Galizien in Bewegung: Wahrnehmungen – Begegnungen – Verflechtungen [1 ed.] 9783737007962, 9783847107965


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German Pages [283] Year 2017

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Galizien in Bewegung: Wahrnehmungen – Begegnungen – Verflechtungen [1 ed.]
 9783737007962, 9783847107965

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Wiener Galizien-Studien

Band 1

Herausgegeben von Christoph Augustynowicz, Kerstin S. Jobst, Andreas Kappeler, Annegret Pelz, Dieter Segert, Olaf Terpitz, Philipp Ther und Alois Woldan

Die Bände dieser Reihe sind peer-reviewed.

Magdalena Baran-Szołtys / Olena Dvoretska / Nino Gude / Elisabeth Janik-Freis (Hg.)

Galizien in Bewegung Wahrnehmungen – Begegnungen – Verflechtungen

Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Christoph Augustynowicz Mit 5 Abbildungen

V& R unipress Vienna University Press

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2566-9710 ISBN 978-3-7370-0796-2 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhÐltlich unter: www.v-r.de Verçffentlichungen der Vienna University Press erscheinen im Verlag V& R unipress GmbH. Gedruckt mit freundlicher Unterstþtzung des Fonds zur Fçrderung der Wissenschaftlichen Forschung (W 1204). Lektorat der englischsprachigen Texte von Katherine Anne Apostle.  2018, V& R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Gçttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Titelbild: Dworzec kolejowy w Tarnowie [Bahnhof in Tarnów]. Pocztówka archiwalna. Fundacja Zbiorów Rodziny Sosenków.

Herrn Univ.-Prof. Mag. Dr. Dr. h.c. Alois Woldan gewidmet

Inhalt

Christoph Augustynowicz Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung der HerausgeberInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Alois Woldan Ivan Frankos Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa – ein Lemberg-Roman . . . . . .

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I Imaginationen eines Konstrukts Christof Schimsheimer Galizien und die Kresy als polnische Erinnerungsorte im Vergleich

. . .

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Jagoda Wierzejska Galician Displacements and Transformations: On a Spatial Dimension of Creating Galician Identity in Post-War Polish Literature . . . . . . . . . .

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Magdalena Baran-Szołtys Visions of the Past: Revised in the Present, Recreated for the Future. Nostalgia for and Travels to Galicia in Polish Literature after 1989 . . . .

75

Olena Dvoretska Eine Konstruktion Mitteleuropas: Die imaginäre Stadt Jalivec’ in Taras Prochas’kos Roman Neprosti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

II Begegnungsorte des Transfers Larissa Cybenko Die Schenke als Heterotopie und Nicht-Ort im Transit: Zum intertextuellen Topos der galizischen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . 109 Nino Gude Zwischen Isolation und Austausch: Die Schule als jüdisch-ukrainischer Begegnungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

8

Inhalt

Patrice M. Dabrowski Between Highlanders and Lowlanders: Perceptions of the Jewish Presence in the Tatras in the Nineteenth Century . . . . . . . . . . . . . . 141 Sebastian Paul Die benachbarte Peripherie als Rückzugs- und Ausweichort: Eine Skizze der (ost)galizischen Diaspora in der tschechoslowakischen Podkarpatsk# Rus . 155 Elisabeth Janik-Freis Grenzregime am Dreikaiserreichseck: Galizische Auswanderung in die Amerikas, 1870–1914 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

III Politische und konfessionelle Mobilisierung Katherine Younger From Chełm to Hnylychky : Confessional and Political Loyalties and the Greek Catholic Church, 1863–1882 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Zoriana Melnyk The Beginning of Mass Mobilization in Galicia: Between Agricultural Strikes and the Struggle for Electoral Reforms . . . . . . . . . . . . . . . 203 Vladyslava Moskalets Changing Perceptions of the Jewish Economic Role: The Case of the Boryslav Oil Industry . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Alina Molisak Ein Messias aus Galizien? Jakob Frank und seine Lehren in Olga Tokarczuks Roman Ksie˛gi Jakubowe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

IV Identitätsstiftende Projektionsflächen Olha Voznyuk Die ersten galizischen Anthologien als Konstruktion einer „galizischen Literatur“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Anton Kotenko Galicia as Part of Ukraine: Lviv 1904 Summer School as an Attempt to Tie the Ukrainian Nation Together . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Verzeichnis der AutorInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

Vorwort

Die Beschäftigung mit dem historischen Raum Galizien verbindet Geschichtswissenschaften, Literaturwissenschaften und Sozialwissenschaften (Politologie, Anthropologie) geradezu idealtypisch und ist in diesem Sinne anhaltend attraktiv. In der einschlägigen scientific community jedenfalls hat das Label des in Wien verorteten Doktoratskollegs (DK) „Das österreichische Galizien und sein multikulturelles Erbe“, kurz DK Galizien, während der letzten Jahre endgültig internationale und interdisziplinäre Bekanntheit erlangt. Die KollegiatInnen – in diesem Fall der „dritten Generation“ (Laufzeit 2013–2017) – haben als Teil des Curriculums zum einen in organisatorischer und inhaltlicher Hinsicht selbständig eine internationale Veranstaltung (Workshop, Konferenz oder ähnliches) auszurichten und zum anderen für die Veröffentlichung der Ergebnisse zu sorgen, die ja hiermit vorliegen. Wie schon auf der Konferenz mit dem Titel „Galizien in Bewegung. Wahrnehmungen – Begegnungen – Verflechtungen“, die vom 20. bis 22. Mai 2015 im Wien Museum und in der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien stattfand und dem vorliegenden Band zugrunde liegt, stehen in thematischer Hinsicht Erwartungshaltungen, die mit dem Raum Galizien verknüpft wurden und ihre Dynamik/Dynamisierung im Vordergrund. Als Begriffe zur analytischen Erfassung bewähren sich einmal mehr die Bedeutungsfelder von Austausch, Beziehungen oder Transfer, sowie spezieller von Grenzverschiebungen und Migrationen. Im Vergleich zu den beiden Vorgänger-Bänden von 2009 (Galizien. Fragmente eines diskursiven Raumes) und 2013 (Galizien. Peripherie der Moderne – Moderne der Peripherie) sind die diesmal vorgestellten Themen und Beiträge jedoch stärker und expliziter auf das „galizische Erbe“ fokussiert, also auf das erinnerungskulturelle Nachleben Galiziens nach 1918 und somit nach dem Bestehen der Habsburgermonarchie, trägt doch gleich der erste Teil des vorliegenden Bandes den Titel „Imaginationen eines Konstrukts“. Die Konferenz war diesmal eng in museale Aktivitäten eingebettet: Durch organisatorische Anbindung an die Ausstellung Mythos Galizien, die im International Cultural Centre in Krakau (9. Oktober 2014 bis 8. März 2015) und im

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Vorwort

Wien Museum in Wien (26. März 2015 bis 30. August 2015) zu sehen war, erfuhr sie hohe Öffentlichkeitswirksamkeit. Der in deutscher, englischer und polnischer Sprache erschienene Katalog zur Ausstellung kann auch als Werkschau bisheriger DK-Partizipationen und -Ergebnisse gelesen werden; beigetragen haben dazu unter anderem KooperationspartnerInnen aus dem österreichischen, polnischen und ukrainischen kulturellen und akademischen Leben ebenso wie ehemalige KollegiatInnen. Ferner sei hervorgehoben, dass der vorliegende Sammelband die Reihe „Wiener Galizien-Studien“ einleitet, die im Rahmen des DK und zur Dissemination seiner Forschungsergebnisse gegründet wurde. Mein Dank geht an diejenigen KollegiatInnen und weiteren ForscherInnen, die an der Entstehung des vorliegenden Bandes mitwirkten und insbesondere an diejenigen, die sich für seine Drucklegung noch einmal besonders engagierten – selbst wenn diese Arbeit Teil des DK-Curriculums ist, übersteigt ihre Umsetzung doch jegliche Messbarkeit. Dies gilt ausdrücklich auch für die Arbeit von Patrice M. Dabrowski und Olaf Terpitz, denen an dieser Stelle für ihre unermüdliche Koordinationstätigkeit im Rahmen des Kollegs zutiefst empfundener Dank ausgesprochen sei. Darüber hinaus ist dem Wissenschaftsfonds (FWF) und der Universität Wien für die Finanzierung des Doktoratskollegs und die Bereitstellung seiner Infrastruktur zu danken. Besonders danken möchte ich schließlich meinen beiden Vorgängern als DK-Sprecher, Andreas Kappeler und Alois Woldan – ohne sie wäre das Projekt „DK Galizien“ weder zustande gekommen noch zu einem Markenzeichen geworden. Christoph Augustynowicz, Sprecher des DK Galizien Wien, Mai 2017

Einleitung der HerausgeberInnen

Im Mai 2015 trafen im Atrium des Wien Museums WissenschaftlerInnen aus Österreich, Deutschland, Polen, Russland, der Ukraine und den USA zusammen, um über das Nachleben eines der langlebigsten Konstrukte der Habsburger zu diskutieren: dem einst größten habsburgischen Kronland Galizien und Lodomerien. In Kooperation mit dem Wien Museum und der Polnischen Akademie der Wissenschaften veranstaltete das an der Universität Wien angesiedelte Doktoratskolleg Galizien die Konferenz „Galizien in Bewegung. Wahrnehmungen – Begegnungen – Verflechtungen“. Das Ziel dieser war die bewusste Infragestellung der Auffassung Galiziens als statische „unbewegliche“ Peripherie. Der Fokus richtete sich auf die unterschiedlichsten Austauschbeziehungen, in welche die Region während ihres Bestehens und vor allem nach ihrer Auflösung 1918 eingebunden war. Einerseits lag der Schwerpunkt auf den heterogenen Wahrnehmungen von Galizien in den unterschiedlichen literarischen Darstellungen, der Historiografie sowie in kulturellen und politischen Debatten, andererseits auf den ethnokonfessionellen Begegnungen bis zum Zweiten Weltkrieg sowie dem heutigen Aufeinanderprallen verschiedener nationaler Narrative und individueller Erinnerungen. Zudem waren die komplexen Verflechtungen mit anderen Regionen und die damit zusammenhängenden Vernetzungs- und Transferprozesse Untersuchungsgegenstand.1 In den Museumsräumen war zeitgleich die Ausstellung Mythos Galizien zu sehen, die das Wien Museum gemeinsam mit dem Krakauer Mie˛dzynarodowe Centrum Kultury (International Cultural Centre) konzipierte. Kein Zufall, denn Galizien geriet nach 1989 und nun vor allem durch das hundertjährige Jubiläum des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges bzw. des beginnenden Untergangs der Habsburgermonarchie erneut ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Der hier vorliegende Sammelband versammelt die Ergebnisse dieser Tagung. In den einzelnen Beiträgen der AutorInnen wird sichtbar, dass Galizien als Kronland nicht nur in die wechselseitigen Interaktionen mit den Nachbarre1 Vgl. Baran-Szołtys / Dvoretska / Janik 2016.

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Einleitung der HerausgeberInnen

gionen eingebunden war, sondern dass seine Bewohner den Austausch auf verschiedenen Ebenen maßgeblich mitbestimmten. Das Ende des Habsburgerreiches und die nachfolgende Neuordnung Europas nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie die bereits seit dem 19. Jahrhundert bestehende massive Migration aus diesem Gebiet führten zu einem Nachleben Galiziens in unterschiedlichen nationalen Narrativen. Es wurde zu einem transnationalen Phänomen, das heute als eine Fortführung des multireligiösen, mehrsprachigen und polyethnischen Galiziens gelesen werden kann und das jeder entsprechend den eigenen Bedürfnissen aufgreift. Symptomatisch hierfür kann die Aussage von Jurko Prochas’ko stehen, die er bei der Podiumsdiskussion während der Konferenz machte. Diese vermittelt nicht nur ein Bild von der Funktionsweise Galiziens, sondern weist auch auf die Entwicklung der Galizienforschung hin: „Es gab schon vor einigen Jahren hier in Wien so eine ähnliche Konferenz des Doktoratskollegs. Da gab es auch eine Diskussion unter dem Titel Verloren in Galizien und ich habe gesagt, für mich stimmt das Gegenteil: Ich bin gefunden in Galizien.“2 So soll der Sammelband nicht den Verlust von Galizien beleuchten, sondern die verschiedenartigen Aneignungen dieses Raums. Sie unterscheiden sich je nach nationalem Narrativ und Zeitraum, können aber auch stark individualisiert sein. Während im österreichischen Narrativ Galizien vor allem ein literarischer Topos einer verschwundenen Welt ist3, gilt die Provinz in den ukrainischen Narrativen als Ursprung des ukrainischen Nationalbewusstseins, ist somit stark identitätsstiftend und der Beweis für die Zugehörigkeit der Ukraine zu Mitteleuropa. Dieses Argument spielte auch in den polnischen Narrativen (vor allem während der Zeit der Volksrepublik Polen) eine wichtige Rolle, welche nach der Wende 1989 beinahe vollkommen verschwunden ist. Heute steht Galizien in Polen für eine traditionelle, regionale und nationale Identität, und ist immer noch stark exkludierend.4 In den jüdischen Narrativen ist Galizien vor allem ein identitätsstiftender Erinnerungsort. Auch die immer öfter hervorgehobene „galizische Identität“ ist mit Mehrsprachigkeit, Multiethnizität und der damit einhergehenden Interdependenz verbunden5, wobei das Transnationale hier schon eingeschrieben zu sein scheint. Ersichtlich wird vor allem eines: die unterschiedliche Instrumentalisierung der Provinz sowie die von Anfang an implizite Künstlichkeit und Wandelbarkeit dieses Konstrukts – ein bereits vom amerikanischen Historiker Larry Wolff

2 Aussage von Jurko Prochas’ko während der vom Doktoratskolleg Galizien organisierten Podiumsdiskussion mit Delphine Bechtel, Börries Kuzmany, Isabel Röskau-Rydel und Kerstin S. Jobst am 21. Mai 2015 in der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien. 3 Siehe u. a.: Kaszyn´ski 1987; Rinner / Zerinschek 1988. 4 Siehe u. a.: Wierzejska 2015. 5 Siehe u. a.: Woldan 2015.

Einleitung der HerausgeberInnen

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umfassend beschriebenes Phänomen6. Forschungen zeigen, dass Galizien weder die ärmste Habsburgerprovinz gewesen ist (es waren die südlichen Kronländer : das Königreich Dalmatien, Kroatien-Slawonien und Bosnien-Herzegowina7), noch dass das ethno-soziokulturelle Zusammenleben stets harmonisch war, was sich nicht nur anhand der Ereignisse wie der Bauernerhebung von 1846, sondern auch anhand des polnisch-ukrainischen Antagonismus, der Auseinandersetzungen rund um die Universität Lemberg, zahlreicher Akkulturationsprozesse oder anti-jüdischer Ausschreitungen bestätigen lässt.8 Weiters stimmt der Bezugsrahmen des literarischen und kulturellen (Post-)Galizien nicht mit der Verwaltungseinheit der habsburgischen Provinz überein – er ist weitaus größer.9 Galizien zählt heute zu jenen Landstrichen, die Timothy Snyder mit „bloodlands“10 bezeichnet, eine Region, die durch die Shoah und den Zweiten Weltkrieg nahezu entvölkert wurde. Die Grenzen dieses Raums sind beweglich und stimmen mit der historischen Kartographierung nicht immer überein. Aus einer solchen Perspektive wird Galizien in diesem Sammelband in vier thematischen Abschnitten betrachtet: Imaginationen eines Konstrukts, Begegnungsorte des Transfers, politische und konfessionelle Mobilisierung, identitätsstiftende Projektionsflächen. Der erste Abschnitt „Imaginationen eines Konstrukts“ stellt Galizien als eine veränderbare Konstruktion der Vergangenheit dar, die als kulturelles Erbe für die Zukunft fungiert. Je nach Bedarf kann dieses in unterschiedlichen nationalen Narrativen immer wieder neu gestaltet werden. Die hier vereinigten Texte widmen sich dem Nachleben Galiziens besonders in den polnischen und ukrainischen Narrativen. Diese Konstruktionen Galiziens basieren zumeist auf literarisch-historischen Überlieferungen, die selber Konstruktionen sind. Die verschiedenen Erinnerungsdiskurse greifen auf diese zurück und imaginieren sie neu, wobei Galizien immer wieder unterschiedlichste Rollen übernehmen kann. Der erste Beitrag von Christof Schimsheimer vergleicht die Erinnerungsdiskurse rund um zwei polnische Erinnerungsorte: Galizien und die Kresy. Methodisch distinguiert er zwischen Mythos und Erinnerungsort und geht der Entwicklung beider Räume vom 19. Jahrhundert bis heute nach. Die Analyse zeigt, dass trotz ihrer geographischen Überschneidung und ihrer Rolle bei der polnischen Nations- und Identitätsbildung die beiden weder in ihrer Geschichte noch in ihrer Funktion äquivalent sind. Galizien war der politische Rahmen, in dem die Idee der Kresy überhaupt erst aufkam und propagiert wurde. Nach 1918 wurden beide ins nationale polnische Narrativ aufgenommen und in der Zeit der 6 7 8 9 10

Vgl. Wolff 2004; Wolff 2010. Vgl. Kaps 2015, S. 63. Siehe u. a.: Jobst 1996; Petrovsky-Shtern / Polonsky 2014. Vgl. Jobst 1998, S. 7–8. Snyder 2010.

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Einleitung der HerausgeberInnen

Volksrepublik Polen verboten, wodurch sich neue Dynamiken entwickelten. In den 1990er Jahren beherrschte vor allem der Kresy-Diskurs stark die Öffentlichkeit und beeinflusste die Heranbildung der post-sozialistischen Identität Polens. Galizien spielte im Vergleich eine geringere, überwiegend auf die Kommerzialisierung beschränkte Rolle. Auch der nachfolgende Aufsatz von Jagoda Wierzejska untersucht das polnische Nachleben Galiziens. Die Autorin legt dar, wie durch das Stigma der räumlichen Nicht-Präsenz Galizien in den literarischen Texten der polnischen Nachkriegsliteratur (u. a. von Kus´niewicz, Zagajewski, Rjz˙ycki, Wojciechowski, Stasiuk, Saturczak) auf zwei unterschiedliche Arten zu funktionieren begann: einerseits wurde Galizien in einen neuen Raum verschoben (dislocation), andererseits wurde es zur Idee eines anderen Raums transformiert (transformation). Galizien wird zu einem universellen Chronotopos mit Tendenz zum Mythos, der vor allem durch seine verschiebbare Zeitlichkeit und Räumlichkeit charakterisiert wird. Als leerer Raum bietet Galizien eine Projektionsfläche mit unendlichen Möglichkeiten. Dieser Aspekt wird ebenfalls im Beitrag von Magdalena Baran-Szołtys untersucht, der sich den Reisen nach Galizien in der polnischen Literatur nach 1989 widmet. Anhand der Texte Dukla („Die Welt hinter Dukla“) (1997) von Andrzej Stasiuk und Dwanas´cie stacji („Zwölf Stationen“) (2004) von Tomasz Rjz˙ycki analysiert sie die Funktion von Nostalgie bei den Reisen in diesen historischen Raum. Anhand zweier Spuren aus der Vergangenheit zeigt sie, wie diese im gegenwärtigen Raum die Erinnerung aktivieren und Galizien zu einem Raum sich überlagernder Schichten von Vergangenheit und Gegenwart, Realität und Imagination, Privatem und Öffentlichem machen. Stasiuk und Rjz˙ycki haben keinen Anspruch, Wahrheiten zu schaffen, sondern spielen mit den Mythen und „alternativen Zukünften“, wobei immer wieder neue Versionen von Galizien entstehen. Basierend auf den theoretischen Konzepten von Svetlana Boym, Linda Hutcheon und Andreas Huyssen stellt BaranSzołtys dar, wie das Konstrukt Galizien Anfang des 21. Jahrhunderts funktionieren kann. Galizien als zeitloser Raum und „verzauberter Ort“, wo sich verschiedene Kulturen, Geschichten und persönliche Schicksale verbinden, steht auch im Mittelpunkt von Olena Dvoretskas Untersuchung. Am Beispiel des Romans Neprosti (2002) von Taras Prochas’ko zeigt sie mithilfe der Geopoetik, wie hier der geopolitische Blick auf die ukrainischen Karpaten und Galizien durch einen kulturhistorischen ersetzt wird. Der Autor schafft seinen eigenen Mythos von Mitteleuropa, dessen Zentrum die imaginäre Stadt Jalivec’ bildet, wobei politische Teilungen Europas überwunden werden. Wie im Fall der Reisen wird der Raum Galizien mit eigenen Vorstellungen, Erinnerungen und Wünschen gefüllt und führt so seine Existenz fort. Der zweite Abschnitt „Begegnungsorte des Transfers“ behandelt die Zusammenhänge von Begegnung, Mobilität und Austausch Galiziens und seiner

Einleitung der HerausgeberInnen

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Bewohner in räumlicher und zeitlicher Perspektive. Dabei werden sowohl die Begegnungen verschiedener soziokultureller Gruppen im Raum Galiziens als auch Vernetzungen mit anderen Regionen thematisiert, welche zu vielfältigen Anpassungen und Grenzüberschreitungen in Sprache, Kultur, Politik oder Wirtschaft führten. Darüber hinaus manifestierten sich aus diesen interkulturellen und überregionalen Begegnungen verschiedene nationale Erinnerungsdiskurse und Narrative, die oft zu Abgrenzung, Stereotypisierung und Gewalt führten. Die Schenke als Begegnungsort verschiedener ethnisch-konfessioneller Gruppen steht im Zentrum des Beitrags von Larissa Cybenko. Am Beispiel ausgewählter literarischer Texte wird der Topos der Grenzschenke als statischer und „unbeweglicher“ Peripherieort nicht nur in Frage gestellt, sondern auch im Kontext der Überwindung politischer, sozialer und kultureller Grenzen behandelt. Die heterotopische Schenke als Ort der Transformation und Adaption beschleunigte einerseits die Grenzüberschreitung der handelnden Personen im geopolitischen Sinne, andererseits die Grenzverschiebung zwischen Zentrum und Peripherie sowie Gesetz und Gesetzlosigkeit. Einer sozialen und kulturellen Grenzüberschreitung widmet sich auch der Beitrag von Nino Gude, der am Beispiel des ukrainischen Gymnasiums in Przemys´l die Selbstverortung der jüdischen Schulkinder innerhalb des ukrainischen Kulturkreises zwischen den Jahren 1898 und 1918 aufzeigt. Anhand des Klassenraumes und der außerunterrichtlichen Aktivitäten wird das bis heute in seiner Überlieferung durch Isolierung, Konflikte und gegenseitige Abgrenzung geprägte Bild der Beziehungen zwischen Juden und Ukrainern durch die neutrale orts-und raumgebundene Kontaktzone Schule ersetzt, an der sich Juden und Ukrainer gleichermaßen orientierten. Die Schule war nicht nur ein Begegnungsort, an dem kulturelle Unterschiede zugleich sichtbar und überwunden, sondern auch Übergänge und Verknüpfungen zur jüdischen Lebenswelt hergestellt wurden. In der Schule erfuhren Juden und Ukrainer somit tagtäglich schon in jungen Jahren die Mechanismen von Inklusion und Exklusion. Die Anpassung der jüdischen Bewohner an die orts-und raumgebundenen Gegebenheiten wird auch in dem Artikel von Patrice M. Dabrowski hervorgehoben, der die Rolle der jüdischen Bevölkerung in den Karpaten auf eine neue Art und Weise beleuchtet. Unter anderem anhand des Werkes Na przełe˛czy („Am Gebirgspass“) (1891) von Stanisław Witkiewicz beschreibt Dabrowski die Darstellung der Funktionen und Lebensweisen der Juden im Tatra-Gebirge. Während die Juden eine Vermittlerfunktion zwischen den Hochgebirgsvölkern und den Bewohnern des Flachlandes einnahmen, die mit einer räumlichen und kulturellen Anpassung an die Lebensweisen der Bergvölker einherging, schien eine Eingliederung der jüdischen Bergbewohner in das polnische Nationskonzept des 19. Jahrhunderts ausgeschlossen. Stattdessen betonten polnische Zeit-

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Einleitung der HerausgeberInnen

genossen die sprachlichen und kulturellen Unterschiede zwischen den polnischen und jüdischen Bergbewohnern, was in der Hervorhebung jüdischer Stereotype kulminierte. Dass eine solche Klassifizierung und Fremdwahrnehmung durch Außenstehende nicht den Gegebenheiten vor Ort entsprach, verdeutlichten der räumliche Transfer zwischen Galizien und den Karpaten als Grenzregion sowie die kulturelle Symbiose zwischen den in der Tatra lebenden Juden und Goralen. Der kulturelle Transfer zwischen Galizien und den Karpaten wird auch in Sebastian Pauls Beitrag über das Leben und Wirken ukrainischer Intellektueller aus Galizien in der Karpatenregion in der Zwischenkriegszeit thematisiert. Positive Auswirkungen dieser regionalen Emigration waren im Bildungs- und Kultursektor sichtbar und führten zur Gründung einer Reihe neuer kultureller und politischer Organisationen. Dennoch waren dem Einfluss der ukrainisch-galizischen Diaspora Grenzen gesetzt, die nicht nur im Antagonismus zwischen der ukrainophilen und der russophilen Ausrichtung der ukrainischen Intelligenz mündeten, sondern ebenso zur Abgrenzung gegenüber der einheimischen Bevölkerung führten. Es wird ersichtlich, dass die Begegnung verschiedener sozialer Gruppen durch die Konstruktion nationaler Identitäten konterkariert wurde und die dadurch entstandenen Konflikte oftmals in gewalttätigen Auseinandersetzungen enden konnten. Die Migration aus Galizien beschränkte sich aber nicht ausschließlich auf die Nachbarregionen und angrenzenden Staaten, sondern hatte vom 19. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts einen transatlantischen Charakter. Im Kontext dieser transatlantischen Auswanderung aus Galizien übernahm die schlesisch-galizische Grenzstation Myslowitz eine bedeutende Funktion. Der Beitrag von Elisabeth Janik-Freis analysiert einerseits die Entstehungs- und Wandlungsgeschichte der Grenzstation in Myslowitz (1870–1914) und diskutiert andererseits die Kontrollmechanismen, die letztlich darüber entschieden, wer die Ausreise nach Übersee antreten durfte und wem sie untersagt wurde. Galizische AuswandererInnen auf ihrem Weg nach Nord- oder Südamerika unterlagen einer besonderen gesundheitlichen Sichtung, die sich nach dem Ausbruch der Choleraepidemie in Hamburg 1892 deutlich verschärfte. Janik-Freis argumentiert, dass am Ende des 19. Jahrhunderts der deutsche Staat im Verlauf des Auswanderungsprozesses aus Ostmitteleuropa verstärkt auf den Körper der Auswandernden zugriff. Der dritte Abschnitt des Sammelbandes „Politische und Konfessionelle Mobilisierung“ hinterfragt den Machtkampf zwischen Kirche und Staat durch die Einflussnahme und Aktivierung großer Menschengruppen in und außerhalb Galiziens. Die Frage nach Identitäten und Loyalitäten sowie die Auseinandersetzung mit der im 19. Jahrhundert weit verbreiteten Gleichsetzung von Konfession und nationaler Identität stehen im Fokus der hier versammelten Beiträge. Aus der heutigen Perspektive wird die religiöse Vielfalt aus den Bedürfnissen

Einleitung der HerausgeberInnen

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und Legitimationsinteressen der jeweiligen Akteure zur jeweiligen Zeit herausgearbeitet, wodurch aufgezeigt wird, welche politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen das Neben-und Miteinander der religiösen Gruppen beeinflussten. Im ersten Beitrag analysiert Katherine Younger die Rolle der GriechischKatholischen Kirche und deren Interaktionen mit dem Habsburger- und dem Russländischen Reich. Die Kirchenmitglieder unterstanden nicht nur dem Einflussgebiet dieser zwei Imperien, sondern gerieten zunehmend in das Spannungsfeld der zwei Konfessionen (katholisch und orthodox). Die These von der Doppeldeutigkeit der nationalen und konfessionellen Zugehörigkeiten wird am Beispiel der Emigration unierter Priester aus Galizien in das Gebiet rund um Chełm (1860–1875) und der Konversion von Personen griechisch-katholischen Glaubens zur Orthodoxie in Hnylycˇky (1882), einem galizischen Dorf nahe der Grenze zum Russländischen Reich, analysiert. Beide Ereignisse fanden Eingang in die Forschung: als von den Ukrainern angeführten Beweis der politischen und nationalen Entwicklung der ruthenischen Nation in Galizien und den westlichen Gebieten des Russländischen Reiches. Youngers Untersuchung geht aber darüber hinaus, denn für sie verdeutlichen beide Ereignisse die Wechselwirkung zwischen staatlicher Loyalität und konfessioneller Zugehörigkeit, die im konkreten Fall die Position der Griechisch-Katholischen Kirche einerseits zwischen der Habsburgermonarchie und dem Russländischen Reich, andererseits zwischen Katholizismus und Orthodoxie bestimmte. Die Katholische Kirche steht auch im Fokus des Artikels von Zoriana Melnyk, der sich insbesondere mit der politischen Mobilisierung von Priestern und deren Einflussnahme auf die Bauern auseinandersetzt. Die Geistlichen beider katholischer Kirchen in Galizien übernahmen als Vorkämpfer, die sich gegen die sozialen und politischen Missstände der Landbevölkerung Galiziens aussprachen, eine zentrale Funktion. Ihre Beteiligung in den Agrarstreiks von 1902 und dem Kampf für das allgemeine und gleiche Männerwahlrecht 1907 führte zur Massenmobilisierung und aktiven Teilnahme der Bauern. Gleichzeitig symbolisieren beide Ereignisse die endgültige Überwindung des gesellschaftlichen Antagonismus zwischen den galizischen Bauern und dem polnischen Landadel. Die Massenbewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts resultierten in der sozialen und politischen Emanzipation der Landbevölkerung und führten in letzter Konsequenz zur Stärkung des nationalen Bewusstseins. Durch die Unterstützung der Priester gelang es, die polnischen und ukrainischen Bauern für die nationale Frage zu mobilisieren und sie in nationalen und politischen Organisationen zusammenzuführen. Die politische Mobilisierung und Modernisierung des gesellschaftlichen Lebens beschränkte sich nicht nur auf die christliche Landbevölkerung in Galizien, sondern sollte im gleichen Ausmaß auch die Juden erfassen. Am Beispiel der Ölindustrie in Boryslav (1860–1900) untersucht Vladyslava Moskalets die jü-

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dische Arbeiterschaft und inwieweit diese den historisch-gesellschaftlichen Diskurs der Fremdwahrnehmung der galizischen Juden beeinflusste. Daneben liegt der Schwerpunkt ihrer Untersuchung auf einer möglichen politischen Vereinnahmung der jüdischen Erdölarbeiter durch die polnische Öffentlichkeit einerseits und die jüdischen Sozialisten und Zionisten andererseits. Letztlich prägten die jüdischen Arbeiter nicht nur das Image der Ölindustrie in Boryslav in seiner Gesamtheit, sondern beschleunigten durch ihre Produktivität die Emanzipation des galizischen Judentums und dessen Eingliederung in die christliche Mehrheitsgesellschaft. Mobilisierung und Akkulturation der jüdischen Bevölkerung bilden auch den Grundsatz in den Überlegungen von Alina Molisak, die in ihrem Beitrag das Leben und Wirken von Jakob Frank analysiert. Ausgehend von Olga Tokarczuks Ksie˛gi Jakubowe („Die Jakobsbücher“) (2014) versteht Molisak den Frankismus als Form der jüdischen Erneuerungsbewegung und Akkulturation an den weltlichen Kulturkreis. Zur Unterstützung ihrer These wird die Konversion der Frankisten zum Katholizismus angeführt. In den Jahren 1759/60 konvertierten insgesamt 512 Personen in Lemberg zum Katholizismus.11 Trotz der Glaubensübertritte bewahrten Jakob Frank und seine Anhänger die jüdisch-religiösen Glaubensvorstellungen, während gleichzeitig eine Anpassung an ihre christliche Umgebung in kultureller und politischer Hinsicht vollzogen wurde. Den Höhepunkt der politischen Einflussnahme bildeten dabei die Kontakte zum Wiener Hof in der Hoffnung, ein eigenes Territorium für die Anhänger des Frankismus vom Kaiser zu erhalten. Der letzte Abschnitt „Identitätsstiftende Projektionsflächen“ behandelt Galizien als nationsbildendes Instrument für die Ukrainer. Die Wandelbarkeit dieses Konstrukts tritt hier erneut stark in Erscheinung und wird durch das Motiv der slawischen Wechselseitigkeit raumübergreifend verwendet. Es wird deutlich, dass sich die Anfänge des ukrainischen Nationalbewusstseins zunächst verstärkt an einer panslawischen Narration orientierten und erst ab den 1870er Jahren einen zunehmend exkludierenden Charakter aufwiesen. Der Beitrag von Olha Voznyuk stellt Galizien als Idee eines multinationalen ideologischen Konstruktes dar und zeichnet die Konstruktion eines galizischen Bewusstseins mithilfe von Anthologien nach. Das Wissen um gemeinsame Geschichte, Sitten und Bräuche der Bewohner in Galizien wurde in der Zusammenführung von polnischen und ruthenischen Liedern in anthologischen Sammlungen zu einer galizischen Identität vereinigt. Eines der von ihr analysierten Beispiele ist die Rusalka Dnistrovaja („Rusalka/Flußnixe vom Dnestr“), die 1837 von der Ruthenischen Triade (Rus’ka Trijcja) herausgegeben wurde und als Symbol der geistigen und kulturellen Wiederbelebung eines ukrainischen Nationalbewusstseins in Galizien gilt. An die Konstruktion der ukrainischen Nation knüpft 11 Jezers’ka 2010.

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auch der Beitrag von Anton Kotenko an, in dem der Austausch zwischen den Ukrainern aus Galizien und dem Russländischen Reich behandelt wird. Die Idee eines gemeinsamen ukrainischen Raumes wurde durch die im Jahr 1904 in Lemberg stattgefundene panukrainische Sommerschule vorangetrieben, an der die ukrainischen Intellektuellen aus Galizien und dem Russländischen Reich für die Zusammenarbeit bei der Bildung des gemeinsamen Nationskonzepts plädierten. Die vier Abschnitte sollen vor allem eines zeigen: Galizien war stets in die Interaktionen mit den Nachbarregionen eingebunden und strahlt heute weit über den geographischen Raum des historischen Galiziens hinaus. Dies spiegelt sich in den miteinander verflochtenen polnischen, ukrainischen, jüdischen und deutschösterreichischen Perspektiven und Narrativen wider und macht Galizien heute wohl zu einer der am stärksten mystifizierten Regionen Europas. Ferner versammelt die Publikation Beiträge aus unterschiedlichen Ländern und aus verschiedenen Fachrichtungen, was die internationale Bedeutung Galiziens verdeutlicht. Insofern repräsentiert der Sammelband das Miteinander einer sich international verflechtenden Wissenschafts- und Kulturlandschaft und ist gleichzeitig Ausdruck einer transnationalen Postkarte aus Wien mit kulturwissenschaftlich und transdisziplinär beleuchteten Bildern über das historische Galizien. Dieser Sammelband ist Herrn Prof. Alois Woldan gewidmet, dessen Expertise und Hilfsbereitschaft seine KollegInnen und StudentInnen seit Jahren zu schätzen wissen. Von seinem unerschöpflichen enzyklopädischen Wissen sowie persönlichen Engagement in unterschiedlichsten Bereichen durfte nicht nur das Doktoratskolleg Galizien, dessen Mitglied er von Beginn an und dessen Sprecher er über lange Jahre hinweg war, sondern vor allem die Galizienforschung profitieren. Seine wissenschaftlichen Arbeiten zur innerslawischen Komparatistik und den literarischen Wechselbeziehungen zwischen der polnischen, ukrainischen und deutschen Literatur in Galizien haben einen enormen Beitrag zu einer wissenschaftlichen Beleuchtung dieses Themas geführt. Als unbestrittener und international anerkannter Galizienexperte hat er diesen Forschungsbereich tiefgreifend geprägt und wird diesen hoffentlich noch für eine lange Zeit mitgestalten. So steht auch Alois Woldans Beitrag zu Ivan Frankos Lemberg-Roman Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa („Für den häuslichen Herd“) allen anderen voran. Darin wird die Stadt Lemberg im Kontext des europäischen Stadtromans analysiert. Der in Frankos Text erzeugte Raum schreibt konkreten Orten neue symbolische Bedeutungen zu und vermittelt ein Bild des bürgerlichen Lembergs mit starkem Bezug zur sozialen Unterschicht. Wien, August 2017

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Einleitung der HerausgeberInnen

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Alois Woldan

Ivan Frankos Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇ a – ein Lemberg-Roman

Frankos Roman Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa („Für den häuslichen Herd“), den der Autor 1892 in Wien, neben der Arbeit an seiner Dissertation, geschrieben hat, ist in mancher Hinsicht bemerkenswert: als ein Werk, das in zwei Sprachen vorliegt, polnisch und ukrainisch,1 als ein Text, der, was die Gattung betrifft, zwischen Familien- und Kriminalroman schwankt2 und der wie manche andere Prosawerke Frankos auf Fakten aus Gerichtsverfahren zurückgeht.3 Dlja domasˇn’oho ohnysˇˇca ist aber auch ein Lemberg-Roman,4 nicht nur, weil die Handlung dort spielt, sondern auch, weil die Stadt selbst, wie die polnische Forscherin Katarzyna Kotyn´ska erst kürzlich feststellte, zum Protagonisten der Erzählung wird – in dem Sinn, dass das, was hier erzählt wird, sich nur im österreichischen Lemberg um 1900 ereignen kann.5 Kotyn´ska stützt sich dabei auf die Arbeit einer ukrainischen Kollegin, Natalija Todcˇuk, aus neuerer Zeit, wo man lesen kann: „die Stadt tritt im Roman […] als einer der Haupthelden des Dramas auf.“6 Somit steht Frankos Roman in einem doppelten Kontext – im Kontext des europäischen Stadtromans, der von Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz bis zu Andrej Belyjs Petersburg reicht7 – in allen diesen und ähnlichen Romanen spielt der Ort der Handlung quasi mit in der Erzählung vom Schicksal der Protagonisten. Neben dem europäischen Kontext dieses Romans lässt sich unschwer ein 1 Der Roman wurde zuerst in polnischer Sprache verfasst, weil der Autor sich von einer Publikation in einer polnischen Zeitschrift ein größeres Honorar erwartete; erst dann schrieb Franko die ukrainische Fassung, die sich von der polnischen in einigen Details unterscheidet. Vgl. Moroz 1982, S. 32f; wie auch den Kommentar zu Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa: Vgl. Moroz 1979, S. 489ff. 2 Vgl. Szymonik 2007, S. 466–471. 3 Moroz 1982, S. 31f. 4 Die Debatte, ob es sich bei diesem Text um einen Roman oder eine Novelle (ukr. „Povist’“) handelt, wird von Natalija Todcˇuk ausführlich dargestellt. Vgl. Todcˇuk 2002, S. 32–38, wobei die Verfasserin zu dem Schluss kommt, dass es sich bei diesem Text um einen Roman handelt. 5 Vgl. Kotyn´ska 2015, S. 11. 6 Todcˇuk 2002, S. 165: „misto vystupaje v romani […] jak odyn iz holovnych herojiv dramy.“ 7 Vgl. Klotz 1969.

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regionaler Kontext rekonstruieren, der des polnischen Stadtromans von Lwjw, der von Jan Zacharjasiewicz Swie˛ty Jur („Heiliger Georg“) (1862) bis zu Jan Parandowskis Niebo w płomieniach („Himmel in Flammen“) (1936) reicht, und natürlich auch ein Kontext im Gesamtwerk von Franko: schon der Roman Lel’ i Polel’ („Lelum und Polelum“) (1888/1890) ist im Milieu von Lemberg angesiedelt, und auch die späteren Erzählungen Odi profanum vulgus (1899) und Bat’kivsˇcˇyna („Väterliches Erbe“) (1904) haben einen starken Bezug zu dieser Stadt. Der Stadtroman von L’viv ist heute besonders in der zeitgenössischen ukrainischen Literatur produktiv – man könnte an Texte von Viktor Neborak, Jurij Vynnycˇuk u. a. denken.8 Bevor aber Frankos Roman unter dem Aspekt eines Lemberg-Textes gelesen wird, soll kurz dessen Handlung rekapituliert werden. Als der Hauptmann Anharovycˇ nach fünf Jahren Dienst in Bosnien in den 1880er Jahren zu seiner Familie nach Lemberg zurückkehrt, stellt er mit Erstaunen fest, dass seine Frau mit den beiden Kindern nun ein viel aufwendigeres Leben führt als zuvor. Das kommt daher, dass diese, die mit seinem bescheidenen Sold nicht auskommen konnte, mit kriminellen Praktiken Geld dazu verdient. Sie hat in der ländlichen Umgebung Mädchen angeworben, die dann entweder als Prostituierte im Bordell ihrer Freundin in Lemberg arbeiten oder aber über einen jüdischen Vermittler in Freudenhäuser nach Istanbul, Kairo und andere weit entfernte Städte verschachert werden. Als Anharovycˇ das entdeckt, bricht für ihn eine Welt zusammen: Er fordert seinen besten Freund im Offizierscasino, Redlich, zum Duell, weil dieser Anspielungen auf den Lebenswandel von Frau Anharovycˇ gemacht hatte. Nachdem er den Freund bei diesem Duell schwer verwundet hat, stellt er seine Frau zur Rede. Sie aber enthüllt ihm die andere Seite der Wahrheit: alle die, die jetzt mit Fingern auf sie zeigen, haben zuvor gern von jenen Dienstleistungen Gebrauch gemacht, die sie vermittelt. Dann erschießt sie sich, um die Ehre ihres Mannes und ihrer Familie wiederherzustellen. Mit ihrem Tod ermöglicht sie ihrem Mann und ihren Kindern eine Rückkehr ins normale Leben, von der im Epilog die Rede ist. Welchen Sinn hat es, wenn man Frankos Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa unter dem Aspekt eines Stadt-Romans liest? Zweifellos verschiebt sich bei einer solchen Lektüre der Schwerpunkt der Interpretation von einer rein werkimmanenten auf eine kontextuelle Deutung, welche die Bezüge des Texts zu einem außerliterarischen Kontext betont – auch der Raum der Stadt kann im Sinn der Semiotik als ein Text betrachtet werden, und somit auch als eine Form des Kontexts, als ein anderer Kontext als die bereits erwähnten Kontexte im engeren Sinn. Die Betrachtung der ästhetischen Werte, über die Frankos Text zweifellos verfügt, tritt in den Hintergrund, und auch die meisterliche psychologische Gestaltung seiner 8 Vgl. Woldan 2015, S. 151–169.

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Figuren steht bei dieser Art von Lektüre nicht im Vordergrund. Stattdessen wird der Text im Hinblick auf die Informationen zu sozialen, ethnischen, nicht zuletzt auch sprachlichen Verhältnissen in Lemberg vor 1900 gelesen. Es geht zudem um die Einschätzung wichtiger Institutionen des gesellschaftlichen Lebens und schließlich um eine Gesamtbewertung der Stadt Lemberg als einen sozialen Raum, der das Leben der Protagonisten umfasst, gleich, ob er es begünstig oder erschwert. Dabei basiert dieser Raum immer auf konkreten, historischen und geographischen Realien, z. B. Straßennamen, ohne sich aber auf eine pure Nachzeichnung des Orts der Handlung zu beschränken: der Raum der Stadt Lemberg, der in Frankos Text erzeugt wird, ist eine semiotische Größe, er schreibt konkreten Orten neue, symbolische Bedeutungen zu. Dreimal irrt Anharovycˇ, nachdem für ihn die Geborgenheit in der häuslichen Idylle abhandengekommen ist, durch die nächtlichen, winterlichen Straßen der Stadt, und jede dieser „Irrfahrten“ lässt sich auf dem Stadtplan9 lokalisieren, z. B. die mittlere, die aus der Pekars’ka-Straße, wo der Hauptmann wohnt, über den Bernhardiner-Platz und die Halyc’ka-Straße in das Stadtzentrum auf den Ringplatz führt. Von dort gelangt Anharovycˇ über die Karl-Ludwig-Straße und den Mariacki-Platz auf die Akademicˇna-Straße, um letzten Endes in der FredroStraße vor dem Offizierscasino zu stehen.10 Diese Wanderung ist nicht zielgerichtet, der Held weiß selbst nicht, wohin er eigentlich will, und führt trotzdem an einen Ort, der für den Protagonisten schicksalshaft ist: im Casino kommt es zum Streit mit den Kollegen und zur Duellforderung an seinen Freund. Die nächtlich-leeren Straßen und das Schneegestöber werden zur idealen Kulisse für eine schicksalshafte Verirrung, die in einer Tragödie mündet, die der Held eigentlich nicht gewollt hat. Konkrete Orte des Stadtplans werden zu Koordinaten der existentiellen Problematik des Protagonisten. Die Straßen im Zentrum Lembergs erzeugen einen geschlossenen Raum, aus dem es kein Entweichen gibt – welchen Weg oder Umweg der Held auch nimmt, er bleibt in diesem Raum gefangen und landet am Ort der Vorherbestimmung. Spätestens hier ist zu betonen, dass Franko die Verhältnisse im österreichischen Lemberg des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts bestens kannte – er verbrachte den Großteil seines Lebens, mehr als vierzig Jahre, in dieser Stadt, wo er als Schriftsteller große Erfolge verzeichnen konnte, als Wissenschaftler und politischer Aktivist jedoch schwere Niederlagen hinnehmen musste.11 Die Protagonisten des Romans Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa sind Bürger der Stadt Lemberg, sie gehören verschiedenen sozialen, aber auch nationalen 9 Natalija Todcˇuk betont die Bedeutung des Stadtplans für die Konstruktion des Stadtraumes. Vgl. Todcˇuk 2002, S. 175f. 10 Franko 1979, S. 68. 11 Vgl. Franko 2007, S. 69–77.

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Schichten an. Was die sozialen Schichten betrifft, so finden wir vor allem Vertreter einer bürgerlichen Mittelschicht, zu der auch eine Offiziersfamilie wie die des Protagonisten, des Hauptmanns Anharovycˇ, zu zählen ist. Zahlreicher sind die Vertreter der Unterschicht, vom Offiziersburschen Hryc’ über das Hausmädchen Marynja bis zu namenlosen Hausmeistern, Soldaten und Prostituierten. Vertreter der aristokratischen Oberschicht fehlen fast zur Gänze, mit Ausnahme des Barons Reuchlingen, der aber nicht direkt auftritt, weil er schon vor Beginn der Handlung verstorben ist. Es ist ein bürgerliches Lemberg, das Franko in diesem Roman zeichnet, das aber auf einer breiten sozialen Unterschicht ruht. Die Protagonisten sind Bürger, nicht Adelige – hier zeigt sich ein Unterschied zum polnischen realistischen Roman des späten 19. Jahrhunderts, der „powies´c´ społeczna“, mit dem Frankos Roman viel gemeinsam hat, in dem aber zumeist deklassierte Adelige die Hauptrollen spielen. Schwieriger ist es die nationale Zugehörigkeit der Protagonisten zu bestimmen. Liest man die polnische Erstfassung, so könnte man meinen, die Handlung spiele im rein polnischen Milieu von Lemberg, ausgenommen die in den Eigennamen gegebenen Hinweise auf Personen deutscher und jüdischer Nationalität. Bei der ukrainischen Endfassung des Romans, von der ich bei diesen Überlegungen auch ausgehe, sind die Verweise auf die nationale Zugehörigkeit der handelnden Personen deutlicher. Hier sind vor allem die Eigennamen von Bedeutung. Der Name „Anharovycˇ“ / „Angarowicz“ ist weder typisch polnisch, noch typisch ukrainisch, Katarzyna Kotyn´ska vermutet eine armenische Herkunft dieses Namens,12 es gibt aber im Text keine Hinweise darauf. Der Hauptmann Anharovycˇ trägt einen Vornamen, der in beiden Sprachen existiert, ukr. „Antin“ und poln. „Antoni“. Seine Frau hingegen hat einen rein polnischen Vornamen, „Aniela“, den es im Ukrainischen nicht gibt und der in der polnischen Form ins Ukrainische übernommen wird. Ähnlich verhält es sich mit den Kindern des Paares: der Sohn heißt in der polnischen Fassung „Mietek“, was eine Koseform für „Mieczysław“, einen rein polnischen Namen, ist; in der ukrainischen Fassung heißt der Junge „Mychas“, was eine Koseform für „Mychajlo“, eine ukrainische Namensform, ist. Die kleine Tochter heißt „Cesia“, eine Koseform von „Celina“, ein Name, den es nur im Polnischen gibt – er wird ins Ukrainische übernommen. Anharovycˇ’ Sohn wird also in der Endfassung des Romans zum Ukrainer, während die Tochter Polin bleibt – ist hier vielleicht schon ein Hinweis auf eine ethnisch gemischte Familie gegeben? An dieser Stelle sei auch auf die Funktion der Koseformen (Deminuitiva) eingegangen: was bedeutet es, wenn ständig von „Antos´“, anstelle von „Antoni“, von „Anielcia“ statt „Aniela“, von „Julcia“ statt „Julia“ gesprochen wird? Es ist ein Hinweis auf eine Atmosphäre des vertraulichen, familiären Umgangs, die 12 Vgl. Kotyn´ska 2015, S. 25.

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typisch ist für den Chronotopos der Idylle (Bachtin) – dieser wiederum ist in der Wohnung der Familie, im „häuslichen Herd“ des Titels, auch räumlich lokalisiert, er hat sogar eine Lemberger Adresse: Pekars’ka-Straße 4. Von den Koseformen der Namen lässt sich also eine Verbindung herstellen zur Semiotik des Raums, ein Zusammenhang, der in bisherigen Untersuchungen nicht gesehen wurde. Zurück aber zu den Namen: deutlicher ist die ethnische Zugehörigkeit auf der Ebene der Diener zu sehen – Hryc’ bzw. Hryc’ko kann nur ein Ukrainer sein, und auch das Küchenmädchen Marynja, mit dem der Offiziersbursche, der übrigens mit sehr positiven Charaktereigenschaften ausgestattet ist, liebäugelt, hat einen ukrainischen Namen. Deutlich verstärkt hat Franko die ukrainischen Merkmale der Bediensteten von Julia Szablin´ska, Sˇymonova: sie grüßt mit „Slava Isusu Chrystu“ und stammt aus Deljatyn.13 Genau diese Details fehlen in der polnischen Erstfassung.14 Es entspricht einer sozialen Praxis, dass in den bürgerlichen Haushalten Lembergs die Herren Polen, die Diener Ukrainer waren; bei Franko kommt dazu, dass diese Diener, wenn auch nicht ausführlich, so doch positiv gezeichnet sind: Hryc’ übernimmt die Rolle des Kindermädchens, erzählt den Kindern seines Vorgesetzen von den Heldentaten ihres Vaters in Bosnien; Sˇymonova überwindet ihre Angst vor leeren nächtlichen Parks, um nach der Verhaftung ihrer Herrin deren Freundin Aniela zu warnen. Noch einmal zurück zu den beiden Haupthelden, Antin und Aniela Anharovycˇ. Mehrmals wird im Roman auf die Vorgeschichte dieser Beziehung zurückgegriffen. Aniela ist die Enkelin des alten, reichen Fabrikanten Hurter in Krakau, von ihren Eltern ist nie die Rede, der Großvater vertritt, wenn es um die Heirat der Enkelin geht, die Rolle des Vaters. „Hurter“ ist absolut kein polnischer Name, sondern ein deutscher, vielleicht auch jüdischer. Irgendwann muss sich Hurter, der, als er in Lemberg völlig verarmt auftaucht, über einen polnischen Vornamen, Michał, verfügt15 polonisiert haben – seine Enkelin ist eine Polin durch und durch. Assimilation von deutschen Einwanderern an das polnische Milieu war in Galizien im frühen 19. Jahrhundert sehr verbreitet, man denke nur an den bekannten polnischen Autor Wincenty Pol (ursprünglich Pohl von Pollenburg), der auch Jahre in Lemberg verbracht hat. Hurter mag keine Militärs, erfährt man aus dem Text, und ist aus diesem Grund gegen eine Heirat seiner Enkelin mit Anharovycˇ16 ; er gibt aber seiner Enkelin – und das ist nur ganz kurz angedeutet – als Mitgift gerade so viel Geld, dass Anharovycˇ die nötige Heiratskaution bezahlen kann: wollte man als österreichischer Offizier heiraten, 13 14 15 16

Franko 1979, S. 87. Ebd., S. 430. Ebd., S. 411. Ebd., S. 28.

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musste man eine beträchtliche Summe hinterlegen, damit der Staat nicht für Witwen und Waisen aufkommen musste, wenn der jeweilige Offizier bei der Ausübung seines Dienstes den Tod fand. Diese Kaution gehört übrigens zum Motiv des Geldes, das in der Entwicklung der Handlung eine wichtige Rolle spielt, ganz im Sinn der „powies´c´ społeczna“, worauf noch einzugehen sein wird. Warum wollte Hurter partout keine Heirat seiner Enkelin mit Anharovycˇ ? Weil dieser ein kleiner Offizier war, weil dieser arm war und nicht einmal die erforderliche Heiratskaution aufbringen konnte (so wie übrigens der bekannte Czernowitzer Literat Jurij Osyp Fed’kovycˇ)? Oder weil er kein Pole, sondern ein Ukrainer war? Ein einfacher Mensch aus armen Verhältnissen, der die einzige Chance auf sozialen Aufstieg in der Karriere eines Berufsoffiziers sah, und sich dabei vielleicht auch polonisierte? Ein Bursche vom Land, der in der Stadt Lemberg Fuß gefasst und seinen sozialen Aufstieg mit der Heirat mit einer Polin gekrönt hatte? Frankos Text lässt die nationale Zugehörigkeit seines Protagonisten offen, ihn als Ukrainer zu deklarieren bleibt im Bereich der Spekulation. Die ukrainische Literatur in Galizien kennt allerdings das Modell sowohl der gemischten, ukrainisch-polnischen Ehe, wie auch des sozialen Aufstiegs des armen, aber intelligenten Ukrainers in den österreichischen Institutionen – Bohdan Lepkyjs Erzählung Avans („Aufstieg“) und Osyp Makovejs Chrestyny („Taufe“) bieten Beispiele dafür. Die gemischte, ukrainisch-polnische Ehe oder zumindest Beziehung, bei der der Mann immer Ukrainer, die Frau aber Polin ist, findet sich in Frankos Prosa häufig: schon in seinem ersten Roman, Petriji i Dovbusˇˇcuky (1875) ist einer der Protagonisten, Andrij Petrij, mit einer Polin, Dozja Kralins’ka, verheiratet. Im Romanfragment Ne spytavsˇy brodu („Ohne Vorhersage“) (1886) kommt es zu einer Heirat zwischen dem Ukrainer Borys Hrab und der Polin Gustja Trac’ka, die ihm aber mehrfach seine bäuerliche Herkunft vorwirft.17 Im Roman Osnovy suspil’nosty („Die Stützen der Gesellschaft“) (1894) gibt es eine Liebesbeziehung zwischen dem Studenten und späteren Pfarrer Nestor Derevac’kyj und der jungen Polin Olimpija – eine Ehe scheitert an den Standesunterschieden, sie muss den ungeliebten Grafen Tors’kyj heiraten. Ganz ähnlich ist die Situation des Protagonisten aus Frankos letztem Roman, Perechresni stezˇky („Kreuzwege“) (1900), wo der ukrainische Anwalt Jevhen Rafalovycˇ in die junge Polin Regina Tvardovs’ka und sie in ihn verliebt ist – es kommt zu keiner Heirat, weil Reginas Tante eine andere Eheschließung verfügt und damit beide unglücklich macht. In der Erzählung Bat’kivsˇcˇyna schließlich ist der Protagonist einmal mehr ein Ukrainer, ein einfacher Student vom Land, der sich in Lemberg in die Kellnerin Kycen’ka verliebt und ihr zuliebe sein väterliches Erbe durchbringt – es gibt in diesem Fall keinen expliziten Hinweis auf die nationale Zugehörigkeit dieser 17 Vgl. Pusˇcˇak 2007, S. 269.

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„femme fatale“, wohl aber implizite Anzeichen, die sie als Polin qualifizieren. Warum sollte dieses Modell der Beziehung zwischen einem ukrainischen Mann und einer polnischen Frau nicht auch in Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa vorliegen, wo die Protagonistin eindeutig als Polin ausgewiesen, ihr Mann aber nicht national zugeteilt wird? Es passt übrigens zum Raum der Stadt, dass dort die Vertreter unterschiedlicher nationaler wie auch sozialer Schichten aufeinandertreffen, dass dort Ehen zwischen unterschiedlichen Partnern eingegangen und soziale Schranken überwunden werden; auf dem Dorf wäre das alles nicht denkbar. Unter den Interpreten des Romans gibt es zumindest zwei Stimmen, welche Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa als einen Beitrag zur Frage der polnisch-ukrainischen Beziehungen im künstlerischen Werk von Franko sehen – Roman Hrom’jak nennt diesen Roman als ein Beispiel für die literarische Gestaltung der ethnisch heterogenen Welt Galiziens18 und Stefenija Pusˇcˇak sieht in diesem Text ein Beispiel für die polnisch-ukrainische Dialogizität in Frankos Werk.19 Sicher hat auch die Interaktion der Protagonisten in Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa ihren Platz im Rahmen der polnisch-ukrainischen Verhältnisse in Galizien, die Franko immer wieder thematisiert. Noch eine Figur verdient im Hinblick auf ihre unklare nationale Zugehörigkeit unser Interesse: Redlich, Freund und Offizierskollege des Protagonisten Anharovycˇ. Er trägt einen rein deutschen Nachnamen, der nolens volens auch ein sprechender Name ist: Redlich ist ein im wahrsten Sinn des Wortes redlicher Mensch, er ist ehrlich und offen, steht immer zu seinem Freund und gibt vielleicht beim Duell bewusst keinen zweiten Schuss ab, um seinen Freund zu schonen. Zum deutschen Nachnamen kommt aber ein ukrainischer Vorname, „Hnatyk“20, was äußerst seltsam klingt: „Hnat Redlich“. Wer ist Redlich? Ein Ukrainer mit deutschen Wurzeln, ein Österreicher, dessen Vorname „Ignaz“ ins Ukrainische transferiert wurde? Der Text gibt darüber keine Auskunft, die Institution der k. u. k. Armee mit ihrem multinationalen Offizierskader kennt solche Mehrfachidentitäten sehr wohl. Auch die Opfer der kriminellen Machenschaften, welche Aniela, Julia und Sternberg betreiben, sind ethnisch nicht zugeordnet. Zum einen wirbt Aniela diese Mädchen in typisch ukrainischen Gegenden an, in Kleinstädten wie Stryj21, zum anderen ist bei den Opfern immer nur die Rede von „galizischen Mädeln“22, obwohl es primär ukrainische Mädchen waren, die auf solche Versprechungen hereinfielen. Auch dort, wo eine Gruppe solcher „gefallener“ Frauen zurück nach Lemberg kommt, um diejenige, die die Schuld an ihrem Unglück trägt, zu 18 19 20 21 22

Vgl. Hrom’jak 1997, S. 223ff. Vgl. Pusˇcˇak 2007, S. 267f. Franko 1979, S. 38. Ebd., S. 119. Ebd., S. 120: „halyc’ki divcˇata.“

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identifizieren, gibt es keine Hinweise darauf, ob es sich bei den Opfern um polnische, ukrainische oder jüdische Mädchen handelt.23 Im Rahmen einer auf Bachtin zurückgehenden „Dialogizität“ kommt die bereits erwähnte Stefanija Pusˇcˇak auf die Mehrsprachigkeit des Textes zu sprechen, die sie aus dem außersprachlichen Kontext, der multiethnischen Bevölkerung Lembergs erklärt.24 Etwas anders versteht Natalija Todcˇuk diese Mehrsprachigkeit, wenn sie zum einen soziale und individuelle Sprachstile, zum anderen auch nicht verbale sprachliche Mittel des Kodes der Kommunikation miteinbezieht.25 Beide Forscherinnen gehen aber nicht näher auf die konkrete Ausgestaltung dieses Phänomens im Text ein, die zu einer „intratextuellen Mehrsprachigkeit“26 führt. Auch diesbezüglich lässt sich feststellen, dass die Mehrsprachigkeit in der ukrainischen Endfassung des Romans im Vergleich zur polnischen Erstfassung zugenommen hat. Zahlreiche fremdsprachige Einschübe im ukrainischen Text, Germanismen, Polonismen, Latinismen und Gallizismen, tragen zu einer Vielsprachigkeit bei, die für den Stadttext von Lemberg typisch ist. Wie Roman Hrom’jak betont, liegt der Schlüssel zum Verständnis dieser intratextuellen Mehrsprachigkeit in der außertextuellen Wirklichkeit der interethnischen Beziehungen in der Stadt.27 Mehrsprachige Einschübe bringen im Sinn von Bachtins Polyphonie aber auch unterschiedliche Standpunkte und Interessen einzelner Sprecher zum Ausdruck. David Sternberg, der jüdische Unternehmer, der hinter dem Geschäft mit dem Mädchenhandel steht, schickt aus Budapest an seine Lemberger Komplizinnen ein Telegramm in deutscher Sprache: „Komme mit Orient-Expresszug. Schicke weiteres Telegramm aus Budapest.“28 Das Deutsch dieser Mitteilung weist nicht nur darauf hin, dass Sternberg zu jener jüdischen Schicht gehört, die sich nicht an das Polnische, sondern an das Deutsche assimiliert hat, aber auch darauf, dass die beiden polnischen Damen im Salon der Aniela Anharovycˇ auch Deutsch verstehen – kein Problem für jemanden, der in Galizien eine höhere Schulbildung absolviert hatte. Deutsch als Indikator für höhere Bildung finden wir auch beim Hauptmann Anharovycˇ. Er kennt Goethes Faust, zitiert den Mephisto „Blut ist ein besonderer Saft,“29 so wie er auch das lateinische „Morituri te salutant“ kennt und abwandelt

23 24 25 26

Ebd., 1979, S. 117f. Vgl. Pusˇcˇak 2007, S. 267. Vgl. Todcˇuk 2002, S. 51ff. Diesen Begriff prägte Georg Kremnitz in seinem Buch Mehrsprachigkeit in der Literatur. Wie Autoren ihre Sprache wählen, S. 13f. 27 Vgl. Hrom’jak 1997, S. 226. 28 Franko 1979, S. 11. 29 Ebd., S. 103.

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„Moriturus vos salutant“.30 Deutsch ist auch die Umgangssprache im Offizierscasino, „Servus, wie geht’s Dir“31 und ähnliche Floskeln deuten die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe an, die einen elitären Charakter hat. Deutsch ist schließlich die Befehlssprache in der österreichischen Armee und verweist in dieser Funktion auf Hierarchie und Subordination. Die ukrainische Literatur kennt genug Beispiele von den Schwierigkeiten, welche ukrainische Rekruten mit dieser fremden Sprache haben, von den leidvollen Erfahrungen eines bäuerlichen Rekruten in Osyp Makovejs Erzählung Trudne im’’ja („Ein schwieriger Name“) (1913) bis zur ironischen Paraphrase in Jurij Andruchovycˇ’ Essay Erc-herz-perc (1994). Wenn Anharovycˇ auch zu Hause halb im Spaß, halb im Ernst, militärische Kommandos verwendet, um die Freundin seiner Frau zum Abendessen in der Familie zu nötigen – „Halt, keine Widerrede […]“32, überträgt er seine Befehlsgewalt auf einen Bereich, wo diese nicht angebracht ist – und demaskiert damit Deutsch als die Sprache des Befehlens und des Zwanges. Deutsch ist aber auch die Sprache des Bildungsbürgertums, literarische Zitate und Redewendungen wie „Nur nichts überstürzen“33 gehören zum Wortschatz eines Galiziers mit entsprechender Schulbildung. Einige wenige französische Floskeln im Salon der Anharovycˇ „Allons, marsˇ“34, „Allons, enfants!“35gehören zum guten Ton in einer Gesellschaft, die gebildet ist, über gute Manieren verfügt und ein entsprechendes Standesbewusstsein hat. Genau diese Gesellschaft, die mit sprachlichen Mitteln sehr subtil gezeichnet wird, wird auf der Ebene der Handlung massiv demaskiert: hinter den schönen Phrasen steht die Ausbeutung der Unterschicht, die Eleganz der Konversation deckt kriminelle Praktiken zu. Auch polnische lexikalische und phraseologische Elemente, die nur im ukrainischen Text als fremdsprachige Einschübe wirken, wie die Anredeformen „pan´stwo“ und „dobrodziej“36 oder die Wendung „zaprosic´ na herbate˛“37 passen zum Bild einer eleganten bürgerlichen Gesellschaft, die über jeden Verdacht der Unmoral erhaben scheint. Ein letzter Aspekt dieser galizischen Mehrsprachigkeit ist zu betonen: als Franko seinen Roman veröffentlichte, brauchte er diese Einsprengsel nicht zu erklären, seine Leser waren mit der sprachlichen Vielfalt in Lemberg vertraut. Die moderne ukrainische Ausgabe fügt hier Fußnoten mit Übersetzungen ein, der Leser heute verfügt in der Regel nicht mehr über die Kenntnisse des Lesers 30 31 32 33 34 35 36 37

Ebd., S. 96. Ebd., S. 69. Ebd., S. 57: „Halt, nijakoji opozyciji […].“ Ebd., S. 68. Ebd., S. 22. Ebd., S. 57. Ebd., S. 14, 56, 59. Ebd., S. 85.

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aus der Zeit um 1900, weil der mehrsprachige Raum der Stadt Lemberg längst schon verschwunden ist. Der zentrale Wert im Raum der Stadt, etwas, das alle verstehen, gleich welche Sprache sie sprechen, ist das Geld. Es ist der Faktor, der die Zugehörigkeit der Menschen zur jeweiligen sozialen Schicht bestimmt, nicht die Bildung – Anharovycˇ gehört im Gymnasium und in der Offiziersschule zu den Besten, er bekommt dennoch als Hauptmann nur ein kleines Gehalt, das auch mit der in Aussicht gestellten Beförderung nicht viel größer werden wird, und so ist seine Frau genötigt, etwas dazu zu verdienen, um einen entsprechenden Lebensstil aufrecht erhalten zu können. Aber auch der so geradlinige und auf seine und die Ehre seiner Familie bedachte Hauptmann ist nicht frei von der Macht des Geldes: ohne die Heiratskaution des alten Hurter hätte er Aniela nicht heiraten, sein Glück nicht verwirklichen und seinen „häuslichen Herd“ nicht begründen können. Zugleich mit dieser Summe hat der Alte dem ungeliebten Schwiegersohn eine andere Hypothek mitgegeben: von ihm stammt die Angst vor der Armut, aber auch die Verachtung für das Elend, die seine Enkelin als Erbe aus dem reichen Haus mitgenommen hat („O, Armut und Geldnot – das waren Furien, die schrecklichsten für sie im Leben“38). Die Liebe zu Mann und Kindern reicht nicht aus, um die Angst vor der Geldnot zu besiegen, und deshalb beginnt Aniela mit ihren kriminellen Geschäften des Mädchenhandels. Damit steht der „häusliche Herd“, die schon einmal erwähnte Idylle der Wohnung in der Pekars’ka-Straße, auf schwankenden Füßen. Geld ist aber auch dort mit im Spiel, wo Aniela ihre besten Seiten zeigt – sie bleibt ihrem Mann immer treu, lässt sich auch vom Baron Reuchlingen nicht kaufen (auch das wäre eine Möglichkeit finanzielle Probleme zu lösen), aber sie hilft mit, den ungebetenen Werber im Bordell ihrer Freundin um seinen Reichtum zu bringen. Geld hat mit dem Charakter des Raums zu tun, den es dominiert oder auch nicht. Die Idylle des Hauses, schon in der Titelmetapher vom „häuslichen Herd“ angesprochen, wird zwar schon zu Beginn der Handlung mit unlauteren Einkünften finanziert, sie unterliegt aber ursprünglich nicht den Gesetzen des Profits und funktioniert auch dort, wo man nicht im Wohlstand, sondern vielleicht sogar in Armut leben muss. Ein solches Idyll taucht im Roman auf, wird als Alternative zum Raum der Stadt, unter dessen Gesetzen die Protagonisten leiden, gesehen und herbeigesehnt. Schon beim ersten Wiedersehen bestürmt Aniela ihren Mann, ein kleines Landgut in den westgalizischen Beskiden, unweit von Wadowice, zu kaufen39. Das bäuerliche Leben in den Bergen würde sie mit einem Schlag von allen Belastungen des Lebens in der Stadt befreien. Einmal mehr spielt hier die Heiratskaution eine Rolle und das Geld ist mit im Spiel: wenn 38 Ebd., S. 85: „O, vbozˇestvo, nedostatok – ce buly furiji, najstrasˇnisˇi dlja neji v zˇytti.“ 39 Ebd., S. 48ff.

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Anharovycˇ den Militärdienst quittiert, bekommt er diese Kaution zurück und kann damit das Landgut kaufen. Es ist aber typisch für den Stadtroman, dass diese Alternative zum Raum der Stadt, mit der auch der Hauptmann sympathisiert, eine rein theoretische bleibt, eine Illusion, die keinen echten Ausweg bietet. In den vorliegenden Analysen zur Semiotik des Raumes wird auf diesen imaginären Raum des Landguts in den Bergen nicht eingegangen,40 vielleicht deshalb, weil er im Bereich der Phantasie bleibt. Der Raum der Stadt hingegen ist umfassend, er ist total, er kennt nur Orte innerhalb der Stadt, zumindest in diesem Roman.41 Vergleicht man unter dem Aspekt des Raums den Roman Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa mit der Erzählung Bat’kyvsˇcˇyna, so zeigen sich große Unterschiede: dort kehrt der Protagonist, nachdem er in der Stadt Lemberg seine große Liebe und auch seine große Enttäuschung erlebt hat, auf das Land, in ein entlegenes Dorf, zurück und diese Rückkehr ermöglicht auch eine Lösung in der Beziehung mit der Frau aus der Stadt. Eine solche Opposition von Stadt und Land gibt es im Roman de facto nicht, auch wenn sie als Wunschvorstellung der Protagonisten auftaucht. Dafür bietet der Autor mit dem Ende des Romans eine andere Lösung an, die seine auf den ersten Blick deutlich antiurbane Einstellung relativiert: der Protagonist kehrt an den „häuslichen Herd“ zurück, wo zwar das große Glück durch den Selbstmord seiner Frau gescheitert ist, das Leben aber weitergeht, auf eine andere, ehrliche Weise, wie wir aus dem Epilog erfahren. Es gibt eine Zukunft für seine Kinder, für seinen Freund Redlich, der als Erzieher der Kinder aufgenommen, und auch für den alten Hurter, der aus seinem Bettlerdasein erlöst wird. Anharovycˇ selbst wird den Dienst in der Armee nicht quittieren, ganz im Gegenteil, er wird in kurzer Zeit befördert werden. Es gibt eine Aussöhnung für alle Protagonisten mit dem Raum der Stadt, aber nicht für Aniela, die eigentliche Heldin des Romans, die mit ihrem Freitod diese Aussöhnung für die anderen erst ermöglicht hat. Hier ist darauf hinzuweisen, dass sich das Ende der späteren, ukrainischen Fassung deutlich von dem der polnischen Erstfassung42 unterscheidet.43 Dort bietet der Offiziersbursche Hryc’ seinem Herrn, der nun definitiv den Militärdienst verlassen hat, einmal mehr das Leben auf dem Land als eine Alternative 40 Natalija Pavlyk konzentriert sich in ihrer Analyse auf den Raum der Stadt als „Abgrund“. Vgl. Pavlyk 1998, S. 461–466. Natalija Todcˇuk stellt den Gegensatz der Räume Bosnien-Lemberg heraus, sie erwähnt aber die Alternative, die das kleine Landgut bei Wadowice zum Raum der Großstadt Lemberg darstellt, nicht. Vgl. Todcˇuk 2002, S. 173f. 41 Natalija Todcˇuk charakterisiert den Stadtraum von Lemberg in semiotischer Hinsicht als einen geschlossenen „Universal-Raum“(„Misto-Universum“). Vgl. Todcˇuk 2002, S. 165. 42 Franko 1979, S. 484ff. 43 Die marxistische Literaturkritik hat dieses Ende als „tränenreich“ und „sentimental“ abqualifiziert, im Unterschied zum Ende der ukrainischen Variante, die als großer Schritt hin zu einer Lösung im Sinn des Realismus gilt. Vgl. Verves 1963, S. 77f.

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zur Stadt an – er hat dort etwas Boden geerbt, das scheint für alle zum Leben zu reichen. Auch wenn der Autor offen lässt, ob Anharovycˇ dieses Angebot annehmen und die Stadt verlassen wird, so besteht doch eine faktische Alternative zum Raum der Stadt, die es in der Endfassung nicht mehr gibt. Dort ist der Raum der Stadt, wie schon erwähnt, total, Alternativen dazu sind nur als Wunschvorstellungen möglich, nicht aber in der Wirklichkeit. Ein letztes Wort zum Kontext dieses Romans, von dem schon eingangs die Rede war. Viele der Interpreten stellen diesen zunächst polnisch geschriebenen Roman in den Kontext der polnischen Prosa des sogenannten „Positivismus“, sie nennen als Vergleichsgrößen Romane von Eliza Orzeszkowa, Bolesław Prus, Stefan Z˙eromski u. a.,44 ohne die Parallelen aber wirklich herauszuarbeiten. Die meisten dieser Vergleichstexte haben, wie es scheint, mit Frankos Roman nicht viel gemeinsam, mit Ausnahme eines einzigen, der von allen Interpreten genannt wird, Marta (1873) von Eliza Orzeszkowa, einer Autorin, die Franko auch persönlich kannte und schätzte und mit der er auch in Briefkontakt stand. Franko dürfte diesen Roman, der mehr als zwanzig Jahre vor seinem Roman erschienen ist, gekannt haben. Schon was den Ort der Handlung betrifft, gibt es Parallelen, beide Texte spielen in der modernen Großstadt,45 Dlja domasˇn’oho ohnysˇˇca in Lemberg, Marta in Warschau. In beiden Fällen geht es um das Schicksal einer alleinstehenden Frau, die wirtschaftlich überleben muss: Martas Mann ist verstorben, Anielas Mann dient in Bosnien, sie ist „Strohwitwe“. Beide Frauen versuchen zunächst auf ehrliche Weise Geld zu verdienen, Marta unternimmt zahlreiche Versuche als Lehrerin und Näherin, Aniela hat auch versucht Klavierstunden zu geben, vergeblich. In beiden Fällen ist die Erziehung, welche die jungen Frauen zuhause erhalten haben, schuld an ihren späteren Problemen.46 Marta hat nichts ordentlich gelernt, sie hat keine Berufsausbildung; Aniela hat beim alten Hurter das Vertrauen auf den Reichtum und die Angst vor der Armut gelernt, sie kann ohne ein bestimmtes Maß an Reichtum und Luxus nicht leben. Beide Frauen schließen bei ihrer Suche nach neuen Einkünften aber eine Möglichkeit aus: die Geliebte eines reichen Mannes zu werden. Martas Freundin praktiziert dieses Modell einer weiblichen Überlebensstrategie, für Marta kommt das aber nicht in Frage, ebenso wie Aniela das Werben des Barons ablehnt. Beide Frauen greifen letzten Endes zu kriminellen 44 Darauf verweist bereits Hryhoryj Verves in einer der ersten Arbeiten, die auf Dlja domasˇn’oho ohnysˇcˇa Bezug nehmen.Vgl. Verves 1963, S. 69ff, wobei allerdings Frankos Text in vereinfachender Weise auf die sogenannte „Frauenfrage“ reduziert wird. Für weitere ähnliche Vergleiche siehe: Szymonik 2007, S. 471; Pusˇcˇak 2007, S. 268; Todcˇuk 2002, S. 16, 43. 45 Zu Recht betont Natalija Todcˇuk bei ihrer Analyse des Raums im genannten Roman, dass Lemberg eine Stadt europäischen Typs ist, die einzige moderne Großstadt in Ostgalizien. Nur in einem solchen Raum ist die Handlung des Romans denkbar. Vgl. Todcˇuk 2002, S. 168ff. 46 Vgl. Verves 1963, S. 79.

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Mitteln, um sich aus dieser Not (die im Fall Martas sicher viel drängender ist als im Fall Anielas) zu helfen: Marta stiehlt im Laden Geld, Aniela wirbt für Geld Mädchen für Freudenhäuser an. Einmal mehr ist auch das Motiv des Geldes in beiden Romanen stark präsent. Beide Frauen landen in einer ausweglosen Situation – Marta wirft sich vor eine Pferdestraßenbahn, Aniela erschießt sich. Beide hinterlassen Kinder, Marta eine Tochter, Aniela einen Sohn und eine Tochter, für die es allerdings eine gute Zukunftsperspektive gibt, ganz im Unterschied zu Martas Tochter, die nach dem Tod ihrer Mutter wohl kaum mehr der Not entkommen wird. In beiden Fällen ist es der Raum der Stadt, der die Protagonistinnen ins Unglück stürzt,47 auf dem ländlichen Gutshof der Eltern hätte Marta ein Leben ohne Probleme führen können, und auch Aniela träumt vom kleinen Gut in den Bergen, das einen Ausweg aus den Nöten, in welche sie in der Stadt geraten ist, bietet. In beiden Fällen aber existiert diese räumliche Alternative faktisch nicht: das Gut von Martas Eltern musste verkauft werden, der Besitz in den Beskiden, den Aniela schon gefunden hat, wird nie gekauft werden. Es bleibt der Raum der Stadt, dem die Protagonistinnen ausgeliefert sind, gleich, ob es der von Lemberg oder Warschau ist.

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I Imaginationen eines Konstrukts

Christof Schimsheimer

Galizien und die Kresy als polnische Erinnerungsorte im Vergleich

Abstract In his article, the author compares Galicia and the former Polish eastern territories, the Kresy, as sites of Polish collective memory. After distinguishing between the terms of „myth“ and „site of memory“, the formation and development of both sites of memory are traced from the middle of the nineteenth century to the present. Then, by locating Galicia and the Kresy geographically, the author shows – especially in the case of the Kresy, which are perceived as eastern borderlands – the historical inconstancy of these sites of memory. Finally, he compares the relevance of myths like that of the „lost paradise“ for the memory of Galicia and the Kresy. The analysis shows that both sites are not equivalent, neither in their history nor in their function, but that they share many similarities. For example, the spaces of Galicia and the Kresy have partial geographical overlaps. Furthermore, they both had an impact on creating a Polish national identity ; Galicia was a political framework in which the idea of the Kresy rose and was propagated. As sites of memory, both continued influencing the national and regional identity ; also, they were restricted during the Polish People’s Republic.

Einleitung Im Jahre 1852 beendete der Schriftsteller und Geograph Wincenty Pol (1807–1872) in Krakau die Arbeit an seinem Poem Mohort. Rapsod rycerski z podania („Mohort. Eine ritterliche Rhapsodie nach einer Erzählung“). Mit der Legende vom Ritter Mohort, dem Verteidiger der südöstlichen Grenzen der alten Adelsrepublik, begründete Pol den nationalen Mythos der Kresy1, der östlichen Grenzgebiete Polens: 1 Pol verstand unter den „kresy“ der Adelsrepublik in ihrer historischen Bedeutung „im Grunde eine Linie militärischen Grenzgebietes vom Kosakengebiet und der Tataren-Horde, die sich in dieser Zeit noch an der Dnipromündung und am Unterlauf des Dnister befanden“ (Pol 1903, S. 137: „Kresy oznaczały tedy w istocie linie˛ wojskowego pogranicza od Kozaczyzny i Ordy tatarskiej, siedza˛cych podjwczas jeszcze na ujs´ciu Dniepru i na dolnym Dniestrze.“ [Alle Übersetzungen vom Autor]). Heute bedeuten sie, ebenfalls kleingeschrieben, allgemein

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Es war ein Akt des Glaubens für einen jeden Adeligen / In der Ukraine, dass es schon nach der Kirche / Nichts gibt, als den Hetmann an der Spitze des Rittertums; / Dass nichts heiliger in Polen ist als die Grenze! / Und die Grenze zu bewachen – das ist eine ritterliche Angelegenheit! / Also sorgte man sich auch in den kresy wenig darum, / Was dort mit dem König und in den Sejmen vor sich ging, / Solange der militärische Ruhm nicht litt.2

In Galizien fand dieser Mythos im Schlepptau Mohorts bald seine Verbreitung: Die ersten beiden Ausgaben des Poems von 1854 und 1855 wurden ebenfalls in Krakau, das 1848 Teil Galiziens geworden war, herausgebracht. Weitere erschienen bis zur Jahrhundertwende 1857 in Wien, 1878 anonym in St. Petersburg sowie 1876, 1883 und 1898 jeweils in Lemberg. In den Schulen Galiziens gehörte Mohort in dieser Zeit zum Unterrichtsstoff und Passagen daraus wurden auswendig gelernt.3 Mit dieser Schilderung lassen sich bereits zwei Thesen illustrieren: Erstens stehen Galizien und die Kresy, beginnend mit der Konstruktion des Mythos Kresy in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in einer Beziehung zueinander. Zweitens kommt ihnen bei der Herausbildung einer nationalen, polnischen Identität eine bedeutende Rolle zu. Dabei wurde die, wenn auch umstrittene Bezeichnung Galiziens als „polnisches Piemont“ Teil der Erinnerung. Für beide Thesen gilt, dass zwischen zwei historiographischen Perspektiven unterschieden wird: Raum lässt sich sowohl als Rahmen historischen Geschehens als auch als Erinnerungsort untersuchen.4 In Galizien wurde durch die Entstehung des Erinnerungsortes Kresy die Entwicklung eines nationalen Bewusstseins gefördert. Als sich dann nach dem Ersten Weltkrieg wiederum auch Galizien als Erinnerungsort herausbildete, übten beide Einfluss auf das nationale Selbstverständnis der Polen aus. Für eine vergleichende Analyse Galiziens und der Kresy als polnische Erinnerungsorte dienen die genannten Thesen als Ausgangspunkt, um folgende Frage zu beant„Grenzland“, „Grenzmark“. Die „Kresy (Wschodnie)“ („Östliche Kresy“) hingegen verweisen speziell auf die „ehemaligen polnischen Ostgebiete“. Von Letzteren handelt dieser Aufsatz. Siehe zum Bedeutungswandel: Kolbuszewski 1995, Kieniewicz 1991 und Wedemann 2007. Im Folgenden wird, im Hinblick auf den Begriff, in der deutschen Übersetzung der Zitate die Orthographie des Ausgangstextes beibehalten. Im Fließtext hingegen wird vereinfachend der Großschreibung Vorzug gegeben. 2 Pol 1903, S. 30: „Był to akt wiary kaz˙dego szlachcica / Na Ukrainie, z˙e juz˙ po kos´ciele / Niema jak hetman na rycerstwa czele; / Z˙e nic s´wie˛tszego w Polsce, jak granica! / A strzedz granicy – to rycerska sprawa! / Wie˛c tez˙ na kresach o to / dbano mało, / Co sie˛ tam z krjlem i na sejmach działo, / Byle wojskowa nie cierpiała sława.“ 3 Vgl. Kolbuszewski 1995, S. 10. 4 Eine Definition des auf den französischen Historiker Pierre Nora zurückgehenden Begriffs des „Erinnerungsortes“, der sich mittlerweile, sowohl in der deutsch- als auch in der polnischsprachigen Geschichtsschreibung durchsetzten konnte, erfolgt im nächsten Abschnitt. Der mit ihm verwandte Begriff des „Erinnerungsraumes“ ist hingegen nicht einheitlich definiert.

