Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen: Diagnostik und Therapie 9783662669587, 9783662669594, 3662669587

Weltweit gehören gastrointestinale Infektionen zu den häufigsten erregerbedingten Erkrankungen überhaupt und zählen zu d

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Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen
1.1 Einleitung
1.2 Klinik
1.3 Sonderfälle und wichtige Differenzialdiagnosen
1.4 Antiinfektive Therapie
1.5 Prophylaxe
Literatur
2 Analyse und Labor
2.1 Präanalytik
2.2 Laboranalytik
2.3 Diagnostischer Algorithmus
Literatur
3 Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen
3.1 Wirkungsweise bakterieller Erreger
3.2 Erreger
3.2.1 Campylobacter
3.2.2 Salmonellen
3.2.3 Shigellen
3.2.4 Enterohämorrhagische E. coli (EHEC) bzw. Shigella toxin producing E. coli (STEC)
3.2.5 Listerien
3.2.6 Clostridioides difficile
Literatur
4 Virale Infektionen
4.1 Norovirus
4.2 Rotavirus
4.3 Adenovirus, Sapovirus und Astrovirus
Literatur
5 Lebensmittelvergiftung
5.1 Toxinbedingte Gastroenteritis
Literatur
6 Diarrhö unter Immunsuppression
6.1 Was ist anders bei einer Diarrhö unter Immunsuppression
6.2 Erreger
6.2.1 Nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM)
6.2.2 Kryptosporidien
6.2.3 Cyclospora
6.2.4 Cytoisospora belli (Isospora belli)
6.2.5 Mikrosporidiose
6.2.6 Rota- und Noroviren
6.2.7 Adenovirus
6.2.8 CMV-Kolitis
Literatur
7 Diarrhö nach einem Tropenaufenthalt
7.1 Was ist anders bei Diarrhö nach einem Tropenaufenthalt?
7.2 Erreger
7.2.1 Amöbiasis
7.2.2 Giardiasis/Lambliasis
7.2.3 Helminthen
7.2.4 Kryptosporidien und Mikrosporidien
Literatur
8 Komplikationen und Folgezustände
8.1 Postinfektiöses Reizdarmsyndrom
8.2 Reaktive Arthritis nach gastrointestinalen Infektionen
Literatur
9 Gastrointestinale Manifestationen sexuell übertragbarer Infektionen
9.1 Sexuell übertragene Erkrankungen
9.2 Häufige Erreger
9.2.1 Chlamydien
9.2.2 Gonorrhö
9.2.3 Humane Papillomaviren
9.3 Andere sexuell übertragbare Infektionen
9.3.1 Syphilis/Lues
9.3.2 Mycoplasma genitalium
9.3.3 Affenpocken (Mpox)
9.3.4 Herpes simplex
9.3.5 CMV
Literatur
10 Infektion mit Helicobacter pylori
Literatur
11 Hepatobiliäre Infektionen
11.1 Akute Cholangitis
11.2 Leberabszess
Literatur
12 Parasitäre Lebererkrankungen
12.1 Wichtige parasitäre Lebererkrankungen
12.2 Echinokokkose
12.2.1 Zystische Echinokokkose (E. granulosus)
12.2.2 Alveoläre Echinokokkose (E. multilocularis)
12.3 Fasziolose
12.4 Ascariasis
Literatur
Stichwortverzeichnis
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Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen: Diagnostik und Therapie
 9783662669587, 9783662669594, 3662669587

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Markus Menges Jens M. Kittner Hrsg.

Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen Diagnostik und Therapie

Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen

Markus Menges · Jens M. Kittner (Hrsg.)

Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen Diagnostik und Therapie

Hrsg. Markus Menges Klinik für Innere Medizin 2 Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall Schwäbisch Hall, Deutschland

Jens M. Kittner Diakonie Klinikum Neunkirchen gemeinnützige GmbH Neunkirchen, Deutschland

ISBN 978-3-662-66958-7 ISBN 978-3-662-66959-4 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-66959-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Susanne Sobich Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort

Beispiel

„Donnerstagnacht um 1 Uhr erwachte ich mit starken Bauchschmerzen und kurz danach ging es los mit dem Erbrechen, das war echt heftig. Kurze Zeit später kam auch Durchfall dazu und ich kam nicht mehr von der Toilette herunter. Am nächsten Tag hatte ich Fieber und es ging mir sehr elend.“ Solche Krankengeschichten kennen wir alle nur zu gut – und haben sie wohl auch selbst schon erlebt. Schließlich kommt es in Deutschland nach Schätzungen des Robert-KochInstitus in einem Jahr zu etwa 35 Mio. Gastroenteritis-Episoden! Ähnlich wie die oberen Atemwege stellt der Gastrointestinaltrakt für Erreger eine attraktive Vermehrungsbasis dar: Es gibt Nährstoffe, nutzbare zelluläre Strukturen für die Replikation, und über die Ausscheidung von (viel flüssigem) Stuhl lässt sich die Infektion weiterer Wirte einfach erreichen. Entsprechend haben sich aus dem Reich der Viren, Bakterien und Einzeller zahlreiche Spezialisten entwickelt, die sich effektiv ausbreiten und dabei zum Leidwesen der menschlichen Spezies ein (unterschiedlich schweres) Krankheitsbild verursachen. Hinzu kommen bakterielle Toxine aus kontaminierten Lebensmitteln, die eine ähnliche, aber in der Regel kürzere Symptomatik hervorrufen. Die Krankheitslast ist nicht unerheblich, gerade bei Kindern ist die Mortalität weltweit hoch. Das Hauptproblem stellt dabei eher die Dehydration dar, weniger der Infekt selbst. In Europa sind vor allem alte Menschen, Patienten mit Immundefizienz und kleine Kinder bedroht. Es ist ein bemerkenswerter Aspekt, dass das menschliche Immunsystem grundsätzlich gut gerüstet ist, mit den meisten Gastroenteritiserregern zurechtzukommen, sodass eine antiinfektive Therapie nur selten erforderlich ist. Eine Sonderstellung nimmt eine Infektion mit Clostridioides difficile ein, die mit einem veränderten Mikrobiom einhergeht und in aller Regel einer antibiotischen Therapie bedarf.

V

VI

Vorwort

Hepatobiliäre Infektionen sind in der Bevölkerung weniger präsent, in der Klinik aber umso bedrohlicher. Die hauptsächlich bakteriellen Infektionen von Leber und Gallenwegen sind ein wichtiges Thema als potenzieller Sepsisfokus. Oft sind in interdisziplinärer Zusammenarbeit Interventionen zur Sanierung erforderlich. Gallea Außerdem wird die Wahl des richtigen Antibiotikums vor dem Hintergrund zunehmender Resistenzen immer wichtiger. Wozu dieses Buch über gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen? Akademisch spannend ist die Interaktion von Wirt und Erreger. Wichtig (und schwierig) ist die Frage der antiinfektiven Therapie. Von großer Bedeutung ist die Präanalytik: Worauf teste ich? Wie bewerte ich die Ergebnisse? Gibt es seltene Erreger, an dich ich vielleicht nicht gedacht habe, bei Immundefekt, nach Reisen? Welche Hygienemaßnahmen sind sinnvoll? Welche Folgeerkrankungen können auftreten? … Unser Anliegen war es, dass dieses Kurzlehrbuch sowohl als „Lesebuch“ dienen kann, welches kurzweilig Zusammenhänge erläutert, gleichzeitig aber auch als Nachschlagewerk nutzbar ist, wenn Sie im klinischen Alltag mit einer spezifischen Fragestellung konfrontiert sind. Wir sind gespannt, ob wir in Ihren Augen diesem Anspruch gerecht wurden und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen. Wir danken allen Mitautoren und vor allem dem Verlag für die geleistete Arbeit und wünschen Ihnen, liebe LeserInnen, viel Freude und Erfolg bei Ihrer medizinischen Tätigkeit! Hinweis Liebe Leserin, lieber Leser, wir haben uns in unserem Buch bei der Bezeichnung von Individuen auf die männliche Grundform beschränkt, um einen möglichst flüssigen Schreib- und damit auch Lesestil aufrecht zu erhalten. Selbstverständlich sind in jedweder Bezeichnung oder Anrede alle männlichen, weiblichen und ggf. nicht-binären Individuen gemeint. Wir hoffen, dass Sie sich damit einverstanden erklären können. Mannheim Neunkirchen/Saar im Dezember 2022

Markus Menges Jens M. Kittner

Inhaltsverzeichnis

1

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Menges, Jens M. Kittner und Martin S. Dennebaum

1

2

Analyse und Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin S. Dennebaum und Jens M. Kittner

9

3

Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carolin Manthey, Martin S. Dennebaum, Markus Menges und Jens M. Kittner

15

4

Virale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Menges und Walter Heise

35

5

Lebensmittelvergiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens M. Kittner

43

6

Diarrhö unter Immunsuppression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Imke Wieters und Maria J. G. T. Vehreschild

47

7

Diarrhö nach einem Tropenaufenthalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Menges

59

8

Komplikationen und Folgezustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Enck, Tatjana Marinoska, Nazar Mazurak, Andreas Schwarting und Andreas Stengel

71

9

Gastrointestinale Manifestationen sexuell übertragbarer Infektionen . . . . Mark Oette

87

10 Infektion mit Helicobacter pylori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schulz und Wolfgang Fischbach

105

VII

VIII

Inhaltsverzeichnis

11 Hepatobiliäre Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin S. Dennebaum, Vincent Zimmer und Markus Menges

113

12 Parasitäre Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin S. Dennebaum und Markus Menges

125

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

133

1

Grundlagen Markus Menges, Jens M. Kittner und Martin S. Dennebaum

1.1

Einleitung

Für viele verschiedene Viren, Bakterien sowie Einzeller stellt die riesige Schleimhautoberfläche des humanen Gastrointestinaltrakts eine attraktive Vermehrungsfläche dar. Gastrointestinale Infektionen sind nach den Atemwegsinfektionen weltweit die zweithäufigste Infektionskrankheit des Menschen. Die WHO gruppiert sie unter die 5 häufigsten Todesursachen ein [1]; die Onlineplattform Statista meldete im Jahr 2019 weltweit 1.152.000 Todesfälle durch Gastroenteritis [2]. Bei gutem Lebensstandard, wie in Deutschland, wird in etwa eine Episode pro Personenjahr beobachtet [3, 4]. Obwohl in den verschiedenen Klimazonen der Erde jeweils unterschiedliche Erreger vorherrschen, ist ein Trend zu einer ubiquitären Verbreitung vieler Erreger zu beobachten dank der internationalen Reise- und Migrationsbewegungen, aber auch durch den „Import“ von Krankheitserregern auf Lebensmitteln – ein großer Ausbruch ereignete sich zum Beispiel durch den Import von Noroviren auf Erdbeeren für Schulkantinen [5]. Die M. Menges (B) Klinik für Innere Medizin 2, Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall, Deutschland E-Mail: [email protected] J. M. Kittner Diakonie Klinikum Neunkirchen gemeinnützige GmbH, Neunkirchen, Deutschland E-Mail: [email protected] M. S. Dennebaum Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland E-Mail: [email protected]

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Menges und J. M. Kittner (Hrsg.), Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66959-4_1

1

2

M. Menges et al.

Nutztierbestände sind fast durchgehend mit humanpathogenen Keimen besiedelt, deren Resistenzlage eher zunimmt, was durch die industrielle Haltungsform begünstigt wird. Um welche Erreger geht es? Nach Meldedaten des Robert-Koch-Instituts waren in Deutschland im Jahr 2021 die Noroviruserkrankungen mit 78.665 gemeldeten Fällen führend, gefolgt von Campylobacter-Enteritis mit 61.526 und Rotavirusinfektionen mit 36.874 Fällen [6]. Salmonellosen, die noch vor 15 Jahren die häufigsten bakteriellen Gastroenteritiden ausmachten, sind auf Platz 5 „abgerutscht“, mutmaßlich durch eine effektive Impfung der Legehennen. Die realen Zahlen dürften mindestens 10-mal so hoch sein, da bei weitem nicht alle Erkrankungen gemeldet werden. Schutz durch natürliches Immunsystem Eine häufige Erkrankung – aber auch ein medizinisches Problem? Eine Gastroenteritis wird in aller Regel erfolgreich vom humanen Immunsystem abgewehrt. welches unter Nutzung diverser Komponenten eine intakte Darmbarriere aufrechterhält bzw. in der Infektsituation eingedrungene Erreger in aller Regel rasch und erfolgreich abwehrt. Die im Darm vorhandene Mikrobiota blockiert die Ansiedlung im Sinne einer Kolonisationsresistenz Die Balance zwischen Darmmukosa, (apathogenem) Mikrobiom, pathogenen Erregern und dem Immunsystem ist komplex und wird wohl maßgeblich durch die intestinalen Epithelzellen gesteuert [7, 8]. 

Viele Durchfallepisoden sind harmlos, aber unangenehm. Anders ist es beim komorbiden Patienten oder/und bei einem Erreger mit ausgeprägten Virulenzfaktoren.

Zunahme von schwerwiegenden gastrointestinalen Infektionen Es wird eine zunehmende Zahl schwerer Verläufe von gastrointestinalen Infektionen in Deutschland gemeldet: Während 2001 etwa 130.000 stationäre Aufnahmen mit dieser Diagnose erfolgten, waren es 2012 mehr als 280.000, bei gleichzeitigem Anstieg der Letalität um Faktor 10. Der Letalitätsanstieg ist vor allem auf den Anstieg der Clostridieninfektionen in der Gruppe der hochbetagten Patienten zurückzuführen [9]. Zum Anstieg dürfte außerdem beitragen, dass unsere Patienten – nicht zuletzt aufgrund erfolgreicher, aber aggressiver Chemotherapie und Immunsuppression – immer älter und kränker und damit gegenüber gastrointestinalen Infektionen vulnerabler werden. Dies erfordert eine differenzierte Betrachtungsweise der zunächst banal erscheinenden Entität „Gastroenteritis“ (Abb. 1.1).

1 Grundlagen

3

Abb. 1.1 Ursache für die Zunahme der Schwere gastrointestinaler Infektionen

1.2

Klinik

Typisch für eine Gastroenteritis ist das akute Einsetzen von Erbrechen und ggf. Durchfällen zusammen mit starker Übelkeit und teils krampfartigen Bauchschmerzen. Fast immer können die Patienten den Zeitpunkt des Beginns ziemlich genau benennen. Fieber und (starke) Abgeschlagenheit können hinzukommen. Die WHO definiert eine Diarrhö als mehr als 3 Stuhlgänge/24 h mit veränderter Konsistenz. Die größte Gefahr besteht für den Patienten in der Exsikkose, wenn der Flüssigkeitsverlust nicht ausgeglichen werden kann – entweder aufgrund unzureichender Trinkmenge beim geriatrischen Patienten oder aufgrund der großen Menge an wässrigem Stuhl, wie es zum Beispiel bei der Cholera zu beobachten ist. Tatsächlich gibt es auch immer wieder Patienten, die keine Nahrung oder Flüssigkeit mehr aufnehmen, unter der Annahme, dass dann auch der Durchfall zurückgeht… Synkopen oder Kollapszustände treten auf und sind ein häufiger Grund für eine Krankenhauseinweisung. Die Exsikkose kann bei alten Menschen bzw. vorgeschädigtem Gehirn zu Vigilanzminderung bzw. Verwirrtheit führen. Aufgrund des Volumenmangels kann es zu einem prärenalen Nierenversagen kommen, ebenso zu Elektrolytentgleisungen, die auch schwer verlaufen können, insbesondere Hypo- oder Hypernatriämie undHypokaliämie. Die „Eindringtiefe“ des Erregers in Darmstrukturen ist unterschiedlich. In Abhängigkeit von (bakteriellen) Pathogenitätsfaktoren und der Schwere der Infektion kommt es zur Destruktion der Schleimhaut, oft gefolgt von Blutbeimischungen im Stuhl. So kann Campylobacter sowohl ein Enterotoxin produzieren, was wässrigen Durchfall zur Folge hat, oder auch ein Zytotoxin, was durch die Gewebszerstörung einen peranalen Blutabgang zur Folge hat [10]. Der Befall von lokalen Lymphknoten im Bereich des Ileozökalpols ist typisch für Yersinia, was die gelegentlich protrahiert auftretenden Schmerzen auch nach Abklingen der Infektion erklärt. Bei viralen Infektionen kommt es nicht zu blutigem Stuhl. Allerdings ist es nicht selten, dass Hämorrhoiden oder eine Fissur unter der Diarrhö und damit einhergehenden

4

M. Menges et al.

„mechanischen Belastung“ anfangen zu bluten mit der dann typisch hellroten Blutauflagerung. Die Koloskopie, die im Medizinbetrieb durch eine Hämatochezie getriggert wird, sollte aber erst nach Abklingen der akuten Infektion durchgeführt werden. 

Unter Risikofaktoren (z. B. Immunseneszenz, Steroide/Immunsuppressiva, maligne Erkrankungen), aber auch in Abhängigkeit von der Erregervirulenz steigt die Gefahr eines schweren Verlaufs, bei dem es auch zu einer Translokation von Bakterien in die Blutbahn im Sinne einer septischen Verlaufsform kommen kann. Bakterielle Absiedlungen an anderen Lokalisationen sind möglich.

1.3

Sonderfälle und wichtige Differenzialdiagnosen

Bauchschmerz, vielleicht auch Erbrechen, hohe Entzündungsparameter – aber kein Durchfall ? In der Klinik wird in dieser Situation in der Regel zur Abklärung zeitnah ein CT-Abdomen durchgeführt. Wichtige Differenzialdiagnosen sind: • • • • • •

ischämische Kolitis Ileus Appendizitis Divertikulitis Cholezystitis Pankreatitis

Clostridioides-difficile-Infektion Darüber hinaus kann es im Rahmen einer schwer verlaufenden Clostridioides-difficileInfektion zu einem lebensbedrohlichen toxischen Megakolon mit massiver Dilatation des Kolons kommen, was typischerweise mit einer Aperistaltik („Totenstille“) einhergeht. Typhus und Paratyphus Die meist als Reiseinfektion mitgebrachten schweren Erkrankungen Typhus und Paratyphus (Salmonella typhi bzw. paratyphi) nutzen den Darm als Eintrittspforte, vermehren sich in den Peyer-Plaques, verursachen aber zunächst keine Diarrhö, sondern eher eine Obstipation. Aufgrund des primär septischen Verlaufs sind die Erreger in der Blutkultur nachweisbar.

1 Grundlagen

1.4

5

Antiinfektive Therapie

Patienten mit Clostridioides difficile (C. diff.) sollen praktisch immer behandelt werden. Gleiches gilt für Patienten mit Zeichen einer Sepsis oder Nachweis einer Bakteriämie. Darüber hinaus existiert so gut wie keine wissenschaftliche Evidenz, wann welcher Patient von einer antibiotischen Behandlung profitieren würde. Vermutlich kann in den meisten Fällen auf eine antibiotische Therapie verzichtet werden, dies gilt sogar für Patienten unter Immunsuppression. Bei schwerem Krankheitsverlauf mit blutiger Diarrhö, starkem Krankheitsgefühl mit deutlich erhöhten Entzündungsparametern und ggf. bei protrahierter Klinik ist eine antibiotische Behandlung empfehlenswert, die natürlich erst nach Asservierung von Material für die infektiologische Diagnostik gestartet werden soll. Bei einzelnen bakteriellen Erregern, z. B. Shigellen, existiert aus epidemiologischen Erwägungen eine Therapieempfehlung.

1.5

Prophylaxe

Neben der Übertragung durch kontaminierte Lebensmittel sind infektiöse Gastroenteritiden überwiegend typische Schmier- bzw. Kontaktinfektionen. Das Risiko einer direkten/indirekten Kontaktübertragung/Folgeinfektion steigt, je geringer die erforderliche Infektionsdosis ist. Einige Durchfallerreger benötigen eine vergleichsweise hohe Infektionsdosis wie Salmonellen mit ca. 100 Keimen, während Shigellen mit einer Infektionsdosis von nur 10 Keimen deutlich ansteckender sind. Hervorzuheben sind die hochinfektiösen Noroviren, die auch durch virushaltige Aerosole, wie sie beim schwallartigem Erbrechen entstehen, übertragen werden können. Hygienemaßnamen Das Robert-Koch-Institut empfiehlt für das private Umfeld zur Verhütung von Folgeinfektionen vor allem eine effektive Händehygiene, d. h. das ganz banale gründliche Waschen der Hände mit Seife nach jedem Stuhlgang, nach dem Wechseln von Windeln und vor der Zubereitung von Mahlzeiten. Gegenstände und Flächen, die mit infektiösen Ausscheidungen der Erkrankten in Berührung gekommen sein könnten, sollten desinfiziert werden. Grundlage der Prävention einer Transmission im Krankenhaus ist die klassische Basishygiene: • konsequente Händedesinfektion • indikationsgerechtes Tragen der persönlichen Schutzausrüstung wie medizinische Einmalhandschuhe, Schutzkittel • im Falle von Norovirusinfektionen auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes • Darüber hinaus sind tägliche Flächendesinfektionen patientennaher Flächen empfohlen.

6



M. Menges et al.

Patienten mit infektiöser Gastroenteritis sollen in Einzelzimmern untergebracht werden. Kohortierungen sind möglich, wenn es sich um den gleichen Erreger handelt.

Lebensmittelhygiene Die Überwachung von lebensmittelverarbeitenden Betrieben ist in Deutschland dezentral organisiert und entsprechend lückenhaft. Kontrollen erfolgen nur stichprobenartig und können allenfalls schwere strukturelle Defizite aufdecken. Darüber hinaus ist die Hygienekompetenz in der heimischen Küche von großer Bedeutung, vor allem das Bewusstsein, dass praktisch alle unbehandelten Lebensmittel aus tierischer Produktion mit humanpathogenen Bakterien belastet sein können [11]. Meldepflicht und Überwachung durch das Öffentliche Gesundheitswesen Zum Schutz der Gemeinschaft ist im „Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen“ (Infektionsschutzgesetz, IfSG) folgendes vorgesehen: 1. An Gastroenteritis Erkrankte sind namentlich innerhalb von 24 h an das zuständige Gesundheitsamt zu melden, „wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang vermutet wird“ – z. B., wenn sie im gleichen Restaurant gegessen haben. 2. Außerdem ist die Berufsanamnese wichtig: Jeder Erkrankte ist zu melden, wenn er/sie in der Verarbeitung von Lebensmitteln tätig ist oder in Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung arbeitet (z. B. Heime, Kindergärten) (§ 6 IfSG). Weitere Meldepflichten sind durch Verordnungen einzelner Bundesländer geregelt. 

§ 7 IfSG regelt die Meldepflicht definierter Erreger durch das nachweisende Labor („Labormeldepflicht“), was in der Regel automatisiert geschieht. Die klinische Meldung (nach §6 IfSG) ist aber die wichtigere! Nur hierdurch können Informationen eines mutmaßlichen Übertragungsgeschehens zusammengeführt werden.

1. Meldepflicht bei Clostridioides difficile: Hier besteht in Deutschland keine Labormeldepflicht, sondern nur eine Arztmeldepflicht: Eine Meldung ist erforderlich, wenn aufgrund von C. diff. die stationäre Aufnahme in ein Krankenhaus oder eine Verlegung von Normalstation auf eine Intensivstation erfolgt, eine OP durchgeführt wird, oder der Patient verstirbt. 2. Es erfolgen die Überwachung und Steuerung durch die örtlichen Gesundheitsämter (immer bezogen auf den Wohnort, nicht den Ort der Meldung). 3. Es ist klar, dass bei Shigellen-Ruhr, Cholera, Typhus, enterohämorrhagischer Escherichia coli (EHEC)-Enteritis und hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) eine strikte Isolation bis zur Negativität von Stuhlkulturen gefordert wird. Wenn aber, wie in der

1 Grundlagen

7

Mehrzahl der Gastroenteritisfälle, kein Keimnachweis gelingt, gilt, dass Gemeinschaftseinrichtungen 48 h nach dem Abklingen klinischer Symptome wieder aufgesucht werden dürfen. Entsprechende Empfehlungen zum Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen und Arbeitswiederaufnahme werden vom Robert-Koch-Institut gemäß § 34 IfSG erstellt und aktualisiert. Geht es lediglich um eine Rückverlegung eines Patienten mit stattgehabter Gastroenteritis (ohne Keimnachweis) in eine Heimunterbringung, so kann gemäß der Leitlinie für Gastrointestinale Infektionen der behandelnde Arzt entscheiden, ob noch eine Isolationspflicht besteht. Es ist zwar anzunehmen, dass auch nach Sistieren der Diarrhö noch Erreger ausgeschieden werden (z. B. nach einer Campylobacterenteritis 2–4 Wochen, C. diff. für mehrere Wochen), aber dass durch die deutlich geringere Konzentration und eine bessere Kontrollierbarkeit der Stuhlgänge keine wesentliche Infektionsgefahr für die Umgebung mehr besteht. Auf eine gute Hygiene ist umso mehr zu achten. Dauerausscheider 2–5 % der Infizierten mit Salmonella typhi oder Salmonella paratyphi scheiden die Erreger länger als 6 Monate im Stuhl aus. Sie stellen ein epidemiologisch relevantes Erregerreservoir dar. Regelmäßig kann bei Naturkatastrophen beobachtet werden, dass schwere bakterielle Infektionen „wie aus dem Nichts“ auftreten, wenn Trinkwasser mit menschlichen Fäkalien kontaminiert wird. Eine Persistenz vor allem in den Gallenwegen, die selbst nach der Sanierung von Gallensteinen vorkommt, scheint die Ursache zu sein [12]. Offenbar sind die Erreger in der Lage, das Immunsystem des Wirts fein zu modulieren und erreichen dadurch eine Persistenz auf niedrigem Niveau [13]. In einem solchen Fall erfolgt das weitere Vorgehen in Absprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt unter wiederholten Stuhlkulturen. In Einzelfällen wird eine medikamentöse Sanierung mit Ceftriaxon für 2 Wochen bzw. mit Ciprofloxacin für 4 Wochen durchgeführt. Für Virusinfektionen ist ein solcher „Carrier-Status“ nur bei Immunsuppression beschrieben (Kap. 6).

Literatur 1. World Health Organization (WHO): Diarrhoeal disease. http://www.who.int/mediacentre/factsh eets/fs330/en/. Zugegriffen: 2. Mai 2023 2. Statista Report: Häufigste Todesursachen weltweit, R. Radtke, Mai 2019 3. Adlam SB, Perera S, Lake RJ, Campbell DM, Williman JA, Baker MG (2011) Acute gastrointestinal illness in New Zealand: A community study. Epidemiol Infect 139(2):302–308. https:/ /doi.org/10.1017/S0950268810000932 4. Wilking H, Spitznagel H, Werber D, Lange C, Jansen A, Stark K (2013) Acute gastrointestinal illness in adults in Germany: A population-based telephone survey. Epidemiol Infect 141(11):2365–2375. https://doi.org/10.1017/S0950268813000046

8

M. Menges et al.

5. Bernard H, Faber M, Wilking H, Haller S, Höhle M, Schielke A, Ducomble T, et al (2014) Large multistate outbreak of Norovirus Gastroenteritis Associated with Frozen Strawberries, Germany, 2012. Euro Surv: Bull Euro Sur Les Maladies Trans 19(8). https://doi.org/10.2807/ 1560-7917.ES2014.19.8.20719 6. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch des Robert-Koch-Instituts Berlin 2019 7. Turner JR (2009) Intestinal mucosal barrier function in health and disease. Nat Rev Immunol 9(11):799–809. https://doi.org/10.1038/NRI2653 8. Soderholm AT, Pedicord VA (2019) Intestinal epithelial cells: At the interface of the microbiota and mucosal immunity. Immunology 158(4):267–280. https://doi.org/10.1111/IMM.13117 9. Lynen Jansen P, Stallmach A, Lohse AW, Lerch MM (2014) Development of gastrointestinal infectious diseases between 2000 and 2012. Z Gastroenterol 52(6):549–557 10. Wysok B, Wojtacka J, Wiszniewska-Łaszczych A, Sołtysiuk M, Kobuszewska A (2022) The enterotoxin production and antimicrobial resistance of campylobacter strains originating from slaughter animals. Pathogens 11(10):1131. https://doi.org/10.3390/PATHOGENS11101131 11. Koch, AK, Mønster, D, Nafziger, J, Veflen, N (2022) Food safety related efficacy beliefs, behaviors, beliefs in myths, and the effects of educational online interventions: Data from an online survey experiment with 1,973 consumers from Norway and the UK. Data Brief 42:108102. https://doi.org/10.1016/J.DIB.2022.108102 12. Foster, N, Tang, Y, Berchieri, A, Geng, S, Jiao, X, Barrow, P (2021) Revisiting persistent salmonella infection and the carrier state: What do we know? Pathogens (Basel, Switzerland) 10(10):1299. https://doi.org/10.3390/PATHOGENS10101299 13. Ruby T, Mclaughlin L, Gopinath S, Monack D (2012) Salmonella’s long-term relationship with its host. FEMS Microbiol Rev 36(3):600–615. https://doi.org/10.1111/J.1574-6976.2012.003 32.X

2

Analyse und Labor Martin S. Dennebaum und Jens M. Kittner

2.1

Präanalytik

Die klinische Verdachtsdiagnose ist gestellt, ebenso die Indikation zur weiteren Diagnostik. Jetzt geht es an die Präanalytik, damit die Fragen durch die Laboruntersuchungen auch adäquat beantwortet werden können: • Welches Probenmaterial ist nötig? • Wie viele Proben müssen gewonnen werden, um eine verlässliche Aussage treffen zu können? • Sind die Transportbedingungen in Ordnung? Probenmaterial Zur Diagnostik infektiöser Gastroenteritiden werden frisch gewonnene Proben durchfälligen Stuhls untersucht. Hierzu ist eine ca. walnussgroße Menge Stuhl (ca. 3–5 ml) erforderlich. Üblicherweise liegt dem Transportröhrchen ein entsprechender Löffel bei. In Ausnahmefällen kann auch ein Rektalabstrich durchgeführt werden, für den, zumindest bei Kindern, eine vergleichbare Sensitivität beschrieben worden ist [1].

M. S. Dennebaum Institut für Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland E-Mail: [email protected] J. M. Kittner (B) Diakonie Klinikum Neunkirchen gemeinnützige GmbH, Neunkirchen, Deutschland E-Mail: [email protected]

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Menges und J. M. Kittner (Hrsg.), Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66959-4_2

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M. S. Dennebaum und J. M. Kittner

Eine möglichst früh gewonnene Stuhlprobe ist von Vorteil. Es ist zu erwarten, dass mit dem Einsetzen einer Immunantwort und spätestens mit dem Nachlassen der Durchfälle die Erregerdichte im Stuhl deutlich abnimmt. Anzahl der Stuhlproben Wie viele Stuhlproben sind erforderlich? Für den kulturellen Nachweis darmpathogener Bakterien erreicht man bereits mit einer Stuhlprobe eine gute Aussagekraft, mit einer zweiten (oder dritten) Probe ist der Zugewinn an Genauigkeit nur gering [2, 3]. Studien zeigen eine Stuhlkulturpositivenrate mit bakteriellen Erregern nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich [5]. Dies trifft auch für Clostridioides difficile zu: Der Suchtest „Glutamatdehydrogenase“ hat einen negativen prädiktiven Wert von 99,1%, d. h., wenn ein Test negativ ist, liegt mit hoher Sicherheit wirklich keine C.-diff.-Besiedlung vor. Allerdings können Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen bereits bei geringerer Erregermenge unter klinischen Symptomen leiden, sodass in dieser besonderen Situation eine wiederholte Testung sinnvoll ist [4]. Besteht allerdings der Verdacht auf eine Parasitose, so sollten wenigstens 3 Stuhlproben auf Wurmeier und -teile untersucht werden: Die Erregermenge ist gering und wechselnd. Transportbedingungen: Transportmedien wie das (Cary-Blair-Medium=Dinatriumhydrogenphosphat, Natriumthioglycolat, Natrium- und Kalziumchlorid) kann die Ausbeute verbessern, vor allem bei längeren Transportzeiten und dem Verdacht auf besonders empfindliche darmpathogene Erreger wie Shigellen oder Choleravibrionen. Es wird aber auch für PCR und Antigentests empfohlen. 

Hier ist es sinnvoll, sich mit Ihrem Labor abzustimmen!

SAF-Medium (Natriumacetatformaldehyd) ist für parasitologische Untersuchungen (Parasiten, Wurmeier) erforderlich, weil es das Material konserviert, sodass es sogar noch Monate später mikroskopiert werden könnte. Native Darmbiopsien werden für die Diagnostik von Zytomegalievirus, Mycobacterium tuberculosis oder avium-Komplex und Tropheryma whipplei benötigt. Diese sollten mit etwas steriler Kochsalzlösung versetzt werden. Frische native Stuhlproben (idealerweise noch warm!) sind notwendig für den Nachweis von Strongyloides stercoralis und Entamoeba histolytica (jeweils mikroskopisch). Es wird auf vitale Strongyloides-Larven bzw. die pathognomonischen hämatophagen Trophozoiten von Entamoeba histolytica untersucht (vorherige Rücksprache mit dem Labor erforderlich; es existieren für diese Erkrankungen weitere diagnostische Verfahren). Bei Untersuchungen von Galleaspirat kann das Material nativ in die Mikrobiologie verbracht werden (z. B. in einer sterilen verschlossenen Spritze)..

2 Analyse und Labor

11

Soll ein Helicobacter pylori in Kultur gebracht werden, um eine Resistenztestung durchzuführen, ist darauf zu achten, die Biopsate der Magenschleimhaut (wenn möglich) warm ins Labor zu bringen, andernfalls muss ein spezielles Transportmedium verwendet werden (z. B. BD Port-A-Cul). Der Erreger ist darüber hinaus sehr empfindlich gegenüber einer Sauerstoffexposition. Transportbedingungen: Transportlogistik Stuhlproben sollten möglichst am selben Tag verarbeitet werden. Wenn dies nicht möglich ist, sollten sie bis zur Verarbeitung gekühlt (Kühlschranktemperatur, ca. 4°C) gelagert werden. Für kulturunabhängige Verfahren (z. B. Antigentests, molekularbiologische Untersuchungen) ist eine längere Transportzeit weniger problematisch.

2.2

Laboranalytik

Umso gezielter ein Test eingesetzt wird, d. h. umso höher die Vortestwahrscheinlichkeit, desto höher ist auch seine Aussagekraft. Mit anderen Worten: die Indikationsstellung zum Test muss zur Fragestellung passen. Kulturelle Nachweisverfahren Kulturelle Nachweisverfahren sind der Standard für die Diagnostik bakterieller Durchfallerreger. Hierzu wird die Stuhlprobe auf (selektive) Agarplatten ausgestrichen und 24 bzw. 48 Stunden unter speziellen Bedingungen (Temperatur, CO2 -Konzentration) bebrütet. Danach werden die Platten begutachtet und bei suspekten Kolonien die Spezies bestimmt, z. B. mittels Bunter Reihe oder MALDI-TOF-Massenspektrometrie. Eine Resistenztestung benötigt weitere 24 Stunden. Antigennachweise Breite Anwendungsmöglichkeiten bieten Antigennachweise für Bakterien, Viren und Parasiten, bei denen in einfachen Testkits Antigene von Pathogenen im Stuhl nachgewiesen werden können. Die Sensitivität liegt meist deutlich unter jener der PCR. Molekularbiologische Untersuchungen Kulturelle Nachweisverfahren sind zwar vergleichsweise günstig, allerdings dauert es bis zum Ergebnis mitunter mehrere Tage. Alternativ können innerhalb weniger Stunden Nukleinsäureamplifikationstests (meist PCR) durchgeführt werden, meist als sog. Multiplex-PCR, bei denen bis zu 20 verschiedene Darmpathogene (Bakterien, Viren und Parasiten) getestet werden.

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M. S. Dennebaum und J. M. Kittner

Die Nachweisraten sind im Vergleich zu konventionell-kulturellen Ansätzen deutlich höher. Bemerkenswert ist allerdings, dass bei bis zu einem Drittel der in Studien per Multiplex-PCR untersuchten Patienten mehr als ein Gastroenteritiserreger gefunden wurde. 

Es ist häufig völlig unklar, welcher der nachgewiesenen Erreger pathogenetisch eine Rolle spielt.

Daher muss die Methode nach aktuellem Stand als „hypersensitiv“ gelten. Sie kann zum Einsatz kommen, wenn bei einem schwerkranken Patienten rasch ein Erreger gefunden werden muss. Hier müssen noch Erfahrungen gewonnen und gesammelte Daten wissenschaftlich analysiert und werden. Darüber hinaus ist die Methode noch nicht flächendeckend verfügbar. Mikroskopie Die Mikroskopie ist vor allem für die parasitologische Stuhldiagnostik von großem Nutzen. Es kommen verschiedene Färbungen zum Einsatz (modifizierte Ziehl-NeelsenFärbung oder Kinyoun-Färbung zum Nachweis von Kokzidien, Trichrom-Färbung oder Fluoreszenzfarbstoffe zum Nachweis von Mikrosporidien). Ein besonderes Verfahren wird in der Diagnostik der Strongyloidiasis (Befall durch den Zwergfadenwurm) eingesetzt. Hierzu wird eine frische native Stuhlprobe in ein Wasserbad gelegt. Mit Licht und Wärme werden die lebendigen Larven in das Wasser gelockt und lassen sich im Zentrifugat des Wassers mikroskopisch nachweisen (Baermann-Test). Serologie Die Serologie hat keine Bedeutung in der Abklärung der akuten infektiösen Gastroenteritis, kann aber zur Abklärung bei epidemiologischen Fragestellungen nützlich sein. Bei einigen parasitologischen Fragestellungen mit schwierigem Direktnachweis und längeren Verläufen kann die Serologie ebenso Hinweise geben (z. B. Strongyloidiasis, Schistosomiasis).

2.3

Diagnostischer Algorithmus

Indikation zur Diagnostik Es ist niemandem geholfen, wenn ein Erregernachweis geführt, der Patient aber bereits wieder genesen ist und den Besprechungstermin beim Arzt vielleicht gar nicht mehr wahrnimmt! Die aktuelle Leitlinie ([6]) schreibt dazu:

2 Analyse und Labor

13

Eine Erregerdiagnostik soll nur dann durchgeführt werden, wenn sich aus dem Ergebnis erwartungsgemäß medizinische, organisatorische oder melderechtliche Konsequenzen ergeben.

Allerdings sollte bei Verdacht auf eine infektiöse Gastroenteritis insbesondere in folgenden Situationen eine Erregerdiagnostik erfolgen: • blutige Diarrhö • schweres Krankheitsbild (z. B. Fieber, Dehydrierung, systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS]/Sepsis, hämolytisch-urämisches Syndrom [HUS]) • Dauer der Diarrhö länger als 14 Tage • Komorbiditäten, die bei einer infektiösen Gastroenteritis mit einem erhöhten Komplikationsrisiko assoziiert sind • Immundefizienz • nosokomiale Diarrhö • Tätigkeit in Nahrungsmittelverarbeitung oder Gemeinschaftseinrichtung • Fallhäufung (≥2 Fälle) mit vermutetem epidemiologischem Zusammenhang Eine Erregerdiagnostik soll auch immer vor einer etwaigen kalkulierten Antibiotikatherapie durchgeführt werden, um eine antiinfektive Therapie ggf. zu fokussieren bzw. bei Nachweis viraler Erreger auch rasch wieder abzusetzen. Auf welche Erreger testen? Diagnostik in Stufen Die Basisdiagnostik bei ambulant erworbener Gastroenteritis in Deutschland umfasst die Stuhluntersuchung auf Campylobacter, Salmonellen und Noroviren. Bei Patienten, die älter als 60 Jahre sind, soll zusätzlich auf Rotavirus getestet werden. Bei nosokomialer Diarrhö mit Verdacht auf Clostridioides-difficile-Infektion soll eine sensitive Diagnostik zum Nachweis der toxigenen C. diff.-Infektion erfolgen. Bei Reiserückkehrern aus den Tropen und bei Immunsuppression sind zahlreiche weitere Erreger zu berücksichtigen (Kap. 6 und 7). Die weitere Diagnostik soll dann zielgerichtet und stufenweise anhand der klinischen Wahrscheinlichkeiten erfolgen, ein festes Schema kann hier nicht vorgegeben werden.

Literatur 1. Kotton CN, Lankowski AJ, Hohmann EL (2006) Comparison of rectal swabs with fecal cultures for detection of Salmonella typhimurium in adult volunteers. Diagn Microbiol Infect Dis 56:123– 126 2. Rohner P, Pittet D, Pepey B et al (1997) Etiological agents of infectious diarrhea: implications for requests for microbial culture. J Clin Microbiol. 35:1427–1432

14

M. S. Dennebaum und J. M. Kittner

3. Valenstein P, Pfaller M, Yungbluth M (1996) The use and abuse of routine stool microbiology: a College of American Pathologists Q-probes study of 601 institutions. Arch Pathol Lab Med 120(2):206–211 4. Deshpande A, Pasupuleti V, Patel P et al (2012) Repeat stool testing for Clostridium difficile using enzyme immunoassay in patients with inflammatory bowel disease increases diagnostic yield. Curr Med Res Opin 28(9):1553–1560 5. Lee JY, Cho SY, Hwang HSH., Ryu JY, Lee J, Song I, Kim BJ, Kim JW, Chang SK, Choi CH (2017) Diagnostic yield of stool culture and predictive factors for positive culture in patients with diarrheal illness. Medicine 96(30):e7641. https://doi.org/10.1097/MD.0000000000007641 6. Leitlinie der DGVS Gastrointestinale Infektionen und M. Whipple (2023)

3

Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen Carolin Manthey, Martin S. Dennebaum, Markus Menges und Jens M. Kittner

3.1

Wirkungsweise bakterieller Erreger

Die krankmachende Wirkung von Bakterien basiert maßgeblich auf der Wirkung von Toxinen. Enterotoxine wirken direkt auf Zellen des Gastrointestinaltrakts und bewirken eine aktive Flüssigkeitssekretion, was als sekretorische Diarrhö bezeichnet wird. Potenzieller Nutzen für den Erreger ist die verstärkte Verbreitung über einen unkontrollierbaren Durchfall. Prototyp ist das Toxin von Vibrio cholerae. Vergleichbar, wenngleich schwächer wirksam, ist das von enterotoxischen Escherichia coli (ETEC) produzierte Toxin. Zytotoxine wie das Shigatoxin von Shigella dysenteriae und von EHEC induzieren den Zelltod von Endothelzellen. Der Gefäßschaden führt im Darm zu einer blutigen Diarrhö, darüber hinaus kann es in anderen Organen, vor allem in Niere und zentralem Nervensystem (ZNS) ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) auslösen. C. Manthey Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie, Zentrum für Innere Medizin, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] M. S. Dennebaum Institut für Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Menges Klinik für Innere Medizin 2, Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall, Deutschland J. M. Kittner (B) Diakonie Klinikum Neunkirchen gemeinnützige GmbH, Neunkirchen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Menges und J. M. Kittner (Hrsg.), Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66959-4_3

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C. Manthey et al.

Neurotoxine werden von einigen Stämmen von Staphylococcus aureus, Bacillus cereus und von Clostridium botulinum produziert. Die Toxine wirken unmittelbar auf das ZNS und induzieren dort Erbrechen. Teilweise kann Durchfall hinzukommen. Die Symptome setzen meist schlagartig innerhalb 1–6 h nach oraler Aufnahme des jeweiligen Toxins ein. Eine Vermehrung der Erreger im Magen-Darm-Trakt findet nicht mehr statt. Anders wirkt das Botulinustoxin von C. botulinum, welches beim Botulismus zur Paralyse führt, indem es die Ausschüttung von Acetylcholin aus präsynaptischen Vesikeln hemmt.

3.2

Erreger

3.2.1

Campylobacter

Campylobacter ist in Deutschland mittlerweile der häufigste bakterielle Auslöser von Gastroenteritiden, hauptsächlich C. jejuni und C. coli. Es handelt sich um gramnegative Bakterien mit stäbchenförmiger spiraliger Gestalt. Klinisches Bild Campylobakterien besiedeln den Gastrointestinaltrakt vieler Tiere, vor allem von Geflügel. Infektionen des Menschen werden meist durch unzureichend erhitztes Hühnerfleisch (nicht aber durch die Eier) verursacht. Ein weiterer typischer Übertragungsweg ist der Konsum von „Rohmilch“ oder von rohem Hackfleisch. Selten kommt es zur Infektion über kontaminiertes Oberflächenwasser oder durch infizierte Haustiere. Es sind auch direkte Übertragungen von Mensch zu Mensch möglich, insbesondere unter Kindern [2]. Ein Großteil der Fälle ereignet sich in den Sommermonaten [1]. Die Inkubationszeit ist kurz und beträgt in der Regel 2–5 Tage, in Einzelfällen 1–10 Tage. Die mittlere Ausscheidungsdauer kann 2–5 Wochen betragen [3]. Die Krankheitsschwere variiert erheblich: Während viele Infizierte asymptomatisch bleiben, kommt es bei einigen zu einer schweren Erkrankung mit Fieber, Bauchschmerzen und hochfrequenter, breiig bis wässriger Diarrhö, die dann auch blutig sein kann. Etwa ein Drittel der Patienten berichtet, 12–24 h vor Beginn der enteritischen Symptome Prodromi gehabt zu haben, typischerweise mit Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien und Müdigkeit. Die Krankheit dauert in der Regel wenige Tage bis eine Woche. Bei immungeschwächten Personen, z. B. mit fortgeschrittener HIV-Infektion, wurden Einzelfälle mit protrahierten Verläufen beschrieben [4]. In weniger als 1 % der Fälle kommt es zu einer Bakteriämie, wiederum bei Patienten mit Immunsuppression oder schweren Begleiterkrankungen [5].

3 Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen



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Als seltene Komplikation können im Verlauf eine reaktive Arthritis, ein Guillain-Barré-Syndrom (GBS) oder eine Myokarditis auftreten [6]. Eine antibiotische Therapie schützt wahrscheinlich nicht vor diesen postinfektiösen Komplikationen.

Diagnostik Campylobacter kann mit Selektivmedien sowohl aus dem Stuhl wie aus Lebensmittelproben nachgewiesen werden. Häufig werden der Bolton Campylobacter-selektive Agar und der modifizierte Kohle-Cefoperazon-Deoxycholate (mCCDA) Agar verwendet. Das selektive Wachstum von Campylobacter beruht auf der intrinsischen Resistenz gegenüber bestimmten Antibiotika (unter anderem Cefoperazon, Vancomycin, Trimethoprim) [7]. Sowohl C. jejuni als auch C. coli sind thermophil, d. h. sie wachsen idealerweise bei 42°C, und sind mikroaerophil (Wachstum bei 5–10 % Sauerstoffkonzentration) [8]. Durch PCR und Antigennachweis mittels EIA lässt sich die Sensitivität weiter erhöhen. Kommerzielle EIA-Kits können eine Sensitivität bis >98 % erreichen, mit der Einschränkung einer Kreuzreaktion zwischen einzelnen Campylobacter-Spezies [9]. In der Klinik werden häufig (Multiplex)-PCR-Methoden angewandt, die durch den Goldstandard der kulturellen Anzüchtung ergänzt werden, was auch eine Resistenztestung ermöglicht [2]. Differenzialdiagnose Andere Durchfallerreger, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (in der Regel differenzierbar aufgrund eines längeren klinischen Verlaufs mit meist schleichendem Beginn) sind mögliche Differenzialdiagnosen. Therapie und Prognose Wie bei vielen Diarrhöerregern kommt es auch bei der Campylobacterinfektion in der Regel zur Spontanheilung. Studien zeigen zwar eine verkürzte Erkrankungsdauer unter Antibiose, der Zusatznutzen ist aber gering und die Entscheidung zur antibiotischen Therapie daher individualisiert zu treffen [10]. Campylobacter als häufigster Durchfallerreger in Deutschland sollte bei empirischer Therapie immer Berücksichtigung finden. Mittel der Wahl ist Azithromycin (3 Tage 500 mg/Tag oder als Einmalgabe 1 g p.o.). In Ausnahmefällen (unter Berücksichtigung der Nebenwirkungs-Problematik von Fluorchinolonen) kann bei nachgewiesener Suszeptibilität Ciprofloxacin 1 g/Tag p.o. für 3 Tage eingesetzt werden. Die Resistenzraten gegenüber Chinolonen sind weiter steigend. Cephalosporine zeigen eine unzureichende Aktivität gegenüber Campylobacter und sind daher nicht zur Therapie geeignet [11]. 

Die Campylobacterenteritis ist häufig. Sie wird durch kontaminierte tierische Produkte übertragen. Der Verlauf ist nur selten schwer, die Heilung in der Regel spontan. Reaktive Arthritis und GBS können folgen.

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C. Manthey et al.

3.2.2

Salmonellen

Salmonellen sind breiten Schichten der Bevölkerung als typische Lebensmittelinfektion bekannt. Es handelt sich um gramnegative begeißelte gerade Stäbchen, die eng mit E. coli verwandt sind. Klinisches Bild Auch hier liegt das Erregerreservoir bei besiedelten Tierbeständen, vor allem bei Geflügel. Die Infektion erfolgt durch orale Erregeraufnahme (Eier, rohes Fleisch bzw. nicht oder nicht ausreichend erhitzte Fleischerzeugnisse). Selten kommt es zur Übertragung durch direkte Kontaket mit Tieren, z. B. in Streichelzoos oder von als Haustiere gehaltenen Reptilien, die sehr oft besiedelt sind [13]. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist sehr selten [14]. Die Zahl der durch Salmonellen verursachten Enteritiden ging in den letzten Jahren deutlich zurück, mutmaßlich aufgrund der Durchimpfung der Geflügelbestände. 

Die beiden häufigsten Salmonellenserovare, die im Rahmen der IFSGMeldepflicht an das Robert Koch-Institut gemeldet werden, sind S. enteritidis (ca. 42 %) und S. typhimurium (ca. 34 %) [12].

Von diesen „harmlosen“ Enteritiserregern sind die typhoidalen Salmonellen (S. typhus, S. paratyphus) abzugrenzen, die regelhaft eine schwere systemische Infektion hervorrufen, in Deutschland aber nur in geringer Fallzahl als importierte Reisekrankheit zu beobachten sind. Die Inkubationszeit der Salmonellenenteritis beträgt 6–72 h, in der Regel 12–36 h. Sie ist abhängig von der Infektionsdosis und dem Serovar [13]. Die Salmonellose manifestiert sich meist als akute Darmentzündung mit plötzlich einsetzendem Durchfall, Kopf- und Bauchschmerzen, Unwohlsein und manchmal Erbrechen. Häufig tritt leichtes Fieber auf. In den meisten Fällen handelt es sich um einen selbstlimitierenden Verlauf, wobei die Körpertemperatur sich nach 48–72 h normalisiert und die Diarrhö innerhalb von 4–10 Tagen sistiert. In seltenen Fällen (< 5 %) kann es zu einer Bakteriämie mit fokalen Absiedlungen der Erreger kommen (Abszesse, Osteomyelitis, septische Arthritis, Cholezystitis, Endokarditis, Meningitis, Perikarditis, Pneumonie, Pyodermie oder Pyelonephritis), insbesondere bei älteren und abwehrgeschwächten Patienten [16, 17]. Die Ausscheidung von Enteritissalmonellen dauert bei Erwachsenen im Durchschnitt einen Monat, bei Kindern 38,5°C) und/oder bei Nachweis der Erreger in den Blutkulturen eine antimikrobielle Therapie erfolgen. Unabhängig vom Vorliegen einer Bakteriämie oder der Schwere der Erkrankung können alle Patienten mit Risikofaktoren, die für einen schweren Verlauf prädisponieren (z. B. angeborene oder erworbene Immundefekte, Immunsuppression, Tumorerkrankung, Hämodialyse), ebenfalls eine Antibiotikatherapie erhalten. Auch das Alter spielt eine Rolle für die Schwere der Erkrankung: So konnte gezeigt werden, dass es in bis zu 25 % der Patienten, die älter als 50 Jahre waren und eine Salmonellenbakteriämie aufwiesen, zu einer sekundären bakteriellen Arteriitis (vor allem der abdominellen und thorakalen Aorta) oder einer Endokarditis kam. Gefährdet sind hierbei insbesondere Patienten mit Vorerkrankungen wie Arteriosklerose, Diabetes mellitus, angeborenen oder erworbenen Immundefekten, Hämoglobinopathien oder Leberzirrhose [19, 20]. Auch Gelenkprothesen scheinen das Risiko für schwere systemische Verläufe und septische fokale Absiedlungen zu erhöhen [21]. Bei

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C. Manthey et al.

Kindern mit Sichelzellkrankheit sind gehäufte Fälle von septischer Salmonellenarthritis beschrieben [22]. Die antimikrobielle Therapie sollte primär mit Ceftriaxon (2 g/Tag i.v.) erfolgen, alternativ kann Azithromycin 500 mg/Tag p.o. gegeben werden. Die Therapiedauer beträgt 5–7 Tage [23]. Der Stellenwert von Ciprofloxacin muss aufgrund der steigenden Resistenzraten und der Nebenwirkungen sehr kritisch gesehen werden; laut aktuellem Bericht des Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA; [70]) liegt die Rate für eine Ciprofloxacinresistenz je nach Serotyp bei 13,1 % (S. enteritidis) bzw. 5,9 % (S. typhimurium). Besteht ein erworbener oder angeborener Immundefekt, soll die Therapiedauer (mindestens) 14 Tage betragen (Expertenmeinung) [24]. Bei Patienten mit HIV-Infektion mit invasiver Salmonelleninfektion wird eine Therapiedauer von 2–6 Wochen empfohlen [25]. Auch in Fällen von fokalen Absiedlungen muss die Therapiedauer je nach Organbefall individuell festgelegt werden. Wie lange werden Salmonellen nach einer Infektion ausgeschieden? Bei gesunden Erwachsenen sind dies im Durchschnitt 4 Wochen ab Beginn der Infektion, in seltenen Fällen bis zu einem Jahr. In weniger als 1 % der Fälle beträgt die Ausscheidungsdauer länger als ein Jahr (sogenannte Dauerausscheider) [15, 26]. Das Risiko für eine verlängerte Ausscheidung von nichttyphoidalen Salmonellen erhöht sich, wie oben beschrieben, durch eine antibiotische Therapie der initialen Infektion [27]. Wie sollen Dauerausscheider behandelt werden? Für nichttyphoidale Salmonellen liegen keine Studiendaten vor, sodass auf Studien mit typhoidalen Salmonellen zurückgegriffen werden muss. Eine 4-wöchige Therapie mit Fluorchinolonen (z. B. Ciprofloxacin) erreichte hier eine Eradikation bei 75–93 % der Patienten [28, 29]. Gallenblase und Gallenwege dienen, insbesondere bei pathologischen Veränderungen, vermutlich als Erregerreservoir [26]. Ob eine Cholezystektomie, z. B. bei Cholezystolithiasis, die Sanierung eines Trägerstatuts mit nichttyphoidalen Salmonellen erleichtert, ist wissenschaftlich nicht gesichert und daher eine Einzelfallentscheidung [30]. 

Die Salmonellose bedarf nur in Einzelfällen einer spezifischen antibiotischen Therapie, die zunehmende Resistenz gegenüber Fluorchinolonen soll bei der Wahl des Antibiotikums beachtet werden.

3 Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen

3.2.3

21

Shigellen

Die gramnegativen Shigellen sind eng mit E. coli verwandt. Sie sind Verursacher einer akut auftretenden schweren Diarrhö, wobei typischerweise sichtbares Blut im Stuhl bemerkt wird. Klinisches Bild Die Einteilung der Shigellen erfolgt nach biochemischen Merkmalen und spezifischen OAntigenen in die 4 Serogruppen A–D bzw. S. dysenteriae, S. flexneri, S. boydii und S. sonnei, sowie multiplen Serotypen. Besonders S. dysenteriae ist weltweit für schwere Verläufe verantwortlich, mit vor allem für Kinder und ältere Menschen bedrohlichen Verläufen, während S. sonnei, die am häufigsten in Deutschland nachgewiesene Species, mit einem milderen Verlauf assoziiert ist. Durch das Eindringen in das Darmepithel, intrazellulärer Vermehrung und lateraler Ausbreitung und die folgende Entzündungsreaktion führen Shigellen zu einer oberflächlichen Zerstörung der Mukosa insbesondere des distalen Kolons. In der Folge treten blutig-schleimige Durchfälle auf (mikroskopisch typischerweise reich an neutrophilen Granulozyten), begleitet von Fieber und starken krampfartigen Bauchschmerzen. Die Exsikkose steht dabei nicht im Vordergrund. Schwere Komplikationen sind die bakterielle Translokation mit Sepsis, das toxische Megakolon und die Perforation. Die Shigellose ist in Europa mit 6337 (2017) und in Deutschland mit 627 Meldungen (2019) selten mit weiter abnehmender Tendenz. Ca. 60 % der Infektionen werden nach Deutschland importiert, schwerpunktmäßig aus Indien und Ägypten [31]. Einziges Reservoir ist der Mensch. Es werden in Deutschland nur kleinere Ausbrüche beobachtet. Die Inkubationszeit beträgt 12–96 h. Mit einer Infektionsdosis von nur 10–200 der säurestabilen Erreger sind Shigellen hochansteckend. Eine Übertragung erfolgt fäkal-oral, im direkten Kontakt, bei Sexualpraktiken (insbesondere bei Kontakt mit Stuhl), aber auch über Hausfliegen und über Badegewässer. Allerdings besteht nur eine geringe Stabilität des Erregers in der unbelebten Umwelt. Eine Ansteckungsfähigkeit besteht während der akuten Infektion und solange der Erreger mit dem Stuhl ausgeschieden wird (bis zu 4 Wochen nach der akuten Krankheitsphase). Eine Ausscheidung über einen längeren Zeitraum ist selten, aber ebenso möglich wie rekurrente Infektionen mit demselben Erreger [32]. Ein Reiter-Syndrom (reaktive Arthritis, Urethritis, Uveitis) wird in etwa 3 % der Fälle beobachtet, nur nach Infektion mit S. flexneri. S. dysenteriae Serovar 1 ist in der Lage, das Shiga-Toxin 1 (eng verwandt mit dem Verotoxin 1 von EHEC-E. coli) zu bilden. Durch systemische mikrovaskuläre Schädigung kann hierdurch ein HUS ausgelöst werden. Die Sterblichkeit im Fall einer erforderlichen Hospitalisierung beträgt dann bis 15 % [33]. Zusätzlich ist dieser Serovar besonders häufig mit Antibiotikaresistenzen assoziiert.

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C. Manthey et al.

Diagnostik Stuhlkulturen, PCR. Differenzialdiagnose Andere Durchfallerreger, die mit blutigen Diarrhöen einhergehen können Therapie und Prognose Zwar wird die Erkrankung bei Patienten außerhalb der Risikogruppen (Kinder, Erwachsene >50 Jahre, Immunsuppression) mit einer mittleren Dauer von 7 Tagen in der Regel ohne Antibiotikum gut überstanden, allerdings kommt es unter wirksamer Antibiose innerhalb von 48 h zu einer klinischen Besserung sowie der Elimination von Shigella aus dem Stuhl, was die Ausscheidung mit dem Stuhl von etwa 4 Wochen auf nur 3 Tage verkürzt. Die Zahl der Studien ist überschaubar, aber der Unterschied ist klar: Diarrhö und Infektiosität verschwinden [34]. Konsekutiv zum häufigen Antibiotikaeinsatz wird weltweit eine problematische Resistenzenwicklung beobachtet, z. B. gegenüber 3. Generations-Cephalosporinen, Makroliden und Fluorchinolonen [35]. Auch in Deutschland wurden im Jahr 2019 vier Isolate mit eingeschränkter Wirksamkeit von Carbapenemen gemeldet [31]. Unter „Men who have sex with men“ zirkulieren problematische Stämme mit Multiresistenz; Ausbrüche wurden beobachtet [36]. Eine Resistenztestung ist daher obligat. Azithromycin (500 mg/Tag p.o.) für 3 Tage ist erstes Mittel der Wahl, eine Wirksamkeit aber nicht immer gegeben [37, 38]. In Frage kommen Ceftriaxon (2 g i.v./Tag) für 5 Tage oder Pivmecillinam 3 × 400 mg p.o. für 5 Tage. Amoxicillin ist nicht wirksam. Entsprechend soll die antimikrobielle Therapie an die jeweilige Resistenztestung angepasst werden. Bei Patienten mit einer Immunsuppression kann eine längere Therapie erwogen werden. 

Shigellen sind selten, können sich aber enteroinvasiv verhalten. Eine Therapie wird empfohlen, die auf das Resistogramm abzustimmen ist.

3.2.4

Enterohämorrhagische E. coli (EHEC) bzw. Shigella toxin producing E. coli (STEC)

Klinisches Bild Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) sind in der Lage, eine hämorrhagische Kolitis und das schwere Krankheitsbild hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) hervorzurufen (Trias: akute Niereninsuffizienz, hämolytische Anämie und Thrombopenie) [39]. Auslöser sind die sehr gefährlichen Shigatoxine (Synonyme: Shiga-like-Toxine, SLT; Verotoxine,

3 Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen

23

VT). EHEC werden daher auch als shigatoxin- bzw. verotoxinproduzierende E. coli (STEC bzw. VTEC) bezeichnet. Im Juli 2011 kam es in Deutschland zu einem großen Ausbruch mit Schwerpunkt Norddeutschland, verursacht durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) des ungewöhnlichen Serotyps O104:H4 (zuvor in der Regel Serotyp O157:H7) Es wurde eine ungewöhnlich hohe Rate von HUS-Manifestationen bei bis zu 25 % der Infizierten beobachtet [40]. Darüber hinaus war ungewöhnlich, dass anders als sonst nicht Kinder und Jugendliche, sondern vor allem junge Frauen betroffen waren. Nach wochenlanger detektivischer Suche konnte der Ausbruch auf einen Lieferanten von Bockshornkleesprossen zurückgeführt werden, dessen frische Ware kontaminiert war [41]. Meist wird eine EHEC-Infektion im Zusammenhang mit Rindern hervorgerufen, die ein natürliches Reservoir für den Erreger darstellen. Nach einer Inkubationszeit von 4–7 Tagen entwickeln erwachsene Patienten in ca. 30 % der Fälle eine blutige Diarrhö, ein kleinerer Anteil (5–10 %) ein HUS. Hiervon sind vor allem Kinder und ältere Patienten betroffen. Ein EHEC-HUS manifestiert sich meist 2–12 Tage nach Beginn der Diarrhö. Es besteht keine Bakteriämie, aber das Toxin wird resorbiert und dadurch systemisch wirksam. Durch eine Endothelschädigung entstehen Mikrothromben und Entzündung, was in erster Linie zum Nierenversagen, aber auch zu einer Enzephalopathie und Krampfanfällen sowie potenziell zum Multiorganversagen führt [71–73]. Thrombopenie und Hämolyse sind dabei Ausdruck einer Verbrauchskoagulopathie. Diagnostik Wann soll gemäß Robert-Koch-Institut [43] auf EHEC/STEC untersucht werden? • Diarrhö und eine der folgenden Bedingungen: a) b) c) d)

wegen Diarrhoe hospitalisierte Kinder bis zum 6. Lebensjahr sichtbares Blut im Stuhl endoskopisch nachgewiesene hämorrhagische Kolitis Patient ist direkt mit Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln befasst oder arbeitet in Küchen von Gaststätten oder sonstigen Einrichtungen mit/zur Gemeinschaftsverpflegung

• Klinisches Bild eines HUS • enge Kontaktpersonen von Patienten mit HUS • pädiatrische Patienten mit akutem Nierenversagen Die Diagnostik geschieht über den Nachweis der Shigatoxin-Gene (Stx 1 und 2) in Stuhlproben mittels (RT)-PCR. Für die epidemiologische Einordnung sollen weitere Untersuchungen erfolgen, entweder eine Puls-Feld-Gelelektrophorese oder ein Whole-Genome-Sequencing (WGS)[44].

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Differenzialdiagnose Weitere Durchfallerreger wie in diesem Kapitel beschrieben. Daneben kommen eine TTP (thrombotisch-thrombozytopenische Purpura) und eine DIC (disseminierte intravasale Gerinnung) in Frage. Die TTP ist mit einer Dysfunktion der ADAMTS-13-Protease assoziiert, die meisten Patienten mit TTP leiden auch an neurologischen Einschränkungen. Eine DIC lässt sich unter anderem über die Bestimmung der Gerinnungsfaktoren abgrenzen und tritt meist in Assoziation mit einem septischen Geschehen auf [42]. Therapie und Prognose Der Stellenwert einer antibiotischen Behandlung bei nachgewiesener EHEC-Infektion wurde schon lange kontrovers diskutiert. Im Rahmen der Epidemie 2011 bot sich die Möglichkeit, den Einfluss von verschiedenen therapeutischen Maßnahmen zu untersuchen, und es zeigt sich, dass bei Notwendigkeit einer antibiotischen Therapie aufgrund von anderen, extraintestinalen Infektionen wahrscheinlich keine negativen Einflüsse auf EHEC-Infektion und HUS bestehen [45, 46]. Mit niedriger Evidenz können Carbapeneme empfohlen werden [47]. Eine einzelne Studie beschrieb eine Verkürzung der Ausscheidungsdauer unter Azithromycin [74]. Den größten Stellenwert in der Therapie nimmt die ausreichende Flüssigkeitssubstitution während der initialen Krankheitsphase ein. Hierdurch kann die Häufigkeit des Auftretens eines HUS wahrscheinlich verringert werden [48]. 

EHEC-Infektionen gefährden insbesondere Kinder und ältere Patienten. Rechtzeitige Diagnostik gemäß RKI-Kritierien sowie eine sorgfältige klinische Beobachtung zur frühen Detektion eines HUS sowie eine ausreichende Flüssigkeitssubstitution sind erforderlich.

3.2.5

Listerien

Klinisches Bild Listerien sind grampositive stäbchenförmige Erreger, die sich durch eine ungewöhnliche intrazelluläre Lebensweise auszeichnen. Da sich der Erreger auch bei adäquater Kühlung vermehren kann [65, 66], wird die Kontamination von Rohmilch und -produkten (insbesondere nichtpasteurisiertem Weichkäse), Wurstwaren und kalten Salaten auch von der Lebensmittelindustrie sehr gefürchtet, da es regelmäßig zu öffentlicher Warnung vor einzelnen Produkten kommt. Der Erreger wird in Deutschland selten nachgewiesen: 2020 wurden dem RKI-Institut in Deutschland 575 Listeriose-Erkrankungen gemeldet (es besteht Meldepflicht bei Infektion) [67].

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Beim Immunkompetenten verläuft die Infektion inapparent oder wie eine (teils fieberhafte) Gastroenteritis (nichtinvasive Erkrankung). Bei Schwangeren kommt es trotz mildem Verlauf in bis zu 90 % zur Übertragung auf das Ungeborene, was eine fötale Sterblichkeit und einen Abort bei bis zu 50 % zur Folge hat. Bei Immunsupprimierten stellt sich das Krankheitsbild ganz anders dar: Nach einer (milden) Gastroenteritis kann es zur invasiven Erkrankung kommen mit Septikämie, Meningitis und schweren Hirnabszessen. 5–10 % der ambulant erworbenen Meningitiden in den USA lassen sich auf eine Listeriose zurückführen. Diagnostik Bei nichtinvasiver Erkrankung wird die Diagnose praktisch nie gestellt. Bei schwerer septikämischer oder neurologischer Manifestation wird die Diagnose durch den Erregernachweis in Blut, Liquor oder – bei Schwangeren – auch Amnionflüssigkeit gestellt. Nach wie vor stellen Gramfärbung und Kultur die Primärdiagnostik dar, wenn verfügbar, sollte die PCR als beste Nachweismethode eingesetzt werden [68]. Differenzialdiagnose Im Prinzip alle durch andere Erreger verursachten Meningitiden oder Septikämien. Therapie und Prognose Studien zum Vergleich verschiedener Antibiotika liegen nicht vor. Als etabliert gilt der Einsatz von Ampicillin i.v. in hohen Dosen (4- bis 6-mal 2 g/Tag). Aufgrund synergistischer Effekte wird die Zugabe von Gentamicin 240–360 mg i.v./Tag, aufgeteilt in 3 Einzeldosen (ED), empfohlen, falls nicht wegen Schwangerschaft kontraindiziert. Bei Penicillinallergie kann eine i.v.-Therapie mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol erfolgen (15–20 mg/kgKG/Tag, aufgeteilt in 3–4 ED). 

Bei frühzeitiger Diagnosestellung kommt es meist zu Ausheilung. Waren allerdings bereits Hirnabszesse nachweisbar, ist eine Defektheilung häufig. Auch bei Infektionen in der Schwangerschaft ist die frühzeitige Therapie entscheidend und senkt die fetale und auch Neugeborenensterblichkeit hochsignifikant [69].

3.2.6

Clostridioides difficile

Die antibiotikaassoziierte Diarrhö mit dem Haupterreger Clostridioides difficile (C. diff.; Nomenklatur bis 2016: Clostridium difficile) hat es schon in die Laienpresse geschafft – zu Recht, denn sie stellt hierzulande die viert häufigste Krankenhausinfektion dar

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und sie wird durch einen unkritischen Antibiotikagebrauch gefördert. Bereits eine einzelne Dosis jedes Antibiotikums kann auslösend sein, wenngleich mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit. Klinisches Bild Leider nehmen Häufigkeit und Schwere der Erkrankung und damit die klinische Bedeutung weiter zu. Betrachtet man das Wirkspektrum aller gebräuchlichen Antibiotika, so wird rasch deutlich, dass C. diff. fast immer „übrigbleibt“ und im Darm die Oberhand gewinnen kann. Etwa jede 100. Antibiotikatherapie löst eine C.-diff.-assoziierte Diarrhö aus. Ursächlich ist vor allem die reduzierte Diversität des Mikrobioms im Darm, weitere Risikofaktoren sind hohes Lebensalter und Immunschwäche. Die Behandlung ist zwar fast immer primär erfolgreich, problematisch aber sind die Rezidive, deren Häufigkeit nach jeder Episode weiter steigt. C. diff. ist ein ubiquitärer Sporenbildner. Woher die Infektion im Einzelfall stammt, ist kaum zu eruieren [49]. Ein wesentlicher Teil der Patienten ist vermutlich bereits besiedelt [50]. Dies gilt vor allem für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Ausbrüche im Krankenhaus kommen zwar sehr selten vor, dennoch stellt eine Krankenhausbehandlung einen wesentlichen Risikofaktor für die Manifestation der Erkrankung dar. Eine Infektion über (tierische) Nahrungsmittel wird diskutiert [51]. Die vegetativen Formen überstehen nur einen Magen-pH über 4, sodass die Infektion mutmaßlich durch den (ebenfalls häufig unkritischen) Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren begünstigt wird [52, 53]. Die Dauerformen (Sporen) keimen im Darm unter der Einwirkung von (spezifisch bakteriell veränderten) Gallesäuren. Die gebildeten Enterotoxine verursachen Entzündung und Zelluntergang, was zur Diarrhö mit typisch faulig-süßlichem Geruch, in sehr seltenen Fällen zum lebensbedrohlichen toxischen Megakolon führt. Das toxische Megakolon ist akut bedrohlich: Erstens ist es nicht mehr möglich, mit den oral wirksamen Antibiotikum endoluminal in das Infektionsgebiet vorzudringen, weil die Peristaltik fehlt. Zweitens nimmt das Risiko für die Translokation von Bakterien aus dem Darm in Blutbahn und Bauchhöhle rasch zu. Daher soll bei Verdacht („Totenstille“ und bei weitgestellten Darmschlingen tympanitisch zu perkutierendem Abdomen) rasch eine Bildgebung durchgeführt (CT-Abdomen) und ein Viszeralchirurg konsiliarisch hinzugezogen werden. Rektale Vancomycineinläufe (mit NaCl verdünntes Vancomycin) können eingesetzt werden, was zumindest die distalen Kolonabschnitte erreicht. Ferner sollte zusätzlich Metronidazol i.v. gegeben werden, weil dieses nach pharmakokinetischen Daten aktiv in das Darmlumen sezerniert wird. Als (vermutlich bessere) Alternative kann in einer bedrohlichen Situation Tigecyclin eingesetzt werden, welches neben Clostridioides selbst ein breites Keimspektrum von potenziell aus dem Darmlumen translozierten Erregern abdeckt. Kontrollierte Studien existieren jedoch hierzu nicht, sondern nur Fallberichte [54].

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Diagnostik Erfahrene Pflegekräfte erkennen C. diff. oft schon am typischen Geruch des Stuhlgangs. Der früher ausschließlich gebräuchliche Toxinnachweis im Stuhl ist aufgrund der Instabilität des Toxins nicht ausreichend sensitiv. Daher soll die Diagnostik zweistufig ablaufen: Zunächst wird die Stuhlprobe auf das Clostridien-spezifische Enzym GDH (Glutamatdehydrogenase) untersucht. Dieser Test ist sehr sensitiv. Ist er positiv, erfolgt die Untersuchung des vorliegenden Stammes auf die Fähigkeit zur Toxinproduktion. Die Gene hierfür können sehr spezifisch mittels PCR aus der Stuhlprobe bestimmt werden. Darüber hinaus kann in seltenen Fällen die Anlage einer Kultur hilfreich sein, die eine weitere (Ribo-)Typisierung erlaubt, z. B. im Rahmen epidemiologischer Fragestellungen. Die Resistenztestung spielt in der Routine keine Rolle, da einerseits Resistenzen sehr selten sind und andererseits die Ergebnisse der Testung nur gering mit dem klinischen Outcome korrelieren. Die meisten mikrobiologischen Laboratorien akzeptieren nur flüssigen Stuhl für eine Analyse, da einem Nachweis von C. diff. in geformtem Stuhl keine klinische Bedeutung zukommt. Eine endoskopische Diagnostik ist zu vermeiden! Erstens kommt es zu einer erheblichen Kontamination der Endoskopieeinheit, die nur mit hohem Aufwand adäquat gereinigt werden kann, und zweitens ist die endoskopische Makroskopie nur etwa in der Hälfte der Fälle typisch. Differenzialdiagnose Betalactamantibiotika können von sich aus breiigen Stuhl verursachen. Darüber hinaus können selbstverständlich alle anderen üblichen Ursachen für eine Diarrhö verantwortlich sein. Therapie und Prophylaxe Die Therapie besteht aus der oralen Behandlung mit einem C.-diff.-wirksamen Antibiotikum mit guter Wirksamkeit, also Vancomycin 4 × 125 mg oder Fidaxomicin 200 mg 1–0-1 für 10–14 Tage. In der Klinik kann die Vancomycinzubereitung für die i.v.-Applikation Verwendung finden, also einfach p.o. appliziert werden. Fidaxomicin zeigt eine gleich gute Ansprechrate, aber ein um ca. 20 % geringeres Rezidivrisiko [55] und nach allgemeinem klinischem Eindruck kommt es zu einem schnelleren Ansprechen [56]. Die Schwierigkeit mit Fidaxomicin im stationären Bereich besteht aus den immer noch hohen Kosten von über 1200 e für 10 Tage, wobei mit Ablauf des Patents 2025 mit fallenden Kosten zu rechnen ist. Es besteht aber Konsens darüber, Fidaxomicin zumindest ab dem ersten Rezidiv einzusetzen. Allerdings ist auch orales Vancomycin im ambulanten Setting teuer. Die kostengünstige Alternative, Metronidazol 3 × 400 der 500 mg p.o., weist zumindest für mittelschwere und schwere Infektionen eine deutlich schlechtere Wirksamkeit auf und ist damit definitiv keine Alternative [56, 57].

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C. Manthey et al. Wichtig Im klinischen Alltag wird in der Primärtherapie im Krankenhaus

in der Regel Vancomycin und bei Auftreten des ersten oder wiederholten Rezidivs Fidaxomicin eingesetzt. Sonstige laufende Antibiotikatherapien sollten abgesetzt werden, wenn dies klinisch vertretbar ist, um das Mikrobiom nicht zusätzlich zu schädigen. Die primäre Ausheilung unter diesen Regimen liegt bei über 90 %. Da der C.-diff.Infektion aber vor allem eine Reduktion der Mikrobiomdiversität zugrunde liegt, ist das Risiko für eine weitere Episode mit 20–40 % sehr hoch. Neben einer erneut einzuleitenden Therapie kann ein „Taper-pulse regimen“ von oralem Vancomycin über eine Therapiedauer von 4–6 Wochen das Risiko für das nächste Rezidiv signifikant reduzieren [59]. Ein vergleichbares Konzept ist auch für Fidaxomicin vorgeschlagen worden: Nach 7 Tagen normaler therapeutischer Dosierung erfolgte die Gabe einmal täglich für 7 Tage, anschließend jeden zweiten Tag für weitere 26 Tage – mit deutlich besserem Ansprechen [75]. Probiotika sind zu vermeiden, zum einen, weil der Therapieeffekt mangels Daten sehr fraglich ist, und zweitens, weil die betroffenen Patienten in der Regel immunsupprimiert sind und durch die Probiotika selbst infektiöse Komplikationen auftreten können [58]. Im Fall wiederholter klinischer Manifestationen kann ein fäkaler Mikrobiomtransfer eine Option sein [60]. Dieser erfolgt üblicherweise mit suspendiertem Stuhl einer gründlich gescreenten Spenderperson und wird im Rahmen einer Koloskopie eingebracht. Da der fäkale Mikrobiom-Transfer nicht standardisierbar ist, kann er immer nur als „individualisierter Heilversuch“ gelten. Enkapsuliertes, kommerziell erhältliches Mikrobiom ist auch weiterhin nicht verfügbar [61]. Es ist aber zu erwarten, dass in den nächsten Jahren standardisierte Mikrobiota verfügbar sein werden [63, 64]. Als prophylaktische Maßnahmen ist jede Maßnahme zum Einsparen von Antibiotika zu nennen (Antibiotic Stewardship), darüber hinaus sind hygienische Maßnahmen erforderlich, die vor allem im Krankenhaus die Verbreitung der sehr umweltstabilen Sporen verringern. Es gibt zwar nur selten expliziten Ausbruchsgeschehen, wie man es von anderen Erregern kennt, weil die Erkrankungsmanifestation das Zusammentreffen des Keims mit einem depletierten Mikrobiom und einer fehlenden Immunität gegenüber C. diff. voraussetzt. Wenn immer möglich, sollte dennoch eine Einzelzimmerunterbringung erfolgen und strikt auf die entsprechenden Reinigungen geachtet werden. Zwar werden auch nach Abklingen einer C.-diff.-Kolitis noch längere Zeit Sporen ausgeschieden (eine Abschlusskontrolle, wie manchmal von übernehmenden Pflegeeinrichtungen gefordert, ist daher nicht sinnvoll), allerdings in deutlich geringerer Menge. Auf individueller Ebene ist noch die Möglichkeit einer passiven Immunisierung mit Bezlotoxumab (Zinplava(R)) zu erwähnen, die das Rezidivrisiko um etwas mehr als 10 % reduziert, bei allerdings hohen Kosten von ca. 3000 e [62]. Studien zu aktiven Impfungen laufen seit längerer Zeit, ohne dass bislang eine Marktreife absehbar ist.

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Eine C.-diff.-assoziierte Enteritis tritt nach etwa jeder 100. Antibiotikatherapie auf. Eine Behandlung mit Vancomycin oder Fidaxomicin spricht primär fast immer an. Bei wiederholten Rezidiven Wiederherstellung des Mikrobioms erwägen, effektiv durch eine (aufwändige, nichtstandardisierte und daher mit Vorbehalten zu sehende) Stuhltransplantation, ineffektiv mit diversen Probiotika. Eine passive Impfung ist verfügbar.

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3 Gastroenteritis: Bakterielle Infektionen

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71. Costigan C, Raftery T, Carroll AG, Wildes D, Reynolds C, Cunney R, Dolan N, Drew RJ, Lynch BJ, O’Rourke DJ, Stack M, Sweeney C, Shahwan A, Twomey E, Waldron M, Riordan M, Awan A, Gorman KM (2022) Neurological involvement in children with hemolytic uremic syndrome. Eur J Pediatr 181(2):501–512. https://doi.org/10.1007/s00431-021-04200-1. Epub 2021 Aug 10. PMID: 34378062; PMCID: PMC8821508 72. Zoja C, Buelli S, Morigi M (2010) Shiga toxin-associated hemolytic uremic syndrome: Pathophysiology of endothelial dysfunction. Pediatr Nephrol 25:2231–2240 73. Bruyand M, Mariani-Kurkdjian P, Gouali M, de Valk H, King LA, Le Hello S, Bonacorsi S, Loirat C (2018) Hemolytic uremic syndrome due to Shiga toxin-producing Escherichia coli infection. Med Mal Infect 48(3):167–174. https://doi.org/10.1016/j.medmal.2017.09.012. Epub 2017 Oct 18 PMID: 29054297 74. Nitschke M, Sayk F, Härtel C, Roseland RT, Hauswaldt S, Steinhoff J, Fellermann K, Derad I, Wellhöner P, Büning J, Tiemer B, Katalinic A, Rupp J, Lehnert H, Solbach W, Knobloch JK (2012) Association between azithromycin therapy and duration of bacterial shedding among patients with Shiga toxin-producing enteroaggregative Escherichia coli O104:H4. JAMA 307(10):1046–1052. https://doi.org/10.1001/jama.2012.264. PMID: 22416100 75. Skinner AM, Tan X, Sirbu BD, Danziger LH, Gerding DN, Johnson S (2021) A tapered-pulsed fidaxomicin regimen following treatment in patients with multiple clostridioides difficile infection recurrences. Clin Infect Dis 73(6):1107–1109. https://doi.org/10.1093/cid/ciab233. PMID: 33714998

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Virale Infektionen Markus Menges und Walter Heise

Virale Gastoenteritiden Die Mehrzahl akuter Gastroenteritiden weltweit ist viraler Genese mit ähnlichem klinischem Bild, geprägt von akut einsetzendem Erbrechen mit wässriger Diarrhö, verbunden mit Bauchkrämpfen, Übelkeit, evtl. Erbrechen und erhöhter Körpertemperatur bzw. Fieber. Die Erkrankung ist subjektiv, insbesondere durch Übelkeit und Erbrechen, sehr unangenehm. Eine schwere Erkrankung wird aber praktisch nicht beobachtet, es sei denn, es liegen wesentliche Komorbiditäten vor. Aufgrund der hohen Kontagiosität der üblichen Erreger kommt es typischerweise regelhaft zu Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Kliniken, auch auf Kreuzfahrtschiffen oder in Alpenhütten. In Deutschland und Mitteleuropa sind seit Jahrzehnten Noro- und Rotaviren die häufigsten Erreger einer Gastroenteritis. Dem Robert-Koch-Institut wurden zwischen 2013 und 2019 jährlich 70.000–90.000 Fälle von Norovirus- und 30.000–40.000 Rotaviruserkrankungen gemeldet. Es ist anzunehmen, dass die Zahl der gemeldeten nur einen Bruchteil der tatsächlichen Krankheitsfälle darstellt und man mit einer mindestens 10-fachen Dunkelziffer rechnen muss. Eine wesentlich geringere Rolle spielen Adeno-, Astro- und Sapoviren.

M. Menges (B) Klinik für Innere Medizin 2, Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall, Deutschland E-Mail: [email protected] W. Heise Infektiologische Schwerpunktpraxis, Ärzteforum Seestrasse, Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected]

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. Menges und J. M. Kittner (Hrsg.), Gastrointestinale und hepatobiliäre Infektionen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66959-4_4

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4.1

M. Menges und W. Heise

Norovirus

Klinisches Bild Die Übertragung des Erregers erfolgt vorzugsweise fäkal-oral, allerdings auch durch Aerosole, die beim Erbrechen entstehen [1]. Weitere Infektionsquellen sind kontaminierte Oberflächen oder Nahrungsmittel. Bereits 400–1.300 Virionen genügen für eine Infektion [2, 3]. Das Virus kann lichtgeschützt über Tage auf Oberflächen überleben, besonders bei tieferen Temperaturen. Noch deutlich längere Infektiosität besteht in kontaminiertem Wasser. Die Norovirusinfektion zeigt eine deutliche Häufung in den Wintermonaten. Nach einer Inkubationszeit von 24–48 h beginnt die Krankheit typischerweise perakut mit Nausea und Erbrechen ohne Fieber, beinahe gleichzeitig gefolgt von einer wässrigen Diarrhö, für 1–2 Tage. Selten kommt es auch zu monosymptomatischen Verläufen („nur“ Erbrechen oder „nur“ Diarrhö). Der Flüssigkeitsverlust kann erheblich sein, sodass der Patient diesen u. U. nicht mehr ausgleichen kann. So akut der Beginn war, so abrupt ist meist auch das Ende. Prolongierte Verläufe bis 3 Wochen und darüber hinaus sind beschrieben, hauptsächlich bei Patienten mit kompromittiertem Immunsystem. Diese können monatelang infektiös bleiben [7], siehe auch Kap. 6. Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt kurz vor der Diarrhö, erreicht ihren Höhepunkt am 1.–2. Tag nach Krankheitsbeginn und dauert im Median 28 Tage bei PCR-Messung. [4]. Die Abnahme der Ausscheidung ist aber nicht linear: Bereits 2 Tage nach Symptomende ist die Zahl der Viren im Stuhl sehr gering. Diagnostik Noroviren können mittels EIA oder PCR-Analyse im nativen Stuhl (auch der flüssigen Phase) nachgewiesen werden [5, 6]. Während der EIA kostengünstiger ist, weist die PCRUntersuchung eine deutlich höhere Sensitivität und Spezifität auf und liefert bereits nach einigen Stunden ein Ergebnis. Sie ist mittlerweile in praktisch allen Laboratorien Standard Abb. 4.1 zeigt Noroviren in einer elektronenmikroskopischen Aufnahme. Differenzialdiagnose Das klinische Bild mit nahezu simultan auftretender frequenter Diarrhö und heftigem Erbrechen ist kaum zu verwechseln. Selbstverständlich gibt es auch blandere Verläufe, die sich dann prinzipiell nicht von anderen viralen Gastroenteritiden unterscheiden lassen. Therapie und Prognose Dir Noroviruserkrankung ist bei Immunkompetenz stets selbstlimitierend und dauert selten länger als 48–72 h. Allerdings kann der Flüssigkeitsverlust derart ausgeprägt sein, dass vor allem Kleinkinder und ältere Personen diesen nicht zeitgerecht ausgleichen können. Somit drohen nicht nur Kollaps oder Synkopen, sondern auch ein akutes Nierenversagen. Insbesondere Patienten mit bereits vorbestehender Niereninsuffizienz oder Herzinsuffizienz sind gefährdet.

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Abb. 4.1 Noroviruspartikel im Stuhl (Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme). (Quelle: https:// commons.wikimedia.org/w/ index.php?curid=5736176)

Wenn eine orale Flüssigkeitsaufnahme möglich ist, soll die Rehydration auf diesem Weg bevorzugt werden. Gelingt dies nicht oder in nicht ausreichendem Maße, kommen intravenös zu verabreichende Vollelektrolytlösungen zum Einsatz – das nötige Volumen kann bei entsprechendem Verlust 2–4 l/Tag erreichen. 

Unter der Therapie sind stets die Serumelektrolyte und die Nierenfunktion zu kontrollieren, andere Parameter je nach der Grunderkrankung und Medikation des Betroffenen.

Obwohl ein Immungesunder vermutlich schon 48 h nach Sistieren der Symptomatik nicht mehr infektiös ist, dauert die Virusausscheidung noch weitere 2–3 Wochen. Die hohe genetische Variabilität des Virus verhindert eine langanhaltende Immunität. Ein Teil der Bevölkerung, in Europa etwa 20 %, scheint gegenüber einer klinisch manifesten Infektion resistent zu sein. Es wurde ein Zusammenhang mit dem Gen FUT2 (codiert für α-1,2-Fucosyltransferase) festgestellt, welches zur Synthese von Attachment-Faktoren beiträgt: Die Wahrscheinlichkeit für eine Norovirusinfektion steigt um Faktor 3, wenn dieses Gen exprimiert wird [8]. Eine komplette Übersicht der Noroviruserkrankung findet sich unter [9]. Schutzmaßnahmen Das Norovirus weist – nicht zuletzt durch die auch über Tröpfcheninfektion verbreiteten Erreger – eine extrem hohe Kontagiosität auf, weshalb bereits bei einem Verdacht auf eine Norovirusinfektion eine strenge Isolation erfolgen muss. Übliche Desinfektionsmittel sind gegen Noroviren nicht wirksam! Zur Händedesinfektion wird eine alkoholische Lösung mit

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95 % Ethanol benötigt, die Flächendesinfektion basiert heute meist auf Aktiv-SauerstoffLösungen (Ozon), die die früher eingesetzten Mittel wie Natriumhypochloritlösung oder Glutaraldehyd abgelöst haben. Eine Impfung gegen Norovirusinfektionen ist derzeit noch nicht verfügbar [10]. 

4.2

Noroviren stellen die häufigsten Erreger akuter viraler Gastroenteritiden dar. Das klinische Bild ist von (per)akut einsetzender nahezu simultaner Diarrhö und Erbrechen geprägt mit entsprechend raschem relevantem Flüssigkeitsverlust. Die Diagnostik erfolgt über Stuhl-PCR. Die Therapie der meist selbstlimitierenden Erkrankung beschränkt sich auf Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich. Bei Immundefizienz sind protrahierte Verläufe beschrieben.

Rotavirus

Klinisches Bild Eine mit dem Rotavirus assoziierte Enteritis tritt vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Übertragung (bis auf hier fehlende Tröpfcheninfektion) und das klinische Bild sind vergleichbar mit der durch Noroviren verursachten Infektion. Vorwiegend fäkal-oral durch Schmierinfektion oder durch kontaminierte Nahrungsmittel bzw. Flüssigkeiten übertragen, genügen schon wenige Viruspartikel (10–100) zur Auslösung der Infektion. Dies erklärt die hohe Kontagiösität. Bei kurzer Inkubationszeit von 1–3 Tagen stehen Erbrechen und wässrige Durchfälle (oft mit Schleimbeimengungen) im Vordergrund der Symptomatik. Fieber und Tenesmen kommen vor. Flüssigkeits- und Elektrolytverluste können erheblich sein, sind evtl. Grund für eine Hospitalisierung und gefährden die vor allem betroffenen Altersgruppen der Säuglinge und Kleinkinder 70-Jährigen. Erkrankungsgipfel sind (wie bei den Noroviren) die Wintermonate bis zum Frühjahr. Wegen der hohen Kontagiösität gibt es häufig Erkrankungsausbrüche in Kliniken, Schulen, Kindergärten oder Altenheimen. Rotavirusinfektionen gehören nach der Meldestatistik der RKI zu den vier häufigsten Pathogenen für Durchfallerkrankungen, wobei durch die Schutzmaßnahmen für die Covid-19-Pandemie in 2021 auch die Zahl der Rotavirusinfektionen deutlich zurückgegangen ist. Hauptgrund für die insgesamt rückläufigen Rotaviruserkrankungszahlen sind allerdings die zur Verfügung stehenden Impfungen der Säuglinge, die seit 2013 von der STIKO empfohlen werden. Diagnostik Der Nachweis von Rotaviren wird mittels PCR aus dem Stuhl als heute etablierter Diagnostik durchgeführt [11].

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Differenzialdiagnose Die klinische Symptomatik mit Erbrechen und akuter ausgeprägter wässriger Diarrhö ohne Blutbeimengung ähnelt der Norovirusinfektion stark. Therapie und Prognose Bei den meisten Patienten (z. B. Erwachsene ohne Immunsuppression) ist der Verlauf nach dem akuten Auftreten selbstlimitierend und die Symptome verschwinden nach 2–6 Tagen. Auch asymptomatische oder subklinische Verläufe kommen vor. Hier ist bei oralem Flüssigkeitsausgleich der Verlauf unkompliziert und die Prognose gut. Die Virusausscheidung dauert in der Regel nicht länger als 1–3 Wochen. 

Daneben gibt es aber auch komplizierte Verläufe, vor allem bei den am häufigsten betroffenen Altersgruppen: Bei Kleinkindern und älteren Menschen >70 Jahre kann die Rotavirusinfektion durch Dehydratation und Elektrolytverlust auch Nierenversagen oder Kollaps mit sich bringen. Je nach Komorbidität muss deshalb eine orale oder intravenöse Rehydrierung zum Ausgleich des möglicherweise erheblichen Volumenmangels und der Elektrolytverluste vorgenommen werden.

Bei immunsupprimierten Patienten (vor allem nach Knochenmark- oder Organtransplantation) werden chronische Verläufe mit rezidivierendem bzw. persistierendem Rotavirusbefall vor allem in der Spätphase nach Transplantation beobachtet und können Komplikationen von Enteropathie bis hin zum Transplantatversagen verursachen (Kap. 6). Prävention und Schutzmaßnahmen Die seit 2006 verfügbare Rotavirusimpfung von Säuglingen hat zu einer deutlichen Reduktion der Infektionen geführt. Ein weiterer Vorteil scheint eine Reduktion der Diabetes-TypI-Fälle zu sein [12]. Mit Rotarix(R) und RotaTeq(R) stehen 2 wirksame Lebendimpfstoffe zur Verfügung. Ansonsten gelten wegen der hohen Kontagiösität die bei den Noroviren genannten Hygienemaßnahmen inklusive der Isolierung der Patienten bei stationärem Aufenthalt. 

Rotaviren sind nach den Noroviren die häufigsten Erreger viraler Gastroenteritiden. Die meist akut einsetzenden Symptome wie Erbrechen und Diarrhö prägen das klinische Bild. Bei Immunkompetenten ist der Verlauf in der Regel unkompliziert; allerdings müssen evtl. starke Flüssigkeits- und Elektrolytverluste ausgeglichen werden. Gefährdet sind vor allem Kleinkinder und ältere Patienten. Die Rotavirusimpfung im Säuglingsalter hat zu einer deutlichen Reduktion der Fallzahlen geführt.

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4.3

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Adenovirus, Sapovirus und Astrovirus

Adeno-, Sapo- und Astroviren sind nach den Noro- und Rotaviren die nächsthäufigen Erreger einer viralen Enteritis mit einem Anteil von ca. 4–12 % der viralen Gastroenteritiden. Damit sind sie insgesamt seltener und vor allem für sporadische Durchfallepisoden verantwortlich. Möglicherweise liegt die niedrige gemeldete Inzidenz aber auch daran, dass in der etablierten PCR-Stuhldiagnostik nicht immer nach diesen Erregern gesucht wird. Die Übertragung erfolgt vor allem fäkal-oral durch Schmierinfektion. Grundsätzlich sind die durch sie verursachten Gastroenteritisverläufe bei immunkompetenten Erwachsenen unkompliziert und verlaufen milde bzw. ist mit diesen Viren vor allem bei Durchfallerkrankungen bei Kindern 1.700 Speziestypen werden aktuell 17 als humanpathogen eingestuft. Häufig nachgewiesene Pathogene sind z. B. Enterocytozoon bieneusi, oder auch Encephalitozoon intestinalis [31]. Menschen und eine Vielzahl Tiere können durch Mikrosporidien infiziert werden. Die Sporen können in Frisch-, Grund- und Abwasser nachgewiesen werden [32]. Infektionen bei Menschen wurden von allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis berichtet. Insbesondere seit Beginn der globalen HIV/Aids-Epidemie haben Mikrosporidien als vor allen Dingen opportunistische Erreger von Durchfall-, aber auch anderen systemischen Erkrankungen Bekanntheit erlangt. Die Übertragung der Sporen ist nicht vollständig gerklärt. Übertragungen über Wasser, Mensch-zu-Mensch, Tier-zu-Mensch, aber auch nahrungsmittelassoziierte Ausbrüche werden diskutiert [32, 33]. Klinisches Bild Mikrosporidien können lokalisierte oder disseminierte Infektionen verursachen. Auch wenn klinisch apparente Infektionen bei immunkompetenten Patienten vorkommen können, sind es doch vor allem immunkompromittierte Patienten, insbesondere diejenigen mit reduzierter zellulärer T-Zellimmunität (CD4-T-Lymphozytenzahl