Friedrich Wilhelm I.: Die vielen Gesichter des Soldatenkönigs 3806241066, 9783806241068

Friedrich Wilhelm I. von Preußen: ein Monarch der Widersprüche König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), Wegbereiter für P

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German Pages [605] Year 2020

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Titel
Impressum
Inhalt
Einleitung
1. Der Kronprinz
2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe
3. Der »innere König«: Herrschaftsvorstellungen und Regierungspraxis
4. Der Haushälter: Finanz-, Wirtschafts- und Peuplierungspolitik
5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«? Zur Stellung von Wissenschaft und Kunst in der Herrschaftspraxis des Königs
6. Der König und die Stände
7. Der »roi sergeant« im Kontext des altpreußischen Militärsystems
8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik
9. Die Außenpolitik
10. Der König und das Reich
11. Dynastie und Familie
12. Lebensende und Bilanz
Karte Preußens
Anmerkungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Personenregister
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Friedrich Wilhelm I.: Die vielen Gesichter des Soldatenkönigs
 3806241066, 9783806241068

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Frank Göse Friedrich Wilhelm I.

Frank Göse

Friedrich Wilhelm I. Die vielen Gesichter des Soldatenkönigs

Gewidmet meinem Enkel Max

Abbildungsnachweis: Alamy: S. 155; akg-images: S. 21, 66, 74 unten, 148, 225, 234, 334, 403, 414, 429; bpk Berlin: S. 2, 20, 41, 74 oben, 79, 361, 469; wbg-Archiv: 25, 257, 441. Karte (S. 478): Peter Palm, Berlin

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg Theiss ist ein Imprint der wbg © 2020 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Lektorat: Daphne Schadewaldt, Wiesbaden Satz: TypoGraphik Anette Bernbeck, Gelnhausen Umschlagabbildung: Das Krönungsportrait Friedrich Wilhelms I. von Samuel Gericke (1713). Foto: © bpk Berlin Umschlaggestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-4106-8 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8062-4107-5 eBook (epub): 978-3-8062-4108-2

Inhalt

Einleitung 6 1. Der Kronprinz

17

2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

43

3. Der »innere König«: Herrschaftsvorstellungen und Regierungspraxis 4. Der Haushälter: Finanz-, Wirtschafts- und Peuplierungspolitik

72 127

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«? Zur Stellung von Wissenschaft und Kunst in der Herrschaftspraxis des Königs

153

6. Der König und die Stände

170

7. Der »roi sergeant« im Kontext des altpreußischen Militärsystems

204

8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

254

9. Die Außenpolitik

306

10. Der König und das Reich

372

11. Dynastie und Familie

423

12. Lebensende und Bilanz

463

Karte Preußens

478

Anmerkungen 480 Quellen- und Literaturverzeichnis

568

Personenregister 602 Inhalt

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Einleitung Der im Jahre 2013 zum 300. Male wiedergekehrte Tag der Thronbesteigung König Friedrich Wilhelms I. hat so gut wie keine Spuren in der Erinnerungskultur hinterlassen. Während das ein Jahr zuvor aufwendig begangene 300-jährige Jubiläum des Geburtstages Friedrichs II., »des Großen«, ein weit über die Grenzen der zum ehemaligen preußischen Staat gehörenden Gebiete hinausreichendes publizistisches Echo gefunden hat, ist der Jahrestag des Regierungsantritts seines Vaters fast unbemerkt geblieben. Nun stößt eine vorrangig an Jubiläen orientierte historische Forschung zwar bekanntermaßen auf Vorbehalte, gleichwohl dürfte gerade die Resonanz biographischer Publikationen vor dem Hintergrund einer auch medial und museal aufwendig begangenen Eventkultur entschieden größer sein, was uns jüngst am Beispiel Martin Luthers im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums deutlich vor Augen geführt worden ist. Schließlich ist kaum zu bestreiten, dass der Bekanntheitsgrad einer historischen Persönlichkeit in einer breiteren Öffentlichkeit – gewissermaßen als »Nebenprodukt« solcher Kampagnen – in der Regel zunimmt. Friedrich Wilhelm I. hatte es auf diesem Terrain allerdings stets etwas schwerer. Wenn es im 18. Jahrhundert in der preußischen Residenz schon so etwas wie eine Abteilung für »Public Relations« gegeben hätte, wäre sie mit der »Vermarktung« des zweiten preußischen Königs gewiss so manches Mal überfordert gewesen – ganz im Gegensatz zu seinem Sohn, der, wie man weiß, bereits zu seinen Lebzeiten ein begnadeter Fachmann in Sachen seiner Selbstinszenierung war.1 Die Gründe für jene sowohl im zeitgenössischen Kontext als auch im Bild der Nachwelt so unterschiedliche Wahrnehmung der beiden preußischen Monarchen sind vielschichtig und verschließen sich einfachen Erklärungen. Es handelt sich dabei im Übrigen um keine erst in der jüngeren Geschichtsschreibung zu beobachtende Erscheinung. Überblickt man die reiche Brandenburg6

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Preußen-Historiographie wie auch die vielfältigen Erscheinungsformen der Geschichtskultur, dann blieb der zweite preußische König stets im Schatten seines Sohnes, Friedrichs des Großen, aber auch seines Großvaters, des Großen Kurfürsten. Der recht selektive Zugang zu Friedrich Wilhelm I., seine höchst ambivalenten Bewertungen und die Intensität der Beschäftigung mit diesem Monarchen lassen vielmehr Rückschlüsse auf die Interessenlagen und Sichtweisen der jeweiligen Zeit zu, denn letztlich stellt bekanntlich jede Generation, jede Gesellschaft ihre eigenen Fragen an die Geschichte. Tatkraft und Energie waren ihm in gewiss ähnlicher Weise eigen wie seinem gleichnamigen und mit viel mehr Anerkennung bedachten Großvater, dem »Großen Kurfürsten«. Diese Vorzüge stachen bei seinem Vorvorgänger aber wohl deshalb besonders hervor und sind durch die Nachwelt ausgiebig gerühmt worden, weil er mit seinem Krisenbewältigungsprogramm am Beginn des Aufstiegsprozesses des brandenburgisch-preußischen Staates gestanden hatte und mit seinen Reformen vor dem Hintergrund des zu Ende gehenden Dreißigjährigen Krieges als einer der dunkelsten Zeiten der brandenburgischen Geschichte zu einer Lichtgestalt geriet. Jüngst hat Christopher Clark den besonderen historischen Ort, in dem Kurfürst Friedrich Wilhelm agierte, noch einmal pointiert vor Augen geführt.2 Demgegenüber ließen in nicht unwesentlichem Maße bestimmte Negativzuschreibungen König Friedrich Wilhelm I. in der historischen Gesamtbilanz zurücktreten. Wie man weiß, waren die Memoiren seiner ältesten Tochter Wilhelmine hieran nicht ganz unschuldig, deren Wertungen auch Voltaire aufgriff und in der aufgeklärten Öffentlichkeit eine Generation später verbreitete. Als ein despotisch auftretender Vater, der innerhalb der eigenen Familie die schlimmsten Zerwürfnisse heraufbeschwor, als ein in der residenzstädtischen Öffentlichkeit mit dem oft locker sitzenden Stock daherkommender, den »schönen Dingen des Lebens« scheinbar ablehnend gegenüberstehender Kulturbanause und Asket, als ein seinen »lieben blauen Kindern«, wie er die Soldaten seines Königsregiments zu bezeichnen pflegte, alles unterordnender Herrscher, der zudem mit cholerischen Charakterzügen, Geiz und Misstrauen ausgestattet war, eignete er sich kaum als Sympathieträger. Somit verwundert es nicht, dass er mit Titulierungen wie »Haustyrann«, »halbbarbarisch« (G. Ritter), »ein Ekel, ein Psychopath« (G. Oestreich), Einleitung

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»erzfrommer Menschenquäler« (R. Augstein) oder mit dem wohl bekanntesten – obschon nicht zeitgenössischen – Beinamen des »Soldatenkönigs« bedacht worden ist. Zudem hat man es hier nicht nur mit späteren Zuschreibungen zu tun – schon unter den Zeitgenossen wurde so manches abschätzige Bild über den König vermittelt, mitunter mit kaum verhohlener Absicht.3 Auch Carl Hinrichs, einem der wohl besten Kenner Friedrich Wilhelms I., offenbarten sich nach eigenem Bekunden, je länger und intensiver er sich mit dessen Leben beschäftigte, in immer stärkerer Weise die problematischen Seiten dieser Persönlichkeit, so dass seine biographische Darstellung letztlich ein Torso blieb.4 Wenn hiermit nun ein erneuter Versuch der Annäherung an diesen preußischen König gewagt wird, dann nicht im Sinne einer revisionistischen Generalüberholung mit dem Ziel, die düsteren Seiten der Persönlichkeit Friedrich Wilhelms zu übertünchen. Sonst läge man nicht allzu weit entfernt von einem Ansatz, dessen problematische Absicht Friedrich Nietzsche einst in ein pointiertes Bonmot gefasst hat: Demnach handele »Geschichte fast nur von … schlechten Menschen, welche später gutgesprochen worden sind«.5 Um ein »Gutsprechen«, also um das Malen eines schöngefärbten Bildes Friedrich Wilhelms I., soll es hier aber gewiss nicht gehen. Vielmehr hat ein Geschichtsschreiber laut Theodor Fontane »sich in erster Reihe zweier Dinge zu befleißigen: er muß Personen und Taten aus ihrer Zeit heraus begreifen und sich vor Sentimentalitäten zu hüten wissen«.6 In der Tat – ein leicht deklarierter, dafür umso schwerer einzulösender Vorsatz! Überdies wird damit eine weitere und durchaus grundsätzliche Frage angesprochen, die man gleich zu Beginn einer solchen Darstellung zu beantworten versuchen sollte: Bedarf es – mal abgesehen von vielleicht eher dem Zeitgeist verpflichteten »Aufhübschungen« seines Bildes – überhaupt einer neuen Biographie des Monarchen? Zieht man den historiographischen Befund zu Rate, zeigt sich bald, dass diesem preußischen König relativ wenige biographische Studien gewidmet worden sind.7 Nach der noch zu Lebzeiten des Königs erschienenen Lebensbeschreibung von David Fassmann8 war es erst die mehrbändige Gesamtdarstellung von Friedrich Förster aus dem Jahre 1835, die erstmals auf einer breiteren Quellengrundlage das Leben des zweiten preußischen Königs einem größeren Publikum bekannt zu machen versuchte.9 Zwar sind 8

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durch Leopold von Ranke und Johann Gustav Droysen keine genuinen Biographien dieses Monarchen vorgelegt worden, wohl aber haben ihre Interpretationen im Rahmen ihrer Standardwerke zur altpreußischen Geschichte das Urteil über ihn für die folgenden Jahrzehnte nachhaltig geprägt.10 Und es verwundert nicht, dass der zuweilen zum »Bürgerkönig« stilisierte Herrscher vor allem durch Kreise des nationalliberal gesinnten Bürgertums eine positivere Bewertung erfuhr. Seine im Vergleich zu seinen Vorgängern, aber auch zu seinem Nachfolger adelskritischen Einlassungen dürften solche Sympathien jedenfalls beflügelt haben. Bekanntlich war es Theodor Fontane, der diese Stimmungen in der ihm eigenen Art zum Klingen gebracht hat. Besonders eingängig vermochte er dies in seinem Roman »Der Stechlin«, in dem er den Pfarrer Lorentzen sagen ließ: »Wir haben, wenn wir rückblicken, drei große Epochen gehabt. … Die vielleicht größte, zugleich die erste, war die unter dem Soldatenkönig. Das war ein nicht genug zu preisender Mann, seiner Zeit wunderbar angepaßt und ihr zugleich voraus. Er hat nicht bloß das Königtum stabiliert, er hat auch, was viel wichtiger, die Fundamente für eine neue Zeit geschaffen und an die Stelle von Zerfahrenheit, selbstischer Vielherrschaft und Willkür Ordnung und Gerechtigkeit gesetzt. Gerechtigkeit, das war sein bester ›Rocher von Bronze‹.«11 Im Gegensatz zu mehreren großen wissenschaftlichen Biographien, die Friedrich dem Großen gewidmet wurden, sollte es bis in die 1930er Jahre dauern, ehe sich ein Bearbeiter für ein vergleichbares Unternehmen hinsichtlich seines Vaters gefunden hatte. Nicht zufällig entstammte er der Gruppe jener Wissenschaftler, die an der verdienstvollen Editionsreihe der Acta Borussica beteiligt waren. Von dem groß angelegten, jedoch unvollendet gebliebenen biographischen Versuch Carl Hinrichs’ ist bereits die Rede gewesen. Auf über 700 Seiten entfaltete Hinrichs seine mit Blick auf die Quellenauswertung, aber auch in der schriftstellerischen Meisterschaft bislang unübertroffene Darstellung der 25 Jahre umfassenden kronprinzlichen Lebensphase seines Helden – ein Werk, das im Übrigen ein Gesamtpanorama der Geschichte des brandenburgischpreußischen Staates zwischen 1688 und 1713 bietet. Den erhofften zweiten Band hat der 1962 verstorbene Hinrichs nicht vorzulegen vermocht. Ob ihm wirklich sein Forschungsgegenstand suspekter wurde, je tiefer er in die Materie eindrang, oder ob es nicht doch zuvörderst die der BeEinleitung

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schäftigung mit der altpreußischen Geschichte kaum förderlichen Rahmenbedingungen der 1950er und 60er Jahre im Zeichen von »Abrechnungsliteratur und Gesinnungshistorie« waren, die ihn davon abhielten, wird wohl nicht abschließend beurteilt werden können.12 Lange Zeit war Preußen dann in Wissenschaft und Öffentlichkeit sowohl in Ost als auch in West nicht en vogue. Es sollte bis in die 1970er Jahre dauern, bis in den beiden deutschen Staaten fast zeitgleich zwei vom Umfang her recht knapp gehaltene Biographien über Friedrich Wilhelm I. erschienen, die damit auf je unterschiedliche Weise den spezifischen Zugang der bundesrepublikanischen und der DDR-Geschichtswissenschaft zur Preußenthematik widerspiegelten. Der in Marburg lehrende renommierte Frühneuzeithistoriker Gerhard Oestreich legte 1977 eine Lebensbeschreibung des Königs vor, die er in die allgemeine Strukturgeschichte Preußens einzubinden versuchte.13 Zugleich ordnete sich dieses Buch in die sich damals abzeichnende vorsichtige Zuwendung zur Preußenthematik ein – das »Preußenjahr« 1981 warf bereits seine Schatten voraus. Heinz Kathes erstmals 1976 im Akademieverlag der DDR erschienene Biographie stand hingegen noch weitgehend in einer Tradition, in der Preußen und das Preußentum und damit auch seine führenden Repräsentanten aus marxistischer Sicht auf ihre negative Rolle innerhalb der deutschen Geschichte fokussiert wurden.14 In den jüngst erschienenen Gesamtdarstellungen zur preußischen Geschichte nahm die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. den ihr gebührenden Rang ein – gleich ob man eher die dynastiegeschichtliche Perspektive bemüht15, den Akzent mehr auf die Einbindung des Königs in die gesellschaftlichen Prozesse und Strömungen gelegt16 oder in klassischer Weise die Leistungen Friedrich Wilhelms I. in der Verwaltung, im Heerwesen und bei der Förderung der pietistischen Bewegung herausgestellt hat.17 Doch die Wahrnehmung Friedrich Wilhelms I. in der Öffentlichkeit war und ist nicht nur auf geschichtswissenschaftliche Darstellungen beschränkt geblieben. Immer wieder wurde versucht, der Ambivalenz seiner Persönlichkeit nahezukommen, sei es in apologetisch überhöhenden, klischeehaft verzerrenden, aber auch mit dichterischer Meisterschaft tief in die Psyche des Königs eindringenden Publikationen populärwissenschaftlichen Zuschnitts.18 10

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Zwar wurden in den letzten Jahrzehnten wiederholt populäre Lebensbeschreibungen vorgelegt, die aufgrund ihrer oftmals unterhaltsamen Diktion und des flüssigen Stils stets ihr Publikum fanden. Allerdings können die zumeist nur auf einer schmalen Basis an Quellen und Sekundärliteratur beruhenden Darstellungen nicht jene wissenschaftlich fundierten Arbeiten ersetzen, die vor allem zwei Anforderungen genügen sollten: Zum einen schließt ein solches Unternehmen – gewissermaßen als das »Kerngeschäft« der historischen Zunft – die Einbeziehung und gründliche Auswertung von archivalischen Quellen ein. Und zum anderen bedarf es der Berücksichtigung der neuesten Forschung mit den einschlägigen Diskursen in den verschiedenen Teildisziplinen des Faches. Zwar muss man nicht jedem modischen »turn« in der Scientific Community hinterherlaufen und »seinen« Helden in diesem Sinne uminterpretieren. Zur Kenntnis nehmen sollte man diese Entwicklungen gleichwohl.19 Denn gerade das Genre der Herrscherbiographie zeichnet sich dadurch aus, dass hier eine Vielzahl von Teilbereichen, angefangen von der Politik- und Verfassungsgeschichte über die Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis hin zur Kunstgeschichte, Mentalitätsgeschichte und natürlich auch der Medizingeschichte, einbezogen werden müssen. In gewisser Beziehung sollte sich deshalb ein Biograph als eine Art »Allrounder« verstehen, wenngleich er diesem Anspruch in vollem Umfang kaum gerecht werden kann. Freilich wird man bei der Nachzeichnung des Lebens eines frühneuzeitlichen Monarchen nicht umhinkommen, die Geschichte jenes Staates und jener Gesellschaft zu behandeln, an deren Spitze er stand. Daran sollte auch in diesem Fall trotz mitunter geäußerter Bedenken, dass eine Biographie über Herrscherpersönlichkeiten zu sehr in eine allgemeine Darstellung der Zeit abdriften könnte, statt eine wirkliche Lebensbeschreibung zu bieten, festgehalten werden. Mehrere Gründe sprechen für eine Berücksichtigung solcher, dem »life and time«-Konzept verpflichteten Aspekte: Zum einen bildete das Staatswesen den Resonanzboden, die Projektionsfläche für die politischen Konzeptionen und das Agieren eines Regenten. Zum anderen war die Epoche des Ancien Régime, in der wir uns im Folgenden bewegen, noch sehr stark auf die Herrscherpersönlichkeit orientiert und durch privatrechtliche Vorstellungen von Herrschaft charakterisiert. Mit anderen Worten: Die Trennung einer Einleitung

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»staatlichen« von einer »privaten« Sphäre begann sich erst allmählich herauszubilden. So würde es wenig Sinn machen, eine nur die Persönlichkeit des Monarchen einschließende Darstellung zu bieten, abgesehen davon, dass einer solchen Diktion für die hier zu behandelnde Zeit und die gesellschaftliche Gruppe kaum realitätskonforme Vorstellungen zugrunde lägen. Und auch gegenüber einer zu stark »psychologisierenden« Deutung, obschon dies hin und wieder versucht wird20, sollte man Zurückhaltung walten lassen. Die Bedenken der gegenwärtigen Psychologie gegenüber »Ferndiagnosen« sind bekannt21, und erst recht sind solcherlei Vorbehalte wohl berechtigt, wenn der Proband vor 300 Jahren gelebt hat. Um aber auf die Ausgangsfrage nach der Berechtigung eines erneuten Versuchs der Beschäftigung mit dem Leben Friedrich Wilhelms I. zurückzukommen: Trotz des bereits großen Wissens, das insbesondere die ältere Forschung zur Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. nicht zuletzt in einer Vielzahl an Quelleneditionen aufbereitet hat, wie etwa in den Reihen der verdienstvollen Acta Borussica, bleiben noch genügend offene Fragen. So erscheint es zum Beispiel reizvoll, den persönlichen Anteil des Königs an den grundlegenden Entwicklungen und Entscheidungen in den einzelnen Politikbereichen genauer auszuloten. Eigentlich, so könnte man dagegenhalten, müsste dies bei einem so von seinem Herrscheramt überzeugten und das ihm zur Verfügung stehende Regierungssystem vergleichsweise so effizient nutzenden Monarchen fraglos vorausgesetzt werden können. Doch bei näherem Hinsehen bleiben durchaus Ungereimtheiten, und man wird zugleich auf jene übergreifenden Fragestellungen geführt, die mit dem »Funktionieren« von frühneuzeitlicher Herrschaft schlechthin in Verbindung stehen. Schließlich ist die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. eingebettet in eine Epoche, die lange Zeit mit dem Etikett des »Absolutismus« bzw. der »absoluten Monarchie« versehen war. Solche Zuschreibungen sind allerdings in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten sehr in die Kritik geraten, so dass diese Begriffe in der Geschichtswissenschaft entweder gar nicht mehr oder allenfalls nur in Anführungszeichen verwendet werden, auch wenn signifikante Veränderungen in der Herrschaftspraxis und -stilisierung in den damaligen Staatswesen kaum in Abrede zu stellen sind. Einem mit dem Begriff »absolutistisch« etikettierten Herrscher hat man a priori eine besondere 12

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»Allgegenwart« bzw. »Allzuständigkeit« unterstellt – Eigenschaften, die fast an die Effektivität moderner Staaten zu erinnern scheinen. Dass dies mit der historischen Realität der Staaten und Gesellschaften des Ancien Régime aber wenig gemein hatte, ist durch die Forschung der letzten Jahrzehnte an vielen Fallbeispielen belegt worden. Doch entsprach nicht gerade Friedrich Wilhelm I. in fast idealer Weise diesem Bild, zumal der mit seinem Regierungsantritt einhergehende Kontinuitätsbruch allzu deutlich zutage trat? Zwar sind die zeitgeistigen Bezüge einer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegebenen Wertung der Zäsur von 1713 offensichtlich, wonach »die Anwandlungen französischen Monarchismus durch nüchterne, hausbackene Prosa eines bürgerlich-soldatischen Königthums nach deutschem Zuschnitt ersetzt worden« seien.22 Als »Strukturbegründer« (W. Neugebauer) scheint er aber wie kein Herrscher vor ihm in seinem Staatswesen in relativ kurzer Zeit Veränderungen anberaumt und durchgesetzt zu haben, und auch der ihm schon im frühen 19. Jahrhundert verliehene Beiname als »Preußens größter innerer König« (Theodor von Schön) mag eine entsprechende Deutung stützen. Deshalb ist es im Folgenden naheliegend, genauer auszuloten, über welchen Spielraum der König in den verschiedenen Politikbereichen verfügte und inwiefern er überhaupt in der Lage war, seine Ideen und seinen Willen wirklich umzusetzen. Mitunter scheint ein Problem auch für die »absolutistische« Epoche immer noch nicht hinlänglich gelöst zu sein, das Heinrich Lutz einst am Beispiel eines anderen frühneuzeitlichen Monarchen, des Kaisers Karl V., wie folgt umrissen hat: »Wie kommen die Entscheidungen jener Instanz, von der wir zu oft unreflektiert sagen: ›der Kaiser beschloß‹, im konkreten Zusammenspiel der verschiedenen Personen, Gruppen, Konzeptionen und Taktiken zustande?«23 Auch im Falle Friedrich Wilhelms I. wird man also gründlicher zu prüfen haben, auf welchen Handlungsfeldern die Entscheidungen auf unmittelbares Agieren des Monarchen zurückzuführen sind, inwiefern diese auf externe Einflüsse zurückgingen und in welchen Fällen diese nur in seinem Namen getroffen wurden. Des Weiteren wird versucht, diejenigen Facetten des Regierungsalltags Friedrich Wilhelms I. einer näheren Betrachtung zu unterziehen, die bislang entweder nur nachrangig behandelt oder überhaupt nicht beEinleitung

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rücksichtigt worden sind. »Mehr als nur Soldatenkönig« lautete der Titel einer von Jürgen Kloosterhuis und mir konzipierten Tagung über Friedrich Wilhelm I., die im Frühjahr 2017 in Berlin durchgeführt wurde. Und in der Tat fanden in den damals gehaltenen Vorträgen die klassischen Themen, die man bislang mit diesem Herrscher verbunden hatte, wie die Verwaltungsreformen, die Peuplierungspolitik oder der Ausbau des preußischen Heeres zur viertgrößten Streitmacht in Europa, keine oder nur eine marginale Berücksichtigung. Vielmehr gerieten mit dem – wie seine Standesgenossen – in familiären und dynastischen Kategorien denkenden Monarchen, dem durchaus den Konventionen der Zeremonialpraxis seiner Zeit folgenden, keineswegs sich naiv auf dem Parkett der Außenpolitik bewegenden König und dem sich sehr wohl als kunstsinnig erweisenden Genussmenschen und Sammler solche Seiten seiner Persönlichkeit in den Blick, die die früheren Zuschreibungen und Bewertungen zwar nicht revidieren, wohl aber komplettieren und damit ein wesentlich zeitkonformeres Bild über Friedrich Wilhelm I. zu zeichnen vermögen. Jene Überlegungen ließen letztlich den Entschluss für die konzeptionelle Anlage des vorliegenden Buches reifen, keine chronikalische Lebenserzählung unseres »Helden«, gewissermaßen »von der Wiege bis zur Bahre«, zu präsentieren, sondern in den einzelnen Kapiteln ausgewählte Handlungsbereiche vorzuführen. Dadurch kann das Agieren Friedrich Wilhelms I. konziser vorgestellt, erklärt und im Kontext seiner Herrschaftspraxis gewichtet werden, ohne der Gefahr vieler Redundanzen zu erliegen. Mit durchaus erwägenswerten Argumenten ist überdies häufig der Zäsurcharakter betont worden, der für die altpreußische Geschichte mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms im Jahre 1713 verbunden war. Aber fiel dieser Herrscherwechsel wirklich so scharf aus, wie vor dem Hintergrund der in der Tat zunächst recht überraschten Zeitgenossen und seiner immer wieder gern zitierten »Regierungserklärung« postuliert wurde, die er einen Tag nach dem Tod seines Vaters in markiger Pose vor den angstvoll der Veränderungen harrenden Ministern gehalten haben soll? Auch hier wird man genauer hinzuschauen haben, um zum einen die ins Auge springenden grundstürzenden und keineswegs wegzudiskutierenden Veränderungen der Herrschaftspraxis und zum anderen die ebenso zu beobachtenden Kontinuitäten und länger wirkenden Traditio14

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nen angemessen gewichten zu können. Ebenso gilt es, im zeitlichen Längsschnitt zu prüfen, in welcher Weise sich das Preußen des Jahres 1740 im Vergleich zu demjenigen zur Zeit des Regierungsantritts Friedrich Wilhelms I. verändert hatte. Nicht zuletzt der König selbst entwickelte sich im Verlauf seiner 27 Jahre währenden Regierung weiter. So ist davon auszugehen, dass sich bei ihm bestimmte Interessen und politische Leitvorstellungen ebenso modifiziert haben, wie auch seine Persönlichkeit, sein Charakter Veränderungen unterworfen war, was sich natürlich wiederum auf seinen Herrschaftsstil auswirken konnte.24 Und schließlich zwingt eine auf den ersten Blick so außergewöhnlich erscheinende und von den zeittypischen Normen so gravierend abstechende Herrscherpersönlichkeit wie Friedrich Wilhelm I. noch zu einer weiteren Überlegung: Wenn man eine Personifizierung des oft deklarierten »preußischen Sonderweges« vornehmen würde, dann stünde der »Soldatenkönig« gewiss an vorderer Stelle. Mit fast revolutionärer Attitüde schien er innerhalb kurzer Zeit langlebige Traditionen in einer Art »Bildersturm« (C. Hinrichs) hinwegfegen zu wollen. Doch auch bezogen auf diese Zuweisungen sollen die scheinbar so klar auf der Hand liegenden Gewissheiten auf den Prüfstand gestellt werden. Ob und in welchen Bereichen von Staat und Gesellschaft es sich im preußischen Fall um einen »Sonderweg« handelte und ob Persönlichkeit und Herrschaftsstil Friedrich Wilhelms I. wirklich so einzigartig waren, bleibt diskussionswürdig. Schon ein mit dem Thema gut vertrauter älterer Forscher hat hellsichtig davor gewarnt, durch die Zeichnung des zweiten preußischen Königs als »eine groteske Gestalt« den »Unterschied Friedrich Wilhelms von den übrigen Fürsten möglichst grell auszumalen«.25 Um eine solche These bestätigen oder widerlegen zu können, erscheint es unumgänglich, den Monarchen in Beziehung zu setzen mit anderen gekrönten Häuptern seiner Zeit und sich fallweise mit den zeitgenössischen Verhältnissen in anderen deutschen Territorien bzw. europäischen Staaten zu beschäftigen. Demzufolge wird in vorliegender Darstellung ein punktuell vergleichender Ansatz verfolgt und ein gelegentlicher Blick über die Grenzen gewagt, um die am preußischen Fall vorgenommenen Beobachtungen einordnen und gewichten zu können. Damit soll nicht einer Relativierung Friedrich Wilhelms I. das Wort geredet werden, vielmehr dürfte ein solcher Ansatz mit dazu beitragen, die Konturen seines Lebens und seiEinleitung

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ner Regierungszeit zu schärfen und damit eine möglichst vorurteilsfreie Beurteilung dieses preußischen Königs zu erreichen. Um nicht mehr und nicht weniger soll es in der folgenden Darstellung gehen. Abschließend ist es mir ein großes Bedürfnis, Dank zu sagen für die vielfältige Unterstützung, die ich während der Beschäftigung mit diesem, fast schon zu »meinem« gewordenen König erhalten habe. Stellvertretend für viele möchte ich besonders zwei Kollegen namentlich erwähnen: Herrn Prof. Dr. Jürgen Kloosterhuis, den ehemaligen Direktor des Geheimen Staatsarchives Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem, mit dem ich gerade zu Themen der preußischen Militär- und Verwaltungsgeschichte so manches erhellende Gespräch führen konnte, sowie meinen ehemaligen Doktoranden und jetzigen Archivleiter in Nabburg und Pfreimd, Herrn Dr. Felix Engel, der mir bei der Erstellung des wissenschaftlichen Apparates und vor allem der Korrektur des Manuskriptes eine unschätzbare Hilfe war.

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1. Der Kronprinz Kindheit Dem genau ein Jahrhundert vor Friedrich Wilhelm geborenen Thomas Hobbes verdanken wir ein im »Leviathan« formuliertes berühmt gewordenes Bonmot, wonach seine Mutter angesichts der beängstigenden Zeitläufte des Jahres 1588 eine so große Angst empfunden habe, dass sie Zwillinge zur Welt brachte: »mich und zur gleichen Zeit die Furcht«. Das Jahr 1688 stellte ebenfalls ein Schlüsseljahr der europäischen Politik dar, und auch der am 15. August dieses Jahres im Berliner Stadtschloss das Licht der Welt erblickende brandenburgische Kurprinz wurde in eine für die europäische Mächtepolitik höchst unsichere Zukunft hineingeboren, so dass Furcht über das Kommende neben der großen Freude über die Geburt des Thronfolgers durchaus die Stimmungslage im Hause Brandenburg geprägt haben dürfte. Schließlich begann in diesem Jahr eine mehr als ein Vierteljahrhundert andauernde Zeit fast ununterbrochener Kriege, und das bei Weitem noch nicht von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges erholte brandenburgisch-preußische Staatswesen lief Gefahr, aufgrund der Ausdehnung seiner zudem unverbundenen Landesteile zwischen Rhein und Memel in die Troublen hineingerissen zu werden. Und in der Tat spiegelten die ersten Lebensmonate des kleinen Friedrich Wilhelm jene Sorgen wider.1 Den unsicheren Zeitläuften war die nach einigem Bedenken vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. gefällte Entscheidung geschuldet, seinen kleinen Sohn in die Obhut der Schwiegereltern am Hannoveraner Hof zu geben. Angesichts der anstehenden Herausforderungen war es nicht zu vermeiden, dass er häufig zu Reisen innerhalb seiner weit auseinander liegenden Territorien aufbrechen musste, und von sei-

1. Der Kronprinz

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ner Gemahlin, der Kurfürstin Sophie Charlotte, wurde erwartet, dass sie ihn bei seinen Missionen begleitete. Hauptsächlich seine Schwiegermutter, die braunschweig-lüneburgische Herzogin (und ab 1692 Kurfürstin) Sophie, hatte sich mit Unterstützung ihrer Tochter für diese Lösung eingesetzt und war dafür sogar nach Berlin gereist. Sie sei »voller Jubel über das, was meine Tochter so schön erledigt hat«, ließ sie ihren Korrespondenzpartner Gottfried Wilhelm Leibniz wissen und freute sich darauf, dass ihre Tochter ihr den Kurprinzen »in Obhut geben [werde], wenn sie mit dem Herrn Kurfürsten in Preußen sein wird«.2 Und so kam es dann auch: Friedrich Wilhelm wurde in den ersten drei Lebensjahren von seiner Großmutter und ihrer Oberhofmeisterin Katharina von Harling erzogen. Nachdem in Berlin die aufwendig inszenierten Feierlichkeiten anlässlich der Beerdigung des einige Monate zuvor verstorbenen Kurfürsten Friedrich Wilhelm beendet worden waren, wurden die Reisepläne für den Umzug des Kurprinzen konkreter, so dass Friedrich Wilhelm Anfang Oktober in Hannover eintraf. Ob die in der Literatur behauptete spätere Abneigung zwischen Friedrich Wilhelm und seinem Cousin Georg August, der 1727 den hannoveranischen Kurhut und die englische Königskrone erwerben sollte, wirklich aus diesen frühkindlichen Tagen in Hannover herrührte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.3 Für sichere Aussagen fehlen schlicht die Quellen. Dagegen spräche auch, dass unterschiedliche Bezugspersonen für die beiden Kinder zuständig waren. Zudem betrug der Altersunterschied fünf Jahre – eine für diese Phase kindlicher Erziehung recht große Spanne, die kaum eine gemeinsame Unterweisung erwarten ließe. Die Eltern sahen ihren kleinen Sohn nur unregelmäßig, so zum Beispiel anlässlich der Reisen in die niederländischen Generalstaaten und nach England, dessen Herrscher, Wilhelm III. von Oranien, den wichtigsten Part innerhalb der gegen die französische Hegemonialstellung gebildeten Allianz spielte. Im August 1691, genau an seinem dritten Geburtstag, kehrte Friedrich Wilhelm wieder zurück in die brandenburgisch-preußische Residenz. Das, was den Annalen oder dem Theatrum Europaeum nur eine kurze Mitteilung wert war, stellte für den kleinen Kurprinzen indes eine scharfe Zäsur seines noch jungen Lebens dar. Schließlich war der Umzug an den Hof seiner Eltern mit einem radikalen Wechsel seiner Bezugspersonen verbunden. Seine Mutter hatte für ihn nun zunächst die 18

1. Der Kronprinz

aus Frankreich stammende Marthe von Montbail, eine nach Brandenburg-Preußen emigrierte Hugenottin, als Erzieherin auserkoren. Ob man hierin die Gründe für die Entwicklung bestimmter Charakterzüge zu sehen hat, wie mitunter suggeriert wird, kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden.4 Solche örtlichen und auch personellen Wechsel waren bei der Erziehung des fürstlichen Nachwuchses nicht so außergewöhnlich, wie es bei einem oberflächlichen Eindruck wirken mag. Als ein ebenso übergreifendes Problem, das in vielen Königs- und Fürstendynastien durchaus zu zeitweiligen Spannungen führen konnte, stellte sich die Frage dar, nach welchen Erziehungsgrundsätzen der Thronfolger unterwiesen und in wessen Hände diese wichtige Aufgabe gelegt werden sollte. In der Erziehungsinstruktion von 1695 waren die wichtigsten Bildungsinhalte fixiert worden. Entgegen älteren Auffassungen hielt sich der unmittelbare Einfluss von Leibniz trotz seiner engen Verbindung zu Sophie Charlotte allerdings in Grenzen.5 Eine herausgehobene Bedeutung nahm die religiöse Unterweisung ein. Nun stellt eine solche Forderung gewiss nichts Ungewöhnliches innerhalb des Kanons dar. Gleichwohl erscheinen Intensität und inhaltliche Ausgestaltung jenes Teils seiner Ausbildung gerade für das Agieren des künftigen Monarchen auf konfessionspolitischem Gebiet nicht unerheblich. In der »Instruction« vom 25. Januar 1695 beanspruchte dieses Thema einen vergleichsweise großen Raum. So solle der Unterricht derart gestaltet werden, dass dem Thronfolger »allezeit eine heylige furcht und veneration vor Gott und dessen Geboten beiwohne: Dan Dieses ist das eintzige Mittel die von Menschlichen Gesetzen und Straffen befreyete Souveraine Macht in den Schrancken der gebühr zu erhalten«. Zudem wurde eindrücklich gefordert, den Prinzen in »der wahren Reformirten Religion« zu unterweisen, auch sollten in seiner Umgebung nur Männer geduldet werden, »welche der evangelisch-reformierten Religion zugetan sind«.6 Die ausdrückliche Betonung dieser Aspekte resultierte erheblich aus der spezifischen konfessionspolitischen Situation. In den zurückliegenden Jahrzehnten hatte sich ja ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotential angestaut, das sich maßgeblich aus der Divergenz zwischen der religiösen Position der sich zum Reformiertentum bekennenden regierenden Dynastie und dem fast durchweg lutherischen Glauben der Bevölkerung im brandenburgisch-preußischen Gesamtstaat erklärte – eine Konstella1. Der Kronprinz

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Der Vater Friedrich I. mit den Kroninsignien und der Kette des Schwarzen Adlerordens. Gemälde von Friedrich Wilhelm Weidemann.

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1. Der Kronprinz

Staatsporträt der Mutter, Königin Sophie Charlottes. Gemälde von Friedrich Wilhelm Weidemann (um 1701).

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tion, die auch noch während der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I. kaum an Dramatik verloren hatte und demzufolge seine Konfessionspolitik mit bestimmen sollte. Wir werden darauf noch ausführlich zurückkommen. Nur knapp sei auf die Konturen des Religionsunterrichts des jungen Friedrich Wilhelm eingegangen. Angesichts der herausgehobenen Bedeutung dieser Bildungsinhalte lag es auf der Hand, dass die höchsten geistlichen Würdenträger unmittelbar einbezogen wurden. So hatte der Oberhofprediger Ursinus eine wichtige Rolle zu übernehmen, etwa in Gestalt der Predigten und der Katechismusunterweisung. Durchweg wurden solche Themen im Rahmen des gesamten Unterrichts angesprochen bzw. sie waren in den Tagesablauf integriert.7 Dabei nahm die bereits erwähnte Erziehung zur Gottesfurcht einen besonderen Stellenwert ein. Vor allem die reformierte Prädestinationslehre erfüllte hierbei den Zweck, beim Prinzen die Auffassung zu nähren, dass auch ein Herrscher letztlich vor Gott »nur Staub und Asche« sei. Diese Inhalte fielen nach allem, was man weiß, bei dem prinzlichen Schüler offenbar auf einen fruchtbaren Boden. Insbesondere die von seinem späteren Lehrer Jean Philipp de Rebeur vermittelte Lehre von der Vorherbestimmung und Gnadenwahl hinterließ tiefe Spuren bei ihm und ließ ihn noch in späteren Jahren vor dem »verdammlichen Particularglauben« erschaudern. Mitunter kamen seine Lehrer dem praktischen, auf Anschaulichkeit ausgerichteten Sinn des Kurprinzen entgegen. Als der zehnjährige Friedrich Wilhelm lebhaft das Verlangen erkennen ließ, den Teufel in Person zu sehen, wurde ihm dieses Erlebnis in Gestalt eines Raben bereitet.8 Rebeur hat aber andererseits dem Thronfolger auch jene konfessionspolitischen Überzeugungen vermittelt, die gleichsam zur »Staatsräson« der brandenburgisch-preußischen Lande gehörten: »Der Prinz werde zwar in der reformierten Lehre erzogen, aber ihm klar gemacht, daß er alle Untertanen lieben müsse, auch die Lutherischen, ohne die er niemals Kurfürst von Brandenburg sein könne.«9 Es waren jene wichtigen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte, inklusive der zuweilen hohe Wogen schlagenden Auseinandersetzungen zwischen Lutheranern und Reformierten, die eine Vermittlung solcher Überzeugungen beim Thronfolger als unverzichtbar erscheinen ließen. Im September 1702 nahm der Kronprinz erstmals gemeinsam mit seinen Eltern an der Abendmahlsfeier teil – für 22

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ihn eine in mehrfacher Hinsicht große Herausforderung, die unter anderem darin bestand, »dass er in der Kirche öffentlich auf 60 Fragen antworten« musste.10 Glaubt man den überlieferten Informationen über die Entwicklung des Kurprinzen, dann scheint er seine Erzieher und Lehrer in der Tat so manches Mal vor schwere Probleme gestellt zu haben, ohne dass man vielleicht so weit gehen sollte, hieraus psychische Abnormalitäten abzuleiten. Dass bei ihm Ungeduld, Konzentrationsschwächen und ein gewisser Widerspruchsgeist beobachtet wurden und eine gelegentlich zutage tretende Neigung zum Jähzorn körperliche Attacken gegen seine Erzieher einschließen konnte, ist nicht zu bestreiten, sollte aber aufgrund der nicht durchgängig vorhandenen Informationen auch nicht überbewertet werden. Vor allem reduzierte sich seine charakterliche Entwicklung nicht darauf. Zu dieser zählte zum Beispiel eine sehr praktische Veranlagung ebenso wie der fast schon ungestüme Drang nach körperlicher Betätigung und ein kaum zu zügelndes Temperament (»er stürmt wild voran, und ins Zimmer geht er lieber durchs Fenster als durch die Tür«11), wenngleich durchaus bei der Gestaltung des Alltages des Prinzen auf die Einbindung körperlicher Übungen geachtet wurde. Einen Höhepunkt wird für den knapp 13-jährigen Prinzen jener Tag dargestellt haben, an dem er »beritten gemacht« wurde.12 Es mag angesichts des großen zeitlichen Abstandes und der letztlich lückenhaft bleibenden und subjektiv eingefärbten Quellen schwerfallen, Ferndiagnosen über die psychische Disposition des Prinzen zu stellen. Ob Vorboten eines Borderlinesyndroms auszumachen sind, erscheint doch fraglich, wenn man die Gesamtheit der überlieferten Nachrichten über den preußischen Thronfolger zur Kenntnis nimmt und gewichtet. Es handelte sich um einen gewiss sehr temperamentvollen, oft ungeduldigen Heranwachsenden mit teilweise schon früh ausgeprägten Interessen und Neigungen, überzeugt von seiner Berufung, aber fraglos auch empfänglich für klare Ansagen. Die anschauliche Ausmalung sündhafter Verstrickungen und der unweigerlich darauf folgenden Strafen fand durchaus Resonanz bei ihm.13 Erschwert wurde eine konzise Erziehung Friedrich Wilhelms nicht nur durch die geschilderten Charakterzüge. Da es sich bei der Unterweisung eines Thronfolgers um eine hochpolitische Angelegenheit handelte, 1. Der Kronprinz

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unterlag dieselbe den sich zum Teil widersprechenden Einflussnahmen verschiedener Persönlichkeiten bzw. Personengruppen der höfischen Gesellschaft. Sie war eingebettet in die Fraktionskämpfe und Intrigen der politisch-höfischen Elite. Ohne hier auf die Details einzugehen, sei in dem Zusammenhang der Konflikt zwischen der Kurfürstin Sophie Charlotte und dem damals mächtigsten Amtsträger Eberhard von Danckelman genannt. Die Motive für diese Antipathie lagen gewiss auf mehreren Feldern, aber auch die Gestaltung der Erziehung Friedrich Wilhelms wurde davon nicht unwesentlich berührt.14 Der maßgeblich auf Anraten der Kurfürstin 1695 als »Gouverneur« bzw. Oberhofmeister mit der Erziehung des Kurprinzen betraute Graf Alexander zu Dohna war mit dieser Aufgabe ebenso sichtlich überfordert wie der unter dem Einfluss des Oberpräsidenten Eberhard von Danckelman stehende Lehrer Johann Friedrich Cramer – eine quasi institutionell arrangierte »Pendelerziehung« war die Folge. Letzterer, der sich eher als Gelehrter mit einer in der Tat ansehnlichen Reputation empfand, schien nicht der Geeignete zu sein, um die in der Erziehungsinstruktion verankerten Forderungen umzusetzen. Er lehrte schlichtweg über den Kopf seines Schülers hinweg. Sophie Charlotte kritisierte anlässlich des Sturzes des mächtigen Ministers im Dezember 1697 die in ihren Augen planlose und durch ungeeignete Lehrer durchgeführte Unterrichtung scharf und zieh Danckelman, dass ihr Sohn in seinem Unterricht »so vernachlässigt worden [sei], daß er vor acht Wochen noch nicht lesen und schreiben konnte!« Sie unterstellte ihm, ihrem Sohn »alle schlechten Launen beizubringen« und dann zu behaupten, er wäre »bösartig veranlagt«.15 Schaut man sich die zum Teil widersprüchlichen Berichte indes genauer an, wird deutlich, dass wohl mehrere Ursachen für die geringen Lernerfolge des Kurprinzen verantwortlich zu machen waren. Neben der fehlenden Eignung seiner Lehrer – auch der für das Lesen und Schreiben angestellte Lehrer Schmitt scheint eine eher farblose Persönlichkeit gewesen zu sein – dürfte die Einbindung Friedrich Wilhelms in das Leben der höfischen Gesellschaft eine Rolle gespielt haben, das mit seinen vielen Abwechslungen – heute würde man von der »Reizüberflutung« eines Kindes sprechen – den Lern- und Erziehungserfolgen nicht guttat. Allerdings bewahrt uns ein vergleichender Blick auf andere Königs- und Fürstenhäuser vor allzu vorschnellen und apodiktischen Urteilen über gewisse Eigenarten in der 24

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Friedrich Wilhelm I. als Kind. Gemälde von Samuel Theodor Gericke (um 1701).

Aufführung des Prinzen und die Defizite in seiner Erziehung. Beispielsweise galt auch der Cousin Friedrich Wilhelms, Georg August, besser bekannt als der spätere englische König Georg II., als schwieriger Schüler. Dieser besaß zwar ähnlich wie Friedrich Wilhelm »ein vorzügliches Gedächtnis, zeigte aber großen Unwillen gegen das Lernen und viel Ungeduld«.16 1. Der Kronprinz

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Die Bemühungen der Mutter waren dann letztlich erfolgreich, so dass mit Jean Philippe de Rebeur nunmehr ein Lehrer gewonnen werden konnte, der sich mit mehr Gewissenhaftigkeit und Strenge seiner gewiss nicht einfachen Aufgabe annahm. Denn die erste Bestandsaufnahme, die er bei seinem hochgeborenen Zögling machte, fiel alles andere als zufriedenstellend aus.17 Seine Stellung bei Hofe blieb ebenfalls nicht unwidersprochen, und auch er hatte zum Teil lautstarke Konflikte mit seinem Probanden auszutragen, doch im Gegensatz zu seinen Vorgängern schien er in das Gemüt seines Schülers tiefer einzudringen und konnte nachhaltigere Lernerfolge bewirken. Zum Standardrepertoire der Unterweisung von künftigen Regenten gehörte die Lektüre von Fürstenspiegeln. Im Lateinunterricht des jungen Friedrich Wilhelm, bezüglich dessen vor »langwüriger Treibung der Grammatischen Reguln« gewarnt wurde, sollte man »mit ihm einen angenehmen Lateinischen Historicum … tractiren«, was etwa die Kaiserbiographien des römischen Historikers Sueton einschloss.18 Ebenso wurden dem Kronprinzen gründliche Kenntnisse über die Hohenzollerndynastie, die Geschichte Brandenburg-Preußens, aber auch über andere europäische Staaten und Reichsterritorien vermittelt.

Beginnende »Soldatenspielerei« und Jagdpassion Es belegt das recht harmonische Vater-Sohn-Verhältnis und sprach zugleich für ein gewisses Gespür Friedrichs III. für die Interessen und Neigungen des Kurprinzen, dass er seinem damals zehnjährigen Sohn zu Weihnachten 1698 ein Geschenk machte, das im weiteren Leben Friedrich Wilhelms noch eine wichtige Rolle spielen sollte: Weil »Unser lieber Sohn, Chur Printz Friedrich Wilhelm, bisher nicht allein allen schuldigen Respect und Gehorsam gegen Uns bezeiget, sondern auch Fleiß und Begierde an sich spüren lassen, ein würdiger Zweig des hohen Stammes, aus welchem er entsproßen ist, zu werden«, überließ er ihm das Gut (Wendisch) Wusterhausen, etwa 30 Kilometer südlich der Residenz.19 Dieser Ort mit einem damals noch wenig anheimelnden und eher spärlich ausgestatteten Gebäude – von »Schloss« wagt man kaum zu sprechen –, aber von einem riesigen geschlossenen Waldgebiet umgeben, 26

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wurde eine Art Refugium für ihn. Nicht nur in den verbliebenen anderthalb Jahrzehnten bis zu seiner Thronbesteigung, sondern auch danach gehörten die zumeist während der herbstlichen Jagdsaison gewählten Aufenthalte zu den von ihm so geschätzten Lebensphasen. Neben seiner Jagdleidenschaft, die sich bereits früh entwickelt hatte – schon als Neunjähriger nahm er an der Jagd auf Rebhühner, Lerchen und Hasen teil –, prägte sich an diesem Ort, für den ab 1718 der bis heute gültige Name Königs Wusterhausen üblich wurde, noch ein weiteres, nicht minder wichtiges Interesse des jungen Prinzen aus: seine Begeisterung für das Militärwesen. Aus kindlicher Perspektive bedeutete dies zunächst, die Beobachtungen, die er in den Residenzen angesichts der dort exerzierenden Einheiten und der Aufführungen der Palastgarden während solcher »solennen« Anlässe wie Fürstenbegegnungen machen konnte, zu verarbeiten und nachzugestalten. Daraus entwickelte sich geradezu eine Passion. Zunächst begann Friedrich Wilhelm im Garten von Lietzenburg, dem späteren Charlottenburg, mit kindlichen »Soldaten«, die mitunter nur wenig älter als er waren, zu exerzieren und legte dabei eine Ernsthaftigkeit an den Tag, die sein Lehrer Rebeur zwar lobend erwähnte, für die anderen Unterrichtsgegenstände jedoch schmerzlich vermisste. Ab 1702 veranstaltete er solcherlei militärische Übungen auch in Wusterhausen. Die hier von ihm gedrillte Einheit, die sogenannte Wusterhausener Jagdgarde, wurde aus groß gewachsenen Jagdhelfern der umliegenden Orte gebildet.20 Bald schon wurde aus diesen kindlich-jugendlichen Spielereien Ernst – zwar noch nicht in Form einer aktiven Beteiligung an den damals voll entbrannten großen europäischen Kriegen, wohl aber auf administrativem Gebiet: So beschäftigte sich Friedrich Wilhelm mit Fragen der Uniformierung sowie der Ausrüstung mit Waffen und Munition. In jene Zeit fällt der Beginn der Bekanntschaft mit dem in preußischen Diensten stehenden Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, der nach der für die antifranzösische Allianz siegreichen Schlacht von Höchstädt 1704 in höchsten Ehren stand. Anfangs gestaltete sich ihre Beziehung noch recht locker und beschränkte sich auf die Zusendung von Geschenken zu den beide Männer besonders interessierenden Metiers – Leopold sandte seinem jugendlichen Bewunderer zum Beispiel Feldzugsjournale, die dieser aufmerksam studierte, bzw. erhielt von ihm Jagdhunde –, bis dann ab etwa 1709 eine regelmäßige Korrespondenz 1. Der Kronprinz

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einsetzte und häufige persönliche Begegnungen zustande kamen.21 Eine ähnliche Vorbildrolle hat für die militärische Erziehung des Kronprinzen der Markgraf Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt gespielt. Dieser Angehörige einer hohenzollernschen Seitenlinie diente als Generalfeldzeugmeister in der brandenburgisch-preußischen Armee.22 1709 war es für den damals 20-jährigen Kronprinzen schließlich soweit, dass er erste unmittelbare Erfahrungen im Krieg erwerben konnte. Er wähnte sich »auf dem Gipfel der Freude«, endlich dem von ihm verehrten Prinzen Eugen von Savoyen und dem Herzog von Marlborough auf dem Kriegsschauplatz in den Österreichischen Niederlanden persönlich begegnen zu können.23 Obschon er ursprünglich auf eine schnelle Schlachtentscheidung gehofft hatte, erhielt er zunächst Einblick in die zur damaligen Zeit favorisierte methodische Kriegführung mit ihren kunstvollen Manövern und Belagerungen. Dann aber nahm er am 11. September 1709 aktiv an der Schlacht von Malplaquet teil.24 Zumeist an der Seite Marlboroughs reitend habe der Kronprinz, der sich mehrfach im Kugelhagel befand, »kaltes Blut und eine Unerschrockenheit bewiesen«. Wenngleich diese Feuertaufe lange bei ihm nachwirkte – an den Malplaquettag wurde bis zu seinem Lebensende jährlich erinnert –, war er auch Zeuge des ungeheuren Blutzolls einer solchen Schlacht geworden, die etwa 35.000 Tote und Verwundete gefordert hatte. Dies schien nicht ohne Eindruck auf den jungen Friedrich Wilhelm geblieben zu sein. An einen Verwandten schrieb er, dass »Mir der Verlust so vieler braver Offiziere sehr schmerzet und habe Ich sie ungern verloren«.25 Aus den freilich nur bruchstückhaften Informationen ließe sich ableiten, dass er in dieser durch Schlachtenlärm geprägten Zeit und trotz seiner unmittelbaren Beobachtungen der Feldherrnkunst eines Prinzen von Savoyen oder eines Herzogs von Marlborough nicht auf die Bahn einer Nachahmung gelenkt wurde. Er konzentrierte sich in dem von ihm so favorisierten Militärwesen vor allem auf organisatorische und logistische Fragen – eine Orientierung, die sein späteres Agieren auf diesem Feld prägen sollte. Bei Friedrich Wilhelm ließen sich bereits damals Verhaltenszüge beobachten, die das Bild vom hartgesottenen, gefühlskalten »Kommisskopp« zumindest etwas zu relativieren vermögen und von einer gewissen Empathie zeugen. So versprach er, damals 17½ Jahre alt, dem Fürsten Leopold, für einen von diesem vermittelten verwundeten Gefreitenkor28

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poral zu sorgen, denn »in der That es unbarmherzig sein würde, sich derselben, so ihre gesunde Gliedmaßen vor den Feind verloren, nicht anzunehmen«.26 Im Übrigen konnte man auch bei anderen Monarchen und Fürsten eine solche fast schon als exzessiv zu bezeichnende Hinwendung zum militärischen Metier beobachten, so zum Beispiel im Falle des vier Jahre älteren württembergischen Prinzen Carl Alexander, der jedoch erst 1733 als Herzog die Landesherrschaft in seinem Territorium übernehmen sollte. So erregte das »ungewöhnliche Avancement des erst 25-Jährigen … an den deutschen Höfen einiges Aufsehen«.27 Und auch das vom russischen Zaren errichtete Preobraschenski-Regiment ging bekanntlich aus der einst spielerischen Beschäftigung des jungen Peter mit Exerzierübungen hervor.

Behauptung auf dem höfischen Parkett Bei all der Bedeutung, die Jagd und Militär für Friedrich Wilhelm zweifelsohne besaßen, wäre es allerdings ein Fehlschluss, seine Persönlichkeitsentwicklung nur darauf zu beschränken. Aus diesen ja auch von ihm selbst gegenüber Zeitgenossen betonten Neigungen machte er keinen Hehl und fühlte sich auf dem Sattel seines Pferdes während der Jagd oder auf dem Exerzierplatz am wohlsten. Dennoch gehörte es zu den Erziehungsgrundsätzen und Ausbildungsnormen für den fürstlichen Nachwuchs, ein wesentlich breiteres Spektrum an Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, das sich nicht zuletzt an den Erfordernissen des »honnête homme« orientierte. Und schenkt man einigen überlieferten Nachrichten Glauben, dann blieben solche, vor allem auf Betreiben seiner Mutter initiierten Bemühungen nicht ohne Wirkung. Auf seine Großmutter, die hannoveranische Kurfürstin Sophie, hatte der zwölfjährige Friedrich Wilhelm anlässlich seines Besuches im Schloss Herrenhausen jedenfalls einen denkbar günstigen Eindruck hinterlassen. Er »sieht aus wie man die Engeltien [Engelchen] malt, ist nun 12 jhar alt und spricht von alles, als wan er von 30 were, … gans ungzwungen ist seine fründlichkeit. Ich bekänne, ich bin gans verliebt, dan ich habe mein leben nichts artigeres gesehen«.28 Der hier von der hannoveranischen Kurfürstin vermittelte 1. Der Kronprinz

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Eindruck ist nicht nur mit dem gewiss ausgeprägten Stolz einer Großmutter zu erklären, die geneigt ist, über die problematischen Charakterzüge ihres Enkels geflissentlich hinwegzusehen. Diese positive Wahrnehmung des brandenburgischen Kurprinzen deckte sich durchaus mit seinem Auftreten, mit dem er kurze Zeit zuvor in Brüssel und am oranischen Hof in Den Haag die Gäste für sich einzunehmen verstanden hatte. In Brüssel, dem Sitz des im Auftrag des Kaisers die Österreichischen Niederlande regierenden Statthalters, kam es sogar zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Friedrich Wilhelm und dem Erzbischof von Cambrai, hinter dem sich François Fénelon verbarg, der mit seinem »Télémaque« ein Standardwerk verfasst hatte, das wie kein zweites Werk in der damaligen Zeit insbesondere von heranwachsenden Hochadligen rezipiert wurde. Dieser Roman entwirft im historischen Gewande der griechischen Götterwelt in dichterischer Freiheit das Ideal eines tugendhaften Fürsten, der sich in seiner Regierung von Weisheit, Bescheidenheit und der Sorge um die Wohlfahrt seiner Untertanen leiten lässt. Vielleicht mochte auch jene auf außenpolitische Zurückhaltung und die Vermeidung von Kriegen orientierte Passage auf Friedrich Wilhelm eine gewisse Wirkung erzielt haben? Jedenfalls ließ der Kurprinz nach dem Bericht seines Erziehers Alexander von Dohna während des Brüsseler Zusammentreffens den Dichter wissen, dass er sein Werk sehr schätze. Fénelon seinerseits zeigte sich sichtlich beeindruckt, »einen Prinzen zu sehen, der in diesem Alter bereits von der Neigung zu Tugend erfüllt sei und der nach allem, was man sehe, alles zu erfüllen verspreche, was man sich Großes und Wünschenswertes denken könne«.29 Im Übrigen sollte dieses Buch einst auch auf seinen eigenen Sohn, den künftigen Kronprinzen Friedrich, prägend wirken.30 Kein Geringerer als Gottfried Wilhelm Leibniz zeigte sich anlässlich seines Besuches in der brandenburgischpreußischen Residenz sichtlich angetan vom Thronfolger: »Ich finde an ihm große Urteilsfähigkeit, zusammen mit Lebhaftigkeit und sogar eine Geradheit und Freundlichkeit, was ungewöhnlich ist.«31 Auch die ihm zugeschriebene Abneigung gegenüber dem Tanz sollte nicht verabsolutiert werden: Gewiss hatte er einst mit dem hingeworfenen »Euer Tanz lehrt mich nicht regieren!« seinen Lehrer abgefertigt.32 Dennoch brachte er es darin zu einer gewissen Meisterschaft, wovon er selbst nach 1713 einige Kostproben bei so mancher Gelegenheit bieten 30

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sollte.33 Die Aufzeichnungen des Johann von Besser, der seit 1690 am brandenburgisch-preußischen Hof als Zeremonienmeister amtierte, vermitteln nicht nur darüber so manche erhellende Informationen. Der Kur- bzw. Kronprinz war demnach mit zunehmendem Lebensalter in immer intensiverer Weise in das höfische Zeremoniell eingebunden. Mehr noch: Friedrich Wilhelm scheint zu Besser bis unmittelbar vor seinem Regierungsantritt ein recht auskömmliches Verhältnis unterhalten zu haben. Wenn man den Aufzeichnungen des Zeremonienmeisters Glauben schenken darf, dann hatte er sich im Zuge der Nachwehen, die der Sturz Wartenbergs innerhalb der höfischen Gesellschaft ausgelöst hatte, vertrauensvoll an den Kronprinzen gewandt, um Unterstützung gegen üble Nachrede zu erhalten.34 Freilich zeigten sich im Verhalten Friedrich Wilhelms im Umfeld von Diplomatenaudienzen und bei Besuchen anderer Monarchen schon jene Nuancen, die nach seiner Regierungsübernahme einen anderen, etwas lockereren Umgang mit gewissen zeremoniellen Normen ankündigten. Anlässlich des am 25. Juli 1707 stattfindenden Empfanges des savoyischen Envoyés stand der Kronprinz beim Eintreten desselben auf »und entblöste das Haupt, weilen Er den Envoyé ehmals gekant, und dannenher mit ihm keine grosse Ceremonien [zu] machen«. Umso mehr achtete aber bei dieser Gelegenheit seine Gemahlin, Sophie Dorothea, auf die peinliche Einhaltung des Zeremoniells, »welche auch alles gantz genau observirte«.35 Das Eingebundensein in die Gepflogenheiten der höfischen Gesellschaft schloss die Teilnahme an solchen Divertissements wie Tanz, Theater- und Opernvorstellungen ein, denen sich Friedrich Wilhelm nicht entziehen konnte.36 Mehr noch: Seine Gemahlin »überraschte« ihn anlässlich seines 24. Geburtstages mit einem »Fest in Gesellschaft vieler Dames, und nach der Tafel eine Comedie samt einem kleinen Ballett«.37 Einschneidende Erlebnisse bildeten für den sich an der Schwelle zum Erwachsenwerden befindenden Friedrich Wilhelm der überraschende Tod der Mutter im Februar 1705 und die ein Jahr später vollzogene Heirat mit der Tochter des hannoveranischen Kurfürstenpaares, Prinzessin Sophie Dorothea. Das Verhältnis zur Mutter hatte sich ambivalent gestaltet, denn Sophie Charlotte hegte den Ehrgeiz, aus dem äußerlich attraktiven Kurprinzen38 einen weltgewandten, in den von ihr favorisierten Künsten brillierenden, sich mit Leichtigkeit auf dem höfischen Parkett 1. Der Kronprinz

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bewegenden jungen Mann zu entwickeln, der ihren Idealvorstellungen eines »honnête homme« voll entsprach – der also vieles von dem kompensieren sollte, das ihrem Gatten abging. Es handelte sich dabei allerdings um Erwartungen, die Friedrich Wilhelm nicht erfüllen konnte und wohl auch nicht wollte. Dies wird sich nicht zuletzt auf seine Persönlichkeitsentwicklung ausgewirkt haben. Ohnehin gibt es eine Reihe von Hinweisen darauf, dass sich Sophie Charlotte zum Ende ihres Lebens in der preußischen Residenz zeitweise nicht sonderlich wohlfühlte und Stimmungsschwankungen unterlag, die auch auf das Verhältnis zu ihrem Sohn nicht ohne Spuren geblieben sind. Kurz nach ihrem Tode deutete ihre Mutter, die hannoveranische Kurfürstin Sophie, dem trauernden preußischen König an, dass man bemerkt habe, dass »Ihrer Majestät alles schier gleichgültig war, als wenn nichts mehr auf der Welt ihrer würdig sei«.39 Bei den schon bald nach der Königskrönung von 1701 zunehmend intensiver diskutierten Erwägungen zur Brautwahl des preußischen Thronfolgers galten die innerhalb der europäischen Hochadelsgesellschaft üblichen Spielregeln.40 Angesichts der Tatsache, dass aus den ersten beiden Ehen Friedrichs III./I. nur ein Sohn hervorgegangen war, lag es im Interesse der Absicherung künftiger Erbfolgen im Hause Brandenburg, ihn möglichst rasch zu verheiraten. Zwar entwickelte der Kronprinz zeitweise eine starke Zuneigung zu der Prinzessin Wilhelmine Karoline von Brandenburg-Ansbach, die dann aber 1705 Georg August von Hannover, den späteren König Georg II., ehelichte.41 Auch diese Vorgänge mochten die gegenseitige Ablehnung weiter befördert haben. Jedoch hatten letztlich Überlegungen die Oberhand gewonnen, die die Wahl der Braut von übergeordneten politischen Ambitionen abhängig machten. Ein kurzzeitig ins Auge gefasster Plan, eine Verbindung mit der schwedischen Prinzessin Ulrike Eleonore, der Schwester Karls XII., einzugehen, wurde aufgrund der politischen Gegebenheiten im Umfeld des Großen Nordischen Krieges, aber auch der fehlenden äußerlichen Attraktivität der Prinzessin fallen gelassen.42 Bald darauf begann sich die Ansicht durchzusetzen, mit der Ehe des Thronfolgers die dynastischpolitische Verbindung zwischen Kurhannover und Preußen befestigen zu können. Das Auge fiel dabei auf Sophie Dorothea, die einzige Tochter des hannoveranischen Kurfürstenpaares. Da sie hauptsächlich von ihrer 32

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Großmutter, der Kurfürstin Sophie, erzogen worden war, kannte sie ihren künftigen Gemahl seit frühen Kindheitstagen. Dieses Eheprojekt wurde auch vor allem von Sophie vorangetrieben. Sie wird sich dabei die einige Jahre zuvor von Leibniz in einem Memorandum für die Kurfürstin Sophie Charlotte geäußerten Gedanken zu eigen gemacht haben, wonach die Lage beider Länder sie dazu einlade, »sich gegenseitig zu helfen. … Diese beiden Häuser haben auch die gleichen naturgegebenen politischen Ziele, welche sind das Gleichgewicht Europas, das Wohl des Reiches und vor allen Dingen die Bewahrung und Verbreitung der protestantischen Religion.«43 König Friedrich I. ist aus diesem Anlass persönlich in Hannover vorstellig geworden, und während des Treffens ist am 18. Juni 1706 die Verlobung zwischen dem preußischen Kronprinzen und Sophie Dorothea gefeiert worden.44 Das Verhältnis Friedrich Wilhelms zu seiner Braut war wohl zwar nicht von tiefer Emotionalität geprägt, zumindest aber von »Höflichkeit und Verständigkeit«, was angesichts gewisser Eskapaden in anderen Fürstenhäusern beachtlich war.45 Im Spiegel der erhaltenen Korrespondenz zwischen den beiden Eheleuten scheint sich im Verlauf der nächsten Jahre zunehmend ein Verhältnis gegenseitiger Zuneigung entwickelt zu haben.46 Die Hochzeit fand dann wenige Monate später in Berlin statt. Carl Hinrichs hat eingängig geschildert, wie unangenehm dem Kronprinzen diese ausufernden, sich über mehrere Wochen hinziehenden Feierlichkeiten aufstießen.47 Die von ihm verlangten Verpflichtungen widersprachen seinem Naturell und kosteten ihn große Überwindung. Lediglich das von seinem Onkel, dem Generalfeldzeugmeister Markgraf Philipp Wilhelm, arrangierte Feuerwerk wird seinen Vorstellungen entsprochen haben und seinem Wesen entgegengekommen sein. So wurde an einem Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten das Zeughaus mit »1.000 Pfund Lichtern illuminiert. Dazu nahm die Artillerie malerisch Aufstellung und eine Vielzahl beleuchteter militärischer Sinnbilder wurde errichtet.«48 Höhepunkte in dem ansonsten von ihm oft als Belastung empfundenen höfischen Alltag – das »höfische Leben ist totales Fest«49 – dürften für ihn die Besuche der von ihm hochverehrten Feldherren, des Herzogs von Marlborough und des Prinzen Eugen von Savoyen, dargestellt haben. So war es im Rahmen des im Dezember 1705 vom Herzog von Marlborough absolvierten Besuches in der preußischen Residenz neben den gro1. Der Kronprinz

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ßen Festmählern und Empfängen, die zu seinen Ehren vom König ausgerichtet wurden, auch zu separaten Treffen mit dem Kronprinzen gekommen.50 Das eigentliche politische Motiv, das den englischen Feldherrn nach Berlin geführt hatte, nämlich den preußischen König unbedingt in der antifranzösischen Allianz halten zu wollen, mochte dabei für Friedrich Wilhelm im Hintergrund gestanden haben. Für den damals 17-Jährigen war es ein Vorgeschmack auf Kommendes, denn seine »Feuertaufe« stand ja erst noch bevor. Im Umfeld des fünf Jahre später stattfindenden Besuches, den der Prinz Eugen dem preußischen König abstattete, agierte der Kronprinz schon sicherer und selbstständiger. So nahm er zum Beispiel auf das Prozedere anlässlich der Zusammenkunft Einfluss, »welches eben Se. König. Hoheit, der KronPrintz, durch diese Rangirungs-Art intendirt hatte«.51 Die Ausbildung des Prinzen schloss natürlich solche Verhaltensnormen ein, die ihn einst befähigen sollten, sich seinem Rang gemäß innerhalb der Hochadelsgesellschaft des Reiches und Europas zu bewegen. Die probateste und in vielen Königs- und Fürstendynastien zur Anwendung kommende Methode bestand darin, während ausgedehnter Reisen Wissen und Fähigkeiten zu erwerben. Solche Kavalierstouren, auch als »Grand Tour« bezeichnet, gehörten seit Längerem zu einer beliebten Bildungsform innerhalb des Adels – und zwar nicht nur in Fürsten- und Königsfamilien –, um Weltläufigkeit zu erlernen und Beziehungen zu knüpfen, die sich für den weiteren Lebensweg einmal als nützlich erweisen konnten.52 Diese mussten aber nicht so systematisch und über eine längere Dauer angelegt sein wie etwa bei dem wettinischen Prinzen Friedrich August (später als »August der Starke« bekannt), der insgesamt zwei Jahre in mehreren europäischen Ländern und deutschen Reichsterritorien unterwegs war.53 Es ging auch eine Nummer kleiner: Für den preußischen Thronfolger erwiesen sich zwei Reisen in die niederländischen Generalstaaten als sehr nachhaltig. Nachhaltig in dem Sinne, als er hier wichtige Impulse erhielt, die sowohl auf spätere Schwerpunktsetzungen in seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik wirkten als auch sein ästhetisches Empfinden, insbesondere mit Blick auf die bildende Kunst und die Architektur, prägen sollten. Im Spätsommer und Herbst des Jahres 1700 führte ihn seine erste Reise nach Holland, die sich vor allem in die preußischen Bemühungen einordnete, die mit dem beginnenden 34

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Großen Nordischen Krieg und dem bevorstehenden Konflikt um das spanische Erbe verbundenen Herausforderungen mit dem englischen König (und niederländischen Generalstatthalter) Wilhelm III. von Oranien abzustimmen und auf die anstehende oranische Erbfolgefrage in den Niederlanden Einfluss zu nehmen.54 Ungeachtet der persönlichen Begegnung mit Wilhelm III., bei der Friedrich Wilhelm sich als gelehriger Schüler erwiesen und auf den englischen König einen guten Eindruck gemacht haben soll, geriet diese Reise für ihn zu einem eindrucksvollen Anschauungsunterricht einer ihn faszinierenden staatlichen Verwaltung, Kultur und Gesellschaft. Ende des Jahres 1704 folgte eine zweite Reise in die Niederlande, die aber durch den plötzlichen Tod seiner Mutter im Februar 1705 ein jähes und trauriges Ende fand. Einige der schon längere Zeit als bedenklich angesehenen Charaktereigenschaften hatten sich in der Zwischenzeit verfestigt. Die bevorstehende Mündigkeitserklärung des Kronprinzen bot seinem Erzieher, dem Grafen Dohna, Anlass, Friedrich Wilhelm noch einmal gründlich ins Gewissen zu reden. Unter anderem wurde Kritik am Auftreten des knapp 16-jährigen Kronprinzen geübt: »Alle Welt spricht von seinen schrecklichen Stiefeln, die bei Hofe so lächerlich wirken, wie seidene Strümpfe beim Kavalleristen im Felde.« Obendrein liebe er nur die Gesellschaft unbedeutender Leute und würde dabei gewisse Konventionen des höfischen Lebens missachten. So nehme er des Öfteren die Perücke ab und spreche »allzu frei« – dies alles würde er bei hochgestellten Herren nicht wagen. Angesichts seiner Affinität für alles Militärische trage man Bedenken, dass er einst außenpolitische Verwicklungen herbeiführen werde.55

Erste Regierungserfahrungen Einen wesentlichen und deshalb kaum zu unterschätzenden Fakt stellt in der Biographie des Kronprinzen Friedrich Wilhelm der Umstand dar, dass im Unterschied zur Mehrheit der anderen Thronfolger im Hause Brandenburg des 17. und 18. Jahrhunderts in seinem Fall das Verhältnis zum Vater und Vorgänger als harmonisch galt und dass demzufolge auch seine Einbindung in die Regierungsarbeit kontinuierlich erfolgte. Da er 1. Der Kronprinz

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der einzige (überlebende) Sohn Friedrichs III./I. und Sophie Charlottes war, entfielen jene fast schon unvermeidlichen Spannungen, die aus der Geburt von Kindern aus nachfolgenden Ehen entspringen konnten. Er verehrte seinen Vater ebenso, wie dieser ihn zu fördern versuchte. Das schloss die immer wieder zutage tretende Sorge des Königs ein, seinen einzigen Sohn und Thronerben den Unwägbarkeiten der unsicheren Zeitläufte auszusetzen. Über eine robuste Gesundheit verfügte der Kronprinz zwar, aber sein Vater artikulierte des Öfteren die Befürchtung, dass sich sein Sohn im Zuge der von ihm gewünschten aktiven Beteiligung an den Feldzügen des Spanischen Erbfolgekrieges zu großen Gefahren aussetzen könnte. Ein berechtigter Anlass zu solchen Ängsten bestand angesichts der besonderen Affinität Friedrich Wilhelms zum Soldatenhandwerk ja durchaus, und immer wieder drängte er seinen Vater, ihm die Erlaubnis zur Kriegsteilnahme zu geben. Gleichwohl nahm Friedrich Wilhelm, je stärker er in Regierungsaufgaben eingebunden wurde, zunehmend jene Verdächtigungen, Durchstechereien, Verleumdungen und Intrigen wahr, die den Alltag der politisch-höfischen Elite prägten – nicht nur in der preußischen Residenz.56 Und bald war er auch, sehr zu seinem Missfallen, unmittelbar in diese Auseinandersetzungen involviert. Einen besonderen persönlichen Anteil nahm er an denjenigen Vorgängen, die mit dem Sturz des allmächtigen Oberkämmerers Kolbe von Wartenberg verbunden waren.57 Ja, man konnte in gewisser Weise eine »Partei« des Kronprinzen ausmachen, in der sich in jenen brisanten Monaten der Jahre 1710 und 1711 diejenigen Persönlichkeiten hinter dem Thronfolger scharten, die aus unterschiedlichen Erwägungen in Opposition zum Oberkämmerer und seinem Anhang am Hofe standen – zwecks Begleichung alter Rechnungen, aufgrund wirklicher Sorge um den Fortbestand des finanziell angeschlagenen Staates oder motiviert durch puren Opportunismus. Jedenfalls erfuhr die informelle Stellung des Kronprinzen nach diesem personellen Revirement eine beträchtliche Aufwertung, was sich zum Beispiel darin widerspiegelte, dass er in den verbleibenden beiden Jahren bis zum Thronwechsel in stärkerer Weise als vordem in das operative politische Geschäft einbezogen wurde. Nunmehr beschränkte sich sein Wirken nicht nur auf die bloße Präsenz in den obersten Behörden oder auf die Stellvertretung des Königs (zum Beispiel als Statthalter), sondern er konnte jetzt auch eigen36

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verantwortliche Entscheidungen in wichtigen Angelegenheiten fällen, vornehmlich natürlich auf jenem Terrain, auf dem er sich selbst am besten auskannte. Friedrich Wilhelm erhielt auf dem Gebiet der Heeresverwaltung freie Hand und kümmerte sich nachdrücklich um die Reorganisation des Generalkriegskommissariats, an dessen vorläufigem Ende dann das entsprechende Reglement vom 7. März 1712 stand.58 Und in seinem geliebten Wusterhausen übte der Kronprinz jenen später für ihn typisch werdenden Herrschaftsstil ein, der unter dem Namen der »Regierung aus dem Kabinett« mit knapp gehaltenen Dekreten im Stil von Resolutionen bekannt werden sollte.59 Ungetrübt war die Freude über diesen gewonnenen politischen Spielraum indes nicht, denn ihm war nicht verborgen geblieben, dass auch mit der Entfernung Wartenbergs und der weitgehenden Kaltstellung seiner Anhänger innerhalb der politisch-höfischen Führungsgruppe keine Zeit der ungestörten Eintracht angebrochen war. In düsteren Farben malte er in einem Schreiben vom 30. Juni 1712 an den Fürsten Leopold ein tristes Bild über den »zustant unsers hofes«: »sie müßen wiesen das ich wehnig und baldt nichts mehr werde zu sahgen haben seider die affere von Gen[eral] Commis[saire] der granmetre und oberjegermester [und der] kleine Kamequen halten feste zusammen der König glaubet ich bin ein verrehter.«60 Den einfachen Hintergrund für diese Sorgen bildeten Unregelmäßigkeiten der Kassenführung im Generalkriegskommissariat, für die Johann Andreas Kraut verantwortlich gemacht wurde. Dahinter standen nach wie vor Fraktionen, deren eine durch den im Dezember 1711 zum Generalfeldmarschall ernannten Fürsten Leopold von AnhaltDessau, Friedrich Wilhelm von Grumbkow und – dieser aber etwas elegant im Hintergrund bleibend – den vornehmlich für die Außenpolitik zuständigen Geheimen Rat Rüdiger von Ilgen gebildet wurde, während auf der anderen Seite Johann Moritz von Blaspiel, Paul Anton von Kameke und der bisherige Generalfeldmarschall Alexander von Wartensleben standen. Carl Hinrichs hat nun überzeugend dahingehend argumentiert, dass sich Friedrich Wilhelm in jenen seinem Regierungsantritt unmittelbar vorangehenden Monaten bemühte, zu der ersten Hofpartei, der man ihn selbst ja zurechnete, auf vorsichtigen Abstand zu gehen.61 Jene Erfahrungen dürften zugleich die aus der zeitlichen Distanz, mehr aber noch für die beteiligten Zeitgenossen überraschenden Hand1. Der Kronprinz

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lungen des Kronprinzen im Umfeld des Thronwechsels erklären. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt deutete sich an, dass Friedrich Wilhelm I. nicht bereit war, trotz der vermeintlich großen Vertrauensstellung, die v. Grumbkow, mehr noch der Fürst Leopold inzwischen bei ihm erworben hatten, sich in den Dienst einer Hof-»Partei« oder gar eines Favoriten zu stellen.

Der Thronwechsel Am Todestag Friedrichs I., am 25. Februar 1713, vollzog sich in der preußischen Residenz das übliche Prozedere nach der Devise: »Der König ist tot – es lebe der König!« Solche damit verbundenen, scheinbar außergewöhnlichen Maßnahmen wie das Schließen der Stadttore, die Sicherung des Staatsschatzes, die Vereidigung der Garnisontruppen sind aber weniger spektakulär, als der erste Anschein vermitteln mag. Ähnliche Vorkehrungen wurden an anderen europäischen Höfen bei Herrscherwechseln ebenso getroffen, und auch der Vergleich zum letzten Thronübergang in der preußischen Residenz 1688 deutet die bestehenden Traditionen an. Über die Vorgänge während der ersten Tage nach dem Thronwechsel sind wir durch eine Reihe von Gesandtenberichten informiert, die seinerzeit schon Carl Hinrichs in seiner unvollendet gebliebenen Biographie ausgewertet hat.62 Ohne diese hier noch einmal in aller Breite vorzustellen, seien nur die wichtigsten Wahrnehmungen knapp wiedergegeben – ergänzt um einige Informationen aus der Sicht der kaiserlichen Diplomaten. Die Trauer über den verstorbenen König, eine erwartungsvolle Spannung hinsichtlich der kommenden Entwicklungen, einschließlich des Austausches von Vermutungen, Gerüchten oder vermeintlich zutreffenden Nachrichten »aus erster Hand«, werden die verbreitetsten Stimmungen unmittelbar nach dem Tode Friedrichs I. gewesen sein. Und die Gefühlslage der unmittelbar betroffenen Angehörigen der Hof- und Residenzgesellschaft wird zwischen Befürchtungen und Hoffen changiert haben. Diese Atmosphäre in der preußischen Residenz erinnert in etwa durchaus an heutige, uns bekannte Konstellationen im Umfeld von Regierungskrisen, Neuwahlen oder Ministerstürzen. 38

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Und in der Tat wartete der neue Herrscher mit einigen Überraschungen auf: Schon bei der Wahl des Namens als König zeigte er, dass er nicht danach trachtete, sich wohlgemeintem Rat unterzuordnen. Der Zeremonienmeister Johann von Besser hatte Friedrich Wilhelm geraten, sich den Konventionen entsprechend als König nur einen Namen zuzulegen, also damit zum Beispiel auf »Wilhelm« zu verzichten. Als Vorbild diente ihm das Exempel des sächsischen Kurfürsten Friedrich Augusts I., der sich mit seiner Wahl zum polnischen König den Namen August II. zugelegt hatte.63 Doch der junge preußische König setzte sich darüber hinweg, behielt seinen kronprinzlichen Namen und wurde nicht Friedrich II., sondern Friedrich Wilhelm I. Selbst diejenigen Herren, die sich vermeintlich guter Kontakte zum Monarchen erfreuten, zeigten sich irritiert. Friedrich Wilhelm von Grumbkow klagte dem kaiserlichen Diplomaten v. Schönborn am 16. Mai 1713 seine missliche Lage, denn »aus keinem Ministro ist nichts zu bringen, der König [sei] nicht zu sprechen«.64 Für wahrscheinlich hielt man in der Residenz, dass der seit 1697 in Hausarrest sitzende Eberhard Christoph Freiherr von Danckelman wieder in alte Ehren gehoben und sogar mit der Leitung der Regierungsgeschäfte betraut werden würde. Das Gerücht erhielt vor allem dadurch neue Nahrung, dass der König am 19. März 1713 in Begleitung Danckelmans völlig überraschend zum Frühgottesdienst in der Berliner Schlosskapelle erschien.65 Es fand bei dieser Gelegenheit eine längere Unterredung zwischen beiden statt, über deren Inhalt aber kaum etwas verlautete, lediglich dass der König ihn »für einen ehrlichen Mann halte und ihn auch lieb hätte«.66 Falls Danckelman überhaupt ein Angebot zur Übernahme eines Amtes gemacht worden war, hätte er dieses abgelehnt, was von dem die Vorgänge in der preußischen Residenz aufmerksam beobachtenden französischen Gesandten weniger auf das hohe Alter zurückgeführt wurde, sondern auf den in den Augen Danckelmans schwierigen Charakter Friedrich Wilhelms I.67 Obgleich Danckelman infolge seiner Haft und des Arrests nur geringe Kunde über die Entwicklungen der letzten Jahre und kaum Informationen über die Interna am Berliner Hof erhalten haben dürfte, waren ihm aufgrund seiner langjährigen Erfahrung dennoch die Unwägbarkeiten und Fallstricke zu geläufig, hätte er auf das glatte höfische Parkett zurückkehren wollen. 1. Der Kronprinz

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Der kaiserliche Gesandte v. Schönborn war laut eigenem Bekunden gleich nach seiner Ankunft in Berlin bemüht, sich »von jetziger Regierung und des hiesigen Hoffes Zustand verläßlich zu erkundigen«. Dazu knüpfte er Kontakte »in Geheimen und Vertrauen« zu nicht namentlich genannten Ministern, auf die er sich »gewiß verlassen« könne.68 Als besonders auffällig nahm der kaiserliche Diplomat wahr, dass der König »absonderlich mit dem Militari, welches auff eine Considerablen Fuß gesetzet werden wirdt, sehr beschäfftiget« sei. Für diejenigen indes, die das Treiben Friedrich Wilhelms schon lange beobachtet hatten, stellte dies sicherlich keine allzu große Überraschung dar. Auffällig erscheint in den Statements des kaiserlichen Diplomaten, dass noch zwei Monate nach dem Herrscherwechsel »die confusion und Mißvergnügen nicht zu beschreiben [sei] und ein jeder … sowohl Bauer, Hofbediente, Civil- und Militair Standt so desolat und uebel zufrieden seyen, daß es auch nicht zu glauben«. Nun wird man in diesen Berichten einen nicht ganz vorurteilsfreien Blick auf die preußischen Verhältnisse voraussetzen müssen, denn es ist fraglos auffällig, dass die Berichte der anderen Gesandten nicht ganz so schwarz getönt erscheinen. Gefragt nach den Gründen für diese von ihm wahrgenommene Stimmung, antwortete man ihm, dass der König »alles selbst und allein thun wolte«.69 Das deckt sich wiederum mit den Berichten der anderen Diplomaten und deutete in der Tat bereits einen neuen Regierungsstil an, der in den folgenden 27 Jahren beibehalten werden sollte. Und nicht nur das Bestreben, allein zu entscheiden, sondern auch eine gewisse Beratungsresistenz glaubte man beim neuen König ausmachen zu können. So hatte der sächsische Gesandte v. Manteuffel in einem seiner ersten Statements nach dem Thronwechsel die Begebenheit geschildert, wonach der junge König im Umfeld der nach dem Tode Friedrichs I. zu treffenden Vorkehrungen darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es doch genüge, die Berliner Stadttore für den Verkehr nach auswärts geschlossen zu halten. Daraufhin folgte seine brüske Reaktion, »er verlange weder Rat noch Räsonnement, sondern Gehorsam«.70 Dieses Credo avancierte zum Leitmotiv auf einem besonders diffizilen politischen Feld, das in jenen Wochen des Übergangs zu vielen Planspielen Anlass gab und maßgeblich die Stimmungslage in der Hof- und Residenzgesellschaft beeinflusste: Man erwartete mit Spannung die Um40

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Krönungsporträt Friedrich Wilhelms I. Gemälde von Samuel Theodor Gericke 1713.

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und Neubesetzung der maßgeblichen Chargen in der Zentralverwaltung und im Hofstaat. Und in der Tat hat auch hier der König sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen, was durchaus einige Überraschungen – im Positiven wie im Negativen – für die Beteiligten bereithielt. Etliche hohe Amtsträger haben mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass sie in ihren Chargen belassen wurden, für andere Herren, die zum engeren persönlichen Umfeld des Kronprinzen gehört hatten, waren die personalpolitischen Entscheidungen des jungen Monarchen indes mit recht derben Enttäuschungen verbunden. An erster Stelle ist Fürst Leopold von Anhalt-Dessau zu nennen, der sich schon in einer über das militärische Metier hinausgehenden Stellung gewähnt hatte.71 Auch aus kaiserlicher Sicht erwartete man keinen allzu großen Einfluss Leopolds auf den König. Er mische sich zwar »neben den Militär-Sachen auch in andere Angelegenheiten«. Man vermutete jedoch, dass der König »ihn nur solang noch zu brauchen gedencke, bis Er sein Militairwesen eingerichtet und in völligem Standt gebracht habe«.72 Die Berücksichtigung des engeren personellen Umfeldes des Königs, seiner Räte und Minister mit all ihren Verdiensten, aber auch menschlichen Abgründen und Skurrilitäten ist nun nicht etwa dem Bemühen geschuldet, mehr Farbigkeit in die Darstellung zu bringen. Letztlich steht dahinter der Gedanke, dass die Einbeziehung jener Aspekte einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Regierungsweise dieses Monarchen erbringen kann. Denn die scheinbar so »modern« und rational agierende preußische Verwaltung zur Zeit König Friedrich Wilhelms I. war auch bzw. immer noch durch eine Herrschaftspraxis des »face-to-face« geprägt – jedenfalls in weitaus stärkerem Maße, als es eine vorrangig an Institutionen ausgerichtete Verwaltungsgeschichtsschreibung suggeriert hat. Dies gilt es zu beachten, wenn wir in den folgenden beiden Kapiteln, gewissermaßen von »oben« nach »unten«, das Verhältnis Friedrich Wilhelms I. zu der an der Residenz angesiedelten politisch-höfischen Elite ebenso versuchen zu beschreiben wie das Zusammenspiel mit den verschiedenen Ebenen der Verwaltung in der preußischen Monarchie. Hier soll beileibe keine trockene Institutionengeschichte betrieben werden. Vielmehr interessiert, ob und in welcher Weise der Monarch die Regierungspraxis beeinflusst hat – eine Fragestellung, deren zentrale Bedeutung innerhalb der Biographie dieses Herrschers, wohl auf der Hand liegt. 42

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2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe Der einst von Heinrich von Treitschke geprägte Satz »Große Männer machen Geschichte« gehört zweifellos einer längst vergangenen historiographischen Epoche an. Gleichwohl verbindet sich mit der Erforschung des politischen Spielraums eines Monarchen zugleich die Sensibilität dafür, dass die zumeist mit den »großen Männern« gleichgesetzten berühmten Herrschergestalten letztlich auf die in der zweiten Reihe stehenden »Helfer« angewiesen waren, sei es in Gestalt hoher Amtsträger, Offiziere oder – das war in der uns interessierenden Zeit ja nicht unüblich – der über einen großen informellen Einfluss verfügenden Favoriten. Diesen Gedanken gilt es sich auch und gerade bei einem Monarchen zu vergegenwärtigen, der aufgrund seines autokratischen Gebarens »allzuständig« und »allgegenwärtig« schien und bei vielen Gelegenheiten jenes Selbstbild gern kolportierte.

Ein unhöfischer Monarch? Nun würden aber die durch die Geschichtsschreibung immer wieder herausgestellten »bürgerlichen« Facetten des Herrschaftsstils Friedrich Wilhelms I. – selbst vom »Puritaner- und Bürgerkönig« (Carl Hinrichs) war zuweilen die Rede – die Analyse des Hoflebens und der Hofgesellschaft während seiner Regierungszeit eigentlich als überflüssig erscheinen lassen. Damit korrespondieren zuvörderst jene auch durch die inund ausländischen Beobachter wahrgenommenen Entscheidungen Friedrich Wilhelms I., die auf eine beträchtliche Verringerung des Hofstaates zielten. Das Ausmaß dieser Reduktion ist quellenmäßig durch die Hofstaatsakten, in denen die eigenhändig vorgenommenen Streichungen enthalten sind, gut überliefert.1 Andere Nachrichten im Umfeld 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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der spektakulären Maßnahmen tragen hingegen gewisse anekdotenhafte Züge. Immer wieder gern wird der Bericht des Vielschreibers Pöllnitz kolportiert, wonach sich Friedrich Wilhelm I. gleich nach dem Erhalt der Nachricht vom Tod seines Vaters die Etatliste des Hofstaates habe reichen lassen und vor den erschrockenen Augen des Oberhofmarschalls v. Printzen den ganzen Etat mit einem dicken Federstrich durchkreuzt hätte. Der Generalleutnant v. Tettau habe dann vor den entsetzten Mitgliedern des Hofstaates den Vorgang lakonisch mit den Worten kommentiert: »Meine Herren! Unser guter Herr ist tot, und der neue König schickt euch alle zum Teufel.«2 Nun stellten diese auf eine Reduktion des Hoflebens und -personals abgestellten Maßnahmen sicherlich keine völlig neue Nuance dar. Schon der Großvater des neuen Königs, Kurfürst Friedrich Wilhelm, hatte in seinem Politischen Testament von 1667 seine Vorbehalte gegen einen »gar zu weitleuftige[n] hofstadt« vorgebracht, die vor allem aus der schmalen Ressourcenlage in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Krieg resultierten.3 Freilich ging sein Enkel nun einen Schritt weiter und ließ es nicht nur bei solchen Bedenken, zumal sich die Hofausgaben unter dem ersten preußischen König mehr als verdoppelt hatten – nicht zuletzt als Preis für die zeremonielle Aufwertung im Umfeld der Königskrönung.4 Obendrein hatte sich der neue Kurs schon während der letzten kronprinzlichen Jahre angedeutet, als die Kritik unter den hellsichtigen Amtsträgern an der Finanzpolitik immer lauter geworden war. So hatte der Geheime Rat Rüdiger von Ilgen im Jahre 1710 im Namen des Königs sein Unbehagen über die »eingerißenen Unordnungen« artikuliert und eine Reihe von Vorschlägen gemacht, so zum Beispiel, dass »die unnötigen Bediente abgeschaffet« werden sollten.5 Zudem scheint v. Ilgen neben v. Printzen zu den wenigen hohen Amtsträgern an dem von Fraktionskämpfen geprägten Hof seines Vaters gehört zu haben, zu denen Friedrich Wilhelm noch ein halbwegs vertrauensvolles Verhältnis unterhielt.6 Unter Verzicht auf die Nutzung einer ganzen Reihe von Schlössern in der Berlin-Potsdamer Residenzlandschaft wohnte Friedrich Wilhelm I. künftig überwiegend im Potsdamer und Berliner Stadtschloss, unterbrochen von gelegentlichen Aufenthalten in Charlottenburg, sowie in seinen Jagdschlössern bzw. -häusern in Königs Wusterhausen, Machnow und 44

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(ab 1736) in Kossenblatt. Gelegentlich wurden noch die Schlösser Köpenick und Oranienburg vom König genutzt; das letztere bekam aber die Streichung der Zuwendungen in Gestalt des Rückbaus von Lusthäusern und Wasserspielen zu spüren.7 Alle anderen Jagd- und Lustschlösser wurden hingegen an Amtleute vermietet.8 Wichtige Baumeister wie Andreas Schlüter oder Eosander von Göthe verließen die preußische Residenz. Mit dieser sowohl auf Einschränkung als auch auf Funktionalität gerichteten Residenzenpraxis korrespondiert die Tatsache, dass während Friedrich Wilhelms Regierungszeit lediglich ein Neubau fertiggestellt wurde: das im niederländischen Stil gehaltene Jagdschloss Stern vor den Toren Potsdams, das aufgrund seiner Schlichtheit eher als »Jagdhaus« bezeichnet werden könnte.9 Reduziert wurde gleichermaßen die Anzahl der höfischen Festlichkeiten, wie etwa die bis dahin aufwendige Zelebrierung des Krönungstages (18. Januar) oder die vielen sich am Hof des alten Königs abwechselnden Bälle, Maskeraden und Opernaufführungen. Letztere Vergnügungen standen zudem in der Kritik der pietistischen Bewegung, der sich der König – wie noch ausführlicher zu zeigen sein wird – sehr verbunden fühlte.10 Die Bauten am Berliner Stadtschloss, dessen Westflügel auf der dem Schlossplatz zugewandten Seite immer noch der Vollendung harrte, wurden zwar nach dem Tode Friedrichs I. erst einmal eingestellt, damit »die sonst dazu destinirten Gelder zur Tilgung der Land-Schulden employret werden«.11 Doch bereits nach einem Jahr wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Seit 1724 wohnte Friedrich Wilhelm dann während seiner Berlin-Aufenthalte in der Erdgeschosssuite in einer kleinen Wohnung an der Ecke zum Lustgarten.12 Ohnehin wird man die zweifelsohne vorhandenen Einspareffekte bei der Nutzung der Schlösser nicht überbewerten dürfen. Vielmehr konnte er zum Beispiel »auf die kostenaufwändige Ausstattung des Berliner Schlosses, die sein Vorgänger angelegt hatte, zurückgreifen, wenn er sie benötigte«.13 Der Rhythmus der Schlössernutzung folgte einem bestimmten Jahresablauf, wie man das von anderen Herrscherhäusern kannte, so zum Beispiel vom englischen Königshaus, wo zu Zeiten von Georg II. zwischen St. James Palace, Hampton Court, Windsor und Kensington Palace gewechselt wurde.14 In den Herbstmonaten, in der Regel bis zum Hubertusfest, hielt sich Friedrich Wilhelm I. in Wusterhausen auf, um dort der von ihm bis zur Obsession betriebenen Jagdleidenschaft nachzugehen. 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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Neben diesen Veränderungen bei der Nutzungsgeschichte der Schlösser und des Festkalenders waren es vor allem die teilweise restriktiven Kürzungen, die kurz nach dem Regierungsantritt am Hofstaat seines Vaters vorgenommen wurden, die die bekannten Urteile eines antihöfischen Kurses des neuen Königs haben plausibel wirken lassen. Außerdem mutete diese Praxis die Zeitgenossen auch deshalb so überraschend an, weil sie »von dem (politisch) gezielten Aufwand der letzten Jahre so markant abstach«.15 Doch selbst hier belehrt uns ein Blick in die Quellen, dass ein »Hof« nach 1713 weiterhin existierte und demzufolge ein Hofleben mit all den dafür bekannten Komponenten in der preußischen Residenz beobachtet werden kann. Natürlich wies es mitunter sehr spezifische Merkmale auf, aber eine in den letzten Jahrzehnten sehr differenzierte Hofforschung hat die Sensibilität für die große Vielfalt des Erscheinungsbildes der Hofgesellschaften im Reich und in Europa geschärft.16 Vor diesem Hintergrund, aber auch unter Beachtung der Hofentwicklung in den brandenburgisch-preußischen Residenzen der Vergangenheit, erwiesen sich die Veränderungen in der Berliner und Potsdamer Residenz als nicht so spektakulär und einzigartig wie mitunter dargestellt.17 Die im ersten Regierungsjahr vorgenommenen Reduktionen im Hofpersonal fielen zudem ungleichgewichtig aus, richteten sich aber nach pragmatischen Erwägungen, die die Grundfunktionen des Hofes nach wie vor ermöglichten.18 Während die größten Einsparungen bei den Kämmerern, Kammerjunkern und Kammermusikanten vorgenommen wurden, hielten sich die Reduktionen in solchen Chargen wie den Leibund Hof-Medici, den Pagen und den Silberkammerbedienten in Grenzen. Am radikalsten fiel der Einschnitt bei den Hofmusikern aus – hier sank der Etat von 8.627 auf 834 Taler. Bei der Gruppe der Lakaien stiegen hingegen die Ausgaben von 1712/13 zu 1713/14 von 1.528 auf 2.527 Taler.19 Ohnehin hat Friedrich Wilhelm I. im Verlauf der nächsten Regierungsjahre die Ausgaben für den Hofstaat allmählich wieder anwachsen lassen, so dass die in der Literatur immer wieder anzutreffende Behauptung einer radikalen und dauerhaften Reduktion der Hofausgaben dem Quellenbefund nicht standhält.20 Zwar waren die Einsparungen zunächst erheblich, indem die Ausgaben für die Hofhaltung von 335.676 Talern im letzten Regierungsjahr des alten Königs auf 134.086 Taler im Haushalts46

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jahr 1713/14 absanken, jedoch stiegen sie im Verlauf der nächsten Jahre immerhin wieder bis auf jährlich 200.000 Taler an.21 Auch die Kürzungen von Gnadenpensionen wurden bald zurückgenommen. Wenngleich keine direkten persönlichen Verlautbarungen Friedrich Wilhelms I. zur partiellen Rücknahme dieser damit nicht ganz so radikal ausfallenden Veränderungen vorliegen, lassen sich die Motive zumindest indirekt erschließen: Zum einen hatte sich Preußen als Mitglied des europäischen »Mächtetheaters« an die Konventionen des zwischenstaatlichen Verkehrs zu halten. Hier konnte man sich nur bis zu einem gewissen Maße Reduktionen des zeremoniellen Aufwandes leisten, wollte man nicht eine abwertende Wahrnehmung und sukzessive abschätzige Behandlung riskieren.22 Und auch als Angehöriger der reichischen Fürstengesellschaft konnte und wollte Friedrich Wilhelm I. nicht auf diese Form des dynastischen Wettbewerbs verzichten.23 Letztlich war ihm sehr wohl bewusst, dass »Pracht und Aufwand als ausdrucksstarke Medien einer überwiegend bildhaften Verständigung zwischen den Höfen« galten.24 Obgleich Friedrich Wilhelm I. übermäßiges Zeremoniell ablehnte, reagierte er doch andererseits sensibel auf fehlenden Respekt und verminderte Ehrerweisungen, worauf in unseren Betrachtungen zur Außen- und Dynastiepolitik des Königs zurückzukommen sein wird. Nicht nur die Beibehaltung traditioneller Hofämter wie des GrandMaître de la Garde-Robe, des Obermarschalls oder des Oberschenken sind auf solche Erwägungen zurückzuführen. Auch die – nach einer kurzen Phase von Einsparungen wieder – auskömmliche Finanzierung des Hofstaates der Königin enthielt eine außen- bzw. dynastiepolitische Komponente. Schließlich erwartete man für Sophie Dorothea als geborene welfische Prinzessin und damit als Angehörige einer der ältesten und vornehmsten Hochadelsfamilien im Reich eine ihrer Herkunft gerecht werdende Ausstattung.25 Schon bei der Einflussnahme auf die Beisetzungsfeierlichkeiten für König Friedrich I. war erkennbar, dass sich der neue Monarch sehr wohl über die Ausstrahlung eines solchen Ereignisses auf die anderen Höfe bewusst war. An dem vom Zeremonienmeister Johann von Besser vorgelegten »Project zu dem bevorstehenden Königlichen Leichenbegängniß« hat er persönlich Veränderungen vorgenommen, die nicht nur eine gewisse Sensibilität für solche repräsentative Ereignisse andeuteten, sondern zugleich seine Prioritäten hervortre2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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ten ließen. So forderte er, dass zusätzlich zu dem von Besser geplanten Programm bei dem Leichenzug »12 Bataillons« hinzugezogen werden sollten, »die gewiß keine geringe Parade machen werden«. Ebenso ist auf seine Veranlassung hin der Weg des Leichenzuges verändert worden. Dieser sollte durch die Breite Straße gehen, denn da »kann ich recht meinem Herrn Vater Ehre anthun durch die Regimenter«.26 Zum anderen aber ist die Rückführung des Hofetats auf ein gewisses Normalmaß mit innen- bzw. ständepolitischen Erwägungen und Zwängen zu erklären. Die bekannten und am brandenburgisch-preußischen Hof schon lange gepflegten Mechanismen einer Klientelpolitik, die unter anderem das Ziel verfolgte, einen Teil der adligen Führungsgruppen enger an den Monarchen zu binden, behielten auch nach 1713 ihre Gültigkeit. Dass Friedrich Wilhelm I. nach der Thronbesteigung die höhere Amtsträgerschaft und die Generalität längere Zeit im Ungewissen über ein eventuelles personelles Revirement gehalten hatte, wirkte disziplinierend, und die jeweilige Höhe der von ihm vorgenommenen Gehaltsreduzierungen dürfte von den Betroffenen als Gradmesser ihres derzeitigen Ansehens beim neuen Monarchen wahrgenommen worden sein.27 Selbst am von seinem Umfang her reduzierten Hof des neuen Königs kam es zu Rangstreitigkeiten – ungeachtet des den höfischen Etiketten distanziert gegenüberstehenden Königs oder der oft geschilderten Atmosphäre des solche Statusunterschiede nivellierenden »Tabakskollegiums«.28 Mit Intrigen und Rangstreitigkeiten hatte auch der »roi sergeant« zu rechnen – eine offensichtlich für ihn so bedeutsame Erfahrung, dass er es für wert befand, seinen Nachfolger vor »flatteurs«, »schmeichelers« und »intrigen« zu warnen.29 Der König entschied zum Beispiel am 10. September 1727 einen Streit unter den bei Hofe präsenten höheren Amtsträgern dahingehend, dass der Oberjägermeister v. Hertefeld und der Kammerpräsident v. Schlieben, »die nicht den Charakter eines Ministers haben«, dennoch diesen »vorgehen« und das Prädikat »Excellenz« erhalten sollten.30 Ebenso beflügelten die mit den Reformen der obersten Verwaltungsbehörden einhergehenden Veränderungen die stets latent bestehenden Konflikte um Rang und Prestige unter den hohen Amtsträgern nach 1713.31

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Zur Rolle der Militärs in der Hofgesellschaft Die von Friedrich Wilhelm I. forcierte Prioritätensetzung auf das Militär zeitigte Rückwirkungen auf die Zusammensetzung der Hofgesellschaft. Die gewollte und offen zur Schau gestellte Förderung der adligen Offiziere sollte sich auch und gerade auf einer solchen exquisiten »Bühne« wie dem Hof widerspiegeln. Dazu gehörte neben der sichtlichen Hervorhebung militärischer Chargen in der modifizierten Hofrangordnung – der Generalfeldmarschall rückte jetzt an die erste Position32 – ebenso die Aufwertung der Uniform als bewusst angewandtes Stilmittel zur Selbstdarstellung des Herrschers, was kein Alleinstellungsmerkmal des preußischen Hofes bedeutete, aber dennoch bislang selten anzutreffen gewesen war.33 Der König nutzte also eine gewissermaßen althergebrachte Institution für den intendierten Traditionsbruch. Mit den obersten Hofämtern wurden häufig hohe Offiziere betraut – auch dieser Trend hatte bereits unter Friedrich I. eingesetzt, wenn man etwa an den Obristen Paul Anton von Kameke denkt, der 1705 zum Grand-Maître de la GardeRobe ernannt worden war. Die bislang ein Hofamt innehabenden Offiziere, wie zum Beispiel die beiden als Generalmajore und Oberhofmeister (des Kronprinzen) dienenden Albrecht Konrad von Finckenstein und Graf Alexander von Dohna, bekleideten zwar nach 1713 kein offizielles höfisches Amt mehr, konnten ihre Militärkarriere aber bis zu höchsten Ehren als Generalfeldmarschälle fortsetzen.34 In wachsender Zahl wurden Offiziere mit Kammerherrnchargen betraut35, obgleich diese nur »bei außerordentlichen Gelegenheiten« wahrgenommen werden mussten.36 Friedrich Wilhelm I. konnte auch hier an bewährte Muster anknüpfen, denn schon seit den Zeiten des Großen Kurfürsten war ein Vordringen der Offiziere in zivile Ämter zu beobachten gewesen.37 In gewisser Weise hatte er also mit der viel zitierten Veränderung der Hofrangordnung weitgehend nur jenen auf die Dominanz der hohen Militärs innerhalb der Hofgesellschaft ausgerichteten Zustand wiederhergestellt, der schon zur Zeit des Großen Kurfürsten bestanden hatte. Und im Übrigen handelte es sich dabei nicht um eine Besonderheit des preußischen Hofes. Die Bevorzugung von Militärs als Diplomaten erschien mit Blick auf die anderen europäischen Staaten als nicht ungewöhnlich.38 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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Zudem sollte man die stärker ins Auge fallende Berücksichtigung von Offizieren bei der Vergabe von Chargen innerhalb der politisch-höfischen Führungsgruppe nicht mit einem abrupten Wechsel in der Personalpolitik des neuen Monarchen gleichsetzen. Vielmehr bekleidete schon unter Friedrich III./I. etwa ein Drittel der Inhaber von führenden Ämtern am Hof und in der Zentralverwaltung einen höheren Offiziers- oder Generalsrang.39 Und schon damals wurde ihnen ein herausgehobener Platz innerhalb der Hofrangordnung zuerkannt.40 Wohl aber wurden Offiziere jetzt regelmäßiger in das Hofleben integriert bzw. erhielten auch gezielt Aufgaben bei »solennen« Gelegenheiten wie Monarchenbegegnungen oder herausgehobenen Familienfesten. »Wann fremde hohe Herrschafften am Königl. Preußischen Hofe einsprechen, werden nicht nur Cammer-Herren, sondern auch vornehme Officiers, Obristen, Obrist-Lieutenants, Majors und Capitains ernannt, bey ihnen die Aufwartung zu haben«, bemerkte ein zeitgenössischer Beobachter treffend.41 Nicht nur bei solchen hochrangigen Besuchen wie des polnischen Königs und sächsischen Kurfürsten 1728 gehörten militärische Schauveranstaltungen zum Begleitprogramm in der preußischen Residenz, sogar bei weniger solennen Anlässen bediente man sich dieses Elements. Anlässlich des Besuches des ansbachischen Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich 1729 wohnte der Gast einer Musterung von drei Bataillonen unweit Potsdams bei, bei der es sich der König nicht nehmen ließ, als Obrist bei diesem Exerzieren an vorderster Stelle aktiv mitzuwirken.42 Dies korrespondiert mit einer generellen Einbindung des Militärischen in die Selbstdarstellung des preußischen Hofes und der Dynastie. Die Ursachen für jene seit den Zeiten des Großen Kurfürsten zu beobachtende Entwicklung sind vielschichtig und lassen sich nicht auf ein Hauptmotiv reduzieren. »Geopolitische Sachzwänge« und »zeitgeschichtliche Erfahrungen« des damaligen Kurprinzen und Kurfürsten Friedrich Wilhelm während des Dreißigjährigen Krieges sind hier anzuführen. Aber auch die einer ostentativen höfischen Repräsentationskultur im Wege stehende knappe Ressourcenlage, die sich durch kostensparende Betonung des Militärischen kompensieren ließ. Mit der Orientierung an der oranischen Dynastie, deren Stellung ebenfalls »weitgehend auf ihrer militärischen Leistung« beruhte, hatte man ein Vorbild für die künftige Ausgestaltung der eigenen Hofkultur.43 50

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Somit stellte diese an der brandenburgisch-preußischen Residenz fest-zustellende Ausrichtung auf militärische Elemente eine Eigentümlichkeit dar und wurde von auswärtigen Beobachtern als solche wahrgenommen – ein Alleinstellungsmerkmal bildete sie aber nicht. Auch in anderen europäischen Monarchien und deutschen Fürstentümern konnte man eine Militäraffinität bei der Ausgestaltung des Hoflebens bzw. der Stilisierung der herrschenden Dynastie ausmachen, natürlich mit unterschiedlich nuancierter Intensität. Der schwedische »roi connetable« Karl XII. gilt hier fraglos als Vorbild innerhalb der europäischen Hochadelsgesellschaft, wozu nicht zuletzt die Lebensbeschreibung Voltaires beigetragen hat.44

Die Hof- und Residenzgesellschaft zwischen Traditionsbruch und Kontinuität Schaut man sich die Struktur der Hofgesellschaft nach 1713 etwas näher an, fällt trotz der Reduzierung einiger Chargen durchaus eine Kontinuität in der personellen Zusammensetzung auf. Darunter fallen auch jene Angehörigen der politisch-höfischen Führungsgruppe, die wie insbesondere Friedrich Wilhelm von Grumbkow45 und Fürst Leopold von AnhaltDessau46 schon vor dem Herrscherwechsel in der kronprinzlichen »Partei« über einen beträchtlichen Einfluss verfügt hatten. Mit dem König verband v. Grumbkow die gemeinsame Teilnahme an der Schlacht von Malplaquet von 1709 – ein Erlebnis, das für das weitere Leben Friedrich Wilhelms bekanntlich eine kaum zu überschätzende Bedeutung besaß. Grumbkow stand in dem Ruf, ebenso rücksichtslos wie bösartig zu sein – ein Urteil, das sich freilich vor allem durch die Memoiren Wilhelmines von Bayreuth verfestigt haben dürfte. Er galt aber auch als derjenige, »der den nötigen Mut und die Nerven besaß, dem König entgegenzutreten«.47 Ein wichtiger Vorteil v. Grumbkows bestand darin, dass er den König vergleichsweise häufig sehen konnte, schließlich war er nicht nur Vizepräsident des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums, sondern zugleich Chef eines vom König hoch angesehenen Regiments und stieg die militärische Karriereleiter letztlich bis zum Rang eines Generalfeldmarschalls hinauf. Nicht unüblich für einen so hohen 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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und einflussreichen Amtsträger wie ihn erschien die Anhäufung weiterer Titel, so das Amt eines kurmärkischen Erbjägermeisters und eines Domprobstes im Domkapitel Brandenburg. Damit genoss er zugleich eine entsprechende Reputation innerhalb der Adelsgesellschaft der märkischen Zentralprovinz. Und dank zahlreicher informeller Kontakte, die er während der regelmäßig stattfindenden Jagden, Assembleen und der häufigen Teilnahme an den Zusammenkünften des Tabakskollegiums pflegen konnte, verfügte v. Grumbkow über viele Möglichkeiten, den König zu sprechen. Die geradezu wortwörtlich zu verstehende »Nähe« zum König spiegelte sich auch darin wider, dass nicht selten er es war, der anderen Personen den Zugang zum Monarchen ermöglichte bzw. dessen Meinung zum Anliegen eines Bittstellers beeinflussen konnte. »Es hat der General v. Ranck um audience bey Mir angehalten«, ließ Friedrich Wilhelm zum Beispiel am 22. März 1729 an v. Grumbkow ausrichten. »Ihr sollet aber vorher mit Ihm sprechen, was er haben wollte.«48 Da es unbestritten war, dass Grumbkow von allen Mitgliedern der politischhöfischen Führungsgruppe das größte Vertrauen des Königs besaß, schien aus der Sicht der britischen Diplomaten im »Krisenjahr« 1730 die Einbeziehung Grumbkows der einzig erfolgversprechende Weg zu sein, um aus der Sackgasse des mittlerweile festgefahrenen Projektes der englisch-preußischen Doppelhochzeit wieder herauszukommen. Er hätte »den meisten credit beym Könige, kennete den Herrn und wüste mit seinem Wort mehr anzurichten als andere mit viel Kunst und argumenten«.49 Unangreifbar war seine Stellung im unmittelbaren Umfeld des Königs allerdings nicht. Ihm sei durchaus bewusst, so berichtete im Dezember 1736 der kaiserliche Gesandte über eine Äußerung Friedrich Wilhelms I., dass v. Grumbkow »sich gewöhnlich in allen sachen Verdächtiger Intrigues zu bedienen pflegte«.50 Auf einer etwas anderen Grundlage beruhte das Verhältnis Friedrich Wilhelms I. zum Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau. Bei ihm handelte es sich um einen Reichsfürsten, was letztlich auch die Beziehung der beiden Männer beeinflussen sollte, die trotz einer Attitüde als »Männerfreundschaft« gleichwohl nicht von Belastungen frei blieb. Friedrich Wilhelm hat den zwölf Jahre älteren Fürsten lange Zeit als Mentor und – nicht nur in militärischen Fragen – als Vorbild angesehen. Schließlich galten die von ihm in seinem Fürstentum durchgeführten Reformen dem Kron52

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prinzen bzw. jungen König als nachahmenswert.51 Dennoch kam der Fürst im Umfeld des Thronwechsels nicht in die von ihm erhoffte Sonderstellung an der Seite des neuen Monarchen. Die Behandlung, die er dem nach Berlin eilenden Leopold angedeihen ließ, gab den auswärtigen Gesandten Anlass zur Vermutung, dass dem Fürsten Leopold »eben keine sonderliche Autorität werde in die Hände gegeben werden«.52 Aus dem edierten Briefwechsel erhellt zwar ein vertraulicher Umgang der beiden Männer, der auf ähnlichen Interessen und Lebensstilen beruhte, jedoch wird man den Einfluss des Anhaltiners auf den König nicht überbewerten dürfen.53 Im Unterschied zu v. Grumbkow weilte er eine geringere Zeit in der Residenz, schließlich hatte er auch landesherrliche Aufgaben in seinem Fürstentum wahrzunehmen, und sein Regiment stand in Halle (Saale) in Garnison. Wenn wir unseren Blick von diesen beiden prominentesten Repräsentanten des engeren Umfeldes des Königs auf die Hof- und Residenzgesellschaft in ihrer Gesamtheit erweitern, hat es die angenommenen Brüche im Zusammenhang mit dem unterstellten antihöfischen Politikstil nicht, zumindest nicht in der häufig angenommenen Weise gegeben. Alle Inhaber der sechs höchsten höfischen Ämter blieben nach 1713 im Amt: Paul Anton von Kameke blieb Erster Kammerherr. Der zugleich als Konsistorialpräsident, Schlosshauptmann und Lehndirektor amtierende Marquard Ludwig von Printzen übte bis zu seinem Tode 1725 weiterhin die Charge als Oberhofmarschall aus. Auch in den Ämtern des Oberstallmeisters (Friedrich Gottwart Freiherr von Syberg), des Oberschenken (Karl Christoph Graf Schlippenbach) und des Oberjägermeisters (Samuel Freiherr von Hertefeld) gab es keinen Wechsel. Ebenso blieben die Präsidenten des Konsistoriums (Marquard Ludwig von Printzen) und des Berliner Kammergerichts (Johann Sigismund von Sturm) über den Thronwechsel von 1713 hinaus im Amt wie der Generalkriegskommissar Johann Moritz von Blaspiel sowie die Inhaber der führenden höfischen Chargen.54 Was sich indes partiell änderte, war die konkrete Ausfüllung der Ämter im Alltag. Hier lassen sich vornehmlich jene Anhaltspunkte finden, die die jüngere Forschung von einer gewissen »Entpolitisierung des preußischen Hofes« haben sprechen lassen.55 Damit wird insbesondere auf die Entleerung vieler höfischer Ämter zu sogenannten Sinekuren abge2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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hoben, die – wie bereits erwähnt – zunehmend durch Offiziere besetzt wurden. Vor allem wird diese »Entpolitisierung« aber mit dem Rückzug des Königs aus dem höfischen Leben der eigentlichen Hauptstadt in die bisherige Nebenresidenz Potsdam begründet. Die im Zuge der »Kabinettsregierung« voranschreitende Aufteilung zwischen der eigentlichen Machtzentrale, dem gewöhnlich in Potsdam in den Räumen des Königs und in seinem Beisein ohne ministerielle Beeinflussung arbeitenden »Kabinett«, einerseits und dem in Berlin bleibenden und zumeist ohne Anwesenheit des Monarchen agierenden »Hof- und Residenzzentrum« andererseits förderte diesen Prozess entscheidend.56 Die unter seinem Vorgänger intensive, fast tägliche Verbindung zwischen dem Herrscher und den führenden Amtsträgern in der Zentralverwaltung wich einem anderen, unpersönlicher strukturierten Prozedere. Gleichwohl dürfen trotz dieser nachvollziehbar erscheinenden Bewertungen nicht solche Beobachtungen außer Acht gelassen werden, die auf traditionelle Elemente sowohl im Binnenverhältnis innerhalb der politisch-höfischen Elite als auch zwischen der Hof- und der Adelsgesellschaft insgesamt verweisen. Legt man den Fokus bei der Betrachtung des preußischen Hofes nicht nur auf seine »Funktion hinsichtlich politischer Entscheidungsfindung und monarchischer Repräsentation«, sondern auch auf den Aspekt seiner »kommunikativen Struktur« und auf seine gerade für den Adel so existenziell wichtige Bedeutung als »Ort gesamtgesellschaftlicher Rangmanifestation«, wird man seiner tatsächlichen Funktion und seiner zeitgenössischen Wahrnehmung eher gerecht.57 Denn gerade für die Ritterschaft der Provinzen des Gesamtstaates bildete der Hof – selbstverständlich in unterschiedlicher Intensität – einen Ort der Statussicherung, wo Patronage- und Klientelverbindungen etabliert wurden sowie »Ämter, Privilegien und ökonomische Chancen aller Art verteilt und erworben [und] Geldgeschäfte getätigt« werden konnten.58

Asketisches Hofleben? Natürlich bekam der höfische Alltag die nach 1713 eingeleiteten Sparmaßnahmen zu spüren, allerdings dürfen ihre Wirkungen nicht überzeichnet werden. Ähnlich wie bei der personellen Zusammensetzung 54

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waren die Einschnitte innerhalb der Hofökonomie weniger gravierend als angenommen. Es handelt sich schlichtweg um ein Klischee, wonach nunmehr »sofort aller Glanz an dem königlichen Hofe« verschwunden »und statt des sonst geräuschvollen Treibens auf dem Berliner Schlosse … tiefe Stille« eingetreten sei, »die nur durch die harten Tritte der Soldaten unterbrochen wurde«.59 Hier haben die bekannten Passagen aus den Memoiren Wilhelmines, so etwa über die angeblich recht kärglichen Mahlzeiten am Hof ihres Vaters, ein sehr einseitiges Bild vermittelt. Einige der Fourierzettel sind aber überliefert und belegen, dass die Tafel der königlichen Familie trotz der Verringerung des Küchenpersonals in der Regel doch gut gefüllt und das Essen auskömmlich war.60 Freilich sind die Abstufungen im Vergleich zur Tafel Friedrichs I. mit ihren Delikatessen unübersehbar – aber die Behauptung Wilhelmines, dass man habe hungern müssen, wird wohl eher der Nachwirkung des erlittenen Ungemachs der ältesten Königstochter auf anderen Feldern zuzuschreiben sein. »Guhte Menage!« wurde vielmehr zum Leitmotiv seiner Bemühungen auch auf diesem Terrain.61 Deshalb stellt die Charakterisierung Friedrich Wilhelms I. als asketischer Genussfeind, der sich allenfalls für exzessive Trinkgelage begeistern konnte, eine Legende dar. Zeitgenössische Berichte schildern den Gefallen des Königs an ausgesuchten Tafelfreuden; darin begegnet er uns auch zuweilen als ein zuvorkommender und kommunikativer Gastgeber.62 Zwar überwog deftige Hausmannskost in Gestalt von Rind- oder Schweinefleisch und Grünkohl mit Schinken, dennoch gehörten auch Austern, Froschschenkel, Ragouts, Wildbret und Pasteten zu den kredenzten Speisen.63 Friedrich Wilhelm könnte man ein fast schon animalisches Verhalten zu Essen und Trinken attestieren. Und dies schloss nicht nur den Verzehr fett- und kalorienreicher Nahrung und den überreichen Genuss alkoholischer Getränke ein. Wohl seit seinen Besuchen in den Niederlanden wusste er zum Beispiel den Käse aus den Generalstaaten sehr zu schätzen. Immer wieder finden sich in den Quellen eigenhändige Anweisungen, ihm Lieferungen etwa des Edamer Käses zukommen zu lassen, verbunden mit dem Wunsch, dass »derselbe auswendig gelb und inwendig weiß seyn« müsse.64 Als dieser dann vier Wochen später in Potsdam eingetroffen war, beklagte sich Friedrich Wilhelm über die mangelnde Qualität: er sei »zu jung und weich«, und verband damit den wohl noch aus seiner Erinnerung gespeisten Hinweis 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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an den Lieferanten: »Ihr müßet dieselben von Utrecht kommen lassen, woselbst sie am besten anzutreffen; wo die Scheuten nach Amsterdam anlegen, da ist eine boutique neben der anderen von solchen Käsen.«65 Und die auf seine Veranlassung 1725 bei Potsdam angelegte Meierei ging wohl auf sein Interesse zurück, bei seinen Aufenthalten in der Stadt »immer gute Milch zu haben«.66 Auch wenn der König Bier als sein »ordinäres Getränk« bezeichnete67, bevorzugte er Rhein- und Moselweine »von angenehmer Göre und Mildigkeit«.68 Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass sich eine besondere »Nähe« und damit die Gunst zum König durch freigiebiges Verhalten befördern ließ. So wurde darüber berichtet, dass der Minister v. Grumbkow im Februar 1728 einen »ganzen Wagen voll Tockayer Wein dahier« eingebracht hatte und auf der Abendtafel in seinem Hause präsentiert habe. Daraufhin »soll der König bis in die späte Nacht sich sehr frölig und gnädig bezeiget haben«.69 Man wusste an anderen Höfen von diesen bacchantischen Vorlieben und wählte deshalb einen auserlesenen Tropfen gern als diplomatisches Geschenk. Doch der exklusive Weingeschmack Friedrich Wilhelms I. konnte selbst bei guter Bezahlung der Zulieferer zuweilen Beschaffungsprobleme bereiten.70 Entgegen manchen Urteilen fanden natürlich auch nach dem Herrscherwechsel von 1713 aufwendige Hoffestlichkeiten statt. Vor allem im Rahmen von Fürstentreffen und den nicht wenigen familiären Feierlichkeiten (besonders bei Verlobungen und Hochzeiten) gab es dazu immer wieder Gelegenheiten. Dabei scheute man durchaus nicht kostspielige Investitionen. So wurde anlässlich des Besuches Augusts des Starken im Jahre 1728 der zu Lebzeiten des ersten preußischen Königs in der Ausführung unvollendet gebliebene Weiße Saal im Berliner Stadtschloss fertiggestellt und von den Zeitgenossen gerühmt.71 Zwar hat Friedrich Wilhelm I. mehrfach seiner Aversion gegen »operas, Komedien, Redutten, Ballets, Masqueraden« Ausdruck verliehen, dennoch wäre es eine grobe Überzeichnung der Realität, wollte man ihm die Neigung zu Lustbarkeiten völlig absprechen.72 Dieser König bewegte sich bei solchen Anlässen durchaus im Rahmen des üblichen Zeremoniells, auch wenn mitunter seine etwas derbe Art zu einer gewissen unfreiwilligen Komik führen konnte. So war er zum Beispiel Markgraf Karl Wilhelm Friedrich zu Brandenburg-Ansbach, dem Bräutigam seiner 56

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Tochter Friederike Luise, anlässlich seines 1729 absolvierten Besuches in Potsdam bis eine Meile vor der Residenz entgegengeeilt und ist dann nach dessen Begrüßung laut einem zeitgenössischen Bericht »bei der Karosse hergeritten«. Anschließend machte er den hohen Gast im Potsdamer Stadtschloss mit der Königin und seiner Braut Friederike Luise bekannt; dabei nahm der König »ihre bede Häupter und druckte sie durch eine darauf erfolgende tendre Embrassade zusammen, daß bede hohe Verlobte mehr roth als blaß wurden«.73 Dieses auf den ersten Blick derbe, aber auch von einer starken emotionalen Anwandlung zeugende Verhalten des Königs setzte sich während der Hochzeitsfeier der beiden fort. Bei diesem Anlass habe Friedrich Wilhelm seine Tochter nach dem Bericht eines Gesandten »mitten im Tantz in die Höhe gehoben, an seine Brust gedrückt und gesagt: Du bist und bleibest doch allezeit meine liebste Tochter.«74 Die bei dieser Begebenheit aufscheinende, fast schon exzessiv zu nennende Begeisterung des Königs für den Tanz ist jedoch nicht nur mit der Gemütsaufwallung vor dem Hintergrund der Hochzeitsfeier seiner geliebten Tochter zu erklären. Seiner Mutter, der Königin Sophie Charlotte, war es bekanntlich ein besonderes Anliegen gewesen, ihn zu einem galanten Tänzer zu formen, auch wenn ihm selbst diese Auftritte nach eigenem Bekunden ein Gräuel waren.75 Des ungeachtet hat er es hier tatsächlich zu einer gewissen Meisterschaft gebracht. Für die Zeit nach seinem Regierungsantritt sind – neben der Hochzeit der Prinzessin Friederike Luise – mehrere Quellenbelege überliefert, dass sich der König bei »solennen« Anlässen als Tänzer betätigte.76 Dass er sich dabei nicht nur ungeliebten Konventionen unterordnete, sondern offenbar Gefallen an einem solchen »Divertissement« fand, offenbart sein freimütiges Bekenntnis gegenüber dem Grafen Seckendorff anlässlich seines Besuches in der kursächsischen Residenz 1728: »… ich bin in Dressen und springe und tantze, ich bin mehr fatiguiret, als wenn ich alle Tage zwei Hirche toht hetze.«77 Und Friedrich Wilhelm I. hat trotz des Widerwillens, den er gegen gewisse frivole Nuancen während seines Dresden-Besuches am Hofe Augusts des Starken empfand, durchaus Aufgeschlossenheit für Neues bewiesen, wie er dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau kurz vor Beginn seiner Reise in die kursächsische Residenz freimütig bekannte: »Ich freue mir in ein ander weldt zu komen weill ich kurieux bin.«78 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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Als »kurieux« haben die zeitgenössischen Chronisten, aber auch auswärtige Beobachter die Gewohnheit wahrgenommen, dass am Hofe Friedrich Wilhelms I. in Abwesenheit von Damen, also nur unter Männern getanzt wurde. Mochten solcherlei »Vergnügungen« im rustikalen Ambiente des Jagdschlosses Königs Wusterhausen noch halbwegs erklärlich sein79, rief diese Praxis im Potsdamer Stadtschloss mehr Verwunderung hervor. Der sich zu jener Zeit in der preußischen Residenz aufhaltende Jakob Friedrich Freiherr von Bielfeld artikulierte seine Verwunderung über den Verlauf eines im Oktober 1739 ausgerichteten Festmahls im Potsdamer Stadtschloss wie folgt: »Ich wandte meine Augen zu allen Seiten, um zu sehen, wo die Dames herkommen würden: allein ich war erstaunt, als einer von diesen Nachkömmlingen des Enacks, mit einem schwarzbraunen und röthlichen Gesichte, mir die Hand bot, mit ihm den Ball zu eröffnen. … Aber man ließ mir nicht viel Zeit zu Ueberlegungen; ich mußte tanzen, der Herr von O*** tanzte auch, der Regiments-Staab tanzte, und alle Officiers tanzten.«80 Diese offenbar des Öfteren zu beobachtende Gewohnheit wird man indes als weitere Facette des Lebens in einer männerdominierten Subgesellschaft im vorrangig militärischen Milieu anzusehen haben, wie sie uns noch in Gestalt des Tabakskollegiums und der Jagdgesellschaften begegnen werden. Ebenso darf bei der Nachzeichnung des höfischen Lebens in den preußischen Residenzen nicht außer Acht bleiben, dass Königin Sophie Dorothea ihren eigenen Hofstaat im Schloss Monbijou unterhielt und dort – in einem wesentlich enger gefassten Rahmen als etwa bei der ersten preußischen Königin Sophie Charlotte – andere Schwerpunkte setzen konnte.81 Man hat dabei zu bedenken, dass der König, vor allem nach dem Ende der Revuen im Mai, mehrere Wochen nicht in Berlin bzw. Potsdam weilte, sondern zu den Reisen aufbrach, um Garnisonen und Behörden zu inspizieren. Während dieser sogenannten »toten Jahreszeit« in Berlin stand die Königin nicht unter solcher Kontrolle wie vordem.82 Dies konnte auch politische Aktivitäten einschließen, ohne dass man so weit gehen sollte, hier das Agieren eines »Gegenhofes« walten zu sehen. Dazu fehlten schlicht die Ressourcen, zudem standen dem König genügend Möglichkeiten zur Verfügung, das Treiben seiner Gemahlin und ihres Anhanges zu kontrollieren. Ihr Spielraum engte sich angesichts des notorischen Argwohns ihres Gemahls seit jener kritischen Zeit um 1730, 58

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als sie sich aktiv an der Vorbereitung der letztlich gescheiterten englischpreußischen Doppelhochzeit beteiligt hatte, noch weiter ein.83 Bei Besuchen von Fürsten wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen, um keinesfalls den Eindruck zu erwecken, auf diesem Terrain nicht mithalten zu können. Anlässlich des Besuches des britischen Königspaares 1730 wurden die über den üblichen Höchstsatz veranschlagten Mittel für die Küchengelder damit begründet, dass die Schüsseln »gut und stark angerichtet« gewesen seien.84 Gerade weil solche Meinungen über ein vermeintlich karges Ambiente des Berliner Hoflebens verbreitet waren, galt es, den Vorhaltungen nicht noch Vorschub zu leisten. Anlässlich des Besuches des Herzogs Franz Stephan von Lothringen im Jahre 1732 beschied der König die Anfrage seiner Hofbedienten, ob nur so viele Personen eingeladen werden sollten, wie an vier Tafeln Platz hätten, mit den Worten: »so viele als ihr bekommen könnt, wenn es auch 10 000 werden.«85 Die Zweifel des Hofpersonals, die hochrangigen Gäste angemessen bewirten zu können, waren nicht ganz unbegründet, wenn man zum Beispiel die Äußerung des Kronprinzen Friedrich berücksichtigt: Dieser zeigte sich angesichts des bevorstehenden Besuches hinsichtlich dessen sehr besorgt, »was … der gute Herzog und sein Gefolge sagen, wenn sie unsern schäbigen Hof sehen werden«.86 Friedrich ging hier offenbar von der in seinen Augen minderwertigen »Standard«-Ausstattung des preußischen Hofes aus und unterschätzte die Fähigkeit zur Improvisation, um anlassgebunden eine höherwertige Hofkultur vorzuführen. In diesem Sinne wird man das anerkennende Urteil eines Gesandten nach der 1716 in Berlin begangenen Hochzeitsfeier der Markgräfin Henriette Marie von Brandenburg-Schwedt mit dem Erbprinzen Friedrich Ludwig von Württemberg zu interpretieren haben, der offenherzig eingestand, dass das Fest »ebenso prächtig begangen worden [sei], wie es bei anderen Höfen Brauchs wäre, er hätte nichts zu tadeln gefunden und nirgends etwas von der sonstigen Kargheit des Königs bemerkt«.87 Das dahinterstehende Motiv schien auch anlässlich des 1731 in Berlin stattfindenden Fürstentreffens durch, zu dem Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, Herzog Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Bevern samt Gemahlin und Erbprinz Karl erwartet wurden. Um diese von preußischer Seite arrangierte Fürstenbegegnung aufzuwerten, bat Friedrich Wilhelm I. den Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau: »sein sie so guht 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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und Pringen von Ihren Printzen ein Par mit.«88 Eine größere Zahl von Angehörigen reichsfürstlicher Familien musste zwangsläufig den Glanz dieses Treffens unter den Adressaten des reichischen Hochadels erhöhen. Zugleich belegt jene Bitte, dass dem König solche Nuancen kaum gleichgültig waren. Allerdings wurde auch dafür Sorge getragen, dass die Ausgaben nicht in das Uferlose stiegen. Salopp gesprochen handelte man also nach dem Prinzip »Mehr sein als scheinen«. Der König zeigte sich durchaus angetan, wenn er vorab darüber unterrichtet wurde, dass die Besucher woanders zu speisen geruhten und deshalb eine Tafel bei ihm nicht vorgesehen sei. In solchen Fällen versah er diese Information, seine Freude nicht verhehlend, mit einem eigenhändigen »Guht. W.« am Rand.89 Ebenso sind jene Vorstellungen einseitig, die eine drastische Veränderung der materiellen Hofkultur sehen wollen. Dass nun karge Nüchternheit in Gestalt von Holzschemeln oder weiß getünchten Wänden Einzug in die Schlösser gehalten hätte, erweist sich schnell als eine Legende.90 Hier sind mitunter Verallgemeinerungen vorgenommen worden, so etwa dahingehend, dass die freilich spartanischer ausfallende Ausstattung der Jagdschlösser des Königs als genereller Standard für seine Wohnkultur angesehen wurde. Der allfällige Verweis auf Fontane hat dabei natürlich nicht fehlen dürfen, nach dessen Beobachtung etwa die Nachnutzer des Schlosses Kossenblatt die Räume dort »groß, öde und weiß« vorgefunden hätten.91

Der König als Silbersammler und Bauherr Im besonderen Maße aber hat der zweite preußische König durch die Bewahrung und Erweiterung des Silberschatzes versucht, nicht nur das Niveau der materiellen Hofkultur in der preußischen Residenz zu heben, sondern in gewissem Sinne gar ein Alleinstellungsmerkmal zu kreieren. Schon im Zusammenhang mit der Beisetzungszeremonie seines Vaters hat er in seiner Bemerkung zu dem Plan des Zeremonienmeisters v. Besser gefordert: »Alles mein Silber, das ich in der Welt habe, muß da auch logiret werden. Meine Oncels muß man ersuchen alles Ihrige zu leihen, so auch die Ministers. Es muß ebloniren von Lichten und Silber, alles 60

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was in der Stadt ist.«92 Und die Silbervorräte wurden eben nicht, wie mitunter in der älteren Literatur glauben gemacht wurde, von Friedrich Wilhelm I. aus pekuniären Motiven zur Gewinnung von Münzen eingeschmolzen93, gleichwohl es entsprechende Befürchtungen im unmittelbaren zeitlichen Umfeld des Thronwechsels gegeben hatte.94 Eine solche Vermünzung hat zu einem großen Teil erst Friedrich II. im Zusammenhang mit der finanziellen Krise am Ende des Zweiten Schlesischen Krieges 1745 veranlasst.95 Während der gesamten Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. wurde vielmehr eine Vielzahl an Aufträgen sowohl bei Augsburger Gold- und Silbermanufakturen als auch bei Berliner und Potsdamer Goldschmieden erteilt; der Schwerpunkt lag jedoch auf den Jahren nach 1728.96 Mit gutem Grund, denn es war der Besuch in Dresden im selben Jahr, der ihn in seiner schon zuvor bestehenden Sammelleidenschaft bestärkt hatte. Ein wichtiger Anhaltspunkt dafür findet sich in den Memoiren Prinzessin Wilhelmines: »Mein Vater, der König, hatte all dies Silberzeug nach seiner ersten Dresdener Reise beschaffen lassen. Er sah in dieser Stadt den Hausschatz des Königs von Polen; er wollte ihn überbieten, und da er nicht so viele und seltene Edelsteine sammeln konnte, verfiel er auf den Gedanken, einen ebensolchen Aufwand mit Silberzeug zu treiben, um etwas zu haben, was kein Monarch in Europa noch gesehen hatte.«97 Diese Erklärung findet ihre Bestätigung im Übrigen auch aus der Feder des Königs selbst: Am 13. Februar 1728 berichtete er dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, noch ganz unter dem Eindruck seines Besuches am Dresdener Hof stehend: Das, was er dort an Pracht und Ausstattung der Schlösser zu sehen bekommen habe, sei »extra Magnificke«, jedoch »Silber glaube das ich mehr habe«.98 Vor diesem Hintergrund bedarf die von Paul Seidel getroffene Einschätzung, dass die von Friedrich Wilhelm I. bei Augsburger und Berliner Goldschmieden in Auftrag gegebenen Arbeiten »wohl nur den Zweck einer soliden Kapitalanlage« gehabt hätten, der Korrektur.99 Mit sehr detaillierten Anweisungen hat sich der Monarch in der Folgezeit immer wieder persönlich in die Auftragsvergabe eingeschaltet. Am 31. Oktober 1732 bestätigte er zum Beispiel den Erhalt von sechs silbernen Wandleuchtern und drängte auf die Lieferung weiterer 18.100 Und am 28. Februar 1733 wurde von ihm die Bezahlung an den Augsburger Goldschmied Gulmann in Höhe von 20.340 Talern für einen Silbertisch und 2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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zwei große silberne Wandleuchter angewiesen.101 Laut den Hauptbüchern des Bankhauses von Splitgerber & Daum, über das diese Aufträge vermittelt wurden, sind allein in den Jahren 1730–1733 aus dem königlichen Tresor 650.719 Taler an die Firma Gulmann gezahlt worden.102 Ein wahres »Highlight« unter dem Silberschatz Friedrich Wilhelms I. bildete der silberne Chor im Rittersaal des Berliner Schlosses, zu dem der Auftrag im Januar 1738 an den Hofgoldschmied Lieberkühn erteilt worden war. Und in der Tat dürfte die Ausstattung der Schlossgemächer und Festsäle so manchen Gast nicht unbeeindruckt gelassen haben. Schließlich befanden sich in den Gemächern, »um die Wirkung dieser Objekte im Schein der Kerzen zu steigern, eine Reihe von Silberspiegeln sowie eine nicht zu übersehende Zahl von Gueridons, Girandolen und Blakern, die ebenfalls aus diesem Material hergestellt worden waren«.103 Alles in allem, so lässt sich also resümieren, hat ungeachtet der vom neuen Monarchen vorgenommenen und bewusst öffentlichkeitswirksam inszenierten Veränderungen, wie der Reduktion des Hofstaates oder der vorübergehenden Einstellung der Bauarbeiten am Berliner Stadtschloss, auch weiterhin ein Hofleben stattgefunden, das sich zudem im Verlauf der folgenden Regierungsjahre – gemessen an den Verhältnissen zur Zeit des ersten Königs – wieder »normalisierte«, so dass sich die Funktion des preußischen Hofes nach 1713 allenfalls »auf fallweisen Prunk« ausgerichtet hatte.104 Zu diesem einer königlichen Residenz entsprechenden »fallweisen Prunk« wird man auch die an die Angehörigen der politisch-höfischen Elite gerichteten Anforderungen Friedrich Wilhelms I. rechnen dürfen, die auf eine Hebung des baulichen Niveaus der Berliner Residenz zielten. Er verlangte von den Ministern, die ja im Gegensatz zu den sich in Potsdam aufhaltenden Kabinettsräten dauerhaft in Berlin blieben, dass sie – zumeist auf eigene Kosten – stattliche Häuser bauten, von denen einige durchaus als Palais bezeichnet werden können. Offenbar unter dem Druck des bevorstehenden Besuches des polnischen Königs August II. drängte er den Oberstleutnant v. Derschau im April 1728, endlich den Bau des sogenannten »Niebeckischen Hauses« zu vollenden, »oder ich werde mich an euch halten und es fertig bauen lassen und euch das Geldt abziehen«.105 62

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In besonderer Weise ragten in der Friedrichstadt das Palais Friedrich Wilhelm von Grumbkows in der Königstraße sowie der Wohnsitz des Geheimen Rates v. Creutz in der Klosterstraße heraus106, vor allem aber galten die von dem damals berühmtesten Berliner Baumeister Philipp Gerlach erbauten Häuser des Kabinettsrates und Ministers Samuel von Marschall »mit einem der schönsten Gärten Berlins mit Pavillons und Hecken«, des Vizepräsidenten Hans Christoph von Görne oder des Ministers Wilhelm Heinrich von Thulemeier als besondere architektonische Leistungen. Ebenso hatten sich Angehörige des hohen Offizierskorps im Stadtzentrum niedergelassen, wie etwa der Generalmajor v. Montargues in der Burgstraße oder der Oberst v. Sydow in der Münzstraße.107 In den Palais fanden nicht nur aufwendige Assembleen statt, vielmehr kamen die Minister und Räte in ihren Privatwohnungen auch ihren dienstlichen Obliegenheiten nach und versammelten sich in der Regel nur zu den gemeinsamen Beratungen im Stadtschloss. Legendär erscheinen in diesem Zusammenhang Friedrich Wilhelms insbesondere in den späteren Regierungsjahren zu beobachtenden Bemühungen, die eigenen Kosten für die Bewirtung möglichst gering zu halten und sich selbst bei den Angehörigen der Hof- und Residenzgesellschaft zu den Assembleen in ihre Palais einzuladen.108 Das bot den Vorteil, jene asketische Lebensweise, mit der man selbst so öffentlich kokettierte, nicht infrage stellen zu müssen. Der König konnte sich also als Mahner vor allzu üppigen Tafelfreuden inszenieren, auch wenn er diese selbst bei anderen genoss.109

Das Tabakskollegium Eine gewiss besondere, aber zum Teil verklärte Form der kommunikativen Beziehungen der Hof- und Residenzgesellschaft stellte das berühmt gewordene Tabakskollegium dar. Eine ganze Reihe von Legenden verbindet sich mit dieser abendlichen Gesellschaft, die zumeist im Berliner und Potsdamer Stadtschloss, mitunter in den Jagdschlössern des Königs, dann aber in etwas kleinerer Runde, stattfand.110 Sie galt nach lange vorherrschender Auffassung als passendes Refugium für die scheinbar antihöfische Ausrichtung des neuen Monarchen, wo sich dessen absonderliche Neigungen hätten vollumfänglich ausbilden können. Der ge2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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schwätzige Pöllnitz, dessen Berichte von vielen späteren unkritisch vorgehenden Schreibern einfach übernommen worden sind, war hieran nicht ganz unschuldig. Demnach hätten sich die fast allabendlich stattfindenden Zusammenkünfte der – modern formuliert – bildungsfernen Teilnehmer, die derbe Späße auf Kosten ahnungsloser Gäste trieben, auf ausschweifende Sauforgien beschränkt.111 Es soll nicht bestritten werden, dass es auch solche Exzesse gab.112 Selbstkritisch äußerte der König einst gegenüber dem Alten Dessauer: Wenn »der wein in kop gekommen ist alsden[n] man nit alles nachdencket was man sprechet«.113 Allerdings wäre es verfehlt, die Funktion des Tabakskollegiums darauf zu beschränken oder solcherlei Episoden gar in den Vordergrund zu stellen. Die dort betriebene Kommunikation ist vielmehr einzuordnen in einen übergreifenden Prozess der Aufweichung und Diversifizierung des höfischen Zeremoniells.114 Die in Berlin und Potsdam zu beobachtende Praxis existierte auch an anderen Residenzen, und selbst der Hof Friedrichs I. hatte ein Tabakskollegium gekannt.115 Diese »Tabagien« spiegelten die sich verändernden Formen von Geselligkeit wider, wie sie allenthalben an den Höfen praktiziert wurden, so etwa bei Prinz Eugen von Savoyen oder Zar Peter I.116 und nicht zuletzt in der durch August den Starken initiierten »société des antisobres« , der Friedrich Wilhelm I. selbst beiwohnte.117 Sie bildeten bei Lichte betrachtet nur eine weitere Facette der in der BerlinPotsdamer Residenzlandschaft üblichen Geselligkeitsformen, zu denen ebenso die bereits erwähnten Assembleen gehörten. Auch bei diesen hatte sich ein auf Rustikalität (kein übertriebener Luxus) und eine gewisse Nivellierung der Standes- und Rangunterschiede (kein Erheben der Anwesenden beim Erscheinen des Königs) Wert legender Ablauf durchgesetzt.118 Denn abseits der in der älteren Literatur häufig betonten und überhöhten Skurrilitäten dieses männerbündischen alkohol- und pfeifenrauchgeschwängerten Gremiums darf nicht übersehen werden, dass das bis zu 20 Teilnehmer umfassende Tabakskollegium eine bedeutende Stellung im Netzwerk der Hof- und Residenzgesellschaft einnahm. Vor allem den Offizieren war jene Art der Zusammenkünfte willkommen. Es ist sicherlich zutreffend, dass die Gestaltung dieser abendlichen Gesellschaften in einem auf »holländische Art« eingerichteten Raum, der im Berliner Schloss »mit Eichenholz ausgetaffelt« war, der bekannten Ab64

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neigung Friedrich Wilhelms I. gegenüber einem allzu steif ausgelegten Zeremoniell sehr entgegenkam.119 Doch darf eben nicht außer Acht bleiben, dass das Tabakskollegium wie im Übrigen die Assembleen eine eher informelle Funktion hatte, vergleichbar vielleicht mit den Hintergrundgesprächen im heutigen politischen Berlin. »Es ist und bleibet auch der Discurs … Sr. Majestät gröstes Vergnügen«, wusste schon der recht gut informierte David Fassmann zu berichten.120 Wenngleich hier kaum offizielle und verbindliche Entscheidungen getroffen wurden, konnte die Stimmungslage im vermeintlich zwanglosen Gespräch getestet werden.121 Üblich war auch das Zeitungs(vor)lesen, inklusive eines sich daran anschließenden Diskurses mit dem König. Sowohl die häufiger an dieser illustren Runde teilnehmenden Mitglieder – gewissermaßen das »Stammpersonal« – wie der Fürst Leopold, Friedrich Wilhelm von Grumbkow, Ulrich von Suhm, Graf Seckendorff oder Reinhold von Derschau als auch die sich gerade in der Residenz aufhaltenden hochgeborenen Gäste konnten diese Möglichkeit wahrnehmen, Chancen auszuloten und nützliche Informationen zu erhalten. Die »Tabagie« wurde als »Nachrichtenbörse« aktueller Ereignisse wahrgenommen, deren Spannweite laut kursächsischen Quellen von militärischen Themen über die »Große Politik« bis hin zu Familiärem reichte, zu dem der König die Meinung seiner Gäste hören wollte.122 Hier saßen mehrheitlich diejenigen Herren scheinbar zwanglos beieinander, die ansonsten von ihren jeweiligen Chargen aus gegeneinander arbeiteten und den König in ihrem Sinne zu beeinflussen suchten. Deshalb galt ein längeres, nicht durch äußere Umstände bedingtes Fernbleiben von dieser Runde als untrügliches Zeichen dafür, dass der König demjenigen seine Gnade entzogen hatte. In umgekehrter Weise konnte dem »Verbannten« aber auch die Gunst der Teilnahme an der »Tabagie« wieder zugewendet werden. Nachdem sich Friedrich Wilhelm von Grumbkow am Ende des Jahres 1736 wegen einer ihm zugeschriebenen Intrige eine ungnädige Reaktion des Königs zugezogen hatte, ließ der ihn wenige Wochen später wieder in die »abendliche Tabagie kommen«.123 Die sprichwörtliche »Nähe« zum Herrscher, eine allenthalben in den Monarchien kaum zu unterschätzende informelle Kategorie bei der Analyse der Netzwerke innerhalb der politisch-höfischen Elite, spiegelte sich im Tabakskollegium in einem dafür besonders geeigneten Refugium wider, und in den Gesandtenberich2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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»Das Tabakskollegium«. Gemälde von Georg Lisiewski um 1737.

ten wurde dies auch immer wieder thematisiert. Doch gerade weil man hier scheinbar so freimütig reden konnte, waren damit einige Unwägbarkeiten und Risiken verbunden. Zwar galt der Grundsatz absoluter Verschwiegenheit über die dort berührten Gesprächsinhalte, gänzlich verhindern ließen sich Durchstechereien indes nicht. So war es laut einem Bericht des kursächsischen Gesandten v. Manteuffel im Jahre 1736 zu einer solchen Indiskretion gekommen, als der von einer Reise nach Kopenhagen zurückkehrende Graf v. Stolberg im Tabakskollegium darüber berichtet hatte, dass der kaiserliche Diplomat und Feldmarschall Graf Friedrich Heinrich von Seckendorff im Rahmen des Vertragsabschlusses zwischen dem Kaiser und dem dänischen König ein Geschenk in Höhe von 25.000 Talern erhalten haben solle. Seckendorff erfuhr davon und beschwerte sich anschließend beim König über die Indiskretion. Dieser soll darüber sehr aufgebracht gewesen sein und versuchte über Drohungen, den für die Intrige Verantwortlichen zu überführen.124 In der folgenden Zeit sei daraufhin die Häufigkeit der Zusammenkünfte des Tabakskollegiums zurückgegangen. 66

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Die Rolle des bedauernswerten und in akademischen125, populärwissenschaftlichen wie auch belletristischen Darstellungen126 oft beschriebenen Schicksals des »Lustigen Rates« Jacob Paul von Gundling wird man in diesem übergeordneten Zusammenhang zu beurteilen haben. Die derben Scherze, die man mit Gundling trieb, sind abgesehen von dessen skurriler Persönlichkeit damit zu erklären, dass sich diese zwischen Hofleben und Wissenschaft changierenden Kommunikationsformen in einer Übergangszeit artikulierten, in der jemand wie Gundling in einer »in die Modernisierung geratenen Hofkultur« Gelehrter und Hofnarr zugleich sein musste.127 Noch gehörten ja »Hofnarren« zur Unterhaltung, allerdings nicht mehr in ihrem traditionellen Erscheinungsbild. Dass es auch Alternativen gab, sich solchen Gemeinheiten wie den Gundling zugemuteten zu entziehen, belegen die Schicksale anderer Personen, denen eine ähnliche Rolle zugedacht war. Nach Gundlings tragischem Tod sollte David Fassmann dessen Nachfolge als Akademiepräsident antreten. Fassmann, der dem Pietismus nahestand, hatte sechs Jahre (1725–1731) in Berlin als Schriftsteller, Zeitungsreferent und Hofhistoriograph gewirkt.128 Nicht zu Unrecht befürchtete er aber, dass ihn Gleiches in diesem Amt ereilen würde wie seinen Vorgänger. Deshalb zog er es vor, die preußische Residenz fluchtartig zu verlassen, »weiln er kein Bouffon de la Cour seyn« wollte, wie es der braunschweigische Gesandte Stratemann treffend formuliert hat.129 Auch die Sitzungen der erwähnten »société des antisobres«, die während des Besuches Friedrich Wilhelms I. in Dresden 1728 gegründet wurde, ähnelten den Gepflogenheiten des Tabakskollegiums. Hier wie dort waren es vor allem Militärs, die zu den Mitgliedern der Gesellschaft zählten; ebenso bediente man sich bei der Namensgebung der Mitglieder aus dem militärischen Milieu.130 Die zwischen beiden Königen ständig ausgetauschte »amitié« erreichte in der gegenseitigen Anteilnahme am Gesundheitszustand eine freundschaftlich-vertrauliche Qualität, die über reine Courtoisie hinausging.131

2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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Die Jagden Eine ähnlich gelagerte Möglichkeit, über informelle Kontakte in die Nähe des Königs zu gelangen, boten die Jagden – neben dem Militär und den lukullischen Genüssen ein weiteres Vergnügen, das sich Friedrich Wilhelm gönnte. Hier soll nicht vornehmlich den Details der Jagdpraxis nachgegangen und die Professionalität Friedrich Wilhelms in diesem Metier geprüft werden132, vielmehr interessiert die Funktion der Jagd für die Herrschaftspraxis des Königs. Rein von ihren offiziellen Ämtern her waren die Oberjägermeister innerhalb der politisch-höfischen Führungsgruppe mit jener Materie befasst. Während seiner Regierungszeit amtierten in dieser Charge Samuel Freiherr von und zu Hertefeld (bis 1727) und Georg Christoph Graf von Schlieben.133 Aufgrund der großen Bedeutung, die die Jagdleidenschaft bei den bisherigen brandenburgisch-preußischen Herrschern eingenommen hatte, wird man das Gewicht dieser Charge hoch zu veranschlagen haben. Schließlich befanden die Oberjägermeister sich über längere Zeit – manche Jagden zogen sich über mehrere Tage hin – in unmittelbarer Nähe zum Monarchen, so dass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass der informelle Kontakt mitunter über den Austausch bezüglich des Jagdmetiers hinausging. Hertefelds Stellung wurde zum Beispiel im letzten Regierungsjahr Friedrichs I. durch den Kronprinzen Friedrich Wilhelm als sehr einflussreich geschildert.134 Außerdem resultierte das Renommee dieses Amtes auch aus den forstwirtschaftlichen Kompetenzen. Samuel von Hertefeld stand zum Beispiel in hohem Ansehen beim König aufgrund seiner Verdienste bei der Urbarmachung des havelländischen Luches und der Ansiedlung von niederländischen Kolonisten.135 Obendrein bildete die Gewährung bzw. Ausweitung von Jagdrechten eine nicht zu unterschätzende Form der Erteilung von Gunst und Gnade innerhalb der Adelsgesellschaft. 1729 hatte der König zum Beispiel angeordnet, dass dem Generalmajor Karl Ludwig Graf Truchseß von Waldburg, dem man bei der Ausübung seiner Jagdfreiheit »allerhand Schwierigkeiten gemachet«, das Jagen in den »königlichen Holzungen und Revieren ungehindert« zu erlauben sei.136 Die Quellen belegen darüber hinaus, dass vor allem Offiziere in besonderer Weise von solchen 68

2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

Gunsterweisen profitieren konnten. Bei der Einziehung der mit der Ausübung des Jagdrechtes verbundenen Gebühren zeigte sich Friedrich Wilhelm I. mitunter flexibel. Dem Obristen Graf v. Dohna, der in einem in Magdeburg garnisonierenden Regiment diente, wurde gestattet, dass er für sein im Biederitzer Gehege ausgeübtes Jagdrecht statt der üblichen Pacht nunmehr jährlich 50 Paar Rebhühner liefern solle.137 Dem neuen Festungskommandanten im hinterpommerschen Kolberg, Generalmajor Erhard Ernst von Roeder, wurde auf seinen Wunsch das Jagdrecht, das der bisherige Gouverneur innegehabt hatte, übertragen.138 Und der Capitain Alexander Emil Graf von Dohna erhielt das Privileg, in der »Osterodischen Heyde« (Ostpreußen) jagen zu dürfen.139 Die Jagdaufenthalte in Wusterhausen, aber auch in den anderen Wäldern der Residenzlandschaft genoss der König sichtlich. Voller Stolz berichtet er – nicht nur in den zahlreichen Briefen an den Fürsten Leopold140 – über seine Erfolge und geschossenen Trophäen. Am 17. September 1728, also gleich zu Beginn der Jagdsaison, schrieb er, dass »wir einen Hirsch von 16 Enden gefangen …, die jagd ist admirable gewesen«. Dass ihm dieses Vergnügen schon damals körperliche Probleme bereitete, klang zumindest in einer scherzhaften Nebenbemerkung an: »… wie es aber morgen mit dem podex und der Rücken Schulter aussehen, das wird die Zeit lehren.«141 Diese Jagden wurden nicht nur in kleinem Familienkreis zelebriert, obzwar die beengten räumlichen Möglichkeiten und die bescheidene Ausstattung des Jagdschlosses Königs Wusterhausen darauf hinzudeuten schienen. Hier finden wir zum Teil jene hohen Militärs, Amtsträger und Diplomaten, die auch im Tabakskollegium saßen.142 Zudem schien Friedrich Wilhelm I. an den Aufenthalten in freier Natur nicht nur wegen der damit verbundenen Ausübung des Waidhandwerkes Gefallen gefunden zu haben. Auch in seinen Residenzen verlangte er, seine Wohnräume lichtdurchflutet zu gestalten. So gab es eine ganze Reihe von Fenstern im Berliner Schloss, »welche er über ihr vom Architekten vorgeschriebenes Maß rücksichtslos gegen die architektonische Erscheinung höher und breiter machen ließ«.143 Die Vorliebe des Königs für Wildbret und Fisch war gemeinhin bekannt, so dass er nicht selten solcherart Präsente von Angehörigen der politisch-höfischen Elite und auswärtigen Gesandten erhielt. Darunter waren Jagdbeute wie Auerhähne und Birkhühner, aber auch Delikates2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe

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sen wie Krebse, Kabeljau oder Austern.144 Ähnlich wie in militärischen Angelegenheiten wandte sich Friedrich Wilhelm I. in diesem Metier sehr detailliert den eingehenden Anfragen zu. Waren es Bemühungen um den Ausbau von Parforcegärten145, die Anschaffung von geeigneten Jagdhunden146 oder die Freilandhaltung von Rebhühnern147 – stets erwartete er, um eine Entscheidung gebeten zu werden, und zeigte sich in der Regel über die ihm vorgelegten Materien gut informiert.

Fazit Trotz des mit dem Herrschaftsstil Friedrich Wilhelms I. verbundenen antihöfischen Impetus blieben auch nach 1713 wichtige Funktionen des frühneuzeitlichen Fürsten- bzw. Königshofes erhalten, so dass allenfalls »eine spezifische Form der Rationalisierung der preußischen Hofstrukturen« beobachtet werden kann.148 Gerade vor dem Hintergrund der im folgenden Kapitel näher zu beschreibenden Verwaltungsreformen schien sich zunehmend eine Kluft zwischen der Hofgesellschaft im klassischen Sinn und der höheren Amtsträgerschaft in den Zentralbehörden aufzutun, jedoch hat es selbst während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. gewisse Überlappungen zwischen Hof- und Staatsämtern gegeben. Auch die unbestreitbaren Tatsachen der stärkeren Betonung des Militärischen als Element der Hofkultur und der signifikanten Zunahme des Anteils hoher Offiziere innerhalb der politisch-höfischen Führungsgruppe änderten nichts daran. Sowohl zur Festigung des nach der Königskrönung von 1701 gewonnenen Status als auch aus Gründen der Sicherung einer gewissen Klientelfähigkeit für den Adel erwies sich ein Mindestmaß an Investitionen in die Hofkultur als unverzichtbar, was sich zum Beispiel in einer punktuell betriebenen höfischen Festkultur mit dem dazugehörigen zeremoniellen Aufwand, insbesondere aber in der ostentativen Einbindung des von Friedrich Wilhelm I. gesammelten Silberschatzes niederschlug. Die am Beispiel der Assembleen, der Jagdgesellschaften oder der »Tabagie« geschilderten Kommunikationsformen zwischen Friedrich Wilhelm I. und etlichen Angehörigen der politisch-militärischen Elite waren durch ein hohes Maß an Unmittelbarkeit charakterisiert. Das 70

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brachte zwar durchaus Vorteile, barg aber auch viele Risiken. Der kaiserliche Gesandte Demradt beschrieb diese des Öfteren während gemeinsamer Mahlzeiten mit dem preußischen König gesammelten ernüchternden Erfahrungen: Wenn Friedrich Wilhelm I. »nach seinem Genio wieder jemanden etwas hat und, wie ich es mannigfältig an anderen gesehen habe, mit sehr grosser und offentlicher empfindlichkeit hervorzutreten pfleget …, man einer allzugroßen Gefahr seines caracters ausgesetzet ist«.149

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3. Der »innere König«: Herrschaftsvorstellungen und Regierungspraxis Nachdem wir uns bislang eher in den »oberen Etagen« des preußischen Staatsgebäudes aufgehalten haben, wird der Blick im Folgenden auf die administrative Praxis in der Weite des Landes gerichtet. Natürlich soll an dieser Stelle vornehmlich keine preußische Verwaltungs- oder Verfassungsgeschichte betrieben werden, vielmehr geht es darum, den unmittelbaren bzw. mittelbaren Anteil des Königs am Regierungshandeln vorzustellen und im Lichte der Quellen und der in der neueren Forschung diskutierten methodischen Ansätze zu erklären. Schließlich weist die auf den zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Oberpräsident der Provinz Ostpreußen amtierenden Theodor von Schön zurückgehende Titulierung als »größter innerer König« auf einen besonderen Schwerpunkt der Herrschaftsvorstellungen und -praxis Friedrich Wilhelms I. hin.

Vor einem Neuanfang? Die Spitzenbehörden Es ist gezeigt worden, dass Friedrich Wilhelm bereits während seiner Zeit als Kronprinz in viele politische Materien eingeführt wurde – jedenfalls intensiver, als das bei den Thronfolgern in anderen Dynastien bzw. im Hause Brandenburg sonst erfolgte. Dies betraf nicht zuletzt seine Mitarbeit in der damaligen höchsten Regierungsbehörde, dem Geheimen Rat, oder wie er offiziell tituliert wurde: dem Wirklichen Geheimen Staatsrat.1 An dessen Sitzungen nahm der Kronprinz nachweislich der Protokolle seit 1705 sehr häufig teil, im Jahre 1711 war er zum Beispiel bei 30 der insgesamt 36 Sitzungen dieses Gremiums zugegen.2 Durchschnittlich einmal pro Woche (in den Sommermonaten konnten die Abstände größer sein) versammelte sich der Geheime Rat im Berliner Stadtschloss, in Potsdam, Charlottenburg oder vereinzelt auch in jenen Lust- und Jagd72

3. Der »innere König«

schlössern des Berliner Umlandes, die der alte König für kurze Aufenthalte aufsuchte. Auf den Sitzungen wurde ein mitunter anspruchsvolles Pensum abgearbeitet; das Programm konnte gerade während der letzten Regierungsjahre Friedrichs I. bis zu 60 Tagesordnungspunkte umfassen. Friedrich Wilhelm war also schon in relativ jungen Jahren mit nahezu allen Feldern der Politik vertraut gemacht worden, wurde im Geheimen Rat doch eine breite Palette von Angelegenheiten behandelt. Lehnsangelegenheiten und steuerpolitische Fragen gehörten ebenso dazu wie territoriale Streitigkeiten an den Landesgrenzen, Beschwerden einzelner regionaler Amtsträger bis hin zu den diffizilen außenpolitischen Themen. Gerade die Mischung von Materien größter staatspolitischer Wichtigkeit einerseits mit Bagatellangelegenheiten andererseits, die zu den zeitlich sich mitunter sehr lange hinziehenden Sitzungen geführt hatte, mochte ein gewisses Unbehagen beim Kronprinzen hervorgerufen haben. Die Tatsache, dass einige der Angehörigen dieses Gremiums, wie etwa der Generalkriegskommissar und der Präsident der Geheimen Hofkammer, qua Amt im Geheimen Rat saßen, wurde in der älteren Forschung so interpretiert, dass der Geheime Rat so etwas wie die »große Zentralkanzlei des Staates bildete, in der die formelle Verteilung der Geschäfte und die Erledigung schon entschiedener Aufträge stattfand, während die tatsächlichen Vorgänge des Verwaltungslebens sich in den Behörden abspielten«.3 Auch die sich daraus erklärenden Doppelungen und Redundanzen mochten den Kronprinzen bewogen haben, im Sinne einer Effektivierung schon bald nach dem Thronwechsel von 1713 auf Änderungen zu drängen. Zwar blieb dieses Gremium formell weiter bestehen, wurde aber zunehmend zu einem »caput mortuum«, einem Rahmen, »außerhalb dessen sich die Minister normalerweise bewegten, um nur in Abständen in ihn zurückzutreten. Im behördlichen Alltag existierte er bald nur noch als ein Departement für Justiz-, Kirchen- und Schulsachen«, also jene Themenfelder, die es »noch nicht zu Sonderbehörden gebracht« hatten.4 Gemessen an den Ratssitzungen vor 1713 umfasste das Programm im Durchschnitt nur noch 15 Tagesordnungspunkte. Die behandelten Themen reichten von Eingaben bezüglich der Neubesetzung bzw. Besoldung von Stellen in regionalen Verwaltungsbehörden oder in Kirchen über außenpolitische Materien bis hin zur Behandlung von Angelegenheiten 3. Der »innere König«

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Jean-Baptiste Broebes: »Prospect der Palläste und Lust-Schlösser Seiner Koniglichen Mayestätt …«: das Potsdamer Stadtschloss (1733).

Schloss Charlottenburg. Kupferstich, nach 1701.

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der Universität Frankfurt (Oder) und Vorkehrungen gegen das Viehsterben. Dieses Spektrum engte sich in den nächsten Jahren ein: Nachweislich der Protokolle des Geheimen Rates der 1730er Jahre standen dort vorrangig Themen auf der Tagesordnung, die sich mit Rechtsangelegenheiten befassten – Zuständigkeit der verschiedenen Berufungsinstanzen, Revisionssachen, Beschleunigung von Prozessen, grenzübergreifende Rechtskonflikte.5 Vorrangig wurden hier zwar Einzelfälle behandelt, allerdings sind auf den Beratungen auch Entscheidungen gefällt worden, die auf direkt vom König erteilten Anordnungen beruhten. Die eigentliche Verwaltungsarbeit verlagerte sich mehr und mehr in die Spezialbehörden. Der König förderte diese Entwicklung und forcierte die damit in Verbindung stehende veränderte Arbeitsweise. Angesichts der mit Vehemenz betriebenen Reformen war es schon aufgrund des Zeitbudgets kaum mehr möglich, dass die Räte, die ja zumeist wichtige Ämter in anderen Behörden bekleideten, an den mitunter ausufernden Sitzungen des Geheimen Rates teilnehmen konnten.6 Zwar gehörten die wichtigsten Amtsträger der preußischen Zentralverwaltung nominell weiterhin dem Geheimen Rat an, doch wohnten etwa die Präsidenten des Generalkriegskommissariats und des Generalfinanzdirektoriums, v. Blaspiel und v. Kameke, sowie Friedrich Wilhelm von Grumbkow nicht jeder der nun generell nur noch einmal pro Woche stattfindenden Sitzungen dieses Gremiums bei.7 Auch in anderen Verwaltungsbereichen wurden wichtige Veränderungen vorgenommen. Bereits einen Tag nach dem Thronwechsel war das sogenannte »Kabinettsconseil« gebildet worden, das künftig für die Bearbeitung der »Staats- und ausländischen Affairen« zuständig sein sollte.8 Ebenso fällt der schon einen Monat nach dem Thronwechsel erfolgte Zusammenschluss des Generaldirektoriums und der Geheimen Hofkammer zum Generalfinanzdirektorium ins Auge, das im Berliner Schloss seinen Sitz hatte.9 Damit lagen die Domänen- und Schatullgüterverwaltung in einer Hand, ebenso wie die Post-, Forst-, Berg- und Hüttensachen sowie die Salzadministration von hier verwaltet wurden.10 Dieser Behörde unterstand die Generalfinanzkasse, in die die sogenannten nichtsteuerförmigen Einnahmen, also die Domänenerträge, Zölle und Regalien flossen. Neu war auch die Charge des Generalkontrolleurs der Finanzen, die der König an den bei ihm in großem Vertrauen stehen3. Der »innere König«

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den und eine rasche und steile Karriere machenden Ehrenreich Bogislaw (von) Creutz verlieh. Hingegen stehen auf der anderen Seite die institutionellen und personellen Kontinuitäten. An der Spitze des Generalfinanzdirektoriums blieb der Präsident der Vorgängerbehörde, Ernst Bogislav von Kameke. Das Generalkriegskommissariat, also jene Behörde, die wie keine zweite den besonderen Charakter der brandenburgisch-preußischen Verwaltung auszumachen schien, wurde bis zu der im Umfeld der »Klement-Affäre« erfolgenden Ablösung durch Johann Moritz von Blaspiel geleitet. Die Kommissariatsverwaltung ist in den 1650er Jahren vornehmlich zur Finanzierung des seit der damaligen Zeit immer weiter ausgebauten Heeres geschaffen worden. Die im Generalkriegskommissariat verankerte Generalkriegskasse verwaltete die Akzise- und Kontributionseinnahmen. Das bekannte Diktum von Otto Hintze vom »Krieg als Schwungrad an der Staatsmaschine« fand gerade in diesem Behördenzweig seine fast schon ideal zu nennende Entsprechung.11 Mit dem Anwachsen des stehenden Heeres nahm der Einfluss des Generalkriegskommissariats innerhalb des Verwaltungssystems zu. Mehr und mehr traten neben den Zuständigkeiten der Kommissariate bei der Heeresversorgung und -finanzierung (Steuerverwaltung) auch Kompetenzen im Bereich der Wirtschafts- und Siedlungspolitik hinzu. Und es gehört zu den mitunter unterschätzten Tatsachen, dass das Generalkriegskommissariat während der langen Kriegsjahre schon unter dem ersten preußischen König einen beträchtlichen Bedeutungs- und Reputationszuwachs erlebt hatte. Noch am Ende der Regierungszeit Friedrichs I., am 7. März 1712, war eine Reorganisation des Generalkriegskommissariats veranlasst worden, die zu einer stärker institutionalisierten und kollegialischen Arbeitsweise geführt und dabei schon in gewisser Weise jene Reformen antizipiert hatte, die der neue Monarch zu Beginn der 1720er in Gang setzen sollte.12 Nicht unwesentlich erscheint es dabei, dass kein geringerer als der beim Kronprinzen und nach dem Regierungswechsel beim König in hohem Ansehen stehende Friedrich Wilhelm von Grumbkow eine wichtige Rolle bei der Neuorganisation des Generalkriegskommissariates gespielt hatte.13 Allerdings gilt es, die Augen nicht davor zu verschließen, dass die in der Kommissariatsverwaltung tätigen Amtsträger keine ausschließlichen »Werkzeuge des monarchischen Willens« verkörperten und sich vor76

3. Der »innere König«

nehmlich als »Hauptinstrument zur Zertrümmerung des alten ständischen Staates« gebrauchen ließen.14 Auch sie bewahrten eine gewisse Eigenständigkeit und konnten durchaus Gestaltungsspielräume nutzen. Dies unterschied sie kaum von den Amtskollegen in anderen Behördenzweigen. Der Eindruck der größeren Rigidität und Professionalität der Kommissariate dürfte vielmehr dadurch entstanden sein, dass sich durch ihre Kompetenzen in der Militärverwaltung und die ständige Zusammenarbeit mit Offizieren gewisse Mentalitäten und Arbeitsabläufe entwickelten, die eine besondere Affinität zum militärischen Milieu aufwiesen.

»Regierung aus dem Kabinett« Eine der eigenartigsten Neuerungen im Regierungsstil des neuen Monarchen stellte gewiss jene Einrichtung dar, die mit dem Begriff der »Regierung aus dem Kabinett« umschrieben worden ist. Schon bald nach der Thronbesteigung vollzog sich diese markante Veränderung im Herrschaftsstil, die zugleich einen Wandel in der verfassungstopographischen Struktur nach sich zog. Mit der sich im Frühsommer 1713 abzeichnenden Favorisierung Potsdams als künftigem Hauptwohnsitz des Königs war zugleich eine Aufgabenverteilung zwischen Berlin und dem bislang allenfalls als eine der »Nebenresidenzen« angesehenen Amtsstädtchen an der Havel verbunden. Nun war aber die Eigenart, von wechselnden Orten aus zu regieren, so ungewöhnlich nicht. Schon unter den beiden Vorgängern Friedrich Wilhelms I. hatte sich die Residenzlandschaft mit einem Kranz von Schlössern, Lust- und Jagdhäusern rund um Berlin herausgebildet. Während der Große Kurfürst einige Male zu mehrmonatigen Aufenthalten in seine fernen Nebenresidenzen Kleve und Königsberg aufbrach, wechselte Friedrich I., der im Übrigen ein recht reisefreudiger Monarch war, in der Regel alle paar Wochen seinen Aufenthaltsort und widmete sich den Regierungsgeschäften im Berliner Stadtschloss, in Potsdam, Caputh, Oranienburg, Friedrichsfelde usw.15 Doch im Unterschied zu dieser bisherigen Regierungspraxis, bei der die oberste Verwaltungsbehörde mit dem König umherzog, entwickelten sich die Verhältnisse unter Friedrich Wilhelm I. in eine andere Richtung. Nicht nur, dass er alsbald den unter seinem Vater begründeten Geheimen Kriegsrat auf3. Der »innere König«

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löste und den seit 1604 bestehenden Geheimen Rat in seinen Kompetenzen beschränkte. Er beendete auch die in der ersten Zeit nach dem Regierungswechsel von ihm zunächst noch weiterverfolgte Praxis, in den Sitzungen der führenden Verwaltungsbehörden selbst zu präsidieren.16 Hierfür sind mehrere Gründe anzuführen: Dass er kein Freund langatmiger Beratungen war, zeigte sich bereits in der Kronprinzenzeit; zudem muss »eine gewisse Unsicherheit Friedrich Wilhelms I. hinsichtlich seiner Wirkung bei mündlichen Konfrontationen« in Rechnung gestellt werden.17 Auch scheint seine Stimme »etwas schnarrend und leise« gewesen zu sein.18 Jedenfalls zog er es künftig vor, von seinem »Kabinett« aus zu regieren, was sowohl institutionell als auch räumlich verstanden werden muss. Solche der unmittelbaren Regierungsarbeit vorbehaltenen Arbeitszimmer, um zunächst die räumliche Komponente zu betrachten, waren für die brandenburgisch-preußischen Herrscher so neu nicht. Auch die Kurfürsten des 16. und 17. Jahrhunderts hatten über solche Räume verfügt, in die sie sich gelegentlich zurückziehen konnten. Das Kabinett Friedrich Wilhelms I., das man sich als einen relativ kleinen Raum mit Schreibpult vorzustellen hat, befand sich im Potsdamer Stadtschloss im ersten Obergeschoss mit Blick auf den Lustgarten in unmittelbarer Nachbarschaft zu seinen Wohnräumen.19 Und wenn er sich in Berlin oder Königs Wusterhausen aufhielt, fanden die morgendlichen Beratungen des »Kabinetts« in den königlichen Wohnungen der dortigen Schlösser statt, ohne dass es einen gesonderten Raum dafür gab. Als neu und zunächst ungewöhnlich im Vergleich zu den vorherigen Zeiten wurde aber wahrgenommen, dass der König nun vom »Kabinett« aus mit einer kleinen Gruppe von »Kabinetts-Sekretären« bzw. »Kabinetts-Räten«, die auch in Potsdam wohnten, die Beschlüsse vorbereitete. Damit gerät nun die verfassungsgeschichtliche Seite dieser Veränderung in den Blick. Die Kabinettssekretäre hatten sich morgens »frühe zu rechter Zeit, um fünff, sechs oder sieben Uhr, nachdem es die Jahres-Zeit gestattet, bey Sr. Majestät ein[zu]finden, und alles, was obhanden ist, Sr. Majestät vor[zu]legen. … Ihro Majestät [lassen sich] entweder den Vortrag einer jedweden Sache thun, oder auch gantze Schrifften, Berichte und Memorialia vorlesen, die Sie nicht selten selber in die Hand nehmen, und mit Ihren eigenen Augen durchgehen. Nach geschehener 78

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Potsdam um 1750 (Kupferstich von Johann Peter Wolffs Erben).

Überlegung und reiffer Erwegung schreiten Sie zur Resolution, die Sie meistentheils mit eigener Hand, schrifftlich, und in kurtzen Worten verfasset, ertheilen.«20 Dabei handelte es sich um die bekannten und von den Amtsträgern oft gefürchteten Marginalien des Königs, die häufig – wenn auch fälschlich – als Randbemerkungen bezeichnet worden sind. Doch machte sich der König auf den ihm vorgelegten Immediatberichten keine Notizen von der Art, wie sie etwa bei der Lektüre eines Textes als gedankliche Stützen dienen. Er »dekretierte« vielmehr auf die ihm von den Kabinettssekretären vorgelegten Schreiben »meist eigenhändig – in margine, das heißt am Rand«, so dass man also besser von »Randverfügungen« sprechen sollte.21 Sie waren als Entscheidungen des Monarchen zu verstehen, als »Herrscherschreiben ohne ministerielle Gegenzeichnung«, die dann lediglich den Kabinettssekretären zur Ausfertigung und Weiterleitung an die entsprechenden Behörden vorgelegt wurden.22 Bei allem Spektakulären, das einigen dieser – des Öfteren auch in biographischen Darstellungen genüsslich zitierten – Marginalien eigen war, darf nicht übersehen werden, dass sich mehr als die Hälfte der Randver3. Der »innere König«

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fügungen auf knappe zustimmende Feststellungen beschränkte (»gut« oder »sehr gut«). Viele Randverfügungen forderten eine Delegierung an andere Behörden oder Amtsträger, und nur eine Minderheit enthielt jene apodiktisch kurzen und mitunter in derbem, verletzendem Ton hingeschriebenen Passagen, die als so typisch für diesen Monarchen angesehen wurden und werden. Wird nun die Zahl jener »ungnädigen« Willensäußerungen gegenüber dem Gesamtkorpus der vom Monarchen getroffenen und überlieferten Entscheidungen relativiert, ergibt sich daraus zugleich ein etwas differenzierteres Bild seines Herrschaftsstils. Gegenüber den sich Nachlässigkeiten und Verfehlungen schuldig machenden Amtsträgern ließ er in der Tat Strenge und Grobheit walten. Auf der anderen Seite scheint aber auch das nur auf den ersten Blick apologetisch daherkommende Urteil durchaus zutreffend gewesen zu sein, wonach er gegenüber seinem näheren Umfeld es nicht »an dem Nothwendigen [habe] fehlen lassen«, sondern zur »Belohnung treuer Dienste Freigebigkeiten ausgeübt« habe.23 Den Kabinettssekretären kam die nicht ganz einfache Aufgabe zu, aus den mitunter kaum lesbaren24, manchmal semantisch schwer verständlichen und mit Fremdwörtern durchsetzten Marginalien25 Schriftstücke zu fertigen, die nach der Unterzeichnung nicht nur an die Behörden, die Bediensteten oder die Supplikanten, sondern auch an die europäischen Höfe verschickt wurden und somit den Ansprüchen von Behördenschriftgut und zugleich diplomatischer Korrespondenz genügten.26 Diese von den Kabinettssekretären ausgefertigten und vom König unterschriebenen »Kabinetts-Ordren« können aufgrund ihrer außerordentlich großen Bedeutung für den originären Eigenanteil des Monarchen am Regierungshandeln in der Tat als »quellenkundliche Visitenkarte des preußischen Absolutismus« angesehen werden.27 Daraus erhellt des Weiteren die kaum zu unterschätzende Bedeutung dieser Amtsträger, die zumeist eine größere Vertrauensstellung beim Monarchen genossen haben dürften. Sie waren ja die meiste Zeit in seiner unmittelbaren Umgebung, und sie konnten bestimmte Anliegen beim König vorbringen – wie etwa für den Kabinettsrat Samuel von Marschall überliefert, den der König gelegentlich sogar um Rat fragte.28 Das Kabinett bildete fortan das mobile Machtzentrum, während die zentralen Regierungsbehörden ständig im Berliner Schloss tagten. Ledig80

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lich die für die auswärtigen Angelegenheiten zuständigen Minister wurden vom König regelmäßiger in Einzelaudienz empfangen – deshalb auch ihre etwas abweichende Bezeichnung als »Kabinetts-Minister«.29 Die verantwortlichen Amtsträger der anderen Departements trafen sich jeweils im Juni zu einer etwas spöttisch als »Ministerrevue« bezeichneten Hauptkonferenz.30 Zur Gewährleistung einer möglichst reibungslosen und zeitsparenden Kommunikation war zwischen Potsdam und Berlin ein Kurierdienst eingerichtet worden, der durch die Post oder Feldjäger übernommen wurde. Friedrich Wilhelm I. weilte des Öfteren in Berlin und wohnte dann in seinen Gemächern im Schloss. In diesem Fall gestalteten sich die Kommunikationswege vergleichsweise einfach, was im wortwörtlich räumlichen Sinne in Form des legendären Holzgangs zwischen der königlichen Wohnung und den Amtsräumen der Minister des Generaldirektoriums zu verstehen war.31 Ähnlich wie im Generaldirektorium kam es innerhalb des Kabinetts während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. zu einer allmählichen Aufteilung der behandelten Materien unter den Kabinettssekretären.32 Zudem darf man sich die Trennung zwischen den im Kabinett tätigen Sekretären und den in der Zentralverwaltung amtierenden Räten nicht allzu scharf vorstellen. Übergänge waren durchaus an der Tagesordnung. Die Kabinettssekretäre, denen Friedrich Wilhelm I. sehr vertraute – und dies waren des notorischen Argwohns des Königs halber nicht allzu viele – konnten zugleich andere Ämter ausfüllen. So amtierte der Kabinettssekretär August Friedrich Boden zeitweise als Geheimer Finanzrat im Generaldirektorium, während der 1717 geadelte Samuel (von) Marschall neben seinem Amt eines Geheimen Finanzrats im Generaldirektorium auch zum Vizedirektor des Joachimsthalschen Gymnasiums, zum Leiter der Rekrutenkasse, zum Generalpostmeister und in noch weitere Chargen berufen wurde.33 So ungewöhnlich erscheint diese mit der »Kabinettsregierung« verbundene Regierungsweise indes nicht, wenn der Blick über die preußischen Grenzen hinaus gerichtet wird.34 Die Distanz des Monarchen zur traditionellen Hauptstadt seines Reiches war auch anderswo – nicht nur im Verhältnis zwischen Paris und Versailles – zu beobachten. Und in Kursachsen war zum Beispiel bereits einige Jahre vor 1713 mit dem »Kabinettsministerium« ein Gremium etabliert worden, das oberhalb der 3. Der »innere König«

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eigentlichen Zentralbehörden amtierte. August der Starke, der aufgrund seiner Stellung als polnischer König häufig in räumlicher Distanz zu den sächsischen Behörden agieren musste, sah sich genötigt, mithilfe eines Stabes ihn begleitender Beamter (»Kabinettssekretäre«) die Regierungsarbeit zu organisieren. Aus der eher provisorischen Einrichtung entwickelte sich zwischen 1703 und 1706 das unter Leitung des Ministers Jakob Heinrich Graf von Flemming stehende Geheime Kabinettsministerium, an dessen Sitzungen der König-Kurfürst aber selbst nicht teilnahm. Dies schärft zugleich das Verständnis dafür, dass mehrere Erklärungsansätze für die nicht nur in Preußen aufkommende Kabinettsregierung herangezogen werden können. Neben der bereits erwähnten Unlust des Königs, mit der Ministerversammlung in direktem mündlichen Austausch die verschiedenen politischen Gegenstände zu beraten, wird sein Bestreben, angesichts der immer mehr anwachsenden Materien den Überblick zu behalten, bedacht werden müssen. Aus seiner Sicht war auf jene Weise eine effektivere Koordination des Verwaltungshandelns zu erreichen. Das sogenannte »Gesetz über das Wachstum der Staatsgewalt« machte schließlich nicht vor den preußischen Grenzen halt.35 Der Vergleich zu Kursachsen und der österreichischen Habsburgermonarchie zeigt allerdings nur partielle Ähnlichkeiten. Die »Regierung aus dem Kabinett« ist nicht zu verwechseln mit einem für alle Materien gleichermaßen zuständigen Kabinettsministerium, das es in Preußen etwa im Gegensatz zu Kursachsen nicht gab.36

Zwischen Anspruch und Realität. Der Regierungsalltag Doch wäre natürlich das Unterfangen verfehlt, den sich in Instruktionen und Ordnungen widerspiegelnden institutionellen Aufbau des Verwaltungsapparates als alleinige Grundlage für die Erklärung des Regierungshandelns heranzuziehen. Die vom König in teils markigen Worten verfassten Resolutionen und Kabinettsordren können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es selbst in dem scheinbar so auf Effizienz getrimmten Räderwerk der preußischen Verwaltung zu Reibungsverlusten, Redundanzen und all den anderen Symptomen frühneuzeitlicher Herrschaftspraxis kommen konnte. Es handelte sich dabei um jene strukturellen 82

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Rahmenbedingungen, die schon seit Langem zu einer zurückhaltenden Beurteilung der administrativen Effizienz Veranlassung gegeben hatten. Die ständige Wiederholung der häufig gar nicht regelmäßig und flächendeckend versandten Edikte und Verordnungen deutet die Grenzen der Wirkungsmächtigkeit solcher landesherrlichen Gesetzgebungspraxis an. Diese Verordnungen würden, so eine zeitgenössische Einschätzung, »abgefasset, publiciret, nur selten aber befolget«.37 So hatte, um hier nur zwei konkrete Beispiele anzuführen, der König im Juni 1728 erfahren müssen, dass in der in Stettin ansässigen Hinterpommerschen Kriegsund Domänenkammer »daselbst viele Sachen nicht ordentlich vorgetragen und collegialiter tractiret … werden, ohne daß der Wirkl. Geh. Etats Rath und Präsident von Massow davon weiß«. Deshalb erging der Befehl an das Generaldirektorium, für eine Abstellung dieses Mangels zu sorgen.38 Und in der Umgebung von Marienwerder hatte die Verwaltung im Umfeld der Einrichtung des Kantonsystems 1733 sogar vergessen, vier Dörfer in die »Designation« der Feuerstellen aufzunehmen.39 Vor diesem Hintergrund stellt sich die grundsätzliche Frage, auf welcher Grundlage der Monarch überhaupt seine reglementierenden Vorstellungen umsetzen konnte. Letztlich war er ja auf Informationen angewiesen. Angesichts der großen Zahl an Städten, Domänenämtern und Gutsherrschaften konnte zwangsläufig nur ein Teil dessen zu seiner Kenntnis gelangen, was in seinen flächenmäßig zu den größeren europäischen Staatswesen gehörenden Ländern passierte. Dass frühneuzeitliche Herrschaft vor allem als ein hochkommunikativer Prozess aufzufassen ist und der Grad der administrativen Durchdringung eines Territoriums letztlich von den infrastrukturellen und personellen Rahmenbedingungen – und nicht zuletzt dem Wetter – abhängig war, hat eine intensive kommunikationsgeschichtliche Forschung in den letzten Jahrzehnten an vielen empirischen Fallbeispielen vorführen können. Auch mit Blick auf die Verhältnisse im Preußen des 18. Jahrhunderts wird man sich keinen übertriebenen Vorstellungen hingeben dürfen – trotz einiger Innovationen.40 Mochte der königliche Zugriff auf die mittlere Ebene der Verwaltung, also auf die Behörden in den Provinzen des Gesamtstaates, noch halbwegs gewährleistet sein, sah dies auf der unteren Ebene, also in den Kreisen, Städten und Dörfern, schon etwas anders aus. Hier geraten nun die 3. Der »innere König«

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Landräte ins Spiel – eine Amtsträgercharge, die sich in einem längeren verwaltungsgeschichtlichen Prozess aus verschiedenen Wurzeln herausgebildet hatte und in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzen ist.41 Deshalb nahm Friedrich Wilhelm I. auch auf die Besetzung dieser Chargen Einfluss. Die Beweggründe für seine Personalentscheidungen lassen sich indes nicht immer genau rekonstruieren. Zum Teil kannte er die Anwärter persönlich aus anderen Zusammenhängen und traute sich ein – manchmal recht vorschnell und apodiktisch ausfallendes – Urteil zu. In der Regel näherten sich die Positionen zwischen dem König und den Kreisständen an. Beispielsweise sagte er dem Capitain v. Werthern zu, es werde dabei bleiben, dass »Ihr den LandRath Dienst in der Neumarck haben sollet«.42 Ansonsten war er auf Empfehlungen anderer Amtsträger und Offiziere angewiesen. So folgte der König im Januar 1740 der Vorstellung des Obristen v. Massow und beschloss, dass »dessen Schwager die vacant gewordene Landraths-Stelle im Zauchischen Creyse haben soll«.43 Die Landräte mussten mit den verschiedenen, zuweilen miteinander in Konflikt geratenden Loyalitäten zurechtkommen. Denn zum einen galten sie als eine Art verlängerter Arm der Landesherrschaft, unterstanden also den für sie als vorgesetzte Provinzialbehörde fungierenden Kriegs- und Domänenkammern. Zum anderen aber erwarteten die kreisangesessenen, vornehmlich adligen Rittergutsbesitzer, aus deren Mitte der Landrat in der Regel gewählt wurde, von jenem eine Berücksichtigung ihrer Interessenlagen. Aus dieser Konstellation erwuchs das immer wieder gern zitierte Diktum, dass die Reichweite der Landesherrschaft, also damit des damaligen »Staates«, nicht über die Kreisebene hinausreichte; mit anderen Worten, »daß das Landratsamt die Grenze war, über die der monarchische Einfluß nicht wesentlich hinausgelangt ist«.44 Überdies gilt es zu bedenken, dass auch für diese in der älteren Sicht ob ihres Prestiges und ihrer Effizienz gerühmte Amtsträgergruppe jene Einschränkungen galten, die generell dem frühneuzeitlichen Verwaltungshandeln eigen waren. Zum Alltag ihres Amtes gehörte, dass ihnen nur ein kleiner, meist aus zwei bis drei Personen bestehender »Stab« von Gehilfen zur Verfügung stand. Die Amtsgeschäfte führten sie in der Regel von ihrem Rittersitz aus. Der noch sehr altertümlich anmutenden, aber damals durchaus üblichen Arbeitsweise konnte Friedrich Wilhelm I. aus pekuniären Erwägungen etwas abgewinnen. Als es im Jahre 1720 im Zu84

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sammenhang mit der Zahlung von Diäten an die Landräte für ihre Aufgaben bei der Organisation der Durchmärsche und Einquartierungen der Truppen zu Diskussionen kam, unterstellte ihnen der König, dass sie »Ihre Arbeit ohne Noht mercklich extendiren, nur damit sie desto mehrer Diäten und Reisen Kosten zu fordern haben mögen«. Einige Arbeiten könne ein Landrat deshalb wie gewohnt »zu Hause und in seiner Stube verrichten«.45 Auch auf der Ebene der Dorfgemeinden hatten die Landräte einen wichtigen Part zu spielen. Der König verfügte im Jahre 1717, dass diese Amtsträger die Weiterleitung der königlichen Verordnungen und Edikte zu verantworten hatten. Jeder adlige Rittergutsbesitzer erhielt demnach eine und jedes Dorf zwei Ausführungen der Edikte.46 Trotz der Neuregelungen erwies sich der landesherrliche Zugriff hier aber als wesentlich geringer. Mit der »Policey«-Gewalt, der Patrimonialgerichtsbarkeit und dem Patronatsrecht verfügten die adligen Gutsherren über entscheidende Privilegien und wurden vor allem in den ostelbischen Provinzen als die Obrigkeiten wahrgenommen und – vor dem Hintergrund einer paternalistischen Herrschaftspraxis – auch akzeptiert. Für die Dorfbewohner war der »Staat« daher allenfalls auf dem Gebiet des Militärwesens im Rahmen der Rekrutierungspraxis unmittelbar fühlbar. Es handelte sich also allenfalls um eine »gestufte Staatsunmittelbarkeit«.47 Friedrich Wilhelm I. war dies fraglos bewusst, doch empfand er den tradierten Instanzenzug über mehrere Ebenen zuweilen durchaus als Mangel. Deshalb war seine Regierungspraxis auch immer wieder von dem Bemühen geprägt, einen direkten Zugriff auf die Amtsträger in Stadt und Land zu erhalten, denn nur so schien ihm eine halbwegs realitätskonforme Informationsbeschaffung und eine möglichst direkte Umsetzung seiner Anweisungen möglich. Viele seiner Kabinettsordren richteten sich deshalb direkt an die Landräte, also unter Umgehung der Mittelbehörden: Am 23. Mai 1729 sandte er zum Beispiel eine Verfügung an die uckermärkischen Landräte, die »die nöthige Mannschaft zu dem dortigen Fortifications Bau gegen Bezahlung herbeizuschaffen« hätten.48 1735 brachte der König in Erfahrung, dass im hinterpommerschen Kreis Greifenberg »ein junger Edelmann nahmens von Lettow befindlich, von welchem Ich will, daß Er Mir unter dem Corps Cadets alhier dienen« solle. Deshalb befahl er dem zuständigen Landrat v. Manteuffel, »daß Ihr 3. Der »innere König«

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sofort nach erhaltung dieser ordre demselben anhero schicken und an das Corps Cadetts abliefern lassen sollet«.49 Auch in scheinbar nebensächlich anmutenden Angelegenheiten wandte sich Friedrich Wilhelm I. auf direktem Wege an den zuständigen Landrat. Im Juni 1729 erging ein Befehl an den Landrat des Teltower Kreises, v. Otterstedt, dem Major v. Einsiedel für den Transport seiner Möbel 25 Wagen zur Verfügung zu stellen.50 Doch auch auf der obersten Ebene hielt er sich nicht immer an das vorgegebene Prozedere und setzte sich mitunter über Ressortverantwortlichkeiten hinweg. »Wenn ihn etwas stark bewegte, benutzte er den nächsten Rat, der ihm gerade zur Hand war, um das Geschäft nach seinen Befehlen abzuwickeln.«51 Des Weiteren wurde das in Ansätzen schon vorgegebene System einer für damalige Verhältnisse vergleichsweise effizienten Kontrolle und Überwachung der Amtsträger weiter perfektioniert. Dazu zählten regelmäßig eingeforderte Berichte, die etwa in Gestalt der jährlich einzusendenden Vasallentabellen einen Überblick über die personelle Struktur des Adels und den Wert seiner Rittergüter in den Provinzen vermitteln sollten – eine Praxis, die aufgrund ihres Neuwertes zunächst auf große Ressentiments innerhalb der Ritterschaft stieß. Die »Historischen Tabellen« dienten mit ihren Angaben über die Gewerbestruktur und das Steueraufkommen in den Städten wiederum als statistische Grundlage für wirtschaftspolitische Maßnahmen. Und die nach dem entsprechenden Vorbild im Heer geführten »Conduitenlisten« sollten Auskünfte über die Qualitäten und Defizite seiner Amtsträger geben. Ebenso diente ein ausgeklügeltes System von »Spionen« diesem Zweck – eine Einrichtung, die der König später auch dem Generaldirektorium zur Kontrolle der Kriegs- und Domänenkammern empfahl.52 Von daher war die an das Generaldirektorium im Oktober 1732 gerichtete Bemerkung Friedrich Wilhelms, er wisse »von guter Hand«, dass »sehr viel Beamte und Pächter mit Abtragung ihrer Pachtgelder noch weit zurück seind«, als Drohung zu verstehen, ihn nicht mit angeblich schöngefärbten Berichten zu behelligen.53 Allerdings sollten nicht nur Amtsträger auf der mittleren und unteren Ebene auf jene Weise kontrolliert werden, sogar die Minister blieben davon nicht verschont. In einem geheimen Erlass wurde der Minister v. Katsch, seines Zeichens Vizepräsident im Generaldirektorium, beauftragt, seine Kollegen in dieser Zentralbehörde zu 86

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überwachen, besonders dann, »woferne in kollegio nit fleißig gearbeit[et] wirdt und anzügl[iche] Reden gebrauchet« werden, und »da unter die Ministris Intrigen Passieren sollten soll er mir geleich davon Pardt gehben«.54 Der König beließ es indes nicht nur bei solchen eingeforderten Berichten über die Amtsführung. Auch wenn das Informationssystem noch so ausgeklügelt sein mochte, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass dem Monarchen ein gefiltertes Bild über die tatsächlichen Zustände in den Provinzen vermittelt wurde. Doch stand eine Reihe von Alternativen zu dem behördenmäßigen Geschäftsgang zu Gebote, die zwar keine Neuerung während der Regierungszeit des zweiten preußischen Königs darstellten, wohl aber eine Intensivierung und größere Regelhaftigkeit erfuhren. Vor diesem Hintergrund sind solche Anweisungen zu erklären wie die im Dezember 1735 an das Generaldirektorium ergangene Kabinettsordre, in der er die Minister zu einer strikten Informationspflicht selbst außerhalb ihrer offiziellen Amtstätigkeit anhielt. Sie sollten, auch »wenn Sie in denen Provinzien, … nur in ihren privat Angelegenheiten verreisen …, die bemerckte Unrichtigkeiten dem Collegio anzeigen«.55 In einer seiner letzten Kabinettsordren kurz vor seinem Tode ermahnte er den Präsidenten der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer, von der Osten, »sich so wenig auf die Berichte derer Beamten … allein [zu] verlassen, sondern [er sollte] alles selbsten gründlich und genau einsehen und examinieren«.56 Auch von seinen Ministern und Kammerpräsidenten erwartete Friedrich Wilhelm I. ein ebensolches Misstrauen gegenüber ihren subalternen Amtsträgern, wie er es an den Tag legte.57

»Prompte Justiz« Eine zusätzliche Chance zur Informationsbeschaffung bot des Weiteren die Möglichkeit der Untertanen, sich über Suppliken und Bittschriften direkt an den König zu wenden, um ihn zur Ausübung seines Gnadenrechts in ihrem Sinne zu bewegen. Diese Gesuche bieten einerseits für die Nachlebenden »Einblicke in die Lebensumstände und sozialen Nöte« der Supplikanten und stellten andererseits »für den Herrscher eine wichtige Informationsquelle dar«.58 Obgleich bislang im Gegensatz zur fride3. Der »innere König«

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rizianischen Zeit keine genau quantifizierenden Erhebungen über die Suppliken während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. vorgenommen worden sind, kann davon ausgegangen werden, dass Bittschriften einen beträchtlichen Teil des Verwaltungshandelns ausmachten und letztlich auch viele der bereits besprochenen Randverfügungen und Kabinettsordren Friedrich Wilhelms I. auslösten. Die Kehrseite des Supplikenwesens bestand aber darin, dass damit Entscheidung und Urteil jener Institutionen, gegen die suppliziert wurde, im Erfolgsfalle revidiert und damit die Autorität dieser Behörden gemindert wurde. Deshalb richteten sich mehrere Edikte Friedrich Wilhelms I. wie schon seines Vorgängers »gegen das übermäßige Supplizieren«. Suppliken sollten also »erst nach Ausschöpfung der gerichtlichen Instanzen den Zentralbehörden respektive dem Monarchen übermittelt werden« dürfen.59 Dahinter stand das generelle Unbehagen des Monarchen über die in seinen Augen ohnehin viel zu schwerfällig arbeitenden Gerichte, die durch die Beschäftigung mit den Suppliken noch weiter von der ihnen zugedachten Aufgabe einer »prompten Justiz« abgehalten werden würden. So wurden beispielsweise in der Kabinettsordre vom 7. Februar 1731 die Etatminister angehalten, dafür zu sorgen, dass die Kriminalprozesse möglichst schleunig beendet würden. Da »die Collegia mit Membris überflüssig besetzet«, halte es der König »nicht nöthig, noch mehr anzunehmen«. Sollte eine zeitweilige Aufstockung des Kriminalkollegiums nötig sein, solle man Leute vom Kammergericht hinzuziehen.60 Zuvor war das Thema im Geheimen Rat diskutiert worden, und der mit dieser Materie befasste Rat v. Viebahn hatte schon in der Sitzung vom 22. Januar 1731 das Kriminalkollegium ermahnt, »ohne weiteren Verzug« die anstehenden Fälle zu behandeln und, »so offt es nöthig, sich extraordinaire zusammen zu thun, umb alles fertig machen und einsenden zu können«.61 Schon an diesem kleinen Ausschnitt des Gerichtswesens zeigt sich, dass die Justiz zu jenen Bereichen der Herrschaftspraxis mit einer vergleichsweise immer noch zu geringen Effizienz zählte.62 Dabei hat sich der König nach zeitgenössischem Urteil schon gleich nach seinem Regierungsantritt in besonderer Weise dieser Materie zugewandt: »Sonst sind S. K. Maj. bei Dero Regierung sehr fleissig und dictiren unzählbare Supplicata mit eigener Hand. Sie eifern absonderlich über schleunige und richtige Verwaltung der Gerechtigkeit und haben schon 88

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einen Anfang gemacht, die Processordnung am Kammergericht zu reformiren, wodurch die Rechtssachen merklich verkürzt werden sollen.«63 Doch die erhofften Resultate scheinen sich nicht in der vom König gewünschten Weise eingestellt zu haben. Zwar hatte Friedrich Wilhelm I. in einer Vielzahl seiner Verlautbarungen seinem Unmut darüber Ausdruck verliehen, dass »die schlimme Justiz zum Himmel schreit«, aber es ist nicht in dem von ihm erhofften Maß zu nachhaltigen Veränderungen gekommen. Daran war er allerdings selbst nicht ganz unschuldig. Eine Eingabe der für das Justizwesen verantwortlichen Minister machte im Jahre 1737, also in seinem 25. Regierungsjahr, auf erhebliche Mängel aufmerksam: Neben unqualifiziertem Personal wurden vor allem die »Überhäufung der wenigen tüchtigen Räte mit Arbeit …, [die] ganz unzureichenden Besoldungen und [das] Fehlen jeglicher Leistungsförderung« moniert.64 Über Ad-hoc-Entscheidungen versuchte der König bei den vielen ihm vorgelegten Einzelfällen die von ihm verfolgten Grundsätze zu verwirklichen und damit Vorbilder für die alltägliche Gerichtspraxis zu geben. Zwar mussten ihm alle auf »peinliche Strafen« lautenden Urteile vorgelegt werden, die er kraft seines oberstrichterlichen Amtes bestätigen oder abändern konnte. Jedoch mischte er sich nicht in die laufende Prozessführung ein und beschäftigte sich erst gar nicht mit den juristischen Details, die ihm ohnehin als ermüdende Quisquilien erschienen. Bei den ihm angezeigten Schwerverbrechen, wie im Falle eines Mörders, forderte er vom Präsidenten des Kammergerichts, dass »den Rechten nach wider ihn procediret« werde.65 Verbrechen an Leib und Leben wurden mit der Todesstrafe geahndet, hier hat Friedrich Wilhelm I. keine Abstriche gemacht: Wenn »einer Bluht vergißet es wieder vergoßen werden« müsse, lautete sein Credo.66 Auch Ansätze einer Humanisierung des Strafrechts, wie die Abmilderung des »Säckens« gegen Kindsmörderinnen, fehlten. Aber über die bereits angesprochenen Suppliken konnten Untertanen das Interesse des Königs für einen sie betreffenden Rechtsstreit auf dem Gebiet des Zivilrechts anregen.67 Daraus konnten dann Verfügungen des Königs folgen, die letztlich einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Justizwesen ausübten. So forderte er des Öfteren, dass Entscheidungen getroffen werden sollten, die den Prozessparteien »von Rechts wegen zukommen möchten«.68 Besonderen Wert – 3. Der »innere König«

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auch das spiegeln viele einzelne Entscheidungen wider – legte Friedrich Wilhelm I. auf eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren, und er hasste Weitläufigkeiten. Die Gerichte sollten dazu angehalten werden, dass »alle Processe oder wenigstens alle Instantien in einem Jahre geendiget werden können« – ein aus verschiedenen Gründen äußerst ambitioniertes Ziel.69 So wies er das Berliner Kammergericht 1731 an, einem Barbier angesichts der »klaren Sprache« des Urteils »keine Appellation wider diese Sententz zuzulassen«.70 Und in der Angelegenheit des Kammerrates Schönholtz forderte er »prompte und unpartheiische Justitz zu administriren und nicht zu verstatten, daß die sache unverantwortlicher weise herum gezogen und aufgehalten werde«.71 Mit Samuel von Cocceji, der 1722 als Präsident des Kammergerichts eingesetzt worden war und 1737 zum »Ministre Chef de Justice« ernannt wurde, verfügte der König zudem über einen überaus fähigen und durchsetzungsstarken Juristen, der wenigstens versuchte, seine Vorstellungen in der Justiz umzusetzen.72 Auf der für den 27. Juni 1721 im ostpreußischen Königsberg anberaumten und im Beisein des Königs stattgefundenen Sitzung des Geheimen Rates hatte Cocceji eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbreitet, mit denen man die von Friedrich Wilhelm I. monierten Mängel mittelfristig abzustellen hoffte. Dazu zählten neben Anregungen, die auf eine Effektivierung der Aktenversendung bei Instanzenzug hinausliefen, auch solche bei den Beteiligten kaum Begeisterung hervorrufende Empfehlungen wie die Einschränkung der Ferien bei den Gerichten oder dass die Gebühren an die Advokaten erst nach Beendigung der Prozesse ausgezahlt werden sollten.73 In der Tat wäre bei einer Umsetzung dieser Vorschläge nach einem Bericht des Herausgebers der »Berlinischen privilegirten Zeitung«, J.A. Rüdiger, das »lamentiren der Advocaten und Procuratoren … entsetzlich, indem die mehresten befürchten, umb ihr Brot zu kommen«.74 Erste Erfolge waren zur Freude des Königs durchaus bald zu gewärtigen: So seien am Ende des Jahres 1723 am Berliner Kammergericht nur noch 68 Prozesse mit einer Dauer von über einem Jahr anhängig gewesen, während dies im Vorjahr noch 171 gewesen seien.75 Dennoch schien der Weg der Reformen, wie die den König immer wieder erreichenden Informationen nahelegten, noch sehr lang zu sein, so dass er noch zu Beginn der 1720er Jahre glaubte, das Rechtswesen als in seinen Augen unerfüllte Agenda seinem Nachfolger als Vermächtnis hinterlas90

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sen zu müssen: »Was die Justiz in meinem Lande anlanget, habe alles angewendet, daß sie gerecht und kurz gefaßt sein sollte, aber leider habe nicht reussieret.«76 Am Ende der 1730er Jahre nahm jedoch die vor allem durch Samuel von Cocceji verantwortete Justizreform neue Fahrt auf und wurde mit einer bis dahin kaum gekannten Umsicht und Energie vorangetrieben. Im Sommer 1738 unternahm er ausgedehnte Visitationen der Gerichte und bereiste dazu die meisten Provinzen. Des Weiteren wurden die Präsidenten der Justizkollegien aufgefordert, nach dem Vorbild der schon seit Langem praktizierten Beurteilung der Offiziere jährliche »Conduitenlisten von den Räthen und Subalternen einzusenden«.77 In den von ihm unterbreiteten Vorschlägen mahnte Cocceji beim König aber auch ein größeres Vertrauen gegenüber seinen Ministern an – ein aufgrund des permanenten Argwohns Friedrich Wilhelms I. fast aussichtsloses Unterfangen.78 Zudem vermochte er zuweilen auch eigene Positionen gegen den König durchzusetzen79, insbesondere in Personalentscheidungen.80 Jedoch blieb die beabsichtigte Vereinheitlichung der Gerichtsverwaltungen und erst recht der verschiedenen Prozessordnungen in den Provinzen vorerst in Ansätzen stecken.81

Die Inspektionsreisen Doch kehren wir noch einmal zurück zu den vom Monarchen genutzten Möglichkeiten, eine halbwegs effiziente administrative Durchdringung seines Königreiches zu erreichen. Eine weitere Chance, um sich selbst ein Bild »vor Ort« zu machen, bestand für Friedrich Wilhelm I. darin, seine Provinzen zu bereisen. Vom Erfolg überzeugt, riet er auch seinem Nachfolger, diese Praxis weiterzuverfolgen, »da wierdt er seine Regimenter und Arméé officiers Lender und leutte Kennen lernen und wierdt selber sehen das in alle seine Prowincen schöne verbeßerungen in den Domenen« seien.82 Zwar war er bestrebt, in einer gewissen Regelmäßigkeit – angedacht war, alle drei Jahre eine der Provinzen zu bereisen83 – alle Landesteile zu inspizieren, jedoch waren gewisse Schwerpunktsetzungen nicht zu übersehen, so dass diesen Reisen im Gegensatz zu denen seines Nachfolgers noch »kein planmäßiges System« zugrunde lag.84 3. Der »innere König«

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Dort, wo der Reformbedarf am höchsten war bzw. sich infolge von Katastrophen ein intensives Retablissement erforderlich machte, zeigte der König des Öfteren persönliche Präsenz, wie etwa in Preußisch-Litauen. Hierher soll Friedrich Wilhelm I. insgesamt elf Mal während seiner Regierungszeit eine Inspektionsreise geführt haben.85 Man wird allerdings bedenken müssen, dass während der recht aufwendigen Reisevorbereitungen die Verwaltungsbehörden der betroffenen Kreise gewisse Vorkehrungen trafen, um nicht im allzu schlechten Lichte zu erscheinen. So wurde angeordnet, die Brücken und Wege, die der Monarch passieren würde, vorab zu reparieren.86 Da der König mit einem größeren Gefolge – und nicht »ohne Bedeckung«, wie mitunter Glauben gemacht wurde87 – zu reisen pflegte, mussten stets genügend Pferde an den Relaisstationen zum Wechsel bereitgehalten werden. Während der 1731 durch Ostpreußen durchgeführten Reise hatten die Ämter jeweils 250 Pferde zuzüglich 30 Reitpferden zu stellen. Dabei scheint es nachweislich der nach den Reisen an die betreffenden Amtsträger ergangenen Ordres auch zu allerhand Irritationen, insbesondere bei der Gestellung des Vorspanns, gekommen zu sein. Diese persönlich vom Monarchen »vor Ort« vorgenommenen Kontrollen dienten zugleich als Vorbild für die von den regionalen Amtsträgern erwartete Verwaltungspraxis. Auch von ihnen verlangte er regelmäßige Inspektionen – zum Beispiel hatten die Steuerräte mindestens zweimal jährlich alle Städte ihres Bezirkes zu besuchen. So erachtete es der König 1733 als »nöhtig«, dass der Präsident der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer von der Osten »die unter seiner Direction stehenden Ämter und Städte recht kennen lerne, und zugleich an jedem Orte observire, was annoch zu verbessern«.88 Doch sollten die damit in Verbindung stehenden Probleme nicht unterschätzt werden. Aus heutiger Sicht ist es nur noch schwer vorstellbar, welchen zeitlichen Aufwand und welche Mühen es einem Steuerrat oder Landrat bereitete, seinen räumlich ja recht ausgedehnten Wirkungsbereich zu bereisen, gleich welche Witterung herrschte. So muss man sich die Straßen im damaligen Preußen oftmals als Sandpisten vorstellen, die sich bei Dauerregen in tiefe Moraste verwandelten oder aber bei längerer Trockenheit ebenfalls zu unüberwindlichen Hindernissen für Wagen und Pferde werden konnten.89 Auf die von der Magdeburgischen Kriegs- und Domänenkammer 92

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vorgebrachten Einwände, wonach eine intensivere Bereisung die Departementsräte »von der ordinairen Arbeit beym Collegio sehr abhalten« werde, reagierte der König unwirsch mit der Bemerkung: Man solle nicht so viel »raisonniren«! Er habe »die provintzen in 20 tagen, sowohl Städte als Ämter, durchreisen und das nötige examiniren können; so wird ein Departements Raht, wenn er nur nicht spatzieren fahren will, sein kleines departement wohl zu bereisen Zeit haben«.90

Vom Räsonieren und Gehorchen. Der König und die Amtsträgerschaft Solche Äußerungen haben im populären Bewusstsein das Bild eines sich rigide und detailversessen in nahezu alle Angelegenheiten einmischenden und permanent über das Walten seiner Amtsträger unzufriedenen Königs entstehen und sich verfestigen lassen. Mit einer Mischung aus wohligem Erstaunen und Schaudern, mitunter verbunden mit dem auf das Treiben der langatmig arbeitenden Bürokratie heutiger Tage weisenden Zeigefinger, sind zumeist in den Publikationen populären Zuschnitts die Verlautbarungen des Monarchen zur Kenntnis genommen worden und ist genüsslich aus den vielen überlieferten Marginalien zitiert worden. Diese scheinen auf den ersten Blick durchaus die vom König geforderte Promptheit und Sachbezogenheit der Verwaltung zu bestätigen. Immer wieder begegnen darin Ablehnungen von finanziellen Zuschüssen (»ich hab kein geldt«91), Ermahnungen, nicht zu »räsonieren«, oder sein Anspruch, über die Besetzung von Ämtern – auch der subalternen – entscheiden zu wollen: »Keine Bedienung soll vergeben werden als die ich selber vergebe.«92 Dennoch gilt es dabei zu bedenken, dass diese Urteile keinesfalls einen repräsentativen Querschnitt bieten. Denn zumeist sind bislang jene Marginalien publiziert worden, die eine besonders derbe Diktion aufweisen und den »absoluten« Herrscher in seinem Element zeigen.93 Allerdings sind die vielen Quellen, in denen einerseits Unzuverlässigkeit und Trägheit kritisiert wurden und andererseits von den Behörden eine prompte Erfüllung der Aufgaben verlangt wurde, auch ein Spiegelbild dafür, dass eine bedenkliche Lücke zwischen Anspruch und Wirk3. Der »innere König«

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lichkeit klaffte. So kritisierte der König im Januar 1735 die des Öfteren fehlerhaften bzw. mit zeitlichem Verzug erfolgten Zahlungseingänge der Magdeburgischen Kriegs- und Domänenkammer an die General-Domänen-Kasse scharf und forderte den zuständigen Kammerpräsidenten v. Katte auf, künftig für prompte Zahlungen zu sorgen. Drohend ließ er sich vernehmen, dass den magdeburgischen Räten »zu erinnern [sei], daß in Magdeburg noch eine Citadelle vor ohnfleißige Bedienten sey«.94 Zudem war in seinen Augen die professionelle Amtsführung höchst verbesserungswürdig. Ebenfalls 1735 ließ er seinem Missfallen über das Policey-Wesen in den Städten der Mindener Provinz freien Lauf. Die Verantwortung sah er vornehmlich bei den Steuerräten, welche »ignorante oder betrügliche Leuthe seyn müssen«. Diese sollten deshalb »cassiret und tüchtige RegimentsQuartiermeister an deren Stelle vorgeschlagen werden«.95 Aus solchen Erfahrungen erklärt sich im Übrigen der gallige Ton seiner Instruktionen und manche verletzende Attitüde in seinen Randverfügungen. Hier ist immer wieder von »Narren«, »Kanallien«, »dummen deuffeln«, »Erzfickfackern« etc. die Rede, wenn er schlecht arbeitende Amtsträger bedachte. Seine Kreativität war unerschöpflich, nicht selten bediente er sich bei seinen Titulierungen an Vorbildern aus dem Tierreich. Der Verwaltungsalltag war indes weniger spektakulär, als dies so manche verkürzte Wiedergabe der in derbem Ton gehaltenen Marginalien suggerieren mag. Sicher ist es zutreffend, dass sich dieser König in weitaus umfangreicherem Maße in die verschiedenen Materien der Regierungspraxis eingearbeitet und demzufolge auch auf das Verwaltungshandeln Einfluss genommen hat. Über die verschiedenen Instrumente, die ihm zur Kontrolle der Behörden und ihrer Amtsträger zur Verfügung standen, ist bereits gehandelt worden. Das bedeutet jedoch nicht, dass er aus seiner fraglos anerkannten Spitzenstellung heraus allein schaltete und waltete, ungeachtet der daraus erwachsenden Folgen für Staat und Gesellschaft. Eine nähere Beschäftigung mit dem Verwaltungsalltag zeigt uns vielmehr einen sich zwar ständig um Informationen bemühenden, aber durchaus nicht beratungsresistenten und manchmal sogar recht geduldigen Landesherrn. Sicher sind einige Neuansätze in der Besetzungspraxis der Ämterchargen zu beobachten, wie zum Beispiel ein vergleichsweise höherer 94

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Anteil an bürgerlichen Amtsträgern. Vor allem im engsten Machtzirkel, dem Kabinett, war die Favorisierung Bürgerlicher auffällig. Die Kabinettssekretäre Ehrenreich Bogislaw Creutz und Samuel Marschall96 sowie in späteren Regierungsjahren August Friedrich Boden, Elias Schumacher und August Friedrich Eichel stellen die prominentesten Beispiele dar.97 Auch wenn einige von ihnen in späteren Jahren geadelt wurden, bleibt die Bevorzugung Bürgerlicher als signifikantes Faktum bestehen. Für die besondere Vertrauensstellung dieser Amtsträgergruppe spricht zugleich, dass sie zuweilen für andere Aufgaben hinzugezogen wurden und offiziell auch andere Ämter ausfüllten. So wurde Creutz schon 1714 zum Generalkontrolleur aller königlichen Kassen, zum »referendair générale«, erhoben, und der Kabinettssekretär Boden amtierte zugleich als Geheimer Finanzrat im Generaldirektorium.98 Mitunter verhehlte der König indes nicht seine Vorbehalte gegenüber bürgerlichen Amtsträgern. Kraut sei zum Beispiel besonders auf seinen materiellen Vorteil bedacht, sei »wie der deuffell listig nach den gelde«. Deshalb empfahl er seinem Nachfolger, er müsse »das Auge aufhaben, das er euch nicht bedrige«.99 Hinter der Favorisierung von bürgerlichen Kandidaten wird man auch die – zumeist eher indirekt vom König artikulierte – Erwartung vermuten dürfen, dass die Amtsträger mehr der Ehre halber als wegen der Besoldung zu dienen hätten.100 Eine solche Haltung wurde auch dadurch befördert, dass es noch keine festen Besoldungsverhältnisse gab. Vielmehr war es üblich, dass ein Amtsträger während der ersten Jahre seiner Karriere »auf Exspektanz« diente, also unentgeltlich arbeitete. Dies war sicher vornehmlich auf die rigide Sparpolitik des Königs zurückzuführen, resultierte aber auch aus der lange üblichen Praxis, das Gehalt der Amtsträger in Naturalien auszuzahlen.101 Fast unisono klang es in den königlichen Anweisungen anlässlich der Bestallung von Amtsträgern an den für die Auszahlung der Gehälter zuständigen Geheimen Etatrat v. Creutz: »aber noch keine Besoldung« (1720 zur Bestallung des Geheimen Rates v. Rochow im Generalfinanzdirektorium) oder »Besoldung erst später« (1722 zur Berufung des Geheimen Finanzrats v. Börstel).102 Damit verbunden war auch eine uns in den persönlichen Entscheidungen des Königs begegnende Gefühllosigkeit und fehlende Empathie: So hatte ein Akzisebeamter einige höhere Offiziere des Unterschleifs be3. Der »innere König«

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zichtigt, konnte seinen Vorwurf aber nicht ausreichend beweisen und wurde daraufhin entlassen. Ein anderthalb Jahre später an den Monarchen gerichtetes Gesuch, ihm wieder eine Anstellung zu verschaffen, wurde brüsk mit der eigenhändigen Resolution »Geh zum Teufel« abgewiesen. Der mittlerweile völlig verarmte Mann sah daraufhin keinen anderen Ausweg und erschoss sich. Der über den Vorfall berichtende v. Manteuffel kommentierte den Vorgang mit sarkastischen Worten: »Cela s’appelle, être exact à exécuter les ordres de son maitre.«103 Auch die eher an die vergangene Zeit erinnernde Praxis des Ämterkaufes erfreute sich nach 1713 erheblicher Beliebtheit. Diese vornehmlich auf fiskalischen Gewinn orientierte Personalpolitik – man denke hier vor allem an die »Rekrutenkasse« – hielt die Frage offen, ob der fachlich kompetenteste oder der zahlungskräftigste Kandidat das avisierte Amt bekam.104 Es solle derjenige die Stelle haben, »wer das meiste giebet«, hieß es so manches Mal.105 Zahlungen von ganzen Jahresgehältern in diese Kasse waren keine Seltenheit.106 Aus vielen Amtsträgerbiographien ist bekannt, wie lange und teuer eine Ausbildung sein konnte, insbesondere wenn sie ein Studium einschloss. Selbst wenn im unmittelbaren Anschluss an die Ausbildungsphase ein Subalternposten in der Verwaltung erlangt werden konnte, bedeutete das nicht von vornherein, mit einem sicheren Einkommen rechnen zu dürfen. Vielmehr war davon auszugehen, eine geraume Zeit ohne Besoldung arbeiten zu müssen. Der spätere Justizminister Levin Friedrich II. von Bismarck (1703–1774) erhielt nach eigener Aussage erst elf Jahre nach dem Beginn seiner Amtsträgerlaufbahn eine Besoldung als neumärkischer Vizekanzler.107 Die Gehälter selbst waren dann auch eher kärglich bemessen, so dass nicht selten die Familie des jungen Amtsträgers noch etwas zuschießen musste.108 Klagen über zu geringe Besoldungen begegnen uns über die gesamte Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. Schon im ersten Regierungsjahr machte das Hinterpommersche Oberkommissariat darauf aufmerksam, dass mit der zur Verfügung stehenden Geldsumme nicht noch eine weitere Charge in dieser Behörde geschaffen werden könne, weil den bereits dort tätigen Amtsträgern »am Gehalt nicht wohl etwas abgezogen und einem neuen Subjecto beigeleget werden kann, wo sie nicht crepiren sollten«.109 Es ist bereits darauf aufmerksam gemacht worden, dass Friedrich Wilhelm I. gleich zu Beginn seiner Regierungszeit erhebliche Kürzungen 96

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in den Besoldungen vornahm. Über die Klagen darüber berichtete der kaiserliche Gesandte, v. Schönborn-Buchheim, recht ausführlich nach Wien. Dies mutete den Diplomaten deshalb mitteilenswert an, weil von den zum Teil drastischen Gehaltsreduktionen auch eine Reihe von Ministern und anderen hohen Amtsträgern betroffen war, so dass es »ohnmöglich ist, darbey subsistiren zu können«. Selbst mit dem Fürsten von Anhalt sei das geschehen, »worüber auch dieser sehr mißvergnügt seyn solle«.110 Aus dieser Unzufriedenheit könnten sich Spannungen innerhalb der politischen Führungsgruppe in der preußischen Residenz entwickeln, die sukzessive Gefahr liefen, zu einer instabilen Situation zu führen. Zugleich schienen die finanziell knapp gehaltenen Minister und Räte damit empfänglicher für mögliche Offerten der europäischen Mächte zu werden. Die Neigung Friedrich Wilhelms I., die Gehälter für die Amtsträger einzufrieren, »nahm mit den Jahren zu«.111 Bittgesuche auf Gehaltszulagen oder eine Versorgung mit Ämtern fanden ohnehin nur selten Gehör. Allzu nachdrücklich auf eine Erhöhung der Besoldungen drängende Supplikanten sahen sich zudem der Gefahr königlicher Ungnade ausgesetzt. Wer »von Neue tractamenten spricht den halte ich vor ein hundspfot«, ließ der König auf ein solches Gesuch antworten.112 Friedrich Wilhelm konnte auch deshalb die Besoldungen auf einem niedrigen Niveau halten, weil er angesichts vieler Gesuche um eine Anstellung in subalternen Chargen davon ausging, dass es genügend Bewerber gab. So gewinnt die zynisch klingende Kabinettsordre des Monarchen anlässlich einer Anfrage des Generaldirektoriums eine gewisse Schlüssigkeit: Wer »nicht zufrieden seyn will, was er bekömt, seine Dimmission bekommen kann, maßen Sie 200 andere Subjecta davor wiederbekommen können, wenn Sie es verlangten«.113 Jedoch konnte eine allzu drastische Sparpolitik dazu führen, dass sich das Reservoir fähiger Kandidaten für eine Charge verringerte. Dies gestand sich Friedrich Wilhelm I. zuweilen auch selbst ein, als er etwa das Generaldirektorium 1730 aufforderte, sich angesichts der Überalterung und der Invalidität etlicher Minister »um geschickte Köpfe umzuthun, wodurch der bisherige Abgang mit capablen Leuten … wieder ersetzt werde«.114 Doch mit zunehmendem Alter traten solche Bedenken gegenüber den fiskalischen Erwägungen bei Friedrich Wilhelm I. offenbar zurück. Als der König im Herbst 1737 von den Ministern des 3. Der »innere König«

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Generaldirektoriums im Zuge der Schaffung der Stelle eines Justizministers Personalvorschläge verlangte, gab Friedrich Wilhelm von Grumbkow zu bedenken, dass »ein Mann, der den Character als Minister führte, an einem so teuren Ort wie Berlin, wenigstens 6000 Rtlr. haben müsse, wenn er ein wenig figuriren wolle«.115 Im Zusammenhang mit einer fälligen Neubesetzung der Stelle des Konsistorialpräsidenten wagte sich v. Grumbkow mit seiner Kritik am König ziemlich weit vor, wenn er äußerte, dass sich fremde Personen »wohl nicht finden [dürften], die mit einem geringen Salario sich hier ruiniren wollen, sondern es wirt nun doch S. M. müsen hierin mal thun auch [so] wie die kleine Fursten Ihre ministros bezahlen«.116 Man muss allerdings bedenken, dass sich zur damaligen Zeit – und dies weit über Preußen hinaus – das Verständnis einer leistungsbezogenen Besoldung noch nicht durchgesetzt hatte.117 So entsprach es auch gängigen Erwartungen, dass die zum Hofstaat gehörenden »Bemittelten von Adel … von dem Ihrigen fünf- oder sechsmal so viel, als sie empfangen, zusetzen« sollen.118 Die im Ganzen eher ungünstigen finanziellen Rahmenbedingungen blieben zwangsläufig nicht ohne Auswirkungen. Finanzielle Abhängigkeiten und das Trachten nach zusätzlichen Einnahmequellen mussten der Idealvorstellung eines in völliger Loyalität dem Monarchen ergebenen Amtsträgers im Wege stehen. Somit blieben auch Friedrich Wilhelm I. nicht jene ernüchternden Erfahrungen erspart, die selbst unter seinem berühmten Sohn und Nachfolger an der Tagesordnung waren.119 Unterschlagungen ließen sich einzelne Amtsträger nach wie vor zu Schulden kommen. Die überlieferten Klagen des Königs bis hin zu seinen verbalen Wutausbrüchen resultierten ja gerade aus diesen oftmals noch fragilen, unfertigen Verwaltungsstrukturen. Zudem ist das Agieren Friedrich Wilhelms I. entgegen dem oft kolportierten Bild nicht auf das rigide Einfordern der von ihm gewünschten Amtsauffassung zu beschränken. Neben diesen allseits bekannten in drastischem Ton gehaltenen Instruktionen, Kabinettsordren und Marginalien sind Quellen überliefert, die sowohl von einer gewissen Konzilianz gegenüber seinen Amtsträgern als auch von erstaunlichem Langmut zeugen und belegen, dass sich der König durchaus nicht als so beratungsresistent erwies wie angenommen. Einige wenige Beispiele seien hierzu präsentiert: Im Kontext des 1718 eingeführten »Neuen 98

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Kammer-Reglements« wurde zwischen dem Generaldirektorium und den auf mittlerer Ebene wirkenden Amtskammern über die Visitation der Ämter verhandelt. Auch der König meldete sich zu Wort und erachtete es überraschenderweise nicht als notwendig, dass die Kammerpräsidenten die Ämter jährlich visitierten, »sondern es sey genug, wan solches, nachdem Er sich erst die Ämter recht bekandt gemacht, nur einmahl alle drey Jahr geschehe«.120 So hatte der kurmärkische Kammerpräsident v. Görne zu 18 der insgesamt 24 Punkte des neuen Amtskammerreglements von 1717 Bedenken vorgebracht. Dies wurde ihm aber keinesfalls als Insubordination oder Besserwisserei ausgelegt. Vielmehr sollte sich ein Amtsträger zu solchen Stellungnahmen »verpflichtet« fühlen, anderenfalls es »leichtsinnig gehandelt seyn würde, wenn Sie Bey solcher occasion … stillschweigen wollte[n]«.121 Auch die anderen um Statements gebetenen Amtskammerräte hielten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Der Kammerrat d’Arrest verband mit seinen Bedenken gar grundsätzliche Zweifel an einer der Absichten der Reform. Seiner Auffassung nach war das Prozedere viel zu starr und unflexibel gehalten. Nun sei es »aber nicht möglich, die administration der Wirthschafft an gewiße Regeln und gesetze zu binden, angesehen selbe von Jahr zu Jahr nach derselben frucht- oder unfruchtbarkeit geändert, mit verkauffung und aufschüttung des getreydes bald geeilet, bald wieder aufgehalten und solcher gestalt einigen Nutzen gesuchet werden muß«. Sein Kollege folgte ihm in dieser Argumentation und gab zu bedenken, dass »bey der LandtWirtschafft undt HaußHaltung man sich nicht an eine algemeine Instruction binden könne; sondern es muß ein guther undt getreuer Haußwirth sich nach Zeit, gewitter gelegenheit, Vorkommende Unglücks fälle undt andere Urstöße richten«.122 Die vom König zu Beginn der 1720er Jahre initiierte und vorangetriebene Reform der Spitzenbehörde des Gesamtstaates wurde ebenfalls nicht widerspruchslos hingenommen. Vielmehr stieß die von ihm mit so viel persönlichem Engagement verfolgte Verwaltungsreform, die zur Zusammenlegung der Kommissariatsbehörden mit der Kammerverwaltung führte, auf zahlreiche Bedenken der Amtsträgerschaft in den Provinzen. Angesichts der Vorbehalte gegenüber der Anweisung an die Regierung der Provinz (Ost-)Preußen vom 28. Januar 1723, die die Aufsicht über die Städtesachen der neu gebildeten Kriegs- und Domänenkammer über3. Der »innere König«

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trug, sah sich der König am 3. März 1723 zu einem erneuten Schreiben an die preußischen Regierungsbeamten veranlasst. Darin betonte er sich fast schon entschuldigend, dass »diese Verfassung … nicht aus Mißtrauen gegen euch wie ihr vermeinet gemacht worden sei, sondern weil in allen Unsern Landen und Provinzien alle Magistrate und Rathäusliche Sachen unter die Auffsicht der p. Kammern« gesetzt seien.123 Auch die Räte der neu gebildeten Pommerschen Kriegs- und Domänenkammer verwahrten sich in dem Schreiben, das dem König über die Einrichtung des neuen Kollegiums berichtete, gegen den Vorwurf, »als ob sie (die beiden Collegien) ihre Pflicht bisher nicht genügend gethan hätten«, und wurden nachfolgend beschwichtigt.124 Langmut bei der Umsetzung von Instruktionen und Verordnungen und die immer wieder in Verwaltungsstuben zu beobachtende Praxis des »Aussitzens« blieben auch im Preußen der 1720er und 1730er Jahre an der Tagesordnung. So zeigte sich der König im August 1735 sehr ungehalten über die nachlässige Durchführung einer vor anderthalb Jahren erlassenen Verordnung zur Wiederherstellung der in Unordnung geratenen Registratur in der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer und forderte einen Bericht, »warumb seit 19 Monathen und vielfältig befohlener maßen die Protocolla derer bey Ihrem Collegio vorgetragenen sachen nicht übergeben« worden seien.125 Als Gründe für diese Verzögerungen wurden fehlende Unterlagen und Personalprobleme genannt. Der Kammerpräsident von der Osten dämpfte in seinem Schreiben an den König die Aussicht auf eine rasche Abstellung der Mängel und gab zu bedenken, »daß wann die Secretarii, welche in Domainen-, Forst-, Zoll-, und Justitz-Sachen expediren nach der bisherigen Verfassung mit der ihnen auf gelegten Arbeith forttfahren und dabey nichts verabsäumen sollen, sie woll die Protokolla von denen expedirten Sachen schwehrlich prompt verfertigen und übergeben können«.126 Recht selbstbewusst trat der Präsident der Mindischen Kriegs- und Domänenkammer und spätere Minister im Generaldirektorium, Friedrich Wilhelm von Borcke, gegenüber der ihm vorgesetzten Behörde auf. Er hatte sich im Oktober 1736 kritisch gegen die in seinen Augen zu rigide praktizierte Arbeit der Kommissionen gegenüber den Domänenpächtern gewandt und zu bedenken gegeben, »daß, wann mit denen Beamten also wie bisher geschehen noch ferner umgegangen werden wird, ich in 100

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alle Wege befahre, daß die Generalpacht mit der Zeit übern Haufen gehen, die Unterthanen irre gemachet, dem Kammer-Collegio seine Autorität genommen und alles in die äußerste Confusion gerissen werde«. In der folgenden Zeit lieferten sich v. Borcke und das Generaldirektorium einen verbalen Schlagabtausch, in dem Letzteres auf der Kommissionsarbeit bestand, »deren Nothwendigkeit und Nutzen gezeiget« worden sei, während der Kammerpräsident auf seiner Meinung beharrte, dass Kommissionen »nur große und schwere Kosten« verursachten, während man »von gutem Erfolge« nur wenig höre.127 In diesen Verhaltensweisen scheinen offenbar recht weitreichende Spielräume der Amtsträger auf den verschiedenen Verwaltungsebenen durch. Und tatsächlich wäre eine Vorstellung verfehlt, die in dem Agieren der Behörden während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. nur ein hohes Maß an Hierarchisierung und Bürokratisierung im Sinne des von oben nach unten weitgehend ohne Reibungsverluste durchgedrückten herrschaftlichen Willens erblicken würde. Widerspruch gegenüber königlichen Entscheidungen wurde durchaus gewagt, sogar in dem hochsensiblen Bereich der Personalpolitik des Königs. Als dieser zum Beispiel zu Beginn des Jahres 1738 befohlen hatte, die in seinen Augen ungeeigneten Steuerräte Lütckens und Wittich von der Kurmark nach Pommern zu versetzen, sah sich das Generaldirektorium veranlasst, darauf hinzuweisen, »wie nach des Chef-Präsident von Osten Bericht der Wittich einer der besten Kurmärkischen Steuerräthe sei und hier nicht gar wohl zu missen stehe«.128 Die beachtliche Eigenständigkeit, die Behördenmitarbeiter an den Tag legten, spiegelte sich auch in internen Auseinandersetzungen wider, so dass sich die Minister im Generaldirektorium oder die Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammern veranlasst sahen, »den König um Unterstützung zu bitten gegen Räte, die in ihren Augen pflichtvergessen waren, unbotmäßig oder ihnen gegenüber eine feindselige Haltung an den Tag legten«.129 So herrsche etwa in der Litauischen Kammer »keine Subordination«, ließ sich Minister Friedrich von Görne 1727 resignativ vernehmen.130 Auch die dem König bekannt gewordenen und schon an anderer Stelle angesprochenen Verhältnisse in der Hinterpommerschen Kriegs- und Domänenkammer deuteten offensichtlich auf eine fehlende Autorität des dortigen Präsidenten hin. Hier sah sich deshalb Friedrich Wilhelm I. am 1. Juni 1728 zum Einschreiten veranlasst 3. Der »innere König«

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und wies das Generaldirektorium an, auf Abstellung der beanstandeten Missstände zu drängen.131 Somit bestätigt die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. eine übergreifende Beobachtung für die Verwaltungspraxis im Ancien Régime, wonach die »Verwaltungsreformen des ›absolutistischen‹ Staates in der Regel eng mit einem Amtsträger, der die Angelegenheiten federführend betrieb, verbunden« waren.132 Die Amtsträger waren eben, so lässt sich aus diesen, durchaus noch zu vermehrenden Exempeln resümieren, keine willenlosen Befehlsvollstrecker, die ständig in Angst vor dem nächsten königlichen Zornesausbruch oder der Androhung seiner Ungnade lebten. Zwar sei in den letzten Regierungsjahren des Königs bei der jüngeren Generation der Amtsträgerschaft der Widerspruchsgeist zurückgegangen. So äußerte sich der kursächsische Gesandte am Berliner Hof, Graf v. Manteuffel, recht despektierlich über die Personen, die sich vom König alles bieten ließen, »ohne daß sie böse werden«. In dem Zusammenhang gab er eine angeblich von Friedrich Wilhelm I. getane Äußerung wieder: »die müssen ohne Räsonniren alles thun, was ich haben will.«133 Überbewertet sollten solche Einschätzungen indes nicht werden, vor allem wenn man auf die weiteren Entwicklungen in der preußischen Amtsträgerschaft schaut. Jene bekannte Äußerung eines hellsichtigen Zeitgenossen aus der spätfriderizianischen Zeit ließe sich durchaus, obschon vielleicht nicht repräsentativ, auf die Amtsträgerschaft Friedrich Wilhelms I. übertragen: »In der Tat, die Minister sind nicht bloß expedierende Sekretäre des Königs …; sie sind bei weitem mehr – und dies unbeschadet der unbezweifelten Selbstherrschaft Friedrichs.«134 Die mit »Männerstolz vor Königsthron« umschriebene Haltung begegnet uns auch bei Friedrich Wilhelm I. immer wieder einmal. So schrieb der König sichtlich konsterniert am 13. Juli 1719 an Fürst Leopold, dass die zwei subalternen Amtsträger »Lehmann [und] Bube mir in die augen gesaget, sie wehren mir feindt«. Sie hatten sich darüber beschwert, dass der Monarch »alle beste dinster [Dienste – F.G.] soldahten gehbe und ich keine gelerte estimirte«.135 Friedrich Wilhelm I. räumte zudem auch von seiner Seite den Amtsträgern einen gewissen Spielraum ein, wenn sie die gewünschten Effekte in ihrem Verantwortungsbereich garantierten. So bot der König dem von ihm offensichtlich geschätzten ehemaligen Gramzower Amtmann Bartholdi 1731 an, eine Amtspacht in Preußen zu übernehmen, jener Provinz, 102

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an deren Förderung Friedrich Wilhelm bekanntlich viel lag. Bartholdi zeigte sich daran nicht interessiert, bekundete aber seine Bereitschaft, in diese Provinz zu reisen, wenn »ihm die Ämter-Commissarien-Bedienung in der Uckermarck, so jetzt vacant, conferiert werden« würde. Der König ging auf den Vorschlag ein, beförderte Bartholdi zum Kommissionsrat und schickte ihn nach Preußen, damit »er das land daselbst kennen lernet, und wenn er ja nicht selbst zur Pachtung zu bewegen, daß er ander gute Pächter aus der Uckermarck, und wo er sonst bekannt ist, nach Preußen verschaffet«.136 Ebenso standen dem Bild des polternden und seine Amtsträger mit derben Kraftausdrücken beleidigenden Monarchen Äußerungen gegenüber, in denen er nicht mit Anerkennung sparte. Seinen Etatminister v. Borcke ließ er im Oktober 1731 wissen, dass er »gern ersehe«, wie er »die Renteien in Richtig und Ordnung zu setzen beschäftiget« sei.137

Die Bildung des Generaldirektoriums Zu einer der einschneidendsten Reformen kam es zu Beginn der 1720er Jahre, als sich Friedrich Wilhelm I. zur Zusammenlegung der Kammeradministration und der Kommissariatsverwaltung entschloss.138 Dies hatte eine längere Vorgeschichte und führt auf ein übergreifendes Problem der frühneuzeitlichen Verfassungsgeschichte, das hier allerdings nur am Rande interessieren soll. Es handelte sich um jene Eigentümlichkeiten der älteren Finanzverwaltung, »jede Ausgabe auf bestimmte Einnahmequellen zu verweisen und für jede Hauptgruppe von Einnahmen und Ausgaben eine eigene Verwaltungsbehörde einzurichten«.139 Vor diesem Hintergrund hatte sich jedoch in der alltäglichen Verwaltungspraxis eine ganze Reihe von Konflikten angestaut. Während dem Generalfinanzdirektorium, als Spitzenbehörde für die Domänenverwaltung und nichtsteuerliche Einnahmen zuständig, an einer Steigerung der Kammereinkünfte gelegen war, bemühte sich das Generalkriegskommissariat um eine Hebung der vor allem aus dem städtisch-gewerblichen Sektor herrührenden Steuereinkünfte. Schon in den ständischen Gravamina im Umfeld des Regierungsantritts Friedrich Wilhelms I. hatten die Ständerepräsentanten einiger Provinzen ihre Unzufriedenheit mit diesen Ver3. Der »innere König«

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hältnissen artikuliert und den Wunsch geäußert, das Kommissariat solle »in causi civilibus sich keiner Cognition anmaßen«. Das um Antwort auf diese Beschwerde gebetene Klevische Kommissariat wusste sich aber »nicht zu erinnern, daß es sich in andern als Steuer- und Kriegssachen mische«.140 Auf der Ebene der Provinzen standen sich die Amtskammerverwaltungen auf der einen und die Kommissariate auf der anderen Seite gegenüber. Erstere hatten die Aufsicht über die Domänenämter und Vorwerke sowie die Zölle und Regalien, während die Kommissariate die Steuerverwaltung zur Versorgung des stehenden Heeres zu verantworten hatten. In den meisten »Provinzen« waren zudem die sogenannten »Regierungen« mit Verwaltungs- und Gerichtsaufgaben betraut und bildeten damit eine Konkurrenz zu den Kommissariaten. Im Alltag erwiesen sich die nicht zu unterschätzenden Animositäten der aus unterschiedlichen Verwaltungstraditionen stammenden Amtsträger als stetes Konfliktfeld. So berichtete etwa der mit seinem Regiment in Magdeburg stehende Generalmajor v. Stille am 24. August 1714 dem König, dass die Vertreter der für das Herzogtum Magdeburg zuständigen Regierung und Amtskammer angelangt seien, um mit einigen Kommissariats- und Magistratsdeputierten das den Behörden zugedachte Haus zu besehen. Allerdings seien »Sie unter sich wegen Eintheilung der logimenten noch nicht einig« geworden.141 Um nur zwei weitere der typischen Auseinandersetzungen exemplarisch vorzustellen: Im September 1720 hatte sich der Oberamtmann von Giebichenstein (bei Halle/Saale), Schmidt, darüber beschwert, dass ihm »durch die auf das Amtsbier neuerlich gelegte doppelte Accise … viel Hinderung und Schwierigkeit gemacht, er auch daher nicht im Stande sein würde, die davon gelobte Pacht abzuführen«. Der König wies daraufhin das Generalkriegskommissariat an, auf das zuständige Magdeburgische Oberkommissariat einzuwirken, damit der klagende Oberamtmann »bei seinem Pachtcontract und was ihm darin verschrieben ist, mit Nachdruck geschützt« werde.142 Überdies hatte in der Vergangenheit insbesondere das Generalkriegskommissariat seine Kompetenzen auszuweiten und in die Zuständigkeiten anderer Behörden hineinzuregieren versucht. Die enge Verbindung mit den Heeresangelegenheiten mochte dieses höhere Selbstbewusstsein der Kommissariatsbeamten befördert haben, die deshalb davon ausgehen konnten, dass im Konfliktfall der 104

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Landesherr eher für sie Partei ergreifen würde. Dies war im Übrigen auch jenseits der preußischen Grenzen bekannt. Der später für das Reformwerk des kursächsischen Retablissements eine große Bedeutung erlangende Thomas von Fritsch hat rückschauend die Regierungspraxis Friedrich Wilhelms I. analysiert und – neben anerkennenden Einschätzungen – den Vorwurf erhoben, »er regiere seine Staaten wie ein Kriegskommissariat«, was auf der Annahme fußte, »daß der Staat für die Zwecke und Ziele der Armee da sei«.143 Die sichtliche Bevorzugung der Kommissariate resultierte überwiegend aus dem Verdacht des Landesherrn, die Kammerverwaltungen und Regierungen würden in bestimmten Situationen zu sehr den ständischen Interessen entgegenkommen. So hatte sich die Neumärkische Amtskammer stellvertretend den »schärfsten Tadel des Königs« zugezogen, weil nach dessen Auffassung »einige von Unsern Provinzialkammern mit den Landständen colludiret und gegen die Commissariate, ergo wider Uns und Unser höchstes Interesse Partei genommen«.144 In Minden-Ravensberg eskalierte ein Konflikt zwischen der Kommissariats- und der Kammerverwaltung, als die 1721 von Letzterer forcierten Bemühungen, den Wert der dortigen Domänen mittels des Baus von Brauereien und Branntweinbrennereien zu erhöhen, durch Aktivitäten einer vom Generalkriegskommissariat eingesetzten Kommission zur Hebung der Akziseeinkünfte untergraben wurden. Die Kommission veranlasste nicht nur die Erhebung von bisherigen »Flecken« in den Status von Städten, wodurch in diesen Orten die Akzise eingeführt werden konnte. Für Verdruss bei der Domänenverwaltung sorgte auch das Vorhaben, dass »die Grundlage für die Akzise« in jenen neuen Stadtkommunen »der Absatz von Bier und Branntwein von neu anzulegenden Brauereien und Branntweinbrennereien bilden« sollte.145 Angesichts dieser Interessengegensätze wandte man sich an die zuständigen Zentralbehörden, also das Generalkriegskommissariat und das Generalfinanzdirektorium, die freilich ihrerseits auf der Umsetzung ihrer Pläne beharrten. Der König, der wegen der unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten in diesem – und auch in manch ähnlich gelagertem – Fall eingeschaltet wurde, reagierte unwirsch und warf beiden Behörden Unprofessionalität vor. Auf solche Art die »vorgegebene Verbeßerung Unserer Revenüen« zu erreichen, halte er »vor nichts anderes, als vor Wind und blauen Dunst«.146 3. Der »innere König«

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Im Verlauf der ersten Regierungsjahre hatte Friedrich Wilhelm I. mit immer größerem Unbehagen das äußerst konfliktive Verhältnis zwischen den beiden Behördengruppen beobachten müssen, das sich zudem durch den »hohe[n] fiskalische[n] Effizienzdruck, den Friedrich Wilhelm I. – bisweilen mit brachialen Methoden – auf seine Amtsträger auszuüben pflegte«, noch weiter verstärkte.147 Obwohl der König und die ihn in dieser Angelegenheit beratenden Amtsträger den Auseinandersetzungen, etwa durch die Forderung nach gemeinsamen Sitzungen beider Behörden, die Schärfe nehmen wollten, änderte sich vorerst nichts grundlegend an den Zuständen.148 Es liege gewissermaßen in der Natur der Sache, so äußerte Friedrich Wilhelm von Grumbkow, dass »die beyde Collegia von zeit zu zeit miteinander in contradiction« gerieten. Am zuträglichsten wäre es deshalb, wenn »über gewisse puncte Sr. K. M. decidiren undt die Collisiones dadurch aufheben möchten«.149 Hinzu traten im Verhältnis dieser beiden Verwaltungszweige jene Erscheinungen, die jeglichem vormodernen Verwaltungshandeln anhafteten. Langatmigkeit von Entscheidungsprozessen, aber auch das bewusste »Aussitzen« von Problemen in der Hoffnung, dass der Zeitenlauf darüber hinweggehen würde, zählten gewiss dazu. Auch im Vorfeld der Bildung der neuen Oberbehörde entzündete sich die Kritik des Öfteren an der Arbeitseinstellung der Beamten, wobei nicht in jedem Fall ausgemacht war, ob es sich dabei um Nachlässigkeit, bewusstes Hintertreiben von Anweisungen oder schlichtweg fachliche Inkompetenz handelte. Im Umfeld jener gemeinsamen Konferenzen von Generalkriegskommissariat und Generalfinanzdirektorium, die seit 1721 zur Klärung der Unstimmigkeiten zwischen diesen Behördenzweigen durchgeführt wurden, vermochte Friedrich Wilhelm von Grumbkow im Januar 1722 nur durch die Drohung, »widrigenfalls … S. K. M. davon information zu geben«, die Kurmärkische Amtskammer zu bewegen, endlich die erbetenen Unterlagen einzusenden.150 Neben den Kompetenzstreitigkeiten, denen auch unterschiedliche Zielvorstellungen der beiden Behördentypen zugrunde lagen – beide standen ja unter »Erfolgsdruck« –, gab es noch andere Hemmnisse. Diese resultierten aus der regionalistischen Grundstruktur des Gesamtstaates. Die unterschiedliche Verwaltungstradition in den jeweiligen Provinzen erschwerte eine vom König beabsichtigte einheitliche Struktur. 106

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Selbst kleinere Territorien, die im 17. oder frühen 18. Jahrhundert in die Hohenzollernmonarchie integriert worden waren, unterschieden sich zum Teil beträchtlich in ihren Behördenstrukturen. In der Grafschaft Ravensberg existierte zum Beispiel keine Regierung.151 Im Fürstentum Minden hingegen war zu Beginn der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. »eine gemischte Behörde aus Regierungsräten und Landräten … verantwortlich für die Kommissariatsadministration«, zumal die Bezeichnung als »Kommissariat« hier ohnehin erst am 24. Mai 1713 per königlicher Ordre eingeführt worden war.152 Angesichts dieser wiederkehrenden Klagen und der vom König wahrgenommenen Reibungsverluste wurden dann jene Konsequenzen gezogen, die zu einer der einschneidendsten Reformen in der Verwaltung führen sollten. Im Dezember 1722 legte der König einen weitgehend von ihm selbst verfassten Entwurf der Instruktion vor, mit der die beiden bislang in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehenden Institutionen zu einer Spitzenbehörde vereinigt werden sollten.153 Ebenso war beabsichtigt, auf der mittleren Ebene die bisherigen Amtskammern mit den Kriegskommissariaten zu Kriegs- und Domänenkammern zu vereinigen. Gleichwohl kamen die mit dem Reglement von Januar 1723 eingeleiteten Veränderungen nicht über Nacht, ebenso wenig wie es zutreffend wäre, dem König allein die Idee dafür zuzuschreiben. Zudem hatte es schon 1712, also noch zu Lebzeiten des alten Königs, Überlegungen gegeben, die Reibungen zwischen den beiden Behörden durch eine bessere Koordination zu verringern.154 Auch wenn es durchaus der Wahrheit entspricht, dass Friedrich Wilhelm I. in der Abgeschiedenheit des Jagdschlosses (Groß) Schönebeck das Reglement für die neue Zentralbehörde persönlich ausgearbeitet hat – obgleich wohl nicht »in wenigen Stunden«155, wie mitunter glauben gemacht wurde –, entsprang dies keiner plötzlichen Eingebung. Wie so oft bei ähnlichen Projekten hatte die Reform mehrere »Väter«. Ohne den Anteil der infrage kommenden Personen genau gewichten zu können, scheint Leopold von Anhalt-Dessau hierbei eine entscheidende Rolle gespielt zu haben. So reagierte Friedrich Wilhelm I. in einem Brief vom 26. Dezember 1722 an den Dessauer auf ein Schreiben von diesem und bezog sich dabei auf dessen »Resonnements wegen Combinacion von Comissariat und Kamer«.156 Grumbkow hegte hingegen ernsthafte Bedenken gegen diese Lösung. Alles in 3. Der »innere König«

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allem zeigt sich, dass die Veränderung auf die Initiative des Königs zurückging, das Reifen des Gesamtprojekts wohl aber auch durch andere Einflüsse begleitet worden war. Dass der Leidensdruck infolge der ständigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Kommissariaten und den Amtskammern enorm zugenommen hatte, spiegelte sich auch in der halb hoffnungsvollen, halb drohenden Bemerkung wider, mit der Friedrich Wilhelm I. den Bericht über die erste Sitzung der neuen Spitzenbehörde vom 20. Januar 1723 versehen hatte: »sein sie fleißig den[n] die sachen sind in solche grohße confusion das es höchste Zeit von der weldt ist und Pericula mora ist zu redressieren das nit ein totahler verfall zu gewarten ist.«157 Ohne hier auf die Details des umfangreichen Instruktionsentwurfes und der dann endgültigen Fassung vom 20. Dezember 1722 zur Bildung des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums einzugehen, sei nur auf Folgendes aufmerksam gemacht158: Der König war zwar de jure Chef der Behörde, jedoch wohnte er den Sitzungen selbst nicht bei. Sein Stuhl an der Spitze der langen Tafel im Sitzungssaal blieb leer. Lediglich sein Porträt hinter diesem erinnerte die Minister symbolisch daran, wem gegenüber sie sich letztlich zu verantworten hatten. Über die Gründe seiner Absenz lässt sich mangels eigener Aussagen nur spekulieren, aber man kann davon ausgehen, dass es ähnliche Erwägungen waren, wie sie ihn auch in seinen ersten zehn Regierungsjahren davon abgehalten hatten, bei den Zusammenkünften der Spitzenbehörden, sei es des Geheimen Rats, des Generalfinanzdirektoriums oder des Generalkriegskommissariats, selbst zu präsidieren. Jedoch verlangte er, dass ihm nach den Sitzungen die Protokolle vorgelegt wurden. Das Generaldirektorium, wie es der Kürze halber jetzt immer öfter bezeichnet wurde, nahm nunmehr de facto die Spitzenstellung innerhalb der preußischen Verwaltung ein – de facto deshalb, weil offiziell noch der alte Geheime Rat (mit den sogenannten »Wirklichen Geheimen Räten«) diesen Rang innehatte. Jener war aber, wie eingangs schon beschrieben, zunehmend zu einem »caput mortuum« geworden, das vor allem in Justiz-, Kirchenund Schulsachen tätig war.159 Doch zurück zur Etablierung des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums: Zwar entstand nun eine die bisher getrennten Zuständigkeiten vereinende Gesamtbehörde mit »Departements«, die 108

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mit ihren Ressortabgrenzungen scheinbar an die Arbeit moderner Ministerien erinnern. Allerdings ist die Kombinierung dieser modern anmutenden, fachlichen Erwägungen folgenden Gliederung mit dem Regionalprinzip wiederum aus heutiger Sicht nur schwer verständlich. So hatte das unter der Leitung Friedrich Wilhelm von Grumbkows stehende Erste Departement die »Grenz- und Rodungssachen« für den Gesamtstaat zu verantworten, war aber gleichzeitig für alle nicht mit den vier Fachressorts abgedeckten Materien für die Provinzen (Ost-)Preußen, Pommern und Neumark zuständig. Zu diesen Materien zählten die Peuplierungspolitik, Angelegenheiten des Handwerks- und Zunftwesens, die Domänenverwaltung und vieles mehr. Dem Dritten Departement unter Leitung v. Görnes war wiederum das Post- und Münzwesen des gesamten Königreiches anvertraut, zugleich besaß es die Zuständigkeit für die niederrheinischen Landesteile. Wir haben uns das aus heutiger Perspektive in etwa so vorzustellen, als wenn der Bundesgesundheitsminister gleichzeitig für länderspezifische Angelegenheiten der Länder Niedersachsen und Bremen oder der Bundesarbeitsminister nebenher für die Länder Brandenburg und Berlin zuständig wäre. Diese im Übrigen bis zum Ende des altpreußischen Staates beibehaltene Gliederungslogik verdeutlicht einmal mehr den hohen Grad der regionalistischen Struktur des Gesamtstaates, auf den schon mehrfach aufmerksam gemacht wurde. Zugleich zeigt sich, wie weit man auch noch zur Zeit Friedrich Wilhelms I. von einem »Einheitsstaat« entfernt war – ungeachtet der unter jenem Monarchen erreichten Entwicklungsschübe.160 Dennoch konnten trotz der traditional anmutenden Ämterstruktur in der neuen Zentralbehörde im Verwaltungsalltag Veränderungen erreicht werden, die sich langfristig auf die Art und Weise der Amtsausübung auswirkten. Dazu zählte unter anderem die wahrlich nicht selbstverständlich erscheinende Forderung des Königs, dass die Minister sich an den Sitzungstagen im Schloss versammeln mussten. So hatte der König in seiner Instruktion verlangt, dass die Minister ihre Amtsgeschäfte nun an vier Wochentagen »collegialiter, nicht aber in den Häusern, wie bisher, tractiren«161; der Verwaltungsalltag in den kommenden Jahren sah jedoch etwas anders aus und erinnerte noch geraume Zeit an die bisher geübte Praxis.162 Zudem hatte der Monarch in der genannten Instruktion ja auch 3. Der »innere König«

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zugestanden, dass die fünf Minister an den verbleibenden beiden Tagen (Dienstag und Samstag) »mit Revidiren und Hausarbeit zu thun« hätten.163 Die Detailbesessenheit Friedrich Wilhelms I. bei der Konzipierung der neuen Behörde ging bis hin zur Festlegung der Sitzordnung in diesem Gremium.164 Ebenso wie es noch keine durchgehend klare Ressortabgrenzung gab, waren Angehörige dieser Spitzenbehörde auch auf verschiedenen Verwaltungsebenen tätig. So amtierten die beiden Präsidenten der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer gleichzeitig als Räte im General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktorium. Und der Kammergerichtspräsident v. Cocceji wurde angewiesen, sich in der Kriegs- und Domänenkammer einzufinden, damit »bei denen vorfallenden Verhören die Justiz mit respiciret« werde.165 Das hatte der König aufgrund unliebsamer Erfahrungen verfügt. 1723 fand man im Zuge der Fusionierung der bisherigen Provinzialbehörden bei der Sicherung der Akten der Kommissariatsverwaltung in den Privathäusern der Beamten »die Unterlagen in einem Zustand heilloser Unordnung und ganz unzureichender Erschließung vor« – auch dies mochte die Durchsetzung der vom König favorisierten Praxis der Arbeit seiner Amtsträger außerhalb ihrer Wohnungen beschleunigt haben.166 Zudem verlangte der König angesichts der Bekleidung mehrerer Ämter durch seine Minister und Räte, die Priorität eindeutig auf das Generaldirektorium zu legen. Demnach hätten »die dirigirende Ministri und Assessores des General- u. Directorii bloß und allein in solchem Directorio, worin Wir Selbst das Präsidium führen, sitzen, aller anderen Collegiorum aber sich entschlagen sollen«.167

Ein »allgegenwärtiger« König168? Es ist durchaus zutreffend und wird durch die quellenmäßige Überlieferung bestätigt, dass Friedrich Wilhelm I. einen direkten persönlichen Anteil am Verwaltungshandeln nahm und sowohl auf wichtige Veränderungen als auch auf die alltägliche Praxis Einfluss ausübte, jedenfalls in wesentlich höherem Maße als alle seine Vorgänger. Jedoch darf das durchaus außerordentlich große Engagement nicht den Blick dafür verschließen, dass die preußische Verwaltung nicht von jenen mitunter 110

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eine kontraproduktive Wirkung entfaltenden Entwicklungen verschont wurde, die allenthalben der frühmodernen Bürokratie eigen waren. Auch die preußische Verwaltung der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war schließlich durch jene Merkmale charakterisiert, die typisch waren für das Ancien Régime. Dabei geht es nicht darum, die kaum zu bestreitende Arbeitsleistung des Königs auf diesem Feld zu schmälern, sondern deutlich zu machen, wie weit überhaupt der politische Spielraum eines Herrschers im 18. Jahrhundert bemessen war. Wird nämlich die Frage aufgeworfen, warum viele der Vorstellungen Friedrich Wilhelms I. nur halbherzig oder gar nicht umgesetzt werden konnten, stößt man bald auf ein Amalgam aus strukturellen und individuellen Grenzen, auf die seine Vorhaben treffen mussten. Zunächst gilt es, sich vor Augen zu halten, dass die Veränderungen in der Verwaltung mit jenen Amtsträgern durchgeführt werden mussten, die zumeist schon lange in den Behörden tätig waren. Außerdem brachten die Reformen natürlich nicht sofort Beamte neuen Typs, gleichsam als »deus ex machina«, hervor. Der König wusste um diese Unzulänglichkeiten, auch wenn er seine mitunter idealisierten Vorstellungen einer Amtsführung nach seinem Gusto einforderte. Die Eigenverantwortung blieb groß; schon bei der internen Organisation der Kriegs- und Domänenkammern hatten die Räte die Departementeinteilung selbst vorzunehmen und diese Entwürfe dem König vorzulegen. Die Rücksichtnahmen auf die Interessen der aus den beiden bislang häufig konkurrierenden Behörden stammenden Räte hatten Friedrich Wilhelm I. offenbar dazu bewogen, die bisherigen Chefs der Kammer- und Kommissariatsverwaltungen in den meisten Provinzen zu gleichberechtigten Präsidenten in den neuen Kriegs- und Domänenkammern zu berufen – eine Konstruktion, die indes bald wieder abgeschafft wurde.169 Durch das nun immer stärker zur Geltung kommende »Kollegialitätsprinzip« wurde zum einen die gegenseitige Kontrolle der für das jeweilige Ressort gemeinsam zuständigen Räte bzw. Minister erreicht, zum anderen wurde damit die Stellung des Monarchen gestärkt, »denn es machte es für einzelne Beamte schwer, ein Ressort selbständig zu beherrschen«.170 Auch dem König scheint dieses Organisationsprinzip mehr gelegen zu haben. Dennoch konnte es durchaus vorkommen, dass in einigen Behörden einzelne Minister eine dominierende Stellung einnahmen, 3. Der »innere König«

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auch wenn ihnen formal andere Kollegen beigeordnet waren. Über die dominierende Rolle v. Ilgens im »Kabinetts-Ministerium« wie die zeitweilig herausgehobene Position v. Grumbkows ist schon berichtet worden. Zudem war dem König aus arbeitsökonomischen Erwägungen daran gelegen, dass einer der Minister ihm Vortrag hielt, als Ansprechpartner für seine Wünsche und Anordnungen galt und zur Gegenzeichnung der königlichen Erlasse zur Verfügung stand.171 Ein in den Augen des Königs weiter bestehendes Ärgernis wollte diese Reform nach Möglichkeit beseitigen oder zumindest minimieren: Das von den Ständen immer wieder eingeforderte Indigenat sollte bei der Besetzung von Ämtern in den Provinzen außer Kraft gesetzt werden.172 Gerade in den erst später in den Gesamtstaat integrierten Landesteilen hatte es oftmals enge Verbindungen zwischen der ständischen und der Kommissariatsverwaltung gegeben.173 Nunmehr sollten im Zuge der Reform Rücksichtnahmen auf die Interessen der regionalen Eliten möglichst eingeschränkt werden – ein Vorhaben, das zumindest zum Teil umgesetzt werden konnte. Geplant war, dass zum Beispiel die in den Kriegs- und Domänenkammern angestellten Räte alle drei Jahre in eine andere Provinz versetzt werden sollten.174 Dies ist jedoch nur teilweise verwirklicht worden. Letztlich hatte die Besetzung der Chargen »mit optimal qualifizierten Beamten … gegenüber dem abstrakten Motiv einer überregionalen Durchmischung der Beamtenschaft deutlich den Vorrang«.175 Trotz der nach wie vor von Sparsamkeitsgrundsätzen geprägten Finanzpolitik wuchs die Zahl der Amtsträger während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. weiter an. Auch er konnte sich nicht der Eigendynamik des Ausbaus von Verwaltungsapparaten entziehen. Um eine höhere Effizienz zu erreichen und mehr Einnahmen zu erzielen, wurde wiederum eine Ausweitung des Verwaltungsapparates nötig. Dieses aus historisch-soziologischer Perspektive beschriebene Gesetz vom »Wachstum der Staatsgewalt« konnte mitunter recht fühlbar werden. So war schon nach zehnjähriger Wirksamkeit des Generaldirektoriums »der Raum zu den Acta bereits ziemlich enge«, so dass sich Erweiterungen erforderlich machten.176 Die Anstöße dazu kamen nicht selten von den Amtsträgern selbst bzw. wurden in einer Art »Aushandlungsprozess« zwischen den Behörden auf den verschiedenen Verwaltungsebenen und 112

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dem König entwickelt. Hierfür nur ein anschauliches Beispiel: Da Friedrich Wilhelm I. stets danach trachtete, genaue personelle Verantwortlichkeiten in den Behörden festzumachen, also »wer, wann bey einem oder andern Ambt … daran schuldig, und welcher hingegen in allen Stücken seiner Pflicht ein Genügen thue«, lag es für die Betroffenen nahe, diesen Anspruch auch selbst in den internen Verwaltungsabläufen umzusetzen. So gab die Mindische Kriegs- und Domänenkammer in ihrem Bericht vom 11. August 1723 zu bedenken, dass das bisherige Reglement »gar zu general eingerichtet« war. Man wünsche, dass »selbiges zu Obtinirung guter Ordnung … etwas specieller verfaßet, mithin einem jedem membro sein besonders departement angewiesen werden müße«.177 Dem wurde Folge geleistet, so dass innerhalb der nächsten beiden Jahre ein Prozedere entwickelt wurde, nach dem jedem Rat ein bestimmtes Fachressort zugeordnet wurde. Ein für die preußische Geschichte außerordentlich wichtiges Strukturmerkmal hat auch die Verwaltungspraxis während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. ganz entscheidend beeinflusst, worauf verschiedentlich schon hingewiesen worden ist: Immer wieder wurde der König mit den regionalen Eigenheiten seiner Lande konfrontiert. Während seiner Regierungszeit konnte es nicht um eine rigide Nivellierung der regionalen Traditionen, nicht um »eine schematische Gleichmacherei« gehen, vielmehr bildete auch in dieser Phase des preußischen Staatsbildungsprozesses »das Bemühen um einen Ausgleich zwischen den allgemeinen Staatsnotwendigkeiten und der Schonung der speziellen Eigentümlichkeiten« den Grundzug der Entwicklung.178 Die immer wieder gern zitierten und sehr differenzierten Einschätzungen über die Effizienz der einzelnen Provinzverwaltungen und ihrer Amtsträger erscheinen ja nicht nur als unterhaltsame Lektüre über die sehr eigenwillige Art der königlichen Menschenführung, sondern sie können auch gelesen werden als Beleg für den großen Einfluss regionaler Traditionen und Identitäten auf das Verwaltungshandeln. Die Amtsträger in Ostpreußen (»sein so viel schelm und diebe«179) und Kleve-Mark kamen dabei in der Regel schlecht weg.180 Des Königs abfällige Meinung zu der zuletzt genannten Provinz kam pointiert auch in einer Antwort an den Minister v. Görne zum Ausdruck: Er beschied ihm anlässlich der Besetzung einer Charge: »… ist es ein Dumer Deuffel sollen Ihn in die klevische Regi[erung zum] Raht ma3. Der »innere König«

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chen Dazu ist er guht genug«.181 Solchen Äußerungen liegen zumeist konkrete Einzelerfahrungen zugrunde, die der König im Verwaltungsalltag gesammelt hatte. Nicht so sehr die variierende Professionalität der Amtsträger in den Landschaften, sondern vor allem der Grad der Resistenz der adligen Ständerepräsentanten gegen die von ihm gewollten Reformen bildete den Hintergrund für die unterschiedlich ausfallenden Einschätzungen. Dass die altmärkischen, magdeburgischen und halberstädtischen Landesteile mit besonders viel Kritik bedacht wurden und er ihnen das permanente »Ressoniren« sehr übel auslegte, war auf die unmittelbar vor der Abfassung der Instruktion an seinen Nachfolger geführten Auseinandersetzungen um die Lehnsallodifikation zurückzuführen.182 Dieses Bewusstsein für die Interessenlagen der landschaftlichen Führungsgruppen spiegelte sich auch in der bereits beschriebenen Struktur der 1722/23 neu geschaffenen Zentralbehörde, des Generaldirektoriums, wider, bei der regionale und fachliche Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts nebeneinanderstanden. Zur Ambivalenz der im Zuge dieser Reform beabsichtigten Verbindung der Domänenverwaltung mit den Kommissariatsbehörden gehört natürlich auch, dass damit die den Kommissariaten vermeintlich inhärente Effizienz und Rigidität verblasste. Denn wie gezeigt wurde, kam es nun zu einer recht ausgewogenen Verbindung beider Behördenzweige, und die Amtsträger brachten jeweils ihre eigenen Traditionen und Mentalitäten in die neu geschaffenen Institutionen auf der zentralen und mittleren Ebene ein. Zudem waren im »Vergleich zu den Kommissariaten … die Kammern etabliertere Behörden und im Unterschied zu den ursprünglich wohl auch als Usurpation empfundenen Steuererhebungen entsprach ihre Funktion selbstverständlichem Herkommen«.183 Mit Blick auf die vom König mit so viel persönlicher Verve angegangene Reform der Kammerverwaltung mischte sich am Ende seiner Regierungszeit eine gewisse Resignation: In einer Ordre vom 28. August 1738 zog der König eine ernüchternde Bilanz über die seit 25 Jahren betriebenen Reformen in der Verwaltung. Dem Generaldirektorium machte er darin Vorhaltungen, dass es seine Kontrollfunktion gegenüber den Mittelbehörden – den Kriegs- und Domänenkammern – vernachlässigen und ihm Missstände verheimlichen würde.184 114

3. Der »innere König«

Jene Reibungsverluste, die durch die Zusammenlegung der Kommissariats- und Domänenverwaltung eigentlich eliminiert werden sollten, traten weiterhin auf, wenn auch nicht mehr in der Intensität und Häufigkeit wie vordem. Die Auseinandersetzung um die Zuständigkeiten bei der Organisation von Truppendurchmärschen bringt die noch nach über 20-jähriger Regierungszeit bestehenden Unklarheiten zum Ausdruck, zeigt aber auch einen gewissen Pragmatismus des Königs. Diesmal war es die Konkurrenz zwischen den Kriegs- und Domänenkammern und den Regierungen, die Klärungsbedarf erheischte. Bei den Durchzügen von Truppen auswärtiger Fürsten – in diesen Fällen marschierten Einheiten des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel durch halberstädtisches Territorium bzw. dänische Truppen durch das Fürstentum Minden – galten die Regierungen als die ersten Ansprechpartner. Ansonsten hatten aber die Kriegs- und Domänenkammern, in die ja die Kommissariate eingegangen waren, die »Marsch-Sachen« zu verantworten. Der Monarch reagierte auf eine Vorstellung des Problems ziemlich barsch: »Die Kriegsund Domainen-Cammer soll es thun, die Regierung soll die Nase darin nicht stecken, oder sie wird sich sehr verbrennen.«185 Nun hatten aber seine mit den auswärtigen Angelegenheiten betrauten Kabinettsminister den König dezent darauf verwiesen, dass die bisherige Praxis schon einen tieferen Sinn habe. Schließlich sei es jeweils die Regierung, »welche S.K.M. höchste Persohn in den Provintzien repraesentiren«, und deshalb sei sie der vornehmliche Kontakt für andere Monarchen oder Fürsten. Friedrich Wilhelm I. zeigte sich halbwegs einsichtig und man einigte sich darauf, dass für die »Regulirung der Durch-Marche« zuvörderst die Kriegs- und Domänenkammern zuständig seien. Im Falle von Anfragen auswärtiger Fürsten bleibe es aber bei der bisherigen Praxis, wonach diese von den Regierungen entgegengenommen und an den König bzw. das Kabinettsministerium weitergeleitet werden müssten.186

Die Wahrnehmung des Königs durch die Untertanen Doch soll hier vornehmlich keine institutionelle Verwaltungsgeschichte betrieben werden, zumal gewiss kein Mangel an solchen Darstellungen besteht. Hingegen wurde die Frage, wie das Verwaltungshandeln bei den 3. Der »innere König«

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Adressaten wahrgenommen wurde, allenfalls beiläufig gestellt. Lange Zeit obwaltete eine sehr zurückhaltende Position, die das »Volk« in Stadt und Land in einer eher passiven, wenn nicht gar lethargischen Rolle sehen wollte. Im zeitgenössischen Verständnis der aristokratischen und bürgerlichen Oberschichten galt diese Mehrheit der Bevölkerung schlichtweg als »Pöbel«, den »die mangelnde Vernunft, die zu große Neigung zum affektbestimmten Handeln und die leichte Verführbarkeit durch den äußeren Schein« als anthropologische Grundkonstanten auszeichneten.187 Erst recht erfolgten solche Zuschreibungen für jene einen großen Teil des preußischen Staatsterritoriums umfassenden Gebiete, die dem Typus der »ostelbischen Gutsherrschaft« zugeordnet worden sind. Hier schien jene »Untertanen«-Mentalität in besonderer Weise entwickelt und jegliches Potential zu politischer Partizipation und Widerständigkeit verkümmert. Dies korrespondierte im Übrigen mit einer äußerst gering eingeschätzten Alphabetisierung als einer wichtigen Voraussetzung eigenständiger geistiger Reflexion: »Das Gedruckte, diese Realität aus zweiter Hand, ist dem Landmann völlig fremd«, lautet ein solches pointiertes Urteil.188 Solcherlei Zuschreibungen sind durch die sozial- und mentalitätsgeschichtlich arbeitende Forschung der letzten Jahrzehnte zumindest teilweise revidiert worden. Vornehmlich mikrohistorisch angelegte Studien konnten widerlegen, dass es in den ostelbischen Landschaften der preußischen Monarchie angeblich keine »Tradition von Aufmüpfigkeit und Protest« gegeben habe und »die Bauern relativ früh entmündigt« worden seien.189 Vielmehr waren die Verhältnisse eben nicht nur durch einen scharf polarisierenden Gegensatz zwischen einem scheinbar omnipotent waltenden Gutsherrn und den ihrem Schicksal lethargisch ergebenen bäuerlichen Hintersassen geprägt, denen zudem für die Vertretung ihrer Interessen eine erstaunlich lebendige Dorfgemeinde zur Verfügung stand.190 Die Funktion als Patrimonialgerichtsherr band zum Beispiel die Gutsherren auch in die allenthalben zu beobachtenden Verrechtlichungstendenzen der frühneuzeitlichen Jahrhunderte ein, führte also zu Lernprozessen auf beiden Seiten. Denn die Gerichtsbefugnis schloss die »Gerichtspflicht« mit ein, und diese wurde von den Untertanen »wenn nötig sehr massiv abverlangt«.191 Die Gesetzessammlungen künden in überaus großer Zahl vom Reglementierungs- und Ordnungswillen der Landesherrschaft. Wir haben es 116

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hier aber beileibe nicht mit einer neuen Qualität administrativer Handlungen zu tun. Es setzte sich vielmehr eine Entwicklung fort, die schon seit Langem zu beobachten gewesen war, zugegebenermaßen nach 1713 in Preußen eine neue Intensität erreichte. Ein Blick etwa in die für die Kur- und Neumark Brandenburg angelegte Gesetzessammlung offenbart die stete Vermehrung der erlassenen Mandate, Verordnungen und Edikte.192 In der Geschichtswissenschaft wurde für diesen sich im Verlauf der Frühen Neuzeit verdichtenden Prozess schon vor über einem halben Jahrhundert der Begriff der »Sozialdisziplinierung« eingeführt – ein Terminus, der in der Forschung nicht ganz unwidersprochen geblieben ist, gleichwohl aber die entscheidenden Intentionen dieser Bemühungen zu umschreiben vermag.193 Die Kritik hat sich vor allem darauf gerichtet, dass die zweifellos zu beobachtende Zunahme der administrativen Wirksamkeit nicht automatisch eine Zunahme der Sozialdisziplinierung implizieren könne. Landesherrliche Ordnungen hatten mitunter »nicht mehr zu bieten als allgemeine Appelle, die Arbeitenden mögen doch ›fleißig sein, fleißig helfen, fleißig Acht haben‹ usw.«194 Zwar können entsprechende Effekte im Sinne der unterstellten Normenimplementation kaum in Abrede gestellt werden, jedoch – und darauf deuten auch etliche Belege aus der preußischen Verwaltungspraxis während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. hin – war der Umgang der mit den normativen Vorgaben beglückten Adressaten mit selbigen »häufiger durch Mißachtung, Aushandlung, Instrumentalisierung, Variierung und ähnliche Handlungen geprägt«, so dass eine »umfassende Verhaltensbeeinflussung der Gesellschaft durch obrigkeitliche politische Programme« kaum nachgewiesen werden kann.195 Denn der aus vielen empirischen Studien gewonnene Befund spricht dafür, dass es auch der brandenburgisch-preußischen Landesherrschaft nicht gelang, »die Flut der ›Widersetzlichkeiten‹, wie es in der Quellensprache heißt, nachhaltig einzudämmen«.196 Den Untertanen bot sich ein breites Spektrum an widerständigem Verhalten, das von der gezielten Unterleistung bei Frondiensten über das Aussitzen und »Sich-dumm-Stellen« bis hin zu offenem Ungehorsam in Gestalt von Verbalinjurien oder offenem Gewaltexzess reichte.197 Der König wusste um diese in seinen Augen kritikwürdigen Verhältnisse dank des vergleichsweise effizient funktionierenden Berichtswe3. Der »innere König«

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sens, zwar nicht im Detail, aber durchaus in den Grundzügen. Auch dass die wiederholte Publizierung der Edikte und Verordnungen nicht den gewünschten Effekt erzielte, dürfte ihm bewusst gewesen sein. So lassen sich die wiederholten Missbilligungen an die Adresse einiger Prediger erklären, dass sie »nicht genugsamen Fleiß und Mühe anwenden, um ihren Zuhörern und Eingepfarreten die Liebe, Treue und Gehorsam, so sie Uns als ihrem Könige und höchsten souverainen Landesherrn zu erweisen und zu leisten verbunden sind, gehörig einzuschärfen«. Schließlich könne ohne solche Voraussetzungen »kein Staat bestehen«.198 Dringender Handlungsbedarf schien auf dem »platten lande« gegeben zu sein, weshalb Friedrich Wilhelm I. von seinem Minister v. Printzen forderte, darauf ein verstärktes Augenmerk zu legen. Seine Bedenken waren nicht unbegründet, denn schon vier Wochen später sah er sich zu einem weiteren geharnischten Erlass veranlasst, in dem er den zuständigen Amtsträgern vorhielt, dass »diese offenbare und höchst strafwürdige Vilipendirung Unserer emanirenden Befehle Uns nicht anders als zu äußerstem Mißvergnügen gereichen könne«. Ferner wolle er wissen, »woher es rühre, daß mehr angezogene Unsere Verordnung so spät und in einigen Ämtern noch gar nicht insinuiret« und die Pfarrer der Verordnung »nicht auf die vorgeschriebene Weise, sondern mit Nonchalance oder gar nicht« nachleben würden.199 Neben der uns nun schon mehrfach begegneten fehlenden Durchsetzung von landesherrlichen Gesetzen zeigt dieser Vorgang zugleich die Bedeutung, die den institutionellen und informellen Formen zukam, um überhaupt einen Zugang zu den Untertanen in Stadt und Land zu erhalten. Selbstverständlich wird man hier keine »modernen« Herrschaftsinstrumente zur Manipulierung anzunehmen haben, und erst recht erscheint es völlig abwegig, einen »absoluten« Herrscher des Spätbarocks mit diktatorischen Systemen des 20. Jahrhunderts gleichsetzen zu wollen.200 Dennoch erwiesen sich auch für die Herrschaftspraxis des 18. Jahrhunderts Vorkehrungen als hilfreich, die eine gewisse innere Stabilität garantierten. Angesichts des angesprochenen Konfliktpotentials in der altständischen Gesellschaft mögen Zweifel gegenüber der Ansicht eines zeitgenössischen Historiographen aufkommen, ob die vergleichsweise geringe personelle Ausstattung der Wache im und um das Potsdamer Schloss mit der festen Überzeugung des Königs erklärt werden könne, dass er sich »auf den Schutz derer Götter, wie 118

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auch auf die Treue des Volcks und derer Soldaten verlassen« könne.201 Gerade mit Blick auf die zuletzt genannte Gruppe war Misstrauen angeraten, und der König fühlte sich aufgrund unliebsamer Begebenheiten hierin bestätigt. So hatte ihn der katholische Pater Bruns des Öfteren vor Verschwörungen der in Potsdam garnisonierenden Soldaten gewarnt, die mit Anschlägen auf sein Leben hätten verbunden sein können.202 Die Gefahr war durchaus real, abgesehen von den aus besonderen und nicht zu verallgemeinernden Konstellationen in der Potsdamer Garnison erwachsenden Unwägbarkeiten. Das erwähnte Konfliktpotential schloss jenen unangesessenen Bevölkerungsteil der altpreußischen Gesellschaft ein, der sich im Gegensatz zu den in gewohnten Herrschaftsverhältnissen eingebundenen städtischen und dörflichen Lebenswelten in noch geringerem Maße reglementieren, ja noch nicht einmal erfassen ließ. Darüber können auch nicht die vielen Edikte, Verordnungen und die als Reaktion auf viele Einzelfälle erlassenen Kabinettsordren hinwegtäuschen. Mitunter scheint Friedrich Wilhelm I. dies selbst gespürt zu haben. Als Mitte der 1720er Jahre vermehrt mit »Visitationen« gegen das sogenannte »liederliche Gesinde« vorgegangen wurde, wie man die damals zahllos die Lande durchstreifenden Bettler, »Zigeuner«203 oder – etwas euphemistischer – als »fahrendes Volk« titulierten Menschengruppen bezeichnete, gab sich der König nicht allzu optimistisch, dass ein nachhaltiger Effekt erzielt werden könne. Der Fürst von Anhalt-Dessau sollte 1727 mit der Leitung des Unternehmens betraut werden und zeigte sich zuversichtlich, möglichst viele dieser Leute aufzugreifen. Doch Friedrich Wilhelm äußerte sich gegenüber dem Fürsten in einer Marginalie resignativ: »Was wirdt das helfen, Sie werden doch wieder losgelassen.«204 Dabei stand die Landesherrschaft hier durchaus unter einem gewissen Erwartungsdruck seitens eines Teils der Bevölkerung, weil die Sicherheit mit den Landstreichern weiteren Schaden nehme und »das platte Land durch die vielen Feuers-Brünste dort herum in solche Furcht gesetzet worden, daß Niemand auf seinem Bette mehr ruhig schlafen« könne.205 Dass das Ausmaß sozialer Bedürftigkeit den Grad der Kriminalität beeinflusste und damit deviantes Verhalten erklären kann, war zwar in dieser Zeit durchaus bekannt, hatte sich aber noch bei Weitem nicht in der administrativen Praxis niedergeschlagen. Zudem stieß die aus heutiger Perspektive befremdlich anmutende und 3. Der »innere König«

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von geringer Barmherzigkeit kündende Vorgehensweise gegen diese »Outlaws« zumeist auf große Akzeptanz der Stadt- und Dorfgemeinden.206 Die in den Diskurs um die Gestaltung der Daseinsfürsorge und der »guten Policey« eingebetteten Fragen tangierten indirekt auch die Entscheidungen des Königs, worauf im folgenden Kapitel eingegangen wird, das sich der Wirtschafts- und Finanzpolitik zuwendet. Hier gilt es zunächst festzuhalten, dass ihm die Probleme, über die er durch die Gravamina, Bittschriften und Berichte sowie aus unmittelbarem Erleben während seiner Reisen informiert wurde, sehr wohl vertraut waren. Bei der nach wie vor noch stark durch personale Beziehungen charakterisierten Herrschaftspraxis, in der in der Regel der Schultheiß, der Amtmann oder der Rittergutsbesitzer den unmittelbaren Bezugspunkt bildete, stellt sich freilich auch die Frage, wie »präsent« der König überhaupt bei seinen Untertanen war. Bei einem Monarchen wie Friedrich Wilhelm I., der sich bei etlichen politischen Materien so unmittelbar in die Regierung einzubringen schien, ist die Annahme nicht ganz abwegig, dass sich in den ländlichen und städtischen Gesellschaften ein bestimmtes Bild vom König etabliert hatte. Beispielsweise gab der kaiserliche Gesandte v. Schönborn-Buchheim im Mai 1713 ein Gespräch mit einem Schuster wieder, der ihm von Begegnungen mit dem König berichtet hatte, dem er Schuhe anfertigte. Schönborn fragte verwundert, ob der König in Häuser von Handwerkern ginge. »Ja, sein Herr wäre ganz eigen in seinen Sachen und thäte dinge, so man von anderen Potentaten … nicht hören würde«, antwortete ihm darauf der Schuster.207 Erinnert sei in diesem Zusammenhang noch einmal an die bereits erwähnte Praxis des Supplizierens, die ja auch eine gewisse Erwartungshaltung der Untertanen an den Monarchen widerspiegelte.208 Trotz solcher Beobachtungen wird Friedrich Wilhelm I. wohl nur in eingeschränktem Sinne als »König zum Anfassen«, als »volksnaher Monarch«209 angesehen werden können, jedenfalls nicht in einem eher populär verstandenen Sinne – vor allem, wenn man seine gewiss überzeichneten Zornesausbrüche bedenkt, die ihn insbesondere bei der Begegnung mit Bürgern seiner Residenzstädte ereilten.210 Dennoch legte der König auf solche unmittelbare Nähe zu seinen Untertanen Wert, für die in gewisser Hinsicht auch sein Agieren im Tabakskollegium sprach, wo er in ungezwungener Atmosphäre sich mit Militärs und Gelehrten, gelegent120

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lich selbst mit Händlern und Handwerkern unterhielt.211 Schließlich galten ein gewisses Maß an »Erreichbarkeit« und »Zugänglichkeit« als Herrschertugenden.212 Mit diesem Verständnis korrespondierten – aus umgekehrter Perspektive – freilich solche Formen von Verehrung, die auch für andere Monarchien bekannt sind. So rief der in Preußisch Holland, einem Dorf in Ostpreußen, wohnende Brettschneider Valentin Koscowsky in Erinnerung, dass seine Gemahlin während der 1714 erfolgten Reise des Königs durch diese Provinz »die allerhöchste Gnade genossen [habe], mit E.K.M. in Preuß. Holland im Fahren nach dem AmbtsSchlosse einige worte in tieffster Demuth zu sprechen. Und da dieselbe eben grob schwanger gewesen«, habe der Monarch ihr angeboten – im Falle, ein Sohn geboren werde – ihn als Taufzeugen »zu erbitten«. Dieser Fall sei nun eingetreten, so dass er für seinen Sohn, der den Namen »Friedrich« tragen solle, um die Gevatterschaft des Königs bitte.213 Solche »Nähe« zwischen einem Fürsten und seinen Untertanen stellt gewiss keine Besonderheit des Herrschaftsstils Friedrich Wilhelms I. dar. Der preußische König war mit seiner ostentativ zur Schau gestellten Ablehnung üblicher barocker Inszenierungsformen insofern kein Sonderfall, als die Fürsten auch an anderen Höfen nicht »den ganzen Tag im vollen Ornat herumliefen, huldvoll winkten und die Höflinge mit Reverenzen beschäftigt waren«.214 Selbstverständlich war eine solche Praxis indes auch nicht. Als Gegenbeispiel ließe sich etwa der englische König Georg II. anführen, der im Verlauf seiner Regierungszeit bei seinen britischen Untertanen immer unpopulärer wurde, was nicht nur an seiner deutschen Herkunft lag, sondern daran, dass er eben sein Land nicht bereiste und »als unnahbar« galt.215 Als ein symbolträchtig aufgeladenes Terrain, auf dem Herrscher und Untertanen einander gegenübertraten und massenkompatible Herrschaftstechniken sich in besonderer Weise beobachten lassen, darf die Huldigung im Rahmen eines Herrscherwechsels angesehen werden. Bei der Gelegenheit vergewisserten sich »Herrscher und Beherrschte gemeinsam der rechtlich-politischen Grundlagen« und bezeugten durch den gemeinsamen Vollzug bestimmter Zeremonien »die Legitimität des jeweiligen Herrschaftsverhältnisses«.216 In der Tat hat man solchen Huldigungen aus zeitgenössischer Sicht neben ihrer Funktion für das landesherrlich-ständische Verhältnis, worauf in unseren Betrachtungen zur 3. Der »innere König«

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Ständepolitik des Königs noch näher eingegangen wird, eine gewisse didaktisch-erzieherische Funktion auf den »gemeinen Mann« attestieren wollen. Es war ja gerade die Zeichenhaftigkeit dieser zeremoniellen Handlungen, die es dem »Pöbel« erleichterte, überhaupt eine Vorstellung von der »Majestät« des Herrschers zu erhalten, oder wie es der zur damaligen Zeit an der Universität Halle lehrende Christian Wolff auf den Punkt brachte: »Der gemeine Mann, welcher bloß an den Sinnen hanget, und die Vernunfft wenig gebrauchen kan, vermag auch nicht zubegreiffen, was die Majestät des Königes ist: aber durch die Dinge, so in die Augen fallen und seine übrige Sinnen rühren, bekommet er einen obzwar undeutlichen, doch klaren Begriff von seiner Majestät, oder Macht und Gewalt.« Daraus leite sich im Übrigen trotz der aufkommenden zeitgenössischen Kritik die Einsicht ab, »daß eine ansehnliche Hoff-Staat und die Hoff-Ceremonien nichts überflüßiges sind«.217 Über diese Formen des Sinnempfindens lasse sich die mangelnde Einsichtsfähigkeit des Volkes kompensieren. Gerade die Huldigungsfeiern belegen, dass der zweite preußische König die Formen der Herrschaftsrepräsentation trotz seines ansonsten eher distanzierten Verhältnisses gegenüber dem Zeremoniell anzuwenden wusste. Der Faktor »Öffentlichkeit« wurde dabei durchaus einkalkuliert, wie zum Beispiel die Anwesenheit einer »großen Volksmenge« anlässlich seines Besuches in Halle am 12. April 1713 belegt.218 Und die in der nach dem Stockholmer Frieden an Preußen gelangten Stadt Stettin im August 1721 zelebrierte Huldigungszeremonie verband Friedrich Wilhelm I. mit einer aktiven Teilnahme am Vogelschießen der Schützenkompagnie der Kaufleute, einem Gottesdienst und einer Musterung.219 Huldigungseid und -gebet deuten sinnfällig die dahinter stehende Motivation der Einbindung der Stettiner Bevölkerung in den neuen Herrschaftsverband an: An erster und zentraler Stelle wird die »Gottesfurcht« betont, denn »Glückseligkeit und Sicherheit des Staates ruhet darauff«. Daraus wurde in traditioneller Weise die Verehrung des Herrschers abgeleitet, denn »Könige sind Gottes Statthalter«. Diesem Einschwören auf zentrale Komponenten des Herrschaftsverständnisses vor einer großen und damit repräsentativen Volksmenge kam insofern auch eine wichtige Bedeutung zu, als damit Gehorsam gegenüber der weltlichen Herrschaft – »Fluche dem Könige nicht in deinem Hertzen!« – gleichermaßen als Gottesgebot bewusst gemacht wurde.220 Diese ideelle 122

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Überhöhung kompensierte in gewisser Beziehung die verglichen mit heutigen Maßstäben geringe institutionelle und personelle Ausstattung des vormodernen Staates. Denn angesichts des hohen Maßes an »Widersetzlichkeit« in allen Teilen der Gesellschaft wurden geeignete Formen und Praktiken benötigt, um gewappnet zu sein. Den Vorstellungen Friedrich Wilhelms I. wird ein von dem wirkmächtigen zeitgenössischen Zeremonielltheoretiker Johann Christian Lünig formulierter Gedanke besonders nahegekommen sein: Demnach dürfe die Herrschaft kein Bild der Konfusion bieten. »Der Pöbel richtet sich ohne dem mehr nach den Exempeln, als den Gesetzen seiner Regenten, wo er nun in der lebens-Art derselben eine nützliche Ordnung findet, da gewehnet er sich dieselbe auch an, und befördert dadurch seinen und des ganzen Landes Wohlstand.« Das Motiv der Vorbildhaftigkeit des irdischen Wandelns eines Herrschers mag wohl den preußischen König in seinen Lebensmaximen in starkem Maße beeinflusst haben. Genügend negative Beispiele standen ihm ja sowohl aus der Historie als auch unter zeitgenössischen Standeskollegen vor Augen. Denn der »HERR« sei »ein Gott der Ordnung«, also »müsse derjenige Regent, so an seiner eigenen Person keine Ordnung spühren liesse, keine wahre Copie des so ordentlichen Originals seyn«.221 Dieser Anspruch bezog sich nicht nur auf solche Facetten wie etwa den Verzicht auf sexuelle Libertinage, sondern selbst auf die Gestaltung eines geregelten und auf eine große Arbeitsamkeit hindeutenden Tagesablaufes. So pflegte der König um 12 Uhr sein Mittagsmahl einzunehmen. Jene Zeit sei, so wusste ein Biograph zu berichten, »auch beinahe in allen Privathäusern … zum allgemeinen Gesetze geworden«.222 Doch obgleich das Hofleben in der preußischen Residenz bei Weitem nicht jene Vorbehalte hervorrief, die die gerade im ausgehenden 17. und frühen 18. Jahrhundert zunehmende publizistische Hofkritik artikulierte, verbat sich Friedrich Wilhelm I. Reflexionen über seinen Hof und seine Familie – hier war er wieder durchaus ein Kind seiner Zeit. Denn solche Materien bildeten sensible Bereiche der »Arcana Imperii«, über die ein Unberufener und zudem von ihm nicht autorisierter Schreiber nicht zu berichten hatte – und geschehe es auch in einer noch so wohlmeinenden Diktion. Rein oberflächlich betrachtet müsste die vornehmlich von bürgerlichen Kreisen ausgehende Hofkritik dem Lebensstil des Königs ent3. Der »innere König«

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gegengekommen sein, begünstigte sie doch »den Aufstieg eines neuen Verhaltensideals, der Aufrichtigkeit«, gewissermaßen als Antipoden zum »Zwang zur Verstellung«.223 Dem war aber mitnichten so. Vielmehr teilte der preußische König die bekannten Vorbehalte gegen eine Verbreitung von Informationen über die in seinen Augen nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Dinge. So reagierte Friedrich Wilhelm im Dezember 1735 sehr missfällig auf das gerade erschienene »Potsdamsche Mercurium«, weil darin »von Potsdam und denen dortigen Sachen Erzehlungen und Vorstellungen gemachet« worden seien. Der König befahl den zuständigen Amtsträgern, dass künftig »nicht das geringste von dero Königl. Hofe, und was davon abhänget, oder von Potsdam, dem Königl. Lande und dessen Verfassungen anzuführen«. Wohl aber bleibe es dem Verfasser unbenommen, und dies ging über die bisher geübte Praxis etwas hinaus, »mit auswärtigen Höffen und unanstößigen Zeitungen und allem, was sonst curieux ist, sich zu amüsieren«.224 In gewisser Weise sensibilisiert war Friedrich Wilhelm I. in dieser Frage, weil wenige Wochen zuvor die von David Fassmann verfasste Lebensbeschreibung225 über ihn publiziert worden und sogleich auf großes Interesse gestoßen war, so dass der Band »gleich so starck in Leipzig weggegangen«.226 Für die große Verbreitung des Buches spräche im Übrigen die Tatsache, dass bestimmte Passagen wörtlich von den damaligen Zeitschriften übernommen wurden, so etwa für die Ausgabe des »Mercure historique« des Jahres 1740, aber auch für eine Reihe von Lebensbeschreibungen, die nach dem Tode Friedrich Wilhelms I. erschienen.227 Wenn man jedoch diese Abhandlung nach irgendwelchen kompromittierenden Passagen durchmustert, dürfte man kaum fündig werden – ganz im Gegensatz etwa zu der von Fassmann kurz zuvor im Jahre 1734 veröffentlichten und sofort auf den Index geratenen Lebensbeschreibung Augusts des Starken. Das Motiv für die Echauffiertheit des Königs lag nicht so sehr im Inhalt des Textes begründet als vielmehr in der Person seines Autors, denn Fassmann war, wie wir im vorhergehenden Kapitel gesehen haben, beileibe kein Unbekannter innerhalb der Hofgesellschaft. Folgt man seinen eigenen Bekundungen, so verfügte er über gelegentliche Kontakte zu Angehörigen der preußischen Hofgesellschaft228 und gehörte zuweilen zu den Besuchern des Tabakskollegiums, wo er auf Kosten des unglücklichen Gundling seine Scherze trieb. Damit besaß er Kenntnisse 124

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über den Inhalt der in dieser illustren Runde geführten Gespräche mit teilweise intimen Details. Die Arbeit an der »Lebensbeschreibung« Friedrich Wilhelms I. hatte Fassmann noch während seiner Berliner Zeit begonnen, und man merkt der Diktion des Buches kaum den inneren Zwiespalt an zwischen persönlichem Opportunismus und dem Trachten nach schriftstellerischer Unabhängigkeit, die selbst mit Kritik nicht spart. Vielmehr handelt es sich um eine Darstellung, die »von Anerkennung und Ehrerbietung überfließt«.229 In späteren Schriften hat er sich deshalb immer wieder selbstkritisch zu seiner früheren Rolle geäußert. Er hätte sein Glück »gar leichtlich bei Hofe vollkommen … machen können, daferne er eines niederträchtigen Geistes und interessierten Gemütes gewesen wäre. Allein er hat lieber den Privatstand wieder erwählet.«230 Zwar konnte Fassmann bald in Bayreuth ausfindig gemacht werden, jedoch rieten die Minister Thulemeier, Borcke und Podewils dem König, dass er »auf dieses nichtswürdige Subjectum zu wenig reflexion machen [solle], um ihn dero Ressentiment empfinden zu lassen«.231 Friedrich Wilhelm I. folgte dieser Argumentation und verzichtete auf eine Konfiskation des Buches und die Verhaftung Fassmanns.

Fazit Neben der im vorhergehenden Kapitel behandelten ausgreifenden Reduktion der Hofhaltung und der noch zu erörternden Umstrukturierung des Militärsystems mögen auch die hier thematisierten Reformen in der Verwaltung den vor geraumer Zeit ins Spiel gebrachten Begriff einer »Revolution von oben« plausibel erscheinen lassen.232 Denn wenn damit auf den großen Eigenanteil des Monarchen an den Veränderungen gezielt wird, hat dieser Terminus in der Tat einiges für sich. Friedrich Wilhelm I. gelang eine vergleichsweise effiziente Umsetzung seiner Vorhaben. Hier handelte es sich um Materien, für die er schon seit seiner Kronprinzenzeit ein großes persönliches Interesse aufgebracht hatte und in denen er mit einer recht großen Professionalität agierte. Trotz seines deklarierten Anspruches, »alles selber thun«233 zu wollen, ist ein differenzierter Blick geboten. Selbst ein Herrscher mit einem solchen Anspruch wie Friedrich 3. Der »innere König«

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Wilhelm I. konnte trotz der unbestritten von ihm und seinem engeren Umfeld ausgehenden Impulse nicht komplett jene strukturellen Bedingungen aushebeln, die frühneuzeitliches Verwaltungshandeln per se charakterisierten. Auch im Preußen zur Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. blieb die bereits angesprochene »gestufte Staatsunmittelbarkeit« bestehen.234 Je weiter beabsichtigt wurde, den administrativen Druck von den Zentral- und Provinzbehörden über die Land- und Steuerräte sowie die Amtleute bis auf die Lebenswelten der Stadt- und Dorfgemeinden zu entfalten, je mehr offenbarten sich die »Gummiwände« (Gerd Heinrich) der ständischen Autoritäten und lokalen Gewalten vor Ort. Allerdings ist es dem zweiten preußischen König gelungen, über eine Reihe von Instrumenten (Kontrollen, regelmäßige Reisen, Berichtswesen) diese Grenzen und Hindernisse zugunsten der landesherrlichen Verwaltung zu verschieben und auch innerhalb der Amtsträgerschaft eine allmähliche Veränderung in der Dienstgesinnung zu erwirken. Zunehmend begann sich bei der Ämtervergabe der Grundsatz durchzusetzen, dass »Qualifikation, Leistung und Aufgabe ein Amt rechtfertigen«, hingegen wurde die bezweckte regionale Durchmischung der Provinzialbehörden nur in Ansätzen erreicht.235 Zu den Leistungen dieses Monarchen gehört ferner, dass den Veränderungen eine große Nachhaltigkeit innewohnte und die implementierten Strukturen größtenteils bis zum Ende des altpreußischen Staates bestehen blieben.

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4. Der Haushälter: Finanz-, Wirtschaftsund Peuplierungspolitik Zum Wirkungsfeld des »inneren Königs« gehören selbstverständlich auch Materien der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die zuvor geschilderten Verwaltungsreformen geschahen nämlich nicht allein um ihrer selbst willen – etwa in dem Sinne, dass Friedrich Wilhelm I. lediglich einem wohlgeordneten Haushalt vorstehen wollte. Gerade den Beitrag des Königs in der Finanzpolitik hat nicht nur eine unkritisch-apologetisch argumentierende Publizistik, sondern auch die seriöse quellenbasierte wirtschaftshistorische Spezialforschung als insgesamt sehr verdienstvoll bewertet. Einer der führenden Nationalökonomen des 19. Jahrhunderts, Wilhelm Roscher, verglich Friedrich Wilhelm I. gar mit dem berühmten Finanzminister Ludwigs XIV., Colbert.1 Fast als programmatisch für seine haushaltspolitischen Leitvorstellungen ließe sich die im ersten Regierungsjahr des Königs vorgenommene Gestaltung einer Medaille anführen: Das Avers enthielt das geharnischte und belorbeerte Brustbild des Monarchen mit der Umschrift: »Woselbst das Haupt die Hand legt an, Schafft Recht und schützt den Unterthan, Und spart, was jeder sparen kann, Da geht des Landes Wohlfahrt an.«2 Die Triebkräfte seines Tuns erschließen sich indes oftmals nur indirekt, in der Regel ist man hier auf wenige Äußerungen in seinen Testamenten und Instruktionen angewiesen. Wohl aber dürfte deutlich geworden sein, dass die unzähligen Randverfügungen aus dem Verwaltungsalltag die hinter den Reformen stehenden Motive widerspiegeln – gewissermaßen »work in progress«. Im Folgenden stehen seine Bemühungen im Mittelpunkt, die sich auf die finanzielle Sanierung und wirtschaftliche Belebung des Staatswesens konzentrierten. Auch in diesen politischen Bereichen wird man wieder das weite Spektrum zwischen solchen Vorhaben des Königs zu bedenken haben, die als Fortsetzung der unter seinen Vorgängern verfolgten Linien 4. Der Haushälter

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zu verstehen sind, und jenen Projekten, mit denen er in der Tat Neuland betrat.

Schuldenabbau und Sanierung des Haushaltes Die nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. eingeleiteten umfangreichen Maßnahmen zur Sanierung des Haushaltes, so ist gezeigt worden, hatten ihren Ursprung schon während seiner Zeit als Kronprinz. Spätestens nach dem Sturz Wartenbergs war sein Einfluss nicht nur auf die Führung der allgemeinen Staatsgeschäfte gestiegen, sondern Friedrich Wilhelm hat gerade auf dem Gebiet der Militär- und Finanzverwaltung unmittelbar in die Entscheidungsfindung eingegriffen und sich speziell in die Materien des Generalkriegskommissariats eingearbeitet.3 Im Rahmen unserer Erörterungen über die gleich nach seinem Regierungsantritt vorgenommenen radikalen Kürzungen im Hofstaat ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich auch diese Entscheidungen schon in den Jahren zuvor angedeutet hatten. Es kann nur vermutet werden, ob die von Ilgen für die anderen Geheimen Räte im Namen des Königs aufgesetzte Denkschrift vom 29. Dezember 1710 auf die Initiative des Kronprinzen zurückging, in seinem Sinne war sie aber allemal. Zur Abstellung der »entstandenen Confusiones« wurde gefordert, dass »die sich findende Schulden von Unser HoffCammer nach und nach abgeführet …, die unnötige Bediente abgeschaffet« und »die Taaffeln bey Unserm Hofe aufgezeichnet« werden.4 In jener Zeit liegt auch der Beginn der engen, wenngleich nicht konfliktfreien Beziehung zu Friedrich Wilhelm von Grumbkow. Zunächst nahm der junge König einen »Kassensturz« vor und ließ sich die Etats der einzelnen Kassen vorlegen. Über die Reduktionen im Etat des Hofstaates und die daraus folgenden Veränderungen ist bereits berichtet worden. Darüber hinaus forcierte Friedrich Wilhelm I. aber auch eine gewisse Vereinheitlichung jener Institutionen, die für die Akquirierung der Finanzmittel verantwortlich waren. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang noch einmal auf den Zusammenschluss des Generaldirektoriums und der Geheimen Hofkammer zum Generalfinanzdirektorium, das im Berliner Schloss seinen Sitz hatte, schon einen Monat nach dem Thronwechsel.5 128

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Auch im Zuge der 1722/23 erfolgten Bildung des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums kam es zu Synergieeffekten, da dabei die bislang getrennten Kassen der beiden Behörden zusammengelegt wurden. Als besonders scharfer Schnitt dürfte sich aber die Auflösung der Schatullverwaltung erwiesen haben. Bislang galt die Schatulle als Hauptquelle für die während der Regierungszeit Friedrichs I. immer stärker in die Kritik geratene Finanzierung des königlichen Hofes. Die »Schatullgüter«, aus deren Bewirtschaftung ein großer Teil der Gelder für diesen Etat flossen, wurden in den nächsten Jahren mit den Domänen vereinigt, und es wurde in ihrer Verwaltung kein Unterschied mehr gemacht.6 Hier galten fortan dieselben Grundsätze der Bewirtschaftung und Rechnungslegung wie bei den Domänengütern. Im »Schatullamt Potsdam«, um nur ein Beispiel anzuführen, stand den Einnahmen im Haushaltsjahr 1716/17 in Höhe von 12.875 Talern die Summe von 6.278 Talern als Ausgabe gegenüber. Der erwirtschaftete Überschuss von 6.597 Talern fiel vergleichsweise gering aus, wurde aber mit fallenden Kornpreisen und Mehrausgaben wegen höherer Baukosten begründet: »… weil die Gelder bereits guten theils verbauet sind«.7 Diese Veränderungen bedeuteten jedoch nicht, dass nunmehr asketische Verhältnisse im Hause Hohenzollern eingezogen wären, auch wenn das verschiedentlich suggeriert wurde. Es ist ja bereits erwähnt worden, dass selbst nach 1713 ein höfisches Leben in der preußischen Residenz existierte und für diese Anforderungen sehr wohl ein, obzwar nunmehr bescheidener, ostentativer Aufwand betrieben wurde. Für die Bedürfnisse des Königs, der königlichen Familie und des verbliebenen Hofstaates waren auch jetzt genügend finanzielle Quellen vorhanden. Die die Einkünfte aus den Domänen verwaltende Domänenkasse hatte an den König ein jährliches »Handgeld« von 52.000 Talern für persönliche Ausgaben zu überweisen.8 Doch zeigt ein Blick auf die für mehrere Jahre überlieferten Akten der Hofstaatsverwaltung, dass es nicht bei jener Summe blieb. Erinnert sei an dieser Stelle noch einmal an die teilweise enormen Mittel, die der König für Ankäufe von Silberschmiedekunst für die Ausstattung des Berliner und Potsdamer Stadtschlosses einsetzte. Beispielsweise allein im dritten Quartal 1734 überwies die Domänenkasse an die Hofstaatskasse Beträge in Höhe von 52.214 Talern.9 Man wird hier also keine allzu starren finanziellen Transaktionen zwischen den ein4. Der Haushälter

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zelnen Kassen anzunehmen haben, vielmehr hat der König mitunter ad hoc entschieden. Zudem entspräche eine allzu strenge Unterscheidung zwischen den »privaten« Ausgaben des Monarchen und den im höfischen Alltag anfallenden »repräsentativen« Kosten nicht den zeitgenössischen Vorstellungen. Diese auch im Ausland mit Überraschung und Verwunderung zur Kenntnis genommenen Veränderungen dienten aus der Sicht Friedrich Wilhelms I. einem mehrfachen Zweck: der Sanierung der aus dem Ruder gelaufenen Staatsfinanzen und der Akquirierung jener Mittel, die für den Heeresausbau benötigt wurden. Denn in der Tat rief es immer wieder Erstaunen hervor, dass »ein Land, welches keine Bergwerke für Edelmetalle besaß und eine Bevölkerung von kaum 2 ¼ Millionen Seelen barg, die Kosten eines so großen Kriegsstaates und noch obendrein Ueberschüsse aufzubringen vermochte«, die für die Schuldenabtragung, zum Ankauf von Domänen und für Investitionen in Festungs- und Zivilbauten ausgegeben werden konnten.10 Demzufolge wurde die rasche und – dies war dem König genauso wichtig – kontinuierliche Erhöhung der Einnahmen zu einem Hauptanliegen der Regierungsarbeit und von Friedrich Wilhelm I. auf eine sehr intensive Weise verinnerlicht. Schließlich handelte es sich noch um eine Zeit, in der bei den Verantwortlichen ein fast als haptisch zu bezeichnendes Verhältnis zum Staatsschatz existierte. Der König selbst ist wohl des Öfteren in die Kellergewölbe des Berliner Stadtschlosses hinabgestiegen und hat seinen Schatz persönlich in Augenschein genommen. Jedenfalls kannte er sich über die Standorte der in vielen Fässern eingelagerten Münzen gut aus, wie aus einigen detaillierten Anweisungen hervorging: So informierte er im Oktober 1733 seine Minister v. Borcke, v. Podewils und v. Thulemeier über seinen Willen, eine für karitative Zwecke vorgesehene Geldsumme »in das jenige Gewölbe zu setzen, welches hinter der Albrechtschen Casse auf dem Berlinschen Schlosse ist und darin man durch bemelter Casse gehet … und die Schlüßel zu diesem Gewölbe in meinen engelschen Spinde liegen«.11 Als Hauptquelle zur Steigerung der Staatseinnahmen diente dem König die Erweiterung des Domänenbesitzes, den er als die »sicherste Stütze seines Thrones«12 ansah – eine nicht ganz konfliktfrei verlaufende Strategie, waren hierbei doch zuweilen adlige Besitzinteressen berührt.13 130

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In den ersten 20 Regierungsjahren gelang es, für etwa fünf Millionen Taler neue Domänen zu erwerben und zugleich die Einnahmen aus den Ämtern erheblich zu steigern.14 Seine Bemühungen richteten sich auch darauf, diese Erwerbungen vor künftigen Veräußerungen abzusichern. So erließ er im Februar 1737 anlässlich der Übertragung von Rheinsberg an den Kronprinzen eine Deklaration, »kraft welcher die Güter, welche des Cron-Printzen Königliche Hoheit anjetzo haben … zur Crone denen Königlichen Domainen auf ewig incorporirt werden«.15 Auch bei den klassischen Fiskaleinnahmen, also Kontribution, Akzise und Zöllen, konnten Zuwächse erzielt werden. Im letzteren Fall scheute Friedrich Wilhelm I. nicht vor diplomatischen Konflikten zurück, wenn man etwa die handelspolitischen Auseinandersetzungen mit Kursachsen im Blick hat.16 Dieser – nach den Worten Hugo Rachels – »offene Handelskrieg« wurde mit harten Bandagen geführt, was eben neben dem Einfuhrverbot auch eine hohe Besteuerung fremder Waren einschloss.17 Die Priorität, die der König auf die Vergrößerung seines Heeres gesetzt hatte, beeinflusste zwangsläufig auch die Ausgabenpolitik. Um die stetig steigenden Heereskosten – diese beliefen sich am Ende seiner Regierungszeit auf etwa 70 Prozent der Gesamtausgaben – aufzubringen, gleichzeitig aber die Aufnahme der von ihm seinerzeit kritisch beurteilten Subsidien von anderen Staaten zu verhindern, reformierte er jene Einnahmequellen, auf denen die Heeresfinanzierung basierte. Dies betraf vor allem die bereits erwähnte Kontributionssteuer und die in den Städten als kombinierte Gewerbe- und Konsumtionssteuer eingezogene Akzise. Erst während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. kam jener unter dem Großen Kurfürsten eingeleitete Prozess zum Abschluss, der eine genaue Unterteilung der zur Akziseeintreibung verpflichteten Orte vornahm. Damit erhielt der König zugleich auf jene kleinen Kommunen einen größeren Zugriff, deren Bürgerschaften zuvörderst ihren adligen Stadtherrn als Obrigkeit betrachteten.18 Wenn auch nicht als generelle Neuerung, so dürfen die Festsetzung von jährlichen Haushaltsetats und eine regelmäßige Rechnungskontrolle doch als nachhaltigste Veränderungen der Finanzpolitik unter seiner Ägide angesehen werden.19

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Zwischen Merkantilismus und Kameralismus. Die Wirtschaftspolitik Diese Entwicklungen führen vor Augen, dass dem König sehr wohl die engen Zusammenhänge zwischen der Wirtschafts- und der Finanzpolitik bewusst waren. Gerade für diesen Bereich ist der Anteil herrschaftlicher Einflussnahme wesentlich höher angesetzt worden als vordem – und das nicht nur für den preußischen Fall. Zweifellos sprechen viele Belege dafür, dass sich auch auf diesem Terrain Friedrich Wilhelm I. als »Strukturreformer« erwies.20 Ja, es ist sogar zu beobachten, dass Preußen in der älteren wirtschaftshistorischen Forschung zu einer Art Modellfall für eine merkantilistische Wirtschaftspolitik avanciert ist. In herkömmlicher Sichtweise gilt als Hauptkriterium für eine vom »Merkantilismus« geprägte Wirtschaftspraxis – was im Übrigen keine zeitgenössische Bezeichnung darstellte – die Favorisierung des Handels mit dem fast schon kanonischen Charakter einnehmenden Ziel einer positiven Außenhandelsbilanz. Zudem ist der Merkantilismus als das wirtschaftspolitische Pendant zu einer intensivierten, der sogenannten »absolutistischen« Phase des Staatsbildungsprozesses angesehen worden.21 Der steigende Geldbedarf des Staates, vor allem zur Finanzierung von Kriegen, trat dabei als entscheidendes Movens auf den Plan. Auch bei den bekanntesten deutschen Vertretern der merkantilistischen Anschauungen bildeten Landwirtschaft und Handwerk nur »Teilfunktionen des Commerciums; erst durch ihre Verbindung mit dem Commercium werden sie gewinnbringend«.22 Nun hat allerdings die neuere wirtschaftshistorische Forschung deutlich machen können, dass das sich in Überblickswerken niederschlagende Handbuchwissen häufig nicht dem Praxistest standhält und zu wenig differenziert.23 Demnach wäre unter dem Merkantilismus weniger eine stringente Wirtschaftspolitik oder gar eine eigenständige wirtschaftshistorische Epoche zu verstehen, sondern eher ein Bündel verschiedener »Empfehlungen, Handlungsanweisungen, Projekte und Programme«24, das man als handelspolitischen »Diskurs« beschreiben könnte.25 Uns interessiert natürlich auch auf diesem Feld, inwiefern der König selbst hierbei wirksam geworden ist. Dahinter steht die übergreifende Frage nach der »Vermittlung zwischen Theorie und Praxis« – oder 132

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mit anderen Worten, »ob brauchbare Vorschläge bei den Adressaten«, also den dafür verantwortlichen Amtsträgern und dem Monarchen selbst, überhaupt »ankamen«.26 Denn in jüngerer Zeit sind zuweilen erhebliche Zweifel daran angemeldet worden, ob die angenommenen staatlichen Interventionen die ihnen unterstellte Durchschlagskraft besaßen.27 Hier sind ähnliche Einschränkungen etwa mit Blick auf kommunikative und infrastrukturelle Rückständigkeiten vorzunehmen, wie sie bereits auf dem Gebiet der Verwaltungsreformen vorgebracht worden sind. Überdies sind die wirtschaftspolitischen Leitvorstellungen Friedrich Wilhelms I. nicht aus systematischen Analysen in ausführlichen Denkschriften, sondern weitgehend »nur aus seinem politischen Handeln heraus und aus dem Bündel der einschlägigen Gesetze und Verordnungen abzulesen«.28 Ungeachtet dessen erwies sich die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. unbestreitbar als eine Phase intensiver wirtschaftsund finanzpolitischer Innovationen. Allein die nüchternen Zahlen des Staatshaushaltes belegen diese Annahme: Die jährlichen Staatseinnahmen sind während seiner Regierungszeit von 4,8 Millionen bis auf knapp 7 Millionen Taler an seinem Lebensende gestiegen.29 Und auch in diesem Politikbereich begegnet uns wieder die schon in der Verwaltungspraxis Friedrich Wilhelms I. aufscheinende Kleinteiligkeit und Detailbesessenheit seiner Entscheidungen. So hatte er im Sommer 1728 während seiner Anwesenheit in dem unweit Magdeburgs gelegenen Niegripp persönlich Anweisungen zur künftigen Wiesenund Ackernutzung gegeben und die Hufeneinteilung vorgenommen.30 Im Januar 1731 zeigte sich der König verwundert darüber, dass in den altmärkischen Kleinstädten das Bier noch sechs Groschen koste, obwohl der Gerstenpreis erheblich gefallen sei. Schließlich solle der Preis so »eingetheilet seyn, damit die Soldaten, auch die armen Bürger und andere Leuthe, so keine BrauNahrung haben, doch auch von dem wohlfeilen Preise profitiren«.31 Und im Juli 1735 beschwerte er sich darüber, dass kein Schneider in Minden sei, weshalb man bei der Ausstattung der dort liegenden Regimenter extra Schneider aus Hannover holen müsse.32 Diese mit einer übertriebenen Detailorientierung und einem Überspringen der Hierarchieebenen verbundene Regierungspraxis, vergleichbar etwa mit dem in der jüngeren sozial- und wirtschaftswissenschaftli4. Der Haushälter

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chen Forschung eingeführten Begriff eines »Mikromanagements«, erwies sich in gewisser Hinsicht als vorteilhaft, führte aber auch zu Redundanzen sowie Misstrauen und einer Einengung des Spielraumes der betroffenen Amtsträger und Unternehmer. Zudem konnte der König nur dann wirksam werden, wenn er von Missständen erfuhr. Kenntnis erhielt er zwar zumeist von Einzelvorgängen, doch aufgrund seines misstrauischen Naturells und seines eher pessimistischen Menschenbildes ging er davon aus, dass es sich bei den aufgedeckten Unregelmäßigkeiten (Versäumnisse in der Berichtspflicht, nachlässige Umsetzung von Verordnungen, Unterschleife etc.) um keine Einzelfälle handelte. So zeigte er sich 1733 irritiert, dass der zuständige Amtsträger in seinem Bericht über die OderSchifffahrt »von dem dortigen Zustande gar nichts meldet und ich gar nichts erfahre, was alda passiret«, und verknüpfte das mit der Aufforderung: »ihr sollet mir also berichten, wie es dort zustehet.«33 Und nach eigenem Bekunden habe er während seiner 1735 unternommenen Reise durch die Halberstädtische Provinz beobachten müssen, dass der Haferpreis bei acht Groschen pro Scheffel lag. Hinterher sei aber bekannt geworden, dass kurz vor seiner Ankunft in derselben Provinz »ein Magazin von Fourage vor die am Oberrhein aus der Campagne gekommene Regimenter Cavallerie« den Hafer für 14 Groschen verkauft habe! Der König vermutete nun noch weitaus mehr solche Unregelmäßigkeiten, auch um ihm bei seinen Inspektionsreisen falsche Tatsachen vorzuführen, und forderte zu prüfen, »ob nicht dergleichen Unrichtigkeit und Unterschleife in andern Fällen überall wehre«.34 Deshalb reagierte er sehr ungehalten, wenn er den Eindruck erhielt, dass ihm Informationen vorenthalten wurden. Er wolle nicht »Carl der 2te König in Spanien seyn«35, gab er dem ostpreußischen Kriegs- und Domänenrat Matthias Christoph von Bredow unwirsch zu verstehen, »denn Ich muß wissen, was In meinem lande passiret; es wundert mich also, daß ihr nicht wollet, daß mir von dem dortigen Zustande rapportiret werde, … denn Ich will meine Sachen in Ordnung haben und die bisherige unordnungen gänzlich abgestellet wissen«.36 Zudem wird man auch für die Analyse der wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen des Königs das uns schon bei der Behandlung der Verwaltungsreformen begegnende Strukturmerkmal des Regionalismus zu berücksichtigen haben. So fällt für die Zeit bis 1713 eine 134

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starke regionale Differenzierung in der Dichte des Gewerbes und demzufolge in der Steuerschöpfung ins Auge. Der Vorsprung der Berliner Residenzlandschaft war unübersehbar. Wertet man etwa die Höhe der Akzisezahlungen als Gradmesser für die Wirtschaftskraft einer Stadt, dann deutet der Befund, wonach 42 Prozent des gesamten Akziseaufkommens der kurmärkischen Kommunen auf Berlin-Cölln entfielen, in diese Richtung.37 Und in der Tat gehörte das außerordentliche Wachstum der brandenburgisch-preußischen Residenz zu den hervorstechendsten Signaturen der Jahrzehnte nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Das hatte Auswirkungen auch auf die weitab von Berlin liegenden märkischen Teillandschaften. So war es unübersehbar, dass diese Gebiete »in wirtschaftlicher Hinsicht immer stärker auf das Zentrum Berlin-Potsdam hingravitierten«.38 Denn die stetig wachsende Metropole – bis 1710 stieg die Bevölkerungszahl dort von etwa 10.000 auf fast 55.000 Einwohner – benötigte in steigendem Maße landwirtschaftliche Produkte und auch andere Waren aus dem weiteren Umland. Der besseren Anbindung Berlins waren solche infrastrukturellen Maßnahmen geschuldet wie der 1734 begonnene, aber erst kurz nach dem Tode Friedrich Wilhelms I. fertiggestellte Bau des Plauer Kanals. Damit erhielt die Hauptstadt eine bessere Anbindung an die gewerbereichen Wirtschaftslandschaften des Herzogtums Magdeburg.39 Vor allem aber setzten nun unmittelbar nach dem Thronwechsel von 1713 wichtige Veränderungen ein, die nachhaltige Folgen für die wirtschaftliche Struktur der Residenzstädte zeitigten. Diese folgten zunächst aus der anderen Prioritätensetzung der Herrschaftspraxis. Die Reduzierung – nicht Abschaffung! – der höfischen Repräsentation wirkte sich auf das Wirtschaftsleben in der Berlin-Potsdamer Residenzlandschaft aus. Denn nun fielen Aufträge für jene Gewerbezweige weg, die hochwertige Güter für den höfischen Luxuskonsum produziert hatten. Angesichts des befürchteten Rückgangs der Akziseeinnahmen hatte Friedrich Wilhelm von Grumbkow den König unmittelbar nach dessen Regierungsantritt darauf aufmerksam gemacht, dass das Geld »nicht circuliren« könne, »wenn die Quelle, woraus es bishero geflossen, verstopfet ist. Diese Quelle ist bishero gewesen die Depense des Hofes und der Hofbedienten und dann die Manufacturen, durch welche fremdes Geld ins Land gebracht worden«.40 In der Tat führte jene Reduktion 4. Der Haushälter

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zeitweise zu einer Schmälerung der Wirtschaftskraft der Residenzstädte, was sich unter anderem in der bevorzugten Abwanderung von Handwerkern der Luxusgewerbe nach Kursachsen widerspiegelte. Trotz der von seinem Minister geäußerten Bedenken ließ sich der König nicht von seinem Vorhaben abbringen. Vielmehr setzte er andere Prämissen, zugleich in der Hoffnung, dass sich diese rückläufigen Wirtschaftstrends rasch durch neue, insbesondere auf den Heeresbedarf gerichtete Schwerpunktsetzungen kompensieren ließen. Dabei sollten solche Effekte erreicht werden, mit denen zugleich eine gewisse Nachhaltigkeit und eine in das Land hineinwirkende Ausstrahlung erzielt würden. Und in der Tat führten die fast zeitgleich zu den geschilderten Einsparungen erlassenen Anordnungen mittelfristig zu einer wirtschaftlichen Belebung: Speziell mit der Errichtung des Berliner Lagerhauses in der Klosterstraße wurde eine vergleichsweise moderne und effiziente Produktionsstätte geschaffen, die die militärischen, fiskalischen und wirtschaftspolitischen Leitvorstellungen des Königs miteinander verband: Innerhalb von zweieinhalb Jahren gelang es diesem Lagerhaus, die »erste vollständige Heereslieferung« zu gewährleisten.41 Folgte man der reinen merkantilistischen Lehre, hätte der Export im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik stehen müssen. Dazu fehlten aber in Preußen die entsprechenden Voraussetzungen. Nur in einigen wenigen Bereichen konnten punktuelle Erfolge erzielt werden, wie etwa den sich in den 1720er Jahren intensivierenden Handelsbeziehungen zu Russland.42 Diese Orientierung kam nicht von ungefähr, weil zu jenem Handelspartner das Gefälle nicht so stark ausfiel wie zu west- oder südeuropäischen Regionen.43 Dennoch erscheint es bei allen Bemühungen Friedrich Wilhelms I., eine den sogenannten merkantilistischen Grundsätzen folgende Wirtschafts- und Finanzpolitik umzusetzen, natürlich plausibel, dass die Ressourcenlage Brandenburg-Preußens nur bedingt einen geeigneten Rahmen für eine Wirtschaftslehre bot, die das Allheilmittel in einer positiven Handelsbilanz erblickte. Als der König wahrnehmen musste, dass die Akzise in den ersten beiden Monaten des Jahres 1725 »etliche 1.000 Rtl. weniger als sonst betragen« werde, wollte er von Grumbkow als dem zuständigen Minister die Ursachen für den Rückgang wissen. Dieser machte den »auf den äußersten Grad gehemmten Commercio von ausländischen Waaren« verantwortlich.44 136

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Dagegen berücksichtigte die kameralistische Lehre stärker auch die Produktionssphäre und die Peuplierungspolitik und war demzufolge eher geeignet, Alternativen in solchen immer noch mit den Langzeitfolgen des Dreißigjährigen Krieges belasteten Territorialstaaten wie BrandenburgPreußen zu bieten. Dabei ist es eher unerheblich, ob man diese Lehre als spezifische Ausprägung des Merkantilismus oder als eine davon klar unterscheidbare Wirtschaftstheorie und -praxis interpretiert. Für die für uns maßgebliche Analyse der Wirtschaftspolitik Friedrich Wilhelms I. erscheint es vor allem relevant, dass die deutsche kameralwissenschaftliche Literatur versuchte, die »reine« merkantilistische Lehre an die Verhältnisse im Reich anzupassen. Ausgangspunkt aller wirtschaftspolitischen Handlungsstrategien kameralistischer Provenienz sind demnach die »Nahrungsgeschäfte«, also die Techniken des Produzierens und Herstellens in Landwirtschaft und Gewerbe. Die Arbeitskraft der Untertanen, der Boden und die beweglichen Güter sind demgemäß die Quellen des Reichtums im Staate, sind dessen »Vermögen«, wie einer der wirkmächtigsten Kameralisten, Johann Heinrich Gottlob von Justi, es genannt hat.45 Der Schwerpunkt wurde überwiegend auf die Schatzung von Geld und Edelmetallen gelegt – eine finanzpolitische Strategie, die auch Friedrich Wilhelm I. übernahm. Damit erhält seine bereits behandelte Motivation zur Hortung eines beeindruckenden Silberschatzes, um das Niveau der materiellen Hofkultur in der preußischen Residenz zu heben und damit ein gewisses Alleinstellungsmerkmal zu kreieren, noch eine weitere Komponente. Trotz aller Unterschiede, die der Wirtschafts- und Finanzpolitik der europäischen Staaten und deutschen Reichsterritorien innewohnten, gab es dennoch ein Leitmotiv: Im Zuge des Staatsbildungsprozesses, der von einer maßgeblich im Sinne der »Staatsräson«-Lehre beeinflussten staatstheoretischen Diskussion flankiert wurde, sind die Zusammenhänge zwischen dem außenpolitischen Prestige eines Landes einerseits und seiner wirtschaftlich-finanziellen Prosperität andererseits immer deutlicher erkannt und bei den Akteuren verinnerlicht worden – sei es in Denkschriften, politischen Testamenten oder in der Gesetzgebung.46 Und dabei spielte bei den Fürsten jener Reichsterritorien, die sich dies leisten konnten, auch die Fähigkeit zur Rüstung als Voraussetzung, um in der europäischen Mächtekonkurrenz bestehen zu können, eine wichtige Rolle. 4. Der Haushälter

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Angesichts der in brandenburgisch-preußischen Landen notorischen Ressourcenknappheit lag es nahe, sich auf jene Produktionszweige zu konzentrieren, die zum einen zur Heeresversorgung unverzichtbar erschienen und mit vergleichsweise geringem Aufwand den eigenen Bedarf abzusichern vermochten sowie zum anderen eine größere Zahl von Arbeitskräften beschäftigten, die dadurch wiederum ein stabiles Steueraufkommen sichern konnten. Demzufolge geriet die Tuch- und Wollindustrie in eine Schlüsselstellung innerhalb der preußischen Wirtschaft, ja man kann sie gleichsam als eine Art »Leitgewerbe im preußischen Staat des 18. Jahrhunderts« ansehen.47 Aufgrund dieser außerordentlich großen Bedeutung stand sie auch im Mittelpunkt der landesherrlichen Wirtschaftspolitik und wurde so etwas wie das entscheidende Terrain kameralistischer Praxis.48 Um den Absatz dieses Gewerbezweiges zu fördern, scheute Friedrich Wilhelm I. auch nicht davor zurück, rigide Bekleidungsvorschriften bei seinen Untertanen durchzusetzen. Da ihm zugetragen worden war, dass »Dienst-Mädgens und gantz gemeine Leuthe in denen Städten und auf dem Lande Seidene Camsöhler49, Röcke und Lätze gar häuffig tragen«, brachte er ein entsprechendes Edikt auf den Weg, um dies zu unterbinden. Denn solche Gewohnheit sei »dem Debit der wollenen Waaren … sehr nachtheilig«. Um seinem Ansinnen noch mehr Nachdruck zu verleihen, forderte er: Würde man sechs Wochen nach Publikation des Edikts Leute auf den Straßen antreffen, die solche Sachen trügen, müssten diese ihnen abgenommen werden. Zudem sollten künftig solche seidene Zeuge höher »impostiret werden, damit sie auch um soviel weniger im Stande seyend, selbige zu kauffen und so theuer zu bezahlen«.50 Des Weiteren bemühte sich der König aus nachvollziehbaren Gründen, im Bereich der Rüstung eine größere Unabhängigkeit von Importen zu erreichen. Die Voraussetzungen angesichts einer noch weitgehend einen handwerklichen Zuschnitt aufweisenden »Rüstungsindustrie« waren zunächst wenig verheißungsvoll. Selbige beschränkte sich auf eine Stückgießerei und eine Pulverfabrik in Berlin und auf einige Eisenhüttenwerke in der weiteren Kurmark.51 Um nicht über Gebühr vom Import von Rüstungsgütern abhängig zu bleiben, galt es, eigene Unternehmen zu gründen. Mit der Gründung der Pulvermühle in Berlin und der Gewehrfabrik mit Standorten in Potsdam und Spandau wurde der Anfang gemacht. 138

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Diese auf die Etablierung einer eigenständigen Manufakturlandschaft zur Absicherung der Heeresversorgung gerichteten Maßnahmen gingen einher mit protektionistischen Aktivitäten. Rigide Wollausfuhrverbote zählten ebenso dazu wie Importbeschränkungen, um das heimische Gewerbe zu schützen, oder die Zusicherung mehrjähriger Steuerbefreiungen für die Anwerbung von Produzenten, die für die Heeresversorgung erforderlich waren.52 Die gezielte Förderung solcher Unternehmen wie des Königlichen Lagerhauses oder der Firma Splitgerber & Daum, die seit den 1720er Jahren zum bedeutendsten Rüstungsunternehmen in Preußen aufstieg, und das sich damit etablierende persönliche Verhältnis des Königs zu den Kaufleuten erwiesen sich für beide Seiten als äußerst vorteilhaft und »unbezahlbar«.53 Immer wieder ergingen direkte Anweisungen aus dem königlichen Kabinett an die beiden Fabrikanten, neue Gewehre zu liefern.54 Auch bei der Beschaffung von Arbeitskräften zahlte sich dieser enge Kontakt aus, so als Daum 1725 die Genehmigung erhielt, bis zu 60 Kinder aus dem 1722 in Potsdam gegründeten Militärwaisenhaus für sein Unternehmen zu beschäftigen.55 Selbst im Rahmen von Sanierungsarbeiten am Berliner Schloss wurden Splitgerber & Daum 1723 herangezogen, um mit dem entsorgten Material Geld zu erwirtschaften. Für altes Kupfer bezahlte die Firma 108 Taler und für unbrauchbares Eisen 17 Taler.56 Persönliche Gnadenerweise prägten diese Beziehung ebenfalls.57 In einigen Fällen, wie etwa bei dem Bankier, Kaufmann und Unternehmer Johann Andreas Kraut kam es zu einer direkten personellen Verflechtung zwischen Unternehmertum und einer Amtsträgerkarriere.58 Beginnend mit einer subalternen Stelle im Generalkriegskommissariat führte ihn seine Laufbahn über die Generalkriegskasse und die dann unter Friedrich Wilhelm I. eingerichtete Generalrechenkammer bis zur Charge eines Ministers im Generaldirektorium. Hauptsächlich war er aber als Unternehmer tätig: Zunächst trat er 1686 mit der Gründung der Gold-, Silberdraht- und Tressenmanufaktur in Erscheinung, und schon damals verfügte er über ausgezeichnete Beziehungen zum Hof, was sich auch in intensiven Finanzbeziehungen äußerte. Somit nimmt es nicht wunder, dass ausgerechnet er maßgeblich an der Entwicklung eines der wichtigsten Prestigeobjekte des Königs, des »Lagerhauses«, beteiligt wurde.59 Allerdings gilt es einschränkend darauf hinzuweisen, dass sich 4. Der Haushälter

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ungeachtet der prominenten Stellung, die das Lagerhaus in der königlichen Wirtschaftspolitik einnahm, die Bevorzugung seitens des Monarchen in Grenzen hielt. So hatte Friedrich Wilhelm I. im Rahmen der Verhandlungen um die Einrichtung des Lagerhauses betont, dass Kraut »das ganze Werk auf eigenen Kredit und Verlag betreiben sollte«. Denn langjährige Erfahrung habe Friedrich Wilhelm gezeigt, »wenn ein Particuliers auf königliche Rechnung ein Werk betreibe, dass der König dabei immer verliere«.60 Ferner sollte nicht übersehen werden, dass trotz der unbestreitbaren Erfolge, die mit der königlichen Wirtschaftspolitik erzielt wurden, dies letztlich nur eine Annäherung an die vom König eigentlich beabsichtigten Effekte darstellen konnte. Die Neugründungen hatten nicht selten mit großen Problemen bis hin zu finanziellen Verlusten der daran beteiligten Unternehmer zu kämpfen.61 Auch daraus erklären sich seine oftmals galligen Vorhaltungen an die zuständigen Amtsträger. Weder ist die gewünschte Autarkie in dem gewünschten Ausmaß erreicht worden, wovon die sich häufig wiederholenden Edikte künden62, noch hat Friedrich Wilhelm I. die Zollbeschränkungen innerhalb seines Staatswesens aufgehoben.63 Dieses Festhalten an der tradierten Zollverfassung zeigt erstaunliche Parallelen zu der ebenso auf solche Regionalismen Rücksicht nehmenden Gliederung der obersten Verwaltungsbehörde (Verbindung von Fach- und Regionalprinzip in der Departementeinteilung). Obendrein verhagelten externe Einflüsse wie etwa die in der zweiten Hälfte der 1730er Jahre zu beobachtenden Missernten und Teuerungen die Erfolgsbilanz ebenso wie »hausgemachte« Probleme.64 Denn die Prioritätensetzung auf jene Produktionsbereiche, die der Heeresversorgung dienten, musste zwangsläufig zu gewissen Deformierungen der wirtschaftlichen Entwicklung führen. Auch in anderen Gewerbezweigen wurde zwar eine gezielte »staatliche« Förderpolitik betrieben, wenngleich nicht mit solchem Nachdruck wie in der Woll- und Rüstungsindustrie.65 So gab es im Bereich der Seidenindustrie, jenem dann unter Friedrich dem Großen bedeutend werdenden Wirtschaftszweig, verheißungsvolle Ansätze, die jedoch noch keine langfristigen Erfolge zeitigten. Zwar hatte die Berliner Akademie der Wissenschaften, die vom König mit der Anlage großer Maulbeerbaumplantagen beauftragt wurde, in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion im Jahre 1720 viele Setzlinge und 140

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Bäume verkauft – besonders in Berlin, Köpenick und Potsdam. »Ganze Scharen von Männern und Frauen« hätten demnach »um die Zuweisung von Stämmen« gewetteifert. Allerdings stand das ganze Unternehmen unter keinem guten Stern. Wetterunbilden, Unerfahrenheit der Gärtner, unsachgemäßer Anbau von Getreide zwischen den Bäumen und Baumaßnahmen des Berliner Magistrats führten dazu, dass es zwölf Jahre nach dem Beginn der Kampagne in den genannten Orten gerade einmal 2000 Maulbeerbäume gab, aus denen lediglich 115 Pfund Rohseide gewonnen werden konnten.66 Ansonsten führte das Wachstum Berlins natürlich auch dazu, dass sich neben oder trotz einer teilweise recht dirigistisch agierenden landesherrlichen Wirtschaftspolitik neue Gewerbebetriebe aus eigener Initiative etablierten. Insbesondere wirkten hierbei die enormen Standortvorteile Berlins förderlich.67 Da sich diese Unternehmer nicht in ähnlicher Weise wie die Heereslieferanten der besonderen Fürsorge des Königs erfreuten und es auch schon mal Konflikte – vor allem wegen der als Konkurrenz empfundenen weitreichenden Privilegien des Lagerhauses – geben konnte, kam es Ende der 1730er Jahre zu Protesten, die »nach jahrelangen Verhandlungen einige Zugeständnisse« für die opponierenden Handels- und Manufakturunternehmer brachten.68 Doch im Gegensatz zu seinen Vorgängern hat Friedrich Wilhelm I. im Rahmen seiner wirtschaftspolitischen Maßnahmen versucht, »die Proportionen zwischen Berlin und den sonstigen Städten« im Auge zu behalten.69 Auch auf diesem Feld scheint im Übrigen die schon oft beobachtete Kleinteiligkeit und anlassbezogene Reaktion des Monarchen und seiner Minister auf. Man reagiert auf Anfragen und Vorschläge und »entscheidet am Einzelfall, ob … die geforderten Maßnahmen angemessen sind«.70 Dessen Detailbesessenheit richtete sich auch in den anderen preußischen Städten nicht nur auf größere, den Berliner Unternehmen vergleichbare Firmen, sondern zugleich auf das Handwerk in seiner Breite.71 Die Sammlung der Kabinettsminüten bietet eine Fülle an Belegen über Interventionen Friedrich Wilhelms I. zu Handwerkerangelegenheiten in den Kommunen. Im März 1728 hatte der König zum Beispiel erfahren, dass für Zimmerarbeiten in den Ämtern Potsdam und Saarmund fremde Zimmerleute aus Berlin genommen wurden, obwohl »hier in Potsdam viel guthe Zimmer Meister, welche alle Bürger Onera tragen 4. Der Haushälter

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müssen«, vorhanden seien. Deshalb befahl er der zuständigen Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer, dafür zu sorgen, dass daselbst künftig keine anderen Zimmerleute als aus Potsdam beauftragt würden.72 Über die mitunter sehr weit gehenden und von den Betroffenen als lästige Eingriffe wahrgenommenen Reglementierungsabsichten des Königs im städtischen Gewerbe ist bereits gehandelt worden. Eine wichtige, schon von seinen Vorgängern übernommene Agenda in diesem Bereich bestand in Bemühungen, eine wirkungsvolle Handwerkergesetzgebung zu etablieren, und zwar über die preußischen Grenzen hinaus, wozu entsprechende Absprachen auf Reichsebene vonnöten waren.73 Im Besonderen ging es darum, die teilweise sehr selbstbewusst und wirkungsvoll ihre Rechte betonenden Zünfte in die Schranken zu weisen. So wies Friedrich Wilhelm I., um nur eine solche Intervention exemplarisch herauszugreifen, den Berliner Magistrat 1731 an, den Prozess, den das dortige Schneidergewerk gegen den Schneider Deutschländer führte, einzustellen und dafür zu sorgen, dass das Gewerk »denselben in Haltung der zu seiner Arbeit nöthigen Gesellen nicht hinderlich sey«.74 Des Weiteren lag dem König daran, die durch die Zünfte bislang rigide gehandhabte Gewährung von Meisterprivilegien zu lockern, vor allem um eine Ansiedlung von Handwerkern in preußischen Städten attraktiv zu gestalten75; überdies sollte das in den Augen der Magistrate und der landesherrlichen Verwaltung zu eigenmächtig erscheinende Agieren der Gesellenbruderschaften unterbunden werden, die sich infolge ihrer territorienübergreifenden Organisations- und Mobilitätsstrukturen dem Zugriff lange zu entziehen vermocht hatten. Auch aufgrund eigener Erfahrungen in der Residenz forderte der König ein unnachsichtiges Einschreiten. Man solle »die SchusterGesellen, so sich der publicirten HandwerkerOrdnung widersetzen wollen, sämbtlich arretieren lassen … und … die Rädelsführer und Widerspenstigen braf karren lassen, denn dergl. Gesindel nicht anders als mit Ernst und Schärfe zur Raison gebracht, wovon Ich im vorigen Jahre hieselbst ein Exempel mit den Zimmerleuthen gehabt habe«.76 Alles in allem, so lässt sich vor dem Hintergrund solcher Fälle resümieren, »ist unter Friedrich Wilhelm I. im Zunftleben gewiß ein Stück Autonomie abgebaut worden«.77 Auf einem anderen Feld, dem sogenannten »Landhandwerk«, erwies sich die Bilanz als etwas ambivalenter. Friedrich Wilhelm I. hielt, hierin 142

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seinen beiden Vorgängern folgend, an der starren steuerpolitischen Teilung zwischen Stadt und Land fest, was zum Beispiel Beschränkungen für die Ansiedlung von Gewerbe auf dem »platten Land« zur Folge hatte. Insbesondere für die Berliner Metropolregion führte dies zu einer »zwischen der Residenz und ihrem Umland … für die damalige Zeit nicht typische[n] Diskrepanz«, was letztlich die Entwicklung einer gewerblichen Großregion erschwerte.78 Dennoch zeigen entsprechende empirische Studien, dass sich trotz der diesbezüglichen Verordnungen, wie etwa der »Principia regulativa« von 171779, auf dem Lande sehr wohl bestimmte Handwerksberufe niedergelassen hatten, hauptsächlich um den zünftischen Beschränkungen in den Kommunen zu entgehen und zugleich billiger leben zu können.80 Die Krone ihrerseits war daran interessiert, den gesteigerten Bedarf im Bereich der Textilproduktion auch über eine Ansiedlung entsprechender Gewerbe auf dem Lande absichern zu helfen. In der Folgezeit versuchte man nun, jene Wünsche und die Bedürfnisse des platten Landes an bestimmten Gewerbezweigen mit den Interessen der städtischen Zünfte, diese Konkurrenz zu unterbinden, in Einklang zu bringen.81 In den Dörfern der Prignitz wurden zum Beispiel im Jahre 1734 neben den offiziell tolerierten Schmieden, Schneidern, Leinewebern und Zimmerleuten auch 90 Müller, elf Schuster und drei Böttcher gezählt.82 Die Abhaltung von Märkten in offenen Flecken und Dörfern hingegen war dem König suspekt. Die ablehnende Haltung resultierte einerseits aus der Befürchtung, dass ihm dadurch die ja nur in den Städten erhobenen Akziseeinnahmen entgehen würden, andererseits argwöhnte er, dass diese Märkte eine probate Möglichkeit für die Flucht junger Männer vor einer Rekrutierung in die Armee darstellten. Auf seine Anordnung hin wurden sie deshalb in einigen kurbrandenburgischen Teillandschaften in die benachbarten Städte verlagert.83 Die Zugeständnisse und das Aufweichen der vor allem von den städtischen Zünften geforderten rigiden Verbote der Ansiedlung des Landhandwerks erklären sich mit anderen Prioritäten, die der König – wie im Übrigen schon ansatzweise seine beiden Vorgänger – gesetzt hatte. Im Interesse einer attraktiver zu gestaltenden Ansiedlung war man bereit, die tradierten Privilegien der Zünfte partiell infrage zu stellen. Mit der Siedlungs- oder auch »Peuplierungs«-Politik gerät nunmehr ein Thema in den Fokus, das abseits apologetischer Überhöhungen unstrei4. Der Haushälter

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tig als eine der vom König am intensivsten bearbeiteten Materien charakterisiert werden darf – und zwar über seine gesamte Regierungszeit hinweg.

Die Peuplierungspolitik Zur Einordnung der im Folgenden etwas näher zu erörternden Vorstellungen und Entscheidungen Friedrich Wilhelms I. muss daran erinnert werden, dass die ostelbischen Territorien des Königreiches zu jenen Landschaften im Alten Reich gehörten, die auf einer vom Nordosten – beginnend in Pommern und Mecklenburg – bis in den Südwesten des Reiches (Württemberg/Elsass) reichenden »Zerstörungsdiagonale« gelegen hatten und in denen die demographischen und wirtschaftlichen Verwerfungen infolge des Dreißigjährigen Krieges am stärksten ausgefallen waren.84 Zu Beginn der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. war demzufolge in vielen dieser Landschaften noch immer nicht das demographische Vorkriegsniveau erreicht worden. Eine deutliche Erhöhung der Steuereinnahmen war aber – so argumentierte auch die kameralistische Lehre – neben einer höheren Produktivität vornehmlich durch eine wachsende Bevölkerungszahl zu erreichen. In diesem Sinne forderte der König 1717 von den Provinzialbehörden Nachweisungen über die im Jahre 1624 vorhanden gewesenen Höfe. Das war jenes Jahr gewesen, in dem für mehrere Gebiete sogenannte Hufenschossregister angelegt worden waren, die zugleich einen recht zuverlässigen Überblick über die wirtschaftlich-demographische Situation vermittelten, bevor im darauffolgenden Jahr die brandenburgisch-preußischen Territorien erstmals von der Kriegsfurie heimgesucht wurden. Die Absicht der Verordnung Friedrich Wilhelms I. bestand darin, jene Dichte an bewirtschafteten Höfen wieder mittelfristig zu erreichen.85 Ebenso galt es, sich für die Kommunen einen solchen Überblick zu verschaffen, was in Gestalt der bald regelmäßigen Erstellung sogenannter »Historischer Tabellen« über den Zustand der Städte erfolgte.86 Dabei zeigte sich für viele Orte noch in den 1730er Jahren eine eklatante Lücke in etlichen Gewerbebereichen.87 Demzufolge wurden vermehrt Anstrengungen unternommen, möglichst zeitnah Verbesserungen herbeizuführen. Eine Vielzahl von allgemeinen 144

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und auf einzelne Provinzen bezogenen Verordnungen und Edikten kündet davon.88 Zugute kam den Bemühungen, dass vor allem aus süddeutschen, aber auch aus sächsisch-thüringischen Landschaften im Verlauf des 18. Jahrhunderts Gewerbetreibende eine neue Existenz suchten – gut dokumentiert in den Bürgerbüchern der kurmärkischen Städte. Hier bildete aber nicht so sehr eine intendierte Steuerung seitens der landesherrlichen Behörden den Hintergrund. Die Schwerpunkte der gezielten Ansiedlungspolitik lagen vielmehr neben der Auffüllung verwaister Hofstellen auf der Gründung von Siedlungen auf neu erschlossenem Domänenland, um damit eine höhere Verdichtung in bislang sehr bevölkerungsarmen Gebieten zu erreichen. Dies war verbunden mit meliorativen Maßnahmen, die garantierten, auf bisher dafür ungeeigneten Böden mittelfristig reiche Erträge sowohl im Ackerbau als auch in der Viehwirtschaft zu erzielen. In den Blick gerieten hier solche Landschaften wie etwa das Havelländische Luch oder das Rhinluch in der Kurmark.89 Die Zuwanderung erfolgte überwiegend aus dem Reich – Franken und Schwaben waren besonders stark vertreten. Insbesondere die Gewinnung von Fachkräften sah Friedrich Wilhelm I. als weitere außerordentlich wichtige Voraussetzung an, um den Entwicklungsrückstand gegenüber anderen europäischen Staaten langfristig kompensieren zu können. Man solle »sich alles äußersten Fleißes angelegen sein lassen …, damit, so viel immer möglich, alle Gattungen von Wollen-, Eisen-, Holz- und Ledermanufacturen und Handwerker, die noch nicht in Unsern Landen etabliret sein, in denselben angerichtet werden mögen«. Dazu müsse das Generaldirektorium wirksame Maßnahmen ergreifen, um »nöthige Manufacturiers aus der Fremde kommen zu lassen nach der Methode, wie Wir zu Potsdam die Gewehrmanufactur angeleget haben«, wies er das neu geschaffene Generaldirektorium im Dezember 1722 an.90 Dem im selben Jahr gegründeten Rüstungsunternehmen war es vergleichsweise erfolgreich gelungen, Fachkräfte aus den traditionellen Standorten des Rüstungsgewerbes wie Lüttich, Solingen oder Suhl zu gewinnen. Wenn es also zum Beispiel »an Tuchmachern fehlet, so muß man dieselben in Görlitz, Lissa und Holland vor Geld anwerben lassen«. Unverkennbar scheint in solchen Verfügungen eine mitunter sehr vereinfachende Vorstellung des Königs auf, wie diese von ihm artikulierten Ziele umzusetzen seien. Um einen tüchtigen Gesellen anzu4. Der Haushälter

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werben, »kaufet man demselben ein stuhll und giebt ihm ein hiesiges Mägdchen zur Frau, das Lagerhaus schießet ihm die Wolle vor; dadurch kommt der Geselle sofort zu Brod, etablirt eine Familie und wird insoweit sein eigener Herr, da dann nicht zu glauben, daß es große Mühe kosten werde, dergleichen Leute zu engagiren und dieselbe nach Unsern Landen zu ziehen«. Die begehrten Handwerker und Manufakturarbeiter – der Vergleich aus dem militärischen Metier durfte natürlich nicht fehlen – »müssen recht geworben werden wie die Flügelleutte«.91 Zu den auch historiographisch intensiv bearbeiteten »Leuchttürmen« der Peuplierungspolitik Friedrich Wilhelms I. zählt seit Langem das Retablissement in Ostpreußen. Vornehmlich die Gebiete an der nordöstlichen Peripherie des preußischen Staates waren während der letzten Regierungsjahre seines Vaters in Mitleidenschaft gezogen worden. Hier hatte die zwischen 1708 und 1710 wütende Pest zu verheerenden Verlusten unter der ohnehin nicht gerade zahlreichen Einwohnerschaft geführt. Preußisch-Litauen war am schlimmsten betroffen; dort ist der Aderlass auf etwa drei Viertel der Gesamtbevölkerung beziffert worden.92 Zwar waren die ersten Initiativen schon von König Friedrich I. ausgegangen, der 1711 eine Kommission »zur Herstellung des zerfallenen und in große Unordnung geratenen Kammer- und Domänenwesens« gebildet hatte.93 Jedoch hat Friedrich Wilhelm I. den Wiederaufbau dieser Provinz, das »Retablissement«, als seine Herzensaufgabe angesehen, was sich in einer Vielzahl von Anordnungen, die für seine Verhältnisse zum Teil recht ausführlich gerieten, niederschlug. Gewiss ragt hier die Einwanderung der Salzburger Kolonisten zu Beginn der 1730er Jahre im Gesamtspektrum der Peuplierungsbemühungen heraus. Dies lag zum einen an der Tatsache, dass man es in diesem Fall mit einer geschlossenen Migrantengruppe zu tun hatte, die noch dazu aus einer weit entfernten Region nach Preußen einwanderte. Zum anderen aber fanden die Ausweisung der Salzburger Protestanten und ihre nachfolgende Ansiedlung in Preußisch-Litauen ein vergleichsweise intensives politisches und publizistisches Echo im Reich. Dabei ging die preußische Seite durchaus mit Vorsicht an die Aufnahme dieser Exulanten heran. Denn die Gegenseite, der Salzburger Erzbischof, hatte ihre rigide Haltung gegenüber den Auszuweisenden, die ja gar keine echten »Augsburgischen Konfessions-Verwandten« wären, mit dem Vorwurf des 146

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Rebellentums begründet. Wenn auch der Vorwurf der Salzburger Behörden, es würde sich um »ärgerliche Sectarii und Novatores« handeln, letztlich rasch entkräftet werden konnte, waren die Preußen zunächst misstrauisch, so dass sorgfältige Befragungen der Repräsentanten der Salzburger Bauern vorgenommen wurden.94 Der Vorteil konfessioneller Exulanten bestand darin, dass sie aufgrund der Begleitumstände ihrer Auswanderung bzw. Flucht eine vergleichsweise große Dankbarkeit und Loyalität gegenüber ihrem neuen Herrscherhaus entwickelten und in der Regel in ihren neuen Siedlungsgebieten verblieben. Eine solche Haltung kann auch den Repräsentanten der Salzburger Kolonisten attestiert werden, die insbesondere zur rechtmäßigen Autorität weltlicher Herrschaft befragt wurden und bekundeten, »diese sey von Gott eingesetzt, und müsse man denselben gehorchen, sie sey wunderlich oder gelind«.95 Friedrich Wilhelm I. setzte auf den Bericht des Pfarrers Roloff, der diese Befragung durchgeführt hatte, die Marginalie, dass man alle Salzburger Protestanten, »so viele er sie aus Lande [haben will], … nach meinem Lande schicken, ich werde ihnen höchstens obligiret sein«.96 Dennoch konnten der König und die damit betraute Amtsträgerschaft vor etwaigen Anpassungsschwierigkeiten der neuen Untertanen nicht die Augen verschließen. Bei der Ansiedlung der Salzburger solle man deshalb, so die Anweisung Friedrich Wilhelms I. an den Minister v. Görne, in dem Bemühen, die Bauern und Tagelöhner in Arbeit zu bringen, »so lange nur immer möglich, die Güthe und verständnus« aufbringen.97 Allerdings entspricht die verbreitete Ansicht, wonach die Salzburger Kolonisten in einem weitgehend öden, entvölkerten Land angesetzt worden seien, nicht ganz den realen Vorgängen. Auch der König selbst war hier zunächst falschen Vorstellungen erlegen bzw. mit unzutreffenden Informationen bedacht worden. Da es letztlich doch weniger Wüstungen in diesen Gebieten gab, wurden etwa vier Fünftel der neuen Kolonisten »auf bereits bewirtschaftete Bauernstellen, wo sie ältere, unproduktive oder schon verstorbene Bewohner ersetzten«, gesetzt.98 Zudem stellte die Salzburger Einwanderung nicht nur einen Gewinn in demographischer und produktiver Hinsicht dar, sondern gestaltete sich auch aus finanziellen Erwägungen als ein durchaus lohnendes Geschäft. Ein großer Teil der Immigranten brachte Barvermögen mit; etwa 60 Familien waren so4. Der Haushälter

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Allegorie auf die Aufnahme der Salzburger Protestanten in Preußen unter Friedrich Wilhelm I. Kupferstich von 1732.

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mit sofort in der Lage, Güter »direkt von der Krone zu erwerben, gewöhnlich zum Preis von je etwa zweihundert Talern in bar«.99 Gerade diese Nachrichten von den »baar nach Preußen gebrachten Mitteln gibt Mir Hoffnung, Gott werde meine Bemühung an Preußen nicht ungesegnet lassen«, schrieb Friedrich Wilhelm I. am 26. September 1732, unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse stehend, sichtlich erfreut und voller Zuversicht an den Geheimen Finanzrat Christian von Herold.100 Dahingegen war das vom preußischen König vorgegebene Unterfangen, durch den Verkauf der von den Einwanderern zurückgelassenen Güter noch mehr Geld ins Land zu holen, nur von verhaltenem Erfolg gekrönt. Obgleich dem vom König ins Erzstift Salzburg geschickten Gesandten Erich Christoph Freiherr von Plotho kaum Schwierigkeiten bereitet wurden, kamen letztlich nur 300.000 Taler, also »ungefähr ein Achtel des vor der Auswanderung geschätzten Wertes der verlassenen Güter, an die früheren Eigentümer nach Ostpreußen«.101 Nicht minder als der geschilderte fiskalisch-demographische Gewinn wog für den preußischen König der immense Prestigezuwachs, den er als Schutzpatron der aus religiösen Gründen verfolgten Minderheit erzielte. Schließlich lagen diese Vorgänge in einer konfessionspolitisch aufgeladenen Zeit, worauf an anderer Stelle noch zurückzukommen sein wird. Jedenfalls rief die Vertreibung der Salzburger Protestanten ein ungemein lebhaftes publizistisches Echo im Reich und darüber hinaus hervor. Nicht nur, dass die Emigranten auf ihrem Weg in die neue Heimat in den Durchzugsorten der protestantischen Territorien mit Glockengeläut und Festgottesdiensten empfangen wurden, auch entstand damals eine Vielzahl von Preis- und Dankliedern, in denen der preußische König natürlich eine zentrale Rolle einnahm.102 Subtile und direkte Vergleiche mit dem in der Bibel geschilderten Exodus waren dabei gewollt. Auch in bildlichen Darstellungen entfaltete sich dieser Topos.103 Bei aller Strahlkraft, die der Salzburger Immigration weit über die preußischen Grenzen hinaus innewohnte, muss jedoch daran erinnert werden, dass weitere Immigrantengruppen – sowohl davor als auch danach – ihren Beitrag zur Peuplierung Preußisch-Litauens leisteten.104 Nach neueren Forschungen sind mehrere Zehntausend Siedler sowohl aus Polen-Litauen als auch aus diversen Reichsterritorien sowie aus Schweizer Kantonen ins Land geholt worden. Diese Ansiedlung konnte 4. Der Haushälter

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vor allem deshalb relativ reibungslos organisiert werden, weil es sich bei Preußisch-Litauen weitgehend um königlichen Domänenbesitz handelte und man sich nicht mit querulierenden adligen Rittergutsbesitzern auseinandersetzen musste.105 Immer wieder griff der König auch unmittelbar in die Anwerbung und Steuerung der Zuwanderung ein. So wies er zum Beispiel am 19. Oktober 1733 von seinem Jagdschloss Königs Wusterhausen aus das Generaldirektorium an, dass 70 Knechte aus der Magdeburgischen, Halberstädtischen und Kurmärkischen Provinz, »so den Ackerbau verstehen«, nach Preußen geschickt werden sollten. Des Weiteren sollte das Generaldirektorium seine Bemühungen verstärken, »300 Familien aus dem Reich zu bekommen, und deshalb mit dem Geheimen Rat von Seckendorff correspondiren«. 176 Wohnungen seien dafür vorsorglich schon bereitzustellen.106 Die große Bedeutung, die dem Retablissement Preußisch-Litauens aus der Sicht des Königs zugemessen wurde, spiegelte sich auch in der Veränderung der Verwaltungsstruktur wider: Nicht nur wurde die bis dahin eher unbedeutende Stadt Gumbinnen als Koordinationspunkt der Peuplierungs- und Wiederaufbauaktivitäten aufgewertet, sondern dort fand seit dem Jahre 1736 die neu errichtete Litauische Kriegs- und Domänenkammer ihren dauerhaften Sitz.107 Doch auch über Zuwanderergruppen, die sporadisch und in geringerer Zahl in die verschiedenen Landesteile des Gesamtstaates kamen und nicht den dramatischen Hintergrund der Salzburger Immigration aufwiesen, ließ sich Friedrich Wilhelm I. nicht nur informieren, sondern fällte Entscheidungen en détail. Interessant erscheinen dabei auch die Kommunikationswege: Über holländische Handwerker, die Interesse an einer Anstellung in den preußischen Residenzen zeigten, erhielt er zum Beispiel die nötigen Informationen von einem Amtsträger der Klevischen Kriegs- und Domänenkammer. Eine der in größerer Zahl in den Quellenbeständen erhaltenen Ankündigungen beantwortete der König dahingehend, dass jeder von diesen in Potsdam anzusiedelnden Maurern und Zimmerleuten ein Haus erhalten und mit allen Freiheiten (zum Beispiel Einquartierungs- und Werbefreiheit) ausgestattet werden solle, die für solche Fälle vorgesehen waren. Die Handwerker sollten einen Vorschuss von 150 Talern und eine jährliche Besoldung in derselben Höhe erhalten. Im Falle sie nach fünf Jahren die Absicht hätten, in ihre Heimat 150

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zurückzukehren, stünde ihnen dies frei. Würden sie aber bleiben wollen, »sollen Ihnen genannte Conditiones von Jahr zu Jahr ferner continuiret werden«.108

Fazit Der historische Ort der Wirtschafts- und Finanzpolitik des zweiten preußischen Königs fiel also, so lässt sich ein vorläufiges Zwischenfazit ziehen, in die Zeit eines außerordentlichen Wandels. An die Stelle einer Denkweise, die die Hauptquelle der Steigerung des Reichtums eines Staates lediglich in seiner Vermehrbarkeit durch Handel erblickte, traten nunmehr Vorstellungen, die auf eine Ressourcenerweiterung durch die in der Bevölkerungszahl, im Gewerbe und in der Landwirtschaft liegenden Wachstumsquellen setzten. In diesem Sinne konnte in der gelehrten Literatur seit dem frühen 18. Jahrhundert eine Verdrängung der sogenannten »kommerziellen Terminologie« durch eine mit Bezeichnungen wie »Ökonomie« und »ökonomisch« durchsetzte begriffliche Praxis beobachtet werden.109 Dies erschien im zeitgenössischen Kontext zunächst gewiss ungewöhnlich, und Friedrich Wilhelm I. war sicherlich einer der ersten Monarchen, der jenen Anschauungen folgte, jedoch eben auch nicht der einzige. Von Vermeidung »übel eingerichteter Ökonomie« war etwa in der vom König verfassten Instruktion an das Generaldirektorium von 1722 die Rede.110 Man hat bei der Lektüre eines solchen bedeutenden Kameralisten wie Johann Heinrich Gottlob von Justi fast den Eindruck, als ob Friedrich Wilhelm I. vor seinem geistigen Auge stünde, wenn er die Bewirtschaftung eines Staatswesens durch einen Fürsten als »guten Wirt« beschreibt und mit einem großen Landgut vergleicht.111 Zugleich wohnte den wirtschaftspolitischen Maßnahmen Friedrich Wilhelms I. ein hohes Maß an Nachhaltigkeit inne. So vertritt die neuere wirtschaftshistorische Forschung die Auffassung, dass der in Preußen seit den 1830er Jahren erfolgreich verlaufende Industrialisierungsprozess »in der gewerblichen Entwicklung vor allem des 18. Jahrhunderts vielfach vorbereitet« worden wäre und nur »unter Berücksichtigung dieses Vorlaufs zu verstehen« sei.112 Um aber etwas Wasser in den bislang allzu vollmundig schmeckenden Wein der wirtschaftlichen Bilanz zu gießen, sei darauf 4. Der Haushälter

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verwiesen, dass die auf den ersten Blick während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. beeindruckend erscheinende Erhöhung der Staatseinnahmen um 44 Prozent nicht so sehr auf eine Steigerung der Wirtschaftskraft und Produktivität pro Kopf zurückgeführt werden kann, sondern fast proportional mit der Bevölkerungsvermehrung, also der Steigerung der Zahl der »Steuerbürger« um 39 Prozent (von 1,6 auf 2,25 Millionen Einwohner), verlief. Obendrein kam der Einnahmeentwicklung auch die günstige Entwicklung der Getreidepreise entgegen. Damit mag die aufgeworfene Frage berechtigt sein, »ob es dem König tatsächlich gelungen war, durch seine ›Reformpolitik‹ auf die Entwicklung der Staatseinkünfte maßgeblichen Einfluß zu gewinnen«.113 Des Weiteren gilt es, sich einen Gedanken in Erinnerung zu rufen, der schon bei der Behandlung der Verwaltungsreformen thematisiert worden ist: Auch die während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. auf dem Feld der Wirtschafts-, Finanz- und Peuplierungspolitik entwickelten und durchgeführten Maßnahmen gingen »nicht auf einen Generalplan des Monarchen« zurück, sondern waren das Ergebnis eines mehrstufigen Informations- und Entscheidungsprozesses.114

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4. Der Haushälter

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«? Zur Stellung von Wissenschaft und Kunst in der Herrschaftspraxis des Königs Durchmustert man die über die Ausgabenpolitik Friedrich Wilhelms I. Auskunft gebenden Quellen, dann begegnen dabei immer wieder auch solche Materien, die man gemeinhin nicht mit der Regierungsarbeit dieses Monarchen verbindet. Oder etwas schärfer formuliert: Wie vertragen sich solche Hinweise über gewährte Summen für gelehrte Institutionen oder Kunstankäufe mit den ihm zugeschriebenen Zügen von »Bildungsfeindlichkeit«1 oder »Kunstbanausentum«? Sicher scheinen einige Fakten auf den ersten Blick einen solchen Eindruck zu bestätigen: Wie bereits vorgeführt, trafen die kurze Zeit nach der Regierungsübernahme angeordneten Etatkürzungen gerade den Kunst- und Wissenschaftsbereich besonders hart, und der König schien sich auch kaum als Kunstsammler zu betätigen, wenn man von seinem durchaus beachtlichen Silberschatz einmal absieht. Von den zum Zeitpunkt des Regierungswechsels 1713 in Berlin lebenden 55 Künstlern haben in den folgenden anderthalb Jahrzehnten 17 die Residenz verlassen.2 Darunter fanden sich solche berühmten Persönlichkeiten wie Andreas Schlüter, der zumindest noch den prunkvollen Sarkophag für den verstorbenen König fertigstellen konnte, und der berühmte Hofbaumeister Eosander von Göthe. Auch die Hofmusiker waren von Einsparungen betroffen; künftig lag der Schwerpunkt auf der Militär- und Kirchenmusik.3 Gelegentlich wurde der König in seiner kritischen Haltung gegenüber einigen Kunstrichtungen ermuntert durch die Ressentiments der ihm zeitweise nahestehenden pietistischen Bewegung.4 Und es ist sicher zutreffend, dass der Unterschied zu seinen fürstlichen Standesgenossen gerade auf diesem Terrain recht erheblich ausfiel, wenn man etwa die ambitionierten Projekte des pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm zum Ausbau seiner neuen Mann5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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heimer Residenz oder des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. bei der vor allem nach dem Ende des Großen Nordischen Krieges vorangetriebenen Ausgestaltung Dresdens zu der nach Wien prächtigsten Residenz im Reich zum Vergleich heranzieht. Aber gerade an jenen Fürsten wurde er ja gemessen, und deshalb mag es nicht allzu sehr überraschen, dass die in der Berlin-Potsdamer Residenzlandschaft beobachteten Entwicklungen in der zeitgenössischen Wahrnehmung auf Überraschung und Unverständnis stießen. Dies umso mehr, als sein Vater und Vorgänger bekanntlich große Anstrengungen unternommen hatte, im dynastischen Wettbewerb auch auf jenen Gebieten, in denen Friedrich Wilhelm I. nunmehr den Rotstift ansetzte, gleichzuziehen und sich allmählich auf Augenhöhe mit den bedeutenderen deutschen Reichsfürsten zu bewegen. Es sei wohl künftig »alles so eingeschräncket, daß gar wenig ausgegeben, sondern alles in die Coffres gesamlet werde«, wusste der kaiserliche Gesandte am 2. Mai 1713 aus Berlin ebenso wie die Tatsache zu berichten, dass die Gelehrten und Advokaten in besonders schlechtem Ansehen stünden.5

Kunst und Architektur Doch bei genauerem Hinsehen verwischen die allzu scharf gezogenen Schwarz-Weiß-Konturen. Ohne den wiedergegebenen Gesamteindruck relativieren zu wollen, wird zumindest deutlich, dass trotz der unbestreitbar größeren Distanz des Königs zu Kunst, Bildung und Wissenschaft auch bei ihm gewisse Affinitäten zu diesen Dingen vorhanden waren und zu einer intensiven Zuwendung führten. Für wohl kaum eine andere Teildisziplin erweist sich die Annahme einer undifferenzierten kunstfeindlichen Haltung Friedrich Wilhelms I. als so abwegig wie für die Bildende Kunst. Von seinem Interesse zeugen nicht nur Gemäldeankäufe und die Anschaffung von Handzeichnungen. Schließlich betätigte er sich selbst als Maler, dessen Werke nach profundem Urteil zwar »die Unbeholfenheit des Dilettanten« widerspiegeln, aber zugleich in der Tradition »des in der Renaissance geprägten Ideals vom universal begabten und gebildeten Fürsten« standen.6 Man wird auch angesichts der Begleitumstände dieser anscheinend erst in seinem letzten Lebensjahrzehnt gewählten 154

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

Selbstbildnis Friedrich Wilhelms I. aus dem Jahr 1737.

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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dilettierenden Beschäftigung mit der Malerei nicht einen gewissen Respekt versagen können: »In tormentis pinxit« – »unter Schmerzen gemalt« findet sich als Unterschrift unter einigen seiner Bilder, die zumeist das Sujet des Porträts auswählten.7 Sie bildeten offenbar eine willkommene Ablenkung von den ihn seit der Mitte der 1730er Jahre immer häufiger heimsuchenden Gichtanfällen. Freilich hatte Friedrich Wilhelm bei der Anschaffung von Gemälden ein recht simplifizierendes, mitunter auch naturalistisches Verständnis. Seine Auswahl der Bilder orientierte sich weniger an der malerischen Qualität oder dem finanziellen Wert, sondern an dem dort dargestellten Inhalt.8 Schlachten- und Jagdszenen gehörten ebenso dazu wie biblische Motive, in denen Gewaltanwendung um der Gerechtigkeit willen nicht fehlen durfte. In besonderer Weise scheint ihn das auf diesen Gemälden behandelte Motiv der Ermordung der Gebrüder de Witt als führende Staatsmänner der niederländischen Generalstaaten angesprochen zu haben. Darüber hinaus standen trotz der erwähnten personellen Ausdünnung der Berliner Künstlerszene immer wieder Maler in Diensten des Königs, denn wie seine Vorgänger beschenkte er zuweilen seine erlauchten Gäste mit Porträts bzw. stattete einige der weiterhin genutzten Schlösser mit Bildnissen seiner Familie aus. Der bereits unter Friedrich I. zum »Hofmaler« berufene Antoine Pesne blieb auch unter Friedrich Wilhelm I. in hohem Ansehen, wurde mit Aufträgen bedacht und erhielt 1732 die Charge eines »Direktors der Mahler und Bildhauer Kunst Academie«.9 Neben Friedrich Wilhelm Weidemann, der den König bei dessen eigenen Malversuchen unterstützte – so zeichnete er zum Beispiel die Figuren auf der Leinwand vor –, und dem sich als Landschaftsmaler betätigenden Carl Sylva Dubois spielte Paul Carl Leygebe eine gewisse Rolle, der insbesondere Bilder mit Jagdmotiven malte.10 In den Kabinettsminüten sind sowohl Aufträge für Gemäldeankäufe als auch Dankschreiben für Geschenke in Gestalt von Gemälden überliefert.11 Nicht allzu überraschend erscheint es dabei, dass Friedrich Wilhelm I. die niederländische Kunst favorisierte. Allerdings ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass die auf den ersten Blick auf intensive Kunstankäufe hindeutende Korrespondenz zuweilen einen Rekrutenhandel kaschieren sollte. Wenn wie zum Beispiel in dem Briefwechsel 156

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

mit dem preußischen Gesandten in London, v. Borck, von einem »artig Gemählde« oder von einer »Statue« die Rede war, bei der »mir die Facon und Arbeit« gefalle, dann waren wohl Soldaten gemeint.12 Ungeachtet dieser Skurrilitäten hat sich der König gleichwohl als Kunstsammler betätigt, wobei Kupferstiche herausragen. Zudem hat der Besuch Augusts des Starken 1728 der Kunstproduktion in der preußischen Residenz nachhaltige Impulse gegeben:13 Nicht nur, dass vor diesem Hintergrund der Weiße Saal im Berliner Stadtschloss vollendet werden konnte; auch kleinere Aufträge wurden vermittelt, wie etwa an den Bildhauer Johann Conrad Koch, der auf Wunsch des Königs vier Sklaven in Gips modellierte, die die von Andreas Schlüter für den Zeughaushof geschaffene Standfigur Friedrichs III. umgeben sollten. Das Denkmal wurde anlässlich des Besuchs Augusts des Starken 1728 in Berlin auf dem Molkenmarkt aufgerichtet, im Februar 1739 jedoch wieder entfernt.14 Den höchsten Rang nahm in diesem Metier zweifelsohne jener Künstler ein, dessen Werk selbst der König seinen Respekt nicht versagte und der 1736 in die Charge eines Hofbildhauers erhoben wurde: Johann Georg Glume galt als Schüler Andreas Schlüters und wirkte schon lange vor 1713 in der brandenburgisch-preußischen Residenz. Mit dem 1736 fertiggestellten »Königlichen Monument« in der Potsdamer Garnisonkirche, in der Friedrich Wilhelm I. einst beigesetzt werden sollte, schuf er sein bedeutendstes Kunstwerk, das auch auf Friedrich Wilhelm I. eine große Faszination ausgeübt haben soll.15 Ebenso stammte eines der nur wenigen Standbilder Friedrich Wilhelms I. aus seiner Hand: Das nach einer Brandkatastrophe 1718 im hinterpommerschen Köslin 1722 fertiggestellte Kunstwerk wurde durch die pommerschen Landstände als Dank für die königliche Unterstützung bezahlt. Dieser Art der »Fremdfinanzierung« der Denkmalprojekte bediente sich Friedrich Wilhelm I. auch später, so im Falle des in Rathenow errichteten Standbildes zu Ehren der Waffenerfolge seines Großvaters, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, gegen die Schweden. Hier war Friedrich Wilhelm I. selbst in die Modellauswahl involviert und entschied sich für den ebenfalls aus der Schlüterschule stammenden Bildhauer Bartholomé Damart.16 In wesentlich intensiverer Weise engagierte sich der König für die Architektur. Das mag angesichts des radikalen Zurückfahrens fast aller 5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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Schlossbauprojekte zunächst überraschen, doch lag sein Fokus eher auf städtebaulichen Vorhaben. Dem kam entgegen, dass die städtepolitischen Leitvorstellungen des Königs architektonische Gestaltungsformen einschlossen, die in frappierender Weise seinem auch in anderen Bereichen favorisierten Sinn für Gleichmaß, ja fast schon Monotonie entsprachen. Dem König schwebte eine Bebauung der Straßen vor, bei der offensichtlich die Häuser wie an einer Perlenschnur nacheinander errichtet werden sollten. Im Gegensatz zu dem auf dem bekannten Gemälde Dismar Degens über den »Häuserbau in der Berliner Friedrichstadt« suggerierten Eindruck ist dieser Idealzustand jedoch kaum erreicht worden.17 In besonderer Weise konnten sich die Vorstellungen des Königs in den beiden Residenzen Berlin und Potsdam entfalten, vor allem im Zuge der sogenannten »Ersten und Zweiten Stadterweiterung« Potsdams und in der Vergrößerung der Dorotheen- und Friedrichstadt in Berlin.18 Auch hier künden viele Randverfügungen des Königs davon, dass er ein vergleichsweise großes persönliches Interesse für diese Unternehmungen entwickelte und sich regelmäßig über den Fortgang der Arbeiten unterrichten ließ. Im September 1732 gab er zum Beispiel konkrete Anweisungen über die Lieferung von Rathenower Dachsteinen und Bauholz für die Bauvorhaben in Potsdam, inklusive des benötigten Materials für die im Bau befindliche Garnisonkirche.19 Angesichts der Kapitalarmut der diese Stadtteile beziehenden Bewohner kaufte der König den Bürgern ihre alten Häuser nicht selten ab und ließ sie nach seinen Vorstellungen neu errichten20 bzw. gewährte Vorschüsse, wie für einige Potsdamer Handwerker, die vor dem Nauener Tor Häuser bauen wollten.21 Gerade die Vorgänge um die Stadterweiterungen Potsdams, in deren Umsetzung sich der König in so unmittelbarer Weise einbringen konnte, lassen die Konturen seiner städtebaulichen Vorstellungen klar hervortreten. Abermals übten niederländische Vorbilder einen nachhaltigen Einfluss aus. So kündet zum Beispiel ein erhaltener Plan von 1738/39 davon, dass der König eine an holländischen Städten orientierte Vision und stadtbaukünstlerische Zielvorstellung besaß.22 Demnach sollte das Stadtbild durch lindenbepflanzte Plätze und Alleen, Kanäle, von Amtsträgern und Bürgern bewohnte Palais sowie Handwerkertypenhäuser, Manufakturen und natürlich Kasernen in planstadtähnlicher Karreeanordnung geprägt sein. Noch wenige Monate vor seinem Tode befasste sich Friedrich Wil158

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

helm I. mit Plänen einer dritten Stadterweiterung seiner Lieblingsresidenz und äußerte gegenüber einem Gewährsmann in Amsterdam den Wunsch, dass er »gerne recht was Schönes von dergleichen Plans, Vues und Prospecten derer großen Städte in Holland haben« wolle.23 Und auch in die Gestaltung der Berliner Friedrichstadt mit den vielen in ihrem westlichen Erweiterungsgebiet errichteten Stadtpalais, zu deren Bau die hohen Amtsträger und Offiziere oftmals gedrängt werden mussten, hatte sich der König höchstpersönlich eingebracht. Wenn auch die städtebauliche Planung auf den Oberbaudirektor Philipp Gerlach zurückging, »stammten Idee und Konzeption von König Friedrich Wilhelm I. selbst«.24 Wie bei den Bauvorhaben in Potsdam finden sich auch für diesen Fall viele Belege darüber, dass sich der Monarch im Detail über die Baufortschritte unterrichten ließ und konkrete Anweisungen gab. So korrespondierte er zum Beispiel mit Oberst Reinhold von Derschau, dem Leiter der Baukommission und im Übrigen auch einem häufig anzutreffenden Mitglied des königlichen Tabakskollegiums, darüber, dass »von dem Amte Wusterhausen die Dach- und Mauersteine zu dem Bau auf der Friedrichstadt … gegen baare Bezahlung sollen geliefert werden«.25 Diese Aktivitäten Friedrich Wilhelms I. ordnen sich letztlich in seine gerade nach den beiden Begegnungen mit August dem Starken in Berlin und Dresden 1728 verstärkten städtebaulichen Bemühungen ein, mit anderen fürstlichen und königlichen Residenzen gleichzuziehen und solche Achtungszeichen zu setzen, die im dynastischen Wettbewerb akzeptiert wurden. Dass ihn dabei zum Beispiel auch das Vorbild der französischen Metropole beeinflusst haben mochte, deutet die Beobachtung Friedrich Nicolais an, in der königlichen Wohnung des Berliner Stadtschlosses habe sich »ein sehr großer Plan von Paris« befunden.26 Doch diese bislang geschilderten Entwicklungen kennzeichneten nicht nur den städtebaulichen Fortschritt in der Berliner und Potsdamer Residenz. Ähnliche Bemühungen, die sich auf ein »eindrucksvolles, harmonisches Bild geschlossener Giebelreihungen« oder auf die »durchgängig gleich hohe Anordnung der Hauptgesimse aller Häuser« richteten, können in den 1720er und 1730er Jahren auch in einer der für Magdeburg repräsentativsten Straßen, dem Breiten Weg, ausgemacht werden.27 Ungeachtet dieser fraglos herausragenden Exempel städtebaulicher Konzeptionen fällt der Befund mit Blick auf die Gesamtheit der Städte 5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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etwas nüchterner aus. Zwar bot es sich an, nach den die Kommunen damals immer noch recht häufig ereilenden Stadtbränden den Wiederaufbau zur Verbesserung der Stadtstruktur zu nutzen. Jedoch wurde in solchen Fällen zumeist ad hoc reagiert, ohne dass »ein einheitliches Konzept der preußischen Behörden für die Wiederaufbauten erkennbar« gewesen wäre.28 Dahinter stand das Bemühen, zum einen die eine Brandausbreitung begünstigende enge Bebauung in den Kommunen aufzulösen und zum anderen eine städtebauliche Konzeption durchzusetzen, die stärker den zeitgeistigen Vorstellungen exakter linearer Grundrisse und großzügigerer Bebauungen entsprach. Und auch im Kirchenbau, einem Terrain, dem sich Friedrich Wilhelm I. aus mehreren Motiven vergleichsweise intensiv zuwandte, war ihm am Gesamteindruck gelegen, »der Stadtsilhouette durch eine größere Anzahl von Kirchtürmen ein markantes und erhebendes Aussehen zu verleihen«.29 Auch hier ließ er sich oft genauestens über die Baufortschritte berichten und versuchte auf die Gestaltung Einfluss zu nehmen. Hervorzuheben sind vor allem die Turmbauten an der Berliner Parochial- und Petrikirche sowie die in den 1720er und 1730er Jahren errichteten Kirchen in Potsdam.30 Nach kunst- und architekturgeschichtlichem Urteil kann diesen Bauvorhaben ein hoher künstlerischer Rang attestiert werden.31

Wissenschaft In ähnlicher Weise wie auf dem Gebiet der Kunstpolitik wirkt auch das Verdikt einer angeblichen Wissenschaftsfeindlichkeit des Königs bis heute nach. Insbesondere die »Königlich Preußische Sozietät der Wissenschaften«, wie die 1700 gegründete Akademie seit der Königskrönung offiziell bezeichnet wurde, hätte demnach diese distanzierte Haltung des neuen Königs nach seiner Thronbesteigung zu spüren bekommen. Der Eindruck eines jähen Einbruches und einer allzu scharfen Zäsurbildung des Jahres 1713 wird allerdings etwas durch die Tatsache gemildert, dass die Bemühungen des Spiritus rector der Berliner Akademie, Gottfried Wilhelm Leibniz, um eine weitere Professionalisierung dieser Sozietät schon in den letzten Regierungsjahren König Friedrichs I. auf größere 160

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

Widerstände gestoßen waren. Die Gründe dafür lagen in fachlich unzureichend ausgewiesenen Mitgliedern, fehlenden finanziellen Mitteln, aber auch in der Konkurrenz und den Animositäten unter den Gelehrten. Ernüchtert über diese unerquicklichen Entwicklungen reiste Leibniz im Mai 1711 aus Berlin ab und betrat die preußische Residenz danach nie wieder.32 Zuletzt hat die wissenschaftsgeschichtliche Forschung die bis dahin fast kanonischen Rang einnehmende Bedeutung von Leibniz bei der Gründung und Führung der Akademie in ihren ersten Jahren etwas relativiert und deutlich gemacht, dass auch andere Akteure in wesentlich intensiverem Maße als bislang angenommen die Entwicklung beeinflussten.33 In jener Zeit war Kronprinz Friedrich Wilhelm schon in diese Dinge involviert, schließlich mussten die mit bestimmten Plänen schwanger gehenden Akademiemitglieder angesichts des schlechter werdenden Gesundheitszustandes des alten Königs mit einem baldigen Thronwechsel rechnen. So galt es beispielsweise für die Befürworter eines Projektes zur Einführung des Seidenanbaus als ermutigendes Signal, als am 2. Juli 1712 an Leibniz berichtet wurde: »Der Kronprinz hat nun auch bessere Gedanken von der Sache bekommen und wird uns nicht mehr zu hindern begehren.«34 Die Befürchtungen, dass Friedrich Wilhelm nach seinem Regierungsantritt seine distanzierte Haltung gegenüber der Akademie beibehalten würde und dadurch für die Sozietät nachteilige Entwicklungen eintreten könnten, sollten sich zwar in gewisser Weise bestätigen, dürfen aber nicht überzeichnet werden. Der für die ersten Wochen nach dem Thronwechsel überlieferte Briefwechsel zwischen dem »Akademie-Secretar« und Leibniz zeigt ein ambivalentes Bild: Zwar war auch die Akademie von den allenthalben vom Monarchen forcierten Einsparungen betroffen; gleichwohl blieben radikale Einschnitte vorerst aus.35 Dies mag mit jener berühmt gewordenen Denkschrift Friedrich Wilhelms von Grumbkow in Zusammenhang gestanden haben, in der er wenige Monate nach dem Thronwechsel den König auf die Gefahren einer zu starken und überhasteten Reduktion der Hofhaltung und der Gelder für Kunst und Wissenschaft aufmerksam machte. Dabei plädierte er dafür, »daß die Académie des Sciences beibehalten werde«.36 Im Wissen um die besonderen Interessen des jungen Königs versuchte man in das Akademieprogramm solche Projekte aufzunehmen, die die Medizinal-, Technik- und natürlich 5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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auch die Kriegswissenschaften tangierten. Schon gegenüber Leibniz hatte der damals zwölfjährige Kronprinz sein sichtliches Interesse an dem gerade im Entstehen begriffenen Observatorium bekundet und versprochen, »er wolle oft dorthin gehen, wenn alles eingerichtet ist«.37 Dem König blieben allerdings die bereits angesprochenen Querelen innerhalb der Akademie nicht verborgen, was seiner Geringschätzung Oberwasser gegeben haben dürfte. Vor allem die schmähliche Behandlung beim Feilschen um das Gehalt von Leibniz, gepaart mit Vorwürfen seiner zu geringen Präsenz in Berlin, warf kein gutes Licht auf die Beteiligten. Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass sich der König weigerte, wie sein Vorgänger die Schirmherrschaft über die Berliner Sozietät der Wissenschaften zu übernehmen. Das Protektorat über die Akademie führten zukünftig hohe Amtsträger, wobei insbesondere dem bis zu seinem Tode 1725 in dieser Funktion agierenden Obermarschall und Konsistorialpräsidenten Marquard Ludwig von Printzen und dem ab 1733 amtierenden Minister v. Viereck eine gewisse Fortune bescheinigt werden muss.38 Dem König sagte man nach, dass er den Wissenschaftsbetrieb »als leeren Formelkram, als ein ödes, eitles und gespreiztes Wortgepränge« ansähe.39 Daraus resultierte letztlich jene abfällige – und aus heutiger Perspektive sicher auch abstoßende – Behandlung einiger Wissenschaftsdisziplinen und ihrer Vertreter. In seinem utilitaristisch-praktischen Verständnis schien kein Nutzen zu bestehen für die in seinen Augen unfruchtbaren philosophischen Spitzfindigkeiten und juristischen Deduktionen. Einseitige Schuldzuweisungen entweder an den nur wenige Wissenschaftsdisziplinen tolerierenden und ansonsten an der Akademie scheinbar desinteressierten König einerseits oder an die nach Auffassung des Hallenser Professors Christian Wolff »noch schläfriger« werdende Akademie andererseits führen hier allerdings nicht weiter.40 Man wird stets die mitunter scharfen persönlichen Auseinandersetzungen der Beteiligten wie auch die divergierenden Vorstellungen über die damalige Art und Weise wissenschaftlichen Forschens in eine Gesamtbewertung einzubeziehen haben. Angesichts der befürchteten und schließlich eingetretenen Etatkürzungen verschärfte sich zwangsläufig die Konkurrenz zwischen den in Berlin ansässigen wissenschaftlichen Einrichtungen, wie der »Sozietät der Wissenschaften«, der »Akademie der Künste und 162

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

mechanischen Wissenschaften« oder dem »Collegium medicum«. Die an den Universitäten Halle, Königsberg und Frankfurt (Oder) lehrenden Professoren wurden freilich in diese Verteilungskämpfe hineingezogen. Auch die Rolle des unglücklichen Akademiepräsidenten Jacob Paul von Gundling, der sich zunehmend in eine Zwitterstellung als Gelehrter und Hofnarr hineingedrängt sah, wird man nicht ausschließlich von seinem bedauernswerten Schicksal in den letzten Lebensjahren bis hin zu seiner entwürdigenden Beisetzung in einem Weinfass her bewerten dürfen.41 Seine Berufung an die Spitze der Sozietät war ursprünglich keineswegs als Verhöhnung der Akademie gedacht; er stand als Professor für bürgerliches Recht, Geschichte und Literatur an der Berliner Ritterakademie sowie als Historicus am Oberheroldsamt in gutem Ansehen. Vor allem wurde er dem König bald deshalb unentbehrlich, weil er es sehr gut verstand, Wissen unterhaltsam zu vermitteln.42 Mit der nach einem kurzen Zwischenspiel David Fassmanns 1734 durch den König vollzogenen Ernennung Graben zum Steins, eines entlaufenen Mönchs und Feldpredigers aus Tirol, zum Vizepräsidenten schien nach älterer Auffassung die Desavouierung der Akademie ihren traurigen Höhepunkt gefunden zu haben.43 Doch wird dieses allzu schwarz getönte Bild relativiert durch die fast zeitgleiche Berufung Daniel Ernst Jablonskis zum Präsidenten der Akademie – einer Persönlichkeit, deren komplexes und ambivalentes Wirken als Gelehrter und Hofprediger innerhalb der Berlin-Potsdamer Residenzgesellschaft kaum gering geschätzt werden kann.44 Gerade dem Wirken solcher nach heutigen Vorstellungen als »Netzwerker« zu bezeichnenden Männer wie Jablonski, die gute Kontakte sowohl zur höfischen Gesellschaft als auch zur Welt der Gelehrten pflegten, dürfte es mit zu verdanken sein, dass sich die durchaus vorhandenen Interessen des Königs zuweilen in konkreter Zuwendung zu Angelegenheiten der Sozietät äußerten. So besichtigte er zum Beispiel die optischen Instrumente und Naturalien in den Akademieräumen. Dieser Eindruck wird auch bestätigt durch die vom Monarchen zu Beginn des Jahres 1735 gegebene Anweisung, der Akademie eine Bibliothek zu schenken. Die dort enthaltenen Bücher sollten nunmehr in einem Umkreis von 20 Meilen um Berlin entliehen werden können.45 5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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Nur bestimmten Wissenschaftsdisziplinen ließ Friedrich Wilhelm I. eine intensivere Aufmerksamkeit zuteilwerden. Exemplarisch zeigte sich das in der Haltung des Königs zur Medizinalwissenschaft: Nicht nur auf die Entwicklung des der Gesundheitsvorsorge der Berliner Bevölkerung dienenden Hospitals, dessen Name »Charité« auf den König zurückging, hatte der König Einfluss genommen.46 Ebenso richteten sich seine Initiativen auf medizinischem Gebiet merklich darauf, das schon seit Längerem bestehende »Collegium medicum« aufzuwerten und – dies allerdings zulasten anderer Institutionen – finanziell besserzustellen. Auf Befehl des Königs mussten seitens der Berliner Sozietät zusätzliche Gelder etwa für die Besoldung des Gärtners des Hofapothekengartens oder für einen Leipziger Mechaniker »wegen des Schönebeckischen Salzwesens« bereitgestellt werden.47 Insbesondere bei der Etablierung des in seinem ersten Regierungsjahr gegründeten »Theatrum anatomicum« ist eine persönliche Mitwirkung Friedrich Wilhelms I. nachzuweisen. Demnach hatte der König erkannt, »wie von der Wissenschaft der Anatomie, vornehmlich eines Chirurgi und Wund-Artztes gantze Kunst- und Practique, und von solcher so vieler theils grosser und wohlverdienter Officier, als auch der unter ihnen stehenden tapferen Soldaten, imgleichen vieler anderer Civil-Bedienten, Leben und Gesundheit dependiren«. Deshalb sollte »ein bequemes Theatrum Anatomicum mit allem Zubehör aufgerichtet und in solchem mehrmahlen des Jahrs öffentliche Demonstrationes, und zwar in deutscher Sprache, gehalten« werden.48 Vor allem wird man dem Ersten Leibarzt des Königs, Andreas Gundelsheimer, eine wichtige Rolle zuweisen müssen. Friedrich Wilhelm I. beauftragte seinen bei ihm schon seit mehreren Jahren eine gewisse Vertrauensstellung genießenden Leibmedicus nicht nur mit der Auswahl von Räumen für das Anatomische Theater, sondern ihm oblag auch die organisatorische Leitung der vorbereitenden Arbeiten. Für die anlässlich der im November 1713 stattfindenden Eröffnung des Theatrum anatomicum angekündigte Demonstration stellte der König den Leichnam eines an der Schwindsucht verstorbenen Lakaien zur Verfügung, was insofern bemerkenswert war, als man ansonsten die Leichen von zum Tode Verurteilten für solche Zwecke nutzte.49 Die Wissenschaftslandschaft wurde natürlich ebenso – und dies in einer wesentlich längeren Tradition als im Falle der Akademien – durch 164

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die Universitäten geprägt. Im besonderen Fokus stand hierbei die erst 1694 gegründete Universität Halle, die in kurzer Zeit nicht nur unter den damaligen Hochschulen auf preußischem Staatsgebiet herausragte, sondern auch darüber hinaus ausstrahlte.50 Dass diese hohe Wertschätzung trotz der bekannten Ressentiments des neuen Monarchen den Thronwechsel von 1713 weitgehend unbeschadet überstand, wird man wohl überwiegend auf den glücklichen Umstand zurückzuführen haben, dass mit August Hermann Francke ein führender Pietist als Professor wirkte, zu dem Friedrich Wilhelm I. allmählich eine enge Beziehung aufbauen sollte. Zwar standen beim König Franckes Bemühungen um die Schulstadt in Glaucha, die sogenannten »Franckeschen Anstalten«, im Mittelpunkt des Interesses, jedoch avancierte die Hallenser Alma Mater zunehmend zur Ausbildungsstätte des Nachwuchses für die Geistlichkeit und einer nach kameralistischen Gesichtspunkten gebildeten Amtsträgerschaft. Aufgrund der hohen Meinung, die der König vom alten, später aber auch vom jungen Francke gewonnen hatte, fanden deren Personalvorschläge nicht nur bei der Besetzung von Pfarrstellen, sondern auch bei Professorenberufungen zumeist das Gehör Friedrich Wilhelms.51 Die dem König zur Last gelegte Vertreibung des an der Universität Halle lehrenden Philosophen Christian Wolff im Jahre 1723 wird man dann auch nicht mit seiner vermeintlichen Wissenschaftsfeindlichkeit erklären können. Die hinter diesem Streit zweier »Schulen« bzw. Denkrichtungen stehenden Probleme werden ihm höchstwahrscheinlich kaum verständlich gewesen sein. Vielmehr vermochten es August Hermann Francke und die ihn unterstützenden pietistischen Theologen, den bei ihnen verhassten Wolff als führenden Vertreter des Rationalismus beim König zu diskreditieren.52 In jenen Jahren stand Francke in hohem Ansehen bei Friedrich Wilhelm I., so dass dieser im Zweifelsfalle in religiösen und wissenschaftspolitischen Angelegenheiten für die Hallenser Pietisten Partei nahm. So auch hier: Wolff wurde wegen seines angeblichen Atheismus angeschwärzt; explizit verwiesen seine Gegner auf dessen intensive Beschäftigung mit der chinesischen Philosophie des Konfuzius und des Menzius. Friedrich Wilhelm I. entschuldigte sich fast noch bei Francke, dass er erst jetzt eingreife, aber »Ich hab das nit wußt, daß der Wolff so gottlose ist. … Wenn ich aber nits weiß, so ist es nit meine Schuld.« In einem Erlass zeigte der König sein Unbehagen darüber, dass 5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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Wolff »in öffentlichen Schriften und Lektionen solche Lehren vortragen soll, welche der im göttlichen Worte geoffenbarten Religion entgegenstehen«.53 Innerhalb von 48 Stunden musste Wolff die Stadt verlassen und fand bis zu seiner Rückkehr nach Preußen an der hessischen Universität Marburg eine neue Wirkungsstätte.54 Hinweise darauf, dass seine angeblich nachsichtige Haltung zu Desertionsvergehen den Zorn und die harte Reaktion des Königs ausgelöst haben könnte, finden sich allerdings nicht in den Quellen. Die hellsichtigen Gelehrten der Hallenser Universität vermuteten zu Recht, dass ihrer Alma Mater aus der Verbannung Wolffs Schaden erwachsen würde, auch wenn dies zuweilen nur in kleinem Kreis artikuliert wurde.55 Aber anderseits taten noch Jahre später diejenigen, die eine Karriere in kirchlichen Diensten oder in der Wissenschaft planten, gut daran, sich von den Wolff ’schen Anschauungen zu distanzieren. So zog der Königsberger Theologieprofessor Georg Friedrich Rogall in seiner Denkschrift über die möglichen Nachfolger des verstorbenen Pfarrers an der Altstädtischen Kirche in Königsberg (Pr.) einen Christian Gabriel Fischer vor allem deshalb in die engere Wahl, weil dieser in einem Schreiben an den König versprochen hatte, künftig darauf zu verzichten, die Prinzipien der Philosophie Wolffs zu lehren.56

Bildungswesen Fast jede populäre Darstellung zur Geschichte Preußens – und erst recht jene von apologetisch-unkritischer Diktion – rechnet das von Friedrich Wilhelm I. erlassene Schuledikt vom 28. September 1717 diesem Monarchen als besonderes Verdienst an. Etwas provokant-pointierend könnte jene Sichtweise zu der Einschätzung führen, dass sich mit dem Gesetzeswerk aus den brandenburgisch-preußischen Landen »über Nacht« eine Bildungslandschaft etabliert hätte, die die Hohenzollernterritorien in eine Spitzenposition in einer imaginären PISA-Studie des 18. Jahrhunderts zu führen vermochte. Dem war aber mitnichten so, wie insbesondere eine intensive, quellenbasierte bildungshistorische Forschung in den letzten drei Jahrzehnten deutlich gemacht hat. Zum einen hatte es vergleichbare Verordnungen in anderen deutschen Fürstentümern schon in 166

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früherer Zeit gegeben, wie man überhaupt den »überschaubaren Territorien« einen gewissen Vorsprung bei solchen Reformaktivitäten im Bildungswesen zu attestieren hat.57 Zum anderen ist das Schuledikt von 1717 eher einzuordnen in jene »Mißstände-Verhinderungspolitik« Friedrich Wilhelms I., die uns auch für andere Politikbereiche immer wieder begegnet, als dass hier ein groß angelegtes Reformprogramm initiiert werden sollte.58 Es handelte sich vielmehr um eine Reaktion auf Klagen der für das Schulwesen verantwortlichen Geistlichkeit über den mangelnden Schulbesuch. Diese wurden zum Anlass für die Anweisung genommen, »daß hinkünfftig an denen Orten wo Schulen seyn, die Eltern bey nachdrücklicher Straffe gehalten seyn sollen Ihre Kinder gegen Zwey Dreyer Wochentliches Schuel Geld von einem jeden Kinde, im Winter täglich und im Sommer wann die Eltern die Kinder bey ihrer Wirthschafft benötiget seyn, zum wenigsten ein oder zweymahl die Woche, damit Sie das jenige, was im Winter erlernet worden, nicht gänzlich vergessen mögen, in die Schuel zuschicken«.59 Alles in allem also suchte die Verordnung den auch schon zuvor verlangten Schulbesuch mit pragmatischen Erwägungen der ländlichen Lebenswelt in Einklang zu bringen. Und bereits geraume Zeit vorher hatte es Bemühungen gegeben, den Schulbesuch auf dem Lande zu fördern, wie aus den Visitationsprotokollen hervorgeht.60 Wohl aber kann mit Sicherheit gegenüber anderslautenden Interpretationen61 davon ausgegangen werden, dass Friedrich Wilhelm I. das Edikt zur Unterzeichnung vorgelegt wurde, er also persönlich in diesen Vorgang involviert war. Weitere Einwände sind gegen eine Interpretation zu erheben, wonach in unmittelbarer Folge des Ediktes im preußischen Staat flächendeckend die Schulpflicht eingeführt worden sei. Abgesehen davon, dass das Gesetz etwa in den Provinzen Magdeburg und Halberstadt überhaupt nicht publiziert wurde, erstreckte sich die Wirksamkeit ohnehin nur auf solche Orte, in denen bereits Schulen existierten.62 Keineswegs sollte also damit eine groß angelegte Initiative für die Schaffung eines lückenlosen Schulnetzes gestartet werden. Die langfristigen Wirkungen des Edikts – das belegen mehrere Quellen aus späteren Jahren – hielten sich in Grenzen. Das musste auch der König eingestehen, als er sich 1729 veranlasst sah, ein »Project, die Einrichtung der Schulen auf dem Lande« betreffend, anzukündigen.63 Er5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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nüchtert wurde 1736 und damit 19 Jahre nach dem Erlass des Schuledikts resümiert, »daß diesem Unseren heilsamen Edicto nicht nachgelebet werde«.64 Insofern behält Wolfgang Neugebauers Urteil, dass »dieses Schuledikt für die Schulwirklichkeit ohne Belang war«, seine Gültigkeit.65 Die Gründe für die fehlende Resonanz liegen vor allem in den zum Teil schon beschriebenen Rahmenbedingungen der Herrschaftspraxis. Das Schulwesen war eingebunden in das Patronatsrecht, und damit war es Bestandteil des über eine Vielzahl von Privilegien austarierten Beziehungsgeflechts zwischen der Landesherrschaft und den Ständen. Den jeweiligen Patronatsherren, also den adligen Rittergutsbesitzern auf dem »platten Land«, den Magistraten in den Städten und den königlichen Amtleuten auf den Domänen, stand die Berufung von Schulmeistern als Teil des »ius patronatus« zu. Und Friedrich Wilhelm I. respektierte die Verhältnisse durchaus. Wenn er auch auf anderen Gebieten während seiner Regierungszeit harte Auseinandersetzungen mit der Ritterschaft nicht scheute, auf diesem Terrain hat es hingegen kaum dahingehende Vorstöße gegeben, der landesherrlichen Verwaltung größere Einflussmöglichkeiten auf das Schulwesen zu verschaffen. Mehr noch: Es liegen Belege dafür vor, dass der König sogar solchen Wünschen der adligen Rittergutsbesitzer entsprach, die die ohnehin nur sehr rudimentären Kontrollmöglichkeiten der landesherrlichen Verwaltung reduzieren wollten. So hatte zum Beispiel die Ritterschaft des Kreises Beeskow-Storkow im Februar 1730 darum gebeten, statt der verlangten Visitation im dreijährigen Rhythmus diese nur noch alle zehn Jahre durchzuführen. Der Wunsch wurde partiell erfüllt, so dass künftig nur noch alle sechs Jahre visitiert werden sollte.66 Und in der ostpreußischen Provinz, mit deren Adel Friedrich Wilhelm I. zu Beginn seiner Regierungszeit eine scharfe Auseinandersetzung um die Einführung des Generalhubenschosses geführt hatte – erinnert sei an seine markigen Worte vom »Rocher von Bronze« –, war es gar der König selbst, der sich 1737 gegen ein allzu rigides Vorgehen der Behörden wider die adligen Patronatsherren wandte: Er forderte, dass bei der Einrichtung der Schulverhältnisse auf den Ritterschaftsdörfern »die Sache bey jedes Orts Obrigkeit durch gehörige Vorstellung zu Stande gebracht werden, daß Seine Königl. Mayst. nicht nöthig haben deßhalb ausdrückliche Befehle an dieselben ergehen zu laßen«.67 Eine Erklärung für die auf den ersten Blick überraschende Zu168

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

rückhaltung des Königs und der Zentralverwaltung, in diesem Bereich auf eine raschere und flächendeckende Umsetzung der durchaus vorhandenen Leitvorstellungen im Bildungswesen zu drängen, wird man vor allem in dem geringeren Gewicht finden können, das jene Materien im Gesamtkontext der Regierungspraxis einnahmen. Hierfür wähnte sich der »Staat« nicht in der Verantwortung, vielmehr sah man bezüglich des Schulwesens wie auch anderer gesellschaftlicher Bereiche der sozialen Daseinsvorsorge, die heute als selbstverständliche staatliche Kompetenzen gelten, die Städte und Dorfgemeinden in der Pflicht. Ein energischeres Vorantreiben von Veränderungen hätte zudem die Bereitstellung von mehr Ressourcen erfordert. Wie bislang gezeigt worden ist, setzte Friedrich Wilhelm I. aber mit der finanzpolitischen Sanierung des Staatshaushaltes, der Heeresvermehrung und der Peuplierungspolitik andere Schwerpunkte, die für sich genommen schon große Kraftanstrengungen bedeuteten. Es ist demzufolge davon auszugehen, dass der König ganz bewusst in anderen Bereichen, die für ihn nicht dieselbe Priorität genossen, den intermediären Gewalten vor Ort das Terrain überließ, zumal sie materiell dafür aufzukommen hatten. Deshalb gewährte er immer wieder bei der Anlage neuer Städte bzw. der Schaffung neuer Kirchgemeinden den Magistraten das Patronatsrecht, zumal »die städtischen Kämmereien auch zu dem finanziellen Bedarf bei Schulbau und Unterhaltung bis zur Besoldung der Lehrer beitrugen«.68 Wenngleich der König im Bildungsbereich nicht mit derselben Detailbesessenheit wie auf anderen Wirkungsfeldern agierte, wird man ihm auch hier nicht ein gewisses Interesse absprechen können. Besonders lag ihm daran, an jenen Konzepten, von denen er überzeugt war, festzuhalten. Da er zum Beispiel von der an den Halleschen Anstalten entwickelten Lehrpraxis überzeugt war, die für ihn quasi fast kanonischen Wert einnahm, reagierte er recht unwirsch auf ein ihm von Propst Roloff übermitteltes Projekt eines Pfarrers über »Seminarra der Schulmeister«: »Ich halte eben dahin, daß da in Halle dergleichen bereits vollenkommen eingerichtet ist, dieses unnöthig sey, wofern nicht eines mit dem anderen verdorben werden soll.

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause«?

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6. Der König und die Stände Zu den in der älteren Historiographie vermittelten Bildern über den zweiten preußischen König zählt auch die Vorstellung eines rabiat gegen die Stände vorgehenden Landesherrn. Sein in diesem Zusammenhang häufig zitiertes Credo im Umfeld des vonseiten des ostpreußischen Adels artikulierten Widerstandes gegen die Einführung einer Grundsteuer – »Ich komme zu meinem Zweck und stabilire die Souverainität und setze die Krone fest wie ein Rocher von Bronze und lasse die Herren Junker den Wind vom Landtage« – galt gerade in der martialischen Diktion als das ständepolitische Programm Friedrich Wilhelms I. schlechthin.1 Die Legitimität solcher Handlungen wurde aus der abschätzigen Bewertung des politischen Ständetums als »Sand im Getriebe« des immer perfekter arbeitenden Räderwerks der Verwaltung des »absolutistischen« Staates abgeleitet.2 Andererseits hat aber eine seit Langem sehr aktive Ständeforschung deutlich machen können, dass nicht nur in der gesamten Zeit des Ancien Régime, sondern auch unter jenem preußischen Monarchen, dem man eine besonders rigide Haltung gegenüber den Ständen attestierte, noch genügend Freiräume verblieben waren.3 Nicht unwesentlich erscheint dabei die Tatsache, dass es nach einer unter dem Großen Kurfürsten erfolgten Reduzierung der ständischen Partizipation bereits während der Regierungszeit seines Vaters wieder zu einer gewissen Belebung ständischer Artikulationsformen gekommen war.4 Friedrich Wilhelm hat diese Entwicklungen als Kronprinz durchaus wahrgenommen, ohne dass von ihm Äußerungen überliefert wären, die die ständischen Aktivitäten als Bedrohung gekennzeichnet hätten.

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6. Der König und die Stände

Der Adel In der Tat führt die etwas simplifizierende Vorstellung, wonach es sich beim fürstlich-ständischen Verhältnis um ein reines »Nullsummen«Spiel gehandelt hätte, in die Irre. Ein Regierungsstil, der besonders stark die Autorität des Herrscheramtes in Szene setzte, musste nicht zwangsläufig mit einer rigiden Ständepolitik einhergehen, was zum Beispiel ein Blick auf die Politik Friedrichs III./I., des Vorgängers Friedrich Wilhelms I., im zeitlichen Umfeld der Königskrönung bestätigt. Beide Seiten benötigten vielmehr einander. Ebenso wie zum Beispiel der Adel, um mit der wichtigsten Ständegruppe zu beginnen, aus eigenem Kalkül an einer starken Monarchie Gefallen finden konnte, bedurfte auch die Landesherrschaft stets der politischen, finanziellen und personalen Ressourcen ihrer Eliten.5 Die neuere Forschung sieht diese Beziehungen, gerade vor dem Hintergrund der Debatten um das »Absolutismus«-Paradigma, differenzierter als früher. Mehrere europäische Monarchien und deutsche Fürstentümer bieten dafür hinreichende Belege. Einen wichtigen Zugang für die Analyse des Verhältnisses zwischen Friedrich Wilhelm I. und dem Adel in den »Provinzen« seines Staates stellt die wirtschaftliche Lage der Ritterschaft dar.6 Die übergroße Mehrheit der brandenburgisch-preußischen Rittergutsbesitzer befand sich auch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. in einer nach wie vor kritischen wirtschaftlichen Situation. Nach den für die Kur- und Neumark angestellten Erhebungen kann davon ausgegangen werden, dass in der Mitte des 18. Jahrhunderts bestenfalls nur etwa ein Drittel der kur- und neumärkischen Rittergüter schuldenfrei bzw. mit lediglich geringen Verbindlichkeiten belastet waren.7 Den höchsten Anteil der Motive für eine Kreditaufnahme nahmen die Tilgung alter Schulden und Abfindungen an Familienangehörige bei Erbgängen ein. Aber auch die Ausstattung einer steigenden Zahl von Offizieren aus dem brandenburgisch-preußischen Adel erwies sich zunehmend als Belastung für die Geschlechter. Daraus erklärt sich übrigens die im Folgenden noch konkreter zu belegende Bereitwilligkeit Friedrich Wilhelms I., gerade den im Militärdienst stehenden Adligen Unterstützungen zu gewähren. Einschränkend muss jedoch auch darauf verwiesen 6. Der König und die Stände

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werden, dass während seiner Regierungszeit nie die Mehrheit der adligen Vasallen in militärischen Diensten stand – ein Eindruck, der zuweilen durch die Etikettierung Preußens als »Militärmonarchie« suggeriert worden ist.8 Wie dem auch sei: Verschuldung unter dem Adel war eine Begleiterscheinung, die die vermögenden Besitzer ausgedehnter Ländereien ebenso traf wie diejenigen Adligen, die als sogenannte »Zaunjunker« über eine eher schmale wirtschaftliche und finanzielle Basis verfügten. Ungünstig wirkte sich insbesondere die nach wie vor erhebliche Zersplitterung des adligen Besitzes aus, wenngleich Nivellierungseffekte seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert nicht zu übersehen waren. Von daher nahm es nicht wunder, dass viele adlige Rittergutsbesitzer von höchster Stelle Hilfe erbaten. In den zahlreichen Suppliken und ständischen Monita wurde insbesondere auf die fehlenden Mittel zur standesgemäßen Erziehung des Nachwuchses abgehoben.9 Doch konnte man von einem Monarchen, der sich und seinem Volk strengste Sparsamkeit als Staatsdoktrin verordnet hatte, solche Gnadenakte erwarten? Es existiert eine Reihe von Quellenbelegen, die die Haltung des Königs zu dieser Problematik andeuten. Am 14. Mai 1729 erließ Friedrich Wilhelm I. eine Kabinettsordre, in der er auf die ihm nicht verborgen gebliebene finanzielle Lage des ostpreußischen Adels reagierte: Den »itzigen Ruin vom Adel« führte er auf »den verlorenen Landescredit« zurück. »Denn wenn ein Edelmann daselbst ein Gut hat, welches zum Exempel 30.000 Thlr. Werth und an sich in ziemlichen Stande ist, er aber jemanden 5.000 Thlr. darauf schuldig ist«, so sei er angesichts des Zahlungstermins gezwungen, die Summe wiederum als Kredit aufzunehmen, welchen »er aber schwehrlich bei dem notorischen Geldmangel« bekomme, »weil diejenigen, die noch was haben, an sich halten und das Geld lieber an einen Kaufmann, bei dem sie mehr Procenten bekommen, als an einen Edelmann auszuleihen pflegen«. Somit bestehe die Gefahr, dass der betreffende zahlungsunfähige Adlige sein Gut verliere, da die Regierung »nicht anders thun kann, als das Gut zu subhastiren und an den Meistbietenden zu verkaufen«.10 Der König schlug als Alternative die Bildung einer Landeskreditkasse vor, die insbesondere die bedürftigen kleineren preußischen Gutsbesitzer finanziell unterstützen sollte. »Reiche und große Familien, als Dohna, Dönhoff und die fürstliche und gräf172

6. Der König und die Stände

liche Häuser« sollten von den Zuwendungen ausdrücklich ausgenommen bleiben, da sie selbst »Rath schaffen könnten«.11 Das hier betonte Auswahlkriterium der »Bedürftigkeit« verband sich mit den kaum zu verbergenden Ressentiments gegenüber den vor allem in Ostpreußen einflussreichen Geschlechtern, da diese »die alte Preussische Polnische Privilegia noch im hertzen hehgen«.12 Auch das eingangs wiedergegebene Zitat vom »Rocher von Bronze« resultierte aus jenen tief sitzenden Vorbehalten des Königs. Derjenige Bittsteller, der glaubhaft machen konnte, dass er unverschuldet in die ökonomische Misere geraten war und zudem über ein schlüssiges Konzept verfügte, wie er sein Gut wieder in Flor bringen könne, hatte durchaus gute Chancen, vom Monarchen mit einer Finanzhilfe begünstigt zu werden. Erst recht galt das natürlich für die Offiziere unter den Rittergutsbesitzern, die nicht nur häufig ein offenes Ohr bei ihrem König fanden, sondern auch eher davon ausgehen konnten, dass ihre Wünsche letztlich erfüllt würden. So wandten sich die vier Brüder v. Quast – alle in der preußischen Armee in unteren Offiziersdienstgraden dienend – 1733 hilfesuchend an Friedrich Wilhelm I., er möge den drohenden Prozess zwischen ihrem Vater und dessen Bruder um eine umstrittene Güterteilung verhindern. Nicht ungeschickt argumentierten sie, dass ihr Vater ihnen »zur Anschaffung der so kostbahren Equipage am Pferde allemahl assistiret«. Die weitere Unterstützung für ihren Militärdienst stünde aber infrage, sollte er »sein Geld zu dergleichen unnöthigen processen verwenden müssen«.13 Selbst einigen Offizieren, die in anderen Armeen Dienst taten, wurde diese Gnade zuteil: Dem in der sardischen Armee in Sold stehenden Generalmajor Baron von der Schulenburg sollten – so die Anweisung an das Generaldirektorium – »zur Anerbauung seiner ruinirten Hoffgebäude in Angern« die erbetenen Holzfuhren aus dem Letzlinger Forst geschenkt werden.14 Es scheint nicht zuletzt gerade die Kenntnis über die vielen in Prozesse verwickelten Offiziere gewesen zu sein, die Friedrich Wilhelm I. veranlasste, auf eine Beschleunigung und Kostensenkung der Gerichtsverfahren zu drängen – ein Vorhaben, das sich in Gestalt der friderizianischen Justizreform noch über Jahrzehnte hinziehen und erst mit dem Allgemeinen Preußischen Landrecht einen Abschluss finden sollte. Die während einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Gebrüder v. Somnitz – beide 6. Der König und die Stände

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waren Offiziere – mit ihrer Schwester an das hinterpommersche Hofgericht gerichtete Ordre spiegelte sinnfällig die Haltung des Königs in solchen Fällen wider: Demnach würde er »gerne die Supplicanten als Officiers gebethenermaßen in möglichster Kürtze aus den process geholfen sehen wollen«.15 Bei Adligen, die nicht in Militärdiensten standen, hielt sich die Bereitschaft des Königs, finanzielle Unterstützung zu gewähren, indes in Grenzen. Als er zum Beispiel im April 1728 in Erfahrung gebracht hatte, dass ein »von Putlitz die schuldige 1.000 Rtl. Strafgelder noch nicht erlegt« hatte, wies er den Etatminister v. Katsch an, die »Mobilien und das Vieh auf denen Güthern des Debitoris soviel [zu] verkauffen, als dazu nöthig ist«.16 Zudem verlangte Friedrich Wilhelm I. auch in solchen Fällen, in denen er sich zur Gewährung von Krediten bereit erklärte, entsprechende Sicherheiten. Dem Grafen Heinrich Hartwig von der Schulenburg entgegnete er auf sein Gesuch, ihm Geld zu borgen, dass dieser ihm gewisse Garantien bieten müsse. Denn »obgleich ich euer Gut [Angern – F.G.] gesehen, so weiß Ich doch nicht, was es werth ist und ob Schulden darauff hafften«.17 Vor jenem Hintergrund erscheint es plausibel, dass die finanzielle Misere eines großen Teils des Adels dem König einen Ansatzpunkt bieten konnte, seine auf eine Ausweitung des Domänenbesitzes hinauslaufende Arrondierungspolitik voranzutreiben. Bereits im vorhergehenden Kapitel ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass dem König die Wiederherstellung des Domänenwesens neben der Vergrößerung der Armee als vornehmstes politisches Ziel galt. Gerade in den Kernprovinzen seiner Monarchie verfolgte Friedrich Wilhelm I. weitgesteckte Pläne.18 Vor allem war ihm an einer Abrundung des Kronbesitzes im Umkreis der Nebenresidenzen und der von ihm favorisierten Jagdgebiete gelegen, was insbesondere die Veränderungen in der Herrschaft Königs Wusterhausen deutlich dokumentieren.19 Allerdings stand er auch in diesem Politikbereich in der Traditionslinie seiner beiden Vorgänger, die ihren Domänenbesitz bereits erheblich hatten ausweiten können.20 In gleichem Maße ging es ihm um die Reduzierung adliger Opposition in den Gebieten, in denen er ambitionierte Meliorationsprojekte verfolgte. Die angespannte wirtschaftliche Situation vieler Rittergüter konnte einen geeigneten Ansatzpunkt für die Arrondierungen bieten. 174

6. Der König und die Stände

Diese Erweiterung der Domänenbesitzungen geschah freilich nicht um ihrer selbst willen, sondern die angegliederten Güter sollten Gewinne einbringen. So äußerte der König 1728 anlässlich des Erwerbs von Münchehofe und Wasserburg (südlich von Königs Wusterhausen gelegen) gegenüber dem Hofjägermeister Graf v. Schlieben die Erwartung, dass bei diesen Gütern dank der dort vorhandenen »considerable[n] Holtzung« eine bessere »Oeconomie« als bisher verfolgt werde; schließlich ließen sich daraus mindestens jährliche Gewinne in Höhe von 600 Talern erwirtschaften.21 In regelmäßigen Abständen forderte Friedrich Wilhelm I. von den zuständigen Amtsträgern, ihm Auszüge über die für den Ankauf neuer Güter verausgabten Gelder vorzulegen.22 In der Mark Brandenburg war der südöstlich der Residenz gelegene Beeskow-Storkower Kreis in besonders starkem Maße von der königlichen Arrondierungspolitik betroffen. Hier sticht die große Zahl der Besitzwechsel von Gütern aus adliger in königliche Hand ins Auge. Das führte zwangsläufig auch dazu, dass sich die Anzahl der in diesem Kreis über Rittergüter verfügenden Adelsfamilien zwischen 1710 und 1740 auf die Hälfte verringerte – und zwar von 25 auf 12!23 Dass der König mit Nachdruck seine Vorhaben auf jenem Terrain verfolgte, zeigt exemplarisch der Vorgang um das in der Neumark gelegene Gut Bischofsee. Hier hegte der Monarch schon seit Längerem den Wunsch, dieses Rittergut für den Kronprinzen zu erwerben. Ungeduldig geworden über die seines Erachtens schon viel zu lange verlaufenden Verhandlungen mit den Erben des bisherigen Besitzers, einem v. Bredow, mahnte er den Präsidenten der Neumärkischen Kriegs- und Domänenkammer v. Münchow im Mai 1733, er solle »sich der Sache mit Ernst annehmen« und mit den Bredows verhandeln. Falls sie sich als unkooperativ erweisen sollten, »müßet Ihr Ihnen darunter gehörige remonstration thun, denn ich werde doch nicht darin consentiren, daß Sie das Guht sonst an jemanden verkauffen«.24 Schließlich sitze er ja am längeren Hebel. Zwar konnten diese Bemühungen zuweilen zu einzelnen Konflikten in den betroffenen Adelslandschaften führen, doch erhellt aus den Quellen gleichwohl, dass sie insgesamt kaum auf eine vernehmliche Opposition unter den Adelsfamilien stießen. Schließlich vermochte es der König angesichts des sich allmählich füllenden Staatssäckels, die Begehrlichkeiten der finanziell klammen Ritterschaft bei Bedarf – und 6. Der König und die Stände

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Wohlverhalten – partiell zu befriedigen.25 Die verwitwete Frau v. Hünicke hatte, um nur einen repräsentativen Fall vorzustellen, 1729 signalisiert, ihr in der Nähe der Residenz gelegenes Gut Carpzow dem König zu überlassen. Er war bereit, das Gut zu kaufen, obwohl »die Taxe sehr hoch« sei. Er machte der v. Hünicke ein etwas reduziertes Angebot, das ihr aber dennoch ermöglichen würde, »aus der schweren Schuldenlast« herauszukommen. Natürlich übten der Landesherr und seine Amtsträger bei der Umsetzung ihrer Arrondierungsbestrebungen zuweilen Druck aus. So hatte der König im Juni 1728 erfahren, dass dem Großbeeren (Kr. Teltow) besitzenden Leutnant v. Beeren die Verzinsung seiner Schulden schwerfalle. Als dieser um einen Vorschuss bat, riet ihm der König, dass »Ihr … aber besser thun würdet, wenn ihr das Guth verkauffet«.26 Die im Teupitzer Land (südlich Berlins) angesessenen Schenken von Landsberg, eine lange Zeit mit deutlichem Abstand vor allen anderen Geschlechtern rangierende Familie, wurden eines der wohl prominentesten Opfer der königlichen Arrondierungspolitik. Die schon seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert angeschlagene wirtschaftliche Situation der Schenken bot dem König eine geeignete Plattform für die nach seinen Bedingungen geführten Verkaufsverhandlungen. Innerhalb von drei Jahren (1716– 1719) wurden alle Besitzungen veräußert.27 Doch bei geschickter Verhandlungsführung verstanden es einige Rittergutsbesitzer, neben dem Kaufpreis noch zusätzliche Leistungen für die Abtretung ihres Gutes auszuhandeln. Ein Fähnrich von der Marwitz auf Stennewitz (Kr. Landsberg/Neumark) forderte 1728 anlässlich des Verkaufs von Pyrehne eine Amtshauptmannstelle und für seine unverheirateten Schwestern die Versorgung in Damenstiftern.28 Und ein v. Tresckow erhielt, nachdem er im gleichen Jahr sein im Magdeburgischen gelegenes Gut Niegripp verkauft hatte, eine jährliche Pension von 300 Talern.29 Von den in Berlin und Potsdam anwesenden Amtsträgern erwartete der König solche »Gefälligkeiten« ohnehin, zumal gerade in der Residenzlandschaft ein schwunghafter Güterhandel florierte und Besitzwechsel an der Tagesordnung waren. So bot der Geheime Rat v. Marschall die vom König ins Auge gefassten Dörfer Münchehofe und Rahnsdorf im Amt Köpenick gegen das Gut Rieben zum Tausch an. Die Kammer ging im Auftrag des Königs darauf ein, zumal »Seine Königliche Majestät … dabey keinen Schaden, wohl aber profit zu hoffen haben«.30 176

6. Der König und die Stände

Dass die Arrondierungsmaßnahmen in ihren gegen die Ritterschaft gerichteten Intentionen nicht überzubewerten sind, sondern zumeist einem abwägenden Kalkül folgten, belegt auch folgender Vorgang: Nachdem im Jahre 1730 der Landrat des Beeskow-Storkower Kreises, v. Hohnstedt, bewogen worden war, sein Gut Schwerin an den Prinzen August Wilhelm zu verkaufen, trug der König dafür Sorge, dass er ein anderes Rittergut im Kreis erwerben konnte.31 Vereinzelt knüpfte Friedrich Wilhelm I. im Rahmen seiner Adelspolitik auch an Traditionen seiner Vorgänger an und förderte die Übertragung von Rittergütern an Angehörige der politisch-höfischen Führungsgruppe. Friedrich Wilhelm von Grumbkow erhielt die Besitzungen des letzten, 1719 verstorbenen, männlichen Angehörigen der Familie v. Quitzow. Das bot für diesen hohen Amtsträger und Militär, der ja nicht aus der Mark Brandenburg stammte, zugleich eine Chance, in die Adelsgesellschaft der Zentralprovinz integriert zu werden. Wenige Jahre später gelang es ihm mit der Unterstützung des Königs, das Amt des Erbjägermeisters zu erwerben.32 Die insgesamt sieben Erbämter genossen ein hohes Renommee innerhalb des brandenburgischen Adels, nicht zuletzt auch durch ihre wirkungsvolle Einbindung in das Huldigungszeremoniell anlässlich der Inthronisation eines neuen Landesherrn.33 Vor dem Hintergrund der bislang präsentierten Vorgänge lässt sich die Haltung Friedrich Wilhelms I. gegenüber seinem Adel als ausgewogen beurteilen. Es waren vorrangig fiskalische Erwägungen, die seine Adelspolitik bestimmten, so dass ihm eine ausgesprochen adelsfreundliche Haltung wie im Falle seines Sohnes und Nachfolgers bestimmt nicht attestiert werden kann.34 Allerdings ist eine Vorgehensweise wie zu Zeiten der rigiden Arrondierungspolitik seines Großvaters oder aber wie im Falle des Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau gegenüber der anhaltinischen Ritterschaft bei ihm kaum zu beobachten. Vielmehr kam der König bestimmten politischen Wünschen des Adels entgegen, was sich etwa auch in der Berücksichtigung spezifischer Interessen der Ritterschaft widerspiegelte. So befürchteten die Adelsrepräsentanten landesherrliche Eingriffe in gutsherrliche Kompetenzen sowie eine Beschneidung der gewährten Zoll- und Akzisefreiheit. Die Wortführer beriefen sich dabei auf die in den 1650er und 60er Jahren verabschiedeten Landtagsrezesse. So häuften sich in den 1720er Jahren im Zuge des stärkeren Durchgreifens 6. Der König und die Stände

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der staatlichen Zollverwaltung Klagen über angebliche Übergriffe der zuständigen Amtsträger.35 Und mitunter waren solche Initiativen auch erfolgreich. Als sich kurmärkische Adelsvertreter 1721 über das im Zuge der Zollreform veränderte und sie angeblich benachteiligende Prozedere beschwerten, reagierte der König und forderte von den zuständigen Amtsträgern, die neue Zollrolle schleunigst zu kommunizieren.36

Der Konflikt um die Abschaffung des Lehnswesens Dass aber lange Zeit das Bild Friedrich Wilhelms I. als eines gegenüber den Ständen sehr rigoros auftretenden Monarchen so wirkmächtig tradiert worden ist, liegt an jenem Konflikt, der in der Tat das landesherrlich-adlige Verhältnis zeitweilig extrem belastete: der Auseinandersetzung um die sogenannte »Lehnsallodifikation«, also die weitgehende Abschaffung des seit dem Mittelalter bestehenden Lehnssystems. Der König wollte die alte überlebte Praxis der Gestellung von »Lehnpferden« im Falle der Mobilmachung von Truppen auch de jure beenden und diese Pflicht der Ritterschaft durch die Zahlung eines »Lehnskanons« ersetzen. Mit Fug und Recht lässt sich sagen, dass es wohl in der Geschichte Altpreußens kaum einen vergleichbar großen Widerstand des Adels gegen eine politische Entscheidung des Monarchen gegeben hat wie gegen dieses Vorhaben Friedrich Wilhelms I. Erst im Kontext der mit den preußischen Reformen nach 1807 eingeleiteten Veränderungen, die zur schrittweisen Abschaffung der Erbuntertänigkeit der bäuerlichen Hintersassen führten, begegnet uns eine ähnliche, den gesamten Adel erfassende oppositionelle Haltung zur landesherrlichen Politik. Der Widerstand der Ritterschaft resultierte vornehmlich aus zwei Motivlagen: Einerseits befürchteten viele Adlige, dass der Zusammenhalt des Geschlechtsverbandes durch die Allodifikation in Mitleidenschaft gezogen werden würde. Das zudem in der Tradition der Adelskultur tief verwurzelte Lehnssystem hätte, so die Argumentation der Ritterschaft, bislang den ohnehin latent bestehenden Trend der Erbteilungen und der Verschleuderung von Familienbesitz durch einzelne Geschlechtsangehörige zumindest aufgehalten. Andererseits betrachteten viele Rittergutsbesitzer die Pflicht zur Zahlung des Lehnskanons, obwohl sie sich auf die 178

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vergleichsweise geringe Summe von jährlich 40 Talern beschränkte, als einen eklatanten Eingriff in die Steuerfreiheit des Adels. Dies sei »ein Verstoß gegen hergebrachte adlige freiheiten«, ließ sich zum Beispiel die Ritterschaft des Kreises Arnswalde in der Neumark vernehmen.37 Der König und seine Ratgeber zeigten sich irritiert und empört über die in ihren Augen zutage tretende Uneinsichtigkeit der Rittergutsbesitzer, weil die Vorteile dieser Reform offensichtlich gewesen wären: Einerseits fielen die lästigen Mutungs- und Belehnungsverfahren weg, die bislang die Präsenz des Lehnsinhabers in Berlin erforderlich gemacht hatten. Zum anderen konnte sich der Spielraum der Lehnsbesitzer bei Gütertransaktionen vergrößern. Zudem erwiesen sich der Monarch und die mit der Umsetzung der Reform betrauten Amtsträger durchaus kompromissbereit. Zwar sollte die Lehnskanzlei abgeschafft werden, das Lehnsarchiv hingegen wurde beibehalten. Auf einem ihm vorgelegten Fragenkatalog vermerkte Friedrich Wilhelm I. eigenhändig seine Positionen in der üblichen Marginalienform, so auch zur künftigen Regelung der bislang von der Lehnskanzlei verantworteten Verfahren wie etwa der Verleihung von Adelsbriefen, Volljährigkeitserklärungen von Adligen etc. Des Weiteren wurde den Ständen in der Lehnsassekuration von 1717 freigestellt, in jeder Provinz oder jedem Kreis »eine absonderliche Registratur im Landbuch aufzurichten«.38 Aber selbst dem vermeintlichen Entgegenkommen begegnete ein Teil der Stände mit Misstrauen. Der in der Uckermark ansässige General Karl Friedrich von Schlippenbach pointierte dieses Unbehagen mit einem Vergleich aus dem militärischen Milieu: Er habe mit einigen Adligen, »welche das Direktorium bey der in der Uckermark auszurichtenden Registratur [führen], wegen meiner Güter, … Prozesse und Irrungen, dahero, wann ich denen selben meine Documenta und Nachrichten von meinen Güthern in händen geben solte, es eben so viel seyn würde, als wenn meinen Feinden die Waffen geben solte«.39 Die Proteste konzentrierten sich vor allem auf jene Adelslandschaften, die erst vor einigen Jahrzehnten in die Hohenzollernmonarchie integriert worden waren. Besonders in den ehemals geistlichen Territorien, wie etwa in Halberstadt, Magdeburg und Minden, war das politische Ständetum mit einer außerordentlich »berufungsfreudigen« Rechtskultur noch recht aktiv. Und hier agierte »die neue Landesherrschaft in den 6. Der König und die Stände

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ersten Jahrzehnten nach der Inbesitznahme unter weitgehender Respektierung ständischer Institutionen«.40 Umso mehr musste das Ansinnen Friedrich Wilhelms I. dort als Angriff auf ständische Rechte interpretiert werden. Den König seinerseits brachte der Widerstand des magdeburgischen und altmärkischen Adels vor allem deshalb so in Wallung, weil dieser es gewagt hatte, gegen den Landesherrn beim Reichshofrat zu klagen.41 Gerade jene hier nicht näher zu behandelnden reichspolitischen Implikationen – schließlich war auch der Kaiser als Oberlehnsherr in den Vorgang involviert – führten zur Ausweitung des Konflikts. Es handelte sich überdies um keine unbedeutenden Querulanten unter den Rittergutsbesitzern, sondern mit denen von Alvensleben, von der Schulenburg, von Plotho und von Dieskau opponierten Angehörige der führenden altmärkisch-magdeburgischen Geschlechter. Ihre Stimme fand natürlich bei der Ritterschaft dieser Adelslandschaften besonderes Gehör.42 Zur Disziplinierung der Opponenten forderte der König von sämtlichen Rittergutsbesitzern eine eidesstattliche Erklärung, dass sie sich nicht an einer Appellation an den Kaiser beteiligt hätten, und verlangte die Anzeige solcher ihnen bekannten Personen.43 Dass sich Friedrich Wilhelm I. letztlich gegen die Opposition in den altmärkischen, magdeburgischen und halberstädtischen Adelsgesellschaften durchsetzen konnte, ist zum einen gewiss auf seine Konsequenz und seine keinen Widerspruch duldende Haltung in solchen sein Herrschaftsverständnis so exorbitant berührenden Fragen zurückzuführen. Zum anderen verdankt sich der Erfolg nicht zuletzt einem taktisch geschickten Vorgehen. Denn der Quellenbefund bestätigt auch für diesen Konflikt, dass sich die Kooperation mit den Ständegremien als unverzichtbar erwies.44 Friedrich Wilhelm I. folgte dabei dem bewährten »divide et impera«-Prinzip. Dieses »Auseinanderdividieren« der Interessenlagen in den betreffenden Adelsgesellschaften zeigt aber zugleich, dass sich der König bemühte, detaillierte Kenntnisse über die unterschiedlich ausgeprägten Loyalitäten »seines« Adels zu erhalten. Und im Gegenzug konnten Adlige davon ausgehen, dass der Landesherr ihr Wohlverhalten mit Gunsterweisen honorieren würde. Der altmärkische Landrat August von Bismarck bat zum Beispiel im September 1720 um Unterstützung in einem Prozess um sein Gut Damersleben. Dezent erinnerte er den Landesherrn daran, dass er damals »gebraucht worden 180

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[war], die übrige Ritterschaft« in seinem Kreis zur Annahme der Lehnsassekuration zu bereden, die dann »auch in seinem District angenommen worden«.45 Der König entsprach dieser Bitte. In der Tat waren es innerhalb der regionalen Adelsgesellschaften vor allem die Amtsträger und Offiziere, die sich als Erste bereitfanden, die Veränderungen im Lehnswesen zu akzeptieren und damit die Front der Opposition aufzubrechen.

»Von denen von Adel … die beste Wissenschaft haben« Die Auseinandersetzungen um die Lehnsallodifikation stellten zwar zeitweise eine ziemliche Belastungsprobe im Verhältnis des Königs zu den Oberständen dar, ordneten sich aber trotz ihrer spektakulär erscheinenden Nuancen gleichwohl in die Leitvorstellungen seiner Adelspolitik ein. So wie auch auf anderen Feldern bemühte sich der König um einen systematischeren Überblick über die Ressourcen seines Landes, wozu zum Beispiel die regelmäßige Anlage von Vasallentabellen gehörte. Diese von den Landräten in den einzelnen Kreisen jährlich anzulegenden Tabellen erfassten alle grundbesitzenden Adligen der kur- und neumärkischen Kreise nach einheitlichen Kriterien. Durch ihre Auswertung konnten relevante Angaben zum Umfang des adligen Grundbesitzes in den Händen der verschiedenen Zweige eines Geschlechts oder zur Indienstnahme des Adels im Militär gewonnen werden.46 Als besonders wichtig erachtete Friedrich Wilhelm I. Informationen über den Lebensweg der Söhne der adligen Rittergutsbesitzer. Ihn interessierte, ob diese auf dem Gut lebten, ein Studium an einer Ritterakademie oder Universität favorisierten oder eine Militärkarriere in Erwägung zogen. Gerade letztere Option versuchte er auf jedem erdenklichen Wege zu fördern. Die Kriegs- und Domänenkammern wurden, so wie etwa am 9. Oktober 1738, per Erlass aufgefordert, die Erhebungen an das Generaldirektorium zu senden. Er wolle »von denen von Adel, so in Eurer Provinz sind, die beste Wissenschaft haben«.47 Auf der Grundlage der in den Vasallentabellen enthaltenen Informationen wurde von den Landräten oder den adligen Rittergutsbesitzern selbst gefordert, die geeignet erscheinenden jungen Adligen für einen der militärischen Karrierewege zu gewinnen. Den 6. Der König und die Stände

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Major v. Kleist ersuchte der König zum Beispiel am 24. Februar 1729, die beiden jungen »von Linde, wenn sie gute Edel Leuthe wären, nach die Cadets zu schicken«.48 Mit der klassischen Option des »learning by doing«, beginnend mit subalternen Chargen eines Cornets oder Fahnenjunkers und der Ausbildung in Kadettenanstalten oder Pageninstituten, boten sich mehrere Alternativen für eine militärische Laufbahn an. Stets versuchte der König selbst auf diese Optionen Einfluss zu nehmen – zumindest wenn er über entsprechende Informationen verfügte. So verlangte er zum Beispiel 1731, dass die ihm genannten jungen Edelleute aus Preußen alsbald nach Berlin »unter die Cadets gebracht werden« sollten.49 Dem König war natürlich bewusst, dass nicht in jedem Fall die jungen Adligen über den wirtschaftlich-finanziellen Rückhalt für eine Offizierslaufbahn verfügten, die sich ja in den ersten Jahren als ein Zuschussgeschäft erwies. Vor diesem Hintergrund ist die Anordnung Friedrich Wilhelms I. zu verstehen, dass jeder General der Infanterie »einen Jungen von Adel, dessen Güter mit seiner Geburt nicht übereinstimmten, zu sich nehmen, ihn als Pagen halten und selbigen die Kriegsübungen mit allem anderen, was ein Offizier zu wissen nötig hat, beibringen lassen« solle.50 Die Erwartungen des Königs, dass ein immer größer werdender Teil des heranwachsenden Adels die Option einer Militärkarriere ergreifen würde, erfüllten sich – wenn auch nicht in dem gewünschten Tempo und regional sehr differenziert.51 Denn die längere Abwesenheit vom heimatlichen Gut konnte sich als problematisch für den betreffenden Adligen erweisen. Der Leutnant Georg Friedrich von Bismarck klagte zum Beispiel seinem Regimentskommandeur, dem Grafen v. Lottum, am 4. April 1718, dass er schon lange Zeit von seinen »Güthern entfernet [sei] und derselben Administration anderen überlassen muß, wodurch [ihm] aber bis dato kein Vortheil, sondern vielmehr großer Schade zugewachsen«.52 Vor diesem Hintergrund erscheint der im Übrigen die These einer durchgreifenden Militarisierung des preußischen Adels entkräftende Befund plausibel, dass für die Mehrheit der Adligen der Militärdienst nur eine zeitlich begrenzte Spanne in ihrem Leben darstellte.53 Und auch andere Karriereoptionen des adligen Nachwuchses versuchte der König zu beeinflussen. Nach Möglichkeit sollten auswärtige Dienste unterbunden werden. Zwar waren die Zahlen der in die Dienste 182

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vor allem benachbarter Territorien wie Kursachsen oder Kurhannover gehenden Adligen während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. rückläufig, dennoch gab es immer noch genügend Fälle solcher auswärtigen Karriereoptionen.54 Schließlich war man nicht so ohne Weiteres dazu bereit, die zum Teil über einen sehr langen Zeitraum gepflegten grenzübergreifenden Bindungen vieler Geschlechter an die Adelsgesellschaften anderer Reichsterritorien und europäischer Monarchien von heute auf morgen zu kappen. Ähnliche Interessenlagen können mit Blick auf jene Adligen beobachtet werden, die ein Studium in Erwägung zogen. Dieses sollte laut den Wünschen des Königs in einer der heimischen Universitäten absolviert werden. Aber von den jungen brandenburgischen Adligen bevorzugte Universitätsorte waren zum Beispiel Jena und Halle (Saale), während die eigentlich nahe liegende brandenburgische Alma Mater in Frankfurt (Oder) zunehmend ins Hintertreffen geriet, was mit der allgemein zurückgehenden Attraktivität dieser Universität konform ging.55 Insbesondere der neumärkische Adel, für dessen studierwillige Söhne die Viadrina durchaus als Studienort infrage gekommen wäre, bekundete seine Kritik an den dortigen Zuständen. In einem »Denkschreiben« vom 26. November 1727 beklagten die neumärkischen Oberstände den »sehr schlechten Zustand« der Frankfurter Universität. Ihre Argumente für eine Reform der Viadrina lagen dabei durchaus auf einer Welle mit den Vorstellungen des Königs, den adligen Nachwuchs im Lande ausbilden zu lassen. Demnach würde »durch diesen Verfall der Frankfurter Universität … nicht nur das Land, sondern auch E.K.M. hohes Interesse großen Schaden« leiden, »maßen diejenigen, so ihre Söhne zu E. Maj. und des Vaterlands Diensten in den Juriis und exercitien unterrichten lassen wollen, selbige auf die in den Sächsischen Landen weit entlegenen Universitäten und mit ihnen das Geld außer Landes schicken« müssen.56 Alles in allem wird man also trotz der beschriebenen, auf Disziplinierung und Kontrolle setzenden adelspolitischen Maßnahmen kaum von einer Adelsfeindschaft des Königs ausgehen können.57 Zwar sind mehrere einschneidende Reformen eingeleitet und durchgeführt worden, deren Stoßrichtung und Vorgehensweise von einem Teil des Adels durchaus als ungewohnt empfunden wurden. Dennoch blieben etliche Partizipationsspielräume bestehen. So bewahrten sich, um noch einmal das brisanteste 6. Der König und die Stände

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Thema im landesherrlich-adligen Verhältnis in Erinnerung zu rufen, trotz der Lehnsallodifikation einige Rudimente des alten Lehnssystems. Auch wenn sich diese Maßnahmen, wie gezeigt, in das Bild jener Reformen Friedrich Wilhelms I. bestens einzufügen scheinen, die auf mehr Effizienz bei der Nutzung aller (demographischen und materiellen) Ressourcen zielten, bedeutete dies nicht, dass auf die traditionellen Mittel zur Aufrechterhaltung der Bindungen zwischen Adel und Landesherrn gänzlich verzichtet wurde. 1727 ließ der König an die »Furhaltung der Unterthänigkeits-Pflicht, welche die Ritterschaft in der Chur Marck Brandenburg abstattet« erinnern. Bei Versäumnissen waren Strafgelder zu entrichten.58 Des Weiteren hielt der König trotz der Auflösung des alten Lehnssystems ausdrücklich an der Praxis fest, dass die brandenburgischen Adligen »bei Erlangung der Majorennität den Untertänigkeitseid vor dem Collegio des Geh. Etat-Rates ablegen« mussten.59 Auch bei anderen, auf den ersten Blick eher randständigen Erscheinungen lässt sich erkennen, welche Bedeutung solche im Symbolischen liegenden Facetten in den Augen Friedrich Wilhelms I. eingenommen haben. Wenige Jahre zuvor hatte er missfällig zur Kenntnis nehmen müssen, dass einige »von Unseren Vasallen sich unterstanden [hätten], auff denen Gräntzen Ihrer Güter Ihre Wapens zu setzen«. Er toleriere zwar, so in einer Verordnung an die Magdeburger Regierung vom 8. August 1714, wenn sie »vor Ihren Häusern, Brücken und Kirchen, wo Ihnen das Ius Patronatus zukommt«, ihre Hoheitszeichen auswiesen, nicht aber »an den Grentzen Ihrer Güter, als welches allein der höchsten LandesObrigkeit competiret«.60 Dem König war also durchaus bewusst, dass gerade mit solchen sichtbaren Zeichen seine landesherrliche Autorität einem vergleichsweise großen Personenkreis demonstriert – oder im gegensätzlichen Fall eben auch geschmälert – werden konnte. Der hohe Rang, den solche Fragen im Denken des Königs einnahmen, spiegelte sich zum Beispiel in der eben nur bei flüchtiger Beurteilung eigenartig erscheinenden Reaktion nach dem 1727 erfolgten Ableben Friedrich Wedigos von Trott auf Badingen, des letzten Angehörigen des märkischen Zweiges eines im frühen 16. Jahrhundert in die Mark Brandenburg eingewanderten hessischen Adelsgeschlechts, wider. Entgegen den Vorstellungen der Nachkommen sollte die Trauerzeit laut der Anordnung des Königs »nur Ein halb Jahr dauren, 184

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die Fahne auch dem Verstorbenen nicht nachgetragen« und »das Waapen hergegen entzwey geschlagen und mit verscharret werden«.61 Und damit nicht genug wandten sich die königlichen Amtsträger unmittelbar nach dem Dahinscheiden des letzten v. Trott rasch der Übernahme und der zukünftigen Verwaltung seiner großflächigen Besitzungen im Norden der Mark Brandenburg zu. Da ließ es sich Friedrich Wilhelm I. dann auch nicht nehmen, persönlich diese Ländereien zu visitieren und feststellen zu lassen, was aus dem Nachlass noch verwertbar sei.62

Huldigungen Eine in den alteuropäischen Gesellschaften verbreitete Form, die Bande zwischen dem Landesherrn und den Ständen auf eine sowohl rechtlich als auch symbolisch erfahrbare Grundlage zu stellen, bildeten Huldigungen. Für die Stände bot ein solcher Anlass eine willkommene Gelegenheit, ihre Wünsche in Gestalt der Gravamina vorzubringen. Man verband dies mit der Hoffnung, dass im Ambiente eines herausgehobenen Aktes wie der Huldigung die gebündelt vorgetragenen Forderungen auf ein größeres Echo stoßen würden als im Falle »normaler« Suppliken und Gravamina. Wenngleich die Bedeutung der Huldigungen im Verlauf des 18. Jahrhunderts rückläufig war und sich im Gegensatz zum Mittelalter für die Untertanen »auf den Aspekt der Unterwerfung unter den Willen und die Gesetze des Landesherrn« reduzierte, verzichtete auch ein scheinbar solchen Dingen distanzierter gegenüberstehender Monarch wie Friedrich Wilhelm I. nicht auf das hergebrachte Prozedere.63 Vielmehr wandte er dieser Frage eine vergleichsweise große Aufmerksamkeit in seiner Instruktion an seinen Nachfolger zu. Insbesondere bei der Huldigung in (Ost-)Preußen, wo die polnische Krone immer noch über gewisse Rechte verfügte, solle der künftige Herrscher mit Behutsamkeit vorgehen. Vor allem sollte vermieden werden, dass ein einflussreicher polnischer Magnat zur Huldigungszeremonie erscheine. Das könnte ansonsten zu einer »schlimme[n] conSequance« führen, »das werdet Ihr im archiff finden«, bemerkte er in Anspielung auf Vorgänge während der Regierungszeit des Großen Kurfürsten und Kurfürst Friedrichs III.64 Die Huldigung fand infolge der Wirren des Großen Nordischen Krieges und 6. Der König und die Stände

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aufgrund der Rücksichten auf den polnischen König erst im September 1714 statt. Friedrich Wilhelm I. verband diese Zeremonie mit einer Inspektion der Provinz. Gerade für die Verhältnisse in Ostpreußen, wo die ältere Forschung für das 18. Jahrhundert keine ständischen Partizipationsmöglichkeiten glaubte ausmachen zu können, ist eine Fortwirkung ständischer Interessenartikulation auf »niederer« Ebene zu beobachten.65 So fanden zur Vorbereitung der neuen Steuereinrichtung Konferenzen in Berlin mit ostpreußischen Ständevertretern statt, und auch an der Ausarbeitung des ostpreußischen Landrechts von 1721 wirkten die Stände mit. Friedrich Wilhelm I. erscheint deshalb »in seinem Vorgehen gegen den ostpreußischen Adel … bei genauerer Prüfung der Quellen nicht ganz so grob, wie es manch populär gewordene Äußerung zur Stabilisierung seiner Souveränität erwarten ließe«.66 Und auch an der westlichen Peripherie des preußischen Gesamtstaates blieb das ständische Leben noch recht vital, obgleich es nicht an Versuchen der Landesherrschaft gefehlt hatte, es auszuhöhlen. So wäre es dem König im Umfeld der bevorstehenden Huldigung der Geldern’schen Stände im Juli 1713 angenehm gewesen, wenn seine Kommissare es »dahin bringen könnten, dass sich die Stände mit der bloßen Versicherung ihrer Privilegien bei königlichen Worten begnügten und keinen förmlichen Eid verlangten«. Doch Friedrich Wilhelm I. musste einsehen, dass dies »schwerlich durchzusetzen wäre«, vor allem deshalb, da jenes Privileg einst in einem Vertrag mit dem Kaiser sanktioniert worden war, so dass er schließlich den aus der Region stammenden General v. Heiden zur Ablegung des Eides an seiner statt nach Geldern entsandte.67 Der König war nur bei wenigen Huldigungen persönlich zugegen und ließ sie durch Bevollmächtigte vornehmen. Anlässlich der Huldigungen wurden mehrere Medaillen geprägt – ganz traditionellen Vorbildern folgend. Abgebildet war das Brustbild des Königs mit einer langen Perücke, also einem stilisierten Outfit, in dem sich der Monarch ansonsten nie zeigte.68 Auch den Gewinn Stettins nach dem Ende des Großen Nordischen Krieges feierte Friedrich Wilhelm I., der dieses Mal persönlich anwesend war, mit einem Huldigungsfest. Er verband die im August 1721 zelebrierte Zeremonie mit einer aktiven Teilnahme am Vogelschießen der Schützenkompagnie der Kaufleute, einem Gottesdienst und einer 186

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Musterung, bei der die Stettiner Bürger mit den ihnen zurückgegebenen Waffen erscheinen mussten.69 Das Ereignis fand ein vergleichsweise intensives publizistisches Echo. Die Huldigungen stellen nur eine und wohl sicher nicht die bedeutendste Facette im landesherrlich-ständischen Beziehungsgeflecht dar. Aufgrund ihrer symbolischen Zeichenhaftigkeit vermittelt ihre Inszenierung aber Aufschlüsse über die zeitgenössische Wahrnehmung der beteiligten Akteure. Sie scheinen den älteren Einschätzungen zu widersprechen, wonach die ständische Verfassung am Ende der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. »zu einer leeren Form« geraten sei und nirgends »ständische Organe noch ein wirklich mitbestimmender Faktor im Staatsleben« gewesen seien.70 Die Auswertung des Aktenmaterials ständischer Provenienz belehrt uns vielmehr darüber, dass die politischen Rechte des Adels »keineswegs auf die guts- bzw. grundherrlichen Befugnisse beschränkt waren«, sondern dass die Oberstände zuweilen in beträchtlichem Maße Einfluss auf geplante landesherrliche Gesetzeswerke nehmen konnten.71 Die ständischen Interventionen wurden durchaus von der Landesherrschaft ernst genommen und bei der Abfassung von Edikten berücksichtigt.72 Die überlieferten Quellen der ständischen Ausschüsse zeigen überdeutlich, dass die Mitwirkung der Ständegremien für das Funktionieren staatlicher Verwaltung auf der unteren Ebene auch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. unerlässlich blieb.73

Das königlich-ständische Verhältnis zwischen Resistenz und Loyalität Wenngleich die Landstände mit vielen ihrer Klagen sowohl gegen die mit dem Ausbau des Militärsystems verbundenen Anforderungen als auch gegen die von veränderten Grundsätzen ausgehende Steuer- und Wirtschaftspolitik der Krone nicht durchdrangen, behielt Friedrich Wilhelm I. ein offenes Ohr für so manches Gesuch der Ständerepräsentanten. So erließ der König nach mehreren Beschwerden aus der brandenburgischen Ritterschaft im Dezember 1725 eine Resolution, die sich gegen Übergriffe der Zollbedienten auf Getreidelieferungen des Adels richtete.74 Der Fall des havelländischen Rittergutsbesitzers Friedrich 6. Der König und die Stände

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von Bredow, der sich 1731 über ungerechtfertigte Zollerhebungen des Friesacker Zollverwalters beschwerte, deutet zudem die Möglichkeiten an, die den Adligen zu Gebote standen, um ihren Monita mehr Nachdruck zu verleihen. Nachdem er bei den landesherrlichen Behörden kein Gehör gefunden hatte, wandte er sich an die kurmärkische Landschaft, die sein Anliegen dann zum Anlass nahm, dieses als ein allgemein interessierendes Problem grundsätzlich zu diskutieren.75 Und nachdem der ostpreußische Adel auf die die materiellen Grundlagen des Landschulwesens regelnden »Principia Regulativa« von 1736 ablehnend reagiert hatte, untersagte Friedrich Wilhelm I. den damit befassten Amtsträgern ein »allzu scharfes Vorgehen gegen die Patronatsherren« und überließ es weiterhin den Rittergutsbesitzern, die Schulen in ihrer Gutsherrschaft einzurichten.76 Diese Haltung ist insofern aufschlussreich, als der König in den 1720er Jahren über mehrere Anordnungen versucht hatte, die Kompetenzen der adligen Patronatsherren bei der »Präsentation« der Kandidaten für die zu besetzenden Pfarrstellen einzuschränken.77 Die insgesamt durchaus entgegenkommende und nicht a priori als ständefeindlich zu charakterisierende Politik Friedrich Wilhelms I. zeigte sich auch auf einem solchen wichtigen Feld wie der von ihm vorangetriebenen Verwaltungsreform. Im Besondern war ihm daran gelegen, die historisch gewachsenen Unterschiede in der Administration der Provinzen des Gesamtstaates abzubauen und eine größere Nivellierung zu erreichen. Dies stieß erwartungsgemäß auf Widerstände. So sah man in der erst wenige Jahrzehnte zuvor in den Gesamtstaat integrierten magdeburgischen Provinz das Vorhaben Friedrich Wilhelms I., Kommissariate einzurichten, als Eingriff in tradierte Gerechtsame an. Den von den magdeburgischen Ständen gegen diese Reform vorgebrachten Gründen, die vor allem auf die seit 170 Jahren bewährte Steuerverfassung setzten, begegnete das Generalkriegskommissariat im Auftrag des Königs nicht mit dem Argument der Unzulässigkeit, vielmehr versuchte man die Bedenken der Stände auszuräumen und ihnen auf halbem Wege entgegenzukommen. Die Beibehaltung des Bewährten – so sollten der Engere und Weitere Ausschuss bestehen bleiben und auch das Obersteuerdirektorium nicht in seiner Zusammensetzung und seinen Kompetenzen verändert werden – bei gleichzeitiger Effektivierung der Verfassung war das Leitmotiv der Reaktion.78 Ähnlich entgegenkommend reagierte Friedrich 188

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Wilhelm I. 1731 auf ein Schreiben der Landschaftsverordneten bezüglich einer aufzubringenden Umlage in Höhe von 100.000 Talern. Weil der König »aber der Landschafft jederzeit die Disposition überlassen in ihrem Credit-Wesen und sich niemahls davon meliret oder ordonniret, massen der LS am besten wissend ist, wie die Eintheilung am füglichsten zu machen«, sei er auch dieses Mal bereit, der Landschaft das Prozedere der Erhebung zu übertragen.79 Und selbst auf einem Wirkungsfeld, in dem der König in besonders deutlicher Weise einen alleinigen Gestaltungsspielraum für sich reklamierte, konnten die Stände ihren – wenn auch vergleichsweise geringeren – Einfluss geltend machen: im Militärwesen.80 Denn auch hier waren der Landesherr und die verantwortlichen Behörden auf die Mitwirkung und das spezifische Wissen der Stände »vor Ort« angewiesen.81 Diese beliebig zu vermehrenden Belege demonstrieren, dass sich die Mitwirkung der ständischen Gremien für das Funktionieren staatlicher Verwaltung auf der unteren Ebene als unverzichtbar erwies. Schließlich waren es die ständischen Institutionen, die eine Reihe von landesherrlichen Gesetzen an die jeweiligen regionalen Verhältnisse anpassten und zur Ausführung brachten. In einer Denkschrift vom Juli 1713 wies Alexander Graf Dohna anlässlich der vom König erwogenen Abschaffung des preußischen »Landkastens« darauf hin, »daß in den Aembtern die adelige Deputirte bei der Einnahme der Schoß denen Schoßeinnehmers assistiren und, da sie die Beschaffenheit des Landes wissen müssen, dafür sorgen, daß alles richtig sei«.82 Und auch das Schreiben brandenburgischer adliger Ständerepräsentanten vom Mai 1717 offenbarte deutlich ihr noch vorhandenes Selbstbewusstsein, denn schließlich seien sie es, die »für den Wohlstand des Landes« sorgten und demzufolge eine schonendere Behandlung bei der Verteilung der Lasten für sich reklamierten könnten.83 Was bleibt also von dem viel gepriesenen und oft zitierten Anspruch des Königs, die Souveränität wie einen »Rocher von Bronze« zu bewahren? Es finden sich viele andere, diesem programmatischen Zitat ähnliche Bekundungen des Monarchen, in denen er sich eine Mitwirkung der adligen Stände offiziell verbat – besonders pointiert in dem auf dem Höhepunkt des Streites um die Lehnsallodifikation formulierten Anspruch: »Wir sind doch Herr und König und können thun, was wir wollen.«84 6. Der König und die Stände

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Letztlich blieb es bei Appellen und etlichen groben, häufig im Affekt formulierten Meinungsäußerungen. So regte sich der König im Dezember 1722 maßlos über ein Memorial der Sternbergischen Landstände auf. Seine Empörung war auch deshalb so groß, weil die Neumärkische Kriegs- und Domänenkammer das Dokument mit unterschrieben hatte. Das Memorial war nach seinem Empfinden »so aufgesetzet als wen der feindt ins landt wehre und alles abfurragieret wehre: ergo alles gegen mir und ich ein rechter nahr sein muß leutte zu bezahlen die gegen mein Dienst und interesse arbeitten«, und ließ ihn die prinzipielle Frage aufwerfen: »Wahs hat Cammern mit Landstende zu thun«?85 Betrachtet man hingegen die Gesamtbilanz seiner Politik, kommt man zwangsläufig zu einem anderen Urteil als dem eines den Ständen gegenüber unversöhnlich auftretenden Monarchen. Friedrich Wilhelm I. hat – bis auf die Veränderungen im Lehnswesen – keine gravierenden Reformen im Herrschaftssystem und in der Sozialordnung vorgenommen. Das, was an Verminderung der ständischen Partizipationsrechte beobachtet und mitunter beklagt wurde, war zudem bereits unter seinen beiden Vorgängern angelegt. Was hingegen den Eindruck einer rigideren Adelspolitik aufkommen lässt, ist eine sich auch in anderen Politikbereichen zeigende veränderte Diktion der königlichen Willensbekundungen. Der knappe, eine prompte Ausführung der Anweisungen verlangende und mitunter verletzende Stil der Kabinettsordren erschien sicher für die Betroffenen ungewohnt. Aber deshalb wurde dieser König gewiss nicht zu einem Adelsfeind! Abgesehen von seiner aus zeitgeistigen Motiven des Vormärz erfolgten Stilisierung zu einem den bürgerlichen Tugenden und damit schlechthin dem Bürgertum zuneigenden Monarchen wurde ein solches Bild zuweilen schon zu seinen Lebzeiten verbreitet. So hatte der sich im Herbst 1738 in der preußischen Residenz aufhaltende kursächsische Minister v. Manteuffel einen dramatisierenden, aber kaum zutreffenden Bericht über die Lage des preußischen Adels nach Dresden gesandt.86 Und kurze Zeit nach dem Tod des Königs bezichtigte man in einer am kursächsischen Hof verbreiteten Denkschrift König Friedrich Wilhelm I. aus der Rückschau einer Politik, »die kurtz zu sagen, dahin bedacht war, dem Adel den Bettelstab in die Hände zu geben«.87 Der aus vielen Quellen besonders zur wirtschaftlichen Lage der Ritterschaft, aber auch zu den 190

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Partizipationsmöglichkeiten auf regionaler Ebene sich ergebende Befund widerspricht jedoch eindeutig solchen Beurteilungen.88 Vielmehr bewies der Adel in den Provinzen des preußischen Gesamtstaates wie schon seit jeher ein hohes Maß an taktischem Geschick im Umgang mit den landesherrlichen Forderungen, das sich in einem Spannungsfeld zwischen einem Sichfügen in das als unabänderlich Erkannte und passiver Resistenz bewegte. Es handelte sich dabei um Strategien, die offenbar auch jenseits der preußischen Grenzen bekannt waren, wie eine Äußerung des Generals v. Beneckendorff in Dresdner Hofkreisen beleuchtete: »Aber Kinder, lassen wir doch den Dingen ihren Lauf. Warum wollen wir erst die großen Herren noch weiter durch Ratschläge aufklären, die sich nur gegen uns richten. Wir müssen zusammenhalten; ich weiß, wie es der Adel in Brandenburg macht.«89 Nun könnte gegen diese Interpretation einer eben gar nicht so rigiden Ständepolitik Friedrich Wilhelms I. der Einwand vorgebracht werden, dass bislang nur die Ritterschaft im Mittelpunkt unserer Ausführungen gestanden hat. Zwar handelte es sich dabei um die einflussreichste Gruppe, was sich in ihrer Titulierung als »Oberstände« widerspiegelt, aber zu den Ständen zählten natürlich auch die Repräsentanten der Städte, und diesen hätte der König offenbar nicht solche Rücksichten entgegenbringen müssen wie dem Adel. In der Tat stellte gerade die in den 1720er Jahren eingeführte »Magistratsverfassung« als Teil der Verwaltungsreform eine erhebliche Veränderung sowohl der Stellung der Kommunen im Gesamtstaat als auch der innerstädtischen Verfassung dar.90

Stadtbürgertum und Städtelandschaft Bevor wir uns der Haltung Friedrich Wilhelms I. hinsichtlich der Städte und ihrer Repräsentation in den Ständegremien zuwenden, sei ein kursorischer Blick auf die Städtelandschaften in der preußischen Monarchie gerichtet: Die Mehrheit der Kommunen in den ostelbischen Landschaften (Kur- und Neumark Brandenburg, Pommern, Preußen) gehörte der Gruppe der Kleinstädte an, häufig mit weniger als 500 Einwohnern.91 Insgesamt wiesen die Städte im preußischen Gesamtstaat eine recht heterogene Struktur auf, wenn man Traditionen, innere Verfassung, Diffe6. Der König und die Stände

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renziertheit des Gewerbes oder die regionale Ausrichtung der wirtschaftlichen Aktivitäten berücksichtigt. Die Städtedichte in den preußischen Provinzen war höchst unterschiedlich entwickelt – eine Konstellation, die im Übrigen dem König stets bewusst war, wie etwa aus seinen Äußerungen zu den Kommunen in Ostpreußen und im Herzogtum Magdeburg hervorgeht.92 Die Einbindung der verschiedenen Gruppen der Einwohner und der Zünfte in die politischen Belange der Stadt in Gestalt von Bürgerausschüssen oder Verordnetenversammlungen wies eine hohe Variationsbreite auf. Auch das Niveau der Bürokratisierung in der innerstädtischen Verwaltung kann schwerlich auf einen Nenner gebracht werden, sowohl was die persönliche Qualifikation der Ratsmitglieder als auch was die Organisation der Verwaltung anbelangte. Wie wir bereits bei der Behandlung der Verwaltungsreformen Friedrich Wilhelms I. gesehen haben, stellt sich der Erfolg oder gar das Außergewöhnliche der Veränderungen dann als besonders glanzvoll dar, wenn die Verhältnisse der davorliegenden Zeit in düsteren Farben geschildert werden – so auch das Städtewesen vor 1713. Erst durch das dirigistische Eingreifen der Krone sei nach Auffassung Gustav Schmollers dieser »Augiasstall der oligarchischen Stadtverwaltung« ausgemistet worden.93 Neben dem oft kritisierten Finanzgebaren bildete die »Vetternwirtschaft« der Magistrate ein ständig wiederkehrendes Motiv in den zeitgenössischen Monita. Tatsächlich war in vielen Kommunen ein Großteil der Ratsmitglieder untereinander verwandt.94 Im altmärkischen Salzwedel galten nach einer Erhebung aus dem Jahre 1712 sogar neun der insgesamt zehn Ratsherren als miteinander verschwägert.95 Allerdings entwickelte sich schon vor dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. – teilweise in den Magistraten selbst – ein gewisses Unbehagen gegenüber diesem Missstand und es reifte die Erkenntnis, in jener Hinsicht den Kritikern künftig keine allzu große Angriffsfläche mehr bieten zu wollen.

Die Städtereformen Angesichts der Missstände in den innerstädtischen Verhältnissen zeichnete sich immer stärker der Wille zu Veränderungen ab. Aber auch für diesen Bereich gilt es, im Blick zu behalten, dass die Anstöße zu den seit 192

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dem Ende der 1710er Jahre einsetzenden Reformen vom König, den zuständigen Amtsträgern auf den verschiedenen Verwaltungsebenen und einem Teil der Bürgerschaft in den Kommunen selbst ausgingen. Ein wichtiges Augenmerk wurde aus naheliegenden Gründen auf die künftige personelle Zusammensetzung der Magistrate gelegt. Im Juli 1718 erging eine königliche Verordnung an das Generalkriegskommissariat wegen einer »vorzunehmende[n] Untersuchung und bessere[n] Besetzung der Rathäuser mit tüchtigen Persohnen«. Die Amtsträger wurden aufgefordert, über »Tüchtigkeit, Fleiß und Aufführung aller und jeder RathsGlieder überall genaue und pflichtmäßige Erkundigung« einzuziehen. Als Konsequenz daraus sollten dann zu Beginn des kommenden Jahres die unfähigen Magistratsmitglieder entlassen und durch »geschicktere Leuthe, die den Städten gehörig vorstehen und dienen können«, ersetzt werden. Zugleich sei dabei auch eine Reduzierung der Magistratsangehörigen zu erwägen.96 Und tatsächlich galt neben der Forderung nach einer kontinuierlichen und professionelleren Arbeit der nun nicht mehr jährlich wechselnden Räte die Verminderung der Ratsherren als die entscheidende Neuerung der Städtereform Friedrich Wilhelms I. Allerdings musste weitgehend mit dem vorhandenen Personal gearbeitet werden, denn ein nachhaltiger Professionalisierungsschub, zum Beispiel mit einem höheren Anteil an studierten städtischen Amtsträgern, benötigte einen langen Atem und war nicht so rasch herbeizuführen. So griff der König etwa bei der Neubesetzung der nunmehr verkleinerten Ratskollegien in den Städten seiner westlichen Provinzen zum überwiegenden Teil auf den Kreis der bisherigen Ratspersonen zurück.97 Zugleich deuten die im Ganzen recht offenkundigen und schon lange zu beobachtenden personellen Überschneidungen zwischen städtischen Ämtern und landesherrlichen Chargen an, dass die in der älteren Forschung verbreitete Annahme einer im Zuge der Städtereformen Friedrich Wilhelms I. weit vorangekommenen »Verbeamtung« bzw. »Verstaatung« der Magistrate bereits auf gewissen Voraussetzungen aufbauen konnte und nicht mit einem nach 1713 plötzlich eingetretenen Mentalitätswandel oder gar einem abrupt zutage tretenden »Untertanengeist« bei den Ratsangehörigen zu erklären ist. Des Weiteren darf man sich diese Veränderungen als keine Reform der städtischen Verwaltung »aus einem Guss« vorstellen.98 Vielmehr 6. Der König und die Stände

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handelte es sich dabei um eine Vielzahl von Verordnungen, deren Wirkungsbereich sich zumeist auf einzelne Provinzen bzw. Kommunen beschränkte, was sinnfällig noch einmal den regionalistischen Charakter der preußischen Monarchie verdeutlicht. Zudem wurden die Reformen »nicht im Wege einer einheitlichen, umfassenden Gesetzgebung, sondern … mittelst der Einzelverordnung« umgesetzt.99 Dies soll natürlich keineswegs den dennoch großen persönlichen Anteil schmälern, den der König an den Reformen nahm, gleichwohl gilt es, sich aufgrund der bereits im vorherigen Kapitel geschilderten kommunikativen und personellen Rahmenbedingungen der damaligen Verwaltungspraxis vor übertriebenen Erwartungen zu bewahren. Denn auch die Veränderungen im Städtewesen sind als Teil der umfassenden Verwaltungsreform Friedrich Wilhelms I. zu interpretieren. Der schon des Öfteren als »Konstruktionsfehler der preußischen Staatsorganisation« monierte Gegensatz zwischen Kommissariats- und Kammeradministration musste zwangsläufig Auswirkungen auf die Städtepolitik haben.100 Während die Kommissariatsverwaltung, der auch die für die Städteaufsicht zuständigen Steuerkommissare bzw. Steuerräte unterstanden, die Gewerbeförderung als eines ihrer wichtigen Anliegen betrachtete, arbeitete die Prioritätensetzung der Kammeradministration (Amtskammern) zuweilen diesen Ansätzen entgegen. Mit der 1723 erfolgten Bildung der Kriegs- und Domänenkammern hoffte man, künftig solcherlei Reibungsverluste reduzieren zu können. Den entscheidenden Ansatzpunkt für die städtepolitischen Reformen Friedrich Wilhelms I. bildete indes vornehmlich die desolate Finanzsituation der städtischen Haushalte. Künftig sollten die Städte Überschüsse erzielen und sich auf eigene Einnahmen stützen können. Dem König war aber nicht nur aus fiskalischen Motiven heraus an einer Stabilisierung der Finanzverhältnisse in den Kommunen gelegen, sondern aufgrund unliebsamer Erfahrungen auch deshalb, um den inneren Frieden, die »Concordia«, als eine der traditionellen Tugenden städtischen Lebens zu wahren, waren innerstädtische Unruhen in der Vergangenheit doch zumeist aus der Kritik am Finanzgebaren des Magistrats erwachsen. Deshalb gehörte die Sanierung der kommunalen Finanzen zu den wichtigsten Zielen in der Städtepolitik des Königs. Die Kämmereietats sollten von überflüssigen Ausgaben – darunter fielen auch die kritisierten 194

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Vergünstigungen für Magistratsmitglieder – entlastet und künftig kalkulierbarer gestaltet werden. Durch eine Reihe von Erhebungen versuchte der König erst einmal einen Überblick über die finanziellen Verhältnisse der Kommunen zu erhalten. Die Untersuchungen offenbarten zwar einen nach wie vor hohen Schuldenstand der städtischen Haushalte, vermittelten jedoch kein durchgehend pessimistisches Bild. Der 1716 von der Kommission vorgelegte Bericht stellte zum Beispiel der Berliner »städtischen Finanzverwaltung ein gutes Zeugnis aus«, offenbar eine Folge der schon in den letzten Regierungsjahren seines Vorgängers zu beobachtenden besonderen Aufmerksamkeit auf die Verhältnisse in seiner Residenzstadt.101 Anders fiel hingegen der Befund zu den Städten des Herzogtums Magdeburg aus. Nach Kenntnisnahme der aus diesem Territorium eingegangenen Daten monierte Friedrich Wilhelm I. 1722, »daß auf dem ganzen Magdeburgischen Lande und sonderlich den Städten Magdeburg und Halle noch große Schulden hafften«.102 Aufgrund solcher Erfahrungen lag es nahe, dass man die Magistrate und die für das Städtewesen zuständigen Amtsträger zu größerer Sorgfalt, modern gesprochen also zu mehr Haushaltsdisziplin anhielt. Das schloss Forderungen nach einer größeren finanziellen Rücklagenbildung ein. Immer wieder fanden sich zu diesem Thema entsprechende Ermahnungen an die Stadtmagistrate. Dabei handelte es sich nicht um auf die Gesamtheit der Kommunen abzielende Verordnungen, sondern um Kabinettsordren an einzelne Städte, offenbar als unmittelbare Reaktion auf Berichte über deren finanzielle Situation. Gerade in diesen aus heutiger Sicht mitunter befremdlich und wenig rücksichtsvoll erscheinenden Wortmeldungen offenbarte sich der König als unerbittlicher Haushälter, der sich nicht näher mit den Hintergründen der städtischen Gesuche um eine Minderung der finanziellen Belastungen auseinandersetzen wollte. Eine Bitte der neumärkischen Stadt Bärwalde, ihr aufgrund der Missernte 1719 die Aussaatsteuer zu erlassen, wurde rundweg abgeschlagen. Und die Eingabe des Stadtrates von Treuenbrietzen, der 1723 über die »Abnahme der Nahrung« infolge des zurückgehenden Handels mit Kursachsen klagte, versah der König nur mit der lakonischen Randbemerkung: »kere mir nit daran«.103 Diesen rigiden und kaum auf die konkrete Situation der Kommunen Rücksicht nehmenden Reaktionen standen aber Entscheidungen gegen6. Der König und die Stände

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über, die ein anderes Vorgehen des Königs widerspiegelten und zugleich seine städtepolitischen Prioritätensetzungen andeuteten. Um die von ihm gleich zu Regierungsbeginn als Hauptresidenz auserkorene Stadt Potsdam finanziell in die Lage zu versetzen, ihre neue Funktion zu erfüllen, wurde hier erstmals eine Kämmerei eingerichtet, zu deren Grundausstattung die anderen brandenburgischen Kommunen eine Zwangsabgabe zu entrichten hatten.104 Auch in den folgenden Jahren ließ sich der König genauestens über den Zustand der Potsdamer Kämmerei berichten bzw. erteilte konkrete Anweisungen. So wurde zum Beispiel der Potsdamer Magistrat 1733 dazu angehalten, bei der Etatfestsetzung seiner Kämmerei künftig Vorkehrungen für Notfälle zu treffen. Der König finde »nöhtig, daß bey der hiesigen … Cämmerey ein gewisser Fonds ausfündig gemacht werde, dadurch die nöhtigen Ausgaben bey derselben können bestritten werden«.105 Und im April 1735 wurden auch die klevischen Kommunen aufgefordert, mehr Obacht auf die Bildung von finanziellen Rücklagen in ihren Kämmereien zu legen.106 Der Finanzmisere konnte indes nur langfristig durch eine Steigerung der Einkünfte begegnet werden. Von daher war es nur folgerichtig, dass im Rahmen der Städtepolitik Friedrich Wilhelms I. besonderer Wert auf Maßnahmen zur Gewerbeförderung und Peuplierung gelegt wurde. Diese Anstrengungen sollten zudem möglichst alle Städte des Staates einschließen.107 Im Unterschied zu seinem Großvater, Kurfürst Friedrich Wilhelm, während dessen Regierungszeit Zuwachsraten vor allem innerhalb der Residenzlandschaft zu verzeichnen gewesen waren, bemühte sich König Friedrich Wilhelm I. nun darum, seine Reformen flächendeckend umzusetzen, freilich auch in nivellierender Absicht. Dabei wurde zumindest versucht, »die Proportionen zwischen Berlin und den sonstigen Städten« im Auge zu behalten.108 Die weiterblickenden Beamten des Generaldirektoriums waren sich dabei durchaus der Bedeutung der kleineren Städte bewusst; man denke in dem Zusammenhang etwa an die planmäßige Ausweitung des Textilgewerbes auf diese Städtegruppe, wie zum Beispiel in der Neumark, wo sich eine »große Exportindustrie« entwickeln konnte.109 An diese Vorarbeiten anknüpfend wurden dann vor allem im Umfeld der umfassenden Verwaltungsreform zu Beginn der 1720er Jahre flächendeckende statistische Erhebungen vorgenommen, die noch mit den Un196

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vollkommenheiten des gerade erst zu Ende gehenden vorstatistischen Zeitalters behaftet waren. Dabei gewannen die sogenannten »Städtetabellen« mit möglichst detaillierten Angaben über die Einwohner- und Häuserzahl, die Gewerbeverteilung, das Steueraufkommen (Akzise) sowie die Finanzsituation der Kommunen eine besondere Bedeutung.110 Wie jene Versuche einer statistischen Erfassung von den Betroffenen mental wahrgenommen wurden, lässt sich nur indirekt aus den Quellen erschließen. Es ist davon auszugehen, dass eine solche Praxis auf ähnliche Verwunderung und Vorbehalte stieß wie die zur Erfassung des Adels geforderte Anlage der Vasallentabellen. Im neumärkischen Dramburg schien jedenfalls in dieser Zeit nach Auffassung des Stadtchronisten überhaupt »zum ersten Male eine Zählung der Einwohner vorgenommen [worden] zu sein«.111 Mit einer seiner ersten städtepolitischen Anordnungen, die im Übrigen an die Vorgehensweise in der Domänenpolitik erinnert, versuchte Friedrich Wilhelm I. am 30. Mai 1713 zu veranlassen, dass Teile des in dem zurückliegenden Zeitraum entäußerten städtischen Grund und Bodens wieder in den Besitz der Kommunen gebracht wurden. Er forderte, dass »die veräußerten Stadtgüter untersucht und wieder zu dem Patrimonio gezogen werden sollten«.112 Damit verbunden war eine künftig strenger kontrollierte Berichtspflicht gegenüber dem zuständigen Steuerrat über Verpachtungen und andere Veräußerungen städtischen Besitzes. Allerdings ist von einem ziemlich langen Zeitraum auszugehen, in dem sich die vom König gewünschten Veränderungen durchsetzen konnten. Nachweislich vieler Quellen zeigt sich, dass selbst die vor persönlichen Drohungen nicht zurückschreckenden Befehle und Anweisungen des Monarchen in ihrer Wirkung häufig verpufften. Sowohl strukturelle Schwächen wie eine unzureichende Kompetenzabgrenzung der Ämterchargen als auch Trägheit und Resistenz in der individuellen Amtsausübung bildeten eine schwer zu durchbrechende Mauer. Die Berichte über die Stadtgüter und städtischen Gläubiger sind in einigen Provinzen erst nach mehrmaliger Anforderung eingesandt worden, und Steuerhinterziehungen blieben an der Tagesordnung.113 Dem Hauptziel der finanziellen Konsolidierung waren des Weiteren Bemühungen untergeordnet, die von den Betroffenen als vergleichsweise tiefer Eingriff angesehen wurden: die Verschmelzung von eng beieinan6. Der König und die Stände

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der liegenden Städten. Man weiß aus jüngerer Zeit, welche Debatten solche Veränderungen im Zuge von Gebietsreformen und Eingemeindungen auslösen können. Für die Gesellschaften der altständischen Epoche, für die die kleinen tradierten Lebenswelten einen noch viel größeren mentalen Halt boten, stellte dies eine ungleich gewaltigere Herausforderung dar. Ungeachtet der dagegen artikulierten Widerstände hofften der König und das Generaldirektorium, die schwierige finanzielle Lage, in der sich die Haushalte der betreffenden Städte befanden, durch diese Zusammenlegungen zu verbessern. Gleich in den ersten Regierungsjahren Friedrich Wilhelms I. wurden die Alt- und Neustädte von Salzwedel 1713114 und Brandenburg (Havel) 1715115 sowie etwas später 1724 die drei Städte von Königsberg (Preußen)116 vereinigt. Um jedoch auch hier den Eindruck des Außergewöhnlichen dieser Reformen etwas zu mindern, sei daran erinnert, dass schon unter König Friedrich I. die Vereinigung der Magistrate der Schwesterstädte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Friedrichstadt und Dorotheenstadt vollzogen worden war.117 Vergleicht man die finanziellen Verhältnisse in den Kommunen vor und nach den durch Friedrich Wilhelm I. eingeleiteten Reformen, schlagen der allmähliche Abbau der Schulden und die bessere Kalkulierbarkeit der städtischen Finanzen – auch infolge der Einführung sogenannter »Lagerbücher« – zugunsten der Städte aus. Dagegen ist der finanzielle Handlungsspielraum der Stadträte im Ganzen geringer und die steuerliche Belastung der einzelnen Bürger etwas größer geworden.118 Zudem muss bedacht werden, dass »die Verfügungsmittel der Städte« auch nach den eingeleiteten Reformen »zu gering bemessen waren« und oftmals »Überschüsse aus städtischem Vermögen von den Kammern eingezogen wurden und dem Staatsetat zuflossen«.119 Neben Anordnungen, die sich als allgemeine Vorschriften bzw. Handlungsanweisungen für das Agieren der Magistrate verstanden, waren punktuelle Eingriffe – teilweise direkt vom König ausgehend – an der Tagesordnung, die das neu eingeforderte »staatliche« Aufsichtsrecht im Alltag sehr fühlbar machten. So wurden, um nur wenige Fälle aus dem Quellenmaterial herauszugreifen, die Stettiner »Alterleute« am 31. Dezember 1732 harsch angegangen, die »Servis«-Zahlungen so wie gefordert aufzubringen.120 Und nachdem der König »bemercket, daß in dero Residentzien Städten Berlin die Gassen nicht reinlich genug gehalten werden«, folgten im März 1735 bis ins De198

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tail gehende Anweisungen, wie dieser Missstand abgestellt werden sollte.121 Auch auf die Entwicklung des städtischen Gewerbes richteten sich Reglementierungsabsichten des Königs. So hatte er dem in Berlin ansässigen Sattler Georg Diedrich zugesagt, dass er ohne Verfertigung eines Meisterstücks in das dortige Gewerk aufgenommen werden könne, weil ihm »seine Arbeit bekant ist« und er wisse, »daß er vor einen meister bestehen kann«. Nun habe man aber in Erfahrung gebracht, dass das Gewerk dem Diedrich dennoch »unnöthige Schwierigkeiten« mache. Deshalb wurde dem Berliner Magistrat befohlen, den Diedrich als Meister anzunehmen. Dahinter stand die Erwartung, dass dieser als neuer Meister in den Stand gesetzt werde, »Gesellen zu halten und Jungens zu lehren«.122 In Potsdam, wo im Zuge der beiden Stadterweiterungen in den 1720er und 1730er Jahren ein großer Bedarf im Baugewerbe bestand, setzte sich Friedrich Wilhelm I. mehrfach persönlich für die gezielte Anwerbung von Handwerkern ein.123 Rascher als die auf die finanzielle Sanierung gerichteten Reformen griffen jene Maßnahmen, die auf die Professionalisierung der Arbeit der Magistrate gerichtet waren. Diese wurden in nicht wenigen Fällen verkleinert und rekrutierten sich künftig aus dauerhaft angestellten, besoldeten und stärker von der landesherrlichen Verwaltung kontrollierten Personen. Das Vorschlagsrecht der Kommunen blieb zwar nominell noch erhalten, jedoch sei es »sehr häufig nicht beachtet worden«.124 Schließlich war dem Monarchen daran gelegen, seine eigenen Leute in die Magistrate zu lancieren, vor allem mit Blick auf die Charge des regierenden Bürgermeisters, des »Consul dirigens«. Die angestrebte Professionalisierung der Amtsführung versuchte man, beginnend mit den größeren Städten, dadurch zu erreichen, dass qualifizierte Personen aus anderen Städten und Landesteilen geholt wurden. Die Landesherrschaft verband damit auch die Absicht, die aus ihrer Warte zu enge Verbindung des von oligarchischen Tendenzen bekanntlich nie völlig freien Magistrats mit Teilen der Bürgerschaft zu kappen und ihm somit zumindest partiell den Charakter einer staatlichen Institution zu verleihen. Die Kehrseite bestand allerdings in einer »zunehmenden Passivität der Magistrate«, bedingt durch den beschnittenen Entscheidungsspielraum und die geringere Verwurzelung ihrer Mitglieder in der Bürgerschaft.125 6. Der König und die Stände

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Die »Ratsreglements« Für viele Kommunen wurden in den 1720er und 1730er Jahren sogenannte »Ratsreglements« erlassen, die die Veränderungen nun in ein dauerhaftes Regelwerk für die innerstädtischen Verfassungen überführten. Die Regeln für die Führung der städtischen Finanzen wurden dabei ebenso festgelegt wie die genaue Anzahl und die Kompetenzen der Magistratsmitglieder. Dabei wäre, so hieß es etwa im Ratsreglement für die uckermärkische Hauptstadt Prenzlau von 1732, »mit Beiseitsetzung alles Privat-Interesse, Freundschaft oder Verwandtschaft dahin zu sehen, daß gewissenhafte, arbeitsame, tüchtige … Personen erwählt« würden.126 Gerade diese aus Nepotismus bzw. Patronage- und Klientelbeziehungen erwachsenden Unwägbarkeiten in der personellen Zusammensetzung der innerstädtischen Gremien ließen sich aber eben nur bedingt ausschließen.127 Wir haben es hier mit einem Strukturmerkmal frühneuzeitlicher Verwaltung zu tun, und zwar – wie bereits im vorigen Kapitel gezeigt wurde – auf allen Ebenen. Selbst die für die Städtepolitik so bedeutsame Amtsträgergruppe der Steuerräte blieb hiervon nicht ausgenommen, wie eine gallige Note des Königs an ihre Adresse 1737 belegt: Wenn diese mit »denen Accise- auch Magistrats-Bedienten sich nicht so familiarisirten und sich dadurch außer Stand setzten, mit Nachdruck zu unserem Dienst das nöthige zu veranlassen …, würde alles nicht so schläfrich, sondern mit mehr accuratesse ins Werck gerichtet werden«.128 Das kritisierte »Familiarisieren« war Friedrich Wilhelm also nicht verborgen geblieben und führte zu seinem Unwillen, wurde damit doch ein entscheidender Ansatz seiner Reformbestrebungen unterminiert. Um diesem Übelstand entgegenzuwirken, forderte er, dass die Steuerräte nach Ablauf einiger Jahre »translocirt« werden sollten.129 Der auf den ersten Blick plausibel anmutende Ausweg, durch eine regelmäßige Versetzung der »Commissarii loci« in andere Steuerratsbezirke – Schmoller geht von einer durchschnittlich sechsjährigen Amtsdauer eines Steuerrates aus130 – das Knüpfen zu enger Verbindungen zu den Magistratsfamilien zu erschweren, erwies sich indes nur partiell als erfolgversprechend. Die Magdeburgische Kriegs- und Domänenkammer brachte das Problem in ihrer Entgegnung auf diesen königlichen Befehl auf den Punkt: 200

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»Es kombt bey diesen Städten viel darauf an, daß der Commissarius eine vollkommene connoissance von solchen Städten und zugleich die routine habe«. Jenem Argument, das auf die durch einen längeren Aufenthalt in ihrem Zuständigkeitsbereich gewonnene Kompetenz der Steuerräte anspielte, konnte sich der König nicht entziehen, so dass er in der Marginalie nur vermerkte: »ist hier bekandt und können bleiben.«131 Hinzu kommt noch eine weitere Beobachtung, die zur Zurückhaltung gegenüber dem Bild einer allzu durchgreifenden Reform mahnt. So würde man fehlgehen, wenn man die mit der Städtereform Friedrich Wilhelms I. einhergehenden Veränderungen mit einer Marginalisierung der innerstädtischen Partizipationsmöglichkeiten gleichsetzte. Solche aus Stadtverordneten, »Altermännern« oder Viertelsmeistern bestehende Gremien bildeten im ganzen 18. Jahrhundert einen – wenn auch nicht immer durchgängig nachzuweisenden – Bestandteil der Stadtverfassung. Aus landesherrlicher Perspektive sah man zudem in dem Wirken der Verordneten eine Möglichkeit, im Sinne einer Effizienzsteigerung den Magistrat zu unterstützen, »damit alles und jedes mit so viel mehr Eifer beobachtet werde«.132 Zugleich stand dem König damit eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit der Stadträte zur Verfügung, so dass die Bildung oder Beibehaltung solcher Ausschüsse immer wieder Eingang in die Verordnungen zur Reformierung der Stadtverfassungen fanden. Im hinterpommerschen Greifenhagen wurde zum Beispiel den 14 »Altermännern« der dort beheimateten Gewerke per königlicher Verordnung eine »mitberatende Stellung in außerordentlichen Fällen zugewiesen«.133 Die Kompetenzen der Verordneten beschränkten sich nicht, wie früher mitunter glauben gemacht wurde, nur auf die informelle Weitergabe von Anordnungen des Magistrats unter der Bürgerschaft. Laut dem 1724 für das ostpreußische Königsberg erlassenen »Rathäuslichen Reglement« musste dem Ausschuss der Bürgerschaft, dessen Zusammensetzung sowohl die Gliederung nach Stadtvierteln als auch die Sozialstruktur (Kaufleute, Mälzenbräuer, Kleinbürger) widerspiegelte, vom Stadtkämmerer die jährliche Rechnungslegung zur Kenntnis gebracht werden, wobei dem Ausschuss das Recht zustand, Monita vorzubringen.134 In abgeschwächter Form konnten auch in Stettin die Vertreter der Kaufmannschaft und der Hauptgewerke an der Rechnungslegung des Magistrates mitwirken. Ihnen wurde diese zur Prüfung, jedoch nicht zur endgültigen Revision und Entlastung vorgelegt.135 6. Der König und die Stände

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Es scheint sogar, als wären in nicht wenigen Kommunen erst im Zusammenhang mit der Einführung der »Ratsreglements« die rechtlichen Grundlagen dieser mitunter in einer juristischen Grauzone liegenden Bürgervertretungen klarer formuliert worden. Im Umfeld der Erarbeitung eines »Ratsreglements« für das altmärkische Stendal war es der mit der Untersuchung der dortigen Verhältnisse beauftragte Kommissariatsfiskal Nikolaus Conrad Breuning, der den Vertretern der Bürgerschaft einen vergleichsweise großen Anteil am Stadtregiment zugestehen wollte. Die beabsichtigte »kommunale Mitsprache- und Kontrollfunktion« wäre damit also »nicht etwa zurückgedrängt, sondern eher noch angehoben« worden.136

Fazit Somit zeigen sich also am Beispiel sowohl der Städte- als auch der Adelspolitik des Königs jene Ambivalenzen, die uns schon bei der Behandlung der Verwaltungsreformen der 1720er Jahre begegnet sind: Das Bemühen der Krone um administrative Durchdringung und Herrschaftszentrierung ihrer Territorien ist zwar in den Quellen als Grundtendenz immer wieder greifbar, allerdings traten stets auch die Grenzen deutlich hervor. Grenzen, die zum einen in der regionalistischen Struktur des Gesamtstaates und den kommunikativen Verhältnissen zu suchen sind, aber auch im Beharrungsvermögen der Ständerepräsentanten eine Erklärung finden. Die Ständegremien hatten zwar seit der Herrschaftszeit des Großen Kurfürsten eine Reduzierung ihres Handlungsspielraumes hinnehmen müssen, jedoch durchaus Mitspracherechte gewahrt.137 In Gestalt von Kreisversammlungen und der sogenannten ständischen Ausschüsse behielten die Stände selbst nach dem Wegfall der alten Plenarlandtage genügend institutionelle Möglichkeiten, um ihre Wünsche zu Gehör zu bringen und einen Teil ihrer Interessen durchzusetzen. Diese Initiativen wurden, wenn man besonders die Stadtgesellschaften in den Blick nimmt, auch dazu genutzt, um eigenständig nötige Veränderungen anzustoßen, die sich teilweise mit den königlichen Reformbemühungen decken konnten. Die ambitionierten Ziele der von Friedrich Wilhelm I. 202

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verfolgten Reformen waren letztlich nur durch ein Mindestmaß an Kooperation mit den adligen und städtischen Repräsentanten einzulösen. Angesichts der personalen und kommunikativen Rahmenbedingungen benötigten der König und die Zentralverwaltung solche Loyalitäten »vor Ort«. Damit relativiert sich etwas die allzu scharf konturierte Zäsur »1713« für die Adels- und auch für die gesamte Ständepolitik des zweiten preußischen Königs. Die bereits unter den Vorgängern angestoßenen Entwicklungen wurden gewiss mit einem bis dahin ungewohnten Druck vorangetrieben und mit neuen Nuancen versehen, vermieden aber schlussendlich gravierende Veränderungen der altständischen Gesellschaft.

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7. Der »roi sergeant« im Kontext des altpreußischen Militärsystems In der Biographie eines Monarchen, der mit dem verbreiteten Beinamen eines »roi sergeant« oder »Soldatenkönigs« bedacht wurde, ist es eigentlich müßig, vorab auf die Bedeutung eines gesonderten Kapitels zum Militärwesen hinzuweisen. Zu offensichtlich sind solche Bezüge erkennbar, und zu groß ist die Fülle der zu diesem Wirkungsbereich Friedrich Wilhelms I. vorliegenden Literatur, als dass man hier nähere Begründungen liefern müsste. Schon die für die Zeit des Großen Kurfürsten gewählte Etikettierung des preußischen Staates als »Militärmonarchie« deutet auf die außerordentlich große Ausstrahlung des militärischen Faktors auf alle Politikbereiche der Hohenzollernmonarchie hin.1 Schließlich bildete das Militärwesen nach herkömmlicher Lesart auch jenen Schlüsselbereich, in dem sich das politische Programm eines »absoluten« Herrschers in nahezu reinster Form umsetzen ließ. Demnach hätte gerade der »Streit um das Heerwesen … die monarchische Obrigkeit endgültig vom Ständetum« getrennt.2

Die Voraussetzungen Gleichwohl besteht besonders bei diesem Thema die Gefahr, eingetretene Pfade erneut zu beschreiten und allzu eingängigen Interpretationsmustern zu folgen. Denn die gerade für ihre militärische Komponente als »Aufstiegsgeschichte« gedeutete Entwicklung der brandenburgischpreußischen Monarchie erweist sich nicht als so linear, wie sie oft beschrieben worden ist – und jene Fragilitäten und Brüche reichen bis in die Zeit Friedrich Wilhelms I. und beeinflussten letztlich auch sein Agieren auf diesem Feld. Dank der Deutungshoheit der borussischen Historiker setzte sich im ausgehenden 19. Jahrhundert eine Lesart durch, nach 204

7. DER »ROI SERGEANT« IM KONTEXT DES ALTPREUSSISCHEN MILITÄRSYSTEMS

der sich die kurbrandenburgische Armee seit ihrer ersten Bewährungsprobe während des Schwedisch-Polnischen Krieges (1655–1660) zu einer beeindruckenden Streitmacht weiterentwickelt habe und quasi zu einer Ausnahmestellung gelangt sei. Demnach wären zum Beispiel die militärischen Erfolge, die das Reich im ausgehenden 17. Jahrhundert gegen das Osmanische Reich und das ludovizianische Frankreich errungen hatte, insbesondere den brandenburgischen Truppen und ihrem Kurfürsten zu verdanken gewesen. Eine solche Deutung stellt gewissermaßen die militärgeschichtliche Variante der Erzählung von Preußens »deutschem Beruf« dar.3 Nun sind die innovativen Bemühungen kaum zu bestreiten, wenn sowohl das außerordentliche Anwachsen der Heeresstärke – zu Beginn der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. lag sie bei ca. 38.000 Mann, um dann bis 1740 auf 71.000 Mann gesteigert zu werden – als auch der erreichte Grad an Professionalisierung betrachtet wird.4 Jedoch weist diese Bilanz bei Zugrundelegung eines längeren zeitlichen Rahmens und eines konsequent komparativ betriebenen Ansatzes bei Weitem nicht den Ausnahmecharakter auf, der ihr in der älteren Historiographie attestiert worden ist. Dabei wird man gar nicht einmal andere berühmte europäische Monarchen und Feldherren als Zeugen gegen eine solche Sichtweise anführen müssen, denn auch unter den deutschen Fürstendynastien des ausgehenden 17. und frühen 18. Jahrhunderts gab es einige Repräsentanten, die im zeitgenössischen Urteil die Leistungen der Hohenzollern um einiges überstrahlten, wie etwa Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, Herzog Karl IV. von Lothringen oder Kurfürst Max II. Emanuel von Bayern. Ebenso hatte sich der Schwiegervater Friedrich Wilhelms I., der hannoveranische Kurfürst Georg Ludwig (ab 1714 als englischer König Georg I.), im Türkenkrieg vor allem während des Kampfes um Wien 1683 besondere Meriten erworben.5 Auch die Tatsache, dass sich vermehrt Angehörige des deutschen Hochadels für alles interessierten, was mit dem militärischen Metier im weitesten Sinne zusammenhing, relativiert etwas die Ausnahmestellung, in der der zweite preußische König gesehen wurde und wird. Für den jungen Max Emanuel von Bayern waren ein »fast täglicher Umgang mit Offizieren und Diskussionen über militärische Probleme« beobachtet worden, die den Ehrgeiz des Prinzen erweckt hatten, »sich einst aktiv an militärischen Auseinandersetzungen zu beteiligen«.6 Und auch der sächsische Kurfürst �������������������������������������������������������������������

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Friedrich August I. (»August der Starke«) wies elf Jahre nach seinem Regierungsantritt darauf hin, dass er »seit dem 18. Jahre militärische Studien getrieben« habe und sein »einziger Wunsch« nur »kriegerischer Ruhm« gewesen sei.7 Erinnert sei nicht zuletzt daran, dass jener mit Friedrich Wilhelm I. verwandte Reichsfürst, dem er in herzlicher Abneigung verbunden war, ein großes Faible für militärische Fragen entwickelt hatte – dem späteren hannoveranischen Kurfürsten und englischen König Georg II. wurde nachgesagt, dass er die Uniformen der Eliteregimenter der deutschen Fürstendynastien »bis ins Detail beschreiben« konnte.8 Mit Blick auf die sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts herausbildenden Armeen in den größeren deutschen Reichsterritorien fiel dem brandenburgischen Heer gewiss noch keine Ausnahmestellung zu. Nach Meinung beispielsweise des französischen Gesandten im Haag waren in den 1670er Jahren die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg »jetzt die konsiderabelsten Fürsten in Deutschland … Im ganzen Norden gibt es keinen König und Fürsten, der so pünktlich bezahlt, wie sie es tun … . Selbst wenn sie 30.000 Mann aufstellen wollten, würden sie es binnen eines Monats vermögen.«9 Zudem verhinderte die stets angespannte Ressourcenlage im Brandenburg-Preußen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, dass ständig eine imposante Heeresmacht unter Waffen gehalten werden konnte. »Enorme Schwankungsbreiten« in der Truppenstärke waren die Regel.10 Friedrich Wilhelm I. hatte im Übrigen als Kronprinz sowohl während der Feldzüge des Spanischen Erbfolgekrieges als auch durch seine Teilnahme an den Sitzungen des Geheimen Kriegsrates mehrfach erfahren müssen, dass die Truppen seines Vaters überwiegend als Auxiliarmacht wahrgenommen und eingesetzt wurden. So soll sich der holländische Felddeputierte unmittelbar nach der Schlacht von Malplaquet »abfällig oder zumindest zweifelnd über die militärischen Möglichkeiten Preußens geäußert« haben.11 Doch bevor wir uns dem Agieren des Königs in diesem für ihn so bedeutenden Wirkungsbereich zuwenden, erweisen sich einige einführende Bemerkungen über die jüngere Vorgeschichte bzw. den Zustand der Armee und ihre Stellung in Staat und Gesellschaft zum Zeitpunkt des Regierungsantritts Friedrich Wilhelms I. als hilfreich. Denn obgleich sicher die Sorge um seine »formidable Armee« ihn am meisten umtrieb und er 206

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hierfür das meiste Herzblut aufbrachte, begann er ja nicht an einem imaginären »Punkt null«, sondern konnte auf Vorleistungen aufbauen. Seinem Großvater, Kurfürst Friedrich Wilhelm, kam nicht nur das Verdienst zu, in zähem Ringen mit den Ständen ihnen die Mittel für ein stehendes Heer abgerungen und sich damit einen vorderen Platz im Kreis der armierten Reichsstände erobert zu haben. Ebenso bedeutend war, dass er mit dieser Streitmacht in den Kriegen der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sichtbare Erfolge erzielte, ohne dies unkritisch zu überhöhen. Jedenfalls konnte damit zum einen seine Stellung innenpolitisch gefestigt und zum anderen im dynastischen Wettbewerb publizistisch ausgeschlachtet werden. Bekanntlich verdankte er seinen Beinamen »Großer Kurfürst« dem für ihn erfolgreichen Ausgang der Schlacht von Fehrbellin im Juni 1675. Nicht nur in der historiographischen Interpretation wurde deshalb Kurfürst Friedrich Wilhelm in eine Rolle als Staatsbegründer, gleichsam als »Beginner«, hineingeschrieben, und auch in der eigenen Familie fand diese Traditionslinie ihre stete Fortschreibung.12 So zollte etwa Friedrich Wilhelm I. seinem Großvater, der »das rechte flohr und aufnahme in unser haus gebracht hat«, besondere Anerkennung.13 Im Jahr seines Todes standen etwa 30.000 Mann unter Waffen, was einem Bevölkerungsanteil von drei Prozent entsprach.14 Die auf den ersten Blick durchaus beeindruckenden Zahlen können jedoch nicht über die Ressourcenprobleme hinwegtäuschen. Eine in starkem Maße auf die Belange des Heeres ausgerichtete Verwaltungsstruktur, das Kommissariatswesen15, akquirierte zwar einerseits einen Teil der benötigten Finanzmittel und stärkte dadurch das Gewicht des militärischen Faktors innerhalb der Verwaltung, andererseits wurde damit aber auch einer gewissen Konfliktanfälligkeit im Verwaltungsalltag Vorschub geleistet. Die Rekrutierung des Mannschaftsbestandes der Armee erfolgte in noch recht unsystematischer Weise über Werbungen im eigenen Land, was immer wieder zu Übergriffen und vielen Beschwerden der Ständevertreter führte.16 Auch innerhalb des Offizierskorps lag einiges noch im Unfertigen und Provisorischen. Die Offiziere in der sich seit den 1650er Jahren formierenden brandenburgisch-preußischen Armee hatten, gleich ob es Landeskinder oder »Ausländer« waren, in ihrer überwiegenden Mehrheit ihre ersten militärischen Meriten in anderen Heeren (vor allem im fran�������������������������������������������������������������������

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zösischen, schwedischen oder kaiserlichen Heer) erworben. Diese Militärs brachten aus jenen Armeen verschiedene Erfahrungen und Kenntnisse mit, die sich durchaus förderlich auf sowohl die Etablierung der strategisch-taktischen Konzeptionen als auch die Organisation der sich entwickelnden Armee auswirken konnten. Zugleich wurde damit aber ein gewisses Konfliktpotential in das sich formierende Offizierskorps hineingetragen, was im Übrigen bis in die Zeit Friedrich Wilhelms I., wenn auch mit abnehmender Tendenz, beobachtet werden kann. Es erscheint menschlich nachvollziehbar, dass die Offiziere versuchten, den jeweils eigenen Erfahrungshorizont aus ihrer alten militärischen »Heimat« als besonders geeignet zu empfehlen.17 Während der Regierungszeit Friedrichs III./I. konnte das bis 1688 gelegte Fundament weiter ausgebaut werden. Das betrifft sowohl die Entwicklung der innerhalb der Zentralverwaltung für das Militärwesen zuständigen Institutionen – hier wäre neben dem Generalkriegskommissariat vor allem auf das Wirken des seit 1697 regelmäßig ein- bis zweimal wöchentlich tagenden Geheimen Kriegsrates zu verweisen – als auch die innermilitärische Disziplinierung. Nach profundem Urteil hatte sich demnach »der Prozeß der Umwandlung des Offizierskorps in ein rein monarchisches … bis zum Tode Friedrichs I. vollzogen«.18 Während unter dem Großen Kurfürsten die Ernennung und Beförderung der Offiziere der unteren Dienstgrade bis hin zur Vergabe der Kompanien noch immer von den Generälen und Obristen abhing, änderte sich dies unter seinem Nachfolger ebenso nachhaltig, wie auch »die Gerichtsgewalt der Obristen zurückgedrängt werden« konnte.19 Die Einsicht über die Notwendigkeit eines professionell geführten Heeres auf dem Feld der europäischen Mächtepolitik war durchaus bei diesem Herrscher vorhanden, dem aber nach Auffassung der älteren Forschung jene Affinität zum militärischen Metier, die seinen Vorgänger und seinen Nachfolger in so dezidierter Weise auszeichnete, abgegangen sei. Dass er bei dem den Spanischen Erbfolgekrieg beendenden Frieden viel erreichen könne, so zeigte sich Friedrich I. überzeugt, »kömt daher, daß ich eine guhte Armèe habe, deswegen kan ich auch was mit sprechen«.20 Friedrich Wilhelm hatte die Wertschätzung einer »formidablen Armee« demnach schon während seiner Kronprinzenzeit quasi als Strukturmerkmal der preußischen Politik wahrgenommen, konnte nach seinem Regierungsantritt nahtlos daran 208

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anknüpfen und sie später als Vermächtnis an seinen Sohn und Nachfolger weitergeben.21 Die insgesamt 25-jährige Regierungszeit des ersten preußischen Königs ist also aus militärgeschichtlicher Perspektive keineswegs als eine Phase der Stagnation zu deuten, wie es die ältere Historiographie – nicht zuletzt im Gegensatz etwa zur zeitgenössischen Wahrnehmung – dargestellt hat.22 Gleichwohl blieb ein seit den Tagen des Großen Kurfürsten bestehendes strukturelles Problem bestehen und beeinflusste demzufolge auch die Einsatzmöglichkeiten der Armee unter dem ersten preußischen König: die notorische Abhängigkeit von Subsidien! Es waren diese ernüchternden Erfahrungen, die beim jungen Friedrich Wilhelm den Grundsatz reifen ließen, »keine truppen vor geldt und Subsidien« wegzugeben. »Wollet Ihr trouppen haben«, mahnte er 1722 seinen Nachfolger, »so will ich selber mit meine gantze Armeé Marchieren, aber nicht vor Subsidien«.23 Das korrespondierte mit seinem wirtschafts- und finanzpolitischen Grundsatz, »Keinen menschen was schuldig« zu sein.24

Zwischen Kriegserfahrungen und ersten Reformansätzen Die von Friedrich Wilhelm I. gleich nach seinem Regierungsantritt forcierten Bemühungen nicht nur zum Heeresausbau, sondern um eine Reform der gesamten Staatsverwaltung sollten ihn in die Lage versetzen, erst gar nicht in solche misslichen Situationen zu geraten. Überraschen musste die Prioritätensetzung des neuen preußischen Königs indes nicht. Dass der junge Friedrich Wilhelm eine besondere Neigung zu allem Militärischen empfand und »am meisten vor seine Militz sorge«, war unter denjenigen Zeitgenossen, die den preußischen Hof und die Herrscherfamilie kannten, spätestens seit der aktiven Beteiligung des Kronprinzen an den Kampfhandlungen des Spanischen Erbfolgekrieges keine Novität mehr.25 Verwunderung hatte dagegen bei einigen Beobachtern erregt, dass er – hierin dem Beispiel des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau folgend – sich so ausgiebig »mit dem Exerzieren und der Truppenausbildung abgab«.26 Der kaiserliche Diplomat v. Schönborn-Buchheim berichtete schon wenige Wochen nach dem Thronwechsel, dass der König seine Soldaten dergestalt »liebe …, daß Er auch … recht kindisch darmit �������������������������������������������������������������������

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umbginge«.27 Und auch die Nachricht, dass er nun eine Rolle als »Chef der Armee« für sich reklamierte, rief bei einigen Zeitgenossen Erstaunen hervor.28 Eine solche Stellung ging in der Tat über das übliche Verständnis hinaus, wonach ein Monarch zwar formell an der Spitze seines miles perpetuus stand, sich allerdings nicht mit detaillierten Fragen der Heeresorganisation und -verwaltung befasste. In der Tat existierten für solch eine Prioritätensetzung kaum Vorbilder, wenn man einmal vom Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau absieht. Über die folgenden Vorgänge zeigten sich die zeitgenössischen Beobachter vergleichsweise gut informiert. So glaubte die »Europäische Fama« zu wissen, dass Friedrich Wilhelm I. seine Armee binnen kurzer Zeit auf 50.000 Mann bringen wolle.29 Und tatsächlich konnte die Stärke des preußischen Heeres schon im ersten Regierungsjahr um 9.000 Mann erhöht werden. Für einiges Erstaunen dürfte hingegen gesorgt haben, dass entgegen der üblichen Praxis die Truppenstärke nach Beendigung eines Krieges diesmal nicht reduziert wurde. Sowohl nach dem Abschluss des Utrechter Friedens 1713 als auch nach dem für Preußen 1720 beendeten Großen Nordischen Krieg folgten keine Abmusterungen, sondern die Armeestärke wuchs weiter an – ganz im Gegensatz zum Vorgehen der anderen europäischen Mächte. In der Literatur wurde und wird zu Recht, zuweilen mit großer Verwunderung, darauf verwiesen, dass Friedrich Wilhelm I. trotz seines ausgeprägten Faibles für das militärische Metier seine Armee nur in sehr eingeschränktem Maße an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligte. An Möglichkeiten und Anlässen bestand auch während seiner Regierungszeit durchaus kein Mangel, und dennoch beließ es der preußische König zumeist bei verbalem Protest oder der Zusammenziehung von Truppen unweit der Landesgrenzen, übte sich ansonsten aber in militärischer Zurückhaltung. So auch zum Beispiel anlässlich einer sich 1725 gefährlich zuspitzenden Auseinandersetzung mit Kursachsen. Letztlich konnte aber der sächsische Gesandte aus Berlin nach Dresden die beruhigende Nachricht senden, dass Friedrich Wilhelm I. seine »trouppens viel zu lieb haben würden, umb sie hierin [gegen Sachsen] zu gebrauchen«.30 Gemessen an seinen Vorgängern und Nachfolgern war er tatsächlich der friedlichste aller brandenburgisch-preußischen Landesherren. Über die außenpolitischen Rahmenbedingungen und persönlichen 210

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Motive für diese erstaunliche Beobachtung wird an anderer Stelle zu handeln sein. Hier soll nun der Frage nachgegangen werden, welche Rolle der reale Krieg im militärischen Denken des preußischen Monarchen einnahm. Denn es wäre ein Fehler, in seine Politik trotz seiner geäußerten Bedenken gegen das Führen »ungerechter« Kriege31 eine generelle Nichtangriffsfähigkeit Preußens zu seiner Zeit hineininterpretieren zu wollen. Wie bereits gezeigt, hatte er als Kronprinz während der Schlacht von Malplaquet seine »Feuertaufe« erfahren. Belege darüber, dass die nicht selten verlustreichen Schlachten des Spanischen Erbfolgekrieges eine abschreckende Wirkung auf ihn ausgeübt und ihn deshalb von einer begrenzten Kriegführung im Sinne der »gezähmten Bellona« überzeugt hätten, liegen nicht vor. Kolportiert wurden hingegen mitunter ganz andere Beobachtungen, die den Hohenzollernspross als militärischen Draufgänger erscheinen ließen. So hatte sich im Magdeburgischen 1710 das Gerücht verbreitet, der preußische Kronprinz »führete die Leuthe gleich hin vorm Feind, daß sie todgeschossen würden«.32 Der junge König registrierte aber während der von preußischer Seite im Jahre 1715 aufgenommenen Kampfhandlungen im Großen Nordischen Krieg die Veränderungen in der Kriegführung aufmerksam und zeigte sich vor diesem Hintergrund offen für Neuerungen. Zum Beispiel hatten die mehrfachen Belagerungen Stralsunds auf ihn einen großen Eindruck gemacht, so dass professionell ausgestaltete Festungsanlagen in seinem militärischen Denken künftig einen hohen Rang einnahmen. Ermuntert durch den Fürsten von Anhalt-Dessau wurde der niederländische Ingenieur Gerhard Cornelius Walrave in preußische Dienste geholt, der Stettin, Magdeburg und Memel zu bedeutenden Festungen ausbaute.33 Friedrich Wilhelm I. war sowohl beim Kampf um Usedom im Frühjahr 1715 als auch bei der einige Monate später durchgeführten Belagerung Stralsunds und bei der Blockade von Wismar im Winter 1715/16 – wenn auch nicht durchgängig – persönlich zugegen. Obwohl zu Beginn seiner Regierungszeit angenommen wurde, »es werde der König selbsten die Mühe uber sich nehmen, seine Völcker anzuführen«, berichten die Quellen kaum etwas über Initiativen des Königs am direkten Kampfgeschehen.34 Vielmehr scheinen sich seine Aktivitäten, im Gegensatz etwa zu seinem schwedischen Standesgenossen und Widerpart, auf logistische �������������������������������������������������������������������

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Vorkehrungen oder auf Beförderungen verdienter Offiziere nach erfolgreichen Operationen konzentriert zu haben.35 In der Tat agierte Friedrich Wilhelm I. in der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges allenfalls als »roi sergeant«, kaum aber als »roi connetable«. In der Diktion der älteren Militärhistoriographie wäre er demnach »kein Heerführer, sondern ein Heeresschöpfer und -Erzieher« gewesen36 – aus dieser älteren Perspektive gewiss ein kleiner »Schönheitsfehler«, der aber durch seine beeindruckende Leistungsbilanz auf dem Gebiet der Heeresorganisation kompensiert wurde. Dem »größten inneren König« innerhalb des Staatsbildungsprozesses in preußischen Farben hat man den Heeresorganisator an die Seite gestellt. Auch während des Polnischen Thronfolgekrieges (1733–1735) beschränkte sich seine Rolle vornehmlich auf die eines Beobachters, als er sich im Sommer 1734 gemeinsam mit anderen Reichsfürsten im Hauptquartier des Prinzen Eugen von Savoyen am Oberrhein aufhielt. Seine dort eher passiv bleibende Rolle ist jedoch nicht primär seinem schlechter werdenden Gesundheitszustand zuzuschreiben, auch wenn in jenen Monaten wieder einmal bedenklich stimmende Entwicklungen zu erkennen waren.37 So erlitt der König nach dem Bericht seiner Ärzte Anfang August 1734 im Feldlager eine »porphyrische Attacke«, wohl mit bedingt durch psychischen Stress.38 Zudem schienen »der abwechselnde Regen und das stürmische Wetter, so bey dero Anwesenheit zu Wesel und bey deren Revuen zu Hamm und Bielefeld hernach auf den Rest der Rückreise einfielen, … dem bereits vorhandenen Zufällen gar nicht favorable zu seyn«.39 Die auffällige Zurückhaltung des Königs in den strategischen Planungen und Operationen während dieser Kriegsphase ist vornehmlich auf die veränderten Rahmenbedingungen der Kriegspraxis zurückzuführen, die vonseiten der älteren Militärgeschichtsschreibung abschätzig mit einer »Dürftigkeit der Kriegshandlung« gleichgesetzt worden ist.40 Nicht mehr große verlustreiche Schlachten und gezielte Verwüstungen des feindlichen Territoriums bildeten die Norm, sondern eine als »Manöver- und Kordonstrategie« bezeichnete Kriegführung versuchte sich auf kunstvolle Manöver, fließende Übergänge zu Aktionen des waffengemischten Detachements und Formen des Kleinen Krieges der leichten Truppen zu beschränken. Die Strategie »glich einem Schachspiel, in dem sich die Feldherren gegenseitig durch geschickte Züge auszumanövrie212

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ren, d. h. mattzusetzen suchten«.41 Und immer wichtiger wurden dabei logistische Anforderungen, also genau jenes Feld, dem auch Friedrich Wilhelm I. eine vergleichsweise große Aufmerksamkeit schenkte. Denn ob ein Feldzug erfolgreich verlief, hing »zuerst davon ab, ob es der Armeeführung gelang, das Heer zu verpflegen«.42 Dies wirft zugleich die im Folgenden etwas näher zu erörternde Frage auf, in welchem Grad der König als »Chef der Armee« selbst gestaltend bzw. gar ideenspendend tätig wurde. Bei unserer knappen Beschreibung des Militärsystems ist darauf hingewiesen worden, dass schon vor 1713 einige jener Strukturmerkmale in Ansätzen vorhanden waren, die dann während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. voll ausreifen sollten. Vor allem für die Sicherung des anwachsenden Personalbedarfs der Armee im Zusammenhang mit den Kriegen, in die Brandenburg-Preußen seit dem Ende der 1680er Jahre verwickelt war, mussten effektivere Lösungen gefunden werden. Schon in dieser Zeit wurden deshalb für die Rekrutierung des Mannschaftsbestandes der Regimenter sogenannte »Werbebezirke« etabliert, die in gewisser Weise die spätere Idee des Kantonsystems antizipierten.43 Auch die Möglichkeit der zeitweiligen Beurlaubung von Soldaten war schon geraume Zeit vor 1713 bekannt und ist vereinzelt zur Anwendung gekommen.44 Im zeitlichen Umfeld des Regierungswechsels blieb es zunächst bei dem eingespielten System. Eine erste grundlegende Veränderung zielte auf die Abschaffung der alten Landmiliz. Schon längere Zeit zuvor hatte es gegenüber dieser Einrichtung Vorbehalte gegeben, und dem ohnehin auf Klarheit und Eindeutigkeit von Kompetenzen und Befehlsstrukturen setzenden Kronprinzen Friedrich Wilhelm behagte das Nebeneinander der beiden Systeme nie, zumal er den militärischen Nutzen der Miliz geringschätzte. Und auch, dass die Rekrutierung der Angehörigen der Landmiliz »nicht in die Hand aktiver Offiziere, sondern der zivilen Ortsbeamten« gelegt wurde, dürfte ihr Ansehen in den Augen des auf mehr Professionalität setzenden Königs kaum befördert haben.45 Die Konkurrenz zwischen Landmiliz und stehendem Heer bei der Rekrutierung erklärte sich aber nicht zuletzt aus der in Brandenburg-Preußen stets angespannten demographischen Situation. Es ging darum, trotz der notwendigen Defensionsbemühungen der Landwirtschaft und dem städtischen Gewerbe nicht zuviele Männer zu entziehen. �������������������������������������������������������������������

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Verschiedentlich wurde deshalb schon im ausgehenden 17. und frühen 18. Jahrhundert nach Lösungen gesucht, um beiden Forderungen zu genügen. Es blieb allerdings zunächst nur bei Ansätzen. Die von den Ständen bereits in früheren Jahren deutlich kritisierte Zwangswerbung nahm angesichts der Rahmenbedingungen eines erhöhten Personalbedarfes im Verlauf des Spanischen Erbfolgekrieges wieder zu. Diese unbefriedigende Situation erklärt zugleich, warum es letztlich auch im Interesse der Stände liegen musste, die unberechenbare, von jähen Wendungen geprägte Werbungspraxis perspektivisch durch die Etablierung eines kalkulierbareren Rekrutierungssystems zu ersetzen. Und einen weiteren Aspekt gilt es zu beachten, der nicht nur bei Friedrich Wilhelm I. den Nutzen der Landmiliz fraglich erscheinen ließ: Allenthalben wurde die Sorge artikuliert, dass von den unter die Landmiliz gestellten Untertanen Gefahren für die ohnehin labile Ordnung in den Stadt- und Dorfgemeinden ausgehen könnten46, »absonderlich, wann [von] denen … undisciplinirten und weil sie unter eines anderen commando stehen, höchst widersetzliche Leute nicht der Zügel gelassen wird, … allerhandt excessus mit dem Gewehr, Ungehorsahm und Verdruß zu besorgen seind«.47 Somit verwunderte es kaum, dass zu den ersten Anordnungen Friedrich Wilhelms I. nach seinem Herrschaftsantritt die Abschaffung dieser Miliz und – einige Jahre später – sogar das Verbot des offiziellen Gebrauchs des Wortes »Land-Militz« zählte.48 Ein für alle Mal wollte der König die Erinnerung an diese Institution tilgen und künftig allein den Regiments- und Kompaniechefs die Zuständigkeit für die Rekrutierung überlassen. Gleichwohl schien auch Friedrich Wilhelm I. nicht umhinzukommen, ergänzende Ressourcen zur regulären Armee zu akquirieren. Im Zusammenhang mit den sich Ende der 1720er Jahre verschärfenden politischen Spannungen mit Kurhannover wurde zum Beispiel über umfangreiche Vorkehrungen berichtet, damit »die Unterthanen in allen Königlichen Preußischen Landen gar starck im Gewehr erscheinen können, wann es der Nothfall erfordern solte«.49

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Die Werbeexzesse Doch auch die Beseitigung der in den Augen des neuen Königs überflüssigen Landmiliz hat freilich nicht jene Widersprüche auflösen können, die sich aus dem Bemühen, eine schlagkräftige Armee zu etablieren, und der knappen demographisch-wirtschaftlichen Ressourcenlage des Staates ergaben. Insbesondere entzündete sich die Kritik in Stadt und Land an der zum Teil exzessiven Werbungspraxis der Armee.50 Es handelte sich dabei nicht nur und nicht vorrangig um Beschwerden von Bürgermeistern, Dorfschulzen oder Privatpersonen. Diese hätte der König vielleicht noch, wie bei Monita zu anderen Themen, ignorieren und als ungebührliches »Raisonnieren« abtun können. Hier waren es aber häufig die ständischen Repräsentanten, die ihre Sorgen gegenüber den zuständigen Behörden wie auch dem König persönlich zur Sprache brachten.51 Und wie bereits gezeigt worden ist, nahm Friedrich Wilhelm I. ungeachtet seines als »absolutistisch« beschriebenen Politikstils sehr wohl Rücksichten auf die ständischen Interessen – besonders dann, wenn mit dem »bonum commune« argumentiert wurde. So hatten die kurmärkischen Stände schon in ihren Gravamina anlässlich des Thronwechsels von 1713 ihre Klagen über die Werbungspraxis vorgetragen.52 Der König begegnete der Beschwerde am 22. April 1713 zwar mit dem Hinweis, die bisher erlassenen Verordnungen würden »jedermann die Ursache zu klagen nehmen«53, doch die Ständevertreter wollten sich mit dieser Zusicherung nicht begnügen. Vier Tage später berieten sie erneut zu dem Thema und richteten an den König ihre Bitte, dass »die Verordnung, so wegen der Werbung und Recrutierung ergangen, dem Lande communiciret und kundt gemacht werden« solle.54 Zwar wurde in den ersten Wochen und Monaten nach dem Regierungswechsel eine Reihe von Verordnungen erlassen, die den beklagten Übergriffen und Kompetenzüberschreitungen der mit der Anwerbung von Soldaten betrauten Offiziere Einhalt gebieten sollten. So hielt etwa ein »Werbungs-Patent« vom 22. Juni 1713 die Regimenter an, dass die Werbung ihrer Soldaten »nicht weiter als seine Stand-Quartiere sich erstrecken« solle.55 Dennoch waren die Zweifel der Ständevertreter nicht unbegründet. Sie beriefen sich auf konkrete Erfahrungen, dass sich die �������������������������������������������������������������������

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gegen jene Bestimmungen verstoßenden Militärs mit Unkenntnis herausredeten. Auch im militärischen Metier, in dem eigentlich ein hohes Maß an Promptheit und Stringenz bei der Umsetzung landesherrlicher Weisungen erwartet wurde, war administrativer Vollzug letztlich immer an die entsprechenden informellen und kommunikativen Voraussetzungen gebunden. Der im Zusammenhang mit der personellen Aufstockung der Armee zunehmende Druck führte schon wenige Monate nach dem Thronwechsel dazu, dass sich junge Männer der Enrollierung vermehrt zu entziehen suchten. Das zur Unterbindung dieser Landflucht erlassene Edikt vom 17. Oktober 1713 wartete mit hohen Strafen gegen die entschwundenen Enrollierten bzw. gegen all diejenigen auf, die dem Treiben Vorschub leisteten.56 Aus dem Wortlaut des Edikts erhellt gleichwohl, dass es sich hier um keine neuen restriktiven Maßnahmen handelte. Vielmehr berief sich Friedrich Wilhelm I. auf entsprechende Edikte seines Vaters und Vorgängers. Wohl aber wurden die Bestimmungen jetzt konsequenter umgesetzt, da die Regimentskommandeure angehalten waren, ihre Einheiten entsprechend aufzufüllen. Auch in diesem Bereich, in dem der König glaubte, besonders dezidiert nach eigenen Vorstellungen verfahren zu können, zeigten sich alsbald die Grenzen des Möglichen. So hatten die permanenten Klagen über die Werbungspraxis und die damit in Verbindung stehende Gefahr einer starken Abwanderung von jungen Arbeitskräften und einer daraus resultierenden Schwächung der Wirtschaftskraft des Landes zu einem gewissen Einlenken geführt. Denn sowohl die den sich der Rekrutierung entziehenden Männern angedrohten Strafen als auch die Gewährung eines zeitlich befristeten Strafnachlasses bei rechtzeitiger Rückkehr in das Land zeitigten zunächst nicht den erhofften Effekt. Am 9. Mai 1714 wurde deshalb das Edikt über »die Aufhebung der gewalthsamen Werbung« erlassen, was dem Land zumindest eine gewisse Verschnaufpause bescheren sollte. Zwar sparte der Monarch ähnlich wie in früheren Verordnungen nicht mit Vorhaltungen gegenüber der »jungen Mannschafft«, die außer Landes ging »theils aus unanständiger Zaghafftigkeit, theils aus Bosheit und Ungehorsam gegen ihren Souverain und Landes-Herrn, welchem sie doch nach ihrer natürlichen Geburt und des höchsten Gottes eigener Ordnung und Befehl, mit Guht und Blut zu dienen schuldig und 216

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verpflichtet« seien. Nichtsdestotrotz sicherte er in diesem Edikt gleichzeitig zu, dass ab dem 1. Juni »alle fernere Werbung eingestellet seyn« solle.57 Die veränderte Praxis war vermutlich auch dem Umstand geschuldet, dass die vom König gewünschte Truppenstärke vorerst erreicht worden war; zudem richtete sich die Aufmerksamkeit in den nächsten Jahren stärker auf die Auslandswerbung.58 Vor allem das Edikt vom 26. Februar 1721 zielte auf die stärkere Wahrnehmung der »Rekrutierung in auswärtigen Landen«.59 Tatsächlich gingen in der Folgezeit die Desertionen zurück. Lagen diese 1717 noch bei 1.593, sank ihre Zahl bis 1725 auf 404.60 Da es jedoch den Personalbedarf der Armee kontinuierlich zu decken galt, blieben die mit den Werbungen verbundenen Probleme bestehen. Bedacht werden muss dabei, dass die Kompaniechefs selbst unter Druck standen, ihre Einheiten nicht nur in der Sollstärke, sondern auch in guter Qualität dem König beim Exerzieren vorführen zu müssen. Exemplarisch sei hier nur die im Februar 1718 artikulierte Sorge eines im Nordwesten der Mark Brandenburg mit seiner Kompanie in Garnison stehenden Capitains angeführt, der beklagte, »daß ich wider mein verschulden der einzige Capitain vom gantzen Regiment bin, dem nicht der Wille, sondern die gelegenheit benommen, seine Compagnie E.K.M. Allergnäd. Intention gemäß ausbessern zu können«. Er bat deshalb darum, »mir wenigstens zu vergönnen, daß in der Gegend Perleberg und Lenzen nur einen bloßen unteroffizier halten dörffe, umb freywillige Leute vor considerabeles Handgeld, welches nicht ersparet werden soll, anzuwerben, in dem ich E.K.M. der einsten nicht gerne die schlechste Compagnie vorführen dörffe«.61 Einen Sonderfall stellten die in ihrer öffentlichen Wirkung weit über das Königreich Preußen hinaus nicht zu vernachlässigenden Troublen in der Universitätsstadt Halle (Saale) dar – ein Konflikt, der auch den König persönlich umtrieb. Die vor allem in den 1720er Jahren immer wieder gewaltsam ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen den Studenten der Hallenser Alma Mater und den Soldaten der Garnison, an deren Spitze kein geringerer als der Fürst Leopold von Anhalt-Dessau stand, avancierten zu einem Politikum ersten Ranges.62 Schließlich zielten die versuchten Zwangsrekrutierungen auch auf Studenten nichtpreußischer Reichsterritorien und anderer europäischer Staaten. Der König ergriff �������������������������������������������������������������������

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dabei zwar zumeist Partei für seinen Generalfeldmarschall, zeigte sich aber letztlich erleichtert über die Nachricht, dass »die Studenten sich wieder besänftigen« ließen.63 Eine Entschärfung des Konflikts versuchte Friedrich Wilhelm I. auch dadurch herbeizuführen, indem er den sich freiwillig zu einem zeitweiligen Dienst als Unteroffizier im Regiment des Alten Dessauers verpflichtenden Studenten anbieten ließ, dass sie später »zu Militär- als Civilbedienungen … employiret werden und allen anderen vorgezogen werden sollten«. Einen gewissen Einfluss dürfte zudem die persönliche Annäherung zwischen Leopold von Anhalt-Dessau als dem Hallenser Garnisonskommandanten und August Hermann Francke gespielt haben. Lange Zeit hatte der »Alte Dessauer« geglaubt, die pietistische Bewegung im Hintergrund der studentischen Tumulte ausmachen zu können. Schließlich hielt Francke für ihn und sein Regiment Predigten, die den Konflikt etwas entschärften.64 Allerdings schwelten die Spannungen weiter, so dass es auch in den folgenden Jahren immer wieder zu Eskalationen kommen konnte. Der König unterstellte dabei der Universität mitunter, eine Mitschuld an den Tumulten zu tragen, da sie seiner Auffassung nach Leute immatrikuliere, die noch gar »nicht reif« für das Studium seien, sie dadurch aber der Werbung entziehe.65 So hatte sich die Lage in den preußischen Landen zwar etwas beruhigt, doch kam es nun immer häufiger zu Auseinandersetzungen mit anderen Reichsterritorien wegen der auch dort teilweise gewaltsam betriebenen Werbepraxis.66 Da die Aufstockung seiner Truppen für den König eine Herzensangelegenheit darstellte, überließ er die Behandlung dieser Konflikte nicht seinen Amtsträgern und Regimentskommandeuren, sondern schaltete sich immer wieder selbst ein. Ein Unrechtsbewusstsein angesichts der Übergriffe und des vehementen Protests der betroffenen Reichsstände plagte den König offensichtlich nicht. Als es 1729 mit Kurhannover zu »schwehre[n] Differentzien« wegen der Arretierung seiner werbenden Offiziere und Soldaten gekommen war, vertrat Friedrich Wilhelm I. gegenüber dem Herzog August Wilhelm von Braunschweig-Wolfenbüttel die Ansicht, dass das Vorgehen gegen seine Militärs nicht in Übereinstimmung mit der »Reichs-Constitution« stünde. Er sehe sich deshalb »auf das empfindlichste beleydiget«.67 Die auch in anderen Reichsterritorien immer wieder zu beobachtende Maßregelung oder gar gerichtliche Verfolgung und Arretierung seiner Werbeoffiziere nahm er 218

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persönlich und reagierte darauf nicht selten mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Repräsentanten der jeweiligen Staaten. Den im Jahre 1727 gegen einen preußischen Werbeoffizier in Dresden beginnenden Prozess nahm Friedrich Wilhelm I. beispielsweise zum Anlass, den kursächsischen Gesandten Ulrich von Suhm mit Repressalien zu bedrohen, so dass dieser es vorzog, Preußen fluchtartig zu verlassen und erst nach der Harmonisierung der Beziehungen zu Kursachsen wieder zurückzukehren.68 Weil man kürzlich auf den polnischen »Land- und Reichstagen wieder S.K.M. und deren Werbung so viel unanständiges Geschrey gemachet«, wurde die neumärkische Kriegs- und Domänenkammer am 7. November 1733 angewiesen, den polnischen Woiwoden »keine retraite zu verstatten«, denn durch »dergleichen aufführung [habe man] sich keine Königl. Gnade« verdient.69 Angesichts der im Zuge jener Auslandswerbungen auftretenden Probleme erwartete der preußische König von seinen diplomatischen Vertretern in den deutschen Fürstenresidenzen und Reichsstädten mehr Unterstützung bei den Werbungen und ließ eine entsprechende »Circular-Ordre« erarbeiten und an die für die Außenpolitik zuständigen Kabinettsminister versenden. Demzufolge habe er missfällig bemerkt, »daß dero Gesandten und Residenten an denen auswärtigen Höfen dero officiers in Werbungs Sachen nicht allemahl hülfliche Hand geleistet«, und erwartete hier künftig ein größeres und professionelleres Engagement.70 Im besonderen Maße hatten die mecklenburgischen Herzogtümer solche Übergriffe zu erleiden.71 Die infolge des lang andauernden Ständekampfes ohnehin politisch instabile Lage und die nur geringen Möglichkeiten, sich gegen die Zumutungen zu wehren, machten das Herzogtum Mecklenburg-Schwerin zu einem leichten Opfer für die preußischen Zwangswerbungen, die – ausgeführt von bis zu 50 Mann zählenden Kommandos – weit in das Landesinnere reichen konnten. Vereinzelt war es hier auch schon vor 1713 zu Übergriffen gekommen – vor allem die mecklenburgischen Enklaven im Norden der Mark Brandenburg lagen im Visier der Werbekommandos –, doch mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. nahmen sie noch ganz andere Formen an. Der mecklenburg-schwerinische Herzog Carl Leopold hatte gelegentlich selbst, um sich der Hilfe des preußischen Königs gegen seine renitente Ritterschaft zu versichern, diesem die Werbung groß gewachsener Leu�������������������������������������������������������������������

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te für sein Königsregiment gestattet. Auch unterstützten einige der während des Ständekampfes aus Mecklenburg-Schwerin geflohenen Adligen die preußischen Werbungen von ihren zeitweiligen brandenburgischen und pommerschen Aufenthaltsorten aus. Ein mecklenburgischer Beamter klagte 1718, dass es »hier … also zu[gehet], daß weder die Herren, noch die Knechte, weder die hochfürstlichen Administratoren, noch ihre Leute und Bauern nunmehr des Nachts in ihren Betten sicher sind, und was nicht von den Königlich preußischen Werbern geschieht, das geschieht von unserem mecklenburgischen nach Pommern geflüchteten Adel«.72 Etliche jener umstrittenen Aktionen wurden vom König persönlich angeordnet oder zumindest toleriert. So erteilte er zum Beispiel auf Bitten des Husarenrittmeisters v. Zülow am 6. Oktober 1739 den Befehl, »zur Ausführung eines Anschlags auf zwei lange Kerls ein Kommando von 1 Unteroffizier und 50 Husaren nach Parchim in Mecklenburg« zu entsenden.73 Gerade das Wissen um das persönliche Engagement Friedrich Wilhelms I. in diesen Vorgängen dürfte die mecklenburgische Regierung letztlich immer wieder zum Einlenken bewogen und die Zumutungen ertragen lassen haben. So riet etwa ein hoher mecklenburgischer Amtsträger seinem Herzog zur Nachgiebigkeit, »da man der Verdrießlichkeiten genug auf dem Halse habe«, und fügte die eher rhetorisch zu verstehende Frage an, ob man »dieser Kleinigkeit wegen sich mit dem Könige brouilliren wolle«.74 Ebenso galt das benachbarte Herzogtum Mecklenburg-Strelitz als beliebtes Aktionsgebiet preußischer Werbekommandos. Sie bedienten sich dabei erpresserischer Methoden, die häufig die Rückendeckung Friedrich Wilhelms I. fanden, wie der folgende Vorfall belegt: Zunächst glaubte der mecklenburg-strelitzische Herzog Adolf Friedrich III. 1729 noch, den preußischen König persönlich dazu bewegen zu können, einem seiner Offiziere, dem Obristen v. Waldow, Einhalt zu gebieten. Dieser hatte etliche Pferde und Wagen einiger aus Mecklenburg-Strelitz stammender Untertanen im uckermärkischen Prenzlau beschlagnahmen lassen. Der Herzog hoffte, mit Friedrich Wilhelm I. als einem Angehörigen des Reichsfürstenstandes die Probleme auf höchster Ebene und Augenhöhe klären zu können. Bestürzt musste er nach Erhalt der Antwort des preußischen Königs allerdings vernehmen, dass das harte Vorgehen gegen seine Untertanen auf sein Geheiß hin erfolgt sei. Nun gab auch Adolf 220

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Friedrich III. die bisher geübte Zurückhaltung auf. Er hätte sich »nicht vorstellen können«, dass Friedrich Wilhelm I. dieses »im Römischen Reich ungewöhnliches und von E.K.M. als einem hohen Directore im Nieder-Sächsischen Creyse nicht zu vermuhtendes hartes Verfahren gegen meine Landes-Eingesessene wieder alles Verschulden … verhängen sollten«. Den Hintergrund jener von preußischer Seite forcierten Exzesse bildete die Flucht von Soldaten aus ihren Einheiten, die zuvor zwangsweise in Mecklenburg-Strelitz geworben worden waren. Entschuldigend wies der Herzog aber Friedrich Wilhelm I. darauf hin, dass »bereits einige 100 Mann aus meinen kleinen Landen sowohl mit Gewalt als mit meiner Genehmhaltung … in der Güte zu E.K.M. Diensten angeworben worden«. Schließlich habe er bisher auch bei der Verfolgung von Deserteuren Unterstützung gewährt. Genutzt hat es ihm freilich nichts.75 Diese angesichts des erlittenen Ungemachs fast schon als devot zu bezeichnende Haltung kleiner Reichsfürsten gegenüber dem preußischen König begegnet uns immer wieder in den Quellen. Sie rühmten sich oftmals der guten Kontakte zu ihm und boten des Öfteren sogar von sich aus Soldaten an. Graf Anton von Oldenburg kündigte Friedrich Wilhelm I. am 14. Dezember 1720 an, dessen Leutnant v. Schertwitz bei seinen Werbungen in Oldenburg bereitwillig zu unterstützen. Er werde »diejenigen« unter seinen Untertanen, »so bereits lust haben, nicht allein gern und willig ausfolgen lassen, sondern auch andere, die noch nicht viel lust bezeigen, so viel [ihm] möglich, dahin zu persuadieren trachten, daß sie unter dero weltberuhmtes GrenadierBattaillon sich begeben möchten«.76 Die Gräfin Franziska Charlotte von Bentheim, die dem König 1730 »einen langen Kerl schenken« wollte, hatte sogar vorsorglich Informationen beigesteuert, wie der Transport über Tecklenburg nach Bielefeld organisiert werden könne, dass »kein Unglück geschieht« und »der Kerl auch keine Nachricht davon bekömbt«.77 Und im Januar 1723 war es dem Prinzen Wilhelm Heinrich von Sachsen-Eisenach eine besondere Ehre, dem preußischen König mitzuteilen, dass er »zwei große Kerle für Dero Leib Bataillon« erhalten habe. Diese werde er so lange bei sich behalten, »bis bey meiner, Gott gebe, baldigen Hinkunfft, E.K.M. [sie] in person unterthänigst zu überreichen, ich die gnade haben werde«.78 Im Reich war bekannt, dass durch die Bereitstellung von ausgesuchten Rekruten für das sogenannte »Königsregiment« eine besondere �������������������������������������������������������������������

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Wirkung bei Friedrich Wilhelm I. erzielt werden konnte. Der pfälzische Kurfürst Karl Philipp stellte in den Jahren 1733/34 Soldaten seiner Schweizer Leibgarde zur großen Freude des preußischen Königs dem Potsdamer Eliteregiment zur Verfügung.79 Zudem konnte man auf politisches Wohlverhalten auf den verschiedenen »Baustellen« der Reichspolitik oder auf diverse materielle Gegenleistungen hoffen, die in der Hochadelsgesellschaft üblich waren. So wurden zum Beispiel im Juni 1734 dem Herzog Ernst August I. von Sachsen-Weimar die vom Hofmaler Friedrich Wilhelm Weidemann gemalten Porträts Friedrich Wilhelms I. und Sophie Dorotheas übersandt.80 In einigen Fällen belohnte der preußische König die Möglichkeit zur Anwerbung von Rekruten mit der Vergabe des Ordens »de la générosité«.81 Gelegentlich versuchte man die bekannte Affinität des preußischen Königs für groß gewachsene Soldaten in außenpolitische Planspiele einzubinden. Um ihn zum Beispiel 1733 für eine erneute wettinische Thronfolge in Polen zu gewinnen, wurde in Dresden und Wien erwogen, ihm ein Bataillon des Großen Grenadierregiments Rutowski zu schenken.82 Als aufschlussreich erweist sich die Erwartungshaltung Friedrich Wilhelms I. gegenüber anderen Reichsfürsten, ihm die Werbung von Rekruten vor allem für sein Königsregiment in ihren Territorien zu gestatten oder solche von sich aus zur Verfügung zu stellen. Er erblickte darin nichts Unziemliches oder gar einen Rechtsbruch, schließlich bezahlte er für diese Leute ein stattliches Handgeld. Anlässlich von preußischen Werbungen im Bistum Eichstätt gab der König dem Grafen Seckendorff einen Einblick in seine Denkweise: Demnach »verlange ich ja nicht vom Bischof oder anderen Fürsten« die Bereitschaft zu solchen Werbungen als »Schuldigkeit, denn ich wohl weiß, daß sie mir nichts zu thun schuldig sind, sondern ich halte es für eine pure Höflichkeit und Plaisir, so sie mir erweisen«. Er würde sich, »wenn derselbe gleiche Höfflichkeit und Courteosie wegen meiner Werbung erweiset«, im Gegenzug gegebenenfalls erkenntlich zeigen und dem Standesgenossen zum Beispiel »Pferde, hier und da einen guten Manufacturier« überlassen.83 Seiner Auffassung nach hatten also die innerhalb des Reichsfürstenstandes üblichen Gepflogenheiten, wozu eben die Gewährung großzügiger Gefälligkeiten gehörte, auch bei der Werbungspraxis Anwendung zu finden. Die exemplarisch angeführten, mitunter auch ungefragt erfolgenden Angebote 222

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verschiedener Reichfürsten bestärkten ihn zusätzlich in seiner Erwartungshaltung. Doch ungeachtet jener – nicht selten wohl eher der Not gehorchenden als uneigennützigen Motiven folgenden – vermeintlichen Bereitwilligkeit der Betroffenen bedeuteten die vielen Übergriffe einen nicht zu unterschätzenden Imageverlust für Preußen unter den Reichsständen, denn neben den unmittelbaren »kleinen« Nachbarn waren auch andere Reichsterritorien von solchen Eingriffen betroffen. Diese nahmen vermehrt das Reich mit seinen Institutionen, vornehmlich den Reichshofrat als eines der beiden höchsten Reichsgerichte, in Anspruch, um wenigstens einen Teil ihrer Interessen durchzusetzen. Hier soll nur stellvertretend das Vorgehen der Reichsstadt Dortmund vorgestellt werden, die sich Mitte der 1720er Jahre beim Reichshofrat gegen die Bedrückungen der preußischen Werbekommandos wehrte. Immer wieder war es zur gewaltsamen Mitnahme von Untertanen aus Dortmund und der zur Stadt gehörenden Erbgrafschaft gekommen, doch hatten die bisherigen Beschwerden nicht viel genutzt, da von preußischer Seite argumentiert wurde, dass die betreffenden Untertanen sich freiwillig in preußische Dienste begeben hätten. Die Stadt, laut der die Diensteide nachweislich unter Druck geleistet worden seien, klagte dem Kaiser, dass die preußischen Soldaten »tags als nachts in hiesiger Grafschafft« kämen und »mit gewalt in die häuser« fielen. Dabei würden sich die Werber übler Tricks bedienen: Die Wege seien »im Dortmundischen vor dieselbe länger nicht mehr sicher, gestalt in weißen Kitteln und BauerKleider verkleidet, auf öffentlicher landstraße die Knechte und diener, so bey hiesiger Bürger und Eingesessene wohnen, mit gewalt anfallen und wegzunehmen trachten«. Daraus erwüchsen, so argumentierten die Repräsentanten der Stadt, große Nachteile für die heimische Wirtschaft, da man Schwierigkeiten habe, junge Männer als Lehrjungen oder Knechte zu gewinnen, und es auch fraglich sei, ob die »Studiosi in hiesigem Archi Gymnasio sicher sein konnen«. Wenn keine Besserung eintrete, müsse »nothwendig diese Stadt zum ruin gehen und incapabel werden«. Inzwischen war es zur Gegenwehr gekommen; einige Eingesessene hatten das Werbekommando mit »flinten, gabeln und anderen gewehr« angegriffen. Der preußische König musste – über den Anlass der Werbeexzesse hinweggehend – nach Bekanntwerden der gegen ihn beim Wiener Reichshofrat erhobenen �������������������������������������������������������������������

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Klagen ungnädig zur Kenntnis nehmen, dass die Stadt Dortmund »wieder mich zu queruliren Anlaß genommen«.84 Zusätzliches Ungemach brachten die im Verlauf des Polnischen Thronfolgekrieges (1733–1735) entstandenen Troublen wegen der preußischen Hilfstruppen, die an der Seite des Kaisers gegen Frankreich am Oberrhein in Stellung gingen.85 Hier hatten sich die Beschwerden der von Truppendurchmärschen betroffenen Territorien gehäuft, wie etwa der Kurpfalz, der Bistümer Paderborn, Münster und Osnabrück sowie einiger Reichsstädte. Jene Territorien führten vor dem Kaiser beredte Klage über die bei den Einquartierungen entstandenen »Unordnungen, muthwilligen Totschlägen, gewaltthätigen Gelderpressungen, Wegschleppung der Unterthanen«, so dass das Reichsoberhaupt sich in einem Handschreiben an den preußischen König am 17. November 1734 veranlasst sah, ihn »freund-, oheim- und brüderlich« zu bitten, die gegen die Reichssatzungen verstoßenden Handlungen seiner Truppen abzustellen und die erpressten Gelder und verschleppten Untertanen herauszugeben.86 Allerdings wird man sich auch bei diesem sensiblen Thema davor hüten müssen, ein allzu holzschnittartiges Bild zu zeichnen. Abgesehen von den kaum zu bestreitenden Übergriffen und einzelnen menschlichen Tragödien ist der persönliche Anteil des Königs nicht immer genau bestimmbar. Er selbst hat des Öfteren bestritten, den Werbeoffizieren einen »Freibrief« für ihre drakonische Vorgehensweise gegeben zu haben. Diese wiederum verteidigten sich gegen solcherlei Vorhaltungen mit dem Argument, dass sich die geworbenen Männer zunächst freiwillig in preußische Dienste begeben und es sich danach anders überlegt hätten. Das Verhalten des Königs erwies sich nachweislich der überlieferten Einzelfälle als höchst widersprüchlich. Einerseits bestand er zwecks Auffüllung und Verstärkung seiner Regimenter auf der Rekrutenwerbung im Ausland und drängte seine Werbeoffiziere, ihr »Soll« zu erfüllen.87 Andererseits war er nicht darauf erpicht, in zermürbende und lang andauernde Konflikte zu geraten und derentwegen einen dauerhaften Ansehensverlust im Reich in Kauf zu nehmen. Deshalb ermahnte er die auswärtigen Gesandten in der erwähnten Ordre vom 20. Dezember 1732, die Werbeoffiziere nur in solchen Fällen zu unterstützen, wenn »die Leute nicht mit gewalt, als welches Sie auf das schärffste verbothen, sondern mit erlaubten Mitteln angeworben« würden.88 Und auch seine Reaktion auf einen 224

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James Kirkland aus Irland, Grenadier des Roten Leibbataillons. Gemälde von Johann Christof Merk, um 1720.

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Bericht über die im Januar 1735 durch einige Bauern herbeigeführte gewaltsame Befreiung eines Rekruten während einer außerhalb Preußens durchgeführten Werbung des Regiments von Anhalt deutet ein differenziertes Vorgehen an. Eine solche Aktion hätte der König innerhalb seines Territoriums mit aller Härte zu ahnden gewusst, jedoch »ist es auf fremdem Territorio geschehen, und stehet dahin, wie die Anwerbung des Kerls gewesen«. Er werde »die Sache zu redressiren wissen«, wenn auch subtiler.89 Vorrangig bei der Anwerbung von »Langen Kerls«, aber auch bei Truppendurchzügen scheint Friedrich Wilhelm I. den damit beauftragten Offizieren ein wesentlich zurückhaltenderes Vorgehen nahegelegt zu haben als in anderen Fällen. Dies galt insbesondere für solche Reichsterritorien, deren Fürsten sich ansonsten dem preußischen König gegenüber kooperationsbereit zeigten. So war etwa dem General Erhard Ernst von Roeder im Mai 1734 die Anweisung gegeben worden, das Herzogtum Sachsen-Weimar beim Truppendurchmarsch möglichst glimpflich zu behandeln.90 Für eine von Fall zu Fall geübte disziplinarische Bestrafung der ihre Befugnisse zu weit ausdehnenden Werbeoffiziere spräche auch die Beobachtung eines Zeitgenossen, der »einen Grafen Dohna … in Wesel auf Festung gesehen« zu haben berichtete, wo er wegen gewaltsamer Werbung interniert gewesen sei.91 Zudem darf nicht übersehen werden, dass ein Teil der Rekruten in der Tat auf freiwilliger Basis in die Dienste des preußischen Königs trat. Vor allem übte das Königsregiment eine gewisse Anziehungskraft aus, und auch Familienangehörige der bereits hier dienenden Militärs machten »Werbung« für einen Eintritt in die Eliteeinheit. So teilte die Ehefrau eines Grenadiers im Königsregiment ihrem Mann im Juli 1729 mit, dass in Ostfriesland »zehn bis zwölf lange Kerls wären, die Lust auf Anwerbung im Königsregiment hätten«. Der König wies daraufhin einen seiner Werbeoffiziere an, dorthin zu reisen und den Wahrheitsgehalt der Mitteilung zu prüfen.92 Noch in einer der an seinem Todestag erteilten letzten Kabinettsordren zeigte sich Friedrich Wilhelm I. darüber erfreut, dass die fränkische Reichsritterschaft seine Werbungen »favorisieren will«. Um diese Bereitschaft auf keinen Fall aufs Spiel zu setzen, trug er den Werbeoffizieren auf, dabei jegliche Exzesse zu vermeiden.93 226

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Suche nach Alternativen. Auf dem Weg zum Kantonreglement Obgleich nun innerhalb Preußens die gewaltsamen Werbungen zurückgegangen waren und eine zeitweilige Beruhigung eingesetzt hatte, konnten die im ersten Regierungsjahr gegebenen Anordnungen allenfalls den Druck auf die städtischen und dörflichen Gesellschaften etwas reduzieren und ihnen eine gewisse Verschnaufpause verschaffen. Doch die weitere Heeresverstärkung – bis 1725 erhöhte sich der Mannschaftsbestand auf bereits 64.000 Mann – führte dazu, dass die Rekrutierung nach wie vor als eine große Belastung empfunden wurde. Immer wieder erhoben die Ständerepräsentanten ihre warnende Stimme und wiesen, wie etwa der Engere Ausschuss der Magdeburgischen Provinz im August 1719, auf den notorischen »Mangel tüchtiger Arbeiter, die die Furcht vor der Werbung theils aus dem Lande behält, theils schon daraus getrieben«, hin.94 In eine ähnliche Richtung zielte das Schreiben der Bürgermeister und Räte der Städte Königsberg (Preußen) vom 2. September 1718. Sie rühmten zwar zunächst die Bemühungen des Königs zum »Aufwachs des hiesigen Commercii«. Jedoch sei die Freude darüber »einiger maaßen gestöret«, da immer wieder »einige bey dem Handel gar nöhtige und unentbehrliche Personen« rekrutiert worden seien, »wodurch dann nichts anderes als der unfehlbare Abfall des Commercii … erfolgen müste«. Man richtete deshalb an ihn die dringende Bitte, die Städte »mächtigst zu schützen und nimmermehr zu gestatten, daß durch Aufhebung der bey dem Commercio so nöthigen Personen die Kaufmannschafft und das Commercium gestöret … werden möge«. Friedrich Wilhelm ließ in seiner Antwort erkennen, dass er den zuständigen Regimentskommandeur anweisen werde, »die desordres« zu »redressieren«.95 Dass man solche Kritik nicht unterschätzen durfte, belegen Eskalationen wie der sogenannte »Märkische Aufstand« von 1720 in den westfälischen Landen des Gesamtstaates, als die Werbekommandos bei der Rekrutierung von Inländern in einigen Ämtern »mit einer Brutalität [verfuhren], die auch in Preußen in der Phase vor Einrichtung des Kantonsystems jedes zeitübliche Maß an Rücksichtslosigkeit übertraf«.96 Der Konflikt gewann in erster Linie deshalb an Brisanz, weil die Rekrutierungskommandos die traditionell für etliche Handwerksberufe bestehen�������������������������������������������������������������������

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den Exemtionen vom Militärdienst missachtet hatten, was zum Teil zu verheerenden Folgen für den gewerblichen Sektor in dieser Region führte. Demzufolge lag es nahe, jene Ansätze weiterzuverfolgen, mit denen man schon vor 1713 versucht hatte, das Interesse der Militärführung an einer möglichst intensiven und umfassenden Aushebung der Regimenter mit den Bedürfnissen der Wirtschaft in Einklang zu bringen. Friedrich Wilhelm I. war sich des existenziell wichtigen Zusammenhangs zwischen einem maßvollen Rekrutierungssystem und einer ausreichenden »Peuplierung« des Landes zur Aufrechterhaltung und Steigerung seiner Wirtschaftskraft durchaus bewusst, denn »ein Landt sonder Manifactuhren ist ein menschlicher Körper sonder Lehben, ergo ein totes Landt«.97 Dieses Verständnis schlug sich in mehreren Einzelentscheidungen des Königs nieder. So berichtete der in der Altmark dienende preußische Capitain v. Calnein am 30. August 1718 resigniert über seine Bemühungen, seine Kompanie personell aufzubessern. Da »mir einige schöne Leuthe alhier in der Gegend von Meinem quartier bewusst, ich aber mit guttem daselbst nicht habhaft werden können, weil nach dem Reglement mich nicht unterstehen dürffen, Gewalt gegen selbige zu gebrauchen«, bat er den König, eine Ordre an die hiesigen Landräte zu erteilen, »daß mir selbige leuthe gelieffert würden«. Friedrich Wilhelm I. befürwortete zwar den Vorschlag seines Offiziers, mahnte aber zugleich in seiner Marginalie: »Man soll keinen von gesessen an nehmen, die ein Handbreit erde … haben«.98 Exemplarisch scheint hier die Sorge des Königs dafür auf, trotz der von ihm mit so viel Verve betriebenen Verstärkung des Heeres nicht die wirtschaftliche Basis zu schwächen. Das für die nächsten Jahre charakteristische Changieren zwischen Auslands- und Inlandswerbung verdeutlichte die Unsicherheiten, boten beide Rekrutierungsformen doch Vor- und Nachteile gleichermaßen. Die strukturellen Defizite im Militärsystem waren allzu offensichtlich, so dass in mittelfristiger Sicht Abhilfe geschaffen werden musste. Einen wichtigen Zwischenschritt bildete das sogenannte Beurlaubungswesen.99 Demnach konnte der Sohn der auf einer Feuerstelle angesessenen Familie nach der Ausbildungszeit zu ihr zurückkehren und ihr als Arbeitskraft zur Verfügung stehen, lediglich unterbrochen durch die jährlich abzuleistende zwei- bis dreimonatige Präsenz in der Garnison. Mit dieser Materie hat sich Friedrich Wilhelm I. nachweislich der Quellen immer 228

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wieder auch persönlich intensiv befasst. Das sich nunmehr etablierende Beurlaubungswesen zahlte sich aus und führte zu einem deutlichen Rückgang der Desertionen.100 Der Durchbruch gelang dann unter maßgeblicher Mitwirkung des Königs im Jahre 1733, als den Regimentern fest umrissene Werbebezirke, die »Kantone«, zugeteilt wurden.101 Sie umfassten in den mittleren und östlichen Provinzen 5.000 bis 6.000 und in den westlichen Territorien – aufgrund der dort größeren Bevölkerungsdichte – 7.000 bis 8.000 Feuerstellen.102 Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, bleibt indes festzuhalten, dass die auf das eingeführte Kantonsystem hinauslaufende Entwicklung keinesfalls als ein linear vonstattengehender und zielgerichteter Prozess anzusehen ist. Auch für den Militärbereich sind jene abwägenden Beobachtungen zur Kenntnis zu nehmen, die schon für das Verwaltungshandeln im zivilen Bereich erörtert wurden. Denn selbst in einer solchen auf Effizienz und Rationalität getrimmten Institution wie der Armee sind ein Eigenleben und separate Interessen der Autoritäten »vor Ort« – in diesem Falle vor allem der Regimentschefs, der Land- und Steuerräte sowie der Rittergutsbesitzer und der städtischen Magistrate – in Rechnung zu stellen. Zwar ist durchaus im Zuge der Professionalisierung des Rekrutierungssystems eine engere Verwobenheit militärischer und ziviler Entscheidungsträger zu registrieren103, allerdings blieben auch künftig Dissonanzen nicht aus, wie eine Vielzahl an Einzelfällen belegt. Und hier war nicht selten die Intervention des Königs gefordert. So erbat zum Beispiel ein in Magdeburg garnisonierender Kommandeur vom König Aufklärung mit Blick auf Lieferungen für sein Regiment. Die Landräte hätten ihm eine königliche Ordre vorgezeigt, die ihm aber überhaupt nicht bekannt sei, so dass er nun wissen wollte, »ob er sich in diese Liefferung auch meliren solle«.104 Diese Zusammenhänge zählen zu jenen »Schnitt- und Berührungsstellen von Staatsstruktur und Heeresordnung«, denen die jüngere Forschung intensiver nachgegangen ist.105 Erinnert sei noch einmal an die Rudimente des bis weit in das 17. Jahrhundert hineinreichenden Kriegsunternehmertums, das sich zum Beispiel – nicht nur in der preußischen Armee – in dem System der Kompaniewirtschaft besonders sinnfällig widerspiegelte. Die Kompaniechefs erhielten dabei eine feste Geldsumme, mit der sie Verpflegung, Uniformierung und eben auch die An�������������������������������������������������������������������

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werbung ihrer Einheit zu finanzieren hatten – mit der Option, aus den erzielten Einsparungen persönlichen Gewinn zu generieren.106 Gerade diese die Mentalität so mancher Offiziere bestimmenden pekuniären Interessen beflügelten die Konflikte bei den Enrollierungen. Etliche Beschwerden künden von der bei den Rekrutierungsmaßnahmen angewandten Willkür, die zeitweise – wie etwa in Hinterpommern – zur massenhaften Flucht von jungen Männern ins benachbarte Ausland führte.107 Das 1733 bzw. in den westlichen Provinzen108 mit etwas Verspätung im Jahre 1735 eingeführte Kantonsystem stellte vor diesem Hintergrund also einen beachtlichen Fortschritt bei der Lösung der strukturellen Probleme dar. Gleichwohl blieb auch danach die Auslandswerbung erhalten, aus der sich in den folgenden Jahren etwa 30 Prozent der Soldaten rekrutierten.109 Die übergroße Zahl der Rekruten entstammte der im weiteren Sinne ländlichen Bevölkerung (bäuerliche Hintersassen und Kleinhandwerker aus den mittleren und Kleinstädten). Diese Konzentration ergab sich nicht nur als Konsequenz aus der agrarwirtschaftlichen Prägung Preußens, sondern erfolgte nicht zuletzt aus Rücksichtnahme auf den relativ schwach entwickelten gewerblichen Sektor. Aber auch die bäuerliche Bevölkerung konnte nicht dauerhaft auf die nötigen Arbeitskräfte verzichten, so dass sich ein Prozedere einspielte, das sowohl die Anforderungen an die militärische Professionalisierung als auch den Arbeitskräftebedarf auf den Bauernstellen und in den Handwerksstuben berücksichtigte. Mit dem Kantonsystem wurde eben gerade keine »lebenslängliche Dienstzeit« der Soldaten der preußischen Armee eingeführt, wie mitunter Glauben gemacht worden ist.110 Nach einer zweijährigen Grundausbildung wurden die Rekruten beurlaubt und brauchten fortan nur noch während der zwei- bis dreimonatigen Exerzierzeit in ihr Regiment zurückzukehren. Man orientierte sich dabei an den Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft, so dass die Zeit der aktiven Ausbildung in den Regimentern zwischen Aussaat und erster Ernte gelegt wurde, also zwischen April und Juni. Für viele gewerbliche Berufe galt eine Befreiung vom Kriegsdienst. Zudem wurde im Verlauf der Zeit ein immer größerer Teil der Einwohnerschaft bedeutender Städte vom Militärdienst eximiert, bis dann zu Beginn der Regierungszeit Friedrichs II. einige Städte wie Berlin und Potsdam die gänzliche »Kantonfreiheit« erhielten.111 Diese 230

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erheblichen Einschränkungen widerlegen zugleich die zuweilen geäußerte Ansicht, dass es sich beim Kantonsystem schon um eine frühe Form einer »allgemeinen Wehrpflicht« gehandelt habe, auch wenn der Wortlaut des erwähnten Edikts vom 9. Mai 1714 so ausgelegt werden könnte.112 Wohl aber gelang es mittels jenes Aushebungssystems, einen Personalbestand im Heer zu rekrutieren, der sich nicht – wie häufig in anderen Armeen anzutreffen – überwiegend aus gesellschaftlichen Randgruppen zusammensetzte.

Die »Langen Kerls« Daneben führte noch ein weiteres Kriterium zur Selektion bei der Soldatenauswahl, was die persönlichen Intentionen des Königs unmittelbar ins Spiel bringt. Bei der Favorisierung von »großen« und »schönen« Rekruten handelte es sich nur bedingt um eine Marotte des preußischen Königs. Vielmehr erwuchs das Interesse an hochgewachsenen Soldaten primär aus den waffentechnischen Entwicklungen und aus Erfahrungen, die während der Kampfhandlungen im Spanischen Erbfolgekrieg gemacht worden waren, denen bereits der junge Friedrich Wilhelm zeitweise als Hospitant beigewohnt hatte. Für die Handhabung eines etwa anderthalb Meter langen Vorderladergewehrs samt einem über einen Meter langen Ladestock erwies sich eine gewisse Mindestkörpergröße als sehr vorteilhaft. Der später einflussreiche Militärtheoretiker Georg Heinrich von Berenhorst war der Auffassung, dass »ein langer Mensch geschwinder lade, als ein kurzer«.113 Die in den europäischen Armeen des frühen 18. Jahrhunderts zu beobachtende Favorisierung der Infanterie, vor allem mit ihrer nun stärker betonten offensiven Funktion, inklusive der massenhaften Einführung der Flinte, hat diese Veränderungen befördert.114 Jedoch nicht nur wegen der damit verbundenen körperlichen Robustheit, sondern auch aus anderen Gründen rekrutierte man gern groß gewachsene Männer: Denn »weit über die physische Tauglichkeit hinaus gehörten Größe und Schönheit im 18. Jahrhundert zur funktionalen Inszenierung militärischer Macht«.115 Diese ästhetische Komponente hatte nun zwar nicht in Preußen ihren Ursprung, wohl aber wurde sie hier auf eine äußerst konsequente Weise adaptiert. Es ist bereits an ande�������������������������������������������������������������������

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rer Stelle darauf aufmerksam gemacht worden, dass Fürst Leopold von Anhalt-Dessau und Markgraf Philipp Wilhelm von BrandenburgSchwedt jene Entwicklung sehr intensiv rezipiert hatten und allmählich für die preußische Armee anzuwenden versuchten. Der junge Friedrich Wilhelm hatte ihre Anregungen dankbar aufgegriffen, seine »Jagdgarde« in Wusterhausen mit einer Anzahl »sowohl schöner als großer junger Männer« bestückt und sie persönlich exerziert.116 An dieser Linie hielt Friedrich Wilhelm I. nach seiner Thronbesteigung fest und konnte seine Obsession beim Aufbau des Regiments Nr. 6, des sogenannten »Königsregiments«, voll ausleben.117 In das zu einer Eliteeinheit ausgebaute Regiment wurden in bestimmten Abständen immer wieder ausgesuchte Rekruten über sogenannte »Revueübernahmen« aus anderen Einheiten der preußischen Armee eingegliedert.118 Doch auch über jenes Regiment mit seinen besonders gründlichen Auswahlkriterien hinaus beeinflussten solche physischen Voraussetzungen die Rekrutierung. Als zum Beispiel während des Großen Nordischen Krieges die Frage aufkam, was mit denjenigen Gefangenen geschehen solle, die man »wegen kleiner Statur« nicht in die eigenen Einheiten übernehmen könne, folgte der König dem Vorschlag eines seiner Generäle, sie – nach einer eidlichen Versicherung, nicht in fremde Kriegsdienste zu gehen – ziehen zu lassen.119 Somit geriet neben der wirtschaftlichen Verwendung auch die körperliche Konstitution als Auswahlkriterium in den Fokus der Rekrutenaushebung. In zunehmendem Maße wurden deshalb die mit der Enrollierung beauftragten Militärs und Zivilbehörden angehalten, »große«, »schöne« und »propere« Männer auszuwählen. Als Mindestmaß galt eine Länge von 1,65 Meter. Angesichts der im heutigen Vergleich geringeren Durchschnittsgröße der Menschen im frühen 18. Jahrhundert engte sich dadurch der Kreis der infrage kommenden Kantonisten ein. So reduzierte sich von vornherein die Zahl der nach diesen Kategorien ausgewählten Rekruten, »da nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Enrollierten die geforderte Körpergröße erreichte«.120 Es bedurfte allerdings noch eines längeren Zeitraumes, bis einigermaßen fest reglementierte Größenmaße eingeführt wurden. Wie in anderen Bereichen des Militärsystems wird man auch hier von einer mehrjährigen Experimentierphase auszugehen haben, bis sich zu Beginn der 1730er Jahre in allen Regimentern einheitliche Vorgaben in Gestalt so232

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genannter »Maßlisten« durchsetzten.121 Der König nahm auf diese Entwicklungen unmittelbaren Einfluss, wie aus den Briefwechseln mit Fürst Leopold deutlich hervorgeht.122 Abgesehen von der Affinität des Kronprinzen und nunmehrigen Königs zu den »Langen Kerls« ergaben solche Auswahlkriterien aber auch aus einem anderen Grund einen gewissen Sinn: Erinnern wir uns daran, dass die Inszenierung militärischer Stärke für die Hohenzollern als Mittel des dynastischen Wettbewerbs seit der Zeit des Großen Kurfürsten eine außerordentliche Bedeutung eingenommen hatte.123 Nicht nur der bereits beschriebene überdurchschnittlich hohe Anteil der Offiziere innerhalb der Hofgesellschaft beförderte diese Wahrnehmung, ebenso dienten auch einige sichtbare Veränderungen in der Residenz diesem Zweck. Im Jahre 1728 konnte das Berliner Zeughaus fertiggestellt werden, das in der Folgezeit als Aufbewahrungsort von Geschützen, Standarten und älterem Kriegsgerät sowohl Kunde über die gegenwärtige Stärke des Heeres als auch über die ruhmreiche Tradition der brandenburgisch-preußischen Waffen vermitteln sollte.124 In der Außenwahrnehmung konnten bald die gewünschten Effekte erzielt werden, folgt man den Berichten auswärtiger Beobachter über diesbezügliche Entwicklungen in Preußen. Der König verfolge derzeit das Ziel, so berichtete der kaiserliche Legationssekretär Demradt am 11. Januar 1727 nach Wien, »in Betracht der jetzigen Umbstände als auch zu erfüllung seiner allezeit gefasseten Gemüths-Neigung sich von Tag zu tage mit einer zahlreichen Armeé ansehendlich zu machen«.125 Wohl informiert zeigte sich der kaiserliche Diplomat auch über die weiteren Bemühungen des preußischen Königs, die Truppenstärke durch die Bildung neuer Regimenter zu erhöhen. Dieser hoffe, »mittels solcher Vermehrung 80.000 Mann auf den Beinen dargestellet zu sehen« – eine Zahl, die tatsächlich mit der zum Ende der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. erreichten Stärke fast übereinstimmte.126 Und schon im Jahre 1718 wusste Johann Michael von Loen aus eigenem Erleben zu berichten, dass »der schönste Glanz des preußischen Hofes … in seiner auserlesenen Mannschaft« bestehe. In Sonderheit sei »das Große Grenadierregiment zu Potsdam etwas so herrliches und majestätisches, daß kein Potentat der welt es darinnen leicht dem König in Preußen wird vorthun können«.127 Nicht ganz so überschwänglich, dafür �������������������������������������������������������������������

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Zeughaus, Unter den Linden. Radierung von P. Haas nach Friedrich August Calau, um 1750.

aber realistischer – schließlich war der Schreiber jener Zeilen selbst lang gedienter Offizier – fiel die Einschätzung des Grafen Friedrich Heinrich von Seckendorff 1723 aus, die er dem Prinzen Eugen von Savoyen zukommen ließ: »Gewiß ist, daß man von Trouppen an Schönheit, proprietet und Ordnung in der Welt dergleichen nicht sehen kann, und obwohl in exerciren, handgriffen, marchiren und dergleichen viel gezwungenes und affectirtes unterlauft, so sind doch so viel nüzliche und ordentliche sachen, die zum handwerk selbst gehören, mit dabey.«128 Natürlich fiel dabei auf Friedrich Wilhelm I. selbst ein erheblicher Teil dieser Wertschätzung, schließlich wurde er zu Recht nicht nur als »Chef der Armee«, sondern auch als der Spiritus rector des Stilwandels angesehen. Ausgestattet mit »so heroisch[en] als lobwürdigsten Gemüths-Gaaben« erkor ihn ein süddeutscher Reichsfürst gar zum »heutigen Alexandrum«.129 Spätestens seit dem Ende der 1710er Jahre, so ließen sich die Einzelbefunde zusammenfassen, hatte sich in der Wahrnehmung der europäischen Kabinette der Gedanke festgesetzt, »dass der preußische Staat ein gut geschultes Heer … besaß«.130 234

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Die Mühen des Alltags. Die Bewährung des Kantonsystems Doch trotz dieser Fremd- und Selbststilisierungen des Königs im Zusammenhang mit den geschilderten Veränderungen im Militärsystem ist ein genaueres Hinsehen geboten. Ebenso wie bei der Reform der obersten Verwaltungsbehörden 1722/23 fällt es auch hier nicht immer leicht, den Eigenanteil Friedrich Wilhelms I. exakt zu bestimmen. Nachweislich der überlieferten Quellen – vor allem die Kabinettsminüten sind hier zu nennen – nahmen seine Entscheidungen auf dem Gebiet des Militärwesens den größten Anteil ein.131 Allerdings sollte die Rolle des Königs nicht auf die eines alleinigen Ideengebers und Anregers beschränkt werden, vielmehr sind die vonseiten Friedrich Wilhelms I. zur Vorbereitung und Umsetzung des Kantonsystems angeregten Veränderungen zutreffend als »reagierendes Ordnen« beschrieben worden.132 Auch für eine solche Interpretation liegen mehrere Quellen vor. Laut den Kabinettsordren beschränkte sich der Beitrag des Monarchen auf diesem Feld zumeist auf die Beantwortung von Anfragen der Offiziere zur räumlichen Begrenzung der Enrollierungsbereiche oder zur Gewährung von Exemtionen. In selbigen Anfragen zeigte sich indirekt ein recht großer Spielraum der Regimentskommandeure, denn nur in besonders unklaren Fällen oder bei Konflikten mit anderen Regimentern oder Zivilbehörden wandte man sich direkt an den König. So gab Friedrich Wilhelm I. zum Beispiel auf den im Oktober 1730 vom Generalmajor v. Schliewitz unterbreiteten Vorschlag zu den Modalitäten der Regimentseinquartierung hin seinen Bedenken Ausdruck: Das, was der General fordere, »gehet solches zwar wohl in großen Städten wie in Berlin, Königsberg, Magdeburg, Stettin oder Wesel an, in kleinen Städten … ruiniret solches mir und die Bürger und gibt nur zu beständigen Klagen und Querelen Anlaß«.133 Stellvertretend für das vergleichsweise häufig auftretende Problem, dass sich die Regimenter bei ihren Enrollierungen in die Quere kamen, sei ein Fall aus dem Oktober 1731 benannt, zu dessen Klärung der König eingeschaltet wurde. Im Ergebnis der königlichen Intervention erhielt der Kommandeur, ein Oberst v. Papstein, eine Rüge dafür, dass er für sein Regiment im Magdeburgischen zu »viele junge Leuthe enrollirt« habe. »Weil aber solches zum Nachtheil der anderen Regimenter gereichet«, solle er künf�������������������������������������������������������������������

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tig nicht mehr im Herzogtum Magdeburg rekrutieren und die bereits eingeholten Pässe zurückgeben.134 Zu Reibungsverlusten kam es häufig auch im Zuge der Zusammenarbeit zwischen den in die Enrollierung eingebundenen zivilen Behörden und den Regimentern. Im April 1732 übte der König scharfe Kritik an der Klevischen Kriegs- und Domänenkammer, da diese die vom Regiment des Obristen v. Waldow »enrollierten, in sonderheit in dem Sauerlande, welche sich nicht gestellen wolten, bey ihrem Ungehorsam schützete, auch sonst dem Regiment denen ergangenen Verordnungen gemäß nicht assistirete«.135 Mit großem Missfallen musste Friedrich Wilhelm I. erfahren, dass nicht nur etliche Familien ihre Kinder, nachdem ihre Enrollierungspässe ausgestellt worden waren, »außer Landes schicken« würden. Vielmehr würden »die Cammer oder die Beamten dergleichen ausgetretene Enrollierte schützen«, anstatt – wie eigentlich in solchen Fällen vorgeschrieben – ihr Vermögen zu konfiszieren. Die verantwortlichen Amtsträger seien zu arretieren.136 Vor dem Hintergrund dieser nur exemplarisch dargebrachten Belege lässt sich das Agieren des Monarchen auch auf den anderen Feldern der innermilitärischen Entwicklungen oftmals eher als Reaktion auf ihm vorgelegte Einzelfälle denn im Sinne systematisch von ihm entwickelter Projekte interpretieren.137 Und bis es zu Edikten, Mandaten oder Verordnungen mit langfristig angelegten Wirkungen kam, konnte noch viel Zeit vergehen. Doch nicht nur die »Vorgeschichte« der Kantonverfassung ist durch diese Art von Interventionen des Königs charakterisiert. Auch nach 1733 musste Friedrich Wilhelm I. immer wieder schlichtend eingreifen. Schon im unmittelbaren zeitlichen Umfeld der Einführung des Kantonsystems sah er sich zum Eingreifen veranlasst. Er hatte erfahren, dass einige Regimenter noch vor Bekanntwerden des Kantonreglements vollendete Tatsachen geschaffen hätten »und viele Leute aus denen Cantons, so anderen Regimentern zugeschlagen worden, eingehohlt«. Deshalb befahl der König, dass alle nach dem 1. März 1733 eingezogenen Rekruten »absoluë denenjenigen Regimentern, unter deren assignirten Cantons sie gehörig, verbleiben und verabfolget werden« müssten.138 Dies deutet zugleich den geraume Zeit noch vorläufig bleibenden Charakter des gerade eingeführten Systems an, das erst »in einem langen Verhandlungsprozess zwischen zivilen und militärischen Instanzen den 236

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ökonomisch-sozialen Bedingungen« in den Landesteilen angepasst werden musste.139 Denn die erfolgreiche Umsetzung der Kantonverfassung bedurfte eines halbwegs funktionierenden Zusammenspiels zwischen der Regimentsverwaltung einerseits und den lokalen und regionalen Verwaltungsbehörden, also den Land- und Steuerräten, sowie den städtischen Magistraten und Landgemeinden andererseits. Da sich die Enrollierungspraxis der Regimenter lange Zeit als Provisorium gestaltet hatte, vermochten sich einige Regimentskommandeure zunächst nicht so recht mit dem neuen Modell zu arrangieren. Den Obristen Friedrich Leopold von Geßler, der sich unzufrieden mit der Zuteilung der Orte für sein Regiment gezeigt hatte, ließ der König am 4. Juni 1733 wissen, dass »die Sache aber … einmahl überall reguliret [sei], daher Ich darunter keine Änderung mehr machen kann«.140 Dem Generalmajor von der Schulenburg sicherte der König im Mai 1733 zu, dass die drei Dörfer Hellingen, Heslingen und Wolfsburg keinem Regiment zur Enrollierung zugeteilt werden würden, sondern wie gehabt für die Rekrutierung seiner Eskadron vorbehalten blieben.141 Und als man bemerkte, dass sechs Dörfer in Pommern aus Versehen zwei Regimentern zugeteilt worden waren, entschied sich der König für eine pragmatische Lösung: »Weil aber mein Wille nicht ist, daß wegen dieser Kleinigkeit die Disposition alteriret werden soll, so sollen diese beyde Regimenter sich in gedachte 6 Dörffer theilen und müßen sich die Compagnien, so etwas dadurch verliehren, wieder aus denen dem Regiment zugeschlagenen Städten erholen.«142 Bitten um eine flexible Auslegung der Vorschriften zur Kantoneinteilung oder der Rekrutierungsmodi beantwortete er zumeist in dem Sinne, dass er »allemahl auff Beobachtung des Enrollierungs-Reglements halten werde«.143 Einen Sonderfall stellte die preußische Residenz im neuen Kantonsystem dar. Gegen anderslautende Vorschläge entschied der König, »daß die Regimenter die Stadt Berlin unter sich theilen sollen«. Vielmehr sei die Hauptstadt »nur zur Hülffe wegen der Compagnien, so einen schlechten District bekommen, mit angesetzet worden«. In den weiteren Erläuterungen zu dieser Ordre spiegelte sich zugleich noch einmal die grundsätzliche Sicht des Königs auf den Zusammenhang zwischen Rekrutierungserfordernissen und wirtschaftlichen Herausforderungen wider: So sollten in Berlin nur »hier und da« Leute »von geringer �������������������������������������������������������������������

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Extraction« (z. B. Schuster oder Schneider) und deren Kinder enrolliert werden, nicht aber solche »dem Publico dienstlicher Leuthe …, wie auch KauffLeuthe, Manufacturiers und Fabriquanten, und welche zum Lagerhaus gebraucht werden«.144 Zuweilen kollidierten die Bemühungen um eine systematische Erfassung der Untertanen mit den tradierten Lebenswelten der ländlichen und städtischen Gesellschaft. In den Dörfern lebten ja nicht nur bäuerliche Hintersassen auf festen Hofstellen. Ein nicht geringer Prozentsatz der Landbevölkerung entwickelte eine unstete Lebensweise mit hoher Mobilität; ebenso begaben sich junge Handwerksburschen aus den Städten auf Wanderschaft. So war dem König hinterbracht worden, dass die sogenannten »Miethsleute«, also Schäfer oder landlose Lohnarbeiter, häufig ihren Wohnort und damit auch den Kanton wechselten, ohne sich vorher abzumelden. Das musste zwangsläufig bei den betreffenden Regimentern, die jeweils Ansprüche auf diese Gruppen als potentielle Kantonisten erhoben, zu Irritationen führen. Friedrich Wilhelm I. wies deshalb am 8. Oktober 1738 das Generaldirektorium an, künftig dafür Sorge zu tragen, dass die Leute sich beim Landrat abmeldeten, wenn sie den Kanton verließen.145 Auch die Konkurrenz zwischen den Regimentern bei der Enrollierung war durch die Einführung des Kantonsystems nicht mit einem Schlag beendet worden, sondern hat den König noch so manches Mal zu entsprechenden Interventionen veranlasst. So erfuhr er im Mai 1733, dass der Major v. Massow »etliche enrollierte aus Pommern nach dem Regiment hat hohlen lassen«. Er forderte darüber einen genauen Bericht, insbesondere »warum derselbe enrollierte aus einer andern provintz wieder [sic] das neue reglement hat hohlen lassen, da ein jeder doch seinen eigenen district nunmehro hat, so ihm assigniret ist«.146 Nach dem Eingang des Berichtes zeigte sich Friedrich Wilhelm I. etwas nachsichtiger. Demnach habe der Major die Enrollierten für sein Regiment mitgenommen, als er noch nichts von dem neuen Reglement gewusst hätte.147 Einen Vorteil boten die nur auf den ersten Blick unbefriedigend erscheinenden unklaren Verhältnisse allerdings für den König: Angesichts jenes Provisoriums waren die Regimentschefs ebenso wie die zuständigen zivilen Amtsträger gezwungen, sich an ihren obersten Dienstherrn zu wenden, der dann die Einzelfälle entscheiden konnte. Zwar war damit häufig ein erheblicher Arbeitsaufwand verbunden, der König erhielt auf 238

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diesem Wege aber ein recht hohes Maß an Informationen. Da es sich zudem um einen Bereich handelte, für den er sich besonders interessierte, empfand er die Beschäftigung mit selbigem wohl nicht als eine solche Last wie die Behandlung anderer Materien.

Konkurrierende Loyalitäten Auf einen weiteren interessanten Aspekt soll in dem Zusammenhang aufmerksam gemacht werden: Für die alltägliche Umsetzung des neuen Enrollierungssystems war eine vergleichsweise enge Zusammenarbeit zwischen den Militärs und landesherrlichen Amtsträgern einerseits und den ständischen Repräsentanten »vor Ort« andererseits vonnöten. Die überlieferten Quellen belegen deutlich, dass die Ständevertreter sich nicht nur auf Klagen über das damit verbundene Ungemach beschränkten, sondern von der Landesherrschaft zwar nicht als gleichwertiger, dennoch aber als ernst zu nehmender Partner bei den Verhandlungen angesehen wurden. Größere Konflikte mit den Ständegremien wurden in jener Zeit bewusst vermieden.148 Daran gilt es vor allem deshalb zu erinnern, um dem Eindruck einer durch Friedrich Wilhelm I. allzu rigoros betriebenen Politik auf diesem Feld vorzubeugen. Somit kam es auch nicht so überraschend, wie auf den ersten Blick zu vermuten wäre, dass die Stände der Etablierung des Kantonsystems im Ganzen aufgeschlossen gegenüberstanden und sich in die damit zusammenhängenden Veränderungen einbinden ließen.149 Denn letztlich konnte auch das Kantonwesen nur auf der Grundlage der Zusammenarbeit zwischen dem Offizierskorps und den Vertretern der mittleren Behörden und lokalen Obrigkeiten in den Teillandschaften halbwegs funktionieren – ein Verhältnis, das »von einer gegenseitigen Kooperation und Akzeptanz geprägt« war.150 Das Militärsystem brachte stets eine gewisse Unruhe in tradierte Abhängigkeiten und stellte gewachsene Gewohnheiten in Stadt und Land infrage. Die ostbrandenburgischen Ständevertreter klagten zum Beispiel im Oktober 1722 mit Blick auf die Umtriebe der beurlaubten Soldaten darüber, dass diese »auf dem Lande viele desordres und excesse begehen, indem sie die in den Dörfern befindliche junge Mannschaft beym Thrun�������������������������������������������������������������������

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cke debauchiren und sich von selbigen zu Krieges-Diensten engagieren lassen, wodurch die Knechte aufstößig und abspenstig gemacht werden, die GerichtsObrigkeiten solchergestalt umb ihre Gesinde und Unterthanen kommen und also incable gemachet werden, ihren Wirthschafften tüchtig vorzustehen«.151 Die vom Miliz- und später vom Kantonsystem erfassten Männer befanden sich ja in verschiedenen Loyalitäten und versuchten diese gegeneinander auszuspielen. Die Tatsache, dass die Soldaten auch außerhalb ihrer aktiven Dienstzeit in ihren Heimatorten zumeist ihre Uniformen trugen – »damit sie nicht nackend vom Regimente gehen« – , mochte diesen Eindruck auf sichtbare Weise noch verstärkt haben.152 In besonders brisanter Weise stand das Problem im Raum, wenn die bäuerlichen Kantonisten in Rechtsstreitigkeiten gerieten. Die Patrimonialgerichtsbarkeit des Rittergutsbesitzers konnte hier in Konkurrenz zur Militärjurisdiktion treten, die beim zuständigen Regiment lag. Der König stand nachweislich der von ihm erlassenen Befehle153 hinter dieser Linie, die eine »Übergehung der Herrschaftsrechte des Adels über seine Hintersassen« einschloss.154 Nicolas Schmidt, ein in Militärdiensten stehender Untertan des Georg Otto von Quast, führte zum Beispiel 1716 gegen seinen Herrn Beschwerde, weil dieser seine Abwesenheit genutzt hatte, um ein Bauerngut zu verkaufen, das ihm als Erben zustehe. Durch königliche Intervention wurde dem klagenden Soldaten letztlich in seinen Ansprüchen recht gegeben.155 Immer wieder scheint in den Quellen der Topos des renitenten, unbequemen kantonierten Untertanen auf, der aber gerade deshalb mit besonderer Verve seinen Rechtsanspruch durchzusetzen versuchte, weil er mitunter von seinen militärischen Vorgesetzten darin unterstützt wurde.156 Wir haben es hier mit jenen scheinbar anachronistischen Entwicklungen zu tun, die zunächst von Einzelforschern, später dann seitens der universitär angebundenen »neuen Militärgeschichte« beschrieben worden sind: »Bauernfreiheit durch Wehrpflicht« lautet die pointierte, wenn auch nicht unwidersprochen gebliebene These Hans Bleckwenns.157 Der »Staat« war mittels der Kantonpflicht gewissermaßen »durch sein Rekrutierungssystem in die regionalen Lebenskreise und Herrschaftsordnungen eingebrochen« und hatte damit eine Bresche in die altständische Sozialordnung geschlagen.158 In ähnlicher Weise profitierten auch die in den Städten ausgehobenen Kantonisten von jener »doppelten Loyalität«.159 Ein Capitain v. 240

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Bornstedt aus dem v. Mosel’schen Regiment war mit einigen Bürgern in dem nordöstlich von Magdeburg gelegenen Burg in einen weitläufigen Gerichtsprozess geraten. Der von dem Offizier in dieser Angelegenheit um Unterstützung gebetene König wies daraufhin den zuständigen Minister an, man solle es nicht gestatten, dass »der Supplicant [v. Bornstedt] oder dessen Vater in unnöthige Weitläufigkeit gesetzet werde«.160 Und ein aus Fürstenwalde (Spree) stammender Grenadier erhielt auf seine Supplik hin Unterstützung in einem Rechtsstreit, in den seine Frau verwickelt war. Der König befahl dem Fürstenwalder Magistrat am 15. Oktober 1731 per Kabinettsordre, der Frau des im Königsregiment dienenden Grenadiers Biermann »ohne alle Weitläuffigkeit« zu demjenigen zu verhelfen, »so sie rechtmäßig zu fordern hat«.161

Der »roi sergeant« Doch nicht nur in Fragen der Militärorganisation und Heeresfinanzierung fühlte sich der König unmittelbar zuständig und hat auf viel direktere und detailliertere Weise als auf anderen Feldern seine »Richtlinienkompetenz« ins Spiel gebracht. Mit ebenso viel Herzblut widmete er sich der praktischen Ausbildung sowie Fortifikationsfragen, der Bewaffnung und Logistik. Auch hier liegen die Anfänge in seiner Kronprinzenzeit. Schon in diesen Jahren war jene Detailverliebtheit zu beobachten, die er nach seinem Herrschaftsantritt beibehielt. Als zum Beispiel Graf Dohna während der Kampfhandlungen des Großen Nordischen Krieges in einem Brief an den König seine Verwunderung über eine eingehende Lieferung von Gewehren aus Lüttich für sein Regiment äußerte und vermutete, dass es sich dabei um ein Versehen handeln müsse, da die von ihm erwartete Lieferung auf dem Wasserweg komme und noch nicht da sein könne, notierte Friedrich Wilhelm I. an den Rand: »zu Wasser kann es nicht gehen … das Gewehr ist für Alt Dohna.«162 Auch etliche der von ihm in knapper Diktion verfassten Kabinettsordren belegen sein ausgeprägtes Insistieren auf Einzelheiten, selbst bei scheinbaren Äußerlichkeiten – sei es die Trageweise der Degen oder die Anweisung an einen Obristen, dass dieser sich bei der Hutbekleidung seiner Einheit am Regiment v. Flans orientieren solle.163 �������������������������������������������������������������������

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Seine sich hier andeutenden Interessen äußerten sich auch in der intensiven Korrespondenz mit dem Fürsten Leopold. In solchen Fragen waren sie »Brüder im Geiste«. 1724 informierte er seinen Generalfeldmarschall darüber, dass er in Stettin gewesen sei und dort die Befestigungsanlagen geprüft habe; ein halbes Jahr später ließ Friedrich Wilhelm I. ihn an seinen Erwägungen über die Verstärkung der Kavallerieeinheiten in den Dragonerregimentern teilhaben, und 1730 fachsimpelte er mit dem Fürsten darüber, dass er »die chargirung griffe egalisiert« habe.164 Beide Männer teilten ein ausgeprägtes Interesse an der Verbesserung von Exerzierreglements, der Fortifikation sowie der Perfektionierung der Infanteriewaffen und Uniformierung. Sie entsprachen damit kaum den zeitüblichen Vorstellungen eines hochadligen Feldherrn, der sich zwar mit Fragen der Strategie und Taktik beschäftigte und darüber auch gern am »grünen Tisch« disputierte, der aber kaum bereit war, sich den sich ständig wiederholenden und ermüdenden Prozeduren des militärischen Alltags auszusetzen. Zudem erschien es für Hochadlige seltsam, dass der preußische König und sein Generalfeldmarschall ihren Reformeifer vor allem auf die Infanterie richteten. Vor diesem Hintergrund erscheint die zeitgenössische Titulierung Friedrich Wilhelms I. als »roi sergeant« in der Tat ungewöhnlich, wenn nicht gar despektierlich! Wortwörtlich übersetzt hätte man es ja mit einem »Feldwebel-König« zu tun, der sich im militärischen Alltag mit Aufgaben abgab, die in der Regel den Unteroffiziersrängen vorbehalten blieben. Wenn sein Cousin, der hannoveranische Kurfürst und britische König Georg II., sich über ihn als »Seinen lieben Bruder Corporal« äußerte, deutet das die abschätzige Wahrnehmung sinnfällig an.165 Doch der preußische König und Fürst Leopold von Anhalt-Dessau standen – wie der ebenfalls für den jungen Friedrich Wilhelm auf militärischem Gebiet einflussreiche Markgraf Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt – vielmehr in der Tradition der oranischen Heeresreform, zu deren Vermächtnis es eben auch gehörte, dass ihre Erben unter den Landesfürsten »persönlich gestalterisch tätig wurden und überdies an der Umsetzung der initiierten Militärreformen in hohem Maße direkten Anteil nahmen«.166 Und dieser im frühen 18. Jahrhundert wahrlich nicht selbstverständliche Grundzug in der Mentalität Fürst Leopolds fand in dem jungen, zunächst wegen seiner »Soldatenspielerei« belächel242

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ten preußischen Kronprinzen einen äußerst bereitwilligen und aufnahmebereiten Adepten. Es ist jedoch kaum zu übersehen, dass sich Friedrich Wilhelm I. im Verlauf seiner Regierungszeit gedanklich immer mehr von seinem alten »Lehrmeister« – der Schwedter Markgraf war bereits vor seinem Regierungsantritt verstorben – emanzipierte. Zwar ließ er keinen Zweifel an den Verdiensten des Fürsten Leopold: In seinen Augen seien dessen »reputacion und die meriten in die gantze Welt bekant«, so dass er es also nicht mehr nötig habe, selbst »was zu lernen«.167 Dennoch häuften sich im Verlauf der Zeit Entscheidungen, die der König ohne Wissen Leopolds oder gar gegen ihn fällte.168 Wir haben es hierbei letztlich auch mit einer Generationenfrage zu tun. Zu Beginn seiner Regierungszeit, als 24-jähriger junger Monarch, sah er sich noch von erfahrenen Militärs umgeben, die wie der Alte Dessauer etliche Jahre älter als er selbst waren. Inzwischen hatte er selbst an Erfahrungen und Urteilskraft gewonnen, und eine neue, jüngere Generation von Offizieren wuchs nach, die ihrem König mit einem noch höheren Maß an Respekt gegenübertrat. Friedrich Wilhelm I. sah sich eben in seinem Selbstverständnis nicht nur als nomineller »Chef der Armee«, sondern wollte diese Aufgabe in all ihren Facetten auch wirklich ausfüllen. Dies konnte durchaus auch die Rezeption militärwissenschaftlicher Schriften einschließen, was zugleich den Topos des bildungsfernen Monarchen relativiert. So ist zum Beispiel auf seine Veranlassung hin im Jahre 1735 durch den Vizepräsidenten der Berliner Akademie der Wissenschaften eine deutsche Übersetzung des kriegswissenschaftlichen Werkes des Don Francisco Ventura de la Sala y Abarca mit dem Titel »Obligacion et glosa de ordines militares« in Auftrag gegeben worden.169 Aufgrund der von ihm gesetzten Prioritäten war vor allem aber seine Anwesenheit bei den Exerzierübungen gefürchtet. Immer wieder hatten sich die Kommandeure Vorhaltungen über vermeintliche oder reale Mängel im Erscheinungsbild ihrer Einheiten anzuhören. So wurde der Oberst v. Graevenitz im Dezember 1735 vom Monarchen scharf kritisiert, weil »die Leuthe bey Eurem Regiment das Gewehr miserable schlecht tragen, auch damit nicht ferme, sondern lottericht umgehen, ingleichen die Taschen und Säbels nicht gerade und bey dem einen kurtz, bey den andern aber lang hängen«.170 Der Hinweis, er solle sich bei dem v. Röder’schen Regiment »ein Exempel nehmen«, �������������������������������������������������������������������

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findet sich in ähnlicher Diktion auch in Verbindung mit anderweitig geübter Kritik am Zustand bestimmter Truppenteile. Der König versuchte damit eine Art »Wettbewerb« zwischen den Regimentern und Kompanien zu entwickeln und wird dabei das ausgeprägte Bemühen der Offiziere um Ansehen bei ihrem obersten Dienstherrn einkalkuliert haben.

Zwischen Subordination und adligem Ehrgefühl. Die Disziplinierung des Offizierskorps Nicht nur das schon seit Langem bestehende Spannungsverhältnis zwischen den Beförderungsprinzipien nach Anciennität und Leistung belastete den inneren Zusammenhalt im Offizierskorps; erschwerend trat das gleichsam strukturelle Problem hinzu, dass militärische Hierarchien und Rangabstufungen der Adelsgesellschaften selten deckungsgleich waren. Häufig kam es zu Statuskonflikten, weil sich funktionaler Gehorsam und adliges Ehrgefühl nicht in Übereinstimmung bringen ließen. Solche Spannungen wurden auch dadurch gefördert, dass die Veränderungen in der Kriegführung neue Anforderungen für die Professionalität der adligen Offiziere mit sich brachten. Es reichte eben nicht mehr aus, ein versierter Fechtkämpfer oder Pistolenschütze zu sein oder sich mit einem dem alten ritterlichen Ideal verpflichteten Wagemut in Zweikämpfe zu stürzen, vielmehr stellte die sich im 18. Jahrhundert immer mehr durchsetzende methodische Kriegführung neue Herausforderungen an Professionalität und Disziplin der Offiziere.171 Dies schloss unweigerlich ein Zurückstellen adligen Ehrempfindens hinter die militärische Subordination ein. In dem unter maßgeblicher Einflussnahme des Königs 1726 erlassenen »Reglement vor die Königl. Preußische Infanterie« wurde den Offizieren nun erstmals verboten, einen im Dienst erhaltenen Tadel als einen Angriff auf die adlige Ehre zu betrachten, sondern von ihnen Subordination verlangt.172 Häufig sahen die Konkurrenten in der Austragung von Duellen die einzige Möglichkeit, solche Konflikte standesgemäß zu bereinigen und ihren »point d’honneur« wiederherzustellen.173 Doch lassen sich diese Kämpfe nicht nur als Teil der »Geburtswehen« in der sich etablierenden brandenburgisch-preußischen Armee erklären, zumal sich das Duell im 244

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gesamten Reich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert zu einem breiter fassbaren Phänomen verdichtete.174 Die schon in anderem Zusammenhang geschilderte Auseinandersetzung zwischen den Generälen Fürst Leopold von Anhalt-Dessau und Friedrich Wilhelm von Grumbkow im Jahre 1725 belegt an einem prominenten Beispiel, welche Bedeutung die Ehrenhändel selbst noch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. innerhalb der Adelsgesellschaft und im Offizierskorps einnahmen. Zwar hatten die brandenburgisch-preußischen Monarchen immer wieder versucht, mit einer Reihe von Duelledikten das Problem in den Griff zu bekommen; allein ihre häufige Wiederholung belegt die Beharrungskraft dieser für die adlige Mentalität so prägenden Erscheinung.175 Dass es sich dabei um kein genuin preußisches Phänomen handelte, zeigen grenzübergreifende Bemühungen, dem Duellwesen beizukommen.176 So hatte der sächsische Kurfürst Friedrich August I. dem preußischen König im Dezember 1723 Vorschläge zur Eindämmung der Duellpraxis unterbreitet; es galt, »ein gewisses Concert [zu] verabreden«, um zum Beispiel schon im Vorfeld diejenigen, »so mit einander in Handel gerathen, … gleich anfänglich mit Arrest« zu bestrafen. Allerdings wurde mit Blick auf die der Adelsgesellschaft innewohnenden Verhaltensnormen und den Ehrenkodex auch die in solchen Fällen immer wieder aufkommende Frage gestellt, ob bei den Untersuchungen »die beiderseitige Kriegs Rechte und Duell-Edicte«, auch vor dem Hintergrund des »point d’honneur«, zu berücksichtigen sei.177 Denn obgleich Friedrich Wilhelm I. das Duellieren seiner Offiziere aus disziplinarischen Gründen ablehnte, konnte er dieser Form des Zweikampfes zur Wiederherstellung der persönlichen Ehre durchaus etwas abgewinnen und nahm deshalb keine eindeutige Haltung ein. Exemplarisch zeigte dies etwa seine Reaktion auf ein Duell zwischen zwei Offizieren seines Königsregiments, von dem er im November 1716 erfahren hatte. Dem Fürsten Leopold teilte er mit, dass es »guth [sei] das kein ungelück Passiret ist … denn dann wäre es nit guht vor die beyde herren abgelaufen ich hette sie arretieren laßen und die sache zum Kriegsrecht laßen ankommen aber nun mache ich als wen[n] ich nichts weiß«.178 Darüber hinaus wirft die im Jahre 1725 ausgetragene Auseinandersetzung zwischen dem Fürsten Leopold und Friedrich Wilhelm von Grumbkow ein bezeichnendes Licht auf die ambivalente Haltung des Königs. Fried�������������������������������������������������������������������

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rich Wilhelm I. wünschte sich zunächst eine gütliche Einigung zwischen den beiden Kontrahenten. Andernfalls sollten die zur Beratung des Falles zusammengerufenen Generäle prüfen, »ob Ich … mit gutem gewissen permittiren könne, daß sie sich schlagen«, ohne das Duelledikt »aufzuheben«. Schließlich handele es sich bei den beiden um einen »GeneralFeldmarschall, Reichs-Fürst und [bezogen auf v. Grumbkow – F.G.] vornehmer General-Lieutnant und Minister«; es wäre also »ein extraordinairer casus …, indessen Ich sonst nicht weiß heraus zu kommen«.179 Nur am Rande sei darauf verwiesen, dass sich der preußische König zuweilen selbst mit diesen Ehrvorstellungen identifizierte. So soll er auf dem Höhepunkt des Konfliktes mit England-Hannover zeitweilig in Betracht gezogen haben, sich mit König Georg II., seinem Schwager, zu duellieren.180 Zu einem gewissen Dissens mit einigen Generälen und Obristen kam es auch in einem Bereich, den man in den modernen Streitkräften heute mit dem Begriff der »inneren Führung« umschreiben würde. Während etwa Fürst Leopold von Anhalt-Dessau und Markgraf Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt auf eine rigorose Disziplinierung setzten, die die körperliche Züchtigung der Soldaten mit einschloss, fand der König auch an anderen Ausbildungsmethoden Gefallen. Nach einer im Sommer 1725 unternommenen Reise nach Kurhannover geriet er gegenüber dem Alten Dessauer fast ins Schwärmen, als er sich lobend über die Offiziere und Soldaten der von ihm besichtigten hannoveranischen Regimenter ausließ. Zwar fehle es ihnen vergleichsweise noch an »Subordinacion«, hingegen fand er Folgendes bemerkenswert: Sie »thun es aus luhst aber nit aus subordinacion«, weil die Vorgesetzten »fast keinen kerrell schlagen dürffen bei königs ungnade«.181 Offenbar blieben die pietistischen Einflüsse doch nicht ohne Wirkung auf Friedrich Wilhelm I., auch wenn es bekanntlich gerade wegen der Kritik von Repräsentanten dieser Bewegung an der Behandlung der Rekruten in der preußischen Armee immer wieder zum Dissens gekommen war. Für eine solche Interpretation spräche etwa folgende Begebenheit: Im Umfeld der sogenannten »Tuchtfeldischen Affaire« nahm der Prediger des Potsdamer Militärwaisenhauses Joachim Wäger mit Verwunderung am 11. Mai 1726 zur Kenntnis, dass »der König viel behutsamer und gelinder mit solchen Leuten« [den von Tuchtfeld beeinflussten Soldaten – F.G.] umgehe »als einige 246

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seiner Offiziere«. Zu einem der Soldaten »soll er gesagt haben: es ist mir lieb, daß du fleissig bethest, ich wollte, daß alle meine Soldaten also wären … «.182 In eine ähnliche Richtung weist eine kritische Äußerung Friedrich Wilhelms I. anlässlich der im Regiment des Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt angewandten exzessiven Strafmethoden, die vor allem eine brutale Prügelpraxis einschlossen. Man wisse von ihm, so der König in einem Schreiben vom 24. März 1738, dass er »zwar eine gute Subordination mit vor das vornehmste Stück im Dienst halte. Es muß aber solche so tractiret werden, daß nicht unter dem Deckmantel der Subordination barbarische und unchristliche Sachen mit unterlauffen.« Zwar seien Unkorrektheiten und Nachlässigkeiten zu ahnden, »aber deshalb einen Kerl gleich so zu prügeln oder wohl gar mit dem Degen zu hauen, daß das Blut davon gehet oder er ungesund wird, ist barbarisch«.183 Er wolle vielmehr, dass die Offiziere die Grenadiere »willig und nicht schwürig« machen, wie er ein Jahr später den Obristen Adam von Weyher von seinem Königsregiment angesichts der harten Behandlung von Untergebenen wissen ließ.184 Natürlich lassen sich diesen Äußerungen viele Belege gegenüberstellen, in denen die Unerbittlichkeit und Strenge des Königs zum Ausdruck kommt – auch hier begegnet uns wieder das Unstete und die Ambivalenz seiner Persönlichkeit. Dabei handelte es sich vorrangig um offene Widersetzlichkeiten und Desertionsvergehen. So befahl Friedrich Wilhelm I. dem zuständigen Regimentskommandeur am 22. Oktober 1731, dass der aus der Schweiz gebürtige Unteroffizier Luttenau, wenn er nicht zu seinem Regiment zurückkehre, »in effigie« aufgehängt werden solle.185 Unnachgiebigkeit legte er auch an den Tag bei der Verfolgung der vor der Rekrutierung flüchtenden Untertanen.186 Ebenso gehören die vom König angeordneten und in ihrer drakonischen Umsetzung zumindest geduldeten gewaltsamen Werbungen zu dieser Negativbilanz. Häufig befanden sich die Kompaniechefs in einer Zwickmühle: Zum einen hatten sie – bei Androhung der »Kassation« – die Sollstärke ihrer Einheit zu garantieren, zum anderen aber sollten sie sich Zurückhaltung bei der Werbung auferlegen.187

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Der König und »seine« Offiziere Obgleich der König auch von seinen Offizieren ein hohes Maß an Disziplin und Unterordnung erwartete, beruhte sein Verhältnis ihnen gegenüber auf gänzlich anderen Voraussetzungen als bei den Soldaten. Schließlich sah er sich selbst seit seinen kronprinzlichen Jahren als Angehöriger des Offizierskorps und trug dessen Uniform. Den größten Teil des bis 1740 auf über 2.500 Mann angewachsenen Korps dürfte er persönlich gekannt haben – auch das lässt sich bis in seine Zeit als Kronprinz zurückverfolgen.188 Selbst Friedrich der Große sah diese Facette aus dem Leben seines Vaters für bedeutend genug an, um sie in seine »Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg« aufzunehmen. Hier liest man aus seiner Feder: »Friedrich Wilhelm hatte eine ganz besondere Vorliebe für alle Offiziere, die er in jenem Krieg [dem Spanischen Erbfolgekrieg – F.G.] kennen gelernt hatte.«189 Als es darum ging, diejenigen Offiziere auszuzeichnen, die sich während der Schlacht von Malplaquet besonders verdient gemacht hatten, wurde Friedrich Wilhelm die Aufgabe übertragen, denn, so schrieb ihm seine Gemahlin: »Sie kennen sie besser als jeder andere und wissen wohl, welche verdienen, befördert zu werden.«190 Das offenbar gute Personengedächtnis des Königs fand auch in anderem Zusammenhang Erwähnung: Eléazar Mauvillon gab aus eigener Beobachtung eine Begebenheit im Umfeld des Zeithainer Lagers von 1730 wieder, bei der Friedrich Wilhelm I. »die Front eines sächsischen Regiments abschreitend einen preussischen Deserteur« erkannt haben soll.191 Durchmustert man jene Quellen, in denen der König sich mit eigener Hand verewigt hat, dann scheint diese Verbundenheit mit seinem Offizierskorps deutlich auf. Durch die Führung der Konduitenlisten konnte er einen regelmäßigen Einblick in die Entwicklung der Offiziere, ihren familiären Hintergrund, ihre Stärken, aber auch Nachlässigkeiten und – im schlimmsten Falle – Disziplinverstöße gewinnen. Daraus folgten Ermahnungen wie: »Er soll seine Conduite verbessern«, oder die kritische Bemerkung über einen Offizier, »der immer Urlaub haben wollte oder beständig krank war«.192 Sein auch aus der zeitlichen Distanz imponierendes Personengedächtnis versetzte ihn in die Lage, konkrete Nachfragen über die Entwicklung seiner Offiziere, vor allem des militärischen 248

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Nachwuchses, zu stellen. Im März 1735 befahl er dem Generalmajor v. Dossow, den Fähnrich v. Bardeleben zu examinieren, »ob derselbe sich wohl aufführet und sich zu dem Dienst appliciret oder nicht, ob er Verstand hat oder ob er dumm ist und ob er gut werden wird oder nicht«.193 Zu anerkennenden Worten – dies allerdings in geringerer Zahl – ließ sich der König ebenfalls herab. Wegen Beurlaubungen, ausstehender Beförderungen, Versetzungen oder vermeintlich erlittenen Unrechts konnten sich die Offiziere direkt an ihn wenden. Militärangelegenheiten nahmen den größten Teil der Kabinettsminüten ein. Die Offiziere wussten um die Zugänglichkeit des Königs in diesen Fragen und hofften deshalb auf eine positive Entscheidung auf die eingebrachten Vorstellungen. So wurde der sich über sein zurückgesetztes »Avancement« beschwerende, im Königsregiment dienende Major Christoph Johann von dem Knesebeck vom König beschwichtigt und ihm beschieden, »daß Euch ja kein Tort geschehen« möge.194 Das »offene Ohr« des Monarchen für die Belange seiner Offiziere schloss persönliche Fürsorge mit ein. Ähnlich wie im familiären Umfeld erleben wir auch in diesem Metier die ganze Ambivalenz der Persönlichkeit Friedrich Wilhelms I. Die mitunter erschreckende Härte und Rücksichtslosigkeit auf der einen Seite standen einer beinahe schon kindlich anmutenden Anhänglichkeit und Besorgtheit für einzelne Offiziere auf der anderen Seite gegenüber. Als der König im Februar 1728 eine Einheit des Generalmajors v. Reinsch umzustrukturieren und einem anderen Kommando zu unterstellen beabsichtigte, entschuldigte er sich bei v. Reinsch fast dafür und begründete sein Vorgehen mit der Rücksichtnahme auf die angegriffene Gesundheit des Offiziers: »Ihr könnet aber versichert seyn, daß dieses keine Ungnade gegen euch ist, sondern weil Ich weiß, daß euer Zustand und Gesundheit nicht zuläßet, daß ihr zu Felde gehen könnet.«195 Und dem Obristen v. Thiele bekundete er nach dessen Augenoperation sein Mitgefühl: »Ihr könnet Euch übrigens sicher auf mich als euren besten Freund verlassen und glauben, daß ich euch nicht verlassen werde, solange als ich lebe, der ich bin.«196 Durch die gezielte Förderung der Karrieren erhielt das Loyalitätsverhältnis eine zusätzliche Verstärkung. Der Generalmajor Ulrich Christoph von Stille hatte es nach mehreren Versuchen im Frühjahr 1715 erreichen können, dass der König seinem Sohn eine Kompaniechefstelle verschaffte, und konnte �������������������������������������������������������������������

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»nicht wordte genug finden, allerunterhänigsten Danck genugsahm zu sagen«.197 Vor allem war es die ungünstige materielle Lage, die viele Adlige dazu bewog, Offizier zu werden. Denn die Militärkarriere galt oftmals noch als der – da standesgemäß – halbwegs gangbare Weg. Der 1737 in der Altmark geborene Ernst Friedrich Rudolf von Barsewisch wusste zu berichten, dass sein Vater »bei seiner zahlreichen Familie und denen wenigen Einkünften eines kleinen Rittergutes nicht die Mittel darzu anwenden konnte, einen oder anderen auf die Universitäten zu schicken«, so dass daher nur übrig blieb, das »vorzügliche Ehrenmetier« – also die militärische Laufbahn – »von Jugend auf zu ergreifen«.198 Problematischer konnte es werden, wenn die Offiziere ihren Abschied nehmen mussten. Denn die vonseiten des Königs gezahlten Gnadengehälter wurden im Vergleich zu seinem Vorgänger gekürzt.199 Dahinter stand die Überlegung des Königs, dass ein Teil der Offiziere durch das System der »Kompaniewirtschaft« durchaus in der Lage war, selbst Vorsorge für eine finanzielle Absicherung zu treffen – diesen Vorteil konnten allerdings nur die Kompaniechefs nutzen. Amtshauptmannschaften, Rittergüter und zivile Verwaltungschargen wurden zwar an verabschiedete Offiziere vergeben, standen aber nur in geringer Zahl zur Verfügung.200 Eine nicht selten genutzte Alternative bestand für in wirtschaftliche Kalamitäten geratene Offiziere darin, sich über Suppliken an den Monarchen zu wenden. So ließ der König dem aus Pommern stammenden Major Martin Anton von Puttkamer im März 1740 eine Schenkung von Bauholz zukommen, um den Neubau von Wirtschaftsgebäuden auf dessen neu erworbenem Gut Goskar voranzutreiben.201 Solche Begünstigungen konnten auch auf Angehörige von adligen Militärs ausgeweitet werden: So hoffte zum Beispiel die verwitwete Catharina Elisabeth von Otterstedt auf die Unterstützung des Königs, als sie mit einer Schuldforderung an ihren bereits verstorbenen Vater in Höhe von 2.040 Talern konfrontiert wurde. Sie erinnerte daran, dass ihre beiden Söhne als Cornet bzw. Fähnrich in seinen Diensten stünden.202 Solche das persönliche Umfeld betreffenden Angelegenheiten der Offiziere wurden auch in der Korrespondenz des Königs mit seinen Regimentschefs thematisiert. So machte ihn zum Beispiel Prinz Georg von Hessen-Kassel im April 1722 darauf aufmerksam, dass einer seiner 250

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Offiziere, der Leutnant v. Blanckensee, »mit des Obristen Schmerheims dochter eine gute partey« machen würde, »indem er über 12.000 rtl. mit solcher bekäme und sein glück dadurch« machen könnte. Deshalb bat er um den Konsens des Königs, der denselben auch erteilte.203 In familiär-jovialem Ton nahm er an den Geschicken des Obristleutnants v. Massow im September 1728 Anteil: »Übrigens ist nicht gut, daß eure Jagd nicht recht vonstatten gehet und daß die überschickten Hunde nicht haben jagen wollen. Ich kann euch versichern, daß dieselben gut sind.«204 Angesichts des großen Renommees, das sich die preußische Armee innerhalb der Adelsgesellschaft des Reiches erwarb, stieg schließlich die Attraktivität eines Dienstes im »blauen Rock« des Königs. Dass dies von Friedrich Wilhelm I. als Mittel der Klientelpolitik in der Fürstengesellschaft des Reiches genutzt wurde, wird noch an anderer Stelle gezeigt werden. Im Verlauf seiner 27-jährigen Regierungszeit konnte der König ein immer dichter geknüpftes Patronagenetz etablieren. Denn im Gegensatz zu Subsidienverträgen oder der Anmietung von Hilfstruppen waren mit solchen Indienstnahmen nicht nur finanzielle Transferleistungen verbunden, sondern die Verleihung eines Offizierspatents »verpflichtete … den Offizier auch zu einem persönlichen Dienst- und Treueverhältnis gegenüber dem Monarchen«.205 Die Favorisierung von Angehörigen bestimmter Fürstenfamilien des Reiches stand mitunter in Abhängigkeit zu den allgemeinen politischen Konjunkturen. Dabei ist nicht nur auf die Zahl von insgesamt sieben Reichsfürsten bzw. Prinzen zu verweisen, die zwischen 1713 und 1740 in die Dienste der preußischen Armee übernommen wurden.206 Die Korrespondenz des Königs deutet außerdem darauf hin, in welcher Weise jene Kontakte bemüht wurden, um Gefälligkeiten zu erweisen – auch für Adlige unterhalb der Grenze des Reichsfürstenstandes. Und aus entgegengesetzter Perspektive wusste man in den Fürstenresidenzen des Reiches recht gut Bescheid, wie der preußische König gewogen gestimmt werden konnte. Der finanziell stets klamme Erbprinz Wilhelm Heinrich von Sachsen-Eisenach, der mit einer Prinzessin von Brandenburg-Schwedt verheiratet war, verknüpfte seine im April 1725 vorgebrachte Bitte, ihn mit einem Kredit zu unterstützen, mit dem Angebot, »jedes jahr E.M. einen hübschen jungen Kerl, welcher barfus sechs rheinländ. Fuß lang sein soll, zu schicken«.207 �������������������������������������������������������������������

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Diese beliebig zu erweiternden Belege vor Augen erscheint das nur auf den ersten Blick als pure Schmeichelei daherkommende Kompliment, das den preußischen König »als einen so großen und penetranten Soldaten-Vatter« rühmte, als durchaus typische Wahrnehmung namentlich solcher Angehörigen der reichischen Adelsgesellschaft mit eigenen Ambitionen, in preußische Dienste zu treten.208 So setzte sich der sachsen-weißenfelsische Herzog Johann Adolph II. 1737 für einen Adligen ein, den er zwar derzeit »bey Meinem Hof engagiret«. Weil aber in seiner kleinen Armee, »als welche nicht viel Capitaines oder Staabs Officiers trägt«, eine erfolgreiche Karriere kaum möglich wäre, bat er Friedrich Wilhelm I., diesen in sein Heer zu übernehmen.209 Doch nicht nur die Gewährung von Chargen in der preußischen Armee lockte, auch mit der Verleihung von Orden aus der Hand des preußischen Königs konnten bestimmte Erwartungen innerhalb der reichischen Adelsgesellschaft bedient werden. Wilhelm Heinrich von Sachsen-Eisenach informierte den preußischen König am 6. November 1724 darüber, dass einer seiner Vasallen als Oberst in der hessischen Armee diene und ihm behilflich sein wolle bei der Beschaffung von »großen leuten«. Jener Oberst bitte sich dafür – gewissermaßen als Gegenleistung – »unterthänigst dabey aus, daß E.K.M. das gnaden Kreutz möchten allergn. zukommen lassen, weil er ein alter meritirter officier ist, von dem man sich gewißlich künfftig wegen der Werbung viel gutes versprechen kann«.210 Und noch am letzten Tag seines Lebens befasste sich der König vornehmlich mit Materien, die seine Armee betrafen, vor allem mit Eingaben von Offizieren. Allerdings trugen die am 31. Mai 1740 erteilten letzten Kabinettsbefehle angesichts der Schwachheit des todkranken Königs den Vermerk, dass »S.K. Hoheit der Cron Printz auf Königl. Befehl unterschrieben« habe.211

Fazit Friedrich Wilhelm I. reiht sich zweifellos als besonders prägnantes Beispiel in die Reihe der Militärmonarchen des Ancien Régime ein. Allein eine quantitative Stichprobe der mittlerweile teilweise online zur Verfügung stehenden Kabinettsminüten zeigt eindrucksvoll die Priorität der 252

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von ihm auf dem Gebiet des Militärwesens gefällten Entscheidungen.212 Die gleich nach seinem Regierungsantritt in Angriff genommenen Reformen sind im Wesentlichen als Reaktion auf die von ihm vor 1713 aufmerksam wahrgenommenen Missstände in der inneren Organisation, der Professionalisierung in der Armee sowie bei der auf gesamtstaatliche Belange ausgerichteten Ressourcenmobilisierung zu verstehen. Die bei ihm durchgängig zu beobachtende Detailbesessenheit in Fragen der Heeresorganisation und Logistik, weniger indes in Fragen der Strategie und Taktik, mag mit Blick auf das Arbeitspensum imponierend, zugleich mit Blick auf seine Standesgenossen erstaunlich wirken. Gleichwohl ist deutlich zutage getreten, dass an diesen »Schnitt- und Berührungsstellen von Staatsstruktur und Heeresordnung« auch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. jene Reibungsverluste und Fragilitäten festzustellen waren, die uns schon bei der Betrachtung der Verwaltungspraxis begegnet sind.213 Demnach kann das Hauptverdienst Friedrich Wilhelms I. angesichts der in das Militärsystem involvierten Interessenlagen und Institutionen vor allem darin gesehen werden, den »Blick für das Ganze« bewahrt zu haben. Wenn auch die Priorität unzweifelhaft auf dem Gedeihen seiner »formidablen Armee« lag, standen für ihn die gesamtwirtschaftlichen Belange gleichermaßen im Fokus. Zwar häufig erst recht spät versuchte er doch beim Gewahrwerden zu großer Schäden des wirtschaftlichen Lebens infolge einer allzu rigiden Rekrutierungspraxis derselben mit Edikten und Ordren gegenzusteuern. Ambivalent erweist sich zudem eine Bilanz seines Agierens innerhalb des Militärsystems aus moralisch-rechtlicher Perspektive: Die bei ihm auf anderen Handlungsfeldern erkennbare Härte und Rücksichtslosigkeit spiegelt sich auch auf diesem Terrain in vielen Entscheidungen wider, wie etwa im Umgang mit Desertionsvergehen. Genauso finden sich aber viele Belege, die auf eine aus seinem christlichen Menschenbild herrührende ausgleichende Rolle des Königs hindeuten und das Bild eines inhumanen Leuteschinders und prügelnden Korporals doch erheblich zu revidieren vermögen.

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8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik Die Grundlagen Nachdem Friedrich Wilhelm I. sein Herrscheramt übernommen hatte, soll er, »ehe des Morgens um 4 Uhr die Kammerdiener eintraten …, regelmäßig schon einen Abschnitt in seiner Postille, Amadeus Creutzbergs Täglicher Andacht«, gelesen haben. Es sei nämlich »die Art des Königs, die Stellen der Postille und der Heiligen Schrift, die ihn am stärksten berührten, mit einem scharfen Einschnitt seines Daumennagels zu bezeichnen«.1 Diese von Jochen Klepper in eher dichterischer Diktion geschilderten Gewohnheiten des jungen Königs sind nichtsdestotrotz aus intimer Quellenkenntnis abgeleitet und geben einen kleinen, aber vielsagenden Einblick in die auf eine sehr tiefe Frömmigkeit hindeutende Gefühlswelt des preußischen Monarchen. Doch so ungewöhnlich wirkt die hier zum Ausdruck kommende intensiv gelebte Religiosität Friedrich Wilhelms nicht. Wir erinnern uns: Schon in frühen Jahren hatte der junge Prinz ein besonderes Verhältnis gegenüber Fragen des Glaubens, den sogenannten »letzten Dingen«, entwickelt – eine Sensibilität, die ihn sein ganzes Leben begleiten sollte. Sein Gemüt scheint hierfür besonders empfänglich gewesen zu sein, wenn man sich insbesondere seine fast schon traumatische Züge annehmenden Ängste, die um Gnadenwahl und Erlösung kreisten, in Erinnerung ruft. Nun ließe sich gewiss einwenden, dass in jener Zeit Kirche und Religion – und zwar stände- und schichtenübergreifend – eine nach wie vor dominante Position einnahmen. Selbst über das sogenannte Konfessionelle Zeitalter hinaus gilt schließlich die Verzahnung von Religion und Politik als »das Charakteristikum der Epoche der Frühen Neuzeit« 254

8. RELIGIÖSE ORIENTIERUNG UND KONFESSIONSPOLITIK

schlechthin, und da lag es nur nahe, dass auch und gerade die Inhaber der höchsten politischen Gewalt diese Zusammenhänge verinnerlichten.2 Gleichwohl waren Unterschiede in der Auslebung der Frömmigkeit, der persönlichen Religiosität eines Herrschers im 18. Jahrhundert zu beobachten. Über August den Starken kursierte zum Beispiel anlässlich seiner Konversion zum katholischen Glauben die sarkastische Auffassung, dass er »die Religion nicht gewechselt haben könne, weil er keine besessen habe«.3 Einerseits war, gerade in katholischen Dynastien, immer noch die Tradition einer sakralen Begründung und Überhöhung des Herrscheramts allmächtig und fand in dem für nüchterne Gemüter mitunter kaum verständlichen überladenen barocken Zeremoniell ihre glanzvolle Widerspiegelung. Andererseits lassen sich gegenläufige Tendenzen zu einer eher sich auf die Erfüllung äußerlicher Formen beschränkenden Religiosität kaum übersehen, die im Übrigen in der zeitgenössischen Wahrnehmung ihren Widerhall fanden.4 Friedrich Wilhelm wusste um die verschiedenen Facetten der Glaubenspraxis seiner Standesgenossen und hat mitunter direkt oder indirekt seine Distanz dazu bekundet, vor allem natürlich mit Blick auf ihre bei ihm auf Ablehnung stoßenden Moralvorstellungen.5 Mit einiger Vorsicht ließe sich deshalb seine dezidiert so in Szene gesetzte Gottesfürchtigkeit, sein im alltäglichen Leben mit großer Distinktion unter Beweis gestelltes praktisches Christentum auch als eine Komponente des ausgefochtenen dynastischen Wettbewerbs ansehen. Ebenso wäre auch der während seiner Regierungszeit einsetzende Bauboom von Kirchen in diesem Sinne zu interpretieren. Nicht nur die bis heute bekanntesten Beispiele von Sakralbauten wie die Garnison- und die 1726 eingeweihte Heiliggeistkirche in Potsdam oder der Umbau der Petrikirche in Berlin sind hier zu nennen. Mehrfach hatte Friedrich Wilhelm I. detaillierte Anweisungen an die Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer erteilt, Baumaterialien für die Fertigstellung der Potsdamer Garnisonkirche zu liefern.6 Dass mit den Sakralbauprojekten auch Absichten verbunden waren, die über kirchenpolitische Interessen hinausgingen, zeigt etwa die Anweisung Friedrich Wilhelms an den in diesem Teil des Reiches weilenden General v. Linger, ihm genaue Informationen über die Höhe des Straßburger Münsters zukommen zu lassen, »weil Ich nun gerne wolte, daß der Petri-Turm 420 Fuß hoch werde, … es mag kosten, was es will«.7 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Auch in anderen Städten der preußischen Monarchie wurden mit zum Teil erheblichen finanziellen Zuschüssen des Königs solche Vorhaben umgesetzt. Stets ließ er sich genauestens über die Baufortschritte berichten und versuchte seinerseits mit teilweise ins Detail gehenden Anweisungen über architektonische Fragen oder die Gestaltung des Kirchenlebens Einfluss zu nehmen. So zeigte er sich zum Beispiel im Januar 1733 sehr interessiert an der Gottesdienstordnung sowie der finanziellen Ausstattung (Anzahl der Prediger, Besoldung) in der damals kurz vor der Fertigstellung stehenden Petrikirche in Berlin. Dazu sollte ihm der Propst Reinbeck »einen »Aufsatz« machen.8 Selbst der katholischen Kirche in Potsdam, die für die seelsorgerische Betreuung der vielen Soldaten aus katholischen Ländern zuständig war, ließ er wertvolle liturgische Gegenstände wie Monstranzen, Weihrauchfässchen und Kaseln zukommen. Als dieses Gotteshaus aufgrund der rapide anwachsenden Zahl von Soldaten, aber auch der Arbeiter in der dortigen Gewehrfabrik zu klein wurde, ließ er sich zum Bau einer neuen Kirche überreden, die im Jahre 1738 fertiggestellt werden konnte.9 Auf eine gewisse Verinnerlichung der evangelischen Botschaft und damit zugleich auf eine ziemliche Vertrautheit mit den Texten der Heiligen Schrift verweist die Sprache des Königs. Recht häufig verwendete Friedrich Wilhelm I. Passagen aus der Bibel. Das ist indes nicht nur bei solchen bedeutenden Dokumenten wie etwa der 1722 verfassten Instruktion an seinen Nachfolger zu beobachten, in der er für den Abschnitt über die Anforderungen an einen gottesfürchtigen Regenten ganze Passagen aus dem Matthäus- oder Markusevangelium übernahm.10 Auch in einigen seiner Marginalien sind Anlehnungen an die Heilige Schrift anzutreffen: »Wer gott nit getreue ist wird viell weniger mir Menschen getreu sein.« (Luk. XVI) oder: »anfein ist es Gottes wille der machet alles recht er hat es gegehben er kann es nehmen und wiedergehben sein will geschehe im himell als auf erden.« (Mark. VII, 37/ Hiob I,21).11 Die Grundlagen seiner religiösen Orientierung hatten sich während der Kronprinzenzeit entwickelt, wenngleich es zu beachten gilt, dass sich bestimmte Werthaltungen im Laufe seiner 27-jährigen Regentschaft veränderten. Vor allem die Prägungen durch den Oberhofprediger Ursinus mit seiner die strenge partikularistische Auffassung von der Gnadenwahl relativierenden Sichtweise beeinflussten die persönliche Religiosität des 256

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Der Turm der Garnisonskirche. Kupferstich von Alexander Gläßer, 1730.

Kronprinzen. Für die Auffassung, wonach Gott allen Menschen unterschiedslos seine Gnade zuteilwerden lasse, konnte sich der junge Friedrich Wilhelm viel mehr erwärmen als für die durch seinen Lehrer Rebeur vermittelte strenge Auffassung über die doppelte Prädestination, den in seinen Augen »verdammlichen Particularglauben«. Die Ablehnung dieser Lehre erwuchs aus mehreren Motiven: Zum einen schreckte ihn die Ungewissheit, die individuelle Machtlosigkeit, etwas gegen das vorgegebene Schicksal ausrichten zu können – gerade im Wissen um die eigene Unvollkommenheit. Zum anderen aber – und hier kommen die spezifischen Interessen des Herrschers zur Sprache – erschien ihm dieser »Particularglauben« auch deshalb nicht hinnehmbar, weil sich dessen Anhänger in einer privilegierten und quasi unanfechtbaren Stellung wähnten, was aber mit der Staatsräson kaum vereinbar sei.12 Überdies dürfte die Berufung des Kronprinzen Friedrich auf die Prädestinationslehre im Rahmen der Katte-Affäre den König in seiner ablehnenden Haltung noch zusätzlich bestärkt haben. Während seiner Haftzeit in Küstrin sollte der Prediger Müller deshalb den Kronprinzen »von der Dordrecht’schen 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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oder Calvin’schen Lehre (von der unbedingten Vorherbestimmung des Menschen zur Seligkeit oder Verdammniß) abbringen, und ihm die lutherische Lehre von der allgemeinen Gnade einschärfen«.13 Von daher nahm es gar nicht wunder, dass der König dem Luthertum, das ein ihm gefälliges Verständnis von der Prädestination proklamierte, stets Sympathien entgegenbrachte. Wir werden auf diese Affinitäten im Zusammenhang mit dem Unionsprojekt noch zurückkommen. Doch trotz der Zuneigung zum lutherischen Glauben hielt Friedrich Wilhelm I. zeitlebens am Reformiertentum fest. »Wahs die Religion anlanget, so bin ich und werde mit Gottes hülfe Reformiret sehlich sterben«, bekundete er in der »Instruktion an seinen Nachfolger«, was aber auch als Verteidigung gegen bestimmte Verdächtigungen seiner zu großen Nähe zum Luthertum interpretiert werden mag.14 Immer wieder thematisierte der König in Gesprächen religiöse Fragen. Die schon in der Jugend anklingende Unsicherheit, die Suche nach letztlich verbindliche Gewissheiten über die »letzten Dinge« bietenden Antworten, trieb ihn zeitlebens um. Der in Potsdam wirkende katholische Pfarrer Bruns berichtete in seinem Tagebuch über mehrere solcher Unterhaltungen mit Friedrich Wilhelm I. Als aufschlussreich erweist sich dabei folgendes Bekenntnis des Königs, nachdem der Pfarrer versucht hatte, ihn über einige Vorurteile gegenüber der katholischen Kirche aufzuklären: »Mein lieber Pater, wenn ich wüßte und erkennte, daß ich im Jrrthume sei, so würde ich noch heute katholisch. Ich glaube aber, daß alle Christen, welcher Confession sie auch angehören, selig werden können; denn wenn sie auch in einzelnen Nebendingen verschiedener Ansicht sind, so stimmen sie doch Alle in den Hauptsachen überein.«15 Nicht zuletzt dürfte der labile Gesundheitszustand ihn für derartige Versuche empfänglich gemacht haben, sein Gewissen zu erforschen. Friedrich Wilhelm I. hatte während seiner gesamten Regierungszeit immer wieder mit zum Teil lang andauernden Krankheitsschüben zu kämpfen, die ihm nicht nur schwere körperliche Qualen bereiteten, sondern ihn auch psychisch belasteten. Oft wurde er dabei von Alpträumen geplagt, die die in ihm wohnenden Zweifel und eine gewisse Affinität zu Irrationalem beförderten.16 Gedanken an den Zeitpunkt, zu dem er einst vor Gott Rechenschaft über sein irdisches Tun würde ablegen müssen, trieben ihn zeitlebens um.17 Im Juli 1720 forderte er seinen Minister v. Ilgen 258

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auf, ihm einen Traum, der ihn einige Wochen zuvor überkommen hatte und der ihn seitdem sehr bedrückte, zu deuten.18 1718 zeigte sich Friedrich Wilhelm I. nach hohem Fieber, Nierenkoliken und mehreren Herzanfällen überzeugt, dass er bald sterben würde, und setzte sein Testament auf.19

Die Haltung des Königs zu den Juden Zu den unverrückbaren Einstellungen des Königs zählte auch seine ablehnende Haltung gegenüber den Juden. Wenngleich relativierend darauf verwiesen werden kann, dass er mit den damals dominierenden antijüdischen Vorstellungen konform ging, bleibt der Fakt als solcher bestehen. Nicht allein in seinem Namen erlassene Verordnungen, wie etwa das 1730 publizierte »General-Privilegium und Reglement, wie es wegen der Juden in Sr. Königl. Majestät Landen zu halten«, wiesen diese Konnotationen auf, sondern Friedrich Wilhelm I. hat in vielen persönlichen Zeugnissen seine Position unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.20 Unter seinen Marginalien auf solchen Vorlagen, in denen es um sogenannte »Judensachen« ging, fanden sich Äußerungen wie jene, dass man »sie aus der Landes jagen«21 solle, oder: »Mit die Juden will ich nits zu thun haben.«22 Grundsätzlich und in besonders prägnanter Form hat er sich zu diesem Thema in seiner »Instruktion« an seinen Nachfolger 1722 geäußert: »Was die Juden betrift, sein leider sehr viell in unsere lender, die von mir Keine schutzbriffe haben. Die müßet ihr aus dem lande Jagen. Den[n] die Juden [seien] Heuschrecken einnes Landes … und Ruinieren die Kristen.«23 Allerdings gilt es auch darauf hinzuweisen, dass das genannte »Generalprivilegium« von 1730 eingebettet war in die übergreifenden Bemühungen des Königs, die Zentralisierung und Nivellierung der Verwaltungs- und Rechtsverhältnisse voranzutreiben. Das kam dem jüdischen Teil der Bevölkerung insofern entgegen, als dieser nunmehr im gesamten preußischen Staat ein höheres Maß an Rechtssicherheit erhielt und nicht mehr in dem früheren Maße »der Laune und der Willkür irgendwelcher sich despotisch gebärdender Dorfschulzen und Bürgermeister ausgeliefert« war.24 Die Quellen belegen zudem, dass die in den preußischen Städten ansässigen jüdischen Gemeinden zuneh8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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mend ein recht großes Vertrauen zu den landesherrlichen Behörden in Rechtsangelegenheiten hegten und diese auch bei internen Streitigkeiten anriefen. Vonseiten des Königs schien aber auch unumwunden jenes Motiv auf, fiskalischen Gewinn aus der Tätigkeit vor allem der jüdischen Händler zu ziehen. Dies führte dazu, dass Friedrich Wilhelm I. in konkreten Entscheidungen ungeachtet seiner Ressentiments im Interesse von Geldzirkulation und Steuereinnahmen des Öfteren dafür plädierte, den jüdischen Geldhandel nicht zu unterbinden.25 An seiner grundsätzlichen Aversion gegen die Juden änderte sich hingegen zeit seines Lebens nichts – ganz im Gegensatz zu vielen seiner hohen Amtsträger, unter ihnen sei vor allem auf die sich frühaufklärerischen Gedanken öffnenden christlichen Geistlichen verwiesen.

Zwischen Kanzelpolemik und Toleranzbemühungen. Die konfessionelle Struktur im Königreich Preußen Auch wenn die individuelle religiöse Orientierung der Herrscherpersönlichkeit für die Analyse der Religionspolitik eine sehr wichtige Komponente darstellt, ist die Berücksichtigung der inneren konfessionellen Verhältnisse sowie kirchenpolitischen Problemlagen und Zuständigkeiten im jeweiligen Staat nicht minder wichtig. Deshalb sei der Blick zunächst auf die Lage in den Territorien der preußischen Gesamtmonarchie gerichtet. Die in vielen Landesteilen dominierende Polykonfessionalität war ein, wenn nicht gar das bestimmende Strukturmerkmal dieser wichtigen Sphäre in Staat und Gesellschaft. Dem sich auf etwa 90 Prozent belaufenden Anteil an Lutheranern standen Bevölkerungsgruppen von 7 Prozent Katholiken und von etwas mehr als 3 Prozent Reformierten gegenüber.26 Solche mehrkonfessionellen Strukturen waren indes für sich allein genommen noch nicht allzu ungewöhnlich und fanden sich auch in einer ganzen Reihe weiterer Reichsterritorien.27 Für die brandenburgischen Hohenzollern kam hingegen noch etwas anderes hinzu: Nach dem 1613 vollzogenen Konfessionswechsel gehörte die Herrscherfamilie selbst zu einer konfessionellen Minderheit im eigenen Staatswesen! Die sich daraus ergebenden Herausforderungen und Konflikte sind kaum zu über260

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schätzen und so nicht erwartet worden. Denn die Hoffnung, dem Glaubenswechsel des damaligen Kurfürsten Johann Sigismund auch eine massenhafte Konversion der Untertanen zum Reformiertentum folgen zu lassen, hatte sich aus verschiedenen Gründen nicht erfüllt.28 Der Widerstand der Lutheraner – primär in Gestalt der Geistlichkeit und der Ständerepräsentanten – war immens, was sich in den folgenden Jahrzehnten in einer Vielzahl von Kanzelpolemiken und Druckschriften widerspiegelte. Das zuweilen anzutreffende Argument, wonach der brandenburgische Kurfürst im Sinne des im Augsburger Religionsfrieden von 1555 postulierten Grundsatzes des »cuius regio, eius religio« seine Untertanen zum Glaubenswechsel hätte verpflichten können, kann nicht ganz überzeugen. Schließlich war das Reformiertentum ausdrücklich nicht in den Religionsfrieden einbezogen worden, so dass daraus reichsrechtlich auch keine Forderungen abgeleitet werden konnten. Somit änderte sich an der vergleichsweise schwachen Stellung der Reformierten in den brandenburgisch-preußischen Territorien lange Zeit kaum etwas. In den mittleren und östlichen Landesteilen hatte es sich – mit dem Schwerpunkt der Berlin-Potsdamer Residenzlandschaft – zunächst allenfalls um »Beamtengemeinden« gehandelt, die kleinere reformierte Oasen in einer ansonsten durchweg lutherisch geprägten Konfessionslandschaft bildeten.29 Als die bis dahin erzstiftisch-magdeburgische Residenzstadt Halle im Jahre 1680 unter kurbrandenburgische Herrschaft kam, lebten dort nur zwei reformierte Familien. Erst mit der Zuwanderung von Angehörigen der reformierten Konfession, vor allem in Gestalt der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten, aber auch von Pfälzern und Schweizern, wuchs der Anteil ihrer Konfessionsgruppe, obgleich dieser Effekt nicht überbewertet werden sollte. Wenn sich nun die Anzahl reformierter Gemeinden auch erhöhte und diese sich nicht mehr auf den Status von »Beamtengemeinden« beschränkten, gestaltete sich die Zuwanderung noch sporadisch und führte nur punktuell in ausgewählten Kommunen zu einer nennenswerten Zunahme von Reformierten. Auf dem »platten Land« fanden – abgesehen etwa von Teilen der Uckermark – hingegen kaum solche Einwanderergruppen eine neue Heimat.30 Es erscheint deshalb plausibel, dass die Landesherrschaft alle Bemühungen unterstützte, die auf eine Erhöhung des Anteils der reformierten 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Glaubensverwandten gerichtet waren. Die Motive dafür lagen, wie insbesondere in unseren Ausführungen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik deutlich geworden ist, in verschiedenen Bereichen: Für das ambitionierte Wiederaufbauprogramm wurden in den Jahrzehnten nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges Arbeitskräfte und Startkapital gleichermaßen benötigt. Aber dem diesen Peuplierungsbemühungen auch zugrunde liegenden konfessionspolitischen Motiv wohnte natürlich eine besondere Brisanz inne. Denn es stellte ein Politikum ersten Ranges dar, wenn gegen die sich in einer extremen Minderheitsposition befindende Konfession des eigenen Landesherrn in teilweise so heftiger Weise polemisiert werden konnte. Im Wesentlichen während der Regierungszeit Kurfürst Friedrich Wilhelms hatten sich die Fronten zwischen den Lutheranern und den Reformierten in den brandenburgisch-preußischen Landen zeitweise sehr verhärtet. In besonders zugespitzter Weise äußerte sich dieser Dissens in Folgendem: Bei den lutherischen Pfarrern hatte sich seit den ausgehenden 1570er Jahren der Brauch eingebürgert, bei der Ordination auf die Konkordienformel zu schwören, die unter anderem beinhaltete, dass der Calvinismus – immerhin deckungsgleich mit dem Glauben des eigenen Landesherrn – als »Abgötterey und Ketzerey« verurteilt wurde. Die Konfession des Landesfürsten aber als »Ketzerey« zu diffamieren, war ein ernsthaftes Problem und musste zwangsläufig zu Autoritätseinbußen führen. Von daher war es nur naheliegend, dass der Kurfürst alles daransetzte, die Konkordienformel als verbindlichen Bestandteil bei der Amtseinsetzung lutherischer Geistlicher abzuschaffen – eine Absicht, die unter den Lutheranern auf großen Widerstand stieß. In der Folgezeit sollten sie sich mit dem »Kleinen Katechismus« Martin Luthers als einer anerkannten Bekenntnisgrundlage zufriedengeben, der im Gegensatz zu anderen Schriften nicht eine solch starke anticalvinistische Diktion aufwies.31 Auch die Berliner Religionsgespräche in den 1660er Jahren, mit denen versucht wurde, die Schärfe aus den Auseinandersetzungen zu nehmen und zu deeskalieren, endeten mehr oder weniger erfolglos. Diese Verhandlungen zeigen aber zugleich, dass seit dem Konfessionswechsel von 1613 neben der dadurch ausgelösten großen Verbitterung immer Bestrebungen obwalteten, die auf Verständigung setzten.32 An dieser für die hohenzollernsche Landesherrschaft insgesamt misslichen Situation konnte selbst die Tatsache nicht allzu viel ändern, dass 262

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der reformierte Landesherr seine Stellung als Oberhaupt seiner Landeskirchen, also auch der lutherischen Kirche, in den sich vom Rhein bis ins ferne Ostpreußen verteilenden Territorien behalten hatte. Zwar nahmen die brandenburgisch-preußischen Monarchen de jure das landesherrliche Kirchenregiment gegenüber den Lutheranern dezidiert wahr, jedoch kam es immer wieder mit der – überwiegend orthodox eingestellten – lutherischen Geistlichkeit zu Konflikten, weil sie sich schwertat, sich von einem reformierten Fürsten und dessen Amtsträgern in Fragen der Glaubenspraxis hineinreden zu lassen. Mit Verdruss hatten es die lutherischen Pfarrer zum Beispiel hinnehmen müssen, sich einer Prüfung durch reformierte Geistliche aus den übergeordneten kirchlichen Behörden zu stellen. Unterschwellig blieben Zweifel, und diese konnten sich im Falle eines sich auch auf anderen politischen Feldern anbahnenden Konfliktes zu einer ernsten Herausforderung entwickeln. Die Geschichte des Konfessionellen Zeitalters bietet bekanntlich genügend Beispiele dafür, in welch existenziell gefährlicher Weise die Autorität des Herrschers durch das Argument der »Andersgläubigkeit« infrage gestellt werden konnte.33 Auch im Hause Brandenburg war freilich eine gewisse Sensibilität dafür vorhanden. Aus verschiedenen Gründen kam es während der Regierungszeit Friedrichs III./I. zu einem allmählichen Abflauen der Auseinandersetzungen. Bei genauerem Hinsehen muss allerdings davon ausgegangen werden, dass diese sich eher verlagerten. Dem ersten preußischen König galt die Maxime als Richtschnur, dass »ein Churfürst von Brandenburg allezeit zu reflectiren hat, daß seine meiste unterthanen Lutterisch sein«.34 Demzufolge mangelte es während seiner Regierungszeit auch nicht an Beschwichtigungsversuchen gegenüber den lutherischen Ständen bis hin zu Verboten an reformierte Prediger, gegen die Lutheraner zu polemisieren.35

Die Haltung des Königs zur pietistischen Bewegung Friedrich Wilhelm I. konnte also mit Beginn seiner Regierung im Jahre 1713 an jene konfessionspolitischen Leitlinien anknüpfen, die bereits unter seinem Vater und Vorgänger begründet worden waren. Zu Recht 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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wurde und wird in der Forschung auf die große Kontinuität auf diesem Politikfeld hingewiesen, womit die ansonsten gern betonte Zäsur des Thronwechsels von 1713 etwas in den Hintergrund tritt.36 Das trifft auch und gerade auf die enge Bindung an die pietistische Bewegung zu. Hier sind also frühere Bewertungen, wonach das für die weitere preußische Geschichte so wirkungsmächtige Bündnis zwischen Krone und Pietismus erst unter Friedrich Wilhelm I. bedeutsam geworden sei, zu revidieren. Abgesehen davon, dass er jener Strömung zunächst reserviert gegenüberstand, waren auf diesem Feld schon geraume Zeit vor 1713 Tatsachen geschaffen und langfristig wirkende Netzwerke etabliert worden.37 Ausgehend von den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) hatte sich die pietistische Bewegung immer mehr verbreitet und war in institutioneller und personaler Hinsicht zu einer festen Größe im Lande geworden, die zudem über vorzügliche Kontakte zur politisch-höfischen Elite verfügte. Doch was machte die Anziehungskraft, den Reiz dieser sowohl für die persönliche Prägung des Königs als auch mit Blick auf die Wirkung auf Staat und Gesellschaft gleichermaßen bedeutsamen religiösen, aber auch »politisch-sozialen Reformbewegung« aus?38 Das Aufkommen jener innerhalb des Luthertums entstehenden Strömung wurde angesichts der traumatischen Erfahrungen während des »Großen Krieges« gefördert durch Unzufriedenheit, Resignation und Ratlosigkeit in Anbetracht der beunruhigenden Zeitläufte in den Jahrzehnten nach dem Westfälischen Frieden. So wurde etwa tiefes Unbehagen artikuliert gegenüber dem Kirchenleben dieser Zeit, einer sich auf äußere Formen des Gottesdienstes beschränkenden und sich allzu unkritisch der weltlichen Obrigkeit – in erster Linie in Gestalt der als Patronatsherren agierenden adligen Rittergutsbesitzer – unterordnenden Geistlichkeit sowie einer die Gemeinden teilweise entmündigenden Kirchenpraxis. Dagegen forderte eine eher »antihierarchisch« orientierte Laienfrömmigkeit die Wiederbelebung jenes aus der frühen Reformation stammenden Leitmotivs des »Priestertums aller Gläubigen«.39 Im Sinne der damals immer noch populären Sündenökonomie wurde die ganze irdische Misere als Preis für die Verderbtheit der Welt und vor allem der Missstände in der offiziellen Hochkirche interpretiert, die mit ihrem Gebaren dafür verantwortlich gemacht wurde, dass auf absehbare Zeit keine Besserung erwartet werden könne. Auf diese Vorhaltungen war es insbesondere zurückzuführen, 264

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dass man sich nicht (nur) in den offiziellen Gotteshäusern traf, sondern in Privathäusern zu Andacht, Gebet und erbaulichen Gesprächen versammelte. Anstoß erregten des Weiteren bestimmte Teile der lutherischen Liturgie. Solcherlei Auseinandersetzungen beschränkten sich nicht auf Kontroversen unter wenigen Theologen, sondern wurden aufgrund ihrer Sichtbarkeit vergleichsweise stark in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Zuvörderst galt die Privatbeichte als äußerst kritikwürdig, wurde sie doch als ein Relikt des alten katholischen Ritus angesehen.40 Bei den Pietisten handelte es sich trotz der gemeinsamen Stoßrichtung ihrer Kritik durchaus um eine in sich stark differenzierte Bewegung, die zwischen schwärmerischen und sogar sozialkritisch ausgerichteten Strömungen, so etwa gegen die Dreiständeordnung und die im Zuge der Staatsbildung wahrgenommenen administrativen Zwänge, und den herrschaftskonformen Richtungen changierte.41 Von daher erschien das viel beschworene »Bündnis zwischen Pietismus und preußischem Staat« zunächst einmal überhaupt nicht selbstverständlich. Im Gegenteil – in einigen Reichsterritorien, so zum Beispiel in Kursachsen, wurden eher vom Pietismus ausgehende destabilisierende Effekte befürchtet. Für die Akzeptanz dieser Bewegung in den brandenburgisch-preußischen Landen mussten also noch andere Voraussetzungen gegeben sein. Versucht man etwa, die Motive für die besondere Förderung der Pietisten in den Hohenzollernterritorien zu erhellen, lässt sich mit einiger Berechtigung urteilen, dass der Boden für eine vergleichsweise positive Sicht auf diese Glaubensrichtung bereits vor dem Auftreten von Philipp Jakob Spener und anderen namhaften Pietisten bereitet war. Neben einer gewissen Nähe der pietistischen Projekte zur reformierten Tradition – »vor allem im Sinne einer Aktivitätstheologie«42 – dürften auch eine gewisse »aufklärerische Neugierde und eine Art geistiger Bohème« in der Berliner Hof- und Residenzgesellschaft für die Sympathien gegenüber dem Pietismus verantwortlich gemacht werden.43 In der Tat lassen sich solche Beobachtungen anstellen, namentlich vor dem Hintergrund unserer Ausführungen über die Angehörigen der politischen und höfischen Elite in der Berlin-Potsdamer Residenzgesellschaft. Dabei wird man nicht von der Hand weisen können, dass sich die dort stets sehr heterogene Struktur förderlich auf eine vergleichsweise offene geistige Haltung gegenüber solchen neuen Strömungen 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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auswirkte.44 Freilich artikulierte sich auch in Brandenburg-Preußen seitens der führenden, vor allem mit den adligen Ständen eng verbundenen konservativen lutherischen Geistlichen Widerstand gegen das wachsende Gewicht der Pietisten. Allerdings traf diese Opposition – im Unterschied etwa zu den kursächsischen Verhältnissen – angesichts der anders gelagerten personellen Struktur in der Hof- und Staatselite kaum auf die erhoffte Resonanz bei den zuständigen Amtsträgern. Die pietistischen Einflüsse konnten sich auch deshalb am Berliner Hof stärker durchsetzen, weil hier überwiegend die Vertreter jener pietistischen Richtung Fuß fassten, die vornehmlich über konkrete Veränderungen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, wie im Schul- und Armenwesen, im Sinne einer »praxis pietatis« wirken wollten. Hierbei trafen sich die aus religiösen Motiven resultierenden Reformbemühungen mitunter mit dem aus anderen Beweggründen erwachsenden Bestreben, gesellschaftliche Reformen herbeizuführen. Die Ursprünge der »Pietisten«, wie sie zunächst und hauptsächlich von ihren Gegnern bezeichnet wurden, lagen in Kursachsen. Aus diesem Territorium kam auch jener Theologe, mit dessen Namen sich die Durchsetzung des Pietismus in Kurbrandenburg verbinden sollte: Philipp Jakob Spener (1635–1705).45 Zwar gebürtig im Elsass hatte ihn sein Lebensweg in die kursächsische Residenz geführt, wo er als Oberhofprediger agierte, bevor er 1691 – zunehmend seitens der sächsischen lutherisch-orthodoxen Geistlichkeit angefeindet – als Propst an die St. Nikolaikirche nach Berlin wechselte. Sein großes Verdienst dürfte wohl darin bestanden haben, die fruchtbaren Ansätze der spiritualistischen Bewegungen, deren Vorstellungen er natürlich nicht in Gänze teilte, erkannt und für die Erneuerung des Kirchenlebens nutzbar gemacht zu haben. Er agierte als Moderator zwischen den sich teilweise ganz den weltlichen Dingen verschließenden schwärmerischen Strömungen und jenen Kräften innerhalb der sogenannten lutherisch-orthodoxen Geistlichkeit, die durchaus in einem eng gesteckten Rahmen die Notwendigkeit gewisser Veränderungen sahen. In diesem Sinne wollte die pietistische Bewegung die persönliche Frömmigkeit des einzelnen Gläubigen und die Erziehung zu einem sich nicht nur auf die formale Teilnahme am Gottesdienst beschränkenden, sondern besonders im karitativen Bereich und im Bildungswesen tätigen Christentum in den Mittelpunkt rücken. 266

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Des Weiteren ist die Annahme nicht von der Hand zu weisen, dass im Umfeld des brandenburgisch-preußischen Landesherrn gerade dieses Agieren Speners zwischen den Fronten als sehr nützlich angesehen wurde – vorbildgebend vor allem für ein zentrales Anliegen der Konfessionspolitik: die Union zwischen Lutheranern und Reformierten! Dafür wären die Pietisten als Repräsentanten eines Luthertums, das für eine im Sinne der Reformation betriebene Revitalisierung der Kirche stand, besonders geeignet, auch wenn Spener selbst bei den zunächst im Geheimen geführten Unionsverhandlungen nicht hinzugezogen wurde.46 Schließlich handelte es sich bei den Anhängern des Pietismus, so hieß es aus berufenem Munde, um »gelehrte Magistri und Studiosi Theologiae …, die das Theologische Schulgezänck laßen«.47 Selbstredend wirkte sich eine solche am Berliner Hof rasch verbreitete Sicht förderlich auf den weiteren Zuzug von Repräsentanten dieser Richtung nach Brandenburg-Preußen aus. Gewiss waren die auf die Pietisten projizierten Erwartungen nicht gänzlich unberechtigt. Zumindest wurde ein solcher Eindruck durch die Zeitgenossen immer wieder suggeriert, sei es, um die Bedeutung der Anhänger jener Bewegung bei der Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens zu unterstreichen, sei es aber auch, um sie als allzu laue Lutheraner zu diskreditieren, die – um sich weiter bei der Landesherrschaft anzubiedern – bereitwillig wichtige Positionen des Luthertums aufgeben würden. Auf die rhetorische Frage, warum denn der brandenburgische Kurfürst die Pietisten »nach ihrem Gefallen hausen lasse«, wurde in einer anonymen, 1699 erschienenen antipietistischen Schrift geantwortet: »Sie thun es / weil die hohe Landes-Herrschaft sie duldet / und solches vielleicht deswegen / weil sie noch immer eine Vereinigung der Reformirten und Lutherischen Kirchen durch diese Leute geschmiedet zu werden hoffen mögen … .«48 Bei einem Blick auf das Agieren führender pietistischer Theologen, die mitunter in anderen Wissenschaftsdisziplinen wirksam waren, fällt es in der Tat schwer, eine eindeutige Aussage zu treffen, ob und in welchem Maße sie sich in das vonseiten der Landesherrschaft mit so viel Verve betriebene Vorhaben der Kirchenunion haben einspannen lassen. Folgt man Spener selbst, dann habe – so in einem kurz vor seinem Tode 1705 verfassten Brief an den preußischen König – »bey vielen die Bitterkeit der beyden protestierenden partheyen nachgelassen« und sei 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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»eine Liebe gegen einander in die Hertzen gebracht worden«, was er auf den Einfluss seiner Anhänger meinte zurückführen zu können.49 Und auch im Umfeld der seit der Mitte der 1690er Jahre mit Pietisten besetzten Theologischen Fakultät der Universität Halle lassen sich Belege für diese Sichtweise finden. Von daher besehen war so etwas wie eine Winwin-Situation zwischen der Landesherrschaft und den führenden Repräsentanten des Pietismus in Brandenburg-Preußen entstanden. Während im Umfeld des Kurfürsten bzw. Königs von den Pietisten neue Impulse bei der Annäherung zwischen Luthertum und Reformiertentum erwartet wurden, erhoffte man sich aus entgegengesetzter Perspektive eine umfassende Unterstützung und Förderung seitens des Berliner Hofes, sei es bei der Besetzung von einflussreichen Positionen mit Pietisten, seien es finanzielle Zuwendungen für Projekte oder sei es schlichtweg die Abwendung von Ungemach in Gestalt von immer wieder aufkommenden Beschwerden und Unterstellungen von Personen und Gremien antipietistischer Couleur. Wir haben diese Entwicklungen und Zusammenhänge aus zweierlei Gründen etwas ausführlicher geschildert: Zum einen bilden sie gewissermaßen die »Vorgeschichte« für das Agieren und Reagieren Friedrich Wilhelms I. auf konfessionspolitischem Terrain. Wie auf anderen Politikfeldern erfolgte der Thronwechsel ja nicht voraussetzungslos, vielmehr konnte bzw. musste der junge König in mehrfacher Hinsicht an das anknüpfen, was er vorfand. Zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass diese Vorgänge, die in seine Kindheits- und Jugendphase fielen, auch die Herausbildung seiner Vorstellungen und Werthaltungen beeinflussten. Vor allem hatte er während der Regierungszeit seines Vaters die immer wieder aufflackernden Konflikte zwischen Reformierten und Lutheranern erlebt und erfahren müssen, in welcher Weise die Repräsentanten der beiden Konfessionen ausgleichend agierten oder die Gegensätze anfachten. Der Beginn der schon vielfach beschriebenen Beziehung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm zum Pietismus liegt im Jahre 1711, also in jenem Jahr, in dem es – nach bisherigem Wissensstand – zur ersten Kontaktaufnahme zu dem damals bekanntesten Repräsentanten der pietistischen Bewegung in Preußen kam. Vermittelt über den dem Kronprinzen nahestehenden Generalleutnant Dubislav Gneomar von Natz268

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mer gelang es August Hermann Francke, einen »Aufsatz« an Friedrich Wilhelm zu lancieren, in dem er über Motive, Aufbau und Arbeitsweise der sogenannten Halleschen Anstalten informierte. Dabei begab sich Francke wohlweislich nicht auf das glatte Parkett einer vornehmlich religiösen Begründung seines Unternehmens – dazu kannte er die Affinität des Empfängers seiner Denkschrift diesen Dingen gegenüber noch zu wenig. Vielmehr versuchte er sein Vorhaben »nach merkantilistischen Gesichtspunkten« zu rechtfertigen, eine vor dem Hintergrund der bis dahin bekannten Neigungen des Kronprinzen durchaus geschickte Entscheidung.50 Dass sich Friedrich Wilhelm zunächst eher von äußeren, ihn ansprechenden Facetten der Halleschen Anstalten beeindruckt zeigte, wird auch durch solche Nachrichten bestätigt, dass ihm die Größe und bauliche Gestalt des Waisenhauses sehr imponierten: »Ist das nicht ein Bauen! Eine ganze Gasse Häuser!«, ließ er sich anerkennend vernehmen.51 Doch trotz dieser im Ganzen wohlmeinenden Reaktion war es alles andere als selbstverständlich, dass Friedrich Wilhelm nach seiner Thronbesteigung die aufgeschlossene Haltung zu Franckes Projekt beibehalten würde. Vielmehr hieß es in den ersten Tagen nach dem Tode des alten Königs, dass Francke nun »mit seinem Hause wandern« müsse, denn es sei »jedermann persuadiret gewesen, der neue König würde die hier gemachten Anstalten ruinieren«.52 Selbst eine Ausweisung der Pietisten galt als reale Gefahr, zumal dem Monarchen hinterbracht worden war, dass Francke junge Männer vom Militärdienst abhalten würde.53 In der Tat blieb es zunächst unentschieden, in welcher Weise sich Friedrich Wilhelm I. zu dem Projekt Franckes positionieren würde. Die Unsicherheit über das künftige Agieren des Königs prägte auch auf anderen Politikfeldern die Stimmungslage innerhalb der höfisch-politischen Elite in den ersten Monaten nach dem Herrscherwechsel. Es wäre aber in den Augen Franckes und seiner Anhänger schon viel gewonnen gewesen, wenn sich der Monarch entgegenkommend zu den Gesuchen in diversen Angelegenheiten zeigen würde, auch ohne dass er offen Sympathie für das pietistische Anliegen bekundete. Zweifel und Unsicherheit, was die Zukunft bringen möge, bestimmten auch jene Zeilen, die Heinrich Julius Elers, ein enger Mitstreiter Franckes, am 23. März 1713 in sein Diarium eintrug: »Bisher hats sich, nachdem der König angefangen zu regieren, miteinander überworfen; bald höret man viel Gutes, bald höret man von harten 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Werbungen. … Hilf diesem guten König und bewahre ihn für die Scharen der Finsternis aus Satans Reiche!«54 Aber schon wenige Wochen nach dem Thronwechsel bot ein überraschender Besuch des neuen Königs in Halle die Gelegenheit, die Kontakte zu Francke zu festigen und das Verhältnis zur pietistischen Bewegung auf eine stabilere Grundlage zu stellen. Das überlieferte Gespräch Franckes mit dem König anlässlich dieses Besuches verrät einiges über den besonderen Beziehungscharakter zwischen den beiden Männern, aber ebenso über einige persönliche Eigenschaften Friedrich Wilhelms I. selbst. Der König äußerte Wissbegierde, echtes Interesse, fast schon Detailbesessenheit, aber zugleich ein sich in mehreren Nachfragen unverblümt zeigendes Misstrauen. Unverkennbar traten seine auch bei anderen Gelegenheiten betonten Präferenzen zum Vorschein, so wenn er sich vornehmlich nach baulichen Einzelheiten, der Finanzierung und materiellen Ausstattung (bis hin zum Inhalt einzelner Schränke) erkundigte, nach dem Vorhandensein einer Branntweinblase fragte55 oder argwöhnte, dass die männlichen Zöglinge eventuell dem Militärdienst abspenstig gemacht werden könnten. Die Atmosphäre des Gesprächs scheint auch in der verkürzten Diktion ihrer Überlieferung eine angespannte gewesen zu sein. Es ließ sich ja nicht im Voraus erahnen, welchen Ausgang die Befragung Franckes – so wird dieses Gespräch wohl tatsächlich zu interpretieren sein – nehmen würde. Das aus mehreren hohen Amtsträgern und Militärs bestehende Gefolge hielt sich dezent im Hintergrund, immer gewärtig, vom Monarchen angesprochen oder indirekt benannt zu werden.56 So habe sich etwa der anwesende Kanzler Nikolaus von Danckelman bei einigen Fragen des Königs ganz »confus« gezeigt. Die Nachwirkung dieses Besuches des preußischen Königs innerhalb der pietistischen Netzwerke wird jedenfalls kaum zu überschätzen sein, wie eine Reihe von Meinungsäußerungen aus dem pietistischen Umfeld bezeugt.57 Die Beziehung Friedrich Wilhelms I. zu den pietistischen Projekten und den führenden Repräsentanten blieb, wie es sich schon in den letzten Kronprinzenjahren angedeutet hatte, auch während seiner Regierungszeit höchst ambivalent. Erst allmählich entspannte sich das Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm und August Hermann Francke.58 Angezogen fühlte sich der König von den vielfältigen Initiativen der pietistischen Bewegung im Bereich der Sozialfürsorge und der Armenpädagogik ein270

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schließlich der Vermittlung von solchen auch von ihm verinnerlichten Tugenden wie Arbeitsamkeit und Sparsamkeit. Eine Reihe von Projekten in den 1720er Jahren, an denen der König oft unmittelbaren Anteil nahm, hat diese enger werdende Bindung unterfüttert. Ein besonders herausragendes Beispiel dafür stellte gewiss das 1725 fertiggestellte Militärwaisenhaus in Potsdam dar, das sich an Vorbildern der Franckeschen Anstalten in Halle orientierte.59 Die Reformvorstellungen schlossen ausdrücklich die politische Elite mit ein, was etwa das höchstwahrscheinlich bereits aus dem Jahre 1705 stammende Manuskript »Erbauliche Lehren vom Hoffleben und derer Hofleute Pflichten« deutlich belegt. Die darin enthaltenen Forderungen wie etwa jene, dass von den »Hofleuten … Auffrichtigkeit und Redlichkeit erwartet [werde], die der Falschheit entgegen stehet«, und sie sich in Demut, Nüchternheit, Mäßigkeit und Keuschheit befleißigen sollten, dürften beim Kronprinzen auf offene Ohren gestoßen sein. Ein Herrscher müsse die Einhaltung dieser Vorschriften überwachen und über seinen Hofstaat »ernstlich aufsicht halten«.60 Im Kern ging es dabei also um »eine Veränderung der Herrschaftspraxis und der Hofkultur auf der Basis vertiefter Frömmigkeit«.61 Dem standen jedoch nach wie vor gewichtige Vorbehalte gegenüber. Die gefühlsbetonte Ausrichtung dieser Strömung behagte Friedrich Wilhelm kaum. Und auch die immer wieder aufbrechenden Konflikte über die Haltung der Pietisten zum Militärwesen hatten das Verständnis des Monarchen für das eigentlich tiefere Anliegen der Bewegung immer wieder erschwert. Dabei konnte er die Attraktivität der pietistischen Ideen »vor der eigenen Haustür«, in seiner Lieblingsresidenz Potsdam, unmittelbar beobachten – und dies sogar innerhalb des Militärs. Hier hatten sich Mitte der 1720er Jahre regelrechte »Soldatenkonventikel« etabliert, was insofern nicht ganz unproblematisch war, als diese zunächst in starkem Maße von radikalpietistischen Auffassungen eines Victor Christoph Tuchtfeld beeinflusst wurden.62 Zwar zeigte Friedrich Wilhelm I. durchaus Sympathien für Tuchtfeld und seine Anhänger, deren Versammlungen »an sich nicht böse« seien, deshalb könne man sie »nicht mit Gewalt zerstören«. Doch ihre Verwerfung des Abendmahls missbilligte er.63 Obgleich Tuchtfeld bald von der Bildfläche verschwunden war, hatte die pietistische Bewegung in Potsdam für kurze Zeit davon enorm profitieren 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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können. Die nunmehr in der Hand solcher gemäßigten Pietisten wie der Pfarrer Johann Heinrich Schubert (Heiliggeistkirche), Christian Zacharias Schultze (Kirche St. Nikolai) und des Direktors des Militärwaisenhauses Joachim Wäger liegenden »Erbauungsstunden« zogen auch Friedrich Wilhelm I. zeitweilig in ihren Bann. Über eine solche am 27. April 1727 durchgeführte Versammlung berichtete Schubert zwei Tage später euphorisch an Francke, dass der König »die ganze Zeit aufmerksam an der Versammlung« teilgenommen habe und »mehrmals so gerührt« gewesen sei, dass er »in Tränen ausbrach«. Schubert strahlte in seinen Briefen nach Halle auch deshalb Zuversicht aus, weil der Besuch Friedrich Wilhelms I. keine einmalige Angelegenheit blieb, sondern er sich in der nachfolgenden Zeit mehrfach sehr positiv hinsichtlich der Praxis der »Erbauungsstunden« äußerte. Für Schubert in der Tat ein großer Erfolg, den er gegenüber Francke mit kaum verhohlenem Triumph in folgende metaphorische Worte kleidete: »Gottlob! Der Angel ist verschluckt!« (Das Gleichnis des Seelenhirten Schubert als Angler, der um die Seele des Königs ringt, durchzieht den Briefwechsel mit Francke.) »Nun ist unser Collegium öffentlich und wahrhaft feierlich begründet.«64 Doch hielt diese im Sinne der gemäßigten Pietisten erfreuliche Entwicklung nicht lange an. Zuvörderst riss natürlich der kurze Zeit später am 8. Juni 1727 zu beklagende Tod August Hermann Franckes eine große Lücke, denn vor allem sein persönliches Wirken und seine Überzeugungskraft hatten den König für die Bewegung eingenommen. Aber auch andere Entwicklungen, die das bisherige Wirken von Pietisten – teils begründet, zumeist aber unbegründet – herabwürdigten, beförderten die Entfremdung.65 Schließlich machte das Auftreten Leirichs, eines in der Tradition Tuchtfelds stehenden Hallenser Strumpfmachers, in Potsdam, der gegen Kindertaufe, Abendmahl und Eidesleistung predigte und gerade unter den Potsdamer Soldaten viele Zuhörer gewann, 1728/29 die verheißungsvollen Ansätze zunichte und diskreditierte die mit den »Erbauungsstunden« gehegten Absichten beim König. Das harte Vorgehen gegen Leirich, der auf der Festung Spandau inhaftiert wurde, brachte die führenden Pietisten in Potsdam, Johann Heinrich Schubert, Christian Zacharias Schultze und den Feldprediger Lampert Gedicke, bei den Anhängern der radikalen Richtung wegen ihrer angeblichen Kollaboration in Misskredit.66 272

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Der wunde Punkt blieb die Haltung zum Militärwesen, in dem der König gerade zu Beginn der 1730er Jahre wichtige Veränderungen vorantrieb und sich deshalb ungefragten Rat verbat. Im Mai 1733, also in jenem Jahr, in dem das Kantonsystem eingeführt wurde, erteilte er dem jungen Gotthilf August Francke, dem Sohn August Hermann Franckes, auf seine abermaligen Vorstellungen über die Enrollierungen eine recht derbe Abfuhr: »Weilen aber dieses eine Sache ist, die nicht zu ändern, und da ihr meine intention nicht wißet, davon nicht recht urtheilen könnet, so ist am besten, daß ihr Euch davon nicht meliret, sondern Euch dabey ganz Stille haltet, da sich denn hiernächst zeigen wird, daß diese Veranstaltung so gefährlich nicht ist, wie ihr euch wohl einbildet«.67 Dabei waren es ja, wie insbesondere Gotthilf August Francke dem König mehrfach beteuert hatte, weniger generelle Vorbehalte gegen den Soldatenberuf, sondern vielmehr die zeitweilig exzessive Formen annehmende und durch den preußischen König wenn auch nicht durchgängig angeordnete, so doch tolerierte Werbepraxis, die einige Pietisten zu einer deutlichen Kritik veranlasste. Und last but not least dürften die von pietistischen Kreisen verbreiteten Forderungen nach Mäßigung kaum dem gegenüber bestimmten Genüssen wahrlich nicht enthaltsamen Lebensstil des Königs entsprochen haben.68 Hinzu kommt allerdings noch ein weiterer Aspekt, auf den gerade die neuere Forschung aufmerksam gemacht hat: So ließ sich eine unterschwellige, mitunter auch offenkundig hervortretende Distanzierung tonangebender preußischer Pietisten von so mancher kirchenpolitischen Position der Reformierten – trotz einer gewissen theologischen Nähe – kaum verkennen.69 Aus dieser Grundposition heraus erklärt es sich, dass einige führende Pietisten, so auch das Umfeld August Hermann Franckes, den von Friedrich Wilhelm I. in seinen ersten Regierungsjahren favorisierten Kirchenunionsplänen eher ablehnend gegenüberstanden.70 Das blieb dem König nicht verborgen, dem die pietistische Zurückhaltung bezüglich seines Unionsprojektes natürlich wenig behagte. Alles in allem erscheint angesichts des selektiven Verhältnisses Friedrich Wilhelms I. zum Pietismus die Auffassung durchaus plausibel, wonach der König selbst kein bekennender Pietist war, zumal es von ihm schon bei Zeiten entsprechende Statements gab.71 So hatte er am 3. Juli 1711 bereits als Kronprinz dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau ver8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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sichert, dass »ich kein Pietist bin«.72 Etwas anderes wäre schon angesichts dessen verwunderlich gewesen, dass es sich bei der zeitgenössischen Etikettierung von Handlungen oder Personen als »pietistisch« oder »Pietist« noch lange Zeit um »eine polemisch-pejorative Zuschreibung« handelte. Eine solche bescheinigte dem »so Bezeichneten explizit massive Abweichungen von den Lehren der Reformation«.73 Selbst August Hermann Francke hat diese Titulierung für seine Projekte abgelehnt.74 Ob man aber so weit gehen kann, Friedrich Wilhelm außerhalb des pietistischen Netzwerkes Franckes zu verorten75, ist zumindest diskussionswürdig. Wie schon sein Vater, König Friedrich I., unterstützte auch Friedrich Wilhelm I. die Projekte Franckes auf vielerlei Weise.76 Ähnlich verhielt es sich im Übrigen mit einigen hohen Amtsträgern am brandenburgischpreußischen Hof, die zwar kaum als Pietisten im engeren Sinne bezeichnet werden konnten, die aber dennoch diese Bewegung mit ihren spezifischen Mitteln förderten.77 Die während der denkwürdigen Begegnung des neuen Königs mit Francke im April 1713 gegebene Zusage Friedrich Wilhelms »Ich will sein Procurator sein« kann als programmatisch für das Verhältnis zwischen der preußischen Krone und der pietistischen Bewegung aufgefasst werden.78 Die bereits während der Regierungszeit Friedrichs I. gewährten vielfältigen Unterstützungen wurden nunmehr auf eine noch breitere institutionelle und personelle Grundlage gestellt. Dabei bildete das persönliche Verhältnis zwischen dem König und Francke den Fixpunkt. Vor allem muss hierbei die intensive Protektion des Königs im Sinne der Franckeschen Personalpolitik hervorgehoben werden, die – modern formuliert – als eine Art »Lobbyarbeit« verstanden werden kann. Letztlich war es Francke nur möglich, Leute seines Vertrauens, vorwiegend also Zöglinge der Halleschen Anstalten, in Pfarr- und Lehrerstellen unterzubringen oder für eine Amtsträgercharge in der Verwaltung zu empfehlen, weil er zeitweilig das Gehör des Königs fand. Denn zu bedenken wäre, dass Francke selbst nur selten in der Residenz weilte, um über persönliche Kontakte seine Interessen mit Nachdruck zu vertreten. Wenn er gelegentlich nach Berlin kam, beschränkte sich sein Aufenthalt auf nur wenige Tage. Es ist eine Vielzahl an Quellen überliefert, die die enge Zusammenarbeit zwischen dem König und Francke inklusive seiner Mitstreiter dokumentieren. Geschickt verstanden es die interes274

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sierten Kreise dabei immer wieder, die Aufmerksamkeit des Monarchen auf bestimmte Kandidaten zu lenken. Zumeist folgte er dann ihren Vorschlägen.79 Letztlich mündete der große Einfluss der führenden Pietisten auf den König darin, dass er im Jahre 1729 der Theologischen Fakultät der Universität Halle das Recht der Pfarrerausbildung einräumte. Keiner solle künftig »zu einer Evangelisch Lutherischen Pfarre vociret und introduciret werden …, welcher nicht in Halle studiret, und ein gut Testimonium von der dortigen Theologischen Facultät« beibringen könne.80 Diese Bestimmung richtete sich zuvörderst gegen die kursächsische Universität Wittenberg, aus der bis dato immer noch ein Teil des lutherischen Pfarrernachwuchses für die mittleren und östlichen Provinzen Preußens rekrutiert wurde. Aber auch bei der Bestallung geistlicher Chargen ließ sich Friedrich Wilhelm I. nachweislich der überlieferten Kabinettsminüten fast immer von den führenden Repräsentanten der Halleschen Anstalten beraten – sehr zum Leidwesen der in dieser Frage übergangenen Hofprediger.81 Und selbst bei einem der neuralgischsten Punkte im Verhältnis zwischen dem König und den Pietisten, der Haltung zum Militär, kam man sich näher. Davon kündete sowohl der Ausbau des Militärkirchenwesens, das auch von pietistischen Feldpredigern als »Sprungbrett« in eine zivile Pfarramtskarriere genutzt wurde82, als auch das Engagement des Königs bei der Anlage des Großen Militärwaisenhauses zu Potsdam.83 Es ist freilich nicht zu übersehen, dass »die Allianz zwischen Franckeschen Stiftungen und Preußen ein Geschäft auf Gegenseitigkeit« bildete.84 Der König erhoffte sich entsprechende Effekte bei der Umsetzung seiner Vorhaben. Zudem blieb das Verhältnis des Königs zum Pietismus im Verlauf seiner 27-jährigen Regierungszeit nicht unverändert; die Pietisten standen in den letzten zehn Regierungsjahren nicht mehr in derselben Gunst wie vordem.85 Auch hier spielten personelle Komponenten mit hinein. Einerseits traten andere Protagonisten der pietistischen Bewegung auf den Plan – besonders der Tod August Hermann Franckes 1727 fiel hierbei ins Gewicht –, und andererseits blieben die Veränderungen in der Persönlichkeit des Königs selbst nicht ohne Wirkung. Vor allem das Agieren Gotthilf August Franckes, des Sohnes des Begründers der Halleschen Anstalten, während seines Aufenthaltes in Berlin und 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Königs Wusterhausen wird gemeinhin als Zäsur angesehen. Hier fällt es allerdings nicht ganz leicht, Schuldzuweisungen für die Ursachen der Abkühlung ihrer Beziehung zu treffen. Sicher ist es richtig, dass es der junge Francke nicht vermochte, mit der gleichen Souveränität wie sein Vater gegenüber dem König und dessen höfischem Umfeld aufzutreten. Sein Reisetagebuch gibt darüber beredt Auskunft.86 Zu bedenken ist gleichwohl, dass der alternde und zunehmend mit gesundheitlichen Problemen kämpfende Friedrich Wilhelm I. nicht mehr mit derselben Begeisterung dem pietistischen Projekt begegnete. Die durch Gotthilf August Francke überlieferten Gespräche zeigen zum Beispiel, dass der König den »alten Zeiten« hinterhertrauerte und letztlich vom jungen Francke vorrangig wissen wollte, wer und was in den Halleschen Anstalten noch aus der Zeit seines Vaters vorhanden sei. Desgleichen verwickelte Friedrich Wilhelm ihn in einen Francke wenig behagenden Disput über die Vereinbarkeit der von ihm so geliebten Jagd mit einem gottgefälligen Leben. Trotzdem hielt der König auch in der Zeit der sich abkühlenden Beziehung zur pietistischen Bewegung an den von ihm favorisierten Kandidaten fest, so zum Beispiel beim Personal des Potsdamer Großen Waisenhauses. Angesichts der von Francke geäußerten Zweifel wegen der Lehrer für dieses Waisenhaus sicherte er ihm am 4. Oktober 1732 zu: »Es ist niemahls mein Wille gewesen, daß andere praeceptores darin sollen aufgenommen werden, als die ihr schicket.« Und seinen Minister Samuel von Marschall wies er an, die nicht aus Halle stammenden Präzeptoren »durch Hallenser« zu ersetzen.87

Ein reformierter Landesherr als lutherischer Summus Episcopus? Jedoch umfasste die Kirchenpolitik Friedrich Wilhelms I. weit mehr Facetten als seine zugegebenermaßen recht enge Beziehung zur pietistischen Bewegung. Demzufolge werden wir unsere Aufmerksamkeit nunmehr auf jene Impulse richten, die der König dem Kirchenwesen im Gesamtstaat geben wollte. Der Thronwechsel selbst erfolgte, wie wir bereits sehen konnten, zumindest von den üblichen äußeren Formen her betrachtet, unspektakulär, ja fast geräuschlos. Eine offizielle Krönung 276

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fand bekanntlich nicht statt, demnach fehlte auch die Salbung – ein immerhin bei seinem Vater und Vorgänger mit großem Aufwand zelebrierter Akt. Bedeutete dies nun, dass der neue König der sakralen Bedeutung seines Herrscheramtes mit einer gewissen Gleichgültigkeit begegnete? Seine in anderen Zusammenhängen vorgeführte tiefe Religiosität spräche eigentlich gegen eine solche Annahme. Auch wenn nur wenige Äußerungen vorliegen, aus denen dazu Anhaltspunkte gewonnen werden könnten, bleibt zunächst festzuhalten, dass Friedrich Wilhelm I. natürlich um seine herrscherlichen Pflichten gegenüber der oder vielmehr den Kirchen wusste und diese zu erfüllen verstand. Die besondere und sich aus der spezifischen konfessionsgeschichtlichen Entwicklung in Brandenburg-Preußen ableitende Herausforderung lag ja eben darin, dass er nicht nur an der Spitze seiner reformierten Glaubensverwandten stand, sondern als Summus Episcopus auch das lutherische Kirchenregiment wahrzunehmen hatte. Die von August Hermann Francke in mehreren Schriften und Predigten vertretene Lehre von den Königen, die sich als »gute Väter um die Seelen ihrer Völker kümmern«, übte eine gewisse Faszination auf Friedrich Wilhelm I. aus.88 »Aus Gottes Wort ist den[n] offenbar, daß der Regierstand aus dem Väterlichen [Stand] seinen Ursprung nehme«, lautete Franckes Credo.89 Die institutionell abgesicherte und zumeist fraglos akzeptierte Stellung als Summus Episcopus erleichterte es Friedrich Wilhelm zudem, der Umsetzung seiner Vorstellungen über das Verhältnis der beiden protestantischen Kirchen zueinander mehr Wirkungsmacht zu verleihen. Seine Beziehung zu den Lutheranern hatte schon einige Jahre vor der Thronbesteigung festere Konturen ausgebildet. Persönliche Erfahrungen, die seine positive Meinung über die Lutheraner verstärkten, konnte er durch die Begegnung mit lutherischen Geistlichen sammeln. Und nicht zuletzt sei daran erinnert, dass seine Gemahlin, die Königin Sophie Dorothea, bei ihrem angestammten lutherischen Glauben blieb und diesen dezidiert ausleben konnte. Auch seine Kinder wurden mit beiden protestantischen Konfessionen vertraut gemacht.90 Die bei Friedrich Wilhelm I. schon länger nachweisbare Ablehnung der streng ausgelegten reformierten Gnadenlehre ließ in seinen Augen die lutherische Auffassung über die Prädestination sympathischer erscheinen. In der Abendmahlsfrage blieb er allerdings fest auf dem Boden des reformierten Verständnisses. Die lutherische Vorstellung von der 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Realpräsenz konnte er sich nicht zu eigen machen, und sie vertrug sich wohl nicht so recht mit seinem in solchen Fragen eher auf einfache Erklärungen und nachvollziehbare Vorstellungen setzenden Gemüt. Das Abendmahl sei »eine hohe Speise, aber mit dem Munde empfange man sie nicht«, meinte er einst. Vielmehr handele es sich im Sinne der reformierten Auffassung vom Abendmahl als einer »Erinnerung« an die letzte Zusammenkunft Jesu Christi mit seinen Jüngern »um die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi«.91 Des ungeachtet machte der König aber aus seinen Sympathien für das Luthertum keinen Hehl. Die »Nähe« zur anderen protestantischen Konfession entsprang nicht zuletzt den Erfahrungswerten während seiner Kronprinzenzeit. Auch die Religionspolitik seines Vaters war durch weitgehende Toleranz gegenüber den Lutheranern geprägt gewesen, wenngleich es gelegentlich – überwiegend im Verhältnis zu Kursachsen als Hort des orthodoxen Luthertums – zu Verstimmungen gekommen war.92 Die Tatsache, dass der König lutherische Gottesdienste besuchte, löste bei seinen Glaubensverwandten mehr Unverständnis als Wohlwollen aus. Mehrfach wandte sich Friedrich Wilhelm I. gegen jene Repräsentanten seiner eigenen Konfession, die allzu übereifrig gegen die Lutheraner polemisierten. Er mache, so der König in einem Schreiben vom 3. Januar 1722, »kein Differance« zwischen den beiden protestantischen Glaubensrichtungen und sah sich vielmehr als »wechter gegen die, die die Luter[aner] Drucken«.93 Er sei versichert, dass die Lutheraner, die ein gottseliges Leben führen, ebenso selig werden könnten wie die Reformierten. Wie tief diese Ansicht bei ihm verinnerlicht war, wird auch dadurch verdeutlicht, dass er über seinen Tod hinaus dafür Sorge tragen wollte, dass die Lutheraner mit derselben Aufmerksamkeit bedacht würden wie die eigenen Glaubensverwandten. In dem Testament von 1727 für den damals 15-jährigen Kronprinzen schärfte er ihm ein: »Ich recommendiere ihm … beide Evangelische – Reformierte und Lutherische – Religionen und gebe ihm meinen Fluch, wofern er die Lutherische Religion unterdrücken wird.«94 Im Jahre 1718 kam eine Druckfassung des sogenannten »Glaubensbekenntnisses«, in dem die gleichermaßen ausgeprägte Sympathie des brandenburgisch-preußischen Landesherrn zum Reformiertentum und zum Luthertum bekundet wurde, abermals in Umlauf. Dieses bereits 278

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1696 verbreitete und dem Vater Friedrich Wilhelms I. zugeschriebene Bekenntnis wurde vom König und den dafür zuständigen Amtsträgern nun allerdings nicht mehr dementiert, so dass die Öffentlichkeit innerund außerhalb Preußens davon ausgehen konnte, dass es sich dabei tatsächlich um die Auffassung Friedrich Wilhelms I. handelte.95 Es waren vor allem die anderen Reichsstände, die als Adressaten dieses Coups galten, der letztlich der propagandistischen Flankierung der brandenburgischen Konfessionspolitik nach außen galt. Folgerichtig mahnten deshalb während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. immer wieder Edikte und Verordnungen die Prediger beider Konfessionen, sich aller »Streit-Fragen und sticheligten Expressionen« zu enthalten.96 Und auch in ganz praktischen, eher im Verwaltungsalltag liegenden Entscheidungen vertrat der König diese Linie: Als zum Beispiel im März 1735 ein reformierter Prediger in einem Dorf im 1707 an Preußen gelangten Lingischen Land verstorben war, ordnete der Monarch an, dass die vakante Stelle nicht besetzt, das Jahresgehalt von 450 Talern einbehalten werden sowie »die dortige reformierte Gemeinde aber sich mit den einen noch übrigen Prediger begnügen« solle. Begründet wurde dies damit, dass die Reformierten in diesen Orten nur noch »aus gar wenigen Familien« bestünden. Mehr noch: Nutznießer der »Einsparung« sollte der dortige lutherische Pfarrer sein. Einige Tage später erging an den Minister v. Borcke die Anweisung, dass dieser Prediger sein Gehalt »richtiger erhalten« solle; offenbar hatte es hier Unregelmäßigkeiten gegeben. Nach Auffassung des Königs könnten die frei gewordenen Mittel »der einen reformierten Stelle« dazu verwendet werden.97 Die von ihm getroffenen Entscheidungen auf kirchenpolitischem Gebiet wurden in starkem Maße durch seine religiöse Haltung beeinflusst. Plakative Gelehrsamkeit, besonders wenn sie als argumentative Munition in den innerprotestantischen Auseinandersetzungen eingesetzt wurde, war ihm zuwider. »Die gelehrten Prediger nutzen nichts«, bekundete er 1727 freimütig gegenüber Johann Anastasius Freylinghausen. »Die Studenten müssen zwar wohl wissen, was zur Gelehrsamkeit erfordert wird, aber mir und anderen hilft es nichts; wir müssen nur das wissen, was zur Seligkeit nötig ist.«98 Auch Unsicherheit, Skrupel und Selbstzweifel gehörten zu jenen Eigenschaften, die immer wieder bei Friedrich Wilhelm beobachtet werden konnten und letztlich seiner religiösen Haltung ent8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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sprangen. Jene Neigung zum Hadern mit sich selbst konnte in harten Selbstvorwürfen münden: »Ich bin ein böser Mensch, das weiß ich.«99 Dieses radikale Eingeständnis wurde für ihn nur dadurch relativiert, weil auch seine persönliche Umwelt nicht besser sei. Er sah sich als unvollkommen an und suchte geistliche Bestärkung, wobei nicht immer klar ersichtlich ist, ob dies wirklich ernstlicher Reue entsprang. »Ja, wenn man sein Gewissen so in Acht nehmen wollte, wie man freilich tun sollte, so käme man in der Welt nicht durch, man müsse manchmal so etwas Krummes machen.«100 Auch die immer wieder bei ihm zu beobachtende, manchmal mit Verwunderung bedachte Neigung, Predigten während der Reisen durch seine Provinzen anzuhören, resultierte wohl aus dieser – fast unstillbaren – Suche nach Antworten auf die ihn so bewegenden Fragen und ist nicht nur mit einer ausgeprägten Kontrollsucht über die Pfarrer in der Wahrnehmung seines Amtes als Summus Episcopus zu erklären.101 Mit zunehmendem Alter und den sich in kürzeren Abständen einstellenden Krankheitsschüben beschäftigte ihn die Frage, wie er in seiner letzten Stunde vor Gott treten würde, vor allem in seiner irdischen Verantwortung als Herrscher.102 Die Suche nach Antworten auf solche existenziellen Fragen motivierte den König auch immer wieder, die Heilige Schrift selbst zu lesen. Gewiss ist hier kaum von einer zeitraubenden Tätigkeit auszugehen, wohl aber war in seiner, ihm noch von August Hermann Francke überreichten Bibel »sehr viel darinnen unterstrichen«. Friedrich Wilhelm bekannte, dass er das Alte Testament gar nicht lese, »er hätte an dem Neuen all genug«.103 Die Abneigung des Königs gegenüber dem Alten Testament dürfte wohl auf die zum Teil sehr intensive Einbindung der Bibel in den Unterricht des jungen Friedrich Wilhelm – und zwar weit über die Unterweisung in religiösen Themen hinaus – zurückzuführen sein. So wurde die Heilige Schrift etwa auch als Grundlage sprachlicher Exerzitien und für Schreibübungen verwendet.104 Für die außerordentlich große Bedeutung, die Kirche und Religion im Denken Friedrich Wilhelms I. einnahmen, sprach auch die Sorge um eine christliche Erziehung seines Nachwuchses. Den Kindern sollte ein tätiges, eher an praktisch-alltäglichen Dingen orientiertes Christentum nahegebracht werden. In der Instruktion des Königs für Madame de Rocoulle, die Gouvernante seiner Kinder, vom 20. Mai 1714 wurde als 280

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höchste Tugend, die es dem Nachwuchs einzuprägen gelte, Frömmigkeit bzw. der Glaube an Gott, aber auch die gerechte Furcht vor dem Schöpfer genannt. Dazu wurden tägliche Gebete und Bibellektüre vorgeschrieben.105 Ebenso atmete die für die Ausbildung des Kronprinzen Friedrich verfasste Instruktion von 1718 etwas von diesem Geist, wenngleich die gewünschten Ergebnisse bei der religiösen Erziehung des Thronfolgers kaum erreicht wurden.106 Auch fehlte nicht die deutliche Forderung an die mit der religiösen Unterweisung seiner Söhne befassten Lehrer, diesen in dem ihm genehmen Sinne die Grundlagen der reformierten Konfession zu vermitteln. Seine Kinder sollten nicht wie er mit der Lehre von der Unausweichlichkeit der göttlichen Gnadenwahl, die den Weg zur ewigen Verdammnis mit einschließen konnte, geängstigt werden. Der mit der Erziehung Prinz August Wilhelms beauftragte Kriegsrat Philipp Jakob Lindener wurde in der 1727 erlassenen Instruktion ermahnt, dass er »denselben aber bei Leib und Leben auch bei Verlust von Ehr und Gut nicht zum Particularismo, sondern zum Universalismo erziehen und einen Universalisten aus ihm machen« solle.107 Die theologischen Differenzen zwischen Lutheranern und Reformierten waren ihm indes nicht nur ein Dorn im Auge, weil dadurch die Autorität seines Herrscheramtes gemindert werde. Vielmehr bereiteten ihm diese Auseinandersetzungen auch deshalb großes Unbehagen, weil sich die aus seiner Sicht letztlich als unfruchtbar erweisenden theologischen Auseinandersetzungen als Spitzfindigkeiten und »Pfaffengezänk« darstellten. Nach eigenem Bekunden war er in seinem Religionsunterricht so unterwiesen worden, dass »der Unterschied zwischen Lutherischen und Reformierten nur in Worten bestehe«.108 Tatsächlich hatte man, hierin der väterlichen Erziehungsinstruktion folgend, bei der Unterweisung Friedrich Wilhelms die Unterschiede zwischen den beiden protestantischen Konfessionen zwar nicht verschwiegen und am Wahrheitsanspruch der eigenen Glaubensüberzeugung keinen Zweifel gelassen, aber auch nicht im Sinne einer scharfen Abgrenzung über Gebühr betont. Vor allem wurde es vermieden, die Lutheraner zu verketzern. Dies entsprach den Überzeugungen reformierter Theologen und Amtsträger im Umfeld des preußischen Hofes, und so sah es auch der alte König, Friedrich I.109 Es handelte sich hier indes nicht um eine Sonderposition Preußens, vielmehr ergab sich die Haltung aus der besonde8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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ren Lage der Reformierten in Europa. Die calvinistischen – oder besser gesagt reformierten – Kirchen folgten eher als die Lutheraner einer solchen auf innerprotestantischen Ausgleich setzenden Linie. Sie waren, abgesehen von wenigen weitgehend homogenen Konfessionslandschaften wie in den niederländischen Generalstaaten, recht zersplittert und damit natürlich auch angreifbarer. Vor dem Hintergrund des erstarkenden und deshalb zunehmend als Bedrohung wahrgenommenen Katholizismus förderte dies zwangsläufig Bemühungen, die auf Verständigung und Austausch und somit auf eine bessere Vernetzung zwischen den reformierten Zentren in Europa setzten.110 Solche Haltungen, die gern der Irenik zugeordnet werden, beeinflussten in starkem Maße die Konfessionspolitik in Brandenburg-Preußen und richteten sich sowohl nach innen wie nach außen. Behält man die Haltung Friedrich Wilhelms I. bis zu seinem Tod im Auge, wird offenbar, dass die Vermittlung dieser seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert vertretenen Anschauungen und Überzeugungen in seiner Zeit als Kronprinz offenbar ziemlich erfolgreich verlaufen war und nachhaltige Wirkungen gezeitigt hatte. Immer wieder fand er Gelegenheit, seinen Standpunkt zu bekräftigen, dass ihm die Lutheraner ebenso lieb seien wie seine eigenen Glaubensverwandten. In diesem Sinne versuchte er auch in dem im September 1727 geführten Gespräch mit dem Schwiegersohn Franckes, Johann Anastasius Freylinghausen, die Abweichungen in der reformierten und lutherischen Gnadenlehre herunterzuspielen und – als dies von Freylinghausen zumindest relativiert wurde – über die Schädlichkeit des »Particularismi« zu lamentieren sowie seine Sympathie für die lutherische Auffassung zu begründen.111

Von »Kanzel-Edikten« zum Unionsprojekt. Bemühungen um den konfessionspolitischen Ausgleich Langfristige Wirkungen hinsichtlich der Eindämmung der Auseinandersetzungen zwischen Lutheranern und Reformierten lassen sich kaum in Abrede stellen, wenn man die Verhältnisse der späten Regierungsjahre des Großen Kurfürsten mit denen während der Herrschaftszeit König Friedrich Wilhelms I. vergleicht. Eine ganze Reihe von Maßnahmen, 282

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aber auch externen Bedingungen und Einflüssen förderte diese Entwicklung. Dazu gehörten etwa gemeinschaftliche Jubiläumsbegängnisse, die die gemeinsamen Wurzeln beider protestantischer Kirchen betonen und den Lutheranern verdeutlichen sollten, dass ihr Landesherr sich sehr wohl in dieser übergreifenden protestantischen Tradition verortete.112 So wurde auf Befehl Friedrich Wilhelms I. nicht nur das 200-jährige Reformationsjubiläum 1717, sondern am 25. Juni 1730 auch das 200-jährige Bekenntnis der Confessio Augustana in allen evangelischen Kirchen des Landes mit Predigten und Gebeten gefeiert.113 Die lutherischen Gemeinden im Herzogtum Magdeburg wurden zur Vorbereitung der Festgottesdienste zu Ehren des Reformationsjubiläums in einem »Special-Befehl« daran erinnert, dass Martin Luther »vor 200 Jahren das Evangelium aus der Finsternis des Pabstumbs … wieder an das Licht gebracht« habe.114 In den westlichen Landesteilen der Gesamtmonarchie, in denen die Gewichte zwischen den beiden protestantischen Konfessionen ohnehin ausgeglichener als in den östlichen Provinzen verteilt waren, obwalteten schon zeitig Bemühungen, die bestehenden Ressentiments einzudämmen. So wurde im Herzogtum Kleve bereits kurze Zeit nach der Übernahme der Herrschaft durch den brandenburgischen Kurfürsten ins Gedächtnis gerufen, dass man seit vielen Jahren »von den differenten Nahmen der beyden Confessionen in diesen Landen nichts gewust, sonderen insgemein, wie sie auch sein, fur Augsburgische Confessions-Verwandten sich genennet und gehalten« habe.115 Auch blieben die »Kanzel-Edikte« gegen das wechselseitige Schmähen seitens der Geistlichen beider Konfessionen, nicht zuletzt durch stete Wiederholung und das Heranwachsen einer neuen Generation von Pfarrern, durchaus nicht folgenlos. Es wurde als erforderlich erachtet, die strittigen Punkte, die kurzfristig kaum einer Lösung zugeführt werden konnten, in den Predigten möglichst auszusparen. Das betraf gerade jene Bestandteile der reformierten bzw. der lutherischen Lehre, an denen der König persönlich Anstoß nahm, und ihm war es deshalb ein Herzensanliegen, seine Forderungen mit allem Nachdruck umgesetzt zu sehen. So untersagte zum Beispiel ein am 21. April 1722 publiziertes Edikt, die besonders umstrittene Lehre von der Gnadenwahl zum Gegenstand von Predigten zu machen.116 Allerdings baten führende lutherische Geistliche schon wenige Monate später um die Aufhebung des verhängten Verbo8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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tes, von der Gnadenwahl zu predigen, und erinnerten dezent daran, dass sich der König einst selbst im Sinne der lutherischen Gnadenlehre geäußert habe. Christus habe für alle Menschen – und nicht allein für die Auserwählten – genug getan, so dass alle diejenigen, die »im Glauben beständig beharren würden, zum ewigen Leben erwählet« seien. Von einer Gewährung dieser Bitte ist indes nichts bekannt geworden.117 Ebenso wurde darauf geachtet, dass in den Katechismuspredigten »nichts von Verschiedenheit in der Religion gesagt werden« solle.118 Für den sehr praktisch veranlagten König bot sich eine kirchliche Institution im besonderen Maße an, eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen Lutheranern und Reformierten zu erreichen, gewissermaßen durch »Gewöhnung« im Alltag: die sogenannten Simultaneen. Dabei sollten Kirchen für Gottesdienste beider Konfessionen genutzt werden. Eine solche Praxis war vereinzelt schon seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert zu beobachten gewesen, wurde aber in den letzten Regierungsjahren Friedrichs I. nicht weiterverfolgt. Der neue König griff diesen Gedanken nun wieder auf und drängte in den Orten, in denen sich neben den mehrheitlich lutherischen auch reformierte Gemeinden befanden, auf die Einführung solcher Simultaneen. Neben dem dominierenden Motiv, die Angehörigen beider Konfessionen in einem Ort zu einem Arrangement zu »zwingen«, war für die brandenburgisch-preußischen Herrscher nicht zuletzt ein ganz materieller Grund ausschlaggebend, der die Etablierung solcher Kirchen ratsam erscheinen ließ: Da die zumeist nur wenige Mitglieder umfassenden reformierten Gemeinden in den kleineren und mittleren Kommunen selten ein eigenes Gotteshaus besaßen, wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, ihren Gottesdienst in den Kirchen der Lutheraner zu zelebrieren. Diese gemeinsame Nutzung der Simultankirchen barg natürlich in der alltäglichen Praxis viel Konfliktpotential. Ein Regelwerk sollte einen halbwegs geordneten Ablauf des Kirchenlebens in beiden Gemeinden garantieren, wie etwa die Abstimmung über den Zeitpunkt des Gottesdienstes, die Gestaltung der kirchlichen Feiertage und die Verwaltung des Gemeinen Kastens. Die von den höchsten kirchlichen Behörden sanktionierten Maßnahmen verfolgten zugleich das Ziel, die entstandenen Gräben zwischen den beiden Konfessionen allmählich zuzuschütten. Man erwartete also gewissermaßen eine »von unten« wachsende 284

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Annäherung. Das bedeutete aber letztendlich, dass der Erfolg von den Verhältnissen »vor Ort«, von den dort agierenden lokalen Autoritäten abhing.119 Obgleich diese Simultaneen in der älteren Literatur gern als Beleg für den Erfolg der auf Ausgleich angelegten landesherrlichen Konfessionspolitik angeführt worden sind, handelte es sich bei denselben um »kein Massenphänomen …, sondern eher um Einzelerscheinungen, die allenfalls punktuell die konfessionelle Homogenität des Territoriums in Frage stellten«.120 Neueren Untersuchungen zufolge setzte sich diese Praxis hauptsächlich in jenen mittleren und östlichen Provinzen des Gesamtstaates durch, in denen sich dank der landesherrlichen Peuplierungspolitik reformierte Minderheiten angesiedelt hatten.121 Von daher besehen schienen auch die Voraussetzungen für jenes in den Augen des Königs sehr bedeutsame Vorhaben, die Durchsetzung der Kirchenunion, nicht allzu günstig. Das Projekt besaß eine längere Vorgeschichte und hatte insbesondere während der Regierungsjahre König Friedrichs I. an Format gewonnen. Kronprinz Friedrich Wilhelm hatte die Entwicklungen in zunehmendem Maße bewusst miterlebt – ebenso wie die Enttäuschungen, als der Erfolg zunächst ausblieb. Dem lag die bittere Erfahrung zugrunde, »dass eine von der Obrigkeit durchgeführte Union [kaum] ohne nennenswerten Widerstand der Theologen zu vollziehen sei bzw. dass solch ein Widerstand von Seiten der Obrigkeit durch diverse obrigkeitliche Maßnahmen abgewendet und unterdrückt werden könne«.122 Umso energischer unternahm Friedrich Wilhelm I. nun einen neuen Anlauf, um dieses für ihn so wichtige Projekt voranzutreiben. Das bereits erwähnte bevorstehende Reformationsjubiläum von 1717 hätte einen willkommenen Anlass geboten und zudem im Erfolgsfalle über die Grenzen hinaus dem jungen preußischen König im protestantischen Europa einen kaum zu unterschätzenden Prestigegewinn beschert. Jedoch trafen er und die mit diesem Unternehmen betrauten Amtsträger auf ähnliche Vorbehalte, wie sie schon unter dem ersten König zu beobachten gewesen waren. Argwohn schlug den Unionsbefürwortern nicht von ungefähr vor allem von lutherischer Seite entgegen, die befürchtete, bei einem Kompromiss den Kürzeren zu ziehen. In der Tat wurde vorausgesetzt, dass sich die Lutheraner mehr als die Reformierten in ihrer Lehrmeinung 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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zu bewegen hätten. Diese Bestrebungen erwuchsen nicht nur aus dem Wunsch der Landesherren, die nun schon mehrere Generationen lang anhaltenden konfessionellen Differenzen innerhalb ihrer eigenen Territorien abzumildern, sondern ergaben sich auch aus reichspolitischen Motiven. Dennoch mussten solcherlei Versuche zum Leidwesen des Königs alsbald als »ein project ohne Folge« aufgegeben werden.123 Doch zunächst ging man hoffnungsvoll an die Umsetzung der Unionspläne heran, auch wenn es galt, sich des zunehmend lauter werdenden »Störfeuers« einiger lutherischer Theologen, auch außerhalb Preußens, zu erwehren. Insbesondere tat sich hierbei ein Hamburger Pfarrer, Erdmann Neumeister, in den Augen Friedrich Wilhelms I. sehr unrühmlich hervor, der sich sogar dazu verstieg, das Unionsprojekt als »geistlichen Ehebruch« zu diffamieren. Schon allein die Titel der von ihm in Umlauf gesetzten Schriften sprachen für sich: 1721 erschien ein »Kurtzer Beweis/ Daß das Vereinigungs-Wesen Mit den so genannten Reformirten oder Calvinisten/ Allen Zehn Geboten/ Allen Articuln des Apostolischen Glaubens-Bekenntnisses … und also dem gantzen Catechismo schnurstracks zuwieder lauffe«, und ein Jahr später verfasste Neumeister die polemische Schrift: »Calvinistische Arglistigkeit«. Auch andere sogenannte »gut gemeinte« und in die Öffentlichkeit lancierte »Projecte« wurden im Umfeld des Königs mit Missfallen zur Kenntnis genommen.124 Um die Widerstände im lutherischen Lager etwas zu verringern, sollte dieses bei den Bemühungen zur Ausmerzung der altkirchlichen Feiertage mit »im Boot« behalten werden. Die Lutheraner wurden an die gemeinsamen Wurzeln in diesem solidarisch zu führenden Kampf gegen die Restbestände des Katholizismus in den Landen des brandenburgischpreußischen Gesamtstaates erinnert, lebten doch in mehreren Gebieten (so insbesondere in den ehemaligen geistlichen Territorien wie den alten Hochstiften Halberstadt, Minden und Magdeburg), die im Verlauf des 17. Jahrhunderts in die Hohenzollernmonarchie integriert worden waren, auch katholische Untertanen. Durch die im Westfälischen Friedensvertrag beschlossene sogenannte »Normaljahresregelung« waren die konfessionellen Strukturen gleichsam auf das Jahr 1624 eingefroren worden. Wenn also zu jenem Zeitpunkt katholische Gemeinden in dem jeweiligen Ort existiert hatten, musste man sie auch unter einem protestantischen Landesherrn gewähren lassen. Im Allgemeinen konnte die katholische 286

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Minderheit in der Hohenzollernmonarchie ihren Glauben im gesteckten Rahmen ausleben, allerdings nutzten Friedrich I. und in besonders exzessiver Form dann Friedrich Wilhelm I. das gewährte oder entzogene Wohlwollen gegenüber »ihren« Katholiken mehrfach als Druckmittel, um für die reformierten Glaubensgenossen im Reich Erleichterungen zu erreichen.125 Außerdem machten die brandenburgisch-preußischen Monarchen nie einen Hehl daraus, dass sie die katholische Glaubenspraxis mit »Pabstlichen groben greulen undt Abgötterey« gleichsetzten.126 Das sah im Prinzip auch Friedrich Wilhelm I. so. Lediglich bei der seelsorgerischen Betreuung der katholischen Soldaten in seiner Armee zeigte sich der König toleranter: »Bey die Regimenter sein auch viel Kattolische. Die müßet Ihr die liebertet Ihren Kattolisen Gottesdinst Permittieren zu halten und den pfaffen alle Monat bey die Regimenter hinreißen lassen.«127 Vor dem Hintergrund der im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert zunehmenden Attraktivität des Katholizismus im Reich wurde in den Hohenzollernterritorien befürchtet, dass sich »die Romische Cattolische wieder heimblich einschleichen« würden.128 Man argwöhnte zudem, dass die vorhandenen Überbleibsel der alten Liturgie und die am Katholizismus orientierte Ausstattung in nicht wenigen lutherischen Kirchen diesen Tendenzen Vorschub leisten könnten. Kaseln, Chorröcke und einige »Ceremonien«, die als Relikte des alten Glaubens angesehen wurden, erregten zum Beispiel in den 1730er Jahren mehrfach das Missfallen Friedrich Wilhelms I. So ordnete er auf einer seiner Reisen an, dass »insbesondere die bisherige superstitiöse Gewohnheit des Lichtbrennens auf denen Altären beym Gebrauch des Heyl. Abendmahles … gäntzlich abgeschaffet werde«.129 Nach einem Besuch des Gottesdienstes im ruppinischen Rheinsberg kritisierte der König, dass »sowohl das Gebeth vor der Predigt als auch nachher der Seegen abgesungen wird«, was in seinen Augen als ein »aus den blinden Pabstthum noch herkommende[s] Wesen« zu interpretieren sei.130 Darüber hinaus waren zum Beispiel noch am Ende des 17. Jahrhunderts zum Andenken an Heilige mehrere katholische Feiertage wie die Marien- und Johannisfesttage in Gebrauch, »deren Feier« – so ist vorwurfsvoll vermerkt worden – »sogar festlicher, als selbst die des Charfreitags begangen zu werden pflegte«.131 Und auch die mehrfach geäußerten Hoffnungen, dass die Lutheraner »Exorzismus und Caseln zurück lassen« würden, hatten sich bislang nur 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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bedingt erfüllt.132 Denn in der Tat gehörte die Anwendung des Exorzismus bei Taufen in einigen lutherischen Reichsterritorien, so auch in Brandenburg, zu den am meisten durch die Reformierten und Pietisten kritisierten Elementen der lutherisch-orthodoxen Glaubenspraxis.133 Recht ungehalten reagierte Friedrich Wilhelm I. im Januar 1726, nachdem er durch das neumärkische Konsistorium erfahren hatte, dass seinen schon wiederholt gegebenen Anordnungen zur Weglassung der Exorzismuspraxis nur sehr ungenügend Folge geleistet wurde. Vor allem ermahnte der König die zuständigen Amtsträger, sie sollten »nicht gestatten, daß dawider auf einige weyse gehandelt werde, wie dann der Exorcismus nicht bloß in den worthen Ich beschwere dies, sondern auch in der übrigen formel und darauff folgenden wortten bestehet«.134 Die vorgeführten Beispiele dürften deutlich gemacht haben, dass das lutherische Kirchenleben selbst noch im frühen 18. Jahrhundert überwiegend in den mittleren und östlichen Landesteilen der Gesamtmonarchie durch eine partielle Anlehnung an die altgläubige Praxis und Tradition charakterisiert war. Jedoch stießen die auch vom König persönlich artikulierten Wünsche nach raschen Veränderungen zum Teil auf große Vorbehalte. Aus einigen Regionen des Gesamtstaates wurde deutlicher Unmut gegen solche Bestrebungen bekundet. Was wäre denn »unschuldiger«, hieß es in einem solchen in Reimform vorgebrachten Plädoyer, »als Singen beim Altar, das vor dem Papstthum schon im Kirchengebrauche war?« Und was »schadet uns ein Licht, das bei dem Nachtmahl brennt, da unser Glaube sich vom Aberglaube trennt«?135 Vornehmlich aber sahen die lutherischen Gemeinden in diesen Maßnahmen gegen ihren traditionellen Ritus eine unzulässige Einmischung des reformierten Herrschers in die Angelegenheiten ihrer Kirche und befürchteten eine schleichende Calvinisierung. Schließlich war nicht vergessen, dass der Glaubenswechsel des damaligen Kurfürsten Johann Sigismund 1613 auch damit begründet worden war, die in Kurbrandenburg im 16. Jahrhundert angeblich zu halbherzig durchgeführten reformatorischen Veränderungen weiterführen, also die zu sehr an altgläubigen Traditionsbeständen orientierte »erste« (lutherische) Reformation durch eine »zweite« (reformierte) Reformation vollenden zu müssen. Jene Vorgänge regen zugleich zu interessanten Rückschlüssen auf die religiöse Mentalität in den Kirchengemeinden an: Diese sahen sich in 288

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einer längeren christlichen Tradition – über scharf reglementierende konfessionelle Abgrenzungen hinweg. Zugleich führen sie uns deutlich den nicht abgeschlossenen Konfessionalisierungsprozess vor Augen, worauf in jüngsten Forschungsbeiträgen noch einmal eindringlich hingewiesen worden ist.136 Hinzu kam, dass es auch auf diesem Feld die subtil wirkenden Beharrungskräfte und Eigenlogiken der kleinen Lebenswelten vermochten, dem allzu rigiden Vorgehen der landesherrlichen Behörden etwas entgegenzusetzen. So hatten zum Beispiel der Cottbusser Magistrat und die Repräsentanten der umliegenden Landgemeinden137 auf unliebsame Weiterungen aufmerksam gemacht, sollten – wie vom König gewünscht – die an die altgläubige liturgische Praxis erinnernden Elemente in den dortigen Kirchen sofort beseitigt werden. Es stünde dann zu befürchten, dass die »36 dahin eingepfarrte Sächsischen Dörffer Mine machten, sich künfftig zu den Sächsischen Kirchen zu halten«. Zudem würden viele sächsische Prediger »in E.K.M. Landen Filial-Kirchen versehen«, und sie wollten »keine neue Einrichtung agnosciren« – eine Argumentation, der sich auch die obersten Verwaltungsbehörden und der König nicht verschließen konnten.138 Des Weiteren sind gewisse Gewöhnungseffekte im alltäglichen Zusammenleben der Angehörigen beider Konfessionen in Rechnung zu stellen. Ähnlich wie die ursprünglich großen Ressentiments gegenüber den reformierten Einwanderungsgruppen durch das Zusammenleben im Alltag zunehmend zurückgedrängt werden konnten und der Assimilationsprozess – ablesbar nicht zuletzt an der Zunahme von Heiraten zwischen reformierten Hugenotten und lutherischen Einheimischen139 – immer größere Fortschritte machte, schliffen sich die Vorbehalte zwischen den Konfessionsgruppen zunehmend ab. Allerdings zeigt die durchwachsene Bilanz dieser Vorstöße, dass sich Toleranz nicht so einfach mit administrativen Mitteln erzwingen ließ und alle Anstrengungen einer durchgreifenden Konfessionalisierungsabsicht an ihre Grenzen stoßen mussten. Erfolge in dem Bemühen, die Auseinandersetzungen zwischen den beiden protestantischen Konfessionen zurückzudrängen, waren in der Berlin-Potsdamer Residenzlandschaft, gewissermaßen unter den Augen des Monarchen, besonders deutlich zu greifen. Auch in der unmittelbaren persönlichen Umgebung des 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Königs wurde versucht, diesen Eindruck zu bekräftigen. So versicherte etwa Freylinghausen dem König am 9. September 1727, dass »die Toleranz zwischen beiden Parteien in Ihro Majestät Landen bereits so beschaffen [sei], als man sie wünschen möchte«. Bei der Ausbildung der Pfarrer achte man an der Universität Halle darauf, »die Studenten auch zu keiner Zanksucht« anzuführen.140 Wird der Blick hingegen auf das gesamte Land ausgeweitet, dann ergibt sich ein etwas anderer Befund. Denn auch für diesen Politikbereich gilt es, jene Relativierungen eines scheinbar effektiven »Durchregierens« zur Kenntnis zu nehmen, die uns schon bei der Behandlung der Reformen in der Verwaltung begegnet sind. Die konfessionspolitischen Vorgaben der Landesherrschaft, also des Königs und der mit dieser Materie betrauten hohen Amtsträger, konnten in den Kirchgemeinden der Städte und Dörfer nicht so ohne Weiteres eins zu eins umgesetzt werden. Dies musste nicht nur aus den bekannten Gründen an der unzureichenden personellen und infrastrukturellen Ausstattung der Verwaltung scheitern, sondern auch deshalb, weil die Pfarrer vor Ort nicht auf die Rolle von »Agenten der Konfessionsbildung« beschränkt werden können.141 Vielmehr offenbart sich bei einer Berücksichtigung der Vorgänge in den kleinen Lebenswelten, dass sich die Stadt- und Landpfarrer sowie die lutherischen Inspektoren und die das Kirchenpatronat innehabenden Rittergutsbesitzer noch bis weit in das 18. Jahrhundert hinein »einer Instrumentalisierung für die landesherrliche Kirchen- und Religionspolitik widersetzten und sich einer vollständigen Unterordnung unter das Kirchenregiment verweigerten«.142 Wie brüchig indes die kaum zu bestreitenden Konsensbemühungen der Landesherrschaft waren, zeigen die im Verlauf des 18. Jahrhunderts immer wieder aufflackernden Konflikte zwischen Reformierten und Lutheranern. Für die 1720er Jahre ist zum Beispiel ein mit Verbalinjurien gespickter Streit in dem in der westlichen Kurmark liegenden Amtsstädtchen Ziesar überliefert, dem insbesondere Auseinandersetzungen um die gemeinsam durch den lutherischen Inspektor und den reformierten Prediger wahrzunehmende Verwaltung der Armenkasse zugrunde lagen.143 Während in den mittleren und östlichen Provinzen des Gesamtstaates die lutherische Kirche ihre dominante Position im Alltag ausspielen konnte, lagen die Verhältnisse in den westlichen Provinzen, vor allem im Herzogtum Kleve, etwas anders. Hier war es eine reformierte Obrigkeit, 290

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die häufig auf die sich in der Minderheit befindenden Lutheraner Druck auszuüben versuchte. In solchen reformiert geprägten Landschaften tat man sich bis in das 18. Jahrhundert hinein schwer, die Eigenständigkeit der Lutheraner zu akzeptieren, und trachtete danach, die Erweiterung lutherischer Pfarrerstellen möglichst zu verhindern.144 Solche Erfahrungen blieben auch dem König nicht erspart. Sowohl auf seinen Reisen durch die Provinzen als auch mittels der an ihn gesandten Suppliken musste er gewärtigen, dass trotz kaum zu bestreitender Erfolge immer noch Reste des konfessionellen Haders an der Tagesordnung waren.

Sorge um »Kirchenzucht« und reine Lehre Doch beschränkte sich die Agenda auf dem Feld der Konfessionspolitik nicht auf die auf eine Annäherung der Lutheraner und Reformierten zielenden Bemühungen, wenngleich der König gerade hier besonderes Herzblut aufwandte. Auch in anderer Hinsicht bestand in den Augen Friedrich Wilhelms I. Handlungsbedarf angesichts vieler Missstände im Kirchenleben seiner Lande. Dabei ging es allerdings weniger um kontrovers diskutierte Lehrinhalte zwischen Reformierten und Lutheranern oder mit den Pietisten, sondern um die Effizienz kirchlicher Verwaltung schlechthin. Hier gedachte der Monarch also ähnliche Maßstäbe anzulegen wie im Zuge seiner Reformbemühungen in anderen Behörden auch. Denn die Berichte über das Kirchenleben in Stadt und Land förderten bedenkliche Zustände zutage – bedenklich nicht nur im Sinne einiger besonders eifrig ihre religiösen und moralischen Vorstellungen verwirklicht sehen wollenden Pfarrer. Dabei wird man nicht nur die sicher zu hoch gesteckten Erwartungen pietistischer Geistlicher, gewissermaßen als »religiöse Übererfüller«, als Maßstab heranziehen dürfen.145 Aus dieser Perspektive fiel die Zustandsbeschreibung natürlich besonders düster aus.146 Auch vonseiten der regionalen Amtsträgerschaft wurde Kritik angemeldet, die das Bild des Monarchen über diese Verhältnisse entscheidend prägte. Von daher nahm es nicht wunder, dass dem König im Besonderen an einer »Verbesserung der christlichen Bildung seiner Untertanen« gelegen war.147 Die im Juni 1727 an Freylinghausen gehende 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Forderung, dass »guthe und düchtige teologus nach Preussen geschaffet werden«, wurde unter anderem damit begründet, »da in dem lande das jetzige Christenthum sehr schlecht ist«.148 Deshalb war es aus naheliegenden Gründen sinnvoll, bei den »Multiplikatoren«, also den Pfarrern selbst, anzusetzen. Mit einer Vielzahl von Edikten wurde seit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. verstärkt versucht, eine festere Kirchendisziplin der Gläubigen149 und eine höhere Professionalität in der Amtsführung der Geistlichen zu erreichen.150 Um die Gemeindemitglieder besser ansprechen zu können, wurden den Pfarrern Anleitungen zu verständlichen und erbaulichen Predigten vorgegeben.151 Doch konnten die Geistlichen, die durch ihre vielfältigen Aufgaben zeitlich sehr eingespannt waren, diese hohen Erwartungen überhaupt erfüllen? Die überlieferten Klagen von Pfarrern lassen daran zweifeln. Vor dem Hintergrund ihrer Lebensumstände hat sich nunmehr eine zunehmend verständnisvollere Bewertung gerade der lutherischen Geistlichkeit durchgesetzt, deren Wirken vormals zu stark im Lichte der pietistischen Kritik beurteilt und auf eine angeblich zu formalisierte und erstarrte Seelsorgepraxis reduziert wurde.152 Hinzu kam, dass die Geistlichen in immer stärkerer Weise auch für »staatliche« Obliegenheiten hinzugezogen wurden – eine angesichts des bereits geschilderten vergleichsweise geringen personellen Tableaus von landesherrlichen Amtsträgern in Preußen nachvollziehbare Entwicklung. Die Dichte an Kirchspielen mit den zugehörigen Pfarrern war ja wesentlich höher als die bis weit in das 18. Jahrhundert relativ dünnmaschige Ausstattung mit landesherrlichen Amtsträgern in den Provinzen des Gesamtstaates. Es entsprach ohnehin der dezidiert auf praktischen Nutzen ausgerichteten Denkweise des Königs, die Geistlichen stärker für solche Zwecke zu gebrauchen. So hatten die Landpfarrer im Zuge der seit dem frühen 18. Jahrhundert an Bedeutung gewinnenden Statistik bei der Erstellung von Populationslisten mitzuwirken. Schließlich galten die von ihnen geführten und verwahrten Kirchenbücher als die »wichtigste Informationsbasis für die bürokratische Herrschaft auf dem Land«.153 Des Weiteren sollten sie nicht nur die königlichen Edikte und Mandate in ihren Gemeinden verlesen, sondern möglichst auch die Umsetzung der in diesen Dokumenten geforderten Normen überwachen.154 Die Übernahme solcher zusätzlichen Aufgaben im Sinne eines »verlängerten Ar292

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mes« der landesherrlichen Verwaltung wurde allerdings von einem Teil der Geistlichkeit durchaus kritisch gesehen. Denn es stand zu befürchten, dass damit der eigentlichen Zielsetzung der seelsorgerischen Arbeit angesichts der – in der Wahrnehmung der Geistlichen – ohnehin nur gering entwickelten christlichen Werte der ihnen anvertrauten Gemeinden entgegengewirkt werden würde. Gerade die dem Pietismus nahestehenden Pfarrer wünschten, dass die Verlesung dieser »weltlichen Abkündigung« nach dem Gottesdienst nicht durch sie selbst, sondern durch den Schulmeister oder weltliche Amtsträger und nicht im Gotteshaus, sondern auf dem Kirchhof durchgeführt werden sollte.155 Zum anderen barg die stärkere Einbindung der Pfarrer in weltliche Obliegenheiten auch für den König gewisse Risiken. Eindringlich ermahnte er seinen Nachfolger, darauf zu achten, dass »keine Predigten gehalten werden, da was gegen die Landesher seine otoritet und Prediger weldtl. Absichten gepredigt werden«.156 Letztlich erwies sich aber, wie auch in den anderen Reichsterritorien, der Staat »als unfähig, die kritische Reflexion und Streitbarkeit der Pastoren in deren Verchristlichungshorizont stillzulegen«.157 Jedoch scheuten die Pfarrer und geistlichen Amtsträger häufig auch deshalb vor jähen Veränderungen in den Land- und Stadtgemeinden zurück, weil diese »den gemeinen Mann, deren doch die mehreste wären, nicht allein sehr stutzig machen, sondern gar ein Misstrauen wider sie als ihre Seelsorger« erwecken würden.158 Dahinter stand jene die Grundmentalität des frühneuzeitlichen Menschen erklärende Einsicht, dass die Tradition, das Festhalten am Bewährten, einen emotionalen Halt in jener Gesellschaft bot, die von alltäglich zu bewältigenden Fährnissen betroffen war und mit existenziellen Unsicherheiten zurechtkommen musste! Über Generationen hinweg vermittelte Erfahrungen wurden deshalb bewahrt und verliehen ein Gefühl der Sicherheit und sollten nicht durch jähe Veränderungen infrage gestellt werden. Friedrich Wilhelm I. hat auf diesem Feld seiner Regierungspraxis nachweislich vieler Quellenbelege immer wieder direkt Einfluss genommen, sei es bei dem Erlass von Edikten, beim Neu- bzw. Umbau von Kirchen oder bei der Auswahl geeigneter Personen für die Pfarre einer Stadt- oder Landgemeinde. Hier sei noch einmal an ein wichtiges Motiv des Königs erinnert, nämlich die pietistische Bewegung für seine Zwecke 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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zu instrumentalisieren. Mittels der zunehmend von Francke und seinen Anhängern gelenkten Ausbildung des Pfarrernachwuchses erhoffte der Monarch zudem, eine weitere Bresche in die von den adligen Landständen dominierte Besetzungspraxis der Stellen von Landgeistlichen zu schlagen. Durch die bereits erwähnte Verordnung von 1729, nach der die Pfarrstellen allein mit Absolventen der Theologischen Fakultät der Universität Halle besetzt werden sollten, wurde das adlige Patronatsrecht zumindest aufgeweicht. Künftig konnten die adligen Patronatsherren nur solche Pfarrkandidaten einsetzen, die zuvor die Zustimmung der Universität Halle erhalten hatten. Und dabei kamen dann zumeist wieder jene personellen Netzwerke ins Spiel, derer sich der König auch in anderen politischen Materien bediente. So hatten zu Beginn des Jahres 1730 etwa Francke und sein Schwager, der Pastor Freylinghausen, in Potsdam einen Theologiekandidaten – einen gewissen Kretschmann – in Vorschlag gebracht, den der König am 11. Januar in Wusterhausen predigen hören wollte. Als er mit dessen Predigt »vollkommen zufrieden« war, gab er die Anweisung, dass dieser eine Predigerstelle in Potsdam übernehmen solle.159 Bei der Besetzung von Pfarrstellen in der ostpreußischen Provinz mit geeigneten Kandidaten vertraute Friedrich Wilhelm I. auf das Urteil der an der Universität Königsberg tätigen Professoren Wolff und Rogall. Nachweislich der Kabinettsordren koordinierte er zum Beispiel 1728 unter Einbeziehung der Empfehlungen dieser beiden pietistischen Gelehrten die Vermittlung von Predigern nach (Ost-)Preußen und Litauen.160 Ebenso vertraute er im Oktober 1733 dem bei ihm in Ansehen stehenden Propst Gedicke die Entscheidung darüber an, ob der vom Obersten v. Graevenitz aus der Magdeburger Garnison für die vakante Pfarrstelle an der Paulskirche zu Halberstadt vorgeschlagene Feldprediger Wahl geeignet sei. Gedicke solle, so die Anweisung des Königs, dessen »capacitet« prüfen, auch »wie lange Er bey dem regiment gestanden und wie sein leben und wandel beschaffen« sei.161 Vor dem Hintergrund dessen, was wir über die persönliche Religiosität Friedrich Wilhelms erfahren haben, erscheint es verständlich, dass er bei der Besetzung von Stellen mit reformierten Geistlichen selbstredend auch darauf Einfluss nehmen wollte, dass die ausgewählten Kandidaten der ihm sympathischeren Richtung innerhalb des Reformiertentums zu294

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neigten und sich nicht als Anhänger der strengen Auffassung von der »doppelten Prädestination« erwiesen. Als zum Beispiel im Mai 1731 durch den Weggang des Konsistorialrates Lobethan eine Predigerstelle in der Magdeburger reformierten Gemeinde frei geworden war, wollte der König, dass »dessen Platz mit einem wohl tüchtigen und friedliebenden Prediger wiederbesetzet werde und der kein Particulariste ist«.162 Dass das Kirchenwesen zu den vom König mit besonderer Aufmerksamkeit bedachten Materien gehörte und er vergleichsweise viel Zeit darauf investierte, belegen seine häufigen Predigtbesuche. Das von ihm danach gefällte Urteil konnte durchaus den weiteren Karriereweg des inspizierten Pfarrers nachhaltig beeinflussen, weshalb die Anwesenheit des Landesherrn von den betroffenen Predigern mit gemischten Gefühlen gesehen wurde. »Es ist mir ordentlich sehr bange bey meinen Predigten«, resümierte der Feldkaplan Michael Lichtenauer im April 1715 nach dem Besuch des Königs während seines Gottesdienstes in der Berliner Schlosskapelle.163 Gefürchtet waren die von Friedrich Wilhelm I. geforderten Predigten in den Orten, die er während seiner Inspektions- und Revuereisen passierte – zumal diese Besuche mitunter unangekündigt erfolgten. So habe zum Beispiel 1736 während seines Aufenthaltes in Kossenblatt – jenem zum Amt Beeskow gehörenden Dorf, in dem der König im selben Jahr das dortige Schloss erworben hatte – der amtierende Pfarrer in Anwesenheit des Königs »so elend und miserabel« gepredigt, dass dieser meinte, kaum »in der gantzen Churmark noch einen Prediger von dergleichen absurden Wesen zu haben oder zu finden«. Doch als der Monarch eine Woche später in Rheinsberg weilte, wohnte er auch dort einem Gottesdienst bei und befand, »daß, obschon der bekandte Prediger in dem Beeskowschen Ambts-Dorfe wenig oder nichts werth ist, dennoch dieser gegen den Prediger zu R[h]einsberg vor einigen großen Heiligen zu achten« sei.164 Für die kurz vor der Fertigstellung stehende Petrikirche galt sein Interesse der Regulierung des dortigen Gottesdienstes, vor allem mit Blick auf die Besetzung der Predigerstellen und deren Besoldung. Zu diesem Zweck wies er am 21. Januar 1731 den Propst Reinbeck per Kabinettsordre an, ihm einen »Aufsatz« zu machen. Er werde »sodann alles weiter regulieren und so machen, daß ein jeder in seinem Amte honet und honorabel zu leben hat.165 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Die Inszenierung des Königs als Schutzpatron des Protestantismus im Reich Verschiedentlich ist bereits angeklungen, dass den Auseinandersetzungen um den konfessionspolitischen Kurs stets auch eine äußere Komponente innewohnte; mit anderen Worten: Ebenso wie die kirchlichen Entwicklungen in den brandenburgisch-preußischen Landen aus der Außenperspektive zur Kenntnis genommen wurden, widmete man am Berlin-Potsdamer Hof der Konfessionspolitik im Reich seine volle Aufmerksamkeit. Denn in der Tat hatte der Faktor »Konfession« in der dem sogenannten »Konfessionellen Zeitalter« folgenden Epoche seinen hohen Rang kaum eingebüßt.166 Mit stärker werdendem Nachdruck beanspruchten die brandenburgisch-preußischen Landesherren nach 1648 die Führungsstellung unter den protestantischen Reichsterritorien, also auch den lutherischen. Demzufolge nahmen die Aktivitäten Kurbrandenburgs innerhalb des Corpus Evangelicorum – so wurde der Zusammenschluss der auf dem Reichstag vertretenen protestantischen Reichsstände bezeichnet – seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert erheblich zu.167 Als der sächsische Kurfürst Friedrich August I. 1697 im Zusammenhang mit seiner Wahl zum polnischen König zum katholischen Glauben konvertiert war, bot sich für den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. die Chance, die – zumindest de facto so empfundene – Vakanz im Direktorium des Corpus Evangelicorum auszufüllen.168 Seine Bemühungen scheiterten aber nicht nur an der bestehenden Rivalität mit Kurhannover, der anderen norddeutschen protestantischen Macht, sondern auch daran, dass die Mehrheit der diesem Gremium angehörenden Reichsstände nicht bereit war, das Direktorium einem reformierten Herrscherhaus anzuvertrauen. Doch in dem Maße, in dem die reale oder scheinbare Bedrohung seitens der katholischen Mächte anwuchs, gelang es Preußen zunehmend, sich als eine der wirkungsvollen Schutzmächte des evangelischen Glaubens im Reich zu inszenieren. Nachdem im Verlauf der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die konfessionellen Gegensätze zunächst etwas in den Hintergrund getreten waren, kam es infolge der den Pfälzischen Erbfolgekrieg beendenden Ryswijker Verhandlungen mit dem berüchtigten 296

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Artikel 4169 zu einem wahren »Konfessionalisierungsschub« in der Reichspolitik.170 Und Preußen verfolgte dabei als Teil der evangelischen Reichsstände höchsteigene Interessen. Friedrich Wilhelm hatte als Kronprinz diese Zuspitzungen unmittelbar miterlebt, in deren Rahmen sein ansonsten bislang eine moderatere politische Linie verfolgender Vater die Gangart in der Konfessionspolitik verschärft hatte. Als zum Beispiel die diplomatischen Vorstöße auf Reichsebene zur Beendigung des rigiden Vorgehens des katholischen Kurfürsten von der Pfalz Johann Wilhelm gegenüber seinen reformierten Untertanen kaum eine befriedigende Wirkung erzielt hatten, setzte man am Berliner Hof auf ein neues Druckmittel. Angesichts der unverminderten Verfolgung der reformierten Glaubensverwandten wäre es recht und billig, wenn – so in einem königlichen Befehl vom 6. Dezember 1704 – »Wir in Unsern Landen, und an denen in denselben befindlichen Unterthanen katholischer Religion, von nunan so fort, eben das Procedere anfingen, welches die katholischen Obrigkeiten an ermeldten Orten mit ihren evangelischen Unterthanen halten«.171 Dem Kurfürsten Johann Wilhelm wurde also angedroht, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Die dem pfälzischen Kurfürsten mittels dieser Drohkulisse, aber auch im Zusammenhang mit den hier nicht näher zu verfolgenden diplomatischen Manövern während des Spanischen Erbfolgekrieges wenig später abgetrotzte Religionsdeklaration von 1705 konnte durch das Versprechen der Gewissens- und Kultfreiheit und die Teilung des Kirchenvermögens zwischen der katholischen und lutherischen Minderheit einerseits und den Reformierten andererseits den Konflikt etwas entschärfen.172 Der Thronwechsel zu Friedrich Wilhelm I. fiel zusammen mit den in Rastatt und Baden durchgeführten Friedensverhandlungen am Ende des Spanischen Erbfolgekrieges. Hier wurde zwangsläufig auch die nach dem Dreißigjährigen Krieg mühsam austarierte Religionsverfassung des Reiches berührt. Die protestantischen Reichsterritorien hegten begründete Befürchtungen, dass bestehende Grundsätze aufgeweicht werden könnten. Insbesondere schreckte, dass die umstrittene Ryswijker Klausel wiederum in die auszuhandelnden Friedensverträge integriert werden sollte. Aus der Sicht der kleineren protestantischen Reichsstände kam deshalb dem preußischen König, so der hessische Landgraf Carl in ei8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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nem Brief an Friedrich Wilhelm I. vom 26. April 1714, »als einen der Mächtigsten ReichsStändte und vornembste Säule der Protestantischen Religion« eine besondere Bedeutung zu. Es müsse verhindert werden, dass »die zur Ungebühr eingeschobene Ryswickische Religions clausul zum nachtheil des Westphälischen Friedens darinn bestätigt were«.173 Doch diese Interventionen konnten nicht verhindern, dass die umstrittene Klausel Eingang in den Badener Friedensvertrag fand. In der Folgezeit beschäftigte davon ausgehend eine ganze Reihe kleinerer Konflikte die reichische Öffentlichkeit. Alarmierend war aber, dass zunehmend der Reichstag selbst mit diesen Fragen konfrontiert und der seit 1648 halbwegs funktionierende Zusammenhalt des Reiches immer größeren Belastungen unterworfen wurde. Vor allem im Vor- und Umfeld des bevorstehenden 200-jährigen Reformationsjubiläums 1717 feierte die konfessionelle Polemik in beiden Lagern fröhliche Urständ. Wir erinnern uns: Friedrich Wilhelm I. verband mit diesem Ereignis große Erwartungen mit Blick auf das von ihm verfolgte Unionsprojekt zur Verbindung der Reformierten und Lutheraner in seinen Landen. Der kurbrandenburgische Reichstagsgesandte v. Metternich hatte den König über die Vorstellungen des Landgrafen von Hessen-Darmstadt bezüglich der »Celebrierung eines allgemeinen Jubel-Festes unter den Augsburgischen Confessions-Verwandten« informiert, das die lutherischen Reichsstände für das Reformationsjubiläum sensibilisieren sollte. Die preußischen Minister v. Dönhoff, v. Printzen und v. Ilgen wiesen daraufhin den Gesandten im Auftrag des Königs an, »den dortigen Evangelischen Gesandtschafft communication [zu] thun«, dass Preußen gern den hessischen Vorstellungen folgen wolle. Dass die Gegenseite diese publizistische Offensive indes nicht ohne Weiteres hinzunehmen bereit war, zeigten entsprechende Reaktionen auf dem Reichstag. Dort beschwerten sich einige Gesandte beredt darüber, »wie empfindlich es denen Catholischen seyn würde, wann man sie solcher gestalt gleichsam von allen Cantzeln herunter verketzern und verdammen wollte«.174 Wohl nicht zufällig wurde im Frühjahr 1717 von Friedrich Wilhelm I. und seinen Ministern ein weiterer Kampfplatz im kirchenpolitischen Ring eröffnet, wenn auch mit eher untergeordneter Bedeutung. Am 15. März 1717 erging ein königliches Rundschreiben an die Domkapitel zu Magdeburg, Halberstadt und Minden mit der Aufforderung zu prüfen, ob der Kaiser dort das »ius prima298

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riarium precum« wahrnehme.175 Darunter verstand man das Recht, nach dem Thronwechsel die jeweils erste freiwerdende Stelle im Domkapitel mit einem Kandidaten seiner Wahl zu besetzen. Bis zur Säkularisation hatte dem Kaiser als »advocatus ecclesiae« dieses Privileg in den drei genannten Stiftsterritorien der Germania Sacra zugestanden, danach war es umstritten. Die brandenburgisch-preußischen Landesherren beanspruchten es seit dem Übergang der Territorien in ihren Besitz für sich, und Friedrich Wilhelm I. nutzte die Gelegenheit einer Überprüfung der Besetzungspraxis nunmehr, um in einer ohnehin aufgeladenen konfessionspolitischen Situation den Kaiser vorzuführen und Stärke zu demonstrieren. Zudem wurde ausgerechnet im Jahr des Reformationsjubiläums bekannt, dass der sächsische Kurprinz zum katholischen Glauben konvertiert war, was bedeutete, dass das sächsische Kurhaus wohl auf Dauer dem protestantischen Glauben verloren gegangen sein würde. In den vom Reichstag in Regensburg eingehenden Berichten des brandenburgischen Gesandten v. Metternich fanden sich nach Auffassung des Königs und seiner Minister untrügliche Anzeichen über eine Verschlechterung der Lage der Lutheraner und Reformierten im Reich.176 Vor diesem Hintergrund war die Aufrechterhaltung des kursächsischen Direktoriums im Corpus Evangelicorum kaum noch hinnehmbar; doch wer sollte an dessen Stelle treten? Von preußischer Seite wurde viel darangesetzt, selbst diese Aufgabe zu übernehmen, zumal man sich eines wachsenden Anhanges unter den protestantischen Reichsständen sicher glaubte. Seit dem Bestehen der englisch-hannoveranischen Personalunion waren sich Friedrich Wilhelm I. und seine Berater allerdings im Klaren darüber, dass man hier zu einem Arrangement mit dem englischen König kommen müsse, der selbst entsprechende Ambitionen hegte.177 Demzufolge wies der preußische Monarch seine Gesandten an, das Terrain zu sondieren.178 Letztlich fanden Preußen und Kurhannover einen Kompromiss. In einem Vertrag vom 16. November 1719 einigten sich beide Seiten darauf, das Direktorium gemeinsam übernehmen und »coniunctim verwalten« zu wollen.179 Kursachsen gelang es zwar letztlich doch noch, seine Position de jure zu behalten, jedoch konnten sich England-Hannover und Brandenburg-Preußen als »die beiden tatsächlichen Führungsmächte … auf Dauer« im Direktorium positionieren.180 8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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Und schon erwartete diese Mächte die nächste Bewährungsprobe auf konfessionspolitischem Parkett. Abermals waren es die religionspolitischen Differenzen in der Kurpfalz, die zu einer gefährlichen Konflikteskalation führten und das Reich an den Rand eines Religionskrieges brachten. Diesmal brach der Streit um strittige Passagen im Heidelberger Katechismus und um die Heidelberger Heiliggeistkirche aus, die der katholische Landesherr – inzwischen regierte hier Kurfürst Karl Philipp – zur Hofkirche umwandeln wollte.181 Nach der mit der Besetzung der Kirche und Niederlegung der Trennwände einhergehenden Eskalation des Konflikts suchte der reformierte kurpfälzische Kirchenrat Rückhalt bei den wichtigsten protestantischen Reichsständen: Brandenburg-Preußen, Hannover und Hessen-Kassel. Der preußische König wurde besonders umworben. Die gewährte politische Unterstützung seines Vaters anderthalb Jahrzehnte zuvor war bei den pfälzischen Reformierten noch in guter Erinnerung, und sie hegten nicht unbegründete Hoffnungen, dass auch Friedrich Wilhelm I. in ihrem Sinne agieren und das politische Gewicht seines Staates in die Waagschale werfen würde. Wieder wurden an den protestantischen Höfen Repressalien gegen die Katholiken im eigenen Land erwogen. Preußen kam dabei eine Schlüsselrolle zu. »Auf Ansuchen Preußens wurde zwecks ›einmütiger Repräsentation‹ ein hessischer Sondergesandter nach Heidelberg geschickt«, der mit dem preußischen Residenten Hecht, dem Engländer Haldane und dem Niederländer Spina den Druck auf die kurpfälzische Regierung erhöhen sollte. Wiederum erwies sich auch während dieser Mission der preußische Gesandte im Gegensatz zu den britisch-kurhannoveranischen und niederländischen Diplomaten als besonders hart.182 Da der Kasseler Hof Bedenken trug, dass durch überzogene Aktionen der Reichsfrieden gestört werden könnte, wollte er sich in Berlin rückversichern. Der hessische Gesandte, der Hofmarschall v. Lüderitz, reiste aus diesem Grunde in den ersten Dezembertagen des Jahres 1719 nach Berlin. Sein direkter Verhandlungspartner, v. Ilgen, zeigte sich »mit dem entschiedenen Auftreten des Landgrafen sehr zufrieden, er habe dadurch sozusagen ›das Eis gebrochen‹«.183 Angesichts jener Rahmenbedingungen glaubte auch Friedrich Wilhelm I. keine Rücksichten mehr nehmen zu müssen und ordnete Repressalien gegen katholische Einrichtungen in seinen Landen an. Besonders scharf fielen diese gegen das im früheren 300

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Erzstift Magdeburg gelegene Kloster Hamersleben sowie das Mindener Domkapitel aus.184 Allerdings blieb die Gegenseite nicht untätig. Kurfürst Karl Philipp wurde aufgrund der Bedrückung seiner Glaubensgenossen und der wesentlich auf Betreiben Preußens durch das Corpus Evangelicorum forcierten Aufhebung des pfälzischen Religionsrezesses von 1705 veranlasst, mittels Schikanen nun wiederum gegen seine reformierten Untertanen seinem Ärger Luft zu machen. Friedrich Wilhelm I. erwies sich in dieser höchst zugespitzten Lage als nicht allzu kompromissbereit, obwohl der preußische Resident am Kaiserhof seinen König zu einem gewissen Einlenken überreden wollte. Vor einer endgültigen Klärung, bei der der kaiserliche Hof die entscheidende Rolle übernehmen wollte, solle zunächst das besetzte Kloster Hamersleben geräumt werden, doch der preußische Monarch widersetzte sich diesem Begehren. Der an sich moderat auftretende Kaiser Karl VI. verwahrte sich in deutlichen Worten dagegen, dass man die »Ausmachung« des Religionsstreites ihm »gleichsamb Vorschreiben wollte«. Das »gehe dero allerhöchsten Kayserlichen auctorität gar zu nahe«.185 Auch in den folgenden Jahren, in denen die Religionswirren in der Kurpfalz die Reichspolitik in Atem hielten, erinnerte der Kaiser den preußischen König an seine Verpflichtungen dem Reich gegenüber. Immer wieder müsse er sich, so in einem Schreiben vom 27. August 1728, mit den Religionsbeschwerden des pfälzischen Kurfürsten beschäftigen, die dieser gegen den preußischen König wegen der Behandlung der Katholiken in Kleve, Mark und Ravensberg erhob. Karl machte den König auf bereits früher an ihn gesandte Verordnungen aufmerksam und mahnte, die gegen Preußen »angebrachte Religions Beschwerden Lieber von selbst güetlich abzustellen, und wie solches geschehen, je ehender, je besser, an Uns zu berichten, als es zu Vorwürffen und Reichs-Satzungsmäßigen Verordnungen und unangenehmen weitläuffigkeiten kommen zu lassen«. Der Kaiser konnte sich nicht den maliziösen Hinweis darauf ersparen, »was gegen einen recht seyn soll, wieder den anderen nicht unrecht seyn kann«.186 Versucht man die Rolle des Preußenkönigs in diesem Religionskonflikt zu gewichten, fällt die Antwort nicht ganz leicht. Auf der einen Seite zeigen einige seiner hier erwähnten Aussagen, dass er zu den sogenann8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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ten »Hardlinern« zählte, die die kleineren evangelischen Reichsstände zu mehr Zusammenhalt und offensiverem Auftreten ermuntern wollten. Dafür spricht auch, dass der preußische König und seine zuständigen Minister gelegentlich ihr Unbehagen über den in ihren Augen zu großen Langmut der evangelischen Reichsstände äußerten. So beklagte sich der Minister v. Knyphausen in einem an seine kurhannoveranischen Amtskollegen gerichteten Schreiben vom 30. Januar 1723 über die fehlende Bereitschaft der Konfessionsverwandten. Sie würden zwar »alle gute intention bey den Religions-Sachen äußern, dennoch schwerlich zu disponiren seyn mögten«, ihre Gesandten zu Regensburg anzuhalten, auf die preußischen Vorschläge einzugehen.187 Friedrich Wilhelm I. gehörte zu jenen protestantischen Reichsständen, die auf ein selbstbewussteres Agieren des Corpus Evangelicorum setzten und deshalb für eine stärkere Zusammenarbeit innerhalb dieses Gremiums plädierten. Gerade weil man vonseiten der Katholiken die evangelischen Reichsstände »für kein Corpus achten und also mit denenselben in communi nicht tractiren will«, heiße es enger zusammenzurücken.188 Dagegen favorisierte England-Hannover ein etwas moderateres Auftreten. Da die meisten evangelischen Reichsstände zu schwach seien und Skrupel hätten, sich gegen ihre katholischen Nachbarn »in etwas einzulassen«, so König Georg I. an seinen Gesandten in Berlin, sollte man dem Kaiser und den katholischen Reichsständen keinen Anlass geben, »die zu errichtende Convention als etwas Offensives gegen Sie oder auf Erregung eines Religions-Krieges abzielendes … anzusehen«.189 Auf der anderen Seite ist aber auch nicht zu übersehen, dass Friedrich Wilhelm I. die letzte Konsequenz einer offenen militärischen Konfrontation scheute und sich am Ende den Verständigungsbemühungen nicht verschloss. Zudem ließ er trotz der grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten mit seinem kurpfälzischen Standesgenossen in der Religionsfrage Standessolidarität walten und sich nicht seitens der kurpfälzischen Ständerepräsentanten instrumentalisieren, die gegen den 1720 durch Kurfürst Karl Philipp in Angriff genommenen Plan protestierten, seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim zu verlegen. In seiner Antwort auf das ständische Hilfsbegehren ließ Friedrich Wilhelm die Adressaten wissen, dass es sich dabei um kein »Religionsgravamen« handele; übrigens würden auch »Wir Uns in der gleichen Fällen von Unseren 302

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Dienern wohl nichts vorschreiben lassen«.190 Diese eher auf Zurückhaltung und Rücksichtnahme auf fürstliche Standesgenossen setzende Strategie deckte sich im Übrigen mit seiner Haltung in den auswärtigen Beziehungen. Einen weit über die Reichsgrenzen ausstrahlenden Konflikt bildeten die Ereignisse im benachbarten Polen im Umfeld des sogenannten »Thorner Blutgerichts« des Jahres 1724.191 Hier war es nach wechselseitigen Provokationen zu einer Erstürmung des in der Stadt gelegenen Jesuitenklosters durch Angehörige der mehrheitlich protestantischen Einwohnerschaft gekommen. Das rigorose Vorgehen des polnischen Sejm und des Warschauer Assessorialgerichts gegen die Stadt Thorn, das die Hinrichtung von zehn Bürgern samt dem Bürgermeister Rösner einschloss, erfuhr nicht nur in der damaligen Öffentlichkeit ein nachhaltiges Echo, sondern beschäftigte auch die europäischen Höfe, vor allem natürlich diejenigen der evangelischen Staaten, intensiv. Preußen galt mit seinem König in dieser hochbrisanten Angelegenheit als derjenige Akteur, der zunächst auf ein hartes Vorgehen setzte. Für Friedrich Wilhelm I. bot dies die Gelegenheit, sich wirkungsvoll als Schutzpatron der polnischen Protestanten in Szene zu setzen.192 Noch am 6. März 1725 berichtete der kaiserliche Gesandte voller Sorge aus Berlin, dass die derzeit am preußischen Hof am intensivsten diskutierten Themen der Thronwechsel in Russland193 und die sogenannten »Polnischen Religions Troublen« seien. Man habe hier »mehr als 50.000 Mann in Bereitschafft …, um nicht nur denen bedrückten Protestanten in Pohlen, sondern auch an anderen Orten kräfftige Erleichterung zu verschaffen«.194 Doch bereits im Vorfeld war Friedrich Wilhelm I., nicht zuletzt auf Anraten seines Ministers v. Ilgen, von dem Plan einer möglichen militärischen Intervention in Thorn abgerückt.195 Deshalb konnte der kaiserliche Legationssekretär Demradt bald beruhigende Nachrichten aus Berlin senden, dass Friedrich Wilhelm I. wegen der Thorner Religionshändel keinen Krieg anfangen werde und sich »in diesem Werck« nicht weiter »vertieffen« wolle, obwohl der russische Gesandte den Preußenkönig »animiret« habe, »auff eine eclatante Satisfaction in der Thornischen sache zu bestehen«.196 Die Bemühungen des preußischen Königs, sich als Sachwalter der Interessen der evangelischen Reichsstände zu inszenieren, fanden durchaus ihren Widerhall. Mit Genugtuung wird er den Bericht seines Reichs8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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tagsgesandten zur Kenntnis genommen haben, in dem die Wahrnehmung vieler evangelischer Reichsstände, »daß E.K.M. vor Anderen das Odium bey denen Religions-Sachen hätten«, kolportiert wurde.197 Während der im Sommer 1730 absolvierten Reise Friedrich Wilhelms I. mit dem Kronprinzen durch einige süddeutsche Reichsterritorien gab der Bürgermeister von Esslingen in einem Schreiben seiner Freude darüber Ausdruck, dass die Reichsstadt nach über 100 Jahren wieder einmal einen König begrüßen könne, noch dazu »einen so großen Monarchen und mächtigste Stütze des Evangelischen Wesens«.198 Friedrich Wilhelm I. versuchte auf dem konfessionspolitischen Terrain indes nicht nur eine Abstimmung innerhalb des Reiches zu erreichen, sondern bemühte sich auch um eine stärkere Einbindung des englischen Königs. Dies war insofern problematisch, als es auf anderen politischen Feldern durchaus ernste Interessengegensätze zwischen beiden Monarchen gab. Da seit 1714 der englische (und schottische) Thron durch Angehörige der in Kurhannover regierenden Welfendynastie besetzt wurde, bildeten regionale Rivalitäten im norddeutschen Raum sowie unterschiedliche Ansätze in der Reichs- und Europapolitik einerseits und übereinstimmende Interessen in der Konfessionspolitik andererseits ein mitunter schwer zu entwirrendes Knäuel. Mit anderen Worten: Je weniger Konfliktstoff zwischen beiden Staaten bestand, desto eher war auch ein Zusammengehen in der Konfessionspolitik möglich. Ein solches kann vor allem in der ersten Hälfte der 1720er Jahre beobachtet werden.199 In einem 1720 gemeinsam von hannoveranisch-britischer und preußischer Seite verfassten Dokument, das die einzelnen Religionsbeschwerden aufführte, fand sich das auf Außenwirkung bedachte Statement, dass sich die beiden Könige »den jetzigen Zustand des Evangelischen Religions Wesens … sehr zu Hertzen nehmen« würden. Man wolle künftig mit den »anderen Evangelischen Reichs-Mitgliedern vor einen Mann stehen« und unter Einhaltung aller durch die Reichskonstitution erlaubten Mittel »nicht ablassen, bis das geklagte und sattsahm fundiret befundene religions-gravamen recht und Reichs-Gesetzmäßig repariret worden«. Friedrich Wilhelm I. hat dieses Dokument eigenhändig unterzeichnet »at fiens Fr Wilhelm«.200 Auch viele andere evangelische Reichsstände drängten immer wieder auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Hannover bzw. London und Potsdam in religionspolitischen Fragen.201 304

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Fazit Es dürfte deutlich geworden sein, dass die Religionspolitik des preußischen Königs eine durchwachsene Bilanz aufwies. Seine persönliche Religiosität begünstigte die Aufweichung des noch unter dem Großen Kurfürsten verfolgten konfrontativen Kurses gegenüber den Lutheranern ebenso wie die realistische Einschätzung der konfessionellen Kräfteverhältnisse in der Gesamtmonarchie. Auch hat die aus dem Luthertum erwachsene pietistische Bewegung diesen Annäherungsprozess befördert. Dennoch scheiterte das von Friedrich Wilhelm I. mit viel Herzblut forcierte Unionsprojekt. Im Übrigen müssen die Resultate seiner Bemühungen um eine stärkere Vereinheitlichung und intensivere Reglementierung des Kirchenlebens in Stadt und Land trotz erkennbarer Effekte zurückhaltend beurteilt werden.202 Diese hier aufscheinende Ambivalenz spiegelte sich auch in den über die preußischen Grenzen hinausgehenden konfessionspolitischen Aktivitäten wider. Einerseits war sich Friedrich Wilhelm I. dessen bewusst, dass er in seinem ernst gemeinten Bemühen, die in einigen Teilen des Reiches missliche Lage seiner Glaubensverwandten, aber auch die der Lutheraner zu verbessern, auf die Unterstützung von Verbündeten angewiesen war – Großbritannien stand dabei sicher an vorderster Stelle. Andererseits schmeichelte es ihm, wenn Preußen und sein Herrscher als die eigentlichen Vorkämpfer für die Sache der protestantischen Reichsstände angesehen wurden. Die brandenburgischen Diplomaten haben deshalb immer wieder aus Regensburg berichtet, dass die anderen evangelischen Reichstagsgesandten den vom preußischen König mehrfach unter Beweis gestellten »Eiffer für die Evangelische Religion im Reich« rühmen würden.203 Doch lag dabei stets die Befürchtung nahe, dass sich aus religionspolitischen Auseinandersetzungen gefährliche Zuspitzungen in den zwischenstaatlichen Beziehungen ableiten konnten. Dieser Gefahr war sich der preußische König zumeist bewusst, und das Wissen um die möglichen unliebsamen Weiterungen sollte letztlich die Grundlinien seiner allgemeinen Außenpolitik bestimmen.

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9. Die Außenpolitik Das Agieren auf dem außenpolitischen Parkett fällt in einen mit den sogenannten »Arcana Imperii« gleichgesetzten Bereich, in den – im Gegensatz etwa zu solchen Komplexen wie der inneren Verwaltung oder der Kirchenpolitik – nur ein sehr kleiner Personenkreis im unmittelbaren Umfeld des Herrschers involviert war. Hier sah sich die überwiegende Zahl der europäischen Monarchen persönlich in der Pflicht, und die Delegierung dieser Materien an subalterne Amtsträger fand weitaus zurückhaltender statt. »Außenpolitik an den jeweiligen Fürsten vorbei oder im Widerspruch zu ihrem Willen war im Ancien Régime nicht vorstellbar.«1 Demzufolge lag hier auch eine besondere Verantwortung des regierenden Fürsten, der viele Dynastien durch eine gründliche Unterweisung des künftigen Herrschers gerecht zu werden gedachten. Wir haben bereits bei unserem Gang durch die Kronprinzenzeit erfahren, dass solche Anforderungen im Rahmen der Erziehung des jungen Friedrich Wilhelm durchaus Berücksichtigung fanden und man sich bemühte, ihn in die außenpolitischen Zusammenhänge einzuführen. Im Gegensatz zu seinem Vater und Vorgänger, der aufgrund der Konflikte am Hof des Großen Kurfürsten nur in geringerem Maße in die mächtepolitischen Planspiele eingeweiht war bzw. sich zuweilen hinter dem Rücken seines Vaters in gewagte diplomatische Projekte eingelassen hatte, waren bei dem bevorstehenden Thronwechsel ein höheres Maß an Kontinuität und ein reibungsloserer Übergang zu erwarten. Friedrich Wilhelm nahm seit 1706 regelmäßig, zumeist im Beisein des Königs, an den Sitzungen des Geheimen Rates, der obersten Regierungsbehörde des Gesamtstaates, teil und wurde damit auch in die Entscheidungsfindung auf dem Gebiet der preußischen Außenpolitik einbezogen.2 Das sollte sich nicht nur als entscheidender Vorteil für eine weitgehend konfliktfreie Gestaltung des Thronwechsels erweisen, sondern war schlichtweg auch aus einem anderen Grund bedeutsam: Der Übergang der Herrschaft von Friedrich I. zu 306

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Friedrich Wilhelm I. erfolgte mitten in einem Krieg – oder genauer formuliert: mitten in den Kriegen! Dies stellte im Vergleich zu dem davorliegenden und auch dem nachfolgenden Thronwechsel einen wichtigen Unterschied und zugleich eine besondere Herausforderung dar. Der 25. Februar 1713, der Tag der Regierungsübernahme durch Friedrich Wilhelm I., fiel in jenes Jahr, in dem dank der kurz vor dem Abschluss stehenden Friedensverhandlungen in Utrecht eine der beiden großen machtpolitischen Auseinandersetzungen, der Spanische Erbfolgekrieg, nach zwölf Jahren zu Ende zu gehen schien, während der zweite parallel dazu verlaufende militärische Konflikt, der Große Nordische Krieg, noch einmal Fahrt aufnahm. Gerade das sich abzeichnende Ende des vor allem in den Spanischen Niederlanden, in Südwestdeutschland und Oberitalien ausgetragenen Spanischen Erbfolgekrieges sollte Auswirkungen auf die Fortführung des sich in Nordost- und Ostmitteleuropa abspielenden »Theaters« des zweiten Krieges zeitigen. Die Karten wurden noch einmal neu gemischt – und gerade in dieser Frage war Preußen seiner geostrategischen Lage halber gefordert.

Die Berater Bevor wir uns näher den Rahmenbedingungen und Interessenlagen der preußischen Außenpolitik, vor allem aber dem Agieren Friedrichs Wilhelms I. auf diesem Feld zuwenden, seien einige wenige Bemerkungen über die institutionellen und personellen Grundlagen vorangestellt.3 Denn wie in anderen Politikbereichen war der König natürlich gerade auf einem solchen diffizilen Terrain auf Professionalität, Loyalität und Effizienz der damit betrauten Behörden und Räte angewiesen. Es darf als vorläufiges Resümee seines ersten Regierungsjahrzehnts angesehen werden, wenn er 1722 seinem Nachfolger dringend riet, »in stahssachen«, also in den zwischenstaatlichen Beziehungen, »nichtes zu Resolviren, bevor Ihr alles wohll mit eure Ministris des affere Ettrangehre wohl überlehget habbet«.4 Wie schon in anderen Verwaltungszweigen beobachtet werden konnte, setzte der neue Monarch auch hier mit Blick auf die personellen Verantwortlichkeiten auf Kontinuität. Rüdiger von Ilgen, der jenes »Ressort« – in Gestalt des sich unter dem ersten König heraus�������������������

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bildenden »Geheimen Kabinettsconseils« bzw. dann ab 1728 des »Kabinettsministeriums« – während der letzten Regierungsjahre des alten Königs allein als Minister zu verantworten hatte, blieb weiterhin für diesen Politikbereich zuständig und wurde zur »Schlüsselgestalt für die allmähliche organisatorische und personelle Umgestaltung des auswärtigen Departements in ein modernes Fachministerium«.5 Ihm zur Seite stellte Friedrich Wilhelm I. allerdings den Grafen Christoph zu Dohna6 und den bislang als Hofmarschall, Konsistorialpräsident und Lehnsdirektor amtierenden Marquard Ludwig von Printzen, obwohl v. Ilgen de facto als der Bedeutendste in diesem Triumvirat galt. Aus der Sicht einiger Diplomaten wurde ihm gar die Rolle eines De-facto-»Premier-Ministers« zugewiesen.7 Auch auf diesem sensiblen Politikfeld versuchte der König also, sein favorisiertes Konzept einer kollektiven Ressortverantwortlichkeit zwecks gegenseitiger Kontrolle zu realisieren. Die von ihm anlässlich der Einsetzung der drei Kabinettsminister formulierte Erwartung, »sich lieb zu haben wie Brüder«, dürfte deshalb nicht allzu ernst genommen und wohl eher als ein Euphemismus verstanden worden sein.8 Gleichwohl verhinderte die Ilgen aufgrund seiner großen Kompetenz und seiner – scheinbar unbegrenzten – Loyalität9 entgegengebrachte persönliche Hochschätzung nicht, dass er zum bevorzugten Ziel von Bestechungsversuchen seitens Frankreichs wurde. Allerdings zeigte sich Ilgen erst nach mehreren Monaten, im Februar 1717, gegenüber den französischen Verlockungen bereit, eine jährliche Zahlung von 30.000 Livres anzunehmen.10 Es ist freilich schwierig, wie in ähnlich gelagerten Fällen, eine konkrete Gegenleistung des Begünstigten nachzuweisen. Zwar deuten einige Beobachtungen darauf hin, dass es zwischen 1717 und 1720 zu einem partiellen Zusammengehen Preußens und Frankreichs in einigen wichtigen außenpolitischen Fragen kam, doch lassen sich diese nicht zweifelsfrei auf jene Zahlungen an den Minister zurückführen. Noch zu Lebzeiten Ilgens wurden dessen Schwiegersohn Friedrich Ernst Freiherr von Knyphausen und Neffe Wilhelm Heinrich Thulemeier in die außenpolitischen Materien eingearbeitet – im Übrigen ein Beleg dafür, dass auch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. »modern« anmutende Bürokratisierungsprozesse und Formen von familiärer Patronage einander nicht ausschließen mussten. Ilgen hatte allerdings, vom König darum gebeten, kurz vor seinem Tode 308

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in seinem schriftlich fixierten Vermächtnis dafür plädiert, keinen hauptverantwortlichen Minister für die »auswärtigen Affairen« mehr zu ernennen. Vielmehr sollte Friedrich Wilhelm I. zum einen selbst stärker die Führung in diesem Politikbereich übernehmen. Er habe ja in der zurückliegenden Zeit »von allem, was sowohl die Public- und auswärtige als andere innerliche Affairen Ihres Hauses betrifft, Sich zu informieren unglaubliche Mühe und Arbeit angewandt«.11 Dabei sollte der König zum anderen, ähnlich wie es Kaiser Karl VI. mit seiner »Geheimen Konferenz« handhabte, von einer kleinen Gruppe dafür spezialisierter Sekretäre beraten werden. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass Friedrich Wilhelm I. zuweilen selbst an den Beratungen des Geheimen Kabinettsconseils teilnahm.12 Aufgrund der besonderen Vertrauensstellung, die Friedrich Wilhelm von Grumbkow beim König genoss, konnte es zuweilen, vor allem nach dem Tode Ilgens, zu Kompetenzüberschneidungen kommen. Obschon offiziell zwar nicht mit außenpolitischen Materien betraut, war Grumbkow in eine Vielzahl dieser Vorgänge involviert, unterhielt ausgiebige Korrespondenzen mit auswärtigen Ministern – so zum Beispiel mit dem Grafen Brühl, dem aufgehenden Stern am Dresdener Hof – und wurde auch vom König immer wieder einmal um Rat gebeten. Friedrich Wilhelm I., dem diese für die offiziell mit den auswärtigen Angelegenheiten betrauten Minister nachteilige Praxis nicht verborgen blieb, sah sich veranlasst, von Grumbkow zu fordern: »Ihr sollet denen Ministres von den affairen etrangeres … die Sachen und Nachricht, so Ihr aus Dresden bekommen, communiciren.«13 Folgt man dieser Argumentation, hätte sich Friedrich Wilhelm I. – entgegen manchen älteren Annahmen – durchaus aktiv um die außenpolitischen Materien gekümmert, was auch durch viele Quellenbelege bestätigt wird. Dieses Interesse beschränkte sich aber nicht nur auf die Kenntnisnahme von Gesandtenberichten oder Memoranden seiner für die Außenpolitik zuständigen Minister. Vielmehr verlangte er des Öfteren, in Einzelfragen des operativen diplomatischen Geschäfts um Entscheidungen ersucht zu werden, so zum Beispiel bei der Wahl des Zeitpunktes der Absendung eines Briefes an einen Botschafter14 oder der Betrauung mit einer bestimmten diplomatischen Mission.15 Wenn eine solche Detailbesessenheit zum Tragen kam, geschah dies nicht selten �������������������

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zum Leidwesen der Verantwortlichen, wie etwa bei der finanziellen Ausstattung der Diplomaten. Als v. Cocceji im Dezember 1714 als Gesandter an den kaiserlichen Hof geschickt werden sollte, beklagte er sich über die für ihn vorgesehene geringe Entlohnung und Ausstattung, die pro Monat nur 125 Tlr. betragen sollte. Bei so wenig Gehalt könne er aber »keinen secretarium entreteniren, keine pferde halten und mich mit anderen minstren nicht parificiren«. Angesichts einer solchen geringen Ausstattung müsse er wohl »als ein passagier im Wirthshaus leben«.16 Und seinem Minister v. Ilgen, der im September 1725 anfragte, wie viel Gehalt der nach Stockholm zu entsendende v. Bülow erhalten solle, beschied der König: »300 t. … soll unter Monath sein«.17 Und im Dezember 1739 fuhr er anlässlich der Einsetzung eines Residenten am kursächsischen Hof seine Kabinettsminister in schroffer Weise an: »Ihr solltet also nur einen Dresdenschen Advocaten oder dergleichen Kerl aussuchen, wie hier dergleichen an kleinen Posten 100 sind, welche bloß schreiben, was neues passiret.« Die Qualifizierung für eine solche Charge sei in seinen Augen nachrangig, denn ein »solches Mensch machet keine Figur, gehet zu Fuß, und bessert sich selbst … die Strümpfe; indessen erfähret er doch vieles sonder große Kosten«.18 Diese übertrieben anmutende Sparsamkeit ist indes nicht als eine ausschließlich preußische Eigentümlichkeit anzusehen, auch wenn sie hier mitunter eigenartige Blüten trieb. In dieser Zeit galten »Diplomaten gleich welcher Nationalität« als »notorisch unterbezahlt«.19 Dagegen liegen aber auch Einzelfälle vor, in denen sich Friedrich Wilhelm I. vergleichsweise generös gegenüber den Gesandten anderer Mächte erwies. So gewährte er etwa dem schwedischen Envoyé v. Klinckowström 1729 das Recht der Jagd im Charlottenburger Forst, also immerhin einem prominent gelegenen Revier.20 Zumeist gab Friedrich Wilhelm I. seinem Willen über eine seiner knappen Randbemerkungen Ausdruck. Auf eine im Juni 1729 erfolgte Anfrage, ob der preußische Gesandte in Stockholm, v. Podewils, dem schwedischen König auf dessen Reise nach Hessen-Kassel folgen solle, verfügte der König zum Beispiel kurzerhand: »sol in schwed bleiben«.21 Und den preußischen Gesandten am Zarenhof, v. Mardefeld, wies er am 9. August 1727 an, dem russischen Minister Ostermann »ein compliment« zu machen.22 Mitunter erbat er zusätzliche Informationen: Zu einem Passus des Ende 1724 ausgehandelten Vertragsentwurfs zwi310

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schen Großbritannien, Frankreich und Preußen fragte er nach: »Wie ist das zu verstehen?«23 Obwohl Friedrich Wilhelm I. verschiedentlich auch die in Französisch verfassten Berichte und Briefe zur Kenntnis nahm, machte er keinen Hehl daraus, dass ihm Deutsch lieber wäre. So forderte er etwa: »Ilgen soll mir die Punktacion auf teutsch« zusenden, »das verstehe ich besser«.24 Auch die übergroße Mehrheit seiner Marginalien zu der ihm vorgelegten diplomatischen Korrespondenz sind in deutscher Sprache verfasst. Vermutlich wird man auch die in einer jüngeren diplomatiegeschichtlichen Studie angestellte Beobachtung über den vergleichsweise »nüchternen, pragmatischen Ton« der zwischen 1713 und 1720 durch Preußen abgeschlossenen Verträge mit dem auf anderen Politikfeldern geläufigen Stil Friedrich Wilhelms I. erklären können.25

Die außenpolitischen Rahmenbedingungen einer »composite monarchy« Es stellt mittlerweile ein hinlänglich bekanntes und bearbeitetes Thema in der Preußen-Historiographie dar, dass die außenpolitischen Interessenlagen sowohl des brandenburgisch-preußischen Staates als auch der anderen machtpolitischen Akteure in Europa maßgeblich durch die geographische Konstellation der Hohenzollernterritorien beeinflusst wurden.26 Zum einen wird damit auf die sich infolge der territorialen Vergrößerungen ergebende enorme Ausdehnung des Staatsgebietes von den niederrheinischen Landen bis hin zur Grenze zum Baltikum abgehoben. Eine Konstellation, die dem König in diplomatischen Verhandlungen auch schon mal mit warnendem Unterton vor Augen geführt werden konnte: Er »möge die Lage seiner Lande erwägen, die sich gleichsam von Rußland bis zu den Niederlanden erstreckten und von allen Seiten solchen Mächten exponiert seien, die … gegen ihn so gut wie uniert seien«.27 Zum anderen gilt es, sich einen Aspekt in Erinnerung zu rufen, der uns schon in den Passagen zur Staatsverwaltung und zum Problem des ständischen Regionalismus beschäftigt hat: Es handelte sich bei den im 17. Jahrhundert gewonnenen Territorien um räumlich unverbundene Gebiete, die in zum Teil großer Entfernung zur brandenburgischen �������������������

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Kernprovinz lagen. Damit stand Brandenburg-Preußen vor ähnlichen Herausforderungen wie andere diesem Strukturtyp einer »composite monarchy« zugeordnete Staaten des Ancien Régime.28 Diese Grundtatsache hatten sich die Verantwortlichen der preußischen Außenpolitik unabhängig von ihrem persönlichen Naturell stets zu vergegenwärtigen. Man war gewissermaßen gezwungen, alle – auch nur leichten – Veränderungen in der machtpolitischen Lage, selbst an der westlichen und östlichen Peripherie Europas, zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls darauf möglichst rasch zu reagieren, weil man befürchten musste, dass das eigene Staatsgebiet in diese Konflikte mittelbar oder unmittelbar hineingezogen werden könnte. Somit interessierten neben den Vorgängen im Reich auch eventuelle Gewichtsverlagerungen innerhalb der einflussreichen politischen Faktionen im Haag ebenso wie Intrigen im russischen Zarenhaus, die über die außenpolitische Ausrichtung Großbritanniens ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen Tories und Whigs im britischen Parlament oder die Konflikte zwischen den sich befeindenden Ständeparteien (die sogenannten »Mützen« und »Hüte«) in der schwedischen Hauptstadt. Dem jungen Friedrich Wilhelm wurden diese Gewissheiten recht früh vermittelt, wie etwa ein Blick in die 1705 verfasste sogenannte »Zweite Ermahnung« Friedrichs I. an seinen Nachfolger belegt. Der künftige Herrscher habe stets zu beachten, »daß Unser Königreich, Churfürstenthumb und übrige Lande sehr weit begriffen und gar viel mächtige und meistentheils in contrairem Interesse gegeneinander stehende … Nachbaren haben«.29 Während der Jahre als Kronprinz konnte er mitunter auch unmittelbar verfolgen, wie vorsichtig sein Vater und dessen Ratgeber das preußische Staatsschiff seit Beginn des neuen Jahrhunderts durch die gefährlichen Wasser zweier großer Kriege steuerten. Dabei bestand des Öfteren die Gefahr, dass beide militärische Konflikte miteinander zu verschmelzen drohten – mit unabwendbaren Folgen gerade für das preußische Staatsgebiet! Besonders von französischer Seite hatte es Bestrebungen gegeben, mit dem umtriebigen Schwedenkönig Karl XII. ein Bündnis einzugehen, was in der Tat einen unkalkulierbaren Flächenbrand ausgelöst hätte. Kronprinz Friedrich Wilhelm vermochte so manches Lehrstück im Agieren auf dem Feld der Diplomatie zu beobachten, vor allem auch dahingehend, wie man eigenes politi312

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sches Gewicht in die Waagschale werfen konnte, ohne dabei allzu viel zu riskieren. Denn letztlich stellte Preußen trotz der 1701 gewonnenen Krone in der Wahrnehmung der Akteure im europäischen Mächtetheater noch keine Großmacht dar – eine Annahme, die den jungen Friedrich Wilhelm I. angesichts des von ihm recht pessimistisch gezeichneten Bildes über die Ressourcenlage Preußens ohnehin sehr realitätsfern angemutet hätte. Gerade deshalb ist das umsichtige außenpolitische Agieren König Friedrichs I. und seiner Ratgeber zwischen den beiden großen Kriegen nicht hoch genug zu bewerten.30 Ähnlich wie schon zur Zeit des Großen Kurfürsten versuchte man vielmehr, »durch das Lavieren zwischen den Bündnissystemen« seine Ziele zu verwirklichen. Hier stand also der erste preußische König in einer direkten Kontinuitätslinie.31 Gleichwohl konnte Friedrich Wilhelm I. bei seinem Herrschaftsantritt auf ein gewachsenes Renommee seines Staates setzen – ein Ansehen, das sowohl durch militärische Erfolge als auch durch ein überwiegend geschicktes diplomatisches Agieren gewonnen worden war. Deshalb erscheint auch das pointierte Urteil Johann Gustav Droysens, dass »die politische Bedeutung des [preußischen] Staates« während der Regierungszeit Friedrichs I. »gesunken« sei, unzutreffend32 – allzu kritiklos hat er die bekannten Ressentiments gegenüber der Innenpolitik des ersten preußischen Königs auf das außenpolitische Terrain übertragen. Aber natürlich hatte Friedrich Wilhelm schon als Kronprinz erfahren müssen, welche Weiterungen ein solch umfassender Konflikt wie der Große Nordische Krieg für die eigenen Lande bringen konnte, auch wenn Preußen Neutralität walten ließ. Der Durchzug russischer und sächsisch-polnischer Heere durch Hinterpommern, die Kurmark und die Neumark hatte sich beim Kronprinzen tief eingeprägt, wie die Passage eines am 11. August 1711 an Fürst Leopold von Anhalt-Dessau versandten Briefes belegt: »… die Mosckowitter und saxen campiren heutte bei dörffelinger [auf dem der Familie v. Derfflinger gehörenden Gut Gusow – F.G.] ..., ich habe noch keine Nachricht ob sie guhte ordre halten oder nicht ich wird es heutte Abent erfahren. Wier sind im guhten Stande keine Regimenter im Lande kein Pulver als 12.000 centener und kein geldt und frembde troupen im Lande, und das schlimste das man sie mus tractiren wie rohe eier«.33 Für ihn leitete sich daraus die �������������������

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Gewissheit ab: Hätte der König seine Truppen »hier ins Land gezogen, so hätten wir die Nachbarn besser im Zaum halten können«.34 Eine solche Wahrnehmung direkten Kriegserlebens in den eigenen Landen musste bei Friedrich Wilhelm wohl jenes Gefühl der Ohnmacht wieder aufkommen lassen, das schon seinen Großvater aufgrund der fürchterlichen Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges zu einer grundsätzlichen Einsicht geführt hatte: Sein Staatswesen sollte demnach nicht noch einmal »das theatrum sein, worauf die anderen Mächte ihre Tragödien aufführen«.35 Hier liegt – abgesehen von der bei Friedrich Wilhelm schon sehr zeitig zu beobachtenden Affinität zum militärischen Metier – ein entscheidendes Motiv für seine auf eine Vergrößerung der Armeestärke zielenden Anstrengungen. Doch ungeachtet der Verstärkung der Heeresmacht prägten, um hier schon eine Bewertung vorwegzunehmen, jene die Außenpolitik des ersten preußischen Königs bestimmenden Charakteristika, wie Abwarten und Lavieren, durchaus auch das Agieren Friedrich Wilhelms I. Diesen Eigenschaften sollte sein Sohn und Nachfolger Friedrich der Große, der einen gänzlich anderen außenpolitischen Stil favorisierte, in seiner »Geschichte des Hauses Brandenburg« im Übrigen durchaus Anerkennung zollen.36 Die außenpolitischen Leitlinien des neuen Königs lassen sich sowohl aus den in seinem Politischen Testament formulierten Grundsätzen als auch aus der Vielzahl seiner Instruktionen, Kabinettsordren, Marginalien und indirekt vermittelten Entscheidungen ableiten. Ersteres fällt natürlich leichter. In der 1722 verfassten »Instruktion an meinen Nachfolger« treten uns die außenpolitischen Zielvorstellungen gewissermaßen »aus einem Guss« entgegen.37 Die entscheidenden Ansprüche, die sogenannten »Prätensionen«, stellten demnach dar: die Verfolgung der Ansprüche auf Jülich und Berg, die Beachtung der mecklenburgischen Angelegenheiten infolge des 1442 geschlossenen Erbvertrages mit diesem Fürstenhaus und die Vorbereitung auf die Anwartschaft auf das Fürstentum Ostfriesland, die bereits 1694 vom damaligen Kaiser an das Haus Brandenburg verliehen worden war. Wenn es eine Rangfolge innerhalb jener Ziele gab, galt die Jülich-Bergische Erbschaft gewiss als diejenige mit der höchsten Priorität. Gleichsam wie eine rote Linie durchzieht dieses Thema die außenpolitischen Planspiele und Entscheidungen wäh314

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rend der gesamten Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. Andere Punkte traten dahinter zurück. So hat schon die ältere Forschung darauf aufmerksam gemacht, dass der König »die schlesischen Erbansprüche nicht zu den legitimen Prätensionen seines Hauses rechnete«, wodurch sich zugleich die große Überraschung und das Erschrecken an den europäischen Höfen im Dezember 1740 angesichts des Einmarsches preußischer Truppen unter dem Befehl des neuen Königs in Schlesien erklärten.38 Ebenso wird man auch die Entscheidung, die unter seinem Großvater verfolgten kolonialpolitischen Ambitionen in Westafrika aufzugeben, vor dem Hintergrund einer realistischen Einschätzung des außenpolitischen Spielraumes und der finanziellen Ressourcen zu beurteilen haben.39

Zeremonialverzicht und Militäraffinität? Zur Wahrnehmung Friedrich Wilhelms I. an den europäischen Höfen Doch wenden wir uns im Folgenden der Frage zu, wie sich Friedrich Wilhelm I. einerseits auf dem diplomatischen Parkett zu behaupten wusste und wie andererseits sein außenpolitisches Agieren von den Akteuren an den europäischen Königshöfen und deutschen Fürstenresidenzen wahrgenommen wurde. Angesichts des Engagements des Kronprinzen Friedrich Wilhelm in den zurückliegenden Jahren auf den Schauplätzen des Spanischen Erbfolgekrieges, seiner persönlichen Bekanntschaft mit einigen wichtigen Persönlichkeiten wie dem russischen Zaren Peter I., dem Prinzen Eugen von Savoyen oder dem Herzog von Marlborough, aber auch seines Einflusses innerhalb der politisch-höfischen Elite in der preußischen Residenz war der neue preußische Monarch gewiss kein Unbekannter an den europäischen Höfen. In den vor 1713 aus Berlin verschickten Berichten der auswärtigen Gesandten wurde des Öfteren auch die Haltung des Kronprinzen zu den damaligen außenpolitischen Konstellationen und Entscheidungen thematisiert, ohne daraus eindeutige Aussagen über seinen künftigen politischen Kurs ableiten zu können. Demzufolge war es nur folgerichtig, dass die ersten Schritte des jungen Preußenkönigs aufmerksam beobachtet wurden. Der mecklenburgische Gesandte Burmeister, der mit dem Vorsatz nach Berlin kam, »die arcana dieses hoffes penetrieren« zu wollen, berichtete über �������������������

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seine Wahrnehmung der Veränderungen am preußischen Hof.40 Ein britischer Diplomat lamentierte, die Herrin des neuen preußischen Königs sei die Armee, sein Gewerbe scheine der Krieg zu sein. Solcherlei Befürchtungen teilte zunächst auch der kaiserliche Gesandte, der nach Wien berichtete, das »Sinnen und Trachten« Friedrich Wilhelms sei »auf nichts als Haben und Haben und Zusammenbringen großen Geldes und Armeen gerichtet«. Dazu seien ihm »alle ersinnlichen Mittel« recht, und er tue deswegen solche Dinge, »die man fast nicht begreifen kann«.41 In diese eher auf das Anwachsen eines Bedrohungspotentials gerichteten Befürchtungen mischten sich aber auch gegenläufige Vermutungen. Gerade weil Friedrich Wilhelm I. eine fast schon emotionale Beziehung zu seiner Armee unterhalte und »recht kindisch darmit umbginge«, sorgte man sich am Kaiserhof eher darum, dass es ihm künftig unter diesen Umständen schwerfallen werde, von seiner Armee Leute für das Reichskontingent bereitzustellen.42 Ebenso nahm der französische Diplomat Jean Baptiste Poussin den »bizarren Charakter« des neuen Monarchen wahr und attestierte »un esprit inconsidéré … et sans expérience«.43 Vor allem erregte das besondere persönliche Engagement des Königs bei den Reformen in Staat und Gesellschaft Aufsehen. Auch der kaiserliche Gesandte thematisierte mit Verwunderung, dass der König »alles selbst und allein thun wolte«.44 Daraus würden, so befürchtete man, auch schwer einzukalkulierende Weiterungen für die Außenpolitik folgen. Des Weiteren wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Zugang zum neuen Monarchen durch dessen Gewohnheiten nun sehr erschwert sei. Die am hiesigen Hofe anwesenden auswärtigen »Ministris« seien »sehr übel zufrieden, gestalten sie alle klagen, daß sie nicht wüßten, wohin sich recht zu addressiren, sondern daß Sie haubtsächlich bey dem König nicht vorkommen könten, wie sie wünschten, denn Er wäre nicht allein wenig in der Stadt, sondern litte auch nicht, daß man Ihm auf das Landt folgete«. Zudem befürchtete man nachteilige Entwicklungen im diplomatischen Verkehr, weil der König seinen Gesandten die Bestallung sehr beschnitten habe; er wolle künftig nur Residenten, also Diplomaten mit dem niedrigsten Rang, halten.45 In dieses Horn blies auch die Klage des mit den außenpolitischen Materien in Berlin betrauten Rüdiger von Ilgen, der gegenüber dem hannoverschen Residenten in Berlin äußerte, dass die im unmittelbaren Um316

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feld des Königs agierenden Räte »nicht wüßten, wie sie mit Sr. Königl. Majestät daran wären, sich auch in Dero veränderliche Humeur nicht weiter schicken und finden könnten«.46 Dabei dürften diese Wahrnehmungen für die aufmerksamen Beobachter des veränderten Stils am preußischen Hof nicht so überraschend gewesen sein, wie es in ihren Berichten mitunter aufscheint. Denn in den Aufzeichnungen des alten Oberzeremonienmeisters Johann von Besser fand sich eine ganze Reihe von Belegen dafür, dass sich Friedrich Wilhelm schon als Kronprinz einige Male über die zeremoniellen Normen hinweggesetzt hatte. So hielt Besser zum Beispiel folgendes Verhalten des Kronprinzen anlässlich der im Juli 1707 stattfindenden Audienz des savoyischen Gesandten am Berliner Hof für mitteilenswert: Dabei stand Friedrich Wilhelm »alsobald auf und entblöste das Haupt, weilen Er den ENVOYÉ ehmahls gekant, und dannenher mit ihm keine grosse Ceremonien machen« wollte.47 Dies wiederholte sich auch bei anderen Gesandtschaftsaudienzen, so dass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass die Entscheidung Friedrich Wilhelms I., auf eine Kopfbedeckung zu verzichten und aufzustehen, bewusst gefällt wurde.48 Vor allem vor dem Hintergrund solcher Verhaltensweisen wurde und wird der Herrscherwechsel von 1713 als »Bildersturm gegen die bisherigen Formen der Monarchie von Gottes Gnaden, die der erste Preußenkönig ganz im höfisch-zeremoniellen Stile König Ludwigs XIV. repräsentiert hatte«, interpretiert.49 Auch zeitgenössische Beobachtungen schienen solche Deutung zu bestätigen. So hätte laut dem Urteil David Fassmanns Friedrich Wilhelm I. »die Nichtigkeit dieser falschen Waare [des Zeremonialwesens – F.G.] eingesehen und erkannt, weshalb Dieselben, so viel als es sich nur immer thun lassen, das Ceremoniel abgeschaffet und bey Seite gesetzet«.50 Schließlich konnte auch die Entlassung Johann von Bessers in diesem Sinne interpretiert werden.51 Doch hält der bis in die jüngere Forschung hinein verbreitete Eindruck einer quasi antizeremoniellen Herrschaftspraxis dem aus den Quellen zutage tretenden Befund nicht stand. Zwar spräche etwa das Ausbleiben der Krönung anlässlich seiner Regierungsübernahme oder sein Umgang mit Teilen der preußischen Kroninsignien für eine solche Annahme. So hatte sich der König 1737 seine Kronprinzenkrone aus dem Krontresor des Berliner Schlosses bringen lassen und soll diese eigenhändig zerschnitten �������������������

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und die Juwelen an sich genommen haben.52 Jedoch unterzog Friedrich Wilhelm I. das brandenburgisch-preußische Gesandtschaftszeremoniell nach seinem Regierungsantritt eben keiner grundlegenden Reform. Solche sich in der Öffentlichkeit des »Theatrum Europaeum« rasch verbreitenden Veränderungen wären gerade für das noch junge Königreich Preußen, das noch lange um Anerkennung ringen und deshalb seinen Rang auch sichtbar demonstrieren musste, eher problematisch gewesen. Und dafür hatte der neue König durchaus ein Gespür. Deshalb dürften jene Diplomaten, die eingedenk seines etwas ungelenk erscheinenden Verhaltens als Kronprinz erwartet hatten, nach dem Tode des alten Königs eine Verbesserung ihrer bisherigen Rechte zu erringen, enttäuscht gewesen sein. Freilich betonten einige Gesandtenberichte unmittelbar nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., der neue Monarch könne »keine Ceremonien und lange audienzen, auch keine anticammeren oder aufwartungen bey Hoff leiden«.53 Und in mehreren Anekdoten und zeitgenössischen Statements wurde die Vorliebe Friedrich Wilhelms I. für Uniformen und schlichte Kleidung erwähnt, die sich natürlich auf den Modus des höfischen Zeremoniells auswirken musste.54 Auch so manche andere Marotten wurden genüsslich kolportiert, so etwa die 1721 vorgebrachte Beschwerde des kaiserlichen Gesandten am preußischen Hof, der aufgrund des lauten Trommelns während der Parade weder vom König verstanden wurde noch dessen an ihn gerichtete Worte vernehmen konnte.55 Allerdings sollten diese Beobachtungen nicht gleichgesetzt werden mit einer während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. vorgenommenen gravierenden Revision des tradierten Zeremoniells. Vielmehr habe sich bei mehreren Gelegenheiten gezeigt, dass es dieser preußische König »bei dem Besuch fremder Herrschaften, und andern Feierlichkeiten, die an Seinem Hofe eben nicht selten vorfielen …, niemahl an demjenigen fehlen [ließ], was der Anständigkeit und Seiner Königlichen Würde gemäß war«.56 Seine außenpolitischen Berater, allen voran Rüdiger von Ilgen, haben ihn dafür gewinnen können, über den subtilen Einsatz der eingespielten Konventionen politische Ziele zu erreichen. So konnte der an den Wiener Hof entsandte Graf von Dohna im Februar 1714 nach Berlin vermelden, dass ihm »von verschiedenen guten Freunden, welche mich bey meiner Ankunfft allhier besuchet, versi318

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chert worden, daß die Entschließung, welche E.K.M. genommen, Jemandt von dero Ministris anhero zu schicken, bey Ihro Kayserl. Maj. kein geringes Vergnügen erwecket«. Und mit Wohlwollen hat Friedrich Wilhelm I. solche Nachrichten seiner Diplomaten zur Kenntnis genommen, wenn diese über eine sichtliche Bevorzugung innerhalb der zeremoniellen Praxis ihres Gastlandes berichteten, auch wenn es sich dabei nur um dezente Nuancen handelte. So habe der Kaiser, um noch einmal den Aufenthalt Dohnas ins Spiel zu bringen, als er des Grafen gewärtig wurde, nicht nur seine Hand an den Hut genommen, sondern »rückten Sie sogar den Huht«. Daraufhin »wunderte sich jedermann über diese Distinction, welche sonst nicht gebräuchlich«.57 Freilich blieben trotz der hoffnungsvoll stimmenden Geste einige Zweifel, so dass der darüber berichtende Gesandte v. Mörlin anmerkte, dass »die Freundschafft hoffentlich nicht in bloßen Complimenten bestehen« werde.58 Und aus den gleichen Erwägungen heraus legte der König großen Wert darauf, dass seinen Gesandten die gleiche zeremonielle Beachtung geschenkt wurde wie den Diplomaten anderer Königreiche. Bevor zum Beispiel Graf Degenfeld 1730 als preußischer Botschafter an den Londoner Hof abreiste, hatte ihm Friedrich Wilhelm I. noch einmal eindrücklich nahegelegt, sich ja keine seinen Rang infrage stellende Behandlung gefallen zu lassen. So wünschte er zum Beispiel, dass eine Jacht zu seinem Empfang geschickt und ihm auch die ihm zustehende »Erste Visite« in der üblichen Weise gewährt werden sollte. »Wenn man ihn chicanirte und ihm nicht alles dasjenige erwiese, was man anderen Ministris zu erweisen« pflegte, so würde es ihm »sehr empfindlich seyn«, ließ der König ihn abschließend wissen.59 Es liegen überdies Belege vor, nach denen Friedrich Wilhelm I. mitunter höchstpersönlich auf die Gestaltung des zeremoniellen Ablaufes anlässlich von Fürstenbesuchen Wert legte. So berichtete der in Potsdam wirkende und eine gewisse Vertrauensstellung beim König genießende katholische Pfarrer Bruns in seinem Tagebuch, dass ihn der König im März 1732 anlässlich des Besuches des lothringischen Herzogs Franz Stephan, des künftigen Gemahls der österreichischen Erzherzogin Maria Theresia, aufgetragen hatte, »den Herzog wie einen König zu empfangen und ihm einen besondern erhöhten Platz in der Kirche herstellen zu lassen«.60 Und 1731, als mehrere Reichsfürsten die preußische Residenz be�������������������

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suchten, hatte Friedrich Wilhelm I. den Fürsten Leopold von AnhaltDessau gebeten, noch einige Prinzen seines Hauses mitzubringen, wodurch dieses hocharistokratische Treffen aufgewertet werden sollte.61 Zugleich demonstrierte diese Fürstenbegegnung, deren Höhepunkt eine große Truppenschau darstellte, anschaulich, welche Mühen der preußische König aufzubringen bereit war, um seine hochadligen Standesgenossen durch die Zurschaustellung seines in Potsdam garnisonierenden Königsregiments zu beeindrucken. Der württembergische Herzog Eberhard Ludwig hatte geraume Zeit vor diesem Ereignis erfahren, dass im Mai »ein Campement bey Berlin sein werde, da Sie dann großes Verlangen tragen, bey solcher gelegenheit die überal berühmte außerleßenen Königlichen trouppen zu sehen und zu admiriren«. Über seinen Minister hatte er in Berlin anfragen lassen, ob ein Besuch genehm sein würde. Der preußische König versah den ihm vorgelegten Brief dann höchst eigenhändig mit der Marginalie, dass es »mir vor eine grohße ehre seyn« würde, ihn zu empfangen.62 Damit gelang es ihm zugleich, so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal, eine gewisse Unverwechselbarkeit der preußischen Residenz im Spektrum der Fürstenhöfe des Reiches, aber auch über dessen Grenzen hinaus zu etablieren.63 Der König verfolge derzeit das Ziel – so fasste der kaiserliche Gesandte im Januar 1727 seine Beobachtungen zusammen –, »in Betracht der jetzigen Umbstände zu erfüllung seiner allezeit gefasseten Gemüths-Neigung sich von Tag zu tage mit einer zahlreichen Armeé ansehendlich zu machen«.64 Natürlich wird man auch eine gewisse Vorbildwirkung der ein Jahr zuvor durch den sächsischen Kurfürsten zelebrierten Heeresschau in Gestalt des Zeithainer Lagers zur Erklärung des Berliner »Campements« von 1731 anführen müssen.65 Neueste Forschungen konnten den Nachweis erbringen, dass die Gesandten Friedrich Wilhelms I. »mehr als befähigt waren, dessen Instruktion bezüglich des Zeremoniells zu erfüllen«.66 Die bei diesem König zu gewahrende Neigung, eine gewisse Vereinfachung der zeremoniellen Praxis anlassgebunden vorzunehmen, konnte sich sogar förderlich auf die rangmäßige Darstellung des jungen Königreiches auswirken. Ihm gelang zum Beispiel die feste Etablierung des Schlosses Charlottenburg als Austragungsort für »publique« Gesandtenaudienzen, was seit 1707 schon unter seinem Vorgänger fallweise praktiziert worden, aber eben noch 320

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umstritten geblieben war.67 Dies stellte gewissermaßen die Gegenleistung dafür dar, dass er dem Wiener Hof entgegengekommen war und den kaiserlichen Gesandten während einer »publiquen Audienz« 1716 stehend und unbedeckt empfangen hatte. Das aus der Sicht einiger hoher preußischer Amtsträger ehrvermindernde Verhalten Friedrich Wilhelms I., der damit auf ein wichtiges Kennzeichen der königlichen Würde verzichtet habe, gelang es aber insofern zu kompensieren, als der Königin Sophie Dorothea nun die Aufgabe zufiel, das Gebaren des Königs aufzuwiegen und die Audienz sitzend zu gewähren.68 Damit haben wir zugleich ein anschauliches Exempel vorliegen, dass Herrscher und Herrscherin auch auf diesem hochpolitischen Feld ein »Arbeitspaar« zu bilden verstanden.69 Nicht nur an dem eben geschilderten Beispiel lässt sich vorführen, dass sich der König trotz einiger neuer Nuancen kaum über die tradierten Konventionen der diplomatischen Praxis hinwegsetzen konnte. Überdies hat man zu bedenken, dass es sich beim Zeremoniell um keine starre, ewig festgeschriebene Einrichtung handelte und auch an anderen Höfen immer wieder kleine Veränderungen vorgenommen wurden.70 Dem preußischen König war natürlich bewusst, dass solche Nuancierungen – auch im Sinne von Anpassungen – ihren Preis hatten, was ihm zwangsläufig in seinen Bemühungen, die Staatsausgaben zu senken, nicht nur einmal Gewissensbisse bereitete und ihn zu eigenartig anmutenden Entscheidungen veranlasste. Bei der Vorbereitung der Reise Zar Peters I. durch die preußischen Provinzen gab Friedrich Wilhelm I. die Anweisung aus: »Ich will 6.000 Thaler destiniren; in Berlin aber wird der Zar aparte tractiret. Nit ein Pfennig gebe mehr dazu, aber vor der Welt sollen sie von 30 á 40.000 Thaler sprechen, das es mir koste.«71 Der König war sich also durchaus bewusst, dass er nicht in jedem Fall bei der Entfaltung ostentativen Prunks mithalten konnte – jedenfalls nicht auf dem Niveau eines europäischen Königshofes –, aber der Schein sollte zumindest gewahrt werden! Um ein weiteres Beispiel der Folgen dieser Sparpolitik für die diplomatische Praxis zu präsentieren: Im August 1716 wurde verbreitet, dass den aus Brandenburg-Preußen abreisenden Gesandten keinerlei Geschenke mehr überreicht werden sollten.72 Schnell erwies sich das Ansinnen des Königs indes als undurchführbar, scheiterte doch der Berliner Hof 1725 damit bereits am ersten Gesandten, dem Schweden Posse. �������������������

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Nicht nur der schwedische König war empört, obendrein schaltete sich der russische Hof in die Verhandlungen ein. Zarin Katharina I. ließ Friedrich Wilhelm I. bitten, dem Schweden ein Präsent zu übergeben, da sonst der Eindruck entstehen würde, der preußische König hielte Posse »dieser Gnaden bezeugungen unwürdig«.73 Friedrich Wilhelm I. musste sich also dem Gebrauch der anderen europäischen Höfe anpassen, wollte er weitreichende Konflikte vermeiden. Dieser Vorgang führt zugleich exemplarisch vor Augen, dass es sich kein Herrscher erlauben konnte, die Regeln des diplomatischen Zeremoniells dauerhaft zu ignorieren, wenn ihm die Reputation seines Hauses und seine völkerrechtliche Stellung im Rahmen der europäischen Staatengemeinschaft wichtig waren.74 Für diese differenzierte, wenn nicht sogar als pragmatisch zu bezeichnende Haltung Friedrich Wilhelms I. zu den zeremoniellen Konventionen sprächen auch seine Vorkehrungen im Vor- und Umfeld der Visite Augusts des Starken in der preußischen Residenz im Frühsommer 1728. Diese wurde als Gegenbesuch zu der Aufwartung Friedrich Wilhelms I. in der Dresdner Residenz des sächsischen Kurfürsten zu Beginn des Jahres 1728 geplant. Unverkennbar zeigt sich, dass der preußische König versuchte, zumindest annähernd vom betriebenen Aufwand her mit den Dresdner Erfahrungen mitzuhalten. So wurde anlässlich dieser Visite nicht nur der Weiße Saal75 im Berliner Stadtschloss in aller Eile fertiggestellt und anschließend von den Zeitgenossen gerühmt, sondern es wurden auf Anweisung Friedrich Wilhelms I. auch detaillierte Vorkehrungen über die Bekleidung der Hofbediensteten während der Anwesenheit des hohen Gastes getroffen76: Er verlangte, dass sich alle »Civil- und Hofbedienten« beim Besuch des polnischen Königs »anschicken müßten, alsdann in bordierten und chamerierten Kleidern zu erscheinen, doch soll keiner außer Landes etwas sticken lassen noch mit frantzösischen Stoffen oder großen Aufschlägen erscheinen, sondern es soll alles inländische Fabrique seyn«.77 Der Minister v. Grumbkow müsse während dieser Zeit als Obermarschall und der Oberstleutnant v. Derschau als Hofmarschall agieren; »allein mit beyden ist es nur als ein interims-Werck anzusehen, indem nach der frembden Herrschaften Wieder-Abreise von hier beyde ihre Ämter wieder niederlegen werden«.78 Gewisse Inferioritätskomplexe konnte der König nicht verhehlen. Zu sehr scheint er unter dem Eindruck der glanzvollen Dresdner Tage im Februar desselben 322

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Jahres gestanden zu haben. Seinem Vertrauten, Graf Seckendorff, der wenige Wochen vor dem Gegenbesuch Augusts in die kursächsische Residenz reiste, gab Friedrich Wilhelm folgende bezeichnende Botschaft mit auf den Weg: »Machen Sie ja mein schön Compliment an König, Printz, Printzessin. Ich erwarte den König und Printzen hier, Sie möchten aber vorlieb nehmen, so gut wie ich es hätte, so würde es geben, aber daß es so gut sey wie zu Dresden, wäre meine Sache nicht beschaffen.«79 Friedrich Wilhelm I. unternahm also durchaus eine ganze Reihe von Bemühungen, um dem Eindruck entgegenzuwirken, sein Hof könnte im dynastischen Wettbewerb nicht mithalten. Der sich bis zum Beginn der 1730er Jahre am preußischen Hof aufhaltende und später in Ungnade gefallene David Fassmann wusste diese so bedeutsame Facette in jenen Passagen seiner »Lebensbeschreibung« Friedrich Wilhelms I., die dem Hofleben gewidmet waren, auf den Punkt zu bringen: »Es ist auf dem Königlichen Schlosse zu Berlin alles verhanden, was zur Königlichen Magnificenz und Herrlichkeit erfordert wird.«80 Der ambivalente Eindruck vom Agieren des neuen Königs wurde im Verlaufe seines ersten Regierungsjahres gelegentlich durch Urteile über eine wachsende Unzuverlässigkeit der preußischen Außenpolitik ergänzt. Der kaiserliche Resident Hoffmann berichtete am 14. November 1713 aus London, dass der dortige preußische Resident auf Ordre seines Herrn den französischen Botschafter zu einer Erklärung aufgefordert habe, »was es [Frankreich] vor ihm und sein haus zu tuen gesinnt seie …, daraus inzwischen nur allzuviel erhellet, daß Preußen für den höchsten anboter ist, das reich werde errettet oder gehe zu grund«.81 Die befürchtete Unkalkulierbarkeit der preußischen Außenpolitik verband sich obendrein mit Sorgen über bestimmte Ambitionen des Berlin-Potsdamer Hofes. Der Reichsvizekanzler Friedrich Karl von Schönborn zeichnete in einem im November 1713 in Anwesenheit des Kaisers gehaltenen Vortrag ein düsteres Bild über die Gefahren, die von dem jungen Königreich im Norden des Reiches für die Behauptung des kaiserlichen Einflusses ausgehen könnten: »Preußen stehet gleichsamb ahn seinem ziel und zweck, durchgehends arglistig in worten, meisterlich in werken … mitthihn das gantze spiel gleichsamb mehr als der kaiser in seine handt zu bringen, in sich die sache so zu verwirren, daß er weder sich noch E. ksl. Mt., noch dem vatterland was nutz, vielmehr sehr gefahrlich, ja vielmehr durch �������������������

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hegung des übels schädlich ist«.82 Diese Einschätzungen deckten sich im Übrigen mit den Beobachtungen an anderen Höfen, wenn auch mit anderem Vorzeichen. Auch aus französischer Perspektive wurde, wie bereits erwähnt, von einigen hellsichtigen Amtsträgern schon zeitig die gewachsene Bedeutung Preußens innerhalb der europäischen Mächtepolitik erkannt. Noch vor dem Ende der Utrechter Friedensverhandlungen hatte man deshalb im März 1713 mit dem Gedanken einer Annäherung an Preußen bis hin zum Projekt eines Bündnisvertrages gespielt.83 Vor allem vor dem Hintergrund der absehbaren Schwächung Schwedens kursierten in der Folge Überlegungen, eine Alternative angesichts der sich abzeichnenden Gewichtsverlagerungen in Nordosteuropa zu entwickeln. Und dafür schien Preußen in besonderer Weise geeignet zu sein. Der für den Gesandtschaftsposten in Berlin auserkorene Marquis d’Usson de Bonnac entwickelte in einem Ende 1715 verfassten Memorandum seine Sicht: Frankreich stünden mit Blick auf den im Reich zu bewahrenden politischen Einfluss »nur zwei Lösungen offen: entweder alle Kräfte und Bemühungen auf die Rettung seines Verbündeten [des Königs von Schweden] zu konzentrieren oder … sich frühzeitig nach einem Nachfolger umsehen, der den Verlust des ersteren ausgleichen könnte.« Angesichts der Eskapaden Karls XII. und seiner notorischen Unberechenbarkeit war dies in der Tat eine ernstzunehmende Option für die französische Diplomatie. Demnach »wäre es für Frankreich gleichgültig, ob sich der König von Schweden in Deutschland halten kann, wenn es beispielsweise dem preußischen König gelänge, mächtig genug zu werden, um die Kaiserlichen zu beunruhigen«. Friedrich Wilhelm I. wurde von diesem französischen Diplomaten zudem als der derzeit »mächtigste Reichsfürst« angesehen.84 Dass solche Gedankenspiele nicht völlig abwegig waren, lässt sich auch durch einen Blick in die jüngere Geschichte der französisch-preußischen Beziehungen ableiten. Schließlich hatte die Hohenzollernmonarchie während der langen Regierungszeit des Großen Kurfürsten immer wieder ein vornehmliches Objekt französischer Werbungsversuche abgegeben, so dass der brandenburgische Kurfürst seit dem Ende der 1650er Jahre mehrfach zur französischen Klientel unter den deutschen Reichsständen gezählt hatte. Wie damals hofften die französischen Diplomaten auch diesmal, Friedrich Wilhelm I. als 324

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Gegengewicht zum Kaiser, gegen den »pouvoir excessif de la cour de Vienne«, zu etablieren.85 Deshalb erschien das immer wieder einmal aufblitzende Misstrauen des Kaisers gegenüber der Haltung Preußens zu Frankreich auch nicht ganz unbegründet, wenngleich Friedrich Wilhelm I. bislang treu in der gegen Ludwig XIV. gerichteten Allianz verblieben war. Wenig amüsiert nahm die Wiener Hofburg zum Beispiel das Schreiben des preußischen Königs vom 6. Mai 1713 zur Kenntnis, in dem dieser seine Hilfe anbot, damit der französische Hof »auf die eine oder andere weise zu mehrer Moderation und Billigkeit gebracht werden könnte«.86 Auch die Warnung des Königs vor einer Fortsetzung des Krieges mit Frankreich betrachtete man im Umfeld des Kaisers eher als Anmaßung denn als gut gemeinten Rat. Karl VI. machte dem preußischen Monarchen in seinem Antwortschreiben dann auch unmissverständlich deutlich, dass er seinen Brief »nit ohne gemüths bestürtzung gelesen« habe. Er fordere vielmehr einen größeren Einsatz Preußens im Krieg gegen Frankreich, zumal bei einer Verkürzung des preußischen Potentials »widrigenfalls auch andere Stände« dem Beispiel folgen würden.87 Die Befürchtungen am Wiener Hof waren in der Tat nicht unbegründet, denn schließlich war allgemein bekannt, dass Frankreich es »sich sehr angelegen sein ließe, des Königs in Preußen Majestät mittels allerhand flatteuser propositionen in seine Parthey zu ziehen«.88

Das Ende des Spanischen Erbfolgekrieges und die Folgen Friedrich Wilhelm hatte bereits als Kronprinz wegen des schlechter werdenden Gesundheitszustandes seines Vaters in immer stärkerem Maße auf die Führung der auswärtigen Angelegenheiten Einfluss genommen.89 Demzufolge fanden auch die seit Anfang 1712 laufenden Friedensverhandlungen in Utrecht seine volle Aufmerksamkeit. Die entscheidenden Akteure dort waren Großbritannien und Frankreich, was sich nach neueren Forschungen auch darin widerspiegelte, dass die eigentlichen Entscheidungen bereits vorab in London und Versailles gefällt worden waren und der in Utrecht tagende Kongress von der britischen und französischen Regierung lediglich »als große Bühne instrumentalisiert wurde«.90 Für unser Anliegen sind die näheren Beweggründe dieser Strategie eher �������������������

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nachrangig, hier interessieren vielmehr die Folgen des Friedensvertrages für die preußische Politik. Freilich war man auch vonseiten der preußischen Diplomaten und der mit der Außenpolitik betrauten Amtsträger in der Residenz wenig erbaut über die Art der Verhandlungsführung, doch darf nicht übersehen werden, dass Preußen von den europäischen Hauptakteuren zu jener Zeit allenfalls als Auxiliarmacht angesehen wurde und deshalb trotz aller von Berliner Seite geäußerten Unmutsbekundungen keine allzu wirksamen Gegenargumente in die Waagschale werfen konnte. Darauf dürfte auch das Einlenken des neuen preußischen Königs zurückzuführen sein, als sich der Abschluss des Utrechter Friedens wegen des Widerspruchs der kaiserlichen und niederländischen Unterhändler gegen die Überlassung der Festung Venlo an Preußen als Äquivalent für Orange zu verzögern schien. Die Überredungskunst des britischen Diplomaten Strafford, der Friedrich Wilhelm I. die Risiken einer Ablehnung dieses Verhandlungsergebnisses und die vergleichsweise beschränkten Möglichkeiten Preußens vor Augen führte, sorgte dann letztlich dafür, dass Friedrich Wilhelm I. zustimmte. Strafford gab zu bedenken: »Wenn man diese Stadt mit Hilfe Frankreichs erlangt, so läuft man Gefahr, bei beiden Mächten [dem Haus Habsburg und den Niederlanden – F.G.] Anstoß zu erregen.«91 Dennoch bescherte der am 11. April 1713 geschlossene Vertrag zu Utrecht Preußen eine Reihe von Gebietserweiterungen, so dass Friedrich Wilhelm I. neben der englischen Königin und dem Herzog Victor Amadeus von Savoyen zu den Gewinnern des Utrechter Friedens gezählt werden kann92: Die Grafschaften Moers, Lingen und Tecklenburg zählten ebenso dazu wie Teile des Oberquartiers Geldern. Bestätigt wurde des Weiteren der souveräne Besitz des in der Schweiz gelegenen Fürstentums Neuchâtel und der angrenzenden Grafschaft Valangin.93 Verzichten musste Preußen allerdings auf das Fürstentum Orange und die oranischen Besitzungen in der Franche-Comté. Abgesehen von den mitunter als dürftig angesehenen territorialen Gewinnen dürfte in der Gesamtbilanz aber vor allem die nunmehr auch von Frankreich und Spanien garantierte Anerkennung der Rangerhöhung zu Buche schlagen, die diese beiden Monarchien dem jungen Königreich bisher verweigert hatten.94 Hinzu kam, dass das Reich dem Utrechter Frieden bislang nicht beigetreten war. Das bedeutete, dass Friedrich Wilhelm I. zwar als souverä326

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ner europäischer Monarch in seiner Eigenschaft als preußischer König, nicht aber als Reichsstand, also zum Beispiel als brandenburgischer Kurfürst, in diesen Frieden aufgenommen wurde. Für den Kaiser erwiesen sich die von Frankreich gewährten Zusicherungen – vor allem was die Herausgabe des in den letzten Jahrzehnten von Ludwig XIV. annektierten Reichsterritoriums betraf – zunächst als zu gering. Deshalb versuchten einflussreiche Kreise in der Hofburg den Krieg gegen Frankreich fortzusetzen, wozu man natürlich nicht nur auf den Verbleib Preußens in der inzwischen erheblich zusammengeschmolzenen Allianz setzte, sondern auch auf eine merkliche Erhöhung der Truppenstärke hoffte. Jedoch wurde dieses Ansinnen durch den die preußische Außenpolitik maßgeblich koordinierenden Minister Rüdiger von Ilgen nach vorheriger Absprache mit seinem König abgewiesen. Man »könne in Anbetracht der angespannten Finanzlage und der Unruhen im Norden nicht mehr als 5.000 Mann als Reichskontingent stellen«, und weitere finanzielle Beiträge zur Kriegskasse seien ebenso ausgeschlossen, da dies »im Widerspruch zum Utrechter Vertrag stünde«.95 Angesichts des nicht nur von Berliner Seite aus gezeigten Unwillens, dem kaiserlichen Wunsch nach Weiterführung des Krieges zu entsprechen, sah sich die Hofburg gezwungen, nunmehr auch im Namen des Reiches mit Frankreich in Friedensgespräche einzutreten. Diese fanden dann in den separaten, bis zum Frühsommer 1714 unterzeichneten Friedensverträgen von Rastatt und Baden ihren Abschluss.96 Die vonseiten Karls VI. damit verbundenen Hoffnungen, den französischen König zu mehr Zugeständnissen zu bewegen, erfüllten sich allerdings nicht. Trotz der Ermüdungserscheinungen Frankreichs war dieser Staat immer noch in der Lage, jene Forderungen abzuwehren, zumal die ehemaligen Verbündeten kaum bereit und willens waren, solcher Ziele halber den mühsam errungenen Frieden wieder infrage zu stellen. Die Wiener Hofburg stimmte deshalb dem Friedensvertrag nur widerwillig zu und brachte mit ihrer mehrfach geäußerten Unzufriedenheit in den Folgejahren durchaus eine gewisse Unstetigkeit in das mächtepolitische Geschehen.97

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Agieren im Großen Nordischen Krieg Wie bereits angeklungen, hing die Fragilität der 1714 festgezurrten Nachkriegsordnung aber auch und vor allem damit zusammen, dass an der anderen Flanke Europas der Große Nordische Krieg unvermindert weiterging. Das drohende Übergreifen der Kampfhandlungen auf das eigene Territorium hatte Friedrich Wilhelm I. in den ersten Wochen seit seinem Regierungsantritt auch deshalb stets im Blick gehabt. Diese »von Neuem sehr gefährlich anscheinende Unruhe« bildete im Übrigen ein Argument gegenüber dem Kaiser, sein militärisches Engagement im Krieg gegen Frankreich nicht verstärken zu können.98 Er beteuerte aber, dass er den Krieg im Norden Europas »dämpfen« helfen wolle, um »es dadurch dahin zu bringen, daß die Uhrsach, so Mich abgehalten, dieses Jahr Ew. Kayserl. Maj. mit einer solchen Macht, wie Dieselbe verlanget, zu assistiren, gehoben, der Rücken Mir … frey gemachet«, um der Allianz im Kampf gegen Frankreich beizustehen.99 Bei der Erörterung der Art und Weise des künftigen militärischen Engagements Preußens zeichnete sich schon jene Haltung ab, die Friedrich Wilhelm I. zunehmend als Grundmaxime in die praktische Politik zu übernehmen gedachte. Mit kaum verhohlener Kritik an der in der Schlussphase des Spanischen Erbfolgekrieges und des Großen Nordischen Krieges verfolgten Militärstrategie gab er in der 1722 verfassten »Instruktion« seinem Nachfolger den dringenden Rat, die Armee »nicht zu Separriren so wie Mein Vatter friderich könig in Preussen im letzten frantzösischen Krig gethan hat, sondern eure Armeé stehs zusammen [zu] behalten«.100 Geflissentlich verschwieg er dabei allerdings, dass er während seines ersten Regierungsjahres selbst diese Praxis fortgesetzt hatte, wenn auch nur halbherzig und mit großem Missvergnügen. Die Positionierung Preußens in dem großen Konflikt um das »Dominium Maris Baltici« hing vor allem von seiner Haltung zu den beiden bedeutendsten Mächten in diesem Krieg ab: Russland und Schweden. Zum Zeitpunkt der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms I. war der Prozess der Annäherung Preußens an Russland bereits im Gange – ein politischer Kurs, der vom damaligen Kronprinzen, der ja die außenpolitischen Entscheidungen zunehmend selbst mit verantwortete, aktiv 328

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mitgetragen wurde.101 Die Gründe dafür sind vielfältig, die gegenseitige persönliche Wertschätzung zwischen dem russischen Zaren und dem preußischen Kronprinzen spielte dabei natürlich eine nicht zu unterschätzende Rolle, auch wenn die erste Begegnung zwischen den beiden im Herbst 1711 in Crossen alles andere als optimal verlaufen war.102 Friedrich Wilhelm haftete aus seiner Kronprinzenzeit der Ruf einer »fast naiven Anhänglichkeit an den Zaren« an.103 Dieser Bewunderung taten selbst solche Warnungen seiner Ratgeber keinen Abbruch, dass der Zar dem preußischen König »nicht auch selbst über den Kopf wachse«.104 Allerdings versuchte er dennoch, die bis dahin gewahrte Neutralitätspolitik Preußens gegenüber Schweden aufrechtzuerhalten, und wehrte deshalb das Ersuchen Peters I., der kurz nach dem Thronwechsel einige Tage in der preußischen Hauptstadt geweilt hatte, um einen Beitritt zur antischwedischen Allianz ab.105 Die Verehrung, die er lange Zeit für den Schwedenkönig als großen Feldherrn bekundete, bietet eine Erklärung für diese Haltung – im Unterschied etwa zu den anderen Mächten, die sich in den »Haager Neutralitätsakten« von 1710 zur Wahrung der Neutralität in Norddeutschland verpflichtet hatten. Des Weiteren gab es gerade von französischer Seite Bemühungen, dem bedrängten traditionellen Bündnispartner Schweden beizustehen und eine sich abzeichnende Umverteilung der Macht im nordosteuropäischen Raum zugunsten der österreichischen Habsburgermonarchie und Russlands zu verhindern. Dabei geriet zwangsläufig Preußen ins Visier der französischen Außenpolitik, weil man es davon abhalten wollte, sich auf Kosten Schwedens zu vergrößern. Als dies jedoch nichts fruchtete, versuchten die französischen Diplomaten den preußischen König damit zu ködern, dass man einerseits bereit sei, beim schwedischen König darauf hinzuwirken, dass er auf einen Teil seiner vorpommerschen Besitzungen verzichte. Andererseits erwartete man dafür von Friedrich Wilhelm I., – wenn es sein musste: auch mit militärischen Mitteln – »für eine vollständige Restituierung der von den Feinden Karls XII. besetzten Provinzen und Plätze zu sorgen«, was natürlich auch eine direkte Konfrontation mit Russland einschließen würde.106 Davor scheute Friedrich Wilhelm aus den genannten Gründen jedoch zurück. In den ersten Monaten nach dem Thronwechsel war man sich an den anderen Höfen also noch nicht im Klaren darüber, welchen Kurs der �������������������

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neue preußische König in den »nordischen Affairen« einschlagen würde. Diese Unsicherheit obwaltete im Übrigen nicht nur unter den Gesandten, auch die Standesgenossen mussten solche Erfahrungen machen. Während des im März 1713 stattfindenden und mit vielen Gelagen gespickten Besuches des russischen Zaren in Berlin wurde zwar das enge persönliche Verhältnis beider Monarchen sichtbar inszeniert.107 Peter I. schrieb an seinen Favoriten Alexander Danilowitsch Menschikow, dass sich Friedrich Wilhelm I. ihm gegenüber »sehr angenehm« gezeigt habe, »doch konnte ich ihn zu keiner Handlung bewegen«.108 Ende Oktober 1713 hat man sogar »mit Bestürtzung« eine jähe Wende des außenpolitischen Kurses des preußischen Königs im Sinne einer proschwedischen Haltung wahrnehmen wollen. »Eine wunderliche und gantz unvermuthete catastrophe, so alle vorige von den frembden Ministris gefaßete persuasiones uber seinen Hauffen wirft, thut sich am hiesigen Hoffe herfur«, wusste der Gesandte Vossius nach Wien zu berichten.109 Demnach wolle der König dem holsteinischen Herzog, einem Parteigänger Karls XII., wieder zu seinen Ländern verhelfen, was unweigerlich einen militärischen Konflikt mit Dänemark nach sich ziehen würde, und zur Bestätigung dieses außenpolitischen Kurses habe er dem Baron Görtz den Preußischen Adlerorden verliehen. Abgesehen von solchen Irritationen zeichnete sich aber immer deutlicher ab, dass Preußen eigene Ziele in Gestalt von territorialen Erwerbungen an der vorpommerschen Ostseeküste mit Nachdruck verfolgte. Dabei trat auch zutage, dass diese Pläne Friedrich Wilhelms I. nur mit Wohlwollen des russischen Zaren umgesetzt werden konnten. Und in der Tat kam im April 1714 eine Offerte aus St. Petersburg, die die letztlich halbherzigen französischen Bemühungen ins Leere laufen ließ. Der Zar bot Friedrich Wilhelm I. darin eine Garantie für die von Schweden abzutretenden Gebiete südlich der Peene, inklusive Stettins, an und verlangte dafür von Preußen Unterstützung bei der Sicherung der russischen Erwerbungen im Baltikum (Karelien und Ingermanland).110 Für den ohnehin nichts von komplizierten Konstruktionen und Wenn-dann-Erwägungen haltenden König erschien die Option, auf das russische Angebot einzugehen, als die einzig naheliegende: »Wenn er mir Stettin bis an die Peene garantiert, warum soll ich ihm nicht seinen Gewinn garantieren«. Und angesichts der derzeitigen Stärke Russlands schob er die rhetorische 330

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Frage nach: »Wer wird ihm die conquestierten Länder wieder nehmen« können?111 Die bei Friedrich Wilhelm I. nun immer klarere Konturen annehmende Festlegung auf einen prorussischen Kurs schloss zwangsläufig eine zunehmend gegen Polen gerichtete Politik ein. Dies bedeutete eine Abkehr von der in den letzten Regierungsjahren Friedrichs I. vertretenen Position, die eher auf gemeinsame Interessen Sachsen-Polens und Preußens gegen das stärker werdende Zarenreich gesetzt hatte. Noch im letzten Regierungsjahr Friedrichs I. hatte v. Ilgen, an das politische Vermächtnis des Großen Kurfürsten erinnernd, für einen engen Schulterschluss mit der Rzeczpospolita plädiert und auch damit argumentiert, dass eine Beteiligung an einer schon damals in Gedankenspielen erwogenen Teilung Polens nicht im preußischen Interesse liegen würde.112 Überdies beförderte die Unberechenbarkeit und die irrationale Züge annehmende Politik des im November 1714 wieder in seiner schwedischen Heimat angelangten Königs Karl XII. die Annäherung Preußens an Russland und ließ nun auch Friedrich Wilhelm immer mehr auf Distanz zu seinem bewunderten Standesgenossen gehen, zumal Nachrichten über weitere vertragliche Abmachungen zwischen Frankreich und Schweden an den preußischen Hof sickerten. Somit wirkte es dann fast schon zwangsläufig, dass Friedrich Wilhelm I. Schweden am 1. Mai 1715 den Krieg erklärte. Allerdings entsprach es der noch bei späteren Gelegenheiten zu beobachtenden Haltung des Königs, sich nicht auf ein abenteuerliches Unternehmen einzulassen, auch wenn ihm dies schnellen Kriegsruhm hätte bescheren können. Die Risiken sollten durch vertragliche Abmachungen mit Sachsen-Polen und Russland möglichst gering gehalten werden. Auch mit England-Hannover gab es Absprachen, die durchaus noch die Hintertür zu einer friedlichen Einigung mit dem Schwedenkönig offen ließen.113 Das korrespondierte mit französischen Bemühungen, Preußen aus der Allianz der Gegner Schwedens herauszulösen; man erklärte sich nach dem Tode Ludwigs XIV. im Allianzvertrag vom September 1716 bereit, Preußen unter gewissen Konzessionen den Besitz der vorpommerschen Gebiete und des Stettiner Distrikts zu garantieren.114 Dem Misstrauen gegenüber diesen Plänen am Kaiserhof versuchte die preußische Seite mit dem Argument zu begegnen, dass die Tolerie�������������������

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rung des Erwerbs von Stettin und Vorpommern bis zur Peene durch Preußen »das wahre und eintzige Mittel ist, wodurch dieselbe in den Standt gesetzet werden können, die Schweden in den Schrancken zu halten undt Ihnen mit Nachdruck die Spitze zu bieten«. Dadurch könnten auch Kaiser und Reich auf »Ihro Königl. Maj. in Preußen Beystandt gegen Franckreich« rechnen.115 Betrachtet man allerdings die preußische Außenpolitik während der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges in ihrer Gesamtheit, erscheint das Bild recht ambivalent. Neben dem Wunsch, durch eine engere Bindung an Russland etwas von dem aufzuteilenden schwedischen Erbe an der »Gegenküste« abzubekommen und künftige Optionen auf polnische Gebiete zu sichern, bestimmten auch Befürchtungen über ein zu starkes und vor allem dauerhaftes Engagement Russlands auf dem Reichsboden die Planspiele der Berliner Außenpolitik. Dies bildete gewissermaßen den Nebenschauplatz einer sich abzeichnenden und besonders von den Seemächten mit Sorge wahrgenommenen wachsenden russischen Dominanz im Ostseeraum. Schließlich lagen russische Truppen nicht nur auf (schwedisch-)vorpommerschem Gebiet, der russische Zar hatte darüber hinaus Kontingente seiner Armee zur Unterstützung des mecklenburgischen Herzogs Carl Leopold, den er inzwischen mit einer seiner Nichten verheiratet hatte, im Kampf mit seinen Ständen in Mecklenburg-Schwerin einmarschieren lassen. Dabei hatte es die russische Diplomatie meisterhaft verstanden, die Zustimmung Friedrich Wilhelms I. für die Besetzung Mecklenburg-Schwerins zu erhandeln. Vor allem gelang dies dadurch, dass man dem sparsamen Preußenkönig zusicherte, einen Teil der in Norddeutschland gegen Schweden operierenden russischen Truppen, deren Versorgung zunächst durch Preußen und Dänemark ausgehandelt war, in Mecklenburg verpflegen zu lassen.116 Das Agieren in der »mecklenburgischen Frage«, die die Reichspolitik der Folgejahre erheblich umtreiben sollte, bereitete selbstverständlich auch den Verantwortlichen in Berlin-Potsdam erhebliches Kopfzerbrechen.117 Schließlich handelte es sich nicht nur um ein Nachbarterritorium, sondern Mecklenburg, mit dessen Herrscherhaus seit 1442 ein Erbvertrag bestand, bot als »geradezu klassisches Interventionsland« seit Längerem ein Terrain für die zum Teil rücksichtslose Verfolgung brandenburgisch-preußischer Interessen.118 Doch als das als immer dreister 332

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empfundene russische Agieren im Ostseeraum auf zunehmenden Widerstand – vor allem seitens Großbritanniens und des Kaisers – stieß, sah sich der Zar der Gefahr einer wachsenden Isolation gegenüber. Vor jenem Hintergrund bemühte sich Peter I. um eine engere Tuchfühlung mit jenen Akteuren im europäischen Mächtetheater, die er hoffte in seinem Sinne beeinflussen zu können. Von diesem Motiv war auch seine Begegnung mit Friedrich Wilhelm I. im November 1716 im brandenburgischen Havelberg geleitet, an der auch Vertreter anderer europäischer Staaten und deutscher Reichsterritorien teilnahmen.119 Dort einigten sich der Zar und der preußische König auf die Bildung einer Allianz, allerdings ohne schon konkrete Absprachen zu treffen. Im Prinzip richtete sich das Bündnis auf die gegenseitige Absicherung der in den zurückliegenden Jahren durch Russland und Preußen eroberten Gebiete, obwaltete doch ein zunehmendes Misstrauen gegenüber den übrigen Verbündeten. Wie gewohnt beschränkten sich der russische Zar und der preußische König auch bei diesem Treffen nicht auf politische Verhandlungen. Als zum Beispiel der an dem Havelberger Treffen teilnehmende sächsisch-polnische Minister Ernst Christoph Graf von Manteuffel den beiden Herrschern die Positionen seines Königs, Augusts des Starken, vortragen wollte, »fand er beide Monarchen ziemlich angetrunken bei Tafel, und es war keine Möglichkeit, ernste Dinge zu besprechen«.120 Wenige Monate nach der Havelberger Begegnung, die mit der Schenkung des Bernsteinzimmers an den Zaren und der Gründung der »Russischen Handels-Compagnie«121 auch über die reine Kabinettspolitik hinausgehende Ergebnisse zeitigte, drängte Peter I. in Anbetracht der wachsenden Isolierung Russlands auf eine Umsetzung des Versprechens. Er hoffe, so in einem Brief an Friedrich Wilhelm I., dass »dieses von mir so sehr gewünschte Werck ohne Zeitverlust glücklich zum Stande gebracht« werde.122 Doch die preußische Seite zauderte angesichts der sich sukzessive offenbarenden Unwägbarkeiten. Nach der Auffassung des für die Außenpolitik hauptverantwortlichen Ministers v. Ilgen befinde man sich gar »in der schwersten Periodus der Nordischen Crise«, so »daß man mehr auf Ablehnung des Bösen als Stiftung des Guten müsse bedacht seyn«.123 Und dieses »Böse« stellte in den Augen des Königs und Ilgens ein zu starkes Eingehen auf die russischen Offerten dar, die sich angesichts der sich formierenden gegnerischen Allianz nachträglich auf �������������������

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»Pierre Alexiewits Empereur de Russie«: Porträt Zar Peters des Großen (1717) von Jean Marc Nattier.

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Preußens Wünsche bei der Gestaltung der Nachkriegsordnung im Ostseeraum auswirken könnten. Deshalb war die preußische Unterstützung für den Zaren auch nicht unbegrenzt. Für den zunehmend isolierten Peter I. erwies es sich aber 1716/17 trotz des Verdrusses über die ausbleibende preußische Waffenhilfe in Mecklenburg schon von Vorteil, dass Preußen nicht zu seinen Gegnern überging.124 Preußen wurde also in der Schlussphase des Krieges von mehreren Seiten umworben, so dass sich der König in der glücklichen Position befand, sich verschiedene Optionen offenhalten zu können. Die Absicherung der zu erwartenden Gebietsgewinne in Vorpommern, die bislang nur durch Russland garantiert werden würden, reichte nach Auffassung der preußischen Minister, der sich auch Friedrich Wilhelm I. anschloss, nicht aus. Es bedurfte deshalb auch der Kontakte zu England-Hannover, dessen Minister Andreas Gottlieb von Bernstorff aufgrund seiner Stellung als Haupt der mecklenburgischen Ständeopposition natürlich daran interessiert war, eine dauerhafte russische Präsenz in Mecklenburg zu verhindern. Und »nur Preußen konnte russischen Hilfstruppen den Weg nach Mecklenburg verlegen«.125 Dazu war es freilich erforderlich, Preußen etwas zu bieten, und das konnte für die britische Politik nichts anderes bedeuten, als den preußischen Erwerb Stettins gegenüber Schweden durchzusetzen und die Differenzen zwischen Preußen und Sachsen-Polen auszuräumen. Hier erschwerten aber die veränderten Rahmenbedingungen, denen die britische Außenpolitik nach Schließung der Personalunion mit Kurhannover 1714 Rechnung tragen musste, konzise Entscheidungen. Während der die hannoveranischen Interessen verfolgende Premierminister v. Bernstorff als Leiter des »Teutschen Ministeriums« des englischen Königs eine große Bereitschaft gegenüber dem 1715 vorgebrachten Wunsch Friedrich Wilhelms I. bekundete, durch die Entsendung eines britischen Flottengeschwaders in die Ostsee den Druck auf Schweden zu verstärken und sich durch eine schriftliche Konvention zu »engagieren«, legten die Mitglieder des in London ansässigen »Ministorums von der großbritannischen Nation« eine wesentlich größere Zurückhaltung an den Tag, die in der Folgezeit für die Beteiligten noch so manche Enttäuschung und Irritation bringen sollte.126 Dahinter stand das quasi strukturell bedingte Problem der Konstruktion der englisch-hannoveranischen Personalunion. Die Interessen�������������������

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lagen der beiden Landesteile gingen zum Teil sehr weit auseinander, und Kurhannover wurde zu einer Art »Achillesferse der britischen Europapolitik«.127 Auch für die preußische Diplomatie bedeutete dies stets, bei der Austarierung des Verhältnisses zu seinem westlichen Nachbarn mit Unwägbarkeiten und Irritationen bis hin zu persönlichen Invektiven zu rechnen, worauf insbesondere bei der Darstellung der Reichspolitik Friedrich Wilhelms I. noch zurückzukommen sein wird. Ungeachtet der temporären Enttäuschungen über die Unzuverlässigkeit der Londoner Zusagen sollte sich die preußische Doppelstrategie einer Anlehnung an Russland und Großbritannien mit dem Ziel des Erwerbs von Stettin und Vorpommern letztlich auszahlen. Friedrich Wilhelms I. Geduld wurde gleichwohl mehrfach auf die Probe gestellt, und die Vorwürfe des russischen Zaren verfehlten bei ihm ihre Wirkung nicht. Mitunter zeigten sich bei ihm Selbstzweifel und fehlendes Vertrauen in die eigene Entscheidungsfähigkeit angesichts von Auseinandersetzungen um den Abschluss eines Vertrages mit England, der sich gegen Russland richten könnte. Am 23. Juli 1719 kommentierte er ein darauf Bezug nehmendes Schreiben v. Ilgens: »Ich bin noch zu jung, ich verstehe es nicht; aber ich glaube als ein dummer Mensch, daß es mein Interesse ist, daß der Zaar puissant ist.«128 Der am 21. Januar/ 1. Februar 1720 unterzeichnete schwedisch-preußische Sonderfrieden bescherte dem preußischen König einen veritablen Landzuwachs – im Übrigen den einzigen in seiner 27-jährigen Regierungszeit.129 Der südliche Teil Vorpommerns, begrenzt vor allem durch die Peene, ging nunmehr an Preußen über. Als besonders bedeutsam erwies sich der Gewinn Stettins mit der Odermündung. Friedrich Wilhelm I. dürfte bereits in seiner Jugend eindringlich vermittelt worden sein, welchen großen Verlust für seinen Großvater, den Großen Kurfürsten, gerade das Vorenthalten jenes Teils des Erbes des 1637 ausgestorbenen pommerschen Herzogshauses im Ergebnis der Westfälischen Friedensverhandlungen bedeutet hatte. Und für einen so dezidiert in merkantilistischen Kategorien denkenden Monarchen wie Friedrich Wilhelm I. konnte der Zugang zu der Mündung eines große handelspolitische Vorteile mit sich bringenden Flusses wie der Oder kaum überschätzt werden. Deshalb war der König auch bereit, die vergleichsweise stolze Summe von zwei Millionen Talern zu zahlen. Die britisch-hannovera336

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nische Seite erklärte beschwichtigend, dass »die harten Schweden … nicht anders zu gewinnen gewesen [seien], der Verlust von Stettin falle ihnen schwerer als der von Bremen und Verden«. Und dass sich Preußen nur mit einem Teil der schwedisch-vorpommerschen Provinz (bis zur Peene) begnügen musste, sah Friedrich Wilhelm I. recht pragmatisch. Demnach könne man es, so in einem Reskript an den preußischen Gesandten v. Wallenrodt in London, »geschehen lassen, daß die Schweden einen kleinen Fuß in Deutschland behalten, sie bleiben dann angreifbar, wogegen sie, wenn sie hier Alles verlieren, desto mehr wünschen werden, Alles wiederzubekommen«.130 Mit den Begleitumständen des Friedensschlusses, der in dieser Form erst durch das Agieren der britischen Diplomatie im Hintergrund möglich wurde, war freilich eine gewisse Verstimmung im Verhältnis zu Russland verbunden. Schließlich hatte Preußen als eine der bedeutenderen kriegführenden Mächte lange an einer prorussischen Orientierung festgehalten. Friedrich Wilhelm selbst hat jenen Treuebruch viele Jahre später durchaus selbstkritisch bewertet, als er während einer Unterredung mit dem kursächsischen Gesandten v. Manteuffel über den Wert geschlossener Traktate auf die gegenüber Zar Peter I. nicht eingehaltene Abmachung, »ohne ihn keinen Frieden mit Schweden zu schließen«, zu sprechen kam. Trotz eigener großer Skrupel hätten ihn seine »Kerls«, die Minister v. Borcke und v. Knyphausen, zur Unterzeichnung des Vertrages mit Schweden gedrängt, »ich mochte wollen oder nicht«.131 Vor diesem Hintergrund nahm es nicht wunder, dass der russische Zarenhof schon bald wieder gerade auf den preußischen König setzte, als es in Vorbereitung des noch ausstehenden Friedensschlusses zwischen Russland und Schweden darum ging, Großbritannien außen vor zu halten. Das wohl markanteste gemeinsame Interesse zwischen Preußen und Russland lag natürlich in der Haltung zu Polen begründet. Beide Monarchen waren daran interessiert, den verfassungsmäßigen Schwächezustand der Rzeczpospolita Polska beizubehalten und eine wettinische Thronfolge zu verhindern. Unmittelbar nach dem Stockholmer Vertrag einigten sich Peter I. und Friedrich Wilhelm I. im Februar 1720 auf diese gemeinsamen Ziele ihrer Polenpolitik.132 Preußen gehörte auch zu jenen Staaten, die die Veränderungen im zeremoniellen Auftreten Russlands vor dem Hintergrund des 1721 von �������������������

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Peter I. angenommenen Kaisertitels als erste zu akzeptieren bereit waren.133 Mit dem zwischen Russland und Schweden im gleichen Jahr abgeschlossenen Frieden von Nystad fand nicht nur der Große Nordische Krieg sein definitives Ende, damit wurde auch das Entree Russlands im Kreis der Großmächte unwiderruflich, auch wenn dies in der zeitgenössischen Wahrnehmung nicht überall so reflektiert wurde. In den folgenden Jahren bildete die prorussische Orientierung weiterhin eine Konstante in der preußischen Außenpolitik, wenngleich sich das persönliche Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm I. und Zar Peter I. in dessen letzten Lebensjahren etwas abkühlte. »Mit den Russischen Keißer müßet Ihr eine etrette freundschaft und aliance machen und suchen sie zu Kultiviren das sie bestendigst von Dauer ist«, schärfte er seinem Nachfolger ein.134 Der in jenen Jahren für die russische Außenpolitik verantwortliche Minister Heinrich Ostermann betonte, dass es den generellen Interessen Russlands entspreche, »den preußischen König ständig an seiner Seite zu haben«.135 Der ohnehin im Laufe der Zeit misstrauischer werdende preußische König fand allerdings hin und wieder Anlass, an der Loyalität des Zarenhofes zweifeln zu müssen. So reagierte Friedrich Wilhelm sichtlich beunruhigt, als ihn sein Gesandter in St. Petersburg, Gustav von Mardefeld, im Dezember 1722 darüber informierte, dass »an einer neuen Alliantz zwischen Franckreich und dem Tzaar starck gearbeitet« werde. Damit wünsche sich Frankreich »einen solchen mächtigen und entreprennanten Alliirten zu verschaffen, durch welchen die Frantzosen alle Puissaniren im Norden, auch für E.K.M. selbst, wann Sie künfftig nicht in allem nach der Frantzosen Pfeiffe tantzen wollten, en bride halten können«. Der König pflichtete der Interpretation seines Gesandten bei, indem er dessen Bericht mit seiner Marginalie »ist wahr« versah.136 Friedrich Wilhelm I. fügte dem noch die Bemerkung hinzu, dass eine solche Allianz unbedingt verhindert werden müsse. Die Befürchtungen waren berechtigt, denn es hatte solche Überlegungen – auch von russischer Seite – tatsächlich gegeben.137 Außerdem hatte der König durch die Berichte seines Gesandten erfahren, dass sich Russland in den letzten Regierungsjahren Peters I. mit erheblichen Problemen konfrontiert sah. Angesichts der Kriegsgefahr mit dem Osmanischen Reich sei die finanzielle Lage Russlands sehr angespannt. Die Armee könne kaum bezahlt werden, und »das commercium [sei] ganz zugrunde gerichtet – es 338

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aber keine nation bonne mine au mauvais jeu machen könnte als die Russische«.138

Die Affäre Klement Nach dem Ende der beiden großen Kriege wurde Mitteleuropa zwar fast 20 Jahre lang von kriegerischen Auseinandersetzungen verschont; die finanzielle Erschöpfung aller kriegführenden Mächte forderte ihren Tribut. Dennoch zeichnete sich die Mächtepolitik jener Zeit in erheblichem Maße durch »Unstetigkeit, Unbeständigkeit« aus.139 Alle damaligen Großmächte hatten mit mehr oder weniger veritablen innerdynastischen Herausforderungen zurechtzukommen.140 Ohne hier auf alle Details dieses Wechselbades an Memoranden, Planspielen, diplomatischen »Versuchsballons«, gegenseitigen Verdächtigungen und Bedrohungen eingehen zu wollen, verdient doch vor allem die Haltung Preußens und seines Monarchen zu jenen Projekten Beachtung, bei denen die Hohenzollernmonarchie einen wichtigen Part spielen sollte bzw. tatsächlich dann auch übernahm. Dass Friedrich Wilhelm I. auf diesem Terrain unsicherer als auf anderen politischen Feldern agierte, dürfte bereits deutlich geworden sein, auch wenn die ihm unterstellte Unlust sich mit außenpolitischen Fragen zu beschäftigen, überzeichnet erscheint. Als symptomatisch für die durch große Unsicherheit und Labilität charakterisierte Situation in den Jahren nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges sollte sich die sogenannte »Affäre Klement« erweisen, in die der preußische König unmittelbar hineingezogen wurde.141 Johann Michael von Klement, ein sehr sprachgewandter Mann, der in kaiserlichen und kursächsischen Diensten gestanden hatte, machte sich die fragile Konstellation in der europäischen Mächtepolitik von 1718 zunutze und schickte sich an – selbstredend gegen ein üppiges Honorar –, den preußischen König vor einem gefährlichen Plan zu warnen, der zwischen dem Wiener und dem Dresdner Hof ausgeheckt worden sei. Dazu ermutigt worden sei er vom Prinzen Eugen, der selbst diesem Vorhaben ablehnend gegenüberstehe. Neben der Vorbereitung eines Krieges enthielt das Projekt angeblich auch die Entführung Friedrich Wilhelms von seinem Jagdschloss Wusterhausen über die nahe sächsische Grenze. So �������������������

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abenteuerlich dies aus heutiger Sicht klingen mag, unwahrscheinlich erschien das den Zeitgenossen nicht. Schließlich hatten Gefolgsleute Augusts des Starken ein Jahr zuvor versucht, seines Konkurrenten auf dem polnischen Thron, Stanislaus Leszczyńskis, mittels eines ähnlichen Coups habhaft zu werden. Und auch die dunklen Pläne, die in Dresden vermeintlich geschmiedet wurden, passten in das Bild. Denn gerade in den letzten Monaten hatte sich das Verhältnis Preußens zu Kursachsen und auch zum Kaiser verschlechtert. Die Kontakte zum preußischen Hof hatte Klement über den ihm seit mehreren Jahren bekannten Hofprediger Jablonski hergestellt. Im September 1718 traf sich der vom König beauftragte Minister v. Knyphausen mit dem sonderbaren Mann in Lübben, das damals zum Herzogtum Sachsen-Merseburg gehörte. Klement berichtete ihm bei dieser Begegnung von den Machenschaften des Feldmarschalls und kursächsischen Premierministers v. Flemming, der versuche, »den Kaiser in einen Krieg mit Preußen und den Czaren« zu ziehen. Befragt nach den Motiven, antwortete Klement: Man gehe in Wien davon aus, dass Preußen in einer Triple-Allianz mit Schweden und Russland stünde, die sich gegen den Kaiser und Sachsen-Polen richte.142 Da Klement aber zunächst keine Originaldokumente für seine Behauptungen vorlegen konnte, zahlte Knyphausen ihm das vorgesehene Honorar nicht aus. Dennoch klangen die von ihm vorgebrachten Informationen so plausibel, dass sich Friedrich Wilhelm I. am 13. September persönlich mit Klement in Berlin traf. Die Unterredung verstärkte das Misstrauen des Königs weiter, so dass er eine stärkere Überwachung seines persönlichen Umfeldes anordnete, ja selbst vor Verhaftungen nicht zurückschreckte. Auch der sich in den Fallstricken der Mächtepolitik bestens auskennende v. Ilgen zweifelte: »möglich, daß Kléement ehrlich, möglich, daß er ein Betrüger ist.«143 Friedrich Wilhelm I. wähnte sich in jener Zeit ohnehin umgeben von Illoyalitäten und Widerständen – bis hin zu Verschwörungsängsten. Jene betrafen verschiedene Felder (Konflikt mit dem Adel wegen der geplanten Lehnsallodifikation; Mecklenburgische Wirren), auf die bereits Bezug genommen wurde oder die an anderer Stelle noch näher behandelt werden. Dieser Hintergrund erklärt in gewisser Weise, warum die düsteren Botschaften Klements gerade jetzt beim argwöhnisch gewordenen König Gehör fanden. 340

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Friedrich Wilhelm I. beauftragte nunmehr Knyphausen, nach Wien zu reisen und dort mit Prinz Eugen über diese Angelegenheit zu sprechen. Die an den Emissär für dessen Unterredung mit Eugen versandte detaillierte Instruktion spiegelt das im Umfeld des preußischen Königs zu jener Zeit verbreitete Misstrauen wider: »So hat er dessen Gesicht undt Contenance, auch was Er darauf andtworten wirdt, voll zu observiren, umb darauf so viel möglich schließen zu können, ob Er sich hierdurch einigermaßen getroffen befinde oder zum Wenigsten von der Sache informiret sey«.144 Auch wenn Prinz Eugen die Behauptungen Klements in das Reich der Legende verwies und den Urheber als Schwindler bezeichnete, blieb das Misstrauen bestehen. Man konnte sich im Umfeld des preußischen Königs schlichtweg nicht vorstellen, dass sich Klement alles allein ausgedacht haben sollte. Der Gefangene, so schrieb der preußische Gesandte am Wiener Hof, »sey von dem calibre nicht, dergleichen zu inventiren, sondern es müsten andere darhinter stecken«.145 Es bedurfte aber noch einiger Monate, bis Klement überführt werden konnte. Die äußeren und inneren Folgen der Affäre waren fatal. Dem Verhältnis zwischen dem König und dem Prinzen Eugen wurde – vor allem nach dem mit vielen Vorwürfen gespickten Brief Friedrich Wilhelms I. – irreparabler Schaden zugefügt. Zu Recht richtete der wegen der Anschuldigungen aufs Höchste düpierte Eugen die Frage an den preußischen König, »wie Leute in so wichtigen Anbringen schlechterdings Glauben und Assistenz finden, ja sogar zwischen gekrönten Häuptern Verdacht erwecken können«.146 Auch innerhalb der preußischen Staatselite blieben viele Verletzungen. Etliche Personen der Hofgesellschaft, darunter der Staatsminister und Generalpostdirektor Ernst Bogislav von Kameke sowie der Präsident des Generalkriegskommissariats Johann Moritz von Blaspiel, wurden abgesetzt bzw. im Falle des Letzteren sogar auf die Festung Spandau geschickt. Friedrich Wilhelm I., dessen charakterliche Disposition ohnehin in erheblichem Maße durch Misstrauen geprägt war, hatten diese Vorgänge in starkem Maße zugesetzt. Gegenüber dem Fürsten Leopold gestand er ein, dass »Meine afferen in der größten krise sein«; er »wisse jetzt »sehr viell aber kann es der feder nit anvertrauen«.147 Man berichtete, dass sich der König während dieser Zeit »nicht ohne entblössten Degen und geladene Pistolen« zu Bett begeben hätte148, und die Königin �������������������

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soll ihn aufgrund von Gerüchten gebeten haben, »einer öffentlichen Schaustellung, bei der viel Zusammenlauf zu erwarten war, nicht beizuwohnen«.149

Französische und britische Verlockungen. Der Weg zur Herrenhausener Allianz Nach dem Tod Ludwigs XIV. und den Friedensschlüssen von 1714/15 bemühte sich die französische Außenpolitik darum, einen Teil der Gegner im zurückliegenden Krieg aus der engen Bindung an das Haus Habsburg zu lösen und möglichst in ein eigenes Bündnissystem zu integrieren. Dass der Blick dabei auch auf Preußen fiel, war nicht zuletzt auf die Konstellation in Nordosteuropa zurückzuführen, die maßgeblich durch den Großen Nordischen Krieg beeinflusst wurde. Wie bereits geschildert, war Frankreich sehr daran gelegen, auf einen Frieden zwischen Preußen und Schweden hinzuwirken. Als der entscheidende Knackpunkt erwies sich dabei, dass Friedrich Wilhelm I. Sicherheiten für den Erwerb von Stettin forderte und Frankreich hingegen darauf bestand, dass es eine Garantie erst nach einer von Schweden sanktionierten Gebietsabtretung zu geben bereit war. 1716 konnte dann die Defensivallianz zwischen Preußen und Frankreich abgeschlossen werden – allerdings erst, nachdem längeres Feilschen einen Kompromiss hervorgebracht hatte, »der deutlich die Handschrift Ilgens trug«.150 Das intensive französische Werben um den entscheidenden »Außenpolitiker« in der preußischen Residenz, Rüdiger von Ilgen, hatte seine Wirkung offenbar nicht verfehlt, auch wenn man hier keine monokausale Beziehung herleiten sollte.151 1717 nahm das Projekt eines Freundschaftsvertrages zwischen Frankreich, Preußen und Russland Gestalt an152, wobei das Hauptmotiv darin lag, durch die Vermittlung Frankreichs die Herbeiführung des Kriegsendes im Norden zu beschleunigen. Der französischen Außenpolitik war daran gelegen, dass Schweden halbwegs ohne größere Verluste aus dem Krieg herauskam; das hoffte man vor allem durch eine Isolation Russlands zu erreichen. Und schließlich hatte die französische Diplomatie keinen geringen Anteil am Zustandekommen des preußisch-schwedischen Friedensvertrages von 1720. 342

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Des ungeachtet hatte der sich unmittelbar nach 1715 anbahnende Prozess der Annäherung zwischen Preußen und Frankreich sich bald abgekühlt, was vor allem auf die stärkere Orientierung Frankreichs auf Großbritannien und die Generalstaaten zurückgeführt wurde. Der vor diesem Hintergrund von der französischen Diplomatie verfolgte Ausgleich zwischen Preußen und England-Hannover gelang aufgrund der großen persönlichen Differenzen zwischen Friedrich Wilhelm I. und König Georg I. nicht.153 Erschwert wurde das Agieren der französischen Diplomatie nicht zuletzt auch dadurch, dass der Ende 1720 dem rührigen und respektierten Gesandten Rottembourg folgende bisherige Botschaftssekretär Michel als nicht akkreditierter Geschäftsträger keinen Zugang zum Hof hatte. Damit »blieb ihm auch jede Möglichkeit verschlossen, sich im unmittelbaren Umfeld des Königs über das politische Tagesgeschehen zu informieren«.154 Dennoch bildete Preußen auch in der ersten Hälfte der 1720er Jahre einen wichtigen Faktor in den außenpolitischen Analysen Frankreichs, und man beobachtete aufmerksam die sich gerade in jener Zeit abzeichnenden Veränderungen in der Hohenzollernmonarchie, wie etwa die zahlreichen und ausführlichen Memoranden über die Bildung des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums, das Steuerwesen und die Etablierung des Militärsystems belegen.155 Einen, wenn nicht den Höhepunkt im Verhältnis Preußens zu den westeuropäischen Großmächten stellte die sogenannte Hannoversche oder – wie sie nach dem tatsächlichen Ort ihres Zustandekommens auch benannt wurde – Herrenhausener Allianz dar, die im September 1725 zwischen Großbritannien und Frankreich abgeschlossen wurde und der dann auch Preußen beitreten sollte. Beide Großmächte hatten sich schon in den zurückliegenden Jahren angenähert, wenngleich in der britischen Öffentlichkeit Ressentiments gegen den »natural and necessary enemy« Frankreich durchaus bestehen blieben. Gemeinsame Interessen an der Aufrechterhaltung der Utrechter Friedensordnung ließen ein solches Zusammengehen trotz bestehender Konflikte auf anderen Gebieten als opportun erscheinen.156 Allerdings wurde noch nach potenten Bündnispartnern gesucht, die auch von ihrer geostrategischen Lage her das dieser Allianz zugrunde liegende Konzept, das sich vor allem gegen die Habsburgermonarchie und Russland richtete, mit realer Macht füllen konnten. Und da fiel der Blick unweigerlich auf Preußen: Aus französi�������������������

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scher Perspektive hatte es ja schon mehrere Jahre zuvor Bemühungen gegeben, den preußischen König in das westliche Bündnissystem zu integrieren, was bislang nicht von Erfolg gekrönt war. Auf britischer Seite fiel ein Zusammenwirken angesichts der gemeinsamen Erfahrungen in der Allianz während des Spanischen Erbfolgekrieges etwas leichter. Auch wenn infolge der 1714 etablierten englisch-hannoveranischen Personalunion eine Reihe von reichspolitischen Konfliktpunkten das Verhältnis zwischen Berlin und London belasten sollte, worauf im folgenden Kapitel näher eingegangen werden wird, konnte man auf dem Feld der europäischen Mächtepolitik an bewährte Traditionen anknüpfen. Durch die Personalunion mit Kurhannover war die britische Außenpolitik in viel stärkerem Maße in die deutsche Reichspolitik eingebunden als vordem, so dass England sich für alle Eventualitäten um militärisch potente Bundesgenossen zum Schutz seiner deutschen Lande bemühte.157 Der neue englische König Georg I. hatte sich kurz nach seiner Thronbesteigung gegenüber Friedrich Wilhelm I. »von gantzen Hertzen zu Fortsetz- und Befestigung des Vertraulichen Wolvernehmens« bereit erklärt.158 Die Motive Friedrich Wilhelms I., sich den britischen Offerten für einen Beitritt zu diesem Bündnis zu öffnen, resultierten aus verschiedenen Erwägungen. Selbstverständlich war ein solcher Schritt zunächst einmal nicht. Dies fand seine Erklärung nicht primär in einer bei ihm besonders ausgeprägten Loyalität gegenüber den bisherigen Partnern, sondern auch darin, dass der preußische König gegenüber jähen diplomatischen Winkelzügen ohnehin eine große Zurückhaltung an den Tag legte. Allerdings hatte sich das Verhältnis zum Kaiser in der ersten Hälfte der 1720er Jahre derart zugespitzt, dass die Gefahr einer Reichsexekution gegen den preußischen König drohte, der aus der Perspektive der Hofburg zuvörderst schließlich ein Reichsfürst war und sich demzufolge dem tradierten Prozedere im Reichssystem unterzuordnen hatte. Im Prinzip ging es dabei um das von Friedrich Wilhelm I. beanspruchte Recht, als »souveräner« Herrscher auch höchstrichterliche Kompetenzen wahrzunehmen, ohne die Einspruchsmöglichkeiten der Reichsgerichte akzeptieren zu müssen. Ohne hier die Details dieser schweren Auseinandersetzungen zu beleuchten, sei an dieser Stelle nur auf die Kausalität zwischen der im Februar 1725 erfolgenden Verabschiedung eines kaiserlichen Mandates gegen den preußischen König und den nun nach an344

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fänglichem Zögern energischer betriebenen Verhandlungen um einen Beitritt Preußens zur Allianz mit Großbritannien und Frankreich eingegangen.159 Die Erwartung, von Großbritannien und Frankreich bei der Umsetzung der Jülich-Bergischen Erbansprüche politisch unterstützt zu werden, und die Frustration über das Vorgehen des Reichshofrates gegen Preußen bildeten die Hauptmotive Friedrich Wilhelms I. zu dieser Allianz. Sehr deutlich hatte er in einem Schreiben an den preußischen Gesandten in London, Wallenrodt, sein großes Missfallen darüber zum Ausdruck gebracht, dass man »von dem Kays. Hoffe so gar hart und recht feindselig tractiret werde«.160 Er verband damit zugleich die Hoffnung, dass ihm ein Zusammengehen mit England zum Vorteil gereiche. Das schloss vor allem die Zusage Englands – und allmählich auch Frankreichs – ein, ihm bei der Durchsetzung seiner Ansprüche auf Jülich und Berg behilflich zu sein. Zusagen, die jedoch nur vage blieben: Mal reagierte der englische König ausweichend, weil »das Frantzösische Ministerium, so noch nicht recht des jungen Königs humeur161 kennete«, ein anderes Mal zweifelte der britische Minister Newcastle an, dass »Frankreich aus unterschiedenen Considerationen voritzo sich stärcker« in der Jülicher Frage »engagiren werde«, und ein weiteres Mal wurde auf Probleme aufmerksam gemacht, die durch eine Einbeziehung der niederländischen Generalstaaten in die geplante Allianz entstehen könnten.162 Es sei offensichtlich, dass im Haag der Eindruck vorherrsche, dass der preußische König, »so Ihnen schon ein zu mächtiger Nachbahr wehre«, durch den Erwerb von Jülich und Berg »in der Nachbarschafft noch mächtiger werde«.163 Auch Friedrich Wilhelm I. selbst äußerte die Befürchtung, dass im Falle, »den Holländern die Articel communiciert werden«, »dieselbe sofort der gantzen Welt [und vor allem] dem Kayserlichen Hoffe bekannt werden« würden.164 Weitere Bedenken von preußischer Seite richteten sich darauf, aus den »spanischen und italienischen Händeln … wegen der weiten Entlegenheit Unserer Lande« herausgehalten werden zu wollen.165

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Kaiserliche Umwerbungen. Der Weg zum Wusterhausener und Berliner Vertrag Angesichts der Begleitumstände des Zustandekommens der Herrenhausener Allianz und der von Beginn an bestehenden Vorbehalte war die kurze Dauer des Bündnisses nicht allzu überraschend. Zeitig setzten Bemühungen seitens der Wiener Hofburg ein, den preußischen König dieser Allianz zu entfremden und wieder für eine prokaiserliche Politik zu gewinnen. Man ging hierbei sehr subtil vor: Zum einen sollte Friedrich Wilhelm I. der Eindruck vermittelt werden, dass er durch eine erneute Anlehnung an den Kaiser eher eines seiner wichtigsten außenpolitische Ziele, die Anwartschaft auf Jülich und Berg, verwirklichen könne. Zum anderen wurden ganz bewusst Informationen nach Berlin lanciert, wonach der Abschluss eines Bündnisvertrages zwischen der österreichischen Habsburgermonarchie und Russland unmittelbar bevorstünde – eine Vorstellung, die dem Preußenkönig natürlich überhaupt nicht behagte.166 Aber gerade an diesem neuralgischen Punkt gedachte die kaiserliche Diplomatie anzusetzen in der Hoffnung, dass »die Furcht, die der König vor denen Russen hat, selbigen vielleicht wohl zu etwas bringen werde«.167 Förderlich für die seit dem Frühjahr 1726 erfolgende Annäherung zwischen Wien und Berlin erwies sich zudem die Tatsache, dass mit Friedrich Heinrich von Seckendorff ein Emissär in die preußische Hauptstadt geschickt wurde, der schon seit den Tagen von Malplaquet einen vergleichsweise guten Zugang zu Friedrich Wilhelm I. besaß. Regelmäßige Korrespondenzen hatten seit diesem gemeinsamen Erlebnis das gute Verhältnis der beiden Männer auf eine dauerhafte Grundlage gestellt und damit einen wichtigen Grundstein für die spätere diplomatische Mission des österreichischen Generals in der preußischen Residenz gelegt. Im Januar 1716 ließ der König seinen Kriegskameraden wissen, dass er »niemahls aufhören werde E[ue]r guter Freund zu seyn, sondern Euch bey allen sich ereignenden Gelegenheiten zeigen, daß ich bin Sein sehr wohl affectinnierter Freund«.168 Gerade das Beispiel Seckendorffs unterstreicht einmal mehr, in welch spezifischer Weise engere persönliche Kontakte zum in diesen Dingen ansonsten eher zurückhaltenden preußischen König aufgebaut werden konnten. Die Motive für 346

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die Beziehung zwischen den beiden Männern liegen in der Übereinstimmung vieler Interessen begründet. Seckendorff war nicht nur ein erfahrener Offizier, den der damalige Kronprinz während eines Krieges – also einer in seinem bisherigen Leben durchaus als Höhepunkt wahrgenommenen Situation – kennengelernt hatte, sondern auch seine charakterlichen Anlagen schien Friedrich Wilhelm besonders zu schätzen. Sein pragmatischer Sinn für das Wesentliche, die Ablehnung eines lockeren Lebensstils gegenüber dem weiblichen Geschlecht sowie seine Ausdauer und Belastungsfähigkeit gehörten ebenso dazu wie seine Interessen für die Jagd und die von ihm bewiesene Religiosität. Seit 1723 sind gelegentliche Aufenthalte und damit auch Berichte Seckendorffs aus der preußischen Residenz überliefert; ab 1724 kann von einer regelmäßigen Präsenz Seckendorffs in Berlin bzw. Potsdam ausgegangen werden.169 Die Bedeutung, die Seckendorff in der zweiten Hälfte der 1720er und zu Beginn der 1730er Jahre für die Beziehungen zwischen Preußen und dem Kaiserhof einnahm, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zwar hatte er zunächst nicht den Status eines offiziellen kaiserlichen Gesandten – diese Rolle übte damals Graf Amadeus von Bussy-Rabutin aus –, aber aufgrund seines besonderen Zugangs zu Friedrich Wilhelm erkannte man in der Hofburg gerade angesichts der sich im Zuge des Beitritts Preußens zur Hannoverschen Allianz wieder abkühlenden Beziehungen den Wert Seckendorffs, der den König »in einer Weise zu nehmen wußte, wie vielleicht kein anderer Mensch vor oder nach ihm«.170 Das besondere Vertrauen, das er beim König genoss, wurde argwöhnisch von den Vertretern der anderen europäischen Mächte registriert. Da der gestufte Zugang zu einem Monarchen letztlich auch innerhalb des formellen bzw. informellen Zeremoniells geregelt wurde, sah man diese Vorzugsbehandlung teilweise auch als Affront. So sei es nach einem Bericht des Ministers v. Borcke vom 22. Oktober 1733 dem französischen Gesandten de la Chétardie sehr nahe gegangen, »daß es schiene, als wollten E.K.M. anietzo einen unterscheidt zwischen dem Grafen v. Seckendorf und ihm hierinnen machen«.171 Obendrein war auch jener gravierende Konflikt um die Akzeptanz reichsgerichtlicher Entscheidungen, der nicht unwesentlich den Beitritt Friedrich Wilhelms zur Hannoverschen Allianz befördert hatte, etwas entschärft worden, so dass dem deshalb in seiner Ehre schwer gekränk�������������������

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ten König ein Einlenken in prokaiserliches Fahrwasser leichter gemacht wurde. Und mehr noch: Der Kaiser, dem ein männlicher Erbe fehlte und der daher die Nachfolge seiner Tochter absichern musste, wurde zunehmend erpressbar. Die Sorge um die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion seitens der europäischen Mächte und der bedeutenderen deutschen Reichsfürsten entwickelte sich immer mehr zum Leitmotiv der kaiserlichen Politik, dem andere Interessen untergeordnet wurden. Allerdings gab es in der Wiener Hofburg auch genügend Bedenken gegen eine Annäherung an Preußen, zumal auch dieser Hof in verschiedene »Parteien« mit entsprechenden außenpolitischen Orientierungen zerfiel. Während Prinz Eugen von Savoyen auf eine Verbindung mit Preußen setzte, was auch in der persönlichen Bekanntschaft und einer gewissen Sympathie zu Friedrich Wilhelm I. begründet lag, setzte die hinter dem Hofkanzler Graf Philipp Ludwig Sinzendorf stehende Fraktion eher auf ein Bündnis der katholischen Mächte, inklusive Frankreichs. Vor jenem Hintergrund und angesichts der vielen Rücksichten, die der Kaiser auf andere potentielle Verhandlungspartner im Reich und in Europa zu nehmen hatte, erschien es verständlich, dass man auf die preußischen Forderungen und Wünsche nur bedingt einzugehen bereit war. Diese zielten vor allem auf verbindliche Zusagen für den Erwerb von Jülich und Berg im Falle des Erlöschens der pfalz-neuburgischen Linie der Wittelsbacher und für eine Ausweitung des »privilegium de non appellando« auf alle Landesteile der Gesamtmonarchie. Das Verdienst, angesichts der ungünstigen Voraussetzungen nun die Verhandlungen »vor Ort« zum Erfolg zu führen, kam unweigerlich Friedrich Heinrich von Seckendorff zu. Seine regelmäßigen Berichte nach Wien dokumentieren zum einen, wie schwer sich die Mission anließ, zum anderen zeigen sie aber auch deutlich, wie geschickt er sein relativ enges Verhältnis zum König instrumentalisieren konnte. Von daher mochte der Eindruck, den der kaiserliche Gesandte am 1. Juni 1726 aus der preußischen Residenz nach Wien weiterleitete, durchaus zutreffend sein: Demnach hätten sich die englischen und französischen Gesandten »über die ankunfft des Seckendorffs allarmiret« gezeigt.172 Gekonnt nutzte Seckendorff das sich schnell einstellende Unbehagen Friedrich Wilhelms über die Wirkungen der Hannoverschen Allianz, klagte der preußische Monarch während einer gemeinsamen Reise doch, dass 348

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man ihn mit diesem Vertrag »übereilt hätte, die er doch für seine Person, nur als eine Defensiv-Allianz ansehe«.173 Aber auch mit den für jene politischen Materien verantwortlichen preußischen Ministern v. Ilgen, v. Borcke und v. Knyphausen galt es, auszukommen. Dass Seckendorff dies recht gut gelang, war wahrlich nicht selbstverständlich, denn Ilgen und Knyphausen waren im Gegensatz zu Grumbkow und dem Alten Dessauer nicht als besonders kaiserfreundlich bekannt. Friedrich Wilhelm I. hatte Seckendorff wissen lassen, dass es Ilgen und Knyphausen gewesen seien, die ihn von der Hannoverschen Allianz überzeugt hätten. Doch in ähnlicher Weise, wie die französische Diplomatie es verstanden hatte, mit Zuwendungen »nachzuhelfen«, nutzte auch Seckendorff dieses Mittel und fragte bei Karl VI. an, ob man den preußischen Ministern »im Fall, die Sachen [der Vertragsabschluss – F.G.] zum gewünschten Stande kommen, eine reelle allerhöchste kaiserliche Gnade versprechen könne«.174 Flankiert wurde der Prozess der Entfremdung Friedrich Wilhelms I. von der Herrenhausener Allianz und der Wiederannäherung an den Kaiser durch parallel verlaufende Bemühungen um einen Vertrag mit der neuen russischen Herrscherin, Katharina I., der unter anderem im Falle eines Angriffs militärischen Beistand vorsah. Dieser wurde am 21. August 1726 abgeschlossen.175 Am Ende stand im Oktober 1726 der Abschluss des Wusterhausener Vertrages mit dem Kaiser176, der bei genauerem Hinsehen der kaiserlichen Seite den größeren Vorteil brachte: Preußen war aus der englischfranzösischen Allianz wieder herausgelöst worden und zeigte sich bereit, die Pragmatische Sanktion, also die weibliche Nachfolge in den Ländern des habsburgischen Hausmachtkomplexes, anzuerkennen, wenngleich sich die vertragsrechtliche Realisierung noch bis 1731 hinziehen sollte. Bezüglich des Lieblingsprojektes Friedrich Wilhelms I. sagten die Habsburger im Gegenzug lediglich zu, die Pfalz-Sulzbacher Linie des pfälzischen Hauses Wittelsbach zu einem Verzicht auf das Herzogtum Berg (von Jülich war gar keine Rede mehr) bewegen zu wollen. Es wurde in Wien als Erfolg verbucht, die zeitgleich laufenden Bemühungen der niederländischen Generalstaaten vereitelt zu haben, die den Preußenkönig von dem geplanten Bündnis mit dem Kaiser abraten wollten und dies mit eigenen Zusagen über eine Unterstützung zum Erwerb Jülichs und Bergs verbanden. Zu der Zeit gab sich der König noch der Gewissheit hin, dass �������������������

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man ihm seine Wünsche erfüllen werde, so dass er gegenüber Seckendorff äußerte: »Mir ist mein wahres Interesse sowohl, als des Kaisers Majestät und die Wohlfahrt des ganzen römischen Reiches mehr als zuwohl bekannt und können Dieselbe, wenn Sie es mit mir aufrichtig meinen, einen solchen wahren Freund haben, der Ihnen und Ihrem Hause in allen Gelegenheiten und allem Vermögen beizutreten sich ein Plaisir machen wird.«177 Überbewerten sollte man solcherlei Treueschwüre allerdings auch nicht, sie wurden wohl vor allem in der Erwartung geäußert, dass Seckendorff dieses reichspatriotische Bekenntnis in der Wiener Hofburg als Argumentationshilfe für die Umsetzung der Wusterhausener Vertragsbestimmungen einsetzen würde. Nachdem es der kaiserlichen Diplomatie nicht gelungen war, innerhalb einer Frist von sechs Monaten die sulzbachischen Anwärter auf das kurpfälzische Erbe zu einem Verzicht auf Berg zugunsten Preußens zu überreden, standen die Abmachungen mit Preußen erneut auf dem Prüfstand. Wieder versuchte auch die Gegenseite, also Großbritannien, Frankreich und die Generalstaaten, dem Preußenkönig Versprechungen zu machen. Schon wenige Tage nach Vertragsabschluss gab es vonseiten der britischen und französischen Diplomaten entsprechende Pläne. So berichtete Ende Oktober der stets gut informierte kaiserliche Gesandte, dass der König nach dem Hubertusfest mit seiner Familie nach Potsdam bzw. Berlin zurückkommen werde, »worauff die Franz. und Engelländ. Ministri warteten, umb sich mit ihm über die jetzigen Conjuncturen zu unterreden«.178 In den Bemühungen der europäischen Großmächte, Preußen in das jeweilige Bündnis einzubinden, war also inzwischen eine Pattsituation eingetreten, die Droysen wie folgt umrissen hat: »Der Kaiser hatte es noch nicht gewonnen; England und Frankreich gaben es noch nicht verloren«.179 Da Karl VI. natürlich keine volle Garantie abgeben konnte, Friedrich Wilhelm I. das Bergische Erbe zu verschaffen, wurde als Äquivalent das Herzogtum Bremen-Verden (im Falle eines kriegerischen Konflikts mit England-Hannover) erwogen, im äußersten Fall sollte sogar »Ersatz in des Kaisers eigenen Ländern gefunden werden, etwa der Schwiebuser Kreis oder, so hart es ihm auch ankäme, niederländisches Gebiet«.180 Über mehrere Monate zogen sich die Verhandlungen hin, deren Zähigkeit auch darauf zurückzuführen war, dass die mit der Außen350

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politik betrauten Amtsträger am Kaiserhof keine einheitliche Linie verfolgten. Der Nutzen eines Bündnisses mit der Hohenzollernmonarchie wurde von einem Teil der Minister durchaus gesehen, allerdings wollte sich der Kaiser in seinem »oberrichtlichen Amt« auch nicht erpressen lassen. Einerseits wurde das Vorgehen Preußens aus der Sicht der Gruppe um Sinzendorf als »oft so eigennützig, heftig und ungerecht« angesehen, dass selbst einige protestantische Reichsstände »eine Vergrößerung seiner Macht mit scheelen Augen ansähen«.181 Andererseits könnte man sich auf diese Weise Preußens – vor allem mit seinem wohlgeordneten Staatsschatz und der Armee – aufgrund dessen Gegnerschaft zu Großbritannien und den Niederlanden dauerhaft versichern. Die Ansprüche Preußens und Pfalz-Sulzbachs sollten deshalb zunächst durch eine Kommission des Reichshofrates untersucht werden. Im September 1727 gestand man in einem Entwurf zu, dass der Kaiser »alles mögliche bei denen Tractaten« versuchen werde, dass »das Herzogtum Berg derselben [Kgl. Preuß. Majestät – F.G.] überlassen werde«.182 Die Verhandlungen zogen sich hin, und Seckendorff befand sich in keiner beneidenswerten Lage, da Friedrich Wilhelm I. immer mehr den Eindruck gewann, dass man ihn »nur amüsieren« und »ihm am Ende gar nichts geben wolle«.183 Die hin und her gehenden Vertragsentwürfe und Monita, die hier nicht en détail geschildert werden können, geben einen vielsagenden Einblick in die Denkweise des preußischen Königs und das Herangehen an außenpolitische Entscheidungen. Die Gegenseite blieb am preußischen Hof gleichfalls nicht inaktiv. Grumbkow wurde zeitweise der wichtigste Bündnispartner Seckendorffs in der preußischen Residenz, um den Einflüssen der »englisch-hannoveranischen Partei« entgegenzuarbeiten. Auch in diesem Falle ließ man es nicht an subtilen Mitteln fehlen, um sich die Gewogenheit des wichtigen Ministers zu erhalten. So konnte Prinz Eugen im Januar 1727 erfreut an Seckendorff berichten, dass er »die bewußten 1000 Ducaten, die zu Abführung der, an den bekannten guten Freund jährlich versprochenen, Pension gewidmet sind, wirklich beihanden habe«.184 Im Übrigen wurde auch der Geheime Rat und Hofnarr Jacob Paul von Gundling mit einem Präsent in Gestalt einer mit Diamanten besetzten Medaille bedacht – ein weiterer Beleg dafür, dass man fehlgehen würde, Gundling nur auf die Rolle eines bespöttelten Sonderlings zu reduzieren, der keinerlei Einfluss gehabt hätte. �������������������

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Letztlich war es aber auch bei diesen diplomatischen Aktivitäten wieder die taktische Finesse und die große Ausdauer Seckendorffs, die obsiegte. In einem Brief an Prinz Eugen von Savoyen klang etwas von den nicht geringen Anstrengungen an, die Seckendorff unternehmen musste, um an sein Ziel zu kommen. Demnach man von »früh Morgens um 10 Uhr bis des Nachts gegen 11 und 12 Uhr … stets in Gesellschaft des Königs sein muß, wo man nicht die Gelegenheit, ihm etwas Gutes zu insinuieren, versäumen will«.185 Im Gegensatz zu früheren Jahren hatte Seckendorff im Frühjahr 1728 den Status eines offiziellen kaiserlichen Gesandten erhalten, so dass er nicht nur seine informellen guten Beziehungen zum König nutzen, sondern nunmehr auch als offizieller diplomatischer Vertreter des Kaisers agieren konnte. Sowohl über seinen ausführlichen Briefwechsel als auch bei vielen persönlichen Begegnungen versuchte er den angesichts des letztlich gescheiterten Wusterhausener Vertrages sich reserviert verhaltenden König vom Nutzen einer engeren Verbindung mit dem Haus Habsburg zu überzeugen. Die Bemühungen zahlten sich aus. Zum einen suchte Seckendorff, auf den Fortgang der am Wiener Reichshofrat anhängigen Prozesse, bei denen Friedrich Wilhelm I. als Beklagter geführt wurde, deeskalierend einzuwirken. Am britischen Hof ging man zudem davon aus, dass der kaiserliche Hof den preußischen König »wegen der vielen Prozesse in der Hand [hätte], die dieser am Reichshofrat laufen habe«.186 Und zum anderen bemühte er sich, in den zentralen außenpolitischen Fragen eine Annäherung zwischen Wien und Berlin zu erreichen. »Daß der Herr Graff in der Jülichund Bergischen Sache nichts, was zu Erreichung des von mir intendirten Zwecks gereichen kann, unterlasse, davon bin ich fest überzeuget«, schrieb der König am 27. Januar 1728.187 Aber auch die eigenen Minister wandten viel von ihrer Überredungskunst auf, um Friedrich Wilhelm I. zu vertraglichen Zugeständnissen zu bewegen. Unter genauer Abwägung der mächtepolitischen Konstellationen mit Blick auf die Durchsetzung der preußischen Interessen wies Minister v. Ilgen den König darauf hin, dass er außer dem Kaiser »keinen Potentaten in der Weldt sehe, der sich Eurer Königl. May. in der Jülich- und Bergischen Sache … annehmen wolle, sondern vielmehr desfalls alles wider Euer Königl. May.« sei.188 Verfolgt man die preußischen Bemühungen der folgenden Jahre, in der Jülich-Bergischen Angelegenheit weiterzukommen, zeigte sich die Plau352

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sibilität dieser von Ilgen formulierten Überlegung. Denn trotz der immer wieder von Frankreich und Großbritannien gemachten Versprechungen, Preußen um den Preis einer engeren Anlehnung an die Westmächte zu Jülich-Berg zu verhelfen, wurde selbst für Friedrich Wilhelm I. die Realitätsferne solcher Ankündigungen zunehmend deutlich. Eine gewisse Rolle dürften für die britischen Vorbehalte, die Arrondierungspläne Friedrich Wilhelms I. zu unterstützen, auch Rücksichten auf die niederländischen Generalstaaten gespielt haben. Sie lebten »wegen der Nachbarschaft des Preussenkönigs in beständiger Unruhe«, wusste ein kaiserlicher Diplomat im Dezember 1729 zu berichten.189 Zu einer schweren Verstimmung zwischen dem Haag und Friedrich Wilhelm I. sollte dann noch ein Vorfall führen, bei dem 1733 zwei preußische Werbeoffiziere, um gegen die überhandnehmenden Werbeexzesse ein Exempel zu statuieren, in Maastricht erschossen wurden.190 Außerdem hatte die Annäherung Großbritanniens und des Kaisers im Wiener Vertrag von 1731 dafür gesorgt, dass die gegenseitige Abstimmung und Befriedigung der eigenen Interessen dieser beiden Großmächte – den Habsburgern wurde die Pragmatische Sanktion anerkannt, während der Kaiser die von London als Konkurrenz angesehene Ostindische Kompanie in den Österreichischen Niederlanden auflöste – ein Eingehen auf die Wünsche Preußens noch unwahrscheinlicher als vordem erscheinen ließ.191 Dass »hiesiger Hof darüber nicht allzu content sey«, wusste der braunschweigische Gesandte kurz darauf aus Berlin zu berichten.192 Doch wir sind schon zeitlich etwas vorausgeeilt. In der zweiten Hälfte der 1720er Jahre beeinflussten die Thronwechsel in Russland und Großbritannien die Gestaltung der Beziehungen des Berlin-Potsdamer Hofes nicht nur zu diesen beiden Staaten, sondern auch zum Kaiser. Nach dem Ableben der russischen Zarin Katharina I. gab der preußische Gesandte am Zarenhof, v. Mardefeld, 1727 einen sehr optimistischen Blick in die Zukunft der russisch-preußischen Beziehungen: Seiner Einschätzung nach seien »die Constellationes dieses Hofes niemahls so favorable als ietzo gewesen«. Denn obschon die verstorbene Zarin »sehr große qualitäten hatte und E.K.M. aufrichtige Freundtin war, So war Sie doch eine Dame« und hätte nicht »die benöthigte Einsicht von den Affairen« aufgebracht.193 Bei der Haltung zur bald anstehenden polnischen Thronfolge, in der Mecklenburg-Frage wie auch mit Blick auf eine geplante Heirat �������������������

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der Prinzessin Elisabeth, einer Tochter Peters I., mit dem Markgrafen von Brandenburg-Schwedt glaubte man sich auf gutem Wege zu einer Annäherung an Russland. Unter diesen Voraussetzungen verlor auch die vor anderthalb Jahren gegen Preußen gerichtete enge Bindung zwischen Wien und St. Petersburg viel von ihrem Bedrohungspotential. Aus etwas anderen Gründen spielte auch der Regierungswechsel in London der Verbesserung der Beziehungen Preußens zum Kaiser in die Hände: Mit Georg II. hatte im Juni 1727 in Großbritannien ein Monarch die Herrschaft übernommen, dem Friedrich Wilhelm schon seit Langem in herzlicher Abneigung verbunden war. Schon des Öfteren ist angeklungen, wie stark sich der preußische König von subjektiven Empfindungen und Gemütsäußerungen auch auf dem politischen Feld leiten ließ, auf dem diese gemäß dem subtilen, auf Affektkontrolle gerichteten diplomatischen Zeremoniell eher im Hintergrund zu bleiben hatten. So nannte Friedrich Wilhelm I. den Hannoveraner despektierlich den »Tanzmeister«194, im Gegenzug bezeichnete Georg II. seinen preußischen Standesgenossen mitunter abschätzig als »des H. R. Reichs Erzsandstreuer« oder »Seinen lieben Bruder Corporal« – Etikettierungen, die unter den Gesandten bekannt waren und mitunter genüsslich verbreitet wurden. Friedrich Wilhelm I. blieb seinem Schwager in dieser Hinsicht nichts schuldig und titulierte ihn gern als »seinen lieben Bruder, den Comödianten« oder »den Herrn Bruder Braunkohl«.195 Und angesichts der dramatischen Zuspitzung des Verhältnisses zwischen Friedrich Wilhelm I. und seinem ältesten Sohn soll Georg II. gegenüber einem Vertrauten geäußert haben, dass er nicht mehr bereit sei, das englisch-preußische Heiratsprojekt weiter zu betreiben, denn die »Princess of Prussia have a madman for their father«.196 Solche auch in den heutigen internationalen Beziehungen nicht zu vernachlässigenden »personal affairs« waren zwar zumeist nicht primär für den Grad der Beziehungen zwischen zwei Staaten verantwortlich, sie konnten aber durchaus eine beschleunigende oder hemmende Wirkung auf ihre Entwicklung ausüben. So auch im Falle der preußisch-britischen bzw. -hannoveranischen Beziehungen, die sich im Zusammenhang mit dem Herrenhausener Vertrag von 1725 zeitweilig verbessert hatten, in denen es dann aber binnen Jahresfrist wieder zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen war. Der Thronwechsel in England-Hannover bildete nur einen Grund dafür, der den Gegnern ei354

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ner preußisch-hannoveranischen Annäherung freilich in die Hände spielte. Die Hauptmotive lagen indes in einer Reihe von seit Langem schwelenden Interessengegensätzen. Hier wird man vor allem jene Rivalitäten zu berücksichtigen haben, die sich letztlich aus der Konkurrenz England-Hannovers und Brandenburg-Preußens im Reich ergaben, wie zum Beispiel die divergierende Haltung zu den Konflikten in Ostfriesland und in Mecklenburg-Schwerin, auf die im folgenden Kapitel näher eingegangen werden wird. Friedrich Wilhelm I. machte hierbei kaum einen Unterschied: Für ihn war sein Schwager sowohl der britische Monarch, der ihn auf dem europäischen mächtepolitischen Parkett vorzuführen gedachte, als auch der hannoveranische Kurfürst, mit dem er um den Einfluss im nördlichen Teil des Reiches und unter den protestantischen Reichsständen wetteiferte. Obwohl sich die Verhandlungen trotz der günstigen Voraussetzungen in den folgenden Monaten zäh gestalteten, obsiegte am Ende die Kompromisspolitik. Zugute kam den Befürwortern des Bündnisses sowohl auf Seiten des Kaisers als auch im Umfeld des preußischen Königs, dass der zeitgleich verlaufende Kongress zu Soissons mehr als schleppend voranging. Als für die kaiserlichen Interessen gefährlich erwies sich dabei der Übergang Spaniens von einer prokaiserlichen zu einer probritischen Politik.197 Deshalb war Karl VI. stärker als zuvor an einem raschen Abschluss der Verhandlungen mit Preußen interessiert.198 Am 23. Dezember 1728 konnte dann der Berliner Vertrag zwischen Preußen und dem Kaiser unterzeichnet werden, der neben der Gewährung einer gegenseitigen militärischen Hilfe im Defensionsfall vor allem die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion garantierte. Und Friedrich Wilhelm I. betrachtete es als Verhandlungserfolg, dass Wien seine Ansprüche zumindest auf Berg mit der Hauptstadt Düsseldorf und der Grafschaft Ravenstein bestätigte.199 Flankiert wurde der Vertrag durch eine Initiative, auch den sächsischen Kurfürsten und polnischen König in diese Annäherungspolitik an den Kaiser stärker einzubinden. Grumbkow, der sich im Januar 1729 am Dresdner Hof aufhielt, sondierte das Terrain dafür. Es liege demzufolge im Interesse beider Höfe, dass man, »umb den Ruhstand in Teutschland zu erhalten und eine convenable, einem hohen Reichs-Stand anständige Figur zu machen, mit dem Kayser näher zusammen treten« müsse. Er wolle prüfen, ob »Sie [die Königl.-Polnische Majestät bzw. �������������������

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Churfürstl. Durchlaucht] die Sachen nicht eben so ansehen«.200 Der kursächsische Minister v. Manteuffel gab indes eine ausweichende Antwort. Zwar folge man der Argumentation Grumbkows, dass eine Annäherung an den Kaiser sowohl für den Erhalt der politischen Stabilität im Reich als auch um »eine convenable Figur in der Weldt zu machen«, sinnvoll sei, ohne »allerdings mit Ihm in gemeinschafftlichen Tractaten sich einzulassen und näher zusammenzutreten«.201 Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch das Entgegenkommen des Kaisers bezüglich der in den frühen 1730er Jahren von preußischer Seite forcierten Aufnahme der Salzburger Emigranten das Interesse an halbwegs harmonischen Beziehungen zwischen Wien und Berlin/Potsdam befördert hatte. Denn in den älteren Darstellungen borussischer Provenienz ist diese vermittelnde Position des Kaisers, die letztlich die relativ reibungslose Übersiedlung der Emigranten von Salzburg nach Preußisch-Litauen absicherte, oft marginalisiert oder gänzlich unterschlagen worden.202 Das zu Beginn der 1730er Jahre vergleichsweise konfliktfreie Verhältnis zwischen Preußen und dem Kaiser stellte eine wichtige Rahmenbedingung für den Erfolg der Salzburger Einwanderung dar. Die Enttäuschung der Gegenseite ob des nun scheinbar endgültigen Einschwenkens des preußischen Königs auf den Kaiser hielt sich in Grenzen. Angesichts der eigenen Erfahrungen, die die britische Seite mit diesem unberechenbaren König (»an unaccountable creature«) gemacht hatte, erwartete man auch von seiner Rolle als Bündnispartner der Habsburger nicht allzu viel. Der britische Minister Walpole ging davon aus, »da er im Bündnis mit uns zu keiner positiven Leistung zu bewegen war, – wir ebenso guten Grund haben anzunehmen, dass er nun auch gegen uns … nichts unternehmen wird« – eine Vorhersage, die sich in der Tat bewahrheiten sollte.203

Preußisch-britische Verstimmungen Die in den folgenden Jahren sowohl vonseiten einer Berliner Hofpartei als auch vonseiten Londons und Versailles’ betriebenen Versuche, Preußen aus der Bindung mit dem Kaiser zu lösen, waren im Ganzen gesehen nicht von Erfolg gekrönt. Schwere Erschütterungen, die bis in die Familie 356

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des Königs hineinreichten, waren bekanntlich die Folge dieser Bemühungen.204 Für den großen Dissens um die geplante Verheiratung des Kronprinzen Friedrich und der ältesten Tochter, Prinzessin Wilhelmine, in das englische Königshaus sind gewiss mehrere Ursachen zu benennen. Während dieses Projekt noch zu Lebzeiten des alten englischen Königs recht gut voranzuschreiten schien, führte die Thronbesteigung Georgs II. 1727 zunächst zu einem Stocken in den Verhandlungen.205 Als nicht unwesentlich für das Fehlschlagen wird man ferner den von Londoner Seite auf Friedrich Wilhelm I. ausgeübten Druck anzuführen haben, nicht nur Wilhelmine, sondern auch den Kronprinzen zeitnah in das englische Königshaus zu verheiraten. Jedoch scheint für diese Zuspitzung auch wieder jenes des Öfteren schon beobachtete Agieren Friedrich Wilhelms I. mit verantwortlich gewesen zu sein, das in einem diffusen Gefühl des Misstrauens, des Übergangenwerdens oder – besonders kränkend für ihn – der Vermittlung seiner Niederrangigkeit seinen Ursprung hatte. Seinem Vertrauten Seckendorff gewährte er am 11. Mai 1730 einen tiefen Blick in sein Gefühlsleben in jenen bewegten Wochen: Die unerquickliche Angelegenheit, insbesondere die Verhandlungen mit dem britischen Botschafter Charles Hotham, »sei ihm etliche Tage so zu Herzen gegangen, daß er fast nicht wußte, was er für eine Entschließung nehmen sollte«. Der von England vorgebrachte Vorschlag sei »wegen der zweiten Heirath [des Kronprinzen Friedrich – F.G.] und der angehängten Statthalterschaft von Hannover so impertinent, daß er sich nicht einbilden könnte, wer die Verwegenheit gehabt, in England dergleichen Vorschläge zu thun.« Vor allem kränkte ihn, in der Öffentlichkeit als Geizhals, als »karger Filz« angesehen zu werden, der vorhabe, »seinem Sohn aus Geiz eine Frau zu geben, oder dem es an Mitteln fehle, seine Kinder zu unterhalten«.206 Im Übrigen versuchte er auch dieses »Unternehmen« mit seiner außenpolitischen Lieblingsidee, der Jülich-Bergischen Frage, zu verknüpfen. So berichtete der britische Botschafter über eine Unterredung mit dem König, dieser sehe nicht ein, warum nicht, wenn er den Kronprinzen mit einer englischen Prinzessin verheirate, »etwas zum Vorteil seines Hauses ausbedungen werden sollte, z. B. in Berg und Jülich«.207 Der Fortgang dieses Konflikts, der die Züge eines Dramas trägt, soll hier nicht weiter vertieft werden, sondern wird im Kapitel zu »Dynastie und Familie« wieder aufgegriffen. �������������������

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Lavieren im Polnischen Thronfolgekrieg Eine nächste Bewährungsprobe in der Außenpolitik stellte der im Februar 1733 mit dem Tode Augusts des Starken ausbrechende polnische Thronfolgekonflikt dar. Zunächst zeigte sich Friedrich Wilhelm I. wie auch sein Umfeld unsicher über den künftigen Kurs des neuen sächsischen Landesherrn. Er hoffte, der neue Kurfürst werde »sich nun wohl developiren was er ist«. Zugleich beklagte er gegenüber dem Alten Dessauer fehlende Informationen aus Dresden: »ich weis hier aus saxen nits als Messzeitungen«.208 Doch bald darauf, als in den europäischen Kabinetten die Planspiele über die Zukunft der Rzeczpospolita Polska entwickelt und diskutiert wurden, bemühte man sich, den preußischen König – auch jetzt wieder mit Versprechungen in der Jülich-Berg-Frage – zu einem aktiveren Engagement in dem zu erwartenden Krieg zu bewegen. Als unmittelbarer Nachbar Polens und Kursachsens habe er ja hier, so die berechtigte Annahme, höchsteigene Interessen zu verfolgen. Auch Friedrich Wilhelm I. selbst bewertete die veränderte politische Konstellation vor allem aus diesem Kalkül heraus. In einem Brief an Graf Seckendorff äußerte der König kurz nach Eintreffen der Todesnachricht aus Dresden, dass er »sehr viel darum geben« würde, sich mit dem neuen Kurfürsten und dem Kaiser zu verbünden, denn »ich halte vor Sr. Kaiserl. Majestät größtes Interesse, daß Pfalz und Baiern« – also die Hauptkonkurrenten in der Jülich-Bergischen Frage – mit Sachsen »die größte Stütze verliert«.209 Gegenüber Leopold von Anhalt-Dessau deutete Friedrich Wilhelm an, dass er bald »in spiell« kommen könne. Ihm schwebte dabei offenbar vor, in Polen wie sein Großvater »friderich wilhelm der grohße zu verfahren«, der damals allerdings – in Anspielung auf die fehlende Landverbindung zwischen Hinterpommern und dem Herzogtum Preußen – »den Profit nit genossen«. Mit der aus diesen territorialen Erwerbungen gewonnenen Stärke wolle er dann »mit Plesir auf julich Berge cedirn«.210 Zunächst versuchten zwei der bedeutendsten an der bevorstehenden Auseinandersetzung beteiligten Parteien (Russland und der Kaiser), das militärische Potential Preußens in die eigenen Pläne einzubinden, die vorsahen, einen portugiesischen Prinzen zum polnischen König wählen 358

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zu lassen. Dies kam auch den Intentionen Friedrich Wilhelms I. entgegen, der die Fortsetzung der sächsisch-polnischen Personalunion verhindern wollte, zumal die von August dem Starken in seinen letzten Lebensmonaten betriebenen Pläne einer Stärkung der Autorität der polnischen Krone bis hin zur Einführung einer Erbmonarchie große Befürchtungen geweckt hatten. »Kein Franzose und kein Sachse« sollte nach dem Wunsch des preußischen Königs auf dem polnischen Thron nachfolgen – eine Position, die zunächst auch der Haltung Russlands und des Kaisers entsprach.211 Der preußische König hatte deshalb bereits 1726 einen »Allianz-Traktat« mit Russland abgeschlossen, in dem verabredet worden war, dass der polnische Thron »mit einem Ihnen um Ihrem Interesse convenablen Successore wieder besetzet werden« solle.212 Diese Haltung wurde am Dresdner Hof bekannt, so dass man alsbald – vor allem während der sich 1728 anbahnenden Annäherung zwischen Friedrich Wilhelm I. und August dem Starken – versuchte, den Preußenkönig aus dem russischen Fahrwasser zu lotsen, wohl wissend, dass Russland am vehementesten eine erneute wettinische Kandidatur um den polnischen Thron hintertreiben würde. Und auch seitens der Wiener Hofburg waren zu der Zeit aufmerksam die Versuche des sächsischen Premierministers v. Flemming beobachtet worden, »den hiesigen König von den Russischen Hoff nach und nach ab und Ihn dem Seinigen zuziehen«.213 Erst recht lösten die 1730/31 von Russland ausgehenden Pläne, den preußischen Kronprinzen Friedrich mit einer russischen Prinzessin zu verheiraten, in Wien, vor allem aber in Dresden, große Unruhe aus. Demnach sei der in russischen Diensten stehende Graf Löwenwolde 1731 mit geheimen Verhandlungen in Berlin beauftragt worden, die zweite Tochter Peters I. mit Friedrich zu verheiraten. Der sächsische Gesandte in Moskau erfuhr davon und vermutete, dass auch der Kaiser unterrichtet worden sei, der es wohl nicht wünschen werde, »d’avoir un Electeur de Brandenbourg, qui puisse devenir un jour Czar.«214 Diese Verhandlungen zerschlugen sich dann aber bis Ende 1731. Auch aus entgegengesetzter Perspektive, vonseiten des Zarenhofes, reagierte man argwöhnisch auf jedes Anzeichen, welches ein engeres Zusammengehen zwischen Preußen und Sachsen-Polen anzudeuten schien, wie zum Beispiel die beiden Begegnungen zwischen August dem Starken und Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1728. So hatte der russische Gesandte �������������������

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in Berlin, Graf Golowkin, am 8. März 1728 »auf dem Parade-Platz die Gelegenheit genommen«, den König auf die in Dresden verhandelten Dinge anzusprechen. Dieser beruhigte ihn, »daß nicht in dem geringsten zu einige Geschäftshandel während seiner Anwesenheit zu Dresden seye geschritten worden, sondern gleichwie bekannt seye, daß Er, Rex, ein sehr großer Liebhaber von reisen seye …, also habe Er bloß allein diese dahinreise aus lust und plaisier gethan«.215 Um nun wieder auf die Entwicklungen in der polnischen Thronfolgefrage zurückzukommen: Bald einigten sich drei der wichtigsten Player (Russland, der Kaiser und Kursachsen) in diesem Machtspiel darauf, den wettinischen Kandidaten in seinem Kampf um den polnischen Thron zu unterstützen. Preußen blieb dabei außen vor, waren die europäischen Großmächte doch wenig bereit, dem Hohenzollern irgendwelche Zugeständnisse zu machen.216 Da sich abzeichnete, dass der von Frankreich ins Spiel gebrachte Thronkandidat Stanislaus Leszczyński über einen wesentlich größeren Anhang innerhalb der polnischen Szlachta verfügte und mit dem kurzzeitig als Alternative ins Spiel gebrachten portugiesischen Prinzen Emanuel überhaupt kein Staat zu machen war, wurde die Verabredung getroffen, sich nun doch für den Wettiner »als das kleinere Übel« einzusetzen.217 Für Kaiser Karl VI. galt dabei die Zusicherung des neuen sächsischen Kurfürsten, die Pragmatische Sanktion im Hause Habsburg anzuerkennen, als großer Erfolg. Und die Aussicht auf die Hilfe der russischen Zarin Anna erkaufte der sächsische Kurfürst dadurch, dass er Russland signalisierte, im Falle des Aussterbens des kurländischen Herzogshauses jenes unter polnischer Lehnshoheit stehende Territorium erwerben zu können.218 Damit hatten sich nunmehr die streitenden Hauptparteien im bevorstehenden polnischen Thronfolgekonflikt positioniert: Auf der einen Seite unterstützten Russland, der Kaiser und ein Teil der Reichsstände – wenn auch aus unterschiedlichen Erwägungen heraus – die Kandidatur des neuen sächsischen Kurfürsten auf den polnischen Thron. Dagegen versuchte Frankreich den bereits während des Großen Nordischen Krieges kurzzeitig die polnische Krone tragenden Stanislaus Leszczyński auf den Thron zu hieven, um damit das schon lange durch die französische Diplomatie verfolgte Projekt einer Barrière de l’Est wieder aufnehmen zu können. Auch der preußische König konnte der Kandidatur 360

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»Empfang Augusts des Starken im Berliner Schloss«: Gemälde von Antoine Pesne (um 1728).

Leszczyńskis zunächst etwas abgewinnen. Schließlich war ihm vor allem daran gelegen, einen erneuten polnischen König aus dem Hause Wettin zu verhindern. Friedrich Wilhelm I. hatte aber inzwischen mit großem Missfallen zur Kenntnis nehmen müssen, dass man es nicht für nötig erachtet hatte, ihn in die Planspiele des Wiener, Petersburger und Dresdner Hofes einzubinden. Auch die nachträglich von ihm und seinen Ministern erwogene Möglichkeit, sich das Zugeständnis Preußens für eine erneute wettinische Thronfolge in Polen in Dresden bezahlen lassen zu können, zerschlug sich.219 Nachdem der Kaiser und die Zarin sich für den Wettiner ausgesprochen hatten, bildete die Zustimmung Friedrich Wilhelms keine conditio sine qua non.220 Lange Zeit zum Schmollen über diese abschätzige Behandlung blieb indes nicht, denn recht schnell weitete sich der – etwas irreführend so titulierte »Polnische Thronfolgekrieg« – zu einer gesamteuropäischen Auseinandersetzung zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon aus. Am Versailler Hof war rasch deutlich geworden, dass es kaum gelingen konnte, dem von Frankreich unterstütz�������������������

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ten Leszczyński zur polnischen Krone zu verhelfen. Um das europäische Gleichgewicht aber nicht ernsthaft zu gefährden, versuchte Frankreich – darin unterstützt durch die in Spanien regierende bourbonische Seitenlinie – in anderen strategisch wichtigen Regionen (Lothringen, Oberitalien) den drohenden Einflussverlust auf Kosten der Habsburger zu kompensieren. Im Oktober 1733 begannen dann folgerichtig die Kampfhandlungen in diesen Gebieten zwischen Frankreich und der österreichischen Habsburgermonarchie. Darin war natürlich auch das Reich involviert. Zwar hatte der französische Gesandte in Berlin, de la Chétardie, in der preußischen Ministerkonferenz im Oktober 1733 versichert, dass sich die Truppenaufmärsche und Attacken gegen das Fort Kehl nicht gegen das Reich richteten. Allerdings schenkten die preußischen Minister und auch der König dem nicht allzu viel Glauben, wie eine Marginalie Friedrich Wilhelms I. belegt.221 Angesichts der sich bedrohlich entwickelnden Lage bot Friedrich Wilhelm I. dem Kaiser ein größeres Truppenkontingent für den Waffengang mit Frankreich an. Von bis zu 50.000 Mann war hier die Rede! Aber in der Wiener Hofburg winkte man mit Blick auf die zu erwartende Gegenforderung dankend ab, denn diese konnte nach all den Erfahrungen der letzten Jahre nur in einem Eingehen auf die preußischen Ansprüche in Jülich-Berg bestehen. Zudem argwöhnte man nicht zu Unrecht, dass die Präsenz einer so starken Streitmacht im Westen und Südwesten des Reiches dem preußischen König eine Chance bieten könnte, seine Forderungen mit mehr Nachdruck zu verfolgen. Man beließ es deshalb bei Truppen in der Stärke von 10.000 Mann, die Friedrich Wilhelm I. als brandenburgischer Kurfürst dem Reichskontingent zur Verfügung zu stellen hatte, denn inzwischen war Frankreich vom Reich offiziell der Krieg erklärt worden. Das erforderte von der preußischen Diplomatie abermals Vorkehrungen, um nicht in einer Weise in den Krieg involviert zu werden, die Preußen in ein gefährliches Fahrwasser geführt hätte und den eigenen Interessen letztlich zuwidergelaufen wäre. Denn Frankreich trachtete – wieder einmal – danach, Friedrich Wilhelm I. auf seine Seite zu ziehen. Die Minister v. Borcke, v. Podewils und v. Thulemeier rieten aber ihrem König, »bey der bisherigen Contenance und Neutralität [zu] beharren« und »dem Spiel ohne alle Gefahr tranquillement zuzusehen«. Man solle vielmehr abwarten, »bis das rechte tempo kömt, umb einen 362

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Coup mit völliger Sicherheit zu machen«.222 Dass unter diesem Coup vor allem eine Militäraktion gegen Jülich-Berg zu verstehen sei, war allen Beteiligten klar. Nachdem sie noch den Rat gegeben hatten, dem kaiserlichen Gesandten die Information über die französische Offerte vorzuenthalten, »maßen der Kayserl. Hoff sonsten gantz gewis einen üblen Gebrauch davon machen und das Systeme Unserer Affairen in die äußerste Confusion zu setzen suchen würde«, gab Friedrich Wilhelm I. seine Zustimmung zu den Vorschlägen seiner Minister und beschied ihnen: »ich bin mit sie in allem sehr einig«.223 Somit blieb der preußische König eher ein weitgehend unbeteiligter Zuschauer dieses Konflikts, der bis zum Wiener Frieden von 1735 vor allem in den Österreichischen Niederlanden und Oberitalien ausgetragen wurde und mit einem Kompromiss endete.224

Vergebliche Mühen. Ambitionen auf Jülich-Berg Friedrich Wilhelm I. versuchte in der ihm verbleibenden Zeit weiterhin sein außenpolitisches Hauptziel, den Erwerb Jülichs und Bergs, voranzutreiben. Vor allem eine engere Anbindung an Frankreich schien dem König eine Zeitlang der erfolgversprechendste Weg zu sein. Laut den Berichten des kaiserlichen Gesandten beruhte die französische Taktik darauf, den preußischen König in der Jülicher Angelegenheit mit immer wieder neuen Planspielen hinzuhalten, so zum Beispiel dem im März 1737 bekannt gewordenen Projekt, wonach Jülich-Berg nach dem Tod des regierenden pfälzischen Kurfürsten zunächst an den Pfalz-Sulzbacher Prinzen gehen könnte. Wenn dieser dann ohne männlichen Erben sterben sollte, würde Preußen die Gebiete erhalten. Friedrich Wilhelm I. hat diesen für ihn mit sehr vagen Aussichten verbundenen Plan aber abgelehnt.225 Obendrein schien aus der Sicht der anderen an der preußischen Residenz präsenten Diplomaten der Eindruck einer ostentativen Bevorzugung des französischen Gesandten vom König beabsichtigt; das solle wohl »nur deswegen geschehen, umb bey denen anderen dadurch einige unruhe und amulation erwecken zu wollen«.226 Ohnehin dachten die Entscheidungsträger der französischen Außenpolitik um den Minister Fleury zu diesem Zeitpunkt weniger als zuvor daran, die Pläne des preu�������������������

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ßischen Königs zu unterstützen. Nach dem Ende des Polnischen Thronfolgekrieges übte sich die französische Außenpolitik in größerer Zurückhaltung, auch spielten »territoriale Ambitionen in der französischen Deutschlandpolitik … keine Rolle mehr«.227 Neben den intensivierten Kontakten zu Frankreich fiel auch das Bemühen Friedrich Wilhelms I. auf, die niederländischen Generalstaaten in dieser Angelegenheit zu umwerben. Es war allgemein bekannt, »daß mann Holländischer seits dem hiesigen Hoff eben keinen so grossen Theil von dieser Erbfolge zuzuwenden dermahlen gesinnet seye, als der hiesige Genius sich vielleicht schmeicheln mag«.228 In subtiler Weise ließ der König in jenen Wochen keine Gelegenheit aus, den holländischen Gesandten General Ginckel »forthin sehr zu liebkosen«; dieser komme im Ansehen dem des französischen Gesandten Chétardie »sehr nahe«. Man wusste zu berichten, dass er die beiden unter Ausschluss der anderen Gesandten zu seiner Mittagstafel ziehe und mit ihnen freundliche Gespräche führe, »doch nur von gleichgültigen Sachen«.229 Den – gerade auch aus der persönlichen Perspektive vom König so empfundenen – traurigen Höhepunkt dieser Aneinanderreihung von immer wieder neu aufgelegten Projekten, Hoffnungen und Enttäuschungen stellte jene unter den an der Jülich-Berg-Frage unmittelbar interessierten Mächten abgestimmte diplomatische Aktion im Februar 1738 dar. Noch wenige Tage zuvor war die Haltung des Königs zum französischen Hof als recht freundlich bewertet worden, »ohnerachtet Er eine große Unzufriedenheit über den Frantzös. Hoff wegen der Jülich-Bergischen Erbfolgsgeschäfft hervorblicken lasset«.230 Nun aber überreichten die Gesandten des Kaisers, England-Hannovers, Frankreichs und der niederländischen Generalstaaten dem preußischen König übereinstimmende Noten, in denen Friedrich Wilhelm I. aufgefordert wurde, beim Tode des pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp die einstweilige Besitzübernahme durch das Haus Pfalz-Sulzbach in Jülich und Berg anzuerkennen. Obwohl der König immer wieder Warnungen erhalten hatte, dass es keine der umworbenen Mächte mit Zusagen einer Unterstützung Preußens in der Jülich-Bergischen Angelegenheit ernst meine, bedurfte es erst jenes diplomatischen »Handstreiches«, um Friedrich Wilhelm I. endgültig die Augen zu öffnen. Dieses Erlebnis traf den König tief.231 Wie gewohnt waren Jähzorn und Trotz seine ersten Reaktionen. Von der von Friedrich 364

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Wilhelm zunächst verfolgten Option, auf die Noten der vier Staaten überhaupt nicht zu antworten, konnten ihn seine Minister abbringen. In der knappen Entgegnung ließ der König seine Kontrahenten dann lediglich wissen, »auf der von den vier Mächten gegebenen Grundlage nicht unterhandeln zu wollen«.232 Noch vier Tage später schwang etwas von dieser Demütigung in den Zeilen an Fürst Leopold mit: Die »Puissances wollen haben das meine Pahroli gehbe. Das werde meine tage nit tuhn. Das ist feste Resolviret.«233 In der Tat schien es nicht völlig abwegig, dass der König auf die Blamage mit begrenzten militärischen Aktionen reagieren würde, zumal es in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit Zwangswerbungen Übergriffe preußischer Truppen auf das Territorium von Jülich und Berg gegeben hatte. Unter den preußischen Offizieren ging in diesen Tagen das Gerücht über einen bevorstehenden »Marsch« um; so hätten »einige in auswärthigen Garnisons liegende Generals an ihre gute freunde hieher geschrieben, umb sich zu ihrer anschickung darzu unter der Hand zu erkundigen«. Der kaiserliche Gesandte, der die Wiener Hofburg über dieses Stimmungsbild in Kenntnis setzte, deutete das alles aber – »wie schon so offt« – als »Abschreckung« in der Jülich-Bergischen Sache und hielt die scheinbaren militärischen Vorkehrungen für »ausgedachte Marsch-Gedancken«, um »die lauthe sprache zu führen«.234 Mit großer Wahrscheinlichkeit wird man davon ausgehen können, dass sich diese Demütigung im Nachhinein auch auf den Gesundheitszustand des Königs auswirkte, der sich 1738 wieder verschlechterte.235 Angeschlagen war er ohnehin, erst wenige Wochen zuvor hatte er seine zunehmende körperliche Indisponiertheit beklagt und moniert, dass er »zu nits nütze mehr in der weldt« sei.236 Besonders tief saß die Enttäuschung über die Rolle des Kaisers. Gerade aus der Wiener Hofburg war Friedrich Wilhelm ja wiederholt vertröstet worden, man werde in seinem Sinne in der Jülich-Bergischen Angelegenheit agieren; und hatte er nicht nach seinem Empfinden immer wieder seine große Loyalität gegenüber dem Kaiser unter Beweis gestellt? Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass er während seiner gesamten Regierungszeit zum Teil schwere Differenzen mit dem Kaiser und den Spitzengremien des Reiches ausgetragen und dem Reichsoberhaupt etliche Zumutungen abverlangt hat. Dazu wird im folgenden Kapitel noch �������������������

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ausführlicher zu berichten sein. Deshalb war es, um noch einmal auf den außenpolitischen Kurs im letzten Regierungsjahr zurückzukommen, auch kaum verwunderlich, dass sich Friedrich Wilhelm I. nun wieder zunehmend in andere Richtungen orientierte. In den folgenden Monaten, so geben es verschiedene Berichte der sich an der preußischen Residenz aufhaltenden Gesandten wieder, versuchte vor allem Frankreich den preußischen König enger an sich zu binden. Der kaiserliche Gesandte in Berlin wurde angehalten zu prüfen, »wie weit etwan der hiesige Hof sich mit Franckreich vertieffet habe oder noch es zu thuen gesinnet« sei. Den niederländischen und britischen Gesandten ging es darum, der »französischen Buhlung« etwas entgegenzusetzen.237 Doch in den letzten Lebensmonaten Friedrich Wilhelms I. gelang es der französischen Diplomatie, diesen finalen Akt des politischen Tauziehens um den preußischen König für sich zu entscheiden. Frankreich sicherte ihm als Preis für seinen Abfall vom Kaiser in einem im April 1739 abgeschlossenen Geheimvertrag einen Teil des Herzogtums Berg zu. Aus französischer Sicht ordneten sich diese Bemühungen in die generelle Strategie des Versailler Hofes zur »Intensivierung der Beziehungen zu einer ganzen Reihe von Reichsständen« ein.238 Dem Ansinnen kam zugute, dass Versailles schon seit längerer Zeit versucht hatte, seinen Einfluss am preußischen Hof zu verstärken, wovon nicht zuletzt die Bemühungen kündeten, den außenpolitischen Kurs des künftigen preußischen Herrschers im französischen Sinne zu gestalten.239 Der sich immer weiter verschlechternde Gesundheitszustand des Königs und die sich in immer kürzeren Abständen wiederholenden Krankheitsschübe, die ihn ans Bett fesselten, bildeten natürlich auch ein Politikum ersten Ranges auf der Bühne der europäischen Mächtepolitik. Da die Monarchen nun einmal die oberste Entscheidungsinstanz in außenpolitischen Fragen darstellten, musste ein bevorstehender Thronwechsel zum einen entsprechende Planspiele befördern und mahnte der nahe Tod eines Regenten zum anderen zu besonderer Zurückhaltung. Deshalb stellten Auskünfte über den Gesundheitszustand der regierenden Fürsten stets einen wichtigen Teil der Gesandtenberichte dar, so auch im Falle Friedrich Wilhelms I.

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Fazit und Ausblick Versucht man eine Bilanz der außenpolitischen Vorstellungen und der Regierungspraxis Friedrich Wilhelms I. zu ziehen, fällt der Befund recht ambivalent aus. Trotz einer uns immer wieder begegnenden Unstetigkeit und einiger Kurswechsel zeichnete sich doch eine gewisse Linie ab: Sie war geprägt durch eine »große außenpolitische Zurückhaltung«, die sich in seinem Zögern widerspiegelte, rasche Zusagen zu geben und Entscheidungen zu fällen.240 Zwar ist es sicher zutreffend, dass die außenpolitische Gesamtlage in den 1720er und 1730er Jahren eine solche Politik begünstigte. Europa war in eine Periode eingetreten, in der die tonangebenden Mächte bemüht waren, ihre Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen. Diese Konstellation, die quasi »als Rahmenlage für den inneren Staatsausbau Preußens bis 1740/41« zu berücksichtigen ist, kam dem politischen Stil des preußischen Königs entgegen.241 Gleichwohl sollte nicht übersehen werden, dass es durchaus eine Reihe von Möglichkeiten für Friedrich Wilhelm I. gegeben hätte, sich an militärischen Konflikten zu beteiligen und mit seiner zunehmend mit Respekt angesehenen Armee sowohl während der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges als auch auf den Schlachtfeldern des Polnischen Thronfolgekrieges Ruhm zu ernten. Ein »Mangel an Gelegenheit«, um in kriegerischen Auseinandersetzungen Ruhm und Prestige für sich und sein Königreich zu erwerben, bestand also wahrlich nicht.242 Die Scheu, sich in größere Abenteuer, gar in verlustreiche Kriege einzulassen, steht in einem auffälligen Gegensatz zu seinen Bemühungen der militärischen Aufrüstung. Dies hat gelegentlich Erstaunen hervorgerufen, und mitunter schoss eine historisch nicht immer kundige Preußenkritik über das Ziel hinaus, wenn sie Friedrich Wilhelm I. aufgrund seiner großen Affinität zum militärischen Metier eine besondere Aggressivität nachsagen wollte. Aber ausgerechnet jener Monarch, den die Nachwelt mit dem Beinamen »Soldatenkönig« versehen hat, muss in der Tat als der wohl friedfertigste preußische Herrscher des Ancien Régime angesehen werden, zumindest wenn man die Häufigkeit und Intensität der Beteiligung seiner Armee an kriegerischen Konflikten als Maßstab zugrunde legt. Die Motive für diese Haltung liegen in mehreren Ursa�������������������

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chen begründet: Wir konnten bei unserem Gang durch die preußische Außenpolitik immer wieder Zeuge davon werden, dass der König trotz verbaler Ausfälle und manchmal auch mimosenhafter Attitüden letztlich doch an einer defensiven Grundhaltung festhielt. Das sprach sich freilich auch an den Höfen der anderen europäischen Mächte herum, die diesen zunächst etwas befremdlich wirkenden Politikstil zunehmend einkalkulierten. Der französische Gesandte Rottembourg berichtete zum Beispiel 1716 nach Versailles, dass Friedrich Wilhelm I. zwar einen gewissen machtpolitischen Ehrgeiz aufbringe, die Sorge um militärischen Ruhm dabei allerdings zurücktrete, weil ein solcher zu viele Soldaten kosten würde.243 Erinnert sei an dieser Stelle auch noch einmal an die bereits zitierte Bewertung des kaiserlichen Gesandten über den Realitätsgehalt einer 1738 vom preußischen König erwogenen Militäraktion gegen Jülich-Berg: Die Vorkehrungen würde Friedrich Wilhelm I. nur treffen, um hier »die lauthe sprache zu führen«.244 Sicher ist es zutreffend, dass sich Friedrich Wilhelm I. auf dem Gebiet der Diplomatie von allen politischen Feldern, die er zu behandeln hatte, am unwohlsten fühlte. Er selbst hat das zuweilen freimütig bekannt. Allerdings darf dieser Eindruck auch nicht überzeichnet werden. Dass man ihn nach Meinung eines englischen Diplomaten auf dem diplomatischen Parkett »wie einen Dantzbärn« herumführen könne, stellt zwar ein originelles Bonmot dar, wird seinem außenpolitischen Wirken aber nicht voll gerecht.245 Erinnert sei noch einmal an den Hinweis auf seine gelegentliche persönliche Präsenz bei den Beratungen der für die Außenpolitik zuständigen Minister. Diese agierten – mit ihrem König gemeinsam – genauso professionell und bedienten sich der gleichen Finessen wie die anderen Akteure im europäischen Mächtetheater. Der englische König Georg II. fühlte sich zum Beispiel 1733 bemüßigt, den Kaiser darauf hinzuweisen, dass »auf des Königs in Preußen worth, und sistema nicht zu bauen seye, welches der Kays. Hoff allschon selbsten genüglich erfahren hätte, und annoch erfahren würde«.246 Wenn man denn Vorwürfe in Richtung einer geringeren außenpolitischen Kompetenz des preußischen Königs erheben möchte, dann müssten diese wohl vor allem auf seine auch hier zu beobachtende Sparsamkeit und Ungeduld, in geringerem Maße auch eine gewisse Leichtgläubigkeit zielen. 368

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Es ist vorgeführt worden, dass er mehr als einmal seine für die Außenpolitik zuständigen Minister in Schwierigkeiten brachte, weil er sich weigerte, finanzielle Ressourcen für die Ausstattung der diplomatischen Vertretungen in ausreichender Höhe bereitzustellen. Und auch seine notorische Ungeduld wirkte sich manchmal nachteilig auf das diplomatische Tagesgeschäft aus: Ungeachtet der zu beobachtenden Gewohnheit, dass der König es mitunter gar nicht abwarten konnte, dass ein einlaufender Bericht dechiffriert wurde – man fühlt beim Lesen seiner eigenhändig gesetzten Randbemerkungen »citto dechiffe!« förmlich die Hast –, oder dass er bei der Kenntnisnahme einer von ihm als unbefriedigend angesehenen außenpolitischen Entwicklung oftmals aufbrauste und zunächst »seine erste Hitze evitiert«, neigte er letztlich dann doch zu vorsichtigen Entschlüssen.247 Das hing auch damit zusammen, dass er sich, im Gegensatz zu einigen anderen Materien, in außenpolitischen Fragen dem Expertenrat zumeist nicht verschloss. Gerade weil er auf jenem Feld »leicht beeinflußbar« zu sein schien, eröffneten sich dem Personal in seinem unmittelbaren Umfeld Chancen – im Guten wie im Schlechten.248 Damit in Verbindung stand des Öfteren der an den anderen europäischen Höfen kolportierte Eindruck eines Widerspruchs zwischen der hochgerüsteten Armee und der – zumindest auf dem Terrain des »Theatrum Europaeum« geübten – außenpolitischen Zurückhaltung Friedrich Wilhelms I., ja der fast schon als Scheu zu umschreibenden Haltung, sich auf Projekte einzulassen. Es fiel deshalb nach dem Urteil einiger Diplomaten angesichts seiner Unberechenbarkeit, die aber nicht mit politischem Abenteurertum gleichzusetzen sei, schwer, Preußen in eines der diplomatischen Planspiele einzubinden. Denn wie an einigen Vorgängen gezeigt wurde, waren die europäischen Großmächte sehr wohl an einer Einbindung Preußens in ihre außenpolitische Strategie interessiert. Von daher wirkt das Urteil, dass die Hohenzollernmonarchie in der Diplomatie »bis 1740 ein weitgehend ungenutztes Potential« gebildet hätte, revisionsbedürftig.249 Vor allem konnte man in den europäischen Kabinetten ungeachtet der auch der preußischen Diplomatie innewohnenden Winkelzüge auf eine Konstante bauen: die absolute Priorität, die Friedrich Wilhelm I. der JülichBerg-Frage zumaß. Dadurch war er auf gewisse Weise eben doch berechenbar. �������������������

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Obgleich das militärische Reservoir bis zum Ende der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. weiter im Wachsen begriffen war, schien nun zunehmend eine »Stagnation der preußischen Bedeutung« wahrgenommen zu werden.250 Man konnte sich schlichtweg nicht erklären, »wie ein Fürst, der bei jedem Atemzug und in jedem Traum sich mit nichts anderem beschäftige als mit Truppen, dem es außerdem gelungen sei, die schönste Armee Europas zu besitzen, alle Zeughäuser gefüllt zu haben … so zurückhaltend sei, wenn es sich darum handele, diese Truppen einzusetzen«.251 Auch mit dieser sich in den 1720er und 1730er Jahren durchsetzenden Wahrnehmung Preußens wird man die große Überraschung und das Erschrecken an den europäischen Höfen erklären können, als der junge preußische König Friedrich II. wenige Monate nach seinem Regierungsantritt im Dezember 1740 in Schlesien einmarschierte und damit den Österreichischen Erbfolgekrieg eröffnete. Der damit verbundene politische Stilbruch war für viele damalige Beobachter immens. Nichtsdestotrotz blieb den hellsichtigen Zeitgenossen nicht verborgen, dass schon der Staat Friedrich Wilhelms I. an »allen Angelegenheiten des Reiches und des Nordens Europas … ein eigenes Interesse« hatte und dass »mehr als 90.000 Mann gut ausgewählter, wohldisziplinierter und ausgerüsteter Truppen … ihn zu einer furchterregenden Macht werden lassen« könnten.252 Eine Macht, von der aber der König fast keinen Gebrauch machte. Von daher gewinnt der einst von Volker Press gewählte metaphorische Vergleich Preußens zur Zeit Friedrich Wilhelms I. mit einem »schlafenden Riesen« eine gewisse Plausibilität.253 Zu Recht wurde und wird auch die religiös-moralische Begründung der Politik dieses Königs als Erklärung für den dezidiert defensiven Grundzug dessen außenpolitischen Kurses angesehen. In unseren Betrachtungen zur Religiosität und Konfessionspolitik Friedrich Wilhelms ist gezeigt worden, welch hohen Stellenwert solche Werthaltungen für ihn einnahmen. Als quellenmäßiger Hauptbeleg gelten hierfür seine vergleichsweise ausführlich gehaltenen Passagen in der 1722 verfassten »Instruktion« für seinen Nachfolger. Inständig mahnte er darin den Thronerben: »Bettet zu Gott und fanget niemahlen ein ungerechten Krig an« – eine Forderung, die an anderer Stelle nochmals variiert und wiederholt wurde. Wenn man stets eingedenk sei, dass »Gott die ungerechte Krige verbohten«, müsse ein Herrscher bei Zuwiderhandeln mit 370

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dem scharfen »Gottes gericht« rechnen. Als warnende Exempel führte er die im Extremfall bis zum zeitweiligen Verlust von Krone und Land führenden Schicksale seiner Standeskollegen, Augusts des Starken und des bayerischen Kurfürsten Max II. Emanuel, an.254

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10. Der König und das Reich Preußens Part beschränkte sich freilich nicht allein auf die eines Staates im europäischen Machtgefüge. Deshalb galten für Friedrich Wilhelm I. nicht nur die Monarchen von Schweden, Russland, Frankreich oder Großbritannien als vornehmliche Bezugspersonen innerhalb der europäischen Hochadelsgesellschaft. Die spätere Entwicklung Preußens zur europäischen Großmacht hat auf die ältere Forschung eine derart faszinierende Wirkung ausgeübt, dass die Einbindung des Hohenzollernstaates in einen weiteren Rahmen häufig außer Acht blieb oder zumindest marginalisiert wurde – gemeint ist das Heilige Römische Reich Deutscher Nation.1 Bekanntlich genoss das Alte Reich vor dem gestrengen Blick der preußisch-deutschen Historiographie der zweiten Hälfte des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts kein allzu hohes Ansehen. Den »kleindeutschen Geschichtsbaumeistern«, wie ein dieser Schule kritisch gegenüberstehender Zeitgenosse die borussischen Historiker recht zutreffend etikettiert hat, verschloss sich zumeist die Welt des Alten Reiches samt den sie prägenden Wertvorstellungen.2 Seitdem war – zum Teil bis in die jüngere Vergangenheit – von der Lethargie, dem Erlahmen, Absterben oder gar der Totenstarre des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nach 1648 die Rede.3 In den letzten 40 Jahren hat die Forschung allerdings erhebliche Korrekturen an diesem Zerrbild vornehmen und in vielen quellengesättigten Detailstudien belegen können, dass jenes Reich besser war als sein Ruf.4 Dass demnach die Haltung Friedrich Wilhelms I. zum Reich ebenfalls eine größere Aufmerksamkeit erheischen darf, liegt zunächst in der ganz einfachen Tatsache begründet, dass er eben nicht nur »König in Preußen«, sondern auch Kurfürst von Brandenburg, Herzog von Kleve, Fürst von Minden, Herzog von Magdeburg, Graf von Ravensberg, Lingen und Tecklenburg etc. war und damit in mehrfacher Hinsicht dem Reichsfürstenstand angehörte. Die für etliche in seinem Namen ausgestellte 372

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hochoffizielle Dokumente erforderliche lange Auflistung seiner Titel, an der auch während seiner Regierungszeit festgehalten wurde, kündet davon. Dadurch verfügten die brandenburgisch-preußischen Landesherren neben ihrem Sitz im Kurfürstenkolleg zusätzlich über mehrere Stimmen auf der sogenannten Fürstenbank des Reichstages. Vor allem dank der nach 1648 den Hohenzollern zufallenden territorialen Gewinne konnten diese mit den ehemaligen Stiftsterritorien der Bistümer Minden und Halberstadt sowie des Erzbistums Magdeburg auch Stimmen von der sogenannten »geistlichen Fürstenbank« des Reichstages gewinnen und einen entsprechend größeren Einfluss ausüben. Doch die eigentlich auf der Hand liegende Tatsache der Einbindung der brandenburgisch-preußischen Landesherren in das politische System des Reiches hätte aus der Sicht der älteren Preußen-Historiographie ja zu dem Eingeständnis führen müssen, dass sich ihr vornehmlich im mächtepolitisch-europäischen Bezugsrahmen liegendes Aktionsfeld enger als angenommen gestaltet haben würde. Aber dieser selbstverständlich erscheinende Tatbestand ist als kaum für beachtenswert empfunden worden. So hat die borussische Forschung das Alte Reich als verfassungsloses, geradezu anarchisches Gebilde beschrieben, in dem der Wille der Landesfürsten »in schrankenloser Willkür« waltete und sich »die alte längst schon brüchige Reichsverfassung … zu einer häßlichen Lüge« entwickelt hatte.5 Auch wenn sich diese Sicht lange Zeit als sehr wirkmächtig erwiesen hat – sie bleibt dennoch eine Legende. Und wie im Folgenden zu zeigen sein wird, bekam gerade ein scheinbar so martialisch auftretender Monarch wie Friedrich Wilhelm I. ziemlich häufig und mitunter sehr deutlich die Grenzen aufgezeigt, die ihm das Reich mit seinen Institutionen und seinem Prozedere setzte. In Anerkennung von deren Bedeutung versuchten der König und seine Berater durchaus, dieses in die politische Agenda einzubinden und – wenn möglich – für eigene Ziele zu instrumentalisieren. Bevor wir uns der Rolle des Reiches innerhalb der Gesamtpolitik Friedrich Wilhelms I. zuwenden, muss zunächst ein wenig Verwaltungsbzw. Institutionengeschichte betrieben werden. Dies kann zugestandenermaßen mitunter etwas ermüdend wirken, dennoch ist ein solcher Exkurs für das bessere Verständnis der folgenden Darlegungen erforderlich.

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Die Wahrnehmung des Kaisertums durch Friedrich Wilhelm I. Zuvorderst gerät hier natürlich der Kaiser in den Blick, der in seiner Person die Spitze des Reiches verkörperte. Sicher ist es zutreffend, dass der Kaiser eine Reihe von politischen Entscheidungen wie die Verabschiedung von Reichsgesetzen, die Verhängung einer Reichsacht oder die Erklärung eines Reichskrieges nur mit Zustimmung der im Reichstag repräsentierten Reichsstände, vor allem der Reichsfürsten, fällen konnte und damit im Gegensatz zu einigen anderen europäischen Monarchen Beschränkungen in seinem Spielraum hinnehmen musste. Doch selbst wenn man geneigt ist, die realen Kompetenzen des Reichsoberhauptes nicht allzu hoch einzuschätzen, was lange Zeit den Grundtenor bei der Beschreibung des Funktionierens des Alten Reiches nach 1648 gebildet hat, stellte allein schon die Jahrtausende alte Tradition des Kaisertitels ein Gewicht dar, das kaum gegen die vermeintliche politische Bedeutungslosigkeit dieses Amtes aufzurechnen wäre. Deshalb hielt man auch bis in die uns interessierende Zeit an dem durch schriftliche Fixierung und Gewohnheitsrecht begründeten Zeremoniell von Königswahl und -krönung fest, das in der Goldenen Bulle seinen vornehmsten Bezugspunkt gefunden hatte. Dass das Kaiseramt am Berliner Hof hoch geschätzt wurde, belegen Gedankenspiele, die dort kurze Zeit nach der preußischen Königskrönung von 1701 kursierten. Demnach wäre es im Falle einer dynastischen Krise im Hause Habsburg »fast notwendig« darauf hinausgelaufen, dass der preußische König als Kandidat für das Kaiseramt infrage gekommen wäre.6 Auch Friedrich Wilhelm I. zeigte sich von der Magnifizenz des Kaisertums tief beeindruckt, ja man sah bei ihm gar eine »ehrenwerte Anhänglichkeit an die überlieferten Formen des alten Reiches und die Autorität des Kaisers« und würdigte ihn als denjenigen preußischen Regenten, der »am freundlichsten gegen Oesterreich gesinnt gewesen« sei.7 Erinnern wir uns an die Inhalte der verfassungsgeschichtlichen und staatenkundlichen Unterweisung des jungen Friedrich Wilhelm, erscheint dieser wenn auch etwas überzeichnete Eindruck durchaus plausibel. Gerade die als Bestandteil seines Lateinunterrichts betriebene intensive Lektüre der Biographien der antiken römischen Kaiser dürfte die Ehrfurcht des preußischen Kronprin374

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zen und jungen Königs vor dem Inhaber der römisch-deutschen Kaiserkrone als dem im Sinne der Translatio-Imperii-Lehre einzig würdigen Rechtsnachfolger der römischen Imperatoren befördert haben. Und auch einige Begebenheiten seines späteren Lebens bestätigen das Interesse am Reich und seinen Traditionen. Zwei Stationen seiner im Sommer 1730 absolvierten Reise durch einige süddeutsche Lande bildeten die Reichsstädte Nürnberg und Frankfurt am Main. In Nürnberg besichtigte er die Burg und die St.-Egidien-Kirche, in der seit dem 15. Jahrhundert die Reichskleinodien aufbewahrt wurden. Zum Abschluss des Besuches ist laut Nürnberger Quellen dem König und dem Kronprinzen »der völlige kayserl. Ornat samt den reliquien gezeigt worden«.8 Und in Frankfurt besuchte der König zweieinhalb Wochen später »unter dem Zulauf von Tausenden« den Römer und »sah dort im Kaisersaal die Goldene Bulle«.9 Des Weiteren stand dem Kaiser eine Reihe von sogenannten »Reservatrechten« zu, die für die Hochadelsgesellschaft des Reiches kaum zu unterschätzen waren. Schließlich verstand sich das Heilige Römische Reich des 18. Jahrhunderts immer noch als das, was es seit den hochmittelalterlichen Jahrhunderten war: ein Lehnsverband, und dieses »Lehnswesen bildete eine der ältesten Schichten der Reichsordnung«.10 Daran sollte sich bis zum Ende des Alten Reiches von 1806 auch nichts ändern, mehr noch: Ein Blick auf die zeitgenössische rechtshistorische Literatur legt den Schluss nahe, dass das mit dem Lehnsrecht zusammenhängende Prozedere in den letzten anderthalb Jahrhunderten des Bestehens des Alten Reiches sogar noch weiter perfektioniert wurde und einen wichtigen Faktor bei der Festigung der kaiserlichen Autorität bildete.11 Somit kann das Lehnswesen nach profundem Urteil auch für das 18. Jahrhundert unvermindert als eine der »Grundsäulen« des Alten Reiches gelten.12 Dieser kaum wegzudiskutierende Fakt wurde aber lange Zeit seitens der älteren Forschung weitgehend ignoriert, was zu gravierenden Fehleinschätzungen geführt hat. Friedrich Wilhelm I. hatte es während seiner gesamten Regierungszeit mit nur einem Inhaber des Kaiseramtes – dem 1711 gewählten Habsburger Karl VI. – zu tun, der im selben Schicksalsjahr 1740, fast fünf Monate nach ihm, starb. Wie bereits erwähnt, brachte der König durchaus Respekt vor der Autorität und dem Rang des Kaisers auf, und das war gewiss nicht inszeniert. Mehr noch: Er warb sowohl während seines 10. Der König und das Reich

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Aufenthaltes in dem 1730 von August dem Starken ausgerichteten Zeithainer Lager als auch auf seiner im selben Jahr durchgeführten Reise durch einige Reichsterritorien für die vom Kaiser mit so viel Verve verfolgte Pragmatische Sanktion, die die Erbfolge seiner ältesten Tochter Maria Theresia absichern sollte.13 Während eines auf dieser Reise absolvierten Treffens mit dem pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp in Mannheim stieß der König mit »Vivat Germania« auf die Gesundheit des Kurfürsten an und »setzte hinzu, daß wer es nicht herzlich gut mit dem Kaiser und Vaterland meinte, den Namen von deutschen Fürsten nicht verdiente«.14 Vor allem dank dieses Einsatzes des Preußenkönigs konnte die Pragmatische Sanktion dann vom Reichstag Anfang 1732, gegen die Stimmen lediglich Bayerns und Kursachsens, sanktioniert und als Reichsgesetz verabschiedet werden.15 Begegnet sind sich beide Monarchen noch im selben Jahr. Neben einem Anfang Juni in Kladrup arrangierten Treffen kam es im August inkognito auch noch in Prag zu einer Begegnung zwischen dem Kaiser und dem preußischen König.16 Gegenüber Seckendorff bekundete Friedrich Wilhelm schon vorab sein »Vergnügen über die bevorstehende Zusammenkunft mit Ihro Kaiserl. Majestäten«.17 Ob die Behauptung zutrifft, dass Friedrich Wilhelm I. bei diesem Anlass »aus Liebe zum angestammten Haupt des Heiligen Römischen Reiches sogar öffentlich geweint haben« soll18, entzieht sich genauerer Prüfung, aber nach eigenem Bekunden scheint sein Besuch in Prag – »ich habe mein dage nit eine schöner staht gesehen« – einen sichtlichen Eindruck bei ihm hinterlassen zu haben. Gegenüber dem Fürsten von Anhalt-Dessau bekundete er, »der keiser und die keiserin sein liebhabenwerte leutte«.19 Allerdings hielt sich der politische Wert des Treffens für Preußen in Grenzen. Vielmehr soll man sich im Umfeld des Kaisers über den etwas »einfältigen Soldatenkönig« lustig gemacht haben.20 Doch misstrauisch wie dieser war, hinterließ die Zusammenkunft durchaus auch bei ihm einen ambivalenten Eindruck.21 Von ihrem Naturell her unterschieden sich diese beiden Herrscher nur auf den ersten Blick stark voneinander. Zwar zeichnete den Habsburger ein sehr auf würdevolle Zurückhaltung ausgerichtetes grandezzahaftes Auftreten aus, wesentlich geprägt durch einen längeren Aufenthalt in Spanien mit seinem steifen Hofzeremoniell, wo er das Erbe seiner Dy376

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nastie gegen die Ansprüche der Bourbonen hätte antreten sollen. Damit schien er eher das Gegenbild zu seinem preußischen Standesgenossen zu verkörpern. Dennoch eignete auch Karl VI. jener Hang zur Sparsamkeit, den man dem preußischen König unter seinen gekrönten Zeitgenossen fast als Alleinstellungsmerkmal hat zuerkennen wollen. Gleich zu Beginn seiner Regierungstätigkeit als Kaiser hatte er noch von Spanien aus verfügt, »die Hofkammer solle einschneidende Sparmaßnahmen ergreifen«, was zu einer erheblichen Reduzierung der Zahl der Hofmusiker und Hofjäger führte.22 Angesichts der zu seiner eigenen fast parallel verlaufenden Regierungszeit Kaiser Karls VI. konnte Friedrich Wilhelm I. nie an der Wahl eines Reichsoberhauptes in seiner Eigenschaft als einer der neun Kurfürsten teilnehmen.23 Wohl aber war er verpflichtet, seine Reichslehen offiziell am Kaiserhof in Empfang zu nehmen. Zwar war es schon seit Langem nicht mehr üblich, dass die Reichsfürsten dazu persönlich in der Hofburg erschienen, doch wollte man insofern an der Huldigungszeremonie als Rechtsakt festhalten, als sich diese Fürsten verpflichteten, eine persönliche Entschuldigung ihres Fernbleibens vorzubringen und einen hochrangigen Vertreter an den Kaiserhof zu entsenden. Ähnlich wie im diplomatischen Protokoll ein Ambassadeur in seiner Person seinen Monarchen verkörperte und die diesem zustehenden Ehrerbietungen stellvertretend erwarten durfte, hielt man mit dem in der Wiener Hofburg anstelle des Fürsten zum Lehensempfang erscheinenden Sondergesandten an der »Fiktion der Realpräsenz der Fürsten« fest.24 Der diese Gepflogenheiten zunächst gering schätzende junge preußische König glaubte sich darüber hinwegsetzen zu können und wollte auf eine förmliche Entschuldigung anlässlich seines Lehnsempfangs verzichten. Jedoch wurde ihm von seinem Gesandten, der die am Kaiserhof gängige Praxis bestens kannte, sehr schnell deutlich gemacht, welche Komplikationen er damit heraufbeschwören würde – und nicht nur vonseiten des Reichsoberhauptes. Denn Friedrich Wilhelm I. konnte sich kaum dem Argument verschließen, dass ein Beharren auf seiner Position unangenehme Weiterungen im Verhältnis zu seinen königlichen Standesgenossen nach sich ziehen würde. Schließlich komme selbst der polnische König August II. (»der Starke«) als sächsischer Kurfürst dieser Entschuldigungspflicht beim Lehnsempfang nach. Außerdem hatte Friedrich Wilhelm 10. Der König und das Reich

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als Kronprinz zumindest mittelbar erfahren können, dass man dem noch relativ jungen Königreich solche zeremoniellen Alleingänge nicht ohne Weiteres durchgehen ließ. Einige Monate später revidierte der preußische König seine ursprüngliche Haltung, schärfte jedoch seinem Gesandten ein, peinlich darauf zu achten, dass er »nicht schlechter oder verächtlicher alß die Königlich Englische und Königlich Pollnische Gevollmächtigte« behandelt werde.25 Dieses Insistieren auf scheinbaren Bagatellen, verbunden mit einer Politik der »kleinen Nadelstiche« gegenüber dem Kaiserhof, setzte sich auch in den folgenden Jahren fort und widerlegt aus dieser Perspektive zugleich die Annahme, dass der preußische Monarch zeremonielle Fragen als überflüssigen Ballast betrachtet hätte. Vielmehr konnte das scheinbare Ignorieren solcher Normen selbst als subtiles Instrument in den Bemühungen um Aufwertung eingesetzt werden. Als besonderen Affront wertete man am Kaiserhof zum Beispiel das Vorhaben Friedrich Wilhelms I., die an ihn gerichteten kaiserlichen Schreiben künftig nicht mehr persönlich beantworten zu wollen. Bereits diese knapp geschilderten Begebenheiten deuten an, dass das Verhältnis Preußens zum Kaiser seit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms von mehr Spannungen als vordem geprägt war. Daran änderten auch die des Öfteren dem Kaiser gegebenen vollmundigen Beteuerungen des Königs nichts, dass »Ich an Ihro und dem Reich nicht weniger durch einen aufrichtigen Trieb Meines Hertzens und Gemüts als durch die wegen meiner ReichsLande Ihro und dem Reich zutragende Schuldigkeit fest und unverbrüchlich attachiret bin«, und wenige Wochen später bekundete er gegenüber Karl VI. in einem Brief: »E.K.M. können festiglich versichert seyn, daß Ich es treu und redlich mit Ihro und dem Reich meine«.26 Die einerseits gezeigte Ehrerbietung des preußischen Königs gegenüber dem Kaiser und die andererseits von Preußen ausgehenden Bemühungen um eine Aufwertung bildeten indes nur scheinbar einen Widerspruch. So wurde das im Übrigen auch von den kaiserlichen Ratgebern gesehen. Erinnert sei an die bereits im ersten Regierungsjahr des neuen preußischen Königs geäußerten düsteren Vorhersagen des Reichsvizekanzlers Schönborn, wonach »Preußen … gleichsamb ahn seinem ziel und zweck [stünde], durchgehends arglistig in worten, meisterlich in werken … mitthihn das gantze spiel gleichsamb mehr als der kaiser in seine handt zu bringen«.27 Schönborn war es auch, der in den 378

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Folgejahren immer wieder seine mahnende Stimme erhob und demzufolge aus Berliner Sicht als diejenige Persönlichkeit im Umfeld des Kaisers ausgemacht wurde, deren Einfluss am stärksten die antipreußischen Ressentiments in der Hofburg beflügelte. Sichtlich aufgebracht über die wiederholten Provokationen des Preußenkönigs gegenüber dem Kaiserhof unterbreitete der Reichsvizekanzler dem preußischen Gesandten 1721 den radikal anmutenden und wohl eher sarkastisch gemeinten Vorschlag, dass Friedrich Wilhelm I. doch seine Reichsstandschaft aufkündigen könne, wenn er nicht länger gewillt sei, sich dem Kaiser und der Reichsverfassung unterzuordnen.28

Vermintes Gelände. Der König und die Reichsgerichtsbarkeit Neben dem Kaiserhof und dem seit 1663 permanent in Regensburg tagenden Reichstag, gewissermaßen als »Bühne des Reiches«, müssen bei unserer Tour d’Horizon durch das politische System des Reiches die beiden höchsten Reichsgerichte, also das seit 1689 in Wetzlar angesessene Reichskammergericht und der im Laufe der Zeit bedeutender werdende und in Wien tagende kaiserliche Reichshofrat, in den Blick genommen werden. Dies vergegenwärtigt die Tatsache, dass das Alte Reich von den Zeitgenossen vorwiegend als Rechtsverband angesehen und gewürdigt wurde. Es wies einen für damalige Verhältnisse recht hohen Grad an Verrechtlichung auf, was durchaus mit einer gewissen Schwerfälligkeit bei dem Zustandekommen und der Durchsetzung politischer Entscheidungen einhergehen konnte. Die filigrane Struktur des aus mehr als 300 Einzelterritorien unterschiedlichster Größe und politischer Bedeutung bestehenden Reichssystems erforderte ein halbwegs ausgefeiltes Prozedere, um eine gewisse Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Funktionsfähigkeit bedeutete aus der Sicht der – vor allem mindermächtigen – Reichsstände zuvörderst eine Mindestgarantie an Rechtsschutz. Aus dieser Perspektive galten gerade solche Kompetenzen des in der Wiener Hofburg tagenden Reichshofrates als bedeutsam, die mit der Behandlung von Verfahren wegen Landfriedensbruchs in Verbindung standen. Damit hatte dieses Gericht die Chance, »das Recht der Landstände vor dem Zugriff der großen Landesherren« zu schützen.29 Es waren gerade jene Funktion des inneren 10. Der König und das Reich

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Friedensschutzes und die »strukturelle Nichtangriffsfähigkeit« des Reiches nach außen, die jenes nur sehr bedingt als »Staat« zu charakterisierende Gebilde so attraktiv aus der Perspektive seiner Bewohner und seiner Nachbarn machten.30 Die gegenseitige Rezeption von Landes- und Reichsrecht hat ebenso diese Entwicklung befördert wie die Tatsache, dass Juristen aus den einzelnen Reichsterritorien als Assessoren in das Reichskammergericht berufen werden konnten. Interessant erscheint dabei die Tatsache, dass die über die sogenannte »Kurpräsentation« von Brandenburg-Preußen als Kandidaten für das Reichskammergericht vorgeschlagenen und introduzierten Juristen während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fast ausnahmslos aus solchen erst im 17. Jahrhundert von den Hohenzollern erworbenen Territorien wie Minden, Ravensberg oder Magdeburg stammten. Und auch jene Kandidaten, die durch die Reichskreise vorgeschlagen wurden (und an deren Auswahl der preußische König infolge des Besitzes von Gebieten im Obersächsischen, Niedersächsischen und Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis beteiligt war), rekrutierten sich mehrheitlich aus den genannten »neuen« Territorien. Diese Berufungspolitik kann damit zum einen als Teil der Integrationsbemühungen gegenüber jenen Gebieten angesehen werden. Zum anderen mussten die brandenburgisch-preußischen Landesherren auch selbst ein Interesse daran haben, dass »das Partikularrecht der neuerworbenen Gebiete durch landeskundige Assessoren in der Rechtsprechung des Reichkammergerichts zur Geltung kam«.31 Mit Blick auf das Agieren Friedrich Wilhelms I. innerhalb der Reichspolitik kommt aber nun vor allem der Reichshofrat ins Spiel. Vor allem deshalb, weil die von diesem Gericht beschlossenen »Reichsexekutionen« als sein gewissermaßen »schärfstes Schwert« nach damaligem Verständnis die Reichspolitik maßgeblich bestimmten.32 Das Gericht wurde in erster Instanz bei zwischenterritorialen Konflikten angerufen und war für Klagen gegen reichsunmittelbare Personen zuständig, und dazu zählte eben auch der preußische König in seiner Eigenschaft als Kurfürst von Brandenburg oder Herzog von Magdeburg. Zugleich fungierten beide Reichsgerichte als Appellationsinstanz, wenn Untertanen die Urteile ihrer landesherrlichen Obergerichte anfechten wollten. Da jedoch die brandenburgischen Kurfürsten im Jahre 1586 vom Kaiser ein 380

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sogenanntes unbeschränktes Appellationsprivileg (»privilegium de non appellando illimitatum«) erlangt hatten, das die Anfechtung von Urteilen an den Reichsgerichten weitestgehend untersagte, blieb den Untertanen der Mark Brandenburg dieser Rechtsweg verschlossen.33 Allerdings ließ sich das Appellationsprivileg in Ausnahmefällen umgehen, so dass die Reichsjustiz bei Rechtsverweigerung oder -verzögerung durchaus eingreifen konnte. Aber nicht diese juristischen Einspruchsmöglichkeiten gegen die Urteile seiner Landesgerichte bereiteten König Friedrich Wilhelm I. vorrangig Verdruss, sondern die Tatsache, dass in den nichtbrandenburgischen Territorien seines Gesamtstaates die beiden Reichsgerichte über einen recht großen Spielraum verfügten, auf das dortige Rechtsleben einzuwirken. Gerade in jenen preußischen Provinzen, die wie Magdeburg, Minden und Halberstadt früher zur Germania Sacra gezählt hatten und in denen aufgrund der jahrhundertelang engen Bindung an das Reich die Tradition im Rechtsleben der dortigen Landstände tief verwurzelt war, wurden diese juristischen Möglichkeiten des Reiches voll ausgeschöpft. Demzufolge war hier ein stärker ausgeprägtes Reichsbewusstsein zu beobachten.34 Und in der Tat hatten die Domkapitel von Magdeburg, Minden und Halberstadt sowie Teile der dort angesessenen landsässigen Ritterschaftsfamilien viele Appellationen sowohl an das Reichskammergericht als auch an den kaiserlichen Reichshofrat herangetragen.35 Aus mehreren Quellen scheint auf, wie lästig dem preußischen König diese Materien zunehmend wurden. Er versuchte mit mehreren Mitteln, sich dem Druck zu entziehen – sei es durch hinhaltende Taktik, durch Bestreiten der Zuständigkeit oder mit Bitte um aufschiebende Nachsicht. So bat er anlässlich der mit Schweden 1715 beginnenden Kampfhandlungen in der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges den Kaiser, ihm für die Zeit des Feldzuges einen Aufschub für alle anstehenden Reichshofratssachen zu gewähren. Da er in nächster Zeit nicht in der Residenz weilen werde, könne er auch nicht den mit diesen Angelegenheiten befassten Ministern entsprechende Anweisungen geben.36 Schon in den ersten drei Regierungsjahren Friedrich Wilhelms I. hatten sich mehrere Konflikte angehäuft, so dass der preußische Gesandte v. Metternich im Januar 1716 ein düsteres Stimmungsbild über die Haltung des Wiener Reichshofrates und der kaiserlichen Minister 10. Der König und das Reich

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Preußen gegenüber malte. Ferner sei zu beobachten, dass »der jetzige Kayser von einem solchen Gemüthe und resolution sey, daß Er das äußerste dabey aufsetzen und, wann derselbe anders nicht das werck vollführen kann, E.K.M. das gantze Reich auf den Hals ziehen werde«. Vor allem sei das Reichsoberhaupt darüber erzürnt, dass man ihm »durch die widersetzlichkeit in gerichtlichen Sachen an die Kayserl. Crone greiffen und Sie als die elendsten unter allen Fürsten vor der gantzen Welt prostituiren wolle«.37 In den folgenden Jahren verschärfte sich der Dissens eher noch. Die im März 1725 von Prinz Eugen von Savoyen vorgebrachte Beschwerde, wonach beim Reichshofrat eine solche Menge von Rechtsstreitigkeiten mit Brandenburg-Preußen anhängig sei, wie »man fast bei dem ganzen Reich nicht soviel zu thun« habe38, lässt sich durch neuere Forschungen an den Archivbeständen des Reichskammergerichts und des Reichshofrats eindrucksvoll bestätigen.39 Der preußische König hatte an dieser Eskalation gewiss keinen unerheblichen persönlichen Anteil. Bei mehreren Gelegenheiten wurde ihm bewusst bzw. war er durch seine Amtsträger darauf aufmerksam gemacht worden, dass er sich Verpflichtungen zu unterziehen hatte, die aus seiner Rolle als Reichsstand und damit als Vasall des Kaisers erwuchsen. Hier kommt noch einmal in aller Deutlichkeit der schon angesprochene Charakter des Reiches als Lehnsverband zum Tragen. Denn eine Vielzahl solcher weit in die Vergangenheit zurückführenden Lehnsverpflichtungen bestand ja auch für das Haus Brandenburg nach wie vor.40 Für diese Materien liefen die Fäden beim Wiener Reichshofrat zusammen, der zugleich als kaiserlicher Lehnhof fungierte.41 Die Kompetenzen jener Behörde umfassten gleichwohl nicht nur die reinen Belehnungsakte im sogenannten »Thron-« oder »Mannfall«, sondern schlossen überdies solche Materien ein wie die Bestätigung von Testamenten, Volljährigkeitserklärungen für minderjährige Hochadlige oder die Legitimation unehelicher Kinder. Damit bot sich eine ganze Reihe von Themen, bei denen der Kaiser und sein Reichshofrat Einwirkungsmöglichkeiten bei innerdynastischen Konflikten in den deutschen Fürstenhäusern wahrnehmen konnten – so auch im Hause Brandenburg. In besonderer Weise bekam dies Friedrich Wilhelm I. in der Auseinandersetzung mit den fränkischen Seitenlinien des Hauses Hohenzollern zu spüren. 382

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Fränkische und mecklenburgische Erbanwartschaften Schon lange vor dem Thronwechsel von 1713 hatte man sich am Berliner Hof mit Blick auf die fränkischen Markgrafschaften große Hoffnungen auf die Erbfolge in Ansbach und Bayreuth gemacht. Nach dem Tode des alten Markgrafen Georg Friedrich 1703 stand die Ansbacher Seitenlinie lediglich »auf zwei Augen«, und da auch der Bayreuther Erbprinz Georg Wilhelm damals nur eine Tochter vorweisen konnte und zudem wegen einer Verwundung gesundheitlich schwer angeschlagen war, galt ein baldiges Aussterben dieses Familienzweiges als wahrscheinlich. Nun trat aber die Kulmbacher Linie auf den Plan, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Seitenlinie des Bayreuther Familienzweiges gegründet worden war. Der preußische König Friedrich I. hatte zwar den hoch verschuldeten ältesten Kulmbacher Prinzen Christian Heinrich mit sanftem Nachdruck dazu bewegen können, gegen eine stattliche Entschädigung auf seine Erbfolgerechte zu verzichten, was 1703 in dem sogenannten »Schönberger Sukzessionsvertrag« sanktioniert wurde.42 Allerdings versuchten in den folgenden Jahren Lothar Franz und Friedrich Karl, die mächtigen Repräsentanten des Hauses Schönborn, mithilfe der jüngeren beiden Kulmbacher Prinzen die kaiserliche Zustimmung zu diesem Vertrag zu hintertreiben.43 Die Schönborner hatten als Bischöfe von Bamberg und Würzburg natürlich kein Interesse daran, in diesem Teil des Reiches einen solch mächtigen und durch weitere Territorien arrondierten Fürsten zum unmittelbaren Nachbarn zu erhalten. Doch schon kurz vor der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms I. wurden die Hoffnungen auf eine mittelfristig in Erfüllung gehende preußische Erbfolge in Ansbach-Bayreuth zunichte gemacht, als sowohl in der Ansbacher als auch in der Bayreuther Linie männliche Nachkommen geboren wurden. Überdies wurden 1713, im ersten Regierungsjahr Friedrich Wilhelms I., in einer konzertierten Aktion im Fränkischen Reichskreis die preußischen Truppen mit militärischer Gewalt aus einem zu diesem Reichskreis gehörenden Teil der Grafschaft Limburg(-Speckfeld) vertrieben.44 Auch hier hatten komplizierte lehnsrechtliche Verhältnisse eine Konfliktsituation heraufbeschworen.45 Nachweislich des Schreibens des preußischen Agenten Gottfried Mörlin vom 28. Februar 1714 an den Kaiser hatte der 10. Der König und das Reich

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bisherige Verlauf »der Limburgischen Sache« den preußischen König sehr gekränkt.46 Und es kam für Friedrich Wilhelm I. und die preußischen Interessen noch schlimmer: 1716 strengten die Markgrafen Georg Friedrich Karl und Albrecht Wolfgang von Brandenburg-Kulmbach vor dem Reichshofrat einen Prozess gegen den preußischen König an. Dieser zog sich bis 1722 und endete mit einer Niederlage Friedrich Wilhelms I., als er in dem sogenannten »Jüngeren Pactum successorium Culmbacense von Rothenburg« der Aufhebung des Schönberger Vertrages zustimmen musste.47 Friedrich Wilhelm I. wird jene Entwicklung als desavouierend empfunden haben, so erklären sich auch die in den folgenden Jahren geführten »Nachhut«-Gefechte um die Auslegung des Vertrages. Der König verlangte Entschädigungen von den beiden fränkischen Fürstentümern und eine Garantie des Vertrages durch Hessen-Kassel, Kurhannover und den Fränkischen Kreis; das wurde von kaiserlicher Seite aber als »eine Schmälerung seines oberstrichterlichen und oberstlehensherrlichen Amtes« angesehen.48 Nach zähen Verhandlungen, die nicht zuletzt gegenseitige Drohungen einschlossen, den Abschluss des Vertrages gänzlich scheitern zu lassen, fand man sich schließlich zu einem Kompromiss bereit, so dass der Kaiser das Vertragswerk 1725 bestätigen konnte. Diese Vorgänge führen nachdrücklich vor Augen, in welcher Weise der junge preußische König gerade in den ersten Regierungsjahren mit der harten Realität der Reichspolitik konfrontiert wurde. Zwar mögen die von ihrer flächenmäßigen Größe und ihren Ressourcen vergleichsweise kleinen fränkischen Territorien gemessen an den Problemen der beiden damals ausgefochtenen großen europäischen Kriege eine auf den ersten Blick nur nachrangige Bedeutung eingenommen haben. Doch Friedrich Wilhelm I. war sich bewusst, dass er eben nicht nur ein europäischer Monarch, sondern auch ein Reichsfürst war und von seinen Standesgenossen ebenso in dieser Rolle wahrgenommen wurde. Ein zu großes Nachgeben auf reichspolitischem Terrain hätte – so seine berechtigte Annahme – letztlich auch sein Renommee auf dem Schauplatz der europäischen Mächtepolitik schwächen müssen. Und deshalb dürften ihm solche Misserfolge schwer zugesetzt haben. Denn, um noch einmal die Vorgänge im Fränkischen Kreis in Erinnerung zu rufen, die Chance auf den Gewinn der fränkischen Markgraf384

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schaften wäre für den König nicht nur im Sinne einer Arrondierung des dynastischen Gesamtbesitzes und einer Stärkung der »Chef«-Rolle im Hause Hohenzollern vorteilhaft gewesen. Vielmehr hätte damit – und hier kommt wieder das komplizierte politische System ins Spiel – die Möglichkeit bestanden, in diesem Teil des Reiches den preußischen Einfluss auszubauen. Unsere Aufmerksamkeit muss dabei auf die bereits erwähnten Reichskreise gerichtet werden, die ein Resultat der im frühen 16. Jahrhundert vorangetriebenen Reichsreform bildeten, um dem schwerfällig agierenden Reichskörper mehr Effizienz zu verleihen.49 Man hatte das Reichsgebiet in zunächst sechs, später dann zehn Kreise aufgeteilt. Diese wurden also gewissermaßen als eine Art Zwischenetage in das »Gebäude« des Reiches eingebaut, also zwischen der Reichs- und der Territorialstaatsebene. Die in sporadischen Abständen zusammentretenden Reichskreistage wurden mit Räten der zum jeweiligen Kreis gehörenden Territorien beschickt. Eine wichtige Zuständigkeit dieser Kreise lag in der Durchsetzung des Rechts im Zusammenhang mit der ebenfalls im Zuge der Reichsreform etablierten Landfriedensordnung. Des Weiteren sollte mithilfe der Kreisorganisation das bislang sehr zeitaufwendige Prozedere der Erhebung von Reichssteuern erleichtert und beschleunigt werden – vor allem zur Finanzierung von Kriegen, die dem Reich aufgezwungen wurden. Die brandenburgisch-preußischen Landesherren waren mittlerweile durch die Territorialgewinne des 17. Jahrhunderts in drei Reichskreisen (Obersächsischer, Niedersächsischer und Niederrheinisch-Westfälischer) präsent. Mit der Aussicht auf den Gewinn der fränkischen Markgrafschaften hätte für den preußischen König nun die Chance einer dauerhaften Präsenz in einem weiteren, eben dem Fränkischen Reichskreis bestanden. Im Zusammenhang mit der in seinem ersten Regierungsjahr durchgeführten Militäraktion in dem zur Limburgischen Grafschaft gehörenden Gebiet waren Friedrich Wilhelm I. überdies die Vorgänge auf der Versammlung des Fränkischen Kreises übel aufgestoßen, wie aus einem Brief des preußischen Gesandten am Kaiserhof hervorgeht.50 Gerade in den süd- und westdeutschen Gebieten war das kreisständische Leben im Gegensatz zum Obersächsischen Kreis noch recht aktiv.51 Von kaiserlicher Seite wurden diese Gefahren stets im Blick behalten, wie eine Denkschrift aus dem Jahre 1715 belegt. Darin wurde 10. Der König und das Reich

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das Interesse bekundet, dass »Preußen bey bekanntlich habender großer Macht und der immerfort hegender Begierde, seine land und leuthe je länger, je weiter endlich in alle Reichs Creise zu verbreiten, verhindert werde«.52 Auch auf die Zusammensetzung des Reichskammergerichts ließ sich über die territoriale Präsenz in den Reichskreisen ein gewisser Einfluss ausüben. Infolge dieses Territorialbesitzes in mehreren Reichskreisen verfügte Kurbrandenburg über ein sogenanntes Nominationsrecht als Kreisstand, d.h., es konnte im Rahmen eines komplizierten Prozederes in Konkurrenz mit anderen Kreisständen seine Kandidaten in das Kollegium des Reichskammergerichts lancieren.53 Vergessen werden sollte des Weiteren nicht, dass die brandenburgisch-preußischen Landesherren in der Vergangenheit von den reichsrechtlichen Bindungen selbst profitiert hatten – nicht nur im Umfeld innerdynastischer Teilungskrisen wie denjenigen von 1598 oder 168854, sondern auch bei der reichsrechtlichen Absicherung von Ansprüchen, die zum Beispiel aus Erbverträgen herrührten. Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. war hier durchaus ein gewisses Potential gegeben, und der König hat es stets im Sichtfeld behalten, wie nicht zuletzt ein Blick in die »Instruktionen an meinen Nachfolger« belegt. Es war die Rede von der »Succession von Jülich und bergen, die ostfrisische expectantz, die succession auf Megcklenburg«.55 Realistisch war zur Zeit der Abfassung des Testaments hingegen nur die Möglichkeit eines Erbfalles aufgrund des Fehlens von Nachkommen im Hause der ostfriesischen Cirksena, abgesichert durch einen im Jahre 1694 geschlossenen Vertrag mit dem Kaiser. Vor diesem Hintergrund erscheint die pointierte Bemerkung Rüdiger von Ilgens in seinem kurz vor seinem Tode im Herbst 1728 verfassten »Aufsatz« über die künftigen außenpolitischen »Affairen« nachvollziehbar: »Die Mecklenburgische und Ostfriesische Lande sind ebenso important oder noch importanter als das Herzogtum Berg.«56 Jedoch starb das ostfriesische Herrscherhaus erst vier Jahre nach dem Tode Friedrich Wilhelms I. aus, so dass es dann dem Nachfolger beschieden war, Ostfriesland als neue Provinz in den Gesamtstaat zu integrieren. Dennoch bildeten, um den vom König zuletzt genannten möglichen Erbfall anzusprechen, die brisanten Entwicklungen in den mecklenburgischen Herzogtümern einen kaum zu unterschätzenden Aspekt der 386

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preußischen Reichspolitik. Zu diesem während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. aufbrechenden Konflikt gab es schon eine etwas längere Vorgeschichte57, die hier kursorischer Schilderung bedarf: Das innerdynastische Klima im Hause Mecklenburg war seit Langem durch besondere Spannungen charakterisiert, was zum einen Teil im tradierten innenpolitischen Prozedere und in der notorischen Schwäche der Landesherrschaft gegenüber den Landständen begründet lag, zum anderen Teil aber auch mit persönlichen Unzulänglichkeiten einiger der im 17. und frühen 18. Jahrhundert regierenden Herzöge erklärt werden kann. Die Auseinandersetzungen anlässlich des 1697 erfolgten Aussterbens der Güstrower Linie, die zu einem schweren Konflikt zwischen dem kaiserlichen Autoritätsanspruch und den beanspruchten Kompetenzen des zuständigen Niedersächsischen Kreises geführt hatten, boten einen Vorgeschmack auf jene dann in die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. fallenden Troublen um den mecklenburg-schwerinischen Herzog Carl Leopold. Neben Schweden und den welfischen Herzogtümern gehörte Kurbrandenburg aufgrund seines Besitzes von Magdeburg, Halberstadt und Minden zu den gewichtigeren Stimmen unter den Ständen dieses Reichskreises. Der Konflikt wurde nach anfänglicher, auch mit einer publizistischen Ausweitung verbundener Eskalation über diplomatische Kanäle mit dem Hamburger Vertrag von 1701 vorläufig beendet.58 An dieser Auseinandersetzung zeigte sich symptomatisch die enge Verbindung solcher reichsrechtlichen Implikationen mit der europäischen Mächtepolitik. Im Sinne des übergeordneten Ziels des Kronerwerbs war man am Berliner Hof zunehmend an harmonischen Beziehungen zum Kaiser interessiert und versuchte deshalb, Konflikte auf anderen Feldern der Reichspolitik zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Im ersten Regierungsjahr Friedrich Wilhelms I. trat nun Mecklenburg-Schwerin erneut in den Fokus der Reichspolitik. Die Auseinandersetzungen zwischen den mecklenburgischen Ständen und ihrem Landesherrn gingen nach dem Regierungsantritt Herzog Carl Leopolds in unverminderter Heftigkeit weiter. Während die mecklenburgische Ritterschaft schon seit Längerem politischen Rückhalt bei Kurhannover suchte, personifiziert vor allem in Gestalt des in Mecklenburg-Schwerin einige Rittergüter besitzenden hannoverschen Premierministers Andreas Gottlieb von Bernstorff, hatte sich Herzog Carl Leopold zunächst am 10. Der König und das Reich

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schwedischen König Karl XII. orientiert. Die zunehmenden Schwierigkeiten, in die der Schwedenkönig während der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges geraten war, ließen indes am Schweriner Hof andere Alternativen aufscheinen. Eine naheliegende bestand in einer Annäherung an Preußen, die insbesondere seit 1715 auch aus externer Sicht beobachtet wurde. So hatte man den eher für die mecklenburgischen Stände Partei nehmenden Kaiser gewarnt, dass, »wenn man Ducem [Herzog Carl Leopold – F.G.] zu sehr irritierte, er sein Land Regi Prussiae gleich ganz abtreten würde.«59 Sowohl in Berlin wie in Schwerin galt es, verschiedene Interessen abzuwägen und Rücksichten zu nehmen. Einer Unterstützung des mecklenburgischen Herzogs stand man in Berlin durchaus positiv gegenüber, auch wenn eine 1715 kurzzeitig von Carl Leopold erwogene Konversion zum Katholizismus das Verhältnis belastete.60 Schließlich hatte schon der 1708 abgeschlossene preußischmecklenburgische Vertrag vorgesehen, im Bedarfsfall ein preußisches Regiment »in des Herzogs Lande einrücken [zu] lassen, um Dero unruhige und ungehorsame Ritterschaft in Ordnung zu bringen«.61 Allerdings würde sich Friedrich Wilhelm I. dazu nur bereitfinden, wenn sich Carl Leopold endgültig von dem von ihm als Vorbild bewunderten Schwedenkönig lossagte und sich für die unter Russlands Führung stehende antischwedische Allianz erklärte. Den hellsichtigen Amtsträgern am Schweriner Hof war indes stets bewusst, dass die mit Selbstlosigkeit und dynastischer Solidarität begründete preußische Unterstützung ihre eigentliche Erklärung darin fand, dass »man in Berlin Mecklenburg vornehmlich als künftige Besitzung Preußens ansah, in der man schon vor der regelrechten Einverleibung, auf die man bis zum Eintritt des Erbfalls warten mußte, sich häuslich einzurichten trachtete«.62 Und in der Tat zählte Friedrich Wilhelm I., wie bei unserem Blick in die »Politische Instruction an seinen Nachfolger« schon deutlich geworden ist, die Wahrung der Sukzessionsrechte in Mecklenburg an vorderster Stelle zu den »nothwendigsten« Interessen der Dynastie.63 Durch die 1716 mit der Hochzeit der Nichte des russischen Zaren und einem Vertragsabschluss mit Peter I. ostentativ vollzogene Hinwendung Carl Leopolds zu Russland waren neue Fakten geschaffen worden, die auch die Haltung Friedrich Wilhelms I. beeinflussten. Während eines im November 1716 durchgeführten Treffens in Havelberg zwischen dem Za388

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ren und dem preußischen König sollte diese Allianz festgezurrt werden, weshalb man sich am kaiserlichen Hof »sehr bekümmert [zeigte], daß gefährliche Dinge zu Havelberg mögen concertieret sein«.64 Die Folgen dieser Absprache erwiesen sich freilich als begrenzt, wofür die divergierenden Interessenlagen beider Seiten verantwortlich waren.65 Ohne hier die Weiterungen dieses Konfliktes zu vertiefen, sei nur so viel angemerkt, dass der mecklenburg-schwerinische Herzog auf seinem harten Kurs gegen die eigene Ritterschaft beharrte und damit allen Vermittlungsmöglichkeiten den Boden entzog.66 Seine Machtbasis erodierte, als Zar Peter I. aus Gründen, die eher in der »großen Politik« zur Gestaltung der Nachkriegsordnung im Ostseeraum lagen, seine Truppen bis auf wenige Einheiten aus Mecklenburg-Schwerin abzog. Danach sah sich Carl Leopold der vollen Wucht der im Oktober 1717 verhängten Reichsexekution ausgesetzt. Betraut waren damit zunächst als Repräsentanten des Niedersächsischen Reichskreises der Kurfürst von Hannover (und britische König) und der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Friedrich Wilhelm I. sah sich hierbei übergangen. Dies verdross ihn umso mehr, als seine Dynastie infolge des Erbvertrages von 1442 schließlich sukzessionsberechtigt war, sollte das Haus Mecklenburg im Mannesstamm aussterben. Zudem hätte er auch als »Kondirektor« des Niedersächsischen Kreises in die Ausführung der Exekution einbezogen werden müssen. Das war aber bewusst verhindert worden. Sowohl in der Wiener Hofburg als auch in Hannover und Wolfenbüttel machte man sich keine Illusionen darüber, welcher Seite im mecklenburgischen Ständekampf die Sympathien des Preußenkönigs galten. Abgesehen davon, dass der Streit ihn an die 1717 ausbrechenden Auseinandersetzungen mit einem Teil seiner eigenen Ritterschaft erinnerte, wurde eine Stärkung des mecklenburgischen Adels zugleich mit einem Machtzuwachs des welfischen Rivalen gleichgesetzt. Und in der Tat hat gerade die Politik Bernstorffs dafür gesorgt, dass bei der Abstimmung englischer und kurhannoveranischer Interessen bei der Behandlung der mecklenburgischen Frage am Londoner Hof letztere das entscheidende Gewicht behielten. Und diese richteten sich vornehmlich gegen Preußen. Mit dem im Januar 1719 in Wien abgeschlossenen Geheimvertrag zwischen dem Kaiser, dem hannoveranischen und dem sächsischen Kurfürsten versicherten sich die drei Monarchen, den mit der Reichsexekution beauftragten Reichsstän10. Der König und das Reich

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den militärische Hilfe gewähren zu wollen, im Falle sie von einer anderen Macht an der Durchführung der Exekution mit Gewalt gehindert werden würden.67 Wer mit dieser anderen Macht innerhalb des Reiches gemeint war, stand allen Beteiligten klar vor Augen. Angesichts der eingetretenen Situation hielt sich der preußische König vorerst allerdings zurück. Man sehe die Exekution »mit scheelen Augen an, indem man sich genötigt findet, alles gehen zu lassen ohne sich darein zu mischen«.68

Das Verhältnis zu Kursachsen Die Einbeziehung Kursachsens in den Wiener Vertrag von 1719 kam nicht von ungefähr, handelte es sich doch dabei um einen Reichsstand, von dem man in der Wiener Hofburg glaubte, dass man mit ihm – neben Kurhannover-England – über noch ein weiteres Gegengewicht gegen die stärker werdende Macht Brandenburg-Preußen im Nordosten des Reiches verfügte. So realitätsfern das den Nachlebenden mit Blick auf den mächtepolitischen Abstieg Kursachsens in den darauffolgenden Jahrzehnten erscheinen mag, für die Zeitgenossen Friedrich Wilhelms I. war es das gewiss nicht. Das benachbarte Kursachsen hatte über eine sehr lange Zeit hinweg auf vielen Feldern ein Vorbild für das zumeist ressourcenschwache Kurbrandenburg dargestellt, das sich eher in der Rolle eines Juniorpartners wähnte.69 Und ein Teil dieser gegenseitigen Bewertungen und Urteile hielt sich bis in die ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts. Von daher besehen wirkt es kaum verwunderlich, dass dem Verhältnis zu den benachbarten albertinischen Wettinern in verschiedenen Phasen der 27-jährigen Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. eine durchaus herausgehobene Bedeutung zukam. Das natürlich auch deshalb, weil der sächsische Kurfürst – und dies bezog sich sowohl auf Friedrich August I. (»August den Starken«) als auch auf dessen seit 1733 regierenden Nachfolger Friedrich August II. – als polnischer König zugleich eine wichtige Stellung in der europäischen Mächtepolitik einnahm und das Verhältnis zum benachbarten brandenburgischen Kurfürsten nur bedingt als eines auf Augenhöhe ansah. Dies fand im Übrigen seinen Niederschlag in den gegenseitigen Bewertungen. Bezüglich der militärischen Macht des nördlichen Nachbarn hielt sich der 390

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Respekt in den ersten Regierungsjahren Friedrich Wilhelms I. im Umfeld des sächsischen Kurfürsten noch in Grenzen, auch wenn es die eine oder andere warnende Stimme schon im Vorfeld des Regierungsantritts des neuen preußischen Königs gegeben hatte.70 Dies mochte seine Erklärung auch darin gefunden haben, dass Preußen während des Spanischen Erbfolgekrieges nur als kaiserliche Auxiliarmacht und im Großen Nordischen Krieg zunächst gar nicht in Erscheinung getreten war. Der kursächsische Gesandte in Berlin, Ulrich von Suhm – er war selbst Militär –, spottete über die methodische Langsamkeit, mit der die preußischen Truppen während der Eroberung Rügens 1715 vorgingen: »Die Preußen hätten keine Lust zu beißen«.71 Damit korrespondiert auch die Reaktion während einer sich 1725 zwischen Preußen und Kursachsen kurzzeitig zuspitzenden politischen Lage. Als man am kursächsischen Hof aufgrund von einkommenden Nachrichten schon befürchten musste, dass der preußische König sich anschickte, seine Armee gegen den südlichen Nachbarn in Stellung zu bringen, wurden alsbald vom sächsischen Gesandten in Berlin beruhigende Signale nach Dresden gesandt, dass Friedrich Wilhelm I. seine »trouppens viel zu lieb haben würden, umb sie hierin [also gegen Sachsen] zu gebrauchen«.72 Es begegnet uns also wieder jene bereits im vorhergehenden Kapitel angesprochene Zurückhaltung, die man durchaus als Grundzug in der außenpolitischen Haltung des Königs ansehen kann – trotz des kurzzeitig immer wieder bei ihm aufblitzenden verbalen Säbelrasselns. Dagegen hegte Friedrich Wilhelm I. gegenüber Kursachsen großen Respekt, der sich immer wieder auch zu Argwohn ausweiten konnte. Gerade in Phasen der Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten, wie etwa im Umfeld der »Klement-Affäre«, konnte sich dies zu Obsession auswachsen. So warnte der Minister Rüdiger von Ilgen seinen König vor den Machenschaften des kursächsischen Ministers v. Manteuffel und seines Sekretärs, der »an dem Königl. Preußischen Hofe alhier zu keinem anderen ende gehalten wird, als alles, was nur möglich, von E.K.M. höchster Persohn, und was so … in allen dero Landen in Kriegs- und Civil-Sachen vorgehet …, aufs genaueste zu erfahren. … Alles, was E.K.M. bey dero Taffel und in Ihro Cammer sprechen, das überschreibet dieser Mensch.«73 Als besonders beunruhigend wurde es empfunden, dass Informationen selbst über Unterredungen mit den 10. Der König und das Reich

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Generälen weitergegeben wurden, auch wo die preußischen Regimenter stünden und »wie starck sie seyn, was vor Mouvements damit gemachet werden«. Ärgerlicherweise seien die Berichte, so fügte Ilgen warnend hinzu, »wie es scheinet, zimblich accurat«.74 Hinter diesem Misstrauen wird man auch eine beim preußischen König vorhandene Wertschätzung der kursächsischen Armee vermuten dürfen. Dankbar griff er das ihm im Frühjahr 1716 unterbreitete Angebot des kursächsisch-polnischen Feldmarschalls Graf von Flemming auf, ein sächsisches Dragonerregiment zu übernehmen. August der Starke musste es auf Druck der konföderierten polnisch-litauischen Stände aus Polen abziehen. Noch am selben Tag, als der Bericht mit diesem Angebot in der preußischen Residenz eintraf, wies Friedrich Wilhelm in einem eigenhändig verfassten Schreiben seinen Minister v. Ilgen an, die Offerte anzunehmen.75 Während einer Durchreise durch die sächsische Niederlausitz sparte er 1722 nicht mit Lob über den Ausbildungsstand einiger von ihm in Augenschein genommener sächsischer Regimenter. Dabei gestand er anerkennend zu, dass manche seiner eigenen Truppen »nit in solche ordre würde gefunden werden als die sexische«.76 Vor diesem Hintergrund ist es nur verständlich, dass das berühmte Zeithainer Lager im Jahre 1730 auf einen Monarchen wie Friedrich Wilhelm I., der sich in solch exponierter Weise mit Fragen der Strategie, Taktik, Rüstung und Heeresorganisation befasste, einen tiefen Eindruck hinterließ. Die gesamte sächsische Armee mit einer Stärke von ca. 30.000 Mann hatte sich auf einem nordwestlich von Dresden liegenden Areal zu einer der bis dato größten militärischen Schauveranstaltungen versammelt.77 Und der Gastgeber des opulenten Großmanövers, August der Starke, hatte schon während der etwa zweijährigen Vorbereitungszeit keinen Hehl aus einem der Motive dafür gemacht: Ihm gehe es darum, »dem König von Preussen gern eine schöne Armee zeigen« zu wollen.78 Dieser Zweck wurde in der Tat erfüllt. Friedrich Wilhelm I., der mit einem Gefolge von etwa 150 Personen nach Zeithain gekommen war, konnte und wollte seine Bewunderung nicht verbergen. Auch in den politischen Testamenten des preußischen und des sächsisch-polnischen Monarchen, in denen bekanntlich grundsätzliche Aussagen vor dem Hintergrund einer mehrjährigen Regierungspraxis getroffen wurden, schlug sich die divergierende Wahrnehmung nieder. Während 392

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Friedrich Wilhelm I. in der »Instruktion für seinen Nachfolger« von 1722 dem Verhältnis zu Kursachsen mehrere gesonderte Passagen widmete, behandelte das Testament Augusts des Starken die Haltung zu Brandenburg-Preußen nur im Zusammenhang mit den anderen Nachbarländern. Die Warnung »Mitt die Saxen müßet Ihr fride halten so lange sie wollen, alliancen müßet Ihr nicht mit sie machen, sie sein guht Keiserlich und sein fals wie der deuffel und wo Ihr euch nicht vorsehet bedringen sie euch« kündete von den Beobachtungen Friedrich Wilhelms I. in den ersten Regierungsjahren und dem vorherrschenden Misstrauen.79 In diese Zeilen dürften nicht zuletzt unangenehme Erfahrungen eingeflossen sein, als der Dresdner Hof durch eine Politik der kleinen Nadelstiche dem nördlichen Nachbarn den Eindruck seiner Niederrangigkeit zu vermitteln suchte. So beschwerte sich Friedrich Wilhelm I. im März 1733 darüber, dass ihm in offiziellen Schreiben aus Dresden »anstatt des prädicats Großmächtigster nur Großmächtiger in positivo gegeben worden«, obwohl in Europa allen Königen diese Anrede zustehe.80 Es offenbart sich abermals, dass der preußische König sehr wohl ein sensibles Gespür für Rang- und Zeremonialfragen aufbrachte. Angesichts des doch recht großen Respekts des preußischen Königs gegenüber seinem südlichen Nachbarn ist es nur zu verständlich, dass Friedrich Wilhelm I. beunruhigt auf Nachrichten über etwaige Vorbereitungen zu militärischen Aktionen in Kursachsen reagierte. Den Hintergrund bildeten die preußisch-sächsischen Verstimmungen aufgrund des sogenannten »Thorner Blutgerichts«, in das der sächsische Kurfürst als polnischer König involviert war, und die gegen Preußen gerichtete Positionierung Kursachsens bei einigen anhängenden Prozessen im Reichshofrat. So versetzten die im April 1725 eingehenden Nachrichten über die Einrichtung von kleineren »Campements« der kursächsischen Armee bei Wittenberg und Lübben, also relativ nahe an der brandenburgischen Grenze gelegen, den preußischen König in große Unruhe. Vom kursächsischen Gesandten Ulrich von Suhm verlangte er »positif [zu] wissen was das bedeutet«. Er forderte von Sachsen, wenn »sie aber wolten auf meine grentze campiren so möchten sie sich darüber declariren«.81 Von kursächsischer Seite musste viel Überredungskraft aufgeboten werden, um den preußischen König davon zu überzeugen, »daß Wir Sie zu attaquiren nicht im Sinn hätten«.82 Erst nach etwa zwei Wochen, 10. Der König und das Reich

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indem die kursächsischen Truppen in das Landesinnere verlegt wurden, konnte eine Beruhigung erzielt werden. In einer ähnlich undurchsichtigen Lage wähnte sich der preußische König nach dem überraschenden Ableben Augusts des Starken im Februar 1733. Während der dem Thronwechsel folgenden Wochen zeigte man sich nämlich beunruhigt von eingehenden Nachrichten über sächsische Truppenbewegungen unweit der preußischen Grenze.83 Kursachsen hatte vor dem Hintergrund der noch ungeklärten polnischen Thronfolgefrage für die Armee einen Mobilmachungsbefehl erteilt, was das Misstrauen des preußischen Königs hervorrief. »Indessen traue ich sie als die Maus die katze und habe mehr ursache bestendig in bereitschaft zu sein als iemahlen« – jene einst gegenüber dem Alten Dessauer gemachte Äußerung Friedrich Wilhelms I. deutet diese Wahrnehmung an.84 Zwar ließ der Respekt gegenüber dem militärischen Potential Kursachsens in den folgenden Jahren nach, besonders nach dem Gewahrwerden der Schwäche des neuen wettinischen Herrschers im Kampf um die polnische Thronfolge, aber zunächst dominierten Befürchtungen. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass das von August dem Starken 1730 aufwendig inszenierte Zeithainer Lager einen großen Eindruck beim preußischen König hinterlassen hatte. Es zeigt sich also, dass das preußisch-sächsische Verhältnis höchst ambivalent war und die immer wieder auftretenden Spannungen aus mehreren Ursachen resultierten. Die Gefahr einer Eskalation wuchs wohl vor allem deshalb in einem zeitweise bedrohlichen Maße an, weil die Interessen gerade auf jenen politischen Feldern kollidierten, die aus der Sicht des preußischen Königs eine vergleichsweise zentrale Bedeutung einnahmen: Militärwesen und Wirtschaft. Aufgrund der langen gemeinsamen Grenze und der vergleichsweise bevölkerungsreichen sächsischen Landschaften entwickelten die preußischen Werbekommandos besondere Begehrlichkeiten, einen Teil des Personalbedarfs aus geworbenen sächsischen Landeskindern zu rekrutieren. Mehr als 70 im Dresdner Hauptstaatsarchiv aufbewahrte Akten berichten über solche Vorgänge, die häufig nach dem gleichen Muster abliefen: Die in den grenznahen kursächsischen Landschaften entführten Männer wurden unter dem Vorwand, sie seien Deserteure oder ein »brandenburgisches Landeskind«, für die preußische Armee rekrutiert. Diese Übergriffe 394

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erreichten zeitweise ein Ausmaß, dass sie andere Themen in den bilateralen Beziehungen zwischen beiden Staaten verdrängten. Mit Unbehagen und teilweise gespieltem Unverständnis nahm man im Umfeld Friedrich Wilhelms I. wahr, dass die »animosite wieder [sic] die Preussen« so weit gehe, dass die kursächsische Regierung der Meinung sei, »sobald nun ein Kerl fort läuft …, er sey von einen Preussen verführet worden«.85 Der König zeigte sich dann offiziell zumeist sehr überrascht, wenn er von den Übergriffen seiner Werbeoffiziere auf kursächsischem Territorium erfuhr.86 Ungeachtet jener Vorwürfe ließ er August den Starken in den zu den »Kartellen« geführten Verhandlungen bitten, auch weiterhin Werbungen in seinem Territorium zu gestatten, und verband dies mit dem maliziösen Hinweis, dass August ihm ja selbst schon »große Kerls« überlassen habe. Ein weiteres Gegenargument bildete die Tatsache, dass man es schließlich auf preußischer Seite auch nicht so genau nehme, »wan gleich die sächsischen Trouppen auf unseren Grentzen einige Leute angeworben«. Die Verhandlungen über ein Desertionskartell zur wechselseitigen Auslieferung der Deserteure kamen jedenfalls immer an einen toten Punkt, weil Kursachsen darauf bestand, keine preußischen Deserteure auszuliefern, »wenn sie sächsische Landeskinder« seien.87 Auf einer etwas anderen, aber nicht minder wichtigen Ebene lagen die wirtschaftspolitischen Interessengegensätze. Natürlich war es hier schon unter den beiden Vorgängern Friedrich Wilhelms I. zu gegenseitigen Vorhaltungen gekommen – man denke nur etwa an die Veränderung der Handelswege infolge des Baues des Friedrich-Wilhelm-Kanals (des heutigen Oder-Spree-Kanals). In einer Denkschrift war August dem Starken schon kurz vor der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms I. in Erinnerung gerufen worden, dass man schon seit »vielen Jahren her wahrgenommen [habe], wie das hohe Churhaus zu Brandenburg den großen Fleiß, die Commercia zu Wasser und zu Lande an sich zu ziehen, keine vergebliche Mühe angewendet, wie der Neue Graben und die Combination der Schiffarth aus der Oder in die Spree, Havel und Elbe« unschwer belegten.88 Vor allem hatten die zollpolitischen Auseinandersetzungen hohe Wogen geschlagen.89 Der stets wohl informierte Graf Seckendorff wusste die Wiener Hofburg dahingehend zu unterrichten, dass »die Brouillerien mit Sachsen soweit kommen, daß, wo nicht von beiden 10. Der König und das Reich

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Theilen gelindere Wege eingeschlagen werden, es leicht zu Thätlichkeiten kommen dürfte«.90 Obendrein galt Kursachsen schon seit Längerem als Rivale in der Reichspolitik Preußens, weil beide unter den mitteldeutschen Kleinterritorien eine eigene Klientel zu etablieren versuchten. Auf einen besonders brisanten Vorgang in diesem Zusammenhang, das militärische Vorgehen Friedrich Wilhelms I. gegenüber Anhalt-Köthen, werden wir noch zurückkommen. Gereizt reagierte der preußische König auf ein Ende 1730 bekannt gewordenes Vorhaben des sächsischen Kurfürsten, sich als Alternative zum Kaiser, gewissermaßen als »dritte Partei«, im Reich zu profilieren. In vertraulichem Kreis artikulierte Friedrich Wilhelm I. seine Distanz zu diesem geplanten Bündnis, von dem er annehmen musste, dass in ihm Preußen zwar willkommen sein, ihm aber eben nur die Stellung eines »Juniorpartners« vorbehalten bleiben sollte. »Wollen wir den Kaiser bei Seite setzen, gut; wer soll aber das Haupt sein? Wollen sie mir zu machen? gut. Aber das wird Saxen, Hannover, Bayern nicht. Ergo wer soll das Haupt sein? Saxen? Da aber lasse mir lieber mein Land brennen.«91 Und auch in der von ihm als politische »Herzensangelegenheit« angesehenen Jülich-Bergischen Frage sah Friedrich Wilhelm stets Ungemach von sächsischer Seite heraufdräuen: So glaube man im Umfeld des preußischen Königs zu »wissen, daß Chur-Sachsen aller Orten AllianzTractate zu Behauptung der jülich- und bergischen Succession zum Nachtheil vor Preußen suchte«.92 Dass Friedrich Wilhelm I. am Ende seines Lebens trotz oder gerade wegen der nicht wenigen offenen und verdeckten Auseinandersetzungen mit den albertinischen Wettinern seinem Nachfolger die Pflege eines möglichst ausgeglichenen Verhältnisses zu Kursachsen nahelegte, wird man auf diese Erfahrungen und den Respekt zurückzuführen haben, die das Nachbarland nach wie vor in seinen Augen genoss. »So viel den Dresdenschen Hoff anbeträffe«, so der König in seiner »Letzten Ansprache« an den Kronprinzen, »müste man so viel möglich suchen mit denselben in guthen Vernehmen und Freundschafft zu leben«.93 Mit dieser im Ganzen auf ein harmonisches Verhältnis zu Kursachsen setzenden Haltung korrespondierte auch seine Position gegenüber Polen, mit dem Kursachsen ja noch bis 1763 in einer Personalunion verbunden bleiben sollte. Gelegentlichen Angeboten des russischen Zarenhofes 396

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und des Kaisers, die auf eine Teilung der Rzeczpospolita Polska zielten, hatte er sich bislang entzogen. Im Mai 1725 ließ der König den kaiserlichen Diplomaten Seckendorff wissen, dass die von ihm unterbreiteten Teilungspläne in seinen Augen »chimerique und windichte idéen« seien.94 Wie eben bereits gezeigt, berührte eines der nicht wenigen Konfliktfelder im preußisch-sächsischen Verhältnis ein, wenn nicht sogar das zentrale Thema in der Reichs- und Außenpolitik des preußischen Königs – seine Ansprüche auf die am Niederrhein gelegenen Fürstentümer Jülich und Berg. Im frühen 17. Jahrhundert war das Fürstenhaus des aufgrund seiner strategischen Lage bedeutenden und auch wirtschaftlich reichen Fürstentums Jülich ausgestorben. Unter den Erbanwärtern, die am stärksten mit ihren Ansprüchen hervortraten, konnten PfalzNeuburg (Jülich und Berg) und Kurbrandenburg (Kleve, Mark und Ravensberg) jeweils einen Teil der Territorien erwerben, ohne indes die Ansprüche auf den jeweils vorenthaltenen Teil je aufzugeben. Da sich seit den 1720er Jahren immer deutlicher abzeichnete, dass der pfälzische Kurfürst Karl Philipp keine männlichen Erben erhalten und die Erbfolge über seine Tochter auf eine weitere pfälzisch-wittelsbachische Nebenlinie – das Haus Pfalz-Sulzbach – übergehen würde, witterte Friedrich Wilhelm I. nunmehr die Chance, dieses alte Ziel brandenburgischer Hausmachtpolitik endlich umsetzen zu können. Die pfälzische Argumentation, wonach das salische Erbrecht keine Anwendung mehr finde, wurde freilich aus Berliner Sicht angefochten. Klar war den streitenden Parteien aber auch, dass letztlich der Kaiser als Oberlehnsherr des Reiches in jener Sache das letzte Wort zu sprechen habe. Und jener verfolgte als Enkel des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm natürlich eigene dynastische Interessen, abgesehen davon, dass es ihm kaum behagen würde, in diesem Teil des Reiches eine der an Stärke gewinnenden protestantischen Fürstenfamilien zu fördern. Es wurde bereits an anderer Stelle gezeigt, wie Friedrich Wilhelm I. versuchte, durch seine wechselnden Bündnisoptionen auf der Bühne des europäischen »Mächtetheaters« das Reichsoberhaupt unter Druck zu setzen. Ebenso verfolgten die immer wieder an die Adresse der Wiener Hofburg vorgetragenen Bitten, Forderungen oder auch offenen Angriffe das Ziel, ein Einlenken zu bewirken. In der Jülich-Berg-Frage verbanden 10. Der König und das Reich

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sich die Interessenlagen der Reichs- und partiell der Konfessionspolitik mit der »Großen Politik« der europäischen Kabinette – das machte ihre Lösung so kompliziert. Letztlich waren es die auf dem Parkett der europäischen Mächtepolitik getroffenen Erwägungen, die die Bemühungen des preußischen Königs in der Jülich-Berg-Frage zum Scheitern verurteilten.

Das Verhältnis zu Kurhannover Neben Sachsen(-Polen) bildete das Verhältnis zu Kurhannover – korrekterweise müsste man von Braunschweig-Lüneburg sprechen – einen wichtigen Fixpunkt in der Reichspolitik Friedrich Wilhelms I. Die aus der Personalunion mit Großbritannien resultierende Gratwanderung dieses Nachbarterritoriums zwischen dem Agieren als europäischer Großmacht und dem Verfolgen politischer Interessen als einer der bedeutenden Reichsstände prägte auch die Wahrnehmung Friedrich Wilhelms I., wie er nicht frei von einer gewissen Verbitterung kurz vor seinem Tode formuliert hat: »Wie natürlich die Freundschafft zwischen den Crohnen Engellandt undt Preußen wegen der Religion, des gemeinschafftlichen Interresse unndt andern wichtigen Motiven mehr wäre, sey männiglich bekandt, aber Engellandt qua Hannover und wegen der beständigen Jalousie und Misgunst beyder Häuser gönnte dem Königl. Churhause nicht das geringste aggrandissement«.95 In der Tat hatte sich eine ganze Reihe von Konflikten im Verhältnis zwischen beiden Kurfürstentümern angehäuft, die zum übergroßen Teil nicht erst während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. ausgebrochen waren, wohl aber nun eine Verschärfung erfahren sollten. Dazu zählte vornehmlich der Kampf um den Einfluss im nördlichen Teil des Reiches, in dem beide Landesherren über beträchtliche Territorien verfügten und daraus einen entsprechenden Gestaltungsspielraum ableiteten. Namentlich zeigte sich dies darin, dass England-Hannover und Brandenburg-Preußen in zwei der die Region damals besonders in Atem haltenden Konflikte jeweils die andere Partei unterstützten. Während Friedrich Wilhelm I. in Ostfriesland der ständischen Opposition gegen den letzten Grafen aus dem Hause Cirksena zur Seite stand, ergriff er im 398

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mecklenburgischen Ständekampf lange Zeit für den dortigen Landesherrn Partei. Dagegen stand das Haus Hannover in Ostfriesland hinter der Landesherrschaft und förderte in Mecklenburg-Schwerin die Ständeopposition. Da das in Ostfriesland regierende Fürstenhaus die preußischen Ansprüche bestritt und der Stationierung preußischer Truppen sehr kritisch gegenüberstand, lag ein Zusammengehen mit den dortigen Ständen nahe.96 Der preußische Monarch hatte – offiziell um die politische Stabilität in diesem Fürstentum im Sinne des Kaisers zu garantieren, de facto aber zur Absicherung seiner 1694 vom Kaiser gewährten Sukzessionsrechte – im Jahre 1727 für eine stärkere militärische Präsenz in Ostfriesland gesorgt, die außerdem für die Anwerbung von »schönen« Rekruten für das Königsregiment genutzt wurde.97 Auch die Konfessionspolitik im Reich konnte, wie bereits gezeigt worden ist, phasenweise zu Meinungsverschiedenheiten führen, obgleich beide protestantische Dynastien hier eigentlich an einem Strang zu ziehen hatten angesichts der von Georg I. und Friedrich Wilhelm I. gleichermaßen in düsteren Farben gezeichneten drohenden »papistischen« Gefahr. Des Weiteren belasteten Grenzauseinandersetzungen zeitweise die Beziehungen. So wurde im Juni 1714 eine Reihe von strittigen territorialen bzw. lehnsrechtlichen Ansprüchen aufgelistet, die die kurhannoveranische Seite gegenüber Preußen erhob. Dazu zählte zum Beispiel die Abtretung der Landeshoheit über die Grafschaft Wernigerode und einige zum Fürstentum Minden gehörende Orte östlich der Weser sowie die »Cession alles dessen, was zu der Grafschaft Blanckenberg und Reinstein gehöret«.98 Schließlich führten, wie bei allen an Brandenburg-Preußen angrenzenden Territorien, die Exzesse der preußischen Werbekommandos zu einer teilweise dramatischen Verschlechterung des Verhältnisses zu Kurhannover. Vor allem deshalb, weil sich dieser Nachbar solche Übergriffe im Gegensatz etwa zu den mecklenburgischen Herzogtümern oder den anhaltinischen Fürstentümern nicht so ohne Weiteres gefallen ließ. Denn Kurhannover konnte seit der 1714 geschlossenen Personalunion mit Großbritannien gegebenenfalls mit einer ganz anderen Drohkulisse aufwarten als etwa die mecklenburgischen Herzogtümer. Symptomatisch zeigte sich dies bei solchen Zuspitzungen wie im Sommer 1729, als sich die kurhannoveranische Seite aufgrund der fortgesetzten Übergriffe 10. Der König und das Reich

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preußischer Werbekommandos zu harten Gegenmaßnahmen veranlasst sah.99 Jedenfalls fielen sie härter aus, als es der ansonsten auf solche Vorhaltungen mit Ausflüchten reagierende preußische König gewohnt war. Ein Geheimer Rat brachte die Haltung des kurhannoveranischen Hofes auf den Punkt: Man »müsse endlich einmal den Ernst brauchen«.100 Werbeoffiziere wurden samt ihren Mannschaften inhaftiert, zudem hatten lokale Grenzkonflikte die Lage zusätzlich verschärft. In diesen Wochen erfolgten nach Berichten der Zeitgenossen die Zornesausbrüche des Königs in kürzeren Intervallen als sonst, was sich letztlich wiederum auch auf seinen Gesundheitszustand nachträglich auswirkte. Für Friedrich Wilhelm I. scheint die scharfe Reaktion der Gegenseite überraschend gewesen zu sein. Aus seiner Sicht hatte er sich jedenfalls nicht mehr zu Schulden kommen lassen als sonst. Umso mehr schäumte er vor Wut: »Ich will erst mit ihnen bataillieren, dann conferieren«.101 Dieses »Bataillieren« nahm er zeitweise gar persönlich, als er sich mit dem Gedanken trug, sich mit Georg II., seinem Schwager, zu duellieren.102 Auf der anderen Seite fürchtete er aber durchaus die militärische Eskalation des Konflikts und suchte schon einmal vorsorglich nach potentiellen Bündnispartnern. So bat er den polnischen König bzw. sächsischen Kurfürsten um »guten Rath« und fragte an, ob er »auf dero kräfftige und reelle assistence und Hülffe … sich verlassen können, wenn Sie mit Hannover in Krieg verfallen sollten, damit die Hessen und andere Hannoverische Alliierten, die sich in diese Ihnen nichts angehende Sache meliren wollten, mit Nachdruck zurückgehalten werden möchten«.103 Tatsächlich blieb es diesmal zunächst nicht bei wortreichen Ankündigungen, sondern beide Seiten betrieben in den folgenden Wochen eine Mobilmachung, die an den anderen Höfen durchaus als eine »Krieg-inSicht-Krise« interpretiert wurde. Es war geplant, 44.000 Mann der preußischen Armee an die hannoveranische Grenze zu verlegen; auf der anderen Seite standen etwa 20.000 Mann unter Waffen. Aber auch in dieser aufgeladenen Stimmung würde man fehlgehen, den sich von Affekten leiten lassenden König selbst als die treibende Kraft für die Zuspitzung verantwortlich zu machen. In den Beratungen über das weitere Vorgehen erwiesen sich vielmehr v. Grumbkow und der Fürst v. Anhalt-Dessau als die »Hardliner«, die auf eine militärische Lösung drängten, während der Feldmarschall v. Natzmer und der Minister v. Knyphausen der Diploma400

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tie eine Chance geben wollten. Letztlich war es allerdings der politische Druck Frankreichs und, in geringerem Maße, Schwedens als Garantiemächte des Westfälischen Friedens, der beide Seiten an den Verhandlungstisch brachte, wo unter offizieller Vermittlung Sachsen-Gothas und Braunschweig-Wolfenbüttels ein Ausgleich herbeigeführt werden konnte.104 Auch in den folgenden Jahren belasteten die Übergriffe preußischer Werbungen und die Gegenmaßnahmen das Verhältnis zwischen Preußen und Kurhannover; aufgrund seines politischen Renommees versuchte der hannoveranische Kurfürst, Abkommen mit anderen Reichsfürsten abzuschließen, wie etwa mit Hessen-Kassel und Kurköln geschehen.105 Letztlich behinderte aber die Verzahnung von macht-, reichs- und konfessionspolitischen Konflikten eine konzise politische Linie im Verhältnis zwischen beiden Staaten. Man konnte hier nicht so genau trennen: Wenn von britischer Seite zum Beispiel die Solidarität Preußens bei der Bekämpfung des stärker werdenden Katholizismus im Reich eingefordert wurde – der Schock über den wenige Jahre zuvor niedergeschlagenen jakobitischen Aufstand in Schottland saß in London noch tief –, war damit zugleich die Frage verbunden, wer denn im Reich an die Spitze dieser konfessionspolitischen Bewegung treten sollte. Konkret ging es dabei also um die Führung im Corpus Evangelicorum, die das Haus Hannover zeitweilig selbst beanspruchte. Es kam deshalb immer wieder zu Situationen, in denen aus der Sicht Londons ein engeres Zusammengehen mit dem preußischen König wünschenswert war, was aber aus der Perspektive der hannoveranischen Minister wiederum ganz anders gesehen werden konnte.106 Dieses Zusammentreffen von »protestantischer Solidarität« und »regionaler Rivalität« prägte das preußisch-hannoveranische Verhältnis und erschwerte eine eindeutige Positionierung.107 Das vor allem von Andreas Gottlieb von Bernstorff für Kurhannover angestrebte Ziel, »zur Vormacht in Nordwestdeutschland aufzusteigen«, ließ sich nur durch eine Eindämmung Brandenburg-Preußens erreichen. Vor diesem Hintergrund ist auch der von ihm während der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges verfolgte Plan zu sehen, der einerseits zwar Preußen zum Besitz von ganz Vorpommern verhelfen sollte, andererseits dafür die drei 1648 an den brandenburgischen Kurfürsten abgetretenen ehemaligen geistlichen Territorien Magdeburg, Halberstadt und Minden für das Haus Hannover beanspruchte.108 10. Der König und das Reich

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Auch wenn sich diese Pläne bald als unrealistisch erwiesen, fand sich Friedrich Wilhelm I. wiederholt dazu bereit, zeitweilig mit Kurhannover zusammenzugehen. Noch im ersten Regierungsjahr König Georgs I. 1714 bekräftigten beide Monarchen die »Conformität« ihrer politischen Konzeptionen.109 Es war außerdem kein Zufall, dass das sich im Verlauf der 1720er Jahre verschlechternde Verhältnis zur Wiener Hofburg maßgeblich die Bemühungen von englisch-hannoveranischer Seite um einen Beitritt Preußens zur Hannoverschen Allianz 1725 beförderte. In einem Schreiben an den preußischen Gesandten am Londoner Hof zu Beginn des Jahres 1725 machte Friedrich Wilhelm I. noch einmal seinem angestauten Ärger über die in seinen Augen demütigende Behandlung durch den Kaiser und den Reichshofrat Luft. So richtete sich sein besonderer Zorn auf den Entzug der Sukzessionsrechte in Ansbach-Bayreuth und in der Grafschaft Limburg; mit Tecklenburg würde man nun ein ähnliches »Spiel anfangen«.110 Der Konflikt hatte zwischenzeitlich solche Ausmaße angenommen, dass sich Friedrich Wilhelm I. zu ernsthaften Vorkehrungen der militärischen Absicherung der Grafschaft Tecklenburg veranlasst sah. Die Korrespondenz mit Prinz Georg von Hessen-Kassel, der die preußischen Truppen in diesem Gebiet kommandierte, vermittelt einen vielsagenden Eindruck von der zugespitzten Lage.111 Ebenso wolle man die ostfriesische Anwartschaft, so klagte der preußische König, »Uns auch zu Wasser machen, und die Äbtissin von Quedlinburg, welche bisher sich wieder Uns gar nicht gewaget, forciret der Kays. Hoff ietzo, daß Sie sich wieder Uns auflehnen und Uns zu Wien verklagen soll«.112 Solche Bekundungen fanden sich auch in der Folgezeit immer dann, wenn der preußische Monarch seine Unzufriedenheit über den Kaiser und die zuweilen bei ihm ausbrechenden Inferioritätsgefühle glaubte kompensieren zu müssen. So schrieb Friedrich Wilhelm I. im März 1727 an Georg I. anlässlich eines drohenden Konflikts zwischen Wien und England-Hannover vollmundig, er werde es »nit leiden das der keiser Hannover über hauffen schmeißet« – ein Statement, das man durchaus als Bekenntnis zu reichsständischer Solidarität deuten konnte.113 Solche eben angedeuteten Schwankungen im Verhältnis zu den anderen Staaten lassen sich nicht zuletzt aus den persönlichen Beziehungen der regierenden Monarchen und Fürsten untereinander erklären. Gerade ein sich mitunter so stark von persönlichen Zuneigungen wie Animo402

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Georg I. von England mit seinem Sohn Georg II. und Caroline von Brandenburg-Ansbach.

sitäten leiten lassender und zu Gefühlsausbrüchen neigender Monarch wie Friedrich Wilhelm I. war davon geprägt. Wenige Monate nach dem eben zitierten prohannoveranischen Bekenntnis waren vom preußischen König ganz andere Töne zu vernehmen. Das gespannte persönliche Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm I. und dem im Juni 1727 den englischen bzw. kurhannoveranischen Thron besteigenden Georg II. rührte schon von Kindheitstagen her und war auch an den europäischen Höfen wohlbekannt. Von daher nahm es nicht wunder, dass man von Wiener Seite mitunter geschickt diese Rivalität instrumentalisierte, um ein Zusammengehen der beiden protestantischen Mächte zu erschweren. So konnte zum Beispiel Graf Seckendorff im Juni 1724 mit Genugtuung nach Wien berichten, dass die Preußen sich dazu bereit erklärten, die Bedrückungen gegenüber dem Kloster Hamersleben – als Revanche für die Repressalien gegen die Protestanten in der Pfalz – einzustellen. Man setze sich damit über den erklärten Willen Londons hinweg, das ein Ende dieser Strafaktion erst wünsche, »wenn alle Religionssachen hergestel10. Der König und das Reich

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let«. Freilich hatte die kaiserliche Seite in der zurückliegenden Zeit keine Gelegenheit ausgelassen, Misstrauen zwischen Berlin und London bzw. Hannover zu säen, damit »dem König von Preußen die Augen geöffnet« würden über das angeblich falsche Spiel seines vermeintlichen Bundesgenossen.114 Aus diesem Kalkül erklärt sich im Übrigen die 1728 nachträglich erfolgte Einbeziehung des preußischen Königs in jene vom Kaiser einberufene Kommission, die die Reichsexekution gegen Mecklenburg-Schwerin durchführen sollte und bislang allein von Kurhannover und Braunschweig-Wolfenbüttel geführt wurde. Selbstverständlich erschien dies nicht, denn Friedrich Wilhelm I. hatte zuvor, wenn auch nicht vorbehaltlos, eher auf der Seite Herzog Carl Leopolds gestanden.115 Noch 1727 glaubte Friedrich Wilhelm I. im Einklang mit Russland, die Lage des in die Enge getriebenen mecklenburgischen Herzogs zu verbessern. Mit Wohlwollen nahm er die Nachricht seines Gesandten in St. Petersburg über eine Unterredung mit dem russischen Minister Ostermann auf: Demnach wisse dieser »einen Neben-Weg …, dem Hertzog von Mecklenburg zu helfen«. Ostermann wolle sich dafür einsetzen, dass die »Mecklenburgische Commission aufgehoben werden würde, … [ohne] daß man dem Hertzog in Seinen unbilligen Postulatis fugen oder nachgeben wolte«.116 Doch bald darauf musste der preußische König einsehen, dass sein mecklenburgischer Standesgenosse kaum von seiner Halsstarrigkeit abzubringen sein würde. Sichtlich ernüchtert schrieb Friedrich Wilhelm I. an Graf Seckendorff, dass er mit seinem »guten Einrathen simpliciter nichts ausgerichtet« habe und der Herzog »beständig dabey bleibt, sein vermutetes Recht weiter poussiren und davon im geringsten nichts nachgeben zu wollen«.117 Aus kaiserlicher Sicht machte ein solches Zugeständnis in der Mecklenburg-Frage durchaus Sinn. Zum einen wurden Spannungen zwischen Kurhannover und Preußen in der künftigen Kommissionsarbeit einkalkuliert, und zum anderen stellte dies eine Art »Belohnung« für das Ausscheren Friedrich Wilhelms I. aus dem Herrenhausener Bündnis und die Anerkennung der für den Kaiser so wichtigen Pragmatischen Sanktion dar.118 In besonderer Weise hat sich das Projekt der englisch-preußischen »Doppelheirat« auf die Beziehungen zwischen Welfen und Hohenzollern 404

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in jenen Jahren ausgewirkt. Das ging einher mit all den Zuspitzungen einer ernsthaften innerfamiliären Krise bis hin zum gescheiterten Fluchtversuch des Kronprinzen und dem »Katte-Prozess«. Die Jahre 1729/30 müssen deshalb zugleich als Tiefpunkt im ohnehin von Spannungen geprägten Verhältnis zwischen England-Hannover und Preußen angesehen werden. In unseren Ausführungen zur Stellung Friedrich Wilhelms I. innerhalb der Fürstengesellschaft des Reiches werden wir darauf aus dynastie- und familiengeschichtlicher Perspektive zurückkommen. Und schon in dem geschilderten reichspolitischen Zusammenhang dürfte deutlich geworden sein, dass die seit Sommer 1729 zu beobachtende Verschlechterung des preußisch-hannoveranischen Verhältnisses, bis hin zu einander zugefügten persönlichen Beleidigungen der beiden Monarchen, auch die Aussichten auf die Heirat des Kronprinzen mit einer englischen Prinzessin und des britischen Thronfolgers mit Prinzessin Wilhelmine immens trübten.119 Die antienglische Partei am preußischen Hof mit v. Grumbkow an der Spitze ließ nichts unversucht, Friedrich Wilhelm I. gegen dieses Projekt einzunehmen und den Eindruck zu erwecken, dass die hannoveranische Politik nur darauf ausgerichtet sei, den König zum »Gallopin von England« zu machen.120 Somit nahm es nicht wunder, dass der Kronprinz durch seinen menschlich sicher verständlichen, dennoch aber unüberlegten Fluchtversuch im August 1730 das ohnehin nur fragile Projekt einer engeren politischen Verbindung zwischen beiden Staaten nun vollends zum Scheitern brachte. Diesbezügliche Warnungen des englischen Gesandten Dickens hatte Kronprinz Friedrich in den Wind geschlagen.121 Letztlich führten diese Ereignisse den preußischen König enger an den Kaiser heran.122 Die Jülich-Bergische Angelegenheit, die solch einen immensen Raum in der preußischen Außenpolitik einnahm, ist nicht nur im Rahmen der Beziehungen zu England und im Verhältnis zum Kaiser relevant – das schließt ausdrücklich auch das persönliche Engagement des Königs ein. Jene diffizile Materie beeinflusste auch die Beziehungen zu den anderen Reichsterritorien, die zunächst nicht direkt in diese politische Frage involviert waren. Angesichts des engeren Schulterschlusses zwischen dem Mannheimer und dem Münchener Hof sah man aus Berlin-Potsdamer Sicht zum Beispiel in den bayerischen Wittelsbachern potentielle Gegenspieler im Kampf um das niederrheinische Erbe.123 Das umso mehr, als 10. Der König und das Reich

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sich im Zusammenhang mit der 1724 gebildeten Wittelsbachischen Hausunion, die auch eine abgestimmte Politik zwischen dem Mannheimer und dem Münchner Hof in der Jülicher Frage implizierte, die preußischen Beziehungen zum Kurfürstentum Bayern merklich abgekühlt hatten. Von daher verwunderte es nicht, wenn Friedrich Wilhelm I. auf seinem Sterbebett gegenüber seinem Nachfolger äußerte, dass man mit Kurbayern »keine großen Connexionnen, undt mit demselben nichts zu demeliren« habe.124

Die Stellung der mindermächtigen Territorien in der Reichspolitik des Königs Doch es waren nicht nur die großen, ähnlich wie Brandenburg-Preußen recht stattlich armierten Territorien, auf die sich das reichspolitische Interesse des preußischen Königs richtete. Bei der übergroßen Zahl der Reichsstände handelte es sich schließlich um flächenmäßig kleine Gebiete mit geringen Ressourcen, denen aber in ihrer Gesamtheit aufgrund der Konstruktion des politischen Systems des Reiches dennoch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukam. Einige von ihnen lagen in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hohenzollernmonarchie, wie die anhaltinischen Fürstentümer. Zu diesen von den Askaniern regierten Territorien – jenem Herrscherhaus, das einst im 12. Jahrhundert auch die Mark Brandenburg gegründet hatte – gab es traditionell enge Beziehungen. Diese resultierten erstens daraus, dass sich die brandenburgischen Herrscher um Unterstützung innerhalb der kleineren Fürstentümer im Obersächsischen Reichskreis bemühten, um den Einfluss ihres Hauptkonkurrenten im Nordosten des Reiches, Kursachsens, zu beschneiden.125 Zweitens gehörten fast alle anhaltinischen Fürsten der reformierten Konfession an – angesichts der notorischen Minderheitenposition, in der sich die brandenburgischen Hohenzollern ihrer konfessionellen Orientierung halber im Reich befanden, ein wahrlich kaum zu unterschätzendes Argument für die Pflege dauerhaft guter Beziehungen. Und drittens entwickelten sich diese Bindungen auch aus dynastischen Erwägungen. Besonders intensiv gestalteten sich die Beziehungen dabei zur Dessauer Linie des anhaltinischen Gesamthauses. Fürst Johann Georg II. (geb. 406

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1627, reg. 1660–1693), mit dem man über das Haus Oranien verwandt war, hatte in herausgehobener Position in den Diensten des Großen Kurfürsten gestanden.126 Sein Sohn und Nachfolger Leopold, der 1693 in die Dienste des damaligen brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. getreten war, unterhielt wohl eine derart enge und dauerhafte Beziehung zu Friedrich Wilhelm I. wie kein anderer Reichsfürst seiner Zeit. Dass man diese gleichwohl nicht im Sinne einer »Männerfreundschaft« überzeichnen sollte, ist bereits in unserer Beschreibung der politisch-militärischen Führungsgruppe um Friedrich Wilhelm I. gezeigt worden. Doch übertrug sich das enge Verhältnis zwischen den beiden Regenten nicht per se auf die anderen anhaltinischen Landesherren und deren Territorien. Gerade weil sie vom preußischen König quasi als naturgegebene Klienten angesehen wurden, musste ein anhaltinischer Fürst, der sich anschickte, eigene Wege zu beschreiten, mit harschen Reaktionen Friedrich Wilhelms I. rechnen. Sinnfällig zeigt dies ein nicht allzu bekannter Konflikt mit Anhalt-Köthen, der aber paradigmatisch das Agieren Preußens innerhalb des Reiches vorführt.127 Worum ging es im Kern? Im Vorfeld der 1732 ausbrechenden Auseinandersetzung hatten sich die Bemühungen Kursachsens verstärkt, seine Klientelbeziehungen im mitteldeutschen Raum zu intensivieren. Das versuchte die Dresdner Politik über die vertragliche Regelung von Truppenstellungen und die Indienstnahme von Angehörigen der betreffenden Fürstenhäuser zu erreichen. Während solche Aktivitäten im thüringischen Raum kaum auf Widerstand stießen, rief das kursächsische Engagement in Anhalt den Zorn des preußischen Königs hervor, denn dieses Gebiet lag »wie kein weiteres flächenmäßig vergleichbares Territorium des Reichs im direkten Spannungsfeld der regionalen Hegemonialpolitik der beiden Nachbarn Preußen und Sachsen« und wurde lange Zeit zur vornehmlichen Berliner Einflusssphäre hinzugerechnet.128 Beim anhaltinisch-köthener Fürsten August Ludwig stießen die kursächsischen Annäherungsversuche indes auf offene Ohren, denn dieser war aufgrund der vielen Übergriffe preußischer Werbekommandos auf seinem Territorium höchst erzürnt. Dass es sich bei den preußischen Truppen, die diese Exzesse zu verantworten hatten, oftmals um Einheiten der Hallenser Garnison handelte, die unter dem Kommando des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau standen, verlieh dem Ganzen noch den Charakter eines 10. Der König und das Reich

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inneranhaltinischen Streites. Zudem war es schon einige Jahre zuvor unter Leopold von Anhalt-Köthen, dem Bruder und Vorgänger Fürst August Ludwigs, zu Spannungen mit Preußen gekommen, was bei dem solche Zumutungen kaum vergessenden preußischen König nachgewirkt haben dürfte.129 Nachdem die Klagen Anhalt-Köthens beim Reichshofrat nicht hatten bewirken können, dass Preußen von den Werbungen Abstand nahm, setzte August Ludwig auf die kursächsische Karte. Im Juni 1731 wurde ein Vertrag mit August dem Starken geschlossen, in dessen Folge dauerhaft kursächsische Truppen in seinem Territorium stationiert wurden, die sich aber vornehmlich aus eigenen Landeskindern rekrutierten. Der preußische König war über diese Entwicklung sehr aufgebracht. Er ließ den Anhalt-Köthener wissen, dass er es nicht tolerieren werde, »wenn er Sachsen … Soldaten stelle, ihm aber die Werbung verweigere«.130 Obwohl sich Kursachsen in den folgenden Wochen um eine Deeskalation des Konflikts bemühte, versuchte die preußische Seite, mit weiteren Entführungen und Geiselnahmen anhaltinisch-köthener Untertanen eine für ihre eigenen Interessen günstige Lösung herbeizuführen. Diese unnachgiebige Haltung führte dazu, dass sich am Dresdner Hof die Anhänger einer härteren Gangart durchsetzten und die Mobilmachung einleiteten.131 Friedrich Wilhelm I., der aufmerksam die letztlich eher halbherzige Position des Kaisers während des Konflikts beobachtet hatte, glaubte nunmehr mit einer gewagten Aktion vollendete Tatsachen schaffen zu können. Am 2. Mai 1732 rückten preußische Einheiten, die unter dem Kommando des Fürsten von Anhalt-Dessau standen, in Anhalt-Köthen ein. Zuvor hatte Friedrich Wilhelm dem Alten Dessauer zu verstehen gegeben, dass er diese Militäraktion so durchführe, dass »der Fürst [August Ludwig von Anhalt-Köthen – F.G.] zu reson kommet und nit zu viell schreiet«.132 Gegenüber Kursachsen wurde aber der Eindruck vermittelt, dass es sich bei der Militäraktion eher um eine Überreaktion des Regimentskommandeurs der hier involvierten preußischen Truppen, Leopolds von Anhalt-Dessau, gehandelt hätte. Ohnehin glaubte man die eigentliche Wurzel des Konflikts in den Spannungen zwischen den beiden anhaltinischen Fürsten suchen zu müssen. Eine solche Interpretation verkennt jedoch den Charakter der Beziehung zwischen dem preußischen König und dem Alten Dessauer. Friedrich Wilhelm I. hätte solche Eigenmächtigkeiten – zumal im militärischen Milieu – seinem General408

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feldmarschall niemals durchgehen lassen. Die zeitweilige Besetzung Anhalt-Köthens führte letztlich zu dem von Preußen erhofften Ergebnis. Der Köthener Fürst unterzeichnete den Vertrag, in dem er sich verpflichtete, die militärische Verbindung mit Kursachsen zu beenden, so dass das preußische Regiment wenige Tage später wieder abzog. Die Vorgänge um Anhalt-Köthen zeigen, dass der preußische König, der bei anderen Gelegenheiten – man rufe sich noch einmal sein Verhalten während der Konflikte mit Kurhannover und Kursachsen in Erinnerung – trotz verbaler Aufrüstung letzten Endes eine größere militärische Auseinandersetzung scheute, bei Streitfällen mit mindermächtigen Reichsständen durchaus bereit war, alle Register der Machtpolitik zu ziehen und auch auf die militärische Karte zu setzen. Diese politische Strategie stand obendrein in einer längeren Traditionslinie, denn schon in den Jahren des beginnenden Aufstiegs Brandenburg-Preußens, also während der Regierungszeit des Großen Kurfürsten, waren es vor allem die kleineren Territorien gewesen, die das zunehmend selbstbewusstere Auftreten des Hauses Brandenburg zeitig wahrgenommen hatten.133 Die Vorgänge um die zeitweilige Besetzung Anhalt-Köthens, die unter den Reichsständen aufmerksam verfolgt wurde, zeitigten für die kursächsische Position im Nachhinein bedenkliche Wirkungen. In aller Deutlichkeit wurde an diesem Exempel vorgeführt, welche Konsequenzen es haben konnte, wenn sich kleinere Reichsterritorien den Dresdner Bemühungen, die kursächsische Klientel zu verstärken, zu willfährig erwiesen. Alarmiert über die preußische »Strafaktion« in Anhalt-Köthen zeigte sich zum Beispiel der Sachsen-Weimarer Herzog, der seine ursprüngliche Bereitschaft, einen Vertrag mit Kursachsen zu schließen, »wegen des Königs in Preußen ietzo auff den Beinen habenden großen Macht« wieder zurückzog.134 In den anderen Teilen des Reiches gerieten die Grafschaften am Niederrhein, in Franken und im Harzraum in den Fokus des BerlinPotsdamer Hofes. Die brandenburgischen Herrscher bemühten sich seit den Tagen des Großen Kurfürsten, in das Niederrheinisch-Westfälische Reichsgrafenkollegium aufgenommen zu werden – zunächst ohne Erfolg. Dabei hatten die Hohenzollern in Gestalt der Grafschaften Mark, Ravensberg, Lingen und Tecklenburg im 17. und frühen 18. Jahrhundert Gebiete gewonnen, über deren Besitz man ein Entree in dieses Gremium 10. Der König und das Reich

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vorantreiben konnte. Das erwies sich als schwieriger als gedacht, denn die Repräsentanten in den Grafenkollegien befürchteten nicht ohne Grund eine Instrumentalisierung, wenn man dem immer machtbewusster auftretenden Haus Brandenburg zu weit entgegenkommen würde. Erst nach langen Verhandlungen konnte Preußen im Jahre 1732 der Grafschaft Tecklenburg halber die Zulassung zum niederrheinisch-westfälischen Grafentag erreichen. Zuvor war es in langen Verhandlungen gelungen, den Konflikt um die Grafschaft Limburg einer halbwegs gütlichen Lösung zuzuführen. 1729 hatte Moritz Casimir I. Graf von BentheimTecklenburg gegen die Zahlung einer hohen Summe über 175.000 Taler sowie den Verzicht auf alle Ansprüche an der Grafschaft Tecklenburg im Berliner Vergleich von Preußen die volle Lehnshoheit über die Grafschaft Limburg erlangen können, wenngleich deren Vertretung gegenüber dem Reich künftig von Preußen übernommen werden sollte. Friedrich Wilhelm I. verzichtete im Gegenzug auf alle anderen bis dahin in Limburg beanspruchten Landeshoheitsrechte.135 Doch gehörte, wie bereits angedeutet, der mitteldeutsche Raum zu den Regionen, in denen sich die brandenburgisch-preußischen Regenten schon seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert um einen Einflussgewinn bemühten. Die zerklüftete territoriale Struktur mit den vielen eher mindermächtigen Herrschaften weckte schon seit Längerem »Begehrlichkeiten« der größeren Nachbarn, also vorrangig Kursachsens, Kurhannovers und eben in wachsendem Maße auch Kurbrandenburgs.136 Im Harzraum fiel der Blick auf die Grafschaften Regenstein, Stolberg-Wernigerode, Hohnstein und Mansfeld. Geschickt vermochte die brandenburgischpreußische Politik zum einen innere Auseinandersetzungen (so zum Beispiel in Wernigerode) getreu dem Motto »divide et impera« zu nutzen, um eigene Positionen in diesem Raum auszubauen. Im zweiten Regierungsjahr Friedrich Wilhelms I. konnte durch einen Vergleich zwischen den Stolberger Grafen und Brandenburg-Preußen eine Erweiterung der Herrschaftsrechte der Hohenzollern erzielt werden.137 Zum anderen waren es teilweise komplizierte und mitunter lange zurückliegende lehnsrechtliche Bindungen, die von brandenburgischer Seite revitalisiert wurden, um Ansprüche auf die genannten Grafschaften durchzusetzen, so etwa mit Blick auf die Grafschaft Regenstein und die Mansfelder Gebiete. Während dies im Falle Regensteins – das immerhin als eine statt410

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liche Festung und Exklave von welfischem Territorium umgeben auch strategisch wertvoll erschien – dauerhaft gelang, waren die Versuche, die reichen Mansfelder Gebiete einzugliedern, die Kurbrandenburg nach dem Anfall Magdeburgs seit 1680 provisorisch verwaltete, nicht von Erfolg gekrönt. Friedrich Wilhelm I. musste im Jahre 1716 zu seinem großen Verdruss diese Grafschaften auf kaiserlichen Druck aus der provisorischen Verwaltung wieder entlassen.

Der König als kaiserlicher Vasall? Der lehnsrechtliche Konflikt Damit wird noch einmal eine am Beginn des Kapitels geäußerte Beobachtung aufgegriffen: das Lehnswesen als eine der »Grundsäulen« des Alten Reiches. Es wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass es in den frühneuzeitlichen Jahrhunderten zu einer Professionalisierung der Lehnsverhältnisse gekommen war, was sich vor allem in der Arbeit der dafür zuständigen Behörden niederschlug. So übte die kurmärkische Lehnskanzlei auch nach dem Thronwechsel von 1713 noch geraume Zeit ihre Tätigkeit aus.138 Geleitet wurde sie von Marquard Ludwig von Printzen; nach seinem Tode folgte der Minister Adam Otto von Viereck. Auch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. wurde an der schon lange geübten Praxis festgehalten, wonach der im Lehnsarchiv verwahrte brandenburgische Kurhut bei den Belehnungsakten gebraucht wurde. Während eines solchen Vorgangs las »der Lehnsarchivar den Lehneid vor«, der Vasall musste diesen beschwören, fasste »dann mit der rechten Hand die Spitze des Churhutes an (welchen auch die Gesamthänder mit angreifen)« und hielt ihn »so lange fest als die Investiturformel verlesen wird«.139 Zwar äußerte sich Friedrich Wilhelm I. abschätzig über das mit dem Lehnswesen verbundene Prozedere, ignorieren konnte er es gleichwohl nicht.140 Und auch bei der Integration neuer Territorien – so anlässlich des Erwerbs von Stettin und des südlichen Teils von Vorpommern im Zuge des Stockholmer Vertrages von 1720 – bestand die Pflicht, beim kaiserlichen Lehnhof die Belehnung förmlich zu beantragen. Hier ließ es der preußische König nun auf eine Machtprobe ankommen. Während er sich bereits ein Jahr später in der Stettiner Marienkirche von den Ständen der neuen Territorien huldigen ließ, folgte die Be10. Der König und das Reich

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lehnung durch den Kaiser nach einem zählebigen Austausch von Voten erst im Januar 1733.141 Dies belegt aber zugleich, in welche übergeordneten Rücksichten und Zwänge selbst ein Monarch wie Friedrich Wilhelm I. eingebunden war und dass die älteren Beschreibungen des Regierungshandelns der brandenburgisch-preußischen Landesherren lediglich eine »Legende von der landesherrlichen Souveränität« gestrickt haben.142 In einer 1716 aufgestellten »Tabella der Reichs- und Böhmischen Lehen-Unkosten« waren jene Beträge aufgeführt, die Friedrich Wilhelm I. anlässlich seiner Thronbesteigung an den kaiserlichen Lehnhof zu entrichten hatte. Insgesamt handelte es sich dabei um die stolze Summe von 21.000 Gulden.143 In einer für zeremonielle Handlungen so sensibilisierten Zeit spielte es natürlich keine nachrangige Rolle, in welcher Form der Belehnungsakt durchgeführt wurde. Erst sein Nachfolger Friedrich II. erhielt anlässlich der Wahl des neuen, von ihm ohnehin politisch sehr abhängigen wittelsbachischen Kaisers Karl VII. die Zusicherung, dass der brandenburgische Vertreter beim Belehnungsakt fortan nicht mehr vor dem Reichsoberhaupt knien und sich für die Abwesenheit seines Herrn entschuldigen müsse.144 Eine besondere Brisanz entwickelten diese lehnsrechtlichen Fragen für den preußischen König zudem als Teil seiner Adelspolitik. In unseren Betrachtungen zur Haltung Friedrich Wilhelms I. gegenüber seinen Ständen ist bereits deutlich gemacht worden, in welcher Weise es auf diesem Politikfeld – ungeachtet der zu beobachtenden Kontinuitäten im Vergleich zur Regierungszeit seiner Vorgänger – zu gewissen Neuansätzen und Nuancierungen kam. Erinnert sei an dieser Stelle aber an die große, gleichermaßen herrschaftsideelle wie finanzielle Bedeutung des Lehnswesens sowohl aus der Sicht der Landesherren als auch der Adelsgesellschaften. Betont sei zudem noch einmal die Brisanz der in großer Heftigkeit nach 1717 ausbrechenden Auseinandersetzung mit der Ritterschaft einiger Provinzen des Gesamtstaates um die Lehnsallodifikation. Dabei ging es um die Umwandlung der Lehen in allodiales Eigentum; das aus militärischer Perspektive ohnehin schon seit Längerem überlebte Lehnsaufgebot sollte durch eine jährlich zu entrichtende Steuer ersetzt werden. Auch wenn die Beträge (es ging um die jährlich aufzubringende Summe von 40 Talern) im moderaten Rahmen blieben, sah die betroffene Ritterschaft darin einen unerhörten Eingriff in uralte Gerechtsame. Dies 412

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stellte vor den mit den preußischen Reformen einhergehenden Veränderungen im beginnenden 19. Jahrhundert den wohl schärfsten Konflikt zwischen den brandenburgisch-preußischen Landesherren und den Adelsständen dar.145 Hier interessieren vor allem die reichspolitischen Implikationen jener Auseinandersetzung, denn schlaglichtartig können an diesem Exempel sowohl die herrschaftsrechtlichen Auffassungen Friedrich Wilhelms als auch die Grenzen vorgeführt werden, auf die seine Vorstellungen und Entscheidungen stießen. Die vom König in Angriff genommene Reform der Lehnsverhältnisse kann eben nicht nur als Teil seines viele Bereiche von Staat und Gesellschaft umfassenden Reformwerkes angesehen werden. Dieser Eingriff richtete sich zugleich gegen tradierte Privilegien des Kaisers in seiner Funktion als Oberlehnsherr und ordnete sich ein in die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts geführten Auseinandersetzungen um die Abgrenzung kaiserlicher und landesherrlicher Rechte in den Reichsterritorien. Es stellte allerdings eine recht einseitige Interpretation der älteren PreußenForschung dar, wenn man vor allem Karl VI. auf diesem politischen Feld für die Verschlechterung der Beziehungen zwischen Berlin und Wien verantwortlich machte. Ihm warf man vor, dass er »von den oberlehnsherrlichen Befugnissen des Kaisers einen anspruchsvolleren, in das innere Leben der Territorien eingreifenden Gebrauch zu machen begann« und »die Gerichtsbarkeit des kaiserlichen Reichshofrats immer weiter auszudehnen versuchte«.146 Der Kaiser war in dem vorliegenden Konflikt mit Friedrich Wilhelm I. aber vielmehr schlichtweg gezwungen, auf die Beschwerden der Repräsentanten der Adelsgesellschaft der Magdeburger und Halberstädter Provinz zu reagieren. Andernfalls wäre die Sichtweise Friedrich Wilhelms I., als »souveräner« Fürst mit dem Kaiser in ein Verhältnis »auf Augenhöhe« zu treten, bestätigt und damit in letzter Konsequenz »das Reichssystem unweigerlich gesprengt« worden.147 Die Vorgänge etwa aus außenpolitischen Rücksichten zu ignorieren, kam für die Wiener Hofburg also nicht infrage. Wieder war es der Reichsvizekanzler v. Schönborn, der am vehementesten beim Kaiser darauf hinwirkte, beim preußischen König auf eine Rücknahme der Allodifikation zu drängen. Dem kam Karl VI. auch nach und sandte an die Adresse Friedrich Wilhelms I. am 20. Februar 1718 ein Reskript, in dem er diesen aufforderte, die Edikte zur Aufhebung der Lehnsverfassung zurückzuneh10. Der König und das Reich

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Kaiser Karl VI. (reg. 1711–1740), Porträt im Ornat des Ordens vom Goldenen Vlies (zeitgenössisches anonymes Gemälde).

men.148 Jene stellten einen eklatanten Verstoß gegen die »von dennen Ritterschaften und Landschaften so teuer erworbenen und vorbehaltenen Freyheiten« dar und liefen den auf die Provinzen Magdeburg und Halberstadt bezogenen Bestimmungen des Westfälischen Friedensvertrages zuwider. Friedrich Wilhelm zeigte sich darüber sehr erbost und soll einen seiner gefürchteten Wutanfälle bekommen haben. Es war diese Art 414

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von Kontrollverlust, die ihn besonders ärgerte, denn bislang waren ihm die offensichtlich aus dem Kreis der magdeburgischen bzw. halberstädtischen Ritterschaft hervorgehenden Urheber der vom Reichshofrat gegen ihn vorgebrachten Klage immer noch nicht bekannt. Und auch der mehrfach vonseiten der Wiener Juristen vorgebrachte Hinweis, dass es gar keiner Kläger aus den Reihen der Vasallen des preußischen Königs bedürfe, sondern der Kaiser verpflichtet sei, bei Bekanntwerden von Verstößen gegen die Reichsverfassung »ex officio« zu handeln, trug nicht zur Beschwichtigung Friedrich Wilhelms I. bei. In den bald daraufhin an den Adel in allen seinen Provinzen ergehenden Befehlen forderte er deshalb von sämtlichen Rittergutsbesitzern eine eidesstattliche Erklärung, dass sie sich nicht an einer Appellation an den Kaiser beteiligt hätten, und verlangte die Anzeige solcher ihnen bekannten Personen. Laut dem kaiserlichen Gesandten in Braunschweig, Graf Metsch, wären die Folgen dieses Vorgehens fatal, falls sich die vom König gewünschten disziplinierenden Effekte tatsächlich einstellten: »Dieses Preußische procedere gehet weit, undt wenn dieses angehet, so lieget die allerhöchste Kayserliche Autoritet in denen Preußischen Reichslanden gäntzlich darnieder und wirdt Jedermann dadurch so intimidirt, daß er weiter keinen recurs an Ewer Kayserliche Mayestät zu nehmen sich unterstehen darff«.149 Dass der Widerstand gegen die Lehnsallodifikation gerade in den beiden Provinzen Magdeburg und Halberstadt besonders scharf ausfiel, hing mit der schon erwähnten, aus der Zeit der Zugehörigkeit zur Germania Sacra herrührenden tradierten Bindung an das Reich und einer außerordentlich »berufungsfreudigen« Rechtskultur zusammen.150 Zudem dürfte auch den gegen die Allodifikation opponierenden Personen inner- und außerhalb Preußens nicht entgangen sein, dass der seit 1714 an der Spitze des Reichshofrates stehende Graf Windischgrätz »in genere sehr für die Freiheit und privilegia der Ritterschaften« eingenommen war.151 Einen Vorgeschmack auf diesen Konflikt hatte Friedrich Wilhelm I. im Übrigen schon in seinem ersten Regierungsjahr erhalten, als die Ständerepräsentanten dieser Territorien seinen Wunsch ablehnten, auf ihr Appellationsrecht an die Reichsgerichte zu verzichten.152 Die Weigerung führte dann zu einem regelrechten »Machtkampf um die Appellationen an die Reichsgerichte«, der vonseiten der preußischen Krone mit zum Teil zwielichtigen Methoden geführt wurde.153 Folglich erschien es für die 10. Der König und das Reich

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magdeburgische und halberstädtische Ritterschaft nur konsequent, ihren Landesherrn daran zu erinnern, dass »der Lehnsnexus den landsässigen Adel mittelbar auch an Kaiser und Reich binde«. Friedrich Wilhelm I. empfand dieses Verhalten hingegen als »impertinent«, wenngleich ihn einige seiner Räte und Rechtsgelehrten darauf aufmerksam machten, dass die Rechte des Kaisers als Oberlehnsherr durchaus von den einschneidenden Veränderungen tangiert würden.154 Der kaiserliche Gesandte hatte über die mit der Allodifikation in Verbindung stehenden Vorgänge von Beginn an recht ausführlich berichtet. In Wien wurde aufmerksam registriert, dass der Plan »sowohl unter den Königlichen Ministris viel zancken, als auch im Lande großes Auffsehen erwecket« habe. Dies mochte insoweit verständlich sein, als einige Angehörige der politisch-höfischen Führungsgruppe in der Berlin-Potsdamer Residenz den Interessenlagen der adligen Rittergutsbesitzer durchaus aufgeschlossen gegenüberstanden, auch wenn kaum jemand offenen Widerspruch gegen den König wagte. Dennoch sei dem kaiserlichen Gesandten zu Ohren gekommen, dass in einigen Gebieten, so zum Beispiel in dem zur Neumark inkorporierten Herzogtum Crossen, die dortigen Adelsstände »starck opponiren« würden, »worüber der König dem vorlauten nach zimblich ungeduldig geworden«.155 Auch die preußische Seite hatte auf diesem Terrain vorgearbeitet. Angesichts der von Friedrich Wilhelm I. auf mehreren Feldern in ihrem Ergebnis als unbefriedigend beurteilten Prozesse vor dem Reichshofrat (Verhandlungen über den Sukzessionsvertrag mit Brandenburg-Kulmbach sowie die vielen Klagen über Werbeexzesse etc.) versuchte man unter einem Teil der am Reichshofrat agierenden Räte auf einen Stimmungsumschwung zugunsten Preußens hinzuarbeiten. Der Gesandte v. Metternich hatte bereits 1716 darauf verwiesen, »daß die ReichsHoffRäthe wollen gefeyret seyn, daß man Ihnen müsse die Cour machen, Sie offt zu Gaste haben, damit man familiar mit Ihnen werde«.156 Dafür sei zunächst die Bereitstellung finanzieller Mittel unabdingbar. Friedrich Wilhelm I. wollte aber eigenem Bekunden nach das dafür eingesetzte Geld »nicht vergeblich hingeben« – unwillkürlich fühlt man sich dabei an das ähnlich knauserige Verhalten des Königs bei der finanziellen Ausstattung seiner Diplomaten erinnert. Metternich sollte »deutlicher und umbständlicher expliciren«, wer in den Genuss der 416

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Zuwendungen kommen solle und »welchen Nutzen Wir eigentlich davon haben werden«.157 Metternich konnte nicht verhehlen, dass unter diesen Bedingungen die Ernsthaftigkeit von preußischen Bestechungsversuchen im Umfeld der Wiener Reichshofräte und Minister angezweifelt werden dürfte. So machte er darauf aufmerksam, dass der »preußische Hiesige Agent noch keine Besoldung gehabt«; solches sei hier »allen bekannt genug, von dem Grösten bis zu dem Kleinsten, wie aber darüber von ReichsHofRäthen selbst glossiret, auch wohl an öffentl. Taffeln, und in meiner Gegenwart, unterm Schein eines Familiaren Schertzes gespöttet werden«.158 Angesichts der Bedeutung dieser Materie ließ sich der ansonsten wahrlich nicht für seine Freigiebigkeit bekannte König nun zur Bereitstellung von Geldsummen überreden, die zur Bestechung von Reichshofräten eingesetzt werden sollten. Im Dezember 1716, also noch vor Ausbruch des Konflikts um die Lehnsallodifikation, informierte der Minister v. Ilgen den preußischen Gesandten am Kaiserhof, Graf Metternich, dass er jährlich bis zu 15.000 Taler einplanen könne, »wenn wir dadurch die widrige und Partheiische mandata und verordnungen, wormit uns der Kayserliche Hoff bishero fast continuierlich fatiguiret hat, inskünfftige abwenden und uns bey denen leuten, die unsere affairen in händen haben, einigen faveur erwerben können«.159 Dazu war es allerdings zunächst erforderlich, diejenigen Reichshofräte zu ermitteln, die sich vorrangig mit jenen Rechtsfällen befassten, in die Preußen als beklagte Partei verwickelt war. Bei diesen konnte man dann gezielt ansetzen. Obgleich jene Angelegenheiten vornehmlich von Ilgen und den in der Wiener Gesandtschaft agierenden Räten (v. Metternich, Graf v. Schwerin sowie dem seit 1715 als preußischer Agent beim Reichshofrat tätigen Johann Friedrich Graeve) verantwortet wurden, war der König hier stets auch persönlich involviert und ließ sich über die Entwicklung informieren. Einen der Reichshofräte wollte der König dadurch für die preußischen Interessen gewogen stimmen, indem er dessen Sohn – einen Dr. med. Samuel Berger – das Prädikat eines Hofmedikus oder Hofrats versprach.160 Im besonderen Fokus dieser Bemühungen stand der von Kurbrandenburg für die Aufnahme in den Reichshofrat vorgeschlagene Jurist Graf Johann Wilhelm von Wurmbrand-Stuppach. Zunächst hatte man ihn gemeinsam mit dem Reichsvizekanzler am meisten für 10. Der König und das Reich

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antipreußische Entscheidungen des Reichsgerichts verantwortlich gemacht, doch bald wurde er von preußischer Seite als jemand angesehen, den man fallweise für die eigenen Interessen nutzen könne. In diesem Sinne konnte Graf Seckendorff in seinem am 31. Januar 1728 von Wien aus an Friedrich Wilhelm I. gesandten Brief davon ausgehen, dass die Ernennung Wurmbrands zum Präsidenten des Reichshofrates »ein großes Vergnügen und Beruhigung« beim König auslösen werde. Seckendorff gab zudem noch den Rat, dass es »vielleicht von guter Würckung seyn« dürfte, wenn Friedrich Wilhelm I. »den Grafen von Wurmbrand zu der neuen Charge gratuliren« könnte.161 Frühzeitig zeichnete sich des Weiteren ab, dass die Auseinandersetzung um die Lehnsallodifikation nicht auf einen Konflikt zwischen dem Landesherrn und seinen Adelsständen beschränkt blieb, sondern aus der Sicht des preußischen Königs auch bedenkliche reichspolitische Weiterungen nach sich ziehen würde. Äußerst ungehalten musste Friedrich Wilhelm I. zur Kenntnis nehmen, dass einige der hinter den Beschwerden stehenden Adligen über enge informelle Verbindungen zu den benachbarten welfischen Territorien (Kurhannover und BraunschweigWolfenbüttel) verfügten.162 Der Minister v. Ilgen äußerte gegenüber seinem König gar die Vermutung, dass »die ganze affaire vornehmlich durch die regierende Kaiserin Elisabeth Christine [eine geborene Prinzessin von Braunschweig-Bevern – F.G.] getrieben werde, bei welcher einige von der Magdeburgischen Ritterschaft in sonderbahren Gnaden und alter bekanntschaft stehen«.163 Der auch dem König nicht völlig abwegig erscheinende Gedanke beruhte darauf, dass einige der in der Altmark und im Magdeburgischen beheimateten Rittergutsbesitzer in braunschweigischen Hof- und Staatsdiensten standen. Damit war die Auseinandersetzung zwischen dem preußischen König und einem Teil »seines« Adels eingebunden in die – nicht erst seit 1713 bestehende – Rivalität zwischen Brandenburg-Preußen und Kurhannover, bei der es primär um einen Einflussgewinn im nördlichen Teil des Reiches ging. Der kurhannoveranische Premierminister Andreas Gottlieb von Bernstorff ermunterte die Wortführer der magdeburgisch-halberstädtischen Adelsopposition, Kaiser und Reich für ihre Sache zu bemühen. Er rechnete natürlich damit, dass der Preußenkönig darauf sehr harsch reagieren würde; aber genau dieses letztlich ja auf eine Missachtung des Reichs418

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rechts hinauslaufende Verhalten, so kalkulierte Bernstorff, würde einen Ansehensverlust des hohenzollernschen Rivalen im Reich bewirken. Und in der Tat führte insbesondere die erboste Reaktion Friedrich Wilhelms I. auf das kaiserliche Reskript vom 20. Februar 1718 zu schweren Verstimmungen zwischen Berlin und Wien. Der Reichsvizekanzler v. Schönborn klagte dem preußischen Gesandten in Wien, dass er »den Kaiser noch nie so empfindlich gesehen [habe], als zu der Zeit, da ihm dieses Schreiben vorgelesen worden«. Man sei zwar in der Hofburg mittlerweile »harte Schreiben« des preußischen Königs gewöhnt, hierbei aber handelte es sich um ein sogenanntes »immediates«, also direkt an den Kaiser gerichtetes Schreiben, für das die darin enthaltenen Vorwürfe als höchst ungehörig empfunden wurden.164 Zwar erklärte sich Friedrich Wilhelm I. im Nachhinein dazu bereit, einige der von Karl VI. als ungebührlich empfundenen Äußerungen zu revidieren, an der Grundhaltung seiner Erwiderung, wonach er als Landesherr das Recht zu solchen Reformen hätte, hielt er indes fest. Allerdings verfügten die Wortführer der magdeburgischen und halberstädtischen Adelsopposition über genügend Realitätssinn, um die Erfolgschancen ihrer Klage gegen den eigenen Landesherrn nicht allzu hoch einzuschätzen. Die zeitlich parallel verlaufende Auseinandersetzung zwischen dem mecklenburg-schwerinischen Herzog Carl Leopold und seiner Ritterschaft stand ihnen damals als warnendes Beispiel vor Augen. Da der Kaiser in den ersten Jahren dieses Konflikts offenbar nicht in der Lage war, den Mecklenburger Adel vor den Übergriffen des Herzogs und der ihm zu Hilfe eilenden russischen Truppen zu schützen, stand dies nach Meinung der frondierenden Ritterschaft »gegen einen so mächtigen König« wie den preußischen noch weniger zu erwarten.165 Gerade die »Mecklenburgischen Wirren« boten aber in ihrem weiteren Verlauf einen deutlichen Beleg für die durchaus bestehende Wirksamkeit der oberstrichterlichen Autorität des Kaisers. Zwar kursierte damals das Sprichwort: »Der Kaiser ziehe sein Schwert nur langsam aus der Scheide …«; dennoch schloss das langsame Vorgehen sichtbare Ergebnisse nicht aus, wie die einige Jahre später erfolgreiche Reichsexekution gegen Herzog Carl Leopold unter Beweis stellte. Das konnten die Führer der preußischen Adelsopposition in der Anfangsphase des Konflikts selbstverständlich noch nicht wissen. 10. Der König und das Reich

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Auch Friedrich Wilhelm I. und seine Berater waren sich der Zusammenhänge zwischen dem mecklenburgischen Ständekonflikt und der Auseinandersetzung mit der eigenen Ritterschaft bewusst. Im Prinzip ging es dabei um ähnliche grundsätzliche Fragen der Austarierung der politischen Gewichte zwischen landesherrlicher Autorität und ständischen Privilegien. Deshalb versuchte der preußische König, weitere Reichsfürsten zu einer politischen Haltung zu bewegen, die auf dem Reichstag die Position Herzog Carl Leopolds unterstützte. Jedoch hatte die Solidarität, die Friedrich Wilhelm seinem mecklenburgischen Standesgenossen zuteilwerden ließ, ihre Grenzen. Ihm war schon bewusst geworden, dass der Herzog in seinem Vorgehen gegen die Ritterschaft zu weit ging. Gegenüber dem Zaren gab Friedrich Wilhelm I. im Mai 1718 zu bedenken, dass »die Noblesse in Mecklenburg nicht gänzlich unterdrückt« werden müsse, was sich zugleich als indirekter Hinweis auf sein eigenes politisches Verständnis interpretieren ließe. Wohl aber dürfe sie »auch nicht dergestalt apuyiert werden, daß sie mehr Freiheiten und Autorität als die Noblesse in preußischen und anderer Herren Länder hätte«.166 Mit dieser einerseits Verständnis zeigenden, andererseits durchaus auch kritischen Haltung Friedrich Wilhelms I. gegenüber der Adelspolitik seines Schweriner Standesgenossen korrespondierte das Angebot des preußischen Königs, einigen sich in ihrem Land nicht mehr sicher fühlenden mecklenburgischen Rittergutsbesitzern Zuflucht in Kurbrandenburg zu gewähren.167 Konsterniert musste er im weiteren Verlauf der Troublen im Nachbarterritorium im September 1733 zur Kenntnis nehmen, dass der durch die mit der Reichsexekution beauftragten und seit längerer Zeit in Mecklenburg-Schwerin lagernden kurhannoveranischen Truppen in Bedrängnis geratene Herzog sich offenbar nicht anders zu helfen wusste, als eine aus Bauern gebildete Miliz aufzustellen. Ein von ihm mit der Beobachtung der Vorgänge in Mecklenburg beauftragter Offizier berichtete, dass die Bauern mit »Sensen und Forken« ausgestattet seien und vom Herzog »mit Piquen versehen« worden seien, die Haufen aber in »voller Unordnung« marschierten.168 Eine Vorstellung, die dem preußischen König aus mehrfachen Erwägungen heraus natürlich völlig zuwider sein musste. Sehr deutlich gab er dem Herzog in einem persönlichen Schreiben dann auch zu verstehen, dass er es »ungern« zur Kenntnis nehme, dass er sich »nicht überwinden könne, durch Annehmung 420

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Meines treu gemeinten Raths, Sich und gantz Mecklenburg dem ohnfehlbaren Verderben zu entreißen«.169

Fazit Es mag nach unserer Tour d’Horizon nicht ganz einfach erscheinen, ein abschließendes Urteil über die Stellung Friedrich Wilhelms I. in der Reichspolitik zu fällen. Sein Verhältnis zu Kaiser und Reich entzieht sich eindeutigen Bewertungen. Weder ist es zulässig, ihn als stets loyalen – mitunter etwas naiv agierenden – Parteigänger der Habsburger zu charakterisieren, noch sollte man die durchaus vorhandenen Kontinuitäten zur dann tatsächlich systemsprengenden Reichspolitik seines Nachfolgers überzeichnen. Sicher ist es zutreffend, dass sich Friedrich Wilhelm I. in seiner Politik gegenüber anderen Reichsständen weniger Zurückhaltung auferlegte und sich weiter gehender Mittel bediente als gegenüber den bedeutenden europäischen Staaten. Dies ist überwiegend darauf zurückzuführen, dass er auf reichspolitischem Parkett viel selbstbewusster verfahren wollte und in bestimmtem Maße auch konnte. Während er es gegenüber jenen Reichsfürsten, die wie die Landesherren von Kurhannover und Kursachsen durch ihre Verbindungen mit Großbritannien bzw. mit Polen vor allem auf europäischer Ebene agierten, bei scharfen Noten und unfreundlichen Akten unterhalb der militärischen Eskalation bewenden ließ, konnte es bei solch mindermächtigen Territorien wie Mecklenburg-Schwerin oder Anhalt-Köthen zum Einsatz von Truppen kommen. Letztlich beließ er es aber auch in diesen Fällen bei begrenzten Aktionen und vermied eine ausgreifende Eskalation. Bei der Bewertung der Reichspolitik Friedrich Wilhelms I. gilt es überdies, zu berücksichtigen, dass nicht nur der preußische König dem Kaiser einiges an Enttäuschungen und Demütigungen abverlangte und dessen Geduld mehr als einmal strapazierte.170 Für diese Haltung stünde etwa die – allerdings in ihrer realen Wirkung nicht zu verabsolutierende – Marginalverfügung, die er einst vor dem Hintergrund eines jener Schreiben aus Wien aufgesetzt hatte, die er als Zumutung wahrnahm: »Ich mache es so wie Wallenstein, wenn der eine Ordre vom Kaiser kriegte, so küßte er sie und steckte sie versiegelt ans Fenster.«171 Denn, wie an 10. Der König und das Reich

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einigen Exempeln vorgeführt wurde, musste Friedrich Wilhelm I. immer wieder erfahren, dass der Wiener Hof mit ihm zuweilen ein falsches Spiel trieb oder ihn zumindest mit vagen Versprechungen hinzuhalten trachtete. Die Spannungen zum Kaiser, aber auch zum Reichshofrat entsprangen einerseits sicher seinem Naturell, das zum Jähzorn bis hin zu Minoritätskomplexen angesichts von vermeintlichen oder tatsächlich erlittenen Ehrverletzungen geneigt schien. Sie erklären sich indes andererseits ebenso aus einer eher strukturell angelegten Ursache: Auch der zweite König der noch jungen preußischen Monarchie sah sich in einem zähen Behauptungskampf, galt es doch, den Erwerb der Königskrone in politischen Gewinn umzumünzen. Dies erfolgte kaum mit militärischen Mitteln, sondern auf einem ihm weniger vertrauten, dennoch zunehmend professionell genutzten Terrain des Rechtes und des Zeremoniells im Ringen um mehr Reputation und Magnifizenz. Besonders sinnfällig und pointiert kommt die ambivalente Beziehung des Königs zum Reichsoberhaupt in einem eigenhändig auf eine Kabinettsordre an Graf Seckendorff gesetzten Postscriptum zum Ausdruck: »Mein liber Seckendorff, ich bin des Keisers Freundt und werde nichts gegen den Keiser und gegen das reich tuhn, aber auf den Fuhs laße mir nit tretten als denn auch meine sache vor Gott und der weldt recht ist.«172

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11. Dynastie und Familie Friedrich Wilhelm I. als Mitglied der europäischen Fürstengesellschaft Wer sich mit frühneuzeitlicher Außenpolitik beschäftigt, wird alsbald bemerken, dass man mit einer an modernen Maßstäben orientierten Analyse der sogenannten zwischenstaatlichen Beziehungen nicht allzu weit kommt. Vor allem bei der Betrachtung der Politik jener Staaten, an deren Spitze Monarchen standen, zeigt sich vielmehr deren Einbindung in ein Netzwerk, das eher durch ein personales Beziehungsgeflecht wie Verwandtschaft und Patronage als durch das Agieren komplexer Institutionen charakterisiert war. Demnach wurde das Handeln frühneuzeitlicher Herrscher in starkem Maße von Überlegungen geleitet, die nicht so ohne Weiteres nur mit den Prinzipien einer »Staatsräson« erklärt werden können, wenngleich dieser Begriff in Traktaten jener Zeit durchaus in Gebrauch war.1 Vielmehr spielten dort Motive mit hinein, die aus familiärem Kalkül erwuchsen. Der französische Historiker Lucien Bély hat deshalb zu Recht für die frühneuzeitlichen Gegebenheiten von einer »société des princes«, einer Fürstengesellschaft im Sinne einer Großfamilie, gesprochen.2 Vor diesem Hintergrund macht es wenig Sinn, die Unterschiede zwischen auswärtiger Politik und dynastischer Politik allzu scharf zu konturieren.3 Der borussischen Forschung waren solche Einsichten freilich weitgehend fremd. Ihrer Auffassung nach war »der Staat … überall der höchste Zweck, nicht die Dynastie«.4 Aber es war dieses »Europa der Dynastien«, das auch die Zielvorstellungen und Entscheidungen Friedrich Wilhelms I. beeinflusste – jedenfalls in stärkerem Maße, als es die ältere Forschung angenommen hat.5 Und selbst das Verhältnis zu jenen fürstlichen Standesgenossen, die als Angehörige der Seitenlinien des eigenen Hauses Reichsterritorien regier11. Dynastie und Familie

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ten, erklärt sich primär über das familiäre Verständnis, wie unser Gang durch die Reichspolitik Friedrich Wilhelms gezeigt hat. Hier dürfte, um dies gleich vorwegzunehmen, auch eine Erklärung für die noch näher zu schildernden scharfen und mitunter zermürbenden innerfamiliären Auseinandersetzungen liegen, die der preußische König mit seiner Gemahlin und einigen seiner Kinder auszutragen hatte. Es ging dabei eben nicht nur um den verletzten Stolz eines patriarchalischen Familienoberhauptes oder den klassischen Generationenkonflikt zwischen Jung und Alt mit ihren divergierenden Interessen und Lebensentwürfen. Die Auseinandersetzungen waren vielmehr eingebunden in die »Große Politik« und wurden deshalb mitunter auf offener Bühne ausgetragen, auch wenn diese Form der Öffentlichkeit dem Monarchen überhaupt nicht behagte. Doch dazu später mehr. Wir haben bereits erfahren, dass der Kur- bzw. Kronprinz Friedrich Wilhelm frühzeitig auf diese dynastischen Fragen aufmerksam gemacht worden war. Das Wissen um genealogische Zusammenhänge spielte im politischen Alltag der Herrscherhäuser eine kaum zu unterschätzende Rolle. Mittels Stammbäumen konnte die Erbfolge anhand der männlichen Linie verfolgt werden.6 Demzufolge kam der Vermittlung von Kenntnissen über die europäischen Königs- und Fürstenhäuser für die nachwachsenden Dynastieangehörigen ein hoher Rang zu und gehörte zu denjenigen Unterrichtsbestandteilen, die bei der Unterweisung des jungen Friedrich Wilhelm einen großen Stellenwert einnahmen. Nachweislich der »Erziehungs-Instruktion« und der Aufzeichnungen seines Lehrers Rebeur weiß man, dass Friedrich Wilhelm – in übrigens ganz traditioneller Weise – über die europäischen Staaten und damit eben auch über die an der Spitze der Ranghierarchie stehenden hochadligen Familien unterrichtet worden war. In Rebeurs 1702 für den Kronprinzen verfassten Denkschrift wurde gewissermaßen ein Resümee dieser historischen und staatenkundlichen Unterweisungen gezogen.7 Friedrich Wilhelm reklamierte schon frühzeitig recht selbstbewusst einen Platz in jener »société des princes« für sich. In einem Gespräch mit einem französischen Diplomaten wies er gar »in einer ein wenig hochfahrenden Art« darauf hin, dass der Herzog von Burgund nicht sein »Cousin«, sondern sein »Bruder« sei. Mit einem französischen Prinzen wolle er schließlich gleichen Rang haben.8 Und es kam nicht von ungefähr, dass er in 424

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seinem Politischen Testament von 1722 in den der Außenpolitik gewidmeten Passagen zuerst auf die Sukzessionen infolge von Erbverträgen (Jülich-Kleve, Ostfriesland, Mecklenburg) zu sprechen kam. Allerdings subsumierte er sie unter den sogenannten »stah[t]ssachen« und leistete damit jener späteren Interpretation Vorschub, die im Sinne von Staatsräson und »Machtstaats-Idee« von diesen scheinbar archaisch anmutenden Bezügen wenig wissen wollte.9 Entgegen der Praxis seines Großvaters favorisierte er eine ungeteilte Vererbung des Gesamtstaates an den ältesten Sohn, der zum »Universalerben« eingesetzt wurde.10 Auf die familiären Zusammenhänge weist des Weiteren die Beobachtung hin, dass man ihm – auch das schon vor seiner Thronbesteigung – Empfindungen wie eine gewisse Empathie, Fürsorge und Sympathie gegenüber Angehörigen seines Hauses nicht absprechen kann. Die diesem Eindruck widersprechenden älteren Meinungen ließen sich wohl zu stark von jenen Urteilen beeinflussen, die seine älteste Tochter Wilhelmine in ihren berühmten Memoiren gefällt hatte. Aus dieser Quelle hat das überlieferte Bild eines herzlosen, gefühlskalten, zu Jähzorn neigenden und selbst vor körperlicher Züchtigung nicht zurückschreckenden Familienoberhauptes viel Nahrung erhalten.11 Demgegenüber hat die Forschung deutlich machen können, dass der Wert dieser Memoiren kaum in einem authentischen Quellenzeugnis zu sehen ist, sondern vielmehr hat Wilhelmine versucht, ihre Erfahrungen romanhaft zu verarbeiten – mit einem gehörigen Maß an dichterischer Freiheit, gewürzt mit Parodie und Satire. Letztlich ging es ihr darum, »ihrer Sicht der Geschehnisse, die sie selbst betrafen, Geltung [zu] verleihen«.12 Des ungeachtet sind einige der von seiner ältesten Tochter beschriebenen Charakterzüge Friedrich Wilhelms I. kaum in Abrede zu stellen. Ähnliche Beobachtungen, wie sie in den Erinnerungen Wilhelmines zu finden sind, machten ja auch andere Zeitgenossen. Jedoch war der Charakter Friedrich Wilhelms I. viel zu ambivalent, um ihn auf diese gewiss problematischen Seiten zu beschränken.

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Friedrich Wilhelm I. als Vater Im Übrigen finden sich selbst in Wilhelmines Memoiren einige Anhaltspunkte, die das Verhältnis zum Vater in ein etwas anderes Licht tauchen. Ein solches auf den ersten Blick verwunderliches Urteil erscheint aber glaubhaft, weil sich hier Belege dafür finden lassen, dass der König Charaktereigenschaften wie Lebhaftigkeit, Schlagfertigkeit und eine gewisse körperliche Robustheit bei seinen Kindern durchaus wohlmeinend wahrnahm: Der »König liebte mich mit Leidenschaft. Keinem seiner anderen Kinder zeigte er sich so aufmerksam wie mir«. Vor allem aber bestätigen die Erinnerungen der ältesten Königstochter eine auch durch andere Quellen nachzuweisende Beobachtung, wonach es – modern gesprochen – ein durchaus aktives Familienleben gegeben hatte. Zehn Kinder (vier Söhne und sechs Töchter), die aus der Ehe Friedrich Wilhelms und Sophie Dorotheas hervorgingen, erreichten das Erwachsenenalter. Der Tagesablauf im Berliner, Potsdamer oder Wusterhausener Schloss war so gestaltet, dass der König seine Kinder recht häufig sah – jedenfalls öfter, als dies in anderen reichsfürstlichen Familien der Fall war, und auch intensiver, als man dies am preußischen Hof des alten Königs beobachten konnte. An den meisten Höfen dominierte ein schon vom zeremoniellen Ablauf her vorgegebenes, eher distanziertes Verhältnis der fürstlichen Eltern gegenüber ihren Kindern.13 Dem König lag offensichtlich jene bewusst inszenierte »Nähe« zu seiner Familie, der vertrauliche und vergleichsweise wenig durch das Zeremoniell eingeschränkte Umgang mit Gemahlin und Kindern am Herzen, auch wenn dies aus den bekannten Gründen bei seinen Töchtern und Söhnen nicht immer auf Gegenliebe stieß. Ein Gesandter wusste zu berichten, dass »dem Könige zu Gefallen … die Königin mit denen beyden Printzessinnen dem perforce Jagen« beigewohnt habe.14 Zur Vorbereitung des Besuches des polnischen Königs 1728 wurde der Hofmaler Antoine Pesne beauftragt, ein Familienporträt anzufertigen, das auch etwas von dieser Atmosphäre eines betont engen Umganges einfangen sollte, obgleich natürlich eine gewisse Inszenierungsabsicht nicht verhehlt werden kann.15 Und anlässlich der bevorstehenden Hochzeit der Prinzessin Philippine Charlotte bekundete der König in einem Brief sichtlich 426

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seine Vorfreude darüber, dass ich »meine schöne Familie zusammen bekomme«.16 Diese sich gewissermaßen »face to face« abspielenden Begegnungen hatten freilich auch zur Folge, dass sich bestimmte Spannungen in direkten persönlichen Auseinandersetzungen entladen konnten. Der Dutzende Male erzählte Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm und seinem ältesten Sohn, dem Kronprinzen, bietet dafür viele Belege. Während der für die Herbstmonate bezeugten Aufenthalte im Jagdschloss Wusterhausen lebte die königliche Familie auf vergleichsweise engem Raum. Hier konnte man sich kaum aus dem Wege gehen. Eine weitere Erklärung für die familieninternen Kontroversen bietet das vonseiten des Königs geforderte Rollenverständnis, das er seinen Kindern zugedacht hatte.17 Seinen Söhnen wollte er eine in erster Linie militärisch ausgerichtete Ausbildung angedeihen lassen. Dieser Wunsch war nicht nur in der Erziehung des Thronfolgers angelegt, sondern schlug sich auch im Verhalten gegenüber den nachgeborenen Söhnen nieder. So hatte etwa der Hauslehrer des zweitältesten Prinzen August Wilhelm, der Kriegsrat Philipp Jakob Lindener, folgende Grundsätze zu beachten: »Er soll ihn auch inspirieren, dass er nicht ein Scholaste sein soll, sondern sein Metier sei, ein braver Soldat und Offizier und dass er ein großer Herr dermaleinst werden soll.«18 Sprichwörtlich vom ersten Lebenstag an schien diesem Prinzen und seinen Brüdern jene Rolle zugedacht worden zu sein. Dem ihm vertrauten Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, schrieb er anlässlich der Geburt August Wilhelms im August 1722, dass »ein kadet auf die weldt gekomen ist«.19 Vor diesem Hintergrund erschien es plausibel, dass der königliche Vater frühzeitig Offiziere mit der Ausbildung seiner Söhne betraute; im Falle des Kronprinzen waren das der als Obrist dienende Albert Konrad Graf Finck von Finckenstein und ein Major Christoph Wilhelm v. Kalckstein. 1725, als Dreizehnjähriger, wurde Friedrich zum Hauptmann im sogenannten Königsregiment befördert und in den militärischen Dienstablauf integriert, was unter anderem ein fast tägliches Exerzieren unter den gestrengen Augen des Vaters einschloss.20 Auch sein jüngerer Bruder August Wilhelm erhielt schon als Neunjähriger im Jahre 1731 das 2. Kürassier-Regiment, wenngleich sich seine Verpflichtungen mit der Teilnahme an den jährlichen Revuen und Schaumanövern noch in Grenzen hielten. Aber schon vier Jahre später hatte er als Offizier im 11. Dynastie und Familie

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Garnisonsort seines Regiments, im etwa 70 Kilometer nordwestlich Berlins gelegenen Kyritz, einige Monate hindurch täglichen Dienst zu verrichten.21 Einen ähnlichen Weg beschritt auch Prinz Heinrich.22 Als Friedrich Wilhelm I. erkennen musste, dass die Interessen und Neigungen des Kronprinzen so gar nicht seinen Vorstellungen entsprachen, entwickelte sich jener Konflikt, in dessen weiteren Verlauf neben diesen so grundverschiedenen Anlagen bei Vater und Sohn selbstredend auch andere Faktoren hineinspielten – bis hin zu seiner dramatischen Zuspitzung im Umfeld der Flucht Friedrichs und des Katte-Prozesses. Zunächst aber musste der König zu seinem Verdruss immer deutlicher wahrnehmen, dass sich sein ältester Sohn »anstelle eines angehenden preußischen Offiziers … zu einem kleinen französischen Gecken entwickelt« hatte.23 Der Lebensstil des Kronprinzen, angefangen von den favorisierten geistigen Interessen bis hin zu seinem Hang, Schulden zu machen, oder einer zu nachlässigen Kleidung, behagte ihm überhaupt nicht, obwohl bei genauerem Hinsehen dessen kritisierte Libertinage eher den damaligen Konventionen des Hochadels entsprach als der vom Vater vorgelebte Gegenentwurf. Die beim König beobachtete fast schon exzessive Hingabe an alles, was mit dem Militär zu tun hatte, aber auch dessen Jagdleidenschaft – in Friedrichs Augen eine Tätigkeit, bei der »der Geist brachliege« – war dem Kronprinzen zuwider. Hinzu trat, dass Friedrich offenbar den physischen Strapazen des täglichen militärischen Drills nur bedingt gewachsen war. Der kaiserliche Gesandte am preußischen Hof berichtete zum Beispiel im April 1728, dass der Leibmedicus Stahl gewarnt habe, den 16-jährigen Kronprinzen aufgrund seines Gesundheitszustandes den »schweren übungen und mühsamen Soldaten exercition nicht überheben« zu wollen, denn dann wäre »an seinem langen Leben zu zweifeln«.24 Die Spannungen zwischen Vater und Sohn blieben den in Berlin und Potsdam weilenden Zeitgenossen nicht verborgen und wurden immer mehr zum Thema in den Berichten über den preußischen Hof. In den meisten Statements dominierte Unverständnis, wenn nicht gar offene Ablehnung des Vorgehens Friedrich Wilhelms I. gegenüber dem Kronprinzen. Der Kaiser, der durch die offiziellen Berichte seines Gesandten, mehr aber noch durch die Informationen des Generals v. Seckendorff en détail über die Vorgänge unterrichtet wurde, intervenierte mehrfach persönlich bei Friedrich Wilhelm I., um diesen zu mehr Mil428

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Der Kronprinz Friedrich, der spätere König Friedrich II., und seine Brüder Ferdinand, August Wilhelm und Heinrich (v. l. n. r.). Gemälde (1737) von Carlo Francesco Rusca.

de gegenüber seinem Sohn zu bewegen.25 Sichtlich konsterniert berichtete der englische Gesandte Dickens an seinen König nach London: »Täglich geschehen hier Dinge, welche selbst uns (die wir an Ort und Stelle sind) unglaublich erscheinen, und ich muß fürchten, daß sie Euer Herrlichkeit in so großer Entfernung noch unbegreiflicher vorkommen.«26 Vergleiche mit den brutalen Exzessen Zar Peters I., die er zwölf Jahre zuvor an seinem Sohn, dem Zarewitsch Alexei, verübt hatte, lagen auf der Hand.27 Nur wenige Angehörige der europäischen Hochadelsge11. Dynastie und Familie

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sellschaft, wie etwa der schwedische König Friedrich I., zeigten ein gewisses Verständnis für die Lage, in der sich der preußische König befand, auch wenn er im weiteren Verlauf des Prozesses das Vorgehen Friedrich Wilhelms I. nicht guthieß. Er ließ seinen Standesgenossen am 25. August 1730 wissen, dass ihn »dieselben Empfindungen überzeugen« und er nachvollziehen könne, dass der Hohenzoller »zwischen den großen Verpflichtungen als König und Vater zu wählen« habe.28 In der übergroßen Mehrheit der europäischen Hochadelsfamilien fühlte man mit dem drangsalierten preußischen Thronfolger, besonders in der nachwachsenden Generation der Dynastien.29 Der hessen-kasselsche Prinz Georg, der seit 1713 in der preußischen Armee stand, trug sich seit 1729 mit dem Gedanken, das Dienstverhältnis aufzukündigen. Maßgeblich wurde er in seiner Entscheidung von dem Verhalten des preußischen Königs, also seines höchsten militärischen Vorgesetzten, gegenüber dessen ältestem Sohn beeinflusst. Prinz Georg registrierte mit Schauder, wie Friedrich Wilhelm I. seine »mauvaises humeurs« an seinem Sohne Fritz ausließ, »d’une manière inouie en Allemagne«, und fragte sich, wie lange sich der gequälte Kronprinz diesem »rüden Tractament« noch unterwerfen werde.30 Und der englische König Georg II. bat den Kaiser persönlich, bei Friedrich Wilhelm I. ein gutes Wort für den Kronprinzen einzulegen.31 Insbesondere rief die Behandlung des Kronprinzen in den Monaten nach dem gescheiterten Fluchtversuch, vor allem seine Arretierung in der Festung Küstrin und die Hinrichtung seines Freundes Katte, Bestürzung hervor. Dass es zu Unbotmäßigkeiten junger Dynastieangehöriger gegenüber dem »Chef« des Hauses kam, war gleichwohl so ungewöhnlich nicht. Zwei Jahre zuvor hatte der ebenfalls in das Projekt der Doppelhochzeit involvierte englische Kronprinz (bzw. hannoveranische Kurprinz) Friedrich Ludwig versucht, die Initiative zu übernehmen. Ungehalten über die Verzögerung der Hochzeitspläne beabsichtigte er, im Alleingang von Hannover nach Potsdam zu ziehen, um dort um die Hand der preußischen Prinzessin Wilhelmine anzuhalten. Der darüber informierte, über diese Eigenmächtigkeit alles andere als erbaute König Georg II. beließ es jedoch dabei, den unbotmäßigen Sohn schleunigst von Hannover nach London bringen zu lassen, wo er in der nächsten Zeit unter seiner direkten Kontrolle stand.32 430

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Im preußischen Fall lagen die Dinge etwas anders. Als Obrist eines königlichen Infanterie-Regiments dürften Friedrich sowohl die strengen Maßstäbe militärischer Subordination als auch die mit dem hochadligen Ehrenkodex verbundenen Erwartungen wohl bewusst gewesen sein, als er sich auf das ebenso riskante wie dilettantisch vorbereitete Fluchtunternehmen einließ. Und trotz der uns heute vielleicht abstoßenden Härte des Urteils – leicht hatte es sich der König gewiss nicht mit der Entscheidung gemacht. Die überlieferten Quellen des Prozesses legen davon ein beredtes Zeugnis ab. Nicht als Tyrann, der seine Launen ausleben wollte, sondern eher als »prüfend-geprüfter Souverän« versuchte er, ein hartes, aber in seinen Augen gerechtes und mit dem damaligen Rechtsempfinden konformes Urteil zu fällen.33 Wie stark ihn diese Angelegenheit emotional bewegte, lässt sich zum Teil aus der Diktion des Kabinettsdekrets an das im Schloss Köpenick tagende Kriegsgericht herauslesen. Zunächst wird das Urteil in nüchternem Stil bekannt gegeben: »Seine Königliche Majestät in Preußen wollen, und zwar von Rechts wegen, daß der Katte mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht werden soll«, um dann mitten im Text in die Ich-Form zu wechseln: »Dieser Katte aber ist nicht nur in Meinem Dienst Officier bei der Armée, sondern auch bei der Guarde Gens d‹armes, und da bei der ganzen Armée alle Meine Officiers Mir getreu und hold sein müßen, so muß solches um so viel mehr geschehen von den Officiers von solchen Regimentern«.34 Hochverrat und Desertionskomplott lauteten die Anklagepunkte, und darauf stand die Todesstrafe.35 In diese eher Verständnis für das Vorgehen des Königs aufbringende Interpretationsrichtung ordnet sich die jüngst vorgetragene Auffassung ein, wonach die Aktion Friedrichs als Staatsstreich gegen seinen Vater gewertet werden könne – ein Unternehmen, dessen Brisanz angesichts des damals schon sehr angegriffenen Gesundheitszustands des Königs kaum zu überschätzen wäre.36 Für diese Wahrnehmung spräche auch jene Passage im Schreiben Friedrich Wilhelms I. an das Kriegsgericht, in der er dem v. Katte vorwarf, »mit fremden Ministren und Gesandten allemal durcheinander gesteckt« und »mit dem Kronprinzen zu complottiren«.37 Der Ausgang des Konflikts ließe sich aber auch dahingehend deuten, dass sich Friedrich Wilhelm I. nicht ohne Weiteres über die Konventionen der europäischen Hochadelsgesellschaft hinwegsetzen konnte und 11. Dynastie und Familie

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letztlich das Urteil über den Kronprinzen abmilderte. Der preußische König musste sich, wiewohl unter großem »Grummeln«, mit seinem Thronfolger abfinden. Sultane oder Zaren – man denke nur an den Fall des unglücklichen Zarewitsch Alexei – »hätten es als ihr selbstverständliches Recht angesehen, einen rebellischen Sohn zu enterben, wo nicht gar töten zu lassen«.38 Friedrich Wilhelm I. konnte allenfalls hoffen, ihn nach dieser schicksalhaften Erfahrung und diesem emotionalen Parforceritt in der ihm noch verbleibenden Zeit in seinem Sinne zu formen. Wenn auch Zweifel an der äußerlich gezeigten Reue des Kronprinzen angebracht schienen, lässt sich kaum in Abrede stellen, dass es dem König gelang, seinen Sohn für das militärische Metier zu begeistern. Ein Schlüsselerlebnis dürfte dabei die von Friedrich Wilhelm angeregte Hospitation seines ältesten Sohnes an den am Oberrhein stattfindenden Feldzügen im Rahmen des Polnischen Thronfolgekrieges 1734 gebildet haben, wo er die Bekanntschaft mit dem Helden der Türkenkriege, Prinz Eugen von Savoyen, machen konnte. Die damit verbundene Absicht scheint überdeutlich in der von Friedrich Wilhelm I. aufgesetzten Instruktion für den Kronprinzen durch, der sich dabei so aufführen solle, »wie es einem Prinzen aus altem Brandenburgischen Geblüthe und einem ehrlichen, braven und rechtschaffenen Soldaten gehöret und gebühret«.39 Auch die im September 1733 vorgenommene Neufassung des Testaments Friedrich Wilhelms I., in dem der Kronprinz noch einmal zum Alleinerben bestimmt wurde, deutet auf die veränderte Wahrnehmung des Verhältnisses zu seinem Sohn hin: Er vermache ihm dies alles, »dieweil mein ältester Sohn Friderich sich jetzo nach meinem Sinne schicket und dem Vater gehorsam ist«.40 Angesichts dieser ihn erfreulich stimmenden Beobachtungen wird der Vater über andere, von ihm nach wie vor kritisch bemerkte Persönlichkeitszüge des Thronfolgers hinweggesehen haben. Ob bzw. wie Friedrich Wilhelm I. die sich immer deutlicher zeigende homosexuelle Veranlagung des Thronfolgers wahrnahm, darüber verlautet nichts in den Quellen; dies scheint während der gesamten Spannungen keine Rolle gespielt zu haben. Es sollte aber eingedenk seines großen Misstrauens eher verwundern, wenn der König darüber nicht ins Bild gesetzt worden wäre. Zuträger aus dem Umfeld des Kronprinzen gab es ja genügend. Auch wenn Friedrich Wilhelm I. für diese Neigung sicherlich kein tiefe432

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res Verständnis aufbringen konnte, suchte er sie gleichwohl nicht zu unterbinden – so wie im Übrigen auch nicht bei Prinz Heinrich, dem mit Friedrich Wilhelm von Kreyzen sogar ein homosexueller Erzieher an die Seite gestellt wurde.41 In der älteren Forschung ist jenes Thema bekanntlich mit spitzen Fingern angefasst worden, obschon einige indirekte und direkte quellenmäßig gedeckte Nachweise dazu vorliegen.42 Nach dieser Lesart hätte Friedrich während seiner Jugend seine Heterosexualität intensiv ausgelebt, sei dann aber durch eine Geschlechtskrankheit und nachfolgende Operation seit 1733 zu sexueller Abstinenz genötigt gewesen, was dann letztlich auch das äußerst distanziert bleibende Verhältnis zu seiner Gemahlin erklärt hätte. Doch nicht nur, dass Friedrich zwischen seiner im selben Jahr begangenen Hochzeit und seiner sieben Jahre später erfolgenden Thronbesteigung gegenüber seiner Frau keineswegs sexuelle Enthaltsamkeit übte, wenn schon »eher aus Pflicht denn aus Neigung«.43 Vielmehr unterhielt der Kronprinz während seiner Ruppiner und Rheinsberger Jahre gleichzeitig sexuelle Beziehungen zu jungen Offizieren. Seit wann diese Orientierung seinem Umfeld aufgefallen war, kann ebenso wenig mit Sicherheit gesagt werden, wie auch unklar ist, ob es schon vor dem unglücklichen Hans Herrmann von Katte andere Liebespartner gegeben hatte. Jedenfalls enthalten Briefe an einen jungen Leutnant von der Groeben aus der Mitte der 1730er Jahre eindeutige – bis in anatomische Details gehende – Anspielungen auf eine homoerotische Beziehung.44 Ungeachtet des subjektiven Falls des preußischen Thronfolgers taugten aber solche gleichgeschlechtlichen Beziehungen innerhalb des Hochadels, gerade unter hohen Militärs, damals keineswegs zum Skandalon. Die besondere Ausrichtung der Prinzenerziehung auf das militärische Metier stellte nun für sich genommen gewiss keine Eigentümlichkeit in der preußischen Herrscherfamilie dar, sondern wurde auch in vielen anderen deutschen Fürstendynastien favorisiert. Neben einer geistlichen Karriere, deren Chancen aber in protestantischen Dynastien nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung standen, bot sich gerade für nachgeborene Söhne eine Militärkarriere als geeignete Option an, um standesgemäß zu reüssieren. Zweifelsohne spielte die Affinität des regierenden Fürsten zum Militär eine entscheidende Rolle, und diese war bei Friedrich Wilhelm I. bekanntlich besonders ausgeprägt und zeitigte 11. Dynastie und Familie

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Auswirkungen auf sein differenziertes Verhältnis zu den Angehörigen der hohenzollernschen Seitenlinien. So sei noch einmal an das überaus herzliche Einvernehmen des Kronprinzen Friedrich Wilhelm mit seinem Onkel, dem Schwedter Markgrafen Philipp Wilhelm, erinnert, der als Generalfeldzeugmeister eine wichtige Rolle in der preußischen Armee einnahm und einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Prägung Friedrich Wilhelms ausübte.45 Vergleichbare Herrscherpersönlichkeiten begegnen uns in jener Zeit aber auch im Falle des bayerischen Kurfürsten Max II. Emanuel, des württembergischen Herzogs Carl Alexander oder des hessischen Landgrafen Carl, der – in die preußische Entwicklung zum »Militärstaat« fast antizipierender Weise – »die Armee zum Motor des Staates, … zum Mittel der Manifestation fürstlichen Selbstbewußtseins« gemacht hätte.46 Ein gänzlich anderes Verständnis brachte der König seinen Töchtern gegenüber auf. Auch in diesem Verhalten finden sich durchaus Übereinstimmungen zu anderen Fürstenhäusern, vor allen Dingen dahingehend, dass die Geburt von Prinzessinnen zunächst einmal eine geringere Wertschätzung genoss. Das hing überwiegend damit zusammen, dass weibliche Nachkommen – abgesehen von der Tatsache, dass sie für die Herrschernachfolge nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen zur Verfügung standen – unter bestimmten Bedingungen geringere Chancen auf dem Heiratsmarkt besaßen. Es handelte sich dabei um ein strukturelles Problem in der gesamten, also auch die landsässige Ritterschaft einschließenden Adelsgesellschaft.47 Eine Vielzahl von Töchtern konnte das Oberhaupt einer Adelsfamilie mit Blick auf deren Versorgung, vor allem die Heirat mit einem standesgemäßen Partner, durchaus vor ernste Probleme stellen und erwies sich zumeist als »Zuschuss«-Geschäft. Die anlässlich der Geburt seiner Tochter Luise Ulrike am 25. Juli 1720 an Fürst Leopold geschriebenen Zeilen spiegelten die abschätzige Meinung über weibliche Nachkommen wider: Gestern »ist eine auf die weldt gekommen ich werde ein kloster anlegen ... oder man mus sie versauffen oder Nonnen daraus machen menner krigen sie nit alle«.48 Dieses »Nonnen-Motiv« fand sich im Übrigen auch in anderen Verlautbarungen des Königs, wenn er sich über die Prinzessinnen seiner Familie äußerte.49 Doch ungeachtet dieser – wohl nicht immer ernst gemeinten und eher in dem derben Duktus der Männerfreundschaft dahingeschriebe434

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nen – herabsetzenden Bemerkungen existiert eine Reihe von Belegen über eine durchaus vorhandene väterliche Fürsorge des Königs gegenüber seinen Töchtern: Interessiert zeigte er sich an Lernfortschritten und examinierte sie zuweilen selbst auf Kenntnisse im Katechismus.50 Eine große Anteilnahme soll Friedrich Wilhelm I. laut den Beobachtungen eines Gesandten zum Beispiel 1729 bei der Abreise der frisch verheirateten Prinzessin Friederike Luise – sie wurde von ihm mit dem Kosenamen »Ickerle« bedacht – nach Brandenburg-Ansbach empfunden haben: »Der Abschied war sehr betrübt, indem man den gantzen Hoff weinen sahe ja! Selbst der König hat unter vielen Tränen Abschied genommen, wobey Se. Majestät den Marggrafen und seine Gemahlinn beyde zugleich in die Arme gefaßet und Dieselbe ein üms andere zum öffteren geküßet endlich aber dem Marggrafen seine Gemahlinn vielmahl mit beweglichen Worten empfohlen.«51 Und auch nachdem Friederike Luise nun als Markgräfin am ansbachischen Hof weilte, blieb eine recht starke emotionale Bindung zwischen Vater und Tochter erhalten. Immer wieder schrieb er ihr und drängte auf Nachrichten, »was Ihr machet, wie Ansbach aussiehet« und was dort »passiret«. Und sie solle ihm nur immer mitteilen, »was … ihr gerne haben« wollet.52 Wenn er es seiner Meinung nach an der entsprechenden Aufmerksamkeit ihr gegenüber ermangeln ließ, sparte er nicht mit Selbstvorwürfen: »Meine allerliebste ickerle, ich habe euch so lange lange nit geschriben und habe so viell Brieffe von dich bekommen.«53 Drei Jahre später zeigte er sich hocherfreut, dass »Ihr gott lob nun wohl schwanger seidt«, und bat sie besorgt darum, »euch wohl in acht« zu nehmen und sich zu schonen – eine deutlich von der erwähnten Briefpassage an Leopold von Anhalt-Dessau (»Nonnen«-Topos) abweichende Sichtweise.54 Für die im Vergleich zum Verhalten gegenüber seiner ältesten Tochter anders gelagerte Beziehung spräche indirekt auch eine von Wilhelmine geschilderte Begebenheit: Demnach habe sich ihre Schwester kurz vor ihrer Abreise nach Ansbach sehr offenherzig ihrem Vater gegenüber äußern können und angekündigt, dass sie an ihrem neuen Hof »einen guten und reichlich bestellten Tisch führen würde, der besser als der Ihre sein wird, und wenn ich Kinder bekomme, so werde ich sie nicht malträtieren wie Sie, noch sie zwingen, Dinge zu essen, die ihnen widerstehen«.55 Diese Vorhaltungen sollen den König zwar betroffen gemacht haben, eine zornige Reaktion seinerseits sei aber ausgeblieben. 11. Dynastie und Familie

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Auch Philippine Charlotte, die im Juli 1733 mit dem Herzog Karl von Braunschweig-Wolfenbüttel verheiratet worden war, unterhielt nach ihrem Weggang an den Braunschweiger Hof eine rege Korrespondenz mit ihrem Vater, die weit über Förmlichkeiten hinausging, wie sie ansonsten zwischen Familienangehörigen hochadliger Dynastien üblich waren.56 Schließlich sah sie sich als »Lieblingstochter« ihres Vaters57 – eine Wahrnehmung, die man allerdings nicht überbewerten sollte, denn Friedrich Wilhelm hatte ihre Schwester Friederike Luise mit ähnlichen Titulierungen bedacht.58 Häufig besuchte sie, einige Male auch mit ihrem Gemahl gemeinsam, ihre Eltern in Berlin. Nach der letzten Visite an der Jahreswende 1739/40, als sie den schon sehr bedenklichen Gesundheitszustand ihres Vaters mit eigenen Augen zur Kenntnis nehmen musste, ließ sie ihm in den nachfolgenden Briefen medizinische Ratschläge und Zeilen tiefer Zuneigung zuteilwerden.59 Des Öfteren wurden zwischen Friedrich Wilhelm I. und seinen Töchtern Geschenke ausgetauscht. So erhielt etwa Prinzessin Friederike Luise von ihrem Vater ein silbernes Service, eine goldene Tabatiere, wertvollen Stoff und ein Paar goldener Beistelltischchen.60 Des Weiteren sind Belege dafür überliefert, dass Friedrich Wilhelm I. auch zu weiblichen Angehörigen des Hauses Brandenburg, die einen etwas entfernteren Verwandtschaftsgrad aufwiesen, eine gewisse emotionale Bindung entwickeln konnte. Gegenüber seiner Tante Johanna Charlotte, der Witwe des 1711 verstorbenen Markgrafen Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt, zeichnete sich das Verhalten des sonst so sparsamen Friedrich Wilhelm I. durch »eine ungewöhnliche Freigebigkeit« aus.61 Als sich die 1729, gefördert nicht zuletzt durch die Protektion des preußischen Königs, zur Äbtissin von Herford gewählte Johanna Charlotte auf die Abreise vorbereitete, bat sie der König noch zu bleiben: »Ma chere Tante will nach Herford abreisen, da doch meiner Friederica62 Beylager so nahe ist; Ich bitte derselben die Ehre zu geben: solchem vors erst bey zuwohnen und die Reise so lange aufzuschieben.«63 Ebenso lässt sich das Verhalten Friedrich Wilhelms gegen seine männlichen Nachkommen nicht auf das extrem belastete und bis 1730 immer weiter eskalierende Verhältnis zum Kronprinzen beschränken. Freilich hatte der König im Sinne des variierenden Rollenverständnisses einen anderen Zugang zu seinen nachgeborenen Söhnen. Wie sich insbesonde436

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re im Falle August Wilhelms – seines mitunter mit dem Kosenamen »Mignon«64 bedachten Lieblingskindes – und Heinrichs belegen lässt, konnte durchaus ein vertrauensvoller Umgang gepflegt werden. Ähnlich wie zu seinen jüngeren Töchtern war dieser auch durch eine gewisse Emotionalität gekennzeichnet. Zeitzeugen berichteten etwa von einer rührenden Begegnung des Königs mit dem damals fünfjährigen Prinzen August Wilhelm auf der Berliner Schlossbrücke, wo der Vater ihn »wohl eine halbe Viertelstunde« geküsst haben soll.65 Auch fand der König immer wieder einmal Zeit, mit ihm zu spielen; vorzugsweise fand ein solcher Zeitvertreib im militärischen Ambiente von Miniaturfestungen und pyrotechnischen Schauvorführungen statt.66 Außenstehende haben das zum Teil erheblich divergierende Verhältnis Friedrich Wilhelms zu seinen Kindern genau wahrgenommen. Gotthilf August Francke, der Sohn August Hermann Franckes, hatte den König im Oktober 1727 in Wusterhausen besucht und liefert uns anlässlich der in diesem Jagdschloss abgehaltenen Mittagstafel ein knappes, aber dennoch recht interessantes Psychogramm über die königliche Familie, das sich mit anderen zeitgenössischen Beobachtungen deckt: »Der Kronprinz ist eines sehr stillen Wesens, bedachtsam und gar merklich temperamenti melancholici; die älteste Prinzessin desgleichen, die anderen Prinzessinnen haben ein sehr aufrichtiges und helles Gesicht, dabei was gar Unschuldiges … « Dass bei »der Tafel … sehr wenig gesprochen« wurde, war indes nicht ungewöhnlich und lässt sich wohl nicht vorrangig mit der Strenge und der ausgespielten Autorität des Vaters erklären, sondern entsprach den üblichen Konventionen an den Höfen.67 Auch das Bild des fürsorglichen Vaters tritt uns vor Augen, wenn Francke schreibt, »daß es sehr artig ist, wenn der König den kleinen Prinz beten läßt, da er wie ein anderer Hausvater gebückt hinter ihm steht«.68 Von gelegentlicher Anwendung häuslicher Gewalt blieben neben dem Kronprinzen und Prinzessin Wilhelmine auch die anderen Kinder nicht verschont, allerdings müssen dies nachweislich der uns bekannten Belege Einzelfälle geblieben sein.69 Einer der älteren Biographen Friedrich Wilhelms I. vertrat gar die Auffassung, dass es der König bei aller Strenge seiner Erziehungsmaxime nie zu Handgreiflichkeiten habe kommen lassen, den »großen Vorfall ausgenommen« – also die Katastrophe im Umfeld der Flucht des Kronprinzen.70 11. Dynastie und Familie

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Das Verhältnis des Königs zu seiner Gemahlin In den Ausführungen zum Familienleben im preußischen Königshaus gebührt neben dem Monarchen selbst und seinen Kindern auch der Königin hinreichende Aufmerksamkeit, zumal die aus dem welfischen Haus Hannover stammende Sophie Dorothea zu den bedeutenderen Gemahlinnen der brandenburgisch-preußischen Regenten zu zählen ist. Mit 14 geborenen Kindern, von denen zehn das Erwachsenenalter erreichten, galt sie als Ideal dynastischer Fruchtbarkeit. Und in der Tat entsprach diese primär auf ihre Rolle als Mutter beschränkte Funktion den Vorstellungen des Königs. Die Königin »solle gar kein Gehör in nichts haben, sondern manches mahl mit was unfreundlichen expressionen zu ihren Nähewerck verwiesen« worden sein, wusste der kaiserliche Gesandte kurz nach dem Thronwechsel 1713 zu berichten.71 Ungeachtet dieser abschätzigen Bemerkungen Friedrich Wilhelms I. beschränkten sich entgegen älteren Urteilen die Bestimmung und das Selbstverständnis Sophie Dorotheas wahrlich nicht auf eine Staffagefunktion innerhalb des höfischen Zeremoniells und auf das Gebären des Nachwuchses. Die Aufgaben einer Herrschergattin umfassten vielmehr ein weites Spektrum; so konnte die Fürstin in vielfältiger Weise »als Vermittlerin, Fürbitterin und Ehestifterin« agieren, ebenso vermochte sie bei einem engen Verhältnis zu ihrem fürstlichen Gemahl auch eine Rolle als Vertraute, als informelle Beraterin zu spielen.72 Gerade während der ersten sieben Jahre zwischen der 1706 begangenen Hochzeit und der Thronbesteigung, aber auch noch in den ersten Jahren nach dem Herrschaftsantritt 1713 muss das Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm und Sophie Dorothea vertrauensvoller als in der zweiten Hälfte der Regierungszeit gewesen sein. Die erhaltenen Briefe aus den Feldlagern, in denen sich der Kronprinz bzw. der König während des Großen Nordischen Krieges aufhielt, spiegeln Zuneigung und sogar eine gewisse Zärtlichkeit gegenüber seiner Gemahlin wider.73 Und auch aus dem eben zitierten kaiserlichen Gesandtenbericht geht hervor, dass man neben den bekannten Grobheiten Friedrich Wilhelms gegenüber seiner Frau durchaus Anzeichen für eine engere emotionale Beziehung innerhalb des preußischen Königspaares wahrnehmen konnte: Demnach »be438

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zeiget Er [der König – F.G.] ihr aber viel Liebe, und wann Er hier wären, Sie stets beysammen«.74 Für eine solche Vertrauensbasis spräche außerdem, dass Friedrich Wilhelm I. während seiner Abwesenheit infolge des 1714/15 stattfindenden Feldzuges seiner Gemahlin zeitweise die Regierungsgewalt übertragen hatte.75 »Wenn was passiert …, was in´s Land Krieg soll geben, und was von großer Impotantz, das soll an meine Frau gesagt und um Rath gefragt werden; sonst soll sich kein Mensch in meine Affairen meliren, als die geheimen Räthe, sonst kein Mensch«.76 Selbst innerhalb der vom König so hoch bewerteten Finanzpolitik wurden ihr während dieser Zeit interimsweise Kompetenzen übertragen: »Es soll kein Geld ausgegeben werden, als was in die Etats steht, kommt ein extraordinairer Casus, soll man meine Frau fragen«.77 Ebenso erhielt sie auch während seiner schweren Krankheit 1720 zeitweise politische Entscheidungsgewalt.78 Dieses für die ersten Regierungsjahre anzunehmende Vertrauensverhältnis rief natürlich Neider auf den Plan. Von daher erklären sich die gespannten Beziehungen zu jenen Angehörigen der politischen Führungsgruppe, die selbst um den Ausbau ihrer Stellung in der Nähe des Monarchen bemüht waren. Fürst Leopold von Anhalt-Dessau und Friedrich Wilhelm von Grumbkow sind dabei an erster Stelle zu nennen. Die Königin unterhielt eine recht intensive Korrespondenz, so zum Beispiel mit solchen bedeutenden Repräsentantinnen der europäischen Hochadelsgesellschaft wie der Prinzessin Caroline von Wales und Liselotte von der Pfalz, so dass sie über wichtige Vorgänge an den bedeutenden europäischen Höfen informiert war, zumal sie angesichts des zunehmenden Misstrauens am Berlin-Potsdamer Hof nicht in der gewünschten Weise mit Nachrichten versorgt wurde.79 Zu ihrer herausgehobenen Stellung innerhalb der Hofgesellschaft trug des Weiteren bei, dass sie immer wieder als Adressatin von Gesuchen und Suppliken fungierte ‑ im Übrigen auch noch für die Zeit nach dem Tode ihres Gemahls. Solche Versuche hätten die Bittsteller nicht unternommen, wenn sie sich nicht zumindest gewisse Chancen ausgerechnet hätten, dass Sophie Dorothea auf ihren Gemahl im gewünschten Sinne einwirken könne. In der überwiegenden Mehrheit waren es weibliche Supplikanten. Dabei ging es um materielle Hilfen und finanzielle Unterstützung. Eine Eva Catherina von der Osten bat die Königin, sich für ihren Mann, einen Amtsträger im Fürstentum Halberstadt, einzuset11. Dynastie und Familie

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zen, der auf falsche »Beschuldigung seiner Feinde« zu Unrecht zu 1.000 Talern Strafe verurteilt worden war. Seine Gegner hätten die durch die Teilnahme an einer »Campagne« bedingte Abwesenheit des Königs ausgenutzt, um ihren »verwerflichen« Plan umzusetzen.80 Andere Gesuche betrafen die Versorgung in Damenstiften. Für das Hallenser Stift signalisierte die Äbtissin im September 1727 der Königin eine Vakanz, denn Sophie Dorothea stand im Rahmen ihrer »preces primariae« ein Besetzungsrecht zu.81 Um aber nicht übertriebenen Erwartungen zu erliegen, gilt es sich vor Augen zu halten, dass letztlich ein halbwegs funktionierendes Verhältnis zu ihrem Gemahl die Voraussetzung dafür bildete, einen gewissen politischen Spielraum zu nutzen und »in ihrer Rolle als Fürbitterin auch als Vermittlerin auf verschiedenen Ebenen wirksam« zu werden.82 Und dieses war bekanntlich immer wieder – besonders auf dem Höhepunkt des dann scheiternden Planes der englischen Doppelhochzeit – durch schwere Zerwürfnisse gestört. Denn auch die Ehe Friedrich Wilhelms und Sophie Dorotheas war von Anbeginn bestimmt von dynastischen Interessen. Die Königin blieb ihrem Hause auf vielfältige Weise verbunden; dies prägte auch ihre Beziehungen zu den Angehörigen der politisch-höfischen Führungsgruppe in der Berlin-Potsdamer Residenz. Sie beschränkte sich dabei nicht auf die Rolle einer passiven Beobachterin, sondern versuchte – hierin der ersten preußischen Königin, Sophie Charlotte, nicht unähnlich –, ein eigenes kulturelles Leben, inklusive eines abendlichen »Gegenprogramms« zur Tabagie ihres Gatten, vornehmlich in ihrem Schloss Monbijou, zu entwickeln, ohne dass man allerdings von einem »Gegenhof« sprechen könnte.83 Aber natürlich vermochte sie durchaus Intrigen zu spinnen und versuchte, innerhalb der Hofgesellschaft für eine prohannoveranische Politik zu werben.84 Dies zeigt zugleich, dass auch in den scharfen Auseinandersetzungen innerhalb der Familie ihre Rolle nicht auf die einer lediglich duldenden Ehefrau zu reduzieren ist, die die Launen und Tobsuchtsanfälle ihres Gemahls zu ertragen hatte, wie man sich überhaupt davor bewahren sollte, das Verhältnis zwischen beiden als von permanentem Unfrieden gezeichnet anzusehen. Auch wenn die Markgräfin Wilhelmine in ihren Memoiren solche Zerwürfnisse zwischen ihren Eltern schilderte, ließ sie keinen Zweifel daran, dass das Verhältnis der beiden durch gefühlsmäßige, teil440

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Die Königin, Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg. Gemälde (1737) von Antoine Pesne.

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weise sogar »leidenschaftliche« Zuneigung charakterisiert war.85 Für eine gewisse emotionale Nähe zwischen Friedrich Wilhelm und Sophie Dorothea spricht trotz der teilweise harten Auseinandersetzungen neben der zumeist von ihm gewählten vertraulichen Anrede als »Fiekchen« auch die Tatsache, dass sie es war, deren Nähe er während der mit zunehmendem Lebensalter häufiger werdenden Krankheiten suchte.86 Dessen ungeachtet spielte sie freilich eindeutig den schwächeren Part in dieser Ehe. Friedrich Wilhelm hat sich aber trotz etlicher Zerwürfnisse mit seiner Frau über einige der Themen ausgetauscht, die ihn umtrieben, gerade auf dem Terrain der Familienpolitik. Im Sommer 1730 ließ er zum Beispiel seine Tochter Friederike Luise im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Heiratspläne wissen: »Mama findet sich recht gut in dieser conjunctur und giebet ihrem Bruder [dem englischen König Georg II. – F.G.] unrecht.«87 Nicht nur aus den Schilderungen Prinzessin Wilhelmines geht hervor, dass Sophie Dorothea eine selbstbewusste Akteurin im Spiel war, in dem sie mitunter sehr deutlich ihre Sichtweise artikulierte und ihre Interessen durchzusetzen suchte – und gerade dies wird mehr als einmal zusätzlichen Konfliktstoff zwischen den Eheleuten geboten haben. Auch nach der Auffassung anderer kundiger Zeitgenossen konnte man bis zum Ende der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. durchaus »von einer Politik der Königin sprechen«.88 Dass sie ein ausgeprägtes dynastisches Selbstbewusstsein an den Tag legen konnte, zeigte sich nicht nur bei der Durchsetzung ihrer Interessen in der Heiratspolitik, sondern auch anlässlich anderer Gelegenheiten: So beanspruchte sie nach dem Tod ihres Gemahls 1740 die Anrede als »Königinmutter« und nicht als »Königinwitwe« und rangierte im Hofzeremoniell vor ihrer Schwiegertochter, der Königin Elisabeth Christine. Und selbst bei scheinbar nebensächlich erscheinenden Gelegenheiten kam diese Haltung zum Ausdruck: So achtete sie stets penibel darauf, »Originale ihrer eigenen Bildnisse nur regierenden Fürsten zu schenken«. Den Minister v. Grumbkow, der ein solches Gemälde zur Ausstattung seines Hauses erwerben wollte, »wies sie mit harschen Worten zurück«.89 Das Projekt der englisch-preußischen Doppelheirat stellte die größte Belastung im Verhältnis zwischen Sophie Dorothea und Friedrich Wilhelm I. dar. Mit diesem kontrovers diskutierten Eheprojekt fällt der 442

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Blick auf eine der Materien, die nicht nur im Hause Brandenburg immer wieder Spannungen heraufbeschworen haben. Bekanntlich wirkte gerade der fehlgeschlagene Plan der Doppelhochzeit mit dem englischen Königshaus eskalierend auf den Vater-Sohn-Konflikt. Dass hier die Wogen recht hoch schlagen konnten, ist jedoch nur nachrangig auf einige problematische Charakterzüge Friedrich Wilhelms I. zurückzuführen. Auch in anderen Hochadelsfamilien stellten solche Heiratspläne ein Politikum ersten Ranges dar, weshalb der im Hause Brandenburg in den 1720er und 1730er Jahren lange verfolgte und kontrovers diskutierte englische Heiratsplan bereits im Kapitel zur Außenpolitik näher behandelt ist, war er doch eingebunden in eine der grundsätzlichen Entscheidungen über die Ausrichtung der preußischen Außenpolitik. Hier sollen nun vielmehr die Konturen der allgemeinen dynastie- und familienpolitischen Praxis während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. nachgezeichnet werden:

Heiratspolitische Optionen im Hause Brandenburg Die Heiratsbeziehungen nahmen vor allem deshalb einen besonderen Rang ein, weil sie erhebliches Potential bargen, die Chancen im dynastischen Wettbewerb zu erhöhen. Von daher ist zunächst eine knappe Beschreibung der Lage hilfreich, in der sich das Gesamthaus Hohenzollern beim Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. 1713 befand: Seine einzige Schwester, Luise, war bereits 1705 als Gemahlin des hessischen Erbprinzen Friedrich verstorben. Friedrich Wilhelm I. selbst hatte bislang zwei Kinder – die 1709 geborene Wilhelmine und den nunmehrigen Kronprinzen Friedrich. Von dem seit 1688 als Sekundogenitur bestehenden Haus Brandenburg-Schwedt, das in enger politischer Abhängigkeit zur Brandenburger Hauptlinie stand, lebten um diese Zeit Friedrich Wilhelm (geb. 1700), Henriette Marie (geb. 1702) und Friedrich Heinrich (geb. 1709). Des Weiteren gehörte noch sein Onkel Albrecht zum Haus Brandenburg, der mit einer kurländischen Prinzessin verheiratet war. Alles in allem handelte es sich mit Blick auf die zu sichernden Kontinuitäten zwar um keine beunruhigende Konstellation, dennoch blieben Risiken bestehen. Eine Rolle als »dynastische Reserve« zeichnete sich angesichts 11. Dynastie und Familie

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der vorhandenen männlichen Nachkommen frühzeitig für die Schwedter Linie ab.90 Des ungeachtet sorgte Friedrich Wilhelm I. durch eine 1737 veränderte »Constitution« dafür, dass der rangmäßige Abstand der Schwedter Seitenlinie zum Kurhaus vergrößert wurde. Künftig sollten die »von denen am leben seyenden Herren Marggraffen erzeugte Printzen und Printzessinnen ferner nicht mehr den Titul Königl. Hoheit, sondern die Titulatur, die sie vordem gehabt, führen«.91 Etwas anders lagen die Dinge in den fränkischen Markgrafschaften, in denen zwei weitere Seitenlinien des Hauses Hohenzollern herrschten. Die in Ansbach und Bayreuth regierenden Fürsten bewegten sich in ihren Planspielen und Entscheidungen in einer Art Spagat zwischen der Anbindung an das hohenzollernsche Gesamthaus, aus der auch gewisse Verpflichtungen und Rücksichtnahmen entsprangen, und den politischen Eigeninteressen in Franken. In Brandenburg-Bayreuth regierte zu jener Zeit Markgraf Georg Friedrich Karl († 1735), dem 1711 mit Friedrich ein Stammhalter geboren worden war – jener Prinz, der dann die älteste preußische Prinzessin Wilhelmine heiraten sollte. Als »Reserve« gab es noch einen jüngeren Sohn des Markgrafen Georg Friedrich Karl, Friedrich Christian, der in der Tat 1763 in seinen letzten sechs Lebensjahren zum Zuge kommen und als letzter Vertreter der Bayreuther Linie regieren sollte. In Brandenburg-Ansbach herrschte seit 1703 Markgraf Wilhelm Friedrich, dem ebenfalls kurz vor dem Berliner Thronwechsel mit Karl ein Sohn geboren worden war. Das zum Zeitpunkt der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms I. aus brandenburgisch-preußischer Sicht durchaus als schwierig zu bezeichnende Verhältnis zu den fränkischen Verwandten hat indes eine längere Vorgeschichte, worauf in unseren Betrachtungen zur Reichspolitik Friedrich Wilhelms I. schon näher eingegangen worden ist. Demnach hatte der neue preußische König 1713 eine recht schwere politische Hypothek geerbt. Im Jahre 1729 gelang es ihm, seine Tochter, Prinzessin Friederike Luise, mit dem Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich von BrandenburgAnsbach92 zu verheiraten, 1731 folgte die Hochzeit zwischen Prinzessin Wilhelmine und Friedrich von Brandenburg-Bayreuth. Friedrich Wilhelm I. hat über diese Heiratsbeziehungen versucht, einen stärkeren Einfluss auf die politische Ausrichtung der fränkischen Markgrafen auszuüben. Für jene Zwecke wurde auch Wilhelmine instrumentalisiert, die 444

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ihrem Mann, dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, »zu fühlen geben solle, wie ungehörig es sei, Verträge abzuschließen, ohne den Chef des Hauses um Rat zu fragen«.93 Der Markgraf ließ sich hiervon freilich nicht sonderlich einschüchtern. Schon bei der Erörterung der Vaterrolle Friedrich Wilhelms I., vor allem auch seiner insgesamt doch sehr emotional gefärbten Beziehung zu seinen Töchtern, ist angeklungen, in welcher Weise der preußische König an Heiratsfragen interessiert war. Darin unterschied er sich im Übrigen kaum von anderen Reichsfürsten und europäischen Monarchen. Doch beschränkte sich der König hier nicht auf den Part eines passiv bleibenden Beobachters, sondern er wurde auch unmittelbar aktiv. Gemeinhin ist eine solche Rolle vor allem seinem berühmten Sohn zugeschrieben worden. Friedrich den Großen, der sich als Ehestifter unter den deutschen Hochadelsfamilien als sehr umtriebig erwies, sah Gerd Heinrich seinerzeit sogar in der Funktion eines »Onkels von ganz Deutschland«.94 Indes konnte auch sein Vater, wie näher zu zeigen sein wird, auf diesem Terrain einige Erfolge – wenngleich nicht in so umfassender Weise – vorweisen. Die Verheiratung seiner Töchter genoss innerhalb seiner Gesamtpolitik eine hohe Priorität, weshalb er sich nachweislich der erhaltenen Quellen stets persönlich diesen Fragen zuwandte. Aber auch über den engeren Rahmen der eigenen Familie hinaus fanden solche Projekte seine Aufmerksamkeit. So zeigte sich der König immer sehr interessiert, wenn Pläne über Eheprojekte innerhalb des europäischen Hochadels auftauchten, selbst wenn sie sich mitunter nur als Gerüchte entpuppten. Zum Beispiel wünschte er im Januar 1723 von seinem Gesandten in St. Petersburg, v. Mardefeld, mehr Informationen über eine etwaige Eheverbindung zwischen einem französischen Prinzen und der ältesten russischen Zarentochter.95 Erinnert sei daran, dass Friedrich Wilhelm I. bereits im Umfeld der Vorbereitung seiner eigenen Ehe erfahren hatte, welche Fallstricke eine von mehreren Interessen und dahinterstehenden Gruppen geleitete Heiratspolitik mit sich bringen konnte.96 In den Jahren vor 1705 hatte er zunächst eine gewisse Zuneigung zu Karoline von Brandenburg-Ansbach entwickelt – eine Liason innerhalb der Hohenzollerndynastie, der durchaus eine reelle Chance eingeräumt wurde. Dieses Eheprojekt machte 11. Dynastie und Familie

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dann allerdings das Haus Hannover zunichte.97 Zugleich wurde der preußische Kronprinz auch Zeuge davon, dass eine eheliche Verbindung zwischen zwei Fürstenhäusern, zwischen denen in der Vergangenheit eine Reihe von Interessengegensätzen bestanden hatte, mitunter entschärfend wirken konnte. So war auch nach der Heirat Friedrich Wilhelms mit der Prinzessin Sophie Dorothea 1706 in der Tat eine spürbare Verbesserung in den preußisch-hannoveranischen Beziehungen eingetreten.98 Dabei wurde der Wert solcher hochadligen Ehen für die Friedensstiftung bzw. -erhaltung von den Zeitgenossen kontrovers bewertet, weil es tatsächlich genügend prominente Beispiele dafür gab, dass Hochzeiten zwischen verfeindeten Herrscherhäusern mitunter nur eine temporär sehr begrenzt deeskalierende Wirkung entfalteten.99 Im Übrigen blieb Friedrich Wilhelm schon in seinen Kronprinzenjahren nicht nur ein passiver Akteur auf dem hochadligen Heiratsmarkt, sondern versuchte schon zeitig, auf diesem Terrain selbst Einfluss zu nehmen. Im Jahre 1705 wandte er sich zum Beispiel gegen eine von einigen Berliner Hofkreisen geplante preußisch-schwedische Verbindung. Da er in dieser außenpolitisch höchst brisanten Zeit des Großen Nordischen Krieges gegen ein engeres Bündnis mit dem Schwedenkönig Karl XII. eingestellt war, schrieb er dem auf Brautschau nach Stockholm entsandten Oberhofmeister Graf Finck von Finckenstein schon vorab vor, was er nach seiner Rückkehr über die Braut, die schwedische Prinzessin Ulrike Eleonore, zu berichten habe: Sie sei »horrible, stupide, maliziös, von der äußersten Häßlichkeit, eine veritable Zwergin«.100 Die Eheverbindung kam dann tatsächlich nicht zustande – sie scheiterte nicht zuletzt an der Frage, ob die dieser Ehe entspringenden Kinder reformiert oder lutherisch erzogen werden sollten. Die Präferenzen in der Heiratspolitik Friedrich Wilhelms I. standen in der Tradition seiner Vorgänger. Seit dem 17. Jahrhundert waren insbesondere Eheanbahnungen mit dem Haus Oranien, den Linien der welfischen Dynastie und dem Haus Hessen-Kassel beliebt. Diese zu beobachtenden Kontinuitäten bei der Wahl von Ehepartnern stellten gleichwohl keine Besonderheit in der Heiratspraxis im Haus Brandenburg dar, vielmehr wurde mit solchen weit in das Mittelalter zurückreichenden »Traditionsheiraten« ein hohes Maß an Stabilität in den verwandtschaftlich-politischen Orientierungen der Fürstenhäuser bezweckt.101 446

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Die in unseren Betrachtungen schon gefallenen Namen der Großmutter und Mutter Friedrich Wilhelms I. deuten in prominenter Weise an, dass die welfische Dynastie zu den wichtigsten Heiratspartnern des Hauses Brandenburg gehörte.102 Ähnlich wie bei den Wittelsbachern oder Wettinern bestanden auch in der altehrwürdigen reichsfürstlichen Familie des Hauses Braunschweig verschiedene Linien. Zwischen diesen brachen vor allem aus konfessionellen, familienrechtlichen, territorialen und nicht zuletzt aus Prestigegründen immer wieder Gegensätze auf – eine Konstellation, die sich die brandenburgisch-preußische Seite getreu dem »divide et impera«-Motiv zuweilen zunutze machte.103 Mit der Linie Calenberg-Göttingen, dem nunmehrigen sogenannten »Kurhannover«, zu dem nun schon in zweiter Generation verwandtschaftlich enge Beziehungen bestanden, war man in den gleichsam schicksalhafte Züge annehmenden Konflikt um die Verheiratung Wilhelmines und Friedrichs geraten. Und auch bei der Lösung dieser fast schon Zeichen einer klassischen Tragödie tragenden Auseinandersetzung spielte wieder eine Linie des Hauses Braunschweig eine Rolle: Gewissermaßen als »Preis« für die Lockerung der in Gestalt von Festungshaft und Zwangsversetzung auf eine neumärkische subalterne Amtsträgercharge wirkenden Fesseln bot der König seinem Sohn die Ehe mit einer Fürstentochter an, die aber nach den Konditionen des Königs auserkoren werden würde. Die Wahl fiel auf Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern, eine Prinzessin aus einer welfischen Seitenlinie, die zwar bald nur der Form halber ihre Rolle als Gattin ausfüllte, deren Funktion innerhalb des höfischen Lebens in der preußischen Hauptstadt aber auch nicht unterschätzt werden darf.104 Ein entscheidendes Kalkül bei der Auswahl der Kandidatin bildete die Tatsache, dass sie aus einer reichsfürstlichen Familie stammte, die zu diesem Zeitpunkt mit dem Kaiserhaus liiert war. Sie war eine Cousine der gleichnamigen Kaiserin Elisabeth Christine. Zudem stand ihr Vater, der in der kaiserlichen Armee dienende Herzog Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig-Bevern, »der ein Braver feiner herr ist«, beim preußischen König in hohem Ansehen.105 Hessen-Kassel, um eine weitere für die hohenzollernsche Heiratspolitik wichtige reichsfürstliche Familie in den Blick zu nehmen, stellte für Brandenburg bislang die meisten Partner. »Neben Nachbarschaft und konfessioneller Harmonie zwischen Hohenzollern und Hessen trug of11. Dynastie und Familie

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fenbar auch die hausrechtliche Ähnlichkeit zur Dichte des verwandtschaftlichen Netzes bei.«106 Schließlich ließ sich auf eine jahrhundertealte Tradition von Erbverträgen bzw. Erbverbrüderungspakten mit dem Haus Hessen verweisen. Durch solche »Erbverbrüderungen« sollte die gegenseitige Erbfolge abgesichert werden, im Falle eines der vertragschließenden Häuser aussterben würde. Daneben ging es um Abreden »um die gegenseitige Unterstützung durch Gewährung diplomatischer und militärischer Hilfe«.107 Nun gilt es natürlich, dabei zu bedenken, dass solche Verträge zumeist schon im 15. oder 16. Jahrhundert abgeschlossen worden waren, so auch die Erbverbrüderungen des Hauses Brandenburg mit Hessen und Sachsen.108 Trotz der langen Zeit behielten diese Abmachungen indes durchaus ein nicht zu unterschätzendes Gewicht. So war es üblich, dass bei den im Zusammenhang mit Thronwechseln üblichen Huldigungen auch immer die erbverbrüderten Dynastien als potentiell mögliche Herrscherhäuser mit bedacht wurden. Während die Bindung zu den albertinischen Wettinern infolge des Konfessionswechsels Kurfürst Friedrich Augusts I. (»Augusts des Starken«) verblasst war, blieben die Kontakte zum Kasseler Hof, vor allem aufgrund derselben konfessionellen Orientierung, bis in das frühe 18. Jahrhundert hinein bestehen.108 Nach dem Tode der hessischen Erbprinzessin Luise Dorothea Sophie, der Schwester Friedrich Wilhelms I., nach nur fünfjähriger Ehe im Jahre 1705 war indes eine Lockerung der familiären Beziehungen zwischen Preußen und Hessen eingetreten. Und auch die kurzzeitig erwogene Aussicht, »den Kronprinzen [Friedrich Wilhelm – F.G.] mit einer hessischen Prinzessin, des Landgrafen zweiter Tochter Marie Luise, zu verbinden, war von Anfang an gering«.110 Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Pläne zur Verheiratung Friedrich Wilhelms mit der welfischen Prinzessin Sophie Dorothea weit gediehen. Doch gleich im ersten Regierungsjahr des neuen Königs versuchte die hessische Seite, die abgekühlten Bande zwischen Kassel und Berlin wieder zu beleben. Dabei stand keine erneute Eheverbindung zwischen beiden Häusern auf der Tagesordnung, vielmehr ging es dem hessischen Landgrafen Carl darum, die Meinung des neuen preußischen Monarchen zu der geplanten hessisch-schwedischen Heiratsallianz einzuholen – ein vor dem Hintergrund der unsicheren Zeitläufte und der Rolle Preußens in der Schlussphase des Großen Nordischen Krieges gewiss plausibles Unterfangen. Bei den Verhandlungen, 448

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die an der Jahreswende 1713/14 in Berlin geführt wurden, konnten zwar nicht alle Unstimmigkeiten beseitigt werden, aber immerhin stellte Friedrich Wilhelm I. seine Bedenken gegen dieses Eheprojekt nunmehr zurück.111 Mit dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, der uns schon in mehreren Zusammenhängen begegnet ist, tritt eine weitere Dynastie ins Rampenlicht, die zum engeren Heiratskreis des Hauses Brandenburg zählte. Abgesehen von dem persönlich recht nahen Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm I. und Leopold darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Hohenzollern zu den Fürsten von Anhalt-Dessau schon seit Langem enge Beziehungen pflegten, man es also mit einem gewachsenen Klientelverhältnis zu tun hatte.112 Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. war es mittlerweile schon die dritte Generation dieses askanischen Fürstenhauses, die in einem engen Verhältnis zu den brandenburgisch-preußischen Herrschern stand. Mit dieser Familie fanden zwischen 1713 und 1740 zwei Hochzeiten statt. Die anderen anhaltinischen Linien stellten in jener Zeit keine Heiratspartner für das Haus Brandenburg. Hierfür mögen auch die inneranhaltinischen Spannungen sowie Übergriffe preußischer Werbekommandos in Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg eine Rolle gespielt haben.113 Eine geringere Bedeutung als früher nahmen in den Heiratsprojekten die albertinischen Wettiner ein. Die Dresdner Kurlinie stand infolge der Konversion Friedrich Augusts I. zum katholischen Glauben als potentieller Ehepartner seit 1697 nicht mehr zur Verfügung. Aber es gab ja noch die Familien der albertinischen Sekundogeniturfürsten in Weißenfels, Merseburg und Zeitz. Diese lagen ohnehin seit Langem im Visier der preußischen Reichspolitik, so auch noch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. Hier boten sich im Zuge der Etablierung von Klientelbeziehungen Chancen der politischen Einflussnahme. Deshalb lag es für den preußischen König nahe, zumindest die Möglichkeit zu erwägen, erwähnte Familien in seine heiratspolitischen Pläne einzubeziehen, gleichwohl dies manchmal nur im Sinne eines »Versuchsballons« geschah. So brach Friedrich Wilhelm I. etwa im Oktober 1728 von seinem Jagdschloss Wusterhausen mit geringem Gefolge nach Dahme auf, das zum Herzogtum Sachsen-Weißenfels gehörte. Die Gesandten in der Residenz mutmaßten, dass es sich dabei nicht um »eine bloße Lust-Reise 11. Dynastie und Familie

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und Visite« beim Herzog Johann Adolph II. handelte, sondern diese Begegnung »etwas mehrers auf sich haben müße« – im Sinne der Anbahnung einer Heirat zwischen dem seit 1726 verwitweten Herzog und der Prinzessin Wilhelmine.114 In der Tat hatte es zuvor schon Absprachen mit dem sächsischen Kurfürsten gegeben, die eine solche Verbindung vorbereiten sollten.115 Auch die anderen beiden albertinischen Nebenlinien, Sachsen-Merseburg und Sachsen-Zeitz, setzten zeitweise auf Preußen. Ebenso wie im Falle von Sachsen-Weißenfels ging es diesen Fürsten um eine Aufwertung der reichsständischen Stellung ihrer Herzogtümer, wofür sie sich von Berlin Unterstützung erhofften. Im Vergleich zu seinen Vorgängern hielt sich Friedrich Wilhelm I. dahingehend indes etwas zurück, um den Konflikt mit Kursachsen nicht zu sehr zu verschärfen.116 Nach 1727/28 standen die Zeichen im preußisch-sächsischen Verhältnis ohnehin wieder auf Entspannung.117 Heiraten waren offenbar mit diesen Häusern nicht mehr geplant und gerieten angesichts des Fehlens männlicher Nachkommen in allen drei Sekundogeniturfürstentümern zu einem »Auslaufmodell«. Dagegen gehörten die in den thüringischen Landen ansässigen Fürstenhäuser der ernestinschen Linien der Wettiner nach wie vor zu den umworbenen Dynastien aus brandenburgisch-preußischer Perspektive. Diese zwar nur mindermächtigen Reichsstände galten aufgrund der Möglichkeit ihrer Instrumentalisierung gegen die Dresdener Kurlinie als Adressat von politischen Bemühungen des Berlin-Potsdamer Hofes. Man wusste im Umfeld des preußischen Königs um die Ressentiments zwischen Ernestinern und Albertinern und kalkulierte zumindest immer die Chance ein, dass unter bestimmten Umständen bei diesen thüringischen Fürstenhäusern »der alte noch nicht erstorbene Groll wegen der verlohrnen Churwürde sich treflich wieder mannbar machen« könnte.118 Von daher lag es nahe, die diskutierten Heiratsprojekte mit den ernestinischen Dynastien mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zu behandeln, so dass zwei Ehen während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. geschlossen werden konnten: 1714 heiratete Herzog Ernst Ludwig I. von Sachsen-Meiningen die Prinzessin Elisabeth Sophie von Brandenburg, eine Tochter des Großen Kurfürsten, und 1723 schloss Anna Sophie Charlotte von Brandenburg-Schwedt mit dem Erbprinzen Wilhelm Heinrich von Sachsen-Eisenach den Ehebund.119 450

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Die bereits beschriebene und durch mehrere Defensivverträge flankierte Annäherung an Württemberg während der Regierungszeit Herzog Eberhard Ludwigs (reg. 1693–1733) brachte auch die Option von Heiratsverbindungen mit diesem Herrscherhaus ins Spiel. Die 1716 geschlossene Ehe Prinz Friedrich Ludwigs mit der Prinzessin Henriette Marie von Brandenburg-Schwedt sollte die bestehende politische Allianz untermauern. Auf längere Sicht ließ sich hier eine festere Klientelbindung aufbauen, denn mit Württemberg sollte in jenem Teil des Reiches »ein gewisses Gegengewicht gegen den nahen katholischen Kaiser aus dem Hause Österreich« etabliert werden, »das gerade den Zenit seiner europäischen Machtstellung erreicht hatte«.120 Diesem Ziel versuchte man in Berlin-Potsdam auch dadurch näher zu kommen, indem es Preußen 1733 gelang, neben Dänemark und England-Hannover in den Kreis der Garantiemächte der württembergischen »Staats- und Religionsverfassung« aufgenommen zu werden. Die Möglichkeit einer gewissen Einflussnahme auf die innenpolitischen Entwicklungen Württembergs eröffnete sich letztlich vor dem Hintergrund der Regierungsübernahme durch den zum Katholizismus konvertierten Erbprinzen Carl Alexander in Stuttgart.121 Abgesehen von diesen traditionellen heiratspolitischen Orientierungen richtete sich der Blick Friedrich Wilhelms in besonderer Weise auf das hohenzollernsche Gesamthaus mit seiner Haupt- und seinen Nebenlinien. »Vor allem bei den Hohenzollern« scheint – auch über diesen Monarchen hinaus – »diese Perspektive vielleicht die einzig angemessene« gewesen zu sein.122 Die während seiner Regierungszeit abgeschlossenen zwei Eheverbindungen mit der Ansbacher und Bayreuther Linie bzw. eine Heirat mit der Schwedter Seitenlinie künden davon. Die Bedeutung solcher Verbindungen erklärt sich vorrangig im Sinne der Sicherung dynastischer Chancen des Gesamthauses. So hatte Friedrich Wilhelm I. längere Zeit eine Ehe seiner ältesten Tochter Wilhelmine mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt erwogen – eine Verbindung, über die sich Wilhelmine ausführlich, allerdings mit teilweise eher phantastisch anmutenden Ausschmückungen, in ihren Memoiren ausgelassen hat. Angesichts der Tatsache, dass aus der Ehe zwischen Friedrich Wilhelm I. und Sophie Dorothea bis 1712 kein Thronerbe hervorgegangen war und das Stammhaus Brandenburg auch in den folgen11. Dynastie und Familie

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den zehn Jahren nur auf »zwei Augen« stand, erschien ein solcher Heiratsplan mit den Schwedter Verwandten durchaus sinnvoll.123 Friedrich Wilhelm I. fühlte sich als »Chef« des Gesamthauses Brandenburg auf den Plan gerufen, wenn es darum ging, dass Angehörige der eigenen Dynastie in europäische Hochadelshäuser verheiratet werden sollten. Im Jahre 1727 wurde im Umfeld des Thronwechsels von Zarin Katharina I. zu Zar Peter II. von russischer Seite die Überlegung einer Heirat der Prinzessin Elisabeth, einer Tochter Peters I., mit dem Markgrafen Carl von Brandenburg-Schwedt ins Spiel gebracht. Obgleich nach Bekunden des preußischen Gesandten in St. Petersburg die »doucen Gemüths und Politesse [des Markgrafen – F.G.] sehr wohl angeschrieben«124 sei, reagierte Friedrich Wilhelm I. auf diesen Plan aus wirtschaftlichpragmatischen Motiven eher zurückhaltend: »Die große Reichthümer, so die Printzessin Elisabeth Ihrem künfftigen Ehe-Herrn zubringen soll, sind noch nicht in Ihren Händen. Wann Sie zu Hamburg oder Amsterdam in der Banque stünden, So mögte mehr reflexion darauf zu machen seyn.«125 Es nahm nicht wunder, dass die Konfessionsfrage auch in die heiratspolitischen Pläne hineinspielte, mitunter konnte gerade sie zum bestimmenden Element bei der Etablierung der Heiratskreise einer Dynastie werden.126 Die Zugehörigkeit der brandenburgischen Hohenzollern zum Reformiertentum engte zwangsläufig die Möglichkeiten von Eheverbindungen zu anderen hochadligen Häusern ein bzw. machte Vorkehrungen erforderlich, um eine Eheschließung mit einer Partnerin bzw. einem Partner anderen Glaubens letztlich doch zu ermöglichen.127 Zwei Alternativen boten sich an, sofern eine Eheverbindung überhaupt zustande kam128: Die Frau behielt entweder ihre Konfession, weil eine Konversion als unnötig angesehen wurde, oder sie wechselte zu derjenigen ihres Gatten.129 Erinnert sei daran, dass auch bei der 1706 erfolgten Eheschließung Friedrich Wilhelms mit Sophie Dorothea die erste Option Anwendung gefunden hatte. Dabei war in einem gesonderten Artikel des Ehevertrages festgehalten worden, dass Sophie Dorothea ihren lutherischen Glauben frei ausüben könne, die gemeinsamen Kinder aber in der reformierten Konfession erzogen werden sollten.130 Ganz unproblematisch waren diese auf den ersten Blick pragmatisch anmutenden Lösungen allerdings nicht, standen solcherlei Pläne doch oft im Gegensatz zu den vorherr452

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schenden Ansichten der Zeit – vor allem unter den Theologen.131 Toleriert wurden solche Verbindungen, wenn die Aussicht auf Bekehrung des Partners bestand. Vorausgesetzt wurde ferner, dass die Braut ohne andersgläubiges Gefolge an den Hof ihres Ehemannes kam. Innerhalb der engeren Verwandtschaft Friedrich Wilhelms I. finden sich Beispiele für beide Optionen. Seine zweitälteste Tochter, Friederike Luise, nahm unter Bewilligung ihres Vaters anlässlich ihrer Hochzeit mit dem Markgrafen Karl Wilhelm von Brandenburg-Ansbach die lutherische Konfession an. Und mit Blick auf die Ehe Friedrich Wilhelms I. mit der lutherisch gebliebenen Sophie Dorothea wurde lakonisch bemerkt, dass »nicht alle Eheleute von verschiedenem Glauben einander lieben könnten«132 Repräsentativ soll das Engagement des Königs bei der Verheiratung der Markgräfin Anna Sophie Charlotte von Brandenburg-Schwedt mit dem lutherischen Erbprinzen Wilhelm Heinrich von Sachsen-Eisenach im Jahre 1723 vorgestellt werden. Die Initiative zu dieser Ehe ging von Friedrich Wilhelm I. selbst aus. Zwar zeigte sich der Eisenacher Hof sehr geehrt über das Angebot, indessen stellte die divergierende Konfessionszugehörigkeit der Ehepartner ein nicht geringes Problem dar. Auf den Wunsch der ernestinischen Seite, wonach die bislang reformiert erzogene Prinzessin mit ihrer Heirat zur lutherischen Konfession wechseln solle, reagierte der König sehr gereizt, wie aus einer seiner Marginalien hervorgeht: »meine Kusine soll und mus Reformiret bleiben, mus Ihren Capellan holen«!133 Daran änderte auch nichts der auf die preußische Politik der Religionstoleranz zielende schmeichelhafte Hinweis des sächsisch-eisenachischen Herzogs Johann Wilhelm, dass ja hinlänglich bekannt sei, dass der König »wegen der Religion sich bereits gantz favorable heraus gelassen« habe. Deshalb hoffe er auch bei dieser Gelegenheit, »dieselbe werden nach Ihrer bekanden aquanimitaet das anbringen wegen annehmung unserer Religion zu agreiren belieben«.134 Der Brautvater, der Brandenburg-Schwedter Markgraf Albrecht Friedrich, zeigte sich düpiert – nicht nur über diese Zumutung, sondern auch darüber, dass der Herzog von Sachsen-Eisenach nur einen Brief an seine Tochter gesandt hatte und »der ErbPrintz auch gahr keine inclination darzu hat«. Er bat den König darum, auf Zeit zu spielen und den mit dieser Heiratsfrage befassten Geheimen Rat v. Ilgen anzuweisen, »sich 11. Dynastie und Familie

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nicht zu übereulen«. In der Angelegenheit des gewünschten reformierten Predigers solle der König aber hart bleiben. Der Markgraf verwies auf frühere Fälle gemischtkonfessioneller Ehen: Seine älteste Schwester habe auch ihren eigenen Prediger mitnehmen können, als sie nach Mecklenburg verheiratet wurde.135 Die Einigung fiel schließlich so aus, dass die Prinzessin ungehindert ihre Konfession ausüben und einen reformierten Geistlichen mitbringen durfte, welcher »mit aller Theologischen Bescheidenheit und Moderation versehen, … welche[n] sie zwar nach dero Wohlgefallen und Belieben, jedoch jedesmahl mit Unserem Vorwissen und Genehmhaltung unter den nechst angelegenen fürstl. Hessischen Landen sich befindenden reformirten Predigern zu wählen« hatte.136 Zudem bestand der Herzog auf einer schriftlichen Bestätigung, dass die aus der Ehe hervorgehenden Kinder in der lutherischen Konfession erzogen würden.137 Der geschilderte Fall bestätigt den allgemeinen Befund, dass konfessionsverschiedene Ehen toleriert wurden, wenn die daraus zu ziehenden politischen Vorteile die entstehenden Irritationen halbwegs ausgleichen konnten. Dieser Linie folgte zum Beispiel auch die Strategie im Falle der 1716 geschlossenen Ehe zwischen dem württembergischen Erbprinzen Friedrich Ludwig und der Prinzessin Henriette Marie von Brandenburg-Schwedt, die ihren eigenen reformierten Hofprediger an den Stuttgarter Hof mitbringen durfte.138 Eingedenk der haushälterischen Gesinnung Friedrich Wilhelms I. ist es kaum verwunderlich, dass für ihn auch bei der Aushandlung von Ehen seiner Kinder oder von Prinzen und Prinzessinnen der hohenzollernschen Seitenlinien finanzielle Erwägungen eine wichtige Rolle spielten.139 Auch Wilhelmine musste vor ihrer Heirat per Eid – wie sie selbst schrieb: »nach allgemein üblicher Sitte« – allen Erbansprüchen entsagen, solange männliche Nachkommen des Hauses Brandenburg am Leben waren.140 Überhaupt ist davon auszugehen, dass den für eine Ehe vorgesehenen Prinzen und Prinzessinnen nur ein begrenzter Spielraum zugestanden wurde, Einfluss auf die geplante Verbindung zu nehmen; völlig umgehen konnte man sie natürlich nicht. Die Geschichte anderer hochadliger Häuser birgt einige Fälle, in denen die geplante Heirat an der Weigerung der potentiellen Ehepartner scheiterte. Wenn sich die männlichen Ehepartner partout gegen die Verbindung stellten, schien ein Einlenken eher 454

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möglich. Geringer fiel die Toleranz dagegen aus, wenn sich die auserkorene Braut verweigerte. Generell hatten die weiblichen Familienangehörigen mehr Zumutungen zu erdulden. Da sie in ihrer späteren Rolle als Ehefrau vor allem für die Zeugung des Nachwuchses auserkoren waren, wurde im Vorfeld großer Wert auf Informationen über den allgemeinen körperlichen Zustand gelegt. Dies konnte mitunter demütigende Formen annehmen, worüber mehrfach auch Prinzessin Wilhelmine berichtet hat. Wegen eines am Londoner Hof wohl gezielt gestreuten Gerüchts, dass Wilhelmine nicht gerade gewachsen sei, musste sie sich mehrfach von den aus Hannover geschickten Emissärinnen »in Augenschein« nehmen lassen und sich »vor ihnen ausziehen und ihnen meinen Rücken zeigen, um ihnen zu beweisen, daß ich nicht bucklig sei«.141 Friedrich Wilhelm I. versuchte mit all seiner väterlichen und königlichen Autorität, die Heirat seiner ältesten Tochter mit dem Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth durchzusetzen, und schreckte dabei ihr gegenüber vor martialischen Drohungen nicht zurück. Die Memoiren Wilhelmines künden überreich von dieser Zermürbungstaktik, wenngleich sicher Übertreibungen im Detail nicht auszuschließen sind. Doch auch nach der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bestehenden Rechtsauffassung war die aus freiem Willen erteilte Zustimmung der Braut Bedingung für den Ehebund.142 Auch der 16-jährige Kronprinz Friedrich, bei dem ein zunehmend räsonierendes Verhalten gegenüber dem Vater beobachtet wurde, wagte Widerspruch auf diesem politischen Terrain und ließ öffentlich verlauten, dass »Er sich nicht vorschreiben lassen« werde, wen er heirate, und gab dezent zu bedenken, wie es seinem Vater »würde gefallen haben, wieder Willen eine Gemahlinn zu nehmen und heyrathen zu müssen«.143 Dabei dürften ihm Belege einer weniger unnachgiebigen Haltung Friedrich Wilhelms I. in Heiratsfragen, wie etwa anlässlich eines 1723 verbreiteten Gerüchtes über ein Heiratsprojekt zwischen dem Kronprinzen und einer russischen Prinzessin, kaum bekannt geworden sein: »Ich werde meinen sohn nit zwingen zu heirathen, er soll sich selbe aussuchen«, vermerkte der König eigenhändig auf dem Bericht des preußischen Gesandten am Zarenhof – eine Aussage, die den Kronprinzen neun Jahre später sicher in Hochstimmung versetzt hätte. Friedrich Wilhelm I. weiter: »Dieses wehre eine Mariage [mit der russischen Prinzessin – F.G.], wenn die 11. Dynastie und Familie

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Braut auch keine Nahse und Zehne hette, als dann sollte mein sohn sie parforce heirathen.«144 Der in jener Zeit zu beobachtende familiäre Charakter der Beziehungen zwischen den Monarchen brachte es zwangsläufig mit sich, dass auch persönliche Animositäten die zwischenstaatlichen Beziehungen beeinflussen konnten, jedenfalls mehr als in der modernen Diplomatie. Erinnert sei hier noch einmal an das durch große Abneigung bestimmte Verhältnis zwischen Friedrich Wilhelm I. und dem britischen König (bzw. hannoveranischen Kurfürsten) Georg II. (bzw. Georg August), worüber man in der damaligen Fürstengesellschaft und unter den mit dem diplomatischen Geschäft betrauten Amtsträgern Bescheid wusste. Die aufgrund zunehmender gesundheitlicher Beschwerden in den letzten Regierungsjahren immer öfter zu beobachtende Übellaunigkeit des Königs ließ bei ihm die ohnehin niedrig liegende Hemmschwelle des Gebrauchs abfälliger Äußerungen oder Verbalinjurien selbst gegenüber Angehörigen der Hochadelsgesellschaft noch weiter sinken. Und natürlich hat der exzessive Alkoholgenuss verstärkend auf solche Ausfälle gewirkt. »Des Königs Benehmen wird täglich unbegreiflicher«, wusste der britische Gesandte am 20. Januar 1731 zu berichten. »Des Morgens wenn er kühl (cool) ist, zeigt er die größte Furcht, daß er vom wiener Hofe bei den jetzigen Friedensschlüssen werde aufgeopfert werden. Nachmittags, bei der Flasche, spricht er dagegen von Nichts als Krieg und schilt auf die Engländer, die Holländer und seine eigene Familie.«145

Varianten einer dynastischen Klientelpolitik Die enge Verwobenheit familiärer und politischer Beziehungen erwies sich gleichermaßen bei der Gewährung von Gevatterschaften. In einigen Dynastien legten die regierenden Fürsten, aber auch nachgeborene Prinzen größten Wert auf Taufpaten aus dem Kreis der vornehmsten Königsund Fürstenhäuser. So konnte der württembergische Erbprinz Carl Alexander für seinen 1732 geborenen Sohn Friedrich Eugen neben den Königen von England und Schweden auch den preußischen König als »Gevatter« gewinnen.146 Wenngleich sich das Verhältnis zwischen Carl Alexander und dem preußischen König nach seinem 1733 überraschend 456

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erfolgten Regierungsantritt als württembergischer Herzog verschlechtern sollte, lag diese Gevatterschaft in einer längeren Tradition und bot nach dem nur wenige Jahre später erfolgenden Tode Carl Alexanders die Möglichkeit, an die guten Beziehungen zwischen den beiden Fürstenhäusern wieder anzuknüpfen. Eine weitere Option, Angehörige von Fürstenfamilien zu versorgen und damit zugleich Klientelpolitik im Reich zu betreiben, eröffnete sich mit der Übernahme von Ämtern in geistlichen Institutionen. Nun waren zwar die Spielräume für die protestantischen Dynastien auf diesem Terrain wesentlich geringer als für die katholischen Familien, denen ja alle Gremien der Germania Sacra in Gestalt von Domkapiteln, Klöstern und Stiftungen offenstanden. Dennoch gab es in geringerem Maße auch Chancen für Prinzen und Prinzessinnen der evangelischen Fürstenhäuser, eine geistliche Karriere einzuschlagen. Der preußische König nutzte diese Möglichkeiten, und zwar sowohl für Angehörige der eigenen Dynastie als auch in dem Sinne, dass er sich als »Türöffner« für den Nachwuchs von anderen reichsfürstlichen Familien betätigte. Zugute kam Friedrich Wilhelm I. dabei der Umstand, dass Brandenburg-Preußen nicht nur die Protektion über das Reichsstift Herford versah, sondern seit 1698 auch die Schutzherrschaft über das protestantische »Freye Weltliche Stift Quedlinburg« innehatte und somit einen nicht geringen Einfluss auf die Auswahl der Äbtissin und die Besetzung der dortigen Stiftsdamenstellen ausübte. 1732 konnte man sich zum Beispiel anlässlich der Neubesetzung einer Kanonissinnenstelle im Stift Quedlinburg zwischen der Tochter des Markgrafen Albrecht Friedrich von BrandenburgSchwedt und einer Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth entscheiden.147 Als sichtbaren Beweis seiner besonderen Zuwendung gegenüber seiner Tochter Luise Ulrike wollte der König ihre 1738 erfolgte Wahl zur Koadjutorin von Quedlinburg verstanden wissen.148 Am 4. Februar 1729 ist Johanna Charlotte, die Witwe des 1711 verstorbenen Markgrafen Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt, zur Äbtissin von Herford »postuliert« und im Oktober desselben Jahres inthronisiert worden. Allein hätte die Markgräfin dieses Ziel angesichts der großen Widerstände gegen ihre Wahl kaum erreicht, so dass der Dank an Friedrich Wilhelm I. für die »mehr als väterliche Vorsorge« durchaus ehrlich gemeint war.149 Und last but not least ist 1734 Prinzessin Anna Amalia zur Koadjutorin 11. Dynastie und Familie

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im Stift Herford gewählt worden, jene Anna Amalia, die – allerdings erst nach dem Tode Friedrich Wilhelms I. – später Äbtissin von Quedlinburg wurde.150 Um Klientelbeziehungen zu intensivieren bzw. aufzubauen, unterstützte der preußische König auch die Bemühungen befreundeter Dynastien, ihre Prinzen oder Prinzessinnen in solchen Chargen unterzubringen. So protegierte er im Jahre 1728 die Bewerbung der Prinzessin Luise Albertine von Schleswig-Holstein-Beck auf eine Stelle als Stiftsdame in Herford.151 1737 wurde dem Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau, einem Sohn des Alten Dessauers, die Adjunktion auf die Dompropstei Brandenburg eingeräumt.152 Dagegen hatte der König eine Bitte des Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels auf die Gewährung von Dompräbenden in den Kapiteln Magdeburg und Halberstadt gleich in seinem ersten Regierungsjahr abgelehnt. Da die Möglichkeiten, solche Stellen zu besetzen, im Rahmen der vom König ausgeübten »preces primariae« in den geistlichen Institutionen innerhalb des preußischen Staatsgebietes beschränkt waren, konnten beileibe nicht alle Wünsche berücksichtigt werden, zumal die einheimischen Adelsfamilien bestimmte Begehrlichkeiten hegten und der König gelegentlich auch Angehörigen aus nicht reichsfürstlichen Familien eine solche Gunst gewährte.153 Er vertröstete den Herzog deshalb auf eine spätere Gelegenheit.154 Eine weitere Perspektive, Beziehungen zu anderen reichsfürstlichen Dynastien im Sinne einer politischen Klientelbildung zu gestalten, bestand – nicht nur in Preußen – in der Indienstnahme von Angehörigen ausgewählter Hochadelsfamilien. Angesichts des mittlerweile großen Renommees, das sich Preußen als Militärmacht erworben hatte, erschien eine Offizierskarriere in der Armee dieses Staates zunehmend attraktiver. Die Dynastiemitglieder, die in den Genuss einer solchen Protegierung kamen, boten damit zumindest die Chance, die Beziehungen zwischen dem preußischen König und ihren Familien auf eine stabilere Grundlage zu stellen. Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. sind insgesamt sieben Reichsfürsten bzw. Prinzen in die Dienste der preußischen Armee übernommen worden.155 Im Vergleich zu seinem Nachfolger Friedrich II., während dessen Herrschaft 27 Fürsten als Obristen und Generäle gedient haben, blieb dies ein noch überschaubarer Wert. Zu den ausländi458

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schen Offizieren gehörten auch »natürliche Söhne« hochadliger Familien; ein prominentes Beispiel bildete etwa der illegitime Sohn Augusts des Starken, Friedrich August Graf Rutowski, der seit 1728 für ein Jahr in der preußischen Armee als Chef des Infanterie-Regiments 25 wirkte. Der preußische König erkannte recht schnell das Talent dieses Offiziers und schrieb an Leopold von Anhalt-Dessau, »der Rudoffcky ist ein ordentlicher kerell der verstandt hat und grohße inklinacion zum Metier«.156 Auffällig erscheint die zeitliche Übereinstimmung des Eintritts des Grafen in die preußische Armee mit der 1728 einsetzenden spürbaren Verbesserung der Beziehungen zu Kursachsen. Auch bei der Indienstnahme von Prinzen aus den welfischen Fürstenhäusern spielten solche übergeordneten Überlegungen eine Rolle: Dass mit August Wilhelm von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern, der 1731 als Capitain seine Karriere in der preußischen Armee begann, diese welfische Seitenlinie stärker in das Blickfeld des preußischen Königs rückte, hing freilich auch damit zusammen, dass angesichts des zu erwartenden Erlöschens des sogenannten »Neuen Hauses Braunschweig« die 1666 begründete Linie Braunschweig-Bevern als »dynastische Reserve« einzuspringen hatte.157 1735 trat der Fall dann tatsächlich ein. Das Haus Braunschweig-Wolfenbüttel mit seiner Seitenlinie Bevern war bekanntlich für Friedrich Wilhelm I. und auch schon seinen Vorgänger Friedrich I. als politisches Gegengewicht zur kurhannoveranischen Linie der Welfendynastie von besonderem Belang. Indes hatten noch weit mehr Angehörige reichsfürstlicher Häuser als die erwähnten sieben um eine Aufnahme in die preußische Armee gebeten, doch die übrigen Bewerber kamen nicht zum Zuge. Prinz Georg von Hessen-Darmstadt bemühte sich zum Beispiel seit 1738 um eine Karriere im »blauen Rock«, was aber erst ab 1742, also unter dem neuen preußischen König, von Erfolg gekrönt war. Auch den Wunsch nach Aufnahme des württembergischen Erbprinzen beschied der preußische König 1737 abschlägig.158 Dahinter standen die zuvor angesprochenen Verstimmungen im Verhältnis zwischen dem preußischen König und dem seit 1733 regierenden Herzog Carl Alexander. Friedrich Wilhelm I. hatte der einstigen Mätresse des alten württembergischen Herzogs Eberhard Ludwig, Christiane Wilhelmine Friederike von Grävenitz, an seinem Hof Zuflucht gewährt und ein Auslieferungsgesuch Carl Alexanders abge11. Dynastie und Familie

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lehnt.159 Denn der neue (katholische) Herzog wollte sich durch die Verfolgung der verhassten Günstlingsfamilie selbst einen guten Einstand im Land verschaffen. Des Weiteren konnte es der preußische Monarch nicht verwinden, dass es seinem württembergischen Standesgenossen ungeachtet der dagegen gerichteten Aktivitäten des Berliner Hofes gelungen war, vom Kaiser als Reichsfeldmarschall bestallt zu werden.160 Die regionalen Schwerpunkte dieser Klientelbildung im militärischen Milieu deckten sich mit den favorisierten Heiratskreisen innerhalb der Fürstengesellschaft. Auch hier stachen die hohenzollernschen Seitenlinien, Anhalt-Dessau, Hessen-Kassel und das Haus Braunschweig heraus. Angesichts der Präferenzen Friedrich Wilhelms I. kann nicht überraschen, dass er in der Regel darauf bestand, dass die Prinzen aktiv ihren Dienst bei ihrem Regiment versahen und ihre Chargen nicht nur als reine Titularränge ansahen.161 Ein weiteres Mittel zur Klientelbildung innerhalb der Hochadelsgesellschaft stellte die Vergabe von Orden dar. Ritter- und Hausorden entwickelten sich im Verlauf der Frühen Neuzeit »zu einer der wichtigsten Patronageressourcen der Monarchen«.162 Anlässlich der 1701 zelebrierten Königskrönung wurde mit dem »Hohen Orden vom Schwarzen Adler« ein eigener Hausorden der Hohenzollerndynastie gestiftet.163 Dieser Akt sollte die erfolgte Rangerhöhung mit einem auf die Werthaltungen der europäischen Hochadelsgesellschaft bezogenen Zeichen sichtbar flankieren. Der König war als Hausherr in die Verleihungen unmittelbar involviert. Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. wurde der Orden 79 Mal verliehen, unter den Begünstigten waren 33 Angehörige von deutschen Hochadelsgeschlechtern.164 Die Exklusivität wurde dadurch erreicht, dass die Plätze im Schwarzen Adlerorden limitiert waren, es sich um personengebundene Verleihungen handelte und daher der Orden nach dem Tode des Begünstigten wieder an den König zurückgegeben werden musste. Fast könnte man von einem Wettbewerb unter den bedeutenderen Herrschern sprechen, über solche Ordensverleihungen engere Bindungen zu potentiellen Klienten unter den mindermächtigen Reichsfürsten zu knüpfen. Als Vergleich ließe sich das Beispiel Augusts des Starken anführen, der sich am Ende der 1720er und zu Beginn der 1730er Jahre bemühte, über die Verleihung des königlich-polnischen Weißen Adlerordens unter thüringischen und anhaltinischen Fürsten 460

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seinen Anhang im mitteldeutschen Raum zu verstärken.165 Bei den von Friedrich Wilhelm I. vorgenommenen Ordensverleihungen fanden sich im Übrigen Übereinstimmungen mit den anderen bereits vorgestellten Gunsterweisen. Neben den Zweigen der eigenen Dynastie ragten vor allem die anhaltinischen Fürstenhäuser heraus. Im Falle der 1735 an Fürst August Ludwig von Anhalt-Köthen gewährten Verleihung des Schwarzen Adlerordens konnte Friedrich Wilhelm I. gegenüber dem »Alten Dessauer« jedoch nicht verhehlen, dass er seine Zustimmung »nit umb köthen willen, das weis Gott«166, gegeben habe, sondern um Leopold einen Gefallen zu tun und die Wogen im Konflikt mit diesem Fürsten, der in der zeitweiligen Besetzung Anhalt-Köthens mit preußischen Truppen 1732 eskaliert war, etwas zu glätten. Solche Auszeichnungen wurden aber auch in subtiler Weise genutzt, um außerhalb Preußens bei Entscheidungen »nachzuhelfen«. Dies konnte sich indes mitunter als Fauxpas erweisen wie im Falle des dem Wiener Reichshofrat angehörenden Justus Vollrath von Bode. Ihm ließ Friedrich Wilhelm I. über Fürst Leopold von Anhalt-Dessau den Orden »de la générosité« verleihen, in der Hoffnung, dass er künftig eine propreußische Haltung in diesem Reichsgericht einnehmen würde. Allerdings sei Bode dann vom Reichsvizekanzler geraten worden, den Orden in Wien öffentlich nicht zu tragen, weshalb er den Wunsch äußerte, dass ihm »eine unvermerckte und weniger in das Auge fallende Gratification lieber seyn würde«.167 Neben den bislang geschilderten Möglichkeiten, die Bindungen zu ausgewählten Fürstenhäusern über die Etablierung von Heiratsbeziehungen sowie die Vermittlung attraktiver Chargen in der Verwaltung, in geistlichen Einrichtungen oder im Militär zu intensivieren, sei abschließend noch auf ein weiteres Instrument verwiesen: Angesichts der kritischen finanziellen Lage, in der sich gerade die Dynastien der mindermächtigen deutschen Reichsterritorien zumeist befanden, eröffneten sich über die Kreditgewährung zu günstigen Konditionen Chancen der Einflussnahme. So bat der Herzog Wilhelm Heinrich von Sachsen-Eisenach den preußischen König 1731 um eine Anleihe von 100.000 Talern. Friedrich Wilhelm I. zeigte sich bereit, dem klammen Standesgenossen wenigstens teilweise unter die Arme zu greifen: »Obgleich jetzo meine Umbstände nicht zulassen mit der gantzen Summe zu helffen«, wolle er ihm 60.000 Taler leihen. »Wegen der Zinsen wollen Wir uns schon ver11. Dynastie und Familie

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gleichen, und werde Ich über 4 Procent nicht nehmen; Ich mache mir auch wegen der Sicherheit nicht die geringste Besorgnis, weil Ich Ew. Liebd. kenne.« Freilich erwies sich das aus Standessolidarität entspringende Vertrauen nicht als unbegrenzt, denn, so ließ der König den Herzog wissen: »weil Ew. Liebd. keine Kinder haben, so werden Sie doch belieben wegen derer Vettern die nöthige Sicherheit zu besorgen.«168 Schon im Mai 1716 gehörte der Erbprinz Friedrich von Hessen-Kassel zu den Begünstigten, dem »jährliche revenues … ausgezahlt werden« sollten.169 Und im Jahre 1737 wies der preußische König die Kurmärkische Landschaft an, der Landschaft im Herzogtum Sachsen-Weimar und dem Grafen von Schaumburg-Lippe eine Anleihe in Höhe von 50.000 Talern zu gewähren. Die ständischen Repräsentanten dieses Gremiums zeigten sich indessen irritiert über das offenbar etwas übereilte Prozedere, da sie dadurch mit Blick auf andere Kreditgeschäfte »in einen großen Verlust gesetzet werden würden«.170

Fazit Es ist deutlich geworden, dass die Regierungspraxis Friedrich Wilhelms I. neben seinen Bemühungen zur Etablierung eines effizienten Militärsystems, um eine Reorganisation der Staatsverwaltung sowie um die Hebung der Wirtschaftskraft auch geprägt war durch jene Facetten, die man gemeinhin mit der Herrschaft eines barocken Monarchen verbindet. Auch der zweite preußische König wusste sich auf jenen Feldern zu behaupten, die für die »société des princes« gleichsam konstitutiv waren: Sei es das sichtliche Interesse an den heiratspolitischen Optionen nicht nur seiner Kinder, sondern auch der Angehörigen der hohenzollernschen Seitenlinien, oder seien es die vielfältigen Möglichkeiten zu Gunsterweisen in Gestalt der Vermittlung von Chargen in der preußischen Armee oder in Stiften sowie die Gewährung von Krediten – auf vielfältige und professionelle Weise hat Friedrich Wilhelm I. auf diesem Terrain agiert und es damit zugleich vermocht, eine eigene Klientelpolitik zu betreiben.

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12. Lebensende und Bilanz Krankheiten Gesundheitliche Probleme hatten Friedrich Wilhelm I. während seiner gesamten Regierungszeit begleitet. Dramatisch wurde es vor allem in den letzten zehn Lebensjahren. Dabei hatte er sich als junger Mann einer recht robusten Konstitution und einer stabilen Gesundheit erfreut. Dass er dann aber schon als Anfang-Vierziger mit solchen Krankheitsschüben zu kämpfen hatte und als chronisch krank angesehen werden darf, wird man auf mehrere Ursachen zurückzuführen haben. Zum einen erklärt sich diese Malaise aus der erblichen Veranlagung seiner Vorfahren. Auch sein Großvater und Vater litten an der Gicht, damals als »Podagra« bezeichnet. Zum anderen ist seine Lebensweise dafür verantwortlich zu machen. Die bereits geschilderten exzessiven Ess- und vor allem Trinkgewohnheiten hatten dazu geführt, dass er Mitte der 1720er Jahre, also als Mittdreißiger, längst zweieinhalb Zentner wog, und das bei einer Körpergröße von gerade einmal 1,65 Meter.1 Zuweilen versuchte der seiner Schwächen durchaus bewusste König, etwas dagegen zu unternehmen, allerdings fehlte ihm hierfür die nötige Konsequenz bzw. blieb es nur bei Vorsätzen. »Ich habe zwei Zoll zugenommen, aber ich bearbeite mir itzo wieder in vorige Ordnung zu komen«, ließ er zum Beispiel Fürst Leopold wissen.2 Über die Auswirkungen dieser Maßlosigkeit waren sich die ihn behandelnden Ärzte im Klaren, wie nicht nur ein Eintrag in einem über den Gesundheitszustand des Monarchen Auskunft gebenden Journal belegt: »Der beständig starke appetit und der Genuß vieler harten und soliden Speisen konten bey vorerwehnten Umständen nicht anders als in einen Überfluß gesunden Geblüths, Plethoram oder Vollblütigkeit, ausschlagen.« Erste Symptome der von ihnen als Podagra diagnostizierten Beschwerden seien »vor ohngefähr 7 Jahren«, also Mitte der 1720er Jah12. Lebensende und Bilanz

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re, ausgebrochen. Eine solche »Krankheit … schiene von den großen Churfürsten Fr. Wilhelm nebst so vielen andern Augenden jure hereditario auf S.K.M. deriviret zu werden«.3 Die Beschwerden nahmen im Verlauf der Jahre in einem Maße zu, dass Friedrich Wilhelm immer häufiger auf einen Rollstuhl angewiesen war. Zu jenem Zweck wurden an einigen der von ihm bewohnten Schlösser Rampen angebracht. In den Gesandtenberichten hat man diesen Entwicklungen aus verständlichen Gründen mitunter viel Aufmerksamkeit gewidmet. Im September 1736 sei der König aus »Gesundheits Vorsichtigkeit zur Ader gelassen« geworden, und zwei Monate später wurde berichtet, dass er mit starkem »Brust Cathar« behaftet und mehrere Tage nicht aus seinem Zimmer gekommen sei. Die geplante »Schweinsjagd« musste deshalb durch den Kronprinzen ohne den König abgehalten werden.4 Da in einem Staatswesen wie Preußen letztlich die Entscheidungsgewalt, gerade auch auf außenpolitischem Gebiet, beim Monarchen lag, kam solchen Informationen ein hoher Wert zu, beeinflussten sie doch die eigenen Planungen auf mächtepolitischem Parkett. Der angegriffene Gesundheitszustand des preußischen Königs, mit dessen baldigem Ableben man seit der Mitte der 1730er Jahre rechnen musste, erklärt zum Teil die Zögerlichkeit der europäischen Kabinette, verbindliche Absprachen zu treffen. Dass Friedrich Wilhelm I. letzten Endes überhaupt wenigstens fast 52 Jahre alt wurde, hatte er der ärztlichen Kunst jener Mediziner zu verdanken, die sich in den letzten Jahren um seine Gesundheit kümmerten und fraglos zu den damaligen Koryphäen ihres Faches zählten: der Hallenser Medizinprofessor Friedrich Hoffmann, der erste Leiter der Charité, Johann Theodor Eller, und der als offizieller Leibarzt des Königs amtierende Georg Ernst Stahl.5 Das Verhältnis zu seinen Ärzten gestaltete sich ambivalent. Friedrich Wilhelm war gewiss kein einfacher Patient, angesichts der ihn immer häufiger ereilenden schmerzhaften Attacken erwies er sich allerdings dankbar für die ihm gewährten Linderungen. Speziell mit Friedrich Hoffmann unterhielt Friedrich Wilhelm I. eine zeitweise rege Korrespondenz, die neben der Entwicklung seines Gesundheitszustandes einen Austausch über religiöse Themen umfasste.6 Doch nicht nur die Gicht, deren Anfälle er zuweilen durch Ablenkungen wie das Malen zu kompensieren hoffte7, bereitete ihm große Pein. 464

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Hinzu traten noch andere gesundheitliche Beschwerden, wobei ihm die Wassersucht die größten Probleme verursachte, weil diese den Tagesund Nachtablauf immer mehr beeinflusste. Es müssen zuweilen schlimme Torturen für ihn gewesen sein, über die er sich recht offen gegenüber seinen Vertrauten äußerte. Im Februar 1729 klagte er dem Fürsten von Anhalt-Dessau, dass er »in 12 dage nits als grausame schmertzen« ertragen habe. Angesichts eines gerade überstandenen Anfalls äußerte er den Wunsch, dass »der liebe Gott ein ende mit mir« machen würde, bevor er solche Schmerzattacken »wieder bekommen solte«.8 Hinzu trat noch eine schon 1718 diagnostizierte Hautgewebeaffektion, eine sogenannte durch Streptokokken ausgelöste Phlegmone, die ihm dann seit der Mitte der 1720er Jahre des Öfteren zu schaffen machte.9 Akribisch wurde seit der Mitte der 1730er Jahre in den zum Teil überlieferten Journalen der Krankheitsverlauf festgehalten. Für den 14. September 1734 registrierten die Ärzte, dass er sich »keines ruhigen Schlaffes« erfreuen könne, »noch viel weniger aber im Liegen«.10 Um angesichts seiner großen Atemprobleme überhaupt etwas Schlaf finden zu können, wurde der König in eine halb sitzende Position gebracht, auch wenn ihm dies kaum die gewünschte Linderung verschafft haben dürfte. Für den 14. Oktober 1734 vermerkte das Journal, dass der König immerhin anderthalb Stunden durchgeschlafen habe, »wie gewöhnlich im Sitzen«; man habe auch »zwey mahl probiret, ob Sie auf der Seite liegen konten, so aber nicht angehen wollte«. Hinzu traten permanente Einschlafschwierigkeiten, »ohnerachtet Müdigkeit vorhanden war«.11 Berichtet wurde überdies von Angstträumen und Halluzinationen, was angesichts des permanenten Schlafdefizites sicher nicht allzu verwunderlich war. Hilfe konnte nur bedingt geleistet werden. Das war zum einen dem damaligen Erkenntnisstand der Medizinalwissenschaft geschuldet – seine Ärzte behandelten im Prinzip nur die Krankheitssymptome –, und zum anderen war der König kaum der einsichtige Patient, der auf den Rat seiner Medici hörte.12 Jene gesundheitlichen Attacken haben gerade in den letzten Lebensjahren sein alltägliches Auftreten und seine Wahrnehmung durch die Zeitgenossen beeinflusst. Auswirkungen seines fragilen Gesundheitszustandes auf seinen Regierungsstil blieben nicht aus, seien es Unmutsbekundungen gegenüber einzelnen Amtsträgern, Einflüsse bei bestimmten 12. Lebensende und Bilanz

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außenpolitischen Entscheidungen oder aber die zeitweise dramatische Formen annehmenden Konflikte in der eigenen Familie. Die beobachtete Übellaunigkeit und der ausbrechende Jähzorn samt körperlichen Übergriffen auf subalterne Amtsträger sind – wenn auch nicht nur – damit zu erklären. Hier überlagerten sich also schon seit seiner Kindheit und Jugend wahrgenommene Charakterzüge mit den durch die Krankheiten verursachten psychischen Dispositionen. Man musste stets gewärtigen, dass »man einer allzugroßen Gefahr seines caracters ausgesetzet« sein könnte, wusste der kaiserliche Gesandte zu berichten.13 Dennoch ist es erstaunlich und verdient nicht zuletzt aus der langen zeitlichen Distanz Respekt, dass Friedrich Wilhelm I. überhaupt trotz dieser körperlichen Gebrechen den Regierungsalltag noch halbwegs meistern konnte. Es gab durchaus andere Beispiele in der europäischen Fürstengesellschaft. Man muss nicht unbedingt den besonders skurrilen Fall des letzten aus der Medici-Familie stammenden Großherzogs von Toskana, des 1737 verstorbenen Gian Gastone, als Vergleich heranziehen, der seine letzten Lebensjahre mit »chronischer Trägheit und Faulheit« fast nur im Bett verbracht haben soll.14 Auch der Alltag anderer seiner Standesgenossen wurde nicht durch die bei Friedrich Wilhelm I. zu beobachtende intensive Regierungsarbeit bestimmt.

Tod Angesichts des fragilen Gesundheitszustandes rechnete Friedrich Wilhelm I. mit seinem baldigen Ableben. Im Zuge der dramatischen Verschlechterung seines Befindens nach der Rückkehr vom Feldzug am Oberrhein schien er im Herbst 1734 »bereit, die Welt zu quittiren«.15 Zwar entschloss er sich im Sommer 1739 trotz seines bedenklichen Zustandes noch einmal zu einer Reise nach Ostpreußen und begann diese auch, allerdings wurde sie aufgrund zunehmender Beschwerden alsbald abgebrochen. Auf den alljährlichen herbstlichen Aufenthalt in Wusterhausen musste verzichtet werden, den folgenden Winter verbrachte er in Potsdam. Im Frühjahr verschlimmerte sich das Befinden des Königs zusehends, so dass der Kronprinz aus Rheinsberg in die Residenz gerufen wurde. 466

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Seinen nahen Tod spürend versuchte Friedrich Wilhelm in seinen letzten Lebenstagen, sofern dies die Beschwerden zuließen, sein Erbe zu ordnen, Verfügungen zu hinterlassen und letzte Entscheidungen zu fällen. Dabei ging es nicht nur um grundsätzliche Fragen der Gestaltung der künftigen Politik in Preußen, die er mit dem Kronprinzen und dem Minister v. Podewils besprach. Die Quellen belegen, dass er bis zu seinem Todestag wie gehabt Randverfügungen zu den verschiedensten ihm vorgelegten Materien gab, wenn auch nicht mehr in der großen Zahl früherer Tage. Denn immer wieder sank der Kranke in einen Erschöpfungsschlaf oder hatte Schmerzattacken zu überstehen. In seiner letzten Eintragung in dem den Kabinettsminüten des Jahres 1740 gewidmeten Band verlieh der König am 31. Mai seiner Freude über vier junge Edelleute aus der Grafschaft Hohnstein und dem Eichsfeld Ausdruck, die für sein Corps Cadets angeworben wurden.16 Die Atmosphäre in der Potsdamer Residenz in jenen Tagen wurde von einem Beobachter so charakterisiert: »Täglich die widersprechensten Gerüchte.« Schon am 28. Mai war man der Auffassung, der Tod stünde unmittelbar bevor. Dagegen standen solche gestreuten Informationen, wonach der König »wüthend« sei und »einen blanken Degen und ein Paar geladene Pistolen zur Hand« habe.17 Nach und nach fanden sich, sofern sie sich nicht ohnehin schon in Potsdam aufhielten, die Familienangehörigen und die wichtigsten Vertrauten aus der politisch-militärischen Führungsgruppe beim sterbenden König ein. Seelischen Beistand erhielt er vor allem vom reformierten Hofprediger Cochius, dem Feldprediger Oesfeld und zeitweise auch vom lutherischen Propst Roloff, den man extra aus Berlin hatte kommen lassen.18 Gerade mit den beiden zuerst genannten Geistlichen, die sich dabei als »kompetente Vermittler zwischen dem Sterbenden und Gott« erwiesen, suchte er in seinen letzten Lebenstagen das Gespräch.19 Angesichts der tiefen persönlichen Frömmigkeit des Königs, die uns so häufig begegnet ist, verwundert dieser intensive Austausch über die »letzten Dinge« kaum. Zwischendurch betete er immer wieder und befragte den Leibmedicus Eller, wie lange er noch zu leben habe. Am letzten Tag, es war der 31. Mai 1740, fand um 8 Uhr morgens die Regierungsübergabe an den Kronprinzen im Beisein der Königin und aller Kinder statt, ebenso folgte die Verabschiedung vom Alten Dessauer 12. Lebensende und Bilanz

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und den Offizieren. Gegen 14 Uhr wurde er von seinen Leiden erlöst und schloss seine Augen für immer. Er sei »ungemein sanft gestorben«, fand sich als letzter Eintrag im Journal.20 Für seine Beisetzung hatte der König nichts dem Zufall überlassen. Die uns über all die Jahre im Regierungsalltag begegnende Detailbesessenheit spiegelte sich auch in jenem Dokument wider, in dem er genaue Anweisungen über das Prozedere nach seinem Ableben formuliert hatte. Eine Obduktion seines Leibes solle zwar vorgenommen, allerdings »nichts herauß genommen werden«. Am Folgetag müsse sein Königsregiment »zusammen kommen, … an die fahnen soll Flohr gemacht werden, die trommeln sollen mit schwartzen tuch überzogen werden«. Ferner wünschte er, dass auf dem Weg zur Potsdamer Garnisonkirche von den Hoboisten das von Hans Leo Haßler komponierte Lied »O Haupt voll Bluth und wunden« geblasen werde, zudem sollten 24 Kanonen zwölf Mal abgefeuert werden.21 Entsprachen diese Vorkehrungen im Großen und Ganzen den üblichen Normen im Rahmen der Trauerzeremonie eines verstorbenen Herrschers, gab es jedoch einige Nuancen im Ablauf, die Besonderheiten darstellten. So hatte Friedrich Wilhelm I. für sich ausdrücklich eine vergleichsweise einfach gehaltene Begräbniszeremonie gewünscht. Darüber setzte sich der Thronfolger insofern hinweg, als er eine dreitägige »Paradeaufbahrung« der Leiche des Königs in einem als Trauerzimmer hergerichteten Raum des Potsdamer Stadtschlosses anordnete. Die öffentliche Resonanz muss nach zeitgenössischen Berichten recht groß gewesen sein. Der Wille des Verstorbenen wurde indes dahingehend respektiert, dass während der Trauerzeremonie in der Garnisonkirche keine apologetisch gefärbte Predigt über sein Leben gehalten wurde, denn – so Friedrich Wilhelm I. in seiner Verfügung – »von Meinem Leben und Wandel« solle »nicht ein Wort gedacht, dem Volk aber gesagt [werden], daß Ich als ein großer und armer Sünder stürbe, der aber Gnade bei Gott und seinem Heiland gesuchet. Überhaupt soll man mich in solchen Leichenpredigten zwar nicht verachten, aber auch nicht loben.«22 Dieses »Sünder«-Motiv begegnet uns nicht das erste Mal, sondern stellt einen Spannungsbogen dar, der von den frühen Gesprächen seines Lehrers Rebeur über den »verdammlichen Particularglauben« der reformierten Prädestinationslehre bis zu jenen eindringlichen geistlichen Gesprächen in 468

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»Friedrich Wilhelm I. ordnet kurz vor seinem Tode sein Leichenbegängnis selbst an«: Blatt 12 aus der Folge »12 Blätter zu der Brandenburgischen Geschichte«, Kupferstich (1793) von Daniel Chodowiecki.

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den letzten Stunden seines Lebens reicht, in denen der sterbende König Cochius entgegnete: »Ach! Ich bin ein böser Mensch.«23 Seine eigene Person in der Begräbniszeremonie zurücknehmend, sollten vielmehr zwei Wochen später im ganzen Land Leichenpredigten gehalten werden. Als Leitmotiv hatte er einen aus dem Zweiten Brief des Paulus an Timotheus stammenden Text ausgewählt: »Ich habe einen guten Kampf gekämpfet.«

Friedrich Wilhelm I. als Herrscher. Versuch einer Bilanz Legt man sich am Ende dieser biographischen Darstellung die Frage vor, ob sich die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. auf ein Grundmotiv reduzieren ließe, fällt die Antwort nicht ganz leicht. Ruhm war es sicher nicht, wie es für seinen berühmten Sohn und Nachfolger mit erwägenswerten Argumenten beschrieben worden ist.24 Eine Antwort darauf fällt auch deshalb schwer, weil der König nicht allzu sehr zu Selbstreflexionen neigte, einmal abgesehen von jenen aus seiner tiefen Frömmigkeit herrührenden Selbstzweifeln. Auch die »Instruktion« für seinen Nachfolger, die an sich eine Art Regierungsbilanz und politisches Vermächtnis darstellt, »hat weder allgemeine Maximen noch theoretische Reflexionen über Grundsätze der Regierung oder der Politik zum Inhalt«.25 Abseits der Beschäftigung mit seiner Persönlichkeit und eines psychohistorischen Zugangs interessiert aus allgemein geschichtswissenschaftlicher Perspektive, welchen Platz dieser König und sein Herrschaftsstil in seiner Zeit eingenommen haben – in einer Epoche, die lange Zeit und, wenn man einen Blick in die gegenwärtigen Schul- und einige Hochschullehrbücher wirft, immer noch mit dem Begriff des »Absolutismus« versehen wurde und wird.26 Freilich sind die Bedenken, die gegen diesen Terminus und die damit verbundenen Konnotationen erhoben werden, durchaus berechtigt und haben vor allem in den 1990er Jahren eine intensive Debatte ausgelöst.27 Kritisiert wird dabei insbesondere die Engführung auf die Staatsbildung als eine zwar wichtige, aber eben nicht allein bestimmende Komponente der europäischen Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts. Viele andere Entwicklungen blieben dadurch ausgespart bzw. ließen sich nicht mit dem »Absolutismus«-Paradigma konzise erklären. Zudem wird gegen dessen Verwendung als Epochenbegriff ins 470

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Feld geführt, dass beileibe »nicht alle europäischen Staaten vorübergehend oder gar ständig über ›absolutistische‹ Regime verfügten«.28 Des Weiteren setze man damit ein solches administratives Potential voraus, wie es den Herrschern samt ihren Regierungen damals kaum zur Verfügung gestanden habe. Hier offenbarte sich vielmehr eine erhebliche Kluft zwischen einem scheinbar wie ein Räderwerk konzipierten und arbeitenden Verwaltungssystem sowie einer zunehmenden Anzahl von Gesetzen einerseits und der alltäglichen Herrschaftspraxis andererseits. In den einzelnen Kapiteln dieser Biographie ist gezeigt worden, dass dieses Provisorische und Unfertige auch die Verhältnisse im Königreich Preußen bestimmte. Daran konnten die vielen Verordnungen und Ermahnungen bis hin zu Zornesausbrüchen und das immer wieder fordernde »Cito! Citissimo« des preußischen Königs nur bedingt etwas ändern. Es waren letztlich strukturelle Defizite, die in den damaligen, auch in Preußen herrschenden Rahmenbedingungen begründet lagen, wie etwa den nach wie vor bestehenden regionalistischen Strukturen und dem nach wie vor schmalen personellen Tableau der Verwaltung. Auch während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. stellte sich ja keine nennenswerte Erhöhung des Personalbestandes ein. Eher waren seine Bemühungen – man denke etwa an die Zusammenlegung der Kammer- mit der Kommissariatsverwaltung – auf Einsparungseffekte ausgerichtet. Und wir konnten aufzeigen, dass trotz des mit diesem Herrscher verbundenen vergleichsweise rigiden und durch unmittelbare persönliche Präsenz charakterisierten Regierungsstils, einschließlich seiner kaum zu bestreitenden Arbeitsleistung, der Grad der administrativen Durchdringung abnahm, je weiter man sich auf die Ebenen der Provinzial- und Lokalverwaltung hinabbewegte. Dies befördert zugleich eine wachsende Einsicht über einen im Ganzen recht weit bleibenden Handlungsspielraum der regionalen und lokalen Amtsträger. Auch für die preußischen Verhältnisse darf demzufolge jener Befund Gültigkeit beanspruchen, wonach »die Durchsetzungsfähigkeit der Territorien … ganz maßgeblich auf dem professionellen Handeln ihres Personals vor Ort« basierte.29 Dennoch ist der »Absolutismus« als Paradigma nicht in der Versenkung verschwunden und hat ungeachtet der schon auf ihn gehaltenen Grabgesänge eine erstaunliche Überlebenskraft bewiesen.30 Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass es bislang keinen adäquaten über12. Lebensende und Bilanz

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zeugenden Ersatz gibt. Der aus der Kunstgeschichte entlehnte und erstmals in den 1950er Jahren durch Carl Hinrichs als Alternative in die Diskussion gebrachte »Barock«-Begriff passte dafür ebenso wenig wie solche sich kaum für knappe Epochentitulierungen eignenden Zuschreibungen wie »Verdichtung, Zuständigkeitsausdehnung und Fürstenbezogenheit als Staatsprinzip«.31 Denn trotz der berechtigten Bedenken gegen die traditionelle Sichtweise auf die »absolutistische« Epoche dürfte ja kaum zu bestreiten sein, dass in vielen dieser Staaten ausgesprochen wichtige Reformen durchgeführt wurden. Und gerade das Preußen während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. darf hier wohl als besonders überzeugendes Exempel gelten: Ein beträchtlich gesteigerter und real wahrgenommener Spielraum des Monarchen (»Regierung aus dem Kabinett«), eine nicht nur auf eine quantitative Verstärkung beschränkt bleibende, sondern sich auch durch eine höhere Professionalität auszeichnende Bürokratieentwicklung, ein signifikanter Ausbau des »stehenden Heeres« mit fühlbarer Zurücksetzung der an das alte Kriegsunternehmertum erinnernden Elemente sowie die Verfolgung finanz- und wirtschaftspolitischer Neuansätze unter Berücksichtigung der kameralistischen Praxis – all das waren entscheidende und auch fühlbare Veränderungen, die den preußischen Staat und die preußische Gesellschaft des Jahres 1740 anders aussehen ließen als 27 Jahre zuvor! Gewiss, nicht alles wurde dabei neu »erfunden«, sondern diese Reformen sind als ein Amalgam aus Rezeption, Anpassung und tatsächlicher Neuerung zu verstehen. Wenn es eine Art »Ranking« über Reichweite und Nachhaltigkeit dieser Entwicklungen in der damaligen Staatenwelt gäbe, würde Preußen höchstwahrscheinlich ein vorderer Platz zugebilligt werden können. Denn die Konturen der Herrschaft Friedrich Wilhelms I. schärfen sich, wenn seine Regierungszeit der anderer Zeitgenossen seines Standes an die Seite gestellt wird. In den Blick geraten dabei jene Fürsten, die uns gelegentlich schon in den vorhergehenden Kapiteln begegnet sind, seien es der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel, der pfälzische Kurfürst Johann Wilhelm II., der Landgraf Carl von Hessen-Kassel, der württembergische Herzog Eberhard Ludwig, die aus dem Welfenhaus stammenden und nun die englische Krone tragenden Georg I. und Georg II. sowie last but not least der sächsisch-polnische Monarch August der Starke. Es handelt sich dabei vor allem um diejenige Gruppe von 472

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Reichsfürsten, deren Herrschaft traditionell – und zum Teil bis in jüngere Publikationen – als »absolutistisch« charakterisiert wird. Ihnen gemeinsam waren Bemühungen um eine Zentralisierung und Professionalisierung der Verwaltung, die Verdichtung des Staatshandelns, eine Zurückdrängung ständischen Spielraumes und ein starker Ausbau des Hofes als politisches und kulturelles Zentrum der Monarchie inklusive einer gewissen »Überhöhung« des Monarchen.32 In diesem Kontext erscheint die Herrschaftspraxis des zweiten preußischen Königs, wenn man deren einzelne Sektoren etwas näher betrachtet, nicht so außergewöhnlich, ungeachtet jener individuellen Charakterzüge Friedrich Wilhelms I., die schon die Zeitgenossen wahrnahmen und die auch in unserer Darstellung immer wieder thematisiert worden sind. Eine ausgesprochen intensive administrative Reformtätigkeit verband ihn zum Beispiel mit dem hessen-kasselschen Landgrafen Carl33, während Versuche einer Professionalisierung der Entscheidungsfindung in den obersten Gremien der Zentralverwaltung auch in München34 und Dresden zu beobachten waren.35 Ebenso stellt eine angesichts der hohen Kriegsverdichtung nicht allzu verwunderliche »Neigung … zu einer betont militärischen Erscheinung« solche Fürsten wie Kurfürst Max Emanuel, Herzog Eberhard Ludwig und – zumindest zeitweise – den polnisch-sächsischen Monarchen August den Starken an die Seite des preußischen Königs.36 Und es konnte vorgeführt werden, dass selbst sein ihn aus der genannten Gruppe ausklammernder, auf den ersten Blick »unhöfisch« anmutender Regierungsstil nicht gleichzusetzen ist mit einem Verzicht auf Inszenierungsstrategien zur Behauptung seines Platzes innerhalb der europäischen Hochadelsgesellschaft. Wenn absolutistische Regierungspraxis eher als eine Art von »Herrschaftsstilisierung« denn als eine eigene Herrschaftsform verstanden werden kann37 – und vieles spricht dafür –, dann hat der zweite preußische König mit der militärischen Ausrichtung der Berlin-Potsdamer Hofgesellschaft und -kultur eine zwar von der »Norm« etwas abweichende, gleichwohl aber wirkungsvolle Variante kreiert, um im dynastischen Wettbewerb wahrgenommen zu werden. Allein war er damit sicher nicht, wie etwa der Bericht eines französischen Diplomaten über die Garde am Hofe des pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm II. belegt: »Ich glaube nicht, Sire, daß man in dem übrigen Europa 200 Mann besser gestaltet und von einem kriegerischeren Aussehen findet.«38 12. Lebensende und Bilanz

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Herrschaftsvorstellungen und -stil des zweiten preußischen Königs können aber auch in die Tradition einer zweiten Argumentationslinie eingebunden werden: Die für ihn so typische Neigung, Reformen möglichst rasch und durchgreifend umzusetzen und damit einen Anspruch auf die »Erziehung« seiner Untertanen zu verbinden, bringt ihn in die Nähe eines anderen, nach seiner Zeit folgenden Herrschertyps: des sogenannten »aufgeklärt-absoluten« Fürsten. Auf den ersten Blick mag es verwundern, den preußischen »roi sergeant« mit der Aufklärungsbewegung in Verbindung gesetzt zu sehen.39 Zu offensichtlich erscheinen die großen Unterschiede, ja die Unvereinbarkeit beider Vorstellungen, wenngleich es durchaus Affinitäten des Königs zu bestimmten Prägungen der Frühaufklärung gab.40 Dass man überhaupt solche Erwägungen angestellt hat, hängt damit zusammen, dass die Umsetzung der mit den Ideen der Aufklärung verbundenen Reformen in den europäischen Monarchien in starkem Maße von einem für damalige Verhältnisse halbwegs effizient agierenden »Staat« abhängig war. Diese kaum zu bestreitenden Zusammenhänge haben seinerzeit zu Überlegungen geführt, den Begriff des »Reformabsolutismus« einzuführen.41 Nun ließe sich in der Tat Friedrich Wilhelm I. einer solchen Herrschaftsform zuordnen, denn die außerordentlich hohe Reformintensivität dürfte außer Frage stehen und ist an vielen Beispielen vorgeführt worden. Jedoch sind zugleich die Bedenken gegen diesen Terminus nachvollziehbar, weil die eben genannten »absoluten« Herrscher freilich alle auf die eine oder andere Weise gravierende Reformen in ihren Fürstentümern vorangetrieben haben, so dass eine gewisse Tautologie offensichtlich ist. Gerade das Beispiel Friedrich Wilhelms I. als eines besonders aktiven »Reformabsolutisten« belegt den geringen heuristischen Wert des Begriffes – zumindest als Ersatz für den »aufgeklärten Absolutismus«. Gleichwohl wiesen einige der von diesem König in die Wege geleiteten Veränderungen in die Zukunft, erinnert sei hier noch einmal an die Nachhaltigkeit seiner in der Verwaltung, aber auch in der Wirtschaftsund Finanzpolitik initiierten Neuerungen. Denn während seiner Regierungszeit sind nicht nur die institutionellen Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass letztlich jene Reformimpulse – trotz der nach wie vor gebotenen Zurückhaltung – überhaupt rezipiert und umgesetzt werden konnten. Darüber hinaus kann die Frage aufgeworfen werden, ob 474

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nicht auch von der inhaltlichen Seite her einige der zwischen 1713 und 1740 vorangetriebenen Reformvorhaben bestimmte Themen des folgenden »aufgeklärten« Zeitalters schon antizipierten, was zur Folge hätte, die Zäsur »1740« nicht so scharf wie bislang zu ziehen. Aufschlussreich ist dabei die Sichtweise seines Sohnes und Nachfolgers, der sich bekanntlich als Historiograph seiner Dynastie betätigt hat. In den »Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg« würdigt er bei der Behandlung der Regierungszeit seines Vaters dessen Verdienste für die »Wiederherstellung der Ordnung in Finanzwirtschaft, Verwaltung, Rechtspflege und Heerwesen«.42 Der Topos des »größten inneren Königs« war hier gewissermaßen schon angelegt, doch hat Friedrich der Große auf subtile Weise deutlich gemacht, welche Verdienste seines Erachtens vor dem Urteil der Geschichte besonders gewürdigt werden würden43: Es wären demnach die Kriege, in denen sich der brandenburgisch-preußische Staat zu bewähren hatte. Und hier trat die persönliche Rolle seines Vaters bei der Behandlung des Großen Nordischen und des Polnischen Thronfolgekrieges zwangsläufig zurück. Das umso mehr, als ein wesentliches Motiv Friedrichs bei der Abfassung der »Denkwürdigkeiten« darin lag, die eigene Herrschaft als Höhepunkt, als Vollendung des Aufstiegsprozesses des brandenburgisch-preußischen Staates erscheinen zu lassen. In diesem Sinne geriet die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. allenfalls zur »Vorgeschichte« der eigenen ruhmvollen Herrschaft. Auch einige zeitgenössische Stimmen teilten diese Sicht. Aus französischer Perspektive erkannte man in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an, dass es die von Friedrich Wilhelm I. vorgenommene Erhöhung der Stärke seiner Truppen auf über 80.000 Mann war, die die Voraussetzung geschaffen habe, dass »diese neue Macht in Europa geboren [werden konnte], die in den Händen des Sohnes derart furchteinflößend wurde, daß sie allerhöchster Aufmerksamkeit bedarf«.44 Jene Argumentationslinie fand unter anderem in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts ihren Widerhall: Sowohl für Ranke als auch für Droysen galt die Zeit Friedrich Wilhelms I. als »Zwischenstufe« einer Entwicklung, »die erst unter Friedrich dem Großen ihre volle geschichtliche Höhe erreicht« habe. Und auch Otto Hintze sah diese knapp drei Jahrzehnte in einer »eigentümlichen Zwischenstellung …, in dem überall das ›schon‹ mit dem ›noch nicht‹ im Kampfe liegt«.45 12. Lebensende und Bilanz

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In der Tat lässt sich das Wirken Friedrich Wilhelms I. als eine Zeit des Überganges bewerten. Ihm kam das Verdienst zu, in etlichen Bereichen von Staat und Gesellschaft den Boden für jene Reformvorhaben bereitet zu haben, die sein Sohn und Nachfolger weiterführte. Auch die des Öfteren den »aufgeklärt-absolutistischen« Monarchen zugeschriebene Haltung, am besten zu wissen, was zur »Wohlfahrt« und »Glückseligkeit« des Volkes geeignet sei – man denke hier an das fast schon programmatisch gewordene Bonmot Kaiser Josephs II.: »Alles für das Volk – nichts durch das Volk!« –, weist durchaus Parallelen zu den Herrschaftsvorstellungen und der Regierungspraxis Friedrich Wilhelms I. auf. Nur durch ein immer weiter ausgreifendes Regierungshandeln, was natürlich auch und gerade den Herrscher selbst in die Pflicht nahm, konnten demnach nachhaltige Veränderungen erreicht werden, die einen größer werdenden Teil der Bevölkerung in Stadt und Land zu erfassen vermochten. Dadurch wurden aber gleichermaßen tradierte Spielräume der intermediären Gewalten reduziert, und die weitgehend in paternalistischen Strukturen eingebundenen Untertanen nahmen den bislang recht fern und unverbindlich bleibenden »Staat« zunehmend in seinen Ansprüchen in Gestalt von Reglementierungen und der professioneller und regelhafter werdenden Ressourcenerfassung wahr und artikulierten Ressentiments. Der dem aufgeklärten Absolutismus zugeschriebene »potentielle Widerspruch zwischen absoluter Fürstengewalt und einem Staatszweck, der das materielle Wohl aller zum Ziel hatte«, war evident und prägte in gewisser Weise bereits die Herrschaftspraxis Friedrich Wilhelms I.46 So hat eine schon zeitgenössische Kritik sehr wohl die Folgen dieser zur Überspannung neigenden landesherrlichen Reformtätigkeit gesehen. Diese Linie reicht bis zu jenen fast ein Jahrhundert später durch Wilhelm von Humboldt geäußerten Bedenken über einen zu weit gehenden Anspruch des wachsenden Staates. Bei Humboldt und anderen »Absolutismus«Kritikern mochten vielleicht auch die Erfahrungen aus der mit Friedrich Wilhelm I. verbundenen preußischen Regierungsweise Pate gestanden haben, die ja mehr oder weniger durch den nachfolgenden »roi philosophe« in nur leicht variierten Bahnen fortgeführt wurde. Vor diesem Hintergrund plädierte Humboldt für bestimmte »Grenzen der Wirksamkeit des Staates« und warnte davor, alle Fürsorge und Gerechtigkeit dem Staat zuzuweisen: Dies würde letztlich »aus Menschen Maschinen ma476

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chen«, zudem »leidet durch eine zu ausgedehnte Sorgfalt des Staates die Energie des Handelns überhaupt und der moralische Charakter«.47 Friedrich Wilhelm I. bot also, so ließe sich vielleicht abschließend resümieren, das Fallbeispiel eines Herrschers, der die dem Zeitalter innewohnenden Tendenzen in vergleichsweise intensiver Manier verkörperte. Sein Wirken führt fast wie in einem Lehrstück noch einmal die große Bedeutung der Einzelpersönlichkeit an der Spitze eines monarchisch organisierten Staatswesens vor Augen. Gewiss bewegte auch er sich in seinen Entscheidungen in einem Spannungsfeld zwischen Freiheit und Gebundenheit: einer Freiheit, die für ihn eine teilweise exzessive Ausnutzung seines Gestaltungsspielraumes mit dem Anspruch, »alles selber thun« zu wollen48, darstellte und für seine Untertanen das Ertragen von immensen Belastungen und Zumutungen bedeuten konnte. Einer Gebundenheit, die sich für ihn im Wissen um die Grenzen des Machbaren häufig auch in Enttäuschungen, im Sichfügen in das Unabänderliche widerspiegelte. Er war eine außergewöhnliche Erscheinung unter den Herrschern des Ancien Régime mit gewiss einer ganzen Reihe von problematischen Charakterzügen, doch zugleich eine höchst ambivalente Persönlichkeit mit vielen »Gesichtern«: oftmals grobschlächtig, zugleich aber zur Empathie fähig, äußerlichem Pomp abhold, dennoch allergisch auf Missachtung der ihm und seinem Rang zustehenden Anerkennung reagierend, detailbesessen49, jedoch in vielen Reformen auf Nachhaltigkeit bedacht – eine Persönlichkeit, die mit ihrer für die damalige Zeit und ihren Stand so unverstellten Wesensart, ihrer auferlegten Selbstdisziplin, aber auch mit ihren aufkommenden Skrupeln und Selbstzweifeln uns heute gleichermaßen fremd und vertraut erscheinen mag.

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Anmerkungen Einleitung 1 Vgl. Jürgen Luh: Der Große. Friedrich II. von Preußen, München 2011. 2 Vgl. Christopher Clark: Von Zeit und Macht. Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten, München 2018, S. 29–84. 3 Vgl. hierzu einige wiedergegebene Äußerungen bei Friedrich Backschat: Die Ökonomie am Hofe Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Großen, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams N.F. 6 (1932), S. 265–302, hier S. 265 f. 4 Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie: Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941 (ND Darmstadt 1968). 5 Friedrich Nietzsche: Werke, Bd. 3: Morgenröte. Die fröhliche Wissenschaft, hg. von Alfred Baeumler, Leipzig 1930, S. 25. 6 Theodor Fontane: Cécile, Berlin 2000, S. 65. 7 Vgl. dazu Gabriele Jochums (Bearb.): Bibliographie Friedrich Wilhelm I. Schrifttum von 1688 bis 2005, Berlin 2005. 8 Vgl. David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982). 9 Vgl. Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835. Demzufolge erweist sich bis heute der Urkundenteil von besonderem Wert gegenüber der noch zu stark apologetisch-höfischen Diktion des Werkes. 10 Vgl. hierzu den Überblick bei Stephan Skalweit: Friedrich Wilhelm I. und die preußische Historie, in: Otto Büsch/ Wolfgang Neugebauer (Hg.), Moderne Preußische Geschichte 1648–1947. Eine Anthologie, Berlin/ New York 1981, S. 105–130, hier S. 110. 11 Theodor Fontane: Der Stechlin, Berlin/Weimar 1984, S. 256 f. 12 Vgl. hierzu das gleichnamige Kapitel in Wolfgang Neugebauer: Preußens Geschichte als gesellschaftliche Verantwortung. Historiographie vom Mittelalter bis zum Jahr 2000, Paderborn 2018, S. 527–541. 13 Vgl. Gerhard Oestreich: Friedrich Wilhelm I. Preußischer Absolutismus, Merkantilismus, Militarismus, Göttingen u. a. 1977. 14 Vgl. Heinz Kathe: Der »Soldatenkönig«. Friedrich Wilhelm I. 1688–1740, König in Preußen, 3. Aufl., Berlin 1981. Dies im Übrigen im Gegensatz zu der im Urteil wesentlich abwägenderen, kurze Zeit später in der DDR erschienenen Biographie über Friedrich II. von Ingrid Mittenzwei: Friedrich II. von Preußen. Eine Biographie, Berlin 1979. 15 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Die Hohenzollern, Bd. 1: Anfänge, Landesstaat und monarchische Autokratie bis 1740, Stuttgart 1996. 16 Vgl. Christopher Clark: Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600–1947, München 2008. 17 Vgl. Ernst Hinrichs: Staat ohne Nation. Brandenburg und Preußen unter den Hohenzollern (1415–1871), Bielefeld 2014, S. 125–142. 18 Vgl. zu dem zuletzt genannten Typ den großartigen, heute immer noch lesenswerten Roman von Jochen Klepper: Der Vater. Roman eines Königs, Stuttgart 1937. 19 So z. B. die Debatten um eine politische Kulturgeschichte. Vgl. Birgit Emich: Frühneuzeitliche Staatsbildung und politische Kultur. Für die Veralltäglichung eines Konzepts, in: Barbara Stollberg-Rilinger (Hg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, Berlin 2005, S. 191–205; oder die Diskussionen über Herrschaft als

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kommunikativen Prozess bzw. die Varianten der Herrschaftsvermittlung auf den verschiedenen Ebenen des Staates. Vgl. Markus Meumann/ Ralf Pröve (Hg.), Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Umrisse eines dynamisch-kommunikativen Prozesses, Münster 2004; Stefan Brakensiek/ Heide Wunder (Hg.): Ergebene Diener ihrer Herren? Herrschaftsvermittlung im alten Europa, Köln/Weimar/Wien 2005. Vgl. in diesem Sinne etwa den interessanten, aber nicht unwidersprochen gebliebenen Versuch, beim Soldatenkönig ein Borderlinesyndrom zu diagnostizieren: Kurt R. und Kati Spillmann: Friedrich Wilhelm I. und die preußische Armee. Versuch einer psychohistorischen Deutung, in: Historische Zeitschrift 246 (1988), S. 549–589. Vgl. hierzu nur die jüngst kontrovers geführten Diskussionen zur Bewertung der psychischen Disposition des gegenwärtigen US-Präsidenten: Kommentar in DIE ZEIT Nr. 45/2017; sowie den Sammelband von Bandy X . Lee (Hg.): Wie gefährlich ist Donald Trump? 27 Stellungnahmen aus Psychiatrie und Psychologie, Gießen 2018. Ludwig Häusser: Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gründung des deutschen Bundes, Bd. 1, Berlin 1861, S. 44. Heinrich Lutz: Karl V. – Biographische Probleme, in: Günter Vogler (Hg.), Europäische Herrscher. Ihre Rolle bei der Gestaltung von Politik und Gesellschaft vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Weimar 1988, S. 31–57, hier S. 46. Vgl. zu diesem Ansatz jüngst Benjamin Marschke: Die russische Partei, ein Pietist auf dem Thron, und ein Hof-Komödiant: Wandel und Wendepunkte am Hof Friedrich Wilhelms I., in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020. Otto Krauske: Vom Hofe Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 5 (1901), S. 173–210, hier S. 182.

1. Der Kronprinz 1 Angesichts der Tatsache, dass Carl Hinrichs den ersten 25 Lebensjahren Friedrich Wilhelms I. den 700 Seiten umfassenden ersten Band seiner unvollendet gebliebenen Biographie dieses Königs gewidmet hat, bleiben die folgenden Ausführungen vergleichsweise knapp und beschränken sich vor allem auf solche Informationen, die für das Verständnis des weiteren Lebensweges nützlich erscheinen. Vgl. Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie: Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941 (ND Darmstadt 1968). 2 Zit. nach Barbara Beuys: Sophie Charlotte. Preußens erste Königin, Berlin 2018, S. 117. 3 Kritisch dazu auch: Mijndert Bertram: Georg II. König und Kurfürst. Eine Biografie, 2., überarb. Aufl., Göttingen 2004, S. 26. 4 In diesem Sinne etwa bei Kurt R. und Kati Spillmann: Friedrich Wilhelm I. und die preußische Armee. Versuch einer psychohistorischen Deutung, in: Historische Zeitschrift 246 (1988), S. 549–589. 5 Vgl. Heinrich Borkowski: Erzieher und Erziehung König Friedrich Wilhelms I, in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), 92–142, hier S. 101. 6 Zit. nach ebd., S. 98 f. 7 Auch der Hofprediger Jablonski, der zuweilen einen Teil des Unterrichts übernommen hatte, beklagte, dass die Unterweisung des Prinzen in Latein und Religion ihm die Zeit für Briefe an seine Freunde raube. Vgl. Staatsbibliothek zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz [i.F. SBB SPK], Nachlass A. H. Francke: Stab/F 11,2/14 : 55: Brief von Daniel Ernst Jablonski an Johann Georg Pritius, Berlin, 29. April 1704. 8 Der sich damals in Berlin aufhaltende französische Gesandte wusste darüber zu berichten, dass dieser Rabe den Prinzen in die Ohren gezwickt und dabei die Wange verletzt habe. Vgl. Karl von Weber: Vom Berliner Hofe unter König Friedrich

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Wilhelm I., in: ders., Aus vier Jahrhunderten. Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, N.F., Bd. 1, Leipzig 1861, S. 96–160, hier S. 97. 9 Zit. nach Borkowski, Erziehung, S. 112. 10 Wenchao Li (Hg.): Briefwechsel. Gottfried Wilhelm Leibniz – Kurfürstin Sophie von Hannover, Göttingen 2017, S. 407: Brief Leibniz an Kurfürstin Sophie, 9. September 1702. 11 Borkowski, Erziehung, S. 115. 12 Ebd., S. 127. 13 Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 42 f. 14 Vgl. hierzu Heinrich Borkowski: Königin Sophie Charlotte als Mutter und Erzieherin, in: Hohenzollern-Jahrbuch 7 (1903), S. 223–245. 15 Zit. nach Georg Schnath (Hg.): Briefwechsel der Kurfürstin Sophie von Hannover mit dem Preußischen Königshause, Berlin/Leipzig 1927, S. 22: Brief Kurfürstin Sophie Charlotte an Kurfürstin Sophie, 27. November/ 7. Dezember 1697. 16 Bertram, S. 25. 17 Der Kurprinz könne nicht bis zehn zählen und auch die Lesequalitäten ließen sehr zu wünschen übrig; vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 37 f. 18 Borkowski, Erziehung, S. 99. 19 Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 37 Herrschaft Königs Wusterhausen, Nr. 193, Bl. 1. 20 Vgl. Jürgen Kloosterhuis (Bearb.): Legendäre »lange Kerls«. Quellen zur Regimentskultur der Königsgrenadiere Friedrich Wilhelms I. 1713–1740, Berlin 2003, S. XVII. Diese wurden im Umfeld von Jagden, bei denen diese Jugendlichen als Treiber eingesetzt waren, zusammengeholt. 21 Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 252. 22 Vgl. Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode: Schwierige Prinzen. Die Markgrafen von Brandenburg-Schwedt, Berlin 2011, S. 127 und 149 f. 23 Zit. nach Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 389. 24 Vgl. ausführlich dazu ebd., S. 399–412. 25 Zit. nach ebd., S. 406. 26 Zit. nach Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 2: Brief vom 9. Februar 1706. 27 Paul Sauer: Ein kaiserlicher General auf dem württembergischen Herzogsthron. Herzog Carl Alexander von Württemberg 1684–1737, Filderstadt 2006, S. 63. 28 Zit. nach Beuys, S. 221. 29 Dohna scheint den Prinzen aber gezielt auf die Begegnung mit Fénelon vorbereitet zu haben, denn während der Reise nach Brüssel hatte er ihm aus dem »Telemach« vorgelesen; vgl. Borkowski, Erziehung, S. 131. 30 Vgl. Arnold Berney: Friedrich der Große. Entwicklungsgeschichte eines Staatsmannes, Tübingen 1934, S. 10–12. 31 Wenchao Li, S. 285: Brief Leibniz an Kurfürstin Sophie, 22. Mai 1700. 32 Borkowski, Erziehung, S. 127. 33 Vgl. hierzu die Ausführungen im Kapitel zur Hofgesellschaft. 34 Vgl. Johann von Besser: Schriften, Bd. 3: Ceremonial-Acta, hg. von Peter-Michael Hahn/ Knut Kiesant, Heidelberg 2009, S. 439. 35 Besser, S. 314. In ähnlicher Weise, inklusive der »Arbeitsteilung« mit der Kronprinzessin, empfing er drei Monate später den Gesandten des Bistums Münster; vgl. ebd., S. 323. 36 Anlässlich einer am 1. April 1708 abgehaltenen Abendgesellschaft beim britischen Botschafter, Lord Raby, an der der Kronprinz als ranghöchster Gast teilnahm, trat als besondere Attraktion ein englischer Sänger auf. Vgl. ebd., S. 338. 37 Ebd., S. 460.

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38 Vgl. etwa das Miniaturbild des zwölfjährigen Friedrich Wilhelm der Brüder Hourt aus dem Jahre 1700 oder das Gemälde Friedrich Wilhelms als Kronprinz von Romandon. 39 Zit. nach Schnath, S. 60: Brief Kurfürstin Sophie an König Friedrich I., 21. Februar 1705. 40 Vgl. hierzu übergreifend Daniel Schönpflug: Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640–1918, Göttingen 2013. 41 Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 103 f. 42 Vgl. ebd., S. 258 f. 43 Zit. nach Wenchao Li, S. 229: Brief Leibniz an Sophie Charlotte, 4. Dezember 1697. 44 Vgl. Otto Krauske: Die Verlobung Friedrich Wilhelms I., in: Beiträge zur brandenburgischen und preußischen Geschichte. Festschrift zu Gustav Schmollers 70. Geburtstag, Leipzig 1908, S. 153–179. 45 Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 283. 46 Vgl. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, BrandenburgischPreußisches Hausarchiv, Rep. 46 König Friedrich Wilhelm I., J 38, Bl. 1–19. 47 Einem Vertrauten gegenüber äußerte er, dass er »der Sottisen so müde wäre« und sich »nach Hannover wünschte«. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 295. 48 Wintzingerode, S. 51. 49 Richard Alewyn: Das große Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste, Nachdr. der 2., erw. Aufl. der Orig.-Ausg., München 1989, S. 14. 50 Vgl. Besser, S. 238 f. 51 Ebd., S. 393. 52 Vgl. hierzu übergreifend Mathis Leibetseder: Die Kavalierstour. Adlige Erziehungsreisen im 17. und 18. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2004. 53 Vgl. Katrin Keller (Hg.): »Mein Herr befindet sich gottlob gesund und wohl«. Sächsische Prinzen auf Reisen, Leipzig 1994. 54 Vgl. Carl Hinrichs: Die Bildungsreise des jungen Friedrich Wilhelm I. in die Niederlande und die preußischen Absichten auf die Statthalterschaft im Jahre 1700, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 49 (1937), S. 39–56. 55 Borkowski, Erziehung, S. 139 f. 56 Vgl. dazu Walther Koch: Hof und Regierungsverfassung König Friedrichs I. von Preußen (1697–1710), Breslau 1926 (ND Aalen 1991). 57 Vgl. hierzu detailliert Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 473–491. 58 Das Reglement dazu abgedruckt in: Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 1, Berlin 1892, S. 184–190. 59 Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 342–345. 60 A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 215. – »ich werde in wahrheit hier Melankolisch werden.« Ebd., S. 216. 61 Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 649 f. 62 Im Einzelnen waren dies die Berichte des kursächsischen Gesandten v. Manteuffel, des mecklenburgischen Residenten Burmeister und des kurhannoveranischen Residenten Heusch. Vgl. Carl Hinrichs: Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 91–137. 63 Vgl. Leonhard Horowski: Das Europa der Könige. Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts, Reinbek bei Hamburg 2017, S. 551. 64 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 243. 65 So laut dem Bericht des kursächsischen Gesandten v. Manteuffel. Vgl. A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 359.

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66 Carl Hinrichs: Die preußische Zentralverwaltung in den Anfängen Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 138–160, hier S. 158. 67 »M. Danckelman s’excuse en apparence sur son âge avancé et sur ses incommodités d’entrer dans le conseil, mais la vérité est, Monseigneur, qu’il connoist et qu’il craint l’humeur du prince, et qu’il n’approuve en nulle manière le début de sa conduite.« Zit. nach Jörg Ulbert: Frankreichs Deutschlandpolitik im zweiten und dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts. Zur Reichsperzeption französischer Diplomaten während der Regentschaft Philipps von Orléans (1715–1723), Berlin 2004, S. 235, Anm. 135. 68 Auch zum Folgenden: HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, unpag. – Die Namen der Minister erscheinen in den Berichten in chiffrierten Zahlen. 69 Ebd., unpag. 70 Zit. nach Hinrichs, Regierungsantritt, S. 92. 71 Vgl. ebd., S. 118 f. 72 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 22.

2. Der König und die politisch-höfische Führungsgruppe 1 Vgl. hierzu die Akten der Hofstaatskassen-Etats: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 36 Hof- und Güterverwaltung, Nr. 69–75. 2 Hier wiedergegeben nach Fritz Arnheim: Der Hof Friedrichs des Großen, T. 1: Der Hof des Kronprinzen, Berlin 1912, S. 1 f. 3 Zit. nach Georg Küntzel/ Martin Hass (Hg.): Die politischen Testamente der Hohenzollern nebst ergänzenden Aktenstücken, Bd. 1, 2., erw. Aufl., Leipzig/Berlin 1919, S. 63. 4 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Hof und politisches System in Brandenburg-Preußen. Das 18. Jahrhundert, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 46 (2000), S. 139–169, hier S. 141. 5 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 61, Bl. 9 f. 6 Dies geht aus dem Schreiben an Fürst Leopold vom 30. Juni 1712 hervor, in dem sich der Kronprinz beklagt, dass »meine freunde Ilgen Printz[en] … nicht vor mir sprechen [dürfen] das sie sich nicht zu supsohnieren beym König«. Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 1, Berlin 1892, S. 215. 7 Für eine gelegentliche Nutzung Oranienburgs spricht die im Jahre 1733 gegebene Anweisung Friedrich Wilhelms, dass auf die dortigen Schornsteine, »so in die herrschaftl. Gemächer gehen, Gitter von starcken Eisendraht gemachet werden, damit nichts in die Schornsteine herunter fallen oder fliegen könne«. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 7, Bl. 112: 4. Februar 1733. 8 Vgl. hierzu Hermann Schmitz: Preußische Königsschlösser, München/Wien 1926, S. 49. 9 Vgl. Adelheid Schendel: Jagdschloss Stern, Parforceheide, Berlin 2004. – Zu bedenken ist aber, dass die Brandenburg-Schwedter Seitenlinie der Dynastie bemerkenswerte Aktivitäten im Schlossbau fortsetzte. So wurde das dem Markgrafen Albrecht Friedrich geschenkte Schloss Friedrichsfelde ebenso aufwendig umgebaut, wie auch in Schwedt selbst ein Bau »nach dem Vorbilde französischer Adelsschlösser« errichtet wurde. Schmitz, S. 50.

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10 So hatte der Berliner Propst Johann Porst den König 1717 in zwei Schreiben gebeten, den Auftritt einer Schauspieltruppe in Berlin zu verbieten. Vgl. Staatsbibliothek zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Nachlass A. H. Francke: Stab/F 17,1/4 : 24: Brief Johann Porst an König Friedrich Wilhelm I., Berlin, 27. August 1717. 11 Zit. nach Ernst Friedlaender (Hg.): Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735. Ein Beitrag zur preußischen Geschichte unter König Friedrich Wilhelm I., Berlin 1902, S. 15: 10. Juni 1713. 12 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Staatsverwaltung, Manufaktur und Garnison. Die polyfunktionale Residenzlandschaft von Berlin-Potsdam-Wusterhausen zur Zeit Friedrich Wilhelms I., in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte [i.F. FBPG] N.F. 7 (1997), S. 233–257, Anm. 55 f. 13 Thomas W. Gaethgens: Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. Drei Konzepte der Repräsentation und des herrschaftlichen Wohnens am preußischen Hof, in: Christoph Kampmann/ Katharina Krause/ Eva-Bettina Krems/ Anuschka Tischer (Hg.), Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 126–148, hier S. 135. 14 Vgl. Mijndert Bertram: Georg II. König und Kurfürst. Eine Biografie, 2., überarb. Aufl., Göttingen 2004, S. 121. 15 Neugebauer, Hof, S. 145. 16 Vgl. hierzu etwa Volker Bauer: Die höfische Gesellschaft in Deutschland von der Mitte des 17. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. Versuch einer Typologie, Tübingen 1993; Rainer A. Müller: Der Fürstenhof in der frühen Neuzeit, München 1995; sowie Wolfgang Adam u. a. (Hg.): Handbuch kultureller Zentren in der Frühen Neuzeit. Städte und Residenzen im alten deutschen Sprachraum, 3 Bde., Berlin 2012. 17 Unter seinem Großvater, dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm, war z. B. der zeremonielle Aufwand lange Zeit auf ein recht geringes Maß beschränkt worden. Vgl. Wolfgang Neugebauer: Vom höfischen Absolutismus zum fallweisen Prunk. Kontinuitäten und Quantitäten in der Geschichte des preußischen Hofes im 18. Jahrhundert, in: Klaus Malettke/ Chantal Grell (Hg.), Hofgesellschaft und Höflinge an europäischen Fürstenhöfen in der Frühen Neuzeit (15.–18. Jh.), Münster u. a. 2001, S. 113–124, hier S. 114. 18 Vgl. das Hofrangreglement, in: A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 410–419. 19 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 341, unpag. 20 So z. B. bei Wolfgang Venohr: Der Soldatenkönig. Revolutionär auf dem Thron, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 103 f. oder bei Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999, S. 83 f. 21 Die Ausgaben beliefen sich für das letzte Regierungsjahr Friedrich Wilhelms I. auf 208.321 Taler; vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 370, unpag. 22 Vgl. hierzu das Kapitel zur Außenpolitik. 23 Vgl. Andreas Pečar: Gab es eine höfische Gesellschaft des Reiches? Rang- und Statuskonkurrenz innerhalb des Reichsadels in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Harm Klueting/ Wolfgang Schmale (Hg.), Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander, Münster 2004, S. 183–205. 24 Peter-Michael Hahn: Pracht und Selbstinszenierung. Die Hofhaltung Friedrich Wilhelms I. von Preußen, in: Friedrich Beck/ Julius H. Schoeps (Hg.), Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit, Potsdam 2003, S. 69–98, hier S. 78. 25 Vgl. Ernst Daniel Martin Kirchner: Die Churfürstinnen und Königinnen auf dem Throne der Hohenzollern, im Zusammenhange mit ihren Familien- und Zeit-Verhältnissen, Th. 3: Die sechs ersten Königinnen, mit deren Bildnissen, Berlin 1870, S. 121 f.

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26 Johann von Besser: Schriften, Bd. 3: Ceremonial-Acta, hg. von Peter-Michael Hahn/ Knut Kiesant, Heidelberg 2009, S. 516 und 519. 27 Vgl. Carl Hinrichs: Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 91–137, hier S. 94 f. und 111 f. 28 Vgl. hierzu die abwägenden Bemerkungen bei Neugebauer, Hof, S. 144 ff. 29 Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 223 und 225. 30 GStA PK, I. HA, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, J 3, Fasz. 77. – Der Gegensatz zwischen diesen beiden Amtsträgern währte schon mehrere Jahre und eskalierte erstmals 1716, als v. Schlieben dem Oberjägermeister v. Hertefeld als Oberforstmeister der Mittel- und Uckermark beigeordnet wurde. Vgl. Friedlaender, S. 474. 31 So wurden im Oktober 1722 Befürchtungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Bildung des General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Direktoriums laut. Dass »das Generalfinanzdirektorium vor das Generalkriegscommissariat den Rang haben« solle, habe »unter den Chefs [dieser Behörden – F.G.] große Difference« hervorgerufen. Victor Loewe: Zur Gründungsgeschichte des Generaldirektoriums, in: FBPG 13 (1900), S. 242–246, hier S. 243. 32 Vgl. A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 410–419. 33 Vgl. Bernhard R. Kroener: »Des Königs Rock«. Das Offizierkorps in Frankreich, Österreich und Preußen im 18. Jahrhundert – Werkzeug sozialer Militarisierung oder Symbol gesellschaftlicher Integration?, in: ders./ Peter Baumgart/ Heinz Stübig (Hg.), Die preußische Armee. Zwischen Ancien Régime und Reichsgründung, Paderborn u. a. 2008, S. 72–95, hier S. 85 34 Vgl. Peter Bahl: Die Berlin-Potsdamer Hofgesellschaft unter dem Großen Kurfürsten und König Friedrich I. Mit einem prosopographischen Anhang für die Jahre 1688– 1713, in: Frank Göse (Hg.), Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700, Potsdam 2002, S. 31–98, hier S. 59. 35 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 69. 36 Otto Krauske: Vom Hofe Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 5 (1901), S. 173–210, hier S. 174. 37 Vgl. Peter-Michael Hahn: Aristokratisierung und Professionalisierung. Der Aufstieg der Obristen zu einer militär­ischen und höfischen Elite in Brandenburg-Preußen von 1650–1725, in: FBPG N.F. 1 (1991), S. 161–208, hier S. 184 (mit entsprechendem Zahlenmaterial). 38 Vgl. Heinz Duchhardt: Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen, Bd. 4: Balance of Power und Pentarchie. 1700–1785, Paderborn 1997, S. 28 f. 39 Vgl. hierzu, basierend auf der Auswertung der biographischen Zusammenstellung von Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum, 10 Bde., Hamburg [1937–1942], bei Hahn, Aristokratisierung. 40 Vgl. Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Th. 6, Nr. 177, Sp. 577–590. 41 David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 854. 42 Vgl. Louis Schneider: Hoffestlichkeiten in Potsdam im Jahre 1729, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams [i.F. MVGP] 4 (1869), S. 36–40, hier S. 38. 43 Peter-Michael Hahn: Dynastische Selbstdarstellung und Militärmacht. Kriegerische Symbolik als höfische Zeichensprache in Brandenburg-Preußen im 17. Jahrhundert, in: Ronald G. Asch/ Wulf Eckart Voß/ Martin Wrede (Hg.), Frieden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Die europäische Staatenordnung und die außereuropäische Welt, München 2001, S. 115–138, hier S. 124.

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44 Voltaire: Geschichte Karls XII. Mit einem Nachwort von Carl J. Burckhardt, Frankfurt am Main 1963, S. 26. 45 Vgl. Bernhard R. Kroener: Friedrich Wilhelm von Grumbkow (1678–1739), in: Kurt G. A. Jeserich/ Helmut Neuhaus (Hg.), Persönlichkeiten der Verwaltung. Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648–1945, Stuttgart u. a. 1991, S. 13–17. 46 Vgl. hierzu neben den einschlägigen Artikeln in den biographischen Lexika Olaf Groehler/ Helmut Erfurth: Der Alte Dessauer. Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, Berlin 1991; Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (1676–1747). »Der alte Dessauer«. Ausstellung zum 250. Todestag, Dessau 1997. 47 Gerhard Oestreich: Friedrich Wilhelm I. Preußischer Absolutismus, Merkantilismus, Militarismus, Göttingen u. a. 1977, S. 53. 48 GStA PK, I. HA, Rep. 96 Geheimes Kabinett, Nr. 16 A, Bl. 67. 49 GStA PK, I. HA, Rep. 131 Archivkabinett, K 131 R, Bl. 3. 50 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 14a, Bl. 1. 51 Vgl. Karl Linnebach: König Friedrich Wilhelm I. und Fürst Leopold I. zu AnhaltDessau, Berlin 1907. 52 Zit. nach Hinrichs, Regierungsantritt, S. 119. 53 Vgl. Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905. 54 Vgl. Bahl, S. 47 f. 55 Neugebauer, Hof, S. 149. 56 Ebd., S. 151. Vgl. hierzu eingehendere Ausführungen im folgenden Kapitel. 57 So etwa die Argumentation in der für die moderne Hofforschung wegweisenden Studie von Aloys Winterling: Der Hof der Kurfürsten von Köln, 1688–1794. Eine Fallstudie zur Bedeutung »absolutistischer« Hofhaltung, Bonn 1986, S. 21. 58 Peter-Michael Hahn: Neuzeitliche Adelskultur in der Provinz Brandenburg, in: ders./ Hellmut Lorenz (Hg.), Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Kommentierte Neuausgabe des Ansichtenwerks von Alexander Duncker (1857– 1883), Bd. 1: Einführung, Berlin 2000, S. 19–56, hier S. 44. 59 Kirchner, S. 100. 60 Das ursprünglich aus 56 Personen bestehende Küchenpersonal wurde auf 21 reduziert. Vgl. Friedrich Backschat: Die Ökonomie am Hofe Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Großen, in: MVGP N.F. 6 (1932), S. 265–302, hier S. 268. Siehe zu einigen der zwischen 1715 und 1738 überlieferten Menüfolgen am Hofe Friedrich Wilhelms I. ebd., S. 297–300. 61 Elisabeth M. Kloosterhuis: Soldatenkönigs Tafelfreuden. Die Tafelkultur am Hofe Friedrich Wilhelms I., Berlin 2009, S. 9. 62 Vgl. etwa Schneider, Hoffestlichkeiten, S. 38. So sei Friedrich Wilhelm I. anlässlich des Besuches des ansbachischen Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich während der Tafel »etlichmal« aufgestanden, »um mit denen Fremden besser in der Nähe sprechen zu können, und waren ungemein lustig und vergnügt«. Vgl. des Weiteren Fassmann, S. 860–869. 63 Vgl. Kloosterhuis, Soldatenkönigs Tafelfreuden, S. 21 f. 64 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 90: 1. Januar 1733. 65 Ebd., Bl. 107: 30. Januar 1733. 66 Louis Schneider: Die Territorien von Sanssouci: Der Hopfengarten – die Meierei – der Küchengarten, in: MVGP 1 (1864), XVIII. Abhandlung, hier S. 4. 67 Backschat, S. 278 f. Anfänglich favorisierte er englisches Bier (aus Bourton), dann auch schwedisches Bier, das ihm vom schwedischen Gesandten empfohlen worden war und dann unter dem Namen »Königsbier« am Fuße des Potsdamer Brauhausberges gebraut wurde. Vgl. ebd., S. 280. 68 Kloosterhuis, Soldatenkönigs Tafelfreuden, S. 24.

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69 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 d, Bl. 55. Auch in anderen Berichten des kaiserlichen Gesandten finden solche Essen in den Häusern der Minister Erwähnung, so z. B. im Palais v. Grumbkows 1738. Vgl. HHStAW, Staatenabteilung, Brandenburgica, K. 32, unpag. 70 Vgl. Erika Preiße: Geselligkeit und Genuss – Friedrich Wilhelm I. im Spektrum höfischer Kommunikationsstrategien, in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. 71 Vgl. Liselotte Wiesinger: Das Berliner Schloß. Von der kurfürstlichen Residenz zum Königsschloß, Darmstadt 1989, S. 209 f. 72 Zit. nach Dietrich, S. 222. 73 Zit. nach Schneider, Hoffestlichkeiten, S. 37. 74 Wilhelm Stratemann: Vom Berliner Hofe zur Zeit Friedrich Wilhelms I. Berichte des Braunschweiger Gesandten in Berlin. 1728–1733, hg. und erl. von Richard Wolff, Berlin 1914, S. 55. 75 Vgl. Heinrich Borkowski: Erzieher und Erziehung König Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), S. 92–142. 76 So finden sich z. B. mehrere Erwähnungen in den Aufzeichnungen des Zeremonienmeisters Besser, S. 562 (für einen am 16. Dezember 1714 ausgerichteten Ball) und S. 571 (anlässlich des Besuches des Zaren Peter I. am 22. September 1717). 77 Zit. nach Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 3, S. 259: Brief vom 22. Januar 1728. 78 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 389 f. 79 Anlässlich des Jahrestages der Schlacht von Malplaquet fand ein solches Fest am 11. September 1728 statt, bei dem »fiengen Ihro Majestät der König auch an, zu tantzen; aber mit lauter Officiers, und absonderlich mit alten Generals«. Fassmann, S. 897. In ähnlicher Diktion wird darüber auch berichtet bei Carl Friedrich von Benckendorf: Karakterzüge aus dem Leben König Friedrich Willhelm I. nebst verschiedenen Anecdoten von wichtigen unter seiner Regie-rung vorgefallenen Begebenheiten …, Slg. 1, Berlin 1787 (ND Wiesbaden 1982), S. 23. 80 Jakob Friedrich von Bielfeld: Des Freyherrn von Bielfeld freundschaftliche Briefe nebst einigen andern. Aus dem Französischen, T. 1, Danzig/Leipzig 1765, S. 80 f. 81 Vgl. Krauske, Vom Hofe, S. 179. 82 Ebd., S. 194. 83 Vgl. Kirchner, S. 105 u.ö. 84 Backschat, S. 271. 85 Ebd., S. 274. 86 Zit. nach Reinhold Koser: Vom Berliner Hofe um 1750, in: Hohenzollern-Jahrbuch 7 (1903), S. 1–37, hier S. 2. 87 Krauske, Vom Hofe, S. 181. 88 Krauske, Briefe, S. 473. 89 Backschat, S. 270. 90 Vgl. hierzu den abwägend-instruktiven Beitrag von Claudia Sommer: Die Wohnungen Friedrich Wilhelms I., in: Friedrich Wilhelm I. Der Soldatenkönig als Maler, Potsdam 1990, S. 9–27. 91 Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Bd. 2: Das Oderland, Berlin 1976, S. 470. 92 Besser, S. 517. 93 So etwa bei Hinrichs, Regierungsantritt, S. 115. 94 Vgl. dazu den Hinweis bei Otto Krauske: Aus einer geschriebenen Berliner Zeitung vom Jahre 1713, in: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins 30 (1893), S. 97–129, hier S. 107.

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95 Vgl. Paul Seidel: Der Silber- und Goldschatz der Hohenzollern im Königlichen Schlosse zu Berlin, Berlin [1896], S. 32. 96 Zu den in Berlin angesessenen Goldschmieden vgl. Hugo Rachel: Das Berliner Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus, Berlin 1931, S. 7 u.ö. 97 Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, Leipzig 1920, S. 248. 98 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 391. 99 Paul Seidel: Die Berliner Kunst unter Friedrich Wilhelm I., in: Zeitschrift für Bildende Kunst 23 (1888), S. 185–198, hier S. 189. 100 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 56. 101 Vgl. ebd., Bl. 125. 102 Vgl. Seidel, Der Silber- und Goldschatz, S. 30. 103 Hahn, Pracht, S. 89. Vor allem die Paradekammern im Berliner Schloss waren reich ausgeschmückt »mit silbernem Mobiliar und silbernem Gerät«. Schmitz, S. 55. 104 Neugebauer, Hof, S. 147. 105 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 20: 23. April 1728. Vgl. zum Hintergrund jüngst auch Melanie Mertens »Unsern hiesigen Residentzien … in mehreren Flor und Ansehen zu bringen«: Zur späten Bau- und Kunstpolitik von König Friedrich Wilhelm I., in: Thomas Biskup/ Marc Schalenberg (Hg.), Selling Berlin. Imagebildung und Stadtmarketing von der preußischen Residenz bis zur Bundeshauptstadt, Stuttgart 2008, S. 25‑44. 106 Vgl. Schmitz, S. 49. 107 Vgl. Rudolf Herz: Berliner Barock. Bauten und Baumeister aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1928, S. 104–110, Zitat S. 104. 108 Im Winterhalbjahr fanden dann abwechselnd abendliche Zusammenkünfte in den Häusern der Mitglieder dieses erlauchten Gremiums statt. Vgl. Krauske, Vom Hofe, S. 178. 109 Ein Beispiel für diese Verhaltensweise siehe bei Leonhard Horowski: Das Europa der Könige. Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts, Reinbek bei Hamburg 2017, S. 521. – Während einer Wildschweinjagd in Königs Wusterhausen hatte der König seine hohen Gäste mit Wein bewirtet und zeigte sich recht düpiert, als diese dem in seinen Augen teuren Getränk sehr zugesprochen hatten. Er soll sie indes nach der Tafel dazu gebracht haben, einen großen Teil der erlegten Schweine für einen hohen Geldbetrag zu kaufen. Vgl. Karl von Weber: Vom Berliner Hofe unter König Friedrich Wilhelm I., in: ders., Aus vier Jahrhunderten. Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, N.F., Bd. 1, Leipzig 1861, S. 96–160, hier S. 99 f. 110 Zur Lokalisierung des auf dem gleichnamigen Ölgemälde dargestellten »Tabakskollegiums« in einem Zimmer des Obergeschosses im Schloss Königs Wusterhausen vgl. jetzt Jürgen Kloosterhuis: Liebe Kinder, gute Kameraden. Friedrich Wilhelms I. Tabakskollegium als Sehnsuchtsort, in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. 111 Eine immerhin sieben Minuten währende Szene im Film »Der alte und der junge König« von 1935 (mit Emil Jannings in der Hauptrolle) greift diese Vorstellungen auf, deutet aber zumindest auch eine andere Funktion des Tabakskollegiums an. Zudem hält sich zum Teil bis in das heutige populäre Bewusstsein die Vorstellung, dass der Potsdamer Tagungsort dieses Gremiums in einem kleinen holländischen Haus mitten auf dem ehemaligen Bassin (dem heutigen Bassinplatz) gewesen sein soll. 112 Beispiele für starken Alkoholgenuss der Gäste bietet Krauske, Vom Hofe, S. 201. 113 Krauske, Briefe, S. 215: 10. Januar 1723. 114 Vgl. Rüdiger Schnell: Zur Konversationskultur in Italien und Deutschland im 15. und 16. Jahrhundert. Methodologische Überlegungen, in: ders. (Hg.), Konversationskultur in der Vormoderne. Geschlechter im geselligen Gespräch, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 313–385, hier S. 319–321.

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115 Vgl. Frank Göse: Friedrich I. Ein König in Preußen, Regensburg 2012, S. 336 mit Abb. XIV. 116 Vgl. Besser, S. 393 f. 117 Vgl. Paul Haake: La société des antisobres, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 21 (1900), S. 241–254; jüngst mit neuen Quellenfunden zu dieser Gesellschaft AnneSimone Rous: Der Weinkeller als Schlachtfeld. Die »Société des antisobres« als militärisch-politischer Geheimbund zwischen Sachsen und Preußen, in: Gundula Gahlen/ Daniel Marc Segesser/ Carmen Winkel (Hg.), Geheime Netzwerke im Militär 1700–1945, Paderborn 2016, S. 25–52. 118 Vgl. Krauske, Vom Hofe, S. 178 f. und 201. 119 Zit. nach Albert Geyer: Zur Baugeschichte des königlichen Schlosses in Berlin, in: Hohenzollern-Jahrbuch 7 (1903), S. 249–292, hier S. 273. 120 Fassmann, S. 881. 121 Allerdings sind auch solche Fälle überliefert. So soll Wilhelm Heinrich von Thulemeier, Geheimer Justiz- und Kammerrath, im Tabakskollegium zum Staatsminister ernannt worden sein. Vgl. Preiße. 122 Vgl. ebd. 123 So die Information, die der kaiserliche Gesandte in seinem Bericht vom 29. Dezember 1736 nach Wien gegeben hatte. HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 14a, Bl. 1. 124 Vgl. Weber, Vom Berliner Hofe, S. 117 f. 125 Vgl. Martin Sabrow: Herr und Hanswurst. Das tragische Schicksal des Hofgelehrten Jacob Paul von Gundling, Stuttgart/München 2001. 126 Vgl. Martin Stade: Der König und sein Narr, Berlin 1975 (1981 Verfilmung des Romans mit Wolfgang Kieling und Götz George in den Hauptrollen). 127 Sabrow, S. 201. 128 Vgl. Ludwig Lindenberg: Leben und Schriften David Faßmanns (1683–1744) mit besonderer Berücksichtigung seiner Totengespräche, Berlin 1937. 129 Zit. nach Stratemann, S. 241: Bericht vom 9. Juni 1731. 130 Vgl. Rous, S. 36 f. und 40. Die Gesellschaft bestand demnach aus neun Mitgliedern des preußischen Tabakskollegiums (inkl. des Königs) und zwei weiteren hohen preußischen Militärs. 131 Vgl. Preiße. 132 Vgl. hierzu einige kleinere lokalgeschichtliche Studien wie Franz Genthe: Sauhatz und Parforcejagd unter König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, in: Wild und Hund 5 (1899), Nr. 13, S. 195–197; Otto Liebchen: König Friedrich Wilhelm als Jäger im Teltow, in: Teltower Heimatkalender 31 (1934), S. 55–63. Auch der der Jagdpraxis Friedrichs I. gewidmete Beitrag von Stefan Heinz: »… auf der Reiherbeize alle betrübten Gedanken aus dem Sinn schlagen.« Jagd am Hofe Friedrichs I., in: Preußen 1701. Eine europäische Geschichte. Essays, Berlin 2001, S. 73–78, geht auf den Nachfolger ein. 133 Vgl. Franz Genthe: Die preußischen Oberjägermeister. Ein Beitrag zur Geschichte des Oberjägermeister-Amtes von 1579–1825, in: Hohenzollern-Jahrbuch 10 (1906), S. 261–274, hier S. 270–272. 134 Vgl. A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 215: Brief Friedrich Wilhelms an Fürst Leopold, 30. Juni 1712. 135 Vgl. Genthe, Oberjägermeister, S. 271. 136 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 2, Bl. 102: 4. Januar 1729. 137 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 4, Bl. 228: 16. März 1731. 138 Vgl. ebd., Bl. 1: 2. Oktober 1730. 139 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 243: 15. September 1730. 140 Vgl. hierzu Krauske, Briefe, passim.

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141 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 2, Bl. 14: Brief vom 17. September 1728 an den Generalmajor Ludwig Graf Wylich und Lottum. 142 Graf Seckendorff soll zu diesem Zweck sogar ein eigenes Haus in Wusterhausen besessen haben. Vgl. Krauske, Vom Hofe, S. 195. 143 Geyer, S. 256. 144 Vgl. Backschat, S. 273. 145 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 148: 29. Oktober 1729. 146 Vgl. ebd., Bl. 80: 2. Februar 1729. 147 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 130: 6. März 1733. 148 Neugebauer, Vom höfischen Absolutismus, S. 119. 149 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, unpag.

3. Der »innere« König: Herschaftsvorstellungen und Regierungspraxis 1 Der zeitweilig eine gewisse Bedeutung einnehmende Geheime Kriegsrat bestand hingegen zum Zeitpunkt des Thronwechsels nicht mehr. Wenn auch ein genaues Datum seiner Auflösung nicht bekannt ist, geriet dieses Gremium bald »in Vergessenheit«. Robert Freiherr von Schrötter: Das Preußische Offizierskorps unter dem ersten Könige von Preußen, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte [i.F. FBPG] 26 (1913), S. 429–495, hier S. 447. 2 Ausgezählt nach: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 21/127 Protokolle des Geheimen Rates und des Geheimen Kriegsrates, Nr. 71. 3 Walther Koch: Hof und Regierungsverfassung König Friedrichs I. von Preußen (1697–1710), Breslau 1926 (ND Aalen 1991), S. 177. 4 Carl Hinrichs: Die preußische Zentralverwaltung in den Anfängen Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 138–160, hier S. 148. 5 Vgl. die den Zeitraum vom Juni 1730 bis Dezember 1731 umfassende Sammlung der Sitzungsprotokolle des Geheimen Rates: GStA PK, I. HA, Rep. 21/127, Nr. 76. 6 Vgl. Siegfried Isaacsohn: Das preußische Beamtenthum unter Friedrich Wilhelm I. und während der Anfänge Friedrichs des Großen, Berlin 1884, S. 15. 7 Vgl. dazu die Protokolle des Geheimen Rates im Jahr 1713: GStA PK, I. HA, Rep. 21/127, Nr. 72. 8 Carl Hinrichs: Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 91–137, hier S. 95. 9 Die Instruktion dazu in: Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 1, Berlin 1892, S. 363–366: 27. März 1713. 10 Hinrichs, Zentralverwaltung, S. 143 f. 11 A.B.B., Bd. 6.1, Berlin 1901, S. 240; zur Geschichte der Kommissariatsverwaltung vgl. Kurt Breysig: Die Organisation der brandenburgischen Kommissariate in der Zeit von 1660 bis 1697, in: FBPG 5 (1892), S. 135–156. 12 Das Reglement dazu abgedruckt in: A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 184–190. 13 Ebd., S. 185. 14 Otto Hintze: Der Commissarius und seine Bedeutung in der allgemeinen Verwaltungsgeschichte. Eine vergleichende Studie, in: ders., Staat und Verfassung. Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Verfassungsgeschichte, hg. von Gerhard Oestreich mit einer Einleitung von Fritz Hartung, 3., durchges. und erw. Aufl., Göttingen 1970, S. 242–274, hier S. 245.

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15 Detailliert zum Itinerar vgl. Ines Elsner: Friedrich III./I. von Brandenburg-Preußen (1688–1713) und die Berliner Residenzlandschaft. Studien zu einem frühneuzeitlichen Hof auf Reisen. Ein Residenzhandbuch, Berlin 2012. 16 Vgl. Hinrichs, Zentralverwaltung, S. 151. 17 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Brandenburg-Preußen in der Frühen Neuzeit. Politik und Staatsbildung im 17. und 18. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18 Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin/ New York 2009, S. 113–407, hier S. 258. 18 Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 1, S. 162. 19 Vgl. Reinhold Koser: Aus den letzten Tagen König Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), S. 23–32, hier S. 31 sowie Grundriss auf S. 170. 20 David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 876 f. 21 Jürgen Kloosterhuis: Marginal-Dekrete. Schlaglichter auf die Kabinettsregierung Friedrich Wilhelms I., in: FBPG N.F. 20 (2010), H. 2, S. 219–272, hier S. 221. 22 Vgl. Heinrich Otto Meisner: Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit, 2., durchges. Aufl., Leipzig 1952, S. 36. 23 Zit. nach Carl Friedrich von Benckendorf: Karakterzüge aus dem Leben König Friedrich Wilhelm I. nebst verschiedenen Anecdoten von wichtigen unter seiner Regierung vorgefallenen Begebenheiten …, Slg. 1, Berlin 1787 (ND Wiesbaden 1982), S. 29 und 31. 24 Dabei hatte der König mitunter auch selbst Probleme, eingehende Briefe zu entziffern. In seiner Antwort auf den Brief eines Obristen v. Kleist ließ er diesen wissen, dass in seinem Brief von einem verstorbenen Leutnant die Rede gewesen sei; »es ist aber der Nahme so undeutlich geschrieben, daß ich denselben nicht lesen kann«. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 7, Bl. 183: 15. Mai 1733. 25 Vgl. Denny Becker: Regierungswerk und Lebenswelt Friedrich Wilhelms I. im Spiegel der Kabinettsminüten. Archivische Erschließung und Repräsentation von Amtsbüchern, in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. Auch Berlinismen waren darunter, wie z. B.: »kicken offter in die instruction«; »Preussen Ruiniret mich totahl das frist mir auf«. Vgl. dazu Hermann Hummrich: Beiträge zur Sprache König Friedrich Wilhelms I. von Preußen, Inaug.-Diss., Greifswald 1910, S. 42–43, 57, 76–83; Gerhard Oestreich: Friedrich Wilhelm I. Preußischer Absolutismus, Merkantilismus, Militarismus, Göttingen u. a. 1977, S. 22. 26 Vgl. Kloosterhuis, Marginal-Dekrete, S. 224–227 und 236. Die Kabinettssekretäre besaßen einen gewissen Spielraum in Wortwahl und Satzstellung. Ihnen kam daher durchaus diplomatische Bedeutung zu; vgl. Jürgen Kloosterhuis: KabinettsMinüten, in: Klaus Dettmer (Hg.), »Es wächst zusammen, was zusammengehört«. Beiträge zum wissenschaftlichen Kolloquium zu Ehren von Jürgen Wetzel am 25. November 2003 im Landesarchiv Berlin, Berlin 2004, S. 25–63, hier S. 32 f. und 37. Auch Neugebauer betont den zuweilen großen Einfluss der Kabinettssekretäre auf den König und schreibt ihnen beratende Funktion zu; vgl. Wolfgang Neugebauer: Potsdam – Berlin. Zur Behördentopographie des preußischen Absolutismus, in: Bernhard R. Kroener (Hg.), Potsdam. Staat, Armee, Residenz in der preußischdeutschen Militärgeschichte, Frankfurt am Main 1993, S. 273–296, hier S. 280 und 284. 27 Neugebauer, Potsdam – Berlin, S. 279. 28 Vgl. Kloosterhuis, Marginal-Dekrete, S. 258.

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29 Vgl. Reinhold Koser: Die Gründung des Auswärtigen Amtes durch König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1728, in: FBPG 2 (1889), S. 161–197. 30 Vgl. Neugebauer, Brandenburg-Preußen, S. 260. 31 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Staatsverwaltung, Manufaktur und Garnison. Die polyfunktionale Residenzlandschaft von Berlin-Potsdam-Wusterhausen zur Zeit Friedrich Wilhelms I., in: FBPG N.F. 7 (1997), S. 233–257, hier Anm. 55 f.; Erich Konter: Das Berliner Schloß im Zeitalter des Absolutismus. Architektursoziologie eines Herrschaftsortes, Berlin 1991, S. 169 f. 32 Vgl. Hermann Hüffer: Die Beamten des älteren preußischen Kabinets von 1713– 1808, in: FBPG 5 (1892), 157–190, hier S. 160 f. 33 Vgl. Kloosterhuis, Marginal-Dekrete, S. 222 f. 34 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Monarchisches Kabinett und Geheimer Rat. Vergleichende Betrachtungen zur frühneuzeitlichen Verfassungsgeschichte in Österreich, Kursachsen und Preußen, in: Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre, öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte [i.F. Der Staat] 33 (1994), S. 511–535. 35 Wolfgang Reinhard: Das Wachstum der Staatsgewalt. Historische Reflexionen, in: Der Staat 31 (1992), S. 59–75. 36 Hier gab es nur ein Gremium mit fast gleich lautender Titulierung: das »Kabinettsconseil«, das aber nur für die Außenpolitik zuständig war. Vgl. Peter Baumgart: Zur Gründungsgeschichte des Auswärtigen Amtes in Preußen (1713–1728), in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands [i.F. JGMOD] 7 (1958), S. 229–248. 37 Zit. nach August Skalweit: Das Dorfhandwerk vor Aufhebung des Städtezwanges, Frankfurt am Main 1942, S. 45. 38 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 28: 1. Juni 1728. 39 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 20, Bl. 26. 40 Vgl. hierzu die Beiträge in: Ralf Pröve/ Norbert Winnige (Hg.): Wissen ist Macht. Herrschaft und Kommunikation in Brandenburg-Preußen 1600–1850, Berlin 2001. 41 Vgl. Otto Hintze: Der Ursprung des preußischen Landratsamts in der Mark Brandenburg, in: FBPG 28 (1915), S. 357–415; Rolf Straubel: Adlige und bürgerliche Beamte in der friderizianischen Justiz- und Finanzverwaltung. Ausgewählte Aspekte eines sozialen Umschichtungsprozesses und seiner Hintergründe (1740–1806), Berlin 2010, S. 147‑156. 42 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 8, Bl. 167: 5. Dezember 1733. 43 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 21, Bl. 33. 44 Peter Baumgart: Zur Geschichte der kurmärkischen Stände im 17. und 18. Jahrhundert, in: Dietrich Gerhard (Hg.), Ständische Vertretungen in Europa im 17. und 18. Jahrhundert, Göttingen 1969, S. 131–161, hier S. 150. 45 GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 12 Pommern, Tit. V Landräte, Nr. 1, Bl. 12. 46 Vgl. A.B.B., Bd. 2, Berlin 1898, S. 573–575. 47 Wolfgang Neugebauer: Die Kurmark und ihre Verwaltung vom 15. bis 18. Jahrhundert. Hauptlinien und Grundprobleme, in: Fünf Jahre Bundesland Brandenburg – ein neues altes Land. Kolloquium der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e.V. und des Landtages Brandenburg am 28.10.1995, Potsdam 1996, S. 29–51, hier S. 40. 48 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 111. 49 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 15. 50 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 116. 51 Otto Krauske: Vom Hofe Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 5 (1901), S. 173–210, hier S. 189. 52 Vgl. A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 611. 53 GStA PK, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 54. 54 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 666. 55 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 277.

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56 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 21, Bl. 297 f.: 15. Mai 1740. 57 Ihr sollt »Euch nicht auf den Rapport von andern Leuten verlassen, sondern alles selbst alsdann examiniren und wohl einsehen«, verfügte er 1738 an den Präsidenten von der Osten. A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 453. 58 Janine Rischke/ Carmen Winkel: »Hierdurch in Gnaden …«. Supplikationswesen und Herrschaftspraxis in Brandenburg-Preußen im 18. Jahrhundert, in: JGMOD 57 (2011), S. 57–86, hier S. 65. 59 Birgit Rehse: Die Supplikations- und Gnadenpraxis in Brandenburg-Preußen. Eine Untersuchung am Beispiel der Kurmark unter Friedrich Wilhelm II. (1786–1797), Berlin 2008, S. 99 und 101. 60 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 25. 61 GStA PK, I. HA, Rep. 21/127, Nr. 76, Bd. 2, Bl. 8. 62 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Zur Staatsbildung Brandenburg-Preußens. Thesen zu einem historischen Typus, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte [i.F. JBLG] 49 (1998), S. 183–194. Übergreifend zum Gerichtswesen vgl. Adolf Stölzel: Brandenburg-Preußens Rechtsverfassung und Rechtsverwaltung dargestellt am Wirken seiner Landesfürsten und obersten Justizbeamten, Bd. 2: Das Königthum, Buch 1: Der Ausbau des Staates, Berlin 1888, S. 39–140. 63 So berichtete der Sekretär der Berliner Akademie der Wissenschaften am 22. April 1713 an Leibniz. Zit. nach Adolf von Harnack: Geschichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 1/1: Von der Gründung bis zum Tode Friedrichs des Großen, Berlin 1900, S. 191. 64 Hans Martin Sieg: Staatsdienst, Staatsdenken und Dienstgesinnung in Brandenburg-Preußen im 18. Jahrhundert (1713–1806). Studien zum Verständnis des Absolutismus, Berlin 2003, S. 110. 65 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 4, Bl. 390: Friedrich Wilhelm I. an Samuel von Cocceji, 11. Juli 1731. 66 Zit. nach Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 234. 67 Vgl. Eberhard Schmidt: Kammergericht und Rechtsstaat. Eine Erinnerungsschrift, in: Otto Büsch/ Wolfgang Neugebauer (Hg.), Moderne Preußische Geschichte 1648– 1947. Eine Anthologie, Berlin/ New York 1981, S. 622–648, hier S. 628–631 [zuerst publiziert 1968]. 68 So z. B. in einer Erbschaftsangelegenheit, in: GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 125: 16. Juli 1729. 69 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 57: 30. Juli 1718 70 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 4, Bl. 228: 16. März 1731. 71 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 6, Bl. 9: 25. August 1731. 72 »ein redlicher, habiler mensch«. Zit nach: Dietrich, S. 234. 73 Vgl. A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 350 f. 74 A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 101: 6. März 1723 75 Vgl. ebenda, S. 423. 76 Zit. nach Dietrich, S. 234. 77 A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 409. 78 Vgl. ebenda, S. 277. 79 So z. B. 1726 im Prozedere der in den Domänenämtern abzuhaltenden Gerichtstage. Vgl. A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 2 f. 80 Als im Dezember 1727 die Bitte eines Kandidaten um die Bestallung mit der Adjunction auf eine Hofgerichtsratsstelle abschlägig beschieden wurde, weil »demselben die Justiz ohne Gefahr nicht anvertraut werden könne«, hatte der König – vor allem wohl mit Blick auf die der Rekrutenkasse avisierten 300 Tlr. – zunächst entschieden: »soll doch sein«. Dennoch hat der Mann diese Charge, wohl auf Betreiben Coccejis, nicht erhalten. A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 291.

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81 Vgl. hierzu die von großer Unzufriedenheit im Bereich der Kriminaljustiz kündende Kabinettsordre vom 18. Januar 1731. A.B.B., Bd. 5.1, Berlin 1910, S. 184 f. 82 Zit. nach ebd., S. 232. 83 Friedrich von Oppeln-Bronikowski: Der Baumeister des preußischen Staates. Leben und Wirken des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I., Jena 1934, S. 101. 84 Ernst Pfeiffer: Die Revuereisen Friedrichs des Grossen, besonders die Schlesischen nach 1763 und der Zustand Schlesiens von 1763–1786, Berlin 1904 (ND Vaduz 1965), S. 18. 85 Vgl. Fritz Terveen: Gesamtstaat und Retablissement. Der Wiederaufbau des nördlichen Ostpreußen unter Friedrich Wilhelm I. 1714–1740, Göttingen u. a. 1954, S. 60 f. 86 Vgl. ebd., S. 210–213. 87 So Fassmann, S. 857. 88 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 104: 24. Januar 1733. 89 Vgl. hierzu Ralf Pröve: Brandenburger unterwegs. Materielle Kommunikationsmöglichkeiten um 1700, in: Frank Göse (Hg.), Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700, Potsdam 2002, S. 217–242. 90 GStA PK, II. HA, Abt. 15 Magdeburg, Tit. VII Steuerräte, Nr. 2, Bl. 54. 91 Förster, Bd. 1, Urkundenbuch, S. 64: Marginalie zu einer Bitte von fünf neumärkischen Städten um die Gewährung von 200 Talern aus der Akzise-Kasse zur Reparatur der Straßenpflasterung, 11. November 1726. 92 A.B.B., Bd. 2, Berlin 1898, S. 29. 93 Vgl. etwa die bei Förster, Bd. 1, Urkundenbuch, gesammelten Marginalien. 94 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 43. 95 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 20: Berlin, 8. Juli 1735. 96 Der alte schottische Adelstitel Marschalls wurde 1717 nachträglich anerkannt. 97 Vgl. hierzu Hüffer. 98 Vgl. Neugebauer, Potsdam – Berlin, S. 280. 99 Zit. nach Dietrich, S. 234. 100 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 647. 101 A. Kamp: Friedrich Wilhelm I. und das preußische Beamtentum, in: FBPG 30 (1918), S. 31–53, hier S. 36. 102 GStA PK, II. HA, Abt. 3 Generaldepartement, Tit. II Personalsachen, Nr. 31 und 35, unpag. 103 Zit. nach Karl von Weber: Vom Berliner Hofe unter König Friedrich Wilhelm I., in: ders., Aus vier Jahrhunderten. Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, N.F., Bd. 1, Leipzig 1861, S. 96–160, hier S. 123. 104 Vgl. dazu Horst Möller: Ämterkäuflichkeit in Brandenburg-Preußen im 17. und 18. Jahrhundert, in: Klaus Malettke (Hg.), Ämterkäuflichkeit. Aspekte sozialer Mobilität im europäischen Vergleich, Berlin 1980, S. 156–176. 105 So etwa eine am 21. April 1725 formulierte Marginalie zur Besetzung der Stadtkämmererstelle in Landsberg/W. Zit. nach Förster, Bd. 1, Urkundenbuch, S. 60. 106 Nur wenige Ausnahmen wurden dabei gemacht. Zu solchen Fällen vgl. Kamp, S. 41 f. 107 Vgl. Frank Göse: Levin Friedrich II. von Bismarck auf Briest. Ein altmärkischer Amtsträger zwischen Staatsdienst und Ständetum (1703–1774), in: JBLG 45 (1994), S. 97–117, hier S. 111. 108 Zu den Besoldungshöhen vgl. A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 867 ff. (für die in der Magdeburgischen Kriegs- und Domänenkammer wirkenden Räte). 109 A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 663: 6. Februar 1714. 110 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 9. Ediert ist dieser Bericht partiell auch in A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 441–448. 111 Götz von Selle: Zur Kritik Friedrich Wilhelms I., in: FBPG 38 (1926), S. 56–76, hier S. 67.

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A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 550. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 32: 13. Mai 1728. A.B.B., Bd. 5.1, Berlin 1910, S. 126: Kabinettsordre, 28. Oktober 1730. A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 319. Ebd., S. 325. Zudem hielt sich bei einem Teil der adligen Amtsträger die traditionelle Vorstellung, dass Besoldungen »ursprünglich nicht die Entlohnung für eine erbrachte Leistung« darstellten, sondern allenfalls die Unkosten abzudecken hatten. Rudolf Endres: Die wirtschaftlichen Grundlagen des niederen Adels in der frühen Neuzeit, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 36 (1976), S. 215–237, hier S. 228. 118 So der Minister Friedrich Wilhelm von Grumbkow in einer Denkschrift vom 28. Mai 1713, in: A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 470 119 Vgl. Hans Haussherr: Verwaltungseinheit und Ressorttrennung vom Ende des 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, Berlin 1953, S. 142. 120 Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam [i.F. BLHA], Rep. 2 Kurmärkische Kammer, A 3, Bl. 53. 121 Ebd., unpag. 122 Ebd., unpag. 123 A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 6. 124 Ebd., S. 23. 125 BLHA, Rep. 2, A 3, unpag. – Es handelte sich dabei um Extrakt: »An die Churmärck. Krieges und Domainen Cammer, daß die seit vielen jahren her in große Unordnung gerathene Registratur ihres Collegii durch sämtliche Scretarien in Ordnung gebracht, die Acta Separiret, in gewiße Volumina gebracht, gehefftet, foliiret und über die Registratur ein vollständiges Repertorium gemachet werden solle.« 126 Ebd., unpag. 127 A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 154 f. 128 Ebd., S. 387. Allerdings beharrte der König in diesem Fall auf seiner Auffassung und bemerkte süffisant: »Wo der vittich der beste ist so muhs ich gewiße die ander alle wech jahgen ist der Miserabeler surcke von der weldt soll hin oder Cassiret sein.« 129 Sieg, S. 57. 130 A.B.B., Bd. 4.2, Berlin 1908, S. 181. 131 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 28. 132 Peter-Michael Hahn: »Absolutistische« Polizeigesetzgebung und ländliche Sozialverfassung in Brandenburg-Preußen, in: JGMOD 29 (1980), S. 13–29, hier S. 19. 133 A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 763. 134 So der Publizist Friedrich Gedicke in der »Berlinischen Monatsschrift« von 1783. Hier zit. nach Sieg, S. 78. 135 Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms  I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 154. 136 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 273 f. 137 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 6, Bl. 76: 4. Oktober 1731. 138 Vgl. Bruno Reuter: König Friedrich Wilhelm I. und das General-Directorium, in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde [i.F. ZPGL] 12 (1875), S. 724–749; Wilhelm Stolze: Zur Geschichte der Gründung des Generaldirektoriums, in: FBPG 21 (1908), S. 225–237. 139 Haussherr, S. 35. 140 A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 440. 141 GStA PK, I. HA, Rep. 96 Geheimes Kabinett, Nr. 505 R, unpag. 142 Zit. nach Stolze, Gründung, S. 225 f. 143 Zit. nach Horst Schlechte (Hg.): Die Staatsreform in Kursachsen 1762–1763. Quellen zum kursächsischen Retablissement nach dem Siebenjährigen Kriege, Berlin 1958, S. 31.

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144 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 659 f.: Kabinettsordre an v. Ilgen. 145 Georg Galle: Kammer und Kommissariat. Die Entwicklung der Kammer- und Kommissariatsverwaltung in Minden-Ravensberg zur Zeit Friedrich Wilhelms I., in: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins 61 (1989), S. 45–69, hier S. 54. 146 Zit. nach ebd. 147 Neugebauer, Brandenburg-Preußen, S. 266. 148 Von dieser Absicht kündet z. B. der Erlass an das Generaldirektorium vom 12. November 1721, in dem die Bestimmung von Deputierten beider Spitzenbehörden gefordert wurde, die zu den gemeinsamen Zusammenkünften entsandt werden sollten. Vgl. A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 378. 149 Zit. nach Stolze, Gründung, S. 228. 150 Vgl. und zit. nach ebd., S. 227. 151 Siehe Karl Spannagel: Minden und Ravensberg unter brandenburgisch-preußischer Herrschaft von 1648 bis 1719, Hannover/Leipzig 1894. 152 Galle, S. 49. 153 Der Wortlaut des Instruktionsentwurfes in: A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 532–575. 154 Vgl. A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 184–190. 155 Wolfgang Venohr: Der Soldatenkönig. Revolutionär auf dem Thron, Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 200. 156 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 212. 157 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 668. 158 Zur Entstehungsgeschichte der Instruktion vgl. Ernst Friedlaender: König Friedrich Wilhelms I. Entwurf zu der Instruktion für das General-Direktorium und König Friedrichs II. Anmerkungen dazu, in: ZPGL 17 (1880), S. 353–397. Abdruck der Instruktion in: A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 575–651. 159 Hinrichs, Zentralverwaltung, S. 148. 160 Die Auffassung einer raschen Entwicklung in diese Richtung vertrat repräsentativ für die borussische Schule Ludwig Tümpel: Die Entstehung des brandenburgischpreußischen Einheitsstaates im Zeitalter des Absolutismus (1609–1806), Breslau 1915. 161 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 582. 162 Wolfgang Neugebauer: Schloß und Staatsverwaltung im Hochbarock/Absolutismus, in: Wolfgang Ribbe (Hg.), Schloß und Schloßbezirk in der Mitte Berlins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesellschaftlicher Ort, Berlin 2005, S. 75–88, hier S. 79. 163 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 584. 164 Vgl. GStA PK, II. HA, Abt. 7 Ostpreußen und Litthauen, Tit. II, Nr. 1845: Kabinettsordre an Grumbkow, 28.2.1723. 165 A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 11 f. 166 Ebd., S. 80 (nach GStA PK, II. HA, Abt. 14 Kurmark, Bestallungssachen, Tit. III, Varia Nr. 1 – »ausgerechnet von Chatoulsachen war kein Repertorium vorhanden«). 167 Ebd. 168 Formulierung nach der gleichnamigen Edition von Carl Hinrichs, die sich zwar auf den Nachfolger bezieht, gleichwohl aber den älteren Vorstellungen über die Regierungspraxis Friedrich Wilhelms I. entsprach. Vgl. Carl Hinrichs: Der allgegenwärtige König. Friedrich der Große im Kabinett und auf Inspektionsreisen. Nach teils unveröffentlichten Quellen, Berlin 1940. 169 Vgl. Haussherr, S. 21. 170 Wolfgang Neugebauer: Zur neueren Deutung der preußischen Verwaltung im 17. und 18. Jahrhundert, in: ders./ Otto Büsch (Hg.), Moderne Preußische Geschichte 1648–1947. Eine Anthologie, Berlin/ New York 1981, S. 541–597, hier S. 551 [zuerst publiziert 1977]. 171 Vgl. Isaacsohn, S. 10 f.

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172 Vgl. Gustav Schmoller: Der deutsche Beamtenstaat vom 16. bis 18. Jahrhundert, in: ders., Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte besonders des Preußischen Staates im 17. und 18. Jahrhundert, Leipzig 1898, S. 289–313, hier S. 309. 173 Für Magdeburg, Halberstadt und Minden vgl. Wolfgang Neugebauer: Die Stände in Magdeburg, Halberstadt und Minden im 17. und 18. Jahrhundert, in: Peter Baumgart (Hg.), Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, Berlin 1983, S. 170–207, hier S. 174 ff. – In der Grafschaft Ravensberg saßen in den ersten Regierungsjahren Friedrich Wilhelms I. neben den Drosten, die sich im Gegensatz zu früheren Zeiten primär als Vertreter königlicher Interessen sahen, fünf ständische Deputierte im Kommissariat. Vgl. Galle, S. 49. 174 Vgl. A.B.B., Bd. 4.2, Berlin 1908, S. 331. 175 Ernst Opgenoorth: Regionale Identitäten im absolutistischen Preußen, in: Antoni Czacharowski (Hg.), Nationale, ethnische Minderheiten und regionale Identitäten in Mittelalter und Neuzeit, Toruń 1994, S. 177–189, hier S. 189. Auf breiter empirischer Quellengrundlage wird dieser Befund neuerdings auch bestätigt durch Straubel, Adlige und bürgerliche Beamte. 176 Neugebauer, Schloß und Staatsverwaltung, S. 82. 177 Zit. nach Galle, S. 58. 178 Oswald Hauser: Grundsätze preußischer Integrationspolitik, in: Peter Baumgart (Hg.), Expansion und Integration. Zur Eingliederung neugewonnener Gebiete in den preußischen Staat, Köln/Wien 1984, S. 475–486, hier S. 476. 179 A.B.B., Bd. 4.2, Berlin 1908, S. 283. 180 Vgl. hierzu die Passagen in der »Instruktion« an seinen Nachfolger in: Dietrich, S. 227–233. 181 A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 392 f. 182 Vgl. hierzu nähere Ausführungen im Kapitel zur Ständepolitik des Königs. 183 Sieg, S. 98. 184 Vgl. Reuter, S. 743–749. 185 GStA PK, I. HA, Rep. 63 Neuere Kriegssachen, Nr. 2404, unpag. 186 Ebd. 187 Andreas Gestrich: Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1994, S. 115. 188 Rudolf Schenda: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770–1910, Frankfurt am Main 1970, S. 442. 189 So Richard van Dülmen: Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, Bd. 2: Dorf und Stadt. 16.–18. Jahrhundert, München 1992, S. 47 und 51. 190 Vgl. Lieselott Enders: Die Landgemeinde in Brandenburg. Grundzüge ihrer Funktion und Wirkungsweise vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 129 (1993), S. 195–256. 191 Lieselott Enders: Die Prignitz. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert, Potsdam 2000, S. 305. 192 Siehe Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Berlin/Halle 1737–1755. 193 Vgl. Gerhard Oestreich: Strukturprobleme des europäischen Absolutismus, in: ders., Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze, Berlin 1969, S. 179–197; zur Revision dieses Paradigmas vgl. Winfried Schulze: Gerhard Oestreichs Begriff »Sozialdisziplinierung in der frühen Neuzeit«, in: Zeitschrift für Historische Forschung 14 (1987), S. 265–302. 194 Jan Peters: Märkische Lebenswelten. Gesellschaftsgeschichte der Herrschaft Plattenburg-Wilsnack, Prignitz 1550–1800, Berlin 2007, S. 714. 195 Achim Landwehr: Policey vor Ort. Die Implementation von Policeyordnungen in der ländlichen Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Karl Härter (Hg.), Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft, Frankfurt am Main 2000, S. 47–70, hier S. 69.

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196 Hahn, Polizeigesetzgebung, S. 23. 197 Vgl. dazu Jan Peters: Eigensinn und Widerstand im Alltag. Abwehrverhalten ostelbischer Bauern unter Refeudalisierungsdruck, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1991, H. 2, S. 85–103. 198 So in einem Erlass an die Regierung und die beiden Konsistorien in Ostpreußen vom 28. August 1722. A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 524. 199 Ebd., S. 525. 200 Vgl. hierzu abwägend gegenüber solchen Vorstellungen schon Peter Baumgart: Wie absolut war der preußische Absolutismus?, in: Manfred Schlenke (Hg.), Preußen – Versuch einer Bilanz, Bd. 2: Preußen. Beiträge zu einer politischen Kultur, Reinbek bei Hamburg 1981, S. 89–105. 201 Fassmann, S. 855. 202 Vgl. Franz Xaver Beyer: König Friedrich Wilhelm I. und der katholische Pfarrer Pater Bruns, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 1 (1862/63), 3./4. Sitzung, S. 2 f. 203 Vgl. hierzu ein besonders scharf ausfallendes Edikt vom 5. Oktober 1725, wonach »die Zigeuner, die im Lande angetroffen werden und 18 Jahre und älter sind, ohne Gnade mit dem Galgen und die Kinder in Waisenhäuser gebracht werden sollen, damit dieses ruch- und gottlose … Zigeuner-Gesindel mit Stumpff und Stiehl gäntzlich aus allen Unseren Landen vertilget und ausgerottet werde«. Zit. nach Lieselott Enders: Die Altmark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts), Berlin 2008, S. 1308 f. 204 GStA PK, II. HA, Abt. 14, Tit. CCLI Policey-Sachen Generalia, Nr. 4, unpag. 205 Ebd. Die Brände schrieb man diesen Personengruppen zu, »weile die hin und wieder vagirende Bettler den armen Leuten … drohen, daß sie bald ebenso arm als sie selbst seyn sollten«. 206 Vgl. hierzu ein aus mentalitätsgeschichtlicher Perspektive interessantes, sehr gut überliefertes und analysiertes Fallbeispiel bei Jan Peters: Das unbarmherzige Dorf. Eine verhaltensgeschichtliche Studie aus dem südlichen Fläming (1728), in: JBLG 42 (1991), S. 65–77. 207 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 14. 208 Vgl. Rischke/Winkel. 209 Vgl. übergreifend zu diesem Topos jüngst Georg Eckert: Der volksnahe Herrscher: Monarchie in der Frühen Neuzeit, in: Thorsten Beigel/ Georg Eckert (Hg.), Populismus: Varianten von Volksherrschaft in Geschichte und Gegenwart, Münster 2017, S. 69–86. 210 So z. B. anlässlich der unter seiner Leitung fast täglich durchgeführten Exerzierübungen der in Potsdam in Garnison stehenden Truppen. Vgl. Förster, Bd. 1, S. 195. 211 Vgl. Erika Preiße: Geselligkeit und Genuss – Friedrich Wilhelm I. im Spektrum höfischer Kommunikationsstrategien, in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. 212 Vgl. hierzu am Beispiel der westlichen Provinzen Michael Kaiser: Nähe und Distanz. Beobachtungen zum Verhältnis zwischen den Landständen von Kleve und Mark und ihrem Landesherrn im 17. Jahrhundert, in: Westfälische Forschungen 53 (2003), S. 71–108, hier S. 72. 213 GStA PK, Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv, Rep. 46 König Friedrich Wilhelm I., H 1, unpag. 214 André Krischer: Politischer Zeichengebrauch im barocken Rheinland. Zeremoniell und Repräsentation bei den Kurfürsten von Köln und den Reichsstädten Köln und Aachen, in: Benedikt Mauer (Hg.), Barocke Herrschaft am Rhein um 1700. Kurfürst Johann Wilhelm II. und seine Zeit, Düsseldorf 2009, S. 37–73, hier 39.

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215 Mijndert Bertram: Georg II. König und Kurfürst. Eine Biografie, 2., überarb. Aufl., Göttingen 2004, S. 125. 216 André Holenstein: Huldigung und Herrschaftszeremoniell im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung, in: Klaus Gerteis (Hg.), Zum Wandel von Zeremoniell und Gesellschaftsritualen in der Zeit der Aufklärung, Hamburg 1992, S. 21–46, hier S. 22. 217 Christian Wolff: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschafftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Wesen zu Beförderung der Glückseeligkeit des menschlichen Geschlechts, Halle (Saale) 1721 (2. Aufl. Frankfurt am Main/Leipzig 1725), § 466, S. 500 f. 218 Jochen Klepper (Hg.): Der Soldatenkönig und die Stillen im Lande. Begegnungen Friedrich Wilhelms I. mit August Hermann Francke, Gotthilf August Francke, Johann Anastasius Freylinghausen, Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, 2. Aufl., Berlin 1938, S. 22. 219 Vgl. Martin Wehrmann: Geschichte der Stadt Stettin, Stettin 1911 (ND Würzburg 1985), S. 339. 220 Der Huldigungs-Eyd, Welchen Dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friederich Wilhelm, König in Preussen …, Die Sämtlichen VorPommerschen Stände disseits der Peehne, Bey der Solennen Erb-Huldigung, Den 10. Augusti 1721. zu Stettin leisteten …, Stettin 1721. 221 Johann Christian Lünig: Theatrum Ceremoniale Historico-Politicum, Oder Historisch- und Politischer Schau-Platz Aller Ceremonien …, Bd. 1, Leipzig 1719, S. 292. 222 Benckendorf, S. 59. 223 Gestrich, S. 68. 224 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 302. 225 Siehe Fassmann. 226 GStA PK, I. HA, Rep. 49 Fiscalia, Q, Nr. 5, Bl. 2. 227 Vgl. Walter Schultz: Die ersten Lebensbeschreibungen Friedrich Wilhelms I., Diss. Königsberg 1909, S. 6 und 34–43. 228 Darauf deutet eine Bemerkung in seiner Lebensbeschreibung Friedrich Wilhelms I. über seine Anwesenheit in Potsdam im Frühjahr 1726 hin. Vgl. Fassmann, S. 725. 229 Ludwig Lindenberg: Leben und Schriften David Faßmanns (1683–1744) mit besonderer Berücksichtigung seiner Totengespräche, Berlin 1937, S. 61. 230 Zit. nach ebd., S. 26. 231 GStA PK, I. HA, Rep. 49, Q, Nr. 5, Bl. 5. 232 Peter Baumgart: Friedrich Wilhelm I. (1713–1740), in: Frank-Lothar Kroll (Hg.), Preußens Herrscher. Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II., 2. erg. und erw. Aufl., München 2009, S. 134–159 und 328–330, hier S. 135. 233 Dietrich, S. 224. 234 Neugebauer, Kurmark und ihre Verwaltung, S. 40. 235 Vgl. Sieg, S. 365.

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4. Der Haushälter: Finanz-, Wirtschafts- und Peuplierungspolitik 1 Vgl. dazu das relevante Kapitel bei Wilhelm Roscher: Geschichte der NationalOekonomik in Deutschland, München 1874, S. 356–379. 2 Zit. nach Friedrich Wadzeck/ Wilhelm Wippel: Geschichte der Erbhuldigungen der Preußisch-Brandenburgischen Regenten aus dem Hohenzollerschen Hause, Berlin 1798, [T. 1,] S. 165. 3 Vgl. Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie: Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941 (ND Darmstadt 1968), S. 609–617. 4 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 36 Hof- und Güterverwaltung, Nr. 61, Bl. 9 f. 5 Die Instruktion dazu in: Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 1, Berlin 1892, S. 363–366: 27. März 1713. 6 Vgl. Adolph Friedrich Riedel: Der Brandenburgisch-Preussische Staatshaushalt in den beiden letzten Jahrhunderten, Berlin 1866, S. 54 f. 7 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 3697, unpag. 8 Vgl. Riedel, Staatshaushalt, S. 54. 9 GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 463, unpag. 10 Otto Behre: Geschichte der Statistik in Brandenburg-Preußen bis zur Gründung des Königlichen Statistischen Bureaus, Berlin 1905, S. 92 f. 11 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 7, Bl. 292: Wusterhausen, 24. Oktober 1733. 12 Riedel, Staatshaushalt, S. 59. 13 Vgl. dazu die Ausführungen zur Ständepolitik. 14 Die Domäneneinkünfte stiegen von 1,8 Millionen Talern 1713/14 bis auf 3,3 Millionen Taler im Jahre 1740. Vgl. Wilhelm Naudé/ Gustav Schmoller (Bearb.): Acta Borussica. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung, Reihe: Die einzelnen Gebiete der Verwaltung, Bd. 2: Die Getreidehandelspolitik und Kriegsmagazinverwaltung Brandenburg-Preußens bis 1740, Berlin 1901, S. 195 ff. 15 GStA PK, II. HA, Abt. 3 General-Departement, Tit. XLI Domänenensachen, Nr. 58, Bl. 2. 16 Vgl. auf breiter Quellengrundlage die Darstellung der preußisch-sächsischen Wirtschaftsbeziehungen während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. bei Hugo Rachel (Bearb.): Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik, Bd. 2.1, Berlin 1922, S. 463–536; ferner Herbert Pönicke: Merkantilistische Reibungen zwischen Preußen und Sachsen im 18. Jahrhundert, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 48 (1927), S. 310–312. 17 Rachel, Handels-, Zoll- und Akzisepolitik, Bd. 1, Berlin 1911, S. 790. 18 Vgl. dazu am Beispiel der brandenburgischen Mediatstädte Frank Göse: Zwischen adliger Herrschaft und »städtischer Freiheit«. Zur Geschichte kurmärkischer adliger Mediatstädte in der Frühen Neuzeit, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 47 (1996), S. 55–85, hier S. 82 f. 19 Vgl. diese Haushaltsvoranschläge in: GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 3 Generaldepartement; sowie knapp dazu in vergleichender Perspektive Ernst Klein: Geschichte der öffentlichen Finanzen in Deutschland (1500–1870), Wiesbaden 1974, S. 49. 20 Wolfgang Neugebauer: Brandenburg-Preußen in der Frühen Neuzeit. Politik und Staatsbildung im 17. und 18. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18 Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin/ New York 2009, S. 113–407, hier S. 246.

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21 Vgl. hierzu nur die auch stets den preußischen Fall mit einbindenden einschlägigen Werke von Gustav Schmoller: Das Merkantilsystem in seiner heutigen historischen Bedeutung: städtische, territoriale und staatliche Wirtschaftspolitik, in: ders., Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte besonders des preußischen Staates im 17. und 18. Jahrhundert, Leipzig 1898, S. 1–60; Fritz Blaich: Die Epoche des Merkantilismus, Wiesbaden 1973. 22 Thomas Simon: Merkantilismus und Kameralismus. Zur Tragfähigkeit des Merkantilismusbegriffs und seiner Abgrenzung zum deutschen »Kameralismus«, in: Moritz Isenmann (Hg.), Merkantilismus. Wiederaufnahme einer Debatte, Stuttgart 2014, S. 65–82, hier S. 71. 23 Zur jüngsten Kritik vgl. den Sammelband von Moritz Isenmann (Hg.): Merkantilismus. Wiederaufnahme einer Debatte, Stuttgart 2014. 24 Karl-Heinz Schmidt: Merkantilismus, Kameralismus, Physiokratie, in: Otmar Issing (Hg.), Geschichte der Nationalökonomie, 3., überarb. und erg. Aufl., München 1994, S. 37–62, hier S. 37. 25 Vgl. Lars Magnusson: Mercantilism. The Shaping of an Economic Language, London/ New York 1994. – Die Ähnlichkeiten zur Diskussion über den »Absolutismus«Begriff sind offensichtlich. Ebenso wie beim »Absolutismus« plädiert trotz gewisser Bedenken auch die neuere Forschung für die Beibehaltung des »Merkantilismus«Begriffs, »wenn nicht versucht wird, das Konzept als eine kohärente ökonomische Theorie darzustellen«. Moritz Isenmann: Einleitung, in: ders. (Hg.), Merkantilismus. Wiederaufnahme einer Debatte, Stuttgart 2014, S. 9–17, hier S. 13. 26 Karl Heinrich Kaufhold: »Wirtschaftswissenschaften« und Wirtschaftspolitik in Preußen von 1650 bis um 1800, in: ders./ Bernd Sösemann (Hg.), Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung in Preußen. Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Preußens vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, Stuttgart 1998, S. 51–72, hier S. 51 f. 27 Vgl. dazu Isenmann, Merkantilismus. 28 Wolfgang Radtke: Gewerbe und Handel in der Kurmark Brandenburg 1740 bis 1806. Zur Interdependenz von kameralistischer Staatswirtschaft und Privatwirtschaft, Berlin 2003, S. 40. 29 Riedel, Staatshaushalt, Beilage, Nr. XI. 30 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 35: 17. August 1728. 31 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 15. 32 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 19: 18. Juli 1735. 33 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 196: 29. Mai 1733. 34 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 277. 35 Eine Anspielung auf den letzten König der spanisch-habsburgischen Linie Karl II. (reg. 1665–1700), der in der Historiographie recht einhellig als politisch schwach bewertet wird. 36 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 304 f.: 9. November 1733. 37 Wert nach Peter-Michael Hahn: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt. Die herrschaftliche Durchdringung des ländlichen Raumes zwischen Elbe und Aller (1300–1700), Berlin/ New York 1989, S. 228. 38 Wolfgang Neugebauer: Marktbeziehung und Desintegration. Vergleichende Studien zum Regionalismus in Brandenburg und Preußen vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 45 (1999), S. 157–207, hier S. 169. 39 Vgl. Friedrich-Wilhelm Henning: Die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Brandenburg-Preußen als Teil der Staatsbaukunst von 1648–1859, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte [i.F. FBPG] N.F. 7 (1997), S. 211– 232, hier S. 212 ff. 40 A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 465. 41 Carl Hinrichs: Das Königliche Lagerhaus in Berlin, in: FBPG 44 (1932), S. 46–69, hier S. 53.

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42 Vgl. Gustav Schmoller: Die russische Compagnie in Berlin 1724–1738. Ein Beitrag zur Geschichte der brandenburgischen Tuchindustrie und des preußischen Exports im 18. Jahrhundert, in: ders., Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte besonders des Preußischen Staates im 17. und 18. Jahrhundert, Leipzig 1898, S. 457–529. 43 Im Sinne der vor einigen Jahrzehnten intensiv diskutierten Theorie Immanuel Wallersteins gehörten Russland und (zumindest in seinem größten Teil) Preußen zu jenen als »Peripherie« bezeichneten ostmitteleuropäischen Großregionen innerhalb des sich im 16. Jahrhundert herausbildenden europäischen Wirtschaftssystems, was zugleich eine quasi strukturelle »Rückständigkeit« gegenüber dem als »Zentrum« titulierten prosperierenden nordwesteuropäischen Wirtschaftsraum intendierte. Vgl. Immanuel Wallerstein: Das moderne Weltsystem. Kapitalistische Landwirtschaft und die Entstehung der europäischen Weltwirtschaft im 16. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1986. – Die kritische Debatte dazu in: Hans-Jürgen Nitz (Hg.): The Early Modern World System in Geographical Perspective, Stuttgart 1993. 44 Nach dem Bericht des kaiserlichen Gesandten vom 6. März 1725. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Staatenabteilung, Brandenburgica, K. 31, Bl. 29. 45 Zit. nach Simon, Merkantilismus, S. 75. 46 Vgl. Thomas Simon: »Gute Policey«. Ordnungsleitbilder und Zielvorstellungen politischen Handelns in der Frühen Neuzeit, Frankfurt am Main 2004, S. 194–196 u. ö. 47 Neugebauer, Brandenburg-Preußen, S. 289. 48 Vgl. hierzu v.a. Carl Hinrichs (Bearb.): Acta Borussica. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die einzelnen Gebiete der Verwaltung, Bd. 5: Die Wollindustrie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I. Darstellung mit Aktenbeilagen, Berlin 1933. 49 Gemeint sind »Kamisolen«, also Unterbekleidung für Frauen, auch als »Leibchen« bezeichnet. 50 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 195. 51 Vgl. Paul Rehfeld: Die preußische Rüstungsindustrie unter Friedrich dem Großen, in: FBPG 55 (1944), S. 1–31, hier S. 4. 52 So wurde z. B. 1724 die Einfuhr fremder Gewehre untersagt. 53 Wilhelm Treue: David Splitgerber. Ein Unternehmer im preußischen Merkantilstaat (1683–1764), in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 41 (1954), H. 3, S. 253–267, hier S. 257. 54 So z. B. am 1. Dezember 1728, »wieder 1210 Stück Nußbaum Gewehr zu remplacirung des abgehenden verfertigen zu lassen«. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 2, Bl. 77: 1. Dezember 1728. 55 Vgl. Treue, S. 258; sowie auch Frank Schmitz: Großes Waisenhaus zu Potsdam, Potsdam 2006. 56 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 2892, Bl. 4. 57 So hatten die beiden Unternehmer eine Präbende am Stift Peter und Paul zu Magdeburg erhalten. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 3, Bl. 132. 58 Vgl. Hugo Rachel: Das Berliner Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus, Berlin 1931, S. 40 f. 59 Vgl. Hinrichs, Lagerhaus, S. 53 f. 60 Zit. nach Johann von Diest: Wirtschaftspolitik und Lobbyismus im 18. Jahrhundert. Eine quellenbasierte Neubewertung der wechselseitigen Einflussnahme von Obrigkeit und Wirtschaft in Brandenburg-Preußen und Kurhannover, Göttingen 2016, S. 261. 61 So z. B. auch im Falle Krauts, der bereits im ersten Jahr des Bestehens des Lagerhauses Gewinneinbußen hinnehmen musste. Vgl. Hinrichs, Lagerhaus, S. 53. 62 Vgl. Neugebauer, Brandenburg-Preußen, S. 290.

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63 Vgl. Hugo Rachel: Der Merkantilismus in Brandenburg-Preußen, in: FBPG 40 (1927), S. 221–266, hier S. 236 f. 64 Rolf Straubel: Manufakturen im Berliner Gewerbe des 17./18. Jahrhunderts, in: Erika Herzfeld, Preußische Manufakturen. Großgewerbliche Fertigung von Porzellan, Seide, Gobelins, Uhren, Tapeten, Waffen, Papier u. a. im 17. und 18. Jahrhundert in und um Berlin, Bayreuth 1994, S. 9–31, hier S. 14. 65 Mit vielen Beispielen für Berlin und das Umland bei Erika Herzfeld: Preußische Manufakturen. Großgewerbliche Fertigung von Porzellan, Seide, Gobelins, Uhren, Tapeten, Waffen, Papier u. a. im 17. und 18. Jahrhundert in und um Berlin, Bayreuth 1994. 66 Ebd., S. 91. 67 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Staatsverwaltung, Manufaktur und Garnison. Die polyfunktionale Residenzlandschaft von Berlin-Potsdam-Wusterhausen zur Zeit Friedrich Wilhelms I., in: FBPG N.F. 7 (1997), S. 233–257. 68 Straubel, Manufakturen, S. 21. 69 Gerd Heinrich: Geschichte Preußens. Staat und Dynastie, Frankfurt am Main u. a. 1981, S. 243. 70 Diest, S. 367. 71 Vgl. hierzu noch immer Moritz Meyer: Die Handwerkerpolitik König Friedrich Wilhelms I. (1713–1740), Minden 1888. 72 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 15. 73 Vgl. Fritz Blaich: Die Wirtschaftspolitik des Reichstags im Heiligen Römischen Reich. Ein Beitrag zur Problemgeschichte wirtschaftlichen Gestaltens, Stuttgart 1970. 74 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 6, Bl. 162: 18. Dezember 1731. 75 Zur Gewährung des Meisterrechts an einige sich in der Berliner Friedrichstadt niederlassende Altgesellen vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 6, Bl. 509: 21. August 1732. 76 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 9, Bl. 165: 6. November 1733. 77 Neugebauer, Brandenburg-Preußen, S. 295. 78 Straubel, Manufakturen, S. 17. 79 Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Th. 5, Abth. 2, Sp. 669–672, Nr. 38: 4. Juni 1718. 80 Vgl. August Skalweit: Das Dorfhandwerk vor Aufhebung des Städtezwanges, Frankfurt am Main 1942, S. 45 f. 81 Behre, S. 325 f. 82 Zahlen nach Lieselott Enders: Die Prignitz. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert, Potsdam 2000, S. 1038. 83 Vgl. GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 14 Kurmark, Tit. CCXXXI Jahrmärkte a) Vieh- und Wochenmärkte, Nr. 6, unpag. 84 Vgl. Günther Franz: Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk. Untersuchungen zur Bevölkerungs- und Agrargeschichte, 2., verm. Aufl., Jena 1943, S. 19–34. 85 Vgl. Behre S. 165. 86 Ebd., S. 168 f.: Abdruck der Kabinettsordre vom 20. Oktober 1722. 87 Vgl. hierzu etwa die »Historische Tabelle« des Jahres 1733, welche Angaben zu den Städten der kurmärkischen Teillandschaften Havelland, Barnim, Altmark, Uckermark und Zauche umfasst. Vgl. Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam [i.F. BLHA], Rep. 2 S, Nr. 8590. 88 Vgl. hierzu die Überblicksdarstellung, inklusive der Edition etlicher Quellen, von Rudolph Stadelmann: Friedrich Wilhelm I. in seiner Thätigkeit für die Landescultur Preußens, Leipzig 1878; sowie Max Beheim-Schwarzbach: Hohenzollernsche Colonisationen. Ein Beitrag zur Geschichte des preußischen Staates und der Colonisation des östlichen Deutschlands, Leipzig 1874.

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89 Vgl. Adolph Friedrich Riedel: Urbarmachung des Havelländischen Luches. Gründung und erste Einrichtung des Königlichen Domainen-Amtes Königshorst und daselbst geschehene Errichtung einer Lehranstalt für die Kunst der Butter- und Käsebereitung durch die Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., in: Märkische Forschungen 1 (1841), S. 56–93. 90 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 595. 91 Ebd., S. 599. 92 Vgl. Wilhelm Sahm: Geschichte der Pest in Ostpreußen, Leipzig 1905, S. 76–96. 93 Fritz Terveen: Gesamtstaat und Retablissement. Der Wiederaufbau des nördlichen Ostpreußen unter Friedrich Wilhelm I. 1714–1740, Göttingen u. a. 1954, S. 19. 94 Mack Walker: Der Salzburger Handel. Vertreibung und Errettung der Salzburger Protestanten im 18. Jahrhundert, Göttingen/Zürich 1997, S. 73. 95 Ebd., S. 71. 96 Zit. nach Johann Gustav Droysen: Geschichte der preußischen Politik, Th. 4, Abth. 2: Friedrich Wilhelm I., Bd. 2, Leipzig 1869, S. 159. 97 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 6, Bl. 502: 16. August 1732. 98 Walker, S. 90. 99 Ebd. 100 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 8, Bl. 52. 101 Walker, S. 97. 102 Vgl. hierzu Raymond Dittrich: Die Lieder der Salzburger Emigranten von 1731/32. Edition nach zeitgenössischen Textdrucken, Tübingen 2008. 103 Bekannt ist der schon oft publizierte berühmte Kupferstich mit der bezeichnenden Bildunterschrift: »Muß ich gleich Haus und Hof, Freund, Eltern, Kinder lassen, So will mich doch der Herr in seine Arme fassen; Er hält mich väterlich bey seiner rechten Hand, Und führt mich wohl vergnügt in Friedrich Wilhelms Land.« Zit. nach Walker, S. 100. 104 Vgl. dazu jüngst Matthias Asche: Das Retablissement und die Repeuplierung Preußisch-Litauens. Zur Migrationspolitik der Hohenzollern nach der Großen Pest, in: ders. u. a. (Hg.), Religiös motivierte Migrationen zwischen dem östlichen Europa und dem deutschen Südwesten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart 2018, S. 155–178. 105 Vgl. Lothar Berwein: Ansiedlung von Schweizer Kolonisten im Rahmen der Repeuplierung Ostpreußens. Untersuchung einer 1712 ausgewanderten Gruppe aus der Landvogtei Sax-Forsteck, Hamburg 2003, S. 62–64. 106 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 210. 107 Vgl. Terveen, S. 29–82. 108 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 8, Bl. 4. 109 Vgl. Johannes Burkhardt: Wirtschaft, in: Otto Brunner u. a. (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 7, Stuttgart 1992, S. 511–594, hier S. 565. 110 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 589. 111 Siehe Johann Heinrich Gottlob von Justi: Staatswirthschaft oder Systematische Abhandlung aller Oekonomischen und Cameral-Wissenschaften, die zur Regierung eines Landes erfodert [sic] werden, 2 Teile, Leipzig 1758 (ND Aalen 1963). 112 Karl Heinrich Kaufhold: Gewerbelandschaften in der Frühen Neuzeit (1650–1800), in: Hans Pohl (Hg.), Gewerbe- und Industrielandschaften vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Stuttgart 1986, S. 112–202, hier S. 202. 113 Peter-Michael Hahn: Pracht und Selbstinszenierung. Die Hofhaltung Friedrich Wilhelms  I. von Preußen, in: Friedrich Beck/ Julius H. Schoeps (Hg.), Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit, Potsdam 2003, S. 69–98, hier S. 73. 114 Diest, S. 368.

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5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause« ? 1 Heinz Kathe: Der »Soldatenkönig«. Friedrich Wilhelm I. 1688–1740, König in Preußen, 3. Aufl., Berlin 1981, S. 98. 2 Zahlen nach Friedrich Nicolai: Nachricht von den Baumeistern, Bildhauern, Kupferstechern, Malern, Stukkaturern, und andern Künstlern, welche vom dreyzehnten Jahrhunderte bis jetzt in und um Berlin sich aufgehalten haben …, Berlin/Stettin 1986. 3 Vgl. Heinz Kathe: Preußen zwischen Mars und Musen. Eine Kulturgeschichte von 1100 bis 1920, Berlin 1993, S. 140. 4 Im August 1717 bat ihn der Propst an der Berliner Nikolaikirche, Johann Porst, den Auftritt einer Schauspieltruppe in Berlin zu verbieten. Staatsbibliothek zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz [i.F. SBB SPK], Nachlass A. H. Francke, Stab/F 17,1/4 : 24, Brief Johann Porst an König Friedrich Wilhelm I., 27. August 1717. 5 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a (1713), Bl. 10 und 17. 6 Gerd Bartoschek: Friedrich Wilhelm I. als Maler, in: Friedrich Wilhelm I. Der Soldatenkönig als Maler. Ausstellungskatalog, Potsdam 1990, S. 29–31, hier S. 31. Insgesamt konnte Bartoschek in diesem Katalog 57 erhaltene und in neuerer Zeit verschollene Gemälde, 20 archivalisch nachgewiesene Werke und drei zweifelhafte Zuschreibungen verzeichnen. 7 Vgl. Jochen Klepper (Hg.): In tormentis pinxit. Bilder und Briefe des Soldatenkönigs, Stuttgart 1938. 8 Vgl. dazu Helmut Börsch-Supan: Friedrich Wilhelm I. und die Kunst, in: Friedrich Beck/ Julius H. Schoeps (Hg.), Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit, Potsdam 2003, S. 207–230, hier S. 212 f. 9 Paul Seidel: Die Berliner Kunst unter Friedrich Wilhelm I., in: Zeitschrift für Bildende Kunst 23 (1888), S. 185–198, hier S. 190; vgl. zu seinem Gesamtwerk Gerd Bartoschek (Bearb.): Antoine Pesne (1683–1757). Ausstellung zum 300. Geburtstag, Potsdam 1983; Helmut Börsch-Supan: Der Maler Antoine Pesne. Franzose und Preuße, Friedberg 1986. 10 Vgl. Seidel, Die Berliner Kunst, S. 194. 11 Vgl. ebd., S. 186. 12 Ebd., S. 187. 13 Vgl. Peter Langen: Kunstkönig und Soldatenkönig?, in: Frank Göse/ Winfried Müller/ Kurt Winkler/ Anne-Katrin Ziesak (Hg.), Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft. Erste Brandenburgische Landesausstellung Schloss Doberlug, Dresden 2014, S. 210–213. 14 Vgl. Simone Neuhäuser: Johann Georg Glume – Hofbildhauer Friedrich Wilhelms I., in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. 15 Vgl. Simone Neuhäuser: »Schüler des berühmten Schlüter«. Der Berliner Bildhauer Johann Georg Glume (1679–1767), in: Hans-Ulrich Kessler (Hg.), Andreas Schlüter und das barocke Berlin, Berlin/München 2014, S. 486–496. 16 Vgl. Neuhäuser, Johann Georg Glume. Die endgültige Ausführung und Signierung des Denkmals oblag aber schließlich doch Johann Georg Glume, weil Damart 1737 Berlin verlassen hatte. 17 Vgl. jüngst dazu Matthias Franke: Einfache Wohnhäuser in der Architekturtheorie Leonhard Christoph Sturms und ihr Einfluss auf die Baupraxis am Beispiel der Berliner Friedrichstadt unter Friedrich Wilhelm I., in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck].

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5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause« ?

18 Vgl. Friedrich Mielke: Potsdamer Baukunst. Das klassische Potsdam, Frankfurt am Main 1981; Rudolf Herz: Berliner Barock. Bauten und Baumeister aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1928; jüngst auch Laurenz Demps: »Intentionen« und Kosten der Berliner Stadtbaupolitik Friedrich Wilhelms I., in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2008, S. 7–26. 19 Vgl. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), I. HA, Rep 96 B, Nr. 7, Bl. 22: 23. September 1732. 20 Vgl. dazu Julius Haeckel: Geschichte der Stadt Potsdam, Potsdam 1912, v. a. S. 52– 54. 21 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 192: 25. Mai 1733. 22 Vgl. Norbert Blumert: Niederländische Einflüsse auf die städtebauliche Entwicklung und Architektur in Potsdam, in: Königliche Visionen. Potsdam – eine Stadt in der Mitte Europas, Ausstellungskatalog, Potsdam 2003, S. 24–34, hier S. 27 f. 23 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 21, Bl. 78: 30. Januar 1740. 24 Melanie Mertens: »Unsern hiesigen Residentzien … in mehreren Flor und Ansehen zu bringen«. Zur späten Bau- und Kunstpolitik von König Friedrich Wilhelm I., in: Thomas Biskup/ Marc Schalenberg (Hg.), Selling Berlin. Imagebildung und Stadtmarketing von der preußischen Residenz bis zur Bundeshauptstadt, Stuttgart 2008, S. 25–44, hier S. 30. 25 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 103: 22. April 1731. 26 Zit. nach Mertens, S. 41. 27 Thomas Topfstedt: Stadtentwicklung und Architektur vom späten 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Matthias Puhle/ Peter Petsch (Hg.), Magdeburg. Die Geschichte der Stadt 805–2005, Dössel (Saalkreis) 2005, S. 479–492, hier S. 486. 28 Thomas Spohn: »Sollen recht ordentlich bauen sonder Resoniren. F[riedrich] W[ilhelm]«. Hausbau und Stadtplanung unter preußischem Einfluß, dargelegt am Wiederaufbau der märkischen Städte und Flecken im 18. Jahrhundert, T. 1, in: Der Märker. Landeskundliche Zeitschrift für den Bereich der ehem. Grafschaft Mark und den Märkischen Kreis 39 (1990), S. 191–206, hier S. 200. 29 Börsch-Supan, Friedrich Wilhelm I. und die Kunst, S. 218 f. 30 Im Einzelnen handelte es sich um den Neubau der Nikolaikirche sowie die Heiliggeist- und die Garnisonkirche. Näheres dazu in dem Kapitel zur religiösen Orientierung und Konfessionspolitik. 31 Vgl. Herz; Ernst Badstübner/ Sibylle Badstübner-Gröger: Kirchen in Berlin. Von St. Nikolai bis zum Gemeindezentrum »Am Fennpfuhl«, Berlin 1987. 32 Vgl. Adolf von Harnack: Geschichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 1/1: Von der Gründung bis zum Tode Friedrichs des Großen, Berlin 1900, S. 181. 33 In diesem Sinne jüngst z. B. Leonhard Stroux: Die Gründung der Brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften durch Gottfried Wilhelm Leibniz und Daniel Ernst Jablonski, in: Joachim Bahlcke/ Werner Korthaase (Hg.), Daniel Ernst Jablonski. Religion, Wissenschaft und Politik um 1700, Wiesbaden 2008, S. 409–433, hier S. 409 f. 34 Zit. nach Harnack, Akademie der Wissenschaften, S. 187. 35 Vgl. ebd., S. 190 f. 36 Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert, Bd. 1, Berlin 1892, S. 471. 37 Wenchao Li (Hg.): Briefwechsel. Gottfried Wilhelm Leibniz – Kurfürstin Sophie von Hannover, Göttingen 2017, S. 285: Brief Leibniz an Kurfürstin Sophie, 22. Mai 1700. 38 Vgl. Harnack, Akademie der Wissenschaften, S. 168–180. 39 Ebd., S. 215. 40 Zit. 39 nach ebd., S. 218.

5. »Bildungsfeind« und »Kunstbanause« ?

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41 Vgl. Martin Sabrow: Herr und Hanswurst. Das tragische Schicksal des Hofgelehrten Jacob Paul von Gundling, Stuttgart/München 2001. 42 Laut zeitgenössischem Urteil sprach man von den »étranges relations entre deux esprits baroques, également mais diversement bizarres«. Zit. nach Harnack, Akademie der Wissenschaften, S. 221, Anm. 1. 43 Vgl. ebd., S. 224. 44 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Daniel Ernst Jablonskis Spielräume in BrandenburgPreußen, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands [i. F. JGMOD] 57 (2011), S. 37–55, hier v.a. S. 46–55. 45 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11: 26. Januar 1735. 46 Vgl. Ernst Peter Fischer: Die Charité. Ein Krankenhaus in Berlin 1710 bis heute, München 2009, S. 19 ff. 47 Harnack, Akademie der Wissenschaften, S. 229. 48 Zit. nach Manfred Stürzbecher: Aus der Frühgeschichte der Berliner Anatomie. Zur Erinnerung an die Eröffnung des Anatomischen Theaters in Berlin am 29. Nov. 1713, in: Deutsches medizinisches Journal 14 (1963), S. 803–819, hier S. 803 f. 49 Verwiesen sei hier auf die im Entstehen begriffene Potsdamer Dissertation von Marion Barbara Mücke: »Das Anatomische Theater zu Berlin. Lehre, Forschung und der Aufbau eines brandenburg-preußischen Medizinalwesens im 18. Jahrhundert«, der ich wichtige Hinweise zu diesem Thema verdanke. 50 Vgl. Wilhelm Schrader: Geschichte der Friedrichs-Universität zu Halle, 2 Teile, Berlin 1894; Udo Sträter: Aufklärung und Pietismus – das Beispiel Halle, in: Notker Hammerstein (Hg.), Universitäten und Aufklärung, Göttingen 1995, S. 49–61. 51 Vgl. hierzu die im Francke-Nachlass gesammelte Korrespondenz. Am 6. Oktober 1728 unterbreitete Gotthilf August Francke dem Königsberger Prediger am CollegiumFriedricianum Rogall Vorschläge, wie künftig bei Berufungsempfeh-lungen an den König zu verfahren sei. Vgl. SBB SPK, Nachlass A. H. Francke: Stab/F 18,1/7 : 13: Brief Georg Friedrich Rogall an Gotthilf August Francke, Leipzig, 6. Oktober 1728. – Wenige Tage später informierte Francke Rogall darüber, den König in einem Schreiben zu bitten, J. G. Teske zum ordentlichen Professor der Logik und Metaphysik in Königsberg zu berufen. Vgl. SBB SPK, Nachlass A. H. Francke: Stab/F 18,1/7 : 14: Brief Georg Friedrich Rogall an Gotthilf August Francke, Halle, 12. Oktober 1728. 52 Vgl. jüngst zu seinem Leben und Werk: Hans-Joachim Kertscher: »Er brachte Licht und Ordnung in die Welt«. Christian Wolff – eine Biographie, Halle (Saale) 2018. 53 Zit. nach Kathe, Soldatenkönig, S. 100 f. 54 Vgl. Albrecht Beutel: Causa Wolffiana. Die Vertreibung Christian Wolffs aus Preußen 1723 als Kulminationspunkt des theologisch-politischen Konflikts zwischen halleschem Pietismus und Aufklärungsphilosophie, in: Ulrich Köpf (Hg.), Wissenschaftliche Theologie und Kirchenleitung. Beiträge zur Geschichte einer spannungsreichen Beziehung für Rolf Schäfer zum 70. Geburtstag, Tübingen 2001, S. 159–202. 55 In diesem Sinne äußerte sich z. B. wenige Tage nach der Ausweisung Wolffs der frühere Hallenser Stipendiat und nun an der St.-Anna-Kirche predigende Samuel Urlsperger. Vgl. SBB SPK, Nachlass A. H. Francke: Stab/F 21,2,1/7 : 84: Brief Samuel Urlsperger an August Hermann Francke, 29. November 1723. 56 Vgl. SBB SPK, Nachlass A. H. Francke: Stab/F 18,1/1 : 45: Georg Friedrich Rogall an August Hermann Francke, Königsberg, 14. Februar 1727. 57 Wolfgang Neugebauer: Norm und Konsens. Das vormoderne Schul- und Bildungsrecht in Mitteleuropa vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Recht der Jugend und des Bildungswesens 4 (2012), S. 413–431, hier S. 421. 58 Gerd Heinrich: Staatsaufsicht und Stadtfreiheit in Brandenburg-Preußen unter dem Absolutismus (1660–1806), in: Wilhelm Rausch (Hg.), Die Städte Mitteleuropas im 17. und 18. Jahrhundert, Linz (Donau) 1981, S. 155–177, hier S. 162.

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59 Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Th. 1, Abth. 1, Sp. 527–530, Nr. 97: 28. September 1717, hier Sp. 528. 60 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Bemerkungen zum preußischen Schuledikt von 1717, in: JGMOD 31 (1982), S. 155–176, hier S. 160 f. 61 So bei Kathe, Soldatenkönig, S. 103. 62 Vgl. Neugebauer, Schuledikt, S. 173. 63 GStA PK, I. HA, Nr. 96 B, Nr. 1, Bl. 116: 11. Juni 1729. 64 C.C.M., Th. 1, Abth. 2, Sp. 267 f., Nr. 139: »Erneuertes Edikt« vom 19. Dezember 1736. 65 Wolfgang Neugebauer: Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen, Berlin/ New York 1985, S. 173. 66 Ebenso gewährte man dem uckermärkischen Landvogt v. Arnim 1718 die Bitte, in den kleinen Inspektionen nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle drei Jahre visitieren zu müssen. Vgl. ebd., S. 144. 67 Zit. nach ebd., S. 147. 68 Ebd., S. 162. 69 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 153: 18. März 1735.

6. Der König und die Stände 1 Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 2, Berlin 1898, S. 352. In diesem Sinne auch der bezeichnende Titel einer älteren ständegeschichtlichen Arbeit zu den ostpreußischen Verhältnissen: Heinrich Iwanowius: Die Vernichtung des ständischen Einflusses und die Reorganisation der Verwaltung in Ostpreußen durch Friedrich Wilhelm I., Königsberg 1894. 2 Vgl. hierzu Otto Hintze: Die Hohenzollern und der Adel, in: Historische Zeitschrift [i.F. HZ] 112 (1914), S. 494–524. 3 Vgl. hierzu vor allem die Aufsätze bei Peter Baumgart (Hg.): Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, Berlin 1983; des Weiteren den bilanzierenden Beitrag von Wolfgang Neugebauer: Das alte Preußen. Aspekte der neuesten Forschung, in: Historisches Jahrbuch 122 (2002), S. 463–482. 4 Vgl. hierzu Wolfgang Neugebauer: Brandenburg im absolutistischen Staat. Das 17. und 18. Jahrhundert, in: Wolfgang Ribbe/ Ingo Materna (Hg.), Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 291–394, hier S. 325; jüngst auch Frank Göse: Friedrich I. Ein König in Preußen, Regensburg 2012, S. 137–145. 5 Vgl. Ronald G. Asch: Ständische Stellung und Selbstverständnis des Adels im 17. und 18. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Der europäische Adel im Ancien Régime. Von der Krise der ständischen Monarchie bis zur Revolution (ca. 1600–1789), Köln/ Weimar/Wien 2001, S. 3–45, hier S. 33. 6 Vgl. zum Folgenden übergreifend Peter Baumgart: Der Adel Brandenburg-Preußens im Urteil der Hohenzollern des 18. Jahrhunderts, in: Rudolf Endres (Hg.), Adel in der Frühneuzeit. Ein regionaler Vergleich, Köln/Wien 1991, S. 141–161; Frank Göse: Das Verhältnis Friedrich Wilhelms I. zum Adel, in: Friedrich Beck/ Julius H. Schoeps (Hg.), Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit, Potsdam 2003, S. 99– 138. 7 Vgl. Frank Göse: Rittergut – Garnison – Residenz. Studien zur Sozialstruktur und politischen Wirksamkeit des brandenburgischen Adels 1648–1763, Berlin 2005, S. 151 f. 8 Vgl. ausführlicher zu dieser Problematik Göse, Rittergut, S. 222–236. – Auch das von Ilona Buchsteiner zum pommerschen Adel aufbereitete quantitative Material deutet für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts in diese Richtung. Vgl. Ilona Buchsteiner:

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Pommerscher Adel im Wandel des 19. Jahrhunderts, in: Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), S. 343–373, hier S. 353. Vgl. hierzu die im Bestand des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 96 Geheimes Kabinett und 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale) enthaltenen Quellen. – Auch der gut informierte Fassmann wusste zu berichten, dass die preußischen Adelsgeschlechter es nicht vermochten, »ihre Kinder aus eigenen Mitteln wohl zu erziehen«. David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 736. A.B.B., Bd. 4.1, Berlin 1908, S. 461 f. Vgl. ebd., S. 463. Zit. nach Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 229. GStA PK, I. HA, Rep. 22 Adlige Familien und Schulzengerichte der Mark Brandenburg, Nr. 244, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 162: 23. März 1735. GStA PK, I. HA, Rep. 30 Pommern (Vor- und Hinterpommern), Nr. 44, S 114, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 2, Bl. 193. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 183: 23. September 1731. Einen guten räumlichen Überblick über den langfristigen Erfolg der Arrondierungspolitik bietet hierzu die entsprechende Karte im Historischen Handatlas von Brandenburg und Berlin: Gerd Heinrich (Bearb.): Besitzstand in Brandenburg um 1800, Berlin 1971. Vgl. Berthold Schulze: Besitz- und siedlungsgeschichtliche Statistik der brandenburgischen Ämter und Städte 1540–1800, Berlin 1935, S. 107–110. Vgl. Göse, Friedrich I., S. 125. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 30. So z. B. eine am 2. Oktober 1732 an das Generaldirektorium erteilte Anweisung. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 30 f. Zahlen nach Göse, Rittergut, S. 138. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 186: Friedrich Wilhelm I. an den Präsidenten v. Münchow, 18. Mai 1733. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 96. Ebd., Bl. 29. Vgl. dazu Rudolf Biedermann: Geschichte der Herrschaft Teupitz und ihres Herrengeschlechts, der Schenken von Landsberg, in: Der deutsche Herold 65 (1934), bes. S. 68–72. Vgl. Otto Kaplick: Der Erwerb der Güter Gennin und Pyrene durch Friedrich Wilhelm I., in: Die Neumark. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Neumark 4 (1927), S. 133–143, hier S. 136. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 36. GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 14 Kurmark, Tit. LXX, Sect. C, Nr. 1, unpag. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 172. Vgl. Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam [i.F. BLHA], Rep. 78 Kurmärkische Lehnskanzlei, II, G 86, unpag. Vgl. zur Huldigung 1713: A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 437; Ernst Friedlaender (Hg.): Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735. Ein Beitrag zur preußischen Geschichte unter König Friedrich Wilhelm I., Berlin 1902, S. 3. Vgl. dazu Frank Göse: »die Racce davon so guht ist, das sie auf alle art meritiret, conserviret zu werden«. Das Verhältnis Friedrichs des Großen zum brandenburgischen Adel, in: ders. (Hg.), Friedrich der Große und die Mark Brandenburg. Herrschaftspraxis in der Provinz, Berlin 2012, S. 104–132.

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35 Vgl. Göse, Rittergut, S. 304. 36 Hugo Rachel (Bearb.): Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens, Bd. 2.1, Berlin 1922, S. 15. 37 GStA PK, I. HA, Rep. 66 Allodifikation der Lehen, Nr. 19, Bl. 106. 38 GStA PK, I. HA, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, L 5, Fasz. 5, unpag. 39 GStA PK, I. HA, Rep. 66, Nr. 29, unpag. 40 Wolfgang Neugebauer: Die Stände in Magdeburg, Halberstadt und Minden im 17. und 18. Jahrhundert, in: Peter Baumgart (Hg.): Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, Berlin 1983, S. 170–207, hier S. 179 und 183. 41 Vgl. hierzu jüngst die Studien von Tobias Schenk: Reichsjustiz im Spannungsverhältnis von oberstrichterlichem Amt und österreichischen Hausmachtinteressen. Der Reichshofrat und der Konflikt um die Allodifikation der Lehen in BrandenburgPreußen (1717–1728), in: Anja Amend-Traut/ Albrecht Cordes/ Wolfgang Sellert (Hg.), Geld, Handel, Wirtschaft. Höchste Gerichte im Alten Reich als Spruchkörper und Institution, Berlin/Boston 2013, S. 103–219; ders.: Der Reichshofrat als oberster Lehnshof. Dynastie- und adelsgeschichtliche Implikationen am Beispiel Brandenburg-Preußens, in: Anette Baumann/ Alexander Jendorff (Hg.), Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, München 2014, S. 255–294. 42 Was zeitweise sogar zu einer Beunruhigung der außenpolitischen Lage führte. Vgl. Heinrich von Friedberg: Der Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm I. und Karl VI. über die Allodifikation der Lehen in den Marken, in: HZ 64 (1890), S. 216–233. 43 Vgl. Schenk, Reichsjustiz, S. 151. – Siehe dazu ausführlicher das Kapitel zur Reichspolitik. 44 Vgl. Göse, Rittergut, S. 186 f. und 198–201; Dirk H. Müller: Die Umwandlung der märkischen Rittergüter in lehnsrechtlich verfaßtes Familieneigentum unter Friedrich Wilhelm I., in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 46 (2000), S. 171–203. 45 GStA PK, I. HA, Rep. 52 Herzogtum Magdeburg, Nr. 53, b. 7, unpag. 46 Vgl. hierzu Göse, Rittergut, S. 207–211; sowie Carmen Winkel: Im Netz des Königs. Netzwerke und Patronage in der preußischen Armee 1713–1786, Paderborn u. a. 2013, S. 42 f. und 53. 47 A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 627. 48 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 2, Bl. 137. 49 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 58: Friedrich Wilhelm I. an das Generaldirektorium, Potsdam, 13. März 1731. 50 Zit. nach Louis von Scharfenort: Die Pagen am Brandenburg-Preußischen Hofe. 1415–1895, Berlin 1895, S. 51. 51 Vgl. das detaillierte Zahlenmaterial zur Kur- und Neumark in: Göse, Rittergut, S. 489–492. 52 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 519 D, Bl. 15. 53 Vgl. Bernhard R. Kroener: »Das Schwungrad an der Staatsmaschine?« Die Bedeutung der bewaffneten Macht in der europäischen Geschichte der Frühen Neuzeit, in: ders./ Ralf Pröve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Paderborn u. a. 1996, S. 1–23, hier S. 5. 54 Vgl. Göse, Rittergut, S. 236–242. 55 Vgl. den komprimierten Überblick bei Gerd Heinrich: Frankfurt an der Oder. Universität, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 11, Berlin/ New York 1983, S. 335–342. 56 BLHA, Rep. 23B Neumärkische Stände, Nr. 109, unpag. 57 In diesem Sinne urteilte abwägend schon Gerd Heinrich: Der Adel in BrandenburgPreußen, in: Hellmuth Rössler (Hg.), Deutscher Adel. 1555–1740, Darmstadt 1965, S. 259–314, hier 300 f.

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58 So musste etwa im selben Jahr der Leutnant Johann Christian von Fabian wegen verspäteter Ablegung des Eides fünf Taler Strafe beim Lehnsarchiv hinterlegen. BLHA, Rep. 78, II, F 3, unpag. 59 GStA PK, I. HA, Rep. 9, L 7, Fasz. 1, unpag. 60 Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. A 5 Brandenburgischpreußische Landesregierung im Herzogtum Magdeburg, Nr. 358, unpag. 61 Zit. nach Mario Huth: Adam von Trott der Ältere auf Himmelpfort und Badingen. Die Anfänge eines märkischen Landadelsgeschlechts in der Reformationszeit mit seinen reichs-, territorial- und regionalgeschichtlichen Bezügen, Berlin 2018, S. 335. 62 Insbesondere fielen dem König dabei acht Lorbeerbäume (Lauriers) aus der Erbmasse ins Auge, die kurzerhand aufgekauft und in umständlicher Weise nach Charlottenburg abtransportiert wurden. Vgl. ebd. 63 Andreas Gestrich: Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1994, S. 119. 64 Zit. nach Dietrich, S. 228. 65 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Politischer Wandel im Osten. Ost- und Westpreußen von den alten Ständen zum Konstitutionalismus, Stuttgart 1992, S. 68. 66 Ebd., S. 71. 67 A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 569. 68 Vgl. Gestrich, S. 163. 69 Vgl. Martin Wehrmann: Geschichte der Stadt Stettin, Stettin 1911 (ND Würzburg 1985), S. 339. 70 A.B.B., Bd. 6.1, Berlin 1901, S. 7 f. 71 Klaus Vetter: Die Stände im absolutistischen Preußen. Ein Beitrag zur Absolutismus-Diskussion, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 24 (1976), S. 1290– 1306, hier S. 1302. 72 1731 beschwerte sich der ostpreußische Adel über den zunehmenden Ungehorsam des Gesindes. Ein daraufhin erlassenes Edikt griff die Monita auf und fasste einen ganzen Katalog von sanktionierenden Maßnahmen, um den Gehorsam gegen die Obrigkeit wiederherzustellen. Vgl. Francis L. Carsten: Geschichte der preußischen Junker, Frankfurt am Main 1988, S. 60. 73 In diesem Sinne urteilt auch G. Birtsch: »Ein entscheidendes Kriterium für die fortwährende Wirkung von Ständen ist geradezu in der Unzulänglichkeit des absolutistischen Staates zu sehen, das Land durchgehend zu beherrschen.« Günter Birtsch: Der preußische Hochabsolutismus und die Stände, in: Peter Baumgart (Hg.): Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, Berlin 1983, S. 389–408, hier S. 403. 74 Vgl. BLHA, Rep. 23A Kurmärkische Stände, B 117, unpag. 75 Vgl. BLHA, Rep. 23A, Nr. 788, Bl. 7. 76 Wolfgang Neugebauer: Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen, Berlin/ New York 1985, S. 147. 77 So z. B. in der Verordnung vom 18. April 1733, in: Christian Otto Mylius (Hg.), Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Th. 1, Abth. 1, Sp. 559 f., Nr. 126. 78 Vgl. A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 449–451. 79 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 168. 80 Vgl. dazu Frank Göse: Landstände und Militär. Die Haltung der kur- und neumärkischen Ständerepräsentanten zum brandenburgisch-preußischen Militärsystem im 17. und 18. Jahrhundert, in: Stefan Kroll/ Kersten Krüger (Hg.), Militär und ländliche Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Münster/Hamburg/London 2000, S. 191–222. 81 Vgl. hierzu auch die Ausführungen im Kapitel zum Militärwesen. 82 A.B.B., Bd. 1, Berlin 1892, S. 510. 83 BLHA, Rep. 23B, Nr. 954, Bl. 30. 84 Zit. nach Birtsch, Hochabsolutismus, S. 394.

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85 A.B.B., Bd. 3, Berlin 1901, S. 538 f. Hier wird man allerdings auch die Anspannung Friedrich Wilhelms I. in jenen Tagen berücksichtigen müssen, als er sich inmitten der Diskussion über die Reform der obersten Verwaltungsbehörden befand. 86 Vgl. A.B.B., Bd. 5.2, Berlin 1912, S. 652: Schreiben v. Manteuffels, Berlin, 17. November 1738. 87 Sächs. HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 2969/11: Nachrichten über den preußischen Staat (1741–1744), unpag. 88 Vgl. hierzu Göse, Rittergut, S. 242. 89 Zit. nach Richard Pekrun: Hof und Politik Augusts des Starken im Lichte des Portrait de la cour de Pologne, T. 1, Friedland 1914, S. 150. 90 Vgl. zum Folgenden Gustav Schmoller: Deutsches Städtewesen in älterer Zeit, Bonn/Leipzig 1922, S. 231–428; sowie jüngst in Revision der älteren Interpretationen Frank Göse: Die Städtepolitik König Friedrich Wilhelms I., in: Hans-Christof Kraus/ Frank-Lothar Kroll (Hg.), Historiker und Archivar im Dienste Preußens. Festschrift für Jürgen Kloosterhuis, Berlin 2015, S. 63–101. 91 Vgl. hierzu den tabellarischen Überblick bei Schmoller, Städtewesen, S. 272–286. 92 Vgl. Dietrich, S. 228 und 230. 93 Gustav Schmoller: Die soziale Frage. Klassenbildung, Arbeiterfrage, Klassenkampf, München/Leipzig 1918, 553. 94 In Bielefeld betraf dies vor 1718 etwa die Hälfte der Magistratsangehörigen. Vgl. Reinhard Vogelsang: Geschichte der Stadt Bielefeld, Bd. 1: Von den Anfängen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, 2., verb. Aufl., Bielefeld 1989, S. 135. 95 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 21 Brandenburgische Städte, Ämter und Kreise, Nr. 161, unpag. 96 Ebd. 97 Vgl. Dieter Stievermann: Preußen und die Städte der westfälischen Grafschaft Mark im 18. Jahrhundert, in: Westfälische Forschungen 31 (1981), S. 5–33, hier S. 10. 98 A.B.B., Bd. 6.1, Berlin 1901, S. 240. 99 So schon Wilhelm Gundlach: Friedrich Wilhelm I. und die Bestellung der städtischen Beamten. Ein Beitrag zur Geschichte der preußischen Verwaltung, Jena 1906, S. 4. 100 Wolfgang Neugebauer: Brandenburg-Preußen in der Frühen Neuzeit. Politik und Staatsbildung im 17. und 18. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin/ New York 2009, S. 113–407, hier S. 266. 101 Felix Escher: Die brandenburgisch-preußische Residenz und Hauptstadt Berlin im 17. und 18. Jahrhundert, in: Wolfgang Ribbe (Hg.), Geschichte Berlins, Bd. 1: Von der Frühgeschichte bis zur Industrialisierung, 2., durchges. Aufl., München 1988, S. 341–403, hier S. 374. 102 GStA PK, II. HA, Abt. 15 Magdeburg, Tit. CLXXIII, Nr. 2, Bl. 2. 103 Zit. nach Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 1, Urkundenbuch, S. 52 und 54. 104 Vgl. Heinrich Wagener: Wie Potsdam eine Kämmerei erhielt, in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde 12 (1875), 170–198. 105 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 108 (zum 31. Januar 1733). 106 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 222 f. 107 Vgl. dazu die Quellenedition von Rudolph Stadelmann: Friedrich Wilhelm I. in seiner Thätigkeit für die Landescultur Preußens, Leipzig 1878. Den neueren Forschungsstand resümiert Neugebauer, Brandenburg-Preußen, bes. S. 285–297. 108 Gerd Heinrich: Geschichte Preußens. Staat und Dynastie, Frankfurt am Main u. a. 1981, S. 243. 109 Carl Hinrichs (Bearb.): Acta Borussica. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die einzelnen Gebiete der Verwaltung, Bd. 5: Die Wollin-

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dustrie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I. Darstellung mit Aktenbeilagen, Berlin 1933, S. 118 f. 110 Vgl. Otto Behre: Geschichte der Statistik in Brandenburg-Preußen bis zur Gründung des Königlichen Statistischen Bureaus, Berlin 1905, S. 171–177. 111 Paul van Niessen: Geschichte der Stadt Dramburg. Festschrift zur Jubelfeier ihres sechshundertjährigen Bestehens, Dramburg 1897, S. 216. 112 Zit. nach Ilse Barleben: Die Entwicklung der städtischen Selbstverwaltung im Herzogtum Kleve während der Reform Friedrich Wilhelms I., Bonn 1931, S. 56. 113 Ein sehr negatives Bild hatte der König z. B. über die Verhältnisse in Minden gewonnen. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 19 f. (zum 8. Juli 1735). 114 Vgl. Steffen Langusch: Sie waren zwei und wurden eins. Das 18. Jahrhundert als Salzwedels Jahrhundert der Einheit, in: Cornelia Kessler (Hg.), Preußische Wurzeln Sachsen-Anhalts, Halle 2003, S. 176–190. 115 Vgl. jüngst aus übergreifend-vergleichender Perspektive dazu Udo Geiseler: Die Vereinigung der Städte Alt- und Neustadt Brandenburg 1715. Ein Beitrag zur Städtepolitik König Friedrich Wilhelms I., in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 60 (2009), S. 119–138. 116 Vgl. Fritz Gause: Die Geschichte der Stadt Königsberg in Preußen, Bd. 2: Von der Königskrönung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, 2., erg. Aufl., Köln/ Weimar/Wien 1996, S. 65–88. 117 Vgl. Escher, S. 370. 118 Vgl. exemplarisch die tabellarische Aufstellung für die westfälischen Städte bei Stievermann, Preußen und die Städte, S. 13 f. 119 Gerd Heinrich: Staatsaufsicht und Stadtfreiheit in Brandenburg-Preußen unter dem Absolutismus (1660–1806), in: Wilhelm Rausch (Hg.), Die Städte Mitteleuropas im 17. und 18. Jahrhundert, Linz (Donau) 1981, S. 155–177, hier S. 165. 120 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 89. 121 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 156. Diese Anweisungen schlossen die Vorgabe der Anzahl der Straßenkarren bzw. den genauen Einsatz der Straßenmeister ein. 122 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 46: 28. September 1728. 123 So hatte er das Generaldirektorium am 16. November 1732 angewiesen, drei holländische Zimmerleute und einen Maurer in Potsdam zu »etablieren«. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 62. 124 A.B.B., Bd. 6.1, Berlin 1901, S. 242. 125 Brigitte Meier: Städtische Verwaltungsorgane in den brandenburgischen Kleinund Mittelstädten des 18. Jahrhunderts, in: Wilfried Ehbrecht (Hg.), Verwaltung und Politik in Städten Mitteleuropas. Beiträge zur Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit in altständischer Zeit, Köln/Weimar/Wien 1994, S. 177–181, hier S. 177. 126 Zit. nach Frank Göse: Prenzlau in der Zeit des »Absolutismus« (1648 bis 1806), in: Klaus Neitmann/ Winfried Schich (Hg.), Geschichte der Stadt Prenzlau, Horb am Neckar 2009, S. 140–184, hier S. 170 f. 127 Vgl. hierzu an einem lokalen Beispiel Nicolas Rügge: Im Dienst von Stadt und Staat. Der Rat der Stadt Herford und die preußische Zentralverwaltung im 18. Jahrhundert, Göttingen 2000. 128 GStA PK, II. HA, Abt. 15, Tit. VII, Nr. 2, Bl. 51. 129 Ebd. 130 Vgl. Schmoller, Städtewesen, S. 413. 131 GStA PK, II. HA, Abt. 15, Tit. VII, Nr. 2, Bl. 54. 132 Laut den Instruktionen von 1714–1716, zit. nach Barleben, S. 97. 133 Peter Johanek/ Franz-Josef Post (Hg.): Städtebuch Hinterpommern, Neubearb., Stuttgart 2003, S. 81. 134 Vgl. Gause, S. 79.

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135 Vgl. Johanek/ Post, S. 263. – Auch für andere hinterpommersche Städte sind Aktivitäten solcher Bürgervertretungen mit ähnlicher Struktur zu beobachten. 136 Lieselott Enders: Die Altmark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts), Berlin 2008, S. 1099 f. – Jener »Ausschuss sollte namens der Bürgerschaft mit dem Rat verhandeln und beschließen«. 137 Vgl. hierzu neben Baumgart (Hg.), Ständetum und Staatsbildung, übergreifend auch Wolfgang Neugebauer: Standschaft als Verfassungsproblem. Die historischen Grundlagen ständischer Partizipation in ostmitteleuropäischen Regionen, Goldbach 1995.

7. Der »roi sergeant« im Kontext des altpreußischen Militärsystems 1 Vgl. Peter-Michael Hahn: Aristokratisierung und Professionalisierung. Der Aufstieg der Obristen zu einer militärischen und höfischen Elite in Brandenburg-Preußen von 1650–1725, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte [i.F. FBPG] N.F. 1 (1991), S. 161–208, hier S. 161–164; in übergreifender Perspektive unter Einbeziehung des brandenburgisch-preußischen Falles: Johannes Kunisch (Hg.): Staatsverfassung und Heeresverfassung in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit, Berlin 1986; Wolfgang Reinhard: Kriegsstaat – Steuerstaat – Machtstaat, in: Ronald G. Asch/ Heinz Duchhardt (Hg.), Der Absolutismus – ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550–1700), Köln/Weimar/Wien 1996, S. 277–310. 2 Johannes Kunisch: Absolutismus. Europäische Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zur Krise des Ancien Régime, Göttingen 1986, S. 86. 3 Vgl. Peter-Michael Hahn: Dynastische Selbstdarstellung und Militärmacht. Kriegerische Symbolik als höfische Zeichensprache in Brandenburg-Preußen im 17. Jahrhundert, in: Ronald G. Asch/ Wulf Eckart Voß/ Martin Wrede (Hg.), Frieden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Die europäische Staatenordnung und die außereuropäische Welt, München 2001, S. 115–138, hier S. 135. 4 Zu den Truppenstärken vgl. Otto Behre: Geschichte der Statistik in BrandenburgPreußen bis zur Gründung des Königlichen Statistischen Bureaus, Berlin 1905, S. 122; Curt Jany: Geschichte der Preußischen Armee, 4 Bde., Berlin 1928–1933, hier Bd. 1, S. 528 und 661. 5 »He was a good horseman, had steady nerves and plenty of physical courage.« Ragnhild Hatton: George I. Elector and King, London 1978, S. 34. Zu seiner aktiven Beteiligung am Holländischen Krieg, am Feldzug gegen die Türken und am Pfälzischen Erbfolgekrieg vgl. ebd., S. 34 f., 43 und 53 f. 6 Ludwig Hüttl: Max Emanuel. Der Blaue Kurfürst 1679–1726. Eine politische Biographie, München 1976, S. 78. 7 Zit. nach Paul Haake: August der Starke, München/Berlin 1926, S. 37. 8 Mijndert Bertram: Georg II. König und Kurfürst. Eine Biografie, 2., überarb. Aufl., Göttingen 2004, S. 38. 9 Wilhelm Lueder: Beiträge zur Geschichte des Ursprunges der hannöverschen Armee, Diss. Göttingen 1903, S. 9. 10 Bernhard R. Kroener: »Der Krieg hat ein Loch …«. Überlegungen zum Schicksal demobilisierter Söldner nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte, München 1998, S. 599–630, hier S. 618. 11 Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie: Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941 (ND Darmstadt 1968), S. 407. 12 Jüngst wurde diese Interpretationslinie noch einmal aufgegriffen durch Chris-

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topher Clark: Von Zeit und Macht. Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten, München 2018, S. 29–84. Zit. nach Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 237. Behre, S. 117. Vgl. hierzu unter Berücksichtigung der umfassenden älteren Literatur knapp Wolfgang Neugebauer: Staatsverfassung und Heeresverfassung in Preußen während des 18. Jahrhunderts, in: FBPG N.F. 13 (2003), S. 83–102, bes. S. 86–90. Vgl. Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 317; Frank Göse: Landstände und Militär. Die Haltung der kur- und neumärkischen Ständerepräsentanten zum brandenburg-preußischen Militärsystem im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert, in: Stefan Kroll/ Kersten Krüger (Hg.), Militär und ländliche Gesellschaft in der frühen Neuzeit, Münster/ Hamburg/London 2000, S. 191–222, hier S. 197 f., 205 f. und 211 f. Vgl. dazu für die »erste Generation« des Offizierskorps: Frank Göse: Otto Christoph Freiherr von Sparr 1605–1668. Der erste brandenburg-preußische Generalfeldmarschall, Berlin 2006, S. 104 f. Robert Freiherr von Schroetter: Das preußische Offizierskorps unter dem ersten Könige von Preußen, in: FBPG 26 (1913), S. 429–495 und 27 (1914), S. 97–167, hier S. 113. Hahn, Aristokratisierung, S. 175. Ernst Berner (Bearb.): Aus dem Briefwechsel König Friedrichs I. von Preußen und seiner Familie, Berlin 1901, S. 158. Vgl. hierzu die Passagen in seiner »Instruktion an meinen Nachfolger« von 1722 in: Dietrich, S. 224–226 und 238 f. Vgl. etwa die eingehende Würdigung Friedrichs I. aufgrund seiner militärischen Erfolge in: Die Europäische Fama, welche den gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Höfe entdecket …, T. 142 (1713), S. 785–787. Zit. nach Dietrich, S. 238. Zit. nach ebd., S. 233. Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 389–412 u. ö. Ebd., S. 402. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 19. Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 737. Siehe Die Europäische Fama, T. 142 (1713), S. 790. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 41 Beziehungen zu Kursachsen, Nr. 802, unpag. Vgl. Dietrich, S. 239. Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abt. Magdeburg [i.F. LASA, MD], Rep. A 5 Brandenburgisch-preußische Landesregierung im Herzogtum Magdeburg, Nr. 793b, unpag. Vgl. Jürgen Luh: Kriegskunst in Europa 1650–1800, Köln/Weimar/Wien 2004, S. 116 f. HHStAW, Bestand Reichskanzlei Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 323: Bericht des kaiserlichen Gesandten, Berlin, 31. Oktober 1713. Vgl. hierzu und zum Folgenden Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 632–641; Johann Gustav Droysen: Geschichte der preußischen Politik, Th. 4, Abth. 2: Friedrich Wilhelm I., Bd. 1, Leipzig 1869, S. 131 und 144 f. Karl Linnebach: König Friedrich Wilhelm I. und Fürst Leopold I. zu Anhalt-Dessau, Berlin 1907, S. 26. Unmittelbar nach dem vierwöchigen Aufenthalt im Hauptquartier erkrankte er während einer Reise nach Wesel und in die Niederlande schwer an Wassersucht, so dass er am 14. September »sehr krank und schwach in Potsdam« ankam. Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 535.

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38 Claus A. Pierach/ Erich Jennewein: Friedrich Wilhelm I. und Porphyrie, in: Sudhoffs Archiv 83/1 (1999), S. 50–66, hier S. 55–59. 39 GStA PK, Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv [i.F. BPH], Rep. 46 , K 2, Bl. 7 f. 40 Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 675. 41 Gerhard Papke: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte 1648–1939, Bd. 1: Von der Miliz zum stehenden Heer. Wehrwesen im Absolutismus, München 1979, S. 154–235, bes. S. 212; in jüngerer Zeit Frank Göse: Der Kabinettskrieg, in: Dietrich Beyrau/ Michael Hochgeschwender/ Dieter Langewiesche (Hg.), Formen des Krieges. Von der Antike bis zur Gegenwart, Paderborn 2007, S. 121–147. 42 Jürgen Luh: »Strategie und Taktik« im Ancien Régime, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 64 (2005), H. 1, S. 101–131, hier S. 107. 43 Vgl. Robert Freiherr von Schroetter: Die Ergänzung des preußischen Heeres unter dem ersten Könige, in: FBPG 23 (1910), S. 403–467. 44 Vgl. Curt Jany: Die Kantonverfassung Friedrich Wilhelms I., in: FBPG 38 (1926), S. 225–272, hier S. 227 ff. 45 Otto-Heinrich Faull: Betrachtungen zur Entwicklung der Wehrpflicht in Brandenburg-Preußen von 1500–1814, Diss. Rostock 1939, S. 17. 46 Auch im zeitgenössischen Schrifttum wurde die Frage thematisiert, welche Vorkehrungen zu treffen wären, falls die Landmiliz rebelliere, so etwa bei Hans Friedrich von Fleming: Der Vollkommene Teutsche Soldat …, Leipzig 1726, S. 536. 47 Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam [i.F. BLHA], Rep. 23B Neumärkische Stände, Nr. 167, unpag. 48 Vgl. Martin Winter: Untertanengeist durch Militärpflicht? Das preußische Kantonsystem in brandenburgischen Städten im 18. Jahrhundert, Bielefeld 2005, S. 59. 49 David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 720. 50 Vgl. übergreifend dazu Ralf Pröve: Zum Verhältnis von Militär und Gesellschaft im Spiegel gewaltsamer Rekrutierungen (1648–1789), in: Zeitschrift für Historische Forschung 22 (1995), H. 2, S. 191–223. 51 Vgl. Belege dazu in: Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 681 ff.; Göse, Landstände, S. 211 f. 52 Vgl. Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert, Bd. 1, Berlin 1894, S. 379. 53 Ebd., S. 380. 54 BLHA, Rep. 23A Kurmärkische Stände, B 63, Bl. 18. 55 Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Th. 3, Abth. 1, Sp. 253f., Nr. 110. 56 Ebd., Sp. 349–352, Nr. 120. 57 Ebd., Sp. 359–364, Nr. 127. 58 Vgl. dazu Jany, Kantonverfassung, S. 232 ff. 59 Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 686. 60 Vgl. ebd., S. 684. 61 GStA PK, I. HA, Rep. 96 Geheimes Kabinett, Nr. 520 B, Bl. 3. 62 Vgl. Julius Otto Opel: Fürst Leopold von Dessau und die Universität Halle, in: Mittheilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Alterthumskunde 1 (1877), S. 404–424, hier S. 404 f. 63 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 233: Brief Friedrich Wilhelms I. an Leopold, Anfang September 1723. 64 Vgl. Benjamin Marschke: Pietism and Politics in Prussia and Beyond, in: Douglas H. Shantz (Hg.), A Companion to German Pietism, 1600–1800, Leiden 2015, S. 472–526, hier S. 501. 65 Opel, S. 413 und 416.

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66 So sei es z. B. 1714 nach Auskunft des in der preußischen Armee dienenden Prinzen Georg von Hessen-Kassel in Paderborn zu Tumulten gekommen. Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10 T, Bl. 1. 67 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, Bl. 91. 68 Vgl. Karl Friedrich Reiche: Friedrich der Große und seine Zeit, Leipzig 1840, S. 535. 69 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 9, Bl. 166. 70 GStA PK, I. HA, Rep. 63 Neuere Kriegssachen, Nr. 1788, unpag. 71 Vgl. zum Folgenden Wilhelm von Schultz: Die preußischen Werbungen unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen bis zum Beginn des 7jährigen Krieges mit besonderer Berücksichtigung Mecklenburg-Schwerins, Schwerin 1887, S. 9–45. 72 Zit. nach ebd., S. 10 f. 73 Jürgen Kloosterhuis (Bearb.): Legendäre »lange Kerls«. Quellen zur Regimentskultur der Königsgrenadiere Friedrich Wilhelms I. 1713–1740, Berlin 2003, S. 53. 74 Zit. nach Schultz, Werbungen, S. 18. Weitere Fälle einer direkten Einflussnahme des Königs: S. 26 und 37. 75 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10 Xx, unpag. 76 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10 Ii, unpag. 77 Zit. nach Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 68. 78 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 15 H, unpag. 79 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10 Lll, unpag. 80 Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 62. 81 Vgl. Jany, Kantonverfassung, S. 794. Weitere Beispiele dafür bei Carmen Winkel: Im Netz des Königs. Netzwerke und Patronage in der preußischen Armee 1713–1786, Paderborn u. a. 2013, S. 109 f. 82 Vgl. Rudolf Beyrich: Kursachsen und die polnische Thronfolge 1733–1736, Leipzig 1913, S. 57. 83 Zit. nach Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 9. 84 HHStAW, Reichshofrat, Decisa, Nr. 1746 »Reichsstadt Dortmund«, unpag. 85 Zu den militärischen Operationen der preußischen Truppen in diesem Krieg vgl. Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 673–677. 86 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, unpag. 87 So wurde etwa der in Ostfriesland zu Werbungen eingesetzte Oberstleutnant Philipp de Bezuc wegen der geringen Zahl von geworbenen Rekruten am 12. April 1734 vom König scharf kritisiert und ihm vorgehalten, dass doch »zu Lebzeiten des Oberstleutnants Freytag jedes Jahr wenigstens vier Rekruten aus Ostfriesland« gekommen seien. Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 55 f. 88 GStA PK, I. HA, Rep. 63, Nr. 1788, unpag. 89 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 38: Kabinettsordre vom 20. Januar 1735. 90 »auf das Äußerste, so viel nur immer möglich, zu menagiren«. Zit. nach Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 62. Weitere Quellenbelege: ebd., S. 40–92. 91 Zit. nach Walter Schultz: Die ersten Lebensbeschreibungen Friedrich Wilhelms I., Diss. Königsberg 1909, S. 57. Es handelte sich bei diesem Beobachter um Eléazar Mauvillon, der sich in den 1730er Jahren am kursächsischen Hof aufgehalten und dabei auch den preußischen König und einige Männer seines Umfeldes erlebt hatte. 92 Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 55. 93 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 21, Bl. 333: Potsdam, 31. Mai 1740. 94 LASA, MD, Rep. A 6 Landstände des Erzstifts/Herzogtums Magdeburg, Nr. 154, Bl. 61. 95 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 520 B, Bl. 54. 96 Jürgen Kloosterhuis: Zwischen Aufruhr und Akzeptanz. Zur Ausformung und

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Einbettung des Kantonsystems in die Wirtschafts- und Sozialstrukturen des preußischen Westfalen, in: Bernhard R. Kroener/ Ralf Pröve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Paderborn 1996, S. 167–190, hier S. 169. 97 So er an prominenter Stelle in seiner »Instruktion« an seinen Nachfolger von 1722. Vgl. Dietrich, S. 236. 98 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 520 B, Bl. 48. 99 Vgl. Max Lehmann: Werbung, Wehrpflicht und Beurlaubung im Heere Friedrich Wilhelm’s I., in: Historische Zeitschrift 67 (1891), S. 254–289. 100 Vgl. Hartmut Harnisch: Preußisches Kantonsystem und ländliche Gesellschaft. Das Beispiel der mittleren Kammerdepartements, in: Bernhard R. Kroener/ Ralf Pröve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Paderborn 1996, S. 137–165, hier S. 142. Detailliertes Zahlenmaterial bei Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 684, Anm. 133. 101 Wortlaut der relevanten Kabinettsordre vom 1. Mai 1733 in: René de L‘Homme de Courbiere: Geschichte der brandenburgisch-preußischen Heeres-Verfassung, Berlin 1852, S. 89 f. 102 Zu der schwierigen Quellenlage bei zeitgenössisch publizierten Informationen über die regional flächendeckenden Zuweisungen von Ämtern, Kreisen und Städten zu bestimmten Regimentskantonen vgl. Jürgen Kloosterhuis: Kantonsystem und Regimentskultur. Katalysatoren des preußischen Militärsozialisationsprozesses im 18. Jahrhundert, in: Wolfgang Neugebauer (Hg.), Oppenheim-Vorlesungen zur Geschichte Preußens, Berlin 2014, S. 77–139, hier S. 78 f. 103 So hatte der König z. B. 1717 den für Frankfurt (Oder) zuständigen Steuerrat Hille aufgefordert, die Untersuchung des »rathäuslichen Wesens« gemeinsam mit dem dort in Garnison stehenden Generalmajor v. Dechen durchzuführen. Jürgen Kloosterhuis u. a. (Hg.): Militär und Gesellschaft in Preußen. Quellen zur Militärsozialisation 1713–1806, T. 1.1, Frankfurt am Main u. a. 2014, Nr. 12096, S. 106. 104 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 505 R, unpag.: Brief Generalleutnants Ulrich Christoph von Stille an Friedrich Wilhelm I., Magdeburg, 8. November 1715. 105 Neugebauer, Staatsverfassung, S. 84. 106 Vgl. Otto Büsch: Militärsystem und Sozialleben im alten Preußen 1713–1807. Die Anfänge der sozialen Militarisierung der preußisch-deutschen Gesellschaft, Berlin 1962. 107 Einige Beispiele dafür in Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 687 f. und 690 f. 108 Der ursprünglich gesehene essentielle Zusammenhang zwischen ostelbischer Gutsherrschaft und dem Kantonsystem (Otto Büsch) ist durch die jüngere empirische Forschung revidiert worden. Auch in den preußischen Westprovinzen ist – entgegen älteren Annahmen – das Kantonsystem eingeführt worden. Vgl. dazu jüngst Kloosterhuis, Kantonsystem, S. 77 f. 109 Vgl. Jany, Kantonverfassung, S. 229. 110 So etwa in: Das altpreußische Militärsystem, in: Peter Brandt (Bearb.), Preußen. Zur Sozialgeschichte eines Staates. Eine Darstellung in Quellen, Reinbek bei Hamburg 1981, S. 36–44, hier S. 42. 111 Vgl. Jany, Geschichte, Bd. 2, S. 9 f. 112 C.C.M., Th. 3, Abth. 1, Sp. 359–364, Nr. 127. 113 Zit. nach Winter, S. 153. 114 Vgl. Luh, Kriegskunst, S. 134. 115 Kloosterhuis, Aufruhr, S. 177. 116 Zit. nach Kloosterhuis, Lange Kerls, S. XVII. 117 Vgl. Volker Schobeß: Die Langen Kerls von Potsdam. Die Geschichte des Leibregiments Friedrich Wilhelms I. 1713–1740, Berlin 2007.

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118 Vgl. mit mehreren regestenartig aufbereiteten Quellen dazu: Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 21–35. 119 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 505 R, unpag.: Schreiben des Generalleutnants v. Stille an Friedrich Wilhelm I., Magdeburg, 16. September 1715. Die Anfrage bezog sich auf die zuvor in der schwedischen Armee dienenden holsteinischen Soldaten. 120 Vgl. Winter, S. 163. 121 Vgl. Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 702. 122 Vgl. hierzu Krauske, Briefe, S. 222 f.: Brief an Fürst Leopold, 27. April 1723; und S. 459: Brief an Fürst Leopold, 25. Oktober 1730. Vgl. hierzu jüngst Harriet Rudolph: Heer Und Herrschaftspräsentation. Militärische Dimensionen ser Selbstinszenierung bei Herrscherbesuchen (1550–1800), in: Matthias Müller/Peter -Michael Hahn (Hrsg.), Zeichen und Medien des Militärischen amFürstenhof in Europa, Berlin 2017, S. 53– 72, hier S. 65. 123 Vgl. Hahn, Dynastische Selbstdarstellung. vgl. hierzu jüngst Harriet Rudolph: Heer und Herrschaftsrepräsentation. Miliärische Selbstinszenierung bei Herrscherbesuchen (1550–1800), in: Matthias Müller/Peter-Mischael Hahn (Hg.), Zeichen und Medien des Militärischen Fürstenhof in Europa, Berlin 2017, S. 53–72, hier S. 65. 124 Vgl. Regina Müller: Das Berliner Zeughaus. Die Baugeschichte, Berlin 1994, S. 136 f. 125 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 c, Bl. 3. 126 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 323. 127 Johann Michael Loen: Der Königlich Preußische Hof von Berlin 1718, in: ders., Gesammelte Kleine Schrifften, hg. von J. C. Schneider, Bd. 1, Frankfurt am Main/ Leipzig 1749 (ND Frankfurt am Main 1972), S. 22–39, hier S. 38. 128 Zit. nach Alfred von Arneth: Prinz Eugen von Savoyen, Wien 1858, Bd. 3, S. 551f., Anm. 14. 129 So der Erbprinz von Hohenzollern-Hechingen am 7. Januar 1731. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10 Z, unpag. 130 Elisabeth Charlotte Broicher: Der Aufstieg der preußischen Macht von 1713 bis 1756 in seiner Auswirkung auf das europäische Staatensystem, Köln 1955, S. 12. 131 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1–21. 132 Winter, S. 63. 133 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 4, Bl. 4: 4. Oktober 1730. 134 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 222. 135 Ebd., Bl. 363. 136 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 8, Bl. 63: Friedrich Wilhelm I. an Oberst Sigmund Rudolph von Waldow, Machnow, 4. Oktober 1732. 137 In diesem Sinne schon: Lehmann, Werbung, S. 279. 138 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 20, Bl. 17: »Circular-Ordre an die Regimenter«, 18. Mai 1733. 139 Kloosterhuis, Kantonsystem, S. 90. 140 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 8, Bl. 454. 141 Ebd., Bl. 21: Friedrich Wilhelm I. an Generalmajor v. d. Schulenburg, 25. Mai 1733. 142 Ebd., Bl. 24: Friedrich Wilhelm I. an Oberst v. Plotho, 28. Mai 1733. 143 So in einer Ordre an den Oberstleutnant Johann Benedikt von Borcke vom 23. März 1734. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 20, Bl. 96. 144 Ebd., Bl. 18. 145 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 17, Bl. 345. 146 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 182. 147 Ebd., Bl. 189. 148 Vgl. Göse, Landstände, S. 213 f.

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149 Im Lichte der ständischen Überlieferung kann deshalb auch nicht von einer »einmütigen Ablehnung« des Kantonsystems gesprochen werden. So etwa Klaus Deppermann: Der preußische Absolutismus und der Adel. Eine Auseinandersetzung mit der marxistischen Absolutismustheorie, in: Geschichte und Gesellschaft 8 (1982), S. 538–553, hier S. 547. 150 Winter, S. 349. Vgl. dazu auch mit Belegen aus den sogenannten »mittleren« Provinzen: Harnisch, Kantonsystem, S. 148; sowie jüngst Kloosterhuis, Kantonsystem. 151 BLHA, Rep. 23B, Nr. 1020, unpag. 152 Zit. nach Eduard Schnackenburg: Das Invaliden- und Versorgungswesen des brandenburgisch-preußischen Heeres bis zum Jahre 1806, Berlin 1889, S. 50. 153 So hatte Friedrich Wilhelm I. z. B. 1737 den Rittergutsbesitzer v. Schönfeldt auf Werben angewiesen, die Forderungen seines Untertanen, des Grenadiers Gehbau, unverzüglich zu erfüllen. Vgl. BLHA, Rep. 37 Gut Werben I, Nr. 80, unpag. 154 Harnisch, Kantonsystem, S. 147. 155 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 22 Adlige Familien und Schulzengerichte der Mark Brandenburg, Nr. 244, unpag. 156 Mehrere Beispiele dazu aus dem westfälischen Raum für die 1740er und 1750er Jahre bei: Jürgen Kloosterhuis (Bearb.): Bauern, Bürger und Soldaten. Quellen zur Sozialisation des Militärsystems im preußischen Westfalen 1713–1803, Bd. 2: Regesten, Münster 1992, S. 246–253. 157 Hans Bleckwenn: Bauernfreiheit durch Wehrpflicht. Ein neues Bild der altpreußischen Armee, in: Friedrich der Große und das Militärwesen seiner Zeit, Herford 1987, S. 55–72. 158 Reinhart Koselleck: Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848, Stuttgart 1967, S. 123. 159 Vor allem für die friderizianische Zeit vgl. Winter, bes. S. 217–350. 160 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 5: Friedrich Wilhelm I. an den Etatminister von Plotho, 5. Januar 1731. 161 Ebd., Bl. 35. 162 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 502 F, Bd. 2, unpag.: Brief Graf Dohnas an den König, Berlin, 24. Juni 1715. 163 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 37: 19. Januar 1735; und Nr. 12, Bl. 276: 1. Dezember 1735. 164 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 251: Brief Friedrich Wilhelms an Fürst Leopold, 15. August 1724; S. 282 f.: Brief Friedrich Wilhelms an Fürst Leopold, 3. März 1725; S. 546: Brief Friedrich Wilhelms an Fürst Leopold, 5. Juli 1730. – Den Hintergrund für letztere Korrespondenz bildete die Einführung des neuen Infanteriereglements vom 1. Juli 1730. 165 Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm  I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 2, S. 104. 166 Michael Rohrschneider: Leopold I. von Anhalt-Dessau, die oranische Heeresreform und die Reorganisation der preußischen Armee unter Friedrich Wilhelm I., in: Peter Baumgart/ Bernhard R. Kroener/ Heinz Stübig (Hg.), Die Preußische Armee. Zwischen Ancien Régime und Reichsgründung, Paderborn u. a. 2008, S. 45–71, hier S. 58. 167 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 557: Brief vom 20. Mai 1735. 168 Beispiele dafür in: ebd., S. 453: anderslautende Entscheidungen Friedrich Wilhelms I. für die Besatzung der Festung Magdeburg, 21. April 1730; und S. 534: Ablehnung des Wunsches des Fürsten Leopold, den Oberbefehl über das preußische Hilfskorps während des Polnischen Thronfolgekrieges am Rhein zu übernehmen, 26. Juni 1734. 169 Vgl. Bernhard R. Kroener: »Des Königs Rock«. Das Offizierkorps in Frankreich, Österreich und Preußen im 18. Jahrhundert – Werkzeug sozialer Militarisierung

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oder Symbol gesellschaftlicher Integration?, in: ders./ Peter Baumgart/ Heinz Stübig (Hg.), Die preußische Armee. Zwischen Ancien Régime und Reichsgründung, Paderborn u. a. 2008, S. 72–95, hier S. 78. Der Titel der deutschen Übersetzung: Spanisches Kriegsreglement, mit nöthigen Anmerckungen zuerst ans Licht gestellet von Francesco Ventura Della Sala Ed Abarca, … nunmehro auf Sr. Königl. Majest. in Preußen ... Special-Befehl in das Deutsche gebracht von Otto von Graben zum Stein, Cammer-Herrn und Vice-Præsidenten der Königl. Societät der Wissenschafften, Berlin 1736. 170 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 12, Bl. 276. 171 Vgl. Bernhard R. Kroener: Militärischer Professionalismus und soziale Karriere. Der französische Adel in den europäischen Kriegen 1740–1763, in: ders. (Hg.), Europa im Zeitalter Friedrichs des Großen. Wirtschaft, Gesellschaft, Kriege, München 1989, S. 99–123, hier S. 121; Frank Göse: »Es war mir wie einem armen Gemeinen zu Muthe.« Überlegungen zur Professionalisierung adliger Offiziere ausgewählter deutscher Reichsterritorien im 17. Jahrhundert, in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit 14 (2010), H. 1, S. 185–214, hier S. 194 f. 172 Winkel, S. 147. 173 Übergreifend zum Duellwesen in den Armeen des Ancien Régime vgl. Ulrike Ludwig: Das Duell im Alten Reich. Transformation und Variationen frühneuzeitlicher Ehrkonflikte, Berlin 2016, bes. S. 183–199; Beispiele für die brandenburgisch-preußische Armee bei Hahn, Aristokratisierung, S. 179 f. 174 Ulrike Ludwig: Das Recht als Medium des Transfers. Die Ausbreitung des Duells im Alten Reich, in: dies./ Barbara Krug-Richter/ Gerd Schwerhoff (Hg.), Das Duell. Ehrenkämpfe vom Mittelalter bis zur Moderne, Konstanz 2012, S. 159–173, hier S. 165 f. 175 Vgl. hierzu schon Karl Demeter: Das deutsche Offizierkorps in Gesellschaft und Staat 1650–1945, 2., neubearb. und wesentl. erw. Aufl., Frankfurt am Main 1962, S. 118. 176 Vgl. zu früheren Absprachen zwischen Brandenburg-Preußen und Kursachsen Ludwig, Das Recht, S. 166 f. 177 GStA PK, I. HA, Rep. 63, Nr. 2517, unpag. 178 Krauske, Briefe, S. 122. 179 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 16 A, Bl. 8. 180 Vgl. Heinrich Schilling: Der Zwist Preußens und Hannovers 1729/30, Halle 1912, S. 37. 181 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 293. 182 Zit. nach Hannelore Lehmann: Zur pietistischen Konventikelbewegung in Potsdam (1692–1742), in: Erich Donnert (Hg.), Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günther Mühlpfordt, Bd. 1: Vormoderne, Weimar/Köln/Wien 1997, S. 539–575, hier S. 561 f. 183 Zit. nach Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 265. Der seit 1727 als Obrist in der preußischen Armee dienende Markgraf stand ohnehin wegen seiner »unordentlichen Wirtschaft« und seines moralisch äußerst lasterhaften Lebens unter der Beobachtung des Königs. Vgl. Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode: Schwierige Prinzen. Die Markgrafen von Brandenburg-Schwedt, Berlin 2011, S. 458–464. 184 Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 361. 185 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 217. 186 Vgl. solche Fälle in: GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 8, Bl. 464: Ordre an Oberst Ewald Joachim von Zitzewitz betr. die nach Danzig geflüchteten Untertanen, 8. Juni 1733. 187 Vgl. Jany, Geschichte, Bd. 1, S. 687. 188 Zahlen nach ebd., S. 660. 189 Gustav Berthold Volz (Hg.): Die Werke Friedrichs des Großen, Bd. 1: Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg, Berlin 1913, S. 147.

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Zit. nach Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 406. Zit. nach Schultz, Lebensbeschreibungen, S. 46 f. Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 239 f. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 159: Friedrich Wilhelm I. an Generalmajor v. Dossow, Berlin, 21. März 1735. Zit. nach Kloosterhuis, Lange Kerls, S. 237. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 9. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 65: 22. November 1732. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 505 R, unpag. Zit. nach Ernst Friedrich Rudolf von Barsewisch: Von Rossbach bis Freiberg 1757– 1763. Tagebuchblätter eines friderizianischen Fahnenjunkers und Offiziers, Krefeld 1959, S. 18. Vgl. hierzu eine Aufstellung in Karl Heinrich Rödenbeck: Beiträge zur Bereicherung und Erläuterung der Lebensbeschreibungen Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Großen, Könige von Preußen, Berlin 1836 (ND Bad Honnef 1982), S. 106 f. Vgl. hierzu Schnackenburg, S. 45 und 56–58. Vgl. Geschichte des Geschlechts der Herren, Freiherren und Grafen von Puttkamer, hg. von der Familiengenossenschaft, Berlin 1880, S. 276. Da Letzterer im Regiment Anhalt-Dessau stand, wurde auch Fürst Leopold von Anhalt-Dessau in die Angelegenheit eingeschaltet; vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 22, Nr. 225, unpag. Und dem Leutnant v. Winterfeld gab Friedrich Wilhelm I. wenige Monate vor seinem Tod die Zusage, sich für seine Schwester Henrica Juliana um die durch Tod vakant gewordene Stelle der Domina des Klosters Heiligengrabe zu bemühen; vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 21, Bl. 54: 23. Januar 1740. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10, T Bl. 62. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 44. Winkel, S. 165. Zahlen nach ebd., S. 359 f. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 15 H, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 10 Z, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 15 Aa, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 15 H, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 21, Bl. 339. Vgl. Friedrich Wilhelm digital, URL: http://amtsbuch-digital.gsta.spk-berlin.de/gsta/ web/app.php/gsta Neugebauer, Staatsverfassung, S. 84.     

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8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik 1 Jochen Klepper (Hg.): Der Soldatenkönig und die Stillen im Lande. Begegnungen Friedrich Wilhelms I. mit August Hermann Francke, Gotthilf August Francke, Johann Anastasius Freylinghausen, Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, 2. Aufl., Berlin 1938, S. 12. Sein Erster Diener hatte dies beobachtet, die Stellen nachgelesen und darüber gesprochen. Er ist deshalb auf der Festung Spandau arretiert worden. 2 Luise Schorn-Schütte: Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit. Studienhandbuch 1500–1789, Paderborn 2009, S. 185. 3 Johannes Burkhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 11: Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648–1763, 10. Aufl., Stuttgart 2006, S. 328. 4 Vgl. hierzu jüngst Michael Maurer (Hg.): Festkulturen im Vergleich. Inszenierungen des Religiösen und Politischen, Köln 2010. 5 Vgl. hierzu die relevanten Passagen in Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, bes. S. 222 f.

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6 So z. B. nachweislich der Kabinettsordren vom 18. Februar 1731 und 23. September 1732. Vgl. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 5, Bl. 40 und Nr. 7, Bl. 22. 7 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 268: 8. November 1730. Bereits zwei Monate zuvor hatte der König eine solche Anfrage an den kurbrandenburgischen Residenten im Oberrheinischen Reichskreis, Philipp Reinhard von Hecht, gesandt. Ebd., Bl. 243. 8 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 102. 9 Die liturgischen Objekte hatte er nachweislich einer Information des Pfarrers Bruns aus Prag mitgebracht, wo er sich im Sommer 1732 mit dem Kaiser Karl VI. getroffen hatte. Vgl. Franz Xaver Beyer: König Friedrich Wilhelm I. und der katholische Pfarrer Pater Bruns, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 1 (1862/63), 3./4. Sitzung, S. 2 und 5. 10 Vgl. Hermann Hummrich: Beiträge zur Sprache König Friedrich Wilhelms I. von Preußen, Inaug.-Diss., Greifswald 1910, S. 78 f. 11 Ebd., S. 80. 12 Vgl. Wolfgang Gericke: Glaubenszeugnisse und Konfessionspolitik der brandenburgischen Herrscher bis zur Preußischen Union. 1540 bis 1815, Bielefeld 1977, S. 56. 13 Georg Heinrich Ludwig Nicolovius: Erinnerungen an die Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen aus dem Hause Hohenzollern, hinsichtlich ihres Verhaltens in Angelegenheiten der Religion und der Kirche, Hamburg 1838, S. 277. 14 Zit. nach Dietrich, S. 235. 15 Beyer, S. 6. 16 Vgl. Claus A. Pierach/ Erich Jennewein: Friedrich Wilhelm I. und Porphyrie, in: Sudhoffs Archiv 83/1 (1999), S. 50–66. 17 Dieses Motiv zeigte sich bereits in frühester Jugend. Vgl. Heinrich Borkowski: Erzieher und Erziehung König Friedrich Wilhelms I, in: Hohenzollern-Jahrbuch 8 (1904), S. 92–142, hier S. 112 ff. 18 Vgl. Karl von Weber: Vom Berliner Hofe unter König Friedrich Wilhelm I., in: ders., Aus vier Jahrhunderten. Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, N.F., Bd. 1, Leipzig 1861, S. 96–160, hier S. 97. 19 Vgl. Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, Leipzig 1920, S. 201. 20 Abdruck des Privilegs vom 29. September 1730 in: Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum … [i.F. C.C.M.], Th. 5, Abth. 5, Kap. 3, Sp. 193– 200, Nr. 53. 21 Zit. nach Selma Stern: Der preußische Staat und die Juden, Bd. II/2: Dokumente, Tübingen 1962, S. 165. 22 Zit. nach ebd., S. 215. 23 Zit. nach Dietrich, S. 236. 24 Julius H. Schoeps: »Ein jeder soll vor alle und alle vor ein stehn.« Die Judenpolitik in Preußen in der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I., in: ders./ Friedrich Beck (Hg.), Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit, Potsdam 2003, S. 141–160, hier S. 145. 25 Vgl. hierzu mit vielen Beispielen Stern. 26 Zahlen nach Otto Behre: Geschichte der Statistik in Brandenburg-Preußen bis zur Gründung des Königlichen Statistischen Bureaus, Berlin 1905, S. 299. 27 So etwa in der Kurpfalz und in einigen Reichsstädten, in denen die Bikonfessionalität nach 1648 gleichsam die innere Verfassungsordnung bestimmte. 28 Vgl. dazu Bodo Nischan: Prince, People, and Confession. The Second Reformation in Brandenburg, Philadelphia 1994. 29 Begriff nach Ernst Opgenoorth: Die Reformierten in Brandenburg-Preußen. Minder-

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heit und Elite?, in: Zeitschrift für Historische Forschung [i.F. ZHF] 8 (1981), S. 439– 459, hier S. 448. Vgl. Matthias Asche: Neusiedler im verheerten Land. Kriegsfolgenbewältigung, Migrationssteuerung und Konfessionspolitik im Zeichen des Landeswiederaufbaus. Die Mark Brandenburg nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts, Münster 2006, passim. Vgl. Peter-Michael Hahn: Calvinismus und Staatsbildung. Brandenburg-Preußen im 17. Jahrhundert, in: Meinrad Schaab (Hg.), Territorialstaat und Calvinismus, Stuttgart 1993, S. 239–269, hier S. 250. Vgl. Paul Schwartz: Die Verhandlungen der Stände 1665 und 1668 über die Religionsedikte, in: Jahrbuch für Brandenburgische Kirchengeschichte [i. F. JBKG] 30 (1935), S. 88–115. Vgl. übergreifend zu diesem Problem Luise Schorn-Schütte: Konfessionskriege und europäische Expansion. Europa 1500–1648, München 2010, bes. 93–132. Zit. nach Dietrich, S. 213. Vgl. hierzu Frank Göse: Friedrich I. Ein König in Preußen, Regensburg 2012, S. 314– 320. Vgl. hierzu nur Thomas Klingbiel: Pietismus und Orthodoxie. Die Landeskirche unter den Kurfürsten und Königen Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. (1688 bis 1740), in: Gerd Heinrich (Hg.), Tausend Jahre Kirche in Berlin-Brandenburg, Berlin 1999, S. 293–324, hier S. 294. Vgl. hierzu Thomas Müller-Bahlke: Protektion und Privilegien. Das Verhältnis zwischen den Franckeschen Stiftungen und dem preußischen Staat, in: ders. (Hg.), Gott zur Ehr und zu des Landes Besten. Die Franckeschen Stiftungen und Preußen. Aspekte einer alten Allianz, Halle (Saale) 2001, S. 105–155. Vgl. hierzu Carl Hinrichs: Preußentum und Pietismus. Der Pietismus in BrandenburgPreußen als religiös-soziale Reformbewegung, Göttingen 1971; sowie ders.: Der Hallische Pietismus als politisch-soziale Reformbewegung des 18. Jahrhunderts, in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, 171–184. Klaus Deppermann: Der hallesche Pietismus und der preußische Staat unter Friedrich III. (I.), Göttingen 1961, S. 19. Insbesondere war es der Berliner Beichtstuhlstreit von 1698, der großes öffentliches Aufsehen hervorrief und zudem exemplarisch die Grundlinie der landes-herrlichen Konfessionspolitik vorzuführen vermag. Vgl. Helmut Obst: Der Berliner Beichtstuhlstreit. Die Kritik des Pietismus an der Beichtpraxis der lutherischen Orthodoxie, Witten 1972. Vgl. hierzu jüngst den instruktiven Überblick bei Veronika Albrecht-Birkner: »Reformation des Lebens« und »Pietismus« – ein historiografischer Problemaufriss, in: Pietismus und Neuzeit 41 (2015), S. 126–153. Vgl. dazu Udo Sträter: Der hallische Pietismus zwischen Utopie und Weltgestaltung, in: ders. (Hg.), Interdisziplinäre Pietismusforschung, Bd. 1, Tübingen 2005, S. 19–36, hier S. 28. Deppermann, Pietismus, S. 30. Vgl. in diesem Sinne auch Adolf von Harnack: Das geistige und wissenschaftliche Leben in Brandenburg-Preußen um das Jahr 1700. Eine Skizze, in: HohenzollernJahrbuch 4 (1900), S. 170–191. Vgl. Veronika Albrecht-Birkner (Hg.): Hoffnung besserer Zeiten. Philipp Jakob Spener (1635–1705) und die Geschichte des Pietismus, Halle (Saale) 2005. Vgl. Harnack, Das geistige und wirtschaftliche Leben, S. 175. So Christian Thomasius in einem Brief an den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. vom 25. März 1690. Zit. nach Veronika Albrecht-Birkner: Der Berliner Hof und die Theologische Fakultät Halle. Konfessionelle Aspekte eines spannungs-

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geladenen Verhältnisses (1690–1790), in: Matthias Freudenberg/ Georg Plasger (Hg.), Kirche, Theologie und Politik im reformierten Protestantismus, NeukirchenVluyn 2011, S. 107–127, hier S. 109. Zit. nach ebd., S. 107. GStA PK, I. HA, Rep. 47 Geistliche Angelegenheiten, B 4, Fasz. 20: »Berlin 1702– 1710«, Bl. 2. Deppermann, Pietismus, S. 165. Zit. nach Klepper, Soldatenkönig, S. 17. Zit. nach Hinrichs, Preußentum, S. 101. Vgl. Benjamin Marschke: Pietism and Politics in Prussia and Beyond, in: Douglas H. Shantz (Hg.), A Companion to German Pietism, 1660–1800, Leiden 2015, S. 472–526, hier S. 495–498. Zit. nach Hinrichs, Preußentum, S. 131. Davon hatte er zuvor von dem sich im Gefolge befindenden General v. Löben gehört; vgl. hier und im Folgenden Klepper, Soldatenkönig, S. 27. Zum Beispiel als der König Francke fragte, wer denn den Bau großer Steinhäuser genehmigt habe, und dieser ihm den Namen des anwesenden Kanzlers Nikolaus v. Danckelman nannte. Der kursächsische Kammerherr Hans Christoph von Schweinitz zeigte sich z. B. seinem Korrespondenzpartner gegenüber hoch erfreut, dass der neue preußische König das Waisenhaus bei seinem Besuch in Halle gewürdigt habe. Vgl. Staatsbibliothek zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz [i. F. SBB SPK], Nachlass A. H. Francke: Stab/F 25/13 : 31 Brief, Leuba, 3. Mai 1713. Ebenso hatte sich der Pfarrer und als Missionar tätige Heinrich Plütschau gegenüber Francke sehr erfeut gezeigt, dass Friedrich Wilhelm I. die Glauchaschen Anstalten weiterhin fördern wolle. Vgl. Stab/F 33/2 : 9, Brief Kopenhagen, 22. April 1713. Vgl. dazu Benjamin Marschke: Halle Pietism and the Prussian State. Infiltration, Dissent and Subversion, in: Jonathan Strom/ Hartmut Lehmann/ James Van Horn Melton (Hg.), Pietism in Germany and North America, 1680–1820, Farnham, Surrey 2009, S. 217–228; ders.: Experiencing King Frederick William I. Halle Pietist Experiences, Understandings and Explantations of the Prussian Court, 1713–1740, in: Christian Soboth/ Udo Sträter (Hg.), »Aus Gottes Wort und eigener Erfahrung gezeiget«. Erfahrung – Glauben, Erkennen und Gestalten im Pietismus, Halle 2009, S. 659–679, hier S. 669 f. Vgl. Frank Schmitz: Großes Waisenhaus zu Potsdam, Potsdam 2006. Zit. nach Hinrichs, Preußentum, S. 194 f. Holger Zaunstöck: Wie pietistisch kann Adel sein? Hallescher Pietismus, Reichsadel und Landesgeschichte – Einleitung, in: ders./ Andreas Pečar/ Thomas MüllerBahlke (Hg.), Wie pietistisch kann Adel sein? Hallescher Pietismus und Reichsadel im 18. Jahrhundert, Halle (Saale) 2016, S. 7–28, hier S. 13. Vgl. Hannelore Lehmann: Pietisten im Ringen um die »Gott wohlgefällige Ordnung« in der Residenzstadt Potsdam 1713–1740, in: Günther Vogler (Hg.), Wegscheiden der Reformation. Alternatives Denken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Weimar 1994, S. 479–501, bes. S. 486–493. Zit. nach Hannelore Lehmann: Zur pietistischen Konventikelbewegung in Potsdam (1692–1742), in: Erich Donnert (Hg.), Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günther Mühlpfordt, Bd. 1: Vormoderne, Weimar/Köln/Wien 1997, S. 539–575, hier S. 563. Zit. nach ebd., S. 566. Vgl. Benjamin Marschke: »Lutheran Jesuits«. Halle Pietist Communication Networks at the Court of Friedrich Wilhelm I of Prussia, in: Covenant Quarterly 65/4 (2006), S. 19–38, hier S. 29 f.; ders., Pietism and Politics, S. 507 f. Vgl. Lehmann, Konventikelbewegung.

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67 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 195. 68 Vgl. hierzu die Ausführungen im Kapitel zur Hofgesellschaft. 69 Vgl. Benjamin Marschke: »Wir Halenser«. The Understanding of Insiders and Outsiders among Halle Pietists in Prussia under King Frederick William I (1713– 1740), in: Jonathan Strom (Hg.), Pietism and Community in Europe and North America, 1650–1850, Leiden 2010, S. 81–93. 70 Vgl. Peter James Yoder: »Königtum« und militärische Bilder in der Theologie August Hermann Franckes, in: Holger Zaunstöck u. a. (Hg.), Hallesches Waisenhaus und Berliner Hof. Beiträge zum Verhältnis von Pietismus und Preußen, Halle (Saale) 2017, S. 153–166, hier S. 157. 71 Vgl. Klingbiel, S. 308 f.; Marschke, »Wir Halenser«. 72 Zit. nach Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 48. 73 Albrecht-Birkner, »Reformation des Lebens«, S. 127. 74 Vgl. Antje Schloms/ Holger Trauzettel: Francke, der Lutheraner? Selbst- und Feindbild zu Lebzeiten, in: Andreas Pečar u. a. (Hg.), FranckeBilder und Festkultur. Jubiläen von der Aufklärung bis in die DDR, Halle (Saale) 2013, S. 17–29. 75 Diese Auffassung wird pointiert vertreten von Marschke, Halle Pietism, S. 224. 76 Vgl. hierzu die im Francke-Nachlass gesammelte Korrespondenz, die eine Vielzahl an Belegen für diese Kontakte enthält: SBB SPK, Nachlass A. H. Francke. 77 Erschwert wird eine eindeutige Positionierung aber auch dadurch, dass es für die zeitgenössische Nutzung des Pietismus-Begriffs bzw. eine Selbstbeschreibung der Akteure als »Pietisten« für das frühe 18. Jahrhundert kaum quellenmäßige Belege gibt. Vgl. Zaunstöck, Hallescher Pietismus, S. 9. 78 Vgl. Müller-Bahlke, Protektion, S. 105–107. 79 Vgl. Frank Göse: Zwischen Hof und Land. Pietistische Einflüsse in BrandenburgPreußen im Spannungsfeld zwischen Residenzgesellschaft und Adelslandschaften um 1700, in: Zaunstöck u. a. (Hg.), Hallesches Waisenhaus und Berliner Hof. Beiträge zum Verhältnis von Pietismus und Preußen, Halle (Saale) 2017, S. 103–122. 80 Siehe die Verordnungen bzw. Mandate in: C.C.M., Th. 1, Abth. 2, Sp. 247 f., Nr. 126: 25. März 1729. 81 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Daniel Ernst Jablonskis Spielräume in BrandenburgPreußen, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 57 (2011), S. 37–55, hier S. 51. 82 Vgl. Benjamin Marschke: Absolutely Pietist. Patronage, Fictionalism, and State-Building in the Early Eighteenth-Century Prussian Army Chaplaincy, Tübingen 2005, S. 47 u. ö. 83 Vgl. Schmitz, Großes Waisenhaus; Müller-Bahlke, Protektion, S. 129 f. 84 Müller-Bahlke, Protektion, S. 106. 85 Diese These vertritt dezidiert Marschke, Experiencing, S. 678 f. 86 Vgl. auch zum Folgenden den Abdruck dieses Diariums in: Klepper, Soldatenkönig, S. 66–95. 87 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 33 f. 88 Yoder, S. 156. 89 August Hermann Francke: Predigten, Bd. 1, hg. von Erhard Peschke, Berlin 1987, S. 490. 90 Vgl. Ernst Daniel Martin Kirchner: Die Churfürstinnen und Königinnen auf dem Throne der Hohenzollern, im Zusammenhange mit ihren Familien- und Zeit-Verhältnissen, Th. 3: Die sechs ersten Königinnen, mit deren Bildnissen, Berlin 1870, S. 127. 91 Zit. nach Klepper, Soldatenkönig, S. 63 f. 92 Vgl. Göse, Friedrich I., S. 304–306. 93 Zit. nach Wilhelm Stolze: Ein Beitrag zur Unionspolitik Friedrich Wilhelms I., in: JBKG 6 (1908), S. 57–67, hier S. 60.

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94 Zit. nach Dietrich, S. 245. 95 Vgl. Gericke, S. 63–67. 96 So der König am 19.4.1722 an das reformierte Kirchendirektorium. GStA PK, I. HA, Rep. 47, Tit. 16, unpag. 97 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 11, Bl. 161 und 170. 98 Zit. nach Klepper, Soldatenkönig, S. 38 f. 99 Ebd., S. 81. 100 Ebd., S. 80. 101 Diese Aufsichtsfunktion gegenüber den Predigern betont Max Lehmann: Preußen und die katholische Kirche seit 1640, Th. 1, Leipzig 1878, S. 406 f. 102 Vgl. Klepper, Soldatenkönig, S. 79. So wünschte der König einst eine ältere Predigt von G. A. Francke zu erhalten, die von solchen Dingen handelte. 103 Ebd., S. 55. 104 Vgl. Borkowski, Erziehung, S. 110. 105 Vgl. GStA PK, Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv, Rep. 46, W 1, unpag. 106 Vgl. Arnold Berney: Friedrich der Große. Entwicklungsgeschichte eines Staatsmannes, Tübingen 1934, S. 8. 107 Zit. nach Eva Ziebura: August Wilhelm. Prinz von Preußen, Berlin 2006, S. 15. 108 Borkowski, Erziehung, S. 112. 109 Vgl. Göse, Friedrich I., S. 314 ff. 110 Vgl. hierzu Alexander Schunka: Internationaler Calvinismus und protestanti-sche Einheit um 1700, in: Joachim Bahlcke/ Boguslaw Dybas/ Hartmut Rudolph (Hg.), Brückenschläge. Daniel Ernst Jablonski im Europa der Frühaufklärung, Dößel 2010, S. 171–185. 111 Klepper, Soldatenkönig, S. 46. 112 Vgl. hierzu übergreifend Johannes Burkhardt: Reformations- und Lutherfeiern. Die Verbürgerlichung der reformatorischen Jubiläumskultur, in: Dieter Düding u. a. (Hg.), Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg, Reinbek 1988, S. 212–236. 113 Vgl. die Verordnungen bzw. Mandate in: C.C.M., Th. 1, Abth. 2, Sp. 213–218, Nr. 111: 5. April 1717; und Sp. 249 f., Nr. 128: 3. Mai 1730. 114 Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. A 5 Brandenburgischpreußische Landesregierung im Herzogtum Magdeburg, Nr. 931 a, unpag. 115 Zit. nach Gabriel Almer: Calvinista Aulico-Politicus. Konfession und Herrschaft in Brandenburg-Preußen (ca. 1660–1740), Phil. Diss. Berlin 2016, S. 176. URL: https:// d-nb.info/1094662976/34. 116 C.C.M., Th. 1, Abth. 1, Sp. 547 f., Nr. 91. 117 Vgl. Stolze, Unionspolitik, 59. 118 Nicolovius, S. 250. 119 Vgl. dazu jüngst abwägend Mathis Leibeteseder: Sakraltopographie und Simultaneum. Zur Reproduktion konfessioneller Differenz in drei brandenburgischen Landstädten des 18. Jahrhunderts, in: Jan Brademann/ Marianne Taatz-Jacobi (Hg.), Konjunkturen konfessioneller Differenz? Lutheraner und Reformierte zwischen Westfälischem Frieden und Union, Münster 2018, S. 87–103. 120 Almer, S. 119. 121 Vgl. Mathis Leibetseder: Separieren – Homogenisieren – Egalisieren. Aspekte der Konfessionspolitik König Friedrich Wilhelms I., in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. 122 Rajah Scheepers: Die gescheiterte Union. Der preußische Unionsversuch des Collegium charitativum im Jahr 1703, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 67 (2009), S. 133–156, hier S. 156. 123 Zit. nach Ernst Friedlaender (Hg.): Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren

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1713 bis 1717 und 1735. Ein Beitrag zur preußischen Geschichte unter König Friedrich Wilhelm I., Berlin 1902, S. 636. 124 GStA PK, I. HA, Rep. 13 Religionsstreitigkeiten im Reich, Nr. 19 d, Fasz. 22, unpag. 125 Vgl. die zu diesem Themenkreis edierten Quellen in Lehmann, Preußen. 126 Zit. nach Dietrich, S. 182. 127 Zit. nach ebd., S. 235. 128 Zit. nach Gericke, S. 176 f. 129 GStA PK, I. HA, Rep. 47, Tit. 1, Nr. 15 »Allerhöchste Bestimmungen und Circularia betr. Des Kirchen-Ceremoniell und Rituale in den evangelischen Kirchen (1736– 1740)«, Bl. 5. 130 GStA PK, I. HA, Rep. 47, Tit. 1, Nr. 13 »Disputationes vor einige Prediger von der Anherokunft nach Berlin«, unpag. 131 Nicolovius, S. 197. 132 GStA PK, I. HA, Rep. 21/127 Protokolle des Geheimen Rates, Nr. 42, unpag. 133 Vgl. Paul Graff: Geschichte der Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche Deutschlands, Bd. 1: Bis zum Eintritt der Aufklärung und des Rationalismus, 2. Aufl., Göttingen 1937, S. 294–298. 134 Aus dem Bericht des Konsistoriums ging hervor, dass man bislang zwar das »Formale« – also die Beschwörungsformel –, nicht aber »das Materiale« beim Exorzismus weglasse. Der Pfarrer sage stattdessen: »Fahre aus, du unreiner Geist und gib statt dem Heyl. Geist«. Dies geschehe dann »in der Halle, ehe das Kindt in die Kirche gebracht und getauft wird«. GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 20 ab, Fasz. 1, Bl. 422. 135 Zit. nach Nicolovius, S. 267. 136 Vgl. Lucien Hölscher: Frömmigkeit und Konfessionalität in der frühen Neuzeit und heute, in: Enno Bünz/ Heinz-Dieter Heimann/ Klaus Neitmann (Hg.), Reformationen vor Ort. Christlicher Glaube und konfessionelle Kultur in Brandenburg und Sachsen im 16. Jahrhundert, Berlin 2017, S. 324–335. 137 Es handelte sich hierbei um die seit dem 15. Jahrhundert zu Brandenburg gehörende Enklave Cottbus-Peitz, die von der kursächsischen Niederlausitz umschlossen war. 138 GStA PK, I. HA, Rep. 47, Tit. 1, Nr. 15 »Allerhöchste Bestimmungen und Circularia betr. Des Kirchen-Ceremoniell und Rituale in den evangelischen Kirchen (1736– 1740)«, Bl. 6. 139 Vgl. Asche, Neusiedler, S. 560–583. Detailliert belegt etwa für Berlin bei Helga Schultz: Berlin 1650–1800. Sozialgeschichte einer Residenz, Berlin 1987, S. 403 ff. 140 Klepper, Soldatenkönig, S. 57. 141 Mathis Leibetseder: Alltag zwischen Konflikt und Toleranz. Beobachtungen zur Konfessionspolitik Brandenburg-Preußens im 18. Jahrhundert, in: ZHF 41 (2014), S. 230–260, hier S. 236. 142 Almer, S. 89. 143 Vgl. Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 40A Kurmärkisches Konsistorium, Nr. 908, unpag. 144 Vgl. Almer, S. 180. 145 Daniel Eißner: Fromme Devianz. Pietistische Handwerker als religiöse Übererfüller, in: Eric Piltz/ Gerd Schwerhoff (Hg.), Gottlosigkeit und Eigensinn. Religiöse Devianz im konfessionellen Zeitalter, Berlin 2015, S. 333–351. 146 Vgl. hierzu etwa die Beobachtungen der in der Altmark wirkenden pietistischen Pfarrer bei Walter Wendland: Der pietistische Landgeistliche in Brandenburg um 1700, in: JBKG 29 (1934), S. 76–102. 147 Klingbiel, S. 318. 148 Zit. nach Müller-Bahlke, Protektion, S. 135. 149 Hier sind Parallelen zur Schulgesetzgebung zu beobachten, so z. B. in: C.C.M., Th. 1, Abth. 1, Sp. 527–530, Nr. 97 »Verordnung, daß die Eltern ihre Kinder zur Schule, und die Prediger die Catechisationes halten sollen«, 28. September 1717; ebd.,

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Sp. 543–546, Nr. 107 »Verordnung an die Inspectores wegen derer zuhaltenden Catechismus-Predigten, und was dabey zu beobachten, insonderheit wegen derer zwischen beyden Evangelischen Religionen streitigen Puncten«, 13. November 1720; des Weiteren bekräftigt durch die Verordnungen vom 10. November 1724 und 2. Dezember 1729, in: ebd., Sp. 551 f., Nr. 114 und Sp. 555 f., Nr. 120. 150 Am 18. April 1733 wurde die »Verordnung, daß derer zum Pfarr-Ambt praesentirten Candidaten Tüchtigkeit wohl geprüffet werden, und von wem es geschehen soll«, erlassen. Ebd., Sp. 559 f., Nr. 126. 151 Vgl. dazu die Verordnung vom 8. Februar 1740, in: C.C.M. Cont. I, Sp. 23 f., Nr. 4. 152 Vgl. hierzu jüngst die abwägende Beurteilung, die u. a. auf eine beachtliche Fähigkeit der Pastoren zur »Krisenwahrnehmung und Selbstkritik« abhebt, von Wolfgang E. J. Weber: Luthers bleiche Erben. Kulturgeschichte der evangelischen Geistlichkeit des 17. Jahrhunderts, Berlin/Boston 2017, bes. S. 177. 153 Gerd Spittler: Abstraktes Wissen als Herrschaftsbasis. Zur Entstehungsgeschichte bürokratischer Herrschaft im Bauernstaat Preußen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 32 (1980), S. 574–604, hier S. 597. 154 Vgl. hierzu Balthasar Haußmann: Zwischen Verbauerung und Volksaufklärung. Kurmärkische Landprediger in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Phil. Diss. Potsdam 1999, bes. S. 142–145. 155 Wendland, S. 87. 156 Zit. nach Dietrich, S. 235. 157 Weber, Luthers bleiche Erben, S. 178. 158 Zit. nach Wilhelm Stolze: Aktenstücke zur evangelischen Kirchenpolitik Friedrich Wilhelms I., in: JBKG 1 (1904), S. 264–290, hier S. 279. 159 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 3 und 6: 6. und 12. Januar 1730. 160 Ebd., Bl. 34: 31. Juli 1728. 161 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 277. 162 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, Bl. 127: 21. Mai 1731. 163 Zit. nach Marschke, Experiencing, S. 660. 164 GStA PK, I. HA, Rep. 47, Tit. 1, Nr. 13 »Disputationes vor einige Prediger von der Anherokunft nach Berlin«, unpag. 165 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 7, Bl. 102. 166 Vgl. hierzu übergreifend Burkhardt, Vollendung, bes. S. 326–346. 167 Vgl. hierzu die stets auch die besonderen Bemühungen Kurbrandenburgs thematisierenden Studien von Fritz Wolff: Corpus Evangelicorum und Corpus Catholicorum auf dem Westfälischen Friedenskongreß. Die Einfügung der konfessionellen Ständeverbindungen in die Reichsverfassung, Münster 1966; Gabriele Haug-Moritz: Corpus Evangelicorum und deutscher Dualismus, in: Volker Press (Hg.), Alternativen zur Reichsverfassung in der Frühen Neuzeit?, München 1995, S. 189–207. 168 Vgl. hierzu Jürgen Luh: Kampf ums Direktorium. Preußen, Sachsen und die Führung des Corpus Evangelicorum, in: Frank Göse/ Winfried Müller/ Kurt Winkler/ AnneKatrin Ziesak (Hg.), Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft. Erste Brandenburgische Landesausstellung Schloss Doberlug, Dresden 2014, S. 170–175. 169 Diese berüchtigte »Ryswijker Klausel« bestimmte, dass in den Orten, die von den Franzosen zurückgegeben wurden, der katholische Glaube in seinem gegen wärtigen Stand beibehalten werden solle. Damit wurde die sogenannte Normaljahresbestimmung des Westfälischen Friedensvertrages, die den konfessionellen Besitzstand auf das Jahr 1624 eingefroren hatte, partiell ausgehebelt. 170 Anna Sinkoli: Frankreich, das Reich und die Reichsstände 1697–1702, Frankfurt am Main u. a. 1995, S. 72. 171 Zit. nach Nicolovius, S. 210 f. 172 Vgl. Alfred Hans: Die kurpfälzische Religionsdeklaration von 1705. Ihre Entstehung und Bedeutung für das Zusammenleben der drei im Reich tolerierten Konfessionen, Mainz 1973.

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173 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten Hessen-Kassel, Nr. 4948, Bl. 40. 174 GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 29, Fasz. 7, unpag. 175 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 26, Fasz. 10, unpag. 176 GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 29, Fasz. 5, Bl. 7 f., 13 f. u.ö. 177 Vgl. hierzu Andrew Thompson: England als Schutzmacht der deutschen Protestanten 1714–1760, in: Ronald G. Asch (Hg.), Hannover, Großbritannien und Europa. Erfahrungsraum Personalunion 1714–1837, Göttingen 2014, S. 243–263, bes. S. 252–261. 178 GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 29, Fasz. 5, Bl. 4 u.ö. 179 Victor Loewe (Hg.): Preußens Staatsverträge aus der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I., Leipzig 1913, S. 224. 180 Renate Wieland: England-Hannover und Brandenburg-Preußen als evangelische Schutzmächte im Reich. Konfessionelle Solidarität und dynastische Konkurrenz, in: Ronald G. Asch (Hg.), Hannover, Großbritannien und Europa. Erfahrungsraum Personalunion 1714–1837, Göttingen 2014, S. 264–286, hier S. 269. 181 Vgl. Karl Otmar von Aretin: Das Alte Reich. 1648–1806, 4 Bde., Stuttgart 1993–2000, hier Bd. 2, S. 267 f. 182 Hans Philippi: Landgraf Karl von Hessen-Kassel. Ein deutscher Fürst der Barockzeit, Marburg 1976, S. 500. 183 Ebd., S. 501. 184 Vgl. Lehmann, Preußen, S. 793 f. 185 Zit. nach Hans Schmidt: Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz als Reichsfürst, Mannheim 1963, S. 136. 186 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, Bl. 12 f. 187 GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 31, Fasz. 6, unpag. 188 GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 29, Fasz. 5, Bl. 13. 189 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Hannover, Nr. 5411, unpag.: London (St. James), 12./23. Februar 1720. 190 Zit. nach Schmidt, Kurfürst Karl Philipp, S. 136. 191 Vgl. Stefan Hartmann: Die Polenpolitik König Friedrich Wilhelms I. von Preußen zur Zeit des »Thorner Blutgerichts« (1724–1725), in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, N.F. 5 (1995), S. 31–58. 192 Dieses sich in den archivalischen Quellen durchaus widerspiegelnde Engagement des preußischen Königs wurde in der älteren Forschung – mit offensichtlich zeitgeistigen Bezügen – des Öfteren thematisiert. Vgl. hierzu nur Gotthold Rhode: Brandenburg-Preußen und die Protestanten in Polen 1640–1740. Ein Jahrhundert preußischer Schutzpolitik für eine unterdrückte Minderheit, Leipzig 1941. 193 Im März 1725 war Peter I. verstorben und seine Gemahlin trat für zwei Jahre als Zarin Katharina I. seine Nachfolge an. 194 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 31, Bl. 29 f. 195 Vgl. Hartmann, Polenpolitik, S. 46. 196 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 b, Bl. 319 und 327. 197 GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 30a, Fasz. 1, Bl. 41. 198 Helmut Eckert: Fürstenreise und Fluchtversuch. König und Kronprinz von Preußen 1730, Sinsheim/Steinsfurt 1982, S. 55. 199 Vgl. dazu jüngst Wieland, S. 276. 200 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Hannover, Nr. 5411, unpag. 201 Vgl. hierzu die Berichte des Reichstagsgesandten v. Metternich. GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 31, Fasz. 6, unpag. 202 Vgl. hierzu abwägend Leibetseder, Separieren. 203 So z. B. der Bericht des Gesandten v. Broich vom 19. April 1731. GStA PK, I. HA, Rep. 13, Nr. 32, Fasz. 6, unpag.

8. Religiöse Orientierung und Konfessionspolitik

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9. Die Außenpolitik 1 Heinz Duchhardt: Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen, Bd. 4: Balance of Power und Pentarchie. 1700–1785, Paderborn 1997, S. 20. 2 Vgl. Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie: Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941 (ND Darmstadt 1968), S. 209 ff. 3 Vgl. Reinhold Koser: Die Gründung des Auswärtigen Amtes durch König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1728, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte [i.F. FBPG] 2 (1889), S. 161–197; Peter Baumgart: Zur Gründungsgeschichte des Auswärtigen Amtes in Preußen (1713–1728), in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands [i.F. JGMOD] 7 (1958), S. 229–248. 4 Zit. nach Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 242. 5 Baumgart, Gründungsgeschichte, S. 230. 6 Er wurde dann 1716 durch Otto Magnus Graf von Dönhoff ersetzt. 7 So z. B. im Bericht eines kaiserlichen Diplomaten vom 29. April 1725; Haus-, Hofund Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 b, Bl. 261. 8 Zit. nach Carl Hinrichs: Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, Berlin 1964, S. 91–137, hier S. 97. 9 So wertete es Friedrich Wilhelm 1712 als Vertrauensbeweis, als Ilgen ihm einen französischen Bestechungsversuch anzeigte. Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 625 f. 10 Vgl. Jörg Ulbert: Frankreichs Deutschlandpolitik im zweiten und dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts. Zur Reichsperzeption französischer Diplomaten während der Regentschaft Philipps von Orléans (1715–1723), Berlin 2004, S. 214–217. 11 Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 4.2, Berlin 1908, S. 382. 12 Vgl. Carl Hinrichs: Die preußische Zentralverwaltung in den Anfängen Friedrich Wilhelms I., in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 138–160, hier S. 146. 13 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 16 Ober- und Niedersächsische Kreis- und Probationstage, Nr. 16 D, unpag.: Friedrich Wilhelm I. an Friedrich Wilhelm von Grumbkow, Potsdam, 11. Januar 1732. 14 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten England, Nr. 1889, Bl. 18. 15 »Weill Slline kranck ist also soll der Holtzendorff [fahren]«, beschied er per Marginalie zu einem Schreiben vom 3. Oktober 1725, in dem eine diplomatische Mission nach Kurhannover vorbereitet wurde. GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1933, Bl. 32. 16 GStA PK, I. HA, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser, Nr. 258, Bl. 14. 17 GStA PK, I. HA. Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten Schweden, Nr. 9798, Bl. 70. Ilgen hatte in seinem Schreiben auf die Ausstattung der bisherigen Gesandten verwiesen: Während das Salär des v. Knyphausen 600 Taler monatlich betragen hatte, erhielt der Geheime Rat v. Brandt nur 250 Taler; dieser klagte aber, »daß Er mit solcher Summe zu Stockholm unmöglich auskommen könne«. 18 GStA PK, I. HA, Rep. 98, Kabinettministerium, Immediateberichte, A, Nr. 4, Bl. 76. 19 Duchhardt, Balance, S. 33. 20 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 152 [22. November 1729] 21 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Schweden, Nr. 9816, Bl. 47.

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GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6700, Bl. 163. GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1931, Bl. 75. Ebd., Bl. 48. Katja Frehland-Wildeboer: Treue Freunde? Das Bündnis in Europa 1714–1914, München 2010, S. 61. 26 Vgl. Gregor Schöllgen: Sicherheit durch Expansion? Die außenpolitischen Lageanalysen der Hohenzollern im 17. und 18. Jahrhundert im Lichte des Kontinuitätsproblems in der preußischen und deutschen Geschichte, in: Historisches Jahrbuch 104 (1984), S. 22–45; Ulrike Müller-Weil: Absolutismus und Außenpolitik in Preußen. Ein Beitrag zur Strukturgeschichte des preußischen Absolutismus, Stuttgart 1992, S. 36 f.; Ilja Mieck: Preußen und Westeuropa, in: Wolfgang Neugebauer (Hg.), Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin/ New York 2009, S. 411–851, hier S. 449–453. 27 So die Vorhaltungen Prinz Eugens von Savoyen anlässlich der Verhandlungen Friedrich Wilhelms I. mit dem Kaiser 1732 in Prag. Zit. nach Johann Gustav Droysen: Geschichte der preußischen Politik, Th. 4, Abth. 2: Friedrich Wilhelm I., Bd. 2, Leipzig 1869, S. 164. 28 Vgl. mit komparativem Blick auf diesen Problemkreis: Michael Rohrschneider: Außenpolitische Strukturprobleme frühneuzeitlicher Mehrfachherrschaften. Brandenburg-Preußen und Spanien im Vergleich, in: ders./ Jürgen Frölich/ Esther-Beate Körber (Hg.), Preußen und Preußentum vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2002, S. 55–70. 29 Zit. nach Dietrich, S. 97. 30 Vgl. dazu die Neubewertungen bei Jürgen Luh: »Elevation, Macht und Ansehen«. Die politischen Ziele Friedrichs III./I., in: Frank Göse (Hg.), Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700, Potsdam 2002, S. 13–29; Frank Göse: Friedrich I. Ein König in Preußen, Regensburg 2012, S. 261–282. 31 Johannes Kunisch: Kurfürst Friedrich Wilhelm und die Großen Mächte, in: Gerd Heinrich (Hg.), Ein sonderbares Licht in Teutschland. Beiträge zur Geschichte des Großen Kurfürsten von Brandenburg (1640–1688), Berlin 1990, S. 9–32, hier S. 31. 32 Droysen, Bd. 1, S. 4. 33 Zit. nach Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 54. 34 Ebd., S. 53. 35 So in seinem Politischen Testament von 1667. Zit. nach Dietrich, S. 63. 36 Vgl. Gustav Berthold Volz (Hg.): Die Werke Friedrichs des Großen, Bd. 1: Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg, Berlin 1913, S. 122. 37 Vgl. Dietrich, S. 236–241. 38 Gustav Berthold Volz: Friedrich Wilhelm I. und die preußischen Erbansprüche auf Schlesien, in: FBPG 30 (1917), S. 55–67, hier S. 63. 39 Vgl. Richard Schück: Brandenburg-Preußens Kolonialpolitik unter dem Großen Kurfürsten und seinen Nachfolgern (1647–1721), Bd. 1.1, Leipzig 1889, S. 286–312; jüngst dazu Ulrich van der Heyden: Die brandenburgisch-preußische Handelskompanie Großfriedrichsburg, in: Horst Gründer/ Hermann Hiery (Hg.), Die Deutschen und ihre Kolonien. Ein Überblick, Berlin 2017, S. 27–44. 40 Landeshauptarchiv Schwerin [i.F. LHAS], 2.11-2/1 Auswärtige Beziehungen, Nr. 2494, Bl. 12. 41 Zit. nach Hinrichs, Regierungsantritt, S. 135. 42 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 19. 43 Zit. nach Klaus Malettke: Frankreich, Deutschland und Europa im 17. und 18. Jahrhundert. Beiträge zum Einfluß französischer politischer Theorie, Verfassung und Außenpolitik in der Frühen Neuzeit, Marburg 1994, S. 332.

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44 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 8. 45 Ebd., Bl. 27. 46 A.B.B., Bd. 2, Berlin 1898, S. 224. 47 Zit. nach Johann von Besser: Schriften, Bd. 3: Ceremonial-Acta, hg. von Peter-Michael Hahn/ Knut Kiesant, Heidelberg 2009, S. 314. 48 Vgl. dazu Elisabeth Ruffert: »Ceremoniel bey Seite gesetzet und abgeschaffet«!? Beobachtungen zum Gesandtschaftszeremoniell unter Friedrich Wilhelm I., in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. 49 Peter Baumgart: Friedrich Wilhelm I. – ein Soldatenkönig?, in: ders./ Bernhard R. Kroener/ Heinz Stübig (Hg.), Die preußische Armee zwischen Ancien Régime und Reichsgründung, Paderborn u. a. 2008, S. 3–26, hier S. 4. 50 David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 839. 51 Zu den Umständen dieser für Besser sehr verletzenden Verabschiedung aus preußischen Diensten vgl. Otto Krauske: Der Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 1 (1897), S. 71–86, hier S. 78. 52 Paul Seidel: Die Insignien und Juwelen der preußischen Krone, in: HohenzollernJahrbuch 17 (1913), S. 1–69, hier S. 58. 53 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 27. 54 So z. B. in Fassmann, S. 11 und 223 f. 55 Vgl. Ruffert. 56 Carl Friedrich von Benckendorf: Karakterzüge aus dem Leben König Friedrich Willhelm I. nebst verschiedenen Anecdoten von wichtigen unter seiner Regierung vorgefallenen Begebenheiten …, Slg. 1, Berlin 1787 (ND Wiesbaden 1982), S. 93. 57 GStA PK, I. HA, Rep. 1, Nr. 256, unpag. 58 Ebd. 59 GStA PK, I. HA, Rep. 131 Archivkabinett, K 131 R, Bl. 12. 60 Zit. nach Franz Xaver Beyer: König Friedrich Wilhelm I. und der katholische Pfarrer Pater Bruns, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 1 (1862/63), 3./4. Sitzung, S. 11. Der Herzog weilte mit anderen Fürsten anlässlich der Verlobung des preußischen Kronprinzen mit der Prinzessin Elisabeth von Braunschweig-Bevern in Berlin. 61 Vgl. Krauske, Briefe, S. 473. 62 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Württemberg, Nr. 777, unpag. 63 Vgl. hierzu Peter-Michael Hahn: Dynastische Selbstdarstellung und Militärmacht. Kriegerische Symbolik als höfische Zeichensprache in Brandenburg-Preußen im 17. Jahrhundert, in: Ronald G. Asch/ Wulf Eckart Voß/ Martin Wrede (Hg.), Frieden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Die europäische Staatenordnung und die außereuropäische Welt, München 2001, S. 115–138. 64 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 c, Bl. 3. 65 Vgl. dazu Hans Beschorner: Das Zeithainer Lager von 1730, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde 28 (1907), S. 50–113 und 200–252. 66 Ruffert. 67 Vgl. hierzu Guido Hinterkeuser: Friedrich III./I. und die Mitte Berlins. Die brandenburgisch-preußische Residenzlandschaft im Spannungsfeld von Berliner Schloß und Schloß Charlottenburg, in: Wolfgang Ribbe (Hg.), Schloß und Schloßbezirk in

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der Mitte Berlins. Das Zentrum der Stadt als politischer und gesellschaftlicher Ort, Berlin 2005, S. 59–74, hier S. 70. Vgl. Besser, S. 314, 323 und 340. Katrin Keller: Frauen und Diplomatie in der höfischen Gesellschaft, in: Gunda Barth-Scalmani/ Harriet Rudolph/ Christian Steppan (Hg.), Politische Kommunikation zwischen Imperien. Der diplomatische Aktionsraum Südost- und Osteuropa, Innsbruck 2013, S. 31–39, hier S. 38. Vgl. jüngst dazu Stefanie Freyer: Wie Feuer und Wasser? Die personelle Repräsentation der Höfe Brandenburg-Preußens und Kursachsens im Vergleich, in: JGMOD 63 (2017), S. 139–182, hier S. 150. Otto Krauske: Vom Hofe Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 5 (1901), S. 173–210, hier S. 182. Vgl. Ernst Friedlaender (Hg.): Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735. Ein Beitrag zur preußischen Geschichte unter König Friedrich Wilhelm I., Berlin 1902, S. 539. Zit. nach Ruffert. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger: Offensive Formlosigkeit? Friedrich der Große, Aufklärung und Zeremoniellkritik, in: Stefanie Stockhorst (Hg.), Epoche und Projekt. Perspektiven der Aufklärungsforschung, Göttingen 2013, S. 181–214, hier S. 210. Die Bezeichnung »Weißer Saal«, die aufgrund der weißen Decke und der ebenfalls weiß gehaltenen Attika aufkam, ist allerdings erst nach der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. üblich geworden. Vgl. Albert Geyer: Zur Baugeschichte des königlichen Schlosses in Berlin, in: Hohenzollern-Jahrbuch 7 (1903), S. 249–292, hier S. 274. Vgl. Liselotte Wiesinger: Das Berliner Schloß. Von der kurfürstlichen Residenz zum Königsschloß, Darmstadt 1989, S. 209 f. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 1, Bl. 11. Wilhelm Stratemann: Vom Berliner Hofe zur Zeit Friedrich Wilhelms I. Berichte des Braunschweiger Gesandten in Berlin. 1728–1733, hg. und erl. von Richard Wolff, Berlin 1914, S. 2. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 1, Bl. 32. Fassmann, S. 850. Zit. nach Hugo Hantsch: Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf von Schönborn (1674–1746). Einige Kapitel zur politischen Geschichte Kaiser Josefs I. und Karls VI., Augsburg 1929, S. 212. Zit. nach ebd., S. 213. Vgl. Malettke, Frankreich, S. 336 f. Zit. nach Ulbert, S. 202 f. Vor allem wurde eine solche Bewertung angesichts der offen zutage getretenen Schwächung Sachsens vor dem Hintergrund des unglücklichen Agierens Augusts des Starken im Großen Nordischen Krieg getroffen. Malettke, Frankreich, S. 337. HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, Bl. 94 f. Ebd., Bl. 113. Zit. nach Richard Doebner: Zur Charakteristik Friedrich Wilhelms I., Königs von [sic!] Preußen, in: FBPG 11 (1898), S. 206–209, hier S. 206 (so in einem Schreiben an den hannoveranischen Residenten in Berlin, Heusch, vom 25. Juni 1713). Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 603–609. Klaus Malettke: Hegemonie, multipolares System, Gleichgewicht. Internationale Beziehungen 1648/59–1713/14, Paderborn 2012, S. 503. Zit. nach Erich Klein: Preußen und der Utrechter Frieden, Phil. Diss., Danzig 1910, S. 94.

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92 Vgl. Matthias Schnettger: Der Spanische Erbfolgekrieg 1701–1713/14, München 2014, S. 105. 93 Vgl. Victor Loewe (Bearb.): Preußens Staatsverträge aus der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I., Leipzig 1913, Nr. 2, S. 8–15. 94 So auch schon die Würdigung bei Droysen, Bd. 1, S. 32, der ansonsten die auf den Kronerwerb hinauslaufende Politik eher zurückhaltend beurteilte. 95 Klaus-Ludwig Feckl: Preußen im Spanischen Erbfolgekrieg, Frankfurt am Main u. a. 1979, S. 199. 96 Vgl. Heinz Duchhardt/ Martin Espemhorst (Hg.): Utrecht – Rastatt – Baden 1712– 1714. Ein europäisches Friedenswerk am Ende des Zeitalters Ludwigs XIV., Göttingen 2013. 97 Vgl. Duchhardt, Balance, S. 259. 98 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, Bl. 117: Brief Friedrich Wilhelms I. an Kaiser Karl VI., Berlin, 30. Mai 1713. 99 Ebd., Bl. 212 f.: Brief Friedrich Wilhelms I. an Kaiser Karl VI., Berlin, 9. Oktober 1713. 100 Zit. nach Dietrich, S. 238. 101 Im Rezess von Schwedt hatte Friedrich Wilhelm I. am 6. Oktober 1713 mit dem russischen General Fürst Menschikow vereinbart, dass den Russen ein Durchzugsrecht garantiert würde, ferner wollte er die Belagerungskosten übernehmen. Im Gegenzug versprach Russland die Überlassung Schwedisch-Vorpommerns bis zur Peene. Vgl. Hantsch, S. 211. 102 Peter I. hatte sich dort sehr negativ über den preußischen König Friedrich I. geäußert, was Kronprinz Friedrich Wilhelm veranlasste, vorzeitig abzureisen. Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 547. 103 Erich Hassinger: Brandenburg-Preußen, Schweden und Rußland 1700–1713, München 1953, S. 269. 104 So der Geheime Rat Heinrich Rüdiger von Ilgen im ersten Regierungsjahr Friedrich Wilhelms I. Zit. nach Martin Schulze Wessel: Rußlands Blick auf Preußen. Die polnische Frage in der Diplomatie und der politischen Öffentlichkeit des Zarenreiches und des Sowjetstaates 1697–1947, Stuttgart 1995, S. 45. 105 Vgl. Bernhard Erdmannsdörffer: Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen 1648–1740, Bd. 2, Meersburg 1932, S. 310. 106 Malettke, Frankreich, S. 343. 107 Vgl. zu dem durch Alkoholexzesse charakterisierten Hofleben Peters I., dem auch Friedrich Wilhelm I. etwas abgewinnen konnte: Russell Zguta: Peters I’s »Most Drunken Synod of Fools and Jesters«, in: Jahrbücher für die Geschichte Osteuropas 21 (1973), S. 18–28. 108 Zit. nach Michael Schippan: Zar Peter I. in Kurbrandenburg, in: JGMOD 44 (1996), S. 19–44, hier S. 34. 109 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 322. 110 Vgl. Reinhard Wittram: Peter I., Czar und Kaiser. Zur Geschichte Peters des Großen in seiner Zeit, Bd. 2, Göttingen 1964, S. 262 f. 111 Zit. nach Droysen, Bd. 1, S. 91 f. Am 12. Juni 1714 wurde dies dann vertraglich geregelt. Vgl. Loewe, Staatsverträge, Nr. 20, S. 73–77. 112 Vgl. Schulze Wessel, S. 44. 113 Vgl. Droysen, Bd. 1, S. 125. 114 Vgl. dazu Malettke, Frankreich, S. 351–353; Abdruck des Vertrages in: Loewe, Staatsverträge, Nr. 36, S. 146–158. 115 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, unpag. 116 Vgl. Walther Mediger: Mecklenburg, Rußland und England-Hannover 1706–1721. Ein Beitrag zur Geschichte des Nordischen Krieges, Hildesheim 1967, S. 197.

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Vgl. hierzu passim ebd. Sigrid Jahns: »Mecklenburgisches Wesen« oder absolutistisches Regiment? Mecklenburgischer Ständekonflikt und neue kaiserliche Reichspolitik (1658–1755), in: Paul-Joachim Heinig u. a. (Hg.), Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw, Berlin 2000, S. 323–351, hier S. 330. 119 Vgl. hierzu Schippan, S. 37–41. 120 Thea von Seydewitz: Ernst Christoph Graf von Manteuffel, Kabinettsminister Augusts des Starken. Persönlichkeit und Wirken, Dresden 1926, S. 42. 121 Diese stellte an mehreren Produktionsstätten in der Mark Brandenburg Tuche für die russische Armee her. Vgl. Gustav Schmoller: Die russische Compagnie in Berlin 1724–1738. Ein Beitrag zur Geschichte der brandenburgischen Tuchindustrie und des preußischen Exports im 18. Jahrhundert, in: ders., Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte besonders des Preußischen Staates im 17. und 18. Jahrhundert, Leipzig 1898, S. 457–529. 122 LHAS, 2.11-2/1 Auswärtige Beziehungen, Nr. 2501, Bl. 209. 123 Ebd., Bl. 66. 124 Vgl. Mediger, S. 377. 125 Schulze Wessel, S. 50. 126 Mediger, S. 236 f. 127 Duchhardt, Balance, S. 108. 128 Zit. nach Droysen, Bd. 1, S. 268. 129 Der Vertragstext abgedruckt in Loewe, Staatsverträge, Nr. 57, S. 226–243. 130 Zit. nach Droysen, Bd. 1, S. 277 f. 131 Zit. nach Karl von Weber: Vom Berliner Hofe unter König Friedrich Wilhelm I., in: ders., Aus vier Jahrhunderten. Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, N.F., Bd. 1, Leipzig 1861, S. 96–160, hier S. 113. 132 Der Vertragstext in Loewe, Staatsverträge, Nr. 58, S. 243–247. Wenn man »eine souveräne und arbiträre Art zu regieren in Polen allmählich einzuführen trachten« wolle, würden sich Russland und Preußen dem widersetzen und dafür eintreten, dass »alles in dem alten Stande und Wesen in Polen erhalten werde«. Ebd., S. 245. 133 Vgl. Duchhardt, Balance, S. 257. 134 Zit. nach Dietrich, S. 239. 135 Zit. nach Schulze Wessel, S. 59. 136 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6682, Bl. 4. 137 Aufschluss darüber vermittelt vor allem eine kurz vor dem Tode Peters I. verfasste Denkschrift des Ministers Ostermann. Vgl. Schulze Wessel, S. 59–62. 138 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6682, Bl. 54 f. 139 Duchhardt, Balance, S. 271. 140 Vgl. Jeremy Black: European International Relations 1648–1815, Basingstoke 2002, S. 145 ff. 141 Vgl. dazu Droysen, Bd. 1, S. 229–247. 142 GStA PK, I. HA, Rep. 49 Fiscalia, R, Nr. 189, Bl. 7. 143 Droysen, Bd. 1, S. 234. 144 GStA PK, I. HA, Rep. 49, R, Nr. 187, Bl. 27. 145 Ebd., Bl. 17. 146 Zit. nach Droysen, Bd. 1, S. 246. 147 Krauske, Briefe, S. 143. 148 Ernst Daniel Martin Kirchner: Die Churfürstinnen und Königinnen auf dem Throne der Hohenzollern, im Zusammenhange mit ihren Familien- und Zeit-Verhältnissen, T. 3: Die sechs ersten Königinnen, mit deren Bildnissen, Berlin 1870, S. 105. 149 Droysen, Bd. 1, S. 242. 150 Malettke, Frankreich, S. 353. Frankreich verpflichtete sich, in Geheimverhandlungen mit Schweden auf einen den preußischen Wünschen entgegenkommenden

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Friedensvertrag hinzuwirken (Entsprechender Druck sollte mit dem angedrohten Subsidienentzug für Schweden aufgebaut werden), während sich Preußen im Gegenzug verpflichtete, auch die anderen Allianzmitglieder zum Friedensschluss mit Schweden zu bewegen und keine Offensivhandlungen mehr gegen Schweden zu unternehmen. 151 Vgl. Ulbert, S. 212–218. 152 Vgl. Loewe, Staatsverträge, Nr. 40, S. 169–174. 153 Vgl. Malettke, Frankreich, S. 358 f. 154 Ulbert, S. 225. 155 Vgl. Malettke, Frankreich, S. 360 156 Vgl. Duchhardt, Balance, S. 274 157 Vgl. Jeremy Black: The Rise of the European Powers 1679–1793, London 1990, S. 93. 158 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1889, Bl. 28. 159 Vgl. Tobias Schenk: Reichsjustiz im Spannungsverhältnis von oberstrichterlichem Amt und österreichischen Hausmachtinteressen. Der Reichshofrat und der Konflikt um die Allodifikation der Lehen in Brandenburg-Preußen (1717–1728), in: Anja Amend-Traut/ Albrecht Cordes/ Wolfgang Sellert (Hg.), Geld, Handel, Wirtschaft. Höchste Gerichte im Alten Reich als Spruchkörper und Institution, Berlin/Boston 2013, S. 103–219, hier S. 187 f. und 194. 160 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1931, Bl. 105. 161 Ludwig XV. wurde 1723 volljährig und übernahm danach allmählich die Regierungsgeschäfte vom Regenten Philipp von Orléans. 162 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1931, Bl. 142 und 149. 163 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1933, Bl. 35. 164 Ebd., Bl. 100. 165 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1931, Bl. 100. 166 Vgl. Grete Mecenseffy: Karls VI. spanische Bündnispolitik 1725–1729. Ein Beitrag zur österreichischen Außenpolitik des 18. Jahrhunderts, Innsbruck 1934, S. 64. 167 Zit. nach ebd., S. 67. 168 Zit. nach Bruno Kuntke: Friedrich Heinrich von Seckendorff (1673–1763), Husum 2007, S. 159. 169 Vgl. Kuntke, S. 156 f. 170 Alfred von Arneth: Prinz Eugen von Savoyen, Bd. 3, Wien 1858, S. 201. 171 GStA PK, I. HA, Rep. 67 A Polnischer Erbfolgekrieg, Nr. 8, Bl. 1. 172 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 b, Bl. 349. Die englischen und französischen Gesandten hätten daraufhin »dem König alles, was Er verlange einzugehen, versprochen, umb ihn bey der allianz zu erhalten« – allerdings ohne das erhoffte Ergebnis. 173 Zit. nach Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm  I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 2, Urkundenbuch, S. 64. 174 Zit. nach ebd., S. 68. 175 Vgl. Loewe, Staatsverträge, Nr. 73, S. 301–311. In einem Geheimartikel waren auch Vorkehrungen vereinbart worden, im Falle Polen sich das Herzogtum Kurland einverleiben wolle. 176 Text in: ebd., Nr. 74, S. 311–321. 177 Zit. nach Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 83. 178 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 b, Bl. 367. 179 Droysen, Bd. 1, S. 426. 180 Mecenseffy, S. 117. 181 Ebd., S. 121. 182 Zit. nach ebd., S. 119 f. 183 Brief Seckendorffs vom 17. August 1728; zit. nach ebd., S. 124.

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184 Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 85. 185 Ebd., S. 75: Graf Seckendorff an Prinz Eugen von Savoyen, Berlin, 5. Juli 1726. 186 Zit. nach Charlotte Backerra: Wien und London, 1727–1735. Internationale Beziehungen im frühen 18. Jahrhundert, Göttingen 2018, S. 383. 187 GStA PK, I. HA, Rep. 1, Nr. 333, unpag. 188 GStA PK, I. HA, Rep. 1, Nr. 334, Bl. 75. 189 Zit. nach Elisabeth Charlotte Broicher: Der Aufstieg der preußischen Macht von 1713 bis 1756 in seiner Auswirkung auf das europäische Staatensystem, Köln 1955, S. 64. 190 Vgl. Ernst Müller: Die Erschießung des preußischen Werbeoffiziers Michael Georg v. Wollschläger und der Konflikt mit den Niederlanden 1733, in: FBPG 48 (1936), S. 359–374. 191 Zur Einordnung des Wiener Vertrages vgl. Duchhardt, Balance, S. 285 f. 192 Stratemann, S. 212. 193 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6700, Bl. 16. – Als vorteilhaft für die preußischen Interessen wertete der Gesandte, dass der Fürst Menschikow, Ostermann und Löwenwold künftig »die Favoriten seyn, welche alle drey vor E.K.M. Interesse portiret sind«. 194 Heinrich Schilling: Der Zwist Preußens und Hannovers 1729/30, Halle 1912, S. 8. 195 Förster, Bd. 2, S. 104. 196 Zit. nach Backerra, S. 325. 197 Die fühlbare Abkühlung der Beziehungen zwischen Madrid und Wien fand eine wichtige Erklärung in der Unlust des Kaisers, seine Tochter Maria Theresia mit dem spanischen Prinzen Don Carlos zu verheiraten. Einem solchen Plan hätte auch die im Berliner Vertrag an Preußen gegebene Zusicherung entgegengestanden, Maria Theresia mit einem Prinzen aus altem Reichsfürstenstand zu vermählen. Vgl. Loewe, Staatsverträge, S. 371. 198 Vgl. hierzu Ronny Kern: Der Friedenskongress von Soissons 1728–1731, Göttingen 2009, S. 63 f. 199 Abdruck des Vertrages bei Loewe, Staatsverträge, Nr. 82, S. 357–373. 200 GStA PK, I. HA, Rep. 96 Geheimes Kabinett, Nr. 16 A, Bl. 47. 201 Ebd., Bl. 48. 202 Vgl. Mack Walker: Der Salzburger Handel. Vertreibung und Errettung der Salzburger Protestanten im 18. Jahrhundert, Göttingen/Zürich 1997, S. 103–133. 203 Zit. nach Broicher, S. 46. 204 Vgl. dazu Carl Hinrichs: Der Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm I. und Kronprinz Friedrich, in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964, S. 185–202. 205 Vgl. Charles Chenevix Trench: George II, London 1973, S. 129 f. 206 Zit. nach Wilhelm Oncken: Sir Charles Hotham und Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1730. Urkundliche Aufschlüsse aus den Archiven zu London und Wien, in: FBPG 7 (1894), S. 377–407, hier S. 404. 207 Ebd., S. 392. 208 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 508: Brief Friedrich Wilhelms I. an Leopold von Anhalt-Dessau, Braunschweig, 14. Februar 1733. 209 Zit. nach Förster, Bd. 3, S. 312: Brief Friedrich Wilhelms I. an Seckendorff, Potsdam, 5. Februar 1733. 210 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 512: Brief Friedrich Wilhelms I. an Leopold von Anhalt-Dessau, Braunschweig, 7. Mai 1733. 211 Droysen, Bd. 1, S. 196. 212 GStA PK, I. HA, Rep. 98 A, Nr. 1, Bl. 11. 213 Flemming habe es dabei an Bemerkungen »zur Verkleinerung« des russischen Hofes, dass nämlich dieser »künfftig hin gantz ohnmächtig und seinen Alliirten sehr

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untauglich seyn würde, nicht ermangeln lassen«. HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 d, Bl. 24. 214 Karl von Weber: Aus der Jugend und Correspondenz Friedrichs des Großen, in: ders., Aus vier Jahrhunderten. Mittheilungen aus dem Haupt-Staatsarchive zu Dresden, N.F., Bd. 2, Leipzig 1861, S. 229–275, hier S. 231. 215 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 d, Bl. 59. 216 Von russischer Seite hatte man dem preußischen König ursprünglich Hoffnungen auf Kurland gemacht, dessen Herzogshaus kurz vor dem Aussterben stand. 217 Duchhardt, Balance, S. 289. 218 Vgl. Erdmannsdörffer, Bd. 2, S. 411. 219 Die preußische Seite brachte u. a. die Garantie auf die Nachfolge im Herzogtum Berg, die Abtretung der alten sächsischen Rechte auf Jülich und die Gestattung von Werbungen in Polen ins Spiel. Vgl. Rudolf Beyrich: Kursachsen und die polnische Thronfolge 1733–1736, Leipzig 1913, S. 18–20. 220 Vgl. ebd., S. 32–34 und 50–58. Auch hier kam dem Grafen von Seckendorff wieder eine entsprechende Bedeutung als Vermittler zwischen den kaiserlichen, kursächsischen und preußischen Interessen zu, der unter anderem die Anregung gab, dem preußischen König ein Bataillon des Grenadierregiments Rutowski zu schenken. Vgl. Beyrich, S. 32 f. und 57. 221 GStA PK, I. HA, Rep. 67 A, Nr. 8, Bl. 5. 222 GStA PK, I. HA, Rep. 98, A, Nr. 3, Bl. 16. 223 Ebd., Bl. 16 f. 224 Vgl. komprimiert dazu Duchhardt, Balance, S. 295 f. 225 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 d, Bl. 407. 226 Ebd., Bl. 711: Schreiben des kaiserlichen Gesandten nach Wien, Berlin, 12. Dezember 1739. 227 Eckhard Buddruss: Die französische Deutschlandpolitik 1756–1789, Mainz 1995, S. 27. 228 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten »Berlin-Berichte«, Nr. 12 d, Bl. 403: Schreiben des kaiserlichen Gesandten nach Wien, Berlin, 6. April 1737. 229 Ebd., Bl. 367. 230 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, unpag.: Schreiben des kaiserlichen Gesandten Demeradt, Berlin, 4. Januar 1738. 231 Zu den Hintergründen vgl. Droysen, Bd. 2, S. 327–336. 232 Ebd., S. 330. 233 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 630 f. 234 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, unpag. 235 Vgl. dazu Hans-Joachim Neumann: Friedrich Wilhelm I. Leben und Leiden des Soldatenkönigs, Berlin 1993, S. 158. 236 Krauske, Briefe, S. 629: Brief an Leopold von Anhalt-Dessau, Potsdam, 13. Januar 1738. 237 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 14a, Bl. 735 und 739: Schreiben des kaiserlichen Gesandten nach Wien, Berlin, 3. November und 27. Oktober 1739. 238 Duchhardt, Balance, S. 297. 239 Vgl. Arnold Berney: Französische Bemühungen um den Kronprinzen Friedrich, in: Archiv für Kulturgeschichte 26 (1936), S. 104–114. 240 Broicher, S. 44. 241 Wolfgang Neugebauer: Brandenburg-Preußen in der Frühen Neuzeit. Politik und Staatsbildung im 17. und 18. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Handbuch der Preußischen

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Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18 Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin/ New York 2009, S. 113–407, hier S. 318. 242 In diese Richtung argumentiert z. B. Jürgen Angelow: Die formidable Armee. Der Mythos des »Soldatenkönigs«, in: Friedrich Beck/ Julius H. Schoeps (Hg.), Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit, Potsdam 2003, S. 183–204, hier S. 189. 243 Vgl. Isabelle Deflers: Bilder des »Roi-Sergent« in der französischen Öffentlichkeit und Historiographie, in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. Die Sorge um negative wirtschafts- und finanzpolitische Folgen im Falle eines Krieges spiegelt auch seine Bemerkung wider, dass die Akzise »nur den dritten Teil bringen werde«, wenn die Armee außer Landes marschieren würde. Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert, Bd. 3, Berlin 1901, S. 462. 244 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, unpag. 245 Zit. nach Martin Naumann: Österreich, England und das Reich 1719–1732, Berlin 1936, S. 85. 246 Zit. nach Backerra, S. 386. 247 So die aus seiner langen Erfahrung getroffene Aussage von Seckendorff. Zit. nach Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 10. 248 Mediger, S. 292. 249 Armin Reese: Europäische Hegemonie versus Weltreich. Außenpolitik in Europa 1648–1763, Idstein 1995, S. 57. 250 Broicher, S. 72. 251 In diesem Sinne urteilte der französische Botschafter Marquis de Valori in einer Depesche vom 5. Dezember 1739. Zit. nach Ernest Lavisse: Le Grand Frédéric avant l’Avènement, Paris 1893, S. 358. 252 So etwa die 1736 getroffene Einschätzung des französischen Historikers Rousset in seinen »Les Intérets présens et les prétensions des puissances de l’Europe«. Zit. nach Broicher, S. 55. 253 Volker Press: Friedrich II. als Reichspolitiker, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Friedrich der Große, Franken und das Reich, Köln 1986, S. 25–56, hier S. 28. 254 Zit. nach Dietrich, S. 237 und 239.

10. Der König und das Reich 1 Auch in der ansonsten faktenreichen und verdienstvollen Darstellung von Johann Gustav Droysen werden reichspolitische Aspekte nur insofern behandelt, als sich diese, wie etwa in der »Mecklenburg-Frage« oder während des Konflikts mit England-Hannover, mit der europäischen Mächtepolitik überlagerten. Vgl. Johann Gustav Droysen: Geschichte der Preußischen Politik, T. 4, Abt. 2: Friedrich Wilhelm I., 2 Bde., Leipzig 1869. 2 Onno Klopp: Kleindeutsche Geschichtsbaumeister, Freiburg 1863. 3 Vgl. Axel Gotthard: Das Alte Reich 1495–1806, 3. Aufl., Darmstadt 2006, S. 106. 4 Vgl. hierzu den instruktiven Überblick von Frank Kleinehagenbrock: BrandenburgPreußen und das Alte Reich ca. 1650–1806, in: Wolfgang Neugebauer (Hg.), Handbuch der Preußischen Geschichte, Bd. 1: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, Berlin/ New York 2009, S. 853–931. 5 Heinrich von Treitschke: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert, 5 Teile, Leipzig 1879–1894, hier T. 1, S. 4 und 7. 6 Paul Stettiner: Zur Geschichte des preußischen Königstitels und der Königsberger

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Krönung, Königsberg 1900, S. 41. Zu solchen immer wieder geführten Debatten und Gedankenspielen vgl. Heinz Duchhardt: Protestantisches Kaisertum und Altes Reich. Die Diskussion über die Konfession des Kaisers in Politik, Publizistik und Staatsrecht, Wiesbaden 1977. 7 Ludwig Häusser: Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gründung des deutschen Bundes, Bd. 1, 3. verb. und verm. Aufl., Berlin 1861, S. 45 f. 8 Zit. nach Helmut Eckert: Fürstenreise und Fluchtversuch. König und Kronprinz von Preußen 1730, Sinsheim/Steinsfurt 1982, S. 31. 9 Ebd., S. 71. 10 Barbara Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008, S. 65. 11 Vgl. Rüdiger Freiherr von Schönberg: Das Recht der Reichslehen im 18. Jahrhundert. Zugleich ein Beitrag zu den Grundlagen der bundesstaatlichen Ordnung, Heidelberg/Karlsruhe 1977, passim; Tobias Schenk: Der Reichshofrat als oberster Lehnshof. Dynastie- und adelsgeschichtliche Implikationen am Beispiel Brandenburg-Preußens, in: Anette Baumann/ Alexander Jendorff (Hg.), Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, München 2014, S. 255–294, hier v. a. S. 260–267. 12 Barbara Stollberg-Rilinger: Das Reich als Lehnssystem, in: Heinz Schilling/ Werner Heun/ Jutta Götzmann (Hg.), Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Altes Reich und neue Staaten. Essays, Dresden 2006, S. 55–67, hier S. 56. 13 Demnach habe sich Friedrich Wilhelm I. »viel Mühe und mouvements« gegeben, um »den König von Polen auf des Kaisers Seite zu ziehen«. Droysen, Bd. 2, S. 99. 14 Eckert, S. 67. 15 Karl Otmar von Aretin: Das Alte Reich. 1648–1806, 4 Bde., Stuttgart 1993–2000, hier Bd. 2, S. 325 und 331. 16 Vgl. Max Braubach: Prinz Eugen von Savoyen. Eine Bibliographie, Bd. 5, München 1965, S. 121; Droysen, Bd. 2, S. 162–167. 17 Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 3, S. 305. 18 So Bernd Rill: Karl VI. Habsburg als barocke Großmacht, Graz/Wien/Köln 1992, S. 336. 19 Zit. nach Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 499. 20 Aretin, Bd. 2, S. 333. Insbesondere ging es dabei um seinen naiven Glauben, dass der Kaiser ernsthaft seine Wünsche beim Erwerb von Jülich und Berg unterstützen würde, worauf an anderer Stelle noch näher eingegangen werden wird. 21 Vgl. hierzu die Bewertungen durch die preußischen Minister v. Podewils und v. Grumbkow in Droysen, Bd. 2, S. 167. 22 Rill, S. 190 f. 23 Auch die an und für sich bestehende Möglichkeit, noch zu Lebzeiten des regierenden Kaisers den Nachfolger als »Römischen König« zu wählen (durch das Verfahren der Königswahl »vivente imperatore«), entfiel für Friedrich Wilhelm, da Karl VI. über keine männlichen Nachfolger verfügte und die Habsburgerdynastie mit ihm im Mannesstamm erlosch. 24 Stollberg-Rilinger, Reich, S. 62. 25 Instruktion für Graf Metternich vom 19. Dezember 1715. Zit. nach Tobias Schenk: Reichspatriotismus? Friedrich Wilhelm I. im Spiegel der Reichshofratsakten, in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2019 [im Druck]. 26 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Staatenabteilungen, Branden-

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burgica, K. 28, Bl. 93 und 117: Friedrich Wilhelm I. an Karl VI., Cölln, 6. Mai, und Berlin, 30. Mai 1713. Zit. nach Hugo Hantsch: Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf von Schönborn (1674–1746). Einige Kapitel zur politischen Geschichte Kaiser Josefs I. und Karls VI., Augsburg 1929, S. 213. Vgl. ebd., S. 269. Johannes Burkhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 11: Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648–1763, 10. Aufl., Stuttgart 2006, S. 69. Zur Diskussion um die Staatlichkeit des Heiligen Römischen Reiches vgl. die Beiträge von Matthias Schnettger, Heinz Schilling und Georg Schmidt in: Matthias Schnettger (Hg.): Imperium Romanum – Irregulare Corpus – Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie, Mainz 2002. Sigrid Jahns: Brandenburg-Preußen im System der Reichskammergerichts-Präsentationen 1648–1806, in: Hermann Weber (Hg.), Politische Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich, Wiesbaden 1980, S. 169–202, hier S. 178. Im Übrigen spiegelt der auffällig hohe Anteil von reformierten Juristen unter diesen Kandidaten »ein wichtiges Auswahlkriterium für brandenburg-preußische Präsentati« wider. Ebd., S. 194. Vgl. Raimund J. Weber: Reichspolitik und reichsgerichtliche Exekution. Vom Markgrafenkrieg (1552–1554) bis zum Lütticher Fall (1789/90), Wetzlar 2000, S. 7. Vgl. Tobias Schenk: Das Alte Reich in der Mark Brandenburg. Landesgeschichtliche Quellen aus den Akten des kaiserlichen Reichshofrats, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 63 (2012), S. 19–71, hier S. 61–64. Vgl. Wolfgang Neugebauer: Die Stände in Magdeburg, Halberstadt und Minden im 17. und 18. Jahrhundert, in: Peter Baumgart (Hg.), Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen. Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, Berlin 1983, S. 170–207, hier S. 183. Vgl. Tobias Schenk: Die Geschichte Brandenburg-Preußens und der Hohenzollern im Spiegel der Akten des kaiserlichen Reichshofrats. Ein Rundgang durch drei Jahrhunderte, in: Jürgen Luh (Hg.), Perspektivwechsel. Ein anderer Blick in die Geschichte Brandenburg-Preußens, 2014, , URL: https://www.perspectivia.net/ receive/ploneimport_mods_00010384. Vgl. HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, unpag.: Brief Friedrich Wilhelms I. an Kaiser Karl VI., Berlin, 2. Mai 1715. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz [i.F. GStA PK], I. HA Geheimer Rat, Rep. 18 Reichskammergericht, Reichshofrat und Brandenburg-Preußisches Oberappellationsgericht, Nr. 31, Fasz. 140, Bl. 4. Siehe das Schreiben des Prinzen an Seckendorff vom 28. März 1725, abgedruckt bei Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 27. Siehe hierzu vor allem die Arbeiten von Sigrid Jahns und Tobias Schenk. Vgl. Georg Wilhelm von Raumer: Nachweisung noch bestehender Lehnsverhältnisse in der preußischen Monarchie, in: Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 10 (1833), S. 308–356. Vgl. hierzu Schenk, Reichshofrat. Zudem hatten die hohenzollernschen Hausverträge von 1473 und 1603 keine ausdrückliche Regelung getroffen, was passieren sollte, wenn eine der (fränkischen und brandenburgischen) Hauptlinien aussterben würde. Nach Abschluss des Schönberger Vertrages wurden die beiden jüngeren Prinzen, Georg Friedrich Karl und Albrecht Wolfgang, auf das Amt Halberstadt nach Weferlingen gebracht. Vgl. Rudolf Endres: Preußens Griff nach Franken, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Friedrich der Große, Franken und das Reich, Köln 1986, S. 57–79.

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43 Vgl. zum Folgenden Rudolf Endres: Die Erbabreden zwischen Preußen und den fränkischen Markgrafen im 18. Jahrhundert, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 25 (1965), S. 43–87. 44 Die Grafen von Bentheim-Tecklenburg übten seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die Herrschaft über Limburg aus, waren aber in ihrem Stammterritorium, der Reichsgrafschaft Tecklenburg, durch Preußen unter Druck geraten, das 1707 dieses Territorium zur Abrundung seiner Besitzungen im Westen des Reiches kaufte. 45 Diese Auseinandersetzungen waren eingebunden in die uns schon des Öfteren beschäftigende Problematik der Jülich-Bergischen Erbfolge. Im Zuge des im frühen 17. Jahrhundert ausgebrochenen Jülich-Klevischen Erbfolgestreites hatte Kurbrandenburg die Landeshoheit über die Grafschaft Limburg beansprucht, was allerdings der offenkundigen lehnsrechtlichen Bindung des Territoriums an Berg widersprach. Vgl. Harm Klueting: »Daß sie ein Abspliß von der Grafschaft Mark ist, daran ist kein Zweifel«. Die Grafschaft Limburg vom 13. bis zum 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 93/94 (1995), S. 63–126, hier S. 118–120. 46 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, unpag. 47 Vertragstext in Victor Loewe (Bearb.): Preußens Staatsverträge aus der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I., Leipzig 1913, Nr. 66, S. 266–275. 48 Endres, Erbabreden, S. 66 f. 49 Vgl. hierzu Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500–1806), Darmstadt 1989. 50 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, unpag. 51 Vgl. Peter Claus Hartmann (Hg.): Regionen in der Frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit. Ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung, Berlin 1994. 52 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, unpag. 53 Vgl. Jahns, Brandenburg-Preußen, S. 170 f. 54 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Die Hohenzollern, Bd. 1: Anfänge, Landesstaat und monarchische Autokratie bis 1740, Stuttgart 1996, S. 97 ff. und 182 f. 55 Zit. nach Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 237. 56 Zit. nach Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert [i.F. A.B.B.], Bd. 4.2, Berlin 1908, S. 391. 57 Vgl. zu den Zusammenhängen Otto Vitense: Geschichte von Mecklenburg, Gotha 1920 (ND Würzburg 1990), bes. S. 240 ff. und 263 ff.; Frank Göse: Von dynastischer Kooperation zu politischer Übermächtigung. Die brandenburgisch-mecklenburgischen Beziehungen in der Frühen Neuzeit, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittelund Ostdeutschlands [i.F. JGMOD] 49 (2003), S. 149–194. 58 Dieser sanktionierte die Bildung der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, inklusive einer Reihe von Sonderbestimmungen wie der gemeinsamen Verwaltung der Landesuniversität Rostock. 59 Zit. nach Hans-Joachim Ballschmieter: Andreas Gottlieb von Bernstorff und der mecklenburgische Ständekampf (1680–1720), Köln u. a. 1962, S. 117, Anm. 24. 60 Vgl. Georg Christian Friedrich Lisch: Ueber den beabsichtigten Uebertritt des Herzogs Carl Leopold von Meklenburg zur katholischen Kirche, in: Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde 16 (1851), S. 152–160. Das Vorhaben entsprang eindeutig politischen Absichten des Herzogs, um sich dem Kaiser anzunähern und diesen sowie den Reichshofrat von Sanktionen gegen ihn abzuhalten. 61 Zit. nach Gerhard Heitz: Ursprung und Wirksamkeit des brandenburgischmecklenburgischen Erbvertrages von 1442, in: Lieselott Enders/ Klaus Neitmann

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(Hg.), Brandenburgische Landesgeschichte heute, Potsdam 1999, S. 145–157, hier S. 152. Walther Mediger: Mecklenburg, Rußland und England-Hannover 1706–1721. Ein Beitrag zur Geschichte des Nordischen Krieges, Hildesheim 1967, S. 21. Zit. nach Dietrich, S. 237. Zit. nach Ballschmieter, S. 122, Anm. 43. Vgl. Michael Schippan: Zar Peter I. in Kurbrandenburg, in: JGMOD 44 (1996), S. 19–44. Vgl. dazu passim Peter Wick: Versuche zur Errichtung des Absolutismus in Mecklenburg in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1964. Vgl. Wolfgang Michael: Ein schwieriger diplomatischer Fall aus dem Jahre 1719, in: Historische Zeitschrift [i.F. HZ] 88 (1902), S. 56–68. Zit. nach Ballschmieter, S. 146, Anm. 6. Vgl. hierzu knapp Frank Göse: Von der Juniorpartnerschaft zur Gleichrangigkeit. Das brandenburgisch-sächsische Verhältnis im 16. und 17. Jahrhundert, in: ders./ Winfried Müller/ Kurt Winkler/ Anne-Katrin Ziesak (Hg.), Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft. Erste Brandenburgische Landesausstellung Schloss Doberlug, Dresden 2014, S. 44–51. Der über eine intime Kenntnis der preußischen Angelegenheiten verfügende Ernst Christoph von Manteuffel erinnerte den kursächsischen Minister Johann Friedrich von Flemming wenige Tage nach dem Thronwechsel daran, dass sie schon in einem früheren Gespräch über den damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm sich einig gewesen waren, dass er einst ein furchtbarer und gefährlicher Nachbar sein werde. Vgl. A.B.B., Bd. 1, Berlin 1894, S. 321. Zit. nach Krauske, Briefe (Einleitung), S. 19. GStA PK, I. HA, Rep. 41 Beziehungen zu Kursachsen, Nr. 802, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 49 Fiscalia, R, Nr. 189, Bl. 48. Ebd., Bl. 49. GStA PK, I. HA, Rep. 63 Neuere Kriegssachen, Nr. 1931, unpag. Der Bericht des preußischen Envoyés Lolhöffels vom 29. April 1716 traf am 3. Mai in Berlin ein, und auch das Bilett; Karl Schöche: Zeithain: Die sächsisch-deutsche Militärhistorie seit 1730, Großenhain 2004; Rudolph, S. 65. Friedrich Wilhelms wurde an diesem Tag verfasst. Krauske, Briefe, S. 33. Ebenso äußerte er sich 1729 anerkennend über einige sächsische Regimenter. Ebd., S. 435. Vgl. dazu Hans Beschorner: Das Zeithainer Lager von 1730, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde 28 (1907), S. 50–113 und 200–252. Zit. nach Peter Langen: Eine Armee für den König von Preußen. Das Zeithainer Lager 1730, in: Frank Göse/ Winfried Müller/ Kurt Winkler/ Anne-Katrin Ziesak (Hg.), Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft. Erste Brandenburgische Landesausstellung Schloss Doberlug, Dresden 2014, S. 222 f., hier S. 222. Zit. nach Dietrich, S. 240. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden [i.F. Sächs. HStAD], 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 3280/08: Vermischte, auf die Angelegenheiten mit Preußen bezügliche Briefe und andere Papiere, unpag. Einige Tage zuvor mussten die preußischen Diplomaten die sächsische Seite daran erinnern, dem preußischen König nicht länger den »ostfriesischen titul« vorzuenthalten. Zit. nach Krauske, Briefe, S. 277. Sächs. HStAD, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9088/02: Des königlich preußischen Hofes über ein bei Wittenberg befohlenes Kampement geschöpfte Apprehension und darüber geforderte Deklaration, unpag. GStA PK, I. HA, Rep. 41, Nr. 396, unpag. Krauske, Briefe, S. 284. GStA PK, I. HA, Rep. 41, Nr. 63, unpag.

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86 Vgl. hierzu die Überlieferung in GStA PK, I. HA, Rep. 63, Nr. 1785–1787. 87 GStA PK, I. HA, Rep. 41, Nr. 58, unpag. (hier zit. nach den Verhandlungsakten von 1719). 88 Sächs. HStAD, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 2968/06: Die Berlinische Messe oder sogenannter Großer Jahrmarkt, unpag. 89 Vgl. auf breiter Quellengrundlage die Darstellung der preußisch-sächsischen Wirtschaftsbeziehungen während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. von Hugo Rachel (Bearb.): Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens, Bd. 2.1, Berlin 1922, S. 463–536. 90 Zit. nach Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 9: Brief Graf Seckendorff an Prinz Eugen, Teplitz, 9. Juni 1724. 91 Zit. nach Droysen, Bd. 2, S. 404. 92 Zit. nach Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 9. 93 Zit. nach Dietrich, S. 249. 94 Zit. nach Wilhelm Steffen: Friedrich von Bülow (1698–1738), preußischer Etatsminister, in: Hohenzollern-Jahrbuch 10 (1906), S. 277–284, hier S. 278. 95 Zit. nach Dietrich, S. 247. 96 Vgl. Bernd Kappelhoff: Absolutistisches Regiment oder Ständeherrschaft? Landesherr und Landstände in Ostfriesland im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts, Hildesheim 1982, S. 243–245 und 296–299. 97 So etwa für das Jahr 1734 belegt in: Jürgen Kloosterhuis (Bearb.): Legendäre »lange Kerls«. Quellen zur Regimentskultur der Königsgrenadiere Friedrich Wilhelms I. 1713–1740, Berlin 2003, S. 56. 98 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Auswärtige Angelegenheiten, Akten Hannover, Nr. 5408, Bl. 13. 99 Vgl. Heinrich Schilling: Der Zwist Preußens und Hannovers 1729/30, Halle 1912. 100 Zit. nach Droysen, Bd. 2, S. 59. 101 Zit. nach ebd., S. 58. 102 Vgl. Schilling, S. 37. 103 GStA PK, I. HA, Rep. 96 Geheimes Kabinett, Nr. 15 E, unpag. August der Starke pflichtete Friedrich Wilhelm I. in seiner unnachgiebigen Haltung gegenüber Hannover bei, denn Preußen sei »sich als dem SelbstRecht zu verschaffen wohl befugt«. 104 Vgl. Schilling, S. 80 ff. 105 Vgl. Charlotte Backerra: Wien und London, 1727–1735. Internationale Beziehungen im frühen 18. Jahrhundert, Göttingen 2018, S. 376. 106 So hatte man vor dem Hintergrund des gemeinsamen englisch-preußischen Interesses an einer Beendigung des Krieges mit Schweden in dem konfessionspolitischen Dissens letztlich 1719 eine Einigung finden können. Vgl. hierzu den Vertragstext in: Loewe, Staatsverträge, Nr. 56, S. 223–225. 107 Volker Press: Kurhannover im System des alten Reiches 1692–1803, in: Adolf M. Birke/ Kurt Kluxen (Hg.), England und Hannover, München u. a. 1986, S. 53–79, hier S. 57. 108 Vgl. Mediger, S. 350 f. 109 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Hannover, Nr. 5408, Bl. 5. 110 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1931, Bl. 106. 111 Im Falle, dass kurpfälzische oder münsteranische Truppen anmarschieren würden, »so könnten die beyden [in westfälischen Städten in Garnison stehenden] Regimenter jedesmahl im zweymahl 24 Stunden in der Graffschaft stehen«, beruhigte Georg den König. Des Weiteren wollte Friedrich Wilhelm in Erfahrung bringen, ob Schloss Tecklenburg für eine Garnison ausgebaut werden könne. GStA PK, I. HA Rep. 96, Nr. 10 T, Bl. 37. 112 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten England, Nr. 1931, Bl. 106.

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Zit. nach Krauske, Briefe, S. 363. Zit. nach Förster, Bd. 2, Urkundenbuch, S. 8: Brief Graf Seckendorff an Prinz Eugen von Savoyen, Teplitz, 9. Juni 1724. 115 Es ist allerdings nicht bekannt, ob der preußische König etwas von den 1725/26 verfolgten recht abenteuerlich erscheinenden Plänen Carl Leopolds wusste, durch eine Konversion zum Katholizismus den Kaiser sich gewogen zu stimmen und päpstliche Subsidien zu erhalten. Dies wäre jedenfalls, wie schon zehn Jahre zuvor, auf große Ablehnung seinerseits gestoßen. Vgl. dazu Lisch und jüngst Andreas Pečar: Was hatte August Hermann Francke mit einem geächteten Reichsfürsten zu schaffen? Über seine Korrespondenz mit Carl Leopold von Mecklenburg, in: ders./ Holger Zaunstöck/ Thomas Müller-Bahlke (Hg.), Wie pietistisch kann Adel sein? Hallescher Pietismus und Reichsadel im 18. Jahrhundert, Halle (Saale) 2016, S. 139– 155, hier S. 146. 116 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6700, Bl. 19: Schreiben v. Mardefeld an König Friedrich Wilhelm I., St. Petersburg, 10. Juni 1727. 117 GStA PK, I. HA, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser, Nr. 333, unpag. 118 Vgl. Martin Naumann: Österreich, England und das Reich 1719–1732, Berlin 1936, S. 140. 119 Vgl. Wilhelm Oncken: Sir Charles Hotham und Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1730. Urkundliche Aufschlüsse aus den Archiven zu London und Wien, in: Forschungen zu Brandenburgischen und Preußischen Geschichte [i.F. FBPG] 7 (1894), S. 377– 407. 120 Zit. nach Droysen, Bd. 2, S. 88. 121 Vgl. Arnold Berney: Friedrich der Große. Entwicklungsgeschichte eines Staatsmannes, Tübingen 1934, S. 19. 122 Vgl. Droysen, Bd. 2, S. 114 f. 123 Vgl. Michael Kaiser: Die verdeckte Konkurrenz. Bayern und Preußen 1701–1871, in: Jürgen Luh u. a. (Hg.), Preußen, Deutschland und Europa 1701–2001, Groningen 2003, S. 90–127. 124 Zit. nach Dietrich, S. 249. 125 Vgl. Thomas Nicklas: Macht oder Recht. Frühneuzeitliche Politik im Obersächsischen Reichskreis, Stuttgart 2002, S. 183–187 u.ö. 126 Vgl. zu ihm Michael Rohrschneider: Johann Georg II. von Anhalt-Dessau (1627– 1693). Eine politische Biographie, Berlin 1998. 127 Vgl. jüngst hierzu und zum Folgenden Peter Langen: Ein Feuer im Herzen des Reichs. Kursachsen, Preußen und die Besetzung Köthens im Jahr 1732, in: JGMOD 60 (2014), S. 19–42. 128 Ebd., S. 26. 129 So hatte sich der Köthener Fürst 1718 z. B. geweigert, preußische Deserteure auszuliefern. Vgl. Krauske, Briefe, S. 144, Anm. 3. 130 Langen, Feuer, S. 31. 131 Geraume Zeit hatte Friedrich Wilhelm I. noch gehofft, über den am Dresdener Hof an Einfluss gewinnenden Grafen Brühl eine Lösung des Konflikts in seinem Sinne herbeiführen zu können, »zumahl da Wir ein besonderes Vertrauen in desselben Droiture und Dexterität auch vor die Unterhaltung der zwischen Ihro Königl. Mt. In Pohlen und Uns glücklichst florirenden Freundschafft … setzen«. GStA PK, I. HA, Rep. 16 Ober- und Niedersächsische Kreis- und Probationstage, Nr. 16 D, unpag: Friedrich Wilhelm I. an den preußischen Gesandten in Dresden, Marschall v. Bieberstein, Berlin, 5. Februar 1732. 132 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 494. 133 Vgl. dazu jüngst Frank Göse: Zwischen Marginalisierung und Übermächtigung. Die Stellung Brandenburg-Preußens im frühneuzeitlichen Reich, in: JGMOD 63 (2017), S. 105–137, hier S. 118.

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134 Zit. nach Langen, Feuer, S. 39. 135 Vgl. Klueting, Limburg, S. 120. 136 Vgl. zum Folgenden Vinzenz Czech: Brandenburg und seine kleinen Nachbarn, in: Jürgen Luh u. a. (Hg.), Preußen, Deutschland und Europa 1701–2001, Groningen 2003, S. 79–89. 137 Die Stolberger Grafen empfingen seit dem 15. Jahrhundert Schloss und Stadt Wernigerode inkl. weiterer Dörfer als ein »Mannlehn« von Kurbrandenburg. Vgl. Raumer, Nachweisung, S. 325. 138 Vgl. hierzu Friedrich Holtze jun.: Zur Geschichte der kurmärkischen Lehnskanzlei im 16. Jahrhundert, in: FBPG 6 (1893), S. 57–81. 139 Raumer, Nachweisung, S. 339. 140 So z. B. in einem Schreiben an Minister v. Ilgen im Mai 1717. Vgl. A.B.B., Bd. 2, Berlin 1898, S. 473. 141 Tobias Schenk: Reichsjustiz im Spannungsverhältnis von oberstrichterlichem Amt und österreichischen Hausmachtinteressen. Der Reichshofrat und der Konflikt um die Allodifikation der Lehen in Brandenburg-Preußen (1717–1728), in: Anja AmendTraut/ Albrecht Cordes/ Wolfgang Sellert (Hg.), Geld, Handel, Wirtschaft. Höchste Gerichte im Alten Reich als Spruchkörper und Institution, Berlin/Boston 2013, S. 103–219, hier S. 158. 142 Johannes Burkhardt: Der Westfälische Friede und die Legende von der landesherrlichen Souveränität, in: Jörg Engelbrecht/ Stephan Laux (Hg.), Landes- und Reichsgeschichte. Festschrift für Hansgeorg Molitor zum 65. Geburtstag, Bielefeld 2004, S. 199–220. 143 Vgl. dazu Schenk, Die Geschichte Brandenburg-Preußens, bis . 144 Vgl. Stollberg-Rilinger, Verfassungsgeschichte, S. 293. 145 Vgl. Frank Göse: Rittergut – Garnison – Residenz. Studien zur Sozialstruktur und politischen Wirksamkeit des brandenburgischen Adels 1648–1763, Berlin 2005, S. 184. 146 Bernhard Erdmannsdörffer: Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen 1648–1740, Bd. 2, Meersburg 1932, S. 354. 147 Schenk, Reichsjustiz, S. 111. 148 Vgl. Heinrich von Friedberg: Der Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm I. und Karl VI. über die Allodifikation der Lehne in den Marken, in: HZ 64 (1890), S. 216–233. 149 Zit. nach Schenk, Reichsjustiz, S. 151. 150 Neugebauer, Stände in Magdeburg, S. 183. 151 Zit. nach Ballschmieter, S. 115. 152 Vgl. Kurt Perels: Die allgemeinen Appellationsprivilegien für Brandenburg-Preußen, Weimar 1908, S. 57–66. 153 Jürgen Weitzel: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht. Zur politischen Geschichte der Rechtsmittel in Deutschland, Köln/Wien 1976, S. 143. 154 Schenk, Reichshofrat, S. 289 f. 155 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 10a, unpag.: Briefe vom 23. und 26. Januar 1717. 156 GStA PK, I. HA, Rep. 18, Nr. 31, Fasz. 140, Bl. 6. 157 Ebd., Bl. 9 f. 158 Ebd., Bl. 6. 159 GStA PK, I. HA, Rep. 1, Nr. 265, unpag. 160 Brief Friedrich Wilhelms I. vom 23. Mai 1719. Vgl. Schenk, Reichsjustiz, S. 138, Anm. 157. 161 GStA PK, I. HA, Rep. 1, Nr. 333, unpag. In späteren Briefen, z. B. am 11. Februar 1728, berichtete Seckendorff über seine Kontakte zu Wurmbrand »zu Beförderung E. Königl. Maj. vornehmsten Absichten und Interessen«. Ebd., unpag.

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162 Der preußische Geheime Rat Johann Friedrich II. von Alvensleben galt dabei als eine jener zu der »frondierenden« Adelsgruppe gehörenden Persönlichkeiten. Er informierte einen kaiserlichen Rat darüber, dass Kurhannover ihm zugesagt habe, »Ihm unter der Handt mit allen guten officiis und recomendationen zu assistieren«, im Falle sich der magdeburgische Adel in der Lehnssache an den Kaiser wenden würde. Zit. nach Schenk, Reichsjustiz, S. 147. 163 Zit. nach Friedberg, S. 223. 164 Zit. nach ebd., S. 225. 165 Zit. nach Schenk, Reichsjustiz, S. 148. 166 Zit. nach Ballschmieter, S. 138. 167 Vgl. hierzu den Bericht des ostfriesischen Gesandten Ortgies vom 15. August 1716 aus Berlin: »S.K.M. haben solchen [den mecklenburgischen Adel – F.G.] in Dero protection genommen und kommen von demselben nebst mehren Mecklenburgischen Untertanen noch immer mehr ins hiesige Land.« Zit. nach Ernst Friedlaender (Hg.): Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735. Ein Beitrag zur Preußischen Geschichte unter König Friedrich Wilhelm I., Berlin 1902, S. 536. 168 GStA PK, I. HA, Rep. 96, Nr. 513 A, unpag. 169 Ebd., unpag.: Schreiben Friedrich Wilhelms I. an Herzog Carl Leopold, Wusterhausen, 1. Oktober 1733. 170 Wiederholt hatte Kaiser Karl VI. in seinem Umfeld den preußischen König als Störenfried im Reich kritisiert, was unter den Diplomaten am Wiener Hof auch kolportiert wurde. Vgl. Backerra, S. 385. 171 Zit. nach Max Lehmann: Preußen und die katholische Kirche seit 1640, Th. 1, Leipzig 1878, S. 685. 172 Zit. nach Förster, Bd. 3, S. 15.

11. Dynastie und Familie 1 Vgl. Harm Klueting: Die Lehre von der Macht der Staaten. Das außenpolitische Machtproblem in der »politischen Wissenschaft« und in der praktischen Politik im 18. Jahrhundert, Berlin 1986; Michael Stolleis (Hg.): Staatsdenker in der Frühen Neuzeit, 3. Aufl., München 1995. 2 Lucien Bély: La société des princes. XVIe–XVIIIe siècle, Paris 1999. 3 In diesem Sinne argumentierte jüngst auch Barbara Stollberg-Rilinger: Nur die Frau des Kaisers? Kommentar, in: Bettina Braun/ Katrin Keller/ Matthias Schnettger (Hg.), Nur die Frau des Kaisers? Kaiserinnen in der Frühen Neuzeit, Wien 2016, S. 245–251, hier S. 246. 4 Ludwig Häusser: Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gründung des deutschen Bundes, Bd. 1, 3. verb. und verm. Aufl., Berlin 1861, S. 35. 5 Daniel Schönpflug: Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640–1918, Göttingen 2013, S. 121. 6 Vgl. dazu Johannes Kunisch: Hausgesetzgebung und Mächtesystem. Zur Einbeziehung hausvertraglicher Erbfolgeregelungen in die Staatenpolitik des ancien régime, in: ders. (Hg.), Der dynastische Fürstenstaat. Zur Bedeutung von Sukzessionsordnungen für die Entstehung des frühmodernen Staates, Berlin 1982, S. 49–80. 7 Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Eine Biographie: Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941 (ND Darmstadt 1968), S. 94 f. 8 Zit. nach ebd., S. 66. Eine andere Begebenheit schildert Hinrichs aus dem Jahre 1697, als der junge Kurprinz recht selbstbewusst und kenntnisreich die Fähigkeiten seiner engeren Verwandtschaft beschrieb; vgl. ebd., S. 67. 9 Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 236. 10 Vgl. das Testament vom 1. Juli 1714, in: Hermann von Caemmerer (Hg.): Die Testa-

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mente der Kurfürsten von Brandenburg und der beiden ersten Könige von Preußen, München/Leipzig 1915, S. 351–360, hier S. 353. Nachgeborene Söhne sollten demnach finanzielle Apanagen erhalten. Besonders drastisch etwa bei Thea Leitner: Martyrium eines Kindes. Wilhelmine 1709–1758, in: dies., Skandal bei Hof, Wien 1993, S. 133–196. Vgl. Günter Berger: Wilhelmine von Bayreuth. Leben heißt eine Rolle spielen, Regensburg 2018, S. 172. Vgl. Claudia Kollbach: Aufwachsen bei Hof. Aufklärung und fürstliche Erziehung in Hessen und Baden, Frankfurt am Main u. a. 2009, S. 56 f. und 134 f. Zit. nach Wilhelm Stratemann: Vom Berliner Hofe zur Zeit Friedrich Wilhelms I. Berichte des Braunschweiger Gesandten in Berlin. 1728–1733, hg. und erl. von Richard Wolff, Berlin 1914, S. 15. Ebd. Dieses Porträt war als Geschenk für König August II. gedacht. Die Prinzessinnen hatte man während des Malvorganges »etwas tantzen laßen, damit selbige nicht allein etwas contenter aussehen sondern auch einige mehr lebhafftere Couleur bekommen mögen«. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv [i.F. BPH], Rep. 46, J 5a, Bd. 1, Bl. 24. Vgl. hierzu den Aufsatz von Sören Schlueter: Von »Nonnen« und »Kadetten«. Zur Vaterrolle Friedrich Wilhelms I., in: Frank Göse/ Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., Berlin 2020 [im Druck]. Zit. nach Eva Ziebura: August Wilhelm. Prinz von Preußen, Berlin 2006, S. 18. Zit. nach Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 202. Vgl. Arnold Berney: Friedrich der Große. Entwicklungsgeschichte eines Staatsmannes, Tübingen 1934, S. 13. Vgl. Ziebura, August Wilhelm, S. 28–31. Vgl. Eva Ziebura: Prinz Heinrich von Preußen, Berlin 1999, S. 19 f. Peter-Michael Hahn: Friedrich II. von Preußen. Feldherr, Autokrat und Selbstdarsteller, Stuttgart 2013, S. 24. HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 12 d, Bl. 73. Vgl. Bruno Kuntke: Friedrich Heinrich von Seckendorff (1673–1763), Husum 2007, S. 171 f. und 187–192. Zit. nach Friedrich von Raumer: Zweite Beilage. Preußen vom Jahre 1730 bis 1740. Friedrichs II. Jugendzeit, in: ders., Beiträge zur neueren Geschichte aus dem britischen und französischen Reichsarchive, T. 3, Bd. 1, Leipzig 1839, S. 491–582, hier S. 539. Vgl. HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 28, unpag. Zit. nach Raumer, Zweite Beilage, S. 537. Vgl. hierzu einige Beispiele in dem Ausstellungskatalog von Jürgen Kloosterhuis: Kriegsgericht in Köpenick. Anno 1730: Kronprinz – Katte – Königswort, Berlin 2011, S. 165–171. Zit. nach Hans Philippi: Landgraf Karl von Hessen-Kassel. Ein deutscher Fürst der Barockzeit, Marburg 1976, S. 561. Vgl. Charlotte Backerra: Wien und London, 1727–1735. Internationale Beziehungen im frühen 18. Jahrhundert, Göttingen 2018, S. 325. Vgl. Mijndert Bertram: Georg II. König und Kurfürst. Eine Biografie, 2., überarb. Aufl., Göttingen 2004, S. 101 f. Kloosterhuis, Kriegsgericht, S. 184. Zit. nach Jürgen Kloosterhuis: Katte, Ordre und Kriegsartikel. Aktenanalytische und militärhistorische Aspekte einer »facheusen« Geschichte, Berlin 2006, S. 89.

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35 So die »Kriegs-Articul« von 1734. Vgl. dazu ebd., S. 66. 36 In diesem Sinne argumentiert Benjamin Marschke: The Crown Prince’s Brothers and Sisters. Succession and Inheritance Problems and Solutions among the Hohenzollerns, From the Great Elector to Frederick the Great, in: Christopher H. Johnson/ David Warren Sabean (Hg.), Sibling Relations and the Transformations of European Kinship, 1300–1900, New York/Oxford 2011, S. 111–144, hier S. 126 f. 37 Zit. nach Kloosterhuis, Katte, S. 89. 38 Leonhard Horowski: Das Europa der Könige. Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts, Reinbek bei Hamburg 2017, S. 534. 39 Zit. nach Christopher Duffy: Friedrich der Große. Ein Soldatenleben, Zürich u. a. 1986, S. 31. 40 Zit. nach Caemmerer, S. 367. 41 Vgl. Ziebura, Prinz Heinrich, S. 22. 42 Vgl. jüngst dazu Hahn, Friedrich II., S. 37 f. und 47; Tim Blanning: Friedrich der Große. König von Preußen. Eine Biographie, München 2018, S. 74–86. 43 So laut einem Tagebucheintrag Christoph Ludwigs von Seckendorff, des Neffen des kaiserlichen Gesandten Friedrich Heinrich von Seckendorff. Zit. nach Blanning, S. 81. 44 Vgl. GStA PK, BPH, Rep. 47, J, Nr. 371, unpag. 45 Vgl. Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode: Schwierige Prinzen. Die Markgrafen von Brandenburg-Schwedt, Berlin 2011, S. 127 und 149 f. 46 Philippi, S. 644. 47 Vgl. zur Heiratspolitik in der brandenburgischen Adelsgesellschaft Frank Göse: Rittergut – Garnison – Residenz. Studien zur Sozialstruktur und politischen Wirksamkeit des brandenburgischen Adels 1648–1763, Berlin 2005, S. 245–260. 48 Krauske, Briefe, S. 171. 49 Vgl. hierzu mit weiteren Belegen Schlueter. 50 Vgl. Ernst Daniel Martin Kirchner: Die Churfürstinnen und Königinnen auf dem Throne der Hohenzollern, im Zusammenhange mit ihren Familien- und Zeit-Verhältnissen, T. 3: Die sechs ersten Königinnen, mit deren Bildnissen, Berlin 1870, S. 106. 51 Zit. nach Stratemann, S. 58. 52 GStA PK, BPH, Rep. 46, J 5a, Bd. 1, Bl. 3. 53 Ebd., Bl. 5. 54 Ebd., Bl. 104. 55 Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, Leipzig 1920, S. 137. 56 Vgl. hierzu mit vielen Belegen Hans Droysen (Hg.): Aus den Briefen der Herzogin Philippine Charlotte von Braunschweig 1732–1801, Bd. 1: 1732–1768, Wolfenbüttel 1916. 57 So in einem Brief vom 4. September 1733. Ebd., S. 5. 58 So hatte er ihr am 29. November 1729 geschrieben, dass »ich dich liebe mer als alle meine Kinder«. GStA PK, BPH, Rep. 46, J 5a, Bd. 1, Bl. 14. 59 Vgl. Droysen, Philippine Charlotte. 60 Vgl. Schlueter. 61 Wintzingerode, S. 177. 62 Gemeint ist Prinzessin Friederike Luise. 63 Zit. nach Stratemann, S. 49. 64 David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 928 f. 65 Jochen Klepper (Hg.): Der Soldatenkönig und die Stillen im Lande. Begegnungen Friedrich Wilhelms I. mit August Hermann Francke, Gotthilf August Francke, Johann Anastasius Freylinghausen, Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, 2. Aufl., Berlin 1938, S. 123.

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66 Vgl. Ziebura, August Wilhelm, S. 22–24. Dafür wurden mitunter sogar hohe Offiziere der königlichen Leibregimenter abkommandiert. 67 Klepper, Soldatenkönig, S. 70. 68 Ebd., S. 72. 69 So etwa der Befund bei Ziebura, August Wilhelm; dies., Prinz Heinrich. Jüngst kommt auch Schlueter zu einer ähnlichen Einschätzung. 70 Salomon Jakob Morgenstern: Über Friedrich Wilhelm I., 1793 (ND Osnabrück 1978), S. 38 f. 71 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 21. 72 Katrin Keller: Frauen und Politik in der höfischen Gesellschaft des Alten Reiches zwischen 1550 und 1750, in: zeitenblicke 8, Nr. 2 (2009), URL: http://www.zeitenblicke.de/2009/2/keller/index_html. 73 Vgl. GStA PK, BPH, Rep. 46, J 38, Bl. 1–19. 74 HHStAW, Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 8a, Bl. 21. 75 Vgl. Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert, Bd. 2, Berlin 1898, S. 28–30. 76 Zit. nach Kirchner, S. 102. 77 Zit. nach Friedrich Förster: Friedrich Wilhelm I., König von [sic!] Preußen, 3 Bde., Potsdam 1834–1835, hier Bd. 1, S. 352. 78 Hans Droysen: Aus den Briefen der Königin Sophie Dorothea, in: HohenzollernJahrbuch 17 (1913), S. 210–243, hier S. 226 ff. 79 Vgl. ebd.; ferner Hannelore Helfer (Hg.): Liselotte von der Pfalz in ihren Harling-Briefen, 2 Teile, Hannover 2007. 80 GStA PK, BPH, Rep. 46, P 6, Bl. 60. Finanzielle Hilfen erbaten auch eine Freifrau zu Putlitz und eine Frau von Puttkammer; vgl. ebd., Bl. 63 ff. 81 Ebd., Bl. 41. 82 Keller, Frauen und Politik. 83 Vgl. Kirchner, S. 125. 84 Zu den sich am preußischen Hof herausbildenden Parteiungen vgl. Otto Krauske: Vom Hofe Friedrich Wilhelms I., in: Hohenzollern-Jahrbuch 5 (1901), S. 173–210, hier S. 183; Carl Hinrichs: Der Konflikt zwischen Friedrich Wilhelm I. und Kronprinz Friedrich, in: ders., Preußen als historisches Problem. Gesammelte Abhandlungen, Berlin 1964, S. 185–202. 85 Memoiren, S. 9. 86 Vgl. Kirchner, S. 130 f. 87 GStA PK, BPH, Rep. 46, J, 5a, Bd. 1, Bl. 5. 88 Krauske, Vom Hofe, S. 183. 89 Alexandra Nina Bauer: Weibs-Bilder. Das weibliche Bildnis am brandenburg-preußischen Hof in der Malerei des 16. bis 19. Jahrhunderts, in: Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Dresden 2015, S. 164–175, hier S. 171. 90 Wintzingerode, S. 152. 91 Hier zit. nach Die neue europäische Fama, welche den gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Höfe entdecket …, T. 22 (1737), S. 887. 92 Beim preußischen König war dieser wegen seiner Vitalität recht beliebt. 93 Memoiren, S. 529. 94 Vgl. Gerd Heinrich: Friedrich II. Leistung und Leben eines großen Königs, Berlin 2009, S. 113. 95 GStA PK, I. HA Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Angelegenheiten, Akten Russland, Nr. 6682, Bl. 22.

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96 Vgl. Otto Krauske: Die Verlobung Friedrich Wilhelms I., in: Beiträge zur brandenburgischen und preußischen Geschichte. Festschrift zu Gustav Schmollers 70. Geburtstag, Leipzig 1908, S. 153–189. 97 Vgl. ebd., S. 162 f. 98 Schönpflug, S. 171 f.; weitere Quellenbelege dazu bei Georg Schnath (Hg.): Briefwechsel der Kurfürstin Sophie von Hannover mit dem Preußischen Königshause, Berlin/Leipzig 1927; Richard Doebner (Hg.): Briefe der Königin Sophie Charlotte von Preußen und der Kurfürstin Sophie von Hannover an hannoversche Diplomaten, Leipzig 1905. 99 Vgl. dazu Martin Peters: Können Ehen Frieden stiften? Europäische Friedens- und Heiratsverträge der Vormoderne, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte 8 (2007), S. 121–133. 100 Zit. nach Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 259. 101 Vgl. Tobias Weller: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert, Köln u. a. 2004. 102 Vgl. hierzu Jill Bepler: Welfen und Hohenzollern vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Dresden 2015, S. 122–131. 103 Insbesondere die 1692 erreichte Gewinnung der Kurwürde durch die CalenbergGöttinger Linie förderte den Dissens zu Braunschweig-Wolfenbüttel, das sich als »Senior« der Gesamtdynastie düpiert fühlte. Vgl. hierzu knapp nur Hans-Georg Aschoff: Die Welfen. Von der Reformation bis 1918, Stuttgart 2010, S. 83–85. 104 Vgl. zu ihr mit revidierter Sicht und verständnisvollerer Bewertung den Aufsatz von Thomas Biskup: The Hidden Queen. Elisabeth Christine of Prussia and Hohenzollern Queenship in the Eighteenth Century, in: Clarissa Campbell Orr (Hg.), Queenship in Europe 1660–1815. The Role of the Consort, Cambridge 2004, S. 300– 321. 105 So Friedrich Wilhelm I. gegenüber dem Fürsten Leopold anlässlich des Besuches Ferdinand Albrechts II. in Königs Wusterhausen im September 1728. Krauske, Briefe, S. 402. 106 Schönpflug, S. 124. 107 Steffen Schlinker: Die Bedeutung der Erbeinungen und Erbverbrüderungen für die europäische Verfassungsgeschichte, in: Mario Müller/ Karl-Heinz Spieß/ Uwe Tresp (Hg.), Erbeinungen und Erbverbrüderungen in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Generationsübergreifende Verträge und Strategien im europäischen Vergleich, Berlin 2014, S. 13–39, hier S. 16. 108 Vgl. Edgar Löning: Die Erbverbrüderungen zwischen den Häusern Sachsen und Hessen und Sachsen, Brandenburg und Hessen, Frankfurt am Main 1867. 109 Vgl. hierzu jüngst Philip Haas: Fürstenehe und Interessen. Die dynastische Ehe der Frühen Neuzeit in zeitgenössischer Traktatliteratur und politischer Praxis am Beispiel Hessen-Kassels, Darmstadt/Marburg 2017, bes. S. 197–245. 110 Philippi, S. 335. 111 Ebd., S. 429–431. 112 Vgl. Michael Rohrschneider: Möglichkeiten und Grenzen politischer Selbstbehauptung mindermächtiger Reichsstände im 17. Jahrhundert. Das politische Wirken Johann Georgs II. von Anhalt-Dessau, in: Werner Freitag/ Michael Hecht (Hg.), Die Fürsten von Anhalt. Herrschaftssymbolik, dynastische Vernunft und politische Konzepte in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Halle (Saale) 2003, S. 187–201. 113 Die auch in den Reichsinstitutionen auf Widerhall gestoßenen Konflikte mit Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg werden im Kapitel zur Reichspolitik behandelt. 114 Zit. nach Stratemann, S. 20. 115 Vgl. hierzu den Bericht aus der Perspektive Wilhelmines in ihren Memoiren, S. 121.

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116 Besonders symptomatisch erscheinen hier die Versuche Friedrichs I., auf seinen kursächsischen Standesgenossen einzuwirken, um Erleichterungen für seinen Schwager, Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz, zu erlangen. August der Starke wies ein solches Ansinnen allerdings brüsk zurück mit dem Verweis auf die Höherrangigkeit der kurfürstlichen Solidarität gegenüber Kriterien wie Verwandtschaft und Eheallianz. Vgl. Jochen Vötsch: Kursachsen, das Reich und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Frankfurt am Main u. a. 2003, S. 285. 117 Ebd., S. 295. 118 So der hellsichtige Verfasser der sich kritisch mit der kursächsischen Politik auseinandersetzenden Schrift »Das sich selbst nicht kennende Sachsen oder Politische Rathschläge über Chur-Sachsens Stärke und Schwäche vom Jahr 1707«, in: Patriotisches Archiv für Deutschland 8 (1788), S. 249–386, hier S. 356. Diese spielte auf die traumatische Erfahrung an, die die Ernestiner mit dem Verlust der Kurwürde am Ende des Schmalkaldischen Krieges 1547 machen mussten. 119 Schönpflug, S. 289. 120 Dieter Stievermann: Eberhard Ludwig, in: Sönke Lorenz u. a. (Hg.), Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon, Stuttgart u. a. 1997, S. 169–172, hier S. 171. 121 Karl Otmar von Aretin: Das Alte Reich. 1648–1806, 4 Bde., Stuttgart 1993–2000, hier Bd. 3, S. 72. 122 Anja Hirsch/ Eric Hartmann: Statistiken zur Heiratspolitik der Hohenzollern von 1401 bis 1918, in: Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Dresden 2015, S. 92–99, hier S. 93. 123 Vgl. dazu Wintzingerode, S. 283–285. 124 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6700, Bl. 26. 125 Ebd., Bl. 58. 126 Vgl. Schönpflug, S. 116 f. 127 Generell dazu: Anke Hufschmidt: »den Krieg im Braut-Bette schlichten«. Zu konfessionsverschiedenen Ehen in fürstlichen Familien der Frühen Neuzeit, in: Jens Flemming u. a. (Hg.), Lesarten der Geschichte. Ländliche Ordnungen und Geschlechterverhältnisse. Festschrift für Heide Wunder zum 65. Geburtstag, Kassel 2004, S. 333–355. 128 Ein Beispiel für die Ablehnung einer Heirat durch eine Prinzessin wegen Verweigerung des geforderten Konfessionswechsels bot Caroline von Brandenburg-Ansbach (1704), die den späteren Kaiser Karl VI. heiraten sollte. Vgl. ebd., S. 342 f. 129 Eine Ausnahme bildete von ihrer Erziehung her wohl die Mutter Friedrich Wilhelms I., Sophie Charlotte, die konfessionell indifferent erzogen worden war. Vgl. Christine van den Heuvel: Sophie von der Pfalz (1630–1714) und ihre Tochter Sophie Charlotte (1668–1705), in: Kerstin Merkel/ Heide Wunder (Hg.), Deutsche Frauen der Frühen Neuzeit. Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen, Darmstadt 2000, S. 77–92. 130 Vgl. Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., S. 292. 131 Vgl. Stephan Buchholz: Recht, Religion und Ehe. Orientierungswandel und gelehrte Kontroversen im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1988, bes. S. 347–354. 132 Georg Heinrich Ludwig Nicolovius: Erinnerungen an die Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen aus dem Hause Hohenzollern, hinsichtlich ihres Verhaltens in Angelegenheiten der Religion und der Kirche, Hamburg 1838, S. 257. 133 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Sachsen-Eisenach, Nr. 1159, Bl. 7. 134 Ebd., Bl. 2. 135 Ebd., Bl. 11 f. und 14. Gemeint ist die Prinzessin Marie, die 1687 mit dem Mecklenburg-Güstrower Erbprinzen Karl verheiratet worden war. Dieser starb aber ein Dreivierteljahr später, und Marie wurde erneut verehelicht. 136 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Sachsen-Eisenach, Nr. 1159, Bl. 153.

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137 Ebd., Bl. 185. 138 Vgl. Dieter Stievermann: Henriette Marie, in: Sönke Lorenz u. a. (Hg.), Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon, Stuttgart u. a. 1997, S. 174 f. 139 Vgl. hierzu einige Belege bei Wintzingerode. 140 Vgl. Memoiren, S. 262. 141 Ebd., S. 82. 142 Vgl. Hans Liermann: Rechtsgeschichtliches in den Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, in: Wilhelm Müller (Hg.), Im Glanz des Rokoko. Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. Gedenken zu ihrem 200. Todestag, Bayreuth 1958, S. 18–27, hier S. 24 f. 143 Zit. nach Stratemann, S. 14. 144 GStA PK, I. HA, Rep. 11 Akten Russland, Nr. 6682, Bl. 95. 145 Zit. nach Raumer, Zweite Beilage, S. 555. 146 Vgl. Paul Sauer: Ein kaiserlicher General auf dem württembergischen Herzogsthron. Herzog Carl Alexander von Württemberg 1684–1737, Filderstadt 2006, S. 145. 147 Vgl. Ute Küppers-Braun: Kanonissin, Dechantin, Pröpstin und Äbtissin – Quedlinburger Stiftsdamen nach der Reformation, in: Clemens Bley (Hg.), Kayserlich – frey – weltlich. Das Reichsstift Quedlinburg im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, Halle (Saale) 2009, S. 30–104, hier S. 80. 148 Fritz Arnheim: Die Memoiren der Königin von Schweden Ulrike Luise, Schwester Friedrichs des Großen. Ein quellenkritischer Beitrag zur Geschichte Schwedens im 18. Jahrhundert, Halle 1888, S. 2. 149 Wintzingerode, S. 184. 150 Vgl. Küppers-Braun, S. 85; Helge Bei der Wieden: Die Äbtissinnen der Reichsabtei Herford in der Neuzeit, in: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford 8 (2000), S. 31–54. 151 Küppers-Braun, S. 77. 152 Krauske, Briefe, S. 612 f. Fürst Leopold misstraute den Zusagen, weil der mit dieser Angelegenheit betraute Minister v. Cocceji mit ihm verfeindet war. 153 So wies Friedrich Wilhelm I. v. Cocceji im März 1735 an, einem Sohn des kurmainzischen Geheimen Rates Baron Groschlag »eine Expectance auf die erst vacant werdende Catholische Dohm praebende zu Halberstadt« einzuräumen. GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 11, Bl. 131. 154 GStA PK, I. HA, Rep. 41 Beziehungen zu Kursachsen, Nr. 3267, unpag. 155 Zahlen nach Carmen Winkel: Im Netz des Königs. Netzwerke und Patronage in der preußischen Armee 1713–1786, Paderborn u. a. 2013, S. 359 f. 156 Krauske, Briefe, S. 393. Die Anerkennung resultierte wohl auch daraus, dass er dem König einige stattliche Rekruten für sein Königsregiment geworben hatte. 157 Auch Elisabeth Christine, die Gemahlin des Kronprinzen Friedrich, entstammte bekanntlich dieser Familie. 158 Winkel, S. 172. 159 Dies war bereits im preußisch-württembergischen Vertrag von 1709 ausgehandelt worden. Die totale Enteignung der Grävenitz konnte durch preußische Vermittlung verhindert werden, indem man 1736 einen Vergleich erzielte, in dem die Gräfin zwar auf alle Besitzungen verzichtete, dafür aber eine stattliche Abfindung in Höhe von 150.000 Talern erhielt. Vgl. Bernd Wunder: Herzog Eberhard Ludwig (1677–1733), in: 900 Jahre Haus Württemberg. Leben und Leistung für Land und Volk, 3. Aufl., Stuttgart u. a. 1985, S. 210–226. 160 Vgl. Sauer, S. 212 f. 161 Winkel, S. 166 f. 162 Ebd., S. 108. 163 Vgl. Paul Seidel: Die Gründung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler und die

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Königskrönung am 17. und 18. Januar 1701 in Königsberg in Ostpreußen, in: Hohenzollern-Jahrbuch 4 (1900), S. 127–139. 164 Vgl. Liste der Ritter des Koeniglich-Preußischen hohen Ordens vom Schwarzen Adler, Berlin 1851. 165 Vgl. Peter Langen: Ein Feuer im Herzen des Reichs. Kursachsen, Preußen und die Besetzung Köthens im Jahr 1732, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 60 (2014), S. 19–42, hier S. 23 f. 166 Krauske, Briefe, S. 574. 167 Man einigte sich dann auf die Zahlung von 300 Dukaten. Vgl. hierzu mit dem Zitat Tobias Schenk: Reichsjustiz im Spannungsverhältnis von oberstrichterlichem Amt und österreichischen Hausmachtinteressen. Der Reichshofrat und der Konflikt um die Allodifikation der Lehen in Brandenburg-Preußen (1717–1728), in: Anja AmendTraut/ Albrecht Cordes/ Wolfgang Sellert (Hg.), Geld, Handel, Wirtschaft. Höchste Gerichte im Alten Reich als Spruchkörper und Institution, Berlin/Boston 2013, S. 103–219, hier S. 138. 168 GStA PK, I. HA, Rep. 96 B, Nr. 5, S. 137. 169 GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 3 Generaldepartement, Tit. I Hofkammer und General-Finanzdirektorium, Nr. 41, unpag. 170 GStA PK, II. HA, Abt. 3, Tit. XXIV Anleihen, Nr. 2, Bl. 3.

12. Lebensende und Bilanz 1 Hans-Joachim Neumann: Friedrich Wilhelm I. Leben und Leiden des Soldatenkönigs, Berlin 1993, S. 122. – Vgl. zum Gewicht auch die folgende Miszelle von Edgar von Ubisch: Eine Gewichtstafel Friedrich Wilhelms I. und seiner Umgebung, in: Hohenzollern-Jahrbuch 3 (1899), S. 255–258. 2 Zit. nach Otto Krauske (Bearb.): Die Briefe König Friedrich Wilhelms I. an den Fürsten Leopold zu Anhalt-Dessau 1704–1740, Berlin 1905, S. 293: 10. August 1725. 3 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin [i.F. GStA PK], Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv [i.F. BPH], Rep. 46 König Friedrich Wilhelm I., K 2, Bl. 9. 4 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [i.F. HHStAW], Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte«, Nr. 14a, Bl. 7 und 67. 5 Vgl. Claus A. Pierach/ Erich Jennewein: Friedrich Wilhelm I. und Porphyrie, in: Sudhoffs Archiv 83/1 (1999), S. 50–66, hier S. 50 f. 6 Vgl. mit einigen Auszügen daraus: Neumann, S. 139–142. 7 Vgl. hierzu die eingehende Beschreibung von David Fassmann: Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi, Hamburg 1735 (ND Bad Honnef 1982), S. 389; sowie Jochen Klepper (Hg.): In tormentis pinxit. Bilder und Briefe des Soldatenkönigs, Stuttgart 1938. 8 Zit. nach Krauske, Briefe, S. 416: 26. Februar 1729. 9 Vgl. Pierach/Jennewein, S. 53 f. 10 Zudem seien »nicht allein die Füße, sondern auch die Schenckel, ja auch der Unterleib … mit Geschwulst befallen«. GStA PK, BPH, Rep. 46, K 2, Bl. 5. 11 Ebd., Bl. 12. 12 Vgl. Neumann, S. 144 f. 13 HHStAW, Staatenabteilungen, Brandenburgica, K. 32, unpag.: 11. Januar 1738. 14 Massimo Winspeare: Die Medici. Das goldene Zeitalter der großen Kunstsammlungen, Florenz/Livorno 2000, S. 117. 15 So in einem Brief an Fürst Leopold. Zit. nach Krauske, Briefe, S. 537: 21. September 1734. 16 GStA PK, I. HA Geheimer Rat, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale), Nr. 21, Bl. 333.

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17 Zit. nach Ludolf von Luck: Aus dem im Jahre 1740 zu Berlin Französisch geführten Tagebuch des Geh. Raths Isaac v. Milsonneau, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 4 (1869), S. 111–118, hier S. 111. 18 Vgl. GStA PK, BPH, Rep. 46, K 8, unpag. 19 Linda Brüggemann: Herrschaft und Tod in der Frühen Neuzeit. Das Sterbe- und Begräbniszeremoniell preußischer Herrscher vom Großen Kurfürsten bis zu Friedrich Wilhelm II. (1688–1797), München 2015, S. 225. 20 GStA PK, BPH, Rep. 46, K 6, unpag. 21 Vgl. und zit. nach Neumann, S. 174–176. 22 Zit. nach Brüggemann, S. 250. 23 GStA PK, BPH, Rep. 46, K 8, unpag. 24 Vgl. Jürgen Luh: Der Große. Friedrich II. von Preußen, München 2011. 25 Richard Dietrich (Bearb.): Die Politischen Testamente der Hohenzollern, Köln/Wien 1986, S. 72. 26 Vgl. als komprimierenden Überblick: Dagmar Freist: Absolutismus, Darmstadt 2008, S. 9–23. 27 Vgl. hierzu vor allem die seinerzeit von dem Buch von Nicholas Henshall: The Myth of Absolutism. Change and Continuity in Early Modern European Monarchy, London/ New York 1992, ausgehende Diskussion. – Zur kritischen Rezeption dieser Thesen vgl. Heinz Duchhardt: Absolutismus. Abschied von einem Epochenbegriff?, in: Historische Zeitschrift 258 (1994), S. 113–122; Ronald G. Asch/ Heinz Duchhardt (Hg.): Der Absolutismus – ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550–1700), Köln/Weimar/Wien 1996. 28 Ernst Hinrichs: Fürsten und Mächte. Zum Problem des europäischen Absolutismus, Göttingen 2000, S. 19 f. 29 Stefan Brakensiek: Lokale Amtsträger in deutschen Territorien der Frühen Neuzeit. Institutionelle Grundlagen, akzeptanzorientierte Herrschaftspraxis und obrigkeitliche Identität, in: Ronald G. Asch/ Dagmar Freist (Hg.), Staatsbildung als kultureller Prozess. Strukturwandel und Legitimation von Herrschaft in der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2005, S. 49–67, hier S. 50. 30 So etwa dezidiert bei Ernst Hinrichs: Abschied vom Absolutismus? Eine Antwort auf Nicholas Henshall, in: Ronald G. Asch/ Heinz Duchhardt (Hg.), Der Absolutismus – ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550–1700), Köln/Weimar/Wien 1996, S. 353–371. 31 So eine Kapiteltitulierung bei Heinz Duchhardt/ Matthias Schnettger: Barock und Aufklärung, 5., neu bearb. und erw. Aufl. des Bandes »Das Zeitalter des Absolutismus«, Berlin/Boston 2015, S. 40–60. 32 Volker Press: Der Typ des absolutistischen Fürsten in Süddeutschland, in: Günter Vogler (Hg.), Europäische Herrscher. Ihre Rolle bei der Gestaltung von Politik und Gesellschaft vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Weimar 1988, S. 123–141, hier S. 131. 33 Vgl. Hans Philippi: Landgraf Karl von Hessen-Kassel. Ein deutscher Fürst der Barockzeit, Marburg 1976. 34 Vgl. Ludwig Hüttl: Max Emanuel. Der Blaue Kurfürst 1679–1726. Eine politische Biographie, München 1976, S. 226. 35 Vgl. Wolfgang Neugebauer: Monarchisches Kabinett und Geheimer Rat. Vergleichende Betrachtungen zur frühneuzeitlichen Verfassungsgeschichte in Österreich, Kursachsen und Preußen, in: Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre, öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte 33 (1994), S. 511–535. 36 Press, Süddeutschland, S. 132. 37 So argumentierte z. B. Ernst Schubert: Landstände und Fürstenherrschaft. Kommentar zu den Beiträgen von Ulf Molzahn und Frank Göse, in: Katrin Keller/ Josef Matzerath (Hg.), Geschichte des sächsischen Adels, Köln/Weimar/Wien 1997, S. 161–166, hier S. 164.

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38 Zit. nach Klaus Müller: Kurfürst Johann Wilhelm als rheinischer Reichsfürst, in: Benedikt Mauer (Hg.), Barocke Herrschaft am Rhein um 1700. Kurfürst Johann Wilhelm II. und seine Zeit, Düsseldorf 2009, S. 17–36, hier S. 32. 39 Einen solchen Interpretationsversuch schon im Kontext der entwickelten Lehre von den Stufenformen des Absolutismus siehe bei Wilhelm Roscher: Umrisse zur Naturlehre der drei Staatsformen, in: Allgemeine Zeitschrift für Geschichte 7 (1847), S. 79–88, 322–365 und 436–478, hier S. 450 f. 40 Vgl. dazu die abwägenden Ausführungen von Günter Birtsch: Friedrich Wilhelm I. und die Anfänge der Aufklärung in Brandenburg-Preußen, in: Oswald Hauser (Hg.), Preußen, Europa und das Reich, Köln/Wien 1987, S. 87–102. 41 Vgl. Günter Birtsch: Aufgeklärter Absolutismus oder Reformabsolutismus?, in: Aufklärung 9/1 (1996), S. 101–109. 42 Zit. nach Gustav Berthold Volz (Hg.): Die Werke Friedrichs des Großen, Bd. 1: Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg, Berlin 1913, S. 120 f. 43 Vgl. hierzu Ulrich Muhlack: Geschichte und Geschichtsschreibung bei Voltaire und Friedrich dem Großen, in: Johannes Kunisch (Hg.), Persönlichkeiten im Umkreis Friedrichs des Großen, Köln/Wien 1988, S. 29–57. 44 Zit. nach Sven Externbrink: Hof und Heer. Das Preußenbild der französischen Diplomatie zur Zeit Ludwigs XV. (1715–1774), in: Günther Lottes/ Iwan D’Aprile (Hg.), Hofkultur und aufgeklärte Öffentlichkeit. Potsdam im 18. Jahrhundert im europäischen Kontext, Berlin 2006, S. 29–45, hier S. 42. 45 Stephan Skalweit: Friedrich Wilhelm I. und die preußische Historie, in: Otto Büsch/ Wolfgang Neugebauer (Hg.), Moderne Preußische Geschichte 1648–1947. Eine Anthologie, Berlin/ New York 1981, S. 105–130, hier S. 110 und 120. 46 Freist, S. 96. Eine gewisse Vorwegnahme dieser Reformtätigkeit in der Herrschaftspraxis Friedrich Wilhelms I. beobachtete auch Volker Sellin: Friedrich der Große und der aufgeklärte Absolutismus. Ein Beitrag zur Klärung eines umstrittenen Begriffs, in: Ulrich Engelhardt/ Volker Sellin/ Horst Stuke (Hg.), Soziale Bewegung und politische Verfassung. Beiträge zur Geschichte der modernen Welt, Stuttgart 1976, S. 83–112. 47 Wilhelm von Humboldt: Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen, Stuttgart 2015, S. 31 und 33. 48 Zit. nach Dietrich, S. 224. 49 Dem Urteil seines Nachfolgers zufolge habe es keinen Monarchen gegeben, »der für die Behandlung von Einzelheiten so begabt gewesen wäre«. Volz, Bd. 1, S. 121

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12. Lebensende und Bilanz

Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam (BLHA) Rep. 2 Kurmärkische Kammer Rep. 23A Kurmärkische Stände Rep. 23B Neumärkische Stände Rep. 37 Herrschaft Königs Wusterhausen Rep. 37 Gut Werben I Rep. 40A Kurmärkisches Konsistorium Rep. 78 Kurmärkische Lehnskanzlei

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin (GStA PK) I. HA Geheimer Rat, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser I. HA, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung I. HA, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen I. HA, Rep. 13 Religionsstreitigkeiten im Reich I. HA, Rep. 16 Ober- und Niedersächsische Kreis- und Probationstage I. HA, Rep. 18 Reichskammergericht, Reichshofrat und Brandenburg-Preußisches Oberappellationsgericht I. HA, Rep. 21 Brandenburgische Städte, Ämter und Kreise I. HA, Rep. 21/127 Protokolle des Geheimen Rates und des Geheimen Kriegsrates I. HA, Rep. 22 Adlige Familien und Schulzengerichte der Mark Brandenburg I. HA, Rep. 30 Pommern (Vor- und Hinterpommern) I. HA, Rep. 36 Hof- und Güterverwaltung I. HA, Rep. 41 Beziehungen zu Kursachsen I. HA, Rep. 47 Geistliche Angelegenheiten I. HA, Rep. 49 Fiscalia I. HA, Rep. 52 Herzogtum Magdeburg I. HA, Rep. 63 Neuere Kriegssachen I. HA, Rep. 66 Allodifikation der Lehen I. HA, Rep. 67 A Polnischer Erbfolgekrieg I. HA, Rep. 96 Geheimes Kabinett I. HA, Rep. 96 B Geheimes Kabinett (Minüten, Extrakte, Remissionsjournale) I. HA, Rep. 98 Kabinettsministerium, Immediatberichte I. HA, Rep. 131 Archivkabinett II. HA Generaldirektorium, Abt. 3 Generaldepartement II. HA, Abt. 7 Ostpreußen und Litthauen II. HA, Abt. 12 Pommern II. HA, Abt. 14 Kurmark Quellen- und Literaturverzeichnis

559

II. HA, Abt. 15 Magdeburg Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv (BPH), Rep. 46 König Friedrich Wilhelm I. BPH, Rep. 47 König Friedrich II.

Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (HHStAW) Bestand Reichskanzlei, Diplomatische Akten, »Berlin-Berichte« Reichshofrat, Decisa Staatenabteilung, Brandenburgica

Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg (LASA, MD) Rep. A 5 Brandenburgisch-preußische Landesregierung im Herzogtum Magdeburg Rep. A 6 Landstände des Erzstifts/Herzogtums Magdeburg

Landeshauptarchiv Schwerin (LHAS) 2.11-2/1 Auswärtige Beziehungen

Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (Sächs. HStAD) 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv) 10026 Geheimes Kabinett

Staatsbibliothek zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SBB SPK) Nachlass A. H. Francke

Gedruckte Quellen A.B.B.: Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, Reihe: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert, 16 Bde., Berlin 1892–1982. Ernst Berner (Bearb.): Aus dem Briefwechsel König Friedrichs I. von Preußen und seiner Familie, Berlin 1901. Johann von Besser: Schriften, Bd. 3: Ceremonial-Acta, hg. von Peter-Michael Hahn/ Knut Kiesant, Heidelberg 2009. Jakob Friedrich von Bielfeld: Des Freyherrn von Bielfeld freundschaftliche Briefe nebst einigen andern. Aus dem Französischen, T. 1, Danzig/Leipzig 1765. C.C.M.: Christian Otto Mylius (Hg.): Corpus Constitutionum Marchicarum, Oder Königl. Preußis. und Churfürstl. Brandenburgische in der Chur- und Marck Brandenburg, auch incorporirten Landen publicirte und ergangene Ordnungen, Edicta, Mandata, Rescripta etc. Von Zeiten Friedrichs I. Churfürstens zu Brandenburg etc. biß ietzo unter der Regierung Friderich Wilhelms, Königs in Preußen etc. ad annum 1736. inclusivè, Berlin/Halle 1737–1755. Hermann von Caemmerer (Hg.): Die Testamente der Kurfürsten von Brandenburg und der beiden ersten Könige von Preußen, München/Leipzig 1915. Der Huldigungs-Eyd, Welchen Dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friederich Wilhelm, König in Preussen …, Die Sämtlichen 560

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Internetressourcen Gabriel Almer: Calvinista Aulico-Politicus. Konfession und Herrschaft in Brandenburg-Preußen (ca. 1660–1740), Phil. Diss. Berlin 2016, URL: https://d-nb.info/ 1094662976/34 Katrin Keller: Frauen und Politik in der höfischen Gesellschaft des Alten Reiches zwischen 1550 und 1750, in: zeitenblicke 8, Nr. 2 (2009), URL: http://www.zeitenblicke.de/2009/2/keller/index_html Tobias Schenk: Die Geschichte Brandenburg-Preußens und der Hohenzollern im Spiegel der Akten des kaiserlichen Reichshofrats. Ein Rundgang durch drei Jahrhunderte, in: Jürgen Luh (Hg.), Perspektivwechsel. Ein anderer Blick in die Geschichte Brandenburg-Preußens, 2014, , URL: https://www.perspectivia.net/ receive/ploneimport_mods_00010384

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Personenregister Adolf Friedrich III. (1686‑1752), Herzog v. Mecklenburg-Strelitz ab 1708 220, 221 Albrecht Friedrich von Brandenburg-Schwedt (1672–1731), preuß. Generalleutnant 443, 453, 457 Albrecht Wolfgang von Brandenburg-Kulmbach (1689–1734), ksl. General 384, 550 Anm. 42 Alexei (1690–1718), russ. Kronprinz 429, 432 Alvensleben, Johann Friedrich II. von (1657–1728), preuß. Geheimer Rat  556 Anm. 162 Anna (1693–1740), russ. Kaiserin ab 1730 360, 361 Anna Amalia von Preußen (1723–1787), Äbtissin d. Stifts Quedlinburg 457, 458 Anna Sophie Charlotte von Brandenburg-Schwedt (1706–1751), Herzogin v. Sachsen-Eisenach 450, 453, 454 Antoinette Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel (1696–1762) 59 Anton, 1720 Graf v. Oldenburg (Aldenburg) 221 Arrest, Peter d’ (1670–1733), preuß. Kammerrat 99 August II., der Starke (1670–1733), Kurfürst v. Sachsen ab 1694 (als Friedrich August I.) u. poln.-lit. König ab 1697 (als August II.) 34, 39, 56, 57, 62, 64, 82, 154, 157, 159, 206, 245, 255, 296, 322, 323, 333, 340, 355, 358, 359, 361, 371, 376, 377, 390, 391, 393‑396, 408, 448, 449, 459, 460, 472, 473, 541 Anm. 84, 553 Anm. 103, 557 Anm. 15, 562 Anm. 116 August Ludwig (1697–1755), reg. Fürst v. Anhalt-Köthen ab 1728 407, 408, 461 August Wilhelm (1662–1731), Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel ab 1714 218, 389 August Wilhelm (1715–1781), Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern ab 1746 u. preuß. General 459 August Wilhelm von Preußen (1722–1758) 177, 281, 427, 429, 437 Barfus, Eva Catherina, Ehefrau d. Alexander Friedrich von der Osten 439 Barsewisch, Ernst Friedrich Rudolf von (geb. 1737), preuß. Offizier 250 Bély, Lucien (geb. 1955), Historiker 423 Beneckendorff, Christoph Friedrich von, kursächs. General 191 Berger, Samuel (1691–1757), Arzt 417 Bernstorff, Andreas Gottlieb von (1649–1726), hannov. Staatsmann 335, 387, 389, 401, 418, 419 Besser, Johann von (1654–1729), Zeremonienmeister Friedrichs III. (I.) 31, 39, 47, 48, 60, 317 Bezuc, Philipp de (1682–1742), preuß. Oberstleutnant 522 Anm. 87 Bielfeld, Jakob Friedrich von (1717–1770), Schriftsteller 58 Bismarck, August II. von (1666–1732), altmärk. Landrat 180 Bismarck, Georg Friedrich von, 1718 preuß. Leutnant 182 Bismarck, Levin Friedrich II. von (1703–1774), preuß. Justizminister 96 Blaspiel, Johann Moritz von (gest. 1723), preuß. Generalkriegskommissar 37, 53, 75, 76, 341

Personenregister

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Bleckwenn, Hans (1912–1990), Historiker 240 Bode, Justus Vollrath von (1667–1727), ksl. Reichshofrat 461 Boden, August Friedrich (1682–1762), Kabinettssekretär Friedrich Wilhelms I. 81, 95 Borck, Kaspar Wilhelm von (1704–1747), preuß. Gesandter 156 Borcke, Friedrich Wilhelm von (1693–1769), Präsident d. mind. Kriegs- u. Domänenkammer u. Minister im Generaldirektorium 100, 101, 103, 125, 130, 279, 337, 347, 349, 362 Börstel (Borstell), Friedrich Carl von (1693–1750), preuß. Geheimer Finanzrat 95 Bredow, Friedrich von, 1731 Gutsbesitzer im Havelland 187 Bredow, Gottfried Albrecht von (1650–1730), preuß. Generalleutnant 175 Bredow, Matthias Christoph von (1685–1734), ostpreuß. Kriegs- u. Domänenrat 134 Breuning, Nikolaus Conrad, 1719 altmärk. Kommissariatsfiskal 202 Broebes, Jean-Baptiste (um 1660–1733), Kupferstecher 74 Brühl, Heinrich von (1700–1763), kursächs. Staatsminister 309, 555 Anm. 131 Bruns, Raimund (1706–1780), Dominikaner u. Pfarrer in Potsdam 258, 319, 529 Anm. 9 Bülow, Friedrich von (1698–1738), preuß. Gesandter 310 Burmeister, 1713 mecklenburg. Gesandter 315 Bussy-Rabutin, Amadeus von (1682/83–1727), ksl. Gesandter 347 Calau, Friedrich August, Maler (tätig um 1750) 234 Calnein, Carl von, 1718 preuß. Capitain 228 Carl (1654–1730), Landgraf v. Hessen-Kassel ab 1670 297, 434, 448, 472, 473 Carl Alexander (1684–1737), Herzog v. Württemberg ab 1733 29, 434, 451, 456, 457, 459, 460 Carl Friedrich Albrecht von Brandenburg-Schwedt (1705–1762), Herrenmeister d. Balley Brandenburg d. Johanniterordens ab 1731 354, 452 Carl Leopold (1678–1747), Herzog v. Mecklenburg-Schwerin 1713–1728 219, 332, 387-389, 404, 419, 420, 554 Anm. 115 Carlos siehe Karl III. Caroline von Brandenburg-Ansbach (1683–1737), Kurfürstin v. BraunschweigLüneburg u. engl. Königin 403, 439, 445, 562 Anm. 128 Chétardie, Jacques-Joachim Trotti de la (1705–1759), frz. Gesandter 347, 362, 364 Chodowiecki, Daniel (1726–1801), Kupferstecher 469 Christian (1682–1736), Herzog v. Sachsen-Weißenfels ab 1712 458 Christian Heinrich von Brandenburg-Kulmbach (1661–1708) 383 Churchill, John (1650–1722), 1. Herzog v. Marlborough 28, 33, 315 Clark, Christopher (geb. 1960), Historiker 7 Cocceji, Samuel von (1679–1755), preuß. Kammergerichtspräsident 90, 91, 310 Cochius, Christian Johann (1688–1749), Hofprediger in Berlin 467, 470 Colbert, Jean-Baptiste (1619–1683), Finanzminister Ludwigs XIV. 127 Cramer, Johann Friedrich (gest. 1715), Rechtsgelehrter 24 Creutz, Ehrenreich Bogislaw (von) (um 1670 ‑ 1733), preuß. Geheimer Rat  63, 76, 95 Creutzberg, Amadeus (Balthasar Friedrich von Schütz) (um 1664 – 1734), Offizier u. theol. Schriftsteller 254 Damart, Bartholomé, Bildhauer (tätig ca. 1703–1737) 157 Danckelman, Eberhard Christoph von (1643–1722), preuß. Oberpräsident 24, 39 594

Personenregister

Danckelman, Nikolaus Bartholomäus Michael von, bis 1704 Kammerpräsident Herzogtum Magdeburg, bis 1719 Kanzler der magdeburgischen Regierung 270, 531 Anm. 56 Daum, Gottfried Adolph (1679–1743), Kaufmann u. Fabrikant 139 Dechen, Karl Gottlieb von (1644–1719), preuß. Generalmajor 523 Anm. 103 Degen, Dismar (vor 1700–1753), Maler 158 Degenfeld, Christoph Martin (1689–1762), preuß. Gesandter 319 Demradt, Franz Christian Joseph von, um 1730 ksl. Gesandter 71, 233, 303 Derschau, Reinhold von (1679–1742), preuß. Oberstleutnant 62, 65, 159, 322 Dickens, Melchior Guy (1696–1775), engl. Gesandter 405, 429 Diedrich, Georg, 1728 Sattler in Berlin 199 Dohna(-Schlobitten), Alexander Emil von (1704–1745), preuß. Capitain 69 Dohna(-Schlobitten), Alexander von (1661–1728), Oberhofmeister d. Kurprinzen Friedrich Wilhelm u. preuß. General 24, 30, 35, 49, 189, 483 Anm. 29 Dohna(-Schlodien), Christoph von (1665–1733), preuß. General u. Diplomat 308, 318, 319 Dönhoff, Otto Magnus Graf (1665–1717), preuß. Generalleutnant u. Staatsminister 298, 538 Anm. 6 Dossow, Friedrich Wilhelm von (1669–1758), preuß. Generalmajor 249 Droysen, Johann Gustav (1808–1884), Historiker 9, 313, 350, 475, 548 Anm. 1 Dubois, Carl Sylva (1668–1753), Maler 156 Eberhard Ludwig (1676–1733), Herzog v. Württemberg ab 1693 59, 320, 451, 459, 472, 473 Eichel, August Friedrich (1698–1768), preuß. Kabinettssekretär 95 Einsiedel, Gottfried Emanuel von (1690–1745), preuß. Major 86 Elers, Heinrich Julius (1667–1728), Buchhändler u. Verleger 269 Elisabeth (1709–1762), russ. Kaiserin ab 1741 354, 359, 452 Elisabeth Auguste Sofie von der Pfalz (1693–1728) 397 Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern (1715–1797), preuß. Königin 442, 447 Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel (1691–1750), röm.-dt. Kaiserin 418, 447 Elisabeth Sophie von Brandenburg (1674–1748), Herzogin v. Sachsen-Meiningen 450 Eller, Johann Theodor (1689–1760), Arzt 464, 467 Emanuel (1697–1766), portugies. Prinz 360 Ernst August I. (1688–1748), Herzog v. Sachsen-Weimar ab 1707 222 Ernst Ludwig (1667–1739), Landgraf v. Hessen-Darmstadt ab 1678 298 Ernst Ludwig I. (1672–1724), Herzog v. Sachsen-Meiningen ab 1706 450 Eugen, Prinz von Savoyen (1663–1736), Feldherr 28, 33, 34, 64, 212, 315, 339, 341, 348, 351, 352, 382, 432, 539 Anm. 27 Fassmann, David (1685–1744), Schriftsteller u. Historiograph 8, 67, 124, 125, 163, 513 Anm. 9 Fénelon, François (1651–1715), Erzbischof v. Cambrai ab 1695 30, 483 Anm. 29 Ferdinand Albrecht II. (1680–1735), Herzog v. Braunschweig-Bevern ab 1687 59, 447, 561 Anm. 105 Ferdinand von Preußen (1730–1813) 429 Finckenstein, Albrecht Konrad Finck von (1660–1735), preuß. Generalfeldmarschall u. Prinzenerzieher 49, 427, 446 Personenregister

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Fischer, Christian Gabriel, 1727 Anwärter auf eine Pfarrstelle in Königsberg (Pr.) 166 Flemming, Jakob Heinrich von (1667–1728), sächs. Staatsminister u. Feldmarschall  82, 340, 359, 546 Anm. 213, 552 Anm. 70 Fleury, André-Hercule de (1653–1743), frz. Staatsmann 363 Fontane, Theodor (1819–1898), Schriftsteller 8, 9 Förster, Friedrich (1791–1868), Historiker 8 Francke, August Hermann (1663–1727), Theologe 165, 218, 269, 270, 272–275, 277, 280, 282 Francke, Gotthilf August (1696–1769), Theologe 165, 273, 275, 276, 294, 437, 511 Anm. 51 Franz Stephan (1708–1765), Herzog v. Lothringen 1729–1736, röm.-dt. Kaiser ab 1745 (als Franz. I.)  59, 319 Franziska Charlotte zu Lippe-Detmold (1704–1738), Gräfin v. Bentheim 221 Freylinghausen, Johann Anastasius (1670–1739), Theologe 279, 282, 290, 291, 294 Friederike Luise von Preußen (1714–1784), Markgräfin v. Brandenburg-Ansbach 57, 435, 436, 442, 444, 453 Friedrich I. von Hessen-Kassel (1676–1751), schwed. König ab 1720 322, 430, 443, 462 Friedrich II. (1712–1786), Kurfürst v. Brandenburg u. König in Preußen ab 1740 (ab 1772 König von Preußen) 6, 7, 30, 59, 61, 248, 257, 278, 281, 314, 328, 354, 357, 359, 370, 405, 412, 427‑433, 436, 437, 443, 445, 447, 455, 458, 466‑468, 470, 475 Friedrich III. (I.) (1657–1713), Kurfürst v. Brandenburg u. Herzog in Preußen ab 1688, König in Preußen ab 1701 17, 20, 26, 32, 33, 36, 38, 40, 45, 47, 49, 50, 55, 64, 68, 73, 76, 77, 146, 156, 160, 161, 171, 185, 198, 208, 263, 274, 279, 281, 284, 285, 296, 306, 312, 313, 317, 328, 331, 383, 407, 459, 542 Anm. 102, 562 Anm. 116 Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth (1711–1763), Markgraf v. BrandenburgBayreuth ab 1735 444, 445, 455 Friedrich August I. siehe August II. Friedrich August II. (1696–1763), Kurfürst v. Sachsen ab 1733 u. poln.-lit. König ab 1733/36 (als August III.) 360, 361, 390 Friedrich Christian (1708–1769), Markgraf v. Brandenburg-Bayreuth ab 1763 444 Friedrich Eugen (1732–1797), Herzog v. Württemberg ab 1795 456 Friedrich Heinrich (1709–1788), Markgraf v. Brandenburg-Schwedt ab 1771 246, 247, 443, 527 Anm. 183 Friedrich Ludwig von Hannover (1707–1751), engl. Kronprinz 430 Friedrich Ludwig von Württemberg (1698–1731) 59, 451, 454 Friedrich Wilhelm I. (1688–1740), Kurfürst v. Brandenburg u. König in Preußen ab 1713 oft Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst (1620–1688), Kurfürst v. Brandenburg u. Herzog in Preußen ab 1640 7, 18, 44, 49, 157, 177, 185, 196, 207, 209, 233, 313, 324, 336, 407, 409, 486 Anm. 17 Friedrich Wilhelm (1700–1771), Markgraf v. Brandenburg-Schwedt 443, 451 Fritsch, Thomas von (1700–1775), sächs. Staatsmann 105 Gedicke, Lampert (1683–1736), preuß. Feldprediger 272, 294 Georg I. (1660–1727), Kurfürst v. Braunschweig-Lüneburg ab 1698 (als Georg Ludwig) u. engl. König ab 1714 205, 302, 343, 344, 389, 399, 402, 403, 472 Georg II. (1683–1760), Kurfürst v. Braunschweig-Lüneburg (als Georg August) u.

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engl. König ab 1727 18, 25, 32, 45, 121, 206, 242, 246, 354, 355, 357, 368, 400, 403, 405, 430, 442, 456, 472 Georg von Hessen-Kassel (1691–1755), General 250, 402, 430, 522 Anm. 66, 554 Anm. 111 Georg Friedrich II. von Brandenburg-Ansbach (1678–1703), Markgraf v. Ansbach ab 1692 383 Georg Friedrich Karl von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth (1688–1735), Markgraf v. Bayreuth ab 1726 384, 444, 550 Anm. 42 Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth (1678–1726), Markgraf v. Bayreuth ab 1712 383 Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt (1722–1782), Kavalleriegeneral 459 Gericke, Samuel Theodor (1665–1729), Maler 25, 41 Gerlach, Philipp (1679–1748), Baumeister 63, 159 Geßler, Friedrich Leopold von (1688–1762), preuß. Obrist 237 Gian Gastone de’ Medici (1671–1737), Großherzog v. Toskana ab 1723 466 Ginckel, Reinhold Baron Reede von (gest. 1747), General u. holländ. Gesandter 364 Gläßer, Alexander, Kupferstecher (tätig um 1730/1740) 257 Glume, Johann Georg (1679–1767), Bildhauer 157 Golowkin, Alexander Gawrilowitsch (1689–1760), russ. Gesandter 360 Görne, Friedrich (1670–1745), preuß. Staatsminister 101, 109, 147 Görne, Hans Christoph von (1697–1765), preuß. Kammergerichtspräsident 63, 99 Görtz, Georg Heinrich von (1668–1719), holstein. Minister 330 Göthe, Eosander von (1669–1728), Baumeister 45, 153 Graben zum Stein, Otto von (um 1690 – um 1756), Schriftsteller 163 Graeve, Johann Friedrich (1688–1751), preuß. Gesandter 417 Graevenitz, David Jürgen von (1680–1757), preuß. Oberst 243, 294 Grävenitz, Christiane Wilhelmine Friederike von (1685–1744) 459, 564 Anm. 159 Groschlag, 1735 kurmainz. Geheimer Rat 563 Anm. 153 Grumbkow, Friedrich Wilhelm von (1678–1739), preuß. Generalfeldmarschall u. Staatsmann 37‑39, 51‑53, 56, 63, 65, 75, 76, 98, 106, 107, 109, 112, 128, 136, 161, 177, 245, 246, 309, 322, 349, 351, 356, 400, 405, 439, 442 Gulmann, Augsburger Goldschmied (tätig um 1733) 61, 62 Gundelsheimer, Andreas (1668–1715), Arzt 164 Gundling, Jacob Paul von (1673–1731), preuß. Geheimer Rat 67, 124, 163, 351 Haldane, James (1692–1742), engl. Gesandter 300 Harling, Katharina von (1624–1702), Oberhofmeisterin in Hannover 18 Haßler, Hans Leo (1564–1612), Komponist 468 Hecht, Philipp Reinhardt (von) (gest. 1735), preuß. Gesandter 300 Heinrich von Preußen (1726–1802) 428, 429, 433, 437 Heinrich, Gerd (1931–2012), Historiker 126, 445 Henriette Marie von Brandenburg-Schwedt (1702–1782) 59, 443, 451, 454 Herold, Christian von (1669–1744), preuß. Geheimer Finanzrat 149 Hertefeld, Samuel von (1664–1730), preuß. Oberjägermeister 48, 53, 68 Hille, Christoph Werner (gest. 1740), preuß. Steuerrat 523 Anm. 103 Hinrichs, Carl (1900–1962), Archivar u. Historiker 8‑10, 15, 33, 37, 38, 43, 472, 499 Anm. 168 Hintze, Otto (1861–1940), Historiker 76, 475 Hobbes, Thomas (1588–1679), Philosoph 17

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Hoffmann, Friedrich (1660–1742), Arzt 464 Hohnstedt, Eberhard Wilhelm von, 1730 Landrat im Kreis Beeskow-Storkow 177 Hotham, Charles (1693–1738), engl. Gesandter 357 Humboldt, Wilhelm von (1767–1835), Gelehrter 476 Ilgen, Rüdiger von (1654–1728), preuß. Geheimer Rat 37, 44, 112, 128, 258, 298, 300, 303, 307, 308, 310, 316, 318, 327, 331, 333, 336, 340, 349, 352, 353, 386, 391, 392, 417, 418, 453, 538 Anm. 9 u. 17, 542 Anm. 104 Jablonski, Daniel Ernst (1660–1741), Theologe u. Hofprediger in Berlin 63, 340, 482 Anm. 7 Johann Adolph II. (1685–1746), Herzog v. Sachsen-Weißenfels ab 1736 252, 450 Johann Georg II. (1627–1693), reg. Fürst v. Anhalt-Dessau ab 1660 406 Johann Sigismund (1572–1620), Kurfürst v. Brandenburg ab 1608 261, 288 Johann Wilhelm (1666–1729), Herzog v. Sachsen-Eisenach ab 1698 453, 454 Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1658–1716), Kurfürst v. d. Pfalz ab 1690 153, 297, 472, 473 Johanna Charlotte von Anhalt-Dessau (1682–1750), Markgräfin v. BrandenburgSchwedt 436, 457 Joseph II. (1741–1790), röm.-dt. Kaiser ab 1765 476 Justi, Johann Heinrich Gottlob von (1720–1771), Kameralist 137, 151 Kalckstein, Christoph Wilhelm von (1682–1759), preuß. Major u. Erzieher Friedrichs II. 427 Kameke, Ernst Bogislav von (1674–1726), preuß. Staatsminister 75, 76, 341 Kameke, Paul Anton von (1674–1717), Erster Kammerherr Friedrichs I. u. Friedrich Wilhelms I. 37, 49, 53 Karl (1713–1780), Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel ab 1735 59, 436 Karl II. (1661–1700), span. König ab 1665 134, 505 Anm. 35 Karl III. (Carlos) (1716–1788), span. König ab 1759 545 Anm. 197 Karl III. Philipp (1661–1742), Kurfürst v. d. Pfalz ab 1716 222, 300‑302, 363, 364, 376, 397 Karl IV. (1604–1675), Herzog v. Lothringen ab 1625 205 Karl V. (1500–1558), röm.-dt. Kaiser 1519–1556 13 Karl VI. (1685–1740), röm.-dt. Kaiser ab 1711 301, 309, 319, 325, 327, 348‑350, 353, 355, 356, 360, 361, 365, 375‑378, 397, 408, 413, 414, 419, 428, 430, 545 Anm. 197, 549 Anm. 23, 556 Anm. 170 Karl VII. (1697–1745), röm.-dt. Kaiser ab 1742 412 Karl XII. (1682–1718), schwed. König ab 1697 32, 51, 312, 324, 329‑331, 388, 446 Karl Wilhelm Friedrich (1712–1757), Markgraf v. Brandenburg-Ansbach ab 1729 50, 56, 444, 453, 488 Anm. 62 Katharina I. (1684–1727), russ. Kaiserin ab 1725 322, 349, 353, 452 Kathe, Heinz (1940–2012), Historiker 10 Katsch, Christoph von (1665–1729), Vizepräsident d. Generaldirektoriums 86, 174 Katte, Hans Hermann von (1704–1730), preuß. Leutnant 430, 431, 433 Kirkland, James, um 1720 preuß. Grenadier 225 Klement, Johann Michael von (1689–1720), Diplomat 339‑341 Klepper, Jochen (1903–1942), Theologe u. Schriftsteller 254 Klinckowström, Otto Wilhelm von (1683–1731), schwed. Gesandter 310 Kloosterhuis, Jürgen (geb. 1950), Archivar u. Historiker 14 Knesebeck, Christoph Johann von dem, Major unter Friedrich Wilhelm I. 249

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Personenregister

Knyphausen, Friedrich Ernst von (1678–1731), preuß. Staatsminister 302, 308, 337, 340, 341, 349, 400, 538 Anm. 17 Koch, Johann Conrad, Bildhauer (tätig ca. 1696–1720) 157 Konfuzius (551–479 v. Chr.), Philosoph 165 Koscowsky, Valentin, 1714 Brettschneider in Preuß. Holland 121 Kraut, Johann Andreas (1661–1723), Unternehmer u. Leiter d. preuß. Generalkriegskasse 37, 139, 140 Kretschmann, Heinrich Jeremias (1698–1766), Prediger in Potsdam 294 Kreyzen, Friedrich Wilhelm (1703–1765), preuß. Generalmajor u. Erzieher Kronprinz Heinrichs 433 Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716), Philosoph 18, 19, 30, 33, 160‑162 Leirich, Christoph, Strumpfmacher u. Prediger um 1728/29 272 Leopold (1694–1728), reg. Fürst v. Anhalt-Köthen ab 1704 408 Leopold I. von Anhalt-Dessau, der Alte Dessauer (1676–1747), reg. Fürst v. AnhaltDessau ab 1693 u. preuß. Generalfeldmarschall 27, 28, 37, 38, 42, 51–53, 57, 59, 61, 65, 69, 97, 102, 107, 119, 177, 209, 210, 211, 217, 218, 232, 242, 243, 245, 246, 273, 313, 320, 349, 358, 365, 376, 394, 400, 407, 408, 427, 434, 435, 439, 449, 459, 461, 463, 465, 467, 526 Anm. 168, 528 Anm. 202 Lettow, von, 1735 von Friedrich Wilhelm I. als langer Kerl angefordert 85 Leygebe, Paul Carl (1664–1756), Maler 156 Lichtenauer, Michael, 1715 preuß. Feldkaplan 295 Lieberkühn, Christian (1709–1769), preuß. Hofgoldschmied 62 Lindener, Philipp Jakob, preuß. Kriegsrat u. 1727 Erzieher Kronprinz August Wilhelms 281, 427 Linger, Christian Nicolaus von (1669–1755), preuß. General 255 Liselotte (Elisabeth Charlotte) von der Pfalz (1652–1722), Herzogin v. Orléans 439 Lisiewski, Georg (1674–1750), Maler 66 Lobethan, Johann Konrad (1688–1735), Prediger u. Konsistorialrat 295 Loen, Johann Michael von (1694–1776), Gelehrter u. Schriftsteller 233 Lolhöffel, Georg Friedrich, 1704–1717 preuß. Gesandter 552 Anm. 75 Lottum, Ludwig von (Wylich und) (1683–1729), preuß. Generalmajor 182 Löwenwolde, Friedrich Kasimir von (um 1692 – 1769), russ. Diplomat 359 Lüderitz, Friedrich Wilhelm von, hessischer Hofmarschall 300 Ludwig XIV. (1638–1715), frz. König ab 1643 317, 325, 327, 331, 342 Ludwig XV. (1710–1774), frz. König ab 1715 345, 544 Anm. 161 Ludwig Wilhelm, der Türkenlouis (1655–1707), Markgraf v. Baden-Baden ab 1677 205 Luise Albertine von Schleswig-Holstein-Beck (1694–1773) 458 Luise Dorothea Sophie von Brandenburg (1680–1705) 443, 447 Luise Ulrike von Preußen (1720–1782), schwed. Königin 434, 457 Lütckens, 1738 kurmärk. Steuerrat 101 Luther, Martin (1483–1546), Theologe 6, 262, 283 Luttenau, 1731 preuß. Unteroffizier 247 Lutz, Heinrich (1922–1986), Historiker 13 Manteuffel, Ernst Christoph von (1676–1749), kursächs. Gesandter u. Kabinettsminister 40, 66, 96, 102, 190, 333, 337, 356, 391, 552 Anm. 70 Manteuffel, Ewald Bogislaff von, Landrat d. Greifenberger Kreises 1734–1738 85 Mardefeld, Gustav von (1664–1729), preuß. Gesandter 310, 338, 353, 404, 445 Personenregister

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Maria Theresia (1717–1780), reg. Erzherzogin v. Österreich u. Königin v. Ungarn ab 1740, röm.-dt. Kaiserin 1745–1765 319, 376, 545 Anm. 197 Marie Luise von Hessen-Kassel (1688–1765), Prinzessin v. Oranien 448 Marlborough siehe Churchill, John Marschall, Samuel (von) (1683–1749), preuß. Kabinettsrat 63, 81, 95, 176, 276 Massow, Kaspar Otto von (1665–1736), Oberpräsident v. Pommern 83 Massow, Hans Jürgen Detleff von, 1728, preuß. Obristleutnant, später Generalleutnant 84, 251 Mauvillon, Eléazar (1712–1779), Privatsekretär u. Sprachlehrer 248 Maximilian II. Emanuel (1662–1726), Kurfürst v. Bayern ab 1679 205, 371, 434, 472, 473 Menschikow, Alexander Danilowitsch (1673–1729), russ. Staatsmann 330, 542 Anm. 101, 545 Anm. 193 Menzius (um 372 – um 290 v. Chr.), Philosoph 165 Merk, Johann Christof (vor 1695 – nach 1726), Maler 225 Metsch, Johann Adolf von (1672–1740), ksl. Gesandter 415 Metternich, Ernst (1656–1727), kurbrandenburg.-preuß. Gesandter 298, 299, 381, 416, 417 Michel, 1720 frz. Diplomat 343 Montargues, Peter von (1660–1733), preuß. Generalmajor 63 Montbail (Rocoulle), Marthe von (1659–1741), Gouvernante 19, 280 Moritz Casimir I. von Bentheim-Tecklenburg (1701–1768) 410 Moritz von Anhalt-Dessau (1712–1760), preuß. Generalfeldmarschall 458 Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz (1664–1718) 562 Anm. 116 Mörlin, Gottfried, 1714 preuß. Gesandter 319, 383 Müller, Johann Ernst, preuß. Feldprediger um 1730 257 Münchow, Christian Ernst von (1671–1749), Präsident d. neumärk. Kriegs- u. Domänenkammer 175 Nattier, Jean Marc (1685–1766), Maler 334 Natzmer, Dubislav Gneomar von (1654–1739), preuß. Generalleutnant 268, 400 Neugebauer, Wolfgang (geb. 1953), Historiker 13, 168 Neumeister, Erdmann (1671–1756), Theologe u. Kirchenlieddichter 286 Newcastle, Thomas Pelham-Holles Herzog von, engl. Minister 345 Nicolai, Friedrich (1733–1811), Buchhändler, Verleger u. Schriftsteller 159 Nietzsche, Friedrich (1844–1900), Philologe u. Philosoph 8 Oesfeld, Johann Friedrich von (gest. nach 1741), preuß. Feldprediger 467 Oestreich, Gerhard (1910–1978), Historiker 10 Ortgies, Franz Herrmann, 1716 ostfries. Gesandter 556 Anm. 167 Osten, Alexander Friedrich von der (1668–1736), Präsident d. Fürstentums Halberstadt 440 Osten, Matthias Conrad von der (1691–1748), Präsident d. kurmärk. Kriegs- u. Domänenkammer 87, 92, 101, 495 Anm. 57 Ostermann, Heinrich Johann Friedrich (1687–1747), russ. Staatsmann 310, 338, 404, 543 Anm. 137 Otterstedt, Catharina Elisabeth, Witwe 250 Otterstedt, Johann Georg von, Landrat d. Teltower Kreises 1717–1749 86 Papstein, Karl Friedrich von (1679–1733), preuß. Oberst 235 Pesne, Antoine (1683–1757), Maler 156, 361, 426, 441

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Personenregister

Peter I., der Große (1672–1725), russ. Zar ab 1682, russ. Kaiser ab 1721 29, 64, 315, 321, 329, 330, 332–335, 337, 338, 354, 359, 389, 429, 452, 542 Anm. 102 Peter II. (1715–1730), russ. Kaiser ab 1727 452 Philipp Wilhelm (1615–1690), Herzog v. Pfalz-Neuburg ab 1653 u. Kurfürst v. d. Pfalz ab 1685 397 Philipp Wilhelm (1669–1711), Markgraf v. Brandenburg-Schwedt ab 1692 28, 33, 232, 242, 434, 436, 457 Philippine Charlotte von Preußen (1716–1801), Herzogin v. BraunschweigWolfenbüttel 426, 436 Plotho, Erich Christoph, 1732 preuß. Gesandter 149 Plütschau, Heinrich (um 1676–1752), Missionar u. Pfarrer  531 Anm. 57 Podewils, Heinrich von (1696–1760), preuß. Minister u. Diplomat 125, 130, 310, 362, 467 Pöllnitz, Karl Ludwig von (1692–1775), Schriftsteller 64 Porst, Johann (1668–1728), Propst in Berlin 485 Anm. 10 Posse, Karl Arved Graf, 1725 schwed. Gesandter 321, 322 Poussin, Jean Baptiste (1644–1749), frz. Gesandter 316 Press, Volker (1939–1993), Historiker 370 Printzen, Marquard Ludwig von (1675–1725), preuß. Oberhofmarschall u. Konsistorialpräsident 44, 53, 118, 162, 298, 308, 411 Puttkamer, Martin Anton von (1698–1782), preuß. Major 250 Quast, Georg Otto von (1663–1736) 240 Quitzow, Kuno Hartwich von (gest. 1719) 177 Rachel, Hugo (1872–1945), Historiker 131 Ranck, Conrad von (1664–1739), schwedischer General 52 Ranke, Leopold von (1795–1886), Historiker 9, 475 Rebeur, Jean Philippe de (1663–1703), Lehrer 22, 424, 468 Reinbeck, Johann Gustav (1683–1741), Propst in Berlin 256, 295 Reinsch, von, 1728 preuß. Generalmajor 249 Rochow, Friedrich Wilhelm von (1690 ? –1764), preuß. Geheimer Rat 95 Rocoulle siehe Montbail Roeder, Erhard Ernst von (1665–1743), preuß. Generalmajor 69, 226 Rogall, Georg Friedrich (1701–1733), Theologe 166, 294, 511 Anm. 51 Roloff, Michael (1684–1748), Propst in Berlin 147, 169, 467 Roscher, Wilhelm (1817–1894), Historiker u. Ökonom 127 Rottembourg, Conrad-Alexandre de (1684–1735), frz. Gesandter 343, 368 Rüdiger, Johann Andreas (gest. 1751), Buchhändler u. Verleger 90 Rusca, Carlo Francesco (1701–1769), Maler 429 Rutowski, Friedrich August Graf (1702–1764), kursächs. Feldmarschall 459 Sala y Abarca, Francisco Ventura de la (geb. 1630), General 243 Schlieben, Georg Christoph von (1676–1748), kurmärk. Kammerpräsident u. preuß. Oberjägermeister 48, 68, 175 Schliewitz, Christoph Rudolf von (1670–1732), preuß. Generalmajor 235 Schlippenbach, Karl Christoph von (gest. 1734), preuß. Oberschenk 53 Schlippenbach, Karl Friedrich von (1658–1723), preuß. General 179 Schlüter, Andreas (1659/60–1714), Baumeister u. Bildhauer 45, 157 Schmerheim, 1722 preuß. Obrist 251 Schmidt, Nicolas, 1716 im Militärdienst 240

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Schmitt, Lehrer d. Kurprinzen Friedrich Wilhelm 24 Schmoller, Gustav (1838–1917), Ökonom u. Historiker 200 Schön, Theodor von (1773–1856), ostpreuß. Oberpräsident 13, 72 Schönborn, Lothar Franz (1655–1729), Kurfürst u. Erzbischof v. Mainz 383 Schönborn-Buchheim, Friedrich Karl von (1674–1746), Reichsvizekanzler 323, 378, 379, 383, 413, 419 Schönborn-Buchheim, ksl. Gesandter 39, 40, 97, 120, 209 Schönholtz, Carl Wilhelm Löwenberger von, 1731 preuß. Kammerrat 90 Schubert, Johann Heinrich (1692–1757), Prediger in Potsdam 272 Schulenburg, Heinrich Hartwig von der (1705–1754), Generalmajor 173, 174, 237 Schultze, Christian Zacharias (gest. 1755), Pastor in Potsdam 272 Schumacher, Elias (1687–1747), preuß. Kabinettssekretär 95 Schweinitz, Hans Christoph von (1645–1722), kursächs. Kammerherr 531 Anm. 57 Schwerin, Graf von, Friedrich Wilhelm (1678–1727), preuß. Gesandter unter Friedrich Wilhelm I. 417 Seckendorff, Christoph Ludwig von (1709–1781), Diplomat u. brandenburg-ansbach. Minister 559 Anm. 43 Seckendorff, Friedrich Heinrich von (1673–1763), ksl. Diplomat u. Feldmarschall 57, 65, 66, 150, 222, 234, 323, 346‑352, 357, 358, 376, 395, 397, 403, 404, 418, 422, 428, 492 Anm. 142, 546 Anm. 220, 556 Anm. 161 Seidel, Paul (1858–1929), Kunsthistoriker 61 Sinzendorf, Philipp Ludwig von (1671–1742), ksl. Hofkanzler 348, 351 Sophie Charlotte von Hannover (1668–1705), Kurfürstin v. Brandenburg u. Königin in Preußen 18, 19, 21, 24, 31‑33, 35, 36, 57, 58, 440, 562 Anm. 129 Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (1687–1757), Kurfürstin v. Brandenburg u. Königin in Preußen 31‑33, 47, 57, 58, 222, 277, 321, 426, 438, 439‑442, 446, 448, 451‑453 Sophie von der Pfalz (1630–1714), Herzogin (ab 1692 Kurfürstin) v. BraunschweigLüneburg 18, 29, 32, 33 Spener, Philipp Jakob (1635–1705), Theologe 265‑267 Spina, Peter de (1661–1741), Arzt u. niederl. Gesandter 300 Splitgerber, David (1683–1764), Kaufmann u. Fabrikant 139 Stahl, Georg Ernst (1659–1734), Leibarzt Friedrich Wilhelms I. 428, 464 Stanislaus Leszczyński (1677–1766), poln. König 1704–1709 u. 1733–1736 340, 360–362 Stille, Ulrich Christoph von (1654–1728), preuß. Generalmajor 104, 229, 249, 523 Anm. 104, 524 Anm. 119 Stolberg(-Wernigerode), Christian Ernst Graf zu (1691–1771) 66 Strafford siehe Wentworth, Thomas Stratemann, Wilhelm, braunschweig. Gesandter 1728–1733 67 Sturm, Johann Sigismund von (gest. 1719), preuß. Kammergerichtspräsident 53 Sueton (um 70 – nach 122), Historiker 26 Suhm, Ulrich von (1691–1740), kursächs. Gesandter 65, 391, 393 Syberg, Friedrich Gottwart von (1656–1729), preuß. Oberstallmeister 53 Sydow, Aegidius Ehrentreich von (1669–1749), preuß. Oberst 63 Teske, Johann Gottfried (1704–1772), Physiker 511 Anm. 51 Tettau, Johann Georg von (1650–1713), preuß. Generalleutnant 44 Thiele, Martin von (gest. 1733), preuß. Obrist 249 Thomasius, Christian (1655–1728), Philosoph u. Jurist 530 Anm. 47

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Personenregister

Thulemeier, Wilhelm Heinrich von (1683–1740), preuß. Staatsminister 63, 125, 130, 308, 362, 491 Anm. 121 Treitschke, Heinrich von (1834–1896), Historiker 43 Tuchtfeld, Victor Christoph (um 1680 – um 1752), Pastor u. religiöser Schriftsteller 271, 272 Ulrike Eleonore (1688–1741), reg. schwed. Königin 1718–1720 32, 446 Urlsperger, Samuel (1685–1772), Theologe 511 Anm. 55 Ursinus (von Baer), Benjamin (1646–1720), Oberhofprediger Friedrichs III. (I.) 22, 256 Usson Jean-Louis d’, Marquis de Bonnac (1672-1738) Bonnac, frz. Diplomat 324 Victor Amadeus II. (1666–1732), Herzog v. Savoyen ab 1675 326 Viebahn, Johann Moritz von (1684–1739), preuß. Geheimer Rat 88 Viereck, Adam Otto von (1684–1758), preuß. Staatsminister 162, 411 Voltaire (1694–1778), Philosoph u. Schriftsteller 7 Vossius, Christian 1713 ksl. Gesandter (1713-1721) 330 Wäger, Joachim (1700–1727), Prediger 246, 272 Wahl, Friedrich Euphrosinus, 1733 preuß. Feldprediger 294 Waldburg, Karl Ludwig Truchseß von (1685–1738), preuß. Generalmajor 68 Waldow, Sigmund Rudolph von (1672–1735), preuß. Oberst 220, 236, 525 Anm. 136 Wallenrodt, Johann Christoph Julius Ernst von (1670–1727), preuß. Gesandter 337, 345 Wallenstein (Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein) (1583–1634), ksl. Feldherr 421 Wallerstein, Immanuel (1930–2019), Soziologe 505 Anm. 43 Walpole, Robert (1676–1745), engl. Premierminister 356 Walrave, Gerhard Cornelius (von) (1692–1773), Ingenieur 211 Wartenberg, Johann Casimir Kolbe von (1643–1712), preuß. Oberkämmerer 31, 36, 37 Wartensleben, Alexander von (1650–1734), preuß. Generalfeldmarschall 37 Weidemann, Friedrich Wilhelm (1668–1750), Maler 20, 21, 156, 222 Wentworth, Thomas (1672–1739), 3. Baron Raby, 1. Earl of Strafford, engl. Diplomat 326, 483 Anm. 36 Weyher, Adam von, 1739 preuß. Obrist 247 Wilhelm III. von Oranien (1650–1702), Statthalter d. Niederlande ab 1672 u. engl. König ab 1689 18, 35 Wilhelm Friedrich (1686–1723), Markgraf v. Brandenburg-Ansbach ab 1703 444 Wilhelm Heinrich (1691–1741), Herzog v. Sachsen-Eisenach ab 1729 221, 251, 252, 450, 453, 461, 462 Wilhelmine Karoline von Brandenburg-Ansbach (1683–1737), Kurfürstin v. Braunschweig-Lüneburg u. engl. Königin 32 Wilhelmine von Preußen (1709–1758), Markgräfin v. Brandenburg-Bayreuth 7, 51, 55, 61, 357, 405, 425, 426, 430, 435, 437, 440, 442‑444, 447, 450, 451, 455 Windischgrätz, Ernst Friedrich von (1670–1727), Reichshofratspräsident 415 Winterfeld, Henrica Juliana von (1710–1790), Äbtissin v. Heiligengrabe 528 Anm. 202 Wittich, Martin Henning von (1691-1772) brand. Steuerrat 101

Personenregister

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Wolff, Abraham (1680–1731), Theologe 294 Wolff, Christian (1679–1754), Philosoph 122, 162, 165, 166 Wolff, Johann Peter (gest. 1711?), Kupferstecher 79 Wurmbrand-Stuppach, Johann Wilhelm von (1670–1750), Jurist u. Reichshofrat 417, 418, 556 Anm. 161 Zülow, von, 1739 Husarenrittmeister 220

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Personenregister