Galizien und die Kresy als polnische Erinnerungsorte

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worten: Welche Parallelen bestehen zwischen Galizien und den Kresy als polnische Erinnerungsorte von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart? Ohne dabei die Ereignisgeschichte Galiziens und der Kresy ausblenden zu wollen, geht es hier aber vor allem um deren Geschichte als Teil einer kollektiven Erinnerung. Im Rahmen einer solchen Erinnerungsgeschichte dürfen sie nicht als Phänomene einer hermetisch abgeschlossenen, polnischen Nationalkultur fehlgedeutet werden. Doch muss hier die, im Besonderen für Galizien ebenfalls bedeutsame Funktion eines offenen, transnationalen Erinnerungsortes größtenteils unberücksichtigt bleiben. Sowohl bei Galizien als auch bei den Kresy handelt es sich um vielschichtige Erinnerungsorte, die zudem mannigfaltig in unterschiedlichen Bereichen der Kultur, sei es etwa in der Belletristik, Historiographie, im politischen Gedenken, in der Kunst, im Film oder in der Werbung, ihren Ausdruck finden und einem steten Wandel unterliegen. Daher scheint es ratsam, sich bei der vergleichenden Analyse auf diejenigen Kriterien zu beschränken, die die Bestimmung eines topographischen Erinnerungsortes ermöglichen. Zu diesen Kriterien, die im Folgenden auch die Analyse gliedern werden, gehören der Zeitraum in dem erinnert wird, die Trägerschaft, die Art und die Möglichkeiten medialer Vermittlung sowie der geographische Referenzrahmen. Nicht zuletzt zählen zu ihnen auch die Mythen, die sich als narrativer Kern der Erinnerung ausmachen lassen, einschließlich möglicher Diskontinuitäten und Expansionen.

Das Verhältnis von Erinnerungsort und Mythos Die Beschäftigung auf der Ebene der Erinnerungsorte steht im Fokus der Analyse: „Der metaphorische Begriff des Erinnerungsortes bezeichnet historische Bezugspunkte der kulturellen Identität einer Gesellschaft – Personen, Ereignisse, topographische Orte oder andere historische Phänomene.“5 Zunächst überschneidet er sich mit dem Begriff des Mythos, denn dieser : „bezieht sich auf eine bewältigte Erinnerung oder auf eine Erinnerung im Stadium der Bewältigung.“6 Erinnerungsorte manifestieren sich dabei als langlebige, Generationen überdauernde Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identität, die in gesellschaftliche, kulturelle und politische Üblichkeiten eingebunden sind und die sich in dem Maße verändern, in dem sich die Weise ihrer Wahrnehmung, Aneignung, Anwendung und Übertragung verändert.7

5 Hahn / Traba 2013, S. 1. 6 Łazuga 2015, S. 67. 7 FranÅois / Schulze 2009, S. 18.

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Während somit der Erinnerungsort einen historischen Bezugs- bzw. Kristallisationspunkt meint, an den man sich über eine lange Dauer in einem Kollektiv erinnert und der darin eine bestimmte Funktion einnimmt, kann die Mythisierung eines Phänomens kurzlebig und, im Falle eines Mikromythos, in ihrer Verbreitung erheblich eingeschränkt sein. Der Mythos zeichnet sich hingegen deutlicher durch eine bestimmte kulturelle Technik des Erinnerns aus: Der Sinn verliert seinen Wert, aber er bleibt am Leben, und die Form des Mythos nährt sich davon. Der Sinn ist für die Form wie ein Vorrat an Geschichte, wie ein unterworfener Reichtum, der in raschem Wechsel zurückgerufen und wieder entfernt werden kann. Die Form muß unablässig wieder Wurzeln im Sinn fassen und aus ihm sich mit Natur nähren können, und insbesondere muß sie sich in ihm verbergen können. Es ist dieses unablässige Versteckspiel von Sinn und Form, durch das der Mythos definiert wird.8

Ein Erinnerungsort ist also noch kein Mythos und umgekehrt ein Mythos noch kein Erinnerungsort. Einem Erinnerungsort geht jedoch Mythenbildung voraus, im Zuge der Herausbildung und des Wandels eines Erinnerungsortes generiert er eigene Mythen oder er vereinnahmt gar solche, die zuvor noch außerhalb des Erinnerungsortes funktionierten.

Entstehung und Entwicklung der Erinnerungsorte Seit wann sind Galizien und die Kresy polnische Erinnerungsorte und welchen Konjunkturen unterlag dabei die Erinnerungskultur bis heute? Für Galizien bleibt festzuhalten, dass in der Zeit, in der Galizien Teil der Habsburgermonarchie war, bereits galizische Mythen existierten: Großen Anteil an dieser Mythenbildung hatte die Krakauer Zeitung Czas. […] Czas erfand und prägte das eigentliche Bild Galiziens – und tut das gewissermaßen bis heute, indem die Zeitung immer wieder von Historikerinnen und Historikern zitiert wird.9

Es waren einmal die polnischen geistigen und politischen Eliten des ehemaligen Galiziens, die die Erinnerung an das einstige Kronland nach dessen Ende als politische Einheit im Jahre 1918 bewahrten.10 Doch wurde diese Erinnerung auch, trotz der Versuche von staatlicher Seite sie im Polen der Zwischenkriegszeit zu tilgen, von der polnischen Bevölkerung getragen bzw. überhaupt erst entdeckt, wie das Beispiel der beiden Lemberger Komiker Kazimierz Wajda „Szczepko“ und Henryk Vogelfänger „Ton´ko“ verdeutlicht. In ihren populären 8 Barthes 1992, S. 97f. 9 Łazuga 2015, S. 71. 10 Vgl. Ebd., S. 74f.

Galizien und die Kresy als polnische Erinnerungsorte

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Radiosendungen knüpften sie parodistisch an das vergangene Galizien an und trugen es dabei über die Grenzen des ehemaligen Teilungsgebietes hinaus.11 Galizien als polnischer Erinnerungsort bildete sich damit erst nach dem Ersten Weltkrieg heraus, obgleich seine Wurzeln in den galizischen Mythen aus der Zeit der Zugehörigkeit zur Donaumonarchie liegen. Es waren freilich diese Mythen, die zum Bestandteil des Erinnerungsortes Galizien werden sollten. Die Kresy als polnischer Erinnerungsort sind hingegen älter : Die Kresy erhielten seit den 1860er Jahren Merkmale eines Erinnerungsortes. Das historische und emotionale Potential, das nötig war, um den Kresy identitätsstiftende Funktionen zukommen zu lassen, geht jedoch bis ins 17. Jahrhundert zurück; mit Sicherheit bestand es schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts.12

Traba orientiert sich bei dieser zeitlichen Einteilung zunächst an Pols Mohort, in dem er den „Gründungsmythos der Kresy“ und im Autor selber den Vater dieses Mythos sieht.13 Beiden Erinnerungsorten liegen damit Mythen zugrunde, die Eingang in die kollektive Erinnerungskultur der Polen fanden. Ein Unterschied zwischen ihnen besteht allerdings darin, dass Galizien als politische Einheit funktionierte und sich aus ihr Mythen bildeten, während die Kresy durch Pol schon als Mythos geschaffen worden waren, aus dem dann durch seine Verbreitung in der polnischen Kultur ein Erinnerungsort entstehen konnte. Diese gesamtgesellschaftliche Relevanz gewannen die Kresy nach Erscheinen von Mohort in zwei Phasen: Zunächst gingen „[n]ach weithin gelesenen Veröffentlichungen u. a. von Jjzef Bogdan Zaleski (1802–1886) und Jan Zachariasiewicz (auch Zacharjasiewicz) (1823–1906) […] die Kresy rasch in die Umgangssprache ein.“14 Bemerkenswert sind hierbei die Kontinuitäten hinsichtlich des Transfers dieser mentalen Konzeptionen. So übernahm Zachariasiewicz in seinem bereits 1860 erschienen Roman Na kresach („In den Kresy“) zunächst Pols geographische Verortung der Kresy, um sie dann als mentalen Raum in die westpolnischen Gebiete zu transferieren: „Unsere kresy haben sich verändert. Vom Dnipro und den ukrainischen Steppen haben sie sich an Warthe und Netze verlagert. Hier muss man stehen und um unseren Besitz kämpfen.“15 Zaleski wandte dann in seinem 1864 in der Leipziger Zeitung Ojczyzna („Das Vaterland“) abgedruckten Gedicht ein deckungsgleiches Verfahren an: „Die Emigration – das ist die neue polnische Ukraine / Gespickt mit so vielen berühmten Gräbern / die großen kresy – die bewachenden – sowohl vor dem Moskowiter – / 11 12 13 14 15

Vgl. Koz˙uchowski / Nell 2015, S. 183. Kleßmann / Traba 2012, S. 40. Vgl. Ebd., S. 41. Ebd. Zacharjasiewicz 1867, S. 335: „Nasze kresy zmieniły sie˛. Od Dniepru i stepjw ukrain´skich przeniosły sie˛ nad Warte˛ i Notec´. Tu stac´ i o posiadłos´c´ nasza˛ walczyc´ nalez˙y.“

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Als auch vor dem Deutschen – die uns von weitem ins Auge stauben.“16 Trotz oder gerade angesichts solcher Umwidmungen erfolgte damit auch eine vertiefte Verwurzelung, da in beiden Fällen die Bedeutung des Kresy-Begriffs im Sinne Pols vorausgesetzt worden war. Bei Zaleski wird außerdem deutlich, dass sich die polnischen Vorstellungen von den Kresy und der Ukraine überschneiden. Der Kresy-Mythos konnte sich also auf den romantischen Ukraine-Mythos stützen. In einer zweiten Phase erlebte der Erinnerungsort der Kresy, in der Bedeutung als östliches Grenzgebiet, seinen umfassenden Durchbruch, als Henryk Sienkiewicz (1846–1916) mit seiner in den Jahren 1884 bis 1888 erschienen Romantrilogie die historische Erinnerung „eines jeden Polen in den drei Teilungsgebieten, der lesen konnte,“17 nachhaltig prägen sollte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts galt Sienkiewicz als einer der populärsten polnischen Autoren. Seine Werke zählten in öffentlichen Bibliotheken, die vor allem von der Mittelschicht frequentiert wurden, zur häufigsten Lektüre.18 Mit Sienkiewiczs Historienromanen gingen somit auch die darin enthaltenen Kresy-Bilder in eine entstehende Populärkultur ein. Während man nun die Erinnerung an Galizien in der Zwischenkriegszeit aus dem offiziellen politischen Gedenken zu verbannen suchte, da man nicht an das Erbe der Teilungszeit anknüpfen wollte, lebte sie innerhalb der Bevölkerung weiter fort. Anders verhielt es sich mit den Kresy : Sie funktionierten sowohl in der Kultur als auch als Teil politischer Konzeptionen, in denen man sich auf die Grenzen der Adelsrepublik vor 1772 besann, weiterhin als Erinnerungsort. Es wurde also auch auf einen Raum Bezug genommen, der östlich und damit außerhalb des polnischen Staatsgebietes lag. Außerdem wurde der Kresy-Begriff auf jene ostpolnischen Gebiete übertragen, die man bisher in der polnischen Gesellschaft nicht mit den Kresy assoziiert hatte. Sie waren, wie die als Zentren geltenden Städte Wilna und Lemberg, durch die bis ins Jahr 1921 andauernden Kämpfe um die zukünftige Staatsgrenze, semantisch neu aufgeladen worden.19 Die große Bedeutung der Kresy als nationaler Erinnerungsort der Zwischenkriegszeit wird auch daran deutlich, dass „Kresy-Themen dauerhaft Einzug in die Lehrpläne und in den Schulunterricht [hielten].“20 Nach Vernichtung und Verlust, verursacht durch den Zweiten Weltkrieg, veränderten sich die Rahmenbedingungen radikal. Die Gebiete, die in der Zwischenkriegszeit bereits

16 Zaleski 1864, S. 3: „Emigracya – to nowa polska Ukraina, / Najez˙ona sławnemi Mogiłami tyla˛ – / Kresy wielkie – straz˙nicze – i od Moskowicina – / I od Niemca – co zdala do oczu nam pyla˛.“ 17 Kieniewicz 1991, S. 7: „Kaz˙dy czytaja˛cy Polak w trzech zaborach.“ 18 Vgl. Markiewicz 2006, S. 34f. 19 Vgl. Kleßmann / Traba 2012, S. 47. 20 Ebd., S. 50.

Galizien und die Kresy als polnische Erinnerungsorte

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teilweise als Kresy innerhalb des polnischen Staates funktioniert hatten, gingen verloren, wie auch fast ganz Ostgalizien. Zu Galizien als Erinnerungsort in der Volksrepublik schreibt Łazuga: „Die Schulbücher wiederholten unablässig Behauptungen über das galizische Elend, und so gerieten sowohl die Wahrheit über das galizische Leben als auch der ,Mythos Galizien‘ in Vergessenheit.“21 Dieser These möchte man indes nur schwerlich folgen, denn unabhängig davon, dass die „Wahrheit“ über Galizien selbst einen Mythos in sich bärge, lässt die negative aber verbreitete Aufladung eines Erinnerungsortes bereits auf dessen Relevanz schließen. Von einem Vergessen innerhalb der Gesellschaft kann zudem nicht die Rede sein, da nicht nur Łazuga selbst auf die Popularität der Galizien-Literatur in der Volksrepublik verweist,22 Purchla erwähnt auch die in den 1970er und 1980er Jahren „damals in Krakau verbreitete Mode, Porträts von Franz Joseph aufzuhängen, [um] […] einen spezifischen Protest gegen die Sowjetunion aus[zudrücken].“23 Durch die Literatur wanderte „[e]twa in der Mitte der 1970er Jahre […] Galizien […] aus den privaten Erinnerungen in die verschiedenen Bereiche der Kultur.“24 Die politische Situation in der Volksrepublik hatte auch im Falle der Kresy einen entscheidenden Einfluss auf die Erinnerungskultur : „Die Volksrepublik Polen, nach Westen verschoben, gab die östlichen Gebiete auf und im Verlauf langer Jahrzehnte erschwerte sie eine öffentliche Berührung mit der KresyThematik.“25 Gleichsam war unter der Oberfläche die Erinnerung an die Kresy präsent, sodass es zu deren „Phantomisierung“26, ihrer Thematisierung unter Vermeidung des Begriffes, kam. Dafür fand jedoch im Exil, beispielsweise in der Pariser Zeitschrift Kultura eine öffentliche Debatte über die Kresy statt.27 Tatsächlich schlich sich in der Volksrepublik der tabuisierte Begriff zunehmend wieder in den 1980er Jahren ein.28 Nach der Wende von 1989 erfolgte durch starke Kommerzialisierung die Aneignung des Erinnerungsortes Galizien in veränderter Form,29 weit über die polnischen Regionen hinausgehend, die sich heute auf dem Gebiet des früheren 21 22 23 24 25 26 27 28 29

Łazuga 2015, S. 75. Ebd., S. 73f. Purchla 2015, S. 49f. Siehe dazu auch: Wia˛cek / Golemo 2015, S. 182f. Koz˙uchowski / Nell 2015, S. 184. Kieniewicz 1991, S. 13: „Polska Rzeczpospolita Ludowa, przesunie˛ta ku zachodowi, zrezygnowała z ziem wschodnich i w cia˛gu długich dziesie˛cioleci utrudniała publiczne poruszanie kresowej tematyki.“ Kleßmann / Traba 2012, S. 51. Siehe dazu: Kochanowski 2004. So etwa in der Enzyklopädie Literatura polska von 1984 in der sich unter dem Eintrag Mohort ein Verweis auf die „südöstlichen kresy der Adelsrepublik“ [„na pd.-wsch. kresach Rzplitej“] als Beschreibung für den Handlungsraum der Erzählung findet. Vgl. Grabowska 1984, S. 682. Koz˙uchowski / Nell 2015, S. 184.

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Kronlandes befinden.30 So versah man Lebensmittel, die auch in ganz Polen vertrieben werden, zu Vermarktungszwecken mit dem Attribut „Galizien“, wie etwa die seit 1997 bestehende Wassermarke „Galicjanka“ („Die Galizierin“)31 oder die 2007 gegründete Firma „Krakowski Kredens. Tradycja Galicyjska“ („Die Krakauer Anrichte. Galizische Tradition“)32. Außerdem wurden Restaurants eröffnet, die „typisch“ galizische Speisen anbieten und mit einer rustikalen Inneneinrichtung aufwarten. Galizien als Marke soll hierbei dem Konsumenten die Botschaft vermitteln, dass die Produkte natürlich, traditionell, unverfälscht und damit hochwertig und schmackhaft sind. Insgesamt handelt es sich wiederum auch um nostalgische Reminiszenzen an eine vergangene Epoche. Eine solche Vermarktungsstrategie fördert somit auch in umgekehrter Richtung in der öffentlichen Wahrnehmung die Präsenz eines positiv konnotierten Erinnerungsortes Galizien. Der Erinnerungsort Kresy hingegen machte zunächst nach dem Systemwechsel erneut eine abweichende Entwicklung durch. Die lange unterdrückte Erinnerung äußerte sich nun in einer breiten und begeisterten Beschäftigung mit den Kresy, unter denen man besonders diejenigen Ostgebiete verstand, die im Zuge des Zweiten Weltkrieges von Polen abgetrennt worden waren. Es erschienen zahlreiche Publikationen, wie Bildbände und Memoirenliteratur, oder es wurden von staatlicher Seite Museumsausstellungen organisiert. Das Gedenken an die Kresy wurde insgesamt in politische und gesellschaftliche Üblichkeiten eingebunden, man errichtete Denkmäler und gründete Vereine.33 Neben dieser Erinnerungskultur etablieren sich die Kresy allerdings ebenfalls zunehmend kommerziell, so werden touristische Reisen in die „Kresy“ angeboten und es entstehen Orte mit explizitem Kresy-Bezug, wie etwa die „Restauracja Kresowa“ („Kresy-Restaurant“) in Danzig oder ein Schulungszentrum mit Namen „Przysijłek Kresy“ („Weiler Kresy“). In Bezug auf das „Kresy-Restaurant“ erfüllen die Kresy eine mit der Galiziens in einem solchen Rahmen vergleichbaren Funktion. Bei dem Schulungszentrum hingegen, das ungefähr 60 km südlich von Lodz liegt und damit außerhalb dessen, was unter dem Raum der Kresy verstanden wird, soll durch den Namen der Eindruck eines ruhigen, abgelegenen, idyllischen Ortes vermittelt werden, der dadurch für einen Aufenthalt zu Schulungszwecken prädestiniert ist. Bemerkenswert ist zudem, dass bei diesen Anknüpfungsformen an die beiden Erinnerungsorte auch Interferenzen auftreten. Das Lodzer Restaurant „Galicja“

30 31 32 33

Wia˛cek / Golemo 2015, S. 150. Galicjanka: http://galicjanka-24.pl/ [20. 08. 2017]. Krakowski Kredens: http://www.krakowskikredens.pl/pl/onas.html [20. 08. 2017]. Kleßmann / Traba 2012, S. 54.

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wirbt nicht nur mit „Galizischer Küche von Lemberg bis Wien [sic!]“, sondern auch mit „regionaler“ und „Kresy-Küche“34. Die Entwicklung Galiziens und der Kresy als Erinnerungsorte mit ihren Kontinuitäten und Brüchen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Die Kresy avancierten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Erinnerungsort. Zunächst kultiviert von einer intellektuellen Elite, erlangten sie dann, aufgrund der breiten Rezeption des in Literatur und Kunst verarbeiteten KresyMotivs durch eine erstarkende Mittelschicht, gesamtpolnische Relevanz. Im Falle Galiziens setzte dessen Herausbildung zum Erinnerungsort mit dem Untergang der Donaumonarchie ein. An Galizien erinnerte sich aber ab diesem Zeitpunkt nicht nur die einstige polnische galizische Oberschicht, die Erinnerung wurde auch von der Bevölkerung des ehemaligen Galiziens getragen und erreichte als Teil der Populärkultur alsbald breite Schichten jenseits der Grenzen des alten Teilungsgebietes. Nach der Westverschiebung Polens unterlag die Erinnerung an die Kresy in der Volksrepublik Polen die meiste Zeit der Zensur ; die an Galizien wurde von staatlicher Seite selektiv als negativer Bezugspunkt zum sozialistischen Gesellschaftssystem gefördert. Beide Erinnerungsorte existierten aber im kollektiven Bewusstsein fort, losgelöst oder in bewusster Abgrenzung vom offiziellen Gedenken. Nach 1989 kehrten die Kresy mit nie dagewesener Intensität zurück: Endlich konnte des Traumas des Verlustes auch in der Öffentlichkeit gedacht werden. Als kommerzielles Versatzstück wurde nun erneut eine positiv aufgeladene Galizien-Erinnerung verstärkt Teil der Populärkultur, wie auch die Kresy zunehmend um eine solche Funktion erweitert werden, dabei kommt es mitunter zu einer Überlagerung beider Erinnerungsorte

Die Verortung der Erinnerung Im vorangehenden Abschnitt wurde die zeitliche Entwicklung der Erinnerungsorte Galizien und die Kresy thematisiert und dabei auch bereits auf deren räumliche Dimension Bezug genommen. Aber inwiefern lassen sich diese beiden Erinnerungsorte überhaupt im Raum verorten? Für Galizien scheint eine geographische Lokalisierung zunächst überschaubar : Trotz territorialer Erweiterungen und Verluste bestand Galizien im Jahre 1918 weitgehend aus dem Gebiet, das schon im Zuge der Ersten Teilung Polen-Litauens 1772 unter dem Namen Galizien Teil der Donaumonarchie geworden war, einschließlich der 1846 in-

34 Galicja: http://www.galicjamanufaktura.pl/ [20. 08. 2017]: „Kuchnia galicyjska od Lwowa do Wiednia“, „kuchnia kresowa, kuchnia regionalna“.

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korporierten Freien Stadt Krakau.35 Dieser Raum ist es, dessen man sich bis heute erinnert und der sich auf Teile der heutigen Wojewodschaften Schlesien, Kleinpolen und Karpatenvorland erstreckt. An Galizien wird dabei aber nicht nur innerhalb dieser Grenzen erinnert: Sowohl in der Zwischenkriegszeit als auch in der Volksrepublik und nach 1989 funktionierte die Erinnerung daran in einem gesamtpolnischen Kontext. Nach der Wende wurde Galizien zum Werbeträger unterschiedlicher Produkte, die in ganz Polen vertrieben werden. Es eröffneten Lokale, die sich in den Grenzen des ehemaligen Kongresspolens und damit auch auf dem Gebiet „Westgaliziens“, das ab 1795 zu Österreich gehört hatte und dann 1809 Teil des Herzogtums Warschau wurde, befinden.36 Inzwischen sind sie an unterschiedlichen Orten in ganz Polen, etwa auch im ehemals deutschen Breslau, angesiedelt und sollen sich allesamt durch ihre „galizische Atmosphäre“ auszeichnen. Eine Verortung der Kresy im Vergleich zu Galizien gestaltet sich komplizierter ; die Kresy existierten nie als politische Einheit in festgelegten Grenzen und wie bereits deutlich wurde, hatte der Begriff zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Bedeutungen: Pol verstand unter den Kresy noch einen schmalen Grenzstreifen auf dem Gebiet der heutigen Ukraine. Welcher geographische Raum war aber mit den Kresy (Wschodnie) in der Zeit nach den Teilungen gemeint? Hadaczeks Antwort auf diese Frage verdeutlicht die Problematik einer solchen Zuordnung: „Mit ihm (als allgemeine Bezeichnung) wurden alle östlichen Gebiete Polen-Litauens umfasst, die von Russland und Österreich-Ungarn angeeignet worden waren.“37 Abgesehen davon, dass sich von Österreich-Ungarn bekanntlich erst ab 1867 sprechen lässt, galten das galizische Krakau oder Sanok nie als Teil der Kresy. Nach Kolbuszewski bezeichnet der Kresy-Begriff die Gebiete, die im Zuge des Zweiten Weltkrieges von Polen abgetrennt und Teil der Sowjetunion geworden waren, aber auch alle früheren Wojewodschaften der alten Adelsrepublik, die nach dem Friedensvertrag von Riga zur Sowjetunion, Litauen oder Lettland gehört hatten und die an die Sowjetunion grenzenden Wojewodschaften der Zweiten Polnischen Republik38 – damit einschließlich des 1922 annektierten „Mittellitauens“. Dass diese geographische Verortung, die im Ergebnis weite Räume des östlichen Europas umfasst, allerdings nur eine Momentaufnahme ist, illustriert der Reiseführer Polska niezwykła. Przewodnik + Atlas. Kresy Wschodnie („Außergewöhnliches Polen. Reiseführer + Atlas. Östliche Kresy“)

35 Vgl. Fras 1999, S. 12–16. 36 Vgl. Wia˛cek / Golemo 2015, S. 191. 37 Hadaczek 1993, S. 5: „Obejmowano nim (jako nazwa˛ ogjlna˛) wszystkie wschodnie ziemie Rzeczypospolitej Obojga Narodjw zagarnie˛te przez Rosje˛ i Austro-We˛gry.“ 38 Vgl. Kolbuszewski 1995, S. 54–56.

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von 2011.39 Darin wird ein Gebiet beschrieben, das in einem touristisch kommerziellen Rahmen mit den Kresy attribuiert wird. Gemeint ist ein schmaler Streifen an der Ostgrenze des heutigen Polens zu Weißrussland und der Ukraine, der sich ungefähr von der Stadt Skjłka, nördlich von Białystok, gen Süden nach Lubaczjw, nordöstlich von Jarosław, erstreckt. Es handelt sich hierbei also um Gebiete, die nie Teil der Sowjetunion waren und die auch nicht zu den östlichsten polnischen Wojewodschaften der Zwischenkriegszeit gehörten. Folglich findet eine Übertragung des Kresy-Begriffes (als Eigenname) auf einen Raum statt, der außerhalb des von Kolbuszewski skizzierten historischen Geltungsbereiches liegt. Vergleicht man nun Galizien und die Kresy vor dem Hintergrund ihrer geographischen Ausdehnung, dann gilt es zunächst Folgendes zu berücksichtigen: Erstens wurde deutlich, dass es sich hierbei um Gebilde handelt, deren Grenzen sich immer wieder verschoben. Zweitens lassen sich zwar die politisch-administrativen Grenzen und Grenzveränderungen Galiziens ermitteln, die Kresy hingegen existierten nie als politische Einheit, ihre Ausdehnung änderte sich stets in dem Maße, in dem sich die Vorstellung von ihnen als Teil mentaler Konzeptionen änderte. In der Betrachtung Galiziens und der Kresy auf der Ebene der Erinnerungsorte, lässt sich allerdings ein Vergleich anstellen, bei dem deutlich wird, dass sich diese Räume, an die man sich bis heute kollektiv in Polen erinnert, überschneiden. Zwar ist eine vollständige Zuordnung Galiziens zu den Kresy, was die logische Konsequenz aus Hadaczeks Definition bedeutete, nicht zutreffend, tatsächlich deckt sich aber ein großer Teil des Erinnerungsortes Galizien, nämlich der, der sich auf dem Territorium der heutigen Westukraine befindet, mit dem Erinnerungsort Kresy. Während an Galizien auch jenseits dessen historischer Grenzen erinnert wird, ist dies vor allem für die Kresy entscheidend, da es sich um Gebiete handelt, die man als für Polen „verloren“ betrachtet. Es ist dem zuzustimmen, dass sich die Erinnerung an Galizien und die Kresy längst von einem bestimmten Raum gelöst hat, doch darf dabei nicht ihre „Raumlosigkeit“ als Grundlage ihrer Existenz essentialisiert werden, da sonst die Gefahr besteht, diese Erinnerungsorte durch eine solche Form der Transzendierung gleichsam zu mythologisieren. Was bedeuten aber diese Überschneidungen für die den beiden Erinnerungsorten zugrunde liegenden Mythen?

39 Lodzin´ska / Wieczorek 2011.

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Mythen und ihre Funktionen im Vergleich Im Folgenden sollen die beiden Erinnerungsorte auf die mit ihnen verbundenen Mythen hin vergleichend untersucht werden. Die dargestellte Komplexität einer zeitlichen und räumlichen Verortung lässt sich dabei noch um die Frage der Zuordnung der unterschiedlichen Mythen im Hinblick auf Trägerschaft, Herkunft und Tradition ergänzen. Grzegorz Kowal erläutert diese Problematik am Beispiel Galiziens: Die Verschwommenheit des Mythos Galizien, als Bezeichnung, kommt ebenso daher, das viele nationale, ethnische, konfessionelle, sprachliche, politische, berufliche (zum Beispiel der Lemberger und der Krakauer akademische Kader) und weltanschauliche Gruppen die östlichen Grenzgebiete Europas zu ihrem eigenen Gebrauch und in ihrer eigenen Art und Weise mythologisierten, wobei keine dieser Gruppen keineswegs einen Monolithen schuf.40

Diese Mannigfaltigkeit macht eine Vereinfachung, die als Grundlage des Vergleiches dienen kann, nötig. Deshalb wird nur eine Auswahl der Mythen von gesamtpolnischer Relevanz herausgearbeitet. Das gilt auch für die Kresy, bei denen es sich zwar vor allem um einen polnischen Erinnerungsort handelt, der jedoch ebenfalls in diesem nationalen Rahmen, beispielsweise auf regionaler Ebene, ausdifferenziert ist. Es werden mit den anschließend genannten Mythen diejenigen behandelt, die für mindestens einen der beiden Erinnerungsorte aufgrund ihrer Präsenz und Langlebigkeit innerhalb des kollektiven Gedächtnisses zentrale Bedeutung besitzen. Bei Kowal wurde darüber hinaus einmal mehr deutlich, dass Galizien in seiner Wahrnehmung nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern eng mit einem wie auch immer gearteten Bild der „östlichen Grenzgebiete Europas“ und damit auch der Kresy verbunden ist. Es darf außerdem nicht außer Acht gelassen werden, dass neben der Dekonstruktion galizischer Mythen eine Revision der KresyMythen des 19. Jahrhunderts beispielsweise schon in der Zwischenkriegszeit eingesetzt hatte.41 Trotz einer solchen teilweisen Kritik an den mit Galizien und den Kresy verwobenen Mythen lässt sich bei der polnischen Perspektive auf die beiden Erinnerungsorte insoweit von Kontinuität sprechen, dass ein durch das Zentrum bestimmtes Bild des als peripher betrachteten „Ostens“ das kollektive Gedächtnis durchgehend prägte. Dieser koloniale Blick auf Galizien und die 40 Kowal 2013, S. 613: „Mglistos´c´ mitu Galicji jako okres´lenia bierze sie˛ rjwniez˙ sta˛d, z˙e wiele grup narodowych, etnicznych, wyznaniowych, je˛zykowych, politycznych, zawodowych (na przykład kadry akademickie Lwowa i Krakowa) i ´swiatopogla˛dowych na swjj własny uz˙ytek i sposjb mitologizowało wschodnie rubiez˙e Europy, przy czym z˙adna z tych grup bynajmniej nie tworzyła monolitu.“ 41 Vgl. Kolbuszewski 1995, S. 115.

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Kresy drückt sich in deren Orientalisierung aus, das heißt in der aus polnischer Perspektive legitimen Herrschaftsausübung und des Anspruches auf Deutungshoheit bei der Schaffung und Umgestaltung einer polnisch geprägten Wirklichkeit beider Räume. Die im Folgenden ausgeführten Mythen sind daher zugleich Ausdruck solcher Muster kolonialen Denkens.42

1.

Multikulturelle Gemeinschaft/Exotik Etwa ein Vierteljahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg, im fast mononationalen und monokonfessionellen Polen, begann man die Zeit der multiethnischen und multikonfessionellen Koexistenz von Menschen verschiedener Zunge in einem Land zunehmend zu verklären – und Galizien wurde zum aussagekräftigsten Symbol hierfür.43

Dieses mythische Bild einer positiv konnotierten, multikulturellen Landschaft ist auch für die Kresy charakteristisch, allerdings gingen ihm bereits romantische Vorstellungen von der Einheit von Adelsrepublik und Kresy sowie der Einheit aller Slawen voraus.44 In der Zwischenkriegszeit rückte immer mehr das hierarchische Bild des gerechten polnischen Gutsherrn mit „seiner“ ihm untergebenen ruthenischen und litauischen Bauernschaft in den Vordergrund.45 In einem sich verändernden politischen Rahmen wurde Ende der 1980er Jahre die Projektion eines einträchtigen Zusammenlebens in den Kresy wieder aufgegriffen. In den damit verknüpften Auseinandersetzungen versuchte man auch den Kresy-Mythos zu dekonstruieren,46 sodass die Kontroverse bis heute andauert.47 Den Mythos einer harmonischen Multikulturalität haben somit beide Erinnerungsorte gemein. Mit dieser Vielgestaltigkeit eng verwoben, ist außerdem die Vorstellung von der Exotik der Landschaften, die wiederum mit der Faszination für kulturelle Eigenarten, etwa die der Huzulen, verbunden ist. Während die Juden in der kollektiven Wahrnehmung der Polen auch immer wieder ausgeblendet oder als Fremdkörper dargestellt und dementsprechend exkludiert werden,48 wird ihnen aber zumindest in der nach 1989 aufblühenden Erinnerung an die Kresy ein Platz

42 43 44 45 46

Zur Frage der postkolonialen Perspektive in Bezug auf Polen siehe u. a. Borkowska 2010. Koz˙uchowski / Nell 2015, S. 183. Vgl. Kolbuszewski 1987, S. 182. Vgl. Kleßmann / Traba 2012, S. 46. Bahnbrechend sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Daniel Beauvois. Siehe dazu beispielsweise die Textsammlung Beauvois 2005. 47 Ein Beispiel für diesen politischen Streit siehe: Lipin´ski 2012. 48 Siehe hierzu ausführlich: Steffen 2008.

50

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eingeräumt: „In keiner Weise lassen sich die Kresy ohne die Juden vorstellen, die sich in Kultur, Religion und Sprache unterschieden.“49

2.

Freiheit

Zur Idealisierung gehört auch der Mythos eines durch die Freiheit seiner Bewohner geprägten Raumes. Während die politische Freiheit in Galizien seit der 1867 bestehenden Autonomie besonders begünstigt zu sein schien, werden die Jahre davor anders gedeutet: „In der allgemeinen Überzeugung ist das Galizien jener Zeit eine abgelegene Provinz des polnischen nationalen Lebens, die dem russischen Teilungsgebiet in Politik, Wirtschaft, Martyrologie und – last but not least – Dichtung nicht das Wasser reichen konnte.“50 Ein Kompromiss, wie die spätere Freiheit Galiziens in der Zeit der Autonomie um den Preis der „politische[n] Loyalität gegenüber den Habsburgern,“51 widerspräche dem mit den Kresy assoziierten Freiheitsbild hingegen diametral, das sich selbst wiederum als Paradox erweist: Wenn auch die Kresy fester Bestandteil der Adelsrepublik sein sollen, so schließen sie doch staatlich regulierende Einflussnahme aus. Die eingangs zitierten Strophen aus Pols Mohort machten dies bereits deutlich. In dieser gerade in Galizien verbreiteten Projektion, soll kein fernes Machtzentrum die Freiheit der Kresy-Ritter beschneiden. Der Raum der Kresy steht für das Ideal individueller Freiheit, wie in Tadeusz Micin´skis Roman Wita, worin Pols Mohort vom Autor aufgegriffen wird: „Je näher die Steppen-Kresy – desto weniger Ordnung – desto mehr Freiheit – und Gesetzlosigkeit.“52 Die Freiheit des Erinnerungsortes Galizien ist eine andere, seine Freiheit funktioniert gerade erst im Rahmen der Anerkennung staatlicher Macht – einschließlich einer fremden.

3.

Arkadien: das verlorene Paradies

Der Mythos Arkadien, der nicht nur die Vorstellung eines glücklichen Zusammenlebens und individueller Freiheit miteinschließt, sondern für den auch eine idyllische Landschaft elementare Bedeutung besitzt, trifft für Galizien und die Kresy zu. Renata Hołda zeichnet in ihrem Aufsatz nicht nur die bedeutungsge49 Hadaczek 1993, S. 163: „Nie sposjb sobie wprost wyobrazic´ Kresjw bez Z˙ydjw wyrjz˙niaja˛cych sie˛ kultura˛, religia˛ i je˛zykiem“. 50 Koz˙uchowski / Nell 2015, S. 179. 51 Ebd. 52 Micin´ski 1926, S. 12: „Im bliz˙ej kresjw stepowych – tem mniej rza˛du – tem wie˛cej swobody – i bezprawia.“

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schichtliche Entwicklung des Begriffs Arkadien nach, sondern erläutert auch dessen literarische Übertragung auf Galizien: Das Galizien der Memoirenliteratur, ähnlich wie das mythische Arkadien, lockte also mit seinen Panoramen, seiner schönen Landschaft und üppigen Natur. […] In den geschilderten Vorstellungen entsprach die Vollkommenheit der Natur den harmonischen gesellschaftlichen Beziehungen, dem Frieden und der Freiheit, die in Galizien herrschten.53

Das Bild einer zauberhaften arkadischen Landschaft passt nicht minder zu den Kresy : Es wurde ebenfalls in besonderem Maße in der Memoirenliteratur gepflegt und in der Zwischenkriegszeit mit der touristischen Erschließung des östlichen Polens zum politischen Zwecke der Integration dieser Gebiete instrumentalisiert.54 In dem Moment, in dem diese Räume aus polnischer Perspektive desintegriert werden, ihr (polnischer) Charakter verändert wird, bzw. sie aufhören als politische Einheit zu existieren, werden sie gleichsam als untergegangen betrachtet. Für die Kresy ist der Mythos vom verlorenen Paradies essenziell, da der Erinnerungsort gerade durch diesen Topos des Verlustes überhaupt erst geschaffen wurde.

4.

Armut und Rückständigkeit

Der Mythos Arkadien, als Teil des Erinnerungsortes Galizien, schließt eine negativ konnotierte Erinnerung nicht aus. Das „galizische Elend“ und die Rückständigkeit des Kronlandes, die im Moment ihrer Essentialisierung zum Mythos erhoben werden, sind bis heute in der Erinnerungskultur, geprägt durch die in der offiziellen Geschichtsschreibung der Volksrepublik vermittelte Vorstellung von Galizien, präsent. Sie suchen allerdings ihre Entsprechung im Erinnerungsort Kresy : Zweifellos waren die Armut und geringere wirtschaftliche Entwicklung der Kresy der Zweiten Polnischen Republik in der öffentlichen Debatte dieser Zeit ein wichtiges Thema,55 doch dominiert heute wieder das romantische Bild der Kresy als glücklicher Daseinsort mit einer reichen und eindrucksvollen Landschaft. Nach ihrem Verlust erinnern die Kresy dabei an die Größe des einstigen polnischen Staates.

53 Hołda 1995, S. 33: „Pamie˛tnikarska Galicja, podobnie jak mityczna Arkadia, wabiła wie˛c swymi widokami, pie˛knym pejzaz˙em, bujna˛ przyroda˛. […] W przedstawionych wyobraz˙eniach, doskonałos´ci przyrody odpowiadały harmonijne stosunki społeczne, spokjj i swoboda, panuja˛ce w Galicji.“ 54 Vgl. Kolbuszewski 1995, S. 194–196. 55 Vgl. Ebd., S. 194.

52 5.

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Leidensweg

Beiden Erinnerungsorten ist gemein, dass sie Bezug auf einen Raum nehmen, der heute in dieser Form nicht mehr existiert, bzw. der überhaupt erst über seinen Verlust konstruiert wurde. Für Galizien war es der Erste Weltkrieg mit seinen politischen Umwälzungen, seinen Zerstörungen und Bevölkerungsverlusten, die diesem Gebilde ein Ende setzten; der Zweite Weltkrieg und seine Folgen vernichteten durch Deportationen und Völkermord auch das noch verbliebene heterogene Gefüge und ließen weitgehend homogene Nationalstaaten zurück. Auch die Erinnerung an Galizien ist durch diesen Verlust entscheidend beeinflusst, doch etablierte sich dabei keine leidensgeschichtliche Überhöhung: Es ist einer der wenigen polnischen Erinnerungsorte, an dem es zu einer freundlichen Begegnung zwischen den Polen und ihren historischen Nachbarn kommt, denn die Erinnerung an erlittenes bzw. verübtes Unrecht, an Fremdheitsgefühle, gegenseitige Verachtung und Komplexe ist weitgehend eliminiert worden.56

Anders verhält es sich mit den Kresy, deren Erinnerung eingebettet ist in die Erzählung eines polnischen Martyriums, verbunden mit dem in der polnischen Romantik begründeten Narrativ von Polen als Christus der Völker. Diese Transzendierung findet sich dann nicht nur nach dem Ersten Weltkrieg in der Literatur, in der dieser nationale Leidensweg der polnischen Bevölkerung zum Kreuzweg wird,57 sondern auch erneut als Teil eines durch den Zweiten Weltkrieg geprägten Opfernarratives in der Erinnerung an die Kresy.

6.

Peripherie – Grenzland

Zum Bild Galiziens als armes rückständiges Land gehört auch seine Zuschreibung zur Peripherie der Donaumonarchie. Dem österreichischen Teilungsgebiet steht daher das nicht-polnische Zentrum Wien entgegen, anders bei den Kresy, deren peripherer Charakter vor allem aus der Beziehung zu seinem polnischen Zentrum herrührt. Die Kresy werden in der Erinnerung an die Zeit, in der sie noch zu Polen gehörten, dann auch als bedrohter Raum konstruiert. Ihre umkämpfte Grenzlage verbunden mit der Gefahr ihres Verlustes, der schließlich eintrat, besitzt fundamentale Bedeutung für den Erinnerungsort. Die Kresy galt es zu verteidigen, um auch die Existenz Polens zu sichern. Sienkiewicz trug im ersten Teil der Trilogie Ogniem i mieczem („Mit Feuer und Schwert“) (1884) erheblich zur Popularisierung dieser Vorstellung bei. 56 Koz˙uchowski / Nell 2015, S. 186. 57 Vgl. Kolbuszewski 1995, S. 114.

Galizien und die Kresy als polnische Erinnerungsorte

7.

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Wiege der Nation

Teil des Erinnerungsortes Galizien ist der Topos vom „polnischen Piemont“, der schon deshalb eine Mythisierung bedeutet, weil er einen externen Mythos vereinnahmt und darüber hinaus gegenläufige Narrative ausschließt. Von einem Mythos zu sprechen, heißt aber nicht, Galizien habe keine Bedeutung bei der Schaffung einer nationalen, polnischen Identität gehabt. So ist der Erinnerungsort Kresy, der aus dem in Galizien entstandenen und rezipierten Werk Mohort hervorgeht, ein Beispiel für den Rahmen, den Galizien durchaus bot: „Die Geschichte der Kresy als ein polnischer Erinnerungsort erinnert an den Prozess der Konstruktion einer nationalen vorgestellten Gemeinschaft.“58 Und eben an einem solchen Prozess war der Erinnerungsort Kresy wiederum in Polen beteiligt. Es muss aber im Hinblick auf nationale Mythenbildung unterschieden werden: In der Erinnerung an Galizien wird es zum entscheidenden Ort der Herausbildung eines polnischen Nationalbewusstseins stilisiert, dabei wird an den Topos der galizischen Freiheit angeknüpft. Den Kresy hingegen kam bereits als Mythos eine nationsbildende Funktion zu. Als Erinnerungsorte nahmen beide Einfluss auf eine polnische regionale und nationale Identität.

Schluss Der Vergleich zwischen Galizien und den Kresy als polnische Erinnerungsorte zeigte Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Hinblick auf Entstehung, Entwicklung, Verortung, Mythen und deren Funktionen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die Kresy als Erinnerungsort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierten, während sich der Erinnerungsort Galizien erst nach 1918 herausbildete. Galizien war in der Zwischenkriegszeit als politische Einheit nicht mehr existent, die Kresy blieben einerseits Erinnerungsort, andererseits wurde der Begriff mitsamt seinen Eigenschaften auch in unterschiedlichem Maße auf die ostpolnischen Gebiete der Zweiten Polnischen Republik übertragen, was in dieser Zeit bereits für Kontroversen sorgte. Nach deren Verlust im Zweiten Weltkrieg wurden sie zum integralen Bestandteil dieses Erinnerungsortes. In der Volksrepublik war die Erinnerung an Galizien und die Kresy eingeschränkt. Die Geschichte Galiziens wurde von staatlicher Seite, im Unterschied zum inoffiziellen Gedenken, negativ dargestellt. Die Kresy wurden bis in die 1980er Jahre tabuisiert, sodass die Erinnerung auf das Private begrenzt war, eine 58 Traba 2013, S. 149: „Historia Kresjw jako polskiego miejsca pamie˛ci przypomina proces konstruowania narodowej wspjlnoty wyobraz˙onej.“

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öffentliche Auseinandersetzung fand aber unter den Exilpolen statt. Nach der politischen Wende konnten sich beide Erinnerungsorte alsbald erneut in einem überregionalen polnischen Rahmen etablieren. Wenn sich auch eine räumliche Verortung der Kresy als problematisch erweist, so ist zweierlei festzuhalten: Erstens ist der östliche Teil Galiziens, der zur heutigen Ukraine gehört, wiederum Teil der Kresy. Zweitens wird an beide Räume heute auch außerhalb des mit ihnen in Verbindung gebrachten geographischen Raumes erinnert. Die Erinnerungsorte Galizien und die Kresy sind also weder in ihrer Geschichte noch im Hinblick auf die mit ihnen verbundenen Mythen und deren Funktion deckungsgleich, sie weisen jedoch zahlreiche Parallelen auf. Ein weitgehender Vergleich ihrer heutigen kommerziellen Nutzung als Marken könnte diesen Eindruck noch verstärken. Deutlich wurde auch, dass die ausgewählten Mythen miteinander verwoben sind und damit jeweils übergeordnete Mythen von Galizien und den Kresy schaffen, die wiederum zu einem polnischen Mythos des Ostens gehören.

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Jagoda Wierzejska

Galician Displacements and Transformations: On a Spatial Dimension of Creating Galician Identity in Post-War Polish Literature

Abstract This article is dedicated to an analysis of a specific spatial dimension of Galician identity which is still inherent in Polish culture. After the decline of the Habsburg Empire, Galician identity was marked by the stigma of non-presence, which became particularly evident after World War II. This non-presence is recognizable in post-war Polish literature, especially in the literature after 1989, where Galicia started functioning as a kind of empty space in at least two ways. First, it was imaginatively and discursively relocated to another space, where former Galicians endeavored to revive their erstwhile world; in this case Galicia becomes a non-present signifi8 of another spatial structure, which reveals its heterotopical features. Second, it was converted into a rhetorical figure of another (idea of) space based on markers excerpted from other spaces, places or regions; this reveals Galicia’s double non-presence. In this article, both phenomena are presented in selected examples of post-war Polish literature with a special consideration of the literature after 1989.

Introduction Since its creation in 1772 Galicia seemed to be an artificial solution, unable to find legitimacy for its geopolitical existence, either in pre-Austrian history or geography.1 This impression was intensified by the fact that until the Congress of Vienna took place Galicia’s position within the Habsburg Empire had been highly uncertain,2 and even later the boundaries of the province remained vari1 On the difference between “the historic Galicia” (a medieval principality known as the Kingdom of Galicia-Volhynia) and the Austrian povince, which existed between 1772 and 1918, see Magocsi 1983, pp. 46–64; Magocsi 2005, pp. 4–6. On a fabricated Austrian legal title to the lands of the First Partition of the Polish-Lithuanian Commonwealth see Hubert 1960, p. 207ff. On how the Austrian military commanders stopped their troops at the Zbruch in 1772, randomly defining the perimeter of Galicia and the Austrian-Russian border, see Grodziski 1970, pp. 26–27. On the paradoxical durability and the political, social, and cultural consequences of this division see Riabchuk 2000; Riabchuk 2003. 2 See Maner 2014, p. 141.

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able.3 The collapse of the Empire in 1918 marked the end of the existence of the territory as a geopolitical unit but not the ultimate end of its history. Yaroslav Hrytsak calls the period of 1914–1945 in the region “The Thirty Years’ War of the twentieth century”4 because not only did it obliterate the memory of the relatively quiet nineteenth century, but it also literally swept the carriers of this memory off the ground. As a result, after World War II the last residues of the Galician universe ceased to exist. At this point, the researcher of this subject faces a paradox. Despite its poor condition Galicia has proved to be a very durable “invention of the Habsburgs”. Contrary to the attempts of various authorities to erase every memory of it, after 1918 and especially after 1945, a Galician identity still makes itself felt. Such an identity, or Galicianness, can be understood as a set of values and qualities, from mental to cultural-political, connecting the erstwhile province with its Austrian past and constituting the basis for the self-understanding of Galicians, with whom at times both the current dwellers of the region and the descendants of its former inhabitants identify. In this sense Galician identity, or Galicianness, does exist.5 However, because of the artificiality of Galicia, the destruction of its distinguishing features, and the obliteration of any memory of them, the existence of Galicianness bears special characteristics. After the fall of the AustroHungarian Empire, Galician identity was marked by the stigma of non-presence, which became particularly evident after World War II, when the Galician heritage was finally dispersed. The non-presence in question is more complex, however, than one would infer based on the observation of the non-existence of the territorial entity and its traumatic emptiness. In post-war Polish literature, especially in post-1989 literature, Galicia started functioning as a kind of empty place in the discourse in at least two ways. First, it has been imaginatively and discursively relocated to another space where former Galicians, sometimes considering themselves Galicians even in the third generation after World Word II and the expulsion, have endeavored to revive their erstwhile world. These endeavors are hardly successful but if they are at least partially so Galicia becomes a non-present signifi8 of another spatial structure that starts to reveal its heterotopic6 and palimpsestic features. In other cases, Galicia has been imaginatively and discursively converted into a sign / 3 According to the historian Leo J. Haczynski, when using the term “Galicia” one needs to keep in mind that the borders of the province, either expanding or shrinking, were constantly fluid; see Haczynski 1970, p. 94. 4 Hrytsak 2014, p. 116. 5 On the present existence of Galician identity (Galicianness) see Kowalikowa 1998, pp. 211–219; Bialasiewicz 2005, pp. 173–177; Hrytsak 2005, pp. 198–202; Wolff 2010, pp. 383–419. 6 Foucault 1986.

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rhetorical figure of another space / an idea of space, e. g., Central Europe, a specific borderland, etc. However, the former province becomes such a sign or figure not despite but because of its current non-existence; that is why it is secondarily based on the markers excerpted from other spaces, places or regions. This reveals Galicia’s indeed double non-presence. In the case of the displacement of Galicia, as well as in the case of its transformation into a sign / rhetorical figure of another space / an idea of space, the region can still be a basis if not for an established then for a negotiated Galician identity. I will present both phenomena using selected examples from post-war Polish literature with a special consideration of the literature written after 1989. At the same time, I will show that they take on many forms and heterogeneous modalities, ranging from speech marked by seriousness, not to say solemnity, to pastiche and parodistic creations.

Galician Displacements An interesting representation of the attempts to reactivate Galicia in a different space can be seen in an early iteration of the so-called Galician trend in Polish literature,7 a novel by Andrzej Kus´niewicz titled W drodze do Koryntu (“On the way to Corinth”) (1964). A turning point in the composition of the work is the moment when the protagonists leave their “private homeland” and set out to see the world. The “private homeland” in Kus´niewicz’s books is always the same space, defined in another work as “a pinch, and not a small one, of Podolia, of Transnistrian sites, a small part of Lviv from many years ago, in general of the former Galicia and Lodomeria.”8 In W drodze do Koryntu it is paraphrased as “the Triangle of Meadows” or “the Land of Both Rivers”.9 The two protagonists, a Pole called Dolek, and a Ukrainian called Yevhen, sometimes in the company of their Jewish friends, set off for Vienna and then, after World War II, for Verona, Paris and the French Riviera, tracking their childhood friend, the daughter of German colonists, Gerda. Yevhen and Dolek are aware that they belong to a community that no longer exists. Nevertheless, all their efforts focus on recreating the Galician home in a different space, i. e., repeating the foursome configuration from “the Land of Both Rivers” – a Polish landowner plus a Ukrainian intellectual plus a Jewish intellectual plus a German peasant – ranging from the social to the erotic. Dolek expresses their goal as follows: 7 See Woldan 1996; Wiegandt 1988. 8 Kus´niewicz 1980, p. 180: “szczypta, i to nie mała, Podola, stron naddniestrzan´skich, nieco Lwowa sprzed wielu lat, w ogjle byłej Galicji i Lodomerii.” [If translator is not provided in a reference, all translations are my own.] 9 See Kus´niewicz 1964: “Trjjka˛t Ła˛k” or “kraj Obu Rzek”.

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Observing the shapes of Venus de Milo or Diana of Ephesus I was fitting them to Gerda; listening to words spoken with the authority of knowledge and years of experience, I compared them irresistibly to Yevhen’s words, in fact – to the symbolism derived from the Triangle of Meadows and having its original source there.10

Despite various efforts, the relocation of Galicia to another space ultimately turns out to be impossible, which is emphasized by the tomfoolery and irony of the protagonists. Although the “private homeland” cannot be reproduced, the Pole and the Ukrainian prefer the play of deceptive references to the lost “Triangle of Meadows” rather than being rooted in the new topography and topochrony. That is why when Dolek is left alone, after the death of Yevhen and Gerda and after his Jewish friends go to America, he focuses his feelings and memory on his forged photomontage of Galicia, which as a “place of memory”11 is indeed compromised but is also the only valuable thing left to him. I’m left with the only souvenir : a photograph in a flat, worn wallet, an image of a friend, companion of transitional and uncertain years […]. In addition, the whole is not authentic. Using scissors, I cut out a silhouette of my friend from his school identity card and installed him into my own landscape: the Triangle of Meadows. A photomontage was created. There would be nothing wrong with that, if not for the fact that the landscape is equally artificial. It merely resembles my native land, or rather the distorted picture of my memory of it. Someone using a magnifying glass will easily notice that this is the type of panel, decoration, used by itinerant photographers at fairs and markets. It shows high, slightly misty alleys of an old park, artificial Greek ruins, a pond with swans and a romantic castle in the background.12

In a serious mode, devoid of the bitter irony of Kus´niewicz’s work, in Dwa Miasta (“Two cities”) (1991) Adam Zagajewski describes the attempts to resurrect Galicia and, strictly speaking, Lviv in the so-called Recovered Territories.13 A pre-

10 Ibid., p. 110: “Obserwuja˛c kształty Wenus z Milo czy Diany z Efezu, przymierzałem je do Gerdy ; słuchaja˛c słjw wypowiadanych z autorytetem wiedzy i wieloletnich dos´wiadczen´, nieodparcie porjwnywałem je do słjw Jewhena, a w istocie rzeczy – do symboliki wywodza˛cej sie˛ z Trjjka˛ta Ła˛k i tam maja˛cej swe pierwotne z´rjdło.” 11 See Nora 1996–1998. 12 Kus´niewicz 1964, p. 347: “Pozostała mi jedyna pamia˛tka: fotografia w płaskim, zuz˙ytym portfelu, podobizna przyjaciela, towarzysza lat przejs´ciowych i niepewnych […]. Wdodatku całos´c´ nie jest autentyczna. Wycia˛łem noz˙yczkami sylwetke˛ przyjaciela z jego szkolnej legitymacji i wmontowałem w krajobraz własny : Trjjka˛t Ła˛k. Powstał wie˛c fotomontaz˙. Nie byłoby w tym nic złego, gdyby nie fakt, z˙e i krajobraz jest rjwnie sztuczny. Zaledwie przypomina nieco moje strony rodzinne, a raczej zniekształcony obraz mojej o nich pamie˛ci. Ktos´ uz˙ywszy powie˛kszaja˛cego szkła, łatwo zauwaz˙y, z˙e jest to rodzaj panneau, dekoracji, jakimi posługuja˛ sie˛ we˛drowni fotografowie na jarmarkach i odpustach. Przedstawia wysokie, nieco zamglone aleje starego parku, sztuczne greckie ruiny, stawek z łabe˛dziami i romantyczny zamek w głe˛bi.” 13 Recovered or Regained Territories [Ziemie Odzyskane] was an official term used by the

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text to this autobiographical essay is a poem, Jechac´ do Lwowa (“To go to Lviv”) (1985), in which the poet refers to the expulsion of his family from the Galician metropolis in 1945. Born just four months prior to the event, he could not have had his own memories of the exodus of the Poles to the West, but he was transmitting the communicative memory – and thus shaping the cultural memory14 – of the city of the lion: and the cathedral trembled, people bade goodbye without handkerchiefs, no tears, such dry mouth, I won’t see you anymore, so much death awaits you, why must every city become Jerusalem and every man a Jew, and now in a hurry just pack, always, each day, and go breathless, go to Lvov, after allit exists, quiet and pure as a peach. It is everywhere.15

In Zagajewski’s poetic vision, Lviv-peach or Lviv-Jerusalem becomes the first city and the city of expulsion for which he yearns for the rest of his life and, at the same time, the most perfect reference point for the other, imperfect spaces. It is omphalos universum, the center in which all journeys, including imaginary ones (perhaps above all), begin and to which they lead. Although Lviv – being lost – in a way is nowhere, still it is everywhere: in a palimpsestic manner it permeates every place where the inhabitant of the city – one of the modern variants of the Wandering Jew – goes. In Dwa miasta Zagajewski continues this concept in a discursive manner. The second, lesser city mentioned in the title, where the writer’s family arrived after their expulsion from Lviv, turned out to be Gliwice. According to the author, for the rest of their lives most of the former inhabitants of Lviv saw the Silesian city as a place that was not entirely real, a place that represented only the surface of genuine depth, nothing more than a sign referring to its literal meaning: “that breathtaking city.”16 They simply did not want to accept the fact that they had ended up in a difficult, strange, ugly city. They considered themselves still in Lvov. […] They were incapable of moving People’s Republic of Poland to describe the territory of the former Free City of Danzig and the parts of pre-war Germany that became part of Poland after World War II. 14 See Assmann 2011. 15 Zagajewski 2002, p. 81: “i katedra drz˙ała i z˙egnano sie˛ o poranku / bez chustek i bez łez, takie suche / wargi, nigdy cie˛ nie zobacze˛, tyle s´mierci / czeka na ciebie, dlaczego kaz˙de miasto / musi stac´ sie˛ Jerozolima˛ i kaz˙dy / człowiek Z˙ydem i teraz tylko w pos´piechu / pakowac´ sie˛, zawsze, codziennie / i jechac´ bez tchu, jechac´ do / Lwowa, przeciez˙ / istnieje, spokojny i czysty jak / brzoskwinia. Lwjw jest wsze˛dzie.” Zagajewski 1985, p. 37. The translators of Zagajewski’s works use the form “Lvov” instead of the Polish name of the city, “Lwjw”, or the form “L’viv”, which is a transliteration of the Ukrainian name generally used in English nowadays. I retain the form “Lvov” in the quotes but elsewhere, commenting on Zagajewski’s writing, I use the form “L’viv”, which I consider to be more appropriate than the former because it is reminiscent of the Russian name of the city. 16 Zagajewski 1995, p. 4.; Zagajewski 1991, p. 8: “niezwykle pie˛kne miasto”.

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to Gliwice. Indifferent, whether they had lost their memoires or not, they pretended that nothing had changed. The entire city was transformed into a theatre.17

Zagajewski, for whom Gliwice became in fact his first space – after all, he did not have any individual memory (rooted in biographical experience) of Lviv – finally adapted to the new place of residence. However, his relatives and friends regarded such behavior as a betrayal and continued to live as if Gliwice were their native city just stuck in a conventional, less attractive form, as if “each corner could conceal the holy walls of Lvov.”18 Silesia also constitutes a space of Galician displacement in Tomasz Rjz˙ycki’s poem Dwanas´cie stacji (“Twelve Stations”) (2004). The protagonist of the work, Grandson, although he does not belong to the second (like Zagajewski) but to the third generation after the expulsion, is a member of a great family of Galicians, who at the end of World War II came from the vicinity of Lviv to Opole and the surrounding villages. Many toponyms and their periphrases in the poem indicate that the new living space – though having been tamed for decades – for Grandson’s relatives is still only a temporary incarnation of the old homes. Moszczanka is described in the poem as “a famous village of easterners,”19 Prudnik is compared with Terebovlya20, a housing estate in Opole, where Grandson’s grandma and aunt from Zadwjrze live, a “colony of easterners,”21 and Silesia as a whole is regarded as “Podolski”22 instead of Opolski. Silesian Galicians still divide time into “before and after Franz Joseph”23 and they are all committed to a “[…] common cause / and undertake an expedition to Gliniany and Zadwjrze, the original home of Babcia and Auntie, / so as to rescue the Parish and the church.”24 Rjz˙ycki’s piece uses irony and, in addition, constitutes a pastiche of the Polish national epic, Pan Tadeusz (“Sir Thaddeus”) (1834) by Adam Mickiewicz, and in 17 Ibid., p. 24–25; Zagajewski 1991, p. 20: “Nie chcieli zaakceptowac´ tego, z˙e znalez´li sie˛ w innym, dziwnym, brzydkim mies´cie. Uwaz˙ali, z˙e w gruncie rzeczy wcia˛z˙ sa˛ we Lwowie. […] Nie byli w stanie przenies´c´ sie˛ do Gliwic. Całe miasto przekształciło sie˛ w teatr.” 18 Ibid., p. 64; Zagajewski 1991, p. 44: “kaz˙dy zaka˛tek mjgł skrywac´ s´wie˛te mury Lwowa.” 19 Rjz˙ycki 2015, p. 15; Rjz˙ycki 2004, p. 14: “słynna wioska kresowa,” Moszczanka is a village in the administrative district of Gmina Prudnik, within Opole Voivodeship, in south-western Poland. The expression “borderlands” [Kresy] refers to the eastern lands that belonged to Poland before World War II. 20 See Rjz˙ycki 2004, p. 95. Prudnik is a town in Poland, located in the southern part of Opole Voivodeship. Terebovlya is a small city in the Ternopil Oblast of present western Ukraine. 21 Rjz˙ycki 2015, p. 27; Rjz˙ycki 2004, p. 19: “kresowy matecznik”. Zadwjrze is a village situated near L’viv and Gliniany. 22 Rjz˙ycki 2004, p. 7. Podolia, from which the adjective “Podolski” is derived, is a historic region located in the central-western and south-western parts of present-day Ukraine. 23 Rjz˙ycki 2015, p. 47; Rjz˙ycki 2004, p. 29: “przed i po Francu Josefie”. 24 Ibid., p. 55; Rjz˙ycki 2004, p. 33: “[…] jednej wspjlnej sprawie / Wyjazdu do Glinian i Zadwjrza, rodzinnego kraju Babci i Cioci, / aby tam ratowac´ Parafie˛ i kos´cijł.”

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doing so it truly reflects the peculiarity of a certain part of Polish society’s attitudes. It shows that the way of thinking of people expelled from Galicia, and even the way of thinking of some of their descendants, about the space in terms of duality, Galician-Silesian (although more Galician than Silesian), is similar to the widespread myth-creating way of thinking of Poles about Polishness in terms of Soplicowo, an idyllic manor house from Pan Tadeusz. All the mentioned works represent an attempt to recreate Galicia – the lost “private homeland” – in another place, so that it can still be the basis for selfunderstanding of the subjects who hardly identify themselves with their new home. Regardless of whether these attempts are described seriously (Zagajewski) or with bitter (Kus´niewicz) or playful (Rjz˙ycki) irony ; and regardless of the fact that they usually are unsuccessful or at least not entirely satisfactory, they do follow a similar pattern. A relationship established imaginarily and discursively between Galicia and the new living space resembles the relationship between form (signifi8) and concept (signifiant). Galicia becomes that which needs to be revealed or discovered – the essence of a place into which fate and history threw the former Galicians. It is the original meaning to which the mentioned place refers, gathering the characteristics of heterotopia or a palimpsest that conceals that underneath which is most important. And even if the Galician signifi8 is marked by non-existence; even if under the surface of new spaces – Italian, French or Silesian cities – a mere lack of “the Triangle of Meadows” or the streets of Lviv opens up, for the former Galicians this constitutes no conclusive issue. As Kant argued, and Zagajewski repeated,25 existence is not a predicate, so the non-existent Galicia does not have to be different from the existing Galicia.

Galician Transformations The spectrum of phenomena comprising the transformation of Galicia into a sign / rhetorical figure of another space / an idea of space is broad; therefore, I will confine myself to three main directions of its development. The most common type of phenomena in question is the imaginary and discursive transformation of Galicia into Central Europe, which is a category from the field of strongly ideologized cultural geography rather than of physical geography. The concept of Galicia as a synecdoche of this part of the continent is the leitmotif of contemporary reflection on the former Austrian province. Many experts on the subject, e. g., the researchers cited below, return to this idea, often treating it as proof of membership of the region in the western cultural circle. 25 See Zagajewski 1995, p. 30.

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Galicia, as Austro-Hungarian, as Western European, as not-Eastern, certainly not Russian, is thus located within the values of Western liberal thought. In contrast to the alien values of the Eastern steppes, Galicia is historical and embodied with European tradition, and “before and beyond” the Communist occupation, 1945–1991.26

It is usually assumed that it was Milan Kundera’s famous article of 198327 that gave impetus to such way of thinking and initiated the debate about Central Europe, questioning the existing definition of the so-called Eastern bloc. In fact, however, as shown by Larry Wolff, already in the age of the Galician autonomy, after 1867, Galician conservatives opposed perceiving the country as a backward, non-civilized province and emphasized the important role of Galicia in Central Europe, as well as its cultural relationships with the West.28 In the post-war Polish literature published before 1989, Piotr Wojciechowski’s novel Czaszka w czaszce (“Skull inside a skull”) (1970) continues such a way of thinking in an interesting mode. The novel is a pastiche, which points out that treating Galicia as a pars pro toto of Central Europe must already have been an established line of thought, recognizable to readers. The plot of the work, playing with chronology and geography in different ways, is partially set in Galicia, at the time constituting a suggestive reconstruction of la Belle Ppoque. The town of Sucha Galicyjska, where the protagonist arrives, is located on the borderlands – the inscription at the station is “written in two alphabets – Gothic and Cyrillic”29 – but also constitutes the most representative part of the Great Empire. The Empire, where “our” Viennese emperor holds office, is imaginary but very similar to the Habsburg Monarchy. As it includes not only the property of Vienna from before World War I, but also Warsaw, Wrocław, and the remote Balkans, it symbolizes 19th century Central Europe and is closely linked to the West, which is embodied in the novel by Paris. Thus, it turns out that Galicia – the Empire in a nutshell – is also a synecdoche of the central part of the European mainland that had its “beautiful epoch” before 1914. In post-1989 Polish literature, making Galicia a rhetorical figure of Central Europe is the most commonly used ploy by Andrzej Stasiuk. Already in Dziennik okre˛towy (“A Logbook”) (2001), which contests the cognitive framework applied to this part of the continent in order to systematize the knowledge of it in accordance with the common categorizations, Galicia defines the reference point and the center of Stasiuk’s Europe. “So I pinned the needle in the place where I am now, and everything indicates that I will remain here,”30 the writer begins, re26 27 28 29 30

Bialasiewicz / O’Loughlin 2002, p. 221. Kundera 1984 (1983), pp. 33–38. Wolff 2010, pp. 221–230. Wojciechowski 1970, p. 67. “wypisany dwoma alfabetami – gotyckim i cyrylica˛.” Stasiuk 2001, p. 77: “Wbijam wie˛c igłe˛ w miejscu, gdzie teraz jestem, i wszystko wskazuje na to, z˙e pozostane˛.”

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ferring to Wołowiec31 and describing how by using compasses he draws a circle of his world on a map. Then he situates his narrative like a scholar-topologist: “I’m writing this at night, on Monday, when depression has washed over Galicia from the Black Sea […] it’s wet and it’s raining cats and dogs.”32 In his essay O ´srodkowej Europie (“On Central Europe”)33 written at around the same time (2002), Stasiuk carries on with this way of thinking. Reflecting on the macroregion mentioned in the title, he does not imaginarily exceed the borders of the former Austrian province, as if the latter was perfectly adequate to deliberate on the first one. Stasiuk’s most extensive narration about the identity of Central Europe is Jada˛c do Babadag (“On the Road to Babadag”) (2004)34. In this collection of essays, the author describes a journey from erstwhile Galicia, through the entirety of Central Europe, to the Danube Delta, treating the old Habsburg province as a litmus test of Central Europeanness. In all these works, Galicia constitutes a stimulus for reflecting on the central part of the continent, as well as its best synecdoche. However, it should be stressed – because it is unique – that this rhetorical relationship does not allow either Galicia or Central Europe to pair with the West. Stasiuk develops the idea of Central Europe in such a way that it could avoid the – in his opinion – catastrophic dichotomy of East versus West by linking it to the Danube River Basin and the southern orientation.35 From the author’s perspective the key to this orientation of the macro-region is the Habsburg heritage that is available to him through Galician history and geography. That is why he admits: “always on the 18th of August I get nostalgically drunk. […] I get drunk to the glory of the last true Emperor, as it is only from this current perspective, that his greatness, his operetta-style, infantile, slowcoach heroism become apparent.”36 A relatively new example of the use of Galicia as a figure of Central Europe, this time with the intention of merging the two spaces with the West, appears in the book by Łukasz Saturczak entitled Galicyjskos´c´ (“Galicianness”) (2010). When the narrator recounts the history of the area surrounding Przemys´l it is bitterly ironic in nature: just before the outbreak of World War II, the Galician community enters the final stage of decay, and the Poles indulge in an alcoholic 31 Wołowiec is a village in south-eastern Poland, where Stasiuk lives. 32 Stasiuk 2001, p. 79: “Pisze˛ to wszystko w nocy, w poniedziałek, gdy znad Morza Czarnego nadcia˛gna˛ł nad Galicje˛ […] mokry niz˙ i leje jak z cebra.” 33 Stasiuk 2002, pp. 66–67. 34 Stasiuk 2011 [2004]. 35 I discuss this problem further in Wierzejska 2012, pp. 71–86. 36 Stasiuk 2001, p. 125: “zawsze osiemnastego sierpnia upijam sie˛ w sposjb nostalgiczny. […] Upijam sie˛ na chwałe˛ ostatniego prawdziwego Cesarza, poniewaz˙ dopiero z dzisiejszej perspektywy widac´ jego wielkos´c´, jego operetkowy, infantylny i safandułowaty heroizm.” The 18th of August was the anniversary of the birth of Emperor Franz Joseph, celebrated annually, usually very solemnly and pompously in the whole of the former Habsburg Empire.

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delirium and wild hatred towards their Ukrainian and Jewish neighbors. A commentary on these events – “They drank until morning. Then they went home. No one remembered anything. No one was ashamed. This is how Europe is born”37 – hints at Galicia as a Cassandra’s prophecy for Europe and the future years of war. Nevertheless, in the coda of the novel, which refers to the Orange Revolution in Ukraine (2004), it turns out that Galicia – although it already exists only in a mental dimension in some of its inhabitants – can adequately embody Europe, both Central and the one extending from London eastward, at least to Kyiv, as it represents the same European values of freedom, equality, and democracy. Therefore, when a couple of Poles go to support the protesters, they move contrary to geography, along a symbolic route of the metropolises belonging to the former realm of Franz Joseph – Lviv, Cracow, Budapest, Vienna, Prague – to Kyiv, and “everything is penetrated by Galicia.”38 Another type of Galician transformation is the imaginary-discursive use of the former Austrian province as a rhetorical figure for a borderland, particularly the Polish-Ukrainian one, and generally any (Central) European borderland. The borderland in this case is raised to the level of an idea of community because, instead of a territory of acute geopolitical divisions, it becomes a space that enables the flow of people, ideas, goods, and capital. The borderland understood and represented in such a way is a heterotopia with heterochronic characteristics; it refers to the Habsburg past of Galicia when the province was considered an area of multi-ethnic coexistence, and at the same time it constitutes a certain up-to-date project of Europe, described by Luiza Bialasiewicz as follows: The “rediscovery” of Galicia can be seen as a revolt against the new walls and as a discourse counter to the attempts of national political elites to draw hard boundaries for the New Europe. […] Re-signifying the Polish-Ukrainian borderland as a historical space of coexistence and contentment, as Habsburg Galicia, is being actively promoted as a means to subvert the legitimacy of the international boundary that now cuts the region. […] The re-evocation of Habsburg Galicia suggests an alternative way of organizing the space called “Europe” and thereby carries with it a whole set of normative assumptions about the post-Cold War European project.39

Galicia as a space of indeterminacy, the opposite of a solid territory of a clearly marked order and a precise contour on the map, may therefore constitute a metonymy of existence in the state of undermined borders – undermined deliberately, since until recently they were determined in the region with an acute sharpness. It can be regarded as a rhetorical figure of life in the face of obsession 37 Saturczak 2010, p. 76: “Pili az˙ do rana. Pjz´niej rozeszli sie˛ do domjw. Nikt nic nie pamie˛tał. Nikomu nie było wstyd. Tak rodzi sie˛ Europa.” 38 Ibid., p. 165: “wszystko przenika Galicja.” 39 Bialasiewicz 2005, p. 163.

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with and the oppression of borders, which the modern world yielded to, and also as a figure of opposition against the designation of another strong division on the continent. After the Polish accession to the European Union and the extension of the Schengen area, the Polish-Ukrainian border, cutting in half the once common and coherent territory, has in the end become a symbolic and literal cordon of Europe. Due to the historical politics practiced in relation to Galicia after World War II, transformations of this type have become commonplace on the pages of Polish literature after 1989. Stasiuk’s works provide relatively numerous examples of these transformations. The writer, who directly links the designation of arbitrary, geometric boundaries with the tyranny of the new generation40, appreciates Galicia as a counterpoint to the lines of demarcation which easily transform into lines of battle, and the lines of battle into front lines. In Dziennik okre˛towy he openly concludes, reflecting on the phenomenon of frontiers, that it is better when “it is impossible […] to tell where one thing begins and the other ends,” like in Galicia, than when “it is immediately apparent.”41 In the slightly earlier Opowies´ci galicyjskie (“Tales of Galicia”) (1995) the author presents the former Austrian province as a model for the contemporary Polish-Ukrainian borderland. According to his vision, the region is penetrated by its nineteenth century past in a palimpsestic (and myth-creating42) way, which gives hope that it will transform into a space beyond boundaries. Avery Galician place – a site of an abandoned Greek-Catholic temple that was transferred to a heritage park – constitutes a sphere where the common Galician history of Poles and Ukrainians becomes visible: here “the Gregorian and Julian calendars, which were both used, cancelled each other out, consigning events to unmarked Time.”43 In this “Time” the current Polish south-eastern border is nullified, and in the void of the forest a village is created, which is not Polish or Ukrainian, but Galician, so “[n]either time, nor flames, nor frailty could touch it.”44 Other examples of thinking about Galicia in terms of a rhetorical figure of Polish-Ukrainian or Polish-Ukrainian-Jewish common space are delivered by the works mentioned above: Saturczak’s novel Galicyjskos´c´ and Rjz˙ycki’s poem Dwanas´cie stacji. In the first case, as in Stasiuk’s works, the concept is treated seriously. In the first part of the novel, called Niebo (“Heaven”), remnants of the 40 See Stasiuk 2001, pp. 84–85. 41 Ibid., p. 106: “nie dało sie˛ odrjz˙nic´, gdzie zaczyna sie˛ jedno, a kon´czy drugie”; “od razu widac´”. 42 Stasiuk deliberately ignores the fact that the Polish-Ukrainian conflict was also a legacy of the Habsburg epoch. See Sosnowska 2008. 43 Stasiuk 2003, p. 43; Stasiuk 2001a, p. 30: “kalendarze, gregorian´ski i julian´ski, znosiły sie˛ nawzajem, sytuuja˛ zdarzenia w bezprzymiotnikowym Czasie.” 44 Ibid, p. 48; Stasiuk 2001a, p. 34: “Ani czas, ani ogien´, ani kruchos´c´ nie miały do niej doste˛pu.”

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Galician world still unite Poles, Ukrainians and Jews in one community living in a village near Przemys´l during the interwar period. World War II, described in the part Piekło (“Hell”), blurs even the afterimages and suppresses the echoes of Galicianness. However, the present day – Purgatory in the third part – brings hope for its revival. The Galician identity may not be common but, for at least some of the inhabitants of the present-day Polish-Ukrainian borderland, it is a good starting point to step outside the vicious circle of complacency, contempt for representatives of the other nation, and mutual blaming for the history. In the case of Dwanas´cie stacji, we are dealing with a parodistic and antimyth-creating presentation of the discussed transformation. Silesian Galicians, the expatriates from the vicinity of Lviv, promise themselves that their return to the bosom of the motherland will be: […] a kind of mystic wedding, / A marriage party of nations, fulfilment of the prophecies of Saint Kinga, / Cleopatra, and ancient Wernyhora, / who might once again deign / to appear in this company and hand to some chosen one / a Golden Horn or Magical Flute, with the aid of which / lost nations would return to the fold, and the spirit of enterprise / and regional autonomy would spread its wings.45

This idea, a kind of antidote to the illness of borders which in this part of Europe “always ran enigmatically / across places about which no one would have a good word / to say”46 is, however, compromised. Galician Poles quickly transform it into a project of a crusade under the banner of “land to be taken away from the Ukrainians, / for the defense of Polishness and of the Mother Country against barbarity, / for the restitution of property to estate owners in the East / and the return to servitude of the local population.”47 There is, thus, a fear that the Ukrainians from Zadwjrze, where the “marriage party of nations” is to happen, will flee in terror from the “return of the Polak masters and Polish recolonization.”48 Finally, it appears that the clock measuring the time of Galicia cannot be reversed to the era of Franz Joseph and that there will be no Polish-Ukrainian “miracle of unity.”49 However, in the coda of the poem the irony towards such 45 Rjz˙ycki 2015, p. 55; Rjz˙ycki 2004, p. 34: “[…] ´slubem mistycznym, / weselem narodjw, spełnieniem proroctw ´swie˛tej Kingi, / Kleopatry i dziada Wernyhory, ktjry by, byc´ moz˙e, znowu sie˛ zechciał / w tym gronie pojawic´ i wre˛czyc´ komus´ tam upatrzonemu / jakis´ Złoty Rjg albo tez˙ Fujare˛, za pomoca˛ ktjrej / zgubione narody wrjciłyby do stada, a duch przedsie˛biorczos´ci / i samorza˛dnos´ci rozwina˛łby skrzydła.” 46 Ibid., p. 87; Rjz˙ycki 2004, p. 51: “przebiegały / zawsze tajemniczo w miejscach, o ktjrych nikt by nie powiedział / dobrego słowa.” 47 Ibid., p. 185; Rjz˙ycki 2004, p. 106: “zabrania ziem Ukrain´com, / obrony polskos´ci oraz Macierzy przed barbarzyn´stwem, / przywrjcenia maja˛tkjw dziedzicom na Wschodzie / i powrotu do ucisku ludu tamtejszego.” 48 Ibid., p. 231; Rjz˙ycki 2004, p. 132: “powrjt Lachjw i kolejna polska kolonizacja”. 49 Ibid., p. 55; Rjz˙ycki 2004, p. 34: “cud jednos´ci”.

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concepts is mitigated due to their transformation into a politically harmless stream of nostalgic memories. Yet another interesting type of transformation is that of treating Galicia as a sign of non-Galician spaces, from which the present inhabitants of the region, who are not native Galicians, originate. In this case, the former Austrian province becomes a heterotopia just like the Italian and French cities in Kus´niewicz’s novel or the Silesian cities in Zagajewski and Rjz˙ycki’s works, because the transformation under study is indeed a reverse phenomenon leading to the Galician displacement. While the latter consists of the conversion of the new place of residence into a palimpsest, the outer layer of which refers to the lost Galician home, the discussed transformation involves spotting these palimpsestic features in Galicia itself. The relationship between the erstwhile Habsburg province and the place of origin of a subject resembles the relationship between sign and object, but here it is Galicia that hides the memory of a distant home to which it points as to its signifi8. Discovering such a relationship linking Galicia to other places became a consciously undertaken theme in Polish literature since 1989. It was only then that one could say without fear of censorship that Western Galicia – though to an incomparably lesser extent than Eastern Galicia – had also experienced the influx of non-Galicians. An example of this type of transformation can once again be seen in the work of Stasiuk, who himself, born in Warsaw, settled in the Low Beskids in the late 1980s, making it his “homeland of choice”. In Opowies´ci galicyjskie there are characters that to some extent have similar experiences as the author. This applies above all to Lewandowski. Coming from the capital, the man reached the south of Poland along a string of prisons after he was sentenced “for his convictions”50 in the previous political system. In the end, he decided to settle there: he married, built a house, and stayed even after the death of his wife. Despite being rooted in the landscape of post-Lemko villages, Lewandowski still sees Warsaw reality underneath them. Here is how the narrator, the porte-parole of the author, recounts his journey with a man on a bus in the remote areas of the Beskids. He flopped down next to me, suddenly deflated, and he seemed to have fallen asleep. But when the darkness and snow mingled and swallowed up the last lights from town, he started to recite the names of Warsaw streets. As if he were riding on the 21 or the no. 6: “Ratuszowa, 11. Listopada, Wilen´ska, S´wierczewskiego, Wjjcika, Okrzei, Za˛bkowska […].” “Białostocka”, I said, “You missed Białostocka.”But it was his ride […] so […] he just rode by Kijowska and Skaryszewska […]. And then when the mountains moved in

50 Stasiuk 2003, p. 60; Stasiuk 2001a, p. 43: “Za przekonania”.

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on both sides, unseen, hulking, and darker and darker, he said, “Szembek”, and stood up.51

The space that once was called “Galicia” was thus tamed by Lewandowski but it was not fully and merely Galicia for him. His story about himself became one of the “tales of Galicia” but he kept looking “with a scowl that came out of the sheds at the corner of Sulejkowska and Kwacza,”52 i. e., Warsaw streets. For each of the three types of the discussed transformations Galicia, just like the Galician identity associated with it, turns out to be something more and also less than itself. Something more because Galicia as a rhetorical figure (of the idea) of Central Europe, of the Polish-Ukrainian or another (Central) European borderland, and similarly as a sign of non-Galician places, acquires the characteristics of the space it represents. Transformed by the power of discourse it exceeds the area between the Dunajec and the Zbruch and the time frame 1772–1918; it extends far to the south and west, and gains temporal ambiguity, shimmering with distant points on the map and contemporary designs of the European mainland. Galicia, however, turns out to be something less because in the studied transformations it reveals a lack of real existence verifiable on a map. It can take on the characteristics of other spaces and become their sign or figure exactly because it is merely a shadow of its own shadow, an entity that, having no geopolitical existence, is susceptible to free imaginative shaping. Therefore, on the one hand, Galicia, transformed into a sign or rhetorical figure, appears as a void that easily converts into other spatial representations. On the other hand, exceeding its own chronotope, Galicia reveals a significant sense- and identitycreating potential, the source of which, paradoxically, is in its ontological weakness bordering on non-existence.

Conclusions Galicia is characterized by what might be called a strong non-existence because even when it does appear on the maps of Europe it is ephemeral and fluid, and when it vanishes from said maps nothing is left of it. As it turned out, after 1945, 51 Ibid., p. 58; Stasiuk 2001a, p. 41: “Klapna˛ł obok mnie, uszło z niego powietrze i wydawało sie˛, z˙e zasna˛ł. Ale gdy ostatnie ´swiatła miasteczka pochłone˛ła pomieszana ze ´sniegiem ciemnos´c´, zacza˛ł recytowac´ nazwy warszawskich ulic. Jakby jechał ‘21’ albo ‘szjstka˛’: ‘Ratuszowa, 11. Listopada, Wilen´ska, S´wierczewskiego, Wjjcika, Okrzei, Za˛bkowska […]’ – Białostocka – powiedziałem. – Opus´ciłes´ Białostocka˛. Lecz to była jego podrjz˙ […], wie˛c […] mina˛ł Kijowska˛ i Skaryszewska˛ […]. I gdy gjry naste˛powały z bokjw, niewidoczne, cie˛z˙kie i coraz cias´niejsze, powiedział: – Szembek – i wstał.” 52 Ibid., p. 60–61; Stasiuk 2001a, p. 43: “spojrzeniem spomie˛dzy ruder Sulejkowskiej i Kwaczej.”

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Galicia found a place for itself in the sphere of imagination and discourse. Its geopolitical non-existence, however, means that even its existence in the imagination and discourse undergoes certain destabilizations. The Austrian historian Wolfgang Kos sought to define these destabilizations as follows: “A particularly strong image defining the Galician discourse is the disappearance from the space of perception and the rediscovery of what is forgotten, so a kind of something timeless and extra-spatial.”53 Indeed, in post-war Polish literature Galicia is an entity of a shifted, specifically unreal temporality and spatiality. It can be a point of reference and primary meaning of other places, discovered second or third. Other times it begins to refer to itself as a sign of remote first homelands abandoned by humans. Sometimes it is transformed into Central Europe, sometimes into the borderland, specified or unspecified. In all these cases Galicia does not fall entirely outside of the temporal flux and spatial categories. However, as it is an entity marked by non-presence, it becomes an “empty square” of discourse around which this discourse loops and without which it could not operate. Through this imaginary-discursive process Galicia seems to gain the characteristics of a universal chronotope and inclines towards myth. Interestingly, this Galicia is still the foundation of Galician identity. Such an identity has always been ambiguous, but now, when the historical Kingdom of Galicia and Lodomeria is entirely a thing of the past, it is even more complicated because it takes on new spatial dimensions. In one of his essays Yaroslav Hrytsak asks what it means to be from Galicia.54 In the light of the post-war Polish discourse about the region, we must answer that sometimes it means more than just to come from the former Austrian province. Sometimes it also means to be (or to not be) a Central European or simply a European. To be a resident of the borderland understood as a common space of intermingling populations. To find afterimages of Galicia and to see afterimages of other places in them. To live among the almost palpable non-presence.

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Visions of the Past: Revised in the Present, Recreated for the Future. Nostalgia for and Travels to Galicia in Polish Literature after 1989

Abstract The nostalgia for a lost home and bygone times is the starting point of many travels to old Austrian Galicia that are processed in Polish literature after 1989. This article analyzes Dukla (1997) by Andrzej Stasiuk and Dwanas´cie stacji (2004) by Tomasz Rjz˙ycki based on the theoretical concept of nostalgia (Boym, Hutcheon, Huyssen). Following two traces from the past within the present-day space which activate this longing (the sarcophagus and the attic), I show how nostalgia influences the texts on a narrative and poetic level. Both Stasiuk’s and Rjz˙ycki’s nostalgia constructs alternating, metafictional, and mythologizing visions of Galicia which are characterized by overlapping layers of different kinds: past and present, personal and public, reality and imagination. Through this, they do not verify different “truths”, instead they play with the myths, possibilities and “alternate futures”. By doing that they change the perception of Galicia and make significant contributions for Galicia’s transmission into the future.

Introduction “Remembrance of things past is not necessarily the remembrance of things as they were,” stated the author of In Search of Lost Time, Marcel Proust. Indeed, nostalgia, which is always tied to memory, is a longing not only for a lost time or a displaced world, but also for something that might have never existed in the first place. But this vision of the past is influenced by the present and will have influence on the future. Many present-day trips to the (post-)Galician space are motivated and influenced by such a kind of nostalgia. Texts dealing with travels to Austrian Galicia have been published since the late eighteenth century and have had an influence on the representation of Galicia, both within and beyond the province.1After 1989 a new wave of publications arose that further explored the topic;2 however 1 See: De Berg 2010; Woldan 2015, pp. 11–28. 2 These publications in German and Polish literature include: Dohrn 1991; Schnetzler 1991;

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these contemporary journeys lead to a historical space which is still popular for travelers. Even hundred years after its existence, Galicia plays a crucial role during these journeys and in the fictional and non-fictional travel narratives.3 Once the former Habsburg province that existed from 1772 to 1918, today Galicia is defined by the fact that it does not exist anymore. Its existence is to a large extent only guaranteed through memory. The constitutive element of the journeys to this historical region is the movement in space connecting the past with the present. The past has bearing on the present, and that is why the different modes of memory determine the routes chosen by the travelers, the narration as well as the pictures produced of Galicia. The space is perceived by the travelers subjectively but it is still influenced by a collective memory. Individual memories or those rooted in the collective, cultural, and family memory are linked to a concrete space. In this observation, I have the legend of Simonides in mind, a legend that is also the starting point for Frances Yates’ book The Art of Memory4 and which represents the founding legend of mnemonics. It is taken from Cicero’s De oratore. During a banquet the poet Simonides of Ceos was invited to chant a victory ode for Scopas, the Thassalian nobleman, who refused to pay him in full because the ode featured too many references to the mythical twins, Castor and Pollux. He told Simonides to get the balance of the payment from the two gods. A short time later, the poet received the message that two men were waiting for him outside. He left to meet them but he could not find anyone. During his absence the banquet hall collapsed, killing everyone inside. The gods seemed to have paid him by saving his life. Further, Simonides was the only one who could identify the mutilated bodies of the guests by matching their identities to their seating positions at the table before his departure. This procedure was developed with mnemonics into a conscious learning technique.5 Up until today, Simonides is regarded as the founder of the art of memory,6 which is based on the strategy of attaching certain mental images that represent what is remembered or memorized to certain places. If one visits these places mentally or in actual space, one may have recourse to these mental images; the memory is activated, and the memories, whether personal or handed down as family lore, come to the fore.7 This article deals with memories of journeys to the (modern-day) Silesian and (post-)Galician region. I especially focus on certain memories that befall trav-

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Stron´ska 1998; Hofbauer / Weidmann 1999; Schieb 2000; Dittert / Pleitgen 2004; We˛glicka 2009; Janesch 2010. See: Baran-Szołtys / Windsperger 2016; Baran-Szołtys 2015. Yates 1966. Assmann 1999, p. 27. Yates 1990, p. 11. Ibid., p. 11–12.

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elers and storytellers during their journeys that are bound to this particular space and marked by nostalgia. “Temporality and spatiality are necessarily linked in nostalgic desire,”8 Andreas Huyssen points out. This nostalgia is not a quality of the object or of space, “but responses of subjects – active, emotionally – and intellectually-engaged subjects.”9 Nostalgia always communicates with remembrance and memory ; thus nostalgia is located in the present, it only looks towards the past. So, not only images of the past, but also the approaches of the present are shaped by nostalgia: “Nostalgia is less about the past than about the present,”10 Linda Hutcheon concludes. But one basic thing is necessary to permit nostalgia: “the irreversibility of time: something in the past has to be no longer accessible,”11 and so it has to be recreated. Through the nostalgic mood of the traveler or the narrator, there is a perception of space dominated by the past, where the present is considered only as a starting point and is mostly a negative opponent to the past. The space of the present is only the trigger that allows for memories. Nostalgia is that element that helps the narrator to unite these two layers of time, the past and the present: “There is a gap between the present writing self, and the past that self is trying to capture; a gap that can ultimately not be crossed: hence the characteristic note of loss and yearning, of nostalgia.”12 Nostalgia is the individual tool which is capable of connecting the now with the then. In my analysis, I deal with two texts from Polish literature after 1989, which at first glance may appear totally different but upon deeper analysis they show many similarities concerning the relationship between the past and the present, nostalgia and memory. The first is Dukla13 by Andrzej Stasiuk published in 1997, and the second Dwanas´cie stacji14 (“Twelve Stations”) by Tomasz Rjz˙ycki published in 2004. Both texts are autofictional and in both the protagonists travel to or through Galicia. My goal is to show how nostalgia appears in these texts: how the past becomes visible in the present on the narrative and poetic level. In comparing these two texts, I aim to present mainly the similarities. Both texts were very well received and play a distinctive role in representing Galicia in contemporary Poland. Stasiuk’s Dukla is often referred to as the most poetic of his books and was his first work which dealt extensively with travels and Galicia. In Poland, the story is widely regarded as the author’s most outstanding ach-

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Huyssen 2006, p. 7. Hutcheon 1998, p. 4. Ibid., p. 10. Huyssen 2006, p. 7. Walder 2005, p. 425. Stasiuk 1997. Rjz˙ycki 2004.

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ievement.15 Surprisingly, Tomasz Rjz˙ycki’s Dwanas´cie stacji quickly became an important part of Polish contemporary literature. By 2007 it was one of the main topics in the Polish high school graduation exam for Polish language and literature.16 Both texts have been translated into English and German, which demonstrates their popularity as well as their importance of representing contemporary Polish literature for an international audience.17 “From Greek mnemonic art to Proust, memory has always been encoded through a trace, a detail, a suggestive synecdoche,”18 states Svetlana Boym in her book The Future of Nostalgia (2001). With the help of two of these details – traces from the past in the present-day space that activate nostalgia, one for each text – I will show how nostalgia is represented in these two works. In both we can find “reflective nostalgia” in the sense of Boym, a nostalgia that “lingers on ruins, the patina of time and history, in the dreams of another place and another time.”19

Andrzej Stasiuk’s Dukla “And I keep going back to Dukla […]”20 – the narrator, who can be regarded as Stasiuk himself, declares many times in the story Dukla. Today, Andrzej Stasiuk is seen as the contemporary Galician writer in Poland. Since the 1980s he has been living in Wołowiec, a small village in the Lower Beskids that is his personal center which he constantly refers to in his books. Dukla itself is a small town, which hundred years ago was part of the Habsburg Empire and Western Galicia. Back then more than half of the population was Jewish.21 During World War II the town was almost completely destroyed: in 1950 only 560 people lived there.22 Today it has around 2.000 inhabitants and the Jewish heritage is almost not visible.23 Stasiuk’s story is characterized by its “originality of form.”24 The English translator of the text, Bill Johnston, describes it as follows: “Quite consciously and deliberately, he intertwines memoir, travelogue, and nature writing, together with an admixture of reportage and latter-day ethnography, all subordinated to

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Johnston 2011, p. 7. Kozioł 2016. Stasiuk 2011; Rjz˙ycki 2015. Boym 2001, p. 54. Ibid., p. 41. Stasiuk 2011, p. 20; Stasiuk 1997, p. 13: “No i wcia˛z˙ wracam do tej Dukli […].” In 1890, 2.600 out of 3.300 inhabitants were Jews. See: Orłowicz 1919/2004, p. 380. Serwis informacyjny Gminy Dukla. Miejscowos´ci Gminy Dukla 2016. Ibid. Dane statystyczne 2016. Johnston 2011, p. 7.

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the wistful discipline of a languid prose poem.”25 In terms of genre we find another connection between Dukla and Dwanas´cie stacji. The first is regarded as a prose poem, the second as an epic poem, both consist of a mixture of genres. This feature is particularly suitable to link temporality and spatiality in a poetic way. Stasiuk’s story relates the impressions and reflections during his many trips to Dukla. These are not only characterized by classical nostalgia, but also through melancholy and mourning, which are both elements of nostalgia26 and create the story’s specific atmosphere. Dukla is composed of many fragments of metaphysical observations and memories. A key role for the nostalgic narrator and for the text is played by the figure of Amalia Brühl and her sarcophagus.27 They are used as a link between the past and the present but are more than that: “Memory links the personal and the public,”28 Dennis Walder argues. That means that Amalia’s imagined resurrection simultaneously symbolizes an individual appropriation of space as well as a creative transformation of historical heritage and personal memories. The sarcophagus of Amalia is the detail, the trace, described by Boym, which encodes the memory and makes the remembrance come alive. The function of details like this is revealed in the text itself through the imagined resurrection of Amalia: […] and I saw Amelia sit up on her bed. […] She stretched. Her cap fell off and her long hair spilled onto her shoulders. […] her magnetic skeleton attracted elementary particles out of the surrounding space and reassembled her body of old. […] Everything I had seen in life, everything others had seen, was entering into her and assuming shape. […] A resurrection has to consist of something. […] All the dead, all things that have passed forever, the lost and gone shards of the world, parings of time, once-upon-a-time views from windows, everything that once was and will never be again, was now being transformed into her body.29 25 Ibid. 26 Boym 2001, p. 55. 27 Amalia Brühl refers to the intriguing historical figure of Maria Amalia Mniszchowa (1736–1772), who was the wife of mareschalus curiae Jerzy August Mniszech, a politically highly influential figure and the owner of Dukla. The Mniszech Family moved to Dukla after the death of August III and was from that moment on responsible for the town’s flourishing development. Through their engagement and their investments (the rebuilding of the city, the building of the palace as well as art purchases) the small town became the center of the region. See: Czaplin´ska 1976, p. 454; Kowalczyk 2005, p. 217. 28 Walder 2005, p. 423. 29 Stasiuk 2011, p. 103; Stasiuk 1997, p. 90–91: “[…] i zobaczyłem, z˙e Amalia usiadła na swoim posłaniu. […] Przecia˛gne˛ła sie˛. Zsuna˛ł sie˛ czepek i długie włosy spłyneły na ramiona. […] Jej magnetyczny szkielet przycia˛gał z przestrzeni elementarne cza˛stki i odtwarzał dawne ciało. […] Wszystko, co widziałem w z˙yciu, wszystko, co widzieli inni wchodziło w nia˛ i przebierało kształt. […] Zmartwychwstanie musi sie˛ z czegos´ składac´ […] Wszyscy umarli, wszystkie minione raz na zawsze rzeczy, zagubione, przebrzmiałe okruchy s´wiata, ostruz˙yny czasu, dawne widoki z okien, wszystko co było i nigdy nie powrjci zmieniało sie˛ teraz w jej ciało.”

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Aside from this imagined metaphor of the revived personal and collective memory – though not only memory, but the past in general, even things not remembered and not stored – the narrator describes his perception of Amalia: “Amalia was not a ghost or a phantom. She was the condensed presence of that which was always absent. She was a picture that was moving back toward its model so as to exceed it.”30 What the narrator exemplifies could be a definition of nostalgia – a longing for something that in this form might have never existed, but is reimagined in an idealized state, also in a metaphysical kind of way. Svetlana Boym calls it reflective nostalgia: Reflective nostalgia is more concerned with historical and individual time, with the irrevocability of the past and human finitude. Re-flection suggests new flexibility, not the reestablishment of stasis. The focus here is not on recovery of what is perceived as an absolute truth but on the meditation on history and the passage of time.31

Such a “meditation on history and the passage of time” in the perception of the narrator is the essential feature of Dukla specifically and of Stasiuk’s oeuvre in general, which here is epitomized in the figure of Amalia, her sarcophagus and her resurrection. Additionally, they symbolize an individual appropriation of space and a creative play with historical places and people: Dukla was ceasing to exist beyond the wall. It had entered into her [Amalia] along with all the other events I’d lived through; I’ve watched as they moved away one by one to their tranquil annihilation. And at no point did I ever think of a way to revive them, none except memory – that bastard of time over which no one ever has any power.32

The memory carries the story and is so closely linked to space and time that it unites both. Further, the sarcophagus is the most evident reification of memory but in the context of Stasiuk’s text Dukla as a whole represents reification. “Because it was all like a living grave, like something put to sleep forever,”33 the narrator states while recalling his first love in a public shower where he and his beloved once met. He makes it even more obvious in the following passage:

30 Ibid.; Stasiuk 1997, p. 91: “Amalia nie była duchem ani upiorem. Była skondensowana˛ obecnos´cia˛ tego, co zawsze było nieobecne. Była obrazem, ktjry cofa sie˛ w strone˛ pierwowzoru, by go przewyz˙szyc´.” 31 Boym 2001, p. 49. 32 Stasiuk 2011, p. 111; Stasiuk 1997, p. 91: “Dukla przestawała istniec´ za ´sciana˛. Weszła w nia˛ razem z reszta˛ zdarzen´, ktjre przez˙yłem, patrza˛c´, jak odchodza˛ po kolei ku spokojnej zagładzie. I nigdy z˙aden pomysł na wskrzeszenie nie przyszedł mi do głowy, z˙aden prjcz pamie˛ci – tego be˛karta czasu, nad ktjrym nikt nigdy nie miał władzy.” 33 Ibid., p. 54; Stasiuk 1997, p. 47: “Bo to wszystko było jak z˙ywy grjb, jak cos´ us´pionego na s´mierc´.”

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“Dukla is filled with space in which images lie down and are overtaken by the past, while the future ceases to be of interest […].”34 But the resurrection of Amalia and her sarcophagus, located in the church of Mary Magdalene, as well as the narrator’s erotic view of her can be also seen as an opposition between artlessness and immorality. It is one of many opposing pairs which are represented in the text: religiosity and secularism, spirituality and materiality, imagination and reality. They stand as a paradigm for the past, which is the object of longing, and the present, which is the reason for the narrator’s longing. This can be also seen in the narrator’s contrasting perceptions of his first love and his grandparents, whom he used to visit in the countryside during his childhood. The grandfather is characterized as a hard-working and strict man in constant motion. His deep faith as well as the masses and litanies organized by him in his house with the older women of the village created for the first time the feeling of a contradiction in the grandson: “I felt I had been betrayed by reality.”35 For the first time he feels the contrast between materiality and spirituality, reality and imagination. The grandmother unites these two opposing spheres with each other. She connects the past with the present as well as life with death by seeing ghosts and talking unemotionally about these experiences, as if they were part of the everyday world: “Her friends and relatives were simply visiting her. They came from the past, […].”36 Again the past makes its appearance and even here there is an initiation: the narrator is confronted for the first time with death through the passing of his grandmother, which is not final for him because of her stories: “[…] and I had the feeling, that this death, and maybe death in general, was somehow, how shall I put it, overrated. I felt that my grandmother was only partially gone. […] In other words, I knew she was alive.”37 His grandmother thus lives on in memory and perhaps even beyond. These memories of his private life re-emerge again and again during his stays in Dukla: “So. I’m standing by the park wall in Dukla and practicing the cult of the ancestors,”38 notes the narrator. The specific location, the object, revives the memories; nostalgia, the subject, is awakened in the narrator, to use Hutcheon’s terms. Stasiuk also refers to perceptions of the historical Austrian Galicia, for ex34 Ibid., p. 74; Stasiuk 1997, p. 66: “Dukla wypełniona przestrzenia˛, w ktjrej legna˛ sie˛ obrazy i dopada przeszłos´c´, a przyszłos´c´ przestaje obchodzic´ […].” 35 Ibid., p. 69; Stasiuk 1997, p. 63: “Czułem, jak zdradza mnie rzeczywistos´c´.” 36 Ibid., p. 96; Stasiuk 1997, p. 87: “Krewni i znajomi po prostu ja˛ odwiedzali. Przychodzili z przeszłos´ci, […].” 37 Ibid., p. 97; Stasiuk 1997, p. 87–88: “[…] i czułem, z˙e ta s´mierc´, i moz˙e s´mierc´ w ogjle, to sa˛ rzeczy – jakby to powiedziec´ – nieco przereklamowane. Czułem, z˙e babki tylko troche˛ nie ma. […] Innymi słowami, wiedziałem, z˙e z˙yje.” 38 Ibid., 98; Stasiuk 1997, p. 88: “No tak. Stoje˛ pod parkowym murem w Dukli i uprawiam kult przodkjw.”

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ample, to its multiethnicity. In the text, this is a creative construction of a public, cultural and no longer private past that is not based on personal stories and memories, but on the historical events of this region. The author presents an imagined world of the past, in the following example based on a text of an old travel guide for Galicia by Mieczysław Orłowicz from the year 191939 : You drink a beer at the Graniczna, walk out onto the market square, and your imagination swells like a balloon in a physics lesson, […]: One-horse dorozhka from Iwonicz 3 crowns, two-horse dorozhka 7 crowns, stagecoach one crown fifty. The stagecoach departs at 6:00 a.m., 7:30 a.m., and 2:00 p.m. One may spend the night at Lichtmann’s inn for one crown fifty, and eat in Henryk the Musician’s breakfast room. Three thousand inhabitants, of whom two and a half thousand are Jews. The year is, let’s say, 1910.40

Dukla with its Jewish community from around 1910 is revived. This Jewish heritage is also represented through Kamil Targosz’s illustrations in the book. But the narrator points out that this re-reference does not particularly interest him in his relationship to the place: “When I keep revisiting Dukla, then, I don’t care about the stagecoaches, or the Jews, or any of that. I’m only interested in whether time is a disposable item […].”41 Time with all its dimensions plays a pivotal role for the narrator. The memory is bound to the space. Stasiuk’s Dukla and its Galician space is dominated by private geography and memory. The space activates nostalgia for his own childhood and youth, his grandparents, a slower time, a sense that is embedded in an area of old Galicia, which stands for all that is gone but still exists, at least in memory. What Stasiuk also constructs with his poetics is a mythologized space of Galicia and the narrator’s past. Magdalena Marszałek calls the text a “mythbiography”, which is characterized by three aspects: the description of childhood initialization processes, the embedding in a concrete space as well as metafiction as a literary strategy of the biography. All these aspects are contained in Dukla.42 In this (post-)Galician space the narrator finds all the layers of time: the past, the present, and the future, which is represented by all the possibilities the individual appropriation of the past offers. So, the memories bound to the 39 Orłowicz 1919/2004, p. 380–382. 40 Stasiuk 2011, p. 52; Stasiuk 1997, p. 44–45: “Wypija sie˛ piwo w Granicznej, wychodzi na s´rodek Rynku i wyobraz˙nia puchnie jak balon na lekcji fizyki, […]: Doroz˙ka jednokonna z Iwonicza 3 korony, dwukonna 7 koron, dyliz˙ans korona pie˛c´dziesia˛t. Dyliz˙ans odchodzi o 6oo, 730 i o 2 po południu. Spac´ moz˙na w zajez´dzie u Lichtmanna za korone˛ pie˛c´dziesia˛t, zjes´c´ w pokoju ´sniadaniowym u Pana Henryka Muzyka. Trzy tysia˛ce mieszkan´cjw, z czego dwa i pjł Z˙ydzi. Rok, powiedzmy, 1910.” 41 Ibid., p. 53; Stasiuk 1997, p. 45: “No wie˛c gdy powracam do Dukli nie obchodza˛ mnie dyliz˙anse ani Z˙ydzi ani reszta. Interesuje mnie tylko to, czy czas jest artykułem jednorazowego uz˙ytku […].” 42 Marszałek 2005, p. 491ff.

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space are handed down to the next generations through the text in a mythologizing way : a way that is typical for Galicia’s heritage.43

Tomasz Róz˙ycki’s Dwanas´cie Stacji “Have any of you ever listened at the station / to the announcements of departures, arrivals, and delays? Does that voice, / embodiment of pure nostalgia, not come from the beyond?”44 It definitely seems to come from the past, which plays a central role in Tomasz Rjz˙ycki’s postmodern epic poem Dwanas´cie stacji, published in 2004, which “portray[s] an extended Polish family inhabiting the region of Silesia” and is “an excuse to depict the image of lost Ukraine and Kresy, as preserved in the family memory,”45 as Ewa Stan´czyk summarizes. The protagonist, who is called Grandson (with a capital first letter), is a descendant of a family which was expelled from the old Galician space after World War II and resettled in Opole, a city in the so-called “Ziemie Odzyskane” (Recovered Lands). Opole is characterized by the expulsion of the Germans from this territory. The expulsions linked to trauma are an important topic of the book. One strategy of processing transgenerational transferred trauma from expulsion, resettlement and homelessness in the family history is literary alienation, such as the ironic nostalgia Rjz˙ycki uses in his poem. Ulrike Vedder points out that fiction and imagination open literary spaces and by doing this they are capable of bringing hidden things to the surface.46 Thus, they can deal with the past in a new dimension, exactly as Rjz˙ycki does. “O Fantasticality! O Imagination! O Gnosis, Neurosis, and Hyperbole!”47– these exclamations in the poem seem to be a selfdescribing play with the genre, text and topic, since the poem is also a pastiche of the Polish national epic Pan Tadeusz (“Sir Thaddeus”) by Adam Mickiewicz and is playing with its myth-creating legacy. “Sometimes legends make reality, and become more useful than the facts,”48 Salman Rushdie writes in Midnight’s Children, a strategy that is also used in Dwanas´cie stacji. One of the most important features of the text is that it does not take itself too seriously and plays with imaginations, associations and intertextuality. In this way, the poem is 43 For Galicia as a mythos in Polish literature in particular, see: Wiegandt 1988; Woldan 1996; and in general, see: Purchla / Kos / Komar et al. 2015. 44 Rjz˙ycki 2015, p. 191; Rjz˙ycki 2004, p. 110: “Czy ktos´ z was słyszał kiedys´, jak na dworcach / zapowiada sie˛ odjazdy, przyjazdy, opjz˙nienia? Czy głos ten, / czyste wcielenie nostalgii, nie dochodzi z zas´wiatjw?” 45 Stan´czyk 2009, p. 94. 46 Vedder 2005, p. 60. 47 Rjz˙ycki 2015, p. 35; Rjz˙ycki 2004, p. 23: “O Fantastyko, o Imaginacjo! O Grozo, Gnozo oraz Hiperbolo!” 48 Rushdie 1981, p. 47.

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capable of describing topics like the expulsion or Kresy in an innovative and creative way without being pretentious. In the poem, the Grandson is given the mission to organize a trip to his family’s hometown Gliniane in old Galicia, today in Ukraine. This trip, which is not only a journey in space but even more so a journey in time, reveals pictures and imaginations of people and places torn between the present of Silesia and the past of Galicia. The initial point for the journey is his grandmother’s prophetic dream in which her dead husband, his grandfather, is alive again, pointing at their house and saying: “This is the place, we’re not going any further. This is where we shall live.”49 This scene will be repeated at the end of the poem but as a surreal realization of the dream. The journey starts in Opole, it ends at the border between Poland and Ukraine, and is realized on two levels: a personal one, in which the Grandson goes back to the land of his childhood, and a collective one, in which the Grandson and his relatives leave for the journey to their homeland in the old Kresy.50 Like in Stasiuk’s Dukla, the narration as well as the visions of the past are guided by the space in combination with nostalgia. Every place hides its own sequences of the past, which dominate the present narrative. The attic, a literary topos for memory per se, is one of the places where details and traces from the past, in Boym’s terms, are distinctly stored. It is the place of the family archive and is represented many times in Rjz˙ycki’s poem, the first time in the grandmother’s dream: Fortunately, things were happier in her dreams – Babcia said / that recently she had dreamed someone was walking in the attic / and the floorboards creaked, and she heard a tune that her little sister, / Hela, always used to sing, and Babcia thought at once / that she would see her soon, though Hela had died more than ten years ago.51

This encounter will come to pass but not until the end of the journey, which also stands for the “happier times” of her dreams becoming reality. For the Grandson the attic is a fundamental place: he lives in one. Remarkably the attic which he is occupying is empty and he is supposed to furnish it with an old clock which he gets from his grandmother. The clock is an old family heirloom, left behind in the Silesian house by the displaced Germans, and is now the cause of many family quarrels. To stop this, the Grandson must relocate it to his empty attic: 49 Rjz˙ycki 2015, p. 67; Rjz˙ycki 2004, p. 40: “To tutaj, dalej nie jedziemy. Tu be˛dziemy mieszkac´.” ´ wiklak 2006, p. 60. 50 C 51 Rjz˙ycki 2015, p. 67; Rjz˙ycki 2004, p. 40: “Na szcze˛´scie w snach bywało szcze˛s´liwiej – mjwiła Babcia, / z˙e jej sie˛ ostatnio s´niło, jakby ktos´ chodził po strychu / i deski skrzypiały, i dało sie˛ słyszec´ melodie˛, ktjra˛ s´piewała / zawsze jej młodsza siostra, Hela, i Babcia zaraz mys´lała / o rychłym spotkaniu, chociaz˙ Hela umarła juz˙ dziesie˛c´ lat temu.”

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The clock, however, was a single object and thus entirely, indeed utterly, / indivisible. Grandson nodded, the more so because he too / could find a use for the clock, since he had just moved to an empty attic room / in a certain apartment building and had no furniture whatsoever, nor did he possess / any timepiece at all, not even a wristwatch […].52

The clock is an heirloom of the resettled Polish family from Galicia and at the same time a remnant of the displaced German family from Silesia, so it is marked by the cruelties of history. Its new place in a spare attic secures a heritage that is not confronted with family and national conflicts. Further, the clock symbolizes the transgenerational trauma caused by the expulsions, displacements and resettlements from Galicia as well as from Silesia, since the clock itself is “resettled”. In Dwanas´cie stacji the attic is a space which, like Stasiuk’s Dukla, stores all the past: For in accordance with tradition, the attic was the chosen destination / For every kind of bric-/-brac and useless old crap / […]: old letters, / postcards, pictures, furniture, a clock, medaillons, and albums / along with the photographs they contained. […] / four chestfuls of books from the now distant time of the Great Flight, […]. / Grandson began to move about this kingdom, / visiting in turn each of its provinces, which surrendered to him one by one / in huge clouds of dust, such that he greeted each successive station on the way of his recollections / with explosions of tears. The deceptiveness of the past / hovered over this entire patrimony, emerging from drawers / at the slightest movement.53

The comparison with a kingdom and its provinces can be read as an allusion to the old empires, which open vistas for his own memories. The past is only a delusion that dominates the text. The collective family memories are mixed up with the personal memories of the Grandson’s youth; the Grandson sees himself in a labyrinth of memories, where the personal memories are connected to the traditions and cultural memory of the family, a strategy comparable with the mnemonic art, as we can see in the following quotation:

52 Ibid., p. 65; Rjz˙ycki 2004, p. 39: “Zegar był jednak forma˛ pojedyncza˛ i zupełnie, ostatecznie wre˛cz / nierozdzielna˛. Wnuk wie˛c przytakna˛ł, tym bardziej z˙e zegar / i jemu by sie˛ przydał, poniewaz˙ włas´nie sie˛ urza˛dzał na pustym strychu / w pewnej kamienicy i nie miał z˙adnych mebli, a juz˙ zupełnie / nie miał z˙adnego zegarka, nawet re˛cznego […].” 53 Ibid., p. 147ff.; Rjz˙ycki 2004, p. 86: “Strych był bowiem zgodnie ze zwyczajem miejscem obranym / do znoszenia nan´ wszelkich starych rupieci oraz dupereli, / […] jak stare listy, / pocztjwki, obrazy, meble, zegar, medaliony oraz albumy / razem ze zdje˛ciami. […] /cztery kufry ksia˛z˙ek jeszcze z czasjw Wielkiej Ucieczki, / […] Zacza˛ł wie˛c wnuk kra˛z˙yc´ po owym krjlestwie, / obchodza˛c wszystkie po drodze prowincje, ktjre poddawały mu sie˛ / po kolei w tumanach kurzu, wybuchami szlochu witaja˛c kolejne / stacje na szlaku swych wspomnien´. Ułuda przeszłos´ci / wznosiła sie˛ nad tym całym dziedzictwem i wychodziła z szuflad / za najmniejszym ruchem.”

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One time, running down these stairs he had succeeding in playing upon them / an entire Gaude Mater Polonia. Now, as he climbed the steps / he remembered his early years, and the successive noises / made by the warped boards opening ever further rooms in his memory / and new holes, hitherto unexplored, appeared before him / like an immense cheese – the labyrinth of memory. As in his youth / there rang out in turn with “When the Morning Sun Arises”, and “Lord who hath Cherished Poland,” / and then finally also “Praise the Meadows Strewn with Flowers,” and the voice / that was guiding him led him all the way up, / led him astray and beguiled him, till in his great distraction Grandson / knocked his head against a door, thus signaling the end of his journey.54

His journey is not only a journey through a real, topographic space, it is also a journey through “the rooms” of his own memory, a typical mnemonic picture. The memory of the old Polish national-historic, religious songs that were sung during his childhood creates a nostalgia that opens his personal memories of childhood. Again, the author is playing with sounds that initiate nostalgic longing and remembering: “the successive noises made by the warped boards” are connected to the “creaked” “floorboards” from grandmother’s prophetic dream. Like Stasiuk he shows that memory is always a link between the personal and the public: collective, cultural memories mixing with the personal ones. Another sound, the voice, which definitely can be read as the voice of nostalgia as I showed in the first quote, leads him “astray” and “beguile[s]” him, and in his “great distraction” he is not able to finish his journey, as the whole family will not be able to finish it and arrive in Gliniane. Rjz˙ycki’s nostalgia is not a naive one. It is always ironic, it does not take itself seriously, always playing with reality, with the present and the past. It creates a surreal picture of the world, which is the expression of all these overlapping layers, where in the end it does not really matter what is real and what is only imagined because all these layers are connected and make a whole thing: the present influenced by the past. In this context, the text offers a parallel to Stasiuk’s resurrection of Amelia, which is the illumination of something that at first glance seems to be an old aunt: On the bed itself, / […], he spied a sitting figure […] / He thought at once that this figure must be someone he knew, / that it had to be some family member, aunt / or uncle […] / The figure he beheld that had been sitting for so very long / […], suddenly

54 Ibid., p. 147; Rjz˙ycki 2004, p. 85: “Nieraz wie˛c, zbiegaja˛c z gjry, dało sie˛ odegrac´ za pomoca˛ stopni / całe Gaude Mater Polonia. I teraz tez˙ wchodza˛c, / miał przed oczami swe młode lata, a kolejne dzwie˛ki / wypaczonych desek odsłaniały wcia˛z˙ nowe pokoje w pamie˛ci / i nowe dziury dota˛d niezgłe˛bione jawiły sie˛ przed nim / niby ser ogromny, labirynt pamie˛ci. Jak za lat dziecie˛cych / brzmiało po kolei Kiedy ranne wstaja˛ zorze i Boz˙e cos´ Polske˛, / a na koniec znowu Chwalcie la˛ki umajone i głos, / co go prowadził, zawijdł go na sama˛ gjre˛, / zwodził i omamił, az˙ z wielkiego roztargnie˛cia uderzył Wnuk głowa˛ / o drzwi oznaczaja˛c koniec tej we˛drjwki.”

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seemed to him / A pure vision of Almighty God himself, / for where if not in this very place was such an illumination / to take place, in all its essence.55

While Amelia’s resurrection in Stasiuk’s Dukla is a serious play with the metaphysical perspective of the past and the world, Rjz˙ycki constructs an ironic illumination, which ends up being neither an old aunt nor God, but a wasps’ nest, which is also highly symbolical. Alina S´wies´ciak remarks that what we are dealing with here is total irony in the sense of Baudelaire. The old world passes away, the new one does not want to arrive. What the Grandson is looking for is authenticity, which he tries to find in the family myths. He looks for the truth about the world and himself, which should confirm the sense of the myth and constitute himself again. But he never arrives in Gliniane: it is impossible to get there because it is only a myth.56 In the end the whole family sits in the train to Gliniane and arrives at the border to Ukraine but it is also the border to the beyond. In the train, there are not only the living relatives, but also the dead ones, with the dead grandfather, who was a railway man and knew how to conduct the train, at the helm. The text and the Grandson’s visions disperse with reality, which appears as the retrieval of the time lost and the space of the myth. What this surrealistic vision with its ironic language and narration shows is that homecoming is not possible. The nostalgia will stay forever because there is no existing object of longing in the real world that could satisfy this nostalgia and stop the longing. Andrzej Skrendo states that this ironic nostalgia of the protagonists in the text also produces nostalgia in the reader, which is independent from the narrative of the text.57 What remains is a longing for all the things lost forever and which today are only present in dreams, as David Lowenthal points out, “[f]ormerly confined in time and place, nostalgia today engulfs the whole past,”58 or, to call to mind Svetlana Boym’s definition of nostalgia “a longing for a home that no longer exists or has never existed.”59

55 Ibid., p. 149–151; Rjz˙ycki 2004, p. 87: “Na łjz˙ku zas´, […], / zauwaz˙ył siedza˛ca˛ tam postac´ / […]. Zaraz tez˙ pomys´lał, z˙e owa postac´ musi byc´ znajoma / i z˙e na pewno jest z jego rodziny ktjra˛s´ tam ciocia˛ / albo i wujaszkiem […]. / Postac´, ktjra˛ zobaczył […] / […] siedza˛ca˛ od wiekjw, wydała mu sie˛ nagle czystym objawieniem i figura˛ samego Boga Wszechmocnego, /o gdzie, jes´li nie tutaj włas´nie, miała sie˛ dokonac´ / taka to iluminacja, w całej swej istocie.” 56 S´wies´ciak 2004, p. 62–65. 57 Skrendo 2004, p. 74. 58 Lowenthal 1985, p. 6. 59 Boym 2011, p. 151.

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Conclusion And yet, Boym’s observations about nostalgia go further : “Nostalgia is a sentiment of loss and displacement, but it is also a romance with one’s own fantasy. Nostalgic love can only survive in a long-distance relationship.”60And such a “nostalgic love” can be found in both analyzed books. In Dwanas´cie stacji we find Grandson’s nostalgia for his childhood in Opole (based on his personal memories) on the one hand and his relatives’ nostalgia for the East (based on family memory and collective cultural heritage) on the other hand. “Only one question arises”, to quote Rjz˙ycki, “if this East is real. These people are rather travelling to the lands of their memories and dreams than to what really is there.”61 As depicted above traveling to the East is impossible because today it is only a myth. A journey to the East can only be a journey through longings and pasts without an equivalent grounded in reality. The East in this sense is also Austrian Galicia as a myth and an object of longing for something that does not exist. In Stasiuk’s Dukla we find a longing for the things passed away and mythologized: a childhood, grandparents, first love and Austrian Galicia. Both texts, metaphorically speaking, resurrect in a metafictional way collective and personal memories, sometimes connected, and transmit them to the future generations through the medium of literature. And maybe this is the ultimate reason why nostalgia plays such a big role in these journeys to historic spaces: “they still seem to hold a promise that has vanished from our own age: the promise of an alternate future.”62 Stasiuk’s and Rjz˙ycki’s forms of nostalgia construct visions and alternating pictures of Galicia which are characterized by different overlapping layers: past and present, personal and public, reality and imagination. They do not verify these different “truths”, instead they play with all the myths, possibilities and “alternate futures”. Their visions of Galicia do not claim to be reality and the truth, but they use the freedom literature gives them. “In the end literature exists for these kinds of experiences. Literature: a place, strange and full of power, inbetween many individual truths,”63 as Olga Tokarczuk, another influential contemporary Polish writer from Stasiuk’s generation, puts it in a nutshell.

60 Ibid. 61 Interview with Tomasz Rjz˙ycki: Robert 2004, p. 48: “Pojawia sie˛ tylko pytanie, czy ten Wschjd jest rzeczywisty. Ci ludzie jada˛ raczej do krainy swoich wspomnien´ i marzen´ niz˙ do tego, co rzeczywis´cie sie˛ tam znajduje.” [Translated by the author.] 62 Huyssen 2006, p. 8. 63 Tokarczuk 2012, p. 185: “W kon´cu dla takich dos´wiadczen´ istnieje literatura – dziwne i pełne mocy miejsce pomie˛dzy wieloma indywidualnymi prawadami.” [Translated by the author.]

Nostalgia for and Travels to Galicia in Polish Literature

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Olena Dvoretska

Eine Konstruktion Mitteleuropas: Die imaginäre Stadt Jalivec’ in Taras Prochas’kos Roman Neprosti

Abstract Debates about Central Europe from the 1980s had a significant impact on Ukrainian literature, especially in context of the collapse of the Soviet Union. Moreover, since Ukraine became independent in 1991, for many Ukrainian authors arose the necessity to create a new identity, which was different from the Soviet one. Such a new concept of Ukrainian culture and literature has been formed by keeping up with ideas of Central European debate. Thus, the Ukrainian contemporary writer Taras Prokhas’ko in his novel Neprosti (2002) creates the imaginary town of Yalivets, which embodies his own vision of Central Europe. This paper discusses the characteristic features of the town Yalivets and analyzes its space, which resembles the basic ideals of Central European discussion of the 1980s. Through a geopoetic perspective I examine how in the novel Neprosti the geopolitical view of the Ukrainian Carpathians and Galicia is replaced by a cultural-historical one, overcoming the division of Europe in its political significance.

Einleitung In den 1990er Jahren, nach dem Zerfall der Sowjetunion, waren ukrainische SchriftstellerInnen und KünstlerInnen auf der Suche nach einer neuen Identität, die sich vom Sowjetischen abgrenzte. So entstand in der westukrainischen Stadt Ivano-Frankivs’k in den ersten Jahren der ukrainischen Unabhängigkeit das sogenannte Stanislauer Phänomen – eine Gruppe von AutorInnen, die für den postmodernen Diskurs standen.1 Die kreative und organisatorische Tätigkeit dieser Gruppe ermöglichte eine Reihe von Projekten verschiedener Kunstrichtungen, wodurch sich charakteristische, postmoderne Transformationen der ukrainischen Literatur herausbildeten und verdeutlichten. Ein wichtiger Aspekt 1 Umfassender kann man das Stanislauer Phänomen als eine besondere kulturelle Erscheinung deuten, die sich in Ivano-Frankivs’k geographisch lokalisiert und von etwa 1989 bis 1996 bestanden hat. Zu der Gruppe gehörten folgende Schriftsteller : Jurij Andruchovycˇ, Jurij Izdryk, Taras Prochas’ko, Halyna Petrosanjak, Volodymyr Jesˇkiljev, Jaroslav Dovhan, Marija Mykycej, Anna Sereda (Kyrpan), Volodymyr Mulyk u. a. Vgl. Jesˇkiljev 1998.

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ist, dass sich das Stanislauer Phänomen vor dem Hintergrund des Zerfalls der Sowjetunion und der nachfolgenden kulturellen „Aufgeschlossenheit“ entwickelte. Schon in der Periode der Perestroika und Glasnost’ wurde die staatliche Kontrolle etwas gelockert und als die Ukraine schließlich 1991 ein unabhängiger Staat wurde, war es möglich, das ukrainische kollektive Gedächtnis für die zuvor marginalisierte oder auch als feindlich wahrgenommene, vorsowjetische Geschichte2 zu öffnen und dadurch eine neue Identität zu schaffen.3 Bei ihrer Konstruktion von neuen ukrainischen Diskursen verweisen die AutorInnen des Stanislauer Phänomens auf die vorsowjetische Geschichte der Westukraine, insbesondere der historischen Region Galizien als Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Alois Woldan bemerkt hinsichtlich der ambivalenten Rolle Galiziens: Im ukrainischen Identitätsdiskurs spielt Galizien eine besondere Rolle – zum einen als etwas, das mit der westeuropäischen Welt verbindet (nicht nur geografisch, sondern auch historisch lagen die Gebiete der Westukraine, die zum Kronland Galizien gehörten, näher bei Europa als der Rest der Ukraine), andererseits ist dieses historische Erbe aber auch trennend – innerhalb des Staates, dessen größerer Teil nicht über dieses Erbe verfügt.4

Unter Bezugnahme auf das österreichische Galizien wollen die SchriftstellerInnen die unterbrochene „europäische“ Geschichte der Region fortsetzen. Zunächst versuchen sie, die Entwicklung Galiziens seit der Zeit der Moderne, die durch die sowjetische Machtübernahme unterbrochen wurde, wiederaufzunehmen. In der Tat wurde seit dem frühen 20. Jahrhundert der Modernisierungsprozess in Galizien wie auch in der ganzen Ukraine mit westlicher Zivilisation und einer europäischen Identität verbunden. Dazu stellt die ukrainische Literaturwissenschaftlerin Tamara Hundorova fest: Die Absicht der ukrainischen Modernisten unterschiedlicher Überzeugungen bestand ˇ yzˇevskyj) angesehen darin, die nationale Kultur, die als „nicht vollständig“ (Dmytro C wurde, wieder aufzufüllen und sie mit dem universellen westlichen Kanon zu vergleichen oder identisch zu machen.5

Mit dem Bezug auf die österreichisch-ungarische Vergangenheit der Region versuchen daher die AutorInnen des Stanislauer Phänomens sowie ukrainische Intellektuelle des frühen 20. Jahrhunderts, die Lücken in der ukrainischen Kultur zu füllen. Die SchriftstellerInnen bekräftigen die galizische europäische Identität auf der Grundlage der Zugehörigkeit zu Österreich-Ungarn. Dabei 2 3 4 5

In erster Linie geht es hier um polnische, österreichische und jüdische Diskurse. Dvoretska 2015, S. 226–228. Woldan 2015, S. 41. Hundorova 2007, S. 107: http://www.postcolonial-europe.eu/essays/76-postcolonial-ressenti ment-the-ukrainian-case.html [25. 08. 2016].

Die imaginäre Stadt Jalivec’ in Taras Prochas’kos Roman Neprosti

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bemühen sie sich nicht nur um die Wiederherstellung der Kontinuität der europäischen Tradition, sondern schaffen auch eine literarische Alternative zur heutigen postsowjetischen Realität Galiziens. Auch Marko Pavlysˇyn bestätigt in seinem Buch Kanon ta ikonostas („Kanon und Ikonostase“) die postkolonialen Züge der ukrainischen Kultur der 1990er Jahre und die bewusste Distanzierung vom sozialistischen Realismus, dem sich alle Kulturschaffenden unterzuordnen hatten.6

Die ukrainische Literatur nach 1991 und das Konzept von Mitteleuropa Bei der Rückbesinnung auf die österreichische Zeit Galiziens darf auch der Kontext der Mitteleuropa-Debatte der 1980er Jahre, in deren Folge sich ein neues Konzept von Mitteleuropa und der dazugehörigen Länder entwickelte, nicht ausgeblendet werden. Die Teilnehmer der Debatte schufen einen Mythos von Mitteleuropa als Teil des gemeinsamen europäischen kulturellen und zivilisatorischen Raums, der mit der Ankunft der Roten Armee vom Rest Europas abgeschnitten worden war. Von großer Bedeutung in der Debatte über Mitteleuropa waren vor allem Texte von Czesław Miłosz, Milan Kundera, György Konrad, Danilo Kisˇ, P8ter Esterh#zy, V#clav Havel, Adam Michnik und Tomas Venclova. Der berühmte Artikel von Milan Kundera, Die Tragödie Mitteleuropas,7 aus dem Jahre 1984 scheint der Katalysator für eine breite Diskussion nicht nur unter den Exilautoren und Dissidenten aus den Ländern des sowjetischen Machtbereichs, sondern auch unter den westlichen Intellektuellen gewesen zu sein. Damit wurde dem Begriff „Mitteleuropa“ eine neue Bedeutung gegeben, um zwischen Westeuropa und der Sowjetunion einen kulturellen und politischen Raum zu definieren. Mit anderen Worten, zu Mitteleuropa gehören nach diesem Konzept die postsowjetischen Staaten, die sich ab den 1990er-Jahren im Prozess der Transformation befinden. Natürlich entstand diese Diskussion weitgehend in der politischen Neuordnung des Nachkriegs-Europas, die durch die Aufteilung des Kontinents in zwei Einflusssphären geprägt war. In dieser bipolaren Ordnung gab es keinen Platz für ein Zentrum. So beschreibt Kundera Mitteleuropa als den Teil Europas, der „geographisch im Zentrum – kulturell im Westen und politisch im Osten“8 liegt. Konr#d bemerkte diesbezüglich im Jahre 6 Vgl. Pavlyshyn 1997, S. 231. 7 Vgl. Kundera 1984: Das Essay mit dem Titel Un Occident kidnapp8 ou la trag8die de l’Europe centrale wurde ursprünglich in der französischen Zeitschrift Le D8bat (Nr. 27) 1983 veröffentlicht. 8 Ebd., S. 33.

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1987: „Ich sage nur, dass wir hier sind. Im geographischen Zentrum Europas.“9 Die so eingeleitete Diskussion war unter anderem ein Versuch, die Aufmerksamkeit auf den zentralen Teil Europas zu lenken. Die neue Idee von Mitteleuropa unterstrich die Vielfalt der nationalen Identitäten, den kulturellen Pluralismus, eingebettet in den europäischen Kontext, und distanzierte sich eindeutig von der Sowjetunion sowie von Deutschland.10 Aufgrund dieser mitteleuropäischen Vielfalt entstanden zu unterschiedlichen Zeiten zahlreiche literarische und kulturelle Räume, für die die historische Region Galizien im 19. und 20. Jahrhundert ein Beispiel ist. Den Autoren des Stanislauer Phänomens waren die Inhalte der MitteleuropaDiskussion gut bekannt. Auf deren Grundlage versuchten sie in ihren Werken ein eigenes Konzept von Mitteleuropa zu kreieren. Darüber hinaus stellten diese Autoren in ihren Texten die Teilung Europas in ihrer politischen Bedeutung in Frage: „So ist die Literatur seit den 1990er Jahren geradezu geprägt von einer Lust am Lesen, Interpretieren und Entwerfen von (alten und neuen) geografischen Räumen.“11 Karl Schlögel schrieb dazu in seinem bekannten Essay Die Mitte liegt ostwärts: „,Mitteleuropa‘, das Wort selbst ist bereits eine Provokation gegen die Mauer im Kopf.“12 Auch aus diesem Grund konstruierten die Autoren des Stanislauer Phänomens ihre eigenen literarischen Konzepte von Mitteleuropa, um diese West-Ost-Dichotomie zu überwinden.

Eine Familiengeschichte des 20. Jahrhunderts Taras Prochas’ko (*1968), ukrainischer Gegenwartsschriftsteller, Journalist, Übersetzer und einer der Autoren des Stanislauer Phänomens, erschafft in seinem Roman13 Neprosti14 (2002) die Bergstadt Jalivec’, die seine Vision von Mitteleuropa verkörpert. Prochas’ko verleiht dieser imaginären mitteleuropäischen Stadt folgende Eigenschaften: die Lage in den Karpaten und die damit verbundene Einheit mit der Natur; das Vorhandensein von großen historischen Spannungen; einen gemeinsamen kulturellen und zivilisatorischen Bezugsrahmen mit anderen mitteleuropäischen Ländern; nationalen und kulturellen 9 Konr#d 1988, S. 162. 10 Hier ist der Plan Friedrich Naumanns gemeint, Mitteleuropa unter deutscher Führung wirtschaftlich und militärisch zusammenzuschließen. Vgl. Naumann 1915. 11 Marszałek / Sasse 2010, S. 7. 12 Vgl. Schlögel 2002. 13 Man kann Neprosti mit seinen 138 Seiten auch als Kurzroman bezeichnen. 14 Für den ukrainischen Titel des Romans Neprosti gibt es kein eindeutiges deutsches Äquivalent. Insofern kann man diesen mit „Die Ungewöhnlichen“, „Die Nicht-Einfachen“ oder auch „Die Komplizierten“ übersetzen.

Die imaginäre Stadt Jalivec’ in Taras Prochas’kos Roman Neprosti

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Pluralismus. Diese Merkmale des mitteleuropäischen Raums der Stadt Jalivec’ stimmen weitgehend mit denen überein, die bereits von den Teilnehmern der Mitteleuropa-Debatte herausgestellt worden waren. Im vorliegenden Beitrag werden daher die Eigenschaften der imaginären Stadt Jalivec’ aus dem Roman Neprosti dargestellt, um den von Prochas’ko entworfenen mitteleuropäischen Raum zu analysieren. Die Erzähltzeit im Roman reicht etwa vom Ende des 19. bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Erzählung des Romans ist nicht linear, sondern besteht aus fragmentarischen Geschichten, Notizen und wiederholten Motiven, wodurch mehrere Handlungstränge geschaffen werden. Auf chronologischer Ebene umfasst der Roman drei Generationen von Protagonisten, beginnend mit den Beziehungen von Franc (oder Francysk), des Gründers von Jalivec’, und Anna, die in die Stadt gekommen ist, um ihre Höhenangst zu kurieren, und später an den Folgen eines Duells durch ihren Mann Franc stirbt. Ihre Tochter Stefanija, die Franc in der Folge nach seiner verstorbenen Frau Anna nennt, wird zur Architektin von Jalivec’, die die Stadt nach den Projekten ihres Vaters umgestaltet. Diese zweite Anna begegnet schließlich Sebastian, der gerade aus einem Kolonialkrieg in Afrika zurückgekehrt ist und von dem sie eine Tochter gebärt, die abermals Anna heißt. Die Geschichte wiederholt sich: Nach dem Tod seiner Ehefrau zieht Sebastian die gemeinsame Tochter, die jüngste Anna, allein groß, und macht sie schließlich zu seiner Geliebten. Eine wichtige Rolle in Prochas’kos Text spielen die geheimnisvollen Neprosti, übersetzt als die „nicht Einfachen“, die dem Roman den Titel geben. Das Wort „Neprostyj“ bezeichnet in den huzulischen Dialekten jedoch einen Menschen, „der sich vor anderen durch sein Wissen und seine Fertigkeiten auszeichnet, wodurch es in seiner Macht steht, anderen Schaden zuzufügen oder ihnen Nutzen zu bringen.“15 Die Neprosti können zaubern, das Schicksal vorhersehen und heilen. Natalja Tkacˇyk formuliert es folgendermaßen: Das Bild der ,Neprosti‘ im Roman ähnelt den archetypischen Allegorien (bildhaften Verkörperungen) des Schicksals, wie sie in vielen Kulturen präsent sind […] und eher mit dem Identitätsverständnis des Fatums und des Karmas zusammenfallen, im Rahmen derer der Mensch sich an das Vorgezeichnete halten muss und daran nichts ändern kann.16

Die Neprosti wandern durch die Berge der Karpaten und sammeln Geschichten, das heißt, sie tragen Wissen über Sujets zusammen, erzählen diese später in 15 Chobzej 2002, S. 129. 16 Tkacˇyk 2011, S. 185: „Obraz Neprostych u romani Prochas’ka perehukujet’sja iz prysutnimy u bahat’och kul’turach archetypnymy obraznymy vtilennjamy Doli […], jaki radsˇe spivmirni iz totozˇnym ponjattjam Fatum, Karma, pry jakych ljudyna dotrymujet’sja napysanoho i ne mozˇe zminyty te, ˇscˇo vzˇe nakresleno napered.“

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einem bestimmten Raum weiter und verwandeln sie auf diese Weise in Realität, indem sie den entsprechenden Raum verändern. Die Neprosti haben also die Gabe, mit Hilfe der Erzählung die Realität zu beeinflussen und sich so den Raum gefügig zu machen und unterzuordnen. Deshalb ist im Roman nicht nur die Bestimmung der Zeit von großer Bedeutung, sondern auch des Orts. „Zum anderen ist es eine Geschichte der Region, des Raumes, der entworfen, verändert und fortgesetzt wird,“17 bemerkt diesbezüglich Renata Makarska. Als wichtigster Protagonist des Romans tritt daher nicht zuletzt die Stadt Jalivec’ selbst in Erscheinung, wo sich dann auch die Handlung des Romans abspielt und die beschriebene Geschichte stattfindet. Jalivec’ ist eine imaginäre Stadt, die von einer der Hauptfiguren des Romans, Franc, erfunden wurde. Wichtig ist, dass Jalivec’ genau der Ort ist, wo Francs eigene Geschichte bzw. seine Familiengeschichte beginnen konnte. Der Roman informiert uns: „In Jalivec’, genauer gesagt, wo es noch kein Jalivec’ gab, begann Franc das Leben in vollen Zügen zu genießen.“18 Taras Prochas’ko, für den insbesondere der von der Familie erlebte Ort bedeutungsvoll ist, schreibt im Roman Neprosti: „Gibt es einen Ort, dann gibt es auch eine Geschichte. Einen Ort zu finden, bedeutet eine Geschichte zu beginnen. Den Ort auszudenken, heißt das Sujet zu finden.“19 So ist es möglich eine x-beliebige Geschichte zu erschaffen, wenn man den entsprechenden Ort findet, wo diese Geschichte spielen wird. Im Roman Neprosti wird der Begriff des Ortes oder der Gegend eigentlich zum Bestandteil der Handlung, er provoziert die Entwicklung des Sujets, der Narration. Gerade die Gegend generiert hier die Familiengeschichte oder die Geschichte als solche. Die Realität wird durch ein Set von Sujets ersetzt, die Historiographie wird zur Topographie, und die Topoi werden zur Triebkraft der Entwicklung der Geschichte. Für die Analyse des Raums von Jalivec’ ist der Begriff der Geopoetik von fundamentaler Bedeutung, da er es ermöglicht, von einer neuen Perspektive aus auf den topographischen Raum dieser Stadt wie auch der historischen Region Galizien insgesamt zu blicken. Die Geopoetik in Prochas’kos Roman dient nicht nur zur Wiederaneignung des eigenen existenziellen Zentrums, sondern auch zur Festlegung eines ganz privaten Zentrums von Europa.

17 Makarska 2010, S. 175. 18 Prochas’ko 2010, S. 89: „U Jalivci, a vlastyvo u misci, de sˇcˇe ne bulo Jalivcja, Franc pocˇav zˇyty jak najpovnisˇe.“ 19 Ebd., S. 70: „Je misce – je istorija (jaksˇcˇo zˇ snujet’sja istorija, znacˇyt’, musyt’ buty vidpovidne misce). Znajty misce – zapocˇatkuvaty istoriju. Prydumaty misce – znajty sjuzˇet.“

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Jalivec’ in den Karpaten als Teil des mitteleuropäischen Raums Im Roman Neprosti kreiert Prochas’ko die Stadt Jalivec’ und platziert sie in die Karpaten nicht weit von den höchsten Gipfeln – Petros und Howerla, an der Grenze zwischen Galizien und Transkarpatien. Der ersten Ausgabe des Textes fügt der Autor eine selbstgezeichnete Landkarte der Karpaten hinzu, wo er die Stadt Jalivec’ markiert.20 Eine derartige Lage im Gebirge macht die historische Zeit im Roman zu einer mythologischen. Die Zeit im Roman ist nicht chronologisch, man kann sie eher als „Karpaten-Zeit“ bezeichnen. Denn die ungewöhnliche, zauberhaft konstruierte Landschaft des Romans produziert auch eine besondere Zeit. Die Karpaten, welche auch ein Teil Galiziens sind, stellen eine Verbindung zwischen der Stadt Jalivec’ und Mitteleuropa her und bilden einen gemeinsamen Raum. Von der Konstruktion eines Raums, der Mitteleuropa nahe und von seinen Charakteristika ähnlich ist, zeugt die relative Nähe der Stadt Jalivec’ sowohl zu den ukrainischen als auch zu den europäischen Städten. Die Ortschaften, die das imaginäre Jalivec’ umgeben und mit denen die Schicksale der Hauptfiguren des Romans verbunden sind, umfassen die galizischen Städte Lemberg, Stanislau, Halycˇ, Rohatyn, Vynnyky, Bolechiv, Jaremcˇe, Vorochta und Deljatyn. Ähnlich werden mitteleuropäische Orte erwähnt, mit denen die Schicksale der Hauptfiguren des Romans verbunden sind – Wien, Prag, Triest und Budapest. Die Nähe der Karpaten und damit auch der Stadt Jalivec’ zu diesem Raum kann man auch an den Flussverbindungen verfolgen, beispielsweise mit Wien. Die Darstellung eines möglichen Fluchtwegs aus Jalivec’ weist darauf hin, dass es möglich war, […] zwischen Holzklötzen auf dem Fluss Brusturjanka bis zum Fluss Teresva zu fahren, auf der Teresva zur Theiß, die Theiß würde einen in ein paar Tagen zur Donau bringen und dann könnte man schon Wien erreichen oder das Delta, wo man sich das ganze Leben lang gut verstecken könnte.21

So sind die Karpaten auch ein Refugium, wo Zuflucht vor Kriegen und totalitären Regimen gesucht wird. „Damit schreibt sich diese Konzeption in eine Tradition der Flucht in die Berge als Ausdruck von Dissens ein, der in der Geschichte Mittel- und Westeuropas prominent ist […]“22 – so beschreibt Tatjana Hofmann diesen Umstand. Die Karpaten selbst, in denen die Stadt Jalivec’ erbaut wird, haben eine besondere Schutzfunktion, indem sie um die Stadt eine natürliche 20 Prochas’ko 2002, S. 3. 21 Prochas’ko 2010, S. 165: „[…] poplysty sered kolod Brusturjankoju do Teresvy, Teresva vynesla by v Tysu, a vzˇe Tysoju cˇerez kil’ka dniv mozna buty u Dunaji i zavertaty abo do Vidnja, abo do del’ty – i tam, i tam je bezlicˇ schovanok na cile zˇyttja.“ 22 Hoffman 2014, S. 272.

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Festung errichten und sie vor äußeren Gefahren schützen, beispielsweise im Ersten Weltkrieg. Außerdem kommt hier den Bergen die Rolle eines natürlichen Kulturschutzgebietes zu, das äußere kulturelle Einflüsse in sich aufnimmt und gleichzeitig die Sprache und Traditionen seiner Einwohner bewahrt. Hier fungiert die Karpaten-Landschaft als Träger von Wissen und Erinnerung. Die Schutz- und Speicherfunktion der Karpaten ist eines der Leitmotive in Prochas’kos Werken, was sich auch an einem anderen Text des Autors, FM-Halycˇyna, aus dem Jahr 2001 zeigen lässt: Die Karpaten sind für uns etwas, das man uns nicht wegnehmen kann. Sie bedeuten für uns das Wissen um ein zuverlässiges Versteck, ein Refugium, die sicherste Fluchtmöglichkeit im Fall der Fälle. Die Berge sind unser eigener, verwilderter Obstgarten hinter der Siedlung. Ein Garten, den wir bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht pflegen. Aber alle Bäume in diesem Garten sind gesund und tragen Früchte. Die schiere Existenz dieses Gartens macht alle Schläge leichter erträglich. Du weißt, dass dieser Garten, falls notwendig, auf dich wartet und dich aufnimmt […].23

Von großer Bedeutung sind in diesem Roman nicht nur der Raum der Karpaten, sondern auch die Toponyme, welche in dieser Region entstanden sind und diese zugleich prägen. Im Roman lesen wir : „Es gibt Orte, an denen es unmöglich ist, etwas zu erzählen, doch manchmal lohnt es sich, mit den Ortsnamen in einer bestimmten Reihenfolge zu spielen, um für immer die spannendste Geschichte zu bekommen, die stärker fesseln würde als eine Lebensgeschichte.“24 Eigennamen bekommen im Roman besondere Bedeutung und produzieren ihrerseits die Gegend. Die Entscheidung, Jalivec’ als Ort für das Erschaffen der Familiengeschichte zu wählen, hat auch mit Ortsnamen und Bergnamen zu tun, die Jalivec’ umgeben: Sebastian passierte etwas Ähnliches. Er entdeckte das von Franc erfundene Jalivec’ für sich. Die Linguistik bezauberte ihn. Die Toponymik bezauberte ihn, nicht nur ihre Tiefen faszinierten ihn. Pleska, Opressa, Tempa, Apeska, Pidpula, Sebastian. Sˇessa, Sˇesˇul, Mencˇul, Bilyn, Dumen’, Petros, Sebastian.25 23 Prochas’ko 2004, S. 5: „Karpaty dlja nas – ce sˇcˇos’ take, sˇcˇo vidibraty nemozˇlyvo. Ce znannja pro nadijnyj schovok, pro najprostisˇe polehsˇennja, pro najdoversˇenisˇu mozˇlyvist’ vtecˇi u vypadku neobchidnosti. Hory – nasˇ vlasnyj zanedbanyj sad za oseleju. Sad, jakyj my ne dohljadajemo do pevnoho cˇasu. Ale vsi dereva u takomu sadi zdorovi i plidni. Joho isnuvannja pom’jaksˇuje vsi udary. Ty znajesˇ, ˇscˇo vin, u razi cˇoho, cˇekaje i pryjme […].“ 24 Prochas’ko 2010, S. 70: „Je miscja, v jakych nemozˇlyvo vzˇe nicˇoho rozkazaty, a inodi varto zahovoryty samymy nazvamy u pravyl’nij poslidovnosti, sˇcˇob nazavzˇdy ovolodity najcikavisˇoju istorijeju, jaka trymatyme syl’nisˇe, nizˇ biohrafija.“ 25 Ebd., S. 70: „Iz Sebastjanom stalosja sˇcˇos’ podibne. Vin znajsˇov sobi Jalivec’, vyhadanyj Francom. Joho zachopyla linhvistyka. Toponimika zachopyla joho, a ne prosto vin zachopyvsja jiji nutramy. Pleska, Opresa, Tempa, Apeska, Pidpula, Sebastjan. Sˇesa, Sˇesˇul, Mencˇul, Bilyn, Dumen’, Petros, Sebastjan.“

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An diesem Beispiel sieht man, wie der Autor im Text die Poetik von Eigennamen benutzt, die einzeln bedeutungslos sind, wenngleich sie sich auf konkrete Personen, Erscheinungen und Orte beziehen. In der oben genannten Liste überlappen sich die Namen von Bergen, Ortschaften, Personen, die den äußeren und inneren Raum von Jalivec’ formen. Dazu stellt Tatjana Hofmann fest: „Geo- und Sprachraum entstehen als Einheit, und zwar paradoxerweise aus der inszenierten Arbitrarität der sprachlichen Prägung des geografischen Raums und der ,Natürlichkeit‘, mit der das Territorium die Sprache bedingt.“26 Die Sprache von Jalivec’ spiegelt nicht nur die Landschaft wider, sondern auch die Multikulturalität dieser Stadt im Speziellen und ganz Galiziens im Allgemeinen. Dieser Teil Europas ist ein Raum kultureller Vielfalt: hier wohnen verschiedene Völker und ethnische Gruppen, hier treffen viele Dialekte und Sprachen aufeinander. Infolgedessen bestehen in diesem Raum intensive kulturelle Beziehungen, Austausch und gegenseitige Beeinflussungen. „Die größte Vielfalt auf kleinstem Raum“27 – so charakterisierte Milan Kundera diese Vielfalt in seinem Artikel Die Tragödie Mitteleuropas. Daher absorbiert Anna, die Tochter von Sebastian, schon als Kind die Sprachen, die in dieser Region gesprochen werden: „[…] Anna nannte die gleichen Dinge auf Ukrainisch, Huzulisch, Polnisch, Deutsch, Slowakisch, Tschechisch, Rumänisch, Ungarisch […].“28

Pflanzengeografie als formbildender Bestandteil der Kultur Wichtiger Bestandteil des Schaffens und der Erfindung einer (Familien)Geschichte sind laut Prochas’ko Vorstellungen von oder Wissen über die Gegend (in diesem Fall – Jalivec’), wo die Geschichte beginnt. Im Roman Neprosti sind es die Pflanzen, die als Schlüssel zu der Gegend dienen. Wir lesen im Roman Folgendes: „[…] als Grundlage jedes privaten Epos dient eine Reihe von Vorstellungen von den Orten, wo die Familiengeschichte gespielt hat – eine Art Familiengeografie der Pflanzen.“29 Die Pflanzengeografie übt Einfluss, so Prochas’ko, auf die reale Geografie aus und generiert gleichzeitig sowohl die Kultur als auch den Charakter der Gegend, hier der Stadt Jalivec’. Der Name „Jalivec’“ bedeutet auf Deutsch Wacholder, eine ewig grüne Pflanzengattung aus der Familie der Zypressengewächse, die eine wichtige poetische Funktion im Roman hat. Die Stadt Jalivec’ scheint aus dieser Pflanze zu erwachsen und gleichzeitig ihre Eigen26 Hofmann 2014, S. 650. 27 Kundera 1984, S. 33. 28 Prochas’ko 2010, S. 166: „[…] Anna nazyvala odne i tezˇ ukrajins’koju, hucul’s’koju, pol’s’koju, nimec’koju, slovac’koju, cˇes’koju, rumuns’koju, madjars’koju […].“ 29 Ebd., S. 158: „[…] osnovoju kozˇnoho pryvatnoho eposu je perelik ujavlen’ pro miscja, v jakych vidbuvalasja rodynna istorija – taka sobi simejna heohrafija roslyn.“

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schaften zu übernehmen. Hier wird Taras Prochas’kos Fachgebiet ersichtlich: Er ist studierter Biologe, Botaniker im Hauptfach (er hat 1992 die Fakultät für Biologie der Nationalen Universität L’viv absolviert). Deswegen spielt die Pflanzenwelt allgemein eine wesentliche Rolle in seinem Schaffen. Jaroslav Polisˇcˇuk stellt diesbezüglich fest, dass Prochas’ko der Einheit von Stadt und Natur und ihrer harmonischen Koexistenz einen großen Wert zumisst.30 Die Pflanze formt die Stadt aus und ist somit ihr Wesen. Gerade dank dem Wacholder wird die Stadt zum Kurort, der Kurgäste aus ganz Europa empfängt, die hier mit heilsamen, aus Wacholder hergestellten Gin kuriert werden, was der Autor im Roman wie folgt beschreibt: „[…] Jalivec’ wurde ,in‘. Hierher kamen Patienten von nah und fern, um Gin zu trinken […]. Es wurden kleinere Hotels, Pensionen mit Toren gebaut.“31 Dies zeigt, dass die ukrainischen Karpaten, in diesem Fall die galizischen Karpaten am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, zu einem mitteleuropäischen Kurort geworden waren. Darüber hinaus schuf auch der Bau der Eisenbahn in dieser Zeit eine Verbindung zwischen Galizien und anderen Regionen Mitteleuropas. Während der Autor das Errichten der neuen Grenze nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall Österreich-Ungarns beschreibt, bemerkt er : „Zum Gintrinken kommt man nun vor allem aus Prag, Brünn, Bratislava, Kosˇice, Karlsbad und Uzˇhorod. Außerdem auch aus Podebrady und Nusla, Nimec’ke Jablonn8, Liberec und Josefov.“32 Nicht umsonst war die Pflanze Wacholder der Hauptbewohner von Jalivec’. Deswegen hat Franc, der Jalivec’ ersann, die Stadt so entworfen, dass kein einziger Busch oder Baum von dieser Pflanze vernichtet wurde. Franc selbst, der Zeichentrickfilme machte, die die Touristen nicht weniger als der Gin nach Jalivec’ lockten, erzählt seinem Publikum aus ganz Europa, dass er wie Gras oder Wacholder lebt und die Welt nicht einfach von der Perspektive von unten nach oben sieht, sondern mit der Projektion auf den Himmel.33

30 Vgl. Polisˇcˇuk 2008, S. 147. 31 Prochas’ko 2010, S. 76: „[…] Jalivec’ stav modnym. Zvidusil’ z’’jizˇdzˇalysja pacijenty, ˇscˇob pyty dzˇyn […] Buly zbudovani hoteli, pansionaty z bramamy.“ 32 Prochas’ko 2010, S. 148: „Na dzˇyn v Jalivec’ teper pryjizˇdzˇalosja peredovsim z Prahy, Brno, Bratislavy, Kosˇice, Karlovych Variv i Uzˇhoroda. A sˇcˇe – z Podjebradiv i Nusli, z Nimec’koho Jablonnoho, Libercja i Jozefova.“ Die Erwähnung der Städte Nimec’ke Jablonn8, Liberec und Josefov ist hier wahrscheinlich nicht zufällig. Diese drei Städte nehmen in der ukrainischen Geschichte einen hohen Stellenwert ein, da sich hier drei Kriegsgefangenenlager mit ukrainischen Häftlingen befanden. An diesen Orten entwickelte sich ein kulturelles und wissenschaftliches Zentrum der ukrainischen Diaspora. 33 Vgl. Prochas’ko 2010, S. 96.

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Historische Spannungen Da Jalivec’ in den Karpaten liegt, befindet es sich nicht nur im geographischen Zentrum Europas, sondern auch Mitten im historischen Geschehen, worauf des Öfteren im Roman hingewiesen wird: „[…] der Ort, der sich immer im Zentrum der europäischen Geschichte finden wird, denn in dieser Gegend kommt die Geschichte in verschiedenen Formen immer selbst in unsere Höfe.“34 Dennoch ist die Ankunft dieser Geschichte für die Einwohner von Jalivec’ meist tragisch, wie beispielsweise die Erfahrung des Einmarsches der Roten Armee zeigt. Bekanntlich hat der Raum Mitteleuropas dunkle Seiten und trägt Spuren einer traumatischen Vergangenheit in sich. So ist die Geschichte Galiziens nicht nur eng mit dem europäischen Kulturraum verbunden, sondern auch mit der traumatischen Erfahrung von zwei Weltkriegen, Flucht, Vertreibung und Tod. Die Einwohner von Jalivec’ versuchen also selbst den Lauf der Geschichte zu beeinflussen, indem sie Entscheidungen treffen, insbesondere was ihre eigene Teilnahme am Krieg angeht: Noch im Herbst 1914 beschlossen die Einwohner von Jalivec’, dass dieser Krieg nicht für sie sei. Sie gehören zu Mitteleuropa und können keine Interessen mehr haben. Aber wenn der Süden gegen den Norden kämpft, und der Osten gegen den Westen, so macht man das hauptsächlich in Mitteleuropa, wo die Karpaten und ihre Flüsse liegen. Das Schlimmste, was in solchen Zeiten passieren kann, ist es, die Rolle der friedlichen Bevölkerung der Karpaten oder die des strategisch wichtigen Ortes auf der halbkilometerlangen topographischen Landkarte einzunehmen.35

Die Einwohner von Jalivec’ versuchten, sich vor der unerwünschten Besucherin in Form der Geschichte außer Gefahr zu bringen, indem sie die Stadt mit schönem Sanddorn umgaben, der binnen ein paar Wochen so groß wuchs, dass seine Zweige sich oben verflochten und somit die Stadt vor allem versteckten. Für Vira Ahejeva ist solch eine Entscheidung der Einwohner die stärkste, überzeugendste Deklaration der Menschenrechte und bedeutet „den Sieg des sogenannten innovativen postpostmodernen Humanismus: Wir sind doch alle keine willenlosen Puppen, keine passiven Objekte des unbegreiflichen Fortschrittes, wir können uns vor dem Zwang schützen.“36 Hier ist wiederum das Prinzip der

34 Prochas’ko 2010, S. 89: „[…] misce, jake zavzˇdy opynjatymet’sja v centri jevropejs’koji istoriji, bo v cych krajach istorija u riznych formach sama prychodyt’ na nasˇi podvir’’ja.“ 35 Prochas’ko 2010, S. 142: „Sˇcˇe voseny 1914 roku jalivcivci vyrisˇyly, sˇcˇo cja vijna ne dlja nych. Vony – Central’na Jevropa i ne mozˇut’ maty sˇcˇe bil’sˇych interesiv. Ale koly vojuje Pivden’ z Pivnicˇcˇju, a Schid iz Zachodom, to robljat’ ce perevazˇno u Central’nij Jevropi, de Karpaty I jichni riky. I najhirsˇe, sˇcˇo mozˇe buty v taki cˇasy – vykonuvaty rol’ myrnoho naselennja Karpat abo stratehicˇno vazˇlyvoho punktu na pivkilometrovij topograficˇnij karti.“ 36 Ahejeva, S.162: „torzˇestvom takoho sobi novitnjoho postpostmodernoho humanizmu: my

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Pflanzengeografie zu sehen, wenn die Pflanzennamen selbst – Sanddorn, Wacholder – auf den Lauf der Geschichte und das Schicksal der Stadt einwirken und ihr Freiheit und Schutz vor äußeren Einflüssen geben. Indem der Autor die Stadt Jalivec’ in den Karpaten platziert, konstruiert er die einmalige märchenhafte Einheit des Urbanen und Natürlichen. Aber es ist nicht möglich, die großen historischen Ereignisse zu ändern oder ihnen zu entkommen, vor der Geschichte kann man nicht fliehen. Das zeigt sich an Franc’ Familie: seine Tochter Anna, eine Freiwillige in der Ukrainischen Schützenabteilung im Ersten Weltkrieg, wird von russischen Soldaten ermordet. Den geheimnisvollen Neprosti gelingt es ebenfalls nicht, ihrem Schicksal zu entkommen: nach dem Zweiten Weltkrieg werden sie mit Ankunft der Roten Armee verbrannt.

Der Kulturraum von Jalivec’ – Verbindung zu Europa Die Kurstadt Jalivec’ erlebt den Höhepunkt ihrer Entwicklung, als Anna, die Tochter der Hauptfigur des Romans und des Stifters von Jalivec’, Franc, ihre architektonischen Fantasien im Stadtraum realisierte. Den Kindern von Trickfilmproduzenten, die ihrem Vater auf Schritt und Tritt folgen, fällt es nicht schwer, Architekt zu werden. Besonders in der Stadt, die der Vater erfunden hat. Nach ihrem ersten Entwurf im Jahr 1900 (Anna war damals sieben) wurde das neue Lichtspielhaus ,Yuniperus‘ in Form einer Kommode mit Schubladen erbaut – speziell für Franc’ Trickfilmschau,37

– so lesen wir im Roman. Als Kind entwirft Anna auch absolut unrealistische und fantastische Objekte, wie zum Beispiel „ein Schwimmbad in Form des Nestes eines Horntauchers, der im See schwimmt; unterirdische Straßentunnel mit Ausgängen wie bei Maulwürfen; eine Bar mit einem komischen Ausgang (wenn man hinausging, gelangte man nicht in den Hof, sondern in den gleichen Saal; ein vierstöckiges Gebäude in Form eines Tannenzapfens und eine riesige Sonnenblumen-Villa.“38 Es zeigt sich also, dass in Jalivec’ auch eine imaginäre, absolut fantastische Architektur nach kindlichen Zeichnungen entsteht. In der vse zˇ ne bezvil’ni ihrasˇky, ne pasyvni ob’’jekty nezbahnennoho progresu, my mozˇemo zachystyty sebe vid prymusu.“ 37 Prochas’ko 2010, S. 90: „Ditjam mul’typlikatoriv, jaki ni na krok ne vidchodjat’ vid tata, staty architektorom nevazˇko. Osoblyvo u misti, jake prydumav tato. Za jiji persˇym eskizom u 1990 roci (Anni bulo todi sim) buv zbudovanyj novyj sinematohraf ,Yuniperus‘ u vyhljadi komody z sˇufljadamy – special’no dlja pokaziv Francovych animacijnych fil’miv.“ 38 Prochas’ko 2010, S. 90: „basejn u vyhljadi hnizda cˇomhy (riznovyd vodnoji ptachy), jakyj plavav u ozeri; pidzemni vulycˇni tuneli z otvoramy, jak u krotiv ; bar, v jakomu vychid buv vlasˇtovanyj tak, sˇcˇo, perestupajucˇy porih zalu, opynjavsja ne nadvori, a v tocˇnisin’ko takomu zˇ zali; cˇotyrypoverchovyj budynocˇok-sˇysˇku i velycˇeznu dvopoverchovu villu-sonjasˇnyk.“

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Stadt gibt es außer den fantastischen architektonischen Bauten auch kleinere zweistöckige Villen, hölzerne Häuschen, Kurhäuser, die nach dem Krieg erhalten geblieben sind, sowie auch Häuser der Bewohner der Karpaten, den Huzulen. Das unterstreicht einmal mehr die Verbindung von Realem und Imaginärem im Roman, in dem die Fantasien der Hauptfiguren einen Teil ausmachen, während die wirkliche Karpatenlandschaft den anderen Teil bildet. Die Kurstadt Jalivec’ bot dank ihrer Architektur den Gästen und Besuchern die Möglichkeit, so außergewöhnliche Erlebnisse zu sammeln, dass sie bald zum populärsten Kurort Mitteleuropas wurde. Die Akzentuierung der mitteleuropäischen Position von Jalivec’ (hier sowohl geografisch als auch kulturell gemeint) durchdringt den gesamten Text von Neprosti. Im Roman kann man zahlreichen Aussagen begegnen, dass Jalivec’ nach seiner Gründung zum „wunderlichsten und recht modischen Kurort Mitteleuropas wurde“39. Außerdem wird Jalivec’ im Roman zum Ort, der europäische Intellektuelle zusammenbringt, die hierher kamen, um entweder „zusammen Gin zu trinken und sich so zu unterhalten, wie man in Mitteleuropa zu sprechen pflegt – gemeinsame Orte und gemeinsame Bekanntschaften festzustellen, was einige parallele Gespinste aufzeigt, wo alle sich selbst finden. Jalivec’ wurde zum Paradies für Schriftsteller, Journalisten, Essayisten, Publizisten und Reporter.“40 Die Verbindung von Jalivec’ mit dem kulturellen Raum Europas kann man am Beispiel einer kleineren Galerie verfolgen, die in der Stadt existierte. Im Kontext der Galerie werden Namen realer Künstler erwähnt, zu denen der Galeriebesitzer Lotsi aus Beregsz#sz (Berehowo) Kontakte pflegte: Mih#ly von Munk#czy, Kornylo Ustijanovycˇ, Teofil Kopystynsky, Tyt Romancˇuk, Maria Wodzicka, Iwan Trusˇ. Die überwiegende Mehrheit der erwähnten Künstler hatte meistens in Wien oder in anderen europäischen Städten studiert, was die Herausbildung ihres Stils beeinflusste und ihre Kunst bestimmte. Hier wird auf eine Verbindung zwischen der westukrainischen und der europäischen künstlerischen Tradition der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angespielt. Die Galerie in der Stadt Jalivec’ wird zum Ort, wo künstlerisch bearbeitetes Wissen über die Karpatenregion als Teil Mitteleuropas archiviert wurde. Außerdem kann die Galerie als künstlerische Art und Weise verstanden werden, die Karpatenrealität zu duplizieren, als eine Art Enzyklopädie des Karpatengebiets. Im Roman treten neben halbfantastischen, erfundenen Figuren ab und zu auch absolut reale Personen auf – der ukrainische Schriftsteller Vasyl’ Stefanyk als Abgeordneter zum Wiener Parlament, der Metropolit der Ukrainischen 39 Prochas’ko 2010, S. 72: „najchymernisˇym i dosyt’ modnym kurortom Central’noji Jevropy.“ 40 Prochas’ko 2010, S. 152: „[…] razom popyty dzˇynu i pohovoryty tak, jak slid hovoryty u Central’nij Jevropi – z’’jasovuvaty spil’ni miscja i spil’nych ljudej, vyjavljajucˇy takym cˇynom kil’ka paralel’nych pavutyn, v jakych vsi sebe znachodjat’. Jalivec’ stav rajem dlja pys’mennykiv, zˇurnalistiv, esejistiv, publicystiv i reporteriv.“

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Griechisch-Katholischen Kirche Andrij Sˇeptyc’kyj (damals noch „Bischof von Stanislau“), Mykola Lahodyns’kyj, der auch Abgeordneter des Reichrats war, sowie auch andere, die auf die eine oder andere Weise mit Österreich-Ungarn zu tun hatten, was anhand dieser konkreten, historischen Personen die kulturellzivilisatorische Affinität von Jalivec’ zum Raum Galizien und Mitteleuropa zeigt. In solch einem Raum sind die staatlichen oder politischen Grenzen relativ, denn die gemeinsame Geschichte und ein ähnlicher kultureller Rahmen erstellen eigene Verbindungen. Diesbezüglich schrieb Konr#d: Der staatliche Rahmen und die ethnische Wirklichkeit deckten sich nicht. […] Vielleicht ist es auch nicht möglich, eine politische Landkarte zu machen, die der ethnischen Landkarte entspricht. Lassen wir die staatlichen Rahmen, und erheben wir die ethnische Wirklichkeit zu einer kulturellen Wirklichkeit, die es gilt, im historischen Kontext des gesamten mitteleuropäischen Raums zu betrachten.41

Magdalena Marszałek sieht das ähnlich: „Bei Konr#d und vielen anderen Teilnehmern der Mittel-Europa Debatte wird die Idee einer mitteleuropäischen kulturellen Geographie dann schließlich zum Argument gegen die politische Geographie Europas.“42

Conclusio Indem der Autor sein Jalivec’ in den ukrainischen Karpaten platziert und in die Geschichte Ostmitteleuropas der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts integriert, schafft er gleichzeitig einen eigenen Mythos desselben Mitteleuropas in Form der Insel Jalivec’. Dieser Mythos ähnelt teilweise den Grundideen der Mitteleuropa-Diskussionen der 1980er Jahre, in denen versucht wurde, die politische Teilung Europas durch den Eisernen Vorhang in Frage zu stellen. Nicht zuletzt deshalb spielt die Geopoetik eine wichtige Rolle im Roman Neprosti, da sie helfen kann, den geopolitischen Blick auf die ukrainischen Karpaten und auf Galizien durch einen kulturell-historischen zu ersetzen. Die Topographie der imaginierten Stadt Jalivec’ schafft im Roman Prochas’kos einen besonderen Raum, der eindeutig die Charakterzüge der historischen Region Galizien widerspiegelt. So sind es einerseits die Karpaten, welche Jalivec’ mit Mitteleuropa verbinden und eine vielsprachige, multiethnische und multikulturelle Gesellschaft bedingen, während andererseits der Landschaft der Karpaten auch eine besondere Kraft der Natur innewohnt. Beide Faktoren prägen das Leben in Jalivec’: die Sprachen, die Toponyme, die Architektur und die 41 Konr#d 1988, S. 89. 42 Marszałek 2010, S. 50

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Geschichte. Im städtischen Raum von Jalivec’ verbinden sich unterschiedliche Aspekte, die eine spezifische Dichotomie von Urbanem und wilder Natur, von Realem und Fantastischem mit sich bringen. Die Geografie der Karpaten dient im Roman, abgesehen von ihrer Schutzfunktion, als Reservoir des historischen wie des kulturellen Gedächtnisses. Prochas’ko fixiert mit seiner Sprache, was sich in den Landschaften der Karpaten abspielt. Obgleich im geografischen Zentrum Europas, konnte diese Region die dramatischen Folgen der beiden Weltkriege nicht abwenden, ungeachtet ihrer Geschütztheit durch die Berge. Vielmehr ist es gerade die Erfahrung beider Weltkriege und ihrer weitreichenden Folgen, die den Ländern Mitteleuropas gemeinsam ist. Ebenso gemeinsam ist den mitteleuropäischen Ländern eine kulturelle und künstlerische Tradition, die durch die Präsenz einer Reihe von Künstlern, deren Stil in europäischen Schulen geformt wurde, im Raum der Stadt Jalivec’ greifbar wird. Taras Prochas’ko lotet in seinem Roman die räumlichkulturellen Grenzen Galiziens aus, indem er mit seiner Stadt Jalivec’ einen mitteleuropäischen Raum kreiert und auf diese Weise die geopolitischen Koordinaten durch geokulturelle ersetzt.

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II Begegnungsorte des Transfers

Larissa Cybenko

Die Schenke als Heterotopie und Nicht-Ort im Transit: Zum intertextuellen Topos der galizischen Literatur

Abstract The tavern became a recurring topos in the work of many authors of the multilingual literature(s) of Galicia. As a place „outside other places“ it can be spatially structured like a Foucauldian heterotopia par excellence. Representatives of various social strata and cultural groups in the north-eastern Habsburg province met here, resulting in an accumulation of many examples of exchange as well as conflict among them. As a heterotopia, the tavern was connected to a continual coming and going which reflected movement in the socio-cultural space of Galicia. As a space for people in a special situation it also took on the characteristics of a heterotopia of deviation. All these examples emerged especially strikingly in the periods characterised by domestic and foreign political events and upheavals in Galicia. Consequently, the Galician tavern became a transitive non-place as defined by Aug8, in which the modern phenomena of spatial acceleration and the migration processes associated with it became particularly evident as symptoms of spatial disintegration and the downfall of the Habsburg monarchy. Based on examples from the works of Galician authors such as Leopold Sacher-Masoch, Ivan Franko, Joseph Roth, Julian Stryjkowski and Yuriy Andrukhovych I will show how the topos of the tavern circulates intertextually.

„Am Anfang war der Schnaps“ – lautet der erste Satz des vom ukrainisch-galizischen Dichter, Schriftsteller und Publizisten Ivan Franko für die Wiener Die Zeit in Deutsch verfassten Artikels Die galizische Schöpfungsgeschichte. Er schreibt: „Es war zuerst chaotisch. Ein jeder durfte ihn brennen, verkaufen oder auch höchsteigen trinken.“1 Später hat man in Galizien in den Schenken getrunken, die in der Regel einem jüdischen Wirt gehörten und sich außerhalb der Gemeinde befanden. Dazu gab es objektive Voraussetzungen, die in der früheren Periode der galizischen Geschichte wurzelten: Im polnischen Königreich boten sich für die jüdische Bevölkerung ziemlich gute wirtschaftliche Möglichkeiten, da die Zünfte weniger stark ausgebildet waren und die Juden sich in mehreren 1 Franko 1901, S. 18.

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Gewerben und Handwerk betätigten konnten.2 Eine neue Periode in der politischen und sozialen Lage der galizischen Juden begann mit der Errichtung der habsburgischen Provinz 1772; eine radikale Änderung kam jedoch erst 1848 – den österreichischen Juden wurden wie den Christen dieselben Eigentumsrechte verliehen. Die galizischen Juden durften sich aber nur in den kleinen Provinzstädten ansiedeln; in der Hauptstadt der Provinz Lemberg wurde es ihnen nur im Judenviertel gestattet. Die Städte, die von vornherein das Recht „de non tolerandis iudaeis“ besaßen, haben es in der Regel behalten.3 Darin liegt die Ursache, dass die von Juden geführten Schenken sich üblicherweise am Rande der Ortschaften befanden. Ungeachtet dieser Tatsache wurde der jüdische Schankwirt im Laufe der Zeit zu einer typischen Erscheinung der Berufsstruktur der Juden Osteuropas; die Schenke selbst wurde dabei zu einem immer wiederkehrenden Topos sowohl in der bildenden Kunst als auch in der Literatur. Man kann seine intertextuelle Zirkulation verfolgen, darunter auch im Schaffen der Autoren, die „in“ und „über“ Galizien schrieben. Es soll folglich aufgrund der Beispiele aus diesen Texten gezeigt werden, welche Rolle der Topos der Schenke im „Galizischen Text“ als gemeinsamer vielsprachiger Erzählung dieses Raumes spielt und wie er hinsichtlich der Zeit der Abfassung einzelner Werke, ihrer Zugehörigkeit zu einzelnen „nationalen“ Literaturen der Region sowie der objektiven und subjektiven Spezifika des Schaffens einzelner Autoren nuanciert wird. Neben den hermeneutischen Zugängen soll das heuristische Potenzial der Analysekategorien „Raum“ und „Räumlichkeit“ innerhalb der Literaturwissenschaft und ihrer Nachbardisziplinen gebraucht werden, insbesondere solcher Begriffe wie Heterotopie von Michel Foucault4 und Nicht-Ort von Marc Aug8,5 aber auch etwas früherer Konzepte wie Chronotopos von Michael Bachtin6 und Grenze von Jurij Lotman7. Die räumliche Anordnung der Schenke als eine Heterotopie und ein transitärer Nicht-Ort, der „außen“ lokalisiert war, erfolgt aufgrund der Tatsache, dass sie sich „am Wege“ befand und folglich mit der Bewegung im Raum verbunden war : Zu einer Schenke musste man hingehen oder hinfahren; oft kehrte man in ihr auf Reisen ein. Da der Topos der Schenke in galizischen Texten, die unterschiedliche Zeit-und-Raum-Beziehungen künstlerisch erfassen, vorkommt, bekommt bei seiner Deutung der Bachtinsche Begriff des Chronotopos des Weges und des eng mit ihm verbundenen Motivs der Begegnung eine besondere 2 3 4 5 6 7

Vgl. Honigsmann 2007, S. 42–45. Ebd., S. 44. Foucault 2006, S. 320f. Aug8 1994. Bachtin 1989. Lotman 1972.

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Bedeutung.8 Mit ihnen lässt sich, so Bachtin, auch ein weiterer, „von hoher emotional-wertmäßiger Intensität durchdrungener Chronotopos,“ der der Schwelle, verbinden, dessen wesentliche Ergänzung der Chronotopos der Krise und des Wendepunkts im Leben seien.9 In der Literatur kommt dieser Chronotopos – so Bachtin – immer „metaphorisch und symbolisch“10 vor. Eine besondere Ausformung bekommt unter diesem Blickwinkel die Lokalisierung der Schenke an der Grenze, insbesondere, wenn es um die topologische Grenze zwischen verschiedenen Kulturen und/oder um die topographische Grenze zwischen verschiedenen staatlichen Gebilden geht, wie im Fall Galiziens. In diesem Sinne kommt dem Begriff der „Grenzschenke,“ die in den galizischen Texten öfters vorkommt und einen topologischen sowie topographischen Bezug aufweist, eine symbolische Bedeutung zu. Welche Rolle für die Struktur des künstlerischen Textes das räumliche Phänomen der Grenze spielt, hat Jurij Lotman bewiesen: Die Grenze wird bei ihm zum zentralen Strukturmerkmal der einzelnen Raum-Entwürfe, die es vermögen, Begriffe zu modellieren, „die an und für sich nicht räumlicher Natur sind“11. Vor dem Hintergrund dieser Raumtheorien und räumlichen Zugänge, die sich für die Beantwortung mehrerer Fragestellungen der galizischen Literatur(en) als textimmanent erweisen, kann man das Funktionieren des Topos der Schenke bei mehreren Autoren verfolgen, die in verschiedenen, für Galizien typischen Sprachen und zu unterschiedlichen Zeiten ihre Werke verfassten. Dieser Längsschnitt gestattet es, die galizische Schenke als eine in den literarischen Texten narrativ modellierte Heterotopie und als ein Nicht-Ort im Transit zu beschreiben. So steht sie aber nicht im Gegensatz zur Realität Galiziens, sondern dupliziert diese in ihrem imaginierten Raum. Zu den ersten markanten Beispielen der Darstellung einer Schenke in der fiktionalen deutschsprachigen Literatur über Galizien gehört die einführende Episode in der Novelle von Leopold von Sacher-Masoch (1836–1895) Don Juan aus Kolomea (1870), die dem jungen Schriftsteller einen großen Erfolg bescherte. Die aus der Ich-Perspektive des Autors beschriebene galizische Schenke am Rande einer Dorfstraße wird zum Handlungsort der für Sacher-Masoch typischen Umrahmung des Textes. Einerseits ist es ein vollkommen realer Ort, einer von vielen im damaligen Galizien. Andererseits wird seine Realität bei SacherMasoch in Frage gestellt, da die von ihm beschriebene Schenke einen direkten Bezug auf einen für die Geschichte des österreichischen Galiziens wichtigen Zeitbruch aufweist und folglich die Zeit an einem Ort akkumuliert. Es sind die 8 9 10 11

Vgl. Bachtin 1989, S. 21f. Vgl. Ebd., S. 453. Ebd. Lotman 1972, S. 329.

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polnischen Aufstände der 1830er Jahre, deren Folgen auf den 1836 in Lemberg geborenen Sohn eines Polizeidirektors und zukünftigen liberalen österreichischen Beamten einen großen Einfluss hatten. Nicht zufällig wird im Text der Novelle die Bezeichnung des Ich-Autors als „einen durch und durch schwarzgelben Herren“, dessen Gesicht und dessen Seele schon „ganz schwarzgelb“ seien, verwendet.12 Die Eindrücke aus dem väterlichen Haus, wo sich auch ein Kerker befand, spielten für die Sym- oder Antipathien des Schriftstellers für die Vertreter einzelner Völker Galiziens eine entscheidende Rolle. Das kommt schon im ersten Satz der Novelle zum Ausdruck, wenn der Autor über die Äußerung eines Polen über den Freitag als einen „guten Anfang“ ironisiert und sein Einverständnis mit den Worten des galizisch-deutschen Kolonisten zeigt, der behauptet, das der Freitag ein Unglückstag sei, „denn an diesem Tag sei unser Herr am Kreuze gestorben.“13 Mehrere andere Bemerkungen sowie die Narrationsweise Sacher-Masochs zeugen davon, wen er in diesem gesellschaftlich-politischen Konflikt unterstützt: Es sind die ruthenischen Bauern, die auf der Seite der habsburgischen Verwaltung stehen und als Bauernwache die vermuteten Verschwörer, die polnischen Insurgenten also, in der Schenke einsperren. Somit übt sie die Funktion einer Haftanstalt aus und wirkt schon beim ersten Anblick beunruhigend. Sacher-Masoch beschreibt das wie folgt: Von weitem schien es vor derselben von Zeit zu Zeit aufzublitzen. Es war die aufwärts genagelte Sense eines Bauers, der vor der Thüre Wache hielt, und gerade über dem Rauchfang der Schenke stand der Mond und blickte auf den Bauer und seine Sense. Er blickte durch das kleine Fenster der Schenke und warf seine Lichter wie Silbermünzen hinein, und füllte die Pfützen vor dem Hause mit Silber […].14

Die Schenke der Sacher-Masochschen Novelle wird aber nicht nur wegen des Zusammenhangs mit dem Zeitbruch in Galizien zu einer Heterotopie. Sie befindet sich an einer Landstraße und ist ausdrücklich mit dem ständigen Betreten und Verlassen verbunden, infolgedessen ihre Zeit-und-Raum Beziehung „klassische“ Merkmale des Bachtinschen Chronotopos des Weges und der Begegnung aufweist. Sie ist in der Lage, mehrere Sozial- und Kulturräume an einem einzigen Ort zu vereinen und zueinander in Beziehung zu setzen: In ihr begegnen sich die Vertreter verschiedener sozialer Schichten und kultureller Gruppen der nordöstlichen habsburgischen Provinz, die hier nebeneinander leben; infolgedessen akkumuliert der imaginierte Raum der galizischen Schenke mehrere Beispiele für den Austausch als auch für die Konflikte unter ihnen. Als eine Heterotopie erfüllt die Sacher-Masochsche Schenke außerdem noch eine Funktion des „andersartigen Ortes“: Neben dem realen Raum bildet sie im 12 Vgl. Sacher-Masoch 1985, S. 20. 13 Vgl. Ebd., S. 19. 14 Ebd., S. 20.

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Text zugleich einen mythischen Gegensatz zur Realität. Der Grundton des inneren Raums der Schenke ist „Grünspan“, alle Gegenstände und alle Anwesenden sind im grünlichen Lichte getaucht. Meisterhaft gibt der Autor diese Nuance der Beleuchtung des Raumes wieder : Grüner Schimmel an den Wänden, der große viereckige Ofen wie mit Grünspan lackiert, grünes Moos wuchs aus den Feldstein-Parketen Israels. Grüner Bodensatz in den Schnapsgläsern, wirklicher Grünspan an den kleinen Blechmaßen, aus denen die Bauern tranken, wenn sie an den Schenktisch traten und ihre Kupfermünzen hinlegten. Eine grüne Vegetation bedeckte den Käse, den Moschku mir vorsetzte, und sein Weib saß im gelben Schlafrock mit großen Grünspanblumen hinter dem Ofen und schläferte ihr blaßgrünes Kind. Grünspan in dem abgehärmten Gesicht des Juden, Grünspan um seine kleinen unruhigen Augen, um seine dünnen, bewegungsvollen Nasenflügel, in seinen höhnisch verzogenen, sauren Mundwinkeln.15

Das grüne Licht und das Grünspan-Motiv verleihen der Schenke einen archaischen Zug, sie wird außer Zeit gestellt und auf diese Weise mythologisiert. Der Besitzer der Schenke gewinnt dabei die Züge des „Ewigen Juden.“16 In diesem Sinne wird auch seine Frau geschildert. Mit wenigen Strichen gelingt es SacherMasoch bei der Darstellung ihrer Gestalt das traurige Los der Juden wiederzugeben: Sie war schön, als Moschku sie heimführte, ich wette darauf. Jetzt ist alles so befremdend scharf in ihrem Gesichte. Schmerzen, Schande, Fußtritte, Peitschenhiebe haben lange in dem Antlitz ihres Volkes gewühlt, bis es diesen glühend welken, wehmüthig höhnischen, demüthig rachelustigen Ausdruck bekam. Sie krümmte ihren hohen Rücken, ihre feinen durchsichtigen Hände spielten mit dem Branntweinmaß, ihre Augen hefteten sich auf den Fremden. Eine glühende, verlangende Seele stieg aus diesen großen schwarzen, wollüstigen Augen, ein Vampyr aus dem Grabe einer verfaulten Menschennatur, und saugte sich in das schöne Antlitz des Fremden.17

Das Vampir-Motiv, das hier eine erotische Schattierung hat, wie es für SacherMasoch üblich ist, kommt aber in den galizischen Texten auch im anderen Kontext vor, und zwar als eine Komponente des sozialen Diskurses, der aus der postkolonialen Perspektive geführt wird.18 Die Juden Galiziens, darunter auch die Besitzer der Wirtshäuser, werden unter diesem Blickwinkel als Ausbeuter gedeutet, die neben den polnischen Adeligen „Blut und Schweiß“ aus den galizischen Bauern aussaugen. Besonders prägnant ist dieses Motiv für das Schaffen von Ivan Franko, vor allem für seine gesellschaftskritischen Texte, die unter dem Einfluss von Pmile 15 Ebd., S. 21. 16 Hier geht es um die Figur des ewig durch die Zeiten wandernden Juden, die in zahlreichen literarischen Werken, in der Malerei und der Musik thematisiert wird. 17 Ebd., S. 23. 18 Vgl. Augustynowicz 2011.

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Zola, den er sehr schätzte und ins Ukrainische übersetzte, entstanden sind. Eine besondere Stelle nimmt darunter der Zyklus Boryslav. Kartyny z zˇyttja pidhirs’koho narodu („Boryslav. Bilder aus dem Leben des Volkes am Fuße der Karpaten“) ein, den er in den 1870er Jahren schrieb und in dem er die Prozesse der Industrialisierung Galiziens, mit denen die Entwurzelung dieses Raumes sowie seine Ruinierung verbunden war, im Stil des rigorosen Realismus darstellte. Im Zentrum dieser Texte steht der erste Aufschwung der Naphtha- und Erdwachsproduktion in Boryslav, mit dem solch kontroverse Begriffe wie „Galizisches Pennsylvanien“ und „galizische Hölle“ verbunden waren.19 Boryslav sei dabei, schreibt Franko über diese Ortschaft, „[…] kreuz und quer alle umliegenden Dörfer auszusaugen und die junge Generation, die Wälder, die Lebenszeit, die Gesundheit und die Moral ganzer Gemeinden massenweise zu verschlingen.“20 Zu den aktivsten Unternehmern gehörten von Anfang an die galizischen Juden, aber auch diejenigen, die aus dem Zentrum oder aus anderen Teilen der Monarchie kamen. Sie „kauften oder pachteten von den ahnungslosen ruthenischen Bauern kleine Parzellen“, auf denen „Schacht neben Schacht angelegt wurde.“21 Diesem Thema ist Frankos zum Boryslaver-Zyklus gehörende Erzählung Navernenyj hrisˇnyk („Der bekehrte Sünder“) gewidmet, die er 1877 veröffentlichte. Es ist die Geschichte eines einst wohlhabenden Bauern mit Namen Wassyl Pivtorak, den ein Schicksalsschlag nach dem anderen trifft: Nach der Entdeckung einer Erdölquelle auf dem seit Generationen der Familie gehörenden Boden versucht er, daraus Gewinn zu erzielen, und fängt mit Hilfe seiner Söhne an, einen Schacht zu graben. Aus Mangel an Erfahrung verunglücken dabei zwei von seinen drei Söhnen tödlich. Die Frau des Bauern stirbt nach dem Begräbnis des zweiten Sohns aus Gram. Der verwaiste Bauer sucht Trost im Alkohol und geht an ihm zugrunde. Der Jude Schmilo, ein Schankwirt bei Boryslav, nutzt die Frustration und die Alkoholabhängigkeit des alten Bauern aus, um dessen Boden für miserables Geld zu gewinnen. In kurzer Zeit richtet er auf dem erworbenen Feld mit der Hilfe technischer Erfindungen von damals einige Gruben ein und erzielt einen großen Gewinn. Die galizische Schenke gehört in der Erzählung zu den zentralen Handlungsorten. In Frankos Darstellung ist sie mit der Heterochronie, der raschen, aber auch chaotischen Industrialisierung verbunden, die den traditionellen Raum des Dorfes ruiniert:

19 Vgl. Pollack 1984, S. 34–35. 20 Franko 1978, S. 276: „[…] Boryslav vysysaje vzdovzˇ i vsˇyr vsi sysidni sela – pozˇyraje molode pokolinnja, lisy, cˇas, zdorov’’ja i moral’nist’ cilych hromad, cilych mas.“ [Übersetzung von Stefan Simonek]. 21 Vgl. Pollack 1984, S. 32.

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Überall Bewegung, Lärm, Geschrei, Gebrüll der Säge, Schläge der Hämmer, aber es ist nicht die lebendige, frische Beweglichkeit des Frühlingslebens auf dem Lande, das sind die unheilverkündenden Stimmen, die Vorboten des neuen Lebens, eines schweren, schmutzigen, freudlosen, zu dem von nun an das elende Boryslav verurteilt ist.22

In dieser Hinsicht wird die dargestellte Schenke zu einer Heterotopie, zum Ort der Begegnung der Vertreter unterschiedlicher sozialer Schichten von Boryslav : „Im Schmilos Wirtshaus flimmern zwei Kerosinlampen, die mit dem blassen Licht eine Gruppe von Menschen beleuchten.“23 Es sind vor allem die proletarisierten ehemaligen Bauern, die „Erdölgräber“, die in der Schenke mit großem Verlangen essen und ihren Wochenlohn vertrinken. Ihre Hände, ihre Gesichter und Hemden sind mit Erdöl beschmiert. Am Haupttisch sitzt eine andere Gruppe von Menschen. Es sind die „viel anständiger aussehende[n]“24 Bürger von Boryslav, die zu Schmilo gekommen sind, um sich zu stärken, zu erfrischen und miteinander zu reden. Obwohl sie sich „wie zu Hause“25 benehmen, spüren sie geheime Gewissensbisse über das verlorene Geld. Am Schanktisch sitzt der rotbärtige Schmilo, dessen Blick nach höherem Gewinn im ganzen Raum späht. Er erblickt neben dem Ofen den vom Kummer gebeugten Wassyl und fängt an, ihm immer mehr Schnaps einzuschenken und zu überreden, sein Grundstück zu verkaufen. Die Schenke wird hiermit für den alten Bauern zu einer Krisenheterotopie26, zum Zufluchtsort, wo er mit seiner herkömmlichen Zeit und seinem Milieu endgültig bricht und dem seelischen Schmerz ausweicht, um in jenem Illusionsraum den Trost im Alkoholrausch zu finden. Neben diesen Funktionen als Foucaultscher Gegen-Ort verweist der Topos der Schenke bei Franko auch auf einen anderen Umstand des Sozialraums im damaligen Galizien: Er wird zum verdichteten Bild der galizischen Armut. Dieses verwendet der ukrainische Schriftsteller nicht nur bei der Darstellung des armseligen Zustandes der ruthenischen „Erdölgräber“, sondern auch bei der Beschreibung eines anderen jüdischen Wirtshauses in Boryslav, das sich in dem Haus befindet, das heruntergekommener als alle anderen Häuser wirkte: Das war die Schenke, die man ,Beim rothaarigen Moschko‘ nannte, eine der armseligsten und ekelhaftesten Schenken in der ganzen Welt. Der verfaulte Boden war mit dicker Schicht des flüssig vermischten Kots bedeckt, auf den schmutzigen Bänken und 22 Franko 1978, S. 337: „Vsjudy ruch, hamir, kryky, harkit pyly, stuk toporiv, ale se ne tota zˇyva, svizˇa ruchlyvist’ sil’s’koho vesnjanoho zˇyttja, se zlovisˇcˇi holosy, peredvisnyky novoho zˇyttja, tjazˇkoho, brudnoho, neradisnoho zˇyttja, na kotre vidteper zasudzˇenyj bidnyj Boryslav.“[Alle Übersetzungen, wenn nicht anders angegeben, von der Autorin]. 23 Ebd., S. 339: „U Sˇmilovij korsˇmi blymaje dvi naftivky, osvicˇujucˇy blidym prominnjam cilu hromadu ljudej.“ 24 Ebd.: „Vony vyhljadajut’ daleko pokaznisˇe i porjadnisˇe […].“ 25 Ebd.: „[…] povodjat’sja mov u sebe doma.“ 26 Vgl. Foucault 2006, S. 321–322.

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unter den Tischen lagen abgerissene Menschen in den schwarzen, mit Erdöl beschmierten Lumpen, mit bläulich weißen abstoßenden Gesichtern, auf denen Krankheiten, Müdigkeit von der schweren Arbeit, die Faulheit, die Armut und Gott weiß noch welche ,Hauptsünden‘ ihre Spuren hinterließen.27

Als eine Heterotopie wird die galizische Schenke etwas später auch beim jüdischen Autor deutscher Sprache, Joseph Roth, gestaltet.28 In seinem 1937 veröffentlichten Roman Das falsche Gewicht. Die Geschichte eines Eichmeisters schildert er Galizien retrospektiv, kurz vor dem entscheidenden Zeitbruch – dem Untergang der Habsburgermonarchie. Am Ort, wo sich die im Roman dargestellte Schenke befindet, wird auch die Zeit akkumuliert – man kann folglich keinen genaueren chronologischen Rahmen des Geschehens festlegen. „Die sogenannte Grenzschenke“29 ist Hauptschauplatz und Leitmotiv des Romans.30 Es ist, wie bei Franko, eine Geschichte von der Einsamkeit und dem Verfall eines Menschen durch den Alkohol, aber auch, viel breiter, eine Parallele zum Scheitern von Österreich-Ungarn, seinem Untergang von seinen Grenzen her.31 Einerseits wirkt Roths Grenzschenke durchaus realistisch: Es war in ihr „warm und gut und fröhlich. Man trank, man spielte Karten, man rauchte.“32 Andererseits stellt sich zugleich heraus, dass sie ein dubioser, ein unheimlicher Ort ist: Die Grenzschenke gehört Leibusch Jadlowker, einem Grenzgänger und vermuteten Mörder „von unbekannter Herkunft“ – „man wusste nicht einmal, auf welche Weise er in ihren Besitz gekommen war.“33 Jadlowker war Neffe des früheren Besitzers, eines „silberbärtigen Juden“, der auf eine geheimnisvolle Weise umgebracht wurde.34 In der Grenzschenke verkehrt lichtscheues Gesindel; es ist „der Sammelplatz für Taugenichtse und Verbrecher“35. Diese Charakteristik des Ortes wird vom Autor durch die Anapher verstärkt: „Wie gesagt: Taugenichtse und Verbrecher verkehrten in der Grenzschenke Jadlowkers; Landstreicher, Bettler, Diebe und Räuber beherbergte er.“36 Zu den Hauptfiguren unter den Stammbesuchern der Schenke gehört der Grenzschmuggler Kapturak, 27 Franko 1978, S. 356: „Se buv sˇynok, zvanyj ,u rudoho Mosˇka‘, odyn iz najnuzˇdennisˇych i najvidrazlyvisˇych sˇynkiv u sviti. Prohnyla pidloha poryta bula hruboju verstvoju ridko rozmisˇenoho bolota, na brudnych lavach, ba j popid stolamy lezˇaly obderti ljudy v cˇornych, obroplenych lachach, z hnylystymy, strasˇnymy lycjamy, na kotrych pysaly svoji slidy i neduhy, i utoma vid roboty, i linyvstvo, i nuzˇda, i boh znaje jaki ˇscˇe, hrichy holovni.“ 28 Grenzschenken kommen in Roths galizischen Texten toposhaft öfter vor; dabei haben sie verschiedene Funktionen vgl. Beug 1991. 29 Roth 1991, S. 139. 30 Vgl. Scheichl 2004, S. 182–183. 31 Vgl. Ebd., S. 187. 32 Roth 1991, S. 154. 33 Ebd., S. 139. 34 Ebd. 35 Vgl. Ebd., S. 140. 36 Ebd.

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der vom Menschenhandel lebt. Sie ist der Ort des Gebrauchs falscher Gewichte, wo zugleich der gesetzlich verbotene „neunziggrädige Schnaps“37 reichlich konsumiert wird. Die von Roth erfundene Schenke ist kein gewöhnliches Wirtshaus, das für den Grenzverkehr typisch war. Um diese Schenke kümmerte sich sogar der Staat, um einen Überblick über die Migration zu gewinnen. Die Grenzschenke wirkt außerdem märchenhaft: Es ist der Ort, vor dem sogar die Cholera Halt macht. So weist die Rothsche Grenzschenke mehrere Hauptmerkmale eines Foucaultschen Gegen-Ortes auf. Als eine Heterotopie hat sie einen transitären Charakter : Die Schenke in Das falsche Gewicht wird permanent betreten und verlassen, da zu den wichtigsten Vorgängen, in die sie involviert ist, Auswanderung und Flucht gehören. Und das ist kein Zufall. Die Schenke befindet sich an der Grenze zwischen der Habsburgermonarchie und dem russischen Zarenreich mit allen daraus entstehenden Folgen. Bemerkenswert ist auch, dass die handelnden Personen des Werkes aus beiden politischen und kulturellen Teilräumen, die zwei semantische Felder bilden, kommen: Der Protagonist des Romans, der Eichmeister Anselm Eibenschütz ist ein mährischer Österreicher, dagegen sind die anderen Figuren, die „vor Ort“ die entscheidende Rolle spielen, „russischer“ Herkunft. So kommen Jadlowker, Euphemia und Sameschkin aus der südlichen Ukraine bzw. Bessarabien, die damals Bestandteile des Zarenreichs waren. Als Grenzgänger sind sie, im Sinne von Lotman, mit den zentralen Ereignissen des Romans verbunden.38 Der Chronotopos der Grenze, der das Geschehen in der Schenke prägt und im Roman zentral wird, soll aber nicht nur im direkten geopolitischen Sinne gedeutet werden. Metaphorisch beinhaltet er auch solche Bachtinsche Begriffe wie „Chronotopos der Schwelle und des Wendepunkts.“39 Er bestimmt das Schicksal des Eichmeisters, das mit dem Überwinden mehrerer Grenzen verbunden ist: Es sind die Grenzen zwischen dem Zentrum und Peripherie des Habsburgerreiches, zwischen Gesetz und Gesetzlosigkeit und folglich zwischen Ordnung und Chaos. Auf der Suche nach dem „richtigen Maß“ überwindet der Eichmeister die Grenze zwischen West und Ost, was für ihn einerseits Verfall, andererseits aber Gewinn an Menschlichkeit bedeutet. In der Grenzschenke erkennt Eibenschütz zum ersten Mal, „was ein Weib sei.“40 Er erfährt „die Liebe und alle seelische[n] Veränderungen, die sie einem Manne bereitet.“41 In diesem Zustand ist der Eichmeister sogar imstande, einen Regen zu begrüßen: „Ich muss mich stark

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Ebd., S. 141. Vgl. Lotman 1972, S. 327–328. Bachtin 1986, S. 453. Roth 1991, S. 149. Ebd., S. 183.

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verändert haben in dieser Gegend!“42 – so sein Gedankengang. Die besondere Lage, in der er sich befindet, bewirkt folglich, dass die Grenzschenke die Rolle einer Abweichungsheterotopie spielt: Sie wird zu einem Zufluchtsort der Liebhaber. Der Bruch mit der Gesellschaft und seinem Milieu geht im Fall des Eichmeisters so weit, dass er diesem illusionären Raum nicht entweichen kann: „Seitdem Jadlowker eingesperrt war, betrachtete der Knecht den Eichmeister Eibenschütz als den legitimen Besitzer der Grenzschenke.“43 Dieser Transformation zufolge stirbt er einen gewaltsamen Tod. Die Grenzschenke wird nicht nur für den Protagonisten des Romans zu einer Krisenheterotopie. Sie verbirgt auch die anderen, die sich im Krisenzustand befinden: mehrere Emigranten, russische Deserteure, die heimlich die Grenze überquert haben. Sie bleiben in der Schenke nicht lange und werden von den Vermittlern weiter nach Westen geführt. In diesem Kontext wird die von Roth dargestellte galizische Schenke zum transitiven Nicht-Ort im Sinne von Aug8, in dem die Phänomene der Raumbeschleunigung infolge der Migrationsprozesse, die den Untergang der Habsburger Monarchie begleiteten, als Symptome des Raumzerfalls zutage treten. Es sind die „Trostlosen und Verzweifelten“,44 deren eben verlassene Heimat sich ganz in der Nähe befindet, doch für sie für immer unerreichbar. Roth gibt die Stimmung, die in der nächtlichen Grenzschenke herrscht, wie folgt wieder : Gegen drei Uhr begann ein Deserteur, Ziehharmonika zu spielen. Er spielte das Lied: ,Ja lubyl tibia‘ – und alle begannen zu weinen. Sie weinten nach der Heimat, die sie eben selbst aufgegeben hatten. Sie hatten mehr Sehnsucht nach der Heimat in diesem Augenblick als Sehnsucht nach der Freiheit.45

Die Präsenz der Deserteure aus Russland konkretisiert dabei die Zeit der Handlung im Roman: Es ist die Zeit im Umfeld des Ersten Weltkrieges. Der Krieg, genauer seine ersten zwei Tage im August 1914, bildet die Zeit, in der sich die Handlung eines der besten Romane des jüdischen Autors polnischer Sprache, Julian Stryjkowski (Pesach Stark), nämlich „Austeria“ (1966) abspielt.46 Der Ort der Handlung ist ein galizisches Wirtshaus, das „am Stadtrand, am Dulibsker Trakt, einer Straße, die zu den Karpaten führte, in nahezu völliger Einöde“47 liegt. Der Besitzer der Schenke ist der alte, rechtgläubige Jude Tag: „Hier ist er geboren, genau wie sein Vater, hier sind seine Eltern gestorben und 42 43 44 45 46 47

Ebd., S. 180. Ebd., S. 178. Ebd. Ebd., S. 181. Der Name der Schenke „Austeria“ spielt auf Austria an. Stryjkowski 1968, S. 7–8. Hier und weiter aus dem Polnischen von Janusz v. Pilecki. Stryjkowski 1966, S. 8: „na skraju miasta, przy Dulibskim szlaku, wioda˛cym na Skole, na Karpaty, w pustkowiu prawie […]“.

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seine Frau, hier möchte auch er sterben.“48 Als die Großeltern noch die Schenke führten, „schämte man sich nicht, ,Schenke‘ zu sagen. Heute heißt es ,Austeria‘“.49 „Heute“ wohnt hier der alte Tag mit seiner Schwiegertochter Mina, seiner kleinen Enkelin Lolka und der ruthenischen Magd Jewdocha, mit der er eine Liebesbeziehung hat. Der Sohn wird einberufen und an die östliche Front, unweit der österreichisch-russischen Grenze, geschickt. „Selbst in Friedenszeiten war es grausig, einen Blick hinter die Grenze zu werfen, was sollte man da erst jetzt sagen!“50 – schreibt Elo in einem Brief. Das gesamte Geschehen ist aus der Perspektive des Schankwirts, des alten Tag dargestellt, überwiegend in Form eines inneren Monologs. Obwohl die Ortschaft selbst nicht genannt wird, verhilft die präzise Lokalisierung der Schenke, die Heimatstadt des Schriftstellers, Stryj, zu erkennen, die niemand „besser als er“51 zu beschreiben vermochte. Nicht nur die Lage am Weg und die Zeit des Kriegsbeginns machen Austeria zu einem Gegen-Ort: Sie fungiert als eine Krisenheterotopie und ein Nicht-Ort zugleich, an dem der „Weltuntergang“52 in Galizien komprimiert wird. Der Chronotopos des Krieges,53 an den die Erinnerungen des Autors narrativ fixiert wurden, aber auch die Chronotopoi des Weges und der Begegnung sind hier besonders ausgeprägt. In Austeria herrscht die beunruhigende Atmosphäre der gespannten Erwartung des Unheils, die in der Wahrnehmung des alten Tag und seiner kleinen Familie wiedergegeben wird. Man zieht die Gardine auf und zu, um auf die Straße zu schauen: „Die Landstraße hatte sich geleert. […] Stille. Entvölkerte Stille: Erwartung des Feindes. Gleich wird er erscheinen.“54„Wony tutka zaraz budut!“, (ruthenisch für : „Sie werden gleich da sein“) sagt Jawdocha, und meint dabei „die ,Moskali‘“.55 „Wiederum wurde es still. Es war die Stille der Wehrlosigkeit. Sie lagerte auf der Landstraße und ließ ganz allmählich den Feind einsickern. Die Landstraße war stumm und gleichgültig, der Feind ebenfalls.“56 48 Stryjkowski 1968, S. 7; Stryjkowski 1966, S. 7: „Tu sie˛ urodził on, jego ojciec, tu umarli jego rodzice, z˙ona, tu chce umrzec´.“ 49 Stryjkowski 1968, S. 121; Stryjkowski 1966, S. 115: „Wtedy nie wstydzono sie˛ mjwic´ karczma. Dzis´ mjwi sie˛ Austeria.“ 50 Stryjkowski 1968, S.16; Stryjkowski 1966, S. 15: „Nawet za czasjw pokojowych było strasznie za te˛ granice˛ zajrzec´, a cjz˙ dopiero teraz!“ 51 Vgl. Voznjak 2007, S. 415. 52 Stryjkowski 1968, S. 138; Stryjkowski 1966, S. 131: „Koniec s´wiata.“ 53 Als historischer Hintergrund fungiert im Roman die Brussilov-Offensive an der Ostfront des Ersten Weltkrieges, die bei Stryj einen Militärfriedhof mit zehntausend Soldatengräbern hinterließ, vgl. Voznjak 2007, S. 415. 54 Stryjkowski 1968, S. 54; Stryjkowski 1966, S. 51: „Gos´ciniec opustoszał. […] Cisza. Bezludna cisza: oczekiwanie na wejs´cie wroga. Zaraz ukaz˙e sie˛ oczom.“ 55 Ebd. 56 Stryjkowski 1968, S. 61; Stryjkowski 1966, S. 57: „Znowu nastała cisza. Bezbronna cisza.

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Austeria wird auch zum Durchgangsort: Man betritt und verlässt ihren Raum ständig. Es sind diejenigen, die auf der Flucht sind. „Sie sollten besser fragen, wer nicht da drinnen ist. Die reinste Arche Noah,“57 – beantwortet der alte Tag die Frage des Pfarrers danach, wer in der Schenke verweilt. Dieses Bild sowie das Motiv der Sintflut werden zu einem der Leitmotive des Romans. Somit wird nicht nur die schutzgebende Bedeutung von Austeria betont, sondern auch die Bedeutung der perspektivischen Wahrnehmung des Geschehens: Die Schenke wird zu einem festen Bezugspunkt.58 In ihrem engen Raum treffen die ortsansässigen Juden, eine Gruppe der vor der Front fliehenden Chassidim mit ihren Frauen, Kindern und ihrer Bediensteten, sowie versprengte ungarische Husaren aufeinander. Es ist markant, dass in Austeria nur die Verfolgten, die Opfer zusammenkommen – die Kosaken, die die Stadt besetzen, wo sie brandschatzen, schänden und töten, erreichen sie nicht, obwohl man aus den Fenstern des Hauses den Brand, der in der Stadt wütet, sieht und die Kanonaden hört. Dieser Umstand verleiht dem Ort wundertätige Züge. Sie kommen auch dann vor, wenn die Fliehenden in die Austeria ständig zurückkehren müssen, so, als ob sie von ihr nicht losgelassen werden: „Sie gingen, gingen, und kamen doch nicht vom Fleck;“59 „Alle waren sie zurückgekehrt. Keinem einzigen war die Flucht gelungen.“60 Die schutzgebende Rolle von Austeria breitet sich sogar auf den Bereich des Todes aus und verleiht der Schenke am Rande der Straße einen weiteren Zug der Foucaultschen Heterotopie. So bringt zu diesem Gegen-Ort der Krause Bum, verzweifelt Hilfe suchend, das von ihm „bis zum Wahnsinn“61 geliebte Mädchen Asia, das von einer verirrten Kugel getroffen wurde. Die Tote wird im Schlafzimmer des Wirtshauses aufgebahrt, ungeachtet der Gefahr, dass die Kosaken die Totgeschossene finden und die Besitzer der Schenke vors Gericht schleppen könnten. Doch der alte Tag entscheidet, die tote Asia in der Austeria zu lassen: „Krieg ist Krieg, aber der Tod bleibt das Allerwichtigste. So etwas ist heilig,“62 – sagt er, alles Notwendige fürs Ritual vorbereitend. Ihn quält die Frage, warum gerade diejenigen, die nie getötet haben, die völlig Unschuldigen, sterben müssen. Entscheidend wird im Roman folglich der Chronotopos des Wendepunkts: Die alte Welt, wo Friede herrschte, bricht zusammen; in der neuen tobt

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Cisza szosy powoli wpuszczała nieprzyjaciela. Szosa była oboje˛tna. Nieprzyjaciel był oboje˛tny.“ Stryjkowski 1968, S.148; Stryjkowski 1966, S. 141: „Ksia˛dz zapyta, kogo tam nie ma. Arka Noego.“ Vgl. Dünne / Günzel 2006, S. 110–111. Stryjkowski 1968, S. 5; Stryjkowski 1966, S. 50: „Szli, szli, a wcia˛z˙ stali na jednym miejscu.“ Ebd., S.102; Stryjkowski 1966, S. 96. „Wszyscy wrjcili. Nikomu nie udało sie˛ uciec.“ Ebd., S. 7; Stryjkowski 1966, S. 7: „kochał sie˛ w niej szalenie.“ Stryjkowski 1968, S. 79–80; Stryjkowski 1966, S. 75: „Wojna wojna˛, ale ´smierc´ jest zawsze najwaz˙niejsza. To s´wie˛te.“

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der Krieg. Austeria wird somit zum Ort, an dem der alte Tag die Antwort auf das, was geschieht, sucht und nicht findet: „Welchen Sinn also hat alles auf dieser Welt?“63 „Es gibt auf nichts eine Antwort“64 – folgert er und denkt über Gott und seine Gerechtigkeit nach. Der Roman endet mit einer symbolischen, das nachfolgende Schicksal des galizischen Judentums andeutenden Szene: Der alte Tag bricht zusammen mit dem Pfarrer in die Stadt auf, um den russischen Kommandanten, der „heutzutage“ „mächtiger als Gott“65 sei, um die Rettung aller Gebliebenen zu bitten. Bevor er die Austeria verlässt, spricht er das Gebet, „das man vor dem Tode spricht“.66 Die Schlüssel und das Geld überlässt er der ruthenischen Magd und bittet sie, gut zu seiner Schwiegertochter zu sein. Der Topos der Schenke wird auch in der Literatur über Galizien aufgegriffen, die in den letzten Jahrzehnten entstand. Nach dem Untergang des habsburgischen Galiziens im Ersten Weltkrieg und der endgültigen Vernichtung seiner multikulturellen Welt im Zweiten Weltkrieg spiegelt dieser Topos im Vergleich zur alten, „klassischen“ interethnischen Konstellation andere soziale und kulturelle Verhältnisse in der Region wider. Eine besondere Rolle spielt der Topos der Schenke im Roman des ukrainischen Gegenwartsautors Jurij Andruchovycˇ Dvanadcjat’ obrucˇiv („Zwölf Ringe“) (2003). Es gibt hier zwei Ausformungen dieses Topos, die zum räumlichen Grundgerüst des Textes gehören: Es ist der Hauptplatz des Geschehens des Romans „Wirtshaus „Auf dem Mond“ („[…] genau so, mit asymmetrischen Anführungszeichen in der Mitte, wurde es geschrieben“67 – steht es im Text) und die „Kneipe bei Kilometer 13“. Beide Orte weisen dabei deutliche Merkmale und Charakterzüge einer Heterotopie auf. So präsentiert sich vor allem der Hauptschauplatz des Geschehens, das „Wirtshaus „Auf dem Mond“, dessen Schriftbild schon auf eine Abweichung anspielt. Hier trifft sich die Reisegesellschaft. Außergewöhnlich ist auch die Lage des Wirtshauses auf der Hochalm Dzyndzul, die im Ersten Weltkrieg eine wichtige strategische Rolle spielte und bestenfalls mit einem Hubschrauber erreichbar war. Aber noch evidenter zeigt sich der heterotope Charakter des Wirthauses darin, dass es eine auffallende Heterochronie aufweist. Es wurde in der Zwischenkriegszeit als ein Observatorium für die Warschauer Schule der Meteorologie errichtet. Danach folgen mehrere Metamorphosen infolge der Zeitbrüche im ehemaligen Galizien: Hier wurde kurz vor dem Zweiten Weltkrieg ein britischer Spionagestützpunkt eingerichtet; in der sowjetischen Periode hat man die etwas umgestaltete Ruine als ein Skiinternat verwendet, und schließlich erwarb das 63 64 65 66 67

Stryjkowski 1968, S.95; Stryjkowski 1966, S. 90: „Jaki wie˛c sens ma wszystko na s´wiecie?“ Stryjkowski 1968, S.94; Stryjkowski 1966, S. 88–89: „Nie ma odpowiedzi na nic.“ Stryjkowski 1968, S. 244; Stryjkowski 1966, S. 232: „Dzis´ komendant jest silniejszy niz˙ Bjg.“ Stryjkowski 1968, S. 251; Stryjkowski 1966, S. 238: „To taka modlitwa przed s´miercia˛.“ Andruchowytsch 2007, S. 45; Andruchovycˇ 2013, S. 43: „[…] same tak, z asymetrycˇnymy lapkamy poseredyni ce pysalosja.“

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Gebäude ein Vierteljahrhundert später, nach einer „Verkettung phantastischer Kataklysmen,“68 als die osteuropäische Landkarte radikal verändert wurde, ein Vertreter eines im ukrainischen Staat aufgetauchten neuen Menschentypen, „dem sich, eng wie ein Nadelöhr, die Möglichkeit eröffnete, sehr schnell und vorbehaltlos zu Geld zu kommen.“69 Er errichtet hier eine kitschige Nobelherberge. Die „24 h-Kneipe bei Kilometer 13“, deren Name schon auf die berüchtigte Lokalisierung in der Öde hinweist, ist ein Pavillon aus Plastik und Aluminium auf einer kleinen Anhöhe: „Nichts Besonderes,“ ähnlichen Orten konnte man „in den östlichen Karpaten zu Dutzenden begegnen,“70 so der Autor. Sie knüpft an die Rothsche Grenzschenke aus Das falsche Gewicht an. Hier wie dort treffen sich die kriminellen Außenseiter der Gesellschaft, in diesem Fall – der posttotalitären ukrainischen Gesellschaft im ehemaligen Ostgalizien. Der Protagonist des Romans, der Wiener Photograph, „Morgenlandfahrer“71 und Grenzgänger KarlJoseph Zumbrunnen (die Überquerung der politischen und die Überwindung der kulturellen Grenzen gelingen ihm besonders schwierig), fährt immer wieder in die Westukraine, einerseits auf der Suche nach den Spuren seines Urgroßvaters, des k. u. k. Oberförsters in Vorochta, andererseits wegen der exotischen Motive für seine Fotoausstellungen in Wien und der Liebe zur ukrainischen Dolmetscherin Roma Woronytsch. Wie bei Roth entstehen in Zwölf Ringe zwei semantische Felder : von Mitteleuropa (Österreich und insbesondere Wien) und von der Peripherie an seiner Grenze, von „Halbasien“, wie einst Karl Emil Franzos diese Region bezeichnete. Ähnlich wie der Rothsche Protagonist geht auch Andruchovycˇ’s Protagonist Karl Joseph an seiner unglücklichen Liebe und am Schnaps zugrunde. Dabei wird gerade die „Kneipe bei Kilometer 13“ zum Ort, an dem das Einander-Nicht-Verstehen72 für Karl-Joseph eine fatale Rolle spielt: Hier wird er von einem Kriminellen ermordet. Im Sinne einer Heterotopie und des transitären Nicht-Ortes der postsowjetischen ukrainischen Gesellschaft fokussiert die von Andruchovycˇ dargestellte Kneipe mehrere groteske Merkmale einer sich im Umbruch befindenden Wirklichkeit. Solche Überlagerungen und Multiplizierungen von Zeiten in einem Raum gestatten es dem Autor, den traditionellen Topos der galizischen Schenke für die 68 Andruchowytsch 2007, S. 58; Andruchovycˇ 2013, S. 55: „[…] cilyj lancjuh fantastycˇnych kataklizmiv […].“ 69 Andruchowytsch 2007, S. 58; Andruchovycˇ 2013, S. 56: „[…] vynykla vuz’ka, niby vusˇko holky, mozlyvist’ vel’my sˇvydkoho i bezzasterezˇnoho zbahacˇennja.“ 70 Andruchowytsch 2007, S. 233; Andruchovycˇ 2013, S. 226: „Nicˇoho nadzvycˇajnoho, […] pid cˇas mynulych blukan’ Schidnymy Karpatamy podibnych misc’ trapljalosja desjatkamy.“ 71 Andruchowytsch 2007, S. 12; Andruchovycˇ 2013, S. 10: „[…] pryvabljuvalo bahat’och mandrivnykiv na Schid.“ 72 Vgl. Feichtner-Tiefenbacher 2011, S. 286.

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komprimierte Darstellung der Geschichte der Region zu nutzen. Andruchovycˇ geht aber noch weiter : Er knüpft hier, ähnlich wie einst Sacher-Masoch, an das Mythische an. Das tut er im Romantext mit Hilfe der inneren Zitation der Verse von Bohdan Ihor Antonycˇ, einem in der Sowjetzeit verschwiegenen modernistischen Dichter, der in Lwiw lebte, wirkte und im Alter von achtundzwanzig Jahren starb. Zum Epigraph des Romans wird eine Strophe von Antonycˇ, die den Namen des andersartigen Wirtshauses im Roman bestimmt: „Mein Freund, gegürtet einsam von der Nacht / Verwoben ins Geheimnis unsrer Welt, / komm mit am Abend dieser Frühlingspracht / ins Wirtshaus auf dem Mond – Schnaps ist bestellt.“73 Bekanntlich spielt der Mond im Schaffen von Antonycˇ eine besondere Rolle: Er ist bei diesem Dichter, der vom Karpatenstamm der Lemken stammte, mit der Welt der Mythen und der Folklore der Karpaten verbunden.74 Der Mond wird in dieser Tradition zur Sonne der Nacht. Er beleuchtet „das andere Ufer“75 des Menschenkosmos, das Reich des Chaos, wo es keine Grenze zwischen dem Guten und Bösen gibt. Das von Antonycˇ erdichtete „Wirtshaus auf dem Mond“, dessen Bild eine zentrale Rolle in Zwölf Ringe spielt, wird somit zum transzendentalen Nicht-Ort und schließt den Kreis der Zirkulation des Topos der Schenke zwischen Sacher-Masoch und Andruchovycˇ ab. Der traditionelle Topos der Schenke begleitet den vielsprachigen „Galizischen Text“ im Laufe von mehr als zwei Jahrhunderten. So wurde die Schenke im Schaffen von Leopold Sacher-Masoch im Kontext der polnischen Aufstände in Galizien gestaltet; Ivan Franko wandte sich diesem Topos als verdichtetem Bild der sozialen Ungerechtigkeit und galizischen Armut zu. Eine besondere Ausformung bekam er in der Gestalt einer galizischen Grenzschenke im Schaffen von Joseph Roth, der sie mit dem Untergang der Habsburger Monarchie und Migrationsprozessen in Verbindung setzte. Als Ort, wo der Weltuntergang des Ersten Weltkrieges in Galizien komprimiert wird, fungiert die Schenke bei Julian Stryjkowski. Mehrere Metamorphosen macht dieser Topos bei Jurij Andruchovycˇ durch, der ihn intertextuell mit der Dichtung von Bohdan Ihor Antonycˇ in Verbindung setzt und somit auf einen transzendenten Hintergrund hindeutet. Wie die Analyse der Beispiele aus den Texten dieser galizischen Autoren zeigte, hängt jede konkrete Ausformung des Topos der Schenke von der Zeit des Entstehens sowie von der Tradition, an die das Schaffen jedes einzelnen Schriftstellers anknüpft, ab. Dabei weisen diese heterogenen Darstellungen mehrere gemeinsame Züge auf. Sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, dabei helfen die Zugänge der modernen Raumtheorien mit dem Begriff der 73 Zit. nach: Andruchowytsch 2007, S. 7; Andruchovycˇ 2013, S. 5: „Samotnij druzˇe, mov u nocˇi pojas, / ty v tajemnyci svitu opovytyj. / V cej vecˇir vesnjanyj chody zi mnoju / v korcˇmi na misjaci horilku pyty.“ 74 Vgl. Novikova 2004, S. 19. 75 Ebd., 25.

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Heterotopie von Michel Foucault und seiner weiteren Deutung als Nicht-Ort im Transit von Marc Aug8 sowie solche früheren raumbezogenen Konzepte wie Chronotopos von Michail Bachtin und Grenze bei Jurij Lotman. Die angeführten Beispiele des Topos der Schenke im „Galizischen Text“ veranschaulichen mehrere markante Charakteristika der Gegen- und der Nicht-Orte. Es sind die entlegene Lage, das transitäre Betreten und Verlassen, die Verbindung mit der Heterochronie, die beunruhigende Atmosphäre, die Krisen- und Abweichungssituation sowie der Hang zur Illusion und zum Mythos. Es wurde außerdem gezeigt, dass die Übereinstimmungen unter ihnen als gemeinsame Chronotopoi erklärt werden können, und zwar als Chronotopos des Weges, der Begegnung, des Wendepunkts sowie der Grenze in direkter und kultursemiotischer Bedeutung. So weist der in den unterschiedlichen galizischen Texten narrativ modellierte Topos der Schenke mehrere Gemeinsamkeiten auf, die die Hybridität des heterogenen Kulturraums Galizien kennzeichnen.

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Nino Gude

Zwischen Isolation und Austausch: Die Schule als jüdisch-ukrainischer Begegnungsort

Abstract Twentieth-century research on modern Jewish and non-Jewish relations usually refers to the style of description and interpretation of intercultural relations in terms of contribution and focuses on the values shared by both groups. However, a permanent process of cultural exchange between Jews and Ukrainians seems to be almost inconceivable among modern scholars. In my paper, I describe the school class as an interrelated modern Ukrainian-Jewish contact zone. For this purpose, I chose the Ukrainian Gymnasium in Przemys´l in the period from 1898 to 1918. As a space of cultural contact, the UkrainianJewish school class was an area of experiencing ambivalence: Jews and Ukrainians were simultaneously together and isolated, connected and separated. While the Jewish pupil experienced cultural differences at the Ukrainian Gymnasium in Przemys´l, the school also offered possibilities for overcoming cultural distance.

Isolation und Kontakt Das bis heute überlieferte Bild der Beziehungen zwischen Juden und Ukrainern ist gekennzeichnet durch Isolierung, Konflikte und gegenseitige Abgrenzung. Gegenwärtige wissenschaftliche Diskussionen um die jüdische Kultur in der Ukraine verweisen folgerichtig auf ein „genuines Judentum“, das in der Vergangenheit wenig bis gar nicht von der ukrainischen Kultur beeinflusst worden sei.1 Eine solche Abgrenzung wurde auf die sozialen Strukturen beider Bevölkerungsgruppen zurückgeführt, die letztlich als soziale Grenzen zwischen den Gruppen angesehen wurden. 1900 verdienten rund 94 Prozent der ukrainischen Bevölkerung in Galizien ihren Lebensunterhalt nach wie vor in der Land- und Forstwirtschaft, während Juden innerhalb der galizischen Städte eine große 1 Eine Neubewertung der jüdisch-ukrainischen Geschichtsschreibung verbunden mit dem Aufweichen früherer, etablierter Paradigmen ist für das Russländische Reich, nicht jedoch für Galizien, zu beobachten. Siehe dazu: Petrovsky-Shtern 2009; Shkandrij 2009; Glaser 2012; Petrovsky-Shtern / Polonsky 2014; Makaryk / Tkacz 2015.

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Rolle spielten.2 Dieser Stadt-Land-Gegensatz bildete eine Art unüberwindbare Mauer oder Graben, die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem exakten Ort oder durch entsprechende Verordnungen überquert werden konnten. Aufrechterhalten wurden derartige „gedachte Grenzen“ sowohl durch die jüdische als auch durch die ukrainische Historiographie, die beide gleichermaßen zusätzlich religiöse, sprachliche und kulturelle Gründe dafür anführten, die einer gemeinsamen Geschichte im Wege standen. Missverständnisse, gegenseitige Vorurteile und gewalttätige Auseinandersetzungen verstärkten das isolierende Bild und trugen dazu bei, dass die zeitgenössische Geschichtsschreibung auf zwei separate Historiographien – eine jüdische und eine ukrainische – für Galizien zurückgreifen kann.3 Wenngleich anerkannt wurde, dass ökonomische Kontakte zwischen Juden und Ukrainern Gegenstand des alltäglichen Lebens waren – weitreichendere soziale Kontakte oder gar ein kultureller Austausch folgten diesen nicht, so die einhellige Meinung.4 Obwohl sich die ErforscherInnen der jüdisch-christlichen Beziehungen seit dem Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend der Beschreibung und Interpretation interkultureller Kontakte widmen, die vor allem auf die gemeinsamen Werte beider Gruppen hinweisen5, scheint ein permanenter kultureller Austausch zwischen Juden und Ukrainern in Galizien – aufgrund verschiedener Ressourcen, verschiedener narrativer Modelle und einer prinzipiell unterschiedlich bewerteten gemeinsamen Vergangenheit – weiterhin als unvorstellbar zu gelten. Für die Beschreibung einer modernen und verflochtenen jüdisch-ukrainischen Kultur- und Alltagsgeschichte ist es daher sinnvoll, gängige Stereotype und etablierte Paradigmen, wie jene des ukrainischen Antisemiten und fest verankerter antijüdischer Feindbilder in der ukrainischen Gesellschaft, durch gemeinsame Referenzpunkte und Raumkategorien zu ersetzen, an denen sich Juden und Ukrainer gleichermaßen orientierten. Den ForscherInnen bieten sich dabei die Möglichkeiten der Beschreibung einer gleichzeitigen Beteiligung von Personen sowohl an der transformierten jüdischen als auch an der modernen 2 1900 wiesen Städte in Ostgalizien einen hohen jüdischen Bevölkerungsanteil auf: Brody 72,1 Prozent, Bucˇacˇ 57,3 Prozent, Rawa 57,1 Prozent, Ivano-Frankivs’k 51,3 Prozent und Kolomyja 50,8 Prozent. Vgl. Bihl 1980, S. 885. 3 Eine Ausnahme bildet in dieser Hinsicht die Monografie von Henry Abramson, der sich einer jüdisch-ukrainischen Annäherung auf politischer Ebene widmete, wobei die Entwicklungen in Galizien nur sehr kurz skizziert werden. Vgl. Abramson 1999, S. 151–155. 4 Howard Aster und Peter J. Potichnyj haben in ihrem 1983 erschienen Buch Juden und Ukrainer als zwei Gruppen klassifiziert, die ihre gemeinsame Geschichte in diametralen und gegensätzlichen Wegen interpretierten. Vgl. Aster / Potichnyj 1983, S. 20ff. 5 Der israelische Historiker Adam Teller ist der Ansicht, dass die ForscherInnen der vormodernen Zeit erkannt hätten, dass Juden in Osteuropa nicht länger als separate Gruppe in Isolation lebten, sondern mit ihrer christlichen Umgebung interagierten. Vgl. dazu: Teller / Teter 2010, S. 3–46.

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ukrainischen Kultur, wobei persönliche Erfahrungen, bei gleichzeitiger Einbindung in die vielschichtigen translokalen Kommunikationsnetzwerke, im Vordergrund der Betrachtungsweise stehen. Die Auseinandersetzung mit der räumlichen Umgebung muss nicht zwangsläufig auf Individualität basieren, sondern lässt sich in mehrerer Hinsicht ebenso gemeinschaftlich verhandeln6, um schließlich aus einer trennenden und mit nationalen Narrativen konnotierten jüdisch-ukrainischen Vergangenheit eine gemeinsam-verbindende Geschichte zu schreiben. Ein vielversprechendes Konzept dahingehend ist das von Mary Louise Pratt eingeführte Modell der Kontaktzone, welches nicht nur in kolonialen Situationen, sondern ebenso auf andere kulturelle Beziehungen anwendbar ist. Pratt behandelt die Kontaktzone als Verbindungspunkt von verschiedenen Kulturen, wo Synthesen zwischen zuvor isolierten Gruppen hergestellt werden.7 Der Kontakt zwischen Juden und Ukrainern in verschiedenen Institutionen und Bereichen des öffentlichen Raumes der modernen Kultur entsprach genau jenem Kontakt der zuvor als isoliert wahrgenommenen Gruppen. Sie besetzten asymmetrische Positionen und ihre Beziehungen hingen nicht nur von den Werten und Modellen der mit fremden Inhalten ausgestatteten Kulturen ab, sondern sie standen sich obendrein oftmals feindselig gegenüber.8 Die Kontaktzone ist ein Raum der Ambivalenz: einerseits ein Bereich der erlebten Gewalt, Ungleichheit und Konflikte, andererseits ein Ort der Interaktion, Transkulturation und Koexistenz. Darüber hinaus ist sie ein Ort der Etablierung zwischenmenschlicher Beziehungen sowie der Aktivierung von Auswahl- und Adaptionsprozessen von kulturellen Elementen. Pratt betont, dass Verbindungen auch „in extrem asymmetrischen Kräfteverhältnissen“ vorhanden sind, individuelle Personen und Gruppen somit in einer Kontaktzone Formen der Koexistenz, Interaktion und Verhaltensweisen erfahren.9 Für die Erforschung der jüdisch-ukrainischen Beziehungen scheint mir das Konzept von Pratt am vielversprechendsten, da mittels der Übernahme des Modells der Kontaktzone die Komplexität der gegenseitigen Interferenzen, Grenzüberschreitungen und Verhandlungen von mindestens zwei miteinander agierenden Gruppen gezeigt werden kann. Gleichzeitig bietet sich mir die Möglichkeit, den Einfluss der mannigfaltigen alltäglichen Kontakte mit der ukrainischen Bevölkerung auf die jüdischen Lebenswelten und Selbstverortungen zu diskutieren.10 In diesem Artikel möchte ich den Klassenraum und die außerunterrichtlichen Erziehungsmaßnahmen als moderne und miteinander verbundene jüdisch-ukrainische 6 7 8 9 10

Vgl. Lipphardt 2015, S. 26. Vgl. Pratt 1992, S. 6–7. Vgl. Goldberg-Mulkiewicz 2003, S. 90–97. Vgl. Pratt 1992, S. 27. Lipphardt 2015, S. 25.

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Kontaktzonen beschreiben. Untersucht wird das Gymnasium mit ukrainischer Unterrichtssprache in Przemys´l für den Zeitraum des österreichischen Galizien von 1898 bis 1918.

Klassenraum als institutionelle Kontaktzone Im Zeitalter des Nationalismus und der Nationalstaatswerdung übernahm die Schule eine der wichtigsten Sozialagenden und zählte zu jenen Bildungseinrichtungen11, in denen die Vermittlung von gemeinschaftlichen Werten und Symbolen stattfand. Als Institution mit höchst symbolhaftem Charakter implementierte und konservierte sie die vorherrschende und autorisierte Kultur12, die in Galizien mit dem Gesetz von 1867 zusammenfiel, wonach dem Eigentümer der Schule das Recht über die Auswahl der Unterrichtssprache – Polnisch oder Ukrainisch – zustand.13 Der erste jüdische Schüler am ukrainischen Staatsgymnasium in Przemys´l wurde für das Schuljahr 1898/9914 registriert, somit bildeten zumindest seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert öffentliche und private höhere Schulen in Ostgalizien einen neuen und wichtigen Raum für den jüdisch-ukrainischen Kontakt, der zugleich ein Schlüssel zur Transformierung jüdischer Lebenswelten und Selbstverortungen war. Erst zu einem relativ späten Zeitpunkt eröffnete sich demnach für Juden die Möglichkeit, am Unterricht an höheren Ausbildungsstätten mit ukrainischer Unterrichtssprache teilzunehmen – ausgenommen öffentliche und private Volksschulen15 – was letztlich auf die Schwierigkeiten und Missstände des ukrainischen Schulsystems zurückzuführen war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die offizielle Politik der polnischen Verwaltung in Galizien darauf ausgerichtet, den Eintritt von Ukrainern in höhere Bildungsinstitutionen zu erschweren und ihnen die Gründung eigener Lehranstalten zu verbieten. Im galizischen Landtag war die Mehrheit der polnischen Abgeordneten gar der Ansicht, dass Ukrainer weiterhin polnische Schulen besuchen sollten.16 Vor diesem Hintergrund kann es daher nicht überraschen, dass erst im Jahre 1864 am Akademischen Gymnasium in Lemberg die ersten Schulklassen auf Ukrainisch unterrichtet wurden, doch sollten noch weitere 14 Jahre vergehen, ehe 1878 an derselben Institution die ersten Schüler eine 11 12 13 14 15

Vgl. Prokop-Janiec 2013, S. 51. Ebd., S. 54. Vgl. Chepil 2008, S. 360f. Vgl. Zvit 1912/13, S. 9. 1886 verfügten die Ukrainer über 1603 öffentliche und drei private Volksschulen, die vielfach nur ein- bis zweiklassig waren. Vgl. Bihl 1980, S. 573f. 16 Vgl. Hercjuk 2008, S. 246.

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Matura in ukrainischer Sprache ablegten. Die Anzahl der polnischen Mittel- und Realschulen überwog gegenüber den ukrainischen Institutionen: Im Jahr 1911/ 12 standen 296 Mittel- und Gewerbeschulen mit polnischer Unterrichtssprache lediglich zwölf mit ukrainischer Unterrichtssprache gegenüber. In Zahlen ausgedrückt hatte dies für 1912 zur Folge, dass eine ukrainische Mittelschule auf 520.000 Einwohner entfiel, eine polnische dagegen auf 52.000 Einwohner.17 Die offensichtlich ungünstige Situation änderte nichts an der Tatsache, dass die Schule eine zunehmend bedeutendere Funktion im jüdisch-ukrainischen Kontakt übernahm, da sich die vormodernen Begegnungen lediglich auf den Marktplatz, die Straße oder auf verschiedene wirtschaftliche Institutionen beschränkt hatten.18 Daher lohnt es sich, an dieser Stelle noch einmal auf die Besonderheiten der jüdischen Bildungseinrichtungen in der vormodernen Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts zu erinnern, die von HistorikerInnen häufig als trennender und eigenständiger Faktor in ihren Untersuchungen hervorgehoben wurden. Mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Juden in Galizien durch die Dekrete von 1789 wurde ihnen nun die Möglichkeit geboten, an christlichen Schulen zu lernen, eine Gelegenheit, die zunehmend von jüdischen Mädchen ergriffen wurde, die bis dato vom Talmudstudium an den Jeschiwas ausgeschlossen waren. Für jüdische Mädchen und Jungen gleichermaßen bedeuteten christliche Schulen das Betreten eines mit fremden Symbolen ausgestatteten Raumes, der durch religiöse und sprachliche Unterschiede abgegrenzt wurde. Das Herzstück der Schulerfahrung fiel sozusagen mit den Kontakten der im weitesten Sinne verstandenen kulturellen, sozialen, religiösen und nationalen Grenzen zusammen. Durch die vorgenommene religiöse und sprachliche Segregation der Schüler und Schülerinnen, die in den Statistiken nach ihrem Glaubensbekenntnis und der Muttersprache aufgelistet wurden, machte die Schule Unterschiede sichtbar, wenngleich der Klassenraum zugleich als Indikator für die Beseitigung kultureller Distanz und für die Überwindung sozialer Isolation fungierte. Hier war es möglich, dass Juden und Ukrainer einander kennenlernten, während sie in anderen Räumen voneinander getrennt lebten ohne miteinander in Kontakt zu treten. Der Klassenraum als gemeinsamer Referenzrahmen förderte darüber hinaus über das Medium der Sprache Interaktionen, gegenseitiges Verständnis sowie aufeinander bezogene Handlungen und Reaktionen der miteinander interagierenden Gruppen und/oder Personen. Die Sprache war dabei ein weiteres wichtiges Kriterium, das durch die entsprechende Bildungseinrichtung gestaltet und geformt wurde, schließlich legte die Schule Standards und Kriterien der 17 Vgl. Bihl 1980, S. 574. 18 Vgl. Teller 2004, S. 25–40.

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sprachlichen Korrektheit fest, die sie den verschiedenen Gruppen zugänglich machte. Als Administrator linguistischen Kapitals entschied sie letztlich über Wege und Aneignungsformen, die in der Ausgestaltung unterschiedlicher Sprachaspekte resultierten, sei es in der Bedeutung der Sprachkompetenz innerhalb des Bildungssystems oder in der Transmission kulturell-sprachlicher Muster.19 Was damit gemeint ist, veranschaulichen nicht zuletzt Gemeinsamkeiten in der gesprochenen Sprache, bei der das Jiddische mit dem Ukrainischen die stimmhafte Artikulierung des „h“ teilt. Dieses Phonem entwickelte sich aus „g“ und findet im Jiddischen ebenso seine Bewahrung vor „l“, „n“, „r“ (vgl. hlibe ,Batzen‘, ,Brokken‘, hnide ,Nisse‘, hrecˇke ,Buchweizen‘, hrizen ,nagen‘, hrube ,Ofen‘) wie im Ukrainischen bei hlyba, hnyda, hrecˇka, hryzty und hruba.20 Diese Sprachbeispiele verdeutlichen eindrucksvoll, dass sich Personen und soziale Gruppen in Kommunikationsräumen nicht ausschließlich über politische oder ideologische Vorgaben definieren, sondern eben auch über solche Inhalte und Sprachcodes, die im alltäglichen Umgang Verwendung fanden und durch Bildungsinstitutionen kommuniziert wurden.21 Schule war für die jüdischen Kinder im Allgemeinen ein Raum sprachlicher Interaktion, der Bekanntmachung mit der ukrainischen Sprache sowie der gleichzeitig vorgenommenen Entscheidung über Zugehörigkeit und die Position des Einzelnen in der neuen Umgebung. Neben dem sprachlichen Aspekt übernahm die Schule eine Vermittlerfunktion im Bildungs- und Kulturbereich, die nachfolgend am Beispiel des ukrainischen Gymnasiums in Przemys´l skizziert wird. Nach dem Akademischen Gymnasium in Lemberg wurde diese Lehranstalt auf bürgerliche Initiative als zweite Oberschule mit ukrainischer Unterrichtssprache im Jahre 1888 gegründet. Anfänglich als Parallelabteilung zum polnischen Gymnasium fungierend, bestand es ab 1895 als eigenständige Lehranstalt mit acht Unterrichtsklassen. Gelehrt wurden die Fächer Religion, Latein, Griechisch, Deutsch, Polnisch, Geschichte, Geografie, Naturkunde, Zeichnen, Musik und Kalligrafie. Im ersten Schuljahr seiner Eigenständigkeit waren insgesamt 294 Schüler inskribiert, die von 16 Lehrern, einschließlich des ersten Direktors Hryhorij Cehlyns’kyj, unterrichtet wurden. Die Schüler- und Lehrerzahlen stiegen bis 1912 auf etwa 930 Schüler bzw. 41 Personen im Lehrerkolleg an.22 Auch unter der jüdischen Bevölkerung erfreute sich das Gymnasium großer Beliebtheit, die sich in der Statistik über die Anzahl an Maturanten widerspiegelt. Zwischen 1896 und 1936 legten insgesamt 2452 Schüler ihre Matura ab, von denen 106 jüdischen Glaubens waren.23 19 20 21 22 23

Vgl. Prokop-Janiec 2013, S. 54. Lötsch 1997, S. 1955. Vgl. Cs#ky 2002, S. 33. Vgl. Holdak 2009, S. 171. Vgl. Sˇach 1977, S. 36.

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Den jüdischen Prüflingen wurde von der Schulverwaltung die Möglichkeit eingeräumt, die Abschlussprüfungen in Anwesenheit eines jüdischen Religionslehrers abzulegen. Da für gewöhnlich kein Personal zur Verfügung stand, das die Schulkinder in jüdischer Religion hätte prüfen können, wurde ein Schreiben seitens der Schuldirektion an das zuständige Kuratorium des Lemberger Schulkreises aufgesetzt, mit der Bitte, einen geeigneten Kandidaten zu ernennen. In den meisten Fällen übernahm ein jüdischer Lehrer vom polnischen Gymnasium in Przemys´l diese Funktion, der gleichwertiges Mitglied im Prüfungsausschuss und somit berechtigt war, die Prüfung in jüdischer Religion durchzuführen.24 Die Besetzung der Prüfungskommission durch externe Lehrer war nichts Außergewöhnliches und ein alltäglicher Vorgang im galizischen Schulsystem, dennoch offenbart die Hinzunahme eines jüdischen Prüfers eine offensichtliche Mehrdeutigkeit in der Kontaktzone des Klassenraumes. Während die Schüler eine mehrjährige erzieherische Bildung in ukrainischer Unterrichtssprache mit Schwerpunkt auf ukrainischer Literatur, Geschichte und Geografie erhielten, somit kulturelle Inklusion erfuhren, wurden sie aufgrund ihres Religionsbekenntnisses von der Schuldirektion weiterhin separat und getrennt von den ukrainischen Schulkindern wahrgenommen; in den Statistiken aber meistens unter der Angabe ukrainischer Muttersprache geführt. Für das Schuljahr 1910/ 11 zählte die Schuladministration 27 Juden, davon beherrschten laut Statistik 24 Ukrainisch als Muttersprache.25 Inwieweit die Angaben tatsächlich stimmen, lässt sich an dieser Stelle nicht abschließend beurteilen, da die jiddische Sprache grundsätzlich vom Zensus nach Sprachkenntnissen in der Habsburgermonarchie ausgeschlossen blieb und in den österreichischen Volkszählungen die Umgangssprache ermittelt wurde. Somit war die jüdische Bevölkerung oftmals gezwungen, in den Umfragen jene Sprache anzugeben, die ihr am vertrautesten war. Ob Muttersprache oder nicht, zur Unterstützung des Arguments, dass der Klassenraum sehr wohl zur Reduzierung kultureller Distanz sowie einem interkonfessionellen Dialog beitragen kann, lässt sich auch das Beispiel literarischer Werke anführen. Als Pflichtlektüre für die Schüler der siebenten Klasse des ukrainischen Gymnasiums in Przemys´l wurde das Poem Mojsej von Ivan Franko gelesen und thematisch analysiert.26 Hintergrund dieses philosophischen Poems waren die revolutionären Ereignisse 1905 in Russland, verbunden mit der Hoffnung des Autors, dass der revolutionäre Gedanke das ukrainische Volk ergreifen und zur Gründung eines unabhängigen ukrainischen Staates führen würde. Basierend auf der biblischen Geschichte ließ Franko die Erzählung seiner 24 CDIAL, Fond 179, Opys 3, Sprava 2120. 25 Alternativ wurde Deutsch als Muttersprache hinter den Namen der drei anderen jüdischen Schulkinder angeführt. Vgl. Zvit 1910/11, S. 76–78. 26 Vgl. Ebd. S. 60.

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Helden erst nach 40 Jahren der Wanderschaft in der Wüste beginnen, in einer Zeit, in der sich die Israeliten, von Mojsej (Moses) geführt, dem gelobten Land in Palästina näherten. Während das Volk klagte, sich empörte, Gottes Gebote und Versprechungen vergaß, verlor Mojsej selbst zusehends an Autorität und Glaubwürdigkeit. Mit dem Tod von Mojsej lebte seine Idee aber weiter, und auf diese Art setzte er seine prophetische Mission fort und führte die Israeliten in das gelobte Land. Am Ende des Gedichtes hoffte Franko, dass die Ukrainer, ähnlich wie die Juden durch Mojsej, durch einen neuen Führer angeführt werden.27 Der Autor schuf in diesem Gedicht die harmonische Verbindung von jüdischen und ukrainischen Horizonten, indem er die Parallelen zwischen der jüdischen Geschichte, einer 40 Jahre dauernden Suche nach dem gelobten Land, sowie der ukrainischen Bevölkerung veranschaulichte, der es ebenso wenig gelungen war, einen eigenen Staat zu gründen. Franko versuchte den Text des Poems so zu gestalten, dass Geschichten und Beschreibungen der ukrainischen Vergangenheit und Gegenwart durch Erzählungen und jüdische Legenden ergänzt wurden. Auf diese Weise lernten jüdische wie ukrainische Schulkinder die jeweils andere Kultur wertzuschätzen, was ihnen obendrein die Möglichkeit bot, imaginäre Grenzen zwischen beiden Kulturkreisen kritisch zu hinterfragen. Das Poem zeigt, wie Religion, Geschichte und Sprache miteinander verflochten sein können. Inwieweit das Poem von Franko und der Gedanke eines interkulturellen Dialoges tatsächlich im Klassenraum Umsetzung fanden, hing letztlich von den individuellen Präferenzen der Schüler und den pädagogischen Fähigkeiten des ukrainischen Schriftstellers Orest Avdykovycˇ (1867–1918) ab, der ab 1903 an den höheren Klassen ukrainische Sprache und Literatur lehrte.28 Neben ihm waren weitere Schriftsteller als Pädagogen tätig, wie Sylvestr Jarycˇevs’kyj (1871–1918) und Osyp Turjans’kyj (1880–1933), letzterer gab 1910 eine Monografie zur ukrainischen Sprache und Literatur an dieser Schule heraus. Das städtische Gymnasium galt somit zu Recht als Zentrum ihrer literarischen Schaffenskraft, die auf die Umsetzung literarischer Inhalte und die Gestaltung des Klassenraumes Einfluss nahm, in dem ukrainische und jüdische SchülerInnen gleichermaßen partizipierten.

Außerunterrichtliche Kontaktzonen Charakteristisch für das ukrainische Gymnasium in Przemys´l waren das Zelebrieren nationaler Rituale, historischer Jubiläen, nationaler Feiertage und regionaler Bräuche, die den öffentlichen Raum mit national-religiöser Symbol27 Franko 1905. 28 Vgl. Zvit 1910/11, S. 23.

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kraft ausfüllten, in welchem den jüdischen Schulkindern oftmals nur begrenzte Möglichkeiten zugestanden wurden, diesen mit eigenen kulturellen Elementen zu gestalten. Traditionell wurden die Eröffnung und die Beendigung jedes Schuljahres feierlich begangen, bei denen sich alle Schüler vor dem Schulgebäude versammelten und gemeinsam durch die Stadt zogen, um in der örtlichen Kathedrale des heiligen Ivan Chrestytel’ (Johannes des Täufers) den Gottesdienst abzuhalten. Nach dieser Zeremonie wurde das Schuljahr nach Vorschrift mit dem Singen der österreichischen Nationalhymne in ukrainischer Übersetzung („Gott erhalte, Gott beschütze Unsern Kaiser, unser Land“) eröffnet bzw. beendet. Die Übersetzung dazu schrieb Josyf Levyc’kyj (1801–1860), bekannt als erster Lehrer der ukrainischen Sprache am Gymnasium in Przemys´l. Auf dem Weg vom Schulgebäude zur städtischen Kathedrale und zurück wurden unter Leitung des Schuldirektors drei Schüler dazu bestimmt, die Schulfahne zu tragen. Auf dieser war auf der einen Seite der galizisch-ruthenische Löwe abgebildet, seit 1848 das Abzeichen der ukrainischen Nationalgarde in Galizien, auf der anderen Seite das Abbild des Schulpatrons, des heiligen Kyryl. Die Kombination aus religiösen und nationalen Symbolen offenbarte verschiedene Formen von Inklusion und Exklusion der jüdischen Schulkinder. Während sie von dem speziellen Moment an der Teilnahme des zeremoniellen Gottesdienstes kategorisch ausgeschlossen waren, wurde ihnen der Stadtmarsch gestattet.29 Die Fragen, was national und religiös, was ukrainisch und jüdisch war, fügten sich in diesen Augenblicken zu einem vielschichtigen Konglomerat zusammen, und mussten je nach Kontext unterschiedlich interpretiert und nicht zwangsläufig getrennt voneinander beantwortet werden. Beste Beispiele hierfür waren die sich wiederholenden Feierlichkeiten an der Schule zu Ehren nationaler Schriftsteller, Aktivisten oder Organisationen. Der Reihe nach wurden im Jahre 1903 Feierlichkeiten anlässlich des 60. Todestages von Markijan Sˇasˇkevycˇ, 1904 der 90. Ehrentag der Geburt von Taras Sˇevcˇenko und schließlich 1908 das 40-jährige Bestehen der kulturellen Gesellschaft Prosvita gefeiert. Mit großem Pomp und Konzerten ehrten die Schüler ebenso den 100. Jahrestag des Kobzar30 im Jahr 1914. An diesem Tag waren nicht nur am Gymnasium selbst, sondern auch an weiteren öffentlichen Gebäuden und Privathäusern zahlreiche blau-gelbe Fahnen angebracht.31 Das Besondere an diesen mit nationalen Symbolen aufgeladenen Festlichkeiten war, dass diese nicht ausschließlich den Ukrainern vorbehalten waren, sondern auch der jüdischen Jugend die Möglichkeit gaben, sich etwa mit dem Gesamtwerk und den Aktivitäten von Sˇasˇkevycˇ vertraut zu ma29 Vgl. Sˇach 1977, S. 24f. 30 Titel des Gedichtbandes von Taras Sˇevcˇenko (1840) und spätere Bezeichnung des Autors selbst. Vgl. Dzeverin 1987, S. 285–303. 31 Holdak 2009, S. 171.

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ˇ ytanka als Erster die chen, der in seinen Werken Rusalka Dnistrova und C Volkssprache und auch die Rechtschreibung verwendete, in der – mit kleinen Veränderungen – auch die jüdischen Schulkinder unterrichtet wurden.32 Die wiederholte Erinnerung an die Vergangenheit, an Persönlichkeiten oder bestimmte Ereignisse war und ist für die Konstruktion von kollektiven Identitäten ein charakteristisches Merkmal moderner Nationalstaaten. Allerdings werden bei solch eindimensionalen Betrachtungen die grenzüberschreitenden Bezüge, zum Beispiel die orts- und raumgebundenen Erfahrungen und Handlungshorizonte, außen vorgelassen. Gedächtnisorte, auf die man sich bereits in der Habsburgermonarchie bezog, hatten zwar eine auf soziale Gruppen identitätsstiftende, jedoch keine ausschließlich nationsstiftende Funktion.33 Folglich sollten die im Staatsgymnasium in Przemys´l abgehaltenen Festlichkeiten in einem lokalen Kontext verortet werden, in dem SchülerInnen aller Konfessionen daran mitwirkten und somit ihre ganz persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen damit verknüpften. Individuelle Erfahrungen und verbindende Schulerinnerungen resultierten für Juden und Ukrainer gleichermaßen aus den zahlreichen sportlichen und künstlerischen Angeboten der Lehranstalt, bei denen die Schuladministration einen besonderen Schwerpunkt auf die sportliche Ertüchtigung ihrer Zöglinge legte. „Nur in einem gesunden Körper wohnt auch ein gesunder Geist“, ein Motto, das sich auch die Direktion des Gymnasiums zu eigen machte und das folgerichtig in die Gründung mehrerer sportlicher Schulabteilungen mündete. Eine der ersten war die sogenannte Sektion für Hygiene und Sport, in der entsprechende gesellschaftliche Spiele, Klassenausflüge, leichte sportliche Betätigungen und Abendveranstaltungen durchgeführt wurden, um so den inneren Zusammenhalt einer sozialen Gruppe zu stärken und die lokale Verbundenheit mit der Schule und der Stadt Przemys´l herzustellen. Die für das Schuljahr 1910/ 11 bereits 294 Mitglieder zählende Abteilung verteilte sich auf insgesamt 14 Einheiten mit unterschiedlichen Sportdisziplinen, wie Ballsportarten, Leichtathletik und Turnen. Einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt bildeten Ausflüge und Exkursionen innerhalb und außerhalb der Stadt Przemys´l, mit dem Ziel des Kennenlernens geografischer Besonderheiten der Umgebung sowie der Lebensweisen und traditionellen Bräuche ortsansässiger Gruppen.34 Neben der Identifizierung mit ortsgebundenen Räumen ermöglichten solche Ausflüge eine soziale Interaktion zwischen jüdischen und ukrainischen Schülern, die sich durch individuelle und kollektive Handlungen, durch wechselseitige Wahrnehmung Einzelner oder durch gemeinsame Interessen und Ziele aller 32 CDIAL Fond 178, Opys 1, Sprava 4676. 33 Cs#ky 2002, S. 33. 34 Vgl. Zvit 1910/11, S. 64f.

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teilnehmenden Mitglieder ausdrückte. Aufschlussreiche Erkenntnisse über die dynamischen Prozesse des inneren Zusammenhaltes einer Gruppe ergeben sich hinsichtlich der am Gymnasium populär gewordenen Sportart Fußball sowie der militärischen Schießausbildung durch das lokale Infanterieregiment. Die schuˇ ajka erfreute sich zahlreicher lische Fußballabteilung der Einheit Sjanova C Sportbegeisterter und zählte mit 106 aktiven Mitgliedern zu einer der größten Sektionen. Nach dem Besuch und der Bekanntmachung mit dem Reglement und den taktischen Vorgaben durch den am akademischen Gymnasium in Lemberg lehrenden Pädagogen Ivan Boberski am 20. September 1910 entwickelte sich der Fußballsport am Gymnasium sehr erfolgreich. Anfänglich wurde nur zwischen den schulinternen Mannschaften gespielt, bald darauf suchte man den Vergleich mit lokalen Fußballvereinen wie San oder überregionalen Mannschaften aus Lemberg, gegen die man immer mit Erfolg bestehen konnte.35 Auf und neben dem Fußballplatz entstand innerhalb der Mannschaftsmitglieder mit den gemeinsam erkämpften Zielen sowie unter der gesamten Schülerschaft mit den auf das Gymnasium zurückzuführenden Erfolgen eine emotionale Verbundenheit, die in besonders tragischer Weise mit dem plötzlichen Tod von Stefan Kormosˇ, einem der erfolgreichsten Spieler, zum Ausdruck kam. Seiner Beerdigung wohnten die gesamte Schulbelegschaft und Vertreter anderer Sportabteilungen bei.36 Eine leidenschaftliche Begeisterung für eine Fußballmannschaft kann einerseits bei Schülern des lokalen Gymnasiums bestehen, die nicht zwingend selbst an den sportlichen Ereignissen aktiv teilgenommen haben, aber auch bei Freunden, Familie und Personen existieren, die keine institutionelle Verbindung mit der Schule aufwiesen und in keinen sozialen Beziehungen zur Mannschaft standen. Eine emotionale Verbundenheit zwischen Juden und Ukrainern kann somit lokal, über die Fußballmannschaft und das Gymnasium selbst, bestanden haben, theoretisch jedoch ebenso über die Schulinstitution hinaus verortet gewesen sein, da die sportlichen Wettkämpfe vor einer breiten Öffentlichkeit stattfanden.37 Für das Schuljahr 1911/12 führte die Schuladministration für die höheren Klassen des Gymnasiums einen Kurs zum Erwerb militärischer Grundkompetenzen ein, der insgesamt 23 Lektionen mit anschließendem Schießunterricht umfasste. Beginnend mit November nahmen 156 Schüler der siebenten und achten Klassen, darunter die jüdischen Schüler Moses Mandel, Josef Rubinfeld, Leib Felsen und Samuel Helmreich, unter dem Oberkommando des 10. Infanterieregiments in Przemys´l an einer sieben bzw. acht Monate dauernden Militärausbildung teil, die in Wechselwirkung von geistiger, taktischer und sportli35 Vgl. Ebd., S. 61–63. 36 Vgl. Ebd., S. 75. 37 Vgl. Dilo (1911), Nr. 79, S. 6f. und Piotrowski 2010, S. 510.

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cher Erziehung zu sehen war.38 Neu und wesentlich dabei war die permanente Auseinandersetzung mit Modellen der Konfliktprävention, den Möglichkeiten der Kampfführung sowie der Kombination aus Schießübungen und sportlichen Wettkämpfen. Während sich die älteren Schüler am lokalen Schießplatz in Disziplin übten und im sogenannten Bestschießen die Sieger mit militärischen Auszeichnungen kürten, nahm Chaim Leon Friedman zusammen mit seinen ukrainischen Klassenkameraden an der Sportversammlung aller Sicˇ- und SokilVerbände in Lemberg teil, um in sportlichen Wettkämpfen das bestmögliche Resultat für seine Schule zu erzielen.39 Ähnlich wie in hierarchisch organisierten Militärformationen tritt auch bei Sportmannschaften ein sogenanntes „WirGefühl“ an die Stelle national oder religiös sichtbarer Besonderheiten, indem sie einheitliche Kleidung, Schulabzeichen, Banner und Wappen tragen. Bei jeder sportlichen Veranstaltung wurde die schuleigene Fahne, aus himbeerfarbener Seide bestehend und mit dem Abbild des Erzengels Michael sowie dem Symbol der Rus’-Ukraine verziert, mitgeführt.40 Eine visuelle Angleichung entsprechend festgelegter Dresscodes und dem Tragen gleicher Symbole wurde unter Juden und Ukrainern insbesondere bei schulinternen Veranstaltungen oder überregionalen Sportwettkämpfen sichtbar, bei denen die gemeinschaftliche Schulzugehörigkeit symbolisiert werden sollte. Im Umkehrschluss ermöglichten die sportliche und militärische Abteilung den jüdischen und ukrainischen Gymnasiasten in Przemys´l, dass sie über die vorgeschriebene Kleiderordnung und das Erreichen gleicher Zielsetzungen eine nach außen hin einheitlich auftretende und nach innen solidarisch handelnde Gemeinschaft bildeten.

Fazit Die am Beispiel des ukrainischen Gymnasiums in Przemys´l aufgezeigten ortsund raumgebundenen jüdisch-ukrainischen Kontaktzonen passen zu dem Zitat von Jerome Bruner, wonach Bildung „keine Insel, sondern ein Teil des komplexen kulturellen Kontinents ist.“41 Entsprechend der hier dargelegten Forschungsergebnisse waren der Klassenraum und die außerunterrichtlichen Aktivitäten als konzipierte Räume eines Kulturkontaktes dennoch Orte einer erlebten Mehrdeutigkeit, da Juden und Ukrainer zur gleichen Zeit zusammen und isoliert, verbunden und getrennt voneinander lernten. Es sind dies Orte, wo kulturelle Unterschiede sichtbar und zugleich überwunden wurden; Orte, wo 38 39 40 41

Vgl. Zvit 1911/12, S. 84. Vgl. Ebd., S. 90. Vgl. Ebd. Bruner 2006, S. 27.

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nicht nur Isolation offenkundig zum Vorschein kam, sondern auch Übergänge und Verknüpfungen zur jüdischen Lebenswelt hergestellt wurden. Kurzum: In der Schule erfuhren Juden und Ukrainer die Mechanismen von Inklusion und Exklusion im Einklang mit den aktivierten Faktoren der Verbundenheit und Trennung.

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Patrice M. Dabrowski

Between Highlanders and Lowlanders: Perceptions of the Jewish Presence in the Tatras in the Nineteenth Century

Abstract This essay is a preliminary study of Polish perceptions of the roles played by Jews in the Tatra Mountains in the nineteenth century, the period when Polish elites first traveled to the mountain borderland that was the Carpathians. Initially Jews were primarily identified in their economic role as innkeepers. They also mediated between travelers from the lowlands in their encounters with both the Tatras and the Gjrale, the fascinating highland folk that dwelled in this region. By the last decades of the century, the influx of guests to the highland destination of Zakopane attracted increasing numbers of Jews as well. Their expanded roles were noted, and decried, by Stanisław Witkiewicz in his well-regarded work Na przełe˛czy (“On the Mountain Pass”).

The most common characterization of the Habsburg province of Galicia in the nineteenth century featured its spatial relationship to the rest of the empire: the Carpathian Mountain range separated the two. Wild, vast, and mysterious, the Carpathians served as a barrier of sorts for the rest of the empire’s inhabitants, who rarely ventured past them. “Beyond the Carpathians,” thus, was where was the heterogeneous population of Galicia – Poles, Ukrainians, and Jews (to name the largest groups) – dwelled. Hidden high in the multifarious mountains themselves, however, one could find various relatively “primitive” or indigenous peoples possessing what might be termed a “tribal” identity : Gjrale in the Tatra Mountains, Hutsuls in the Eastern Beskids, Lemkos in the Low Beskids, and Boikos in the Bieszczady Mountains. The last third of the nineteenth century witnessed the “discovery” of some of these highland peoples.1 In particular, Poles from the piedmont and beyond came – first in a trickle, then by the thousands – to vacation in the part of the Carpathians known as the Tatra Mountains. There they “discovered” the Gjrale, an attractive, feisty, freedom-loving folk. In the process, Polish lowlanders began 1 For more details on the “discovery” of the Gjrale, see: Dabrowski 2008, p. 1–21. And, for the “discovery” of the Hutsuls, see: Dabrowski 2005, p. 380–402.

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to identify with the Gjrale, seeing the highlanders as representing healthful as well as useful qualities that they themselves, the product of urban civilization, lacked. While climbing the mountains with highlander guides, these upper-class Poles communed not only with nature, but also with the Gjrale, seeing them as a sort of primeval Pole as well as “child[ren] of liberty.”2 These perceptions furthered the incorporation of the highland peasant into the master narrative of the Polish nation, a move that boded well for nineteenth-century nation-building. Yet this idyllic communion of lowland Pole with sturdy Tatra highlander appears to have been clouded by the perceived intrusion of yet another people dwelling in the region: Jews. This essay is a preliminary study of Polish perceptions of the roles played by Jews in the Tatra Mountains in the nineteenth century. Based on secondary sources, travel accounts, and belles lettres, this foray is more impressionistic than comprehensive, as the subject does not appear to have received much attention. There is no entry for Jews in the Wielka Encyklopedia Tatrzan´ska (“Great Tatra Encyclopedia”) authored by Witold Paryski and Zofia Radwan´ska-Paryska, nor any real discussion of them in other standard treatments of the region. Yet they, too, figured in the Tatras, if to a lesser extent than in other segments of the Carpathians (for example, in the Eastern Carpathians or Beskids, part of present-day Ukraine). What emerges over the course of the essay is a clash between “traditional” perspectives and “new” perspectives on the position of Jews in the Tatras, as both economic and social roles are reconsidered during the period of transformation when the Tatras went from being terra incognita to a popular tourist destination. The presence of Jews in the mountains predated the “discovery” of the Tatras, customarily dated to the year 1873.3 Early nineteenth-century accounts mention Jews in the roles of innkeepers or tavern proprietors. Although visitors were few, many of them ended up spending the night in such accommodations – the only to be had in the region, barring highland huts or the occasional forester’s house. An inn in the highland village of Bukowina proved a steppingstone for many a Tatras excursion. Built by the owner of Zakopane, it was let to a Jewish family.4 There likewise was an inn adjacent to the metal works at Kuz´nice, which also provided housing to the handful of consumptives who traveled to the mountains to drink the whey of ewe’s milk, touted for its curative properties.5 Yet another inn graced 2 Eljasz-Radzikowski 1879–81, p. 76. 3 This was the year the Warsaw doctor Tytus Chałubin´ski, who subsequently would do much to popularize the Tatras as a curative and vacation destination, began his annual visits to Zakopane and the Tatras. 4 Steczkowska 1858, cited in Hoesick [n.d.], p. 127. Eljasz-Radzikowski 1870, cited in Hoesick [n.d], p. 129, fn 1. 5 Zejszner 1849, cited in Hoesick [n.d.], p. 53.

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nearby Kos´cielisko, which apparently for a time catered to the needs of border guards stationed nearby.6 While they provided elementary room and board when nothing else was available, many accounts suggest that these accommodations left much to be desired: references to a lack of cleanliness inside the inns were common. The inns served multiple functions in a lightly populated region, one practically devoid of public buildings. They were places from which one could organize trips, the innkeeper – one assumes – summoning a number of highlanders to serve as porters and guides and provide carts for the visitors. One such trip via Bukowina gives a sense of the ill preparedness of the lowlanders. A group of some sixteen persons arrived at the inn, planning to make a trip into the mountains, to the picturesque lake named Morskie Oko. Although it took hours to assemble the help necessary – the travelers reportedly required eight carts and twenty highlanders – they decided against spending the night at the inn, instead setting off late in the day for Morskie Oko and arriving long after dark. The author of the memoir, a rather flighty woman of noble descent, was aghast to discover that the lodge at the lake was only a shelter : there was no living soul to help them, let alone light the way for the tourists as they approached their destination.7 It should be added that the Polish party had chosen to disregard the advice of the innkeeper, who tried to persuade them to spend the night at his place. As this vignette suggests, these alpine Jews often mediated between highlanders and lowlanders at that time. Yet, whereas one may sense distaste on the part of many lowland Poles for the Jewish presence, the highlanders saw it in an entirely different light. Not only were Jews tolerated: they provided a necessary aspect of social life. The noted geologist and paleontologist Ludwik Zejszner wrote of shepherds “sighing” for the inn, a place where, after long-term isolation in the mountains with their sheep, they could gather with friends, sing, dance, drink, and socialize. The tavern or inn was, as it were, the “salon” of the highlander.8 Jews in the Tatras also were the source of the foodstuffs that most travelers required, the highlanders themselves living a subsistence lifestyle. The most basic of these were meat and bread, vegetables being a true rarity in these parts. In advising travelers what to bring with them (tea, coffee, sugar, even vegetables), the perceptive Maria Steczkowska, who traveled in the region mid–century and wrote a popular account of her travels, noted that many items –“from tapes, pins, 6 Hoesick [n.d.], pp. 144–146. 7 Rautenstrauchowa 1844, here cited in Hoesick [n.d.], pp. 30–33. Apparently, the visitors were asked to write in a visitors’ book; if it survives, doubtless it could tell us more about the travelers of that age. 8 Zejszner 1849, cited in Hoesick [n.d.], p. 53.

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kerchiefs through candles, soap, coffee, chocolate, etc.” – could be obtained from a Jew in Zakopane, who traded in such things, although the goods would be much more expensive than those procured in the lowlands.9 Meat could be had near the metal works (likely the innkeeper – at any rate, a Jew based there – served as intermediary, providing those interested with the cuts of meat that were not spoken for by the factory and its owner). Bread was also available from a Jew based near the Zakopane church, built in 1848 – again, like the metal works or border guard stations, one of the few centers to attract guests with some regularity.10 Steczkowska also provided one of the more positive assessments of the role played by Jews in the mountains, here in regard to a lowland staple, bread: “Bread and challah (kukiełki) are baked rather well several times a week by the innkeeper’s wife, a Jew to be sure, but so decent (porza˛dna), that one may eat her baked goods with relish.”11 She does however add that one can bake one’s own bread, if one has flour, “and the innkeeper’s wife is so obliging that she will allow one to bake it at her place.”12 In this way, the Jew – whether trader or innkeeper – proved to be an invaluable if often underappreciated ally of the lowland visitors. The reverse also proved to be the case – at least as far as economic survival was concerned. It was said that Jews could be used as a barometer of the economic health of an area.13 Here they were long impoverished and struggling. Indeed, in these harsh alpine conditions and with few other possibilities for earning money, the innkeeper could not thrive without guests. Where there were no or few customers (the highlanders being too poor to keep the business flourishing), the inns floundered and eventually failed. This can be seen in the case of the Bukowina inn. Once Zakopane gained in popularity as a starting point for trips into the Tatra Mountains (albeit still before the real “discovery” of the region), Bukowina fell upon hard times. Reportedly the Jew who leased the inn was reduced to such poverty that he and his family barely made it out of there alive.14 Yet another inn – the one in Kos´cielisko – met a similar fate. When the border guards left the watchtower in that village, there was little support for the inn, which already seemed to be suffering from neglect, if the account of Father Eugenjusz Janota is to be believed. (He took trips with his high school students into the mountains as of 1846 and penned the region’s first travel guidebook in 1860.)15 9 Steczkowska 1858, cited in Hoesick [n.d.], p. 125: “Od tasiemek, szpilek, chustek az˙ do s´wiec, mydła, kawy, czekolady itd.” [All translations are my own.] 10 Janota 1860, cited in Hoesick [n.d.], p. 150. 11 Steczkowska 1858, cited in Hoesick [n.d.], p. 124: “Chleb i kukiełki dosyc´ dobre piecze pare˛ razy na tydzien´ karczmarka, Z˙ydjwka wprawdzie, ale tak porza˛dna, z˙e ze smakiem moz˙na jes´c´ jej pieczywo.” 12 Ibid.: “a nawet karczmarka tak jest uczynna, z˙e pozwoli upiec u siebie.” 13 Witkiewicz 1891, p. 121ff. 14 Eljasz-Radzikowski 1870, cited in Hoesick [n.d.], p. 129, fn 1; Adamczyk 1991, p. 161. 15 Janota 1860, cited from Hoesick [n.d.]a, pp. 144–146.

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But those times – following the infamous peasant jacquerie of that same year – were not good ones for tourism in any Galician region inhabited by peasants. Only the bravest souls (and these tended to be people with already established contacts in the locality) ventured forth. And, as it turns out, within several years the innkeeper’s wife herself met a violent fate.16 This is not to say that Jews were not engaged in other spheres of activity as well throughout the nineteenth century. For example, two sawmills at the entrance to the Kos´cielisko Valley were leased by Jews from across the border in Orava who exported the lumber to Hungary. They reportedly gained control of the first of these sawmills from the Homolacs family (the owner of the Zakopane demesne), which – according to Janota – went into debt to receive Austrian notables in high fashion in order to gain for themselves a noble patent. (The noble-born wife of first Emanuel, then Edward Homolacs, Klementyna n8e Sławin´ska Homolacs, wished her sons to be accorded the same status.)17 Jewish venues notably expanded with the opening of the first store in Zakopane (by 1871). Owned by Samuel Riegelhaupt, it was part of the afore-mentioned inn near the Zakopane church. The building that housed both had been built by the well-to-do highlander Krzeptowski – a still relatively rare example of an enterprising peasant. The description of the complex sheds further light on Zakopane relations: The big building […] became a meeting place amid the Zakopane market place. All around the building are benches, covered from the rain by an overhang, which fosters no little chatting; inside the building is a restaurant that has been in operation for only a year, several guest rooms, and a little Jewish shop with the most varied goods, bad and expensive. There is no way to miss this building, for only one road passes this way through the village, thus invariably [we passersby] lock onto what we need.18

The symbiosis of Jew, Gjral, and tourist seemed complete – if not entirely appreciated. While there were occasions for cooperation among the groups, there was also increasing competition. By the early 1870s there were two restaurants in Zakopane, both run by highlanders. One visitor less enamored of the Gjrale criticized the proprietors as being too lazy to obtain vegetables and for supplying terrible wine. Instead of going directly to the source of good wine across the 16 Ibid., p. 146. 17 Ibid., pp. 152–153. “Homolacs (rodzina)” and “Homolacsowa Klementyna,” in: Paryski / Radwan´ska-Paryska 1995, p. 419; Adamczyk 1991, p. 161. Janota was very critical of this means of ingratiating oneself with the authorities. 18 Eljasz-Radzikowski 1874, cited in Hoesick 1931, p. 31, fn 3: “Dom duz˙y […] stał sie˛ ws´rjd zakopian´skiego rynku punktem zbornym. Na około domu sa˛ ławki, zastawione obdasznica˛ od deszczu, co sprzyja niemało gawe˛dzie; wewna˛trz domu restauracja od roku dopiero zaprowadzona, kilka pokoi gos´cinnych i sklepik z˙ydowski z najrozmaitszym towarem, lichym a drogim. Mina˛c tego domu nie moz˙na, bo jedna tylko przez wies´ te˛dy wiedzie droga, wie˛c samochca˛c zaczepia sie˛ o to, co nam potrzeba.”

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border in Hungary, he noted, they procured inferior libations in the district center of Nowy Targ from “the Jew” there. (This, apparently, is the same institution to which excursions were made on a regular basis before the shop was open in Zakopane.) But competition had arrived for the highlanders in the form of Riegelhaupt’s restaurant. The same visitor quipped: “It would be an entirely interesting matter if the Jewish restaurant turned out to be better and less expensive than the highlanders.”19 This was a definite possibility. Samuel Riegelhaupt seemed to have had quite a good reputation. In the numerous published accounts of trips to Zakopane I have examined to date he is practically the only Jew to be mentioned by name. Hoesick called him a “very decent (porza˛dny) person, and an excellent merchant,” able to procure all manner of goods for his store – even if they were sold at a much higher cost than those seen in Krakjw or Nowy Targ.20 Yet even Riegelhaupt came under attack, if indirectly, from another source: the parish priest. Famous for his rousing sermons delivered in highland dialect, Father Jjzef Stolarczyk warned his highland parishioners about the string by which the devil held them: the minute they left the church, “he would begin to tempt some of you to go to Riegelhaupt’s” – which after all was barely a stone’s throw away – “for vodka.”21 Once again, the social interplay between the highlanders – who frequented Riegelhaupt’s and the other taverns long before a permanent Catholic presence made itself known in Zakopane – and the Jews is emphasized. Stolarczyk, of highland peasant stock himself, inveighed against many of the old highland ways that seemed less in keeping with his own mandate (to save souls) in Zakopane. Yet Jews could serve as examples for the highland peasant to emulate as well. By the late 1870s, there were three Jews in town baking bread, with yet another from the district center of Nowy Targ sending in a wagon full of baked goods each Sunday. A critical Bronisław Gustawicz faulted the highland women for not engaging in this apparently lucrative business. It appears that a Zakopane woman had tried to bake for public consumption only once, in 1877. At that time, the Jews disparaged her work as unclean (robi wszystko bardzo nieczysto); whether this was true or not Gustawicz could not say, not having tried her bread himself.22 In this case, the tables appear to be turned: Jews – themselves usually accused of lacking in cleanliness – called the work of a non-Jew unclean. There was, however, one way in which highlanders were not directly com19 Gustawicz 1879, cited in Hoesick 1931, p. 82: “Wcale zajmuja˛ca˛ byłoby rzecza˛, gdyby restauracja z˙ydowska okazała sie˛ lepsza˛ i tansza˛ od gjralskich.” 20 Hoesick 1931, p. 82, fn 1. 21 Homola 1991, p. 192: “zaraz was zacznie kusic´, jednych z˙eby poszli na wjdke˛ do Riegelhaupta […].” 22 Gustawicz 1879, excerpt from Hoesick 1931, p. 85.

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pared to Jews but might have been, given the prevailing stereotypes of Jews taking advantage of (that is, overcharging) their gentile customers. This concerned the skyrocketing rise in the cost of services rendered by the highlanders after 1873 (although beginning earlier as well).23 This fleecing of the visitors by their Gjrale hosts, porters, drivers, and the like – viewed as an extension of their old brigand ways – is generally blamed on the influx of numerous well-to-do Varsovians, who, desirous of helping the impoverished highlanders, were happy to overpay for everything.24 The highlanders quickly learned to adjust their expectations upward in response. With the influx of guests, more and more Jews were also moving to the area, setting up stalls and/or participating in the bimonthly markets. In the mid-1870s the Zakopane commune lobbied the Galician viceroy’s office for the right to hold fairs but was unsuccessful, the regional authorities remaining unconvinced that enough goods were being produced in the region to warrant the fairs.25 Sources such as the comprehensive nineteenth-century gazetteer/geographical dictionary Słownik geograficzny Krjlestwa Polskiego i innych krajjw słowian´skich (“Geographical dictionary of the Kingdom of Poland and other Slavic countries”), which so often lists population statistics (at least according to religion), is silent when dealing with Zakopane: no mention of Jews whatsoever in the lengthy piece on the village.26 At the same time, one scholar has taken pains to emphasize that, of the inhabitants of the main street of Zakopane – ul. Krupjwki – in 1880, all were ethnic Polish and Roman Catholic.27 Despite the rather impressionistic nature of many of the sources used in this essay, one can still find important treatments of the Jewish question in the mountains that, to the best of my knowledge, have not yet been explored in the scholarly literature. These include perhaps the most important literary work in this period of Polish Tatra literature, one that drew nineteenth-century Poles to Zakopane and the Tatras. Ferdynand Hoesick has called it “one of the most read books in the lands of the [former Polish-Lithuanian] Commonwealth,” a work that elevated its author to the status of one of the “most famous and most

23 According to the anonymous author of a Czas article (the publication of which began on 24 September 1853), the former brigands had found another way to take advantage of travelers. Excerpt from Hoesick [n.d.], p. 89. 24 A famous story relates how the actress Helena Modrzejewska gave a highlander girl a coin and ribbon for simply pointing out the house to which she was headed. 25 Homola 1991, p. 177ff. 26 Eljasz-Radzikowski 1895, pp. 300–310. 27 Homola 1991, p. 179. Whether this is simply a fluke or whether it indicates a different spatial location of Jews within Zakopane I cannot say. In 1880, Jews comprised a mere 3.4 percent of the population of the village, see: Ga˛sowski 1991, p. 404.

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popular Polish writers.”28 This is Stanisław Witkiewicz’s Na przełe˛czy (“On the mountain pass”).29 First serialized in 1889 and 1890 in the popular Warsaw weekly Tygodnik Illustrowany (“Illustrated weekly”), this lively literary tale of a trip to the mountains by one of Poland’s preeminent artists and writers appeared in book form in 1891 and saw several editions already before World War I.30 Its epic quality – depicting Zakopane circa 1887 – has been compared to that of Adam Mickiewicz’s Pan Tadeusz (perhaps the most famous work in all of Polish literature).31 What Warsaw doctor Tytus Chałubin´ski began by word of mouth and through example, Witkiewicz multiplied through the strokes of his pen, in both text and illustrations to the text. Indeed, one can safely venture that most subjects of the Russian tsar who had any knowledge of the Tatras and Zakopane came to see them thanks to the creative efforts of Witkiewicz. It is all the more significant, thus, that modern scholarship appears to take no notice of the author’s attitude toward the Jews encountered along the way and/or presented within the work. Na przełe˛czy is based on a trip made by the author from Krakjw to Zakopane and the Tatras in September 1887.32 While the work must be considered belletristic, with its first-person narration and realistic style it reads very much like a travelogue or even literary Baedecker of sorts, showing readers what there was to be experienced in the mountains. The narrator can be equated with Witkiewicz. From the very outset, the outsider Witkiewicz (himself hailing from old Lithuania, under tsarist rule) sets Jews in contrast to the highland or other Polish peasants, seeing or noting what the locals had come to take for granted: the presence of Jews in the alpine economy. This was already noticeable at the train station in Krakjw. For, with the construction of the railway from Krakjw to Chabjwka in 1884 (it would take another fifteen years before the trains traveled all the way to Zakopane), traders as well as tourists had a somewhat easier journey.33 Jews of all stripes could be seen boarding the train, notes the author, while there were few peasants in sight.34 28 Hoesick 1931, p. 117: “jedna z najbardziej czytanych ksia˛z˙ek na ziemiach Rzeczypospolitej” and “do najsławniejszych i najpopularniejszych pisarzy polskich.” 29 Witkiewicz was the father of the writer Stanisław Ignacy Witkiewicz, better known as Witkacy, whose fame would later eclipse that of his father. 30 Here, all citations are taken from the first edition: Witkiewicz 1891. 31 Hoesick 1931, p. 118. 32 The details of Witkiewicz’s life are taken from his biography in Witkiewicz / Hennel 1963, p. 7. 33 Of course, in the process a number of highland drivers suddenly lost their sure employment – not without putting on a show, if not a real fight. The first trip of the train all the way to Zakopane witnessed a number of wagon owners mooning the train on the tracks, only to be sprayed with hot water by the engineer. See here: Homola 1991, p. 191. 34 Witkiewicz 1891, p. 5.

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The narrator does not reflect further upon the Jewish presence until after he arrives in Zakopane. There Jews resurface at the center of social life: near the afore-mentioned inn of Riegelhaupt and the market area adjacent to the church. Although Witkiewicz does not provide the proprietor’s name, the site is easily enough recognized from the description as well as from an accompanying sketch: highlanders lounging along the benches outside the inn, waiting for a call to serve as drivers or guides. The narrator focuses his attention on the crowds, representing a cross-section of types found in the mountains. Handsome, lithe, colorful highlanders, described in the most flattering terms, are contrasted with Jews standing nearby : one with a cart full of bread, another selling vegetables, clearly brought from afar.35 The author reflects upon the fact that it is the needs of the outsiders – the tourists and travelers – who have contributed to this particular mix of people and division of labor : The Jew, who earlier had so little work here, who on this simple and poor life, the shepherds’ life, for half a year covered with snow, could not make much money here, now becomes rich and multiplies, flocks into the village, buys up land, builds and often paralyzes the initiative and enterprise of the highlanders.36

It is, after all, not the highlanders who are buying the wilted parsnips or patronizing the new businesses (for the most part), but the visitors. Witkiewicz’s tale also introduces an aspect of social history : the highlanders as brigands or robbers. The author idealizes this past and casts banditry – zbjjnictwo – as a kind of highland chivalry, emphasizing that it also gave the Gjrale the opportunity to settle scores with their sworn enemies, the Liptaks across the border, with whom they fought “Homeric battles.”37 These conflicts were fixtures of the good old days of the highlanders – perhaps their Golden Age – now remembered only by the eldest among them and the stuff of legends and stories. These for Witkiewicz echoed the fairy tales of his youth38 – a Polish sense that this natural way of life in the mountains had once been the natural way of life for the nation as a whole. Once again, the Jew figures in this aspect too, as supposedly the brigands sought out “rich Jews” to rob, as the following verse demonstrates: “Beyond the Tatras, boys, beyond the Tatras! / There’s a rich Jew there.”39 The most significant juxtaposition of the natural world and the Jew appears in 35 Ibid., p. 33. 36 Ibid., p. 52: “Z˙yd, ktjry dawniej miał tu tak mało do roboty, ktjry na tem z˙yciu prostem i ne˛dznem, z˙yciu pasterzy, przez pjł roku zasypanych s´niegiem, tak nie wiele mjgł zyskac´ – teraz bogaci sie˛ i rozmnaz˙a, tłoczy sie˛ we wsi, skupuje ziemie˛, buduje sie˛ i paraliz˙uje cze˛sto przedsie˛bierczos´c´ i rzutkos´c´ gjrali.” 37 Ibid., p. 171. 38 Ibid. 39 From a piece by Witkiewicz in Kłosy, in: Witkiewicz / Hennel 1963, p. 381: “Za Tatry, chłopcy za Tatry! Tam je Z˙ydok bogaty.”

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one passage of about a page in length. The hiking expedition had climbed to the top of the sometimes-treacherous mountain pass known as Zawrat. There the mists cast another-worldly glow, softening the impressions of the deserted wilderness. Resting, the hikers absorbed the changed atmosphere of the place, perceiving their newly attained mountain pass as less threatening than it was minutes earlier. This unusually tranquil, evocative moment is interrupted by an unexpected sight: Suddenly, in a background of azures and opals stands a comic figure in a vest on a long paltote, in droopy, trailing trousers. He removes his hat, bows, smiles with an undertone of humbleness, fear, and desire to win affection, parades before the entire band with perpetual ogles and disappears, like a specter, leaving behind a somewhat familiar smell in the valleys. Where did that little Jew come from? With whom did he come? After whom has he gone? No one knows. This commonplace, fantastic specter, which at this precise moment populated Zawrat with entire crowds of meschures, traders, small-town troublemakers, filth, stench, the Jewish question …40

This apparently incongruous sight shattered the tranquility of the hiking expedition, plunking the lowlanders back down into the reality they had sought to escape: “From all sides through the clean airy expanses, dirty ‘shadows’ flew in and occupied the imagination.”41 Visions of Polish oneness with nature, and oneness with the Gjrale, had been interrupted. Yet this was not all the passage conveyed. It concludes with a more damning assessment of the specter and what he stood for. The “polite little Jew” was compared to a famous metaphor from Polish literature. He was termed “the shadow of the enemy” that came “to mix blood in the wedding cups.”42 These lines come from Adam Mickiewicz’s epic 40 Witkiewicz 1891, p. 147: “Nagle, na tle błe˛kitjw i opaljw staje komiczna figura w serdaku na długim paltocie, w obwisłych, wloka˛cych sie˛ spodniach. Zdejmuje kapelusz, kłania sie˛, us´miecha sie˛ z odcieniem pokory, strachu i che˛ci przypodobania sie˛, defiluje przed cała˛ banda˛ w cia˛głych umizgach i znika, jak widmo, zostawiaja˛c za soba˛ troche˛ znajomego w dolinach zapachu. Zka˛d sie˛ tu wzia˛ł ten Z˙ydek? Z kim przyszedł? Za kim poszedł? Nikt nie wie. Trywialne, fantastyczne widmo, ktjre w tejz˙e chwili zaludniło Zawrat całemi tłumami myszuresjw, handlarzy, warchołem małomiasteczkowym, brudami, smrodem, kwestya˛ z˙ydowska˛ […].” 41 Ibid.: “Zewsza˛d przez czyste otchłanie powietrzne zlatywały sie˛ brudne ‘cienie’ i obsiadały wyobraz˙nie˛.” 42 Ibid.: “Ten grzeczny Z˙ydek”, “cien´ nieprzyjaciela”, “aby krew mieszac´ w puhary wesela”. This line marked the end of the passage. Part of the same passage, beginning with the questions and ending with the Wallenrod reference, was omitted from the scholarly edition of Witkiewicz’s Tatra writings, which apparently is based on the 1906 edition (which had no illustrations but did possess a valuable introduction). The paragraph about the comic figure appears at the end of a page, below which follow ellipses. The editor of the scholarly edition (which otherwise has illustrations from the original) saw fit to omit the illustration of the Jew,

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poem Konrad Wallenrod, a work that centered on the question of treachery. Here the Jew was regarded as the deceiver : seemingly eager to ingratiate himself with the Poles, he was (potentially) a traitor in their midst – one who seemed to be interfering with the lovely experiment of the intelligentsia in the mountains. Certainly, this particular Jew was seen as moving between cultures: one sees him again in the lodge at Morskie Oko writing paeans to the mountains in the guest book in three languages: Hebrew, German, and Polish. In the last of these, he expresses his wish to return again to Morskie Oko the following year.43 No specter, this Jew was neither your stereotypical trader nor moneylender, but rather a Jewish tourist, a hiker – a taternik, just like the Poles he encountered up on the mountain pass. This ultimately may have been the most threatening revelation of all, especially as he had arrived at Morskie Oko ahead of the group of hikers. If the trip to Morskie Oko could be read as a parable for the future trajectory of the Polish nation,44 the narrator nonetheless made it clear that there was a spoiler in their midst. That the Jew atop Zawrat may have been a fictionalized character is ultimately immaterial, for either way this and other scenes betray the narrator’s (Witkiewicz’s) perceptions of Jews and others in the mountains. Already it was obvious that the old highland culture was dying out. Only the oldest Gjrale remembered the brigands or had truly lived that elemental life with nature in the days before there was a church or even roads in the village. Those heroic times now figured only in the captivating tales with which highlanders like Sabała – a highland Homer, according to Witkiewicz45 – regaled the lowlanders around the flickering lights of a campfire. The same Sabała, however, was also indebted to Jews. One of the examples of highlander dialect in the book tells of a conversation between a Jew and the old storyteller : the latter nonchalantly tells the former (seeking his money back) that he will give him a percentage of the hay cut from of a certain stretch of mountain pasture once the sheep are brought back, perhaps not realizing the true monetary value of that gesture.46 And it is hard to figure out whether Sabała, when asked whether highlanders used to drink less (whether

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clearly considering it to be one of the “rather pedantic studies” not deemed “exotic” enough to interest the contemporary reader. See: Witkiewicz / Hennel 1963, p. 376. See: Witkiewicz 1891, p. 235. There is another anecdote within the book that suggests to me that this is the case. For near their destination, Morskie Oko, they encounter several Englishmen. It turns out that they are of Polish descent (even if not all of them speak Polish); and they find much to praise in the Tatras and in Zakopane. It is as if various elements of the Polish nation – the highlanders, lowlanders, and now the former emigrants (or their descendants) to the West – are finding common ground. See here: ibid., pp. 232–234. Ibid., p. 174. Ibid., p. 205.

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they used to “leave less money for the Jew”), thought the old way – when supposedly the taverns were run by Christians, not by Jews – was better or worse.47 There are other hindrances to this pretty Polish future noted by Witkiewicz, some of which were the doings of other ethnic groups. He blames the Austrians for the nameless Holzconstruction of the lodge near the lake, which should have been built in authentic highland style; and later remarks on not being allowed to cross the nearby Hungarian border, even if there were Polish villages in Spisz (Spisˇ).48 These were all battles that Witkiewicz and his compatriots hoped to fight – not quite “Homeric” battles, but rather battles of another (new) age. Such thoughts seem to reflect the true Polish outsider’s take on the Tatra Mountain region. Such were the views of the Russian subjects, members of the Polish intelligentsia, who increasingly came to the mountains to regain their health and sought to strengthen national bonds across the partitions. These were the people for whom Dr. Tytus Chałubin´ski “discovered” (in Witkiewicz’s famous formulation) the Tatras.49 In coming to the region, they seemed particularly sensitive to differences between the various inhabitants, the indigenous folk as well as the varied Galicians – Jews, Germans, and the like – who worked and played among them. Only by examining such attitudes can we appreciate the stimulus provided by the “discovery” of the Carpathians to the larger project of Polish nation-building. This project, which was to unite all Poles across social and political divides, seemed to have little tolerance for those who historically had served as intermediaries between the various social groups. In the modern Polish nation, it was hoped that the highlanders and, eventually, other peasants might demonstrate enough enterprise so as to fill in the gaping social middle separating them from the intelligentsia. In this picture, Jews would continue to be regarded as an incongruous specter reflecting an older reality that contemporary Poles wished to escape. That they could not escape it even in the mountains is part of the dilemma of late nineteenth-century Polish nation-building.

Bibliography Sources Gustawicz, Bronisław: Kilka wspomnien´ z Tatr, in: We˛drowiec 140 (1879).

47 Ibid. 48 Ibid., p. 234, pp. 245–256. 49 Ibid., p. 122.

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Die benachbarte Peripherie als Rückzugs- und Ausweichort: Eine Skizze der (ost)galizischen Diaspora in der tschechoslowakischen Podkarpatská Rus*

Abstract World War I and the collapse of the great multi-ethnic empires led to a strong migration movement from Eastern Europe towards the western countries. The democratic state of Czechoslovakia became a popular destination for those who came from former Habsburg Galicia and were under pressure by the nationality policy of the recreated Polish state. This article aims to illustrate the Galician diaspora in the eastern province of Czechoslovakia – the Subcarpathian Rus’, where they lived among a local population of Magyars, Jews and an East Slavic majority. First, it is assumed that the Galician immigrants exported the conflict between supporters of a Russophile and Ukrainophile orientation to Czechoslovakia. Second, the immigrants from the more developed Eastern Galicia participated in various settings of social life. They founded associations and parties, were active in the education sector and thereby conflicted with the local elites. Third, in their country of origin, Poland, this migration process was viewed as a threat because it was assumed that the Ukrainians from Eastern Galicia could plan terrorist attacks from Subcarpathian Rus’ on Polish soil.

Einleitung Im östlichen Europa haben der Erste Weltkrieg, dessen Nachfolgekriege der Jahre 1917 bis 1923 und der Zusammenbruch der Imperien nach 1918 auf dem Gebiet des Habsburgischen Kronlandes Galizien und Lodomerien eine signifikante Flucht- und Auswanderungswelle ausgelöst, die zum einen nach Westeuropa oder gar Übersee, zum anderen aber auch in die benachbarten Länder führte. Die Tschechoslowakei stellte dabei, durch ihre demokratische Staatsform sowie ihre gesellschaftlichen und kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten, einen beliebten Rückzugs- und Ausweichort dar. Hierhin zog es sowohl russophile als

* Die Forschung für diesen Artikel wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des SFB/TRR 138 „Dynamiken der Sicherheit. Formen der Versicherheitlichung in historischer Perspektive“.

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auch ukrainophile „nationale Akteure“1 (Lehrer, Politiker, Schriftsteller etc., aber auch Subalterne), die im 1921 Polen zugesprochenen Ostgalizien aufgrund der dortigen Nationalitätenpolitik unter Druck gerieten oder gar verfolgt wurden.2 Ziel dieses Aufsatzes ist es in einem ersten Schritt, eine Skizze dieser galizischen Diaspora in der östlichsten Provinz der Tschechoslowakei, der Podkarpatsk# Rus, zu entwerfen. Ausgegangen wird dabei von der These, dass der aus Galizien bekannte nationalistische Gegensatz zwischen Ukrainophilen und Russophilen durch die Emigration ostgalizischer Akteure in die Tschechoslowakei exportiert wurde. Hierdurch wurden insbesondere in der Podkarpatsk# Rus, in der sich bis 1918 weder russophile noch ukrainophile Nationalbewegungen entfalten konnten, die lokalen Diskurse überlagert und dominiert. Gleichzeitig geschah das, was heute als Braindrain bezeichnet wird. Die Podkarpatsk# Rus wurde 1918 – ebenso wie die Slowakei – aus nordungarischen Komitaten gebildet und besaß daher eine starke magyarische und auch jüdische Minderheit sowie eine ostslawische Mehrheitsbevölkerung.3 Diese definierte sich eher über ihre Konfession, denn über eine nationale Zugehörigkeit4 und besaß lediglich eine dünne gebildete Schicht, die mehrheitlich aus Klerikern und Juristen bestand. Diese begann sich erst ab Oktober 1918 politisch zu organisieren und eine eigene politische Agenda zu entwickeln, etwa über die Bildung von Nationalräten, in denen der Angliederung an die Tschechoslowakei zugestimmt wurde, oder über Kultur- und Bildungsvereine. Die Emigranten aus dem im Vergleich zur Podkarpatsk# Rus „entwickelten“ Ostgalizien5 konnten hier ihr geistiges Kapital vielfach einbringen. Sie gründeten Kultur- und Bildungsvereine sowie politische Parteien, besetzten im Bildungssektor Führungspositionen und forschten an tschechoslowakischen Universitäten, etwa an der 1921 gegründeten Freien Ukrainischen Universität in Prag.6 In einem zweiten Schritt soll thesenhaft dargestellt werden, wie diese mit den „autochthonen“ Eliten konkurrierten, was Konfliktpotential zwischen den Gruppen entfaltete. Drittens soll gezeigt werden, dass auch im Herkunftsland der Emigranten, dem wiederentstandenen Polen, diese Migrationsprozesse vom staatlichen Sicherheitsapparat kritisch beäugt wurden. Gerade unter ostgalizischen Ukrainern wurden militante 1 Im Sinne von Brubaker 1996. 2 Zur Entwicklung der polnischen Ostgrenze, siehe: Conrad 2014. 3 Zur Bevölkerungszusammensetzung in der Zwischenkriegszeit, siehe: Rychl&k / Rychl&kov# 2013, S. 3–5. 4 Zum Stellenwert der Religion in der Region, siehe: Buchenau 2012, S. 277–302. 5 Beide Regionen galten schon zu Habsburger Zeiten als „rückständig“. Ostgalizien war jedoch zumindest durch die Autonomiegesetze im Bildungs- und Vereinswesen „entwickelter“ als die Gebiete Ungarns, aus der 1918 die Podkarpatsk# Rus entstand. Somit besaßen viele ostgalizischen Emigranten eine höhere Bildung und somit einen Wettbewerbsvorteil. ˇ achajov# 1998. 6 N

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ukrainische Nationalisten vermutet, denen man unterstellte, von der Podkarpatsk# Rus aus Anschläge auf polnischem Territorium zu planen. Diese Beschuldigungen sind im Kontext der sich insbesondere in den 1930er Jahren intensivierenden Gewalttaten der Orhanizacija Ukrajins’kych Nacionalistiv (Organisation Ukrainischer Nationalisten – OUN) und militärischer Interventionen in Ostgalizien seitens des polnischen Staates zu sehen.7 Die intensive Forschung zu Galizien8 und die weniger ausgeprägte Beschäftigung mit dem Gebiet der westukrainischen Zakarpatska Oblast9 wurde bisher nicht systematisch in Bezug gesetzt. Dabei stellte gerade im 19. und 20. Jahrhundert die Emigration galizischer Juden und Ruthenen in die ruthenischen Komitate der nordöstlichen Peripherie Ungarns ein bedeutendes demographisches Element dar. Während es in der Ruska krajina oder Rut8nföld genannten Region noch Anfang des 19. Jahrhunderts nur eine kleine jüdische Bevölkerung gab,10 wuchs diese, ebenso wie auch die Zahl ruthenischer Einwohner, im Laufe des Jahrhunderts durch ökonomisch bedingte Einwanderung aus dem benachbarten Galizien deutlich an. Diese Migrationsprozesse, die fast ausschließlich aus Galizien über die Karpaten in die ruthenischen Komitate des Königreichs Ungarn verliefen, setzten sich auch nach dem Ersten Weltkrieg in die 1918 entstandene Tschechoslowakei fort. Dort trafen russische, ukrainische und belarussische Emigranten zusammen. Ihr Einfluss auf die gesellschaftliche, kulturelle sowie wissenschaftliche Entwicklung der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit ist seit den 1990er Jahren Teil der historischen Debatten und Forschungen.11 Der explizite Fokus auf das Gebiet der Podkarpatsk# Rus ist dabei jedoch nur selten zu finden.12

7 Vgl. hierzu exemplarisch: Orlof 1992; Mazur 2001, S. 3–39; Potocki 2003; Jel&nek 2009; Golczewski 2011, S. 203–214; Rossolin´ski-Liebe 2014, bes. S. 59–166. 8 Den Forschungsstand zu Galizien vor und nach 1918 wiederzugeben, ist an dieser Stelle weder möglich noch sinnvoll. Es sei daher lediglich auf einige Standardwerke verwiesen und solche Arbeiten, die einen engeren thematischen Bezug zu diesem Aufsatz aufweisen: Wendland 2001; Magocsi 2002; Schattkowsky / Müller 2004; Struve 2005; Maner 2007; Haid / Weisman / Wöller 2013; Wolff 2010. 9 Als international sichtbarster Spezialist zu dieser Region kann sicherlich Paul Robert Magocsi gelten: Magocsi 1978; Magocsi 1988–2012; Magocsi / Pop 2002; jüngst: Magocsi 2015, S. 577–594. Siehe zudem: Sˇvorc 2007; Rychl&k / Rychl&kov# Praha 2013. 10 Jelinek 2007, S. 4; Sˇvorc 2001, S. 59–78, hier S. 59. ˇ eh#kov# 11 Veber / Koprˇivov# 1993–1996; Magidov# 1995; Koprˇivov# 1995; Rachu˚nkov# / R 1996; Sl#dek / Beˇlosˇevsk# 1998; Beˇlosˇevsk# 1999; Beˇlosˇevsk# 2000–2001. 12 Blicha 1995, S. 833–842; Markus’ 1995, S. 843–854; Krivskij 1999, S. 23–27.

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Die (ost)galizische Diaspora in der Tschechoslowakei in Kultur und Wissenschaft Als durch den Bürgerkrieg zwischen zaristischen und revolutionären Kräften auf russischem Territorium sowie durch den Konflikt um Ostgalizien tausende Flüchtlinge in die am 28. Oktober 1918 gegründete Tschechoslowakei flohen, reagierte die dortige Regierung ab 1921 mit der Hilfsaktion Rusk# pomocn# akce.13 Diese bestand im Wesentlichen aus zwei Säulen: einerseits sollten Flüchtlinge und Leidtragende der Konflikte in Russland mit Hilfslieferungen unterstützt werden, was die neue sowjetische Regierung jedoch bereits 1922 unterband. Andererseits wurde eine gezielte Anwerbung oppositioneller Eliten praktiziert, deren spezialisiertes regionalspezifisches Wissen, etwa in den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft, man sich zunutze machen wollte. Hierfür ermöglichte die tschechoslowakische Führung die Gründung wissenschaftlicher Institutionen in Prag und anderswo in der Republik. Die galizische Diaspora profitierte im Besonderen durch die Errichtung der Freien Ukrainischen Universität in Prag14, der Ukrainischen Fachhochschule in Podeˇbrady oder durch die Schaffung von Lehrstühlen für Slawistik, die weitestgehend von ihnen – den Emigranten – besetzt wurden.15 Das kulturelle sowie soziale Leben wurde auch mit der Gründung von Vereinen gefördert. Somit wurde 1920 in der Podkarpatsk# Rus ein Prosvita-Verein nach Lemberger Vorbild gegründet, woran galizische Emigranten federführend beteiligt waren. Dieser hatte laut dem Vereinsstatut die Aufgabe der Förderung des „cultural and economic uplifting“16 der ruthenischen Bevölkerung der Podkarpatsk# Rus. Als Beispiel sei hier der Lemberger Pädagoge Kornylo Zaklyns’kyj genannt, der in Lemberg studierte und von 1918 bis 1919 Regierungsmitglied der Westukrainischen Volksrepublik war und nach deren Zusammenbruch in die Tschechoslowakei emigrierte. Dort unterrichtete er von 1920 bis 1938 an einem Gymnasium in Berehove. Zudem war Zaklyns’kyj Sammler ruthenischer Folklore und Mitbegründer des Prosvita-Vereins in Uzˇhorod.17 Nachdem hier jedoch ukrainische Emigranten aus Galizien ein Übergewicht erhielten und darauf drängten, eine ausschließlich ukrainische Agenda zu verfolgen, traten bereits 1923 einige Mitglieder wieder aus. Sie wollten mit der Gründung und Etablierung einer neuen, eigenen Alexander Duchnovicˇ-Gesell-

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Chinyaeva 1993, S. 14–24; Sl#dek 1995, S. 16–28. ˇ achajov# 1998. N Beˇlosˇevsk# 2000–2001; Mchitarjan 2009, S. 369–402. Zit. n.: Magocsi 1978, S. 156. Pop 2008, S. 275f.

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schaft18 insbesondere die lokale Kultur und Sprache der Podkarpatsk# Rus pflegen. Diese Gesellschaft wurde eine Art russophiles Äquivalent zur Prosvita, da sich hier wiederum viele Emigranten wiederfanden, die sich als Angehörige der russischen Nation verstanden.19 Prosvita und die Alexander Duchnovicˇ-Gesellschaft standen sich unversöhnlich gegenüber und trugen ihre Abneigung auch öffentlich aus. Als am 1. Juni 1930 auf den Vorsitzenden der Duchnovicˇ-Gesellschaft, den Literaturhistoriker Evmenij Ivanovicˇ Sabov (1859–1934), von einem ukrainischen Studenten aus Uzˇhorod ein Revolver-Attentat verübt wurde, reichten russophile Abgeordnete im Prager Parlament eine Interpellation ein. In dieser wurde gefordert, dass nicht nur Prosvita, sondern auch andere ukrainische Kulturverbände in der Podkarpatsk# Rus verboten werden sollten, da sie eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit seien. Der Attentäter wurde verurteilt, Prosvita jedoch nicht verboten.20 Die Duchnovicˇ-Gesellschaft protestierte jedoch erneut beim Innenminister in Prag gegen die öffentliche Feier des 10-jährigen Bestehens der Prosvita am 29. Juni 1930 in Uzˇhorod, also nur wenige Wochen nach dem Attentat. Sie machten Mitglieder der Prosvita für den Anschlag verantwortlich. Eine Kundgebung dieses Vereins sei somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, da gewalttätige Ausschreitungen nicht auszuschließen seien. Letztlich fand die Kundgebung jedoch ordnungsgemäß und ohne größere Zwischenfälle statt. Vielmehr stellte ein Polizeireport fest: „Die Stadtbevölkerung bekundete der Versammlung kein Interesse.“21 Dieses Beispiel verdeutlicht, wie zugespitzt der Disput zwischen Vertretern einer ukrainischen und einer russischen Nationskonzeption war. Solche Auseinandersetzungen wurden durch den Einfluss galizischer Emigranten schließlich auch in den Verbänden in der Podkarpatsk# Rus ausgetragen.

18 Der namensgebende Alexander Duchnovicˇ war ein im 19. Jahrhundert lebender griechischkatholischer Pfarrer aus der heutigen Ostslowakei, der als Vordenker einer russinischen Nationalbewegung gesehen wird. Von ihm stammen ein Gedicht, das heute als „Hymne der Russinen“ gebraucht wird, aber auch zahlreiche religiöse Werke sowie geschichtliche Abhandlungen über die Ruthenen Ungarns. 19 Krivskij 1999, S. 23–27, hier S. 24f. 20 Derzˇavnyj archiv Zakarpats’koji oblasti: Fond 2 „Prezydija Krajovoho upravlinnja Pidkarpats’koji Rusi“, Opys 1, Sprava No. 100. 21 Derzˇavnyj archiv Zakarpats’koji oblasti: Fond 2 „Prezydija Krajovoho upravlinnja Pidkarpats’koji Rusi“, Opys 1, Sprava No. 59: „Meˇstsk8 obyvatelstvo nejevilo o sjezd zˇ#dny´ z#jem.“

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Der politische Einfluss der „Herren aus Galizien“ und deren Eindämmung Ein weiteres Beispiel für den Einfluss galizischer Emigranten in der Podkarpatsk# Rus ist deren Engagement in politischen Parteien. Aufgrund der Magyarisierungstendenzen hatte es bis 1918 in der Podkarpatsk# Rus eine politische Parteienlandschaft mit ruthenischer Prägung, in der sich eine Nationalbewegung von Ruthenen aus dem Königreich Ungarn hätte entwickeln können, nicht gegeben. Diese begann sich lokal erst Ende 1918 dynamisch zu entwickeln.22 Während der Entstehungsphase der Tschechoslowakei im Herbst/ Winter 1918 war eine organisierte politische Interessensvertretung der ungarischen Ruthenen lediglich in der US-amerikanischen Emigration zu finden. Diese hatte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt, als strukturelle Armut und Hungersnöte Tausende zur Emigration über den Atlantik bewegten. Aus diesen Kreisen ging 1918 auch die Initiative zu einer Angliederung der späteren Podkarpatsk# Rus an die im Entstehen begriffene Tschechoslowakei hervor. Darüber hinaus gründeten sich in den ruthenischen Komitaten Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Nationalräte, die sich jedoch von ihrer politischen Ausrichtung her stark unterschieden. Die einen forderten einen Anschluss an ein dezidiert ukrainisches Staatsgebilde, andere sahen sich als Teil der großrussischen Nation, wieder andere wollten den Verbleib bei Ungarn und zunächst nur die Wenigsten eine Angliederung an die Tschechoslowakei.23 Dieses Gemengelage spiegelte sich auch in der Gründung politischer Parteien wider, in denen sich dann galizische Emigranten zu Wort meldeten. Eine einflussreiche Persönlichkeit war hier der Gymnasialprofessor Andrej Gagatko aus Lemberg,24 der im Frühjahr 1919 in die Podkarpatsk# Rus floh und die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit annahm. Er engagierte sich ab 1919 im russophilen Flügel des sogenannten Zentralen Ruthenischen Nationalrates von Uzˇhorod, in dem jedoch schon bald ein russisch-ukrainischer Gegensatz deutlich wurde, der letztlich zu einer Spaltung des Nationalrates führte. Wie sehr dabei diese Polarisierung durch Personen wie Gagatko vorangetrieben wurde, soll anhand des folgenden Beispiels illustriert werden. Als sich am 22 Rychl&k / Rychl&kov# 2013, S. 49. 23 Zur Angliederung der Podkarpatsk# Rus an die Tschechoslowakei, siehe: Magocsi 1975, S. 360–381; Sˇvorc, 1997, S. 39–60. 24 Zu Gagatko: NA, Fond PMV, Sign. 225–175–3, Blätter 18–19: „Kdo je Andrej Gagatko?“ aus der Lidov8 Noviny Nr. 356 im Jahr 1921. Dass es sich bei seiner Abschrift um diesen Zeitungsartikel handelt, ist aus dem Schreiben des Vizegouverneurs der Podkarpatsk# Rus, Petr Ehrenfeld, vom 21. 07. 1921 an das Präsidium des Innenministeriums ersichtlich, in dem er hinzufügt, dass die „in ihm [dem Zeitungsartikel] ausgeführten Umstände ziemlich der Wahrheit entsprechen.“, NA, Fond PMV, Sign. 225–175–5, Blatt 1.

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30. November 1919 der Zentrale Russische Nationalrat in Dravci – damals ein Vorort, heute ein Stadtteil von Uzˇhorod – traf, um einen neuen Vorstand zu wählen, war auch ein staatlicher Vertreter anwesend, der folgende Beobachtungen protokollierte: Die Versammlung war sehr stürmisch, denn es trafen sich erstmals Vertreter beider politischer Richtungen, nämlich der russischen und ruthenischen [Anm. S.P.: „rusk8ho a rus&nsk8ho“]. So kam es sofort bei der Vorstandswahl zu Ausschreitungen. Als der Eröffnende der Sitzung, Professor Gagatko, zur Wahl des Vorsitzenden und Schriftführers aufforderte, riefen Vertreter der ruthenischen Richtung: ,Sie sprechen polnisch und nicht ruthenisch, wir verstehen Sie nicht.‘ Die Vertreter der anderen Seite schrien zurück: ,Ihr seid Magyaronen.‘25

Als solche wurden pejorativ im Königreich Ungarn nicht-ethnische Magyaren bezeichnet, die sich zur ungarischen Nationalität bekannten. Gagatko stellte die Differenzen unter der ostslawischen Bevölkerung der Podkarpatsk# Rus weiter heraus, indem er 1919 die russophile Trudovaja Partija Malozemel’nych i Bezzemel’nych („Partei der Kleinbauern und Landlosen“) gründete. Diese bekam zwar bei den Parlamentswahlen alleine nur wenige Prozente, durch geschickte Wahlbündnisse konnte Gagatko jedoch von 1925 bis 1929 als Abgeordneter in das Prager Parlament einziehen.26 Die Partei war dominiert von Emigranten wie ihm, die trotz ihrer geringen prozentualen Wahlerfolge spürbar Einfluss auf die Lokalpolitik in der Podkarpatsk# Rus nehmen konnten. Die „einheimischen“ Politiker störten sich bisweilen an dem starken Einfluss der galizischen Emigranten, wie aus einem Beschwerdebrief des Zentralen Ruthenischen Nationalrates vom 22. August 1919 an die Prager Präsidialkanzlei hervorgeht: Ich protestiere dagegen, dass diese Herren aus Galizien irgendwelchen Einfluss auf unsere Angelegenheiten ausüben, ich protestiere dagegen, dass – einem fremden Staate Angehörige – auf unserem Gebiete staatliche oder öffentliche Posten erhalten und ich erbete, dass diejenigen, welche solche bereits erhalten haben, sofort entlassen werden.27

25 AKPR: KPR 1919–1947, Inv. cˇ. 205, Podkarpatsk# Rus (1919–1920), D. Schu˚ze v Dravc&ch: „Schu˚ze byla velmi bourˇliv#, poneˇvadzˇ poprve utkali se z#stpuci dvou politicky´ch smeˇru˚, totizˇ rusk8ho a rus&nsk8ho. Tak hned prˇi volbeˇ prˇedsednictva dosˇlo k vy´stupu˚m. Kdyzˇ zahajuj&c& schu˚zi prof. Gagatko vyzy´val k volbeˇ prˇedsedy a zapisovatele, volali z#stupci rus&nsk8ho smeˇru: ,Vy mluv&te polsky a ne rus&nsky, my V#m nerozum&me.‘ Z#stupci druh8 strany pokrˇikovali opeˇt: ,Vy jste Madˇaroni.‘“ 26 Sˇvorc 2007, S. 114. ˇ R, Archiv 5TGM: Fond „T. G. Masaryk“, Sign. R, Karton 400, 27 Masaryku˚v fflstav a Archiv AV C Ordner 2: „Protestuji proti tomu, aby tito p#ni z Halicˇe vykon#vali jaky´koliv vliv na nasˇe z#lezˇitosti, protestuji proti tomu, aby – ciz&mu st#tu n#lezˇej&ce – obdrzˇeli na nasˇem fflzem& st#tn& nebo verˇejn# m&sta a pros&m, aby oni, kterˇ& takov# jizˇ obdrzˇeli, ihned byli propusˇteˇni.“

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Die tschechoslowakische Regierung teilte diese Kritik und reagierte darauf mit einem Erlass des tschechoslowakischen Ministerrates vom 12. Januar 1920,28 in dem bestimmt wurde, dass in der lokalen Staatsverwaltung der Podkarpatsk# Rus bevorzugt Einheimische beschäftigt werden sollten. Falls hier ein Mangel bestehen sollte – der tatsächlich ganz erheblich war – sollten die Lehrstellen Tschechen oder tschechoslowakische Legionäre füllen. Es wird dabei betont, dass „besonders Ukrainer“ aus Galizien nicht eingestellt werden dürften. Diese Regel wurde jedoch dann nicht beachtet, wenn ein Mangel an „einheimischen“ Experten herrschte.

(Ost)galizische Emigranten im Bildungssektor Ein solcher Mangel bestand im Bildungssektor, in den sich zahlreiche galizische Emigranten einbringen konnten, da insbesondere Lehrer mit ostslawischen Sprachkenntnissen fehlten,29 was im Hinblick auf die präferierte Unterrichtssprache problematisch werden konnte. In der Podkarpatsk# Rus existierte die Sonderregelung, dass die dortige ostslawische Sprache als de facto dritte Amtssprache30 und auch als Lehrsprache in den Schulen in der Verfassung der Tschechoslowakei festgeschrieben war.31 Was dies aber für eine Sprache sei, ob also im Unterricht Ukrainisch, Russisch oder Russinisch gesprochen wurde, hing dabei von der politischen Einstellung des Lehrers ab, was erneut zu einer Polarisierung der Gesellschaft und dem sogenannten „Sprachenstreit“ führte.32 Diesen prägten galizische Emigranten mit, da von ihnen nicht nur wissenschaftlicher Input im „Sprachenstreit“ kam, sondern sie auch zum Teil den starken Mangel an lokalen Lehrkräften ausgleichen konnten. Die Folge war eine uneinheitliche Sprachennutzung in den Schulklassen, die ausschließlich von der jeweiligen nationalsprachlichen und somit auch politischen Präferenz des Lehrers abhing. Auf staatlicher Ebene wurde zunehmend auch auf die Expertise von galizischen Emigranten zurückgegriffen, wie das Beispiel eines Inspektors des 28 N#rodn& archiv : Fond „Presidium ministersk8 rady“, Karton 4036, S. 344. 29 Zum Schulwesen und der Sprachenfrage, siehe: Rychl&k / Rychl&kov# 2013, S. 103–120. 30 Neben dem Tschechischen und Slowakischen (offiziell „Tschechoslowakisch“ als Amtssprache), sollte in der Podkarpatsk# Rus zusätzlich die „lokale ostslawische Sprache“ gelten. Ob dies nun Russisch, Ukrainisch oder eine lokale Dialektform sei, war Gegenstand fachwissenschaftlicher und auch politischer Debatten. Diese Frage konnte in der Zwischenkriegszeit nicht gelöst werden. Die entsprechenden Passagen der tschechoslowakischen Verfassung zu „Namen und Sprache“ der Podkarpatsk# Rus sind abgedruckt in: Epstein 1923, S. 667f. 31 Mosny´ 2001, S. 45–54. 32 Rychl&k / Rychl&kov# 2013, S. 105–109.

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tschechoslowakischen Schulreferats in der Podkarpatsk# Rus zeigt. Von 1920 bis 1938 bekleidete dieses Amt der ukrainophile Schriftsteller und Pädagoge Volodymyr Bircˇak, der in Krakau und Lemberg ukrainische Geschichte und Philologie studierte und danach an verschiedenen ostgalizischen Gymnasien unterrichtete, ehe er nach der Auflösung der Westukrainischen Volksrepublik 1919 in die Tschechoslowakei emigrierte.33 Einen ähnlichen Weg ging der ukrainophile Linguist Ivan Pan’kevycˇ, der ebenfalls 1919 aus Galizien in die Tschechoslowakei emigrierte und dort als Berater des tschechoslowakischen Schulreferats Schulbücher für die Podkarpatsk# Rus entwarf. In diesen nutzte er das Ukrainische als strukturelles Vorbild und fügte lokale Dialektformen der Region mit ein, wodurch er eine neue Grammatik kreieren wollte, die als Unterrichtssprache verwendet werden könnte.34 An diesen beiden Beispielen ist deutlich zu erkennen, welchen Einfluss zum einen galizische Emigrantinnen und Emigranten durch das Besetzen wichtiger Führungspositionen im Bildungssektor spielten. Zum anderen wird nachvollziehbar, wie sie als Lehrer ihre nationalen Präferenzen im Schulwesen durch die Wahl der Unterrichtssprache miteinbrachten.

Die polnische Perspektive Die polnischen Sicherheitsbehörden, die insbesondere die ukrainischen Nationalisten aus Ostgalizien als deutliche Gefahr wahrnahmen, beäugten die Zahl und den Einfluss galizischer Migranten kritisch.35 Auch wenn Polen – wie bereits Edvard Benesˇ 1919 auf den Pariser Friedensverhandlungen feststellte – selbst kein Interesse an dem „von Ruthenen besiedelten Gebiet südlich der Karpaten“ hatte,36 so war es zumindest von geostrategischem Interesse. Mit der Botschaft in Prag, den Konsulaten in Bratislava und Ostrava sowie den Vizekonsulaten in Kosˇice und Uzˇhorod verfügte die Zweite Polnische Republik daher über ein dichtes Netz an Vertretungen in der Tschechoslowakei, über das detailliert Berichte über die Vorkommnisse in der Podkarpatsk# Rus nach Warschau geliefert wurden.37 Das größte Interesse an der benachbarten Region rührte einerseits von dem Bestreben her, eine gemeinsame Grenze mit dem verbündeten Ungarn 33 34 35 36

Pop 2008, S. 34. Ebd., S. 185–187. Jarnecki 2009. So die in den Verhandlungen verwendete geographische Beschreibung der späteren Podkarpatsk# Rus. Das Memorandum, das Benesˇ in Paris vortrug, ist abgedruckt in: The Council of Ten. Minutes of Meetings January 12 to February 14, 1919, in: United States Department of State 1943, S. 886. 37 Exemplarisch genannt sei der knapp 90-seitige Bericht des Uzˇhoroder Konsuls Michał Marian S´wierzbin´ski (1875–1955) über die „Rus´ Podkarpacka“ vom Oktober 1933. Dieser ist erhalten im AAN: Fond 457 „Konsulat RP w Bratysławie“, Sign. 5, Blatt 7–100.

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herzustellen, andererseits wurde die Podkarpatsk# Rus und deren ukrainische Emigranten als Sicherheitsrisiko gesehen.38 Der ukrainischen Minderheit Ostgaliziens wurde in der Zweiten Polnischen Republik von Teilen der polnischen politischen Eliten der Zugang zu politischen Führungsämtern verwehrt. Darüber hinaus wurde sie pauschal verdächtigt, die Errichtung eines ukrainischen Staates anzustreben.39 Dieser Generalverdacht wurde genährt durch militante Organisationen wie der OUN, die Sabotageakte sowie Morde an polnischen Politikern verübte. Die ukrainischen Emigranten in der Tschechoslowakei waren daher in den Augen des polnischen Staates ebenso verdächtig und dementsprechend wurden deren Aktivitäten überwacht.40 Zdeneˇk Sl#dek, der schwerpunktmäßig zur ukrainisch-russischen Emigration in der Tschechoslowakei forscht, stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die polnische Regierung zahlreiche Beschwerden an das tschechoslowakische Außenministerium sandte. Darin formulierten sie Ängste über mögliche terroristische Aktionen in Polen durch ukrainische Migranten. Daraufhin wies die Prager Regierung tatsächlich einige Ukrainer aus, obwohl sich die Anschuldigungen später meist als unbegründet herausstellten.41 Dabei gab es mit der sogenannten Karpatsk# S&cˇ Ende der 1930er Jahre auf dem Gebiet der Podkarpatsk# Rus sehr wohl eine ukrainische paramilitärische Organisation, deren Führungspositionen von ostgalizischen Ukrainern bekleidet wurden.42 Hier ist eine direkte Verbindung mit der galizischen OUN auszumachen. Zu nennen wäre an dieser Stelle beispielsweise Mychajlo Kolodzins’kyj, der sich schon während seines Studiums an der Juristischen Fakultät in Lemberg der OUN anschloss und in deren militanten Unterorganisation, der Ukrainischen Armeeorganisation (UVO), aktiv wurde. In die Podkarpatsk# Rus kam er erst im August 1938, als er von der OUN-Führung nach Uzˇhorod entsandt wurde, um dort den Aufbau militanter Verbände nationalistischer Ukrainer zu organisieren. Die von ihm aufgebaute Ukrainische Volkswehr wurde am 2. November 1938 in die Karpatsk# S&cˇ überführt.43 Im Gegenzug führte Polen im Oktober und November 1938, als die Tschechoslowakei durch das Münchner Abkommen stark unter Druck stand, eine militärische Geheimoperation auf dem Gebiet der Podkarpatsk# Rus durch, die letztlich zur weiteren Destabilisierung der Tschechoslowakei gedacht war – die 38 Beispielsweise in: AAN: Fond 460 „Konsulat RP w Uzhorodzie“, Sign. 31, 32. 39 Über die Minderheitenpolitik im Allgemeinen und die Politik gegenüber den Ukrainern im Speziellen, siehe: Stach 2010, S. 394–412. 40 Jarnecki 2009. 41 Sl#dek 1994, S. 218–233, hier S. 230. Er bezieht sich dabei auf seine eigenen Arbeiten in: Sl#dek 1993, S. 1–13, hier S. 10. 42 Zur Karpatsk# S&cˇ, siehe: Plachy´ 2014, S. 40–47. 43 Pop 2008, S. 130.

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sogenannte Akcja Łom.44 Zudem sollte hierdurch wiederum die Herstellung einer gemeinsamen Grenze mit Ungarn unterstützt werden, das zum gleichen Zeitpunkt die südlichen Städte der Podkarpatsk# Rus besetzte. Dieses Ziel wurde am 15. März 1939 verwirklicht, als mit Billigung des Deutschen Reiches auch noch der verbliebene Teil der ehemaligen Provinz Podkarpatsk# Rus von ungarischen Truppen besetzt wurde.45

Fazit Die skizzierte (ost-)galizische Diaspora in der Podkarpatsk# Rus stellte einen Teil der Emigrationswelle aus dem habsburgischen Galizien sowie dem revolutionären Russland, respektive der Ukrainischen Sowjetrepublik dar. Den Neuankömmlingen wurde im Rahmen des Rusk# pomocn# akce durch die Gründung von eigenen Kultur- und Bildungseinrichtungen die Möglichkeit geboten, ihr geistiges Kapital in die Tschechoslowakei miteinzubringen. Der deutlichste Unterschied zwischen der ukrainischen Diaspora in Prag und Umgebung, wo ukrainische wissenschaftliche Einrichtungen wie die Freie Ukrainische Universität gegründet wurden, und der Emigration in der Podkarpatsk# Rus war der, dass letztere auf eine bereits ansässige ostslawische Mehrheitsgesellschaft traf. Mit ihr konkurrierte sie um öffentliche und staatliche Posten sowie um Einfluss in nationalen Diskursen, in denen sich die lokalen Eliten frühzeitig von den galizischen Emigranten bedrängt fühlten. Auch die Vertreter des tschechoslowakischen Staates waren sich dieser Spannungen bewusst und versuchten durch den Ministerratserlass vom 12. Januar 1920 den Einfluss der Neuankömmlinge zu begrenzen. Gleichzeitig herrschte ein Mangel an Fachkräften und Experten in der Podkarpatsk# Rus, den man mit dem Einsatz galizischer Emigranten auszugleichen versuchte, da diese vielfach ihre Bildung an habsburgischen Bildungseinrichtungen erhalten hatten und deren Fachkompetenz in Fragen etwa des Bildungswesens ukrainischer Prägung gefragt war. Durch diesen „Bildungsvorsprung“ war es den ostgalizischen Emigranten leicht möglich, die lokalen Diskurse innerhalb der neu gegründeten Kultur- und Bildungseinrichtungen der Podkarpatsk# Rus mit „ihren“ nationalen Programmatiken zu dominieren. Dies ist sowohl im 1920 nach Lemberger Vorbild gegründeten Provsita-Verein als auch in der russophil ausgerichteten Alexander Duchnovicˇ-Gesellschaft geschehen. Der Polarisierungsgrad des Zwistes zwischen den genannten Verbänden 44 Vgl. Samus´ / Badziak / Matwiejew 1998. 45 Kotowski 2001, S. 67–95.

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wurde durch den Einfluss der galizischen Emigranten erhöht, die diese alte Rivalität aus Galizien in die Podkarpatsk# Rus importierten. Ebenso spiegelt sich dieser Gegensatz in den Gründungen politischer Parteien wider, die es vor 1918 auf dem damals ungarischen Gebiet nicht gegeben hatte und die unter anderen auch von galizischen Emigranten entweder mitgegründet oder zumindest mitgeprägt wurden. Dass ihr Einfluss auch als bedrohlich wahrgenommen wurde, zeigte sich an der Reaktion der polnischen Regierung, die über ihre diplomatischen Niederlassungen in der Tschechoslowakei die galizischen Kreise besonders im Auge behielt und häufig sogar in Prag intervenierte. Dies mag meist unbegründet gewesen sein, doch kann die Herausbildung der Karpatsk# S&cˇ unter galizisch-ukrainischer Führung mit ihren direkten Verbindungen zur OUN als reale Bedrohung der tschechoslowakisch-polnischen Grenzregion in den Karpaten gewertet werden, welche als geografische Grenze kein Hindernis für Transfer- und Verflechtungstendenzen darstellten.

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Die (ost)galizische Diaspora in der Podkarpatská Rus

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Elisabeth Janik-Freis

Grenzregime am Dreikaiserreichseck: Galizische Auswanderung in die Amerikas, 1870–1914

Abstract In the late nineteenth century hundreds of thousands of Galician migrants decided to leave their homeland to settle down in the Americas. By the time, they reached their final destinations in the USA, Canada, Brazil and Argentina they had suffered a long and exhausting journey. Along their immigration route the migrants had to cross several borders and pass various border controls. Not everybody managed to pass them. Some migrants were already restrained from crossing the Austrian-Prussian border. Since the 1890s German steam shipping companies implemented along the Eastern borders a complex control system to protect Germany and especially the German port cities from the transit of so-called ‘unwanted’ people. This paper focuses on one of these control stations in the city of Myslowitz. From 1870 until the outbreak of the Great War the city developed into an important hub for transatlantic and inner-European migration. The aim of the paper is firstly to discuss the reasons for the emergence of the new control system and secondly to show how the controls were performed. Moreover, the situation in Myslowitz is a good example of the change of migration controls in terms of professionalization and institutionalization.

Einleitung Das „lange 19. Jahrhundert“ war durch tiefgreifende soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umbrüche gekennzeichnet. Technische Errungenschaften, verbesserte Kommunikationswege und der Ausbau städtischer Infrastruktur zählten dabei zu den wesentlichen Entwicklungen.1 Der wachsende Fortschritt im Beförderungswesen trug erheblich zur Herausbildung neuer Mobilitätsformen und schließlich auch zu einer steigenden Wanderungsbewegung bei. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts intensivierten sich innerhalb Europas die Wanderungsbewegungen, auch die Abwanderung in die „Neue Welt“ nahm zu diesem Zeitpunkt zu. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichten beide 1 Vgl. Osterhammel 2013.

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Formen der Auswanderung ein noch nie dagewesenes Ausmaß.2 Eine schnellere Beförderung von Waren, Gütern und Menschen führte schließlich auch zur Entstehung neuer Orte und Institutionen. Diese neuen Orte entwickelten sich rasch zu Transitzentren. Dabei handelte es sich zumeist um Grenzstädte und Verkehrsknotenpunkte. Dort überschnitten sich die Interessen und Zuständigkeitsbereiche lokaler, nationaler und internationaler Akteure, die maßgeblich an der Steuerung und Organisation von Waren- und Migrationsverkehr beteiligt waren. Im Folgenden sollen am Beispiel der Auswandererstation in der Grenzstadt Myslowitz die Interessen und Handlungsspielräume von staatlichen und lokalen Vertretern sowie die der deutschen Schifffahrtsgesellschaften im Kontext der transatlantischen Massenauswanderung dargestellt werden. Die schlesische Stadt Myslowitz bot durch ihre günstige geographische Lage an der sogenannten Dreikaiserreichsecke gute Voraussetzungen für ein Transitzentrum. In unmittelbarer Nähe trafen dort die Grenzen dreier Kaiserreiche zusammen – des Deutschen Reiches, Rußlands und Österreich-Ungarns.3 Durch den Ausbau der lokalen Infrastruktur und der Eisenbahntrassen von und nach Myslowitz entwickelte sich die Stadt im Verlauf des 19. Jahrhunderts zum Knotenpunkt für den internationalen Handels- und Auswanderungsverkehr. Fast täglich erreichten mehrere Hundert Auswanderer aus Österreich-Ungarn – insbesondere aus Galizien – und dem Russischen Reich die Grenzstadt, um dort die Grenze zu passieren. Von Myslowitz aus gelangten sie mit der Eisenbahn in andere europäische Länder oder gar über Hamburg oder Bremen nach Übersee. Dieser Beitrag befasst sich mit der im Jahr 1894 in Myslowitz gegründeten Auswanderer-Registrierstation, die insbesondere im Kontext der transatlantischen Auswanderung aus Österreich-Ungarn eine wesentliche Rolle einnahm. Vor Ort entschieden Vertreter der lokalen Behörden, der deutschen Schifffahrtsgesellschaften sowie der Polizei über die Weiterreise der galizischen Auswanderer. Der Beitrag geht einerseits auf die Entstehungsgeschichte der Auswandererstation ein und fragt andererseits nach den dortigen (Kontroll-)Abläufen. Darüber hinaus wird auch der Frage nachgegangen, wer die dortige Grenze passieren durfte und wer nicht.

2 Am Beispiel der polnischen Auswanderung lässt sich die gewaltige Dimension der Migration gut veranschaulichen. Aus allen drei Regionen des zwischen Preußen, Rußland und Österreich-Ungarn aufgeteilten polnischen Gebiets sind rund zwei Millionen Menschen zwischen 1870–1914 ausgewandert. Ein Teil siedelte sich in anderen europäischen Ländern an und ein anderer Teil entschied sich für die Auswanderung nach Übersee. Vgl. hier : Bade 2000, S. 91; Oltmer 2012, S. 40f. Siehe auch: Morawska 1989, S. 246–266. 3 Für eine ausführliche Darstellung der Geschichte des Dreikaiserreichsecks siehe: Sulik 2007, S. 131.

Galizische Auswanderung in die Amerikas, 1870–1914

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Migrationsbewegungen in Europa Im frühen 19. Jahrhundert stiegen die Migration innerhalb Europas und vor allem die außereuropäische Migration deutlich an. Bis in die frühen 1870er Jahre hinein dominierte die Auswanderung aus Nord- und Mitteleuropa nach Nordund Südamerika. Hungerkrisen und Missernten – wie die potato famine in Irland 1845–1848 – aber auch politische und religiöse Verfolgung waren Gründe, die zur Auswanderung führten.4 Als sich die wirtschaftliche und politische Lage im westlichen Europa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stabilisierte, verlagerte sich die Auswanderung zu Gunsten jener aus Ostmittel- und Südosteuropa.5 Aus der Habsburgermonarchie stiegen die Auswandererzahlen im selben Zeitraum immens an. Von 1876 bis 1910 verließen rund fünf Millionen Menschen Österreich-Ungarn. Die meisten von ihnen – rund 70 Prozent – entschieden sich für die Auswanderung nach Übersee, rund 30 Prozent verblieben in Europa.6 Neben den USA und Kanada wurde auch Südamerika zu einem beliebten Ziel für österreichisch-ungarische Auswanderer. Im angegebenen Zeitraum siedelten sich rund 156.000 Menschen aus Cisleithanien in Südamerika an.7 Davon emigrierten etwa 94.047 Personen nach Argentinien und über 55.680 nach Brasilien.8 Die bevölkerungsreichste Provinz des Reiches, Galizien, verzeichnete den größten Wegzug ihrer Bewohner innerhalb der Monarchie.9 Laut der Volkszählung des Jahres 1910 lebten etwa 8.026.000 Menschen in Galizien.10 Zwischen 1901 und 1910 wanderten rund 488.416 Galizier ab.11 Der polnische Publizist und Wirtschaftswissenschaftler Sigismund Gargas (1876–1948) sah in der hohen Auswanderungszahl aus Galizien kein Problem, sondern eine notwendige Entwicklung: Die Auswanderung ist eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit geworden schon mit Rücksicht darauf, daß das natürliche Bevölkerungswachstum in dem Hauptauswanderungslande in Galizien derart stark ist, daß der Mangel einer Auswanderung einfach einer wirtschaftlichen Katastrophe gleich käme.12

Die Abwanderung aus Galizien stellte für Gargas ein nötiges Ventil dar, um die steigenden Bevölkerungszahlen und die daraus resultierenden Folgen – Mangel 4 Zur Auswanderung aus Nord- und Mitteleuropa im frühen 19. Jahrhundert siehe hier : Campbell 2007; Coleman 2008, S. 967. 5 Vgl. hier Brinkmann 2013. 6 Neyer 1996, S. 15. 7 Ebd. 8 Ebd. 9 Chmelar 1974, S. 96. 10 Ebd. 11 Ebd.; siehe hier auch: Caro 1914, S. 21; sowie Englisch 1913, S. 155. 12 Gargas 1913, S. 10.

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an Arbeitsplätzen und Versorgungsengpässen – zu regulieren. Auch die saisonale Auswanderung aus dem Gebiet war seiner Meinung nach nötig, um die Bevölkerungszahlen in der Region zu regulieren. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts stieg in Galizien neben der saisonalen bzw. kontinentalen Auswanderung auch die Abwanderung nach Übersee an. Den Hauptgrund für die Auswanderung aus Galizien sahen Zeitgenossen in der desolaten wirtschaftlichen Lage Galiziens. Missernten, hohe Arbeitslosigkeit und vor allem das unvorteilhafte Erbrecht führten, insbesondere unter jungen Menschen, zu einer wachsenden Unzufriedenheit, die nicht selten in der Absicht auszuwandern mündete. Nachdem der Entschluss für eine Auswanderung nach Übersee gefasst war, lag vor den Auswanderungswilligen eine lange und vor allem beschwerliche Reise. Zu den wichtigsten Auswanderungsrouten aus Galizien nach Übersee bis 1914 zählte die Route über die norddeutschen Hafenstädte Hamburg, Bremen oder Bremerhaven.13 Um aus Galizien dort anzukommen, nutzen viele der Auswanderer die Route über Os´wie˛cim oder, wenige Kilometer nordöstlich verlaufend, über Myslowitz/Je˛zor. Beide Grenzstädte entwickelten sich im ausgehenden 19. Jahrhundert zu bedeutenden Knotenpunkten der transatlantischen ebenso wie der saisonalen Wanderung aus Ostmitteleuropa. Die Auswanderungsroute nach Übersee über Myslowitz in die norddeutschen Hafenstädte zählte zu den am meisten frequentierten Auswanderungsrouten aus Galizien und Teilen des russländischen Reiches. Der hohe Auswandererverkehr durch Myslowitz förderte auch die rasche Ansiedlung von Reisebüros und Auswanderungsagenten.14 Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts passierten täglich mehr als 500 Personen den dortigen Grenzübergang und somit auch die dortige angesiedelte Auswandererstation.15 Ein Großteil von ihnen waren Polen, die aus dem österreichisch-ungarischen Teilungsgebiet oder aus Kongresspolen auswanderten. Rasch entwickelte sich vor Ort ein Geflecht von verschiedenen an der Migration beteiligten Akteuren. Auf Drängen der norddeutschen Schifffahrtsgesellschaften, der Hamburg-Amerikanischen-Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) sowie des Norddeutschen Lloyds (NDL) einerseits, und durch den Wunsch nach mehr Sicherheit und Kontrollen der preußischen Behörden andererseits, entstand in Myslowitz in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof eine Station zur Registrierung der Auswanderer. Doch wie genau kam es zur Gründung der Station?

13 Eilers 2011, 39ff.; Janik 2015, S. 138f. 14 Sulik 2007, S. 149. 15 Ebd.

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Cholera in Hamburg – Grenzschließung im „Osten“ Die Grenzstadt Myslowitz wurde aufgrund ihrer günstigen geographischen Lage am Dreikaiserreichseck regelmäßig von verschiedenen Händlern, Reisenden, Saisonarbeitern sowie Auswanderern aus verschiedenen Regionen und Ländern aufgesucht. In der Stadt konnten Eisenbahntickets für die Fahrt in die Hafenstädte sowie Schifffahrtskarten für die Überfahrt gekauft werden. Von Myslowitz aus gelangten sie mit der Eisenbahn ohne große Zwischenstopps nach Hamburg oder Bremen. Seit Mitte der 1880er Jahre wurden beide Städte zu wichtigen europäischen Häfen für Auswanderer aus Ost- und Südosteuropa.16 Aufgrund des in den folgenden Jahren nicht abnehmenden Auswandererverkehrs aus den östlichen Regionen mangelte es in Hamburg sowohl im Stadtzentrum als auch im Hafengebiet zunehmend an Herbergen und Unterkünften für die Ankommenden. Auf Drängen des Hamburger Senats erbaute die HAPAG 1891 am sogenannten Amerika-Kai neue Unterkünfte für Übersee-Auswanderer.17 Und nur wenige Jahre später entstand 1901 auf der Elbinsel Veddel die sogenannte BallinStadt.18 Die dort erbauten Auswandererhallen boten nicht nur den dringend benötigten Raum für die zahlreichen Auswanderer, sie waren zugleich eine ganze Stadt mit eigenen Geschäften und Kirchen und Synagogen.19 Als jedoch im August 1892 die Cholera Hamburg heimsuchte und ihr rund 9.000 Menschen zum Opfer fielen, veränderte sich der Umgang der deutschen Behörden mit den ostmitteleuropäischen Auswanderern. Um eine größere Ausbreitung der Krankheit zu vermeiden, wurde eine sofortige Schließung der östlichen Grenzen angeordnet. Die Einwanderung aus Ost(mittel)europa kam fast vollständig zum Erliegen.20 Der Schrecken saß vielen Hamburgern noch tief in den Knochen, doch bereits nach kurzer Zeit suchten die Hamburger Behörden nach Schuldigen. Rasch machten sie jüdische Auswanderer aus Russland für den Ausbruch der Epidemie verantwortlich. Damit gliederten sie sich in die zeitgenössische antisemitische Propaganda ein.21 Durch die Grenzsperrung erhofften sich die Verantwortlichen einerseits, die Lage vor Ort in Hamburg unter Kontrolle zu bringen und andererseits, das gesamte Deutsche Reich vor einer neuen Krankheitseinschleppung zu schützen. Die Schließung der östlichen Grenzen diente auch der Wiederherstellung der Kontrolle über die wachsenden Einwanderermassen in den Grenz- und Hafen16 Vgl. hier : Keeling 2012; siehe hier auch: Engelsing 1961. 17 StAH Auswanderungsamt I E I 2, Bd. 2, Bericht der Auswandererbehörde für das Jahr 1892. Vgl. hierzu auch: Gelberg 1973, S. 23. 18 StAH Auswanderungsamt I E I 2, Bd. 7, Bericht der Auswandererbehörde für das Jahr 1901. 19 Ebd. 20 Siehe hier : Kasischke-Wurm 1997, S. 133ff. Vgl. auch Evans 1996. 21 Ebd.

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städten. Jedoch traf die Sperre eine Interessengruppe besonders heftig: die deutschen Schifffahrtsgesellschaften Hamburg-Amerika-Linie und Norddeutscher Lloyd. Da das Ein- und Durchreisen ins Deutsche Reich für ostmittel- und südosteuropäische Auswanderer gesetzlich verboten wurde, wichen diese rasch auf andere Auswanderungsrouten und somit auch auf andere Auswanderungshäfen aus.22 Die beiden größten deutschen Schifffahrtsgesellschaften litten massiv unter den abnehmenden Passagierzahlen.23 Betroffen war hier vor allem die 3. und 4. Klasse, das sogenannte Zwischendeck. Diese Zwischendeckspassagiere trugen zu einem hohen Anteil an dem Auswanderungsgeschäft der Reedereien bei. Blieben diese aus, führte es dazu, dass Schiffe ihren Heimathafen nicht verließen, was bei den Schifffahrtsgesellschaften zu weitreichenden finanziellen Einbußen führte.24 Das Ausbleiben der Passagiere betraf jedoch nicht nur die großen Reedereien, auch Agenten, auf Auswanderer ausgerichtete Geschäfte, Hotels und Pensionen sowie die deutsche Eisenbahn waren von der Entwicklung betroffen. Nach langen und intensiven Diskussionen zwischen dem Minister des Inneren, den preußischen Behörden, Mitgliedern der Hamburger Senats sowie den Direktoren der beiden deutschen Schiffsgesellschaften, Albert Ballin und Heinrich Wiegand, entstand ein neues Kontrollsystem, welches entlang der deutschen Ostgrenzen zum Schutz vor Krankheiten und zur Kontrolle der Auswanderermassen errichtet werden sollte. In Myslowitz wurde 1894 nach Absprache aller Behörden nun auch eine solche Kontroll- bzw. Registrierstation errichtet.25

Abläufe in der Station Zum Leiter der Registrierstation wurde der ehemalige Bahnspediteur Max Weichmann gewählt. Weichmann stand im Dienst der beiden deutschen Schiffsgesellschaften und war maßgeblich für die Abläufe in der Station verantwortlich. Seine Aufgabe bestand darin, die ankommenden Auswanderer zu registrieren und sie dann an die lokalen Polizeibeamten zu übergeben. Nachdem die Überprüfung der Dokumente abgeschlossen war, wurde den Auswanderern eine Legitimationskarte ausgehändigt, die sie zur Fahrt in die norddeutschen Hafenstädte berechtigte. Die deutschen Schifffahrtsgesellschaften verpflichteten 22 23 24 25

Lüthi 2013, S. 35. Eilers 2013, S. 63ff. Ebd., S. 67. Ebd., S. 68.

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sich ihrerseits für alle anfallenden Kosten, „die etwa dem Staate, den Gemeinden oder den Armenverbänden durch ihre Unterhaltung, Verpflegung, Beförderung, Beerdigung [entstehen] ohne Einschränkung“ aufzukommen.26 Um zu vermeiden, „daß in Myslowitz registrierte und zugelassene Auswanderer während ihrer Fahrt durch preußisches Gebiet etwa wieder angehalten und zurückgewiesen werden“, war der Spediteur Max Weichmann verantwortlich, den betreffenden Auswanderern „eine nach Maßgabe anliegende Legitimationskarte auszufüllen und von der Polizeiverwaltung in Myslowitz durch Abstempelung zu beglaubigen.“27 Weichmann war darüber hinaus dazu verpflichtet, das Register mit den Eintragungen der Legitimationskarten täglich in das Polizeibüro zur Überprüfung abzuliefern. Allmonatlich fand zudem eine Revision der beiden Register statt. In der Station arbeiteten neben Weichmann zwei bis drei Polizeibeamte sowie Hilfspersonal, dessen Anzahl jedoch abhängig vom Zustrom der Aus- bzw. Durchwanderer war. Um von Myslowitz oder einer anderen Kontroll- oder Registrierstation in die deutschen Einschiffungshäfen befördert zu werden, mussten einige Voraussetzungen erfüllt werden. Grundsätzlich galt, dass kranke und mittellose Auswanderer von der Reise ausgeschlossen waren. Für den Verwalter der Stationen waren folgende Aspekte für das Kontrollverfahren wichtig28 : 1. Bereits vor dem Grenzübertritt sollten Auswanderungswillige im Besitz von Schifffahrtskarten der Hapag oder des Lloyds sein. 2. In der Kontroll- oder Registrierstation entschieden die Verantwortlichen selbst, wer befördert und wer nicht zugelassen wurde. 3. Grundsätzlich sollten Passagiere fremder Linien von der Beförderung (Durchwanderung durch deutsches Gebiet) ausgeschlossen und von den Grenzbeamten zurückgewiesen werden. 4. Auswanderer, denen die Durchreise verboten war, sollten bis zu ihrem Fortgang aus Deutschland auf Kosten der Schiffsgesellschaften versorgt werden, sodass sie dem Staat und den Gemeinden nicht zu Lasten fielen. 5. Als gesund befundene Auswanderer sollen rasch für den Weitertransport vorbereitet werden. 6. Bei einem längeren Aufenthalt in den Stationen sollten die Passagiere regelmäßig ärztlich untersucht werden. 7. An den Grenzen sollte keine Quarantäne stattfinden. Spezielle Einrichtungen dafür befanden sich in den Hafenstädten. Dorthin sollten die Betroffenen rasch befördert werden.

26 StAH, Auswanderungsamt I, I II E, I 1a 8 / 12. 27 Ebd. 28 Siehe: Karlsberg 1922, S. 71ff.

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Die Errichtung der Stationen resultierte aus der Zusammenarbeit der beiden deutschen Schiffsgesellschaften, dem deutschen Staat und der lokalen Polizeibehörde. Dabei oblag den Schiffsgesellschaften die Verwaltung der Stationen. Die Überwachung der Registerführung hingegen war Teil der Aufgaben der lokalen Polizei. Der dort aufgestellte Kontroll- und Sicherheitsapparat bildete, wie es der Rechtsanwalt Bernhard Karlsberg treffend beschrieb, „eine gemeinsame Formel für die verschiedenen Interessen.“29 Die Errichtung der Registrierstation in Myslowitz war zunächst auf Bemühungen des Norddeutschen Lloyds zurückzuführen. Nach mehrmaligen Aushandlungen mit Vertretern der lokalen Behörden sowie des deutschen Staates wurden jedoch beide Schiffsgesellschaften für die Verwaltung und Koordination der Auswanderer in der Station verantwortlich gemacht, wobei die HAPAG in Myslowitz rasch an Dominanz gewann. Eine präzise Momentaufnahme der damaligen Situation gab der Polizeikommissar Ryszewski in einem Schreiben an den Hamburger Hafenarzt aus dem Jahr 1905 wieder : Das ganze Bild der Auswandung über Myslowitz ist gegen die Vorjahre ein anderes geworden. Im Jahr 1895 [ein Jahr nach der Öffnung der Station], als ich das letzte Mal in Myslowitz war, hat hier kein Mensch die Hamburg-Amerikanische-Paketfahrt-Aktiengesellschaft gekannt nur alle Leute schwärmten für den Lloyd. Jetzt spricht hier die ganze Bevölkerung nur noch von der reichen Hamburg-Amerika-Linie.30

Der HAPAG war es bereits nach kurzer Zeit gelungen, ihren Einflussbereich vor Ort massiv auszuweiten, was in der Umkehr auch eine Schwächung des Norddeutschen Lloyds mit sich brachte. Dieser konzentrierte seine Tätigkeiten auf die Registrierstation in Ratibor, für die er hauptsächlich verantwortlich war. Nach der Eröffnung der Registrierstationen in Myslowitz und der dazu gehörenden Auswandereragentur wurden ausschließlich Fahrkarten der beiden deutschen Schiffsgesellschaften verkauft. Erst einige Jahre später weitete die Agentur ihre Kooperationen aus. Zu ihren neuen Partnern zählte die Red Star Line in Antwerpen, die Holland-Amerika-Linie in Rotterdam sowie die Pacific Canadian Railway Schifffahrtsgesellschaft.31 Wie die meisten Kontroll- und Registrierstationen lag auch jene in Myslowitz gleich in Bahnhofsnähe. Die Grenze zu Österreich-Ungarn und Russland war nur wenige Kilometer von der Station entfernt, sodass die Station für Reisende und Auswanderer mühelos erreichbar war. Zu Beginn stand den Auswanderern lediglich eine Baracke aus Holz zur Verfügung, wo sich unter anderem die Räume für die Kontrollen und der Warteraum befanden. Die Räumlichkeiten waren jedoch nicht für die mehreren Hundert Menschen, die dort täglich ankamen, 29 Ebd., S. 81. 30 StAH, Auswanderungsamt I / II E I 1b / 381ff. 31 Sulik 2007, S. 150f.

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ausgelegt. In Zeiten hohen Auswandererverkehrs, wie beispielsweise zwischen Februar 1910 und Mai 1912, passierten täglich rund 300 bis 500 Personen die Station.32 Nicht für jeden war es möglich noch am selben Tag weiterbefördert zu werden und so sammelten sich sowohl in der Station als auch in der Stadt selbst Migranten an. Dies bedeutete zugleich, dass nicht jedem ein Schlafplatz zur Verfügung stand, auch wenn Restaurants, Hotels oder gar Dachböden dafür genutzt wurden. Wer nirgendwo unterkam, dem blieben das umliegende Bahnhofsgelände sowie die Felder gleich am Fluss Przemsa. Erst im November 1905 begann die HAPAG, die Station zu modernisieren und errichtete – wie es in einem Bericht des Polizeikommissars heißt – ein „massives Haus“ für die Auswanderer. In den folgenden Jahren sollten weitere Maßnahmen folgen, die sowohl eine Besserung der Verhältnisse als auch der Abläufe der Kontrollen herstellen sollten.

Die Verhältnisse in der Station Die Eröffnung der Registrierstation 1894 bedeutete keineswegs eine automatische Verbesserung der Zustände an der Grenzstation, wie ein Bericht der Polnischen Emigrationsgesellschaft (Polskie Towarzystwo Emigracyjne) vom März 1910 zeigt.33 Wojciech Szukiewicz, Journalist und Befürworter der polnischen Auswanderung in die Amerikas, bereiste einige Kontroll- und Registrierstationen und berichtete von schwerwiegenden Missständen vor Ort. In seinem Artikel ist zu lesen, dass die Stationen Myslowitz, Ostrow, Illwowo und Prostki für einen derartig starken Auswanderungsverkehr von mehr als 300 Personen täglich nicht ausgerichtet waren. In den Hauptgebäuden der Stationen gab es nur wenig Platz für die Auswanderer. In Myslowitz, so bemängelte er, existierten zudem keine Schlafräume. Auswanderer mussten auf schmutzigen Stoffstücken oder auf kalten Holzbrettern liegen.34 Szukiewicz betonte in seiner Darstellung den grundsätzlichen Mangel an Mitarbeitern in den Stationen. Dieser Mangel traf insbesondere die ankommenden Auswanderer : Sie waren vor Ort fast vollständig auf sich allein gestellt. Auch das Personal in der überfüllten Auswandererstation schien mit der Situation überlastet zu sein. Szukiewicz berichtete von Handgreiflichkeiten zwischen dem Stationspersonal und einigen Auswanderern. Es häuften sich zudem Berichte über wütendes und aggressives Personal, das ausfallend wurde und dazu bereit war Auswan32 GehStA I HA Rep. 77 Tit. 226, Nr. 139, Bd. 1, Blatt 134. 33 Biuletyn Polskie Towarzystwo Emigracyjne 1910, S. 91. 34 Ebd., S. 92.

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derer zu schlagen. Des Weiteren bemängelte er die Verpflegung. Kaum eine Station, auch Myslowitz nicht, versorgte die Reisenden mit ausreichend kostengünstigen Speisen. Das Mittagessen bestand aus einer kleinen Suppe und ein wenig Fleisch, dazu eine Scheibe Schwarzbrot. Eine solche Mahlzeit kostete um die 80Pfennig. Darüber hinaus fiel ihm auf, dass die Informationsweitergabe an die Auswandernden nicht optimal verlief. Nur sehr selten bekamen sie die nötigen Auskünfte, die sie für ihre weitere Fahrt in die Amerikas brauchten. Hinzu kam, dass sie durch ihre Unerfahrenheit auch sehr leicht zu Opfern von Kriminellen wurden. Es kam durchaus vor, dass Auswanderer beim Geldwechseln oder auch beim Kauf von Schifffahrtskarten betrogen wurden.35 In seiner Berichterstattung über die Kontroll- und Registrierstationen war Szukiewicz besonders bemüht, die realen Umstände vor Ort zu schildern. Auch wenn er deutliche Kritik übte, betonte er dennoch die Bedeutung der Stationen für den Migrationsprozess. Negative Schlagzeilen über die Abläufe und Verhältnisse in den Kontroll- und Registrierstationen konnten eine verheerende Auswirkung auf das Passagiergeschäft haben. Daher waren beide Schiffsgesellschaften daran interessiert, die erhobenen Vorwürfe zu widerlegen und die sich häufenden Missstände rasch zu beheben. An Plänen für den Ausbau der Stationen wurde in Hamburg und Bremen in den folgenden Jahren gearbeitet.

Gesundheit und Hygiene in der Station Bevor die Reisenden ihre Fahrt in die Hafenstädte aufnehmen konnten, waren sie verpflichtet sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Zu Beginn gab es in Myslowitz sowie in den anderen Registrierstationen jedoch keine systematische Desinfektion der Auswanderer und ihres Gepäcks. In einem Bericht an die Freien Hansestädte Hamburg und Bremen wurde die genaue Funktion der Registrierstation in Myslowitz beschrieben: [Nach] Myslowitz kommen die Auswanderer mit fertigen Papieren als zu einer Durchgangsstation. Sie werden hier einregistriert, ärztlich untersucht und möglichst sofort weiterexpediert. Ein Baden und Desinfizieren findet nicht statt. Die unter den nach Myslowitz und Ratibor gelangenden Auswanderern befindlichen Russen werden über Ruhleben nach den Einschiffungshäfen befördert, die übrigen direkt (Bericht aus dem Jahr 1905).36

Die medizinischen Untersuchungen in Myslowitz fanden im selben Bericht dennoch Erwähnung, so heißt es dort: 35 Ebd. 36 StAH, Auswanderungsamt I II E I, 1 b, Blatt 515.

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In der Registrierstation Myslowitz wird im Wesentlichen nur auf Augen- und Haarerkrankungen untersucht, doch läßt sich der Arzt auch die Vorderarme entblößen. (Krankheitsverdächtige sollen weiter untersucht werden, es fehlt aber für diesen Zweck ein Arztzimmer.).37

Auch in der knapp 100 km entfernten schlesischen Stadt Ratibor, die ebenfalls über eine Registrierstation verfügte, wurden Auswanderer einer gesundheitlichen Kontrolle unterzogen. Der Aufbau der dortigen Station ähnelte jener in Myslowitz sehr : auch hier lagen die Baracken für die Aufnahme von Auswanderern in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs. Neben einem Aufenthaltsraum für die Auswanderer und dem Abfertigungsbüro gab es in Ratibor im Gegensatz zu Myslowitz auch ein Arztzimmer. Die verantwortlichen Ärzte untersuchten die Reisenden auf Augen- und Hauterkrankungen und ließen sich zudem „den oberen Teil der Brust für eine Besichtigung freimachen, auch [ließ sich] der Arzt Arm- und Handbewegungen ausführen.“38 Wie gründlich diese Untersuchungen durchgeführt worden sind, darüber geben die Quellen leider keine Auskunft. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bereits durch die Konzeption der Registrierstationen als sogenannte „Durchgangsstationen“ der Fokus ihrer Tätigkeiten nicht auf ausgiebigen Gesundheitskontrollen lag, wenngleich alle Akteure ein Interesse an der Beförderung von ausschließlich gesunden Passagieren hatten. Die tägliche Zahl von Neuankömmlingen in beiden Stationen ließ eine gründliche gesundheitliche Kontrolle aller Reisenden kaum zu. Um den Rückstau nicht größer werden zu lassen, zielten die Leiter, Polizeiinspekteure und Ärzte vor allem auf eine zügige Weiterbeförderung ab.

Ausbauplan der Registrierstation Sowohl die HAPAG als auch der NDL bemühten sich um eine ständige Optimierung der Abläufe in der Registrierstation. Durch die stetige Zunahme der Auswandererzahlen seit der Gründung der Station in Myslowitz wurde ein Ausbau der Räumlichkeiten nötig. Erheblichen Verbesserungsbedarf sahen die Verantwortlichen vor allem bei der Abfertigung der Auswanderer. Die Registrierung, die gesundheitlichen Untersuchungen sowie die Desinfektion der Auswanderer sollten daher nicht nur besser aufeinander abgestimmt, sondern auch rascher durchgeführt werden.39 Erste Ideen und Vorschläge für einen derartigen Umbau gab es bereits seit 1911.40 37 Ebd. 38 Ebd., Blatt 517. 39 GehStA PK I. HA Rep. 77 Tit. 226, Nr. 139, Bd. 1, Blatt 34, 124.

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Diese beinhalteten zunächst eine Vergrößerung der Warte- und Abfahrtshallen für die Auswanderer. Darüber hinaus sollte auf Kosten der HAPAG eine Desinfektionsanlage errichtet werden, die ein rasches Baden und Desinfizieren der Reisenden und ihres Gepäcks ermöglichte. Bis zu 30 Personen sollten dadurch gleichzeitig abgefertigt werden. Die Desinfektionsanlage sollte über das Bahnhofsgelände zugänglich sein, so dass die Auswanderer keine zusätzlichen Umwege nehmen mussten. Der Eingangsbereich weist auf den Bauplänen eine Besonderheit auf. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass es zwei gesonderte Eingangsbereiche geben sollte; einen für Auswanderer aus Österreich-Ungarn, und einen für solche aus dem Russischen Reich.41 Für die beiden Auswanderungsgruppen waren jedoch nicht nur zwei separate Eingänge vorgesehen, sondern auch verschiedene Desinfektionsstufen.42 Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, da von den verantwortlichen Mitarbeitern der Schiffsgesellschaften diesbezüglich keine weiteren Angaben überliefert sind. Klar ist jedoch, dass russischen Auswanderern und vor allem russisch-jüdischen Auswanderern nachgesagt wurde, dass sie ansteckende Krankheiten übertragen würden. Zudem waren sie mit einem wachsenden Antisemitismus konfrontiert, der sich unter anderem in dieser Form äußerte.43 In einem Schreiben der beiden deutschen Schifffahrtsgesellschaften an das Ministerium des Inneren sowie an den Regierungspräsidenten in Oppeln diskutierten die Verantwortlichen im Jahr 1912, ob der Ausbau der Registrierstation in Myslowitz und der Bau einer großen Desinfektionsanlage die Auswanderungsströme aus Österreich-Ungarn und vor allem aus Galizien behindern würde.44 Sie befürchteten, dass sich Auswanderungswillige aus Galizien zwar weiterhin zur Auswanderung entscheiden, aber auf andere Routen und damit auch andere Schifffahrtsgesellschafen ausweichen würden, wo sie keine derartigen Kontrollen und gesundheitlichen Untersuchungen zu erwarten hätten. Dies würde, so betonte ein führender Angestellter der HAPAG, einen deutlichen Verlust für die deutschen Schifffahrtsgesellschaften bedeuteten.45

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GehStA PK I. HA Rep. 77 Tit. 226, Nr. 139, Bd. 1, Blatt 56. Ebd. Ebd. Brinkmann 2013, S. 1–19. GehStA PK I. HA Rep. 77 Tit. 226, Nr. 139, Bd. 1, Blatt 52. Ebd.

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Conclusio Seit den frühen 1870er Jahren stiegen die Auswandererzahlen aus Ostmittel- und Südosteuropa kontinuierlich. Ab den 1880er Jahren nahmen sie so rasch zu, dass von einer Massenauswanderung gesprochen werden kann. Für die kleine preußische Stadt Myslowitz ging dies mit tiefgreifenden Veränderungen des lokalen Lebens und der städtischen Infrastruktur einher. Rasch bildete sich eine vollständige Infrastruktur heraus, die sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Auswanderer orientierte. Die Stadt und vor allem das Bahnhofsgelände wurden durch die täglich ankommenden Übersee-Auswanderer sowie galizischen Saisonarbeiter besonders geprägt. Zu Beginn der galizischen Auswanderung in den 1870er Jahren, als es noch keine zentrale Anlaufstelle für Migranten gab, waren die Bedingungen für Reisende schlecht. Mit der Errichtung der Registrierstation und den damit einhergehenden Kontrollen der Auswanderer erfolgte gewissermaßen eine Professionalisierung des Ablaufs der Migration. Schnellere Abläufe in der Grenzkontrollstation ermöglichten den Auswanderern zugleich eine schnellere Weiterfahrt in die Hafenstädte. Die Gründung der Registrierstationen zielte jedoch in erster Linie nicht auf eine bessere Versorgung der Auswanderer, sondern auf die rasche Wiederaufnahme der Passagierbeförderung nach der Choleraepidemie in Hamburg und auf die Behebung des darauffolgenden Auswanderungsstillstands über Hamburg, ab. Die beiden Schiffsgesellschaften einigten sich auf den Aufbau eines Registrier- und Kontrollsystems an den östlichen Grenzen des Deutschen Reiches, welches in Absprache mit dem Innen- und Außenministerium beschlossen und aufgebaut wurde, um weitere finanzielle Verluste für die Schiffsgesellschaften zu verhindern. Wie gründlich die Kontrollen an den östlichen Grenzen in den Kontroll- und Registrierstationen durchgeführt wurden, lässt sich aufgrund mangelnder Quellen nicht sagen. Die Registrierstation in Myslowitz wurde unter den HAPAG-Mitarbeitern als Durchgangsstation bezeichnet. Der Gedanke liegt hier nahe, dass auf genaue und vor allem zeitaufwendige Kontrollen vor Ort verzichtet wurde, um die zügige Abfertigung weiterer Auswanderer nicht zu behindern. Abschließend ist zu betonen, dass am Beispiel der Stadt Myslowitz wesentliche globale Entwicklungen aufgezeigt werden können. Der Aufbau der Registrierstation und die Implementierung von neuen Kontrollsystemen waren ein erster Versuch, die intensiven Auswanderungsprozesse aus Ostmittel- und Südosteuropa – vor allem aus Galizien – in strukturierte Bahnen zu lenken. Darüber hinaus orientierten sich administrative Abläufe sowie die Kontrollbestimmungen an den Vorgaben und Gesetzesregelungen aus den Zielländern. Klar ist jedoch auch – und dies sei an dieser Stelle hervorzuheben – dass die Unwissenheit und Unsicherheit vieler Auswanderer in der Registrierstation nicht

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selten von Auswanderungsagenten oder gar Beamten vor Ort ausgenutzt werden konnte, wie dem Bericht über die Auswandererstationen anschaulich zu entnehmen ist.

Literaturverzeichnis Quellen Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz – GehStA PK: – I. HA Rep. 77 Tit. 226, Nr. 139, Bd. 1. Staatsarchiv Hamburg – StAH – Auswanderungsamt I, I / II E I 1 b. Biuletyn Polskie Towarzystwo Emigracyjne, Krakau 1910, S. 91–105.

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III Politische und konfessionelle Mobilisierung

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From Chełm to Hnylychky: Confessional and Political Loyalties and the Greek Catholic Church, 1863–1882

Abstract This paper discusses how the Greek Catholic (Uniate) Church’s position between the Habsburg and Russian empires influenced perceptions of its political loyalties. Two incidents – the 1875 suppression of the Uniate Church by the Russian government in the province of Chełm (called a vossoedinenie, or “reunification”, by the Russian government) and the Hnylychky affair, an 1882 treason trial arising from a mass conversion to Orthodoxy – signaled a shift in Habsburg official perceptions of Greek Catholic loyalties. They began questioning the Church’s loyalty to the throne and stopped relying on it in dealing with the Ruthenian population of Galicia. These events demonstrate the complexity of the Greek Catholic leadership’s conceptions of confessional and political loyalty. In both cases, they attempted to exploit their liminal position to gain privileges and protections for themselves and their Church. Feeling neglected by the Habsburg and Vatican administrations, they sought to use the Russian Empire and Orthodoxy for protection from perceived persecution in Galicia, or as a “warning shot” of potential consequences if the Church was not treated more carefully. However, these gambles backfired, highlighting the Church’s weakness and inability to guide Ruthenian society that had been building over the previous decades. Once the confessional and political loyalties of the Greek Catholic Church came under question, it was no longer an enticing collaborator.

In the nineteenth century, the Greek Catholic Church occupied a doubly liminal position – not only geopolitical but also religious.1 The church sat between two empires, Habsburg and Russian, and two confessions, Catholic and Orthodox, and this position profoundly affected its members’ notions of political and confessional loyalty. Members of the Greek Catholic Church frequently sought to 1 The Greek Catholic Church is an Eastern Rite Catholic church created by the Union of Brest in 1596, when a group of Orthodox bishops in the Polish-Lithuanian Commonwealth formally recognized papal authority and entered into the Catholic Church. I use the term “Greek Catholic” in keeping with the formal convention in the Habsburg monarchy, established soon after the incorporation of Galicia. In the Russian Empire, the same church continued to be referred to as the Uniate Church, and thus when discussing the church in Russian territory I will follow suit.

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benefit from the ambiguity inherent to the institution: as circumstances merited, they could show favor to one confession or the other, and they could profess allegiance to one state or the other. Since the confessional boundary closely mirrored the political border, the two spheres were never fully independent of one another. On the other hand, from the official perspective, the same ambiguities that some Greek Catholics perceived as opportunities could be interpreted as liabilities; this meant that every action taken by the church’s hierarchy and clergy was scrutinized to a far greater degree than might be expected for an institution of its size and prestige. Through a close examination of motivations for and reactions to two events in the second half of the nineteenth century, the complexities of loyalty in this liminal zone become clear. The events themselves provoked notable scandals in Galician public life. The first was the 1860s emigration of Greek Catholic priests to the Russian Empire, specifically to the Congress Kingdom province of Chełm, and their subsequent complicity in the local Uniate eparchy’s incorporation into the Russian Orthodox Church in 1875; the second was a trial in 1882 in Lviv provoked by the conversion of the Greek Catholic population of Hnylychky, a small Galician village near the border with the Russian Empire, to Orthodoxy. Both of these events, well known to scholars, have traditionally been considered from the Ruthenian perspective:2 that is to say, how Chełm and Hnylychky shaped political and national developments within Galicia and in the Western provinces of the Russian Empire.3 And both were certainly crucial moments in Ruthenian life. The former demonstrated the growing strength of the Russophile movement, and the latter prompted the same movement’s decline in popularity and legitimacy, at least for a time. Their significance, however, goes beyond internal Ruthenian politics: these two events help us understand complicated notions of state loyalty and confessional allegiance, and how the two were intimately intertwined. In turn, a better grasp of the role that questions of loyalty played in these two events can help explain the Greek Catholic Church’s diminished place in interactions between the Habsburg regime and the Ruthenian population in the last decades of the nineteenth century. Since the time of the Partitions of Poland in the late eighteenth century, when the lands that became the province of Galicia were incorporated into the Habsburg monarchy, a mutually beneficial relationship had developed between the Greek Catholic leadership and the Habsburg regime. The hierarchy were 2 Throughout this text, the term “Ruthenian” is used to refer to the population of Galicia we would now refer to as “Ukrainian.” This is in keeping with official Habsburg terminology as well as the population’s self-identification. Only towards the end of the period under consideration (i. e., the 1880s) did the term “Ukrainian” begin to be adopted in Galicia to any widespread degree, and even then, its adoption was far from universal. 3 The most thorough, insightful accounts can be found in Himka 1999b and Wendland 2001.

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enthusiastic supporters of the existing conservative order, and the government returned the favor by improving the Church’s prestige, access to education, and finances.4 The clergy’s position of relative privilege, in comparison to the overwhelmingly peasant Ruthenian population, meant that they became the de facto elite among the Ruthenian population in Galicia. Up until the middle of the nineteenth century, the vast majority of these clerical elites were heavily Polonized, far more comfortable delivering sermons or carrying on correspondence in Polish rather than Ruthenian. By the 1840s, however, a growing group of Greek Catholic clergy identified strongly with the Ruthenian nation and began to agitate for greater national rights. During the turbulent years of 1848–1849, leading Ruthenian activists (who were almost all Greek Catholic clerics) sought to negotiate a settlement with the Habsburg administration that would equalize the rights of the two major national groups in Galicia, Ruthenians and Poles. Feeling let down by Vienna when post-1848 reforms did little to improve the perceived lot of the Ruthenians, a certain segment of the clergy became enamored of the idea of “rite cleansing.” This movement, which gained popularity in the late 1850s, entailed ridding Greek Catholic churches and services of all the Latinisms that had encroached over the centuries, from pipe organs and beardless priests to clockwise processionals around the church building on the feast of Corpus Christi or other holy days. The rite cleansing advocates pursued this policy without the approval of Vienna, Rome, or even the Greek Catholic hierarchy – a clear sign that the clergy were no longer content to bask in the gains their Church had made decades earlier.5 For many participants in the rite cleansing movement, it was not purely a religious matter : they were consciously making a political statement, revealing where their affinities lay in both the political and religious spheres. This was the moment when the sociopolitical notion of Russophilism came into its own as a movement, distinct from the traditionalism of Old Ruthenianism.6 The former signified an embrace of Eastern Slavic culture, specifically one that recognized the Russian state and nation as the heart and protector of Slavdom; the latter maintained that Ruthenians were a national group distinct from the Galician Poles and sought to preserve as much of traditional Ruthenian language and culture as possible, while still placing the highest value on loyalty to the Habsburg regime. Unsurprisingly, given the uncontrolled and spontaneous 4 The early decades of Habsburg rule are relatively unstudied as far as the Greek Catholic Church is concerned; the best analysis is found in Kozik 1986 and Turij 2005. 5 The “rite cleansing” movement, or obryadovshchyna, has been a subject of significant scholarly interest; for a good discussion with extensive references to other literature, see Wendland 2001, p. 98ff. 6 For the classic treatment of Galician Ruthenian politics and the distinction between these two major ideological camps, see Magocsi 2002. See also Himka 1999a.

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nature of the movement, the Vatican and Habsburg administrations quickly moved to quash this grassroots effort, only exacerbating the clergy’s frustration with a lack of support on the part of those two institutions. Tensions reached a critical point in the early 1860s: on top of the sense of abandonment prompted by the suppression of the rite cleansing movement, Metropolitan Hryhoriy Yakhymovych, beloved by nationally-minded Greek Catholic clerics, died suddenly in 1863.7 With his death, many believed they had lost their last advocate in the face of Roman and Viennese indifference and their last defender against Polish Roman Catholic domination in Galicia.8 It was against this background that the Chełm situation began to develop. The Chełm eparchy, the final Uniate eparchy in the Russian Empire, was formally incorporated into the Russian Orthodox Church in 1875.9 But the ultimate suppression of the Uniate Church in Chełm was not a sudden event. Several decades earlier, in 1839, approximately 1.2 million Uniates across the Western Provinces of the Russian Empire had been subsumed into the Russian Orthodox Church as part of the so-called vossoedinenie or “reunification.”10 This mass conversion was the product of a collaboration between the Uniate hierarchy and Russian officials, and unsurprisingly it was met with varying levels of acceptance by the Uniate faithful. Chełm was the only area exempt from the vossoedinenie because it fell territorially within the Kingdom of Poland rather than the Western Provinces of the Russian Empire; the legislation and, crucially, the church hierarchy that governed the latter did not necessarily apply in the former. This is not to say that the Russian government did not exert pressure on the Chełm Uniate leadership – indeed, they employed a wide variety of tactics to 7 In the same year, an agreement was signed between the Galician Roman and Greek Catholic hierarchies and the Vatican, intended to confirm the equality of the two rites and prohibit interdenominational encroachment. This Concordia can best be seen as an attempt by the Vatican to placate Greek Catholics, who had grown increasingly frustrated with high rates of attrition from their church to Roman Catholicism. However, the final version of the Concordia was deemed too weak by many within the Greek Catholic leadership. In this sense the Concordia served to further alienate them, giving them yet another instance of thwarted hopes to point to. The Concordia’s role is examined most thoroughly in Osadczy 1999. 8 A good collection of the vast number of newspaper articles mourning Yakhymovych’s death can be found in the bibliographical file on the Metropolitan by Ivan Levyts’kyy : LNB VR, II Lvts 3566. 9 Thorough accounts of the elimination of the Uniate Church in Chełm can be found in Glinka 1975, whose analysis is hindered by his overly emotional tone but whose account of the facts is detailed and helpful, and Weeks 1996, who situates his discussion in the broader context of what he calls the “national Daltonism” (i. e., colorblindness) that characterized Russian nationalities policy in the Western borderlands. Also useful is the more general discussion of religion along the Habsburg-Russian border, which briefly examines the Chełm situation, in Adelsgruber et al. 2011, p. 160ff. 10 On the 1839 vossoedinenie, see particularly Boudou 1922; Dolbilov 2010; Lencyk 1966; Weeks 2001; Winter 1960.

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compel the Bishop of Chełm at the time, Filip Szumborski, to “voluntarily” agree to incorporate his eparchy into the Russian Orthodox Church. With strong backing from the Vatican and the Habsburg government, both of which condemned Russian aggression towards the Uniate Church, Szumborski was able to stand his ground, and the Uniate Church in Chełm survived.11 From that time on, however, especially as the furor surrounding the vossoedinenie died down and international attention was directed elsewhere, the rump Uniate eparchy in Chełm was a natural target for intervention by the Russian regime. And indeed, there were periodic attempts on the part of the government to cajole or coerce the Uniate leadership into compliance with these Orthodoxizing plans. It only became a real priority, however, after the Polish uprising in 1863. From that moment on, convinced anew of the threat Catholicism posed to citizens’ loyalty to the Russian state, the central and provincial governments collaborated to engineer a Uniate hierarchy and clergy that would be amenable to a transition to Orthodoxy.12 In so doing, they would be able to bring about the total elimination of the “unreliable” Uniate Church on Russian territory, without directly implicating themselves, for the sake of appearances on the international stage. One of the central architects of this plan was Mikhail Raevskiy, the chaplain at the Russian embassy in Vienna, who was a prominent Pan-Slavic activist and the most astute Russian observer of the Greek Catholic Church. According to Raevskiy, the first step towards vossoedinenie in Chełm needed to be the recruitment of new clergy and faculty for Uniate schools and seminaries. The existing clergy were far too Latinized and Polonized, he believed, and would never consent to liturgical and ritual reforms. A new generation, more favorably disposed towards the Eastern rite, could not arise domestically, given that their instructors were steeped in that very same Latin spirit. Where to look, then, for this fresh blood? Raevskiy suggested Galicia: local Greek Catholics, who were dissatisfied with perceived favoritism shown by the Habsburg government and the Vatican, could be recruited to cross the border and teach and serve in Chełm.13 The Russian government authorized this plan, and Raevskiy began 11 Vatican correspondence with and about Szumborski: ASVANV [Archivio della Nunziatura di Vienna] 280C, 280E, 280G, 284, 284 A. Habsburg discussions of Szumborski: HHStA Russland III k. 119, 122. 12 The renewed Russian concern over a perceived Polish Catholic threat in the wake of the 1863 uprising is examined in, among others, Dolbilov / Staliunas 2010; Głe˛bocki 2000; Gorizontov 1999; Walicki 2002. 13 He laid these plans out most explicitly in an 1864 memorandum: “Kakimi sredstvami Rossiya mozhet deystvovat’ s polzoy dlya sebya na slavyan” (How Russia can influence the Slavs for its own benefit), RNB OR Fond 627 [Raevskiy, Mikhail Fedorovich], Delo 4. Raevskiy’s hopes for Galicia are discussed in Osadczy 2007, p. 362ff. and Shvarts 2013, p. 48ff. Most studies of Raevskiy have focused on his interest in the Balkans. As is clear from his collected corres-

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encouraging the Greek Catholic seminarians in Vienna – with whom he was in close personal contact and among whom he had been working to spread PanSlavic ideas and sympathy to Orthodoxy for decades – to consider moving to Chełm to take up parish appointments.14 His encouragement was met with enthusiasm on the part of many of these seminarians, who were greatly taken by the notion of a more authentic, pure Eastern rite, which they believed they would be able to enjoy more readily in Chełm than in Galicia, where the Polish Roman Catholic influence was so strong. It was not only seminarians, however – many of the older advocates of rite cleansing were also attracted to this new opportunity. Most important in this regard was Mikhaylo Kuzems’kyy, a prominent member of the Greek Catholic hierarchy in Galicia, who was widely regarded as a leading advocate of the Ruthenian national cause. When Chełm Uniate administrator Jan Kalin´ski was removed from his post in 1866 because the Russian government did not trust him, Kuzems’kyy was elected to take his place.15 Like many of his fellow Galicians, Kuzems’kyy had been an outspoken critic of Polish dominance in the region, and thus the Russian regime assumed that he would be far more amenable to their plans than his Polonophile predecessor. Initially this proved to be true. Kuzems’kyy was willing to promote liturgical reforms, purportedly intended to return the Uniate Church to its initial, Vatican-approved state, thereby ridding it of Latinisms that had crept in over the centuries.16 By the late 1860s, however, it became clear that the Russian government would not be content to stop at ritual purification, but rather that full conversion to Orthodoxy was their intention. Two camps developed among the Galician 8migr8s: those who increasingly mistrusted the Russian government and thought their ambitions stretched too far, and those whose zeal for the Eastern rite continued to grow and who began to aspire to Orthodoxy. Kuzems’kyy headed the first of these groups; he began to display open resistance to the government’s policies, eventually demanding to be allowed to resign and return to Galicia. The barrier here was not the Russian government – they felt betrayed by what they saw as his change of heart and would be glad to be rid of him – but the Vatican, which saw Kuzems’kyy as the only remaining obstacle to the elimination of Eastern rite Catholicism in the Russian Empire. Roman officials thus pondence, however, he was equally concerned with other Slavic peoples under Ottoman and especially Habsburg control. See Matula / Churkina 1975. 14 Petitions from Galician priests desiring to move to Chełm reveal a wide variety of motives, from financial gain to family reunification to a genuine interest in reverting to a more “pure” Eastern rite. RGIA Fond 821 (Otdel dukhovnykh del inostrannykh ispovedaniy MVD), Opis 4, Delo 2050, RGIA Fond 821, Opis 4, Delo 2051. 15 On Kuzems’kyy’s background and role in Chełm, see Himka 1999b, p. 32ff. 16 Glinka 1975, p. 59ff.

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insisted that Kuzems’kyy needed to stay in Chełm and ordered the Galician Greek Catholic hierarchy not to welcome Kuzems’kyy back if he were to cross the border. The situation deteriorated rapidly, and Kuzems’kyy, pleading ill health, fled the post without the Vatican’s approval, taking his fellow malcontents back with him to Galicia. The camp in favor of cooperating with the Russian government was headed by Kuzems’kyy’s diocesan administrator, Markell Popel.17 Popel was a fellow Galician, who was installed as administrator without the approval of either Kuzems’kyy or the Vatican; he was not trusted by either, being considered a man of low moral character – as evidenced by his illicit family – and all too willing to sacrifice belief and principle for earthly gain. The same factors that rendered him unpalatable to the Roman Curia and the Galician Greek Catholic administration made him an appealing collaborator in the eyes of the Russian regime. Their estimation of Popel turned out to be accurate, as he cooperated eagerly with plans for “reunification” in return for various honors and financial incentives. Beginning immediately after Kuzems’kyy’s departure resulted in Popel’s de facto promotion to head of the Chełm eparchy, a series of his decrees imposed escalating measures of Orthodoxization on the parishes and faithful, until all that remained was formal incorporation into the Russian Orthodox Church. Despite stiff – occasionally violent – resistance from the local population, Popel and the Russian government declared the vossoedinenie of the Chełm eparchy in 1875, eliminating the last remnant of the Uniate Church in the Russian Empire.18 Ultimately, among the Greek Catholic clergy who went to Chełm, there were no real winners. When Kuzems’kyy and other dissatisfied 8migr8s returned to Galicia, their reception was less than rosy. If before their departure they had been regarded as advocates for the Ruthenian nation and the Greek Catholic Church in the face of Polish Roman Catholic oppression, they were now living reminders of the geopolitical implications of the Church. They were accused of disloyalty by prominent Poles, and the Habsburg government kept a watchful eye on them, waiting for any possible manifestation of lingering Russian or Orthodox sympathies.19 The hostility with which they were met was made all the more obvious by the contrast with other ecclesiastical refugees from Chełm: many of the native-born Chełm Uniate priests who refused to go along with Popel’s decrees also went to Galicia in hopes of being able to continue their ministry. These new17 Popel’s role was a major point of contention between the Russian government and the Vatican; his character and influence are discussed in, among others, RGIA Fond 821, Opis 4, Delo 1607 and RGIA Fond 821, Opis 4, Delo 2145. 18 The final steps towards “reunification” are detailed in Glinka 1975, p. 91ff. 19 Many of these suspicions are voiced in correspondence between the Galician administration and police and the central Habsburg administration; see, for example, TsDIAL Fond 129 [Stavropihiys’kyy Instytut], Opys 4, Sprava 91.

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comers were warmly welcomed by the Galician Polish elite, who saw them as martyrs to the Catholic cause and strove to find appropriate employment for them.20 Kuzems’kyy spent the remaining years of his life isolated from the Greek Catholic hierarchy – a far cry from being named Metropolitan, a position to which he had been the heir apparent before the Chełm situation fell apart; many of the other returnees never managed to secure another parish appointment and were monitored by the Galician police for years to come.21 But the Galicians who remained in the Russian Empire also faced suspicion, this time from the Orthodox perspective: perhaps these former Greek Catholics were not sufficiently reliable in the promulgation of Eastern Christian ideals among a heavily Polonized population. Many of them were actually stripped of their parishes and teaching duties, replaced by Orthodox priests who had been sent to Chełm from Russia proper. One memoirist, the priest Nikolai Livchak, recalled the common indignation felt by his fellow Galician 8migr8s: who knew the local dynamics better than they? How could these Russian priests possibly be more effective in communicating with the new “converts” than the Galician priests, who had spent their entire lives battling aggressive Polish Roman Catholicism?22 The Chełm affair was a stark demonstration in practice of what government officials and clerics alike had long understood in theory : that political and religious loyalties were complicated, freighted concepts. It only increased both sides’ wariness and made them more finely attuned to the potential consequences of seemingly innocent actions. This hypersensitivity revealed itself most vividly with the Hnylychky affair, less than a decade after the Chełm conversion. Before 1882, few had heard of Hnylychky, a small Galician village only 20 kilometers from the Russian border. But that year it became a buzzword for a scandal that captured the attention not only of the Habsburg monarchy, but of Europe as a whole. In late 1881, the Greek Catholic residents of Hnylychky, vexed that their petition for a new parish church had been denied, announced their mass conversion to Orthodoxy.23 This was a highly unusual occurrence, unprecedented in Galicia, and Habsburg and Vatican 20 At the forefront of efforts to provide for the Chełm refugee clergy was Baron Florian Ziemiałkowski, who from 1873 to 1888 was de facto Minister of Galician Affairs (formally a minister without portfolio) in the Austro-Hungarian government. See his correspondence with Ivan Stupnyts’kyy, the Greek Catholic bishop in Przemys´l, in Studyns’kyy 1908. For examples of petitions submitted by Chełm priests seeking state support after moving to Galicia, see TsDIAL Fond 146 [Halyts’ke Namisnytstvo], Opys 7, Sprava 4092. 21 See, for example, TsDIAL Fond 146, Opys 4, Sprava 2617–2619; TsDIAL Fond 129, Opys 4, Sprava 30. 22 Livchak 1910, p. 111ff. 23 Details of the trial are best found in Himka 1999b, p. 73ff. The transcript of the trial was published soon after the trial; see Stenograficheskiy otchet iz sudovoy rospravy po delu Ol’gi Grabar’ i tovarishchei, L’viv 1882.

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officials immediately began an investigation into the matter. It quickly emerged that the villagers had been encouraged in their behavior by a popular Russophile priest and author, Ivan Naumovych, who had long been viewed with suspicion by government and church authorities for his populist politics and his pro-Russian rhetoric. Naumovych’s involvement greatly heightened the significance and perceived danger of the conversion in the eyes of officials in Vienna and Rome. The matter would have been alarming enough if it had been the villagers’ own initiative; once it was discovered that someone as politically engaged and prominent as Naumovych was involved, the Habsburg government treated the matter as cause for the utmost concern. Charges of high treason were filed against eleven individuals, including Naumovych and his son; Adolf Dobryans’kyy, a prominent Ruthenian politician and activist who lived in the Hungarian half of the Empire, and his daughter Ol’ga Grabar’; five editors of some of the most popular Ruthenian periodicals; and two residents of Hnylychky. The state prosecution argued that the villagers’ conversion to Orthodoxy was politically motivated, done with the intention of subverting Habsburg control in the region and laying the groundwork for future Russian invasion of the region.24 After a lengthy trial, which concentrated mainly on broader issues such as the defendants’ political views, the reliability of the Ruthenian press, and the popularity of Russophilism in Galicia and scarcely at all on the conversion itself, all were acquitted on the count of high treason, with a few of the defendants being convicted of lesser charges such as disturbing the peace. While the high treason charges were widely condemned as prosecutorial overreach by observers across Europe, they revealed the extent of the Habsburg administration’s anxiety over the allure of Orthodoxy. As Anna Veronika Wendland and Włodzimierz Osadczy, among others, have demonstrated, this anxiety was not altogether unfounded: Russophilism and Orthodoxy did have widespread appeal among educated Ruthenians in the second half of the nineteenth century. The Hnylychky affair – especially when combined with the recent experience of Galician clerical involvement in Chełm – heightened the Habsburgs’ awareness of these tendencies.25 During the trial, Naumovych revealed that he had envisioned the conversion as a sort of warning shot to Rome, calling their attention to what he perceived as their neglect of the Greek Catholic Church in the face of Polish and Jesuit intrigues. He insisted that politics had never entered into the matter, that it was

24 The formal charges, laid out in great detail, can be found in Stenograficheskii otchet, part 9, p. 1ff. 25 Wendland 2001; Osadczy 2007.

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exclusively an ecclesiastical affair.26 The Habsburg administration, however, took the Hnylychky affair not as a confessional call to attention but as a demonstration of political disloyalty. At the same time, however, Naumovych’s stated aims rendered him suspect in the eyes of the Russian Orthodox Church and the Russian government: soon after his release from prison, he emigrated to the Russian Empire and converted to Orthodoxy, hoping to drum up support for his populist education efforts back in Galicia. But the sincerity of his conversion was called into question, and he was treated as above all a nuisance. His supporters, largely Galician Russophiles, maintained that his sudden death in 1891 was the result of poisoning by the Russian regime, desperate to be rid of him.27 The impact of the Hnylychky affair on the Greek Catholic Church was extensive. Although Naumovych himself was something of an outsider, appealing far more to the common people than to the Greek Catholic hierarchy, that did not exempt the hierarchy as a whole from coming under scrutiny with regards to their loyalty to the crown in the wake of the affair. There was essentially universal agreement in Vienna and Rome that the Metropolitan at the time, Yosyf Sembratovych, was guilty less of disloyalty than of incompetence: he was a weak leader, unable to control his increasingly unruly flock.28 As Viceroy Potocki put it in a report to Vienna recommending Sembratovych’s removal from office, “he is a spineless tool of his unscrupulous and perfidious entourage.”29 He was forced to resign in December 1882. Thus, Sembratovych was exonerated, at least insofar as his intentions were concerned, but his advisors – and one advisor in particular – were not. This was Mykhaylo Malynovs’kyy, the long-serving head of the Greek Catholic Cathedral Chapter in Lviv, who was generally understood to be the mastermind behind every decision and action taken by the Greek Catholic administration. He had been a leading figure in Ruthenian national life since the late 1840s, campaigning for equal status for the Ruthenian language and equal access to education for Galician Ruthenians; he was also a zealous advocate of the Greek Catholic Church, working constantly to demonstrate to outside observers that the church had long been (and continued to be) treated as a second-class variety of Catholicism by Galician Poles.30 26 Stenograficheskii otchet, part 3, p. 169ff. 27 Among the staunchest of these supporters was his biographer, Osip Monchalovskiy. See Monchalovskiy 1899. 28 The correspondence between Vatican and Habsburg officials on Sembratovych’s role can be found in ASVANV 570, p. 1ff. 29 HHStA Administrative Registratur F. 28 k. 11, p. 162: “dass er […] zum willenlosen Werkzeuge seiner gewissenlosen und perfiden Umgebung wurde.” [Translated by the author.] 30 An avid historian, he believed familiarizing the wider world with the origins and development of the Greek Catholic Church would be the most effective way to gain support. The clearest expression of his views, therefore, is his massive history that stretched from the Baptism of Rus’ in 988 up until the current moment, focusing specifically on what he saw as

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At the same time, however, Malynovs’kyy was no admirer of the Russian Empire, eschewing the Russophilic views of many of his compatriots. After Hnylychky, however, Malynovs’kyy became the target of vicious attacks in the Polish press; he was accused of being a “schismatic agitator” (agitatorem schismaticum) and dragging the entire Church, hierarchy and faithful, away from the true Catholic faith towards Orthodoxy.31 It hardly mattered that Malynovs’kyy’s connection to the case was tangential at best: because of the dramatic nature of the Hnylychky affair, the loyalty of Malynovs’kyy became a major issue, and, like Sembratovych, he was forced to resign from his position. Just how closely entwined the questions of political and religious loyalty were is clearly demonstrated by Malynovs’kyy’s attempt to clear his name. In his entreaty to Pope Leo XIII, in which he pleaded to be allowed to retain his position, he emphasized his longstanding service of both Church and Crown. As he wrote, With the same degree of piety and loyalty, with which I am dedicated to our faith and the Catholic Church, as well as our august Emperor Franz Josef and his august regal Habsburg dynasty, I pray for the prosperity of the Catholic Church and the flourishing of the Austro-Hungarian monarchy. […] For centuries now, Catholics have wrongfully accused us Ruthenians, Catholics of the Greek-Slavic rite, of a proclivity to Muscovy and Eastern schism. […] Are these not just Polish intrigues against the Catholicism of the Ruthenians?32

He argued further that his extensive writings on the history of the Greek Catholic Church repeatedly emphasized the benefits brought to the Church by the Habsburg monarchy and condemned the pernicious effects of Russian policy over the years. Taken together, then, Malynovs’kyy expressed disbelief that anyone could question his loyalty to Rome and Vienna. The situation was too far gone, however ; Habsburg and Vatican officials recognized that Malynovs’kyy had become such a polarizing figure, and his loyalties had been too publicly questioned, for him to be allowed to remain in his former position of authority. He was forced to retire to a remote monastery, where he spent the remainder of his life. With his and Sembratovych’s departures, the Church’s reliability and utility were essentially destroyed in the generally pernicious impact of the Poles and Jesuits on the church’s development. Malinowski 1860. 31 Malynovs’kyy himself cited an article from Przegla˛d Kos´cielny, published on November 2 1882, as particularly troubling in its accusations of schism. See ASVANV 587, p. 75. 32 ASV ANV 587, p. 82ff., Latin original: Eadem pietate et fidelitate, sicut fidei et Ecclesiae catholicae, ita etiam addictus sum augustissimo Imperatori Francisco Josepho ac augustissimae Dynastiae Ejus caesareo-regiae Habsburgicae, et sicut oro pro prosperitate Ecclesiae catholicae, ita quoque oro pro prosperitate monarchiae austro-hungaricae […] Jam a multis saeculis vexant nos Ruthenos catholicos ritus graeco-slavici, catholici cum proclivitate ad moscovitismum et ad schism orientale […] Numne haec talia non sint agitations polonicae contra catholicismum Ruthenorum? [Translated by the author].

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Habsburg eyes, and it was not until Andrey Sheptyts’kyy was appointed to the role of Metropolitan in 1900 that the Church began to regain its former clout. To be sure, the question of the Greek Catholic Church’s loyalties was only one reason for its displacement from the center of Ruthenian political life in the late nineteenth century. The rise of a secular intelligentsia, the development of mass politics, a deterioration in the quality of church leadership, and a variety of other well-documented factors also contributed. But something fundamental changed in the relationship between the Church and its two imperial masters during the 1860s and 1870s, bookended by events in Chełm and Hnylychky. These two incidents highlighted the Church’s weakness and inability to guide Ruthenian society that had been building over the previous decades but only now fully revealed itself. In Chełm, one regime – the Russians – sought to take advantage of the clergy’s dissatisfaction towards the other regime – the Habsburgs – to achieve their own goals. When the clergy proved less pliant than Russian officials had expected, they lost interest in collaborating with them in any meaningful way ; at the same time, those priests’ willingness to even consider the Russian option rendered them eternally untrustworthy in Habsburg eyes, especially those of the Polish viceroys Gołuchowski and Alfred Potocki. The situation in Hnylychky was virtually the reverse of that in Chełm. Here the initiative for conversion to Orthodoxy came not from the hierarchy, but from a populist priest; it was in fact opposed vigorously by the Greek Catholic leadership in Lviv. But in one important way it continued a process begun by the events in Chełm: a deterioration of the Habsburg government’s faith in the Greek Catholic Church’s loyalties and effectiveness as an instrument of social control. What we can see in both incidents can perhaps best be characterized as a misreading of the situation by the Greek Catholic clergy. They were fully aware of their liminal position, and in these two cases – as in other, less prominent incidents – they explicitly sought to take advantage of this position to improve their lot. In the case of Chełm, the priests who emigrated from Galicia wanted to continue a project of “ritual purification” that had been suppressed in the Habsburg realm; upon their arrival, they found that their rosy expectations of the Russian Empire were misguided, and the situation in Galicia began to look positively idyllic in comparison. But the very act of emigration had closed that option to them. Now they were treated with suspicion back in Galicia. The Hnylychky affair had a similar effect: the “warning shot” fired by the conversion did indeed lead to greater attention to Greek Catholic affairs on the part of the Vatican and the Habsburg regime, but not in the way Naumovych had intended. Rather than devoting greater energy and care to nurturing the Church, officials questioned its leaders and deemed the institution as a whole untrustworthy. Once the loyalty to Rome and Vienna that had been the Greek Catholic Church’s

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hallmark came under question, it lost its potential value as a partner in the political and religious life of Galicia. Nothing served as a starker demonstration of this than the events in Chełm and Hnylychky.

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The Beginning of Mass Mobilization in Galicia: Between Agricultural Strikes and the Struggle for Electoral Reforms

Abstract This article focuses on the participation of the Catholic clergy in mass rallies that were part of agricultural strikes and struggles for electoral reforms. I analyze the role and behavior of two religious groups: the Greek Catholic and the Roman Catholic clergy and laity during the period of 1902 to 1907. This period includes two important events: the agricultural strikes of 1902 and the preparation for the universal suffrage reform in 1907, both of which may provide insights into the mass mobilization in the perspective of longue dur8e.

Introduction From a historical perspective mass mobilization is a complex and long-lasting process. In the course of the nineteenth century there were many events in Europe in which the societies had to face massive changes. The Habsburg province of Galicia also experienced these kinds of events. One striking example of mass mobilization events under the participation of clergymen were mass rallies that were part of agricultural strikes and struggles for electoral reforms. This article deals with two specific events which took place between 1902 and 1907: the agricultural strike of 1902 and the preparation for the universal suffrage reform in 1907. These two events provide significant insights into mass mobilization in the perspective of longue dur8e and show the involvement of the clergy in the public sphere within only five years. Moreover, it focuses on the two major groups which were involved in the strikes: the Greek Catholic and the Roman Catholic clergy. The sources are based mainly on influential (local) newspapers – which had a wide political scope and discussed rallies and the role of clergymen in the society – and reports to the vice regency and official Church ordinance. These abundant sources can be found in the Central State Historical Archive of Ukraine in Lviv. During strikes and public rallies, Galician society became acquainted with the power of the masses. The state authorities came to feel peasant power, political

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parties tested their ideologies and landowners had to deal with the demands of peasants, who required higher wages. Local Catholic Churches (mainly Greek Catholic as strikes took place mostly in Eastern Galicia) likewise tested the extent of their influence and mediated relations between their parishioners and local officials. The most essential concerns for the Catholic Church was to not lose its control over the laity and to prevent the spread of socialist ideas. Such aims were possible as local priests became engaged in various public events and preached during religious services about the Catholic vision of societal and political life. Thus, local priests educated and encouraged the laity to be involved in public life but remain obedient to the Church and government.

The Parish Priest and His Role in the Community The parish priests were leading figures in their communities. They were not only sacral leaders but also those who knew their laity personally. One of the aspects influenced by mass mobilization was the relationship between parish priests and their flocks. Through parish priests, the Church communicates with and leads parishioners. This position of the parish priest had its pros and cons. On the one hand, when parish priests decided to be more publicly involved and lead their parishioners to participate in the public and political sphere, they held a better position than other activists on account of their preexisting influence over their flocks. On the other hand, the priests’ intense involvement in politics often resulted in the worsening of relationships between local power actors and could also cause conflicts with the laity (particularly regarding different political views). The priests had certain obligations towards the secular authorities, and this created a space of necessary interaction with the local government, schools, and other institutions. In addition, congregations depended on their priests as the priest was needed to perform religious ceremonies that took place in the life of every Christian, such as baptisms, weddings, and funerals. The religious ceremonies provided the priest with an opportunity to use his position for his personal benefit, and in some cases to spread his convictions. The secular obligations of priests were the field where priests interacted the most with local authorities, particularly with the starosta (district governor) and teachers. Secular obligations included the maintaining of parochial records in an orderly manner and the proper organization of the parish register and other governmental documents.1 This was where the priest connected and commu1 Sprava pro zvynuvachennya svyashchennyka Kovcha Hryhoriya (z Lisovtsiv) v ahitatsiyi proty Avstriyskoyi vlady 1907–1908. (Table of Virtues. The case of the prosecution of priest

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nicated with the local authorities. In some cases, priests used their secular obligations to block the work of local officials, for example, by not providing the birth and death data of their parishioners.2 The relationships between the local teacher and the priest had great potential as both were educated and motivated to enlighten the villagers.3 However, they were not necessarily allies because in some cases teachers had modern views and were skeptical towards religion,4 and in others teachers and clergy had conflicting visions of political issues and could even divide the community into those who trusted the teacher or the priest more. From the perspective of local authorities, politically engaged priests were a threat to peace; from the Church’s point of view, priests needed to balance their pastoral duties and their involvement in mass mobilization. The case of the Greek Catholic priest Teodor Tsehel’s’kyy demonstrates how secular duties of the priest and his political activity lead to the involvement of secular and religious authorities in the life of the village and the priest. The school inspector wrote a report informing the Galician administration that the parish priest Tsehel’s’kyy was using pupils to organize and agitate people into taking part in a political meeting.5 This was a problem because it was considered misuse of priestly duties. After receiving the school inspector’s report, the Galician administration in Lviv formally informed the Metropolitan Consistory that Tsehel’s’kyy reportedly asked his pupils during religious education classes to spread an invitation to a Ruthenian peasants political rally. Since the priest was under the authority of the religious institutions, it was now the responsibility of the Metropolitan Consistory to investigate what had really happened and to prevent any future recurrence. The viceroy’s office suggested prohibiting all priests from distracting pupils from their studies. The Consistory stated, in their response to the viceroy, that Tsehel’s’kyy had not encouraged his pupils to participate in or organize any rallies; rather, it was the pupils’ own initiative. The

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Gregory Kovch (from Lisovtsi) in the campaign against the Austrian authorities). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 5041. Materialy po rozsliduvannyu spravy svyashchennyka sela Kolokoli Petryts’koho Petra, zvynuvachenoho u vystupakh proty avstriys’koyi vlady. (Materials on the investigation on priest Peter Petryckyj from the village Kolokolia accused in agitating against the Austrian government 1882–1913). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 1791. Table of Virtues. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 5041. Materialy po spravi svyashchenyka z s. Ropchytsi Bachyns’koho Mykhayla, zvynuvachenoho v orhanizatsiyi sil’s’kohospodars’kykh straykiv 1900. (Materials on the case of the priest Michael Bachynskyj accused of organizing agricultural strikes). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 2502. Sprava pro zvynuvachennya parokha s. Strusova Tsehel’s’koho Teodora u vykorystanni uchniv dlya svoyikh nuzhd, hnoblennyu prykhozhan i nemoral’niy povedintsi 1906. (The case of the prosecution against pastor Teodor Tsehel’s’kyy, a parish priest of the village of Strusov accused of using students for his needs, oppression of parishioners and immoral behavior). TsDIAL: Fond 201, Opys 2, Sprava 788.

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Consistory’s investigation proved that the Ruthenian political rally was only for a small group of people; none of the pupils were present there. The only possible fault that could be attributed to the priest was that he had not monitored the pupils’ presence during his lessons. As a result of this answer from the Consistory, Tsehel’s’kyy was exonerated of any blame.6 The Consistory as an institution responsible for the proper behavior of priests had a duty to reassure the viceroy’s office that priests were performing their work properly and had not caused any political problems. In addition, the communities’ actors, including priests, were tied together and influenced each other, in particular when they dealt with the unknown sphere of political activity and mass mobilization.

The Economic Strikes of 1902 The economic strikes of 1902 were the first mass events with active peasant participation and emerged out of a growing number of smaller strike actions. Strikes throughout Europe were becoming a form of social manifestation, resistance and demand for more rights.7 In Galicia, strikes were mainly aimed at landowners and demanded from them an increase in wages and the permission of peasant mobility. A closer look at the strike of 1902 sheds further light on the emerging mass mobilization process, such as the important role of the clergy, the ability of peasants to organize themselves to support certain ideas, and the involvement of the Church hierarchy in social issues. The Greek and Roman Catholic clergy were faced with the choice of taking an active or passive role during the strike, while the Church hierarchy was asked to preserve peace and order among the laity. Thus, the strike was an opportunity, brought on by mass mobilization, to rethink the interaction between the clergy and laity in the public sphere. The main reason for the strike of 1902 was the unsatisfactory wages the peasant workers were receiving. They demanded an increase in wages as their current earnings made it impossible to survive. The peasants threatened the landlords they were working for that they would not bring in the harvest because the pay was too low.8 The property owners, however, refused to raise wages arguing that they did not have enough money. During such confrontations be-

6 The case of the prosecution against pastor Teodor Tsehel’s’kyy. TsDIAL: Fond 201, Opys 2, Sprava 788. 7 Bayly 2004, p. 455–469; Stauter-Halsted 2004, p. 12; Tilly 1997, p. 57. 8 Donesennya starostv i orhanov politsyy o khode sel’s’ko-khozyaystvennykh zabastovok (Reports from mayors and the police on the progress of agricultural strikes, Volume 1, 1902). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3779.

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tween peasants and property owners, the parish priests were often selected as negotiators. One of the best examples of a priest’s involvement is the case of the Greek Catholic priest Bohachevs’kyy, who was also a deputy to the parliament. Bohachevs’kyy, together with the starosta, had to agree on the wages for the peasants, however the negotiations were not going smoothly because the starosta and the priest could not reach an agreement. The starosta suggested that peasants should agree to the landlord’s proposition of an increased wage, while the priest supported the peasants in continuing to strike.9 In addition, Bohachevs’kyy intended to collect factual information about the strike in order to discuss the issue in parliament and provide statistical data to clarify the reason for the strike.10 So both negotiators, the starosta and the priest – besides seeking to reach an agreement for the peasants – had other motives for participating in the negotiation. For the starosta it was important to end the strike and resume normal relations between peasants and landowners, while for the priest it was more interesting to research the nature of the happening and discuss it in parliament. Considering the possible danger of a priest’s communication with peasants, some starostas convinced the viceroy’s office to send gendarmes to the services of Greek Catholic churches, especially during religious holidays,11 in order to listen to what priests said to their parishioners. Even though the strikes were mostly organized by Ruthenian activists and clergy, against the backdrop of social injustice towards peasants, the question of the Roman Catholics’ role in these events appeared as well. It was a Greek Catholic priest and Ruthenian activist who asked, “What can Roman Catholic peasants do?”12 The answer to this question was not an easy one because some of the agitators appealed only to oppressed Ruthenians and they blamed Poles (who made up the majority of the nobility) as a cause of suffering. The other agitators encouraged the Roman Catholic peasantry to strike as well: “after all they had the same problems and all peasants were united by the same interest.”13 The brochure Straykovi prava abo chy vil’no straykuvaty? (“The right to strike or is striking allowed?”) elaborated on this idea, arguing that both peasantry (Roman and Greek Catholic) “were neighbors, blood relatives, having one language one tradition and thus should be united.”14 However, the Roman Catholic clergy was seen as a cause for the 9 10 11 12 13 14

Reports from mayors and the police, Volume 7, 1902. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3785. Ibid. Reports from mayors and the police, Volume 1, 1902. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3779. Tsehel’s’kyy 1903, p. 9: “Shcho robyty khlopam-latynnykam?” [all translations are my own]. Ibid.: “Ale khlop latynyk maye ti sami problemy i u vsikh khlopiv spil’nyy interes.” Ibid.: “Vsi vony susidy, krevni i svoyaky, odna v nykh mova i odyn zvychay – tozh i tomu shche povynni trymatysya razom.”

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growing disunity between the Roman and Greek Catholic peasantry, for example, by supporting and promoting the idea of ignoring strikes among Roman Catholic peasantry, as this peasantry had to support Roman Catholic property owners.15 The hierarchy of both Catholic Churches could not ignore the strike and felt responsible to express its opinion about it. Roman Catholic archbishop Jjzef Bilczewski stated: “The peasants had a right to fight for their rights in a calm and just way”.16 However, he emphasized that it was important for the peasants to ask for a realistic wage, not one that was too high. While discussing the instructions of the Roman Catholic archbishop, the Ukrainian-oriented newspaper Dilo (“The Deed”) wrote that the Roman Catholic local clergy was against strikes instead of supporting peasants: “the priests were scaring them, claiming that those who strike would go to hell.”17 This concern suggests that the position of the local clergy was a very important condition for the successful outcome of the strike. Greek Catholic archbishop Andrej Sheptyts’kyy emphasized in his appeal on strikes that “parish priests had to remind peasants to act calmly, legally and to avoid any kind of violence.”18 Additionally, the archbishop asked the clergy to report to him about strikes and to remember that parish clergy could do a lot regarding the matter of strikes as they lived close to the people and could act as mediators between peasants and property owners.19 Thus, the Greek Catholic archbishop defined, quite precisely, what the role of the clergy should be during strikes. While publishing the appeal of the archbishop, the Ukrainian-oriented clerical newspaper Ruslan stated that there was no doubt that priests would listen and act in accordance with the words of the archbishop.20 So, actively engaged priests were regarded as instrumental for the success of strikes by influencing peasants to be calm and help them to get better wages. As was already discussed, local authorities, mainly starostas, saw a big mobilizing potential in priests and thus kept an eye on them. The starosta of the town of Rohatyn was extremely worried that the clergy would be inspired by radical politicians and would help them organize strikes in his district. The starosta explained his fear : “The priest in each parish could prepare the ground 15 Ibid., p. 8–9. 16 Straykovi Spravy (Strikes’ deeds), in: Ruslan 1902/166, p. 1: “Selyanam vil’no v spokiynyy i spravedlyvyy sposib borotysya za svoyi prava.” 17 Khlops’ki Strayky (Peasants’ strikes), in: Dilo 1902/158, p. 1: “Pol’s’ki ks’onzy zalyakuyut’ shcho khto ne pide robyty do pana to pide do pekla.” 18 Kurenda vseopreosvyashchenoho mytropolyta (Kurenda of Eminence Metropolitan), in: Ruslan 1902/169, p. 1: “[…] napomynaty virnykh do pustupuvannya myrnoho i lehal’noho i peresterihaty pered vsyakymy nasyl’stvamy i nespravedlyvostyamy.” 19 Ibid. 20 Ibid.

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for a strike without any additional efforts and rallies.”21 For the starosta, the biggest problem was that it would be very hard for him to predict when a strike would take place, as the priest could organize everything silently and without unnecessary attention. Thus, the starosta was powerless to do anything to prevent strikes. Under such circumstances, local officials were more suspicious of parish clergy and transmitted the message to the local government that clergymen were the main, or at least very important, organizers of a strike. There were examples of priests who were not successful organizers of strikes. For example, priest Dmytro Kurdydyk criticized his parishioners, who he claimed “were sitting like […] fools and not taking part in strikes.”22 He advised them to take an example from those who were striking, arguing that in this way people were taking care of themselves and their children.23 This kind of speech delivered during the religious service was one reason for the gendarmes to detain some peasants and question them as witnesses. However, the peasants reported that they had not understood the speech or were standing too far from the altar to hear it properly.24 Apparently, the laymen did not want to testify against their own priest.25 Whilst both the Church and the secular authorities held an interest in keeping public order, it is clear that the religious paternalism felt by priests towards their flocks shaped their relationship to mobilizing peasants. Those priests who saw their role as being active and supporting their laity in political mobilization would undoubtedly create tension with the local authorities like the starostas. With the growing politicization that came with universal manhood suffrage, the role of the Catholic clergy and the tensions with starostas were only to increase.

The Struggle for Electoral Reforms In 1906, the Austrian monarchy was widely discussing the idea of universal manhood suffrage and the utility of such a reform throughout the empire. The provinces saw great potential in the electoral reform, as it would bring more local representatives to the imperial parliament. Galicia was no exception. During strikes numerous peasants had learned to move their fight with the property owners into the public sphere, and the electoral reform seemed to be a next step 21 Reports from mayors and the police, Volume 10, 1902. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3788: “Ottsi v kozhnomu poviti mozhut’ orhanizuvaty strayk bez osoblyvykh zusyl’.” 22 Reports from mayors and the police, Volume 8, 1902. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3786: “Selyany sydyat’ yak […] hluptsi i ne berut’ uchasti u straykakh.” 23 Ibid. 24 Ibid. 25 Ibid.

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for gaining better life conditions. Kai Struve and Keely Stauter-Halsted emphasize that the peasants had learned how to be active in public and political spheres,26 and this brought them skills and the desire to fight for their own rights, such as the right to vote. The priests of both rites were mobilizing the peasants to support the planned reforms of universal manhood suffrage. They organized various rallies and encouraged the peasants to be actively involved in the elections of 1907. After their experiences during the strikes of 1902, the parish clergy were more aware of the power within mobilized masses. Thus, in 1906 and 1907, when the acceptance of the new electoral law was on the table, the clergy already had an idea of how to organize peasants in support of this reform. The reference to the success of strikes as a means of inspiring peasants and put pressure on the local authorities was an important part of agitating for the support of universal suffrage. The foci for mass mobilization at that time were the rallies held for discussing the advantages of electoral reforms. The main motivation for the clergy to engage in rallies was to encourage the laity’s participation in elections and thus elect deputies with strong Christian values and Catholic support. For the laity, the biggest motivation was the possibility to improve their status and position within society. The rallies themselves were an opportunity to discuss various ideas related to electoral reforms as well as issues that were not directly related but were considered extremely important. One such issue was the inequality of access to power for Ruthenians and Poles, another the economic disadvantage of the peasantry in comparison to property owners (the latter being a continuation of the issue that caused the strikes in 1902). Certainly, the priests and the laity were not the only participants in the rallies. There were also local officials and in some cases gendarmes who observed and upheld the public order. In many cases, the representatives of political parties were also present at the rallies, as they were preparing the ground for the future election. All these participants brought their own perspectives and motivations regarding the importance and opportunities of the reforms. One of the starostas, speaking about Ruthenian rallies, characterized them in the following way : […] the agitators are the secondary school youth and professors, who are travelling through the villages during vacations, students and priests, who take upon themselves the roles of participants and organizers of the movement. In general, the idea of agitation is to enlighten Ruthenian peasants and encourage them to be patriotic, but they (the agitators) are also stimulating hatred towards Poles and landowners.27 26 Stauter-Halsted 2004, p. 2; Struve 2008, p. 90. 27 Materialy pro borot’bu za zahal’ne vyborche pravo, Volume 5, 1906 (Materials on the struggle for universal suffrage). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3642: “[…] ahitatory tse himnaziyna molod’ i profesory shcho pid chas kanikul roz’’yizhayut’ po selakh, studenty i ottsi, yaki berut’ na sebe rol’ i uchasnykiv i orhanizatoriv rukhu. V osnovnomu ahitatsiya maye

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This is how the starosta briefly characterized the audience and motivation of those organizing the rallies. He explained further his struggle with the movement: “It is hard to trace the movement as it is developing in reading houses, during closed meetings or gatherings of the clergy.”28 Under such circumstances, the details of the rallies were not accessible to the starosta, and he could not identify what level of hatred between nationalities or social strata would evolve. The actions of the Greek Catholic hierarchy were significant stimuli to set an example for the behavior of priests. The bishops preached about the importance of public activity and especially the need to support electoral reforms as these reforms were going to bring new opportunities for the Ruthenians. The bishops summarized their position in an appeal to the clergy. They emphasized how crucial it was for the clergy to organize peasants to support electoral reforms and how much potential the clergy held as those who were closest to the peasants.29 The role of the clergy in the public sphere was shaped not only by instructions from the bishops but also by the possibility of improving the social and economic position of their parishioners. The other motivation was to protect peasants from possible problems, such as imprisonment and clashes with Jews. Very often, while raising the issue of societal inequality, one of the reasons for such inequality was the position of Jews, who obtained leases on various things (but mainly the right to sell vodka) from the nobility and then sold the alcohol to peasants. Thus, the Jews were regarded as speculators who did not work hard, but rather extracted money from the hard-working peasants. For a parish priest, it was extremely important to keep his parishioners from attacking Jews, mainly because the threat to public peace would result in the imprisonment of peasants and a long prohibition of rallies. Furthermore, if rallies were prohibited, the ability of the Church to get its message to its flock and influence political change would be seriously harmed. The attitude toward Jews, which was announced at various rallies, had two sides. On the one side, some rallies, while requiring election reforms for Ruthenians, also mentioned the importance of electoral reforms for Jews – particularly the possibility for Jews to have their own representatives in parliament. Ruthenians were concerned that if Jews did not have their own number of representatives, they would try to be elected as Ruthenian representatives. In addition, Jews were considered possible allies against Poles. This, in fact, was a practice during the 1907 parliament elections, when Ruthenians and Jews allied

dydaktychnu metu – prosvitlyuvaty rus’kykh selyan, zaklykaty yikh do patriotyzmu, ale takozh pryshcheplyayut’ nenavyst’ do polyakiv i zemlevlasnykiv.” 28 Ibid.: “Vazhko vidslidzhuvaty rukh, oskil’ky vin vidbuvavsya v chytal’nyakh prosvity v zamknutomu koli za zasproshennyamy, abo na soborchykakh orhanizovanykh ottsyamy.” 29 Rus’ki yepyskopy pro vybory (Ruthenian bishops on elections), in: Osnova 1907/14.

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and supported each other’s candidates.30 When there were no Ruthenian candidates available, the Ruthenians voted for the Jewish candidate and vice versa – tactical vote swapping. The other side was the presence of agitation against Jews with a clear antiSemitic message. Such agitation was not dominant; however, it was present and at least two priests were its active representatives. The starosta of the town Rudky complained to the vice regency that local priest Stefan Onyshkevych was writing articles for the newspaper Dilo with an anti-Semitic message. The starosta emphasized that because Onyshkevych was a priest he felt immune from punishment and safe in continuing such writing.31 The priest had at least one ally in the neighboring priest, Julian Humets’kyy, who encouraged the boycotting of Jewish businesses and goods.32 Thus, two mutually exclusive ideas towards Jews were present in the rally and developed further by the press: to fight with Jews or against Jews.

Faith and Politics The relationship between Poles and Ruthenians lay at the core of most rallies as well. Poles, like Jews, were blamed for causing poverty and suffering for Ruthenian peasants. Some activists distinguished between the Polish nobles, who in fact possessed most of the resources in Galicia, and Polish peasants, who were as disadvantaged as Ruthenians. However, some activists generalized and built an argument against the Polish nationality as the cause of all social problems. Such generalization was typical for nationalists, who developed their whole ideology based on national or ethnic grounds. A poster advertising a Ruthenian rally demonstrated the political-religious reinforcement discussed above. Firstly, the poster raised a point of inequality in the number of deputies that peasants and nobles had in parliament. Then, it stated that the new electoral law would challenge this inequality for the good of peasants and that peasants totally deserved this change as they were more hardworking and useful for the state than the nobility. The poster summarized the main motivation by saying that “everybody who values our faith, who appreciates our native language, who wants well-being for himself, his children and grandchildren, who values his holy land and who wants to be his own master of Ruthenian land should be at this rally.”33 30 Shanes / Petrovsky-Shtern 2009, pp. 483–505. 31 Materialy pro borot’bu za zahal’ne vyborche pravo, Volume 3, 1905 (Materials on the struggle for universal suffrage). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3636. 32 Ibid. 33 Materialy pro borot’bu za zahal’ne vyborche pravo, Volume 2, 1906 (Materials on the struggle for universal suffrage). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3639: “Na sim vichi povynni

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This quote demonstrates the intersection of sacral and secular values (and correspondingly sacral and secular spheres) as well as offering proof of a certain logic for putting an equal sign between the religious and the national (faith equals native language, equals good, equals the holy land). This was a common strategy of integrating already established sacral values into new political values (native land, culture, faith, etc.). The Roman Catholic Church was following the same process of rapprochement between patriotic (and in some views national) values and religious values. At the rally in Brzezia, the representative of ”Stronnictwo ludowe” (the Populist Party), Franciszek Bardel, emphasized that the equality of the election law was required to fulfill the Christian principle of the equality of the people before God and the law. The other speaker at this rally, Kajetan Kalas, highlighted the importance of solidarity between the working people, the nobility and the clergy : “People should unite […] for the love of the Fatherland and respect of religion.”34 This example reveals how at least one political party was using the alliance with the Roman Catholic Church to promote its own ideology. The politically active clergy of the Roman Catholic Church spoke in a similar fashion. For example, the priest and deputy Michał Zygulin´ski stated that an electoral reform was a need of the time and that the Catholic Church was always very good at adapting to the needs of the time, so the electoral reform would only reinforce the social role of the Church and thus the clergy should openly support this reform.35 Priest Stanisław Stojałowski emphasized the importance of Christian love and unity under the motto of “God and Fatherland” as well as relying on religious and patriotic values.36 Consequently, through the mutually supporting mottos coming from the clergy and political activists, the Roman Catholic Church was also becoming part of the political life as well as adopting elements from the national movement.

z’’yavytysya vsi komu doroha nasha vira, komy myla ridna mova, khto khoche dobra sobi, svoyim dityam i vnukam, khto dorozhyt’ svyatoyu zemleyu i khto khoche na svoyiy rus’kiy zemli buty svoyim hospodarem.” 34 Materialy pro borot’bu za zahal’ne vyborche pravo, Volume 1, 1906 (Materials on the struggle for universal suffrage). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3638: “Lyud povynen […] yednatys’ zadlya lyubovi do vitchyzny i povahy do relihiyi.” 35 Materialy pro borot’bu za zahal’ne vyborche pravo, Volume 25, 1906 (Materials on the struggle for universal suffrage). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3662. 36 Ibid.

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Women’s Rights The increase of women’s rights was also one among the questions raised at the rally. However, this issue was not as popular as discussing relations between nationalities or social injustice. The reasons for this are quite evident: the women’s rights movement was still growing, and the question of emancipation was more typical for the urban sphere than for the rural. Even so, a couple of the rallies witnessed talk of women’s rights. At the rally in Vrozhniava, the Greek Catholic priest Andriy Pelens’kyy agitated for political equality of women, arguing that women had duties as equally complicated as men and thus needed to have equal rights.37 Pelens’kyy repeated the same arguments at other rallies. The participation of women was noted at several rallies. In most cases women were part of the rally and thus participated in all the actions related to it. In one of the cases, at a rally in Gorlice, spoke the female activist Kazimiera Bujwidowa. She argued that women should have the right to vote as they worked even harder than men: at home and at work.38 Four rallies (in the villages of Gorlice, Vrozhniava, Bilcha, and Silko) led by priests also supported women’s suffrage using similar arguments.39 This was a very important sign for women as on the whole women were very religious and would not have become involved without the blessing of the clergy. Thus, the support of local clergy encouraged women to be politically active, within the constraining limits available to them at the time.

The Common Scenario and Message of the Rallies The rallies served two main purposes: to inform peasants about election laws and to gather signatures supporting the electoral law. The scenario of the rallies provided important insights into the exact role of the clergy in mass mobilization as well as into how their role as community leaders led them to engage in politics. The rally devoted to the support of the electoral reform needed the approval of the local authorities (the starosta) to be legal. Normally, if all the paperwork was organized properly (this included announcing the program and topics of the rally), the starosta allowed the rally. Typically, the rallies took place on a Sunday in some big hut in the village or at the priest’s home. Very often, it was a priest who took care of the organization, place and agenda of the rallies. In most of the cases, the representative of the vice regency was present at the rallies and noted whether the rally was properly organized and followed the 37 Ibid., Volume 19, 1906. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3656. 38 Ibid., Volume 27, 1906. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3664. 39 Ibid., Volume 19, 1906. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3638, 3655, 3656, 3665.

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topics announced to the starosta. Frequently, the rally took place just after a religious service, and most of the laity present at the service, including women and children, moved on to the rally. This resulted in a wide and varied representation at the rallies. When the priest was a leader of the rally, he started it with a prayer and then continued with a short lecture on what the electoral law meant and how it would contribute to a better life for his parishioners. The lecture itself could be prepared by the priest or could be read in some brochure.40 At some rallies there was only the priest speaking. Even though after the lecture the priest encouraged discussion or suggested giving the stage to other speakers, villagers preferred to remain passive. Most likely they were not confident and knowledgeable enough to express their thoughts at this stage of mass mobilization. At the end of the rally, the participants normally signed or voted to support some resolution on the issue of electoral reforms. Typically, they appealed to the Minister of the Interior to grant universal manhood suffrage, demanded more parliamentary representatives for their nationality, and asked for the right to vote for women. In some cases, there was a threat through the appeal that in the case of not fulfilling the request the peasants would organize a big strike. The brochures Proch z kuryyamy! Proch z panovaniyem paniv (“Away with the curias! Away with the dominance of the nobility”) read at the rallies stated that the “Imperial government agreed to introduce the electoral reforms out of fear that the Austrian monarchy would fall apart.”41 And thus, according to the brochure, the citizens should pressure the government to implement the reforms. After the rallies, the appeal was telegraphed to Vienna. Consequently, the rallies created a feeling of importance and accomplishment for the participants. This feeling became even stronger after the introduction of universal suffrage, which was regarded as a victory for those who supported the electoral reforms at the rallies. This victory also proved that it was possible to demand more equitable laws from the government.42 After the agricultural strikes, the electoral reform was considered the next victory of the common citizens and served as a good inspiration for the future fight for a more just society. Even though Galician villages normally consisted of more than one nationality and the extension of electoral reforms would be beneficial for each nationality, the rallies for support of electoral reforms were organized separately by different national communities. One of the reason for this separation was the leadership 40 Ibid., Volume 1, 1906. TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3638. 41 Tsehel’s’kyy 1905, p. 29: “Tsisars’ke pravytel’stvo zhodylos’ na vyborchu reformu zi strakhu shcho Avstriya mozhe rozpastys’.” 42 In reality, it was not the appeals of the peasants’ gatherings that had the most effect on adopting universal manhood suffrage, but the peasants were not familiar with the complex politics of the state. They rather saw the events from their own perspective and from this view it seemed as if the appeals from the gatherings made a big difference.

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role of the priest. A priest only had access to his own parishioners, and those parishioners belonged to one nationality. In this way, the presence of a priest tended to exclude other nationalities from participation (especially Jews). Another reason was due to slightly different interpretations of the electoral reforms by the activists. The Ruthenian activists, including the clergy, highlighted the fact that increasing the number of deputies would be a fairer and desirable solution to the concerns of Ruthenians, while Polish activists, including their clergy, emphasized the notion that the number of Ruthenian deputies should remain low. For these Polish activists, an increase in deputies for the Ruthenians would challenge Polish dominance in the province. Certainly, these two ideas did not allow for conducive meetings within the same rallies, as they were mutually exclusive and contributed to the tensions between nationalities. One example of a collective rally was the Polish-organized rally in Lanky. At this rally a Ruthenian peasant wanted to speak in the Ruthenian language, while the leader of the rally, the Roman Catholic priest Łozin´ski, objected: “[…] at a Polish rally, the Polish language should be used […]”43 This statement provoked quarrels between Ruthenian and Polish participants of the rally. Thus, the local officials and gendarmes present announced the cancellation of the meeting. The starosta wrote in his report that it was the Ruthenians’ plan to sabotage Polish rallies and thus have only Ruthenian rallies in that region. In conclusion, a closer look at the scenarios of the rallies reveals how precisely the parish priests acted during the rallies, and how they motivated the laity to take part in mass mobilization. The most important point is that religious practices were integrated into the public sphere, and the Church and its representatives were incorporating Catholic and political ideas into mutually complementary social behavior.

Conclusions The clergy held a position of influence within Galician communities, and through this came the opportunity to use their role in mass mobilization. As their parishioners became more involved in societal life, the priests needed to lead and control their laity. The extent of a priest’s involvement depended largely on his own goals and perceived responsibilities. Many priests saw it as their duty to take a paternalistic view towards peasants – and this increasingly included becoming involved in politicization. The differences in rite and nationality were becoming 43 Materialy pro borot’bu za zahal’ne vyborche pravo, Volume 19, 1906 (Materials on the struggle for universal suffrage). TsDIAL: Fond 146, Opys 4, Sprava 3656: “[…] na pol’s’komu vichu treba hovoryty pol’s’koyu […].”

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a significant point of division among clergy and laity in such circumstances. One of the first opportunities for the priests to explore their potential role in leading their laity in the public sphere was a priest acting as mediator during strikes. In some cases, priests actively assisted in the mobilization of peasants to strike. In other cases, they acted solely as mediators between disgruntled strikers and landowners or local officials. In both these instances, the involvement of priests created tension between them and the local starosta, who wanted to retain public order and were not sure that clergy would not challenge it. The strikes of 1902 show the emerging signs of a possible political role for priests and the potential areas of tension that would later increase not only between individual priests and the starosta, but also between the Church hierarchy and the secular authorities. The 1906 political movement subsequently presented an opportunity for priests to have a more influential role as mediators and become widely involved in community life. The Catholic Church recognized the need to take on this role but also to guide more closely the involvement of its priests. The goals of the Church became clearer : to counter socialist threats, to cement their ‘religious role’ alongside the duty to promote Catholic values in politics. It is through the physical and practical involvement of the clergy in 1906, namely through organizing rallies, preaching, publishing news articles and brochures, that demonstrated how the Church was trying to maneuver during a time of great upheaval.

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Vladyslava Moskalets

Changing Perceptions of the Jewish Economic Role: The Case of the Boryslav Oil Industry

Abstract During the second half of the nineteenth century, the Galician oil industry became an important part of Austrian economics and the object of rapid change. The industrialization of the region caused different changes in social life, among them, the formation of new Jewish elites who dominated the business in its first stages. The other result was the emergence of Jewish workers. The situation attracted the attention of numerous observers who perceived and used its Jewish character in their own way. Mining inspectors condemned the Jewish industry as backward but Polish economists, Jewish Western philanthropists and Viennese Zionists tried to find in the Boryslav example possibilities for overcoming the “unproductiveness” of the Jews. Socialist observers did not share this optimistic approach to the Galician oil industry, but regarded it as a double oppression for the Jewish workers, for both class and ethnic reasons. An analysis of this case will elucidate how the true example of the Jews participating in this new economic branch was influencing conceptions and the creation of the image of Galician Jewry.

Introduction During the second half of the nineteenth century, the Galician industry, even before reaching its high point, drew much attention from Western observers, Polish economists and Jewish philanthropists. The mixture of an exotic oriental atmosphere and hopes for technical improvements inspired socialists, utopian thinkers, journalists, and fiction writers. One of the most notable features of the oil industry from the 1860s until the end of its first phase around 1900 was its Jewish character. The Boryslav oil and ozokerite industry involved different representatives of the Jewish community – rich capitalists, joined in mighty family clans, numerous technical personnel, such as overseers and controllers, who took control over the workers’ salaries and even the workers themselves. The Boryslav oil industry and, especially, the role of the Jewish participants was frequently viewed through an ideological lens, whether socialist, Polish national or Zionist. Socialists saw the Boryslav industry as an example of class

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struggle. Polish economists and politicians believed that the industrialization would be the answer to Galician economic problems, while Zionists tried to find an audience to spread their ideas regarding the Jewish people. In my article, after reviewing the historiography and the history of the oil industry, I will examine these different perspectives and the way in which the involvement of Jews in the industry changed the perception of the Galician Jewry and their economic role in the region and in the Empire in general. For this research, I will focus on the period 1870–1890 as the time when the industry in Boryslav started to undergo modernization but was still noticeably Jewish. Previous scholars of the Galician industry have rarely focused on the ethnic aspect of the Boryslav industry, concentrating mainly on the question of modernization and state control. Alison Frank in her book Oil Empire, which is the most important monograph on the Austrian oil industry, does not pay much attention to the early period of the industry. She does, however, mention observers, who considered it to be “orientalist” because of the numerous Jewish producers dominating the industry in the first stages.1 The historian Larry Wolff mentioned the oil fields of Galicia as a place of nostalgic walks of Alfred Döblin and Joseph Roth, a symbol of the lost Empire, and remarked upon the importance of the oil industry in the general Galician image.2 Teresa Andlauer is one of the few scholars who paid close attention to the Jewish aspect of the industry.3 At the same time her depiction of the Jews in the Galician industry is based mainly on the writings of Saul Raphael Landau and does not compare these with the writings of other Polish thinkers of the time.4 Tomasz Ga˛sowski analyzing the Jewish participation in Galician economics, rejected the importance of Jewish workers in the Galician economy, saying that they did not comprise a real working class.5 William McCagg was of a similar opinion and claimed that Jewish proletarians did not play an important role in Galician industry, especially in its modernized stages.6 The recent research of Jan Wne˛k on industrialization in Galicia points out the contradiction between the backward economic situation and the rich culture of writing about the industrialization and its role.7 However, he does not mention the influence of the “Jewish question” on the ideology of industrialization, despite its noticeable presence in the works of numerous economists and ideologists. Robert Wistrich has researched the history of appropriating socialist ideas by 1 2 3 4 5 6 7

Frank Fleig 2005, p. 16. Wolff 2011, p. 389. Andlauer 2001. Ibid. Ga˛sowski 1996, p. 50. McCagg 1992, p. 208. Wne˛k 2015, p. 18.

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Jews and noted the importance of the Galician cause in the socialist Zionist agenda.8 Similarly, Francisca Solomon, who dedicated a part of her research to the socialist Zionist Saul Raphael Landau, emphasized the influence of the Boryslav example for the development of his socialist thought.9 In his monograph on the Ukrainian writer Ivan Franko, Yaroslav Hrytsak pointed out the importance of the multi-ethnic Boryslav industry for the discussions on workers’ struggles and solidarity.10 We can learn about the perceptions of the Boryslav industry and local Jews from various types of sources. Though the Jewish character of the industry was noticeable, different observers used these facts for different purposes. The first type of source consists of reports of inspectors, usually from Vienna. The second are travelogues and descriptions written by journalists. And there are also different types of responses from Western European organizations, such as the Alliance Israelite Universelle. The last type of sources are economic essays, aimed at reviewing the role of local Jews in the economy and which use the Boryslav oil industry case as an example.

The History of the Industry At the end of the nineteenth century, the oil industry in Boryslav was the most important branch of heavy industry in Galicia.11 During the second half of the nineteenth century, it underwent development from a dispersed and primitive extracting technology to a more advanced and safe model. This happened mainly due to the efforts of the Cracow Mining Department and stricter regulations regarding the extraction process. In most cases, the Galician Jewry was not an active participant in the industrialization process. Usually data was collected on both the artisans and the people working in big factories. According to Ignacy Schiper, in 1880 180.000 Galician Jews (26 percent) were involved in industry and craftsmanship, which was the third position in the occupational structure (after commerce and propination, that is, the liquor monopoly). The professional structure of the Jewish population was different from that of the non-Jewish population: in the latter, the first three positions were occupied by agriculture and manual labor.12 These numbers should not be overestimated because most of the Jews worked as self-employed artisans and because Schiper’s data may not be very accurate. 8 9 10 11 12

Wistrich 2007. Solomon 2012. Hrytsak 2009. Wne˛k 2015, p. 40. Schiper 1937, p. 444.

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However, at the beginning of the twentieth century, the number of Jews working in industry started to decline. Despite the increase in the general number of workers in the oil industry, the number of Jewish workers decreased in the early twentieth century from 1.053 to 964.13 A very important question was the issue of qualification. Most Jewish-workers in the industry were not qualified and hence they could not withstand competition. Contemporaries often emphasized the problems with the (lack of) professional education for Jewish workers and their isolation in narrow branches. The first was caused mainly by external reasons, such as antisemitism, the second by the internal tendency to work in a sphere where prior connections were already established. There are no statistics on the ethnic structure of the oil industry for the period of 1870–1880 but we can deduce numbers and proportions from inspector reports or other types of narrative sources. In 1873, the inspector of the mining industry Edward Windakiewicz counted 9.000 workers in Boryslav and 1.500 in the neighboring villages of Volyanka and Tustanovitse.14 They were concentrated in three types of factories. The largest one, which was even visited by the Emperor Franz Joseph in 1880, was the Gartenberg-Goldhammer wax refining factory Apollo. The wax refining factory was founded in 1873 as the first enterprise with a large capital (1 million gulden) called ”Erste Boryslawer Petroleum Compagnie” and the only one mentioned in the Compass Yearly Index of Austrian Industry (since the 1880s).15 The Apollo factory tried to implement technical novelties and won a few prizes at Austrian financial exhibitions. The second type belonged to the middle-sized owners, who were entitled to 50 mines each, and there were 73 such owners. The third and the most numerous type was represented by 779 small entrepreneurs, called “Jewish” by the author, each of whom was entitled to one or a few mines or was a co-owner.16 The wide range of the factories from very small, one-person enterprises to big factories of oil magnates, which hired thousands of people (like Lieberman’s or Gartenberg’s family factory), made contemporaries look at the industry with interest. The workers in the factories were Jews as well as Poles from Western Galicia and Ukrainians from local villages (the latter mainly seasonal), usually without specific qualifications.17 The Jews typically belonged to the wax refining branch of business or they worked as overseers. It is important to keep in mind that the professional structure was not very stable. A small entrepreneur could become a worker the next day and vice versa. This concentration of the Jews in one branch of industry was not something new; rather it was typical. The reasons for this 13 14 15 16 17

Tenenbaum 1918, p. 58. Windakiewicz 1875, p. 11. Compass 1887, p. 414. Windakiewicz 1875, p. 11. Hrytsak 2006, p. 281.

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tendency could be social cohesion and a network of connections that made people go into one type of industry.18 Still, it made contemporaries speculate on the situation of the Jews in general, with some considering the situation of the Jewish domination of the oil industry suspicious and dangerous for Polish society.19 The structure of the industry changed rapidly once attempts were made to modernize the Boryslav oil industry. In 1884, due to the new legislation from the Cracow Mining Department, small factories were no longer profitable and so the entrepreneurs started to consolidate.20 It led to changes in the industry structure, among other things, like increasing the distance between oil mines or establishing workers’ organizations. In 1888, the Boryslav industry already had 70 middle-sized enterprises.21 Another inspector, Holobek, counted 4.415 workers in Boryslav in the autumn of 1898, of whom 956 (21,6 percent of the general number) were Jewish.22 However, the next attempt to modernize industry, after the legislation of 1898, left the Boryslav industry with no room for small entrepreneurs and Jewish workers. Up to the beginning of the twentieth century the number of Jewish workers continued to decline.

The Boryslav Oil Industry as a “Jewish Industry” The characteristic feature which appears in most of the reports from the 1870s to the 1880s is attributing “Jewishness” to everything backward in the Boryslav industry, making categories like “small”, “undeveloped” and “Jewish” synonymous, without noticing that some of the bigger factories were also Jewish. Edward Windakiewicz visited Boryslav in 1872 to inspect the conditions of the oil and wax refining industry, focusing mainly on its technological development and the safety of the production process. Though he was positively impressed by the Gartenberg factory (”Erste Boryslawer Petroleum Compagnie”), which he considered one of the very few properly equipped factories, comparable with the Western “French company”, not all the “Jewish” entrepreneurships deserved such high esteem. At the same time, he harshly criticized the rest of the local “Jewish” mines, which were dangerous and did not allow the Boryslav business to develop.23 He did not mention that the “First Boryslav Oil Company” was also Jewish. Even the biggest foreign enterprise in Boryslav of the 1880s, the French 18 19 20 21 22 23

Kats 2007, p. 215. Z˙.D. 1884, p. 2. Frank Fleig 2005, p. 73. APK, Odd. II: Starostwo Gjrnicze/298/388. Holobek 1900, p. 75. Windakiewicz 1875, p. 11.

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Company owned by the assimilated Jew Marcel Bernstein, was not considered “Jewish” by observers, only as “foreign”. The word “Jewish” in Windakiewicz’s writings does not have negative connotations; it rather was used synonymously with “small entrepreneurship”. However, at times his stance is more emotional and he describes Jewish entrepreneurs as swindlers who intend to fool the workers and landowners: […] if only there appears wax or oil in sufficient amounts, various Jewish entrepreneurs involve false contracts and witnesses to rob the first owner of his acquired property, then the trials start and finally an agreement will be reached with which the entrepreneur will pay for the piece of land he had once acquired.24

This example shows that the perception of the Boryslav industry was not free from orientalist thinking even if the text was produced as an official report. In 1883, the Berlin-based Jewish newspaper Die Neuzeit (“The Modern Era”), which was interested in Jewish economic life, published an account of the traveler Hugo Warmholz, who was visiting the Boryslav factory Gartenberg, Lauterbach, Goldhammer and Comp. Warmholz’s article depicted the industry as an interesting and unique example of earth wax production, giving the main credit to the Belgian engineer Van Haecht, who had been brought from “such a highly civilized” land as Belgium to such an “uncultured people”, even despite the physical inability of workers’ attempts to control the factory. The article in general was dedicated to the “Father of Petroleum” and inventor of the refining system for earth wax, Abraham Schreiner. Abraham Schreiner, who was alive at the time, was praised for his inventions. Nevertheless, Warmholz was not fascinated by the technological improvements made by the Gartenberg, Lauterbach and Goldhammer factory. For him it was only the merit of the Belgian engineer Van Haecht, who had to struggle with drunk and unqualified workers.25 The surprisingly liberal Jewish Die Neuzeit shared the opinion of Drohobych of the local Polish-Ukrainian newspaper Gazeta Naddniestrzan´ska, which tried to show the contradiction between the irrational directorship of the factory through its Jewish owners and the rational, skilled ruling through Van Haecht and even blamed Jewish owners for organizing the murder of Van Haecht.26 Though at the beginning of the twentieth century Galician publicists under24 Ibid., p. 29: “Jez˙eli sie˛ jednak pokaz˙e wosk lub olej w znaczniejszej ilos´ci, wtedy biora˛ sie˛ rozmaici z˙ydowscy przedsie˛biorcy do fałszywych kontraktjw i s´wiadkjw, az˙eby wydrzec´ pierwotnemu włas´cicielowi nabyta˛ posiadłos´c´, zaczynaja˛ sie˛ przeto procesa a nareszcie stanie ugoda, ktjra˛ rzetelny przedsie˛biorca cze˛sto opłaci powtornie swjj raz juz˙ nabyty zakop.” (Translated by Karen Forth). 25 Warmholz 1883, p. 417. 26 According to the official report, the engineer died during an accident in the factory. However, before that he had conflicts with owners demanding too much income. Therefore, the Gazeta Naddniestrzan´ska claimed the accident to be suspicious. Kronika 1884, p. 4.

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stood the problem of international business competing with local businesses, the first contacts made with the foreign entrepreneurs were not perceived as a danger to the local industry, but rather as its salvation. The Polish press praised the French company, whose wax mines in Boryslav were an example of appropriate relationships with workers and a rational approach to the production process. Compared with local, mainly Jewish entrepreneurs, it looked much more technologically developed.

Projects of Productivization One of the most important activities that help us understand the ideas of the productivization of Jews was the philanthropy of the Western European organization represented in Drohobycz, for example, by the Alliance Israelite Universelle. The main task of the organization was to help Jews with the acculturation and adoption of norms from the host society.27 Though it is difficult to find direct descriptions of the industry made by Alliance representatives, based on their politics in Boryslav we may understand that for them the city offered a possibility of educating Jewish workers. In 1898, the Alliance established the Baron Hirsch school in Boryslav, which helped overseers receive the education necessary for work in the industry, such as language courses. The Alliance Israelite praised the current situation in the Boryslav industry, where Jewish workers proved that Jews can work not only in commerce.28 The Alliance Israelite program was part of a wider reaction of Jews to the criticism of non-productivity, one that tried to make Jews more productive (not merchants). Boryslav, inhabited by Jewish workers and their families, used the idea of productivization as a way to assimilate into Gentile society. Bertha Pappenheim, an activist and writer from Vienna, visited Galicia in 1904. In her book Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien (“The Condition of the Jewish Population in Galicia”) she mentioned Boryslav as an example of what education and work can mean for the Jewish population. Comparing Boryslav with the rest of Galicia she even found it to be a city optimistic about the future.29 Ironically, it was already the time when the participation of the Jews in business was limited, and several thousand Jewish workers were expelled because of the reforms. Those ideas continued the “productivization” narration of maskilim economists in which Jews should turn to other fields of employment, like agriculture or 27 Horowitz 2008, p. 7. 28 Elwer 1898, p. 75. 29 Pappenheim 1904, p. 18.

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industry. The example of Boryslav was not only proof that Jews were capable of participating in the Gentile industrializing economy, but also encouraged the philanthropists to put more efforts into the education of the workers. The industrialization attracted attention to the region. The economist and businessman Stanisław Szczepanowski (1846–1900), an example of a successful and educated Polish entrepreneur, was also an active participant in the Boryslav oil industry. He tried to implement Western European ideas of rational economy and believed that industrialization would save Galicia. Condemning the agrarian character of Galician industry and its bureaucratic system, Szczepanowski thought that systematic changes were necessary. One of the key points of his program was his attitude towards Jews. Stanisław Szczepanowski continued the “productivization” narration, claiming that the economic success of the Jews is the result of their ability to save money and not of their productive work or creative skills.30 Szczepanowski thought that the isolation of Jews from society was one of the most real obstacles to economic modernization. However, socialism and antisemitism could not offer anything useful for the country. Szczepanowski claimed that including the Jews in the industrial or agricultural economy would help them feel responsible for the land. Szczepanowski mentioned his own experience of cooperating with Jews in the oil business, saying, “from personal experience in the oil industry, I can guarantee that we have Jewish entrepreneurs with whom nobody will be ashamed of associating.”31 One of the most successful examples of cooperation for him was the Hungarian industry, in which Jewish entrepreneurs participated very actively. Szczepanowski’s ideas show us the importance and inevitability of the Jewish question in the Polish economist thought of the time.

The Socialism of Saul Raphael Landau Saul Raphael Landau (1870–1943), journalist and one of the leaders of the Zionist movement, became one of the key persons who drew attention to the situation of Jewish workers in Boryslav. In 1896, he made a trip to Galicia and Russia to observe the condition of the Jewish proletarian. In Galicia Saul Landau visited Boryslav, Stanislaviv and Kolomyya and published his travelogue from 1897–1898 in the magazine Jüdische Welt (“Jewish World”) and in the Zionist

30 Szczepanowski 1888, p. 119. 31 Ibid., p. 129: “Z własnego dos´wiadczenia w przemys´le naftowym moge˛ zare˛czyc´, z˙e mamy przemysłowcjw z˙ydowskich, z ktjrymi kolegowac´ nikt sie˛ nie powstydzi.”

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herald Die Welt (“The World”).32 In 1898, his essays were published as the book Unter jüdischen Proletariern (“Among Jewish Proletarians”).33 During the 1880s, Gentile socialists in Vienna emphasized the connections between Jews and capitalism, not expressing sympathy for the Jewish cause, but rather considering the fight against antisemitism to be a mask for the capitalists. The Jews, especially Galician Jews, who were constantly coming to Vienna, embodied such vices as backwardness and unproductiveness.34 As such we can understand the behavior of the local Polish socialist press, which, though having the example of Jewish workers, was still more concerned about the problems of the corrupt Jewish elite. However, by the end of the century, Jewish socialists appeared who tried to challenge the vision of Jews as solely capitalists and exploiters. Saul Landau proposed his own solution, different from the ideas of nonJewish socialists. Together with another sympathizer of the socialist movement, Nathan Birnbaum, Landau criticized the attempts of Galician Social Democrats like Ignacy Daszyn´ski to evoke class consciousness in the Jewish workers and join the other nations, which would have caused assimilation.35 According to Landau, the situation of the Jewish workers was unique because they suffered twice, as Jews and as workers, and cooperating with the Polish workers’ movement did not help them overcome antisemitism and inequality : There are surely thousands of Jewish workers in England and America, but nowhere is the work so hard, so harmful to health and dangerous, the salary so low and the living so miserable as here in Boryslav. […] The Jewish workers in Boryslav suffer not only as workers but also as Jews.36

Landau described the participation of Jewish workers in the ozokerite industry, the kinds of jobs they did, their working and living conditions, and paid specific attention to the crisis and problems of unemployed workers. He noted the gap between the potential of the Galician industry and the terrible conditions for Jewish workers.37 In his book, Landau claimed that all the Jewish workers in Boryslav were Zionists, quoting those who said that they were ready to go to Palestine to escape desperation and hunger. Some of the workers even asked the 32 33 34 35 36

Frank Fleig 2005, p. 117. Landau 1898. Wistrich 2007, p. 83. Ibid., p. 130. Landau 1898, p. 31, p. 34: “Jüdische Grossindustrie-Arbeiter gibt es wohl auch zu Tausenden in England und Amerika, aber nirgends ist bei so schwerer, so gesundheitsschädlicher, ja lebensgefährlicher Arbeit der Lohn so niedrig und darum der Lebensunterhalt so elend wie hier in Boryslaw. […] Denn die jüdischen Arbeiter von Boryslaw leiden nicht nur als Proletarier, sondern auch als Juden.” 37 Solomon 2012, p. 223.

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chairman of the Zion society whether they had enough time to rent their apartments out before winter came, because land in Palestine was waiting for them. The strongest argument for their Zionist affiliations mentioned by Landau is a signed petition to the Basel Zionist meeting in 1898. 750 families, which included more than 4000 people, claimed their readiness to go to Palestine and paid the membership fee to the Tarnow society “Ahavath Zion”.38

Jews as Proletarians Though Saul Raphael Landau did not believe in proletarization as the way to integrate Jewish masses into society, he did not challenge the idea of the proletarization of Jews itself. However, after the 1900s, when the Boryslav industry faced reforms and modernization, unskilled Jewish workers had to leave as they were unable to compete with professional workers hired by big companies. For contemporary economists, this was regarded as another proof of the inability to form a Jewish proletariat in Galicia. The Boryslav oil industry with Jewish workers in its nineteenth century version was rather unique for Galicia, where most of the Jews avoided working in the profession for different reasons (being unable to compete with peasants and due to the Shabbat obligations, which did not allow them to work, the inability to receive professional education among other things).39 Jewish economists such as Joseph Tenenbaum or Max Rosenfeld did not believe in the proletarization of Jews, because of the competition with Christians and “internal” features of Jews (inability to work on monotonous types of job). You have to keep in mind that the Jew, because of his vivid and creative psychological structure cannot like monotonous work with machines in a factory. Those and similar factors mean that Jews can bring factory industry to the land, manage it and finance it, but cannot be proletarized on a large scale.40

During the first decades of the twentieth century, local Jewish capital was replaced with foreign capital (British, German and French). The oil industry started to form cartels and corporations and did not allow local production to develop. Small Jewish firms with their Jewish employees were pushed out of the 38 Landau 1898, p. 31–34. 39 Tenenbaum 1918 p. 65. 40 Ibid., p. 66: “Pozatem nalez˙y wzia˛c´ pod uwage˛, z˙e Z˙yd dzie˛ki ruchliwej i twjrczej strukturze psychicznej do monotonnej maszynowej pracy fabrycznej nie moz˙e okazac´ zbytnego zamiłowania. Te i tym podobne czynniki sprawiaja˛, z˙e Z˙ydzi potrafia˛ przemysł fabryczny do kraju wprowadzic´, kierowac´ nim i ufundowac´, ale do proletaryczacyi we wielkim stylu inne okazuja˛ tendencyi”. (Translated by Karen Forth)

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Boryslav industry even earlier, from 1898–1900, due to modernization and stricter security rules. It was part of the general process in which the government, limiting concessions in the sale of alcohol or putting stricter requirements on any kind of business (like professional education), closed the big industry to most of the Jews.

Conclusion Though the Galician industry has undergone typical changes for industries in general, for numerous observers its negative aspects were blamed on its Galician as well as its “Jewish nature” (1870–1890s). Western and Polish observers compared the Galician industry to similar West European industries, praising the technological advances of the latter. Since the 1880s, the Boryslav oil industry started to be associated not only with technological backwardness, but more and more with the hopes for integration of the Jews into society. This idea of integration was typical of the Polish businessmen’s approach, who wished Jews to be successful entrepreneurs who were allowed to lead the Polish economy, and it was typical of the paternalist view of the Alliance Israelite of Jewish workers, who tried to help overcome stereotypes about non-productive Jews. For the latter, it was the important aim per se; for Poles, it was a way to help the local economy. The transformation of the role of the Jews in the local economy from merchants to industrialists was the key to their integration, and Boryslav, as a young city appearing out of nowhere, was, for them, an example of how those roles could be changed. The productivization of the elites was more important for Polish economists, while at the same time Viennese philanthropists believed in the emergence of Jewish workers and craftsmen. Jewish socialists at the end of the nineteenth century regarded the Jewish proletarians as doubly oppressed, both for ethnic and class reasons. By the end of the nineteenth century it was becoming more obvious that the Galician oil industry was not able to fulfill ideas of Jewish workers’ productivization. Economists did not believe in the possible proletarization of Jews, while at the same time considering their task as entrepreneurs and leaders of local industry more important. The Boryslav industry, which involved Jews on a mass scale in different branches, seemed to be a good testing ground for different theories. Nonetheless, the modernization of the industry at the turn of the century, which lead to the end of “Jewish Boryslav”, showed the inconsistency and utopianism of the majority.

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Alina Molisak

Ein Messias aus Galizien? Jakob Frank und seine Lehren in Olga Tokarczuks Roman Ksie˛gi Jakubowe

Abstract This article about Jacob Frank and his presence in the Austrian-Hungarian Monarchy is dedicated to the fictional retelling of historical events in Olga Tokarczuk’s novel Ksie˛gi Jakubowe (“Books of Jacob”) (2014), which describes Frank’s and his supporters’ sojourn in Brno and Vienna (1773–1780). The history of Jacob Frank and his community exemplifies a particular heresy, which can be linked, on the one hand, to an attempt to renew both Christianity and Judaism, and on the other, to an endeavor to create a social and emancipatory movement aiming at a transformation of the present structures. The paper concentrates on Frank’s political and social engagements in the Habsburg Monarchy which pursued the goal to gain own territory and be independent.

Galizien war für die Geschichte der osteuropäischen jüdischen Diaspora ein Gebiet von besonderer Bedeutung. Hier entstanden die wesentlichen Grundlagen der modernen hebräischen Literatur. Darüber hinaus war Galizien ein Experimentierfeld für religiöse Strömungen, die ein radikales Abweichen von bestehenden Formen der jüdischen Orthodoxie forderten. Der Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert war nicht nur aus politischen und ökonomischen Gründen eine schwierige Zeit, sondern auch wegen der wachsenden, sich häufig gegen Juden richtenden Aggressionen. Zeitgleich stieg auch das Interesse an der Mystik, den sich mit der Kabbala befassenden Wissenschaften sowie den messianischen Bewegungen an.1 Eine dieser Bewegungen war der Sabbatianismus, der wegweisend für die Entstehung der klassischen Form des Chassidismus war. Sein Begründer Sabbatai Zewi (Schabbtai Zvi) wurde von seinen Anhängern als Messias verehrt. Vor diesem Hintergrund entstand der sogenannte Frankismus. Dabei han1 „Nach Worten von J.M. Roberts, wenn es um die Zahlen selbst geht, dann hat es höchstwahrscheinlich in Europa nie mehr so viele geheime Sekten und Verbände gegeben, als in den Jahren 1750–1789.‘ Die Verbindungen der Frankisten mit diesen Gruppen wurden detailliert in den Arbeiten von Jacob Katz und Gershom Scholem besprochen.“ Siehe hier: Maciejko 2015, S. 288.

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delte es sich um eine Neuinterpretation der kabbalistischen Schulen und eine Weiterführung des Sabbatianismus. Der Begründer Jakob Lejbowicz Frank zählt heute zu den bedeutendsten Personen in der jüdischen Geschichte. Die damit im Zusammenhang stehende Geschichte der Frankisten fand Eingang in ein literarisches Werk der polnischen Gegenwartsprosa, dem dieser Beitrag gewidmet ist – Olga Tokarczuks Ksie˛gi Jakubowe („Die Jakobsbücher“). Olga Tokarczuk befasste sich in ihren literarischen Schaffen stets mit verschiedenen Formen von Religiosität – vor allem mit solchen, die als Alternativen zu den dominierenden Konfessionen erschienen bzw. erscheinen. In ihren Arbeiten verdeutlicht Tokarczuk, dass diese neuen ideologischen Strömungen sehr häufig mit einer gewissen Mobilität der Gläubigen in Verbindung standen. Diese Thematik durchzieht ihre Werke: Hier sei auf Podrjz˙ ludzi ksie˛gi („Die Reise der Buchmenschen“) (1993), Bieguni („Unrast“) (2008) sowie das jüngst erschienene Buch Ksie˛gi Jakubowe (2014) verwiesen. Tokarczuk geht dabei von drei unterschiedlichen Auffassungenvon Bewegung bzw. Mobilität aus. Zunächst versteht sie darunter einen tatsächlichen, häufigen geographischen Ortswechsel, der durch den geistigen Führer und seine Anhänger vorgenommen wird. Zweitens beinhaltet der Begriff auch die Bewegung von Ideen, die als eine Art „Erneuerungsbewegung“ gegenüber den schon festgelegten Auslegungen zu verstehen sind. Schließlich argumentiert sie, dass solche religiösen Strömungen – wie der Frankismus – auch von sozialen Bewegungen emanzipatorischen Charakters begleitet werden, die zudem nach einer Veränderung der bisherigen Strukturen streben. Tokarczuks Roman Ksie˛gi Jakubowe erzählt von der Entstehung, Entwicklung und dem Ende der frankistischen Bewegung – einer der interessantesten häretischen Strömungen, die sowohl für das Judentum als auch das Christentum (Katholizismus) eine Herausforderung war. Das umfassende Werk bezieht sich auf die Geschichte von Jakob Frank und seiner Glaubensbewegung. Der folgende Beitrag befasst sich mit der Zeit nach der Befreiung Franks aus seiner Haft in Tschenstochau, in der er sich mit seinen Anhängern zunächst in Brünn, dann in Proßnitz in Mähren und schließlich in Wien ansiedelte. Das kulturelle und politische Engagement von Jakob Frank sowie seine zahlreichen anderen Aktivitäten in der Zeit können auch als die Epoche „zwischen Brünn und Wien“ (1773–1780) bezeichnet werden. Diese Zeitspanne wurde von Tokarczuk literarisch dargestellt und umfasst ungefähr ein Drittel ihres Romans. Die Habsburgermonarchie erschien Jakob Frank ein Staat zu sein, der offen gegenüber unterschiedlichen Religionen war. Dies war für Frank ausschlaggebend, um sich dort mit seinen Anhängern niederzulassen. Aufgrund früherer Erfahrungen wussten die Frankisten, dass sie auf den Gebieten der Republik Polen-Litauen sowohl durch die orthodoxen Juden als auch durch den katholischen Klerus wegen ihrer Ansichten unterdrückt wurden. Ein weiteres Argu-

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ment, das für das Ansiedeln in Brünn sprach, war die Tatsache, dass im naheliegenden Proßnitz die mit Frank verwandte Großfamilie Dobruszko lebte. Mit ihrer Unterstützung schien es einfacher, eine Genehmigung für die Ansiedlung der ganzen Gruppe zu erhalten sowie ein Haus in Brünn zu mieten. Einen weiteren Grund für die Ansiedlung führt der Historiker Paweł Maciejko in aller Deutlichkeit an: […] die tatsächliche Ursache für die Ansiedlung von Frank in der Habsburger Monarchie waren seine Verbindungen zu dem dortigen Sabbatianismus. Der Frankismus begann sich in Mähren faktisch gleichzeitig mit einer Expansion der Bewegung in Polen zu verbreiten und die Provinz [Mähren – Anm. AM] hatte eine reiche sabbatianistische Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert hineinreichte.2

Tokarczuk hebt in ihrer Romannarration das Motiv des Wandels in den Lehren von Jakob Frank besonders hervor: „Jakob, unser Herr, sagt: ,Jeder, der nach Erlösung sucht, muss drei Sachen tun: seinen Wohnort ändern, seinen Namen ändern und seine Taten ändern.‘“3 Gemäß dieser Sichtweise sowie der zuvor dargestellten Argumente suchen Frank und seine Anhänger wieder einmal einen neuen Ansiedlungsort und verlassen Tschenstochau (1773).4 Schon während der Reise, gleich nach dem Überschreiten der Grenze zum Kaiserreich, fällt ihnen auf, wie anders die Monarchie ist: Von Ostrau an sieht man schon, wie anders das Land ist, ordentlich und sauber. Die Landstraßen sind befestigt und trotz des Schlamms lässt sich damit ganz gut weiter kommen. An den Landstraßen stehen Gasthäuser, gar nicht jüdisch, diese übrigens haben sie während ihrer Reise durch Polen gemieden. Aber Mähren ist doch ein Land der Strenggläubigen, in jeder Kleinstadt gibt es hier jemanden von ihnen – obwohl sie anders sind, mehr in sich geschlossen, sie denken ihres, und nach außen sehen sie wie Christen aus.5

Der Autorin gelingt es, die Eigentümlichkeiten der Frankisten – den religiösen Synkretismus – quellennah darzustellen. Trotz formalen Übertritts zum Katholizismus durch die Taufe behielten die Frankisten ihre jüdisch-religiösen Glaubensvorstellungen, dazu schreibt der Historiker Jan Doktjr folgendes:

2 Maciejko 2015, S. 247. 3 Tokarczuk 2014, S. 685: „Jakub, Pan nasz mjwi: ,Kaz˙dy, kto szuka zbawienia, musi uczynic´ trzy rzeczy : zmienic´ miejsce zamieszkania, zmienic´ swoje imie˛ i zmienic´ swoje uczynki.‘“ [Alle Übersetztungen von Joanna Diduszko]. 4 Davidowicz 2004, S. 85. 5 Ebd. S. 690: „Od Ostrawy juz˙ widac´, jaki to inny kraj, porza˛dny i czysty. Drogi utwardzone i pomimo błota da sie˛ nimi całkiem dobrze przejechac´. Przy traktach stoja˛ gospody, wcale nie z˙ydowskie, tych zreszta˛, jada˛c przez Polske˛ unikali. Ale Morawy to przeciez˙ kraj prawowiernych, w kaz˙dym miasteczku jest tu ktos´ z nich – choc´ sa˛ inni, bardziej zamknie˛ci w sobie, swoje mys´la˛, a na zewna˛trz wygla˛daja˛ jak chrzes´cijanie.“

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Mit der Zustimmung zur Taufe strebte Frank danach […], mit der [kirchlichen] Hierarchie einen Vertrag zu schließen […], der seinen Anhängern – und in den Plänen dem ganzen polnischen Judentum, das er um sich scharen wollte – eine wesentliche Autonomie geben sollte, die er seinen Anhängern als ein messianisches Königreich darstellte, das gemäß vielen Prophezeiungen den Auftakt zur endgültigen Erlösung bilden sollte.6

In dieser neuen Umgebung erlebt auch Jakob Franks Tochter Eva einen inneren Wandel, der größtenteils auf ihre persönliche Entwicklung zurückzuführen ist. Durch die Förderung der Familie Dobruszko erhält sie Französischunterricht, kommuniziert mit ihren Cousins auf Deutsch und lernt das „moderne Klavier“ spielen. Manchmal hört sie auch den Lehren des Hausrabbiners zu. Zudem werden ihr gute Manieren beigebracht und neue Kleider geschenkt, all das hat zur Folge, dass „[…] sich Eva in eine Frau von Welt verwandelt und der Vater zufrieden die Augen schließt und sie auf Deutsch sprechen lässt, egal was. So rezitiert Eva deutsche Poesie.“7 Dank ihres Cousins, der in Wien Jura studiert und eine Vorliebe für Literatur und Theater hat, begegnet Eva einer ihr bisher fremden Welt, denn seinen Worten nach, sind „die Wiener Weinstuben bestimmt ein besserer Ort, das Leben zu lernen.“8 Auch die Besuche seiner Wiener Freunde, unter denen Dichter und Philosophen sind, trifft Eva moderne, aufgeschlossene und tolerante Menschen. Auch der selbst ernannte Messias lernt dank den Gesprächen mit dem jungen Dobruszka nicht nur die Ideen der Aufklärung, sondern auch moderne Erfindungen, wie die aus Wien mitgebrachte Camera obscura kennen, die so viel ermöglicht und verspricht – „Herr, Du wirst die ganze Stadt betrachten. Das ist eine große Erfindung, obwohl es darin weder Magie noch Kabbala gibt. Das ist der Menschengedanke. […] Zu sehen und selbst nicht gesehen zu werden, das ist wirklich ein göttliches Privileg.“9 Junge Menschen, die bei Frank häufig zu Gast weilen, tragen auch dazu bei, dass „in die verschlafene Stadt Brünn eine neue Kraft kommt.“10 Die Besucher bleiben häufig länger, hören den Lehren von Frank zu (ein großer Teil von Franks Visionen wurde auf Polnisch aufgezeichnet, während die Gemeinschaft in Brünn lebte). Als Frank in Brünn lebte, besuchte er mit seiner Tochter auch mehrmals Wien. Er hat gehofft, dort mit ihrer Hilfe enge Beziehungen zu dem österreichischen Adel aufbauen zu können. Denn die Unterschiede zwischen den polnischen und 6 Doktjr 1991, S. 12. 7 Tokarczuk 2014, S. 700: „[…] przeistacza sie˛ Ewa w ´swiatowa˛ kobiete˛ i ojciec mruz˙y z zadowoleniem oczy, i jeszcze jej kaz˙e mjwic´ po niemiecku, cokolwiek. Ewa recytuje niemieckie poezje.“ 8 Ebd., S. 702: „wieden´skie winiarnie z pewnos´cia˛ sa˛ lepszym miejscem do uczenia sie˛ z˙ycia.“ 9 Ebd., S. 718: „Be˛dziesz Panie miał baczenie na całe miasto. To jest wielki wynalazek, choc´ nie ma w nim magii ani kabały. To jest mys´l ludzka. […] Widziec´, a samemu nie byc´ widzianym, to naprawde˛ boski przywilej.“ 10 Ebd., S. 705: „w senne miasto Brünn wste˛puje nowa siła.“

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den böhmischen Frankisten bestanden nicht nur darin, dass sich die Frankisten in Polen offiziell taufen ließen, die böhmischen und mährischen hingegen häufiger dem Judaismus treu blieben. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Gruppen war auch ihre unterschiedliche Einstellung gegenüber nicht religiösem Wissen (Akkulturation). Die Frankisten in Mähren und Prag sahen die Notwendigkeit sich an den weltlichen Werten und am weltlichen Wissen zu orientieren, die in Polen dagegen nicht. In dem Roman richtet Olga Tokarczuk ihre Aufmerksamkeit auf zwei wesentliche Aspekte: Sie verweist einerseits auf „ein mehrsprachiges Stimmengewirr“ unter den Frankisten, wo Pilger „aus Polen, der Türkei sowie aus Tschechien und Mähren“ zusammenkamen.11 Der zweite wesentliche Aspekt ist die durch den geistigen Führer verordnete regelmäßige „Exerziersausbildung“ und die Vorbereitung eines Heeres: Er gibt reichlich viel Geld aus und bestellt für alle Uniformen, und dann, wenn sie sich in diese schon umgezogen haben, teilt der geistige Anführer sein kleines Heer in Einheiten auf. Auf dem Tisch breitet er Skizzen der Uniformen, der Wimpel und Pläne der Truppenaufstellung aus.12

Man darf nicht vergessen, dass Jakob Frank mit seinem ideologischen Konzept der Weltveränderung auch eine konkrete politische und nicht nur eine religiöse Macht zu erlangen versuchte. Als er noch in Polen lebte, plante er ein Gebiet zu gewinnen, auf dem er einen eigenen „messianischen Staat“ für seine Gläubigen gründen hätte können.13 Während seiner Zeit in Brünn verkündet Frank seinen vertrauten Anhängern ein klares Projekt: Wir haben zwei Ziele […]. Das erste besteht darin, Daat zu erreichen, ein Wissen, mit dem wir das ewige Leben erhalten und aus dem Gefängnis der Welt entkommen. Wir können das auf eine mehr prosaische Weise vollziehen: Den eigenen Platz auf Erden, ein Land, in dem wir unsere eigenen Rechte einführen. Und da die Welt nach Krieg strebt und sich rüstet, die alte Ordnung ist schon gefallen, müssen auch wir uns in dieses Durcheinander einschalten, um etwas für uns zu fangen.14

In einem Dialog des Romans lässt er seine Gedanken schweifen: „Meine größte Hoffnung ist, dass zu mir mehr Juden kommen […]. Denn es wird eine un11 Ebd., S. 706. 12 Ebd.: „wydaje spore pienia˛dze i zamawia dla wszystkich mundury, a potem, gdy juz˙ sa˛ w nie przebrani, Pan dzieli swe małe wojsko na chora˛gwie. Na stole ma rozłoz˙one szkice mundurjw, proporcjw i plany ustawienia oddziałjw.“ 13 Siehe: Maciejko 2015; Doktjr 1991. 14 Tokarczuk 2014, S. 738: „Mamy dwa cele […]. Pierwszy to jest dojs´cie do Daat, wiedzy, przez ktjra˛ uzyskamy z˙ycie wieczne i wyrwiemy sie˛ z wie˛zienia s´wiata. Moz˙emy to uczynic´ w sposjb bardziej przyziemny : własne miejsce na ziemi, kraj, w ktjrym zaprowadzimy swoje własne prawa. A poniewaz˙ s´wiat garnie sie˛ do wojny i sie˛ zbroi, upadł juz˙ stary porza˛dek i my musimy wła˛czyc´ sie˛ w to zamieszanie, z˙eby ułowic´ cos´ dla siebie.“

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überschaubare Menge kommen. In einer Reihe werden nicht weniger als zehn Tausend sein.“15 Als ein aufmerksamer Beobachter der politischen Bühne, der seine Handlungsweise so plant, damit ihm die Ereignisse zu Nutzen kommen, ergänzte Frank: „Es wird einen Krieg zwischen Österreich und der Türkei geben, das ist sicher, vielleicht könnten wir in dem Kriegsdurcheinander das ersehnte Stück Land für uns erkämpfen? Dafür braucht man viel Gold und viel Arbeit.“16 Angesichts der angespannten politischen Lage nahm Frank Kontakt mit dem Kaiser auf und bot ihm sogar Unterstützung an, in der Hoffnung, dafür ein eigenes Land für sich und seine Anhänger zu erhalten. Die Kaiserin Maria Theresia und der mit ihr regierende Sohn Joseph II. werden in dem Roman als wichtige Persönlichkeiten der weltlichen Macht dargestellt. Der junge Kaiser ist an jeglichen Neuentwicklungen interessiert und wünscht sich eine Modernisierung des Staates, die Kaiserin dagegen betrachtet seine Faszination für die aufklärerischen Ideen mit Zurückhaltung. Die jüdische Minderheit in der Monarchie sollte nach Frank dieser auch einen gewissen Nutzen bringen. Im Roman ist dazu folgendes zu lesen: Die Aufgabe, die der junge Kaiser sich stellte, bestand darin, die Juden zum eigenen Wohl vom mittelalterlichen Aberglauben zu befreien, denn jetzt werden natürliche und zweifellose Talente dieses Volkes für verschiedene Formen der Kabbala, verdächtige Spekulationen und unproduktive Erwägungen missbraucht. Wenn sie, wie die anderen eine ordentliche Ausbildung erhalten könnten, würden sie dem Kaisertum mehr Nutzen bringen.17

Über seine Beziehungen zum kaiserlichen Hof liegen kaum historische Belege vor. Tokarczuks literarische Fiktion zeichnet die Begegnungen des jungen Kaisers Joseph II. mit Frank und seiner Tochter, ihre gemeinsamen Gespräche und Dialoge über einschneidende Entwicklungen in der Welt unter anderem folgendermaßen nach: Denn die Kaiserin, seit ihr bei der Teilung Polens Gebiete Galiziens und ein Teil Podoliens zugefallen sind, träumt von einem großen Kaiserreich bis zum Schwarzen Meer, bis zu den griechischen Inseln. Frank weiß über die Türken mehr als ihre besten Minister, also fragt sie ihn nach allem aus: […] ob der türkische Basar zu Weihnachten 15 Ebd., S. 713: „Moje najwie˛ksze nadzieje, z˙eby wie˛cej Z˙ydjw przyszło do mnie […]. Bo przyjdzie ich moc niezliczona. W jednym szeregu nie be˛dzie mniej niz˙ dziesie˛c´ tysie˛cy […].“ 16 Ebd., S. 713: „Be˛dzie wojna Austrii z Turcja˛, to pewne, gdyby tak wywalczyc´ dla nas w trakcie wojennego zamieszania upragniony kawałek ziemi? Potrzeba do tego duz˙o złota i wiele pracy.“ 17 Ebd., S. 723: „Zadanie, jakie postawił przed soba˛ młody cesarz, polega na tym, aby uwolnic´ Z˙ydjw dla ich własnego dobra od ´sredniowiecznych zabobonjw, bowiem teraz naturalne i niewa˛tpliwe talenty tego ludu wykorzystywane sa˛ do rjz˙nych kabał, podejrzanych spekulacji i bezproduktywnych rozwaz˙an´. Gdyby mogli sie˛ porza˛dnie kształcic´ na rjwni z innymi, wie˛cej poz˙ytku przynies´liby cesarstwu.“

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geschlossen ist, was die Türken über die Einwohner Europas denken, ob das Klima in Istanbul besser als in Wien ist und warum sie Katzen lieber als Hunde mögen.18

Historische Forschungen zum Frankismus (u. a. Maciejko) belegen, dass Jakob Frank und seine Tochter 1775 am kaiserlichen Hof empfangen wurden. Gewährt wurden ihnen insgesamt zwei Audienzen bei Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Joseph II., später besuchten sie auch den Kaiser in Schönbrunn.19 Diese Kontakte mit den höchsten Repräsentanten der Habsburgermonarchie erlaubten Frank, sich selbst nicht mehr nur als Messias, sondern auch als politischen Visionär darzustellen: Wenn Jakob von ihr [der Kaiserin – AM] zurückkehrt, erzählt er den Brüdern und Schwestern über diese Begegnungen, aufgeregt stellen sie sich ihn mit Eva an der Seite als den Vizekönig in Wołoszczyzna vor. Was waren gegenüber dieser Vision Träume, die sie noch vor nicht so langer Zeit hegten – von diesen kläglichen paar Dörfern in Podolien; jetzt erscheinen sie ihnen lächerlich und kindisch.20

Um dem kaiserlichen Hof näher zu sein, mietet Frank eine Unterkunft am Graben.21 Gemeinsam mit seiner Tochter versuchen sie einen normalen Alltag in Wien zu haben. Dazu gehören Spaziergänge unter anderem im Wiener Prater oder auch das Schwimmen in der Donau. Tokarczuk stellt diese Szenen als ein kurioses Ereignis dar, das bei den Wienern für Aufsehen sorgte: Wenn Jakob Frank mit Michał Wołowski in der Donau baden gehen, werden sie von dem Wiener Pöbel begleitet, und da Jakob gut schwimmt, brilliert er mit seiner körperlichen Kraft im Wasser wie ein Jüngling. Die Städterinnen kreischen, aufgeregt über die Geschicklichkeit des nicht mehr jungen, aber doch gutaussehenden Mannes. Einige werfen Blumen ins Wasser.22

18 Tokarczuk 2014, S. 732: „Otjz˙ cesarzowej, odka˛d trafiły sie˛ jej w rozbiorze Polski ziemie w Galicji i cze˛s´c´ Podola, marzy sie˛ wielkie cesarstwo az˙ po Morze Czarne, po greckie wyspy. Frank wie o Turkach wie˛cej niz˙ jej najlepsi ministrowie, wie˛c wypytuje go o wszystko: […] czy w Boz˙e Narodzenie bazar turecki jest zamknie˛ty, co Turcy mys´la˛ o mieszkan´cach Europy, czy klimat w Stambule lepszy niz˙ w Wiedniu i dlaczego wola˛ koty od psjw.“ 19 Vgl. Maciejko 2015, S. 270. 20 Tokarczuk 2014, S. 732: „Kiedy Jakub wraca od niej [cesarzowej – AM], opowiada o tych spotkaniach braciom i siostrom, ktjrzy podekscytowani wyobraz˙aja˛ sobie jego z Ewa˛ u boku jako wicekrjla na Wołoszczyz´nie. Czymz˙e wobec tej wizji były marzenia, ktjre snuli jeszcze nie tak dawno – o tych nieszcze˛snych kilku wsiach na Podolu; teraz wydaja˛ im sie˛ one ´smieszne i dziecinne.“ 21 Vgl. Maciejko 2015, S. 270. 22 Tokarczuk 2014, S. 728: „Gdy Jakub Frank z Michałem Wołowskim ida˛ sie˛ ka˛pac´ w Dunaju, towarzyszy im gawiedz´ wieden´ska i jako z˙e Jakub dobrze pływa, to popisuje sie˛ swoja˛ te˛z˙yzna˛ w wodzie jak młodzieniec. Mieszczki piszcza˛, podekscytowane zre˛cznos´cia˛ tego niemłodego juz˙, lecz przeciez˙ przystojnego me˛z˙czyzny. Niektjre rzucaja˛ do wody kwiaty.“

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Die Bemühungen von Frank um einen höheren Adelstitel (es ging um den Grafentitel, Frank deutete manchmal an, bereits Freiherr zu sein23), wurden zwar abgelehnt und sein adeliger Status wurde formell nicht anerkannt, aber sein Adelsstand wurde auch nicht in Frage gestellt. Trotz seines längeren Aufenthalts in Wien, war das Habsburgerreich für ihn jahrelang kein Ort, der die Entwicklung seiner Lehren und die Stärkung seiner Gemeinschaft förderte. Seine Haupttätigkeit bestand nicht nur darin, viele Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, sondern auch einzelne Mitglieder für bestimmte Missionen vorzubereiten. Diese beinhalteten zumeist die Verbreitung der Lehren und des Glaubens sowie die Stärkung der Netzwerke in anderen Ländern. In Proßnitz fanden jedes Jahr solche Zusammenkünfte statt: […] Sie kommen einmal im Jahr zusammen – was nur den Eingeweihten bekannt ist – die Strenggläubigen aus ganz Europa […]. Sie begrüßen sich im Hof und man sieht ihnen an, dass sie die Welt wie ihre bequeme Wohnung betrachten. Sie sind nett und freundlich zueinander, was darauf hinweist, dass sich eine große Familie trifft. Und so ist es in der Tat.24

Bei einem dieser Treffen, das im Roman beschrieben wird, hören die Versammelten wieder einmal Jakob zu, der „mutig und mit Schwung“ redet. Er spricht darüber, „dass der Übergang zu der ,Religion von Edom‘ bereits unentbehrlich wurde. Es gibt keine andere Möglichkeit. Und man muss einen Platz für sich suchen, der soweit es geht, unabhängig sein wird, wo es sich nach eigenen Rechten, aber ruhig leben lässt.“25 Wer an seinen Worten zweifelte, dem entgegnete er entschieden: […] ich weiß, was ich sage und ich irre mich nicht. Ich kann mich nicht irren. – Und warum kannst du dich nicht irren, Jakob? – fragt jemand aus dem Saal. – Denn in mir ist Gott – antwortet Jakob Frank […].26

Während seiner Abendvorträge bezog sich Frank nicht nur auf das Wissen, das sich aus der Lektüre des Zohar-Buches ergab, sondern er wies auch auf die nacheinander folgenden Etappen des Strebens nach Vollkommenheit hin: Herr spricht in den letzten Zeiten am liebsten über Daat, was auf Hebräisch Wissen bedeutet, das größte Wissen, dasselbe, das Gott hat. Es kann auch dem Menschen 23 Vgl. Maciejko 2015, S. 271. 24 Tokarczuk 2014, S. 750f.: „[…] zjez˙dz˙aja˛ sie˛ raz w roku – co jest wiadome tylko wtajemniczonym – prawowierni z całej Europy […] Witaja˛ sie˛ na podwjrcu i widac´ po nich, z˙e s´wiat traktuja˛ jako swoje wygodne mieszkanie. Sa˛ wobec siebie mili i przyjaz´ni, co wskazuje, z˙e spotyka sie˛ oto wielka rodzina. I tak istotnie jest.“ 25 Ebd., S. 753. 26 Ebd., S. 754: „[…] Ja wiem, co mjwie˛, i nie myle˛ sie˛. Nie moge˛ sie˛ mylic´. – A to dlaczego nie moz˙esz sie˛ mylic´ Jakubie? – pyta ktos´ z sali.– Bo we mnie jest Bjg – odpowiada Jakub Frank […].“

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zugänglich sein. […] Derjenige, der mit Jakob geht, geht direkt nach Daat, und wenn man dort ankommen wird, wird alles ungültig gemacht, auch der Tod. Das wird die Befreiung sein.27

All jene Anhänger, die bereits zu Franks Lebzeiten tief gläubig und von seinen Lehren überzeugt waren, führten diese auch nach seinem Tod fort. Sie prophezeiten sogar Franks Rückkehr aus dem Jenseits für das Jahr 1800, die die Überwindung des Todes und endgültige Erlösung bedeuten sollte. Ihre Botschaft verschickten sie in den sogenannten Roten Briefen an die Glaubensgemeinschaften.28 Nach den zahlreichen gescheiterten Versuchen am kaiserlichen Hof Interesse und Protektion für die Frankisten zu erlangen, verließ Frank mit seinen Anhängern Brünn und zog im Februar 1786 nach Offenbach am Main. Seinen Ambitionen an der „großen Politik“ teilzunehmen, wurde damit ein Ende gesetzt. Wenige Jahre später 1791 verstarb der selbsternannte Messias in Offenbach. Die Frankisten blieben auch in den späteren Jahren mobil. Fast alle Mitglieder dieser Bewegung kehrten bald auf die Gebiete der Habsburgermonarchie zurück. Jan Doktjr schreibt dazu: Nach dem Tod von Frank erinnerte sich ein Teil der in Offenbach residierenden Frankisten aus Podolien und der Bukowina an ihre Wurzeln und kehrte in die Heimat zurück. […] Der österreichische Historiker Hermann Ignaz Biedermann berichtet über die Ankunft von 50 Familien getaufter Juden in der österreichischen Bukowina. Sie sollen ihm gesagt haben, dass sie zu der Sekte der sog. Abrahamiten gehörten […].29 27 Ebd., S. 757f.: „Pan ostatnimi czasy najche˛tniej mjwi o Daat, co po hebrajsku znaczy wiedza, najwie˛ksza wiedza, taka sama, jaka ma Bjg. Moz˙e byc´ ona jednak doste˛pna człowiekowi. […] Ten, kto idzie z Jakubem, idzie wprost do Daat, a gdy sie˛ tam dojdzie, wszystko zostanie uniewaz˙nione, takz˙e s´mierc´. To be˛dzie wyzwolenie.“ 28 „Sie wurde in der hebräischen Sprache redigiert und mit vollen Namen von drei jüdischen und christlichen Nestoren der frankistischen Bewegung unterschrieben: N. Szor, S. Szor und J. Lippmanowicz aus Tschortkiw/Czortkow. Der Name des Dokumentes stammt von der roten Tinte, die für die Fertigung der Kopien genutzt wurde, die an alle größeren jüdischen Gemeinden Mitteleuropas verschickt wurden. Die rote Farbe symbolisierte Esau und Christentum, deren Annahme eine Bedingung für die Erlösung der Gläubigen sein sollte. Die Unterzeichner führten zwei Manifeste von Frank aus den Jahren 1767 und 1768 an, in denen er eine nahe Erlösung ankündete und die Juden aufforderte, die „heilige Religion von Edom“ (hebr. dat ha-kadosch szel edom), d. h. den Katholizismus, anzunehmen. Die Redakteure des Briefes behaupteten, diese Ankündigungen beziehen sich auf das Jahr 1800. M. Wischnitzer veröffentlichte den Brief in der hebräischen Fassung und seine russische Übersetzung (Botschaft der Frankisten 1800 goda, St. Peterburg 1914).“ Siehe: http://www.jhi.pl/psj/ Czerwony_list/ Rote Briefe [12. 12. 2015]. 29 Doktjr 1998, S. 213: „Po s´mierci Franka cze˛´sc´ rezyduja˛cych w Offenbach frankistjw z Podola i Bukowiny przypomniało sobie o swoich korzeniach i wrjciło do ojczystych stron. […] Austriacki historyk, Hermann Ignaz Biedermann, donosi o przybyciu do austriackiej Bukowiny 50 rodzin ochrzczonych Z˙ydjw. Mieli mu oni powiedziec´, z˙e nalez˙a˛ do sekty tzw. abrahamitjw […].“

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An dieser Stelle sei noch kurz auf Franks Interesse an der Freimaurerei verwiesen, da sich hier durchaus Verbindungen zu den Lehren des Frankismus ziehen lassen. Noch während seiner Zeit in Brünn kommt Frank mit der Freimaurerei durch den jungen Dobruszko30 in Berührung. Dobruszko erzählt von ihren Überzeugungen und betont dabei, dass „[…] in der geteilten Welt, die aus Fraktionen gebaut wird, die gegeneinander gerichtet sind, und Religionen heißen, Freimaurerei der einzige Ort ist, wo sich Menschen reinen Herzens treffen und wirken können, aufgeschlossene Menschen ohne Vorurteile.“31 Trotz einiger Proteste gelingt es Dobruszko, die Zuhörer auf einen wesentlichen Aspekt aufmerksam zu machen, indem er die rhetorische Frage stellt: „Zeigt mir, wo sonst ein Jude mit einem Christen reden, diskutieren und gemeinsam wirken kann außerhalb des aufmerksamen Auges der Kirchen und Synagogen, der Machtsysteme, Hierarchien, die die Menschen in bessere und schlechtere teilen?“32 In einem späteren Dialog mit Frank wird er betonen, dass er eher an das (aktive) Nutzen von Chancen als an das (passive) Warten auf mystische Zeichen glaubt: Dabei müsse man den Menschen lediglich ihre Kraft bewusst machen und sie davon überzeugen, dass sie auf das eigene Leben Einfluss hätten. Diese Ausführungen zeigen einen neuen Aspekt in der frankistischen Bewegung auf, nämlich die Perspektive der jüdischen Emanzipation in der ostmitteleuropäischen Diaspora. Jan Doktjr interpretiert die frankistische Bewegung nicht nur als eine Reaktion auf die Krise des osteuropäischen Judentums, sondern auch als Emanzipationsbewegung. Doktjr weist darauf hin, dass die Vertreter der deutschen Haskala „[…] in der Rebellion von Frank vor allem den Wunsch nach einer sozialen und politischen Befreiung sahen, die sich hinter den messianischen 30 Moses Dobrusˇka, vel Franz Thomas Edler von Schönfeld, alias Sigmund Gottlob Julius Brutus Frey (geb. 1753 in Brünn, gest. 1794 in Paris) – Alchemist, Freimaurer, Rosenkreuzer, Kabbalist, Kaufmann, Bankier, Jakobiner, Schriftsteller und Dichter, und führender Frankist. Dobrusˇka war Jakob Franks Cousin. Im Jahr 1773 konvertierte er vom Judaismus zum Katholizismus und nahm den Namen Franz Thomas Schönfeld an. In Prag heiratete er die junge Elke Joss und bekam mit ihr ein Kind, Marianne Frey (geb. 1774). Wenige Jahre später, 1778, wurde er in Wien geadelt. Gemeinsam mit Ephraim Joseph Hirschfeld, der zuvor nicht konvertierte, gründete Schönfeld den „Orden der Ritter und Brüder St. Johannis des Evangelisten aus Asien in Europa“, einer geheimen Freimaurerorganisation, der ersten in Deutschland und Österreich, die in ihre Reihen Bekenner des Judaismus aufnahm. 1791 begab er sich nach Straßburg, wo er sich den Jakobinern anschloss. Dort änderte er wieder den Namen und nannte sich erneut Sigmund Gottlob Julius Brutus Frey. Seine Schwester Leopoldina Estera Frey heiratete den bekannten Politiker FranÅois Chabot. 1794 wird Chabot wegen Verrats und Spionage angeklagt und wird danach guillotiniert. Vgl. Scholem 1997. 31 Tokarczuk 2014, S. 753: „[…] w tym podzielonym s´wiecie zbudowanym z frakcji, ktjre nastaja˛ wzajemnie na siebie, a ktjre zwa˛ sie˛ religiami, wolnomularstwo jest jedynym miejscem, gdzie moga˛ sie˛ spotykac´ i działac´ ludzie czystego serca, pozbawieni przesa˛djw i otwarci.“ 32 Ebd., S. 753.

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Vorstellungen verbarg.“33 Gershom Scholem charakterisierte die frankistische Bewegung auf folgende Weise: Der Nihilismus der sabbatianischen und frankistischen Bewegung […] bahnte den Weg für die Haskala des 19. Jahrhunderts und die Reformationsbewegung, als sich ihr religiöser Impuls ausgeschöpft hat. […] Als die Flamme des Glaubens gelöscht war, erschienen sie [die Frankisten] bald als die führenden Gestalten des reformierten Judaismus, weltliche Intellektuelle oder ungläubige Skeptiker.34

So gesehen wäre der Frankismus nicht eine mystische Bewegung, sondern eher eine Bewegung der Revision der Religion zur weltlichen Fortschrittlichkeit. Offen bleibt die Frage nach den Beweggründen, die sowohl den geistigen Anführer als auch viele seiner Anhänger handeln ließen: War es der Wunsch nach einer sozialpolitischen Emanzipation oder die Suche nach authentischen religiösen Erfahrungen? War es das Revidieren der religiösen Formeln oder Ketzerei, die einen neuen Vorschlag für die Gläubigen zu bilden neigte? Oder war es doch eine Form der Akkulturation? Das Projekt von Jakob Frank wurde auch zu einer neuen religiös-politischen Kraft. Deshalb heißt der vollständige Titel des Romans von Olga Tokarczuk Ksie˛gi Jakubowe albo Wielka podrjz˙ przez siedem granic, pie˛c´ je˛zykjw i trzy duz˙e religie, nie licza˛c tych małych. Opowiadana przez zmarłych, a przez autorke˛ dopełniona metoda˛ koniektury, z wielu rozmaitych ksia˛g zaczerpnie˛ta, a takz˙e wspomoz˙ona imaginacja˛, ktjra to jest najwie˛kszym naturalnym darem człowieka („Die Jakobsbücher oder eine große Reise durch sieben Grenzen, fünf Sprachen und drei große Religionen, ohne die kleinen mitzurechnen. Erzählt durch Verstorbene und ergänzt durch die Autorin anhand der Methode der Konjektur, geschöpft aus vielen verschiedenen Büchern, und auch durch Imagination unterstützt, die die größte natürliche Gabe des Menschen ist“). Die Erinnerung an das Erbe der frankistischen Bewegung währte das ganze 19. Jahrhundert. 2014 erneuerte Tokarczuk die Erinnerung an eine der interessantesten ,Ketzerbewegung‘ und setzte ihr damit ein literarisches Denkmal.

33 Doktjr 1991, S. 25: „[…] zdawali sie˛ dostrzegac´ w rebelii Franka przede wszystkim pragnienie wyzwolenia społecznego i politycznego z koniecznos´ci tylko kryja˛cego sie˛ za zasłona˛ mesjan´skich wyobraz˙en´.“ 34 Doktjr 1991, S. 25.

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Alina Molisak

Literaturverzeichnis Primärliteratur Tokarczuk, Olga: Ksie˛gi Jakubowe albo Wielka podrjz˙ przez siedem granic, pie˛c´ je˛zykjw i trzy duz˙e religie, nie licza˛c tych małych Opowiadana przez zmarłych, a przez autorke˛ dopełniona metoda˛ koniektury, z wielu rozmaitych ksia˛g zaczerpnie˛ta, a takz˙e wspomoz˙ona imaginacja˛, ktjra to jest najwie˛kszym naturalnym darem człowieka, Krakjw 2014.

Sekundärliteratur Davidowicz, Klaus: Zwischen Prophetie und Häresie. Jakob Franks Leben und Lehren, Wien – Köln – Weimar 2004. Doktór, Jan: Frankizm jako odpowiedz´ na kryzys osiemnastowiecznego z˙ydostwa polskiego, in: Biuletyn Z˙ydowskiego Instytutu Historycznego w Polsce 2 (1991), S. 11–25. Doktór, Jan: S´ladami Mesjasza Apostaty. Z˙ydowskie ruchy mesjan´skie w XVII i XVIII wieku a problem konwersji, Wrocław 1998. Doktór, Jan: Rote Briefe, http://www.jhi.pl/psj/Czerwony_list/ [12. 12. 2015]. Maciejko, Paweł: Wieloplemienny tłum. Jakub Frank i ruch frankistowski, 1755–1816, übers. v. Jacek Chmielewski, Gdan´sk 2015. Rosenthal, Herman / Dubnow, S. M.: Frank, Jacob and the Frankists, http://www.jewish encyclopedia.com/articles/6279-frank-jacob-and-the-frankists [19. 12. 2015]. Scholem, Gershom: Du frankisme au jacobinisme. La vie de Moses Dobrusˇka alias Franz Thomas von Schönfeld alias Junius Frey, Paris 1997.

IV Identitätsstiftende Projektionsflächen

Olha Voznyuk

Die ersten galizischen Anthologien als Konstruktion einer „galizischen Literatur“

Abstract In the early nineteenth century, the peoples’ interest in the province of Galicia arose and the process of creating Galician literature had begun. Soon a variety of literature about the region, its people and its geography emerged. Anthologies played an important role in this context. As a representative selection of literature within a specific period, anthologies reveal relations between the time, history and culture of a region. The first Galician anthology Haliczanin (1830), edited by Walenty Chłe˛dowski in Lviv, was already a manifestation of a new local identity – a specific Galician identity. The folklorist Wacław Zaleski emphasized the existence of a “Galician folk”, whose Polish and Ruthenian songs he published in 1833. A new perspective on the creation of Galician literature was given by the Rusalka Dnistrovaja (1837) published in Ukrainian by the members of the “Ruthenian Trinity” (Markijan Sˇasˇkevycˇ, Jakiv Holovac’kyj and Ivan Vahylevycˇ). At the beginning of the formation of Galician literature the „Galician folk“ was polyphonic and supported by the cultural elites. One could say that the literature of Galicia began its history from the local anthologies and almanacs.

Anthologien schaffen einen thematischen Diskurs in der Literatur, sie segregieren ausgewählte Texte zu einem Kanon, der wiederum im öffentlichen Diskurs zur Schaffung eines nationalen Narratives führt. Wie Anders Olssen ausführt, lässt sich die Analyse der Anthologie am besten in dem Dreieck „Geschichte – Literatur – nationale Werte lokalisieren“1, weil Anthologien immer wieder das Modell einer nationalen Literatur entwerfen und darüber hinaus didaktische Ziele verfolgen, die das Bewusstsein des Lesers gestalten.2 Als Quelle für Vorstellungen, die der Leser anhand einer Anthologie im kulturellen Kontext des öffentlichen Raums entwickelt, ist die Anthologie ein wichtiges Instrument, um nationale Literatur zu formen. Die Frage nach dem Wesen einer galizischen Literatur wurde schon vor vielen 1 Vgl. Olssen 2000, S. 28. 2 Ebd., S. 53.

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Jahrzehnten von Mychajlo Drahomanov3 (1841–1895) und Ivan Franko4 (1856–1916) gestellt, sie wird auch heute von Forschern wie Alois Woldan5 wieder aufgegriffen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass dieser Begriff viel mit der Entwicklung der ersten galizischen Anthologien zu tun hat. Wie der Historiker Larry Wolff betont, wurde Galizien zunächst im Kopf erfunden: „Galizien wurde zunächst als Verwaltungseinheit im achtzehnten Jahrhundert erfunden und begann erst dann kulturelle Bedeutungen im Laufe seiner Landesgeschichte im Rahmen des Habsburgerreiches zu akkumulieren.“6 Als Beispiel für eine solche Erfindung, wie auch der erwähnten Akkumulation von Bedeutungen, lassen sich die galizischen Anthologien des frühen 19. Jahrhunderts verstehen, vor allem die Sammlungen von Folkloretexten. Ein spezifisch galizisches Narrativ wird schon vom Almanach Haliczanin7 („Der Galizier“) (1830) begründet. Dahinter steht bereits die Überzeugung von der Existenz einer eigenen galizischen Kultur, die ja bereits im Titel des Almanachs Haliczanin zum Ausdruck kommt. Schon dieser Begriff lässt auf ein neues Bewusstsein, eine neue Mentalität zumindest bei den Intellektuellen des neuen österreichischen Kronlands schließen – die neue politische Realität hat sich im Bereich der Kultur niedergeschlagen. Es lohnt sich, die Schreibung des Namens des Almanachs nach der ukrainischen Rechtschreibung, „Haliczanin“, also mit „H“ und nicht wie im Polnischen „Galicjanin“ mit „G“, genauer zu bedenken. Auch dahinter steht der Wunsch nach einer eigenen Geschichte dieses Landes. Eine schon vorhandene galizische literarische Kultur postuliert Wacław Zaleski im Titel seiner ersten und umfassendsten Anthologie von Folkloretexten Pies´ni polskie i ruskie ludu galicyjskiego8 („Polnische und ruthenische Lieder des galizischen Volkes“) (1833). Mit Zaleski beginnt aber auch eine Tradition der Aufzeichnung ruthenischer Texte in lateinischer Schrift, nach den Regeln der polnischen Orthographie, die sich bemüht, die phonetischen Besonderheiten des Ukrainischen beizubehalten. Der Sammler ist sich zwar darüber im Klaren, dass es in der einen galizischen Folklore zwei unterschiedliche, einander ergänzende Strömungen gibt, er sieht aber keine Notwendigkeit diese in ebenso unterschiedlichen Alphabeten aufzuzeichnen. Er argumentiert zwar damit, dass es keine Norm der ruthenischen Rechtschreibung gibt, was aber nicht über die Existenz der Kyrillica hinwegsehen lässt. Man hätte genauso gut (nach phone3 4 5 6

Vgl. Drahomanov 1874, S. 75. Vgl. Franko 1980, S. 5–14. Vgl. Woldan 2015, S. 432. Wolff 2010, S. 6: „Galicia was first invented as an administrative unit in the eighteenth century and only then began to accumulate cultural meanings over the course of its provincial history in the context of the Habsburg Empire“. 7 Vgl. Chłe˛dowski 1830. 8 Zaleski 1833.

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tischem Prinzip) die gehörten Lieder in kyrillischen Lettern aufzeichnen können. Hier stoßen wir zweifellos auf eine Voreingenommenheit Zaleskis, der als Pole von einem nicht hinterfragten Primat der „Kultursprache Polnisch“ ausgeht. Ebenso gibt eine andere Bemerkung in seiner Einleitung zu denken. Um dem möglichen Einwand der Unverständlichkeit – die Polen verstünden die ruthenischen Lieder nicht, auch wenn diese in polnischer Diktion notiert sind – zuvorzukommen, argumentiert Zaleski, dass es nur eine Frage des guten Willens sei, den anderen zu verstehen, bestenfalls müsse man sich etwas bemühen: „Jeder Ruthene wird polnische Lieder verstehen und jeder Pole die ruthenischen, wenn er es wolle und sich bemüht […].“9Auch wenn das Miteinanderleben und die größere Nähe der galizisch-ukrainischen Dialekte zum Polnischen das Verstehen fördert, steht dennoch hinter Zaleskis Appell an den guten Willen der Wunsch nach einer Harmonisierung – in seiner Auffassung des „galizischen Volkes“ soll es so viel Gemeinsames als nur möglich und so wenig Trennendes als nur möglich geben. Dass die Vertreter der ukrainischen Gruppe in Galizien nicht dieser Ansicht waren, wird sich noch zeigen. Die nächste Entwicklungsstufe bei der „anthologischen Konstruktion“ eines sogenannten „galizischen Bewusstseins“ stellt Z˙egota Paulis Anthologie Pies´ni ludu polskiego w Galicji10 („Lieder des polnischen Volkes in Galizien“) (1838) dar, auf die zwei Jahre später ein zweiter Teil, Pies´ni ludu ruskiego w Galicji11 („Lieder des ruthenischen Volkes in Galizien“) (1839–1840) folgte. Pauli ergänzt nicht nur die Sammlung seines Vorgängers um Texte, die dieser nicht gekannt oder nicht aufgenommen hatte, er weicht auch von dessen Konzept, nämlich die galizische Folklore in nur einer Sammlung darzustellen, ab und trennt die polnischen von den ruthenischen Liedern insofern, als er sie in zwei gesonderten Teilen präsentiert. Zaleskis Argumente eines gemeinsamen Siedlungsraums und einer gemeinsamen Geschichte scheinen den nächsten großen Folklore-Sammler nicht überzeugt zu haben, die geographische Bezeichnung „in Galizien“ jedoch verbindet diese beiden Teile und kann durchaus als Indiz für eine einzige Folklore in Galizien verstanden werden. Zugleich aber führt Pauli eine terminologische Unterscheidung ein, die über Galizien hinausgeht, in dem er bestimmte Lieder als „ukrainisch“ qualifiziert – sie stammen aus dem zaristischen Russland, im Unterschied zu den ruthenischen Liedern aus Galizien, auch wenn sie in derselben Sprache tradiert werden. Der Blick auf die Ukrainer jenseits der österreichisch-galizischen Grenze spricht 9 Zaleski 1833, S. XLII: „Kaz˙dy Rusin zrozumie pies´ni polskie, a i Polak zrozumie ruskie, jez˙eli tylko zechce, i jakiegokolwiek do tego przyłoz˙y staranie.“ 10 Vgl. Pauli 1838. 11 Vgl. Pauli 1839–1840.

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zweifellos für ein geschärftes Bewusstsein für diese nationale Gruppe. Nun verdient es die ruthenische Folklore, durch ukrainische Texte erweitert und ergänzt zu werden, die in derselben Sprache vorliegen und dieselben Themen aufgreifen. Ungeachtet dessen werden sowohl ruthenische als auch ukrainische Lieder in polnischer Transkription wiedergegeben – wieder einmal zeigt sich die stillschweigend akzeptierte Dominanz der polnischen Literatursprache als „Sprache Galiziens“. Sowie Pauli mit seinem Vorgänger in Bezug auf die Anordnung der Lieder in einem Band polemisiert hatte, so hinterfragte er auch dessen Behauptung des mehr oder minder problemlosen wechselseitigen Verstehens von Polen und Ruthenen; er tut das indirekt, indem er seine Sammlung mit einem kleinen Wörterbuch der weniger verständlichen ruthenischen Wörter versieht. Der polnische Leser des ruthenischen Bandes braucht also eine Hilfe, ein Wörterbuch – der gute Wille allein reicht nicht aus, um diese Texte wirklich zu verstehen. Paulis Anthologie unterscheidet sich von der seines Vorgängers auch dadurch, dass er die Bräuche beschreibt, bei denen bestimmte Lieder gesungen werden, also deren Bedeutung im Leben rekonstruiert und damit auch einen ersten Schritt hin zur enzyklopädischen Beschreibung der galizischen Ethnographie macht. Der Vergleich mit anderen slawischen Völkern wie Tschechen und Serben ist für die slawische Romantik typisch, er lässt insbesondere auf den Einfluss von Jan Koll#rs Ideen der slawischen Wechselseitigkeit schließen. Der Vergleich mit den anderen stellt aber auch die Besonderheit des Eigenen heraus, und so wird auch innerhalb Galiziens stärker differenziert, wenn etwa das Weihnachtsbrauchtum der Polen und Ruthenen verglichen wird. Ganz in der Tradition der galizischen anthologischen Narration stand die Anthologie Sławianin („Der Slawe“), welche von Stanisław Jaszowski in Lwiw, in polnischer Sprache im Jahre 1837 herausgegeben wurde.12 Der Herausgeber plante diesen Almanach in regelmäßigen Abständen zu veröffentlichen. Im ersten Band publizierte er Übersetzungen von Jan Koll#r und auch Gedichte von Tymko Padurra, dieser „junge Ukrainer, dessen im ruthenischen Dialekt geschriebene Heldenlieder schon Gemeingut der slawischen Nation geworden sind.“13 Stanisław Jaszowski veröffentlichte auch Übersetzungen von Werken von Friedrich Schiller, Poesie von Tomasz Olizarowski und vielen anderen. Sławianin brachte ein neues Angebot für die galizische intellektuelle Elite. Die Leser werden nicht nur mit der lokalen, galizischen Literatur vertraut gemacht, sondern auch mit einer Auswahl aus der übersetzten Weltliteratur. Das führte zu einer Art Eingliederung der galizischen Literatur in einen internationalen literarischen 12 Vgl. Jaszowski 1837. 13 Jaszowski 1837, S. 8: „Młody Ukrainiec, ktjrego dumy w narzeczy mało z˙ ruskiem pisane, stały sie˛ juz˙ własnos´cia˛ narodu sławian´skiego.“

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Kontext. Leider wurden weitere Veröffentlichungen des Sławianin von der Zensur unterbunden. Jaszowski gab nicht auf und veröffentlichte im Jahre 1841 in Lwiw eine weitere Anthologie, Dniestrzanka14 („Das Mädchen vom Dnestr“), in der Hoffnung, dass der Druck dieser Ausgabe weitergehen würde. Im Vorwort betont der Herausgeber, dass mit dieser Anthologie das Vorhaben des Sławianin fortgesetzt würde. In Dniestrzanka wurde eine Beschreibung des Palastes von Pidhircy aus der Feder von Stanisław Przyle˛cki, wie auch ein Bericht über die Krönung des polnischen Königs Jan Kazimierz veröffentlicht. Daneben findet sich die Übersetzung einer detaillierten Beschreibung der Belagerung Wiens durch die Türken im Jahr 1683, welche von den Professoren Engelstoft und Möller von der Universität Kopenhagen stammt. Dort ist jeder Tag der Belagerung beschrieben und auch die mutige Tat des Franciszek Jjzef Kulczycki erwähnt, der mit seinen Botengängen eine Schlüsselrolle bei der Befreiung der Stadt gespielt hatte; Kulczycki ist für die Verfasser ein Pole,der aus Sambor stammte.15 Im deutlichen Gegensatz zu den erwähnten Anthologien, die eine gemeinsame galizische Folklore in lateinischem Alphabet bzw. polnischer Orthographie präsentierten, steht der ruthenische anthologische Versuch, Rusalka Dnistrovaja16 („Rusalka/ Flußnixe vom Dnestr“) (1837), die nun bewusst in kyrillischer Schrift von den Mitgliedern der sogenannten „Ruthenischen Dreifaltigkeit“ (Rus’ka Trijcja) herausgegeben wurde. Diese Gruppe junger Theologiestudenten hatte sich in den Jahren 1834–1843 am Lwiwer Griechisch-Katholischen Generalseminar herausgebildet. Sie bestand aus Markijan Sˇasˇkevycˇ (1811–1843), dem führenden Kopf der Gruppe, Jakiv Holovac’kyj (1814–1888) und Ivan Vahylevycˇ (1811–1866), die alle zu den Vertretern der ukrainischen Romantik gezählt werden. Zugleich gehörten sie auch zu den bewussten Vertretern einer ukrainischen Kultur in Galizien. Das besondere Anliegen der Ruthenischen Dreifaltigkeit lag darin, dass man Ausgaben in ruthenischer Sprache veröffentlichen wollte, obwohl die ukrainische Elite Galiziens zu dieser Zeit polonisiert war und Polnisch sprach. Auch der ukrainische Klerus sprach häufig Polnisch, denn es gab zu dieser Zeit keine ruthenischsprachigen wissenschaftlichen Einrichtungen. Der Lehrstuhl für Ruthenische Sprache und Literatur an der Universität in Lwiw wurde erst im Jahre 1848 gegründet. Das Ukrainische hatte bis zu den Veröffentlichungen der „Ruthenischen Dreifaltigkeit“ nur den Status einer mündlichen Sprache, es gab damals nicht einmal eine ukrainisch-ruthenische Zeitung. Von seiner Verwendung im öffentlichen Leben konnte man nur träumen.17 14 15 16 17

Vgl. Jaszowski 1841. Vgl. Ebd. Vgl. Sˇalata 2012. Ebd., S. 137–192, S. 145.

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Ein wichtiger Schritt in der Tätigkeit der „Ruthenischen Dreifaltigkeit“ war die Herausgabe des Almanachs Rusalka Dnistrovaja im Jahre 1837 in Buda. Die österreichische Zensur verbot den Almanach aus religiösen Gründen, nur 200 von den 1000 gedruckten Exemplaren konnten verkauft werden, der Großteil wurde konfisziert und vernichtet.18Aufgrund des Datums der Veröffentlichung, 1837, drei Jahre vor Sˇevcˇenkos erster Sammlung Kobzar (1840), gilt die Rusalka Dnistrovaja als erste Ausgabe in ukrainischer Volkssprache. Sie stellt ein Symbol der geistigen und kulturellen Wiederbelebung eines ukrainischen nationalen Bewusstseins in Galizien dar. Einer der Vordenker der Ideen, die wir dort finden, war Jan Koll#r (1793– 1852), slowakischer Dichter und herausragende kulturelle Persönlichkeit. Er entwickelte die Idee der slawischen Wechselseitigkeit. Jan Koll#r verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Wien, wo er an der Universität Wien Professor für slawische Altertumskunde war. Jakiv Holovac’kyj verstand sich als sein Schüler und stand in regem Briefkontakt mit ihm. Es besteht kein Zweifel, dass die Mitglieder der „Ruthenischen Dreifaltigkeit“ mit Koll#rs Werken vertraut waren, denn sie stellen ein Koll#r-Zitat „Nicht aus dem traurigen Auge, sondern von der fleißigen Hand blüht die Hoffnung“19 ihrem Almanach als Motto voran. Nach dem ukrainischen Forscher Mychajlo Sˇalata hat Markijan Sˇasˇkevycˇ auf das Motiv der Rusalka im Titel des Sammelbandes zurückgegriffen; dort betont er, dass „wir Ruthenen und Ukrainer nicht von irgendwoher auf diese Erde gekommen sind – wir sind hier alt und ewig, wie der Dnepr oder Dnestr.“20 In jeder Geschichte der ukrainischen Literatur gilt dieser Almanach als erstes Beispiel einer in der noch nicht kodifizierten Volkssprache gedruckten Literatur in Galizien. Im galizischen Kontext aber kommt der Rusalka Dnistrovaja eine weitere Bedeutung zu, sie kann als Antithese zu den vorhandenen polnischen anthologischen Projekten gesehen werden, die auf einer ganz anderen Konzeption beruht. Nun wird nicht mehr eine gemeinsame, polnisch-ruthenische Folklore konzipiert, die allerdings unter polnischem Patronat steht, sondern eine eigenständige ruthenische Folklore vorgeführt, die sich mit ihren Schwestern (vgl. die Rusalka-Metapher) im slawischen Umkreis messen kann, auch wenn sie quasi als letzte zu einem eigenständigen Leben erwacht ist: Sei nicht traurig, Rusalotschka, aus dem Dnestrfluss, nicht schön angezogen, in der Tracht, die du aus der Natur und von deinem gutmütigen und gutherzigen Volk an-

18 19 20

Ebd., S. 145. Sˇalata 2012, S. II: „Ne z mutneho oka, z ruky pilne nadeje kwitne.“ Ebd., S. 35: „my rusyny-ukrajinci, nizvidky ne pryjsˇly na cju zemlju, – my tut davni i vicˇni, jak Dnister cˇy Dnipro.“

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genommen hast, jetzt stehst du vor deinen Schwestern. Sie sind gut, sie vergeben dir, werden dich aufnehmen und schön bekleiden.21

Umgekehrt ist auch diese Folklore eine lokale, galizische, wie aus der räumlichen Verortung der Allegorie hervorgeht: Es ist eine Rusalka vom Dnjestr, dem galizischen Fluss schlechthin. Zum ersten Mal taucht im Titel des Almanachs Rusalka Dnistrovaja eine Rusalka als Erweckerfigur auf. Die Autoren verwendeten dieses Motiv, um auf die Gemeinschaft in der slawischen Folklore hinzuweisen, und auch darauf, dass alle slawischen Kulturen gleichwertig sind. Auch in der Konzeption dieser Anthologie zeigen sich Neuerungen im Vergleich zu den erwähnten polnischen Vorläufern: Neben gesammelten Volksliedern finden sich auch Übersetzungen aus der Folklore slawischer Schwester-Literaturen, allen voran der tschechischen und der serbischen. Gerade die tschechische Literatur gilt als eine „ältere Schwester“, die schon lang aus dem DornröschenSchlaf erwacht und weltweit Geltung gefunden hat, vor allem mit den berühmten Handschriftenfälschungen, die damals allerdings noch als hochmittelalterliche Originale galten (Fragmente daraus finden sich in ukrainischer Übersetzung in der Rusalka Dnistrovaja). Die serbische Folklore stammt aus der berühmten Sammlung von Vuk S. Karadzˇic´, welche als Musterbeispiel einer Aufzeichnung von Folkloretexten nach dem Prinzip der gesprochenen Umgangssprache gilt: „Schreib, wie Du hörst und lies, wie Du siehst!“22 Die Anlehnung an solche „Schwestern“ kann der galizischen Folklore nur guttun – sie kann auch als wirksames Gegenmittel gegen Übergriffe von Seiten einer bevormundenden polnischen Folklore gelten. Indikator und Prüfstein für die Eigenständigkeit der ruthenischen Folklore in Galizien waren einmal mehr das Alphabet, und auch das Graphem. Die ruthenische Folklore kann – nach Auffassung der Herausgeber der Rusalka Dnistrovaja – nur in der kyrillischen Schrift authentisch aufgezeichnet werden, und dazu bedarf es auch einer modernen Type – im Vergleich zu den antiquierten kirchenslawischen Lettern – einer so genannten bürgerlichen Schrift (grazˇdanka), so wie sie Peter I. mehr als hundert Jahre zuvor in Russland eingeführt hatte. Ganz am Ende der Anthologie, in einer Rezension einer anderen, nicht in Kyrillica gedruckten ruthenischen Anthologie, legt Markijan Sˇasˇkevycˇ, der renommierteste Dichter aus der erwähnten Herausgeber-Gruppe, ein ebenso leidenschaftliches wie parteiisches Bekenntnis zu dieser Schrift ab: Der größte Betrug und mehr noch, eine unverzeihliche Sünde in dieser Sache ist, dass der Schriftsteller das wahre ruthenische Alphabet ablehnte, und polnische Buchstaben 21 Sˇalata 2012, S. IV: „Ne zˇurysja, Rusalocˇka, z-nad Dnistra, sˇcˇo-s’ neprybrana, v narjadi, jakyj vid pryrody i dobrodusˇnoho i dobroserdecˇnoho narodu tvojoho pryjmyla-s’, stajesˇ pered tvojimy sestrycjamy. Ony dobri, vybacˇat ty, pryjmut tja i prykrasjat.“ 22 Sˇalata 2012, S.V: „pysˇy jak cˇujesˇ, a cˇytaj jak vydysˇ !“

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annahm, die gar nicht zu unserer Sprache passen. Das Alphabet des Hl. Cyril war für uns eine himmlische Feste, nicht zu überwältigen, kraftvoll und bewahrend vor dem Untergang. Es war die stärkste Säule, der unerschütterliche Fels, auf dem die Heilige Rus, durch die Jahrhunderte bedrückt, festen Bestand hatte.23

Somit ist die Rusalka Dnistrovaja der erste Almanach, der nicht nur die Rechtschreibung fixierte und damit die in Galizien lang anhaltende Diskussion über das Alphabet, den sogenannten „Alphabet-Krieg“24, beendete, sondern auch ganz im Geist der Romantik die Folklore in ihren interslawischen Bezügen in die Literatur eingeführt hatte. Die Sammlung Rusalka Dnistrovaja bietet eine neue Perspektive, indem sie eine Vielfalt von Stimmen in die galizische Narration einbringt, darunter auch Veröffentlichungen aus der ukrainischen Folklore, die im Zarenreich erschienen waren. Zu den ukrainischen Texten aus Galizien und der russischen Ukraine wurden Beispiele aus der Folklore anderer slawischer Völker (der Tschechen und der Serben) in ukrainischer Übersetzung in diese Sammlung mitaufgenommen. Im Gegensatz zu früheren Anthologien, die sich auf den galizischen Kontext beschränkten (Zaleski und Pauli), orientiert sich die Rusalka Dnistrovaja an einer panslawischen Narration und schlägt auch die Brücke zu einem gesamt – ukrainischen Projekt. Anfang des 19. Jahrhunderts begann in Galizien der Prozess der Herausbildung einer galizischen Literatur, die mit Hilfe von Anthologien entworfen wurde. Die ersten Anthologien wurden von Autoren polnischer Abstammung zusammengestellt. Schon der Titel Haliczanin, den Walenty Chłe˛dowski seinem Almanach gab, weist mit der vom Polnischen abweichenden Orthographie auf eine galizische Eigenständigkeit. Für Wacław Zaleski gibt es bereits ein sogenanntes „galizisches Volk“, dessen polnische und ruthenische Lieder er in einem Band vereinigt. Beide Arten von Liedern würden, wie der Herausgeber meint, auch von allen Galiziern verstanden, wenn nur der Wille dafür aufgebracht wird. Z˙egota Pauli teilt die Folklore des „galizischen Volkes“ in einen polnischen und ruthenischen Teil, weist aber darauf hin, dass es sich um die Lieder eines einzigen „galizischen Volks“ handelt. Eine nur ukrainische Perspektive, ohne polnische Texte und verbürgt durch das kyrillische Alphabet, vertritt dagegen die Rusalka Dnistrovaja. So ist also die galizische Literatur in der Zeit der Formierung des „galizischen Volkes“ mehrstimmig, wobei sich aber bei deren Verschriftlichung die Trennlinie zwischen Lateinisch und Kyrillisch wie eine Curzon-Linie durchzieht. 23 Sˇalata 2012, S. 130–131:„Najbil’sˇoju omanoju, ba neprosˇcˇennym hrichom v sem dili je, sˇcˇo pysatel’, vidverhsˇy azbuku pytomo ruskuju, pryjnjav bukvy ljac’kiji, kotri cilo ne prystajut k nasˇomu jazykovy […] Azbuka svjatoho Kyryla bula nam nebesnoju, nezborymoju tverdeju pered doversˇenym znydin’om, bula najkripliscˇym stovpom, neschybymoju skaloju, na kotrij Rus’ Svjataja cˇerez stil’ky stolit’ ljuto pecˇalena kripko stojala.“ 24 Vgl. Franko 1913.

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Im frühen 19. Jahrhundert begann sich auch eine galizische Identität zu entwickeln, die ihre charakteristischen Merkmale aus dem multikulturellen Charakter der Bevölkerung der Provinz Galizien annehmen sollte. Diese Ansicht wurde von der kulturellen Elite unterstützt, die Herausgeber der ersten Anthologien setzten eine solche Identität voraus. So wurde die Idee von Galizien als einem multinationalen ideologischen Konstrukt durch Anthologien, Almanache und Enzyklopädien wesentlich gefördert; zur gemeinsamen Folklore kommt das Wissen um eine gemeinsame Geschichte, um gemeinsame Sitten und Bräuche der Menschen, die Galizien bewohnen, als Quelle einer galizischen Identität. Wenige Jahrzehnte später wird die Gattung der Enzyklopädie dazu einen neuen Beitrag leisten.

Literaturverzeichnis Primärliteratur Chłe˛ dowski, Wale˛ty (Hg.): Haliczanin. T. 1, Lwjw 1830. Drahomanov, Mychajlo: Literatura rosijs’ka, velykorus’ka, ukrains’ka i halyc’ka, in: Zapysky Naukovoho Tovarystva imeni Sˇevcˇenka, L’viv 1874. Franko, Ivan: Azbucˇna vijna w Halycˇyni 1859, in: Vidbytka z: Zapysky Naukovoho Tovarystva imeni Sˇevcˇenka, C. 114–116, L’viv 1913. Franko, Ivan: Literatura, jiji zavdannia i najvazˇnisˇi cili, in: Zibrannia tvoriv u 50-y tomach, T. 26, Kyjiv 1980, S. 5–14. Jaszowski, Stanisław (Hg.): Dniestrzanka: Zbijr artykułjw wierszem i proza˛ ku zabawie i nauce, Lwjw 1841. Jaszowski, Stanisław (Hg.): Sławianin, T.1, Lwjw 1837. Pauli, Z˙egota: Pies´ni ludu polskiego w Galicji, Lwjw 1838. Pauli, Z˙egota: Pies´ni ludu ruskiego w Galicji, T 1–2, Lwjw 1839–1840. Sˇalata, Mychajlo (Hg.): Rusalka Dnistrovaja, Drohobycˇ 2012. Sˇalata, Mychajlo: Manifest ukrajins’koho Vidrodzˇennja, in: Rusalka Dnistrova. Naukovo-krytycˇne vydannja, L’viv – Zˇovkva 2012, S. 1–37. Zaleski, Wacław (Hg.): Pies´ni polskie i ruskie ludu galicyjskiego, Lwjw 1833.

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Anton Kotenko

Galicia as Part of Ukraine: Lviv 1904 Summer School as an Attempt to Tie the Ukrainian Nation Together1

Abstract Over the last thirty years, students of nationalism have persuasively dismantled supposedly objective and essentialist characteristics of nations such as race, religion, language, history, and territory, underlining instead their constructed nature. It is in such a constructivist vein that I suggest approaching a seemingly obvious problem of Galicia being part of Ukraine. In this paper, I argue that Galicia’s ’Ukrainian-ness’ should rather be viewed as a process, like a ship being put into (and taken out of) the Ukrainian bottle by the Ukrainian activists and their opponents. Despite Galicia was imagined as part of Ukraine in the 1840s, it happened only after the emergence of Ukrainian public sphere during the Romanov Empire in 1906 that this idea was promoted among its audience. However, except for the discursive construction, Ukrainian activists of both empires also employed more tangible mechanisms to promote Ukrainian national unity. One such endeavor was the organization of the Pan-Ukrainian summer school in Lviv in 1904. Modelled on the Parisian Russian Higher School of Social Sciences, its aim was to bring together Russian and Galician Ukrainian students to deepen their national consciousness.

1 The article was prepared within the framework of a subsidy granted to the HSE by the Government of the Russian Federation for the implementation of the Global Competitiveness Program. I am grateful to Professor Alois Woldan for his comments to this paper during the conference. I also deeply appreciate Bohdan Tsymbal’s help with the correspondence between Borys Hrinchenko and Vasyl’ Domanyts’kyy and Figure 5.

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Anton Kotenko

Now the roads from the Left Bank to the Right and from there to Galicia and Hungary have done more to bring Ruthenians-Ukrainians together than books. (Mykhaylo Drahomanov, 1894) We would be very pleased to see you in Lviv, and are sure that your name among the lecturers would attract many young people. I do not have to explain to you […] what kind of importance such courses could have for the Ukrainian youth. (Ivan Franko to Ahatanhel Kryms’kyy, 1904) […] in twenty-thirty years we will have two nationalities on one ethnographic foundation, similar to the Serbs and Croats. (Mykhaylo Hrushevs’kyy, 1906)

Introduction: Ukrainian National Space as a Work in Progress Over the last thirty years, scholars of nationalism have persuasively dismantled supposedly objective and essentialist characteristics of nations such as race, religion, language, history, and territory, underlining instead their constructed nature. It is in this vein of deconstructing Harry Collins’s “ships in their bottles” or Bruno Latour’s “black boxes” that I suggest approaching a seemingly obvious and unproblematic question of Galicia being part of Ukraine. From the perspective of 2016 it seems confusing to think of it otherwise as it is perplexing to find a less consciously Ukrainian part of Ukraine. However, if one opens the bottle/box of Ukrainian national territory and pays attention to “the sticks and strings and glue from which the ships of knowledge are built,”2 one will immediately notice “uncertainty, people at work, decisions, competition, controversies.”3 As with any other nation, Ukrainian national territory was (or rather is being) constructed by national activists, and is thus a historical product with a story of its creation. When and how did Galicia become a part of Ukrainian national territory? Several scholars (most notably John-Paul Himka and Yaroslav Hrytsak) have already pointed out the variety of possible national identifications available to Galician politicians at the second half of the long nineteenth century. Recently Serhiy Kostyshyn, a contemporary Lviv-based artist, has superbly visualised the idea (Figure 1). Galicia was certainly considered as part of not only the Ukrainian national 2 Collins 1985, p. 6. 3 Latour 1987, p. 4.

Galicia as Part of Ukraine

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Figure 1: Haleta et al. 2010, p. 82. Courtesy of Olena Haleta.

space, and the various names of its capital – Lemberg, Lemberik, Lviv, Lvov, or Lwjw – are the most significant illustrations of the available identifications. Obviously, the manifold competing identifications of local intellectuals found their way onto the most popular form of spatial representation: maps. Thus, whereas in 1896 Hryhoriy Velychko depicted Galicia as part of the Ukrainian nation on his Narodopysna karta ukrayins’ko-rus’koho narodu (“Ethnographic map of the Ukrainian-Ruthenian nation”), in 1912 Marian Glushkevich presented it as part of a territory of the Russian nation, stretching from the Syan to the Amur Rivers (Figure 2). Apart from the opposing national projects Ukrainian activists faced a subtler problem related to a contrast between the Russian and Galician Ukrainians. Those few Russian Ukrainians who visited Galicia since the 1870s did not necessarily feel at home there and complained about its unusual landscape, language and people. Similarly, Galician Ukrainians who had started visiting Russian Ukraine for inspiration and support since the 1880s also occasionally returned home disappointed: Russian Ukrainians did not seem to be interested in Galician

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affairs and local Ukrainians in general. Additionally, Russian Ukraine and Russian Ukrainian towns did not seem Ukrainian to Galicians. In 1897 Osyp Makovey came back from Kyiv annoyed by the “offspring of the ancient Cossacks” with “their moustaches being the only remnant of the ancient Cossacks.”4 Kyiv seemed the most upsetting to him: This is our capital, but it is not ours now! […] I walk around Kyiv and feel so sad that when I look into a “putevoditel’” [guidebook],5 I always read that everything ours is theirs. […] Oh, Kyiv, the mother of all towns, what has happened to you! Now you are not the mother any longer, but only a stepmother after you married a Moskal’.6

The monument to Khmel’nyts’kyy wounded Makovey the most: a hetman, sitting on an angry bronze horse on some rock, seemed to him “separated from the people like a criminal and sad because of the direction of his hand pointing north.” Looking at it, Makovey had only one desire: to climb up on top of it, to abuse Khmel’nyts’kyy and tear his arm with a mace off.7 Probably the most famous exposition of Ukrainian fears about the desirable unity of Ukraine’s two parts was a text from the last Lviv issue of LiteraturnoNaukovyy Visnyk (“Literary and Scholarly Herald”). In December 1906, it published an article Halychyna i Ukrayina (“Galicia and Ukraine”) by Mykhaylo Hrushevs’kyy. According to the author, historical differences between “various parts of the great Ukrainian land” made these parts of an “all-Ukrainian organism” live divergent religious, political, cultural lives. Hrushevs’kyy’s vision seemed almost apocalyptic for the Ukrainian future: Until now Galicia was ahead, and Ukraine either followed it, or remained still. Now Ukraine will advance its own separate way, and its estrangement from Galicia will grow with every step if one does not take care of bringing their ways together. Then in twentythirty years we will have two nationalities on one ethnographic foundation, similar to the Serbs and Croats, two parts of one Serbian tribe, which allowed the political, cultural, religious circumstances to lead them to complete alienation.8 4 Makovey 1897, p. 6: “Ekh! Tak nadoyily meni vzhe oti potomky starykh zaporozhtsiv! U nykh til’ko vusa starykh kozakiv, a vdacha starykh nosorozhtsiv.” [All translations are my own – AK.] 5 The author used a Russian word for a guidebook in the otherwise Ukrainian poem to underline the Russianness of Kyiv. 6 Makovey 1897, p. 10: “Se zh nasha stolytsya, ne nasha teper! […] Po Kyyevi khodzhu, tak sumno meni / shcho hlyanu u ‘putevoditel’’, / to vse tam chytayu, shcho nashe – to yikh. […] O, Kyyiv, o matinko horodiv vsikh, / na shcho ty sehodnya zvelasya! / Teper ty ne maty, a machokha nam, / yak za moskalya viddalasya!” 7 Ibid, p. 27: “Daly yemu zlyushchu bronzovu konyaku, na skelyu yakus’ posadyly, I tynom zaliznym, nemov rozbyshaku, vid narodu vidhorodyly. I nyni Bohdan azh ponyk holovoyu, shcho tak yoho skryvdyv ‘vayatel’’, na pivnich pokazuye vse bulavoyu, de zhyv sey yoho nepryyatel’.” 8 Hrushevs’kyy 1906, p. 494: “Korotko kazhuchy – dosi Halychyna yshla, a Ukrayina stoyala,

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Figure 2: Karta russkogo narodu [Map of the Russian Nation]. Source: Glushkevich 1912.

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Even though not everyone agreed with Hrushevs’kyy’s fears, considering his position in the Ukrainian movement one might assume that the problem, which for the first time was tackled by the Ukrainian activists in the 1870s–80s, was still not completely solved by the end of the nineteenth century. On the eve of the First World War the supposed unity of Russian and Austrian Ukrainians continued to be a work in progress. As I have already argued, the idea of a Ukrainian national space appeared in the 1840s; it reached its scientific cartographical representation in the 1870s and was temporalized by the 1890s.9 However, except for being discursively constructed and accepted as such by a narrow circle of intellectuals, the concept of a Ukrainian national space also had to be disseminated within a wider audience and supplemented with tangible spatial practices, rooting the ideas previously conceived by a rather small group of intellectuals in actual space and among its population. Based on sources from the Romanov Empire, in this paper I would like to argue that the problem of bringing Ukraine and Galicia together was acutely realized by the pre-war Ukrainian national activists who tried to unite these two parts of their imagined Ukrainian national space in various ways.

Dissemination of the Idea of Galicia as Part of Ukraine in the Romanov Empire The idea of a Ukrainian national space (and Galicia as a part of it) could only be legally disseminated in Russian Ukraine after the emergence of the rather limited Ukrainian public sphere in the Romanov Empire in 1906. Ukrainian territoriality was immediately presented to the audience of Ukrainian publications as selfevident: one could read about “space of large Ukrainian land from the Syan and the Mahura Rivers to the Kuban River and the El’brus”10 or about “deputies from the Ukrainian territory.”11 The borders of Ukraine were most thoroughly described in numerous articles on “the geography of the fatherland,” which appeared in the first issues of almost every new Ukrainian publication.12 Some of

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abo yshla za Halychynoyu. Teper Ukrayina pide svoyeyu dorohoyu, i viddalennye yiyi vid Halychyny bude zbil’shatysya z kozhnym krokom, koly ne podbaty pro zblyzhennye yikh dorih. I koly b tak kozhda pishla svoyeyu dorohoyu, ne dbayuchy pro se zblyzhennye, to za yakykh 20–30 lit my maly b pered soboyu dvi natsional’nosti na odniy etnohrafichniy osnovi, podibno yak serby y khorvaty, dvi chastyny odnoho serbs’koho plemeny, shcho daly sebe rozvesty politychnym, kul’turnym, relihiynym obstavynam do povnoho vidchuzhennya.” Kotenko 2014. Hrushevs’kyy 1907, p. 1: “[…] po vsim prostori velykoyi ukrayins’koyi zemli vid Syana i Mahury do Kubani i El’brusu.” Obozrevatel’ 1906, p. 719: “[…] deputaty s territorii Ukrainy.” See, for example, Hrinchenko 1906, p. 2; Rusov 1906, pp. 222–229.

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these articles were later republished as separate books and brochures, which only underlined their assumed importance.13 Maps, which presented the continuous Ukrainian territory from the Syan to the Don Rivers, became crucial parts of these descriptions and most actively entered the popular Ukrainian discourse. The need to accompany texts about the Ukrainian territory with maps was discussed: those with them were praised, those without them were criticized. Whereas previously Ukrainian activists could only use officially approved maps presenting this space as the Russian Southern gubernias, after 1906 maps of Ukraine in Ukrainian started to appear in newspapers, books, calendars, on postcards and envelopes, and were actively advertised in the public sphere. Thus, for instance, in 1910 a concerned person could order four types of postcards with an ethnographic map of Ukraine in color, a geographic map of Ukraine in color, a map of Ukraine in black and a map of Ukraine in Esperanto from a publisher in Odesa, together with two types of envelopes with a map of Ukraine in Ukrainian and with a map of Ukraine in Esperanto. Moreover, the Ukrainian press informed its readers about news “around Ukraine,” “in Ukraine,” “in Ukrainian life” and “in our country.” Sometimes “Ukrainian” towns were highlighted with a different script. Such prescriptive names and place selections were indeed important. For instance, when the Polish newspaper Kurjer Lwowski called Lviv and Husyatyn “Polish towns” it immediately provoked a vehement reaction on the Ukrainian side: How should one understand it? That the Polish nation feels its national unity wherever it is, brooking no objections, or that Z˙ywiec or Husyatyn are all Polish lands? And if Kyiv is Polish, Lviv is Polish, then why cannot Husyatyn be Polish as well? […] In a word, where once Poland reigned, it was, is and will remain Polish land. […] Keep your Poland and leave us our Ukraine!14

All these publications underlined Galician “Ukrainianness” in several ways. First, Russian Ukrainian newspapers and journals included special sections or sub-sections called “From Galician Ukraine” or “From Foreign Ukraine,” allocated to Galician news. Second, they regularly published numerous separate articles on Galicia, often accompanied with photos of the local population and landscape. Third, in 1908 Galicia became the subject of special lectures organized by Prosvita (“Enlightenment”) in Katerynoslav. Finally, in 1909 Kyivan Ukrai13 See, for example, Kohut 1911; Padalka 1906. 14 L[ozyns’kyy] 1906, p. 2: “Yak se rozumity? Chy tak, shcho pol’s’kyy narod, de b vin ne buv, skriz’ pochuvaye svoyu natsional’nu spil’nist’, – proty choho nikhto ne smiye nichoho maty, – chy tak, shcho Zhyvets’, chy Husyatyn, se vse pol’s’ka zemlya? A koly Kyyiv pol’s’ka zemlya, koly L’viv pol’s’ka zemlya, to chomu b ne buty pol’s’koyu zemleyu y Husyatynu? […] Slovom, de til’ky kolys’ panuvala Pol’shcha, tam bula, ye y bude pol’s’ka zemlya. […] Mayte vy sobi svoyu Pol’shchu, a nam nasha Ukrayina nekhay ostanet’sya!”

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nophiles, led by Borys Hrinchenko,15 published a special volume titled Pro Halychynu i zhyttya halyts’kykh ukrayintsiv (“About Galicia and life of Galician Ukrainians”) by Vasyl’ Domanyts’kyy. Domanyts’kyy’s description of Galicia starts with a seemingly obvious statement, the presence of which therefore speaks for itself: The first thing which one notices is that the same people live there, our brothers – the Ukrainians, the same as among us, in Ukraine. Those Galician Ukrainians speak the same language as we do, wear the same clothes as we do, and their customs are predominantly the same as ours, as are their white houses with gardens.16

Domanyts’kyy wrote about local history, geography, ethnography and recent news, underlining that Ukrainians are not only the immemorial masters of Eastern Galicia, but that the Ukrainian population of Eastern Galicia is three times higher than that of the Poles. It was in this book that the author also tackled the problem of confessional difference between Russian and Galician Ukrainians. Domanyts’kyy and his publishers tried to convince their readers that the difference between the Uniate and Orthodox Churches was insignificant: allegedly Galicians only spoke more Ukrainian instead of Church-Slavonic during church services, their priests shaved their beards and wore different clothes, they read “We believe” differently and had a pope as their highest authority, not a synod. All of this “had little relation to the faith itself as the faith is the same as ours, just with some different church traditions.”17 The author urged his readers from Russian Ukraine to look at our brothers-Galicians and to learn from them. […] to know and care not only about ourselves, our house, our corner, but to live a common life with our brothers in the whole world, feel happy for their joys, feel ill because of their pain, to reject what is bad in them, and adopt what is good, to help in times of hardships both by word and deed.18

15 See Hrinchenko’s correspondence with Domanyts’kyy in: Arhiv viddilu rukopysnyh fondiv ta tekstolohii Instytutu Literatury im. T. H. Shevchenka, Fond 47, Sprava 114–121. 16 Domanyts’kyy 1909, p. 3: “Pershe, shcho vpadaye nam v oko, shcho tam zhyvut’ taki sami lyude, braty nashi – ukrayintsi, shcho y u nas na Ukrayini. U tykh halyts’kykh ukrayintsiv i mova taka, yak u nas, i odyahayut’sya vony tak, yak my, i zvychayi zdebil’shoho taki sami, i khatky bilen’ki z sadochkamy.” 17 Ibid, p. 8–9: “Ale vse tse do viry malo stosuyet’sya, bo vira ta samesen’ka, shcho y u nas, til’ky, yak bachymo, deyaki tserkovni zvychayi trokhy inakshi.” 18 Ibid, p. 80: “[My] povynni dyvytysya na svoyikh brativ-halychan i sobi od nykh navchatysya. […] My povynni znaty y dbaty ne til’ky pro sebe, pro svoyu oselyu, sviy kutok, a zhyty spil’nym zhyttyam z nashymy bratamy po vs’omu sviti, radity yikh radoshchamy, bolity yikh bolem, lykhe u nykh obmynaty, a dobre pereymaty, v nedoli odni odnym dopomahaty i slovom, i dilom.”

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The delighted reviewer of the “objective” book even called it “an encyclopedia of Galicia,” which could successfully get the readers acquainted with Galicia: Wide circles of the Russian Ukraine are little acquainted with the life of the Galician Ukrainians, and if they are, they know it somewhat symbolically, unclearly. We are not speaking about a few people. Newspapers and journals from Galicia that reach us do not provide the understanding of Galicia one needs to have. The best is to go to Galicia and see everything with one’s own eyes. But is it possible for everyone? I doubt it. And here the book by Mr. Domanyts’kyy can be of use in providing a chance to understand clearly how the Galician Ukrainians lived during their separation from Russian Ukraine. The book is written in an absolutely clear, understandable, engaging and objective way. Everyone who has not heard about Galicia until now, or has known little, today needs to know it, since this book is accessible for any Ukrainian – both in terms of narrative and price.19

An important appendix to the book, a map of Galicia (Figure 3), presented its eastern “Ukrainian” part in detail. Except for the Galician provincial borders the map also depicted the border of “how far the Ukrainian nation lives to the west.” In the end, one could have assumed that the time when Galicia remained unknown to the Russian Ukrainian public was gone. However, except for making readers discursively used to Galicia being part of Ukraine, pre-war Ukrainian activists did work with real space and tried to promote pan-Ukrainian unity by employing more substantial mechanisms available to them.

1904 Lviv Summer School in Ukrainian Studies Travel was the most important tangible tool to cultivate a sense of a Ukrainian national space. The first Ukrainian activist who emphasized the significance of travel was Mykhaylo Drahomanov, whose emphasis on the ability of Ukrainians from different parts of the two empires to travel and communicate with one another tempts one to call him the “Carl Deutsch of his time.” After his own travels and “discovery” of the Ukrainian people in the Habsburg Empire, he became confident that separate parts of the Ukrainian territory would become 19 Rusyn 1910, p. 78: “Shyroki kruhy Ukrayiny Rosiys’koyi malo znayomi z zhyttyam halyts’kykh ukrayintsiv, a koly y znayomi, to yakos’ abstraktno, neyasno. Ne kazhemo pro okremi odynytsi. Hazety, zhurnaly, yaki dokhodyat’ do nas z Halychyny, shche ne dayut’ toho rozuminnya pro Halychynu, yake b slid maty. Naykrashche poyikhaty v Halychynu ta samomu pobachyt’ vlasnymy ochyma. Ale zh chy mozhlyvo zh yikhaty samomu? Ledve. I os’ knyzhka d. Domanyts’koho mozhe staty v pryhodi, chy to – daty zmohu zrozumity dokladno, yak zhyly halyts’ki ukrayintsi za toy chas rozluky z Ukrayinoyu Rosiys’koyu. […] Knyzhka napysana tsilkom populyarno, zrozumilo, tsikavo i ob’’yektyvno. Khto do ts’oho chasu ne znav pro Halychynu, abo znav malo, teper povynen znaty, bo knyzhka dostupna kozhnomu ukrayintsevi – yak svoyim vykladom, tak i tsinoyu.”

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Figure 3: Karta Halychyny [Map of Galicia]. Source: Domanyts’kyy 1909, p. 79.

more connected due to the railroads. The latter were successfully being built in both empires at the time: in 1871, the Austrian and Russian lines were first connected near Volochys’k / Pidvolochys’k, and in 1873 near Radyvyliv / Brody. From this time on railroads not only carried books and correspondence much faster than before, but, of more concern to Drahomanov and his fellow European and Russian anarchists, they also transported people: future party colleagues, husbands and wives, university professors, participants in various all-national commemorations or simple tourists. As Drahomanov emphasized in 1893: Let ourselves notice that with this case sometimes such things matter a lot which at first glance do not have anything to do with nationality and do not originate from the initiative of a particular nation like, for instance, railroads, which Russia and Austria are building at the moment, very often for strategical reasons, and which give the people of our nations a way to become acquainted with one another. Previously, e. g., Bantysh was not sure if the same “Little Russians” lived in Hungary ; I knew many educated Poltavans who were surprised when they learned that the same people live in Volhynia as in the Poltava region; Stetski, the author of Polish books on Volhynia, was most serious while persuading my sister that Volhynian ornaments cannot be the same as Poltavan ones, and so on and so forth. Now the roads from the Left Bank to the Right and from there to Galicia and Hungary have done more to bring Ruthenians-Ukrainians together than books.20 20 Drahomanov 1894, p. 27: “Zamitymo, shcho tut inodi mayut’ velyku vahu taki rechi, kotri na

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After Drahomanov the most notable Ukrainians started to visit Galicia; plans of turning such trips from national initiations of single individuals into mass activity were discussed by the Kyivan Ukrainians at least since the beginning of the 1880s. They even began allocating money to send younger Russian Ukrainian activists to Galicia annually, not only to Lviv, but also to Galician provinces in order to get to know the local life better. After 1906, when Russian Ukrainians could express all their worries and desires in print, the idea to make more Ukrainians travel actively around Ukraine was voiced immediately in various newspapers and journals, which urged Russian Ukrainians to spend their free time in Galicia. Some stories of such trips were afterwards presented to the public. Vice versa, travelling to Russian Ukraine and Kyiv became an obligation for any “conscious” Galician Ukrainian. In the aforementioned article on the growing abyss between Russian Ukraine and Galicia Hrushevs’kyy recommended to young Galicians to spend a year or two in Russian Ukraine as their Wanderjahre. The youth were a special target audience for Ukrainian activists, who underlined the need to make national tourism as available to the next generation of Ukrainians as possible. The latter could be especially efficient when combined with education in the most down-to-earth sense: Russian Ukrainian pupils and students should have been sent to study in Galicia. The idea may have been inspired by other contemporary national movements. Thus, in 1897 Ivan Franko wrote about a Romanian seminary in Leipzig, which was established to encourage studies in Romanian history, language and literature, and asked rhetorically : What does united Ukraine do to support at least that weak light of scientific work which started to glow around us sixty years since our “revival”? […] Is it not possible to establish a pan-Ukrainian scientific seminary in Lviv to send young scholars from Ukraine there either to study, or at least to finish their studies?21 pershyy pohlyad ne mayut’ nichoho spil’noho z natsional’nistyu i navit’ ne vykhodyat’ z vlasnoyi initsiatyvy pevnoyi natsiyi, yak, napryklad, zalizni dorohy, kotri teper Rosiya y Avstriya buduyut’ chasto po ratsiyam stratehichnym, I kotri dayut’ lyudyam nashoyi natsiyi sposib poznayomytys’ pomizh sebe. A pered tym, napryklad, Bantysh, avtor ‘Istoriyi Malorossiyi’, buv nepevnyy, chy spravdi v Uhorshchyni zhyvut’ ti zh sami ‘malorossiyane’, ya znav kupu dosyt’ osvichenykh poltavtsiv, kotri dyvuvalys’, shcho na Volyni zhyvut’ ti sami lyude, shcho y u Poltavshchyni; Stets’kyy, avtor pol’s’kykh knyh pro Volyn’, naysuryoznishe vpevnyav moyu sestru, shcho volyns’kyy ornament ne mozhe buty odnakovym z poltavs’kym it. d., it. p. Teper dorohy z livoho bereha na pravyy, a z vidty cherez Halychynu y Uhorshchynu bil’she zrobyly, shchob zvesty dokupy rusyniv-ukrayintsiv, nizh knyhy.” 21 Franko 1897, p. 6: “A shcho zh robyt’ soborna Ukrayina, shchob pidderzhaty boday toy slaben’kyy ohnyk naukovoyi pratsi, yakyy u nas zazhevrivsya po 60 litakh nashoho ‘vidrodzhennya’? […] A khiba zh nemozhlyvo bulo by zasnuvaty u L’vovi vseukrayins’ku naukovu seminariyu i posylaty tudy dlya studiy abo boday dlya dokinchuvannya studiy molodykh vchenykh iz Ukrayiny?”

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Four years later, in 1901, Julian Bachyns’kyy tried to persuade Hrushevs’kyy that a stipend from the Shevchenko Scientific Society for students ready to study medicine abroad and come back to the Lviv University as teachers did not make sense. Instead he suggested they should use that money for Ukrainian students from Russia willing to get acquainted with Ukrainian life in Galicia.22 An attempt to carry out such a project was undertaken in 1904 when the Society of Adherents of Ukrainian Literature, Science and Arts conducted the pan-Ukrainian summer school in Lviv for university students: the school was organized precisely as a tool for binding Galicia and Russian Ukraine tighter together. As Ivan Franko underlined in April 1904 in his invitation to Ahatanhel Kryms’kyy to become one of its lecturers, the school was to be held purposefully sometime in June or July, during the holidays at Russian universities, stipulating that there was no need to explain the importance such regular courses could have for the Ukrainian youth.23 It is not entirely clear whose initiative it was to organize the school. According to Hrushevs’kyy, the idea came from someone from Russian Ukraine.24 However, as with Ukrainian history in general, its organization did not occur in a vacuum and once again testifies to the entwined character of Ukrainian history. Other Central European national movements could be the most immediate sources for nationalist “piracy” (to use Benedict Anderson’s metaphor). In addition to the Romanian reference mentioned above, the Ukrainian summer school may also have been inspired by the contemporary Polish activity. In May 1904 Uchytel’ (“A Teacher”), a Lviv-based Ukrainian pedagogical bimonthly, published an article with the title Universytets’ki kursy vakatsiyni (“University Vacational Courses”) – the exact formula used by Ukrainian activists for their own school – informing its readers that the Polish pedagogical society arranged a two-week-long school for Polish teachers in Silesian Cieszyn. However, I would argue that the idea of organizing a Ukrainian summer school came from France and was inspired by the Russian Higher School of Social Sciences, active in Paris in 1901–1906. For one thing, this school was undoubtedly familiar to Ukrainian activists as some of them (Hrushevs’kyy in 1903 and Vovk in 1901–1905) were part of its faculty members. In the aforementioned letter to Kryms’kyy in April 1904 Franko explicitly referred to this school as an example for Ukrainians, inviting Kryms’kyy to lecture in Lviv during “a course of Ukrainian studies with a university-like

22 Hyrych and Todiychuk 2004, p. 641–642. 23 Franko 1986, p. 242: “Yake znachennya dlya ukr[ayins’koyi] molodizhi mohly b maty taki kursy, koly b tak udalosya provadyty yikh rik za rokom (a se v znachniy miri zalezhyt’ vid uspikhu pershoho roku), pro se ne treba Vam bahato hovoryty.” 24 Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904, p. 3.

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character, similar to the Russian university in Paris.”25 Then, similarly to the Parisian school providing the Russian emigres with classes politically unacceptable in the Romanov Empire, the main aim of the Ukrainian school was “to allow our compatriots from Russia, absolutely deprived of a national school, to take systematic courses in the most important social sciences in the UkrainianRuthenian language.”26 But most tellingly of all, the Lviv school resembled the Parisian one even in the visual design of its schedule (Figure 4).

Figure 4: Schedules of the Russian Higher School of Social Sciences in Paris (May 1903) and the pan-Ukrainian summer school in Lviv (July 1904). Source: Antonovych 1997, p. 153; Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904. Courtesy of the Ukrainian Free Academy of Sciences.

The final decision to conduct the school was made after Yevhen Chykalenko suggested to support it financially. However, it seems it was organized without substantial preparation. At the beginning of May Khvedir Vovk agreed to join the school’s faculty but simultaneously expressed his regret that everything was

25 Franko 1986, p. 242: “[…] kurs ukrayins’kykh vykladiv z universytets’kym kharakterom vrodi ros[iys’koho] vil’noho univer[sytetu] v Paryzhi.” 26 Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904, p. 6: “Metoyu kursiv yavlyayet’sya daty mozhlyvist’ nashym zemlyakam iz Rosiyi, pozbavlenym vpovni natsional’noyi shkoly, proslukhaty systematychni kursy v ukrayins’ko-rus’kiy movi z nayvazhnishykh suspil’nykh dystsyplin.”

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organized in haste.27 Perhaps it was due to a rapid decision that the news about the school was not widely and properly advertised, being spread rather as hearsay. In fact, one potentially interested person, Oleksiy Kovalenko, even decided to write to Franko himself to know if the rumors were true and asked about the program, the lecturers, the dates – no such details were available to him and his friends in Kyiv. “Many people from Russia intend to attend the lectures but due to the absence of information about them people are very hesitant,” added Kovalenko.28 It is noteworthy that Franko, answering to this request sometime at the end of May or the beginning of June, just a few weeks before the school’s launch, could not yet provide Kovalenko with all the answers; even Franko did not know the whole program and the exact tuition fee. One of the participants later complained that the timing of the school was too inconvenient for students from the Romanov Empire who still had to pass their June exams and thus faced the choice of either postponing them or missing the school.29 Not surprisingly, only a couple of dozen students from Russian Ukraine attended the school and it seems they left Galicia with mixed feelings. Departing from Kyiv with great expectations (“we imagined Galicia as some heaven on earth”), they already felt like strangers in Brody (as not many people spoke Ukrainian there, and even though the local train station had some signs in Ukrainian, the language seemed “a bit odd” to them), and even more so in Lviv (no one met them at the station or made any arrangements about housing, the town itself seemed very provincial and resembled Nizhyn or Pryluky, whereas Polish signs and Polish language everywhere seemed striking), where no one was interested in the Russian Ukrainians “as if we were people of another race (druhoyi porody).”30 We attended some anticlerical meeting, and then left for the “Metropol’” coffee house, where, we were told, the Ukrainian public was gathering. Here we got acquainted with some Galicians, they looked at us with an obvious interest, and there was no cordial sincerity, but the contrary, as if they were afraid to familiarize themselves with us. As if, who knows what our culture was! And in fact one could notice a difference in culture. All Galicians were neatly and fashionably dressed, very polite in conversation, elegant; and we – following the Russian student habit – looked like “democrats”, were “plain” in

27 Hrushevs’kyy 2001, p. 207. 28 Arhiv viddilu rukopysnyh fondiv ta tekstolohii Instytutu Literatury im. T. H. Shevchenka, Fond 3, Sprava 1620, p. 682: “Z Rosiyi zbyrayet’sya chymalyy hurt poyikhaty na ti lektsiyi, ale, zavdyaky nevidomosti pro yikh, duzhe vahayut’sya.” 29 See: Doroshenko 1949, p. 50. To make it to Lviv Doroshenko had to postpone some exams until autumn. Interestingly though, in his recollections of the school published in 1913 Doroshenko seemed quite happy about his decision. 30 D[oroshenko] 1914, pp. 44–46.

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conversation, which, obviously, seemed to our Galician brothers as an insufficient cultural upbringing.31

According to Dmytro Doroshenko, only Ukrainian 8migr8s from the Russian empire who resided in Lviv managed to explain him the difference between the Russian and Galician Ukrainians: the former were a typical product of Russian revolutionary nihilism, enemies of the bourgeois order, who thought that in Galicia it would be possible to get rid of all constraints which tied one’s hands in Russia. However, the Galician Ukrainians perceived them as lowbrow and dangerous troublemakers. The older Galician representatives were not fond of antireligious and immoral nihilists who did not seem to hold anything sacred. Their younger generation, engaged in legal activity, seemed to be too superficial and light-headed. Additionally, most of the Russian Ukrainians were socialists, who treated national questions only formally, whereas for the Galicians it seemed to be a matter of vital importance in their day-to-day struggle with the Poles, which seemed to be incomprehensible to the Russian Ukrainians. As a result Ukrainian 8migr8s to Galicia seemed to Doroshenko to be living in a separate colony without any relations with the Galicians, as if they resided in Germany or England.32 The school was unveiled on June 10 in a Belle Vue hotel and lasted for twentyfive teaching days until July 9. Its classes (90 teaching hours in total) usually continued until 12 pm, and were attended by 135 students, the overwhelming majority of whom came from Galicia.33 The program focused on Ukrainian studies: Hrushevs’kyy lectured on Ukrainian history, Franko reviewed Ukrainian literature, Vovk explained Ukrainian ethnography, archeology and anthropology, Kyrylo Studyns’kyy shared his knowledge of the Galician “national revival,” Ivan Bryk trained students in Ukrainian grammar, and Stepan Tomashivs’kyy tried to get them acquainted with Hungarian Ruthenia. According to Ivan Kryp’’yakevych, Stepan Rudnyts’kyy also lectured on the geography of Ukraine.34 31 Ibid, p. 47: “Potim pishly na yakyys’ antyklerykal’nyy mitynh, a zvidty – do kav’’yarni ‘Metropol’’, de, kazano nam, zbyralas’ ukrayins’ka publika. Tut poznayomylys’ z deyakymy halychanamy, ti do nas prydyvlyalys’ iz vydymoyu tsikavistyu, ale ne bulo tovarys’koyi odvertosti. Navpaky, nache boyalys’ z namy znayomytys’. Nache, khto zna, yakoyi my kul’tury! I spravdi, bula pomitna riznytsya kul’tury. Halychany vsi chepurnen’ko, po modi odyahneni, v rozmovi duzhe vvichlyvi, elehantni; my – po rosiys’kiy students’kiy zvychtsi – vyhlyadaly ‘demokratamy’, u rozmovi buly ‘prosti’, a se, ochevydno, nashym bratam halychanam zdavalos’ za malu kul’turnu vykhovanist’.” 32 D[oroshenko] 1914, p. 49–50. 33 Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904, p. 14; Doroshenko 1949, pp. 51–60. Hrushevs’kyy still thought the number of participants was large considering all the difficulties they had to overcome to get to Lviv. Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904, p. 14. 34 See: Zabolotna 2010, p. 483.

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Despite all the good intentions, the school ended in a rather disappointing way. First, it was organized for the students from Russian Ukraine, though not many of its participants came from there, mainly due to the organizational shortcomings. Second, while during the first two weeks most students attended classes, during the last two weeks no more than a third of them made it to the lectures (as Hrushevs’kyy put it in his account of the school, “their attention was numbed”35). Most of the classes turned out to be openly boring and uninspiring.36 Doroshenko, for instance, was disappointed in Hrushevs’kyy (who interrupted his history lessons in the seventeenth century), in Studyns’kyy (his lectures were “too episodic”), in Bryk (his classes “would be interesting to philologists only”) but especially in Stepan Tomashivs’kyy’s lectures on Hungarian Ruthenia. According to Doroshenko, Tomashivs’kyy entered the stage, turned his back on the audience and started to search for some small details on the map of Hungary, not paying attention to the listeners at all. Only six people attended his second lecture, and the third one was cancelled entirely.37 Additionally, as Doroshenko recalled later, in Lviv Russian Ukrainians expected some “ardent apostrophes about modern times, some science, which was forbidden in Russia,” but quickly became disillusioned as most of the classes turned out to be purely scientific. Being interested in politics, we […] started to think of Galicians as of some backward ‘bourgeois’, and instead of looking closely at achievements of cultural-national movements in Galicia we gathered into a closed group of emigrants and local socialists, thinking of the rest of the Ukrainians in the same way as we thought of ‘a bourgeois society’ in Russia, stretching this concept too far.38

Yet in some respect the school was successful: it did bring two Ukraines together. This unity was even recorded by a collective photo of the school’s participants (Figure 5), which, according to Kryp’’yakevych, was available in L’viv in several copies.39 Writing to Hrushevs’kyy in September 1904, the school’s benefactor, Chykalenko, seemed enthusiastic about continuing the project in the coming years, although he warned the historian to spread the announcement in ad35 Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904, p. 6–7. 36 For instance, Ivan Kryp’’yakevych later recalled that the school had not impressed him much except for Khvedir Vovk’s lectures on French Palaeolithic art, see: Zabolotna 2010, p. 483. Doroshenko also remembered a vivid impression from Vovk’s and Franko’s classes. 37 See: D[oroshenko] 1914, p. 52–53; Hrushevs’kyy 2010, p. 56. 38 D[oroshenko] 1914, p. 53: “U nas […] yakos’ pochav skladatys’ nadto pospishnyy pohlyad na halychan yak na lyudey vidstalykh, ‘burzhuyiv’, i zamist’ toho, shchob prydyvlyatys’ do zdobutkiv kul’turno-natsional’noho rukhu v Halychyni, my zachynylysya v tisnyy hurt emihrantiv ta mistsevykh sotsialistiv, dyvlyachys’ na ostannikh ukrayintsiv tak, yak v Rosiyi na ‘burzhuazne hromadyanstvo’, nadto rozshyryuyuchy mezhi ts’oho ponyattya.” 39 See: Kryp’’yakevych 1929, p. 3.

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vance.40 However, even though Hrushevs’kyy himself was rather positive about the school’s outcome and called to organize it the following summer,41 it was never held again (maybe because of Chykalenko’s financial difficulties and the lack of other sponsors, or maybe because 1905 brought other issues to the fore of the activists’ attention).

Figure 5: Students of the pan-Ukrainian summer school in Lviv, 1904. Participants from the Russian Ukraine included: Mariya Dvernyts’ka and Viktoria Chykalenko (seated first and second left to right in front), Volodymyr Doroshenko, Hanna Chykalenko, Kateryna Holitsyns’ka and Ol’ha Andrievs’ka (standing first, third, fourth and fifth left to right in the second row), Dmytro Doroshenko and Lev Chykalenko (standing fifth and seventh left to right in the third row). Courtesy of the Museum “Ivan Franko and Kyiv”.

40 See: Hrushevs’kyy 2010, p. 56. 41 See: Ukrayins’ko-rus’ki naukovi kursy 1904, p. 15.

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Conclusion Some decades ago Harry Collins suggested that “our common perceptions […] are like ships in bottles. The ships, our pieces of knowledge about the world, seem so firmly lodged in their bottles of validity that it is hard to conceive that they could ever get out, or that an artful trick was required to get them in. Our world is full of ships already within their bottles and it is only the rare individual who gets a brief glimpse of the ship-in-bottle maker’s art.”42 Borrowing his metaphor for the field of nationalism studies, I argue that similarly to other European cases, the Ukrainian national territory was (or has been) one of the ships the Ukrainian nationalists put into their national bottle. Consequently, it should be treated as a process and not as an essential attribute of the Ukrainian nation. Various national projects, which competed for Galicia, constructed it as belonging to different national territories. As was the case with other Ukrainian regions, Galicia became part of Ukraine gradually. The region was imagined as part of Ukraine in the 1840s but it happened only after the emergence of the Ukrainian public sphere in the Romanov Empire in 1906 that this idea was promoted there. However, apart from the discursive construction, Ukrainian activists of both empires also employed more tangible mechanisms to promote Ukrainian national unity. One such endeavor was the first (and only) pan-Ukrainian summer school, conducted in Lviv in 1904. Modelled on the Parisian Russian Higher School of Social Sciences, it aimed to bring Russian and Galician Ukrainian students together to deepen their national consciousness. Although the school caused mixed feelings among its participants, it remains a prominent example of how Ukrainian activists tried to tie their imagined “Ukraine” together.

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42 Collins 1985, p. 5–6.

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Verzeichnis der AutorInnen

Magdalena Baran-Szołtys studierte Germanistik, Slawistik, Deutsch als Fremdsprache und Lehramt (Deutsch, Polnisch) an der Universität Wien, Universität Wrocław und der Jagiellonen Universität. Am German Department der University of Sydney unterrichtete sie deutsche Sprache und Literatur (2010). Ihre Diplomarbeiten behandelten das Werk Thomas Bernhards im Theater Krystian Lupas (2011/2012). Seit 2013 promoviert sie am Doktoratskolleg Galizien der Universität Wien über Reisen im postgalizischen Raum in der deutschsprachigen und polnischen Literatur nach 1989. Larissa Cybenko studierte Germanistik an der Ivan Franko Universität Lemberg. Sie promovierte am Sˇevcˇenko-Institut für Literatur der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine in Kyjiv. Ihre Habilitation erfolgte im Fachgebiet „Vergleichende Literaturwissenschaft“ am Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Wien. Für ihre Leistungen als literarische Übersetzerin wurde sie durch das Bundeskanzleramt der Republik Österreich ausgezeichnet (u. a. Übersetzung des Romans von Ingeborg Bachmann Malina ins Ukrainische). Patrice M. Dabrowski ist eine in Harvard ausgebildete Historikerin. Sie lehrte an den Universitäten Harvard, Brown und Massachusetts Amherst. Zwischen 2013 und 2016 arbeitete sie als Postdoktorandin am Doktoratskolleg Galizien an der Universität Wien. Dabrowski ist Autorin folgender Monographien: Commemorations and the Shaping of Modern Poland (2004), Poland: The First Thousand Years (2014). Darüber hinaus publizierte sie zahlreiche, auch preisgekrönte Artikel. Ihr gegenwärtiges Buchprojekt hat den Titel: Discovering the Carpathians: Episodes in Imagining and Reshaping Alpine Borderland Regions. 2014 erhielt sie das Ritterkreuz des Verdienstordens der Republik Polen.

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Verzeichnis der AutorInnen

Olena Dvoretska studierte Slawistik und Literaturwissenschaft an der Nationalen Universität Kyjiv-Mohyla-Akademie und beendete ihr Studium mit der Diplomarbeit Der Expressionismus im Schaffen des kreativen Duos Les’ Kurbas und Mykola Kulisˇ. Von 2009 bis 2013 war sie als Koordinatorin für zahlreiche internationale Kulturprojekte in der Ukraine tätig. Sie promoviert seit 2013 am Doktoratskolleg Galizien an der Universität Wien über den Urbanismus im Schaffen der gegenwärtigen Autoren des Stanislauer Phänomens im Kontext des habsburgischen Zeitalters. Dabei untersucht sie die Rolle der Stadt IvanoFrankivs’k und deren literarische Repräsentation aus der Zeit der Habsburgermonarchie bei der Entstehung und Entwicklung des Stanislauer Phänomens. Nino Gude studierte Europäische und Osteuropäische Geschichte an den Universitäten Chemnitz und Wien. Seine Masterarbeit schrieb er zum Thema Zwischen Deutschen und Polen. Die Juden im polnischen Völkerfrühling 1848. Während seines Studiums war er an der Polnischen Akademie der Wissenschaften (Wissenschaftliches Zentrum in Wien) sowie als Fachtutor innerhalb der Studienrichtung Geschichte an der Universität Wien tätig. Seit 2013 promoviert er am Doktoratskolleg Galizien mit einer Arbeit zur Verflechtungsgeschichte zwischen Juden und Ukrainern in Lemberg und Przemys´l 1867–1918/ 19. Dabei stellt er die These auf, dass es unter den galizischen Juden Personen gab, die eine situative Identität als ukrainische Juden annahmen und sich in verschiedenen Lebenssituationen mit der ukrainischen Kultur identifizierten. Elisabeth Janik-Freis ist Historikerin. Sie studierte an der Ruhr-Universität Bochum, Jagiellonen Universität und an der Universiät Wien. 2012/2013 war sie Lehrbeauftragte an der Fakultät für Geschichtswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum und arbeitete in zahlreichen Museen u. a. am Deutschen Historischen Museum in Berlin. Im Rahmen des Doktoratskollegs erforscht sie die Auswanderung aus Galizien über die norddeutschen Hafenstädte nach Südamerika, insbesondere nach Argentinien und Brasilien. Die Auswanderung aus Galizien wird aus sozial-, kultur- und geschlechtergeschichtlicher Perspektive untersucht. Anton Kotenko ist Postdoc-Stipendiat am Zentrum für historische Forschung an der National Research University – Higher School of Economics in St. Petersburg. Im Jahr 2014 promovierte er an der Central European University in Budapest mit einer Arbeit zum Thema „The Ukrainian Project in Search of National Space, 1861–1914“, an deren Publikation er gegenwärtig arbeitet. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Europäischen Moderne, des Nationalismus und der Wissenschaft im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts.

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Zoriana Melnyk ist Doktorandin am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Ihren B.A.– und M.A.– Abschluss erhielt sie in Osteuropäischer Geschichte an der Ukrainischen Katholischen Universität Lemberg, wo sie für zwei Jahre als Lehrassistentin arbeitete. Sie nahm am ERASMUS-Austauschprogramm an der Universität Wien teil (2014) und erhielt im Rahmen des Coimbra Group Stipendienprogramms ein Stipendium an der Universität Groningen am Zentrum für Religiöse Studien (2012). 2015 unterrichtete sie an der Universität Passau einen Kurs zur Kulturgeschichte der Ukraine. Der Titel ihrer Dissertation lautet: The Catholic Church and Mass Mobilization in Austrian Galicia 1890–1914. Alina Molisak ist seit 1993 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Polnische Literatur im Fachbereich Polonistik der Universität Warschau und war Gastdozentin in Berlin sowie Hamburg. Sie ist Autorin zweier Monographien: Judaizm jako los. Rzecz o Bogdanie Wojdowskim („Judaismus als Schicksal. Über Bogdan Wojdowski“) (2004) und Z˙ydowska Warszawa – z˙ydowski Berlin. Literacki portret miasta w pierwszej połowie XX wieku („Jüdisches Warschau – Jüdisches Berlin. Literarisches Porträt der Stadt in der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts“) (2016), und Herausgeberin zahlreicher Bücher u. a. Polish and Hebrew Literature and National Identity (mit Shoshana Ronen, 2010). Vladyslava Moskalets ist Doktorandin am Institut für Jüdische Studien an der Jagiellonen-Universität Krakau und schreibt ihre Dissertation über Die jüdischen industriellen Eliten in Drohobycˇ und Boryslav 1860–1900. Sie war externe Kollegiatin am Doktoratskolleg Galizien (2013–2016) und arbeitet gegenwärtig als Koordinatorin des Jüdischen Studienprogramms an der Ukrainischen Katholischen Universität Lemberg. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen jüdische Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Familiengeschichte sowie Geschichte der jiddischen Sprache und Kultur. Sebastian Paul ist Osteuropahistoriker mit Schwerpunkt auf der Geschichte Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns in der Zwischenkriegszeit. Er hat von 2008 bis 2014 Osteuropäische Geschichte und Fachjournalistik Geschichte in Gießen, Brno und P8cs studiert. Seit 2014 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung (Institut der Leibniz-Gemeinschaft) in Marburg. Sein Dissertationsvorhaben entsteht aus dem Teilprojekt A06 Versicherheitlichung und Diskurse über Rechte von Minderheiten und Mehrheiten in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert (SFB/Transregio 138 Dynamiken der Sicherheit). Darin untersucht er auf internationaler sowie zentralstaatlicher Ebene die Sicherheitsdiskurse über die tschechoslowakische Podkarpatsk# Rus (1918–1939).

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Christof Schimsheimer studierte Slawistik, Osteuropäische Geschichte und Politikwissenschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität (JGU) in Mainz, der Nikolaus-Kopernikus-Universität Thorn und der Universität Warschau. Seit 2013 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Arbeitsbereich Osteuropäische Geschichte der JGU. Er promoviert zum Thema des Kresy-Begriffs als semantisches Konzept und Erinnerungsraum im 19. und 20. Jahrhundert in Polen und zur Rezeptionsgeschichte des Begriffes bei dessen östlichen Nachbarn. Olha Voznyuk ist Doktorandin am Doktoratskolleg Galizien an der Universität Wien. Sie schreibt ihre Dissertation zum Thema „Galizien als Anthologieprojekt in Text und Bildern“. Dabei analysiert sie die Rolle der Anthologien in der Darstellung von Galizien im 19. und 20. Jahrhundert. 2004 erhielt sie ihren Masterabschluss in den Ukrainischen Studien an der Ivan Franko Universität Lemberg. Sie besuchte verschiedene internationale Postgraduiertenprogramme an der Universität Warschau und der Universität Kattowitz. Im Jahr 2010 erhielt sie ihren wissenschaftlichen Abschluss als Kandydat Nauk in vergleichender Literatur am Taras Sˇevcˇenko Institut für Literatur der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine. Jagoda Wierzejska ist Literatur-und Kulturhistorikerin und Assistenzprofessorin am Institut für Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts an der Universität Warschau. 2011 verteidigte sie ihre Dissertation an der Fakultät für Polnische Studien an der Universität Warschau. Für ihre Doktorarbeit erhielt sie den Preis der Polnischen Archive für Emigration für die beste Dissertation zu einem Auswanderungsthema. Sie ist Mitglied des Redaktionsausschusses des wissenschaftlichen Journals Przegla˛d Humanistyczny, Autorin der Monographie Retoryczna interpretacja autobiograficzna. Na przykładzie pisarstwa Andrzeja Bobkowskiego, Zygmunta Haupta i Leo Lipskiego („Rhetorische Interpretation der Autobiographie. Am Beispiel der Schriftsteller Andrzej Bobkowski, Zygmunt Haupt und Leo Lipski“) (2012) und Koautorin des internationalen Projekts Galician Polyphony. Places and Voices (2014–2015). Alois Woldan studierte an der Universität Innsbruck Theologie, Slawistik und Komparatistik. Nach der Promotion (1982) war er von 1982–1995 Universitätsassistent am Institut für Slawistik der Universität Salzburg. 1995 habilitierte er sich mit einer Arbeit zum Österreich-Mythos in der polnischen Literatur und wurde 1997 zum a.o. Universitätsprofessor an der Universität Salzburg ernannt. Von 1998–2005 war er Professor für Ost- und Mitteleuropa-Studien an der Universität Passau und ist seit 2005 Professor für Slawische Literaturen an der

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Universität Wien. Er ist Faculty-Mitglied des Doktoratskollegs Galizien an der Universität Wien. Katherine Younger ist Doktorandin am Institut für Russische und Osteuropäische Geschichte an der Yale Universität. Ihre Dissertation behandelt die Beziehung zwischen der Griechisch-Katholischen Kirche und dem europäischen sozialen und politischen Klima in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zur Förderung ihres Dissertationsprojekts hat sie mehrere Stipendien erhalten, darunter ein Junior Visiting Fellowship am Institut für die Wissenschaft vom Menschen in Wien und das American Councils Title VIII Research Scholar Fellowship für ihre Forschungsarbeit in Russland und der Ukraine. Sie war externe Kollegiatin des Doktoratskollegs Galizien (2013–2016).