Flexible Fertigungssysteme (FFS): Aus praxisbezogener und theoretischer Sicht [1 ed.] 9783896448286, 9783896730671

Flexible Fertigungssysteme (FFS) haben sich mittlerweile als Bestandteil des Wertschöpfungsprozesses vieler Industriebet

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Flexible Fertigungssysteme (FFS): Aus praxisbezogener und theoretischer Sicht [1 ed.]
 9783896448286, 9783896730671

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Flexible Fertigungssysteme (FFS)

Schriftenreihe Unternehmensführung Herausgeber: Prof. Dr. Hartmut Kreikebaum Band 19

Glenn O. Reinhardt

Flexible Fertigungssysteme (FFS) aus praxisbezogener und theoretischer Sicht

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufhahme

Reinhardt, Glenn O.: Flexible Fertigungssysteme (FFS) aus praxisbezogener und theoretischer Sicht. / Glenn O. Reinhardt. - Sternenfels : Verl. Wiss, und Praxis, 2000 (Schriftenreihe Untemehmensfuhrung ; Bd. 19) Zugl.: Frankfurt (Main), Univ., Diss. 1999 ISBN 3-89673-067-3

ISBN 3-89673-067-3

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2000 Nußbaumweg 6, D-75447 Sternenfels Tel. 07045/930093, Fax 07045/930094

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Printed in Germany

Für Cony

Geleitwort Flexible Fertigungssysteme stellen einen Schwerpunkt der industriellen Automatisierung dar. Über deren weltweiten Einsatz und deren Auswirkungen auf die Fabrikorganisation lagen bisher allerdings nur spärliche Informationen vor.

Es ist deshalb sehr zu begrüßen, daß sich mein ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter Glenn O. Reinhardt dieses Problems angenommen hat. In seiner Dissertation stellt er die Ergebnisse einer profunden Bestandsaufnahme Flexibler Fertigungssysteme dar, insbe­ sondere in deren Einsatzschwerpunkten Bundesrepublik Deutschland, USA und Japan. Die empirische Analyse besticht nicht nur durch ihren Umfang und ihre Reichweite, sondern auch hinsichtlich der statistisch gerichteten Auswertung und der Intensität, mit der die Verknüpfung von Praxis und Theorie in diesem Bereich erfolgt. Es ist mir kaum eine Arbeit bekannt, in der die Fülle an erhobenen Daten so souverän und detailgenau bewältigt wird. Herm Dr. Reinhardt gelingt es meisterhaft, den Bogen von der empirischen Bestands­ aufnahme zur Forschung zu schlagen, wobei die Arbeitshumanisierung ein besonderes Schwergewicht erhält. Ich wünsche der Arbeit deshalb eine gute Aufnahme in der Untemehmenspraxis und bei den interessierten Wissenschaftlern.

Hartmut Kreikebaum

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist unter dem Titel „Der Einsatz flexibler Fertigungssysteme: Eine kontingenztheoretische Untersuchung arbeitsorganisatorischer Strukturen in der industriellen Produktion“ im Juli 1999 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Dissertation ange­ nommen worden. Sie entstand während meiner Tätigkeit als Assistent am Seminar für Industrie Wirtschaft (Sfl).

Herm Professor Dr. Hartmut Kreikebaum, meinem sehr verehrten Doktorvater, schulde ich besonderen Dank. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit ihm konnte mich immer begeistern. Es war eine lehrreiche und schöne Zeit. Fachlich und menschlich ließ er mir stets den notwendigen Rückhalt zuteil werden, der während so manchem Tief, aber auch Hoch, von unschätzbarer Bedeutung ist. Sehr dankbar bin ich Herm Professor Dr. Heinrich Rommelfanger für seine Bereitschaft, meine Dissertation mit der erforderlichen statistischen Strenge zu begleiten und schließ­ lich auch das Zweitgutachten zu übernehmen. Die vielen mit ihm geführten Gespräche vermochten jedesmal von neuem, wertvolle Impulse für die Erstellung der Arbeit zu geben. Dank gebührt ferner Herm Professor Dr. Hans-Ulrich Zabel, der während seiner Frankfurter Zeit mein Interesse an flexiblen Fertigungssystemen geweckt hat und zudem die Freude am Fach der Industriebetriebslehre beleben konnte. Dr. Ralph Jahnke, mein Vorgänger am Sfl, hat das FFS-Projekt mit aus der Taufe gehoben und in den Anfangs­ stadien äußerst engagiert gefordert. Hierfür vielen Dank.

Das Leben und Arbeiten am Seminar für Industriewirtschaft war eine außergewöhnliche Erfahrung, geprägt durch Leistung, Teamgeist und Menschlichkeit. Eine solche, einzig­ artige Atmosphäre wird maßgeblich geprägt durch den Chef. Sie wird letztlich belebt im Miteinander aller Kollegen. Hier gilt mein besonderer Dank Frau Ulla Saelzle und Dr. Rene Kay Munser. Was Freundschaft ausmacht, konnte ich durch sie erfahren. Für die freundschaftliche Kollegialität danke ich ferner Dr. Dirk Ulrich Gilbert und Dr. Rainer Türck. Dank auch an Dipl.-Kfm. Daniel Berndt, der mit absoluter Zuverlässigkeit die nicht enden wollenden Literaturaufträge des Doktoranden prompt erledigte.

Das Korrekturlesen stellt angesichts des Umfangs dieser Arbeit eine wahrlich undank­ bare Aufgabe dar. Für die daraus hervorgegangene inhaltliche, methodische und formale Kritik sowie für die vielfältigen Anregungen danke ich vor allem Dipl.-Kffr. Silke Brückmann. Sie begleitete diese Arbeit bereits während der Datenerfassungsphase und stellte sich anschließend als unnachgiebige Lektorin heraus. Freundschaftlichen Dank schulde ich aber auch meinem Kollegen und FFS-Weggefährten am Fachbereich Wirt­ schaftswissenschaften Dipl.-Kfm. Wolfgang Lohmann (Lehrstuhl für Produktions­

8

Vorwort

Wirtschaft). Er durchleuchtete die Dissertation vor ihrer Abgabe nochmals mit den Augen des FFS-Spezialisten. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und die unzähligen Gespräche sowie Diskussionen danke ich natürlich auch meinem Freund Dr. Rene Kay Munser. Ich bin sicher, daß seine Anregungen dieser Arbeit gutgetan haben.

Meinen Eltern, Hannelore und Herbert Reinhardt, danke ich nicht nur für ein (finanziell) sorgenfreies Studium. Ihnen danke ich vor allem für ihre Liebe und ihr uneinge­ schränktes Verständnis, welches während der Promotionszeit so manches Mal auf eine harte Probe gestellt wurde. Auch meinem Großvater Otto Boll danke ich für sein fort­ währendes Interesse und seine liebevolle Unterstützung. Leider durfte er den erfolg­ reichen Abschluß der Promotion nicht mehr in wachem Bewußtsein erleben. Meiner lieben Frau Cony kann ich gar nicht genug danken. Sie hat in den zurück­ liegenden Jahren der Promotion ihre freie Zeit zumeist ohne mich verbringen müssen. Dennoch hat sie mich nie alleine gelassen!

Last but not least möchte ich mich vor allem bei den Unternehmen bedanken, die durch die Beantwortung der Fragebögen die empirische Untersuchung überhaupt erst ermög­ licht haben. Trotz der starken Theoriebasis würde ich mich freuen, wenn diese Arbeit das Interesse der Praxis finden und darüber hinaus einen konkreten praktischen Nutzen stiften könnte.

Frankfurt am Main, im Januar 2000

Glenn O. Reinhardt

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis...............................................................................................

13

Tabellenverzeichnis ...................................................................................................

19

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis......................................................................

21

1

Einführung ..........................................................................................................

29

1.1

Problemstellung undZielsetzungen.............................................................

29

1.2

Aufbau der Arbeit.......................................................................................

32

Flexible Fertigungssysteme (FFS) inder betrieblichen Praxis........................

37

2.1

Begriffs Vielfalt, Merkmale und Arbeitsdefinition......................................

37

2.2

Technik- und Personalsystem als Komponenten .......................................

45

2.3

Motivation der Einführung .........................................................................

54

2.4

Historischer Rückblick und aktuelle Trends.............................................. 2.4.1 Wurzeln, Ersteinsatz und zögerliche Diffusion in den 70er Jahren.. 2.4.2 Diffusionsboom im Kontext einer CIM-Euphorie der 80er Jahre ... 2.4.3 Stagnation in den 90er Jahren und Weiterentwicklungen...............

68 68 77 86

3 Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS....................................

101

3.1

Forschungskonzeption auf kontingenztheoretischer Basis ........................ 3.1.1 Grundlagen der Kontingenztheorie................................................... 3.1.2 Spezifizierung der Modellbestandteile ............................................ 3.1.2.1 Zum funktionalen Begriff der Arbeitsorganisation ...... 3.1.2.2 Differenzierte Betrachtung der Systemumwelt.............. 3.1.2.3 Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation ............... 3.1.2.4 Arbeitsorganisatorischer Zielerreichungsgrad............. 3.1.3 Zusammenfassende Modelldarstellung............................

101 101 116 116 119 126 129 129

3.2

Weitere Schritte des Forschungsdesigns..................................................... 3.2.1 Projektursprung, Zielvorstellungen und Untersuchungsplan........... 3.2.2 Umfassende Informationsbeschaffungsphase....................... 3.2.3 Erstellung, Versendung und Rücklauf des Erhebungsbogens ........

130 130 142 146

2

Inhaltsverzeichnis

10

3.2.4 Mehrstufige Strategie der Datenauswertung.....................................

153

Erste Untersuchungsergebnisse.................................................................... 3.3.1 Anwenderperzeption ausgewählter Einflußfaktoren auf die Ar­ beitsorganisation in FFS ......................................................... 3.3.1.1 Einflußsphäre der Produktion........................................ 3.3.1.2 Einflußsphäre des Unternehmens .................................. 3.3.1.3 Einflußsphäre der Untemehmensumwelt...................... 3.3.2 Anwenderperzeption ausgewählter ZielVorstellungen der Ar­ beitsorganisation in FFS ......................................................... 169 3.3.2.1 Dominanz technisch-wirtschaftlicher Zielgrößen......... 3.3.2.2 Untergeordnete Bedeutung sozialer Zielgrößen ..........

157

169 174

4 Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen..........

187

3.3

157 157 160 163

4.1

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen............................. 187 4.1.1 Einzelfunktionen des Systembetriebs .............................................. 187 4.1.2 Zentralisation der Primärfunktionen................................................ 192 4.1.2.1 Werkstückbezogene Funktionen.................................... 192 4.1.2.2 Werkzeugbezogene Funktionen..................................... 195 4.1.2.3 Überwachungsbezogene Funktionen............................. 197 4.1.2.4 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse........... 201 4.1.3 Zentralisation der supportiven Sekundärfunktionen........................ 201 4.1.3.1 Funktionen der Qualitätssicherung ................................ 201 4.1.3.2 Funktionen der Instandhaltung ...................................... 206 4.1.3.3 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse........... 215 4.1.4 Zentralisation der dispositiven Sekundärfunktionen........................ 216 4.1.4.1 Funktionen der Arbeitsvorbereitung.............................. 216 4.1.4.2 Funktionen des Personalwesens..................................... 225 4.1.4.3 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse........... 226 4.1.5 Operationalisierung der Strukturzentralisation................................ 228

4.2

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen .......................... 4.2.1 Stellenvielfalt des Personalsystems ................................................. 4.2.2 Operationalisierung der Strukturspezialisierung..............................

231 231 237

4.3

Strukturautorität in flexiblen Fertigungssystemen......................................

239

4.4

Strukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen ..................................... 4.4.1 Grundlagen des Job Rotation............................................................ 4.4.2 Einsatzverbreitung des Job Rotation in FFS .................................... 4.4.3 Implementierte Rotationsstrukturen.................................................

240 240 242 244

Inhaltsverzeichnis

5

11

4.5

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen ............................... 4.5.1 Grundlagen der Gruppenarbeit ......................................................... 4.5.2 Einsatzverbreitung der Gruppenarbeit in FFS ................................. 4.5.3 Gründe der Nichteinführung gruppenbasierter Arbeitsplätze......... 4.5.4 Kriterien der Gruppenautonomie in FFS .........................................

4.6

Zur Reflexion der Strukturvarianzthese...................................................... 267

248 248 250 253 257

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen............. 269 5.1

Zur Konkretisierung der Strukturdeterminiertheitsthese ...........................

269

5.2

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme ......................... 5.2.1 Kulturelle Ausgangssituation........................................................... 5.2.2 Fertigungsorganisatorische Ausgangssituation............................... 5.2.3 Fertigungstechnische Ausgangssituation........................................ 5.2.4 Qualifikatorische Ausgangssituation .............................................. 5.2.5 Erhebungsergebnisse zur Pre-Implementierung .............................

271 271 276 281 285 288

5.3

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme................................ 5.3.1 Die Implementierung im Lebenszyklus eines FFS .......................... 5.3.2 Planung flexibler Fertigungssysteme............................................... 5.3.2.1 Allgemeine Dimensionen des Planungsprozesses ....... 5.3.2.2 Planungsvorgehen des Gestaltungssystems ................... 5.3.2.3 Planungsträger der Arbeitsorganisation......................... 5.3.2.4 Planungsorganisation..................................................... 5.3.2.5 Erhebungsergebnisse zur Systemplanung...................... 5.3.3 Realisierung flexibler Fertigungssysteme....................................... 5.3.4 Inbetriebnahme flexibler Fertigungssysteme.................................. 5.3.4.1 Implementierungsdauer ................................................ 5.3.4.2 Alter der FFS-Organisation .......................................... 5.3.4.3 Zusatzschichten mit Systemeinfuhrung......................... 5.3.4.4 Erhebungsergebnisse zur Systeminbetriebnahme........

289 289 290 290 299 303 308 311 311 315 315 318 320 322

5.4

Routinephase flexibler Fertigungssysteme ................................................ 5.4.1 Systemexterne Situation der Arbeitsorganisation............................ 5.4.1.1 Branchenzugehörigkeit des FFS-Anwenders................. 5.4.1.2 Größe der Anwenderorganisation.................................. 5.4.1.3 Systemübergeordnetes Produktspektrum....................... 5.4.1.4 Produktionsinteme Systemzahl ..................................... 5.4.1.5 Erhebungsergebnisse zur systemexternen Situation im Routinebetrieb ..........................................................

322 322 322 325 330 331

334

12

Inhaltsverzeichnis

5.4.2 Systeminterne Situation der Arbeitsorganisation............................. 335 5.4.2.1 Allgemeiner Einsatz des flexiblen Fertigungssystems .. 335 5.4.2.2 Produktionsaufgabe des flexiblen Fertigungssystems .. 355

6 Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen .... 375 7 Ergebnisse der Kontingenzanalyse .................................................................... 383

8 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................... 399

Anhang I (Fragebogen) ............................................................................................. 402 Anhang II (Hypothesentests) ................................................................................... 423

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 437

Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1

Struktur der Arbeit.................................................................................

36

Abb. 2-1

Schematische Darstellung eines flexiblen Fertigungssystems ..............

54

Abb. 2-2

Einsatzpotentiale flexibler Fertigungssysteme......................................

56

Abb. 3-1

Argumentationslogik der Kontingenztheorie........................................

104

Abb. 3-2

Strukturelle Anpassung an situative Veränderungen ............................

113

Abb. 3-3

Kontextfaktoren der Arbeitsorganisation..............................................

120

Abb. 3-4

Situationsvariablen der Pre-Implementierung und Implementierung ....

122

Abb. 3-5

Untersuchungsrelevante Organisationsebenen......................................

124

Abb. 3-6

Situationsvariablen der Routinephase....................................................

125

Abb. 3-7

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS ..........................

130

Abb. 3-8

Projektursprung......................................................................................

136

Abb. 3-9

Allgemeiner Untersuchungsplan............................................................

141

Abb. 3-10

Abgrenzung von Erhebungs-, Untersuchungs- und Aussageeinheit....

142

Abb. 3-11

Ermittlung der Untersuchungseinheiten.................................................

145

Abb. 3-12

Konzeption des Fragebogens .................................................................

146

Abb. 3-13

Struktur des Rücklaufs...........................................................................

151

Abb. 3-14

Verhältnis zwischen Weltpopulation und Auswertungsgesamtheit .....

153

Abb. 3-15

Einflußbedeutung ausgewählter fertigungstechnischer und -organisa­ torischer Entwicklungen ..................................................... 165

Abb. 3-16 Anwenderperzeption ausgewählter Einflüsse auf die Arbeitsorgani­ sation in flexiblen Fertigungssystemen.............................. 168

14

Abbildungsverzeichnis

Abb. 3-17 Bedeutung technisch-wirtschaftlicher ZielVorstellungen der Arbeits­ organisation in flexiblen Fertigungssystemen.................... 173 Abb. 3-18 Qualifikatorische Auswirkungen der FFS-Einfuhrung..........................

178

Abb. 3-19 Formen der Arbeitszeitflexibilisierung in flexiblen Fertigungssyste­ men ...................................................................................... 183 Abb. 3-20 Bedeutung technisch-wirtschaftlicher und sozialer Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen. 184 Abb. 4-1

Einzelfunktionen des FFS-Betriebs nach Phase und Zweckbeziehung ..

189

Abb. 4-2

(De-)Zentralisationsaltemativen des FFS-Betriebs...............................

191

Abb. 4-3

Zuständigkeitsverteilung der Primärfunktionen..................................... 201

Abb. 4-4

ZuständigkeitsVerteilung der supportiven Sekundärfunktionen............ 215

Abb. 4-5

ZuständigkeitsVerteilung der dispositiven Sekundärfunktionen ........... 226

Abb. 4-6

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen........................

Abb. 4-7

Stellengefuge in flexiblen Fertigungssystemen...................................... 232

Abb. 4-8

Stellenbezeichnungen in flexiblen Fertigungssystemen........................

236

Abb. 4-9

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen......................

238

Abb. 4-10

Strukturautorität in flexiblen Fertigungssystemen ................................. 240

Abb. 4-11

Strukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen................................. 244

Abb. 4-12

Alternative Rotationsstrukturen im FFS-Betrieb ..................................

245

Abb. 4-13

Realisierte Rotationsstrukturen im FFS-Betrieb ...................................

247

Abb. 4-14

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen ..........................

251

Abb. 4-15

Kombinierte Arbeitsplatzstrukturen in flexiblen Fertigungssystemen ... 253

Abb. 4-16

Formen der Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen ....... 257

Abb. 4-17

Gruppenautonomie in flexiblen Fertigungssystemen............................

230

265

Abbildungsverzeichnis

Abb. 4-18 Strukturelle Varianz der Arbeitsorganisation in FFS.............................

15

267

Abb. 5-1

Schematische Darstellung einer strukturtraditionellen Arbeitsorgani­ sation .................................................................................... 270

Abb. 5-2

Schematische Darstellung einer strukturmodemen Arbeitsorganisati­ on ......................................................................................... 271

Abb. 5-3

Kontingenz zwischen der kulturellen Ausgangssituation des Anwen­ ders und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen . 273

Abb. 5-4

Kontingenz zwischen der fertigungsorganisatorischen Ausgangssi­ tuation und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ... 281

Abb. 5-5

Fertigungstechnisches „leap-frogging“ bei FFS-Einführung................. 282

Abb. 5-6

Kontingenz zwischen der fertigungstechnischen Ausgangssituation und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen..............

285

Abb. 5-7

Kontingenz zwischen der qualifikatorischen Ausgangssituation und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen...................... 287

Abb. 5-8

Situationsvariablen der Pre-Implementierungsphase flexibler Ferti­ gungssysteme ...................................................................... 288

Abb. 5-9

Informationsfluß technische FFS-Integration ..........................................

294

Abb. 5-10 Kontingenz zwischen dem Planungsvorgehen des Gestaltungssy­ stems und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen....

302

Abb. 5-11

Kontingenz zwischen den Planungsträgem des Gestaltungssystems und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen..............

308

Abb. 5-12 Kontingenz zwischen der Planungsorganisation des Gestaltungssy­ stems und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen....

309

Abb. 5-13 Planungssituation flexibler Fertigungssysteme......................................

311

Abb. 5-14 Formen der Systemrealisierung .............................................................. 313 Abb. 5-15 Kontingenz zwischen der Form der Systemrealisierung und der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............ 315

16

Abbildungsverzeichnis

Abb. 5-16 Kontingenz zwischen der Implementierungsdauer und der Arbeitsor­ ganisation in flexiblen Fertigungssystemen....................... 317 Abb. 5-17 Kontingenz zwischen dem Alter der FFS-Organisation und der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............ 319 Abb. 5-18 Kontingenz zwischen der Einführung von Zusatzschichten und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ........ 321

Abb. 5-19 Situationsvariablen der Systeminebtriebnahme .....................................

322

Abb. 5-20 Kontingenz zwischen der Branchenzugehörigkeit und der Arbeitsor­ ganisation in flexiblen Fertigungssystemen ....................... 325 Abb. 5-21

Kontingenz zwischen der Größe der Anwenderorganisation und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen............................

329

Abb. 5-22 Kontingenz zwischen der produktionsintemen Systemzahl und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen........ 333 Abb. 5-23

Situationsvariablen der systemexternen Umwelt im Routinebetrieb ....

334

Abb. 5-24 Kontingenz zwischen der FFS-Organisationsgröße und der Arbeits­ organisation in flexiblen Fertigungssystemen.................... 336

Abb. 5-25 Kontingenz zwischen der Größe des Techniksystems und der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............ 340

Abb. 5-26 Kontingenz zwischen der vertikalen Schichtnutzung und der Arbeits­ organisation in flexiblen Fertigungssystemen.................... 343 Abb. 5-27 Typische Schichtnutzungsmuster flexibler Fertigungssysteme.............

344

Abb. 5-28 Kontingenz zwischen der horizontalen Schichtnutzung und der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............ 345 Abb. 5-29 Kontingenz zwischen dem Schichtsystem und der Arbeitsorganisati­ on in flexiblen Fertigungssystemen ................................... 346 Abb. 5-30

Diffusion und Dauer des Pausenbetriebs in FFS...................................

348

Abb. 5-31

Diffusion und Dauer des Abschaltbetriebs............................................

349

Abb. 5-32

Hinderungsgründe eines mannlosen Zwischenschichtbetriebs ............

351

Abbildungsverzeichnis

17

Abb. 5-33 Kontingenz zwischen dem Automatisierungsgrad und der Arbeitsor­ ganisation in flexiblen Fertigungssystemen....................... 353 Abb. 5-34 Situationsvariablen des allgemeinen FFS-Einsatzes im Routinebe­ trieb ...................................................................................... 354 Abb. 5-35 Kontingenz zwischen der Werkstückgeometrie und der Arbeitsorga­ nisation in flexiblen Fertigungssystemen........................... 357

Abb. 5-36 Kontingenz zwischen dem quantitativen Werkstückspektrum und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen............................

362

Abb. 5-37 Situationsvariablen der Werkstückgeometrie und des quantitativen Werkstückspektrums........................................................... 362 Abb. 5-38 Kontingenz zwischen der durchschnittlichen Losgröße und der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............ 365

Abb. 5-39 Kontingenz zwischen der Losstreuung und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............................................. 367 Abb. 5-40 Kontingenz zwischen der Spannhäufigkeit und der Arbeitsorganisati­ on in flexiblen Fertigungssystemen ................................... 369 Abb. 5-41

Kontingenz zwischen der Spannstreuung und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ......................................... 370

Abb. 5-42 Kontingenz zwischen der durchschnittlichen Werkstückbearbei­ tungszeit und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssyste­ men ...................................................................................... 371 Abb. 5-43 Kontingenz zwischen der Zeitstreuung und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ............................................. 372

Abb. 5-44 Situationsvariablen der systemspezifischen Produktionsaufgabe ..........

373

Abb. 6-1

Anwendereinschätzungen zur arbeitsorganisatorischen Zielerrei­ chung .................................................................................... 375

Abb. 6-2

Durchschnittlicher Nutzungsgrad flexibler Fertigungssysteme .............

378

Abb. 6-3

Technische und organisatorische Ausfallrate in FFS..............................

378

18

Abb. 6-4

Abbildungsverzeichnis

Anwenderperzeption zum Zielerreichungsgrad „Sicherung einer ho­ hen Verfügbarkeit“ und tatsächliche Systemnutzung ............................

380

Abb. 7-1

Augenscheinprüfung der Kontingenztabellen......................................... 383

Abb. 7-2

Tendenzielle Kontingenzen der FFS-Organisation................................. 385

T abellenverzeichnis Tab. 2-1

Realisierte Leistungspotentiale von britischen und schwedischen FFS-Anwendern............................................................ 66

Tab. 2-2

Realisierte Leistungspotentiale nach Einführung eines FFS bei ei­ nem italienischen Sportwaffenhersteller ...................... 67

Tab. 2-3

Globaler FFS-Bestand zwischen 1980 und 1987 .................................

84

Tab. 2-4

Globaler FFS-Bestand zwischen 1988 und 1989 .................................

85

Tab. 3-1

Ermittlung von Anbietern flexibler Fertigungssysteme ......................

143

Tab. 3-2

Referenzanfragen an FFS-Anbieter......................................................

144

Tab. 5-1

Übergeordnetes Produktionsprogramm flexibler Fertigungssysteme .. 330

Tab. 5-2

Qualitatives Werkstückspektrum (Teileauswahl)................................. 358

Tab. A-l:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Pre-Implementierung ............

424

Tab. A-2:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemplanung......................

425

Tab. A-3:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemrealisierung................

426

Tab. A-4:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systeminbetriebnahme..........

427

Tab. A-5:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der systemexternen Umwelt........ 428

Tab. A-6:

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (I)................

429

Tab. A-7:

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (II)...............

430

Tab. A-8:

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (III) .............

431

Tab. A-9:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemaufgabe (I) .................

432

Tab. A-l0:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemaufgabe (II)................

433

20

Abbildungsverzeichnis

Tab. A-11:

Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation und Zielerfullungsgrad ................................................................................ 434

Tab. A-12:

Situationsvariablen und Zielerreichungsgrad (I) ..................................

435

Tab. A-13:

Situationsvariablen und Zielerreichungsgrad (II).................................

436

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis X

Chi-Quadrat

0

durchschnittlich

Abb.

Abbildung

AG

Aktiengesellschaft

AI

Artificial Intelligence

AKNA

Arbeitskreis Neue Arbeitsstrukturen der deutschen Automobilindustrie

AM

American Machinist

AMJ

Academy of Management Journal

AMR

Academy of Management Review

AMT

Advanced Manufacturing Technology

ASQ

Administrative Science Quarterly

ASR

American Sociological Review

AV

Arbeitsvorbereitung

AWF

Ausschuß für Wirtschaftliche Fertigung e. V.

AWK

Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquium

Aufl.

Auflage

BAZ

Bearbeitungszentrum

Bd.

Band

BDE

Betriebsdatenerfassung

BMFT

Bundesministerium für Forschung und Technologie

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

CA

California

CAD

Computer Aided Design

CAM

Computer Aided Manufacturing

CAQ

Computer Aided Quality Assurance

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

22

CIM

Computer Integrated Manufacturing

CIRP

College International pour l’Etude Scientifique des Techniques de Pro­ duction Mecanique (International Institution for Production Engi­ neering Research)

CMM

Coordinate Measuring Machine

CMR

California Management Review

CNC

Computerized Numerical Control

Co.

Company

Comp. Ind.

Computers in Industry

Corp.

Corporation

Cr

Chrom

Crel

relativer Kontingenzkoeffizient

CSSR

Ceskoslovenskä Socialistickä Republika (Tschechoslowakei)

CT

Connecticut

DBW

Die Betriebswirtschaft

D. C.

District of Columbia

DDR

Deutsche Demokratische Republik

df

degrees of freedom (Freiheitsgrade)

d. h.

das heißt

DIN

Deutsche Industrie-Norm

Diss.

Dissertation

DNC

Direct Numerical Control

Dol

Department of Industry

DTI

Department of Industry and Trade

EBM-Waren

Eisen-, Blech- und Metallwaren

EC

European Community

Ed.

Editor

edit.

edition

Eds.

Editors

EMO

Exposition Machine Outils

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

emp

empirisch

et al.

et alii

e. V.

eingetragener Verein

FAIM

Flexible Automation and Integrated Manufacturing

Fb

F orschungsbericht

FB/IE

Fortschrittliche Betriebsführung/Industrial Engineering

FFS

Flexibles Fertigungssystem

FFZ

Flexible Fertigungszelle

FL

Florida

FMC

Food Machinery Corporation

FMS

Flexible Manufacturing System

F. R. G.

Federal Republic of Germany

FTS

Fahrerloses Transportsystem

GA

Georgia

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

HBR

Harvard Business Review

HdA

Humanisierung der Arbeit

Hrsg.

Herausgeber

HSM

Human Systems Management

HWB

Handwörterbuch der Betriebswirtschaft

HWO

Handwörterbuch der Organisation

HWPers

Handwörterbuch des Personalwesens

HWProd

Handwörterbuch der Produktionswirtschaft

LAB

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

IAO

Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation

IBM

International Business Machines

IEEE

Institute of Electrical and Electronics Engineers

i. e. S.

im engeren Sinne

IFAC

International Federation of Automatic Control

23

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

24

IIASA

International Institute for Applied Systems Analysis

IIE

Institute of Industrial Engineers

IJCIM

International Journal of Computer Integrated Manufacturing

IJFMS

International Journal of Flexible Manufacturing Systems

IJHFM

International Journal of Human Factors in Manufacturing

IJIE

International Journal of Industrial Ergonomics

IJOPM

International Journal of Operations & Production Management

IJPE

International Journal of Production Economics

IJPR

International Journal of Production Research

IL

Illinois

ILR

International Labour Review

IMACS

International Association for Mathematics and Computers in Simula­ tion

Ind.-Anz.

Industrie-Anzeiger

inkl.

inklusive

IPA

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung

ISF

Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V.

ISI

Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung

ISMIS

International Symposium on Methodologies for Intelligent Systems

ISMO

International Studies of Management & Organization

ISO

International Organization for Standardization

IWF

Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik

i. w. S.

im weiteren Sinne

JAP

Journal of Applied Psychology

JET-M

Journal of Engineering and Technology Management

Jg-

Jahrgang

JIT

Just in Time

JMS

Journal of Manufacturing Systems

KfK-PFT

Kemforschungszentrum Karlsruhe - Projektträgerschaft Fertigungs­ technik

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

KMG

Koordinatenmeßgerät

KTM

Kearney & Trecker Marwin Ltd.

LAN

Local Area Network

LKW

Lastkraftwagen

Ltd. 2 m

Limited

Mass.

Massachusetts

mbH

mit beschränkter Haftung

MDE

Maschinendatenerfassung

MI

Michigan

M. I. T.

Massachusetts Institute of Technology

MITI

Ministry of International Trade and Industry of Japan

mm

Millimeter

MM

Maschinenmarkt

MS

Management Science

NC

Numerical Control

N. C.

North Carolina

NF

Neue Folge

N

Anzahl der Aussageeinheiten

NG0

durchschnittlicher Nutzungsgrad

Ni

Nickel

NJ

New Jersey

No.

Number

Nos.

Numbers

Nr.

Nummer

OH

Ohio

ORSA

Operations Research Society of America

o. S.

ohne Seitenangabe

o. V.

ohne Verfasser

Quadratmeter

25

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

26

p

Irrtumswahrscheinlichkeit

p-

page

PIMJ

Production and Inventory Management Journal

pp.

pages

PPS

Produktionsplanung und -Steuerung

QC

Quality Control

REFA

Reichsausschuß für Arbeitszeitermittlung (Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation, REFA e. V.)

resp.

respective/respectively

RKW

Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft e. V.

S.

Seite(n)

SCAMP

Six hundred group Computer Aided Manufacturing Project

SMJ

Strategie Management Journal

SMR

Sloan Management Review

sog.

sogenannt

Sp.

Spalte

SPS

Speicherprogrammierbare Steuerung

SPSS

Statistical Package for the Social Sciences

SW

Spezialisierungswert

SzU

Schriften zur Untemehmensführung

Tab.

Tabelle

Tb

Tagungsbericht

TIMS

The Institute of Management Sciences

TNO

Nederlandse Organisatie voor toegepast-natuurwetenschappelijk onderzoek TNO

TQM

Total Quality Management

TZ

Technisches Zentralblatt

u. a.

und andere/unter anderem

UdSSR

Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Sowjetunion)

UK

United Kingdom

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

USSR

Union of Socialist Sowjet Republics

UNECE

United Nations Economic Commission for Europe

U. S. (US)

United States

U. S. A. (USA) United States of America V.

von

VA

Virginia

v. Chr.

vor Christus

VDI

Verein Deutscher Ingenieure

VDI-ADB

VDI-Gesellschaft Produktionstechnik

VDI-GACIM

VDI-Gemeinschaftsausschuß CIM

VDI-Z

Verbandszeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure

Vgl.

Vergleiche

Vol.

Volume

v/s (vs.)

versus

WI

Wisconsin

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WISU

Das Wirtschaftsstudium

WOP

Werkstattorientierte Programmierung

wt

Werkstattstechnik

Z. Arb.wiss.

Zeitschrift für Arbeitswissenschaft

z. B.

zum Beispiel

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZP

Zeitschrift für Planung

ZW

Zentralisationswert

ZwF

Zeitschrift für wirtschaftliche Fertigung

27

1 Einführung 1.1 Problemstellung und Zielsetzungen Flexible Fertigungssysteme (FFS) sind real beobachtbare Phänomene im betrieblichen Leistungserstellungsprozeß. Das anhaltende Interesse an dieser Fertigungstechnik mag dadurch begründet sein, daß die Vorstellung einer systeminhärenten Symbiose aus Automatisierungs- und Flexibilisierungspotential das FFS als »Wundermittel4 zur simulta­ nen Realisierung einer wirtschaftlichen und flexiblen Fertigung erscheinen läßt. Zumeist liegt dieser Faszination eine ingenieurtechnisch geprägte Perspektive zugrunde, die vor allem die technischen Systemkomponenten in den Betrachtungsmittelpunkt stellt. Flexi­ ble Fertigungssysteme stellen aber sozio-technische Arbeitssysteme dar. Die Erfüllung einer spezifischen Produktionsaufgabe setzt die Interaktion zwischen Mensch und Ma­ schine voraus. Folglich besitzen diese Produktionssysteme auch eine arbeitsorganisatori­ sche Komponente. Die breit angelegte Problematisierung von Fragen der Arbeitsorganisation in FFS stellt bislang jedoch eine Randerscheinung dar. Zwar existieren literatur- und fallstudienba­ sierte Untersuchungen, die sich mit arbeitsorganisatorischen Teilaspekten auseinander­ setzen. Insgesamt läßt sich aber festhalten, daß eine ausführliche Behandlung der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen nur in Ansätzen vorliegt. Deshalb interessiert eine tiefergehende Untersuchung dieser speziellen Themenstellung.

Die Literatur zur industriellen Produktion betont bereits seit längerer Zeit einen ver­ meintlichen Wandel der Marktanforderungen. Beispielsweise wird von einer »drama­ tisch4 ansteigenden Dynamisierung der Konkurrenzbeziehungen auf den Beschaffungsund Absatzmärkten und einer Intensivierung sowie Globalisierung des Wettbewerbs ge­ sprochen. Diese Entwicklung erfordere eine kundenorientierte Ausrichtung der Produk­ tionsprozesse, die mit dem Einsatz konventioneller Formen der Fertigungstechnik und -organisation nicht zu gewährleisten sei. Ein adäquates Reaktionspotential verspricht der Einsatz flexibler Fertigungssysteme. Zahlreiche Erfolgsberichte vermitteln den Ein­ druck, diese Technik biete nicht nur das benötigte Maß an Flexibilität, sondern auch die Wirtschaftlichkeit und Schnelligkeit zur Realisierung eines kundenorientierten und wett­ bewerbsfähigen Leistungsprogramms.

Darüber hinaus findet sich vermehrt die Auffassung, ein Unternehmen benötige die ’Kreativkraft4 jedes einzelnen Mitarbeiters, um sich den ,neuen4 Marktherausforderun­ gen stellen zu können.1 Nur die Zentrierung des Menschen im Prozeß der betrieblichen Wertschöpfung könne Kreativpotentiale freisetzen und letztendlich die langfristige Untemehmensexistenz im wettbewerblichen Umfeld sicherstellen. Dazu trügen moderne Vgl. auch McCarty 1993, p. 6; Sisson 1994, p. 4; Kern/Breining/Eckert 1995, p. 203.

Einführung

30

Strukturen der Arbeitsorganisation mit einer weitgehenden Entscheidungs- und Verant­ wortungsdezentralisation, einer Entspezialisierung auf Werkstattebene, einer Enthierarchisierung der Fertigungsorganisation und/oder einer Implementierung von Teamar­ beitskonzepten bei. Gerade ein flexibles Fertigungssystem eigne sich für die Realisierung einer strukturmodernen Arbeitsorganisation. Dies behaupten aktuelle Bei­ träge zur Arbeitsgestaltung. Andererseits ist die Organisationsrealität im Produktionsbe­ reich allgemein auch durch traditionelle Strukturen gekennzeichnet, die das Pendant zur modernen Arbeitsorganisation darstellen. Eine Fortführung der Strukturtradition in fle­ xiblen Fertigungssystemen ist ebenso denkbar wie wahrscheinlich. Diese Gegensätzlich­ keit führt zur folgenden These, die den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet: Ausgangsthese 1 (Strukturvarianzthese): Die Organisationspraxis flexibler Fertigungssysteme ist gekennzeichnet durch eine strukturelle Varianz, die ein breites Spektrum arbeitsorganisatorischer Gestaltungslö­ sungen auf einem Kontinuum zwischen den Extrema einer Strukturmodernität einer­ seits sowie einer Strukturtradition der Arbeitsformen andererseits einnimmt. Aus dieser These leitet sich als erste Zielsetzung die empirische Bestandsaufnahme von realisierten Formen der Arbeitsorganisation ab. Nur der Blick in die Organisationspraxis flexibler Fertigungssysteme ermöglicht deskriptive Aussagen über Existenz und Ausmaß einer strukturellen Varianz. Deshalb erfordert die Behandlung arbeitsorganisatorischer Problemstellungen auch ein empiriegestütztes Vorgehen auf der Basis einer Breitenerhe­ bung. Aus der Beschreibung realisierter Strukturen der Arbeitsorganisation folgt die zweite Zielsetzung dieser Untersuchung, nämlich die Ermittlung von Ursachen, Zusammenhän­ gen und Abhängigkeiten, die zur Erklärung einer vermuteten Strukturvielfalt in flexiblen Fertigungssystemen beitragen können.2 Die Strukturvarianzthese greift die Diskussion über den technischen Determinismus auf. Im Kem besagt dieser, daß Organisation und Qualifikation menschlicher Arbeit in einem Produktionssystem dem Diktat der Technik unterliegen. Demzufolge sind alternative Gestaltungsformen der Arbeit für eine be­ stimmte Technikausprägung als inexistent anzunehmen. Spätestens seit der Durchfüh­ rung von Studien im englischen Kohlebergbau besteht jedoch weitgehend Einigkeit dar­ über, daß das Vorhandensein eines Technikdeterminismus im traditionellen Sinne zu be-

Dieses ergründende Vorgehen orientiert sich auch an der Aufgabe einer »theoretischen Indu­ striebetriebslehre*, wie sie bereits von Kalveram gefordert worden ist. Vgl. Kalveram 1950, S. 14-15; sowie ähnlich Schmidt 1950, S. 21.

Problemstellung und Zielsetzungen

31

zweifeln ist? Das Aufkommen und die zunehmende Diffusion rechnergestützter Ferti­ gungstechnik bestärkt diese Ansicht noch zusätzlich. Vor allem der Betrieb flexibler Fertigungssysteme eröffne durch die weitgehende Automatisierung operativer Tätigkei­ ten einen umfangreichen arbeitsorganisatorischen Gestaltungsfreiraum, weil die unmit­ telbare Kopplung des Werkstattpersonals an die Prozeßabläufe größtenteils aufgehoben wird.4 Zudem erlaube eine gestiegene Benutzerfreundlichkeit der Rechnersysteme die Integration supportiver und dispositiver Funktionen vor Ort aufWerkstattebene.

Als Gegenstück zum Technikdeterminismus suggerieren diese Betrachtungen oberfläch­ lich eine völlige Gestaltungsfreiheit organisatorischer Strukturlösungen. Das FFS reprä­ sentiere folglich eine Technik, die mit den unterschiedlichsten Ausprägungen der Ar­ beitsorganisation eingesetzt werden könne. Konkrete Anwendungsfälle der arbeits­ organisatorischen Restrukturierung eines flexiblen Fertigungssystems untermauern die Vorstellung von einer nahezu unbeschränkten Wahlfreiheit. Die Systemeinbettung in ein betriebliches Umfeld als Quelle organisationsformender Einflußfaktoren wird aus diesen Schilderungen ausgeblendet oder nicht explizit problematisiert. Die Suche nach den Ur­ sachen einer arbeitsorganisatorischen Varianz kann den Einwirkungsradius nicht auf die lokale Fertigungstechnik beschränken. Die strukturelle Konfiguration von Organisatio­ nen ist auch abhängig von Faktoren der Tradition, Größe oder Umweltdynamik. Zudem ist Organisationsgestaltung eine zielgerichtete und interessengeleitete Aktivität einzelner Organisationsmitglieder. Dies läßt sich auf den Mikrobereich eines flexiblen Fertigungs­ systems übertragen. Deshalb wird die Vorstellung einer , abgeschwächten‘ Strukturde­ terminiertheit als zweite Ausgangsthese dieser Untersuchung zugrundegelegt:

Siehe im einzelnen zur erwähnten Studie Trist/Bamforth 1951; sowie zusammenfassend Emery/Trist 1969, p. 285. Aufbauend auf dieser Untersuchung des Tavistock Institute hat sich der soziotechnische Ansatz entwickelt, der als eine Kemaussage die Gestaltbarkeit der Arbeitsorganisation beinhaltet und damit einen omnipotenten technischen Sachzwang negiert. Vgl. beispielsweise Vilmar 1973, S. 108; Barko/Pasmore 1986, p. 195; sowie all­ gemein zur Inexistenz des technischen Determinismus Brödner 1990, p. 103. Vgl. allgemein Duell/Frei 1986, S. 33-34; Wall et al. 1990, p. 691; Zammuto/O’Connor 1992, p. 704; sowie Berger 1994, p. 277. Siehe speziell im FFS-Kontext Schultz-Wild 1993, S.159-160.

32

Einführung

Ausgangsthese 2 (Strukturdeterminiertheitsthese): Die Organisationspraxis flexibler Fertigungssysteme erfolgt weitgehend losgelöst von technischen Sachzwängen im traditionellen Sinn. Dennoch existieren Wirkungsmecha­ nismen, die eine strukturelle Varianz der Arbeitsorganisation herbeiführen und deren Ursprung vor allem im erweiterten situativen Umfeld des FFS-Betriebs zu suchen ist.

1.2 Aufbau der Arbeit Die Themenbehandlung legt im zweiten Kapitel eine Betrachtung flexibler Fertigungs­ systeme in der betrieblichen Praxis nahe. Hier steht zuerst die Ableitung einer Arbeitsde­ finition im Vordergrund, um dadurch eine inhaltliche und empirische Begriffsbasis her­ stellen zu können. Die weiterführende Durchleuchtung der einzelnen Subsysteme eines FFS dient zur Verdeutlichung der Vielschichtigkeit dieser Fertigungstechnik. Die Aus­ führungen schließen das Personalsystem als gleichgewichtete Komponente eines FFSBetriebs mit ein. Eine auf diese Weise vorgenommene Spezifizierung von Begriffen und Komponenten vermittelt zwar einen Eindruck über das Objekt und die Funktionen. Die Gründe, die einen betrieblichen Entscheidungsträger zur Systemeinführung bewogen ha­ ben, sind jedoch noch nicht behandelt. Deshalb konzentrieren sich die anschließenden Ausführungen auf eine Herausarbeitung konkreter Potentiale, die mit dem Einsatz eines FFS ausgeschöpft werden sollen. Die Vollständigkeit einer Abhandlung über den praktischen Einsatz flexibler Fertigungs­ systeme erfordert schließlich einen historischen Rückblick sowie die Beschreibung ge­ genwärtiger Entwicklungstendenzen. Flexible Fertigungssysteme sind nicht in einem Vakuum entstanden. Diese Einheiten sind vielmehr die Folge eines technischen und or­ ganisatorischen Fortschritts. Die retrospektive Betrachtung der Wurzeln, der Erstent­ wicklungen sowie der einsetzenden Diffusionsmuster zu Beginn der 70er Jahre verdeut­ licht, daß die oftmals mit FFS verbundene Vorstellung einer ,neuen Technologie4 nicht länger zutrifft. Derartige Systeme befinden sich seit nunmehr 30 Jahren im Produktions­ einsatz. Gerade deshalb erscheint auch die Rekursion auf das Adoptions verhalten indu­ strieller Anwender von Interesse. Dieses Vorgehen strebt nicht nur die historische Refle­ xion eines sich über die vergangenen drei Jahrzehnten gewandelten Diffusionsmusters an. Darüber hinaus ist die chronologische Darlegung von Verbreitungszahlen einer na­ tionalen, regionalen sowie globalen Durchdringung hilfreich, um annähernd gesicherte Rückschlüsse auf die Globalverbreitung zu ermöglichen. Diese Zahlen dienen zusammen mit eigenen Schätzungen als Grundgesamtheit für die durchzuführende Breitenerhebung. Aus diesem Grund ist die Einbeziehung einer Vielfalt von Untersuchungen zum Ver­ breitungsstand flexibler Fertigungssysteme in Vergangenheit und Gegenwart notwendig.

Aufbau der Arbeit

33

Das dritte Kapitel rückt Aspekte des empirischen Forschungsdesigns in den Betrach­ tungsfokus. Die Konzeption stützt sich dabei auf die Kontingenztheorie. Daher erfolgt einleitend die Auseinandersetzung mit den Grundlagen des situativen Ansatzes, die über einen historischen Abriß sowie die Argumentationslogik hinaus auch eine kritische Re­ flexion einschließt. Gerade eine im Detail aufbereitete kritische Würdigung ist für den weiteren Fortgang notwendig, weil daraus konzeptionelle Anregungen für das Design der eigenen Untersuchung gewonnen werden können. Die eigentliche Wahl des situati­ ven Ansatzes aus dem vielfältigen Gebäude der Organisationstheorien stützt sich auf ei­ nen Abwägungsprozeß, der vor dem Hintergrund der eingangs formulierten Thesen so­ wie der damit verknüpften empirischen Ausrichtung erfolgte. Dieses ab wägende Vor­ gehen wird dann auch ansatzweise reproduziert.

Das analytische Grundmodell der Kontingenztheorie fungiert als Leitrahmen für die an­ schließende Herleitung eines eigenen situativen Modells der Arbeitsorganisation in fle­ xiblen Fertigungssystemen.5 Dieses Modell bietet einen konzeptionellen Rahmen, der einer später erfolgenden Konkretisierung von Strukturvarianz- und Strukturdeterminiert­ heitsthese dient. Die Spezifizierung der einzelnen Modellbestandteile Situation, Struktur und Zielerreichung besitzt primär auflistenden Charakter. Die zugehörigen Detailbe­ schreibungen finden sich dann in den Kapiteln vier bis sechs. Im einzelnen erfolgt eine nach dem Einflußursprung differenzierte Dekomposition der arbeitsorganisatorischen Situation flexibler Fertigungssysteme in 30 mögliche Kontext­ variablen. Die Beschreibung der arbeitsorganisatorischen Strukturausprägungen kon­ zentriert sich auf eine Auswahl von fünf Dimensionen: 1.

2.

3. 4.

Strukturzentralisation: Wo liegt der produktionsinteme Zuständigkeitsbereich für die Ausführung der Systemfunktionen? Strukturspezialisierung: Wer führt im Personalsystem des FFS die Arbeitsfunk­ tionen aus? Strukturautorität: Wer ist für die systeminterne Funktionsausführung verantwort­ lich? /5. Strukturdynamik sowie Strukturkooperation: Wie wird die Arbeit systemintern durchgeführt?

Die Abbildung der arbeitsorganisatorischen Zielerreichung nimmt eine Einschränkung auf das aggregierte Beurteilungsmaß des Nutzungsgrades flexibler Fertigungssysteme vor und komplettiert die Ausführungen zu den Modellbestandteilen.

Die Modellkonstruktion orientiert sich dabei weitgehend an den allgemeinen Anforderungen in der betriebswirtschaftlichen Forschung, zu denen unter anderem Realitätsnähe, Erklä­ rungsgehalt, Abbildungstreue, Transparenz oder Komplexitätsreduktion gehören. Siehe bei­ spielsweise Schmidt/Schor 1987. Vor allem handelt es sich um ein realistisches Modell zur Herauskristallisierung von Gegebenheiten der arbeitsorganisatorischen Praxis flexibler Fer­ tigungssysteme sowie zur Extrahierung von Erklärungen für die Entstehung der strukturellen Organisationswirklichkeit in FFS.

34

Einführung

Dieser Offenlegung des theoretischen Bezugsrahmens schließt sich eine rückblickende Deskription des Forschungsdesigns an, die konsequenterweise mit der gewählten Aus­ wertungsstrategie endet. Den Abschluß der Ausführungen im dritten Kapitel bildet die univariate Aufbereitung erster, auf Anwendereinschätzungen beruhender Angaben über die Einflußbedeutung ausgewählter Situationsvariablen einerseits sowie die Perzeptionen zur Bedeutung arbeitsorganisatorischer Teilziele andererseits.6 Diese Darlegungen ver­ mitteln erste Einblicke in die Vielschichtigkeit der Themenstellung. Sie besitzen darüber hinaus für das weitere Vorgehen eine ,Ampelfunktion4 und fließen deshalb in den kon­ zeptionellen Grundlagenteil mit ein. So würde eine durch alle oder die meisten Anwen­ der erfolgende Einstufung sämtlicher Einflußfaktoren und Teilziele als ,unbedeutend4 bereits hier die Konzeption des Forschungsdesigns in Frage stellen. Dies ist allerdings nicht der Fall. Die Erhebungsergebnisse spiegeln eine empfundene Vielschichtigkeit von Situation und Zielbedeutung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen wider und geben damit,grünes Licht4 für die weitere Untersuchung. Das vierte Kapitel widmet sich einer deskriptiven Behandlung der arbeitsorganisatori­ schen Strukturdimensionen in FFS. Im einzelnen präzisieren diese Ausführungen die je­ weiligen Dimensionen. Es schließt sich eine univariate Darstellung der einzelnen Erhe­ bungsergebnisse an, die durch Überlegungen zur Datenaggregation für die Dimensionen der Zentralisation und Spezialisierung ergänzt werden. Auf diese Weise reflektiert sich die Strukturvarianzthese im eigenen Datensatz über die Organisationspraxis der erfaßten FFS.

Der Struktur des situativen Grundmodells folgend vertieft das fünfte Kapitel die Dar­ stellung der ausgewählten Kontextfaktoren. Im Kem thematisieren diese Einflußquellen Aspekte der Strukturkopplung, der Ressourcenverfügbarkeit, der Einstellungen von Organisationsmitgliedem sowie systemspezifischer Aufgabenmerkmale. Eine deskriptive Aufarbeitung der Erhebungsergebnisse zu den Situations variablen der Arbeitsorganisati­ on thematisiert in einem ersten Schritt die Strukturdeterminiertheitsthese. Darauf auf­ bauend sieht der nächste Schritt die weiterführende Thesenkonkretisierung durch eine Formulierung von variabienspezifischen Hauptthesen vor, die einen tendenziellen Wir­ kungsmechanismus - also eine Kontingenz - des jeweils fokussierten Kontextfaktors auf ein übergeordnetes Strukturmuster der Arbeitsorganisation postulieren. Diese Überle­ gungen stützen sich auf die Unterscheidung in eine strukturtraditionelle bzw. strukturmoderne Arbeitsorganisation als extreme Ausprägungsformen, wie sie kapiteleinleitend aufgezeigt werden und im Kontext der Strukturvarianzthese bereits angedeutet worden sind. Ausführungen zum Zielerreichungsgrad der FFS-Organisation im sechsten Kapitel be­ handeln schließlich den dritten und letzten Modellbestandteil. Die univariate Darstellung der Erhebungsergebnisse zum Nutzungsgrad sowie zu den technischen und organisatori­ schen Ausfallraten wird dabei ergänzt durch Überlegungen zur situativen Paßgenauigkeit Die Datenverarbeitung dieser Untersuchung erfolgte mit den Auswertungsprogrammen Microsoft EXCEL 97 und SPSS für Windows (Version 7.5.2).

Aufbau der Arbeit

35

der Arbeitsorganisation. Die Konstruktion des situativen Modells der Arbeitsorganisati­ on legt die Formulierung von zwei weiteren Hauptthesen nahe, nämlich der StrukturZielerreichungs-These sowie der Situations-Zielerreichungs-These.

Schließlich werden im siebenten Kapitel die bivariaten Erhebungsergebnisse zwischen Situation, Struktur und Zielerreichungsgrad der FFS-Organisation zu Tendenzaussagen verdichtet. Die vorgeschalteten Hauptthesen werden abschließend durch Hypothesen konkretisiert, die dann als Bestandteil der Korrelationsanalyse getestet werden. Je nach Testergebnis lassen sich Aussagen über die statistische Signifikanz der Tendenzkontin­ genzen formulieren, die Zusatzinformationen über die mögliche Existenz realer Zusam­ menhänge bereitstellen. Eine Aufbereitung der Kemergebnisse, die Ableitung allgemei­ ner Erkenntnisse für die Organisationspraxis sowie Ansatzpunkte für weiterführende Forschungsbemühungen beenden im achten Kapitel diese Untersuchung. Die nachste­ hende Abbildung 1-1 faßt die Struktur der Arbeit graphisch zusammen.7

An dieser Stelle sind zwei Hinweise bezüglich der Anfertigung dieser Arbeit zu geben: Es handelt sich bei fast allen Abbildungen um eigene Darstellungen. Auf diesen Hinweis wird nachfolgend verzichtet. Lediglich die aus anderen Quellen entnommenen und gege­ benenfalls abgewandelten Abbildungen werden entsprechend kenntlich gemacht. Im Gesamtzusammenhang als besonders wichtig erachtete Textstellen sowie die verbale Prä­ sentation der eigenen Erhebungsergebnisse sind mit schwarzen Randmarkierungen hervor­ gehoben.

Einführung

36

Abb. 1-1:

Struktur der Arbeit

2

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

2.1

Begriffsvielfalt, Merkmale und Arbeitsdefinition

Die Beschäftigung mit flexiblen Fertigungssystemen setzt eine Begriffsklärung voraus. Da in Literatur und Praxis der Begriff des flexiblen Fertigungssystems unterschiedlich aufgefaßt wird, kann zunächst festgehalten werden, daß eine allgemeingültige Definition nicht existiert.1 Sehr weit gefaßt betrachten Rugman, Lecraw und Booth flexible Fertigungssysteme als flexible Produktionsstätten {.flexible factories'") in einem Netzwerk von Tochterge­ sellschaften international tätiger Unternehmen.2 Eingebunden in einen weltweiten Ver­ bund dezentralisierter Komponentenproduktion können mit dem Einsatz flexibler Ferti­ gungssysteme Skalenerträge realisiert werden. Das FFS wird als Mittel zur Steigerung der Produktionseffizienz multinationaler Unternehmen angesehen. Begrifflich konkreti­ sieren obige Autoren ein FFS als Produktionssystem, in welchem Zwischenprodukte, Roboter, rechnergestützte Lagersysteme und andere Produktionsinnovationen zur An­ wendung kommen, um den Fertigungsprozeß zu beschleunigen und zu flexibilisieren. Ähnlich weit gespannt interpretiert Flaig im Kontext der Massenspezialisierung ein fle­ xibles Fertigungssystem als Mittel zur Gewährleistung operativer Agilität.3 Hier ermög­ licht das FFS die zeitgerechte und effiziente Produktion eines sich schnell ändernden Spektrums von Endprodukten in großen, mittleren und kleinen Stückzahlen hoher Qua­ lität und niedriger Kosten. Das flexible Fertigungssystem integriert Konstruktion und Produktion über ein vernetztes und automatisiertes Informationssystem. Dieser umfas­ senden Betrachtungsweise ähnelt auch die Vorstellung von JONES, nach welcher es sich bei flexiblen Fertigungssystemen um ..colonies of cybernation“ handelt, d. h. um selbst­ tätige Fabrikstrukturen mit automatisierter Steuerung.4 Organisatorisch werden hier fle­ xible Fertigungssysteme als CIM-Inseln in größeren konventionellen Produktionsstätten betrachtet. Schließlich findet sich an anderer Stelle die Vorstellung, ein flexibles Ferti­ gungssystem zeichne sich durch die Integration verschiedener flexibilitätsorientierter

1

2 3 4

Vgl. zur Inexistenz einer einheitlichen Definition UNECE 1986, p. 13; MacCarthy/Liu 1993, p. 299; Kaighobadi/Venkatesh 1994, p. 27. Babbar und Rai bezeichnen die Vielfalt von Begriffsauslegungen als .plethora of definitions of FMS“ Siehe Babbar/Rai 1990, p. 45. Vgl. Rugman/Lecraw/Booth 1985, pp. 368-370. Vgl. Flaig 1993, p. 193. Vgl. Jones 1997, p. 131.

38

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Konzepte zur Teilebearbeitung, Montage und Qualitätskontrolle aus.5 Diese vagen Be­ griffsbeschreibungen entziehen sich weitgehend einer empirischen Untersuchung, da ei­ ne Lokalisierung konkreter FFS nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Somit ist eine Fokussierung auf eine zweite Gruppe von Begriffsauslegungen erforderlich, die im en­ gen Sinne kleinere Objekte innerhalb definierter Produktionsbereiche beschreibt.

Eine frühe Definition flexibler Fertigungssysteme gibt STUTE. Er bezieht sich auf den 1967 von DOLEZALEK und ROPOHL eingefuhrten Begriff des flexiblen Fertigungssy­ stems und versteht darunter eine Gruppe von Fertigungseinrichtungen, die steuerungsund materialflußtechnisch verkettet sind und eine automatisierte Bearbeitung eines Spektrums unterschiedlicher Werkstücke erlauben.6 Ähnlich definiert auch Raouf ein flexibles Fertigungssystem als eine Ansammlung von Fertigungseinheiten, die mittels eines Materialflußsystems verknüpft sind und über einen oder mehrere Rechner gesteuert werden.7 An anderer Stelle wird unter einem flexiblen Fertigungssystem ein Verbund aus mehreren numerisch gesteuerten Produktionseinrichtungen verstanden, die via eines automatisierten Materialtransportsystems miteinander verknüpft sind und über ein Rech­ nersystem in der Weise gesteuert werden, daß eine flexible Bearbeitung von Teilen oder der flexible Zusammenbau von Endprodukten gewährleistet wird.8 Erweitert definiert das IIASA (International Institute for Applied Systems Analysis) ein FFS als Produktionssystem, das aus mehr als einer numerisch gesteuerten Bearbeitungsmaschine und/oder mehr als einem Industrieroboter besteht, über ein flexi­ bles oder starres Transportsystem zur Abwicklung des gesamten Produktionszyklus un­ ter rechnergestützter Steuerung verbunden ist und durch Material- und Werkzeughand­ habungssysteme sowie Speicher- und Prüfsysteme ergänzt wird.9 Eine weitergehende Begriffspräzisierung findet sich bei Ebel.10 Er zitiert eine Definition der WORKING Party on Engineering Industries and Automation der Vereinten Nationen, wonach es sich bei einem flexiblen Fertigungssystem um ein Produktionssystem handelt, wel­ ches die automatisierte Fertigung eines umfangreichen Werkstückspektrums in kleinen Losgrößen mit minimalen Rüstzeiten ermöglicht. Ferner besteht ein FFS als Maschinen­ system aus einer Reihe numerisch gesteuerter Maschinen, Industrieroboter und weiterer 5 6

7 8 9 10

Vgl. Yamashina/Okamura/Matsumoto 1986, pp. 406-407; Maleki 1991, p. 3. Vgl. Stute 1974, S. 147-148; sowie ähnlich Dederichs/Köhler 1987, S. 20-21. Siehe zur Begriffseinführung des flexiblen Fertigungssystems in der deutschsprachigen Literatur Dolezalek/Ropohl 1967. Die darin beschriebene Entwicklungskonzeption eines FFS dient der Automatisierung von Bearbeitungsprozessen in der Serienfertigung. Synonym verwen­ den Dolezalek und Ropohl auch den Begriff der flexiblen Fertigungslinie und beschreiben nach dem Linien- und Baukastenprinzip konfigurierte Fertigungssysteme, die .für jeden Be­ darfsfall genau das Spektrum von Arbeitsmöglichkeiten aufweisen, das in diesem Fall erfor­ derlich ist“ und die sich „schnell und unter mäßigem Aufwand (...) auf vielleicht noch gar nicht bekannte Fertigungsaufgaben anpassen“ lassen. Siehe Dolezalek/Ropohl 1967, S. 3. Vgl. Raouf 1995, p. 183. Vgl. Luh 1998, p. 228. Vgl. Tchuov 1989a, p. 3. Vgl. Ebel 1985, pp. 133-134.

Begriffsvielfalt, Merkmale und Arbeitsdefinition

39

rechnergesteuerter Arbeitsstationen, die über ein automatisiertes Transportsystem für Werkzeuge und Werkstücke verkettet sind. Diese materialflußtechnische Verknüpfung wird als sine qua non eines FFS bezeichnet. Darüber hinaus gewährleistet ein System von Rechnern die Steuerung aller wichtigen Funktionen. Hierzu zählt insbesondere das Laden von NC-Programmen an einzelne Bearbeitungsstationen, die Steuerung des Mate­ rialflusses innerhalb des Systems sowie die Erstellung von Protokollen zur Dokumenta­ tion des Auftragsfortschritts und der Systemleistung. Schließlich zeichnet sich ein flexi­ bles Fertigungssystem durch die automatisierte Ausführung diverser Produktions­ funktionen aus, zu denen beispielsweise Werkzeugbruchkontrolle, Werkstückprüfung oder Funktionen der Selbstdiagnose zählen. Aus diesen und anderen in der Literatur vorfindbaren Definitionen lassen sich trotz der inhaltlichen Verschiedenartigkeit Gemeinsamkeiten herausfiltem,11 die sich zunächst zu vier Objektmerkmalen verdichten lassen:

• • •



Ein flexibles Fertigungssystem stellt ein in den betrieblichen Wertschöpfungsprozeß eingebettetes Produktionssystem dar. Ein flexibles Fertigungssystem integriert eine Mehrzahl numerisch gesteuerter Be­ arbeitungsmaschinen. Ein flexibles Fertigungssystem beinhaltet ein automatisiertes Transport- und Hand­ habungssystem für Werkstücke und Werkzeuge. Ein flexibles Fertigungssystem wird über ein internes Rechnersystem gesteuert.

Es handelt sich bei diesen Definitionsmerkmalen um physische Objekte, die unabhängig vom Betriebszustand eines flexiblen Fertigungssystems beobachtet werden können. Das gemeinsame Vorliegen dieser Objektmerkmale wird hier als notwendige Begriffsbedin­ gung eines flexiblen Fertigungssystems aufgefaßt, erlaubt jedoch keine näheren Aussa­ gen über das Produktions verhalten eines FFS. Daher werden an dieser Stelle aus den De­ finitionsbeschreibungen der Literatur zusätzlich vier Betriebsmerkmale extrahiert, die das systembezogene Produktionsverhalten präzisieren:

• • • •

Der Betrieb eines flexiblen Fertigungssystems zeichnet sich durch eine weitgehende Funktionsautomatisierung aus. Der Betrieb eines flexiblen Fertigungssystems gewährleistet eine Durchlauffreiheit der Werkstücke. Der Betrieb eines flexiblen Fertigungssystems vollzieht sich unter der Parallelisie­ rung von Haupt- und Rüstzeiten. Der Betrieb eines flexiblen Fertigungssystems ist gekennzeichnet durch die Bear­ beitung eines differenzierten Werkstückspektrums.

Zusätzliche Definitionen eines FFS in der deutschsprachigen Literatur finden sich zum Bei­ spiel in Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 1; Hansmann 1997, S. 126-127; Kief 1998, S. 45. Siehe ergänzend zur Begriffspräzisierung in der englischsprachigen Literatur unter anderem Graham/Rosenthal 1986, p. 213; Maleki 1991, p. 8; Gupta/Chen/Rom 1993, p. 33.

40

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Die Gesamtheit der genannten Betriebsmerkmale repräsentiert im Verständnis dieser Untersuchung die hinreichende Begriffsbedingung für das Vorliegen eines flexiblen F ertigungssy stems. Im Kontext einer begrifflichen Präzisierung bedarf es nunmehr weiterführender Erläute­ rungen zu den einzelnen Objektmerkmalen, bevor sich eine nähere Betrachtung der Be­ triebsmerkmale anschließt. Dieses Vorgehen erfolgt auch vor dem Hintergrund der Ab­ grenzung flexibler Fertigungssysteme von anderen flexiblen Fertigungskonzepten (z. B. flexible Fertigungszelle oder flexible Transferstrasse).

(I)

Zu den Objektmerkmalen flexibler Fertigungssysteme

Es handelt sich bei einem flexiblen Fertigungssystem um ein Produktionssystem im en­ gen Sinne.12 Dieses läßt sich als komplexes System mit räumlich definierten Grenzen interpretieren, in dem ein Teilausschnitt des gesamten Produktionsprozesses eines Indu­ strieunternehmens als systeminterner Bearbeitungsprozeß stattfindet. Die Prozeßkom­ plexität resultiert aus einer Interaktion zwischen Mensch und Maschine zur zielgerichte­ ten Erfüllung der systemspezifischen Produktionsaufgabe, die eine Überführung von Werkstücken aus dem Rohzustand in den Fertigzustand zum Gegenstand hat. Es findet somit ein Bearbeitungsfortschritt an Produktionsobjekten statt. Die Eingangs- und Aus­ gangsgrößen des Produktionssystems bilden Energie, Material, Information und mensch­ liche Arbeitsleistung.13 Zentral für ein FFS als Produktionssystem im engen Sinne ist der systeminterne Bear­ beitungsprozeß („throughput‘s, der durch das jeweils zur Anwendung kommende Ferti­ gungsverfahren beschrieben wird. Fertigungsverfahren lassen sich gemäß DIN 8580 da­ nach unterscheiden, ob sie die Schaffung oder Veränderung einer Form bzw. eine Änderung von Stoffeigenschaften herbeiführen.14 Verfahren zur Formschaffung werden unter dem Begriff des Urformens zusammengefaßt. Einer Formänderung dienen die Ver­ fahren des Umformens, Trennens, Fügens und Beschichtens. Zur Veränderung von Stof­ feigenschaften werden beispielsweise die Verfahren der Wärmebehandlung, des Magne­ tisierens oder der Bestrahlung eingesetzt. Grundsätzlich läßt sich für jedes dieser Verfahren ein flexibles Fertigungssystem konzipieren.

In dieser Arbeit erfolgt eine Betrachtungseingrenzung auf Systeme der spanenden Bear­ beitung, insbesondere des Spanens mit geometrisch bestimmter Schneide (z. B. Drehen, Bohren, Fräsen).15 Die spanende Bearbeitung zählt zu den trennenden Fertigungsverfah­ ren. Flexible Fertigungssysteme für die spanende Bearbeitung mit geometrisch unbe­ stimmter Schneide als Hauptverfahren (z. B. Schleifen) werden nicht näher berücksich­ 12

13 14 15

Im Unterschied zu einem Produktionssystem im engen Sinne dient das Produktionssystem i. w. S. „als Oberbegrifffür alle Systeme, die industrielle Produktionsprozesse in ihrer Ge­ samtheit abbilden. (...) Produktionssysteme i. w. S. bilden folglich industrielle Produktions­ prozesse auf einer Makroebene ab (...).“ Zahn/Schmid 1996, S. 112. Vgl. allgemein zum Produktionssystem (i. e. S.) Milberg 1992, S. 1. Vgl. Milberg 1992, S. 2; Spur 1996a, S. L12. Vgl. allgemein zum Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide Spur 1996b.

Begriffsvielfalt, Merkmale und Arbeitsdefinition

41

tigt.16 Auch andere Untersuchungen nehmen diese Eingrenzung vor und begründen sie dort mit der Dominanz dieses Fertigungsverfahrens im FFS-Einsatzspektrum.17 Das ei­ gene empirische Vorgehen konzentriert sich ausschließlich auf flexible Fertigungssyste­ me der spanenden Bearbeitung, weil aufgrund ihrer relativ starken Verbreitung eine um­ fangreiche Auswertungsgesamtheit am ehesten zu erwarten ist.18

In der Systempraxis integrieren FFS auch andere Fertigungsverfahren. Sie werden aus der empirischen Betrachtung zwar ausgeschlossen, im folgenden aus Gründen der Voll­ ständigkeit jedoch kurz angeführt. So sind im Bereich der trennenden Verfahren auch FFS-Anwendungsfälle realisiert, die zur zerteilenden Bearbeitung (z. B. Laserstrahl- und Plasmastrahlschneiden) oder zur abtragenden Fertigung (beispielsweise Elysieren oder Erodieren) gehören.19 Des weiteren werden flexible Fertigungssysteme zur Blechum­ formung (umformendes Fertigungsverfahren) eingesetzt.20 Schließlich bilden FFS für die Komponentenmontage (fügendes Fertigungsverfahren) ein weiteres Anwendungsfeld flexibler Fertigungstechnik.21

Als ein Ziel der Forschungsanstrengungen zur Weiterentwicklung des Prinzips flexibler Fertigungssysteme für andere Fertigungsverfahren kann auch der Einsatz flexibler Lakkiersysteme sowie flexibler Produktionssysteme zur Herstellung von Produkten in der chemischen Industrie angesehen werden. Hier wird insbesondere in Japan ein ausge­ dehnter Anwendungsbereich für die flexible Fertigung prognostiziert.22 Anderswo wur­ den flexible Fertigungssysteme außer im Schwerpunkteinsatz der spanenden Bearbeitung sowie der Blechumformung auch in der Kunststoff- und Gummiherstellung sowie der

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21

22

Vgl. zur Unterscheidung in Spanen mit geometrisch bestimmter und unbestimmter Schneide Spur 1996a, S. L21-L22. Siehe speziell zum Spanen mit geometrisch unbestimmter Schnei­ de Spur 1996c. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 7. Eine empirische Bestätigung des Vorherrschens dieses Fertigungsverfahrens findet sich in Tchijov 1989a, p. 10. Demnach wurden im Jahr 1989 von 758 weltweit erfaßten flexiblen Fertigungssystemen laut Datenbank des IIASA knapp 82% für die spanende Bearbeitung eingesetzt. Siehe bereits zu ähnlichen Erhebungsergebnissen UNECE 1986, p. 45. Vgl. IAO/IPA 1992, S. 8. Vgl. allgemein zu FFS der Blechbearbeitung UNECE 1986, p. 47. Beschreibungen konkreter Anwendungsfälle finden sich in Benzinger/Hundsdörfer 1988; Petruska 1988; Vaccari 1988. Laut der FFS-Datenbank des IIASA (N = 758 flexible Fertigungssysteme) wurden 1989 weltweit ca. 5% als flexible Blechbearbeitungssysteme eingesetzt. Vgl. Tchijov 1989a, p. 10. Siehe zu einem detaillierten Anwenderbericht eines flexiblen Montagesystems beispielswei­ se Adams 1988. Vgl. zu einem Überblick über flexible Montagesysteme und zu Kurzdar­ stellungen konkreter Anwendungsbeispiele Talavage/Hannam 1988, pp. 163-168. Gemäß der Datenbank des IIASA wurden im Jahr 1989 ca. 5% der dort aufgenommenen FFS als flexible Montagesysteme konzipiert (N= 758). Vgl. Tchijov 1989a, p. 10. Vgl. Sata 1993, p. 55.

42

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Möbelproduktion lokalisiert.23 Trotz dieser Verfahrensausdehnung kann auch in Zukunft die spanende Bearbeitung als Domäne des FFS-Einsatzes betrachtet werden 24

Analog zu obiger Unterscheidung der Fertigungsverfahren lassen sich die dafür benö­ tigten Bearbeitungsmaschinen differenzieren. Die Betrachtungseingrenzung auf flexible Fertigungssysteme der spanenden Bearbeitung gibt auch den vorherrschenden Maschi­ nentyp der hier interessierenden Untersuchungseinheiten vor: die Werkzeugmaschine. Es handelt sich bei Werkzeugmaschinen allgemein um trennende sowie umformende Ma­ schinen für die Bearbeitung metallischer Werkstoffe nach zuvor festgelegter Geometrie und unter Benutzung geeigneter Werkzeuge 25 Ein flexibles Fertigungssystem besteht als Produktionssystem im engen Sinne aus einer Mehrzahl numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen. Mit diesem Objektmerkmal grenzt sich das FFS von der flexiblen Fertigungszelle (FFZ) ab. Bei flexiblen Ferti­ gungszellen handelt es sich um Einmaschinenkonzepte mit automatisiertem Werkzeugund Werkstückwechsel sowie einem maschinennahen Werkstückspeicher, der die Ver­ sorgung der Werkzeugmaschine auch ohne die Anwesenheit eines Bedieners über einen bestimmten Zeitraum hinweg gewährleisten kann 26 So wurde im Jahre 1975 bei der Niigata Converter Co. in Japan erstmals eine flexible Fertigungszelle realisiert, die durch Abarbeiten des Werkstückspeichers einen mannlosen Betrieb über 24 Stunden hinweg ermöglichte.27 Bei stufenweiser Realisierung eines FFS kann die Installation der flexiblen Fertigungszelle eine frühe Ausbaustufe darstellen.

Vor allem in der englischsprachigen Literatur wird unter einer flexiblen Fertigungszelle („Flexible Manufacturing Cell“} häufig auch ein verkettetes Mehrmaschinenkonzept verstanden, welches sich durch eine eingeschränkte Funktionalität des Informationssy­ stems, einen geringeren informationsflußtechnischen Integrationsgrad in die Gesamtpro­ duktion, einen niedrigeren Komplexitätsgrad des Techniksystems durch Einsatz standar­ disierter Module oder allgemein einer kleineren Zahl integrierter Bearbeitungsmaschinen von einem .full scale“ FFS („Flexible Manufacturing System “) abgrenzt.28 Derartige Kriterien zur Unterscheidung einer Mehrmaschinenzelle von einem Mehrmaschinensy­ stem sind für eine empirische Untersuchung ungeeignet, da ihre Bestimmung eher will­ kürlichen Charakter besitzt. So kann beispielsweise die Festlegung der Übergangsgrenze von einer flexiblen Fertigungszelle auf ein flexibles Fertigungssystem bei zwei oder vier integrierten Werkzeugmaschinen nicht begründet werden. Die eindeutige Differenzie-

23 24 25 26 27 28

Vgl. zu diesen Anwendungen in Großbritannien Bessant/Haywood 1986, p. 35. Vgl. dazu auch Warnecke/Steinhilper/Storn 1995, pp. 46-47. Vgl. Milberg 1992, S. 2. Vgl. Browne et al. 1984, p. 116; Förster 1988, S. 6-7; Spur/Zurlino 1993, p. 115. Vgl. Sata 1993, p. 46. Vgl. hierzu MacCarthy/Liu 1993, pp. 300-303. Ähnliche Abgrenzungen finden sich in Hollingum 1986a, p. 181; UNECE 1986, p. 13; Edquist/Jacobsson 1988, pp. 62-63; Bonetto 1988, pp. 50-73 und pp. 84-85; sowie Maleki 1991, p. 19.

Begriffsvielfalt, Merkmale und Arbeitsdefinition

43

rung in FFZ als Einmaschinensysteme und FFS als Mehrmaschinensysteme erscheint für die Zwecke dieser Studie daher angebracht.

(II)

Zu den Betriebsmerkmalen flexibler Fertigungssysteme

Die Funktionsautomatisierung beinhaltet über eine werkzeugmaschinenintegrierte Pro­ zeßdurchführung hinaus auch den Transport, die Handhabung sowie die Speicherung von Werkstücken und Werkzeugen.29 Automatisiert erfolgt somit auch der Werkzeugund Werkstückwechsel an den Werkzeugmaschinen sowie der systeminterne Informati­ onsfluß, der Daten über die Koordination, Steuerung und Überwachung des flexiblen Fertigungssystems enthält. Diese Formen der Funktionsautomatisierung können eine Werkstückbearbeitung im bedienerlosen oder zumindest bedienerfreien Betrieb des Ge­ samtsystems über definierte Zeitspannen hinweg ermöglichen.30 Die Durchlauffreiheit der Werkstücke umfaßt die Möglichkeit einer wahlfreien Außen­ ansteuerung der einzelnen Werkzeugmaschinen („random bypass capability“).31 Die Fertigungsstationen werden hier gemäß dem Prinzip der ungetakteten Außenverkettung eingerichtet, so daß eine fest vorgegebene Materialflußrichtung der Teile durch das Ge­ samtsystem nicht existiert.32

Die Form der Teilesequenz dient als Abgrenzungskriterium flexibler Fertigungssysteme von flexiblen Transferstrassen, die ebenfalls als Mehrmaschinensysteme konzipiert sind. Der grundlegende Unterschied besteht in der materialflußtechnischen Organisation nach dem Prinzip der geschlossenen Innenverkettung. Dabei durchlaufen Werkstücke über eine automatisierte Transporteinrichtung die hintereinandergereihten Bearbeitungsma­ schinen der Transferstrasse in sequentieller Folge, ein wahlfreier Materialfluß ist nicht möglich.33 Das Fertigungskonzept der flexiblen Transferstrasse erlaubt dagegen die Be­ arbeitung einer Mehrzahl von relativ homogenen Werkstücken, die in Losen zusammen­ gefaßt nacheinander die Bearbeitungsstationen der Linie durchlaufen können.34 In der flexiblen Transferstrasse erfolgt die Umrüstung der Maschinen innerhalb dieses Teile­ spektrums weitgehend automatisiert, da die Bearbeitungsstationen mit einem Werk­ zeugmagazin sowie einer Werkzeugwechseleinrichtung ausgestattet sind.35 Hier liegt der Unterschied zur konventionellen Transferstrasse, deren Bearbeitungsstationen als Ein­ zweckmaschinen für die Fertigung eines einzelnen Werkstücktyps ausgelegt sind und die

29 30 31

32 33 34 35

Vgl. zur Funktionsautomatisierung im einzelnen VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 18. Vgl. Fertigungsinsel-Informationsstelle im AWF 1990, S. 43. Vgl. Bonetto 1988, p. 39; Becker/Rosemann 1993, S. 57; Spur/Zurlino 1993, p. 115; Cardinali 1995, p. 39. Foshag bezeichnet das Betriebsmerkmal der Durchlauffreizügigkeit sogar als Hauptcharakteristrikum eines flexiblen Fertigungssystems. Vgl. Foshag 1993, S. 761. Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 5-6; Bonetto 1988, p. 73-75; Spur/Zurlino 1993, p. 115. Vgl. Erkes/Schönheit/Wiegershaus 1988, S. 64; Kaighobadi/Venkatesh 1994, p. 32; Luh 1998, p. 228. Vgl. Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/14.

44

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Umstellung auf ein neues Teil nur mit größerem manuellen Rüstaufwand herbeigeführt werden kann.36

Das hauptzeitparallele Rüsten der Werkzeugmaschinen gewährleistet einen schnellen Wechsel zwischen den Fertigungslosen. Umrüstvorgänge in FFS verursachen nämlich keinen Stillstand des Gesamtsystems.37 Die maschinenbezogene Umstellung durch den Austausch von Werkzeugen kann bereits während der Durchführung eines Arbeitsvor­ gangs vorbereitet werden. Hierzu wird das für den nächsten Beabeitungsgang benötigte Werkzeug aus dem maschinennahen Speicher entnommen und mittels eines Greifers po­ sitioniert. Der eigentliche Werkzeugwechsel erfolgt dann im Sekundenbereich 38 Die Parallelschaltung von Haupt- und Rüstzeiten erstreckt sich darüber hinaus auch auf das Auf-, Ab- und Umspannen der Werkstücke, die Werkzeugvoreinstellung oder das Rüsten einer neuen Vorrichtung während der Bearbeitungsprozesse vorangestellter Fertigungs­ aufträge.39 Betriebscharakteristisch für den Einsatz flexibler Fertigungssysteme ist schließlich die Möglichkeit zur Simultanbearbeitung einer bestimmten Zahl verschiedener Teile.40 Oftmals ist mit diesem Merkmal auch die wirtschaftliche Fertigung kleiner Lose verbun­ den.41

Basierend auf obiger Unterteilung in Objekt- und Betriebsmerkmale wird die nachfol­ gende Arbeitsdefinition abgeleitet. Diese fungiert nicht nur als begriffliche Grundlage für die inhaltlichen Ausführungen, sondern auch als Begriffsbasis für die eigene empiri­ sche Untersuchung 42 In gekürzter Form wurde sie im Fragebogen den Probanden der

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37 38

39 40

41 42

Vgl. Hirt 1990, S. 5-6; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/14. Siehe zur »starren Transfer­ strasse4 bereits Dolezalek/Ropohl 1967, S. 3. Die Autoren sprechen davon, daß ,starre Transferstrassen4 bei einem Produktwechsel im Regelfall sogar ,unbrauchbar4 werden. Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 4; Zäpfel 1989, S. 184; Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 1. Siehe beispielsweise die Beschreibung eines hauptzeitparallelen Werkzeugwechselvorgangs nach dem Pick-up-Prinzip in Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 43. Der Werkzeugtausch beinhaltet eine Auswertelogik, die im maschinennahen Werkzeugmagazin eine Leerstelle neben dem für den nächsten Arbeitsvorgang benötigten Werkzeug einräumt. Darin wird das verwendete Werkzeug eingestellt und das neue Werkzeug aus der Nachbarposition entnom­ men. Die Span-zu-Span-Zeit beträgt in diesem konkreten Beispiel 3,8 Sekunden. Vgl. Milberg 1992, S. 28. Vgl. Schmidt/Erkes 1987, S. 49-50; Chui 1988, p. 165; Talavage/Hannam 1988, p. 10 und p. 61. Vgl. Erkes/Schönheit/Wiegershaus 1988, S. 64. Ein Hauptproblem der empirischen Untersuchung flexibler Fertigungssysteme stellt nach Bessant die Bandbreite zugrundegelegter Definitionen dar, die vom Bearbeitungszentrum als Einmaschinensystem bis zur rechnerintegrierten Produktionsstätte mit mehr als dreißig integrierten Werkzeugmaschinen das Konzept eines FFS ,spezifizieren4. Vgl. Bessant 1991, p. 96.

Technik- und Personalsystem als Komponenten

45

Untersuchung als Orientierungshilfe vorgegeben und gewährleistete eine Vergleichbar­ keit der erfaßten Systeme.43 Unter einem flexiblen Fertigungssystem wird eine Gruppe numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen verstanden, die über ein gemeinsames Transport- und Handha­ bungssystem miteinander verkettet sind. Aufgaben der Prozeßkoordination, -Steuerung und -Überwachung werden von einem übergeordneten Rechnersystem übernommen. Charakteristische Merkmale flexibler Fertigungssysteme sind die au­ tomatisierte Prozeßdurchfuhrung, die Möglichkeit des wahlfreien Materialflusses innerhalb des Systems nach dem Prinzip der Außenverkettung sowie die Möglich­ keit der wirtschaftlichen Mehrverfahrenbearbeitung eines Spektrums unterschiedli­ cher Werkstücke auch in kleinen Losgrößen. Im Zusammenhang mit der untemehmensweiten Vernetzung von Informationsflüssen bieten FFS eine Integrations­ möglichkeit über die Schnittstelle des Leitrechners.

2.2

Technik- und Personalsystem als Komponenten

Die Lokalisierung flexibler Fertigungssysteme in der betrieblichen Praxis setzt auch Grundlagenkenntnisse über deren Konfiguration voraus. Die Frage nach dem Aufbau solcher Systeme steht dabei im Mittelpunkt. Flexible Fertigungssysteme integrieren in­ teragierende Subsysteme (Komponenten). Es handelt sich um sozio-technische Arbeits­ systeme, weil zur Erfüllung der Produktionsaufgabe innerhalb der Grenzen dieses Pro­ duktionssystems ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine erforderlich ist.

Ein FFS läßt sich daher grob unterteilen in ein Techniksystem (A) sowie ein Personalsy­ stem (B). Das Techniksystem kann weiter in drei technische Teilsysteme dekomponiert werden. Im einzelnen zählen zu den Komponenten des Techniksystems:44

• • • A J)

Bearbeitungssystem; Transport- und Handhabungssystem; Informationssystem. Zum Bearbeitungssystem

Dem Bearbeitungssystem eines FFS obliegt die Funktion der automatisierten Fertigung des Werkstückspektrums. 43 44

Siehe zur FFS-Definition des Erhebungsbogens S. 404 im Anhang. Vgl. zu dieser in der Literatur üblichen Komponentenunterteilung flexibler Fertigungssyste­ me Mertins 1985, S. 29. Mertins spricht allerdings von der technischen Struktur eines fle­ xiblen Fertigungsnetzes. Siehe ebenfalls MacCarthy/Liu 1993, p. 300; Kaighobadi/ Venkatesh 1994, p. 28; Gowan/Mathieu 1996, p. 173. Eine andere Darstellung nimmt die Komponentenunterteilung nach den Zuordnungskriterien Automatisierungsgrad, Flexibilität, Logistik und Organisation vor. Vgl. dazu Martel 1993, S. 442.

46

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Die numerisch gesteuerte Werkzeugmaschine bildet zusammen mit dem maschinenna­ hen Werkzeugmagazin und der integrierten Werkzeugwechseleinrichtung den Kembestandteil des Bearbeitungssystems.45 Für die Bearbeitung prismatischer Teile werden in flexiblen Fertigungssystemen primär Bearbeitungszentren zum Einsatz gebracht46 Ein Bearbeitungszentrum ist eine in min­ destens drei Achsen (X-, Y-, Z-Achse) numerisch gesteuerte Werkzeugmaschine, die alle notwendigen Bohr- und Fräsoperationen an einem kubischen Werkstück ohne ma­ nuellen Eingriff vollzieht47 Die Möglichkeit, beide Bearbeitungsverfahren (Bohren und Fräsen) innerhalb einer Maschine durchführen zu können, wird als maschinenbezogene Verfahrensintegration bezeichnet. Sie kann die weitgehende Komplettbearbeitung eines bestimmten Teils innerhalb eines einzigen Bearbeitungszentrums ermöglichen 48

In bezug auf die Bauart eines Bearbeitungszentrums lassen sich Maschinen mit horizon­ taler und vertikaler Hauptspindel, Koordinatentisch-Maschinen, Fahrständer-Maschinen und Portalmaschinen mit stationärem oder verfahrbaren Portal unterscheiden 49 Die Bauform eines Bearbeitungszentrums kann einspindlig oder mehrspindlig zur Simultan­ bearbeitung mehrerer identischer Werkstücke ausgelegt werden.50

Neben kubischen Teilen werden in FFS zur Fertigung von Drehteilen sowohl Drehma­ schinen als auch Drehzentren eingesetzt.51 Unter dem Aspekt einer maschinenbezogenen Verfahrensintegration können in einem Drehzentrum Dreh-, Bohr- und/oder Fräsopera­ tionen eingeschränkt realisiert werden.52 Schließlich kommen auch dedizierte Spezialmaschinen, zu denen beispielsweise Ein­ zweckmaschinen oder mehrspindlige Bohrkopfwechsler zählen, als Elemente des Bear­ beitungssystems zur Anwendung.53 45 46

47 4$ 49 50 51 52

53

Vgl. Foshag 1993, S. 761; Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 10. Vgl. allgemein Luggen 1991, pp. 195-196; Maleki 1991, p. 52; Kief 1998, S. 30. In einer Untersuchung von 60 flexiblen Fertigungssystemen in der Bundesrepublik Deutschland wurde festgestellt, daß in 57 Anwendungsfällen (= 95%) mindestens ein Bearbeitungszen­ trum (BAZ) zum Einsatz kam. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 15. Siehe im einzelnen zum Aufbau und zur Funktionsweise eines BAZ z. B. Talavage/Hannam 1988, pp. 89-91. Vgl. Lenz 1988, p. 55; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/7 und S. 10/12; Kief 1997, S. 134. Siehe dazu auch Foshag 1993, S. 761. Vgl. KIEF 1997, S. 134-135. Vgl. Kief 1997, S. 135. Vgl. Kölle 1991, S. 455-458; Hekeler 1992, S. 701-704; Kief 1997, S. 165-169. Vgl. dazu Boetz 1997, S. 42. Boetz gibt dabei als Faustregel an, daß für die Werkstückbearbeitung mit einem Anteil der reinen Dreharbeiten über 60% eine Drehmaschine anstelle eines Drehzentrums zum Einsatz kommen sollte. Siehe zur Beschreibung eines Dreh-FräsZentrums Kief 1997, S. 169-174. Vgl. zur Integration dedizierter Spezialmaschinen Hintz 1987, S. 38; Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 11; Kief 1998, S. 37. Siehe speziell zur Maschinenausstattung konkreter FFSEinsatzfälle Ingersoll 1985, S. 67-198.

Technik- und Personalsystem als Komponenten

47

Die Konfiguration des Bearbeitungssystems kann aus Fertigungsmaschinen mit erset­ zendem und/oder ergänzendem Charakter bestehen.54 Ersetzende Werkzeugmaschinen sind dadurch gekennzeichnet, daß prinzipiell jede Maschineneinheit des FFS alle sy­ stemintern anfallenden Arbeitsgänge ausfuhren kann. Somit kann jedes Werkstück auf jeder Werkzeugmaschine komplett bearbeitet werden. Bei dieser Systemstruktur handelt es sich um ein einstufiges FFS. In Systemen mit sich ergänzenden Werkzeugmaschinen wird eine Zuordnung von bestimmten Bearbeitungsfunktionen an spezifische Maschi­ neneinheiten vorgenommen. In diesen mehrstufigen FFS muß dann jedes Teil mehrere Maschinen bis zur Komplettbearbeitung ansteuem. In praxi sind darüber hinaus auch kombinierte Systeme in Betrieb.55 Anknüpfend an die maschinenbezogene Verfahrensintegration läßt sich eine systembe­ zogene Verfahrensintegration unterscheiden, mit welcher die verschiedenen Arten der in das Gesamtsystem eingegliederten Bearbeitungsverfahren gemeint sind. So wird zum Beispiel eine systembezogene Verfahrensintegration durch die Simultanbearbeitung von Prisma- und Drehteilen realisiert, wenn eine Parallelinstallation von Bearbeitungszentren und Drehmaschinen vorliegt.56 Diese Ausprägung der systembezogenen Verfahrens inte­ gration wird vergleichsweise selten umgesetzt. Häufiger erfolgt eine systembezogene Verfahrensintegration nach dem Ausschließlichkeitsprinzip. Zumeist werden unter den spanenden Fertigungsverfahren alleinig das Bohren und Fräsen systembezogen inte­ griert, weniger häufig kommen dagegen ausschließlich Drehoperationen zur Anwen­ dung 57

Die Auslegung des maschinenintegrierten Werkzeug wesens erfolgt üblicherweise in Form eines Scheiben-, Umlauf- oder Kassettenmagazins. Diese Werkzeugmagazine die­ nen der Aufnahme von Werkzeugen, die für eine Abarbeitung der unmittelbar anstehen­ den Fertigungsaufträge benötigt werden 58 Somit repräsentieren auch die Werkzeuge Bestandteile des Bearbeitungssystems. Im Regelfall erfordern die diversen Fertigungs­ aufgaben eine Bevorratung von unterschiedlichen Standard- und Spezialwerkzeugen. Darüber hinaus werden auch Schwesterwerkzeuge im maschinennahen Werkzeugspei­ cher eingelagert, um bei auftretenden Werkzeugstörungen einen Wechsel vornehmen und somit den Abschluß des aktuellen Fertigungsauftrags gewährleisten zu können. Der Tauschvorgang wird durch einen automatisierten Werkzeugwechsler vollzogen. Die 54 55

Vgl. Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 1; Wiendahl 1997, S. 37. Siehe zu konkreten Anwen­ dungsbeispielen Bonetto 1988, pp. 51-73; Hammer 1991, S. 434-436. Als Ergebnis ihrer empirischen Untersuchung (N = 60 FFS) haben Hirt, Reineke und Sudkamp u. a. festgestellt, daß 53% der erfaßten Systeme eine einstufige Systemstruktur mit sich ersetzenden Maschinen realisiert haben. Vergleichsweise gering ist die Umsetzung er­ gänzender Maschinenkonzepte (= 17%). Eine Mischform aus ein- und mehrstufiger Bear­ beitung wurde bei 30% der erfaßten Fälle beobachtet. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 16.

56

Vgl. WECK/OPHEY/FÜRBAß 1987, S. 544.

57 58

Vgl. Foshag 1993, S. 761. Vgl. Junghans 1986, S. 175-176; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/8.

48

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Aufnahmekapazität der maschinennahen Magazine ist beschränkt und beläuft sich auf eine Zahl von durchschnittlich 20 bis 200 Stellplätze.59

Zum Bearbeitungssystem eines FFS zählen schließlich die Peripheriekomponenten. Hierzu gehören beispielsweise die Koordinatenmeßgeräte für die Qualitätskontrolle der bearbeiteten Teile,60 die Entgrat- und Reinigungsstationen für die werkstückbezogene Beseitigung der Späne und Kühlschmierstoffe,61 die Vorrichtungen für die Aufspannung der Werkstücke auf den Trägersystemen sowie die Werkzeugvoreinstellgeräte für die Durchführung von arbeitsgangvorbereitenden Werkzeugmessungen.62 A.II) Zum Transport- und Handhabungssystem

Das Transport- und Handhabungssystem dient der FFS-intemen Mobilisierung von Werkstücken und Werkzeugen und beinhaltet über das eigentliche Transportieren und Handhaben hinaus auch das Einlagem und Bereitstellen dieser Objekte.63 Die Ausfüh­ rung dieser Teilfunktionen erfordert auch die Implementierung eines adäquaten Werk­ stück- und Werkzeugerkennungssystems, mit welchem Rohlinge und fertig bearbeitete Werkstücke identifiziert werden können. Die automatisierte Lokalisierung der Paletten und Vorrichtungen an unterschiedlichen Stellen im Gesamtsystem vor, zwischen sowie nach den Arbeitsvorgängen kann mechanisch über Endschalter (Palettenerkennung) und/oder mittels Barcode oder Radiosignal (Teileerkennung) erfolgen.64 Die Fördertechnik bildet den Kembestandteil des Transport- und Handhabungssy­ stems.65 Definitionsgemäß kommen für die taktungebundenen Produktionsprozesse ei­ nes FFS vor allem Anlagenelemente für den nicht-stetigen Transport von Werkstücken 59

60 61

62 63 64

65

Vgl. Warnecke 1985, S. 273; Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 12. Im Kontext der dezentralen Werkzeuglagerung haben Hirt, Reineke und Sudkamp bei 59 flexiblen Fertigungssystemen eine durchschnittliche Zahl von 100 Werkzeugen pro Bearbeitungsmaschine ermittelt. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 19. Vgl. Parker 1988, pp. 341-343. Alternativ zur Anschaffung einer Waschmaschine können die Werkstücke auch direkt in der Werkzeugmaschine nach Beendigung des Arbeitsvorgangs gereinigt werden. Hier werden beispielsweise durch Kühlmittel- und Druckluftzufuhr in den Arbeitsraum der Maschine Späne und Rückstände von den Werkstücken beseitigt. Auf diese Weise können zusätzliche Kosten einer separaten Reinigungsstation sowie Warteschlangen der zu reinigenden Teile vor der Waschmaschine vermieden werden. Nachteilig wirkt sich die maschinenintegrierte Reinigung auf die Operationszeit der Werkzeugmaschinen aus. Vgl. zu einem konkreten Praxisbeispiel Parker 1988, p. 341. Vgl. Holstein 1986, S. 252; Luggen 1991, pp. 220-232 und pp. 234-247. Vgl. Bonetto 1988, p. 40; Kistner/Steven 1993, S. 295; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 7. Vgl. speziell zur Werkstückerkennung in flexiblen Fertigungssystemen Maleki 1991, pp. 129-134; Angelva/Piltonen 1994, p. 83. Siehe zu den Elementen der Fördertechnik eines flexiblen Fertigungssystems zusammenfas­ send Lenz 1988, pp. 74-83. Zusätzlich finden sich fordertechnische Anwendungsbeispiele flexibler Fertigungssysteