeitsvorstellungen sind Ursache für laufzeitbedingte Verzinsungsunterschiede, denn unter diesen Umständen wird sich eine zeitliche Zinsstruktur herausbilden, die eine „ Liquidi täts Verzichtprämie" für langfristige Schuldtitel aufweist, indem die Verzinsung mit zunehmender Laufzeit ansteigt. Die fristentransformierende Aktivität der Finanzierungsinstitute äußert sich zum einen in dem gleichzeitigen Angebot von Depositen mit kurzfristiger Verfügbarkeit und längerfristigen Kreditkontrakten. Zum anderen bewirken sie Fristentransformation durch Arbitrage mit umlaufenden Schuldtiteln unterschiedlicher Laufzeit. Als hinreichend große Gruppe von Marktteilnehmern, die ihre Portfolioentscheidungen überwiegend an Zinserwartungen orientieren, sind die finanziellen Unternehmen in der Lage, in einer Welt der Risikoaversion eine Interdependenz der Zinsraten für Kreditkontrakte unterschiedlicher Fristigkeit zu bewirken. Die ökonomische Aktivität der Finanzierungsinstitute, die in den genannten drei Funktionen ihren Ausdruck findet, beruht auf dem Ausnutzen von Zinssatzdifferenzen. Je stärker das Handeln der Nichtbanken vom Motiv der Risikoabwehr beherrscht wird, desto höher ist der Preis, den Schuldner und Gläubiger für das Abwälzen finanzieller Risiken zu zahlen bereit sind. Der dadurch entstehende Spielraum zwischen Soll- und Habenzinsen stellt das Ertragspotential dar, auf das die Existenz der finanziellen Unternehmen gründet. Da ihre Aktivität wie jede andere wirtschaftliche Tätigkeit Ressourcen beansprucht und damit Kosten verursacht, kann sie potentielle Zinssatzdifferenzen zwar einengen, diese jedoch niemals völlig zum Verschwinden bringen. Zumindest kostendeckende Margen bleiben bestehen. Informations· und Transformationskosten sind letztlich die Bestimmungsfaktoren dafür, daß zwischen Bankkrediten und Bankdepositen, aber auch zwischen gleichartigen Schuldtiteln unterschiedlicher Fristigkeit trotz des Wirkens von Arbitrageuren stets Zinsunterschiede vorhanden sind. Allerdings sind die finanziellen Unternehmen in der Lage, die Vorteile der Spezialisierung und steigender Skalenerträge zu nutzen, so daß die Mindestzinsspanne wesentlich gringer ist als für den Fall der Eigenversorgung. Indem sich Nichtbanken zur Befriedigung ihrer finanziellen Bedürfnisse der Dienste des finanziellen Sektors bedienen, entstehen ihnen demnach erhebliche Kostenvorteile. 2. Als finanzieller Markt gilt die gedankliche Zusammenfassung gleichartiger Kreditkontrakte, die von Banken, Versicherungen und Bausparkassen angeboten werden. Vertragsobjekte sind entweder Forderungs- oder Schuldtitel mit jeweils standardisierten Konditionen. I m ersten Fall nehmen die
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finanziellen Unternehmen eine Gläubigerposition ein, im zweiten einen Schuldnerstatus. Die Vielfalt der Vertragstypen bestimmt zugleich die Zahl der finanziellen Märkte. Zwischen diesen Märkten herrschen mehr noch als bei physischen Gütern enge Substitutionsbeziehungen. In der nachfolgenden Systematik der finanziellen Märkte sind solche Teilmärkte zu Marktgruppierungen zusammengefaßt worden, zwischen denen besonders ausgeprägte Substitutionsbeziehungen bestehen, weil einerseits Nachfrager und Anbieter jeweils die gleiche sektorale Herkunft aufweisen, und weil andererseits die finanziellen Aktiva in wesentlichen Ausstattungsmerkmalen übereinstimmen. Aufgrund dieser Kriterien lassen sich vier Marktgruppierungen unterscheiden: Rentenmärkte, Depositenmärkte, Bankkreditmärkte und Interbankmärkte. — Rentenmärkte ist der Oberbegriff für alle Märkte, auf denen fungible festverzinsliche Wertpapiere wie öffentliche Anleihen, Industrieobligationen und Bankschuldverschreibungen (Pfandbriefe und Kommunalobligationen) gehandelt werden. Diese Papiere unterscheiden sich nicht nur in bezug auf die sektorale Herkunft der Emittenten, sondern auch hinsichtlich einiger Ausstattungsmerkmale. Insofern sind sie zwar enge Substitute, nicht jedoch homogene Anlageobjekte. Insbesondere Vermögenshalter mit fest bestimmter Anlagedauer, haben Präferenzen für Schuldtitel mit kongruenter Laufzeit und betrachten Titel mit abweichender Fristigkeit bestenfalls als unvollkommene Substitute. Die Inhomogenität der Rententitel wird noch verstärkt, wenn sie mit unterschiedlich hohen Nonimalzinssätzen ausgestattet sind oder wenn sie in bezug auf den Zinszahlungszeitraum (halbjährlich oder jährlich) oder den Rückzahlungsmodus (gesamtfällige Schuldverschreibungen einerseits bzw. Tilgungsanleihen mit untereinander abweichenden Tilgungsklauseln andererseits) differieren. Gemeinsames Merkmal festverzinslicher Wertpapiere ist ihre Fungibilität, so daß sie an organisierten Sekundärmärkten gehandelt werden können. Die Veräußerung vor Fälligkeit beinhaltet allerdings das Risiko eines Kursverlustes, Insofern ist das Adjektiv „festverzinslich" irreführend. Es gilt nur für den Fall, daß der Ersterwerber das Papier bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung im Portefeuille behält. Im Umlauf befindliche Schuldverschreibungen und Neuemissionen mit übereinstimmenden Ausstattungsmerkmalen hinsichtlich Restlaufzeit, Nominalzins, Zinszahlungszeitraum und Rückzahlungsmodus sind im Urteil des Anlegers nahezu vollständige Substitute, so daß sich die Effektivverzinsung auf den Sekundärmärkten jederzeit an die Entwicklung der Rendite für Neuemissionen anpaßt. — Als Depositen werden Kreditbeziehungen bezeichnet, die einen Rückzahlungsanspruch von Nichtbanken als Gläubiger an Banken als Schuldner
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zum Gegenstand haben. Grundlage des RückZahlungsanspruchs ist eine vorangegangene Bankeinlage, also die Überlassung eines Bargeldbetrages oder einer Bargeldforderung durch den Depositengläubiger an ein Kreditinstitut. Der Zeitpunkt der Rückzahlung kann wie bei den Sichtdepositen in das Ermessen des Einlegers gestellt oder wie bei den Terminund Spareinlagen — ausgenommen gesetzliche Spardepositen — vertraglich vereinbart sein. Gemeinsames Merkmal der Depositen ist ihre mangelnde oder stark eingeschränkte Fungibilität. Der einzelne Kreditkontrakt bezieht sich auf ein spezifisches bilaterales Schuldverhältnis, das durch ein vom Kreditinstitut auf den Namen des Gläubigers lautendes Konto beurkundet wird. Infolgedessen können Bankeinlagen auch nicht nach Belieben eines Vertragspartners formlos an Dritte veräußert werden. Dadurch unterscheiden sie sich von anderen Bankverbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken, insbesondere von Bankschuldverschreibungen. — A u f den Bankkreditmärkten werden, ähnlich wie auf den Depositenmärkten, nicht-fungible bilaterale Kreditkontrakte zwischen Banken und Nichtbanken abgeschlossen. Allerdings entsteht dabei ein umgekehrtes Schuldverhältnis: Die Kreditinstitute nehmen die Gläubigerposition und die Nichtbanken den Schuldnerstatus ein. Auch in dieser Marktgruppierung sind heterogene Kreditarten wie Kontokorrentkredite, Wechseldiskont· und Hypothekarkredite zusammengefaßt, die sich hinsichtlich Fristigkeit, Beurkundung und Besicherung unterscheiden. Gemeinsames Merkmal der Kreditkontrakte ist auch hier das bilaterale Vertragsverhältnis, das über namentlich geführte Bankkonten abgewickelt wird. — Die Besonderheit der Interbankmärkte besteht darin, daß auf beiden Marktseiten ausschließlich Kreditinstitute als Akteure auftreten. Vertragsobjekt auf diesen Märkten sind Guthaben von Banken bei der Zentralbank. Insbesondere auf dem Teilmarkt für „Tagesgeld" treten solche Banken als Nachfrager auf, die ein aktuelles Defizit an Zentralbankgeld haben und deren Refinanzierungsmöglichkeiten (Rediskontund Lombardkredit) bei der Notenbank ausgeschöpft sind. Anbieter sind jene Banken, die kurzfristig einen Zentralbankgeldüberschuß aufweisen, oder die über einen freien Refinanzierungsspielraum verfügen und aufgrund der bestehenden Differenz zwischen dem Geldmarktzins und dem Diskont- bzw. Lombardsatz ein lukratives Arbitragegeschäft wahrnehmen. Diese Arbitragemöglichkeit zwischen Zentralbankverschuldung und den Geldmarktgeschäften sorgt für eine hohe Interdependenz der Märkte und der zugehörenden Zinssätze. In dieser Interdependenz liegt zugleich der hauptsächliche Ansatzpunkt für geldpolitische Einwirkungsmöglichkeiten durch die Notenbank mittels ihrer klassischen geldpolitischen Instrumente Diskont-, Mindestreserve- und Offenmarktpolitik.
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3. Zwischen den vier unterschiedlichen Marktgruppierungen besteht ein hohes Maß an Interdependenz. Begründet wird diese wechselseitige Abhängigkeit der Volumina und Zinssätze durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Substitutionsbereitschaft auf der Nachfrageseite, durch die Arbitragetätigkeit der finanziellen Unternehmen sowie durch gesetzliche Vorschriften über die Geschäftstätigkeit der finanziellen Unternehmen. Soweit die Interdependenz auf die Substitutionsbereitschaft der Nachfrager nach finanziellen Aktiva zurückzuführen ist, hat sie ihre Ursache in dem Sachverhalt, daß die auf den finanziellen Märkten gehandelten Objekte als qualitativ verschiedene Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse nach Wertaufbewahrung, Wertübertragung und Verschuldung eingestuft werden. Besonders vielseitig ist die substitutive Eignung der Rentenpapiere. Die Rentenmärkte nehmen daher im Gefüge der finanziellen Märkte eine Schlüsselposition ein. Sie wird noch dadurch verstärkt, daß diese Marktgruppierung nicht auf einer besonderen sektoralen Zurechnung beruht: — Für den Staat und die nichtfinanziellen Unternehmen ist das festverzinsliche Wertpapier ein Verschuldungsinstrument, das in enger Konkurrenz zum Bankkredit steht. — Kreditinstitute betrachten den Erwerb von Rententiteln und die Vergabe von Krediten (Forderungen an Nichtbanken) als gemeinsame Bestandteile ihres Aktivgeschäfts. Darüber hinaus gelten aus ihrer Sicht Schuldverschreibungen mit kurzer Restlaufzeit wegen des hohen Liquiditätsgrades als Substitute für Geldmarktanlagen. — Für Nichtbanken aller Sektoren sind Rentenwerte und Bankdepositen hochgradige Substitute als Mittel der Vermögenshaltung. — Schließlich sind Renten- und Depositenmärkte auch angebotsseitig miteinander verknüpft, denn Bankdepositen und Bankschuldverschreibungen sind konkurrierende Verschuldungsinstrumente der Kreditinstitute. Die bestehenden Substitutionsbeziehungen sind Grundlage für eine wechselseitige Verknüpfung zwischen den Rentenmärkten einerseits sowie den Depositen-, Bankkredit- und Interbankmärkten andererseits. Diese allgemeine Interdependenz aller Marktgruppierungen des finanziellen Sektors wird darüber hinaus durch direkte Beziehungen zwischen verschiedenen Marktgruppierungen weiter gefestigt. Es sind dies komplementäre Verbindungen zwischen dem Depositen- und dem Kreditgeschäft der Banken, des weiteren zwischen dem Absatz von Kommunalobligationen und Pfandbriefen einerseits und dem Volumen an Kommunaldarlehen und Hypothekarkrediten andererseits aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des Hypothekenbankgesetzes und des Gesetzes über Pfandbriefe und verwandte Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten sowie zwischen Depositen- und Interbankmärkten.
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I I I . Die Zinsstruktur der finanziellen Märkte Die Interdependenz der finanziellen Märkte findet ihren Ausdruck in der Verknüpfung der zugehörigen Zinssätze. Der Grad der Substitutionalität der finanziellen Kontrakte und die Arbitragekosten der finanziellen Unternehmen bestimmten die relative Zinshöhe und damit die im Zinsgefüge erkennbaren Gesetzmäßigkeiten. Je enger die Substitutionsbeziehung zwischen zwei Teilmärkten des finanziellen Sektors ist, desto geringer ist auch die Differenz der betreffenden Zinssätze. Wegen der ökonomischen Aktivität der Kreditinstitute, die alle finanziellen Märkte überdeckt, können die Zinsunterschiede selbst zwischen entfernten Teilmärkten dauerhaft nicht höher sein als die bei den Banken entstehenden Grenzkosten der Arbitragetätigkeit. Beide Bestimmungsfaktoren prägen die Grundkonstellation der Zinsstruktur der finanziellen Märkte. Nachfolgend werden in einem ersten Schritt die im Zinsgefüge angelegten Gesetzmäßigkeiten nacheinander aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet: Zunächst aus der Sicht der einzelnen Marktgruppierungen und anschließend im Hinblick auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Aggregaten. In einem weiteren Schritt werden dann die typischen Veränderungen der Zinsstruktur im Verlauf zweier Zinszyklen aufgezeigt. Die meisten der hier erörterten Zusammenhänge werden auch in Abbildung 1 erfaßt. 1. Innerhalb der Zinsstruktur der einzelnen Segmente gelten die folgenden systematischen Verknüpfungen: Die an den Rentenmärkten von verschiedenen Emittenten angebotenen festverzinslichen Schuldtitel stellen aus der Sicht der Nachfrager hochgradige Substitute dar. Verzinsungsdifferenzen können sich nur in dem Maße herausbilden, wie sich diese Papiere in bezug auf Ausstattungsdetails unterscheiden, die Grundlage für die Herausbildung von Anlegerpräferenzen sind, wie Laufzeitdifferenzen, abweichende RückZahlungsbedingungen und die unterschiedliche Fähigkeit zur Kurspflege. Zinssatzdifferenzen zwischen Bankschuldverschreibungen werden teilweise durch die unterschiedliche Fähigkeit und Bereitschaft der Emissionsbanken zur Kurspflege begründet. Sie nimmt mit der Größe des Instituts zu. Da Kurspflege aus der Sicht der Anleger ein Qualitätsmerkmal ist, wird sie mit einem Kursaufschlag — entsprechend einem Zinsabschlag — honoriert. Ein eindeutiger Qualitätsunterschied in der Einschätzung durch die Anleger entsteht auch zwischen Schuldverschreibungen mit gesamtfälliger Rückzahlung und solchen, deren Tilgung durch Auslosung über einen längeren Zeitraum verteilt ist, sowie jenen, bei denen der Schuldner die Option hat, nach Ablauf einer tilgungsfreien Mindestlaufzeit innerhalb einer festgelegten Zeitspanne (maximale Gesamtlaufzeit) beliebige Teilbeträge oder sogar die gesamte Schuld jederzeit zurückzuzahlen. Da der Emittent von der Möglich-
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keit einer frühzeitigen Tilgung nur dann Gebrauch machen wird, wenn ein zwischenzeitlich gesunkenes Zinsniveau eine Neuverschuldung mit geringerer Zinslast ermöglicht, während er bei steigendem Zins ein Interesse am Fortbestand seiner ausstehenden Schuldverschreibung hat, weisen diese Schuldtitel für den Anleger im Unterschied zu gesamtfälligen Anleihen ein nicht unbeträchtliches Einkommensrisiko auf. Als Kompensation für diesen Risikofaktor werden Kündigungsanleihen an den Rentenmärkten mit einer höheren Rendite gehandelt. Ein besonders signifikantes Argument für Verzinsungsdifferenzen bei festverzinslichen Wertpapieren sind Laufzeitunterschiede. Für Papiere mit unterschiedlicher Restlaufzeit kann eine ausgeprägte Renditestruktur ermittelt werden, die in der Regel eine systematische Beziehung zwischen Abstufungen in der Laufzeit und Abweichungen in der Zinshöhe widerspiegelt. Während normalerweise die Zinshöhe mit zunehmender Laufzeit ansteigt, tritt bei einem vergleichsweise hohen Zinsniveau auch die umgekehrte Konstellation auf. Um diesen Zusammenhang möglichst modellgerecht zu erfassen, kommen für einen empirischen Nachweis nur solche Schuldtitel in Betracht, die sich ausschließlich bezüglich ihrer Laufzeit unterscheiden und ansonsten gleiche Ausstattungsmerkmale aufweisen. Ein ideales Untersuchungsobjekt sind Anleihen der öffentlichen Hand, da bei ihnen zum einen das Solvenzrisiko des Emittenten ausgeschlossen werden kann und zum anderen durch sie ein vergleichsweise breites Fälligkeitsspektrum überspannt wird (Kath 1972, S. 30). A u f den Depositenmärkten decken die Nichtbanken ihre Bedürfnisse nach Vermögensaufbewahrung und nach Aufrechterhaltung ihrer Zahlungsfähigkeit. Beide Bedürfnisse stehen in einer strikten substitutiven Beziehung zueinander, indem ein Verzicht auf eine oder mehrere Zahlungsmitteleigenschaften eine positive Zinssatzdifferenz als Kompensation voraussetzt. Innerhalb des Zinsgefüges dieser Marktgruppierungen liegen daher die Zinsraten für jene Depositenarten am niedrigsten, die eine hohe Zahlungsmittelqualität haben. So werden in der Bundesrepublik Deutschland Sichtguthaben als nahezu perfekte Zahlungsmittel seit Jahrzehnten unverändert niedrig mit 0,5 v. H. verzinst. Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist gelten wegen ihrer passiven Verwendbarkeit im giralen Zahlungsverkehr und wegen der jederzeit in beliebigen Teilbeträgen möglichen Transformierbarkeit in Bargeld als hochgradige Geldsubstitute (Reither 1981, S. 32 ff.). Ihre Zahlungsmittelqualität ist jedoch dadurch gemindert, daß ihre aktive girale Verfügung ausgeschlossen ist. Folgerichtig liegt der „Spareckzins" über dem Zinssatz für Sichtguthaben. Noch höhere Zinssätze gelten für Spardepositen mit vereinbarter Kündigungsfrist und für Termindepositen, denn beide sind mit länger- oder kürzerfristigen totalen Beschränkungen der Zahlungsfähigkeit verbunden.
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Kreditnehmer, die ihr Verschuldungsbedürfnis auf den Bankkreditmärkten befriedigen wollen, können sich grundsätzlich für einen Wechseldiskontoder einen Buchkredit entscheiden, wobei sie wiederum die Wahl zwischen einem Kontokorrent- und einem zeitlich befristeten Kredit haben. Der zeitlich befristete Kredit setzt wie der Wechselkredit beim Kreditnehmer die Kenntnis des Betrages und des Zeitraums der Verschuldung voraus. Dagegen ist der Kontokorrentkredit für jene Kreditnehmer, die über beide Entscheidungsgrößen keine genauen Informationen haben, ein überlegenes Verschuldungsinstrument, für das sie bereit sind, einen höheren Zins zu zahlen. Dem entspricht eine — verglichen mit dem befristeten Kredit — höhere Zinsforderung seitens der Anbieter aufgrund höherer Kosten für die Administration und Liquiditätsvorsorge. Der Wechselkredit hat für die Kreditinstitute zudem den Vorteil der Refinanzierbarkeit bei der Notenbank. Der Zins für diese Kreditart liegt daher deutlich unter dem für Kontokorrentkredite, zugleich aber über dem Diskontsatz der Geldbehörde. Der Abstand zur Diskontrate nimmt in Phasen restriktiver Geldpolitik zu, wenn die Kreditinstitute ihre Rediskontkontingente ausgeschöpft haben. Zwischen Wechseldiskont und Kontokorrent als Formen des kurzfristigen Bankkredits und dem langfristigen Hypothekarkredit besteht aus der Sicht des Darlehensnehmers nur insofern eine direkte Substitutionsbeziehung, als er — in Erwartung eines in der Zukunft niedrigeren Zinsniveaus — ein langfristiges Projekt zunächst kurzfristig vorfinanziert. Eine derartige Finanzierungsstrategie erübrigt sich allerdings, wenn die Banken langfristige Kreditverträge mit Zinsgleitklauseln anbieten, die zugunsten des Schuldners Anwendung finden. Zinssatzdifferenzen zwischen Bankkrediten verschiedener Art und Fristigkeit beruhen daher in erster Linie auf abweichenden Refinanzierungskosten der finanziellen Unternehmen. 2. Das Zinsgefüge des finanziellen Sektors weist nicht nur innerhalb der einzelnen Marktgruppierungen enge Verflechtungen auf. Auch zwischen den Segmenten bestehen teilweise sehr intensive wechselseitige Verknüpfungen. Intensiver als die direkte Substitutionsbeziehung zwischen Bankkrediten unterschiedlicher Fristigkeit ist die indirekte über Portfolioanpassungen bei den Kreditinstituten in Form von Umschichtungen zwischen Bankkrediten und festverzinslichen Wertpapieren in Abhängigkeit vom Ausmaß bestehender Zinssatzdifferenzen. Demnach veranlaßt ein steigender Kreditzins die Banken zu einer Verringerung des Anteils der Wertpapierbestände an ihren Aktiva. Der resultierende Anstieg der Wertpapierrendite betrifft auch die Zinskonditionen an den Emissionsmärkten für Bankschuldverschreibungen und führt schließlich zu einer Zinserhöhung bei Hypothekarkrediten. Auf diese Weise läßt sich erklären, daß zwischen den Zinssätzen für
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Wechseldiskont- und Hypothekarkredite nur eine sehr geringe Differenz herrscht. Da festverzinsliche Wertpapiere nicht nur als Anlageform, sondern für emissionsfahige Nichtbanken (öffentliche Körperschaften und nichtfinanzielle Unternehmen) und Kreditinstitute als geeignete Verschuldungsinstrumente gelten, stehen sie in enger Substitutionsbeziehung zu Bankkrediten mit äquivalenter Fristigkeit. Der Zinsunterschied zwischen langfristigen Bankkrediten (Hypothekarkrediten) und festverzinslichen Schuldtiteln ist positiv, weil Bankkschuldverschreibungen (Pfandbriefe und Kommunalobligationen) Refinanzierungsinstrumente für langfristige Kredite der Realkreditinstitute sind. Die Bedürfnisse nach Wertaufbewahrung und Kreditaufnahme sind zwar einander diametral entgegengesetzt, gleichwohl stehen sie bei einzelnen Wirtschaftssubjekten in einer substitutiven Beziehung zueinander. Ob ein privater Haushalt oder ein privates Unternehmen während eines bestimmten Zeitraums eine Gläubiger- oder eine Schuldnerposition einnimmt, hängt vom erwarteten Ertrag der Mittelverwendung verglichen mit den Kosten der Finanzierung ab. Der Ertrag besteht einerseits aus der Kapitalrendite (beim Unternehmen) bzw. dem Nutzenzuwachs (beim privaten Haushalt) und andererseits — sofern in der Zukunft ein Preisanstieg erwartet wird — aus dem Preisvorteil beim Erwerb des kreditfinanzierten Gutes. Die Kosten der Finanzierung bestehen aus dem Kreditzins für den fremdfinanzierten Anteil und aus dem Zinsentgang für das eingesetzte Eigenkapital. Daher erhöhen sich die Kosten der Schuldnerposition nicht nur in Abhängigkeit vom Zins für Bankkredite, sondern bei unverändertem Kreditzins auch mit steigenden Zinserträgen für Depositen und festverzinsliche Wertpapiere. Bei gegebener Höhe des Ertrages der Kreditverwendung ist die Entscheidung über die Einnahme einer Gläubiger- oder Schuldnerposition daher auch abhängig von der Zinsdifferenz zwischen Soll- und Habenzinsen. Je höher die Zinssätze für finanzielle Aktiva im Vergleich zu den Schuldzinsraten liegen, um so geringer ist die Verschuldungsbereitschaft der Nichtbanken. Aber auch entgegengesetzte Reaktionen sind denkbar, indem ein vergleichsweise hoher Zins für Termindepositen Wirtschaftssubjekte veranlassen kann, auf unverzinsliche Kassenhaltung — etwa aus dem Vorsichtsmotiv — zu verzichten und das Risiko der Illiquidität zu tragen. Wenn die Kosten der temporären Kreditaufnahme gering veranschlagt werden können, ergibt sich per Saldo ein Zinsvorteil. Angesichts dieser Zusammenhänge folgt, daß Bankkredite aufgrund der bei den finanziellen Unternehmen entstehenden Kosten für Kreditvermittlung und Risikoübernahme einen höheren Zins als Termindepositen aufweisen, daß die Zinssatzdifferenz jedoch durch die Verschuldungsbereitschaft der Nichtbanken begrenzt ist.
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Die Beziehung zwischen den Zinssätzen von Depositen und Rententiteln beruht auf der relativen Eignung zur verzinslichen Wertaufbewahrung. Sie wird in dem Maße abgeschwächt, wie die Fristigkeiten differieren und wie die Depositen mit Zahlungsmitteleigenschaften ausgestattet sind. Gemessen an Sichtguthaben und Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist ist die Zahlungsmittelqualität der Termindepositen vergleichsweise gering. Sie unterscheidet sich nicht wesentlich von der festverzinslicher Wertpapiere mit kongruenter Laufzeit. A u f diese Weise erklärt sich die äußerst geringe Zinsdifferenz zwischen Termineinlagen mit einer Fristigkeit von drei Monaten und öffentlichen Anleihen mit dreimonatiger Restlaufzeit. Während des Zeitraums zwischen 1973 und 1982 betrug sie nur selten mehr als 0,5 Prozentpunkte. Die Zinsstruktur der finanziellen Märkte weist demnach folgende Grundkonstellationen auf: — Die Verzinsung von Bankdepositen liegt um so höher, je geringer ihre Zahlungsmittelnähe ist. — Die Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere und die Zinssätze für hochverzinsliche Depositen kongruenter Fristigkeit stimmen näherungsweise überein. — Die Sätze für Bankkredite übersteigen stets sowohl die Depositenraten als auch die Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere. 3. Das Zinsgefüge der finanziellen Märkte ändert sich im Zeitablauf unter dem Einfluß konjunktureller Schwankungen, geldpolitischer Steuerungsmaßnahmen der Zentralbank und gesetzlicher Eingriffe sowie institutioneller Änderungen, aber auch aufgrund von finanziellen Innovationen. Systematische Veränderungen der Zinsstruktur lassen sich allerdings in erster Linie für die wiederkehrenden konjunkturellen und geldpolitischen Impulse nachweisen. Hier zeigt sich, daß im konjunkturellen Aufschwung mit zunehmender gesamtwirtschaftlicher Nachfrage, mit steigenden Inflationsraten und unter dem Einfluß einer restriktiven Geldpolitik die verschiedenen Zinssätze nach Zeitpunkt und Ausmaß unterschiedlich ansteigen, während sie in der Rezession bei rückläufigen Inflationsraten und infolge expansiver Geldpolitik — ebenfalls nach Zeitpunkt und Ausmaß unterschiedlich — sinken. In Abhängigkeit von den genannten Einflußfaktoren sind die Veränderungen der Zinsstruktur durch folgende Merkmale gekennzeichnet: a) Abgesehen von saisonalen Zinsausschlägen am Geldmarkt der Banken für Tagesgeld und der konstanten Verzinsung der Sichteinlagen folgen alle Zinssätze an den finanziellen Märkten dem allgemeinen Zinstrend. b) Die geringste Variabilität im Zinsgefüge weisen die Sätze für Spardepositen auf. Der Zinssatz für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist
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bewegt sich innerhalb eines engen Korridors, dessen Begrenzungen zwischen 1973 und 1982 bei 2,5 v. H. und 5,5 v. H. lagen. Auffällig ist, daß Veränderungen dieses Satzes fast synchron mit Variationen der Diskontrate erfolgen und daß die Kreditinstitute hierbei „im Gleichschritt" vorgehen. Allerdings bleibt das Ausmaß der Zinsanpassungen in der Regel hinter den Veränderungen des Diskontsatzes zurück. Ähnlich stabil sind die Zinsraten für Spareinlagen mit vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen, allerdings auf einem nach Laufzeit gestaffelten höheren Niveau. Das andere Extrem im Gefüge der Depositenzinsen sind die Sätze für Festgelder mit dreimonatiger Laufzeit. Ihre Schwankungsbreite betrug zwischen 1973 und 1982 3 v. H. bis 11 v. H. c) Termineinlagenzinsen steigen und fallen schneller und stärker als Kontokorrentkreditzinsen, so daß sich die Spanne zwischen beiden im Aufschwung verringert und im Abschwung ausweitet. Ihr Ausmaß zugunsten des Kreditzinses schwankt zwischen 3 v. H. und 6 v. H. d) Für alle übrigen finanziellen Märkte gilt, daß die Zinssätze um so häufiger und um so stärker schwanken, je kürzer die Vertragsfrist ist. Dementsprechend treten die stärksten Zinsausschläge am Markt für Tagesgeld der Banken auf. Hier wurde beispielsweise 1979 im Januar ein Satz von 0,1 v. H., im August von 9,0, im Oktober von 0,5 und im Dezember von 15,0 v. H. berichtet. Im Jahr 1981 wurde in zwei aufeinanderfolgenden Monaten eine Schwankungsbreite von 22,25 v . H . festgestellt: zwischen 30,0 v . H . im März und 7,75 v. H. im April. An den Kreditmärkten weisen die Zinssätze für Kontokorrent- und Wechseldiskontkredite eine größere Schwankungsbreite auf als der Zins für Hypothekarkredite. Dadurch ändern sich auch die Zinsrelationen. Hier liegt der Satz für Kontokorrentkredite — abgesehen vom Zins für Ratenkredite — stets an der Spitze der Zinsskala; aber zwischen Wechsel- und Hypothekenzins ändert sich im Verlauf eines Zinszyklus die Rangfolge. Während sich der Zins für Wechselkredite bei allgemein niedrigen Zinsen unter dem Zinsfuß für Hypothekendarlehen bewegt, steigt er in Hochzinsphasen über ihn hinaus. Besonders eindrucksvoll zeigt sich die größere Varianz der kurzfristigen im Vergleich zu den langfristigen Zinssätzen auf den Rentenmärkten, wo sie in der veränderten Neigung der Renditestrukturkurve ihren sichtbaren Ausdruck findet. Während des jüngsten Zinsaufschwungs zwischen Frühjahr 1978 und Herbst 1981 stieg die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen mit einer Restlaufzeit von einem Jahr von 3,7 v. H. im April 1978 auf 13,1 v. H. im August 1981. Imgleichen Zeitraum erhöhte sich die Verzinsung für Papiere mit zehnjähriger Laufzeit von 5,7 auf 10,5 v . H . Damit lag die Schwankungsbreite am kurzen Ende der yield curve fast doppelt so hoch wie am langen Ende.
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Diese Zusammenhänge spiegeln sich zwangsläufig in der Neigung der periodisch ermittelten Renditestrukturkurven wider. Bei vergleichsweise niedrigem Zinsniveau ist die Kurve stets positiv geneigt, während der Aufschwungphase eines Zinszyklus flacht sie mehr und mehr ab, und nach Erreichen eines extrem hohen Zinsniveaus nimmt sie eine negative Neigung an (Kath 1972, S.30ff.). Verfolgt man Lage und Verlauf der Renditestrukturkurve für öffentliche Anleihen in der Bundesrepublik von Februar 1972 bis April 1982 — also über einen Zeitraum, der zwei Zinszyklen umfaßt —, dann wird diese Gesetzmäßigkeit nachdrücklich bestätigt. Der erste Zinsaufschwung erreicht in der zweiten Hälfte des Jahres 1973 seinen Höhepunkt, und folgerichtig nimmt die Neigung der yield curve ein negatives Vorzeichen an. Der 1974 einsetzende Zinsabschwung erstreckt sich bis zum Frühjahr 1978. Während dieser Zeit ist die Kurve ausnahmslos positiv geneigt. In der dann anschließenden Phase des erneuten Zinsaufschwungs steigt die Durchschnittsrendite bis Oktober 1979 auf einen Wert von 7,65 v. H. Von diesem Zeitpunkt an ist das Vorzeichen aller folgenden monatlich ermittelten Zinsstrukturkurven durchweg negativ. A m stärksten ausgeprägt ist der fallende Kurvenverlauf von April bis November 1981. In diesem Zeitraum erreicht die Durchschnittsrendite mit Werten zwischen 10,5 uns 11,8 ein extrem hohes Niveau.
IV. Die Beziehungen zwischen Zins- und Laufzeitstruktur Neben der bedürfnisgerechten Ausstattung und der Zinshöhe ist stets auch die Fristigkeit des jeweiligen Kreditkontrakts Gegenstand der finanziellen Entscheidung des Wirtschaftssubjekts. Hierfür ist die Kenntnis des maximal möglichen Dispositionszeitraums von großer Bedeutung; denn eine davon abweichende Laufzeitwahl beinhaltet für den Gläubiger wie für den Schuldner ein Zinsrisiko, sofern realistischerweise unterstellt wird, daß die zukünftige Zinsentwicklung mit Unsicherheit behaftet ist. Erwirbt der Gläubiger Schuldtitel mit einer Laufzeit, die seine maximale Anlagedauer übersteigt, dann droht ihm ein Kapitalverlust durch einen zwischenzeitlichen Zinsanstieg. Umgekehrt mindert sich sein Zinseinkommen, sofern er in aufeinanderfolgenden Teilperioden mehrmals kurzfristige Papiere kauft und im weiteren Verlauf der kurzfristige Zinssatz sinkt. Die entgegengesetzte Konstellation zwischen Zinsentwicklung und Risiken gilt im Fall der Verschuldung. In Anbetracht dieser Zusammenhänge werden Wirtschaftssubjekte, die beide Risiken vermeiden wollen, eine mit der maximalen Dispositionsdauer übereinstimmende Fristigkeit des Vertragsobjekts wählen. Allerdings wird damit zugleich die Möglichkeit ausgeschlossen, einen zusätzlichen Zinsertrag zu realisieren, der entweder als Kursgewinn oder als Anstieg des Zinseinkommens anfallen kann, je nachdem, ob bei einer den Investitionszeitraum
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überschießenden Laufzeit der langfristige Zinssatz sinkt oder, ob bei wiederholter kurzfristiger Anlage der periodische Zinssatz steigt. Analog verzichtet ein Schuldner, der nach dem Prinzip der Fristenkongruenz disponiert, auf eine mögliche Zinsersparnis. Zwischen der aktuellen Zinshöhe, der erwarteten Zinsentwicklung und dem Dispositionszeitraum besteht demnach ein systematischer Zusammenhang, den ein Wirtschaftsakteur je nach subjektiver Risikoneigung bei seiner Laufzeitentscheidung berücksichtigt. Bei gegebener Risikoneigung wird ein Anleger um so eher bereit sein, bei der Fristenwahl seinen maximalen Dispositionszeitraum zu über- oder unterschreiten, je stärker die erwartete Zinssenkung bzw. der antizipierte Zinsanstieg eingeschätzt wird und je sicherer diese Erwartungen sind. Eine jeweils entgegengesetzte Laufzeitentscheidung wird bei gleicher Erwartungskonstellation ein Schuldner treffen. In einer inflationären Wirtschaft unterliegt die Laufzeitentscheidung zusätzlich dem Geldwertrisiko. Es besteht in der Unsicherheit der Wirtschaftssubjekte über die zukünftige Entwicklung der Inflationsrate, und es bewirkt, daß die Fristensynchronisierung im Fall langfristiger Dispositionszeiträume ihre Eignung als Strategie zur Vermeidung von Realzinsschwankungen verliert. Bei gegebenem Niveau des Nominalzinses verändert sich der reale Zins um so mehr, je heftiger die Inflationsrate schwankt. Aus diesem Grund werden langfristige Kreditkontrakte vom Geldwertrisiko stärker betroffen als kurzfristige. Auch durch eine Kompensation der antizipierten Inflationsrate im Nominalzins läßt sich diese Risikokomponente nicht aufwiegen. Für Gläubiger wie für Schuldner besteht auch dann nach wie vor Unsicherheit, inwieweit die tatsächliche Geldwertentwicklung von der im Entscheidungszeitpunkt unterstellten abweicht. Der Gläubiger muß damit rechnen, daß die in Zukunft realisierte Inflationsrate die gegenwärtig antizipierte Preissteigerung überschreitet, und für den Schuldner besteht die Gefahr, daß der zukünftige Anstieg in der antizipierten Inflationsrate überzeichnet ist. Gläubiger und Schuldner werden sich daher für kürzere Vertragsfristen entscheiden. Die aufgezeigten Zusammenhänge führen zu dem Schluß, daß eine im Zeitablauf schwankende Inflationsrate genauso wie zyklische Veränderungen des Zinsniveaus die Laufzeitentscheidung der Wirtschaftsakteure beeinflussen. Von größerer Bedeutung als die aktuelle Höhe beider Größen dürften dabei die Erwartungen über deren zukünftige Entwicklung sein. Diese theoretischen Überlegungen werden durch den empirischen Befund in der Bundesrepublik für den Zeitraum von Oktober 1970 bis April 1982 eindrucksvoll bestätigt. Dieses Urteil stützt sich auf eine ökonometrische Untersuchung des statistischen Zusammenhangs zwischen der durchschnittlichen Laufzeit M A t der monatlich emittierten Schuldverschreibungen mit fester Endfälligkeit in Abhängigkeit von
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— dem Mittelwert der in der Vergangenheit beobachteten und für die Zukunft erwarteten Inflationsrate fr t = 7r tî — der Standardabweichung σ (7r) t , — einem zusätzlichen Risikoparameter σ ( π \ / ο (7r) t , mit dem die Geldwertschwankungen der jüngsten Vergangenheit, σ (7r) t , an der längerfristig ermittelten Streuung gemessen werden, — und dem Neigungsmaß ß\ (t) der monatlichen Renditestrukturkurve. Die endgültige Schätzgleichung weist folgende Formulierung auf: 1 MA t = a + b ι ' π"/ + £>2 '
σ
σ (π) t ί 71")/ + ^3 *
*
' ß\ ·
M i t Hilfe dieser Schätzgleichung können fast 75 v. H. der periodischen Veränderungen der durchschnittlichen Wertpapierlaufzeit auf einem Signifikanzniveau von 1 °/oo erklärt werden. Die Koeffizienten weisen durchweg das erwartete Vorzeichen auf und sind auf einem Signifikanznivçau zwischen 1 Voound 3 (>/oo gesichert. Das negative Vorzeichen für b j , 62 u n c * 63 besagt, daß sich die Durchschnittslaufzeit verringert, wenn die im Mittel erwartete Inflationsrate steigt und wenn die Inflationsunsicherheit zunimmt. Dagegen besteht zwischen der Laufzeitgröße und dem Steigungsmaß der yield curve eine positive Korrelation. Je stärker also die Zinsstrukturkurve ansteigt, um so länger fallt die durchschnittliche Laufzeit aus und umgekehrt. Ein weiteres interessantes Ergebnis zeigt sich, wenn der gesamte Untersuchungszeitraum in zwei Teilperioden zerlegt wird. Während einer Subperiode, die von Oktober 1970 bis Dezember 1979 reicht, liefert die obige Schätzgleichung ein schlechteres Ergebnis als eine verkürzte Variante derselben, in der das Steigungsmaß der yield curve nicht berücksichtigt wird 2 . Dieser Umstand deutet darauf hin, daß Zinserwartungen erst in den letzten zweieinhalb Jahren die Laufzeitentscheidungen beeinflußt haben, eine Schlußfolgerung, die insofern nicht unplausibel erscheint, als die Zinsstrukturkurve erst während dieser letzten Teilperiode ein durchweg negatives Vorzeichen aufweist. Von den 101 davor liegenden Werten weisen dagegen nur vier eine fallende Zinsstrukturkurve aus. σ(1Γ),
1 Für eine detaillierte Beschreibung des Schätzmodells und für die Begründung der implizierten Verhaltenshypothesen vgl. Kath (1981), S. 120 ff. 2
Die Ergebnisse dieser Schätzung werden bei Kath (1981) referiert.
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Förderung unternehmensinterner Kapitalbildung Ein Modell zur Mitarbeiterkapitalbildung Von Alois Oberhauser, Freiburg i. Br. Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit einem Problem aus dem Spannungsfeld zwischen der geringen und rückläufigen Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen und der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital. Die Bundesbank hat in ihrer Unternehmensberichterstattung seit Jahren auf die im internationalen Vergleich relativ niedrige Eigenkapitalausstattung der deutschen Unternehmen und die sich daraus ergebenden Probleme aufmerksam gemacht. Nach ihren Ermittlungen ist die Quote der Eigenmittel — verstanden als (bereinigtes) Eigenkapital und Rücklagen — an der Bilanzsumme von knapp 30% in der zweiten Hälfte der 60er Jahre auf nur noch etwas über 20% in den letzten Jahren zurückgegangen 1 . In den kleineren und mittleren Unternehmen lag diese Quote beispielsweise 1980 mit etwa 15% noch weit unter dem Durchschnitt von 21% 2 . A u f der anderen Seite gehört die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital nach wie vor zu den ungelösten Problemen. Die Diskussion darüber hat zwar in den letzten Jahren an Intensität verloren, weil wichtiger erscheinende wirtschafts- und sozialpolitische Fragen in den Vordergrund traten. Dennoch geht sie weiter, neuerdings sogar wieder verstärkt. Der Sachverständigenrat hat sich seit 1972 Jahr für Jahr für eine Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer ausgesprochen 3. Verschiedene Gewerkschaften haben in jüngster Zeit ihr Interesse bekundet, neue Wege in der Verteilungspolitik einzuschlagen4: M i t dem Übergang zu einer CDUgeführten Regierung dürften auch die politischen Weichen neu gestellt werden. Eine investiv gebundene Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer darf nicht nur aufgrund ihrer einzelwirtschaftlichen Aspekte beurteilt werden. Nicht weniger bedeutsam sind ihre Auswirkungen auf die Stabilität 1
Die Eigenmittelausstattung der Unternehmen. Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Oktober 1978, S. 16 ff. Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse der deutschen Unternehmen. Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, November 1981, S.20ff. 2 Ebenda, S. 21. 3 Vgl. die verschiedenen Jahresgutachten, zum Beispiel 1982, Ziff. 337 f. 4 Vgl. die verschiedenen Berichte in Heft 2, 1982 der Zeitschrift „Das neue Unternehmen".
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und die gesamtwirtschaftliche Einkommens- und Vermögensverteilung 5. Diese Aspekte werden im weiteren als bekannt vorausgesetzt. Ferner wird nicht untersucht, warum die in den siebziger Jahren von der damaligen Koalition verfolgten Pläne einer überbetrieblichen Gewinn- und Kapitalbeteiligung gescheitert sind. Letztlich ausschlaggebend waren die unlösbaren Bewertungsprobleme beim Unternehmenskapital. Eine Alternative zu der überbetrieblichen Beteiligung liegt in einer betrieblichen Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer. Die investive Bindung der Gewinnbeteiligung ist Voraussetzung, um die angestrebten Verteilungswirkungen gesamtwirtschaftlich zu erzielen. Eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens könnte deren Kapitalbasis stärken, muß mit der Gewinnbeteiligung jedoch nicht unbedingt verbunden sein. Eine solche Kapitalbeteiligung hätte aber einige Vorteile, insbesondere weil sie die Unternehmen liquiditätsmäßig nicht belastet und zugleich die Arbeitnehmer unmittelbar am Produktivkapital beteiligt. Dennoch stößt sie sowohl bei den Gewerkschaften als auch bei den Unternehmen selbst auf erhebliche Vorbehalte 6 . Die Aufgabe der weiteren Überlegungen besteht darin, nach einer Lösung zu suchen, durch die diese Vorbehalte weitgehend beseitigt oder wenigstens erheblich abgemildert werden könnten. Dazu wird ein Konzept entwickelt, das auf eine rechtliche Gestaltung der Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer hinausläuft, die unabhängig von der Rechtsform der einzelnen Unternehmen verwendbar ist. Es wird dabei davon ausgegangen, daß die Kapitalbeteiligung aus einer Gewinnbeteiligung erwächst. Deren Gestaltungsmöglichkeiten und Probleme werden nicht diskutiert.
I. Einwände gegen eine betriebliche Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer Überlegungen zur Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer am arbeitgebenden Unternehmen dürfen nicht von der Voraussetzung ausgehen, daß sich von vornherein alle Seiten um ein partnerschaftliches Zusammenwirken bemühen und bereit sind, dafür Opfer zu bringen. Es muß vielmehr eine Beteiligungsform gefunden werden, die möglichst weitgehend sowohl die Interessen der Arbeitnehmer als auch die der Unternehmen berücksichtigt, um dadurch Einwände und Vorbehalte abzubauen. Dies kann nur durch einen Kompromiß geschehen, der Abstriche von den Maximalforderungen beider Seiten erforderlich macht. 5 Vgl. A. Oberhauser, Investivlohn und investive Gewinnbeteiligung in verteilungs- und stabilitätspolitischer Sicht, in: WiSt, 7. Jg., Heft 2, 1978, S.60ff. 6 Vgl. H. Kilian, Betriebliche Kapitalbeteiligungsmodelle, Wiesbaden 1978, S. 213 ff.
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Von Arbeitnehmerseite, insbesondere von den Gewerkschaften werden verschiedene Einwände gegen eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Kapital der arbeitgebenden Unternehmen vorgebracht, auch für den Fall, daß diese Beteiligung auf einer Gewinnbeteiligung beruht: — Das Hauptargument richtet sich gegen die Risikokumulation, da im Konkursfall Arbeitsplatz- und Vermögensrisiko für den Arbeitnehmer zusammentreffen. Dieser Einwand würde entfallen, wenn die Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer abgesichert wird. — Häufig wird auch befürchtet, daß die Mobilität der Arbeitnehmer leide. Dies ließe sich vermeiden, wenn die Arbeitnehmer bei einem Arbeitsplatzwechsel ihre Vermögensrechte nicht verlieren. — Des weiteren wird auf die Gefahr des Unternehmensegoismus und der Schwächung der gewerkschaftlichen Solidarität hingewiesen. Es dürfte zutreffend sein, daß die Streikbereitschaft der Arbeitnehmer bei einer Gewinn- und Kapitalbeteiligung abnimmt. Hierin kann jedoch schwerlich ein wesentlicher Nachteil gesehen werden, wenn zugleich die Arbeitnehmer stärker als bisher am volkswirtschaftlichen Einkommen und am Produktivkapital teilhaben. — A u f das (unzutreffende) Argument, daß eine Gewinnbeteiligung den Lohnerhöhungsspielraum beschränke, kann hier nicht eingegangen werden. Eine Analyse der gesamtwirtschaftlichen Verteilungszusammenhänge zeigt, daß nur durch eine Erhöhung der nicht konsumtiv verwandten Einkommensteile eine echte Umschichtung in der realen Einkommensverteilung zugunsten der Arbeitnehmer herbeigeführt werden kann. Aus der Sicht der Unternehmen stellen sich die Probleme anders. Wenn den Arbeitnehmern eine Gewinnbeteiligung — sei es aus stabilitätspolitischen, sei es aus verteilungspolitischen Gründen — gewährt wird, so sind die Unternehmen in der Regel an einer Anlage der Gelder im Unternehmen interessiert; denn auf diese Weise unterbleibt eine Belastung ihrer Liquidität. Zudem werden die den Arbeitnehmern zustehenden Beträge weniger besteuert als Gewinnteile, die zur Selbstfinanzierung verwandt werden, so daß der Gesamtbetrag der Finanzierungsmittel steigt. Wenn trotzdem relativ wenige Unternehmen bislang ihre Arbeitnehmer am Kapital beteiligt haben, so liegt das an anderen Gründen: — Zunächst einmal stellt das heutige Unternehmensrecht nur in begrenztem Umfang Beteiligungsformen für Arbeitnehmer zur Verfügung, die ohne größere Schwierigkeiten handhabbar sind. A m leichtesten ließe sich eine Kapitalbeteiligung noch bei Aktiengesellschaften verwirklichen, doch schreckt das Kursrisiko der Aktien verständlicherweise die meisten Arbeitnehmer ab. Selbst wenn erhebliche Vergünstigungen beim Ausga-
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bekurs gewährt werden, trennen sich die Arbeitnehmer von den Aktien, wenn stärkere Kursverluste eintreten oder erwartet werden. Von den übrigen Unternehmensrechtsformen kommt faktisch nur die stille Gesellschaft für eine Beteiligung der Arbeitnehmer in Betracht, da sie elastisch gestaltbar ist und den Bedürfnissen beider Seiten angepaßt werden kann 7 . — M i t einer Beteiligung der Arbeitnehmer am Eigenkapital der Unternehmen stellt sich die Frage nach den daraus erwachsenden Mitentscheidungsrechten und deren Verbindung zur Mitbestimmung. Die bisherigen Kapitaleigner befürchten häufig, daß sie in eine zu starke Abhängigkeit von der Arbeitnehmerseite und den Gewerkschaften geraten würden oder daß sogar eine Überfremdung eintreten könnte. — Bei der Hinzunahme neuen Eigenkapitals entstehen zumindest in den Unternehmen, deren Anteilsrechte nicht am Markt gehandelt werden, erhebliche Bewertungsprobleme. A n diesen ist, wie erwähnt, die überbetriebliche Gewinnbeteiligung gescheitert. Auch wenn manche Unternehmen den eigenen Arbeitnehmern gegenüber großzügiger wären, bleibt es doch äußerst schwierig, eine befriedigende Relation zwischen dem Kapital der bisherigen Anteilseigner und der Arbeitnehmerkapitalbeteiligung herzustellen. — Die Arbeitnehmer lediglich auf eine Fremdkapitalbeteiligung zu verweisen, wäre zwar möglich, würde jedoch keine Beteiligung am Produktivkapital bedeuten und zudem die Finanzierungsprobleme der Unternehmen nicht erleichtern; der hohe Fremdkapitalanteil in der BRD würde sich nicht vermindern. Bei der Suche nach einer Lösung, die möglichst weitgehend die genannten Einwände und Probleme vermeidet, sollte man auch eine Weiterentwicklung des Unternehmensrechts ins Auge fassen. Ähnlich wie der Gesetzgeber quasi am grünen Tisch die G m b H geschaffen hat, um einem Bedürfnis der Wirtschaft zu entsprechen, könnte dies auch für die Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer geschehen8. Um die Diskussion darüber anzuregen, wird im 7 Vgl. J. Schröder, Stille Gesellschaft. Vermögensbildung in Betrieb. In: Arbeitgeber, Nr. 20, 1976, S. 831 f. J. Schröder, GesellSftiaftsrechtliche Möglichkeiten einer Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter. In: Handbuch der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, Köln 1977, S. 124 ff. H. J. Guski und H. J. Schneider, Betriebliche Vermögensbildung in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1977, S. 100 ff. K. EsserundK. Faltlhauser, Beteiligungsmodelle, München 1974, S.32ff. H.J. Schneider, Die partnerschaftliche Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer am mittelständischen Unternehmen, Köln 1973, S. 154ff. N.Horn, Unternehmensbeteiligungen der Arbeitnehmer und Gesellschaftsrecht, in: Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 3. Jg., 1974, S. 133 ff. 8 So hat beispielsweise der Arbeitskreis GmbH-Reform einen Vorschlag entwickelt, wie im Rahmen der Neugestaltung des GmbH-Rechtes eine eigene Arbeitnehmerbeteiligung geschaffen werden könnte. Vgl. Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform, Band 2, Heidelberg 1972, S.73ff.
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folgenden ein Vorschlag unterbreitet. Er lehnt sich an eine spezifische Ausprägung der stillen Gesellschaft an, wird jedoch von dieser auch in der Bezeichnung abgehoben, um von vornherein die Ausrichtung auf die Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer deutlich zu machen. Zudem ist es bei einer besonderen Rechtsform leichter, die vorgeschlagenen Sonderregelungen und Begünstigungen durchzuführen.
II. Grundkonzeption Durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifvertrag kann vereinbart werden, Gewinnbeteiligungsbeträge, die Arbeitnehmern zufließen, zur Beteiligung am Eigenkapital des arbeitgebenden Unternehmens zu verwenden. Die Höhe der Kapitalbeteiligung wird — ähnlich wie beim Fremdkapital — nominell festgelegt und erfahrt keine Wert Veränderungen. Dieses Arbeitnehmerkapital, das als Mitarbeiterkapitalbeteiligung bezeichnet werden soll, wird in Relation zum bisherigen Eigenkapital (einschließlich der offenen Reserven) gesetzt und partizipiert in gleicher Weise wie dieses an der Gewinnverwendung. Eine Beteiligung an den stillen Reserven des Unternehmens erfolgt jedoch nicht. A u f diese Weise werden Bewertungsprobleme und Wertschwankungen vermieden. Durch Sonderregelungen läßt sich zudem die Mitarbeiterkapitalbeteiligung gegen nominelle Wertverluste absichern.
I I I . Die Gestaltung im einzelnen Die skizzierte Konzeption ergibt sich aus dem Versuch, mehrere Ziele nebeneinander anzustreben: Die Unternehmen sind daran interessiert, daß eine Gewinnbeteiligung zu zusätzlichem Eigenkapital wird — wenigstens dann, wenn die kaum generell lösbaren Bewertungsprobleme insbesondere bei den stillen Reserven vermieden werden. Die Arbeitnehmer sollen eine Beteiligung am Produktivkapital und damit auch an den dem Kapital zufallenden Gewinnen erhalten, ohne daß sie dem Risiko von Wertänderungen und Vermögensverlusten ausgesetzt werden. Ökonomisch gesehen verbindet die Mitarbeiterkapitalbeteiligung Elemente des Eigenkapitals mit solchen des Fremdkapitals, wobei partiarische Darlehen ein gewisses Vorbild abgeben. Schreibt ein Unternehmen seinen Arbeitnehmern Gewinnbeteiligungsbeträge als Mitarbeiterkapitalbeteiligung gut, so wird es liquiditätsmäßig auch im Vergleich zur traditionellen Selbstfinanzierung bessergestellt, da die den Arbeitnehmern zufallenden Einkommensteile niedriger zu versteuern sind. Der Gesetzgeber könnte zudem besondere steuerliche Pauschalierungen und Vergünstigungen schaffen. Zumindest wäre es angebracht, eine solche Beteiligung der Arbeitnehmer in
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die Arbeitnehmersparzulage einzubeziehen9. Auf diese Weise würde nicht nur die Vermögensbildung der Arbeitnehmer höher ausfallen, es würde zugleich auch die Eigenkapitalbildung der Unternehmen verstärkt. Wird das Mitarbeiterkapital lediglich in seiner nominellen Höhe fixiert und bei Ausscheiden des Arbeitnehmers auch nur in dieser Höhe ausgezahlt, so entfällt die gesamte Problematik der Bewertung stiller Reserven. Zugleich sind damit verschiedene Vor- und Nachteile für den Arbeitnehmer verbunden. Das Mitarbeiterkapital partizipiert nicht an der Ansammlung und Auflösung stiller Reserven in der Zeit, in der es im Unternehmen angelegt ist. A u f der anderen Seite wird es aber auch nicht durch eintretende Verluste nominell berührt. Insoweit ähnelt es dem Fremdkapital.Im Außenverhältnis — zum Beispiel den Banken gegenüber — handelt es sich aber um haftendes Eigenkapital. Ein gewisser Vorteil für die Arbeitnehmer liegt ferner darin, daß die Gewinne, die ein Unternehmen erwirtschaftet, auch von den stillen Reserven mitbestimmt werden. Wird bei der Verteilung des dem Kapital zustehenden Gewinnes 10 das Mitarbeiterkapital in Relation zum Eigenkapital der bisherigen Kapitalbesitzer (einschließlich der offenen Reserven) gesetzt, so hat es indirekt Anteil an den Erträgen der stillen Resèrven. Vor- und Nachteile für die Arbeitnehmer dürften sich daher mehr oder weniger kompensieren. Viele Unternehmen dürften sich gegen eine derartige Kapitalbeteiligung ihrer Arbeitnehmer sperren, wenn mit dieser Beteiligung zusätzliche Entscheidungsrechte verbunden sind. I n Verbindung mit der bereits bestehenden Mitbestimmung der Arbeitnehmer befürchten sie eine Überfremdung. Es erscheint daher um des vermögenspolitischen Zieles willen erwägenswert, für das Mitarbeiterkapital auf zusätzliche Entscheidungsrechte, die zu den Mitbestimmungsregelungen hinzutreten, zu verzichten. Partnerschaftlich gesinnten Unternehmen bleibt es unbenommen, andere Absprachen zu treffen Die Interessen der Inhaber von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen an der Ermittlung und Verteilung der Gewinne könnten durch den Betriebsrat, den Wirtschaftsausschuß oder ein eigens vereinbartes Gremium gewahrt werden. Das Unternehmen wäre verpflichtet, der zuständigen Institution die erforderlichen Auskünfte zu geben und die Bilanzen vorzulegen. Das Mitarbeiterkapital nimmt in den Folgejahren in gleicher Weise wie das Kapital der übrigen Kapitalbesitzer an der Gewinnverwendung teil. Soweit 9 Vgl. auch den vom Land Niedersachen im Bundesrat eingebrachten „Entwurf eines Vermögensbildungsgesetzes zur Förderung von Arbeitnehmerbeteiligungen am Produktivvermögen", Bundesratsdrucksache 239/82 vom 11.6.1982. Ferner den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion für ein „Gesetz zur Förderung freiwilliger betrieblicher Gewinn- und Kapitalbeteiligung", Bundestagsdrucksache 8/1565 vom 24.2.1978. ,n Das heißt nach Abzug der Gewinnbeteiligung, die den Arbeitnehmern auch in Zukunft aufgrund ihrer Mitwirkung im Unternehmen unabhängig von ihrer Kapitalbeiligung nach dieser Konzeption zufällt.
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die Gewinne ausgeschüttet werden, erhält es den gleichen Prozentsatz. Soweit sie den offenen Reserven zufließen, wird der Nominalwert des Mitarbeiterkapitals entsprechend erhöht. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung läßt sich mit jeder Unternehmensrechtsform verbinden. Sie ist sowohl für große Kapitalgesellschaften als auch für alle Arten der Personalunternehmen geeignet. Selbst Handwerksbetriebe können sie anwenden. Bei Personalunternehmen muß allerdings eine Regelung über die Höhe des vorweg abzuziehenden Unternehmerlohns getroffen werden. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist daher unternehmensrechtsübergreifend. Die Kapitalbeteiligung des einzelnen Arbeitnehmers sollte im allgemeinen mit dem Ablauf des Arbeitsverhältnisses enden. Der aus dem Unternehmen ausscheidende Mitarbeiter wird in Höhe seiner nominellen Kapitalbeteiligung abgefunden 11 . Zusätzlich kann vorgesehen werden, daß ausscheidende Arbeitnehmer ihre Kapitalbeteiligung an andere Mitarbeiter zu einem frei zu vereinbarenden Kaufpreis abtreten können. Durch die Abfindung bei Ausscheiden aus dem Unternehmen ergibt sich, daß keine kapitalmäßige Bindung an das Unternehmen und infolgedessen keine Beeinträchtigung der Mobilität der Arbeitnehmer eintritt. Eine so gestaltete Mitarbeiterkapitalbeteiligung hätte zur Folge, daß das Mitarbeiterkapital nicht auf unbeschränkte Zeit dem Unternehmen zur Verfügung stände. I m allgemeinen würde während einer längeren Periode das Mitarbeiterkapital insgesamt nominell ansteigen — in Abhängigkeit von der jeweiligen Gewinnhöhe und dem Umfang der Gewinnbeteiligung — später aber nur noch verlangsamt wachsen, da aus Alters- und anderen Gründen ausscheidende Arbeitnehmer ihr Kapital mitnehmen, was einen mehr oder weniger großen Teil der Neuansammlung kompensiert. Um in Verlustperioden oder bei einem stärkeren Abbau der Beschäftigung eine allzu starke Belastung der Unternehmen durch die Kapitalauszahlung an ausscheidende Arbeitnehmer zu vermeiden, könnten Sonderregelungen über eine verzögerte Auszahlung getroffen werden. Von Ausnahmen abgesehen dürfte es angebracht sein, eine Barauszahlung der Mitarbeiterbeteiligung oder eine Abtretung während des Arbeitsverhältnisses nicht zu gestatten. Dies liegt einmal im Interesse des Unternehmens, es entspricht aber auch der verteilungspolitischen Zielsetzung, weil nur auf diese Weise die erwünschte gleichmäßigere Einkommensverteilung und eine wirksame Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen erreicht werden kann. Gegen eine derartige in vielen Fällen langfristige Bindung des Mitarbeiterkapitals läßt sich einwenden, daß eine freie Verfügbarkeit über das auf diese 11 Ob die aus Altersgründen ausscheidenden Arbeitnehmer noch beteiligt bleiben können, ließe sich durch Betriebsvereinbarungen regeln.
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Weise gebildete Vermögen wenigstens nach einer Übergangszeit eingeräumt werden müsse, um nicht Vermögen zweiter Klasse zu schaffen. Eine solche Regelung kann vorgesehen werden. Sie läuft allerdings darauf hinaus, daß vor allem die Unternehmen mit unterdurchschnittlicher Rendite mit Kapitalabflüssen rechnen müssen und daß bei konsumtiver Verausgabung die positiven Verteilungseffekte wieder verlorengehen. Hinzu kommt, daß auch das übrige Eigenkapital in den Unternehmen — von Aktiengesellschaften abgesehen — im allgemeinen langfristig gebunden ist. Eine Bindung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erscheint daher zumutbar— insbesondere wenn man berücksichtigt, daß es sich überwiegend um Einkommensteile handelt, die die Arbeitnehmer zusätzlich erhalten. Für eine elastischere Handhabung zum Beispiel bei Notfällen oder bei Übertragung in andere Formen der Vermögensbildung wie den Bau von Eigenheimen könnten Wege gefunden werden.
IV. Das Problem der Risikoabsicherung Während von Arbeitnehmerseite der Haupteinwand gegen eine Kapitalbeteiligung am arbeitgebenden Unternehmen in der Risikokumulation gesehen wird, wird insbesondere von Unternehmerseite vielfach darauf bestanden, daß eine Beteiligung am Eigenkapital ohne eine Risikoübernahme nicht möglich sei. Beides ist nicht zwingend. Ob eine Risikoabsicherung des Mitarbeiterkapitals geschaffen werden sollte, ist eine politische Entscheidung. Die Absicherung kann so gestaltet werden, daß das einzelne Unternehmen davon nicht berührt wird und daß das Mitarbeiterkapital in vollem Umfang Eigenkapitalcharakter behält. Es ist daher zu fragen, ob es erwünscht und berechtigt ist, das Mitarbeiterkapital gegen Vermögensverluste abzusichern 12 . Das Hauptargument für eine solche Sicherung ist darin zu sehen, daß nur auf diese Weise längerfristig die breiten Schichten der Arbeitnehmer zu einer Beteiligung am Produktivkapital geführt und die Widerstände der Gewerkschaften überwunden werden können. Berücksichtigt man zudem, daß Vermögenspolitik stets auf unterstützende staatliche Maßnahmen angewiesen ist, so ist es unlogisch, eine nominelle Absicherung gegenüber Vermögensverlusten als mit der Wirtschaftsordnung unvereinbar anzusehen — insbesondere wenn sie im Verhältnis zu den übrigen Maßnahmen der Vermögenspolitik nur wenig kostet. Gemessen an dem erreichbaren Ziel einer Beteiligung breiter Schichten der Arbeitnehmer am Produktivkapital, ist der Preis der Auschaltung des Vermögensrisikos, wie noch zu zeigen sein wird, relativ gering. 12
Vgl. auch die Befürwortung durch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände: Grundsätze für eine weiterführende Vermögenspolitik, in: Der Arbeitgeber, Nr. 20,1976, S.824.
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Es ist verständlich, daß die Arbeitnehmer, die nur über geringes Vermögen verfügen, kaum risikobehaftete Anlageformen zu akzeptieren bereit sind, insbesondere wenn das Vermögensrisiko zum Arbeitsplatzrisiko hinzutritt. Bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation müßten Arbeitnehmer in gefährdeten Unternehmen sogar bemüht sein, ihren Arbeitsplatz zu wechseln, um noch rechtzeitig ihr Vermögen zu retten. Infolgedessen müßten gerade die Unternehmen mit einem Kapitalabzug rechnen, die in dieser Lage das Eigenkapital am dringendsten benötigen. Es liegt daher nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer, sondern auch der Unternehmen, nach einer Regelung zu suchen, die das Risiko weitgehend absichert. Dies kann für ein nominell fixiertes Mitarbeiterkapital relativ leicht geschehen. Es muß zwischen dem Ertragsrisiko, dem Konkursrisiko und dem Risiko von Wertminderungen unterschieden werden. Das Ertragsrisiko ließe sich dadurch ausschalten, daß eine Mindestverzinsung garantiert wird — ähnlich wie bei Vorzugsaktien. Dennoch erscheint es fraglich, ob ein solches Vorgehen angebracht wäre. Das Mitarbeiterkapital sollte in gleicher Weise wie das übrige Eigenkapital an Gewinnveränderungen teilhaben. Eine zeitweilig geringere Rendite als bei anderen Vermögensanlagen oder ein Renditeausfall kann den Arbeitnehmern durchaus zugemutet werden; denn die Beziehung der Kapitalrendite zum erwirtschafteten Gewinn sollte für die Arbeitnehmer sichtbar bleiben. Im Gegensatz dazu spricht einiges dafür, das Konkursrisiko, das heißt das Risiko des Vermögensverlustes im Insolvenzfall, auszuschalten. Dieses könnte durch drei Formen unternehmensübergreifender Regelungen geschehen: — durch privatwirtschaftliche Versicherungen — durch Umlageverfahren zwischen den Unternehmen entsprechend dem Konkursausfallgeld und der Garantie der Pensionszusagen im Konkursfall über Pensionssicherungsvereine — durch staatliche Ausfallgarantien. Wie Proberechnungen gezeigt haben, sind die gesamtwirtschaftlichen Vermögensverluste, die Arbeitnehmern durch Konkurse entstehen könnten, auch dann im allgemeinen quantitativ eng begrenzt, wenn die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ins Gewicht fallende Anteile am Eigenkapital umfassen würde. Das Konkursrisiko könnte daher im Prinzip durch private Versicherungen abgedeckt werden. Wegen der zu erwartenden Bemessung der Prämien an den unterschiedlichen Risiken der einzelnen Unternehmen, dem hohen Risikozuschlag für konjunkturelle Extremfälle und dem Kapitaldeckungsverfahren, das angewandt würde, ist dieser Weg jedoch nicht zu empfehlen.
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Günstiger ist ein Umlageverfahren zu bewerkstelligen, das sich an den Regelungen des Konkursausfallgeldes für die Arbeitnehmer und der Garantie der Pensionszusagen im Konkursfall durch Pensionssicherungsvereine orientiert. Es brauchte keine besondere Vorsorge für die Situation wirtschaftlicher Rückschläge getroffen zu werden, da dieses Verfahren auf dem Umlageprinzip basiert. Jedoch würden die Beträge der Umlage in wirtschaftlichen Krisensituationen unter Umständen spürbar steigen. Es wäre daher zu erwägen, ob nicht der Staat wenigstens die konjunkturbedingten Risiken übernehmen sollte. Dies könnte als Teil der finanzpolitischen Stabilitätspolitik angesehen werden. A u f diese Weise ließen sich die im Umlageverfahren erhobenen Beträge von vornherein relativ gering halten. Man könnte auch daran denken, daß der Staat im Rahmen seiner Vermögenspolitik konkursbedingte Vermögensverluste beim Mitarbeiterkapital generell durch Ausfallgarantien absichert. Im Vergleich zu den Summen, die er in den vergangenen Jahren zur Förderung der Vermögensbildung in breiten Schichten eingesetzt hat, würde es sich um relativ bescheidene Summen handeln. Infolgedessen ließen sich Ausfallgarantien generali vermögenspolitisch rechtfertigen. Ein drittes Risiko liegt in Wertminderungen, die beim Mitarbeiterkapital dann auftreten können, wenn es an Verlusten teilhat, die Unternehmen vorübergehend hinnehmen müssen. Dieses Risiko entfällt, wenn das Unternehmen die nominelle Höhe des Mitarbeiterkapitals wenigstens solange garantiert, wie dieses gebunden ist. Dazu kann das Unternehmen deshalb bereit sein, weil das Mitarbeiterkapital an der Ansammlung stiller Reserven nicht partizipiert. Es wäre aber in gleicher Weise auch möglich, Gewinne späterer Jahre zum Verlustausgleich zu verwenden, wie dies auch beim übrigen Eigenkapital — von Kapitalschnitten abgesehen — geschieht. Unternehmen müssen stets wieder in die Gewinnzone gelangen, wenn es nicht zu einem Konkurs kommen soll.
V. Ausblick Das Anliegen des Aufsatzes bestand darin zu zeigen, daß es möglich wäre, durch eine neue Rechtsform, die als Mitarbeiterkapitalbeteiligung bezeichnet wurde, einen großen Teil der Probleme zu vermeiden oder zumindest abzuschwächen, die einer Beteiligung der Arbeitnehmer am Eigenkapital des arbeitgebenden Unternehmens entgegenstehen. Über die Gestaltung im einzelnen müßte noch diskutiert werden. Der Gesetzgeber müßte den gesetzlichen Rahmen zur Verfügung stellen 13 . Wie dieser konkret ausgefüllt wird, könnte den Beteiligten überlassen werden. Dem Staat würde es außerdem 13 Vgl. D.J. Cronenberg, Der Staat kann nur die Rahmenbedingungen setzen, in: Wirtschaftsdienst 1982, S. 270 ff.
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obliegen, steuerliche Hindernisse abzubauen, die eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung hemmen, und diese durch geeignete Maßnahmen der Vermögenspolitik zu fördern. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung basiert nicht auf Zwang. Sie wäre ein Angebot an Unternehmen und Gewerkschaften, sich dieses Mittels zur gleichzeitigen Förderung der Eigenkapitalbildung und der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital zu bedienen.
Internationalisierung des Bankgeschäfts und Auslandstöchter deutscher Banken Von Ludwig Huber, München I. Aktuelle Aspekte des Auslandsgeschäfts Die Internationalisierung des Bankgeschäfts, vor kurzem noch eine Renommiermarke für dynamisches und weltoffenes Banker-Verhalten, ist in jüngster Zeit gelegentlich auf Kritik gestoßen. Zum Teil heftig schwankende Wechselkurse, ein scharfer Wettbewerb mit einem entsprechenden Druck auf die Margen sowie stark gestiegene Risiken des Auslandskredits haben die systemimmanenten Probleme einer grenzüberschreitenden kreditwirtschaftlichen Betätigung akzentuiert und zugleich das Bewußtsein einer breiteren Öffentlichkeit für diese Schwachstellen geschärft. Ausgeschöpfte Länderlimits bei den Gläubiger-Banken und Umschuldungsbegehren in ihrer Zahlungsfähigkeit eingeengter Schuldner-Länder lassen zuweilen sogar den Verdacht laut werden, die international tätigen Banken hätten sich— von Fall zu Fall — bei Ausleihungen an das Ausland wohl etwas weit vorgewagt. Gemessen am Grundsatz der Chancengleichheit aller Marktteilnehmer in möglichst vollkommenen Wettbewerbsmärkten muß es irritieren, daß die Kritik am Auslandsgeschäft der Banken vorzugsweise auf das Engagement von Instituten zielt, die das internationale Parkett relativ spät betraten und daher einem Nachholbedarf zu entsprechen haben. Angesprochen sind damit die Landesbanken sowie — verbundbedingt — demzufolge auch die Sparkasen. So war es sicher kein Zufall, daß sich auf dem Deutschen Sparkassentag 1979 in München ein besonderer Arbeitskreis mit der Fragestellung: „Auslandsgeschäft — notwendiges Geschäft oder unnötiges Risiko?" befaßte. Das ist eine Formulierung, die nicht die Notwendigkeit in Frage stellen, sondern vielmehr das Bewußtsein dafür schärfen sollte, daß die Sparkassenorganisation bei der Internationalisierung des Bankgeschäfts nicht abseits stehen kann. Die Herausforderung des Marktes (mit anderen Worten: des Wettbewerbs) und die Annahme dieser Herausforderung auch durch die Sparkassenorganisationen haben indessen Zweifel widerlegt. Auch für die Landesbanken und Sparkassen ist das Auslandsgeschäft unternehmenspolitisch unerläßlich 1 . Für Kreditinstitute, die dem Ordnungselement „Universalbanksystem" 1 Siehe Hans-Peter Linss, Auch Banken brauchen eine „Exportquote", in: Börsenzeitung vom 20.10.1979.
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unterliegen, ist der Anspruch auf eine umfassende Service-Palette als Aktionsparameter unteilbar, wenn sie nicht wettbewerbspolitisch in eine existenzgefährdende Randlage abgedrängt werden sollen. Ausgehend von dieser eher plakativen Formulierung einer prozeßpolitischen Maxime drängen sich unmittelbar zwei Fragen auf, deren interdependenter Sachgehalt hauptsächlicher Gegenstand der folgenden Ausführungen sein soll: 1. Warum überhaupt ist das Auslandsgeschäft — zudem in wachsendem Maße — von den deutschen Kreditinstituten zu betreiben? 2. Welche Organisationsformen sind unternehmensstrategisch am günstigsten? Der Versuch einer Beantwortung dieser Fragen soll vor dem Hintergrund von Ausführungen über die bisherige Entwicklung des Auslandsgeschäfts der Banken erfolgen, um somit einen Eindruck von der Dimension des internationalen Engagements der deutschen Kreditwirtschaft zu vermitteln. II. Entwicklung des Auslandsgeschäfts Die deutschen Kreditinstitute mußten nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Geschäft sozusagen vom Nullpunkt aus wieder aufbauen, ohne jegliche internationale Verbindungen. In dieser Phase, die zwangsläufig vorwiegend inlandsorientiert war, schufen sie sich für das Auslandsgeschäft ein nach und nach immer engmaschigeres Netz von Korrespondenzbank-Verbindungen, mit dessen Hilfe die Abwicklung eines ständig umfangreicher werdenden deutschen Auslandszahlungsverkehrs sowie die Bereitstellung von Krediten in allen wichtigen Währungen der Welt möglich wurde. Dieses Netz ist auch heute noch eine der tragenden Säulen des kommerziellen Auslandsgeschäfts der bundesrepublikanischen Banken. Nunmehr ist die deutsche Kreditwirtschaft an allen wichtigen Knotenpunkten des internationalen Geld- und Warenhandels vertreten — in Fernost (vor allem Hongkong, Japan, Singapur) wie auch in Europa (vorzugsweise Luxemburg, London) und Amerika, in traditionellen Finanzzentren wie New York oder exotischen Newcomers wie den Cayman Islands. Begünstigt durch die Einführung des weitgehend freien Kapitalverkehrs, das Wiedererstarken der deutschen Exportwirtschaft und das rasche Wachstum der Euro-FinanzMärkte stießen die Banken in den siebziger Jahren zunehmend auch mit eigenen Niederlassungen ins Ausland vor: 1973 hatten sie erst 23 Auslandsfilialen mit einem Geschäftsvolumen von 15,0 Milliarden D M etabliert. Per Ende 1981 waren es 88 Filialen mit einem Geschäftsvolumen von 124,6 Milliarden D M 2 . Die siebziger Jahre dieses Jahrhunderts werden in die deutsche 2
Stützpunkte im Ausland, in: Die Bank 6/22, S.288.
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Bankgeschichte als die Jahre der Auslandsfilialgründungen eingehen. Und noch etwas signalisiert die „Auslandsdynamik" dieses Zeitraumes: Allein zwischen Anfang 1973 und Ende 1977 wuchs das gesamte Auslandsgeschäft der Kreditinstitute, der Deutschen Bundesbank zufolge, „auf mehr als das Dreifache (bei großen Unterschieden zwischen den Bankengruppen), während das Geschäft mit der inländischen Kundschaft auf gut das Anderthalbfache zunahm" 3 . Verglichen mit den international tätigen Banken anderer führender Industrienationen, hatten die deutschen Institute vergleichsweise schlechtere Startbedingungen. Die britischen und die französischen Banken konnten an weltweite Beziehungen aus der Zeit ihres Status als Kolonialmächte anknüpfen. Die US-amerikanischen Banken profitieren von der Rolle des Dollar als bevorzugter Transaktions- und Reservewährung der Weltwirtschaft. Gleichwohl kam den deutschen Bankern zu Hilfe, daß sie verstärkt ins Auslandsgeschäft einstiegen, als sich die technischen Kommunikationsmittel in rascher Folge ständig weiterentwickelten und somit die schnelle Nachrichtenübermittlung als wichtige Voraussetzung für ein weltweit funktionierendes Banksystem immer weniger problematisch war. So ist heute beispielsweise die grenzüberschreitende Auszahlung einer Banküberweisung in wenigen Stunden mit Hilfe des international verknüpften SWIFT-Systems (Society for Worldwide Financial Telecommunication) möglich. Der Zug ins Ausland hat im Grunde bis in jüngere Zeit hinein angehalten. Auch 1981 hat die deutsche Kreditwirtschaft ihre Auslandsposition weiter verstärkt. Wie der Bundesverband deutscher Banken ermittelte 4 , wurden 1981 von den Instituten für Fazilitäten ihres Auslandsgeschäfts 1,9 Milliarden D M direkt investiert. Das ist das bislang höchste Investitionsvolumen eines Jahres. Seit 1952 erreichte — so der Bankenverband — die Direktinvestitionen der deutschen Kreditwirtschaft im Ausland in Einrichtungen des internationalen Geschäfts sogar insgesamt 8 Milliarden D M ; das sind rund 10 Prozent der Auslands-Direktinvestitionen aller Unternehmen der Bundesrepublik.
I I I . Beweggründe des Auslandsgeschäfts Die Beweggründe, die den deutschen Banken als Anlaß für den Einstieg in das Auslandsgeschäft gedient haben, lassen sich in zwei Kategorien gliedern — in exogene und in endogene Faktoren. Exogene Faktoren: Das ist das 3 Deutsche Bundesbank, Neuere Entwicklungen im Auslandsgeschäft der deutschen Kreditinstitute, in: Monatsberichte, März 1978, S. 18. 4 Bundesverband deutscher Banken, Auslandsinvestitionen der Kreditwirtschaft auf Rekordhöhe, in: Bank-Nachrichten, Informationen des Bundesverbandes deutscher Banken, Nr. 44, vom 20. Juli 1982, S. 1.
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Bündel veränderter außenwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die für unternehmerische Entscheidungen der Kreditwirtschaft relevant sind. Endogene Faktoren sind demgegenüber unternehmensinterne Determinanten, die die Reaktionen der Institute auf einen Wandel der Außenbedingungen in bestimmter Weise beeinflussen.
7. Internationalisierung
der Nachfrage
Der verstärkte Trend zur Internationalisierung im Bankenbereich ist ein Reflex der zunehmenden weltwirtschaftlichen Integration der nationalen Volkswirtschaften, manifestiert in weltweit wachsender Handels- und Kapitalverflechtung. An diesem arbeitsteiligen Integrationsprozeß war und ist die Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße beteiligt: 1950 lagen die Ausfuhren ihrer Industrie lediglich bei 8,4, dagegen 1981 bei 396,9 Milliarden D M 5 . M i t etwa 10 Prozent des Welthandels sind die Deutschen Welthandelsnation Nr. 2 — nach den USA. Die Exportquote der Bundesrepublik Deutschland, d.h. der wertmäßige Anteil der Ausfuhren am nominalen Bruttosozialprodukt, liegt bei 25 Prozent. Werden die Dienstleistungsexporte einbezogen, bewegt sich diese Quote auf die 30-Prozent-Marke zu. Entsprechend intensiv entwickelte sich die Internationalisierung der deutschen Industrie, erweiterte sich teilweise sogar ihr multinationaler Status durch Konzentrationsprozesse, verstärkte sich die Bedeutung deutscher Direktinvestitionen im Ausland. Die kräftige Ausweitung der Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen verlangte nach einem leistungsfähigen kreditwirtschaftlichen Partner, der den Unternehmen half, ihre Exportmärkte zu sichern und auszubauen. Als integrierter Bestandteil der Gesamtwirtschaft konnten sich die Banken dieser Aufgabe nicht entziehen.
2. Quantitative Ausweitung der Nachfrage Die an einen solchen Partner herangetragenen Anforderungen der Marktgegenseite konfrontierten die Kreditinstitute mit einer sowohl quantitativ als auch qualitativ veränderten Nachfragekonstellation. Die quantitative Komponente erwächst aus einem steigenden Finanzbedarf der Industrieunternehmen, der sich aus der auslandsgeschäfts-bedingten Investitionstätigkeit und der zunehmenden Kapitalintensität der Investitionen ergibt. Bei zugleich abnehmenden Eigenkapitalquoten — die vertikale Eigenkapitalquote 5 Lange Reihen zur Wirtschaftsentwicklung, Hrsg. Statistisches Bundesamt, 1976, S. 94; Zahlungsbilanzstatistik, Statistische Beihefte zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Reihe 3, Nr. 6, Juni 1982, Tabelle 2 a.
Internationalisierung des Bankgeschäfts
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(Eigenmittel-Anteil an der Bilanzsumme) der deutschen Unternehmen ist nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank von 26 1/2 Prozent (1970) auf 21 Prozent im Jahre 1980 abgeschmolzen6 — reichen die Eigenmittel nicht zur Finanzierung der Investitionen aus, so daß ein erheblicher Teil des Kapitalbedarfs durch Fremdmittel gedeckt werden muß. Da die nationalen Kapitalmärkte häufig mengenmäßig nicht in der Lage sind, ein der Finanznachfrage entsprechendes Angebot bereitzustellen, und außerdem Kapitalverkehrskontrollen eine Finanzierung von nationalen Märkten aus vielfach dirigistisch behindern, finanzieren sich die Unternehmen in hohem Maße an den Geld- und Kapitalmärkten verschiedener Länder. Angesichts dieser Internationalisierung des Finanzgebarens der Bankkunden sind die Kreditinstitute gezwungen, ihre Aktivitäten auch zu Refinanzierungszwecken über die nationalen Grenzen hinaus beträchtlich auszuweiten, um beispielsweise Fremdkapital in jeder gewünschten Währung anbieten zu können.
3. Qualitative Diversifizierung
der Nachfrage
Die qualitativ veränderte Nachfrage nach ihren Dienstleistungen ergab sich für die Kreditinstitute zum einen aus den zunehmenden Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft im Ausland und zum anderen aus einer Erweiterung der Bedürfnisstruktur ihrer Kunden. Mit der zunehmenden Betätigung deutscher Industrieunternehmen in anderen Ländern und wachsender multinationaler Zusammenarbeit wurden immer weitere Leistungen der Banken jenseits der deutschen Grenzen gefragt. Die Nachfrage richtete sich dabei auch im internationalen Geschäft mehr und mehr auf Spezialitäten der Unternehmensfinanzierung, wie Leasing und Factoring. Hinzu kommt der Wunsch nach Beratung im kommerziellen Bereich sowie die Bereitstellung bzw. Vermittlung günstiger — von den Konditionen und vom Wechselkurs her — auslandsgeschäftsbezogener Finanzierungen. Angesprochen ist damit vor allem das Finanzierungsinstrument Euromarkt, der mit einem Bruttovolumen von mehr als 1,5 Billionen Dollar per Ende 1981 für alle international tätigen Banken vom Volumen her überragende Bedeutung erlangt hat. Zumindest ein Stützpunkt im Euromarkt-Zentrum Luxemburg ist somit für die großen deutschen Institute weitgehend unverzichtbar. Allerdings ist es bei starker Aktivität am Euromarkt ebenfalls fast zwingend notwendig, „auch ein Standbein im Heimatlande der Haupteurowährung, nämlich des US-Dollar, zu haben" 7 . Der Zugang zum Euromarkt reicht wegen nicht zu unterschätzender Refinanzierungsrisiken (in jüngster Zeit bedingt durch die abnehmenden 6 Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse der Unternehmen im Jahre 1980, in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 11, November 1981, S.20f. 7 Peter Reimpell, Wege der Bankexpansion im Ausland, in: Die Bank, 12/80, S.558.
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Leistungsbilanz-Überschüsse der OPEC-Staaten) für ein dauerhaft fundiertes Dollargeschäft nicht unbedingt aus. Auch wenn Refinanzierungsengpässe am Euromarkt bislang ausgeblieben sind, ist es für ein Kreditinstitut beruhigend zu wissen, daß über einen Standort im Dollarraum — vorzugsweise New York, dem Zentrum des nationalen Finanzmarktes der USA —jederzeit der Zugang zur Dollarfinanzierung gewährleistet, durch die Vielfalt der verfügbaren Geldmarktinstrumente auf eine breitere Basis gestellt und vor äußeren Risiken (Kapitalverkehrsbeschränkungen) gesichert ist. Auch um ihren Kunden möglichst an allen ausländischen Standorten ein umfassendes Leistungsangebot zur Lösung von Finanzierungsproblemen — einschließlich der Übernahme von Beratungsfunktionen — zugänglich zu machen, wurde es für die Banken zwangsläufig notwendig, im Ausland sozusagen „vor Ort", präsent zu sein8. Wird doch im Kreditgewerbe, das in ausschlaggebendem Maße vom Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Instituten lebt, Kunden-Vertrauen vor allem durch geschäftspolitische Gediegenheit und sachliche Kompetenz der Institute induziert, wobei gerade zur Vermittlung von Kompetenz unmittelbare Kenntnis regionaler Auslandsmärkte unabdingbar ist. In diesem Sinne erwarten auch solche Unternehmen, die weder einen multinationalen Charakter noch bislang Direktinvestitionen im Ausland vorgenommen haben, heute eine Erweiterung des herkömmlichen Leistungsangebots, d. h. eine umfassende Beratung über ausländische Absatzmärkte sowie über Beteiligungs-, Kooperationsund Fusionsmöglichkeiten auf internationaler Ebene.
4. Verschärfter
Wettbewerb
Diese auf ein höheres Anspruchsniveau ausgerichtete Erwartungshaltung der Marktgegenseite signalisiert höhere Leistungsanforderungen an die Banken im Rahmen des kreditwirtschaftlichen Konkurrenzkampfes. Der hierdurch ausgelöste Leistungszwang durch mehr Wettbewerb auf der Angebotsseite hat somit die Internationalisierung im Bankensektor ebenfalls beschleunigt. Schnell wurde deutlich, daß nicht nur das internationale, sondern auch das nationale „Standing" einer Universalbank von der Qualität ihres Auslandsgeschäfts geprägt ist. Die Banken mußten erkennen, daß sie beispielsweise ohne US-Stützpunkt zumindest auf längere Sicht nicht nur ihr Auslands-, sondern auch ihr Inlandsgeschäft gefährden können. Denn der in die USA drängende Kunde wird auf Dauer wohl dasjenige Institut bevorzugen, das ihm die breiteste Servicepalette und die günstigsten Finanzierungsmöglichkeiten im In- und Ausland bietet. 8
Ursel Steuber, Internationale Banken. Auslandsaktivitäten von Banken bedeutender Industrieländer, Veröffentlichungen des HWWA-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hamburg, 1974, S. 16.
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Spielen wir diese Fallstudie weiter durch: Gerade mittelständische gewerbliche Unternehmen ohne internationales Kreditnehmer-Standing können — durchaus verständlicherweise — Schwierigkeiten haben, bei amerikanischen Banken für ihr amerikanisches Zweigwerk Kredit zu erhalten; es sei denn mit Bürgschaften ihrer deutschen Hausbank. Dieser sind sie — zwangsläufig — bekannt. Und deren eventuelle US-Niederlassung kann ihnen die gewünschte lokale Dollarfinanzierung in der Regel ohne weiteres beschaffen 9.
5. Gesättigter Banken-Inlandsmarkt Auch die zunehmende Sättigung des inländischen Bankenmarktes bei vergleichsweise hohem Kostenniveau und gleichzeitig hoher Wettbewerbsintensität — mitverursacht nicht zuletzt durch die Niederlassungen ausländischer Banken in der Bundesrepublik — hat die Kreditinstitute verstärkt in das internationale Geschäft „gedrängt". Bis in die jüngste Gegenwart hinein ist das deutsche Bankstellennetz enger geknüpft worden. Noch 1981 ist die Zahl der Bankstellen um 207 auf 44.873 gestiegen10. Somit steht für je 1.375 Bundesbürger eine Bankstelle zur Verfügung. Allerdings dürfte die Ausweitung des Banken-Filialnetzes weitgehend abgeschlossen sein. Die jährliche Zuwachsrate für Bankstellen, die in den sechziger Jahren noch über 3 Prozent lag, ging bereits in den siebziger Jahren merklich zurück. Zwischen 1975 und 1980 betrug sie nur noch jahresdurchschnittlich 0,5 Prozent. Dennoch ist das Bankstellennetz das dichteste aller großen Industrienationen. Nur kleinere Länder wie die Schweiz und Luxemburg haben aufgrund besonderer Einflüsse eine noch größere Bankstellendichte 11 . 6. Ertragschancen Die Internationalisierung des Bankgeschäfts muß auch mit dem Blick auf die Ertragserwartungen der Institute gesehen werden. Ob sich Banken geschäftlich mehr im Inland oder mehr im Ausland engagieren, entscheiden sie in der Regel im Rahmen ihrer auf eine längerfristige Gewinnmaximierung ausgerichtete Geschäftspolitik. Wichtig ist dabei insbesondere, wie stark das inländische Kreditgeschäft expandiert, wieviel und welche Mittel den * Erich Stoffers, Deutsche Bankfilialen in New York — Ja oder nein? In: Nachrichten für Außenhandel vom 8. April 1982. In Zahl der Kreditinstitute und ihrer Zweigstellen, in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 6, Juni 1982, Tabelle III. 25.a. 11 Bundesverband deutscher Banken, Bankstellennetz weiter gewachsen, in: BankNachrichten, Informationen des Bundesverbandes deutscher Banken, Nr. 44, vom 20. Juli 1982, S. 2.
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Kreditinstituten zufließen und wie die Banken ihre eigene Liquiditätslage einschätzen 12 . Einige „Schieflagen" im Auslandskredit signalisieren zwar in diesem Bereich besonders gestiegene Problemstellungen. Dennoch bietet ein Engagement im Auslandsgeschäft den Kreditinstituten grundsätzlich Chancen für einen verbesserten Ausgleich des Ertragsrisikos sowohl durch die breitere regionale Streuung der Aktivitäten als auch durch erweiterte Diversifizierung der Geschäftspalette. Beispielsweise kann das zwischen In- und Ausland bestehende Zinsgefalle für verbesserte Zinsspannen sorgen und somit den Banken nahelegen, dem Auslandsgeschäft besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Lukrativ kann auch das Inlandsgeschäft am Standort einer Auslandsniederlassung sein. Es bietet zudem die Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen. Insgesamt bildet somit das Auslandsgeschäft für die international tätigen Banken heute eine wichtige Ertragskomponente. Für viele Banken erreicht der Ertrag des Auslandsgeschäfts zwischen 20 und 30 Prozent des Gesamtertrages 13 . Zu nennen sind Provisionsertrag und Zinsertrag. Provisionserträge ergeben sich sowohl aus Dienstleistungen im Rahmen des konventionellen (Dokumenten-)Auslandsgeschäfts als auch aus Emissions- und Konsortialkreditgeschäften etc. Zinserträge werden erwirtschaftet aus Krediten zur Export- und Handelsfinanzierung sowie beim Kreditgeschäft der Auslandsniederlassungen in den jeweiligen Binnenmärkten der Stützpunkte. Im Zinsgeschäft mit dem Auslands sind in einer Reihe von Fällen geringere Margen als im Inland zu akzeptieren. Dafür ist aber auch der Aufwand in der Regel geringer als im Inlandsgeschäft, da es sich fast ausschließlich um Großgeschäfte (Wholesale-Banking) handelt. Eine zusätzliche MargenKompression ist durch zeitweise extremen Wettbewerb im Eurokreditbereich ausgelöst worden. Der Tiefpunkt scheint indessen überwunden: Die Ertragsorientierung ist inzwischen wieder mehr in den Vordergrund gerückt.
7. Risikobegrenzung Ein wichtiger Grund für die Banken-Präsenz im Ausland ist schließlich die Begrenzung des Kredit- und des Refinanzierungsrisikos. Im internationalen Kreditgeschäft besteht als Sonderfaktor neben dem allgemein geschäftstypischen Einzelkreditrisiko noch ein sogenanntes Länderrisiko — ein Transferund Konvertierungsrisiko. Ein Stützpunkt im Ausland kann dieses Risiko insoweit verringern, als Geschäfte mit Kunden dieser Region — entsprechend potente Finanzmärkte vorausgesetzt — in der Regel auch im Lande 12
Neuere Entwicklungen im Auslandsgeschäft der deutschen Kreditinstitute, a.a.O.,
S. 18. 13
Peter Reimpell, Wege der Bankexpansion im Ausland, a.a.O., S.558.
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refinanziert werden, ein grenzüberschreitender Kapitalstrom, der infolge schlechter Wirtschafts- und/oder Devisenlage des Landes behindert werden könnte, also entfällt. Obwohl die nicht durch diesen Mechanismus entschärften Länderrisiken bei der überwiegenden Mehrzahl der Entwicklungsländer und den Ostblockstaaten für Schlagzeilen sorgen, machen die länderrisikobegrenzten Engagements in attraktiven Märkten wie beispielsweise den USA und Großbritannien einen erheblichen Teil des gesamten internationalen Geschäfts aus.
IV. Tochterunternehmen als Instrument des Auslandsgeschäfts deutscher Banken 1. Tochterunternehmen und andere institutionelle des internationalen Geschäfts
Formen
Für die Durchführung ihrer internationalen Geschäfte können die deutschen Kreditinstitute zwischen folgenden Formen wählen: Korrespondenzbankverbindung, Repräsentanz, Kapitalbeteiligung, Filiale, Tochtergesellschaft und Kooperationsabkommen. Geschäftsverbindungen mit ausländischen Korrespondenzbanken sind Auftragsverhältnisse zur Abwicklung von Bankleistungen im internationalen Bereich. Diese traditionelle Form internationaler Bankkontakte verlor jedoch mit wachsendem Interesse der Kreditinstitute an der Expansion ihrer Auslandsgeschäfte an Bedeutung. Dennoch wird nach wie vor die Abwicklung des Zahlungsverkehrs bei Auslandsgeschäften — auch nach Eröffnung einer Niederlassung — zum großen Teil von Korrespondenzbanken wahrgenommen 14 . Repräsentanzen dienen der Kontaktpflege mit Unternehmen und der Akquisition im Ausland wie auch der Erschließung neuer Informationsquellen. Da eine Repräsentanz Bankgeschäfte selbst nicht durchführt, werden Kunden entweder an deren nationales Haupthaus oder an Filialen in Drittländern weitergeleitet. Repräsentanzen sind oft der erste Schritt der Stützpunktpolitik deutscher Banken im Ausland gewesen, die anschließend bei Intensivierung des Geschäfts beispielsweise zu einer Filialgründung führte. In Ländern, die sich Auslandsbanken gegenüber restriktiv verhalten oder deren Bankwesen verstaatlicht ist (unter anderem Mexiko, Venezuela), müssen sich internationale Institute allerdings weiterhin auf Repräsentanzen beschränken 15 . 14
Siehe: Friedrich Bösel: Der internationale Zahlungsverkehr der Banken. In: Rudolf Regul und Herbert Wolf: Das Bankwesen im größeren Europa. Schriftenreihe Europäische Wirtschaft, Band 67, hrsg. von Rudolf Regul, Baden-Baden, 1974, S. 541. 15 Peter Reimpell: Wege der Bankexpansion im Ausland, a. a.O., S. 560.
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Als die deutschen Banken sich zu umfassender Präsenz im Ausland entschlossen, entschieden sie sich in hohem Maße für die Gründung von Filialen; 89 dieser internationalen Stützpunkte waren bis Ende des ersten Quartals 1982 von den Instituten etabliert worden 16 . Ende 1978 hatten bereits 58 Niederlassungen bestanden. Diese besitzen keine eigene Rechtspersönlichkeit; organisatorisch sind sie Bestandteil der nationalen Mutterbank, die über diese Brückenköpfe unter eigenem Namen im Ausland operiert. Eine Filialniederlassung ist somit die direkteste Art, jenseits der Landesgrenzen vertreten zu sein. Dabei ist als besonders geschäftsfördernd zu bewerten, daß die Bonität der Bankenmutter voll für die Filiale wirkt: Verpflichtungen der Niederlassung sind Verpflichtungen des Stammhauses. Beteiligungen an bestehenden, rechtlich selbständigen Kreditinstituten im Ausland werden von deutschen Banken übernommen, um das eigene Leistungsangebot zu vervollständigen und die internationale Marktstellung zu verbessern 17. Sie werden auch in Ländern eingegangen, die ausländisches 100-Prozent-Eigentum an inländischen Unternehmen nicht zulassen (vor allem Entwicklungsländer) oder in denen die Geschäftsaussichten eine Vollvertretung nicht rechtfertigen, es aber dennoch ratsam erscheint, im Markt vertreten zu sein. Tochtergesellschaften deutscher Banken im Ausland sind aus der Sicht des Eigentumsverhältnisses der mehrheitlichen Beteiligung an einheimischen Banken sehr ähnlich. Im Außenverhältnis, d. h. im rechtlichen und wirtschaftspolitischen Raum, haben sie jedoch — im Gegensatz zur Mehrheitsbeteiligung — im Sinne des „Gastgeberlandes" ausländischen Charakter, was sich von Land zu Land unterschiedlich auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken kann 1 8 . In Japan ist grundsätzlich die Gründung von Filialen, nicht aber von Tochtergesellschaften ausländischer Banken zulässig. Die deutsche Kreditwirtschaft hat gegenwärtig 56 Tochtergesellschaften im Ausland gegründet. Als operative Einheiten werden sie immer dort zu etablieren sein, wo rechtliche Eigenständigkeit gewollt und geschäftspolitisch von Vorteil ist. Aus diesem Grunde gibt es beispielsweise in Luxemburg fast ausschließlich ausländische Tochterinstitute und kaum Filialen. Hier war eine Abgrenzung von den deutschen Bankenmüttern sowohl aus praktischen als auch aus psychologischen Gründen erforderlich. Da das Großherzogtum zielbewußt den Auf- und Ausbau eines Finanzzentrums Luxemburg betreibt, sind rechtlich eigenständige Banken im Lande erwünscht. Deutschen Unternehmen wiederum bietet sich die Gelegenheit, die vergleichsweise liberale Banken-, Devisen- sowie Holdinggesetzgebung des 16 Aktiva und Passiva der Auslandsfilialen deutscher Kreditinstitute, in: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 6, Juni 1982, Tab.: III. 10. 17 Ursel Steuber, Internationale Banken, a. a. O., S. 20. 18 Ursel Steuber, Internationale Banken, a.a.O., S.20.
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Großherzogtums und in Verbindung damit die Stellung Luxemburgs als eines Zentrums des Euromarktes durch unabhängige Unternehmen auf Konzernebene betriebswirtschaftlich zu nutzen. Rechtliche Unabhängigkeit kann hinsichtlich der Bonität eines Kreditinstituts Dritten gegenüber jedoch durchaus negative Assoziationen wecken. Deshalb wird bei ausländischen Tochterbanken über die Firmierung versucht, Nähe zur Mutterbank zu demonstrieren. Ein Beispiel: Bayerische Landesbank International S. Α., Luxemburg. Das ist sachlich durchaus berechtigt. Denn hundertprozentige Tochterbanken mit dem Namen des Stammhauses operieren weitgehend wie Filialen und sind im Grunde auch bonitätsmäßig mit der Mutterbank gleichzusetzen. De jure bestehen allerdings auch geschäftspolitisch Unterschiede zwischen Filiale und Tochterbank. In den USA beispielsweise gibt es das sogenannte „legal lending limit", demzufolge nur maximal 10 Prozent der Eigenmittel als Kredit an einen Kreditnehmer herausgelegt werden können. Bei einer eigenständigen Auslandstochter bemessen sich diese 10 Prozent an Eigenkapital und Reserven, bei einer Filialniederlassung dagegen an den Eigenmitteln der Gesamtbank. Nur der Vollständigkeit halber seien noch die Kooperationsabkommen erwähnt, die als Reflex allgemeiner Europa-Euphorie in den sechziger und Anfang der siebziger Jahre zwischen Kreditinstituten verschiedener Länder aufkamen und heute nur noch „als Freundschaftsklubs und nicht im Sinne einer umfassenden, grenzüberschreitenden Kooperation" existieren 19 . Zu erwähnen sind unter anderem die Formationen ABECOR, EBIC und Europartner, an denen auch deutsche Banken mitwirken 2 0 . Die ursprüngliche Idee, die sogar zu einer stattlichen Anzahl von Joint Venture Banken und Gemeinschaftsrepräsentanzen führte, lag darin, in einem wirtschaftlich und politisch geeinten Europa gesamteuropäische Filialnetze aufzubauen und auch außerhalb Europas ein gebündeltes Potential in den internationalen Wettbewerb um den Bankkunden einzubringen. Im Laufe der Zeit haben sich diese Kooperationsabkommen jedoch wieder gelockert, da einzelne Partner zu groß und einzelwirtschaftlich zu ambitiös wurden, so daß die notwendige Komplementarität der Interessen als Voraussetzung für eine gut funktionierende Gemeinschaft nicht mehr gegeben war. 2. Geschäftspolitische
Funktion der Auslandstöchter
Die deutschen Banken setzten wieder mehr auf ihre individuelle unternehmerische Leistungskraft. In diesem Zusammenhang ist auch die Bestimmung der kreditwirtschaftlichen Funktion ihrer Tochtergesellschaften im Ausland 19
Peter Reimpell, Wege der Bankexpansion im Ausland, a.a.O., S. 561. Siehe Ursel Steuber, Internationale Bankenkooperation. Deutsche Banken in internationalen Gruppen, Frankfurt/Main, 1977, S.71ff. 2,1
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Gegenstand einer internationalen Geschäftsstrategie, durch die determiniert wird, welche Serviceleistungen von den ausländischen Stützpunkten angeboten werden sollen. Tochtergesellschaften im Ausland werden zumeist für spezielle Aufgaben gegründet, die die Mutterbank von ihrem Sitz in der Bundesrepublik aus nicht ebenso zweckmäßig durchführen kann. Dabei wird die Art der Geschäftstätigkeit von Tochtergesellschaften häufig schon von den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Landes bzw. den kreditwirtschaftlichen Schwerpunkten des Finanzplatzes aus determiniert, in respektive an dem das jeweilige Institut etabliert wurde. In Luxemburg, neben London eines der marktführenden Eurozentren Europas, betreiben die deutschen Institute ein ausgesprochenes „Wholesale Banking". Sie sind überwiegend im internationalen Eurokreditgeschäft (für deutsche und ausländische Kunden) sowie im Eurogeld- und Eurobondhandel tätig. Interessant ist auch, daß Notenbanken bei den Luxemburger Auslandstöchtern bundesrepublikanischer Banken sowohl als Einleger von Euro-DM, die in zunehmendem Maße als Devisenreserven gehalten werden, als auch als Kreditnehmer eine Rolle spielen 21 . Das stark gestiegene Geschäftsvolumen der Auslandstöchter deutscher Banken signalisiert deren wachsende Bedeutung für die Kreditwirtschaft der Bundesrepublik. Die Bilanzsumme aller deutscher Luxemburg-Töchter ist — bei gleichzeitig zunehmender Zahl der Institute — von rund 13 Milliarden D M per Ende 1972 bereits bis Mitte 1980 auf fast 225 Milliarden D M für 29 Institute gestiegen22. Die kräftige Expansion der Luxemburger Tochtergesellschaften kann einerseits auf die multinationale Zusammensetzung der Kunden zurückgeführt werden. Andererseits ist aber auch auf eine gewisse Geschäftsverlagerung von Mutter zur Tochter zu schließen. Deutsche Banken wickeln ihre Finanzierungsgeschäfte heute in erheblichem Maße über den Finanzplatz Luxemburg ab. Denn die dortigen Tochtergesellschaften können sich über die Euromärkte refinanzieren, ohne mindestreservepflichtig zu werden, da eine solche Verpflichtung im geld- und kreditpolitischen Instrumentarium des Großherzogtums nicht vorgesehen ist. Hinzu kommt, daß Luxemburg Kreditrichtsätze wie das deutsche Kreditwesengesetz nicht kennt, sondern nur über einen Liquiditätsrichtsatz 23 den Verschuldungsspielraum der Institute begrenzt: Die Eigenmittel müssen in Luxemburg mindestens 3 Prozent der Fremdmittel betragen. Durch den Wegfall von Kreditrichtsätzen, die das Volumen der Ausleihungen auf bestimmte Relationen zu den Eigenmitteln 21 Siehe Wolf gang Jahn, Präsent in Wirtschafts- und Finanzzentren der Welt, in: Börsenzeitung vom 7. Oktober 1978. ManfredFerber, Die deutschen Banken in Luxemburg 1980/81, in: Zeitschrift tür das gesamte Kreditwesen, 19. Heft, vom 1. Oktober 1981, S.22. Peter Reimpell, Wege der Bankenexpansion im Ausland, a.a.O., S.560.
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einer Bank limitieren, ergeben sich somit in Luxemburg hinsichtlich Eigenkapitalausstattung und Kreditgeschäft günstigere Rahmenbedingungen als in der Bundesrepublik. Daß das andererseits nicht zu einer überhöhten Risikobereitschaft führen soll, wird durch die Bereitschaft der deutschen Banken zu einem Gentlemen Agreement mit dem Bundesamt für das Kreditwesen unterstrichen, wonach wesentliche, für eine Bilanzkonsolidierung notwendige Daten mitgeteilt werden.
V. Zur Perspektive des internationalen Geschäfts deutscher Banken Die Internationalisierung der deutschen Kreditwirtschaft ist eine notwendige Ergänzung der starken deutschen Position auf den Weltmärkten. Das außenwirtschaftliche Engagement ihrer Kunden — von mittelständischen Unternehmen bis hin zu unveränderter Entwicklung zu multinationalen Konzernen — wird weiter zunehmen und Anforderungen an weltweite Finanzierungen stellen (Außenhandels-, Investitionsfinanzierung u. a.), denen wohl allein durch multinational tätige Banken entsprochen werden kann. Die deutschen Banken werden deshalb einerseits ihre nationalen Kooperationen in beispielweise Emissions- und Kreditkonsortien während der kommenden Jahre intensivieren, andererseits aber auch an weitere eigene Niederlassungen an internationalen Finanzplätzen denken und zudem ihr grenzüberschreitendes Engagement möglicherweise durch geeignete Tochtergesellschaften sowie Beteiligungen erweitern. Das internationale Bankgeschäft erfordert neben einem Höchstmaß an kreditwirtschaftlichem Know-How viel Flexibilität. Das Leistungsangebot der Kreditinstitute wird sich weiterhin sowohl durch seine Breite als auch durch seine Spezialisierung auszeichnen müssen. Der Begriff von den international tätigen Banken als Bahnbrecher einer neuen integrierten Weltwirtschaftsordnung mag überzogen erscheinen. Gleichwohl ist nicht zu bestreiten, daß die Kreditwirtschaft weltweit mit Einfallsreichtum und Tatkraft einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu einer solchen Entwicklung leistet.
Die Bedeutung der Offshore-Finanzmärkte für die inländische Geldpolitik Von Helmut Mayer, Basel I. Charakteristiken der Offshore-Finanzmärkte Von allen strukturellen Entwicklungen, denen die Weltwirtschaft in den letzten 25 bis 30 Jahren unterworfen war, stellt die Entstehung und wachsende Bedeutung der Offshore-Finanzmärkte sicherlich eine der tiefgreifendsten und folgenreichsten dar. Von ihrer Funktionsweise her brachten diese Offshore-Märkte eine echte Multilateralisierung des internationalen Kapitalverkehrs mit sich und führten zur Bildung eines wirklich weltweiten Finanzmarktes. Trotz seiner Größe und seines Einflusses sind jedoch Identität und die ökonomischen Auswirkungen dieses weltweiten Finanzmarktes nicht ganz leicht zu erfassen. Dies hat einmal damit zu tun, daß die Banken, die in diesem Markt die Mittlerrolle spielen, im wesentlichen dieselben Banken sind, die auch in den nationalen Märkten eine führende Position einnehmen. Dieser Umstand, welcher für die wirtschaftspolitische Problematik der Offshore-Märkte sehr weitreichende Folgen hat, ist untrennbar mit einer weiteren Entwicklung verbunden, die man als „Internationalisierung" der Banken bezeichnen könnte. D . h . , die großen Banken der Industrieländer haben in den letzten 25 Jahren damit begonnen, ein weltumspannendes Netz von Filialen und Tochtergesellschaften aufzubauen, mit deren Hilfe sie die Privatpersonen und Firmen fast aller Länder zu ihren Kunden zählen können. Die Niederlassungen dieser Banken in den Offshore-Märkten nehmen hierbei die Rolle von Finanzierungszentralen ein, deren Aufgabe es unter anderem ist, die Niederlassungen in den nationalen Märkten mit den notwendigen Mitteln zu versorgen oder von diesen Filialen Liquiditätsüberschüsse entgegenzunehmen. Ein zweiter Grund für die schwierige Erfaßbarkeit ist, daß sich diese Offshore-Märkte räumlich nur sehr schwer begrenzen lassen. Zwar wird ein großer Teil der Geschäfte in einer begrenzten Anzahl von internationalen Finanzplätzen abgewickelt, welche die typischen Charakteristika von Offshore-Zentren aufweisen — wie z.B. einen rechtlichen Sonderstatus, wenig Verbindungen zu den lokalen Märkten und weitgehende Freiheit von behördlicher Réglementation —; aber diese Domizilierung der Geschäfte in
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den Offshore-Finanzplätzen und teilweise die Offshore-Märkte selbst sind oft nicht viel mehr als eine buchhalterische Fiktion. Die Geschäfte werden am Hauptsitz der Bank oder bei einer Tochtergesellschaft in einem der anderen Märkte abgeschlossen, aber in Bücher eingetragen, welche unter dem Namen eines der Offshore-Zentren laufen und somit einer gesonderten steuerlichen Behandlung und behördlichen Reglementierung unterworfen sind. Hinzu kommt noch, daß die Zahl der Offshore-Zentren im stetigen Wachstum begriffen ist. A l l dies bedeutet, daß nicht nur die Kundschaft der Offshore-Finanzmärkte über die ganze Welt verteilt ist, sondern daß auch das Marktgeschehen sehr breit gestreut ist und sich, von der gesonderten buchhalterischen Behandlung und dem unterschiedlichen rechtlichen und steuerlichen Status abgesehen, oft kaum vom traditionellen Geschäft der Banken unterscheiden läßt. Ein dritter Grund für die schwere Erfaßbarkeit der Offshore-Märkte ist ihre Vielschichtigkeit. Erstens fungiert dieser Marktkomplex als internationales Bindeglied, welches vor allem auf dem Wege der Zwischenbankbeziehungen die einzelnen nationalen Finanzmärkte eng aneinander bindet. Zweitens spielen die Offshore-Märkte bei der Finanzierung des internationalen Handels und der internationalen Direktinvestitionen eine große Rolle. Drittens bieten die Offshore-Finanzmärkte großen Firmen sowie begüterten Einzelpersonen für Anlagezwecke und zur Finanzierung von Investitionen dieselbe Art von Dienstleistungen wie die Banken in den nationalen Märkten. Viertens dienen die Offshore-Märkte dem staatlichen Sektor der einzelnen Länder oft als Anlagemedien für die offiziellen Währungsreserven und als Instrument zur Zahlungsbilanz- und Entwicklungsfinanzierung. Hinzu kommt noch, daß von der Motivation und den makroökonomischen Auswirkungen her sich diese Funktionen kaum klar voneinander unterscheiden lassen, sondern sich weitgehend überschneiden. Wenn man, trotz all dieser Vielfalt und der äußerst engen Verknüpfung mit den Banken in den nationalen Märkten, von den Offshore-Finanzmärkten als von einer organisatorischen Einheit und gesonderten Identität sprechen kann, so vor allem infolge der international gesehen einheitlichen Zinssätze, die auf diesen Märkten notiert werden und die sich meist deutlich von den entsprechenden Zinssätzen in den nationalen Märkten unterscheiden. Ζ. B. wird ein großer Anleger, ganz gleich, wo er seine Einlage tätigt, im internationalen Markt überall denselben Zins geboten bekommen (wobei kleinere Unterschiede meist auf Risikofaktoren zurückzuführen sind), während am selben Bankplatz meist sehr beträchtliche Zinsunterschiede zwischen dem inländischen Zinsniveau und den Offshore-Buchungen bestehen. Selbst die Zinsen auf Einlagen und Kredite in verschiedenen Währungen sind in den Offshore-Finanzmärkten über die Devisenterminmärkte eng aneinander gebunden, so daß man auch in diesem Sinne von einem einheitlichen Offshore-Markt sprechen kann.
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Selbstverständlich gibt es in den Offshore-Märkten eine ähnliche funktionale Auffacherung wie in den nationalen Märkten, nämlich den Markt für Bankeinlagen und Bankkredite — den sogenannten Euro-currency market — auf der einen Seite und den längerfristigen Wertpapiermarkt — den Eurobond market — auf der anderen Seite; dies dürfte auch der Hauptgrund sein, weshalb man trotz der ausgeprägten Wechselbeziehungen von den Offshore-Finanzmärkten im Plural spricht. Das Hauptgewicht dieses Aufsatzes wird allerdings auf dem Markt für Bankeinlagen und Bankkredite liegen, welcher nicht nur dem Volumen nach der bei weitem größere ist, sondern auch wirtschaftspolitisch gesehen, infolge der mit ihm verbundenen potentiellen Liquiditätsschöpfung und seines Einflusses auf die Bankbilanzen und die inländischen Geld- und Kreditaggregate, der problematischere ist.
I I . Mögliche Problemstellungen Es liegt auf der Hand, daß die Bildung eines wirklich weltweiten Finanzmarktes für die Weltwirtschaft potentiell große Vorteile mit sich bringt: eine effizientere Verteilung knappen Kapitals und damit eine ausgeglichenere weltwirtschaftliche Entwicklung und Einkommensbildung, ein höheres Beschäftigungsniveau sowie ein größeres weltwirtschaftliches Wachstum insgesamt. Aber auch die Probleme und möglichen Fehlentwicklungen sind nicht zu übersehen, die ein supranationaler und nicht zentral gesteuerter Markt in einer Welt mit sich bringen kann, in der die (wirtschafts-)politische Willensbildung noch immer auf nationaler Ebene stattfindet und in der die internationale Koordination nationaler Wirtschaftspolitik nur in Ansätzen vorhanden ist. Obwohl natürlich die Offshore-Märkte weitgehend von den Entwicklungen in den einzelnen Ländern bestimmt werden, muß die sich aus diesem multidimensionalen Kräfteparallelogramm ergebende Gesamttendenz für die Weltwirtschaft nicht immer optimal sein, besonders wenn die Wirtschaftspolitik in einigen wichtigen Ländern, selbst an der eigenen Wertskala dieser Länder gemessen, stark sub-optimal ist. Aber selbst wenn global gesehen die positiven Einflüsse des Marktes überwiegen, kann die von diesem Markt ausgehende verbindende Wirkung für die einzelnen Länder zielpolitische Konfliktsituationen mit sich bringen, da sie natürlich den Ermessensspielraum bei der Gestaltung der nationalen Geldpolitik tendenziell einengt. Diese Beeinträchtigung des nationalen Ermessensspielraums bei der Gestaltung der Geldpolitik — und dies ist das eigentliche Thema dieses Referats — kann sich im wesentlichen auf zwei Ebenen auswirken: 1. bei der Verfolgung autonomer geldpolitischer Ziele; 2. bei der Auswahl der zur Erreichung dieser geldpolitischen Ziele verwendeten Instrumente.
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Das Problem der Zielkonflikte ergibt sich aus der durch die OffshoreMärkte bedingte erhöhte internationale Beweglichkeit und Zinsreagibilität des Kapitals. Es ist somit stets mit internationalen Zinsdifferenzen, Zahlungsbilanzströmen, Wechselkursbewegungen und potentiell mit offiziellen Interventionen am Devisenmarkt sowie Auswirkungen auf die inländische monetäre Basis verbunden. Das zweite Problem ergibt sich aus dem Umstand, daß die OffshoreMärkte eine Alternative zu den von den Banken im Inland gebotenen Dienstleistungen darstellen. Somit besteht die Gefahr, daß wirtschaftliche Steuerungsinstrumente, welche den Banken im Inland einen Wettbewerbsnachteil auferlegen, eine teilweise Verlagerung des inländischen Geld- und Kreditkreislaufs auf diesen internationalen Parallelmarkt bewirken können, wodurch die Effizienz und Zielsicherheit dieser Instrumente eingeschränkt werden können. Dieses Problem des Ausweichens in die Offshore-Märkte kann sich auch dann ergeben, wenn das inländische Zinsniveau voll den internationalen Gegebenheiten angepaßt ist und somit nicht zu Nettokapitalzu- oder -abflüssen führt.
I I I . Geldpolitische Zielkonflikte Die Beeinträchtigung der nationalen Autonomie auf dem Gebiet der Zinspólitik durch internationale Kapitalbewegungen stellt sicherlich kein neues Problem dar, aber es läßt sich nicht leugnen, daß die durch die OffshoreMärkte bewirkte engere Verbindung der nationalen Märkte dieses Problem noch weiter verschärft hat. Wir wollen hier nur ganz kurz auf die allgemeine wirtschaftspolitische Problematik eingehen, die sich aus einer solchen stärkeren internationalen Verflechtung der nationalen Märkte ergeben kann, dafür aber dann mit Hilfe einiger Grafiken verdeutlichen, welche quantitative und qualitative Rolle diese von den Offshore-Märkten vermittelten Kapitalströme im Fall einiger wichtiger Industrieländer tatsächlich gespielt haben. 7. Laut Lehrbüchern besteht die Einschränkung der nationalen Autonomie bei der Durchsetzung geldpolitischer Zielsetzungen hauptsächlich unter einem System fester Wechselkurse. Unter einem System frei beweglicher Wechselkurse, in welchem die Währungsbehörden nicht am Devisenmarkt intervenieren, könnten gar keine Nettokapitalzu- oder -abflüsse stattfinden, die monetäre Basis des Landes würde nicht beeinflußt, und temporäre Wechselkursveränderungen würden Veränderungen der internationalen Zinsdiffe-
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renzen ausgleichen. Die durch Zinssatzänderungen induzierten internationalen Kapitalbewegungen könnten sogar bei der Verwirklichung der angestrebten wirtschaftspolitischen Zielsetzungen behilflich sein. So würden im Falle des Anziehens der Zinsschraube die dadurch bedingten Kapitalzuflüsse den Wechselkurs steigen lassen und damit sowohl über den direkten Einfluß auf das inländische Preisniveau als auch indirekt über die Auswirkungen auf den inländischen Nachfragedruck den antiinflationären Effekt einer solchen Politik verstärken. Leider entspricht dieses theoretische Idealbild, wie gerade die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat, nicht immer der Wirklichkeit, und die Möglichkeit der unerwünschten Einwirkung internationaler monetärer Einflüsse auf die inländische Geldpolitik bleibt auch unter einem System frei beweglicher Wechselkurse weiterhin bestehen. Hierfür gibt es eine Reihe von Erklärungen. Erstens hat die Theorie zu stark vereinfacht. Selbst unter idealen Voraussetzungen vollkommen rationaler und durchsichtiger Märkte ist die Autonomie der nationalen Geldpolitik auch unter einem System frei schwankender Wechselkurse keineswegs vollständig und bezieht sich nur auf relativ bescheidene und kurzfristige Abweichungen der inländischen Zinsen vom internationalen Niveau. Bei größeren und längerfristigeren Zinsabweichugen müßten die Wechselkursbewegungen, die notwendig sind, um die Zinssatzdifferenzen auszugleichen, so umfangreich sein, daß sie selbst ein wirtschaftspolitisches Problem darstellen könnten. Und permanente reale Zinsdifferenzen (soweit sie nicht auf Risikounterschiede zurückzuführen sind) sind insbesondere bei völliger Markttransparenz unter einem System frei beweglicher Wechselkurse genauso wenig denkbar wie unter einem System fester Wechselkurse.* Zweitens bilden die Gründe, die zum Zusammenbruch des BrettonWoods-Systems fester Paritäten geführt haben — große und schwer vorhersehbare internationale Inflationsunterschiede, wirtschaftspolitische Hilflosigkeit und die damit verbundenen Unsicherheiten —, auch keinen günstigen Hintergrund für das zufriedenstellende Funktionieren eines Systems frei beweglicher Wechselkurse. Ein solches würde voraussetzen, daß sich die Devisenmarktteilnehmer eine klare und realistische Vorstellung von dem längerfristigen Gleichgewichtsniveau der Wechselkurse machen können und entsprechende Positionen eingehen, sobald die Wechselkurse von diesem Gleichgewichtsniveau abzuweichen beginnen. I n der gegenwärtigen Welt ausgeprägter wirtschaftspolitischer Unsicherheiten ist es aber fast unmöglich geworden, sich ein solches Urteil zu bilden, und angesichts der Wechselwir* Für eine detaillierte Darstellung dieser Zusammenhänge siehe Helmut Mayer, „The Theory and Practice of Floating Exchange Rates and the Role of Official ExchangeMarket Intervention, BIS Economic Papers, Basel, Februar 1982.
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kung zwischen Wechselkursbewegungen, Inflation und wirtschaftlichem Wachstum ist es sogar sehr zweifelhaft, ob man überhaupt noch von einem im voraus bestimmbaren Gleichgewichtsniveau oder Gleichgewichtspfad der Wechselkurse sprechen kann. Unter solchen Bedingungen besteht die Gefahr, daß bereits durch relativ geringfügige und temporäre Zinssatzveränderungen ausgelöste Wechselkursbewegungen, anstatt stabilisierend zu wirken, Erwartungen weiterer gleichgerichteter Bewegungen erzeugen und somit kumulativen Charakter annehmen. Um die mit solchen kumulativen Wechselkursbewegungen verbundenen destabilisierenden makroökonomischen Auswirkungen zu vermeiden, können sich somit auch hier die Währungsbehörden wie unter einem System fester Wechselkurse gezwungen sehen, am Devisenmarkt zu intervenieren und schließlich wieder die inländischen Zinssatzbedingungen an das internationale Niveau anzugleichen. Drittens war der 1973 erfolgte Übergang zum Floaten nicht ein vollständiger, sondern gewisse Elemente eines Systems fester Wechselkurse blieben bestehen oder wurden, wie das Europäische Währungssystem, neu geschaffen. Viertens ist das internationale Zinsniveau oder, konkret gesprochen, das Zinsniveau auf den Offshore-Märkten nicht das Resultat eines demokratischen Prozesses, an dem alle nationalen Märkte entsprechend ihrer Rolle im internationalen Kapitalverkehr mitwirken, sondern die amerikanischen Finanzmarktbedingungen üben einen beinahe dominierenden Einfluß auf dieses internationale Zinsgefüge aus. Dies hat nicht nur mit der Größe der amerikanischen Finanzmärkte zu tun, sondern ist vor allem auch auf die internationale Rolle des Dollars als Reservewährung und damit gewissermaßen als Basisgeld für die übrige Welt zurückzuführen. Diese Reservewährungsfunktion des Dollars hat zur Folge, daß Kapitalflüsse zu oder von den Vereinigten Staaten keinen Einfluß auf die amerikanische Basisgeldmenge haben und damit meist auch keinen allzu großen Einfluß auf das durchschnittliche amerikanische Zinsniveau ausüben, während die Liquiditätslage in der übrigen Welt von solchen Kapitalströmen meist sehr direkt betroffen wird. Dies bedeutet mit anderen Worten, daß die amerikanische Geldpolitik einen unmittelbaren Einfluß auf die Finanzmärkte in der übrigen Welt ausübt, ohne selbst von der Geldpolitik der übrigen Länder sehr stark berührt zu werden. Hinzu kommt noch, daß die Vereinigten Staaten infolge des relativ bescheidenen Gewichts ihres Außenhandelssektors gegenüber Wechselkursbewegungen weniger empfindlich sind als andere Länder. Durch ihren Beitrag zur Erhöhung der internationalen Kapitalbeweglichkeit und dadurch, daß der Dollar in ihnen eine dominierende Stellung einnimmt, haben die Offshore-Märkte die zinspolitische Bindung der übrigen Welt an die USA tendenziell noch verstärkt.
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Während somit zusammenfassend kaum geleugnet werden kann, daß die Existenz der Offshore-Märkte den Konflikt zwischen Wechselkurserfordernissen und geldpolitischen Zielvorstellungen tendenziell verschärft, darf auch nicht übersehen werden, daß unter gewissen Bedingungen die OffshoreMärkte auch beträchtliche wirtschaftspolitische Vorteile mit sich bringen können. Erstens kann die durch die Offshore-Märkte herbeigeführte erhöhte internationale Kapitalmobilität den Wirkungsgrad der Geldpolitik für zahlungsbilanzpolitische Zwecke erhöhen. Diese Erwägung hatte besonderes Gewicht im Gefolge der Ölpreiserhöhungen; damals erleichterten die in OffshoreMärkten vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten es manchen Ölimportländern, zur Finanzierung ihrer vorübergehenden Leistungsbilanzdefizite genügend Kapital anzuziehen, ohne daß sie deshalb ihr Zinsniveau auf eine Höhe schrauben mußten, welches weder in ihrem eigenen Interesse noch in jenem der Weltwirtschaft gelegen hätte. Aber auch ganz allgemein läßt sich sagen, daß ζ. B. die Notwendigkeit hoher Zinssätze oft mit einer konjunkturpolitischen Situation zusammenfällt, in der die Leistungsbilanz schwach ist und die induzierten Kapitalimporte erwünscht sind. Die gegenwärtige Situation, in welcher in der Bundesrepublik und auch in einigen anderen Ländern ein Konflikt zwischen den außen- und binnenwirtschaftlichen Zinserfordernissen besteht, kann kaum als Regelfall angesehen werden. Darüber hinaus besteht kaum ein Zweifel, daß für viele Länder — nicht nur der dritten Welt — die in den Offshore-Märkten gebotenen Finanzierungsmöglichkeiten viel stärker wiegen als der zinspolitische Anpassungszwang, der zeitweise von diesen Märkten ausgeht. Zweitens stellt nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern auch in den Industrieländern die direkte Kreditaufnahme des öffentlichen Sektors, oder die durch verschiedene Anreize induzierte Kreditaufnahme des privaten Sektors, in den Offshore-Märkten eines der wichtigsten Zahlungsbilanzinstrumente dar. Eine solche öffentliche Kreditaufnahme kann natürlich auch erfolgen, wenn das Zinsniveau in den Offshore-Märkten höher ist als im Inland. I n diesem Falle bieten die Offshore-Märkte sogar die Möglichkeit, die Zahlungsbilanz zu finanzieren, ohne deshalb das inländische Zinsniveau an das internationale Niveau anpassen zu müssen, eine Erwägung, die besonders in Ländern mit Devisenkontrollen eine große Rolle spielen kann. Drittens haben Länder mit relativ unterentwickelten inländischen Geldmärkten, und dies trifft sogar auf Länder wie die Schweiz und Italien zu, diese Offshore-Märkte systematisch benutzt, um mittels Swaps oder direkten Fremdwährungseinlagen bei den inländischen Banken die inländische Liquidität zu steuern. Kurz zusammengefaßt, obwohl die durch die Offshore-Märkte herbeigeführte internationale Verflechtung der nationalen Finanzmärkte die natio-
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naie Autonomie auf dem Gebiet der Zinspolitik zweifelsohne tendenziell eingeengt hat, bestehen auch Situationen, in denen die Existenz der OffshoreMärkte die wirtschaftspolitischen Möglichkeiten erweitern kann.
2. Die folgenden Grafiken versuchen einen ungefähren Überblick zu vermitteln, welche Rolle im Falle der Bundesrepublik, der Vereinigten Staaten, der Schweiz und Großbritanniens die von dem Offshore-Markt für Bankeinlagen und Bankkredite vermittelten Kapitalströme innerhalb der Zahlungsbilanz innehatten und welchen tendenziellen Einfluß sie damit auf die Devisenmärkte und die Verfassung der inländischen Finanzmärkte ausgeübt haben mögen. Die schwarzen Pfeile setzen sich aus der Summe a) der Veränderung der Nettoauslandsposition der inländischen Banken und b) der Veränderung der Nettoauslandsverschuldung des inländischen Nichtbankensektors gegenüber ausländischen Banken zusammen. Die kleinen Seitenstriche an den Pfeilen geben hierbei die Aufteilung zwischen diesen beiden Komponenten an. Liegen diese Seitenstriche außerhalb des Pfeils, bedeutet dies, daß sich diese zwei Komponenten in entgegengesetzter Richtung bewegt haben. Kein Versuch wurde hier unternommen, zwischen dem traditionellen Auslandsgeschäft der Banken, wie es vor allem mit der Finanzierung des internationalen Handels in Zusammenhang steht, und den Offshore-Aktivitäten zu unterscheiden, da eine solche Unterscheidung besonders im Falle jener Länder, deren Währung im Offshore-Markt eine große Rolle spielt, kaum möglich ist. Der räumliche Abstand zwischen der Spitze des Pfeils und der Nullinie gibt das Ausmaß der offiziellen Finanzierungstransaktionen an, wie sie sich z. B. aus Interventionen am Devisenmarkt ergeben. Die Säule für die „Übrigen Kapitalbewegungen" wurde als Restposten errechnet und schließt somit die statistisch nicht erfaßbaren Transaktionen ein. Zeigt der Pfeil in dieselbe Richtung wie die Salden der Leistungsbilanz und der übrigen Kapitalbewegungen, so deutet dies im allgemeinen daraufhin, daß die durch die Banken laufenden Kapitalbewegungen eher ungleichgewichtsverstärkend wirkten und tendenziell einen Druck auf das Niveau der Wechselkurse und (außer im Fall der USA) der inländischen Zinssätze ausübten. Weist der Pfeil hingegen in die entgegengesetzte Richtung der zwei anderen Salden und dabei zur Nullinie oder nur wenig über sie hinaus, so deutet dies daraufhin, daß die von den Banken vermittelten Kapitalströme in einem „Ex-post"-Sinne eher ausgleichend und stabilisierend wirkten. Hier ist allerdings vor voreiligen Schlußfolgerungen größte Vorsicht am Platz, da es möglich ist, daß eine solche ausgleichende Rolle der von den Banken vermittelten Kapitalströme
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hauptsächlich das Resultat der Unterordnung der inländischen Zinspolitik gegenüber den internationalen Erfordernissen ist. Um ein abschließendes Urteil abzugeben, müßte jede Situation im einzelnen untersucht werden (einige der Elemente, die für eine solche Beurteilung notwendig wären, sind in der unteren Hälfte der Grafik für die Bundesrepublik wiedergegeben). Aber selbst wenn eine solche Unterordnung der Zinspolitik stattgefunden hat, würde der Umstand, daß gerade die über die Banken laufenden Kapitalströme auf diese zahlungsbilanzorientierte Zinspolitik angesprochen und die anderen Ungleichgewichte ausgeglichen haben, dem internationalen Bankensektor zumindest kein schlechtes Zeugnis ausstellen. Leider fehlt hier der Raum, um auf diese Grafiken, die ja zum Teil für sich selbst sprechen, im einzelnen einzugehen, und wir müssen uns deshalb begnügen, einige wenige Merkmale herauszugreifen. Was erstens einmal auffallt, ist die Größe, welche diese über die Banken laufenden Nettokapitalströme vor allem in den letzten Jahren angenommen haben. Besonders im Falle der Vereinigten Staaten überschreiten sie die Größe der Leistungsbilanzsalden um ein Vielfaches und scheinen einen geradezu dominierenden Einfluß auf das Geschehen an den Devisenmärkten auszuüben. Zweitens, wie kaum anders zu erwarten, scheint es, und zwar besonders im Falle der Bundesrepublik, daß diese über die Banken laufenden Kapitalströme zeitweilig die Ungleichgewichte eher verstärkt und einen destabilisierenden Einfluß ausgeübt haben. So trugen offensichtlich in der zweiten Hälfte der Jahre 1978 und 1979 große Kapitalzuflüsse über die Banken zum unerwünschten starken Aufwertungsdruck der D - M a r k gegenüber dem Dollar bei, während dann im letzten Quartal von 1980 große Abflüsse den ebenso unliebsamen Abwertungsdruck auf die D-Mark verstärkten. Und ebenso dürften im Falle der USA durch die Banken vermittelte Kapitalabflüsse zur geradezu katastrophalen Dollarschwäche im Herbst 1978 und 1979 beigetragen haben. Aber auch an gegenteiligen Beispielen fehlt es nicht. So haben in den letzten zwei Jahren Geldexporte von Seiten der Banken in den USA und Geldanlagen der amerikanischen Nichtbanken in den Offshore-Märkten meist dazu beigetragen, den anderweitigen Überschuß der amerikanischen Zahlungsbilanz auszugleichen und den unerwünscht starken Aufwertungsdruck auf den Dollar zu verringern. Und besonders im Fall der Schweiz scheinen die Kapitalströme über die Banken in den meisten Fällen eine eher stabilisierende Rolle gespielt zu ha^en. Drittens fällt in diesem Zusammenhang auf, wie oft der über die Banken laufende Kapitalverkehr in die den übrigen Kapitalströmen entgegengesetzte Richtung geflossen ist, obwohl man a priori eher annehmen würde, daß beide Arten von Kapitalbewegungen durch die gleichen Faktoren, wie z.B.
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Helmut Mayer
Deutschland Nettokapitalzu- oder -abfliisse über die Banken im In- und Ausland Milliarden US-Dollar
1 Deutscher Konsumentenpreisindex minus US-Konsumentenpreisindex. 2 Dreimonatssatz Euro-DM minus Euro-Dollar. 3 Zinssatz deutscher Staatsanleihen mit zehnjähriger Lauf4 zeit minus Satz vergleichbarer US-Schuldverschreibungen. Interbanksatz in Frankfurt.
Die Bedeutung der Offshore-Finanzmärkte für die inländische Geldpolitik
Vereinigte Staaten
3
20,7
Nettokapitalzu- oder -abflüsse über die Banken im In- und Ausland Milliarden US-Dollar
Linker Maßstab: 0 Leistungsbilanz #}ff> Grundbilanz Zuflüsse I Nettokapitalzu- oder -abflüsse Abflüsse I über die Banken im In- und Ausland 0 _1) Veränderung der offiziellen Nettoreserveposition j Veränderung der Nettoauslandsposition der Banken ) Nettokreditaufnahme des Nichtbankensektors im Ausland
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Rechter Maßstab: logarithmisch Monatsdurchschnitte, Indizes: Dez. 1973=100 Außenwert des Dollars in D-Mark Effektiver Wechselkurs
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Helmut Mayer
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Schweiz Nettokapitalzu- oder -abflüsse über die Banken im In- und Ausland Milliarden US-Dollar
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Zinsdifferenzen und Wechselkurserwartungen, bestimmt werden. Im Falle der Schweiz, wo dieses Phänomen besonders stark hervortritt, mag dies darauf zurückzuführen sein, daß der Offshore-Markt es den Banken leichter macht, jene Gelder wieder in das Ausland zu schleusen, welche aus anderen Erwägungen als Zinsdifferenzen in das Land fließen. Im Falle der Vereinigten Staaten allerdings ist es sehr schwer zu erklären, warum in den letzten zwei Jahren, in denen die amerikanischen Zinsen Rekordhöhen erreichten und in denen auch anderweitig große Kapitalzuflüsse stattfanden, die Nettokapitalabflüsse über den Offshore-Sektor ein geradezu gigantisches Ausmaß annahmen, obwohl kreislaufartige Kapitalbewegungen, welche wir noch im nächsten Abschnitt beschreiben werden, dieses Bild etwas überzeichnet haben mögen. Eins aber steht fest, daß ohne diese gewissermaßen bergauf strömenden und ausgleichenden Kapitalabflüsse von den USA über die Offshore-Märkte der von der amerikanischen Geldpolitik
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Großbritannien Nettokapitalzu- oder -abflüsse über die Banken im In- und Ausland Milliarden US-Dollar Linker Maßstab: 0 Leistungsbilanz ί } ϊ > Grundbilanz Zuflüsse I Nettokapitalzu- oder -abflüsse Abflüsse I über die Banken im In- und Ausland Veränderung der offiziellen Nettoreserveposition I j Veränderung der Nettoauslandsposition der Banken I ) Nettokreditaufnahme des Nichtbankensektors im Ausland
Rechter Maßstab: logarithmisch Monatsdurchschnitte, Indizes: Dez. 1973=100 Außenwert des Pfund Sterling in Dollar Effektiver Wechselkurs ι
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ausgehende Aufwärtsdruck auf die Zinsen und der Abwärtsdruck auf die Wechselkurse in der übrigen Welt noch viel stärker ausgefallen wären. In diesem Sinne hat der internationale Bankensektor in den letzten zwei Jahren eher stabilisierend gewirkt.
IV. Die Offehore-Märkte als Parallelmärkte Um uns nun dem Einfluß der Offshore-Märkte auf die Wirksamkeit geldpolitischer Instrumente zuzuwenden, ergibt sich, wie bereits erwähnt, das Problem daraus, daß die Offehore-Märkte in gewisser Hinsicht einen Parallelmarkt zum inländischen Bankensystem darstellen. Wirtschaftspolitische Instrumente, wie vor allem nichtverzinslichte Mindestreserveerfordernisse, welche den Banken im Inland künstliche Kosten und
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Wettbewerbsnachteile auferlegen, können deshalb ein Ausweichen eines Teils des inländischen Geld- und Kreditkreislaufs in die Offshore-Märkte begünstigen. Der erste Teil dieses Abschnitts versucht einen kurzen allgemeinen Überblick über die wirtschaftspolitische Problematik, die mit dieser Entwicklung verbunden sein kann, zu geben. Im zweiten Abschnitt wird dann kurz darauf eingegangen, welches Ausmaß diese Verlagerung des inländischen Bankgeschäfts ins Ausland im Fall einiger Schlüsselländer tatsächlich angenommen hat.
7. Diese Emigration des inländischen Bankgeschäfts in die Offshore-Märkte kann natürlich innerhalb derselben Bank, ζ. B. zwischen dem Hauptsitz und einer Auslandsniederlassung, stattfinden urid nimmt dann oft nur die Form einer Umbuchung an, wobei diese Umbuchung von inländischen Verbindlichkeiten und Forderungen auf die Auslandsfilialen natürlich auch keine echte Zahlungsbilanzkonsequenzen oder Auswirkungen auf den Devisenmarkt haben muß. trotzdem kann diese Verlagerung des Inlandsgeschäfts in die Offshore-Märkte zu einer Reihe von wirtschaftspolitischen Problemen führen. Erstens kann sie zur Folge haben, daß ein Teil des inländischen Geld- und Kreditkreislaufs nicht mehr in den nationalen Geld- und Kreditstatistiken erscheint, was natürlich die Relevanz der inländischen monetären Aggregate für geldpolitische Steuerungszwecke beeinträchtigen kann. Zweitens kann diese Emigration des Bankgeschäfts, sofern sie mit einer Umgehung der inländischen MindestreserveverpQichtungen verbunden ist, zu einer Erhöhung und Destabilisierung der inländischen Depositen- und Kreditmultiplikatoren führen. Drittens kann diese Ausweichbewegung über die Offshore-Märkte mit unerwünschten Verteilungseffekten verbunden sein. U m den angestrebten monetären Restriktionsgrad im Inland zu erreichen, wird man einen größeren Teil der Anpassungslast auf jene kleineren Banken und Nichtbankenunternehmungen abwälzen müssen, die keinen direkten Zugang zu den Offshore-Märkten haben. Viertens könnten die künstlichen Wettbewerbsvorteile der OffshoreMärkte zu sub-optimalen Bankstrukturen führen. Fünftens muß die Emigration des Bankgeschäfts natürlich nicht immer die Form einer Kreislaufbewegung, d. h. eines gleichzeitigen Kapitalab- und -Zuflusses annehmen und zahlungsbilanzpolitisch neutral sein, sondern kann zeitweise auch zu Nettokapitalab- oder -Zuflüssen beitragen und somit jene
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geldpolitischen Zielkonflikte und Wechselkursprobleme verschärfen, die in Abschnitt I I I dieses Aufsatzes erläutert wurden. Die Gefahr einer Emigration des inländischen Bankgeschäfts und die damit verbundenen Probleme werden sich vor allem in Ländern ergeben, welche folgende Merkmale aufweisen: a) die eigene Währung ist eine der wichtigsten in den Offshore-Märkten verwendeten Währungen — in diesem Fall können Deviseninländer ihre Geschäfte über die Offshore-Märkte abwickeln, ohne über den Devisenmarkt gehen zu müssen; b) die inländischen Banken spielen selbst eine wichtige Rolle in den Offshore-Märkten; c) es bestehen keine Kapitalverkehrskontrollen; d) starke Abstützung der Geldpolitik auf relativ hohe nichtverzinsliche Mindestreserveerfordernisse, also auf jenes Instrument, welches den Banken im Inland auf unmittelbarste Art und Weise einen Kosten- und Wettbewerbsnachteil auferlegt; e) sofern Punkt d) zutrifft, hohe Inflationsraten und damit hohe nominale Zinssätze, denn dadurch, daß der reale Kosteneffekt der nichtverzinslichen Mindestreserven proportional zur Höhe der nominalen Zinssätze zunimmt, stellen diese gewissermaßen eine den Banken auferlegte Inflationssteuer dar. Es ist offensichtlich, daß sich die Aufzählung dieser Merkmale fast wie ein Steckbrief der Vereinigten Staaten und, sofern man von Punkt e) absieht, auch der Bundesrepublik liest. Und es sind auch tatsächlich diese beiden Länder, deren wirtschaftspolitische Instanzen in der Vergangenheit den Offshore-Märkten gegenüber am kritischsten eingestellt waren. Glücklicherweise stehen die Währungsbehörden den sich aus der Emigration des inländischen Bankgeschäfts ergebenden Problemen nicht ganz machtlos gegenüber. Was die Beeinträchtigung der Relevanz der nationalen monetären Aggregate als geldpolitische Zielgrößen betrifft, drängt sich vor allem eine Maßnahme auf: Berücksichtigung der von Deviseninländern in den Offshore-Märkten gehaltenen Liquidität in den inländischen monetären Zielgrößen. I m Falle der Vereinigten Staaten sind erste Schritte in diese Richtung bereits unternommen worden. So schließt die Federai Reserve die von Deviseninländern bei den Offshore-Branches der US-Banken im karibischen Raum gehaltenen Overnight-Deposits in „ M 2 " ein. Andere Euromarkteinlagen werden der inländischen Liquiditätsmenge „ L " zugerechnet. Trotzdem ergeben sich eine Reihe von Schwierigkeiten, was die Vollständigkeit, zeitgerechte Verfügbarkeit und auch die makroökonomische Zuordnung dieser in den Offshore-Märkten gehaltenen Liquidität betrifft, auf die im einzelnen einzugehen hier leider der Raum fehlt. Was aber
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viel schwerer wiegt, ist, daß die Miteinbeziehung dieser Offshore-Liquidität in die inländische Geldmengen- oder Kreditplanung nur das erste der fünf oben erwähnten Probleme ansprechen würde. Ein Versuch, die verschiedenen Nachteile gleichzeitig in den Griff zu bekommen, müßte darauf abzielen, jene wettbewerbspolitischen Verzerrungen zu beseitigen, welche einen künstlichen Anreiz zum Ausweichen des inländischen Bankgeschäfts in die Offshore-Märkte ausüben. Hier scheinen sich auf den ersten Blick drei alternative Strategien anzubieten. Eine dieser Strategien würde darin bestehen, die verschiedenen Regulative und Kontrollen, die im Inland verwendet werden, auch auf die Niederlassungen der heimischen Banken in den Offshore-Märkten auszudehnen. A u f dem Gebiet der Bankenaufsicht wurde oder wird mittels Anwendung des internationalen Konsolidierungsprinzips bereits ein wichtiger Schritt in diese Richtung unternomnmen. Allerdings ist diese Strategie mit einer wesentlichen Schwierigkeit verbunden, die sich aus den großen Unterschieden der in den einzelnen Ländern bestehenden Kontrollmechanismen ergibt. So würden die Banken aus Ländern mit besonders restriktiven und kostenerhöhenden Regulativen in ihrem Offshore-Geschäft im Vergleich zu den Banken anderer Länder stark behindert werden. Dies mag nicht ganz so schlimm sein auf dem Gebiet bankenaufsichtlicher Regelungen, welche ja meistens die Gesundheit der Banken selbst im Auge haben. Aber auf dem Gebiet makroökonomischer Steuerungsinstrumente, wie der Mindestreservevorschriften, würde eine solche international konsolidierte Anwendung nationaler Regelungen die Banken einiger Länder, wie ζ. B. der Vereinigten Staaten und Deutschland, entscheidend benachteiligen und damit zu neuen Verzerrungen und Umgehungsmanövern führen. Eine zweite Strategie, die deshalb in der Vergangenheit von den USA und auch teilweise von der Bundesrepublik befürwortet wurde, würde darin bestehen, alle Banken in den Offshore-Märkten einem einheitlichen Kontrollsystem, wie vor allem einheitlichen Mindestreserveerfordernissen, zu unterstellen. Aber auch diese Vorgehensweise würde infolge der Unterschiede in den nationalen Kontrollsystemen nicht nur bestehende Verzerrungen beseitigen, sondern neue schaffen. Nimmt man realistischerweise an, daß dieses einheitliche Kontrollsystem der Offshore-Märkte kostenmäßig auf eine Art Durchschnitt der nationalen Systeme hinausliefe, würde für Banken in Ländern mit sehr restriktiven Systemen der Anreiz zur Verlagerung dés Geschäfts in die Offshore-Märkte weiterhin bestehen, während im Fall der Banken aus Ländern mit relativ liberalen Systemen eine Repatriierung der Offshore-Aktivitäten begünstigt würde. Hinzu kommt noch, daß die Einführung und Durchsetzung eines solchen gemeinsamen Kontrollsystems unweigerlich mit sehr großen administrativen, technischen und juristischen
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Schwierigkeiten verbunden wären und darüber hinaus Ausweichmanöver der Banken nur sehr schwer zu verhindern wären. Zusammenfassend läßt sich wahrscheinlich sagen, daß beide Strategien nur dann wirklich durchführbar und sinnvoll wären, wenn ihnen eine internationale Harmonisierung der nationalen Kontrollsysteme vorausgehen würde. I n diesem Fall würden auch die Unterschiede zwischen beiden Strategien eingeebnet, die Durchführungsschwierigkeiten abnehmen und auch keine neuen Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Aber wie die meisten Pfade der Tugend ist eine solche internationale Vereinheitlichung der nationalen Systeme infolge der institutionellen Beharrungskräfte und unterschiedlichen Traditionen ein sehr beschwerlicher und steiniger Weg, der viel Energie, Kompromißbereitschaft und Ausdauer erfordert. Und obwohl es infolge der zunehmenden internationalen Integration der Finanzmärkte auf lange Sicht kaum eine Alternative zu einer solchen Harmonisierung geben dürfte, bleibt für die Gegenwart nur eine dritte Strategie übrig, die allerdings auch auf eine Art internationale Harmonisierung hinausläuft, nämlich auf makroökonomischem Gebiet soweit wie möglich auf jene Instrumente zu verzichten, welche den Banken im Inland ein künstliches Kostenhandicap auferlegen. A u f dem Gebiet der Mindestreserveerfordernisse z.B. wäre die Verzinsung der Reserven zu marktähnlichen Zinssätzen ein solcher Schritt, der für sich allein wahrscheinlich einen der wichtigsten künstlichen Anreize für das schnelle Wachstum der OffshoreMärkte weitgehend beseitigen würde; es ließe sich sogar argumentieren, daß eine solche Verzinsung die Wirksamkeit des Mindestreserveinstruments für inländische geldpolitische Steuerungszwecke nicht beeinträchtigen, sondern eher erhöhen würde. Bleibt noch zu erwähnen, daß die Vereinigten Staaten mit dem „New Monetary Control Act", der Anfang 1981 in Kraft trat, einen großen Schritt in diese Richtung getan haben. Nach diesem Gesetz werden die Mindestreserven auf Termineinlagen von Privatpersonen allmählich abgeschafft und jene auf Termineinlagen von Firmen auf 3% reduziert, während 1980, zu einem Zeitpunkt, als die Zinssätze vorübergehend um 20% lagen, die Mindestreserven auf dem Zuwachs solcher Einlagen zeitweise noch 18% betragen hatten.
2.
Die Grafiken auf den folgenden Seiten vermitteln einen Eindruck von der Rolle, welche die Banken im Ausland — natürlich einschließlich der Auslandsfilialen und -töchter der heimischen Banken — als Anlagemedium und Kreditquelle für den inländischen Nichtbankensektor der Vereinigten Staaten, der Bundesrepublik und der Schweiz spielen. Auch hier wurde allerdings
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kein Versuch unternommen, eine (ohnedies kaum mögliche) Unterscheidung zwischen traditionellem internationalen Bankgeschäft und der Rolle der Offshore-Märkte zu machen, aber es besteht kein Zweifel, daß der größte Teil der in diesen Grafiken gezeigten Veränderungen der Auslandsposition des inländischen Nichtbankensektors auf die Existenz der Offshore-Märkte zurückzuführen ist. Eine erste Schlußfolgerung, die sich aufgrund dieser Grafiken aufdrängt, ist, daß sich bisher die Verlagerung inländischer Liquidität zu Banken im Ausland meist in Grenzen gehalten hat. I m Falle der Bundesrepublik haben Einlagen inländischer Nichtbanken bei Banken im Ausland (etwa bei den Tochtergesellschaften deutscher Banken in Luxemburg) bis 1979 kaum eine erwähnenswerte Rolle gespielt und erst in den letzten zwei bis drei Jahren an Bedeutung gewonnen. Obwohl mit ca. 2% ihr Anteil am Gesamtbetrag der von Inländern gehaltenen Liquiditätsmenge weiterhin sehr gering bleibt, wird man die zukünftige Entwicklung natürlich sorgfältig im Auge behalten müssen. Eine wichtigere Rolle scheinen hingegen die Offshore-Märkte für den deutschen Nichtbankensektor als Kreditquelle gespielt zu haben. Wie aus der Grafik ersichtlich, machten besonders die in den letzten zwei Jahren bei Banken im Ausland aufgenommenen Kredite einen nicht unbeträchtlichen Teil des inländischen Kreditwachstums aus. In dem Ausmaß, in dem diese Kreditgewährung aus den Offshore-Märkten an den deutschen Nichtbankensektor mit tatsächlich im Ausland aufgenommenen Geldern finanziert wurde und somit einen echten Kapitalimport darstellte, war sie jedoch in den letzten zwei Jahren aus Zahlungsbilanzgründen sicher nicht unwillkommen. Um eine direkte Umgehung der inländischen Mindestreserveerfordernisse handelte es sich hierbei nicht. Im Falle der USA scheinen im Unterschied zur Bundesrepublik die Offshore-Märkte vor allem eine gewisse Rolle als Anlagemedium gespielt zu haben, während die Kreditaufnahme amerikanischer Deviseninländer im Offshore-Bankensektor meist sehr klein blieb. Die Grafiken vermitteln aber insofern ein unvollständiges Bild, als keine Zahlen für die von den Banken im karibischen Raum gebuchten Kredite an amerikanische Firmen verfügbar sind. Außerdem dürften, gerade im Zusammenhang mit der Verwendung der sogenannten „Libor-Option" bei inländischen Kreditkontrakten, bedeutende kreislaufartige Kreditströme von Banken in den USA zu ihren Auslandsfilialen und von dort über die Auslandstöchter amerikanischer Nichtbankenfirmen zurück in die USA stattgefunden haben. Um eine Umgehung der inländischen Mindestreserveerfordernisse oder echte Kapitalzuflüsse handelt es sich auch hier nicht. Was jedoch die Aufmerksamkeit der amerikanischen Währungsbehörden infolge der Ausrichtung der inländischen Geldpolitik auf monetäre Zielgrö-
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ßen viel mehr erregt hat, sind die Einlagen des amerikanischen Nichtbankensektors bei den Banken in den Offshore-Märkten. Wie die Grafik andeutet, haben diese Einlagen ziemlich stetig zugenommen, obwohl ihr Anteil am gesamten Liquiditätswachstum relativ bescheiden geblieben ist und Ausweichbewegungen innerhalb der Vereinigten Staaten, wie ζ. B. die Bildung der Money-Market-Mutual-Funds, in den Schatten gestellt wurde. Darüberhinaus haben, wie bereits erwähnt, die amerikanischen Geldbehörden begonnen, die von Inländern in den Offshore-Märkten gehaltene Liquidität den inländischen monetären Aggregaten zuzurechen. Hierbei machten Ende 1981 die der Geldmenge M 2 hinzugerechneten Overnight-Deposits bei Banken im karibischen Raum S 6,7 Mrd. oder 0,4% der gesamten Geldmenge M 2 aus. Der der Liquidität„L" zugerechnete Betrag an Offshore-Einlagen belief sich auf S 72,5 Mrd. oder 2,75% der Gesamtliquidität „ L " . Selbst wenn man annimmt, daß dieser Zurechnungsprozeß Lücken aufweist, scheint somit auch im Falle der Vereinigten Staaten die Abwanderung des inländischen Bankgeschäfts an die Offshore-Märkte noch keine dramatischen Dimensionen angenommen zu haben; obwohl die Entwicklung natürlich sorgfaltig im Auge behalten werden muß. In der Schweiz hingegen hat der Rückgriff auf die Offshore-Märkte durch Deviseninländer gemessen an der Entwicklung des inländischen Bankgeschäfts wirklich große Dimensionen angenommen. Trotzdem wurden gerade von diesem Land kaum je Klagen über die diesbezügliche Beeinträchtigung der inländischen Geldpolitik laut. Die Erklärung mag zum Teil darin liegen, daß die Schweiz vielen internationalen Firmen oder ihren Finanzgesellschaften als Domizil dient, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt außerhalb der Schweiz und des Frankens liegt, die aber in den Schweizer Statistiken als Deviseninländer gelten. Tatsächlich lautet im Gegensatz zur Bundesrepublik und zu den Vereinigten Staaten der überwiegende Teil der von Schweizer Deviseninländern bei Banken im Ausland gehaltenen Einlagen nicht auf inländische Währung (d. h. Schweizer Franken), sondern auf Fremdwährung. Vielleicht verbessert der Umstand, daß diese Mittel, die zum Großteil ohneciies kaum sehr stark mit dem Geld- und Kreditkreislauf der Schweizer Volkswirtschaft verbunden sind, nicht in den inländischen monetären Aggregaten enthalten sind, sogar die Relevanz dieser Aggregate als wirtschaftspolitische Leitgrößen. Dies wirft allerdings die schwierig zu beantwortende Frage auf, welchem Land sonst diese von internationalen Firmen in den OffshoreMärkten gehaltene Liquidität hinzugerechnet werden sollte.
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Deutschland Vierteljährliche Veränderungen der nationalen Geld- und Kreditaggregate sowie der Positionen des inländischen Nichtbankensektors gegenüber Banken im Ausland Milliarden US-Dollar
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Schweiz Vierteljährliche Veränderungen der nationalen Geld- und Kreditaggregate sowie der Positionen des inländischen Nichtbankensektors gegenüber Banken im Ausland Milliarden US-Dollar Kreditaufnahme:
„ , . Π] Gesamtsumme der bei Bei inländischen inländischen Banken Banken aufgenommene f i | aufgenommenen Kredite 1 Fremdwährungskredite l l J (Saisonbereinigt) Bei Banken im Ausland aufgenommene Kredite
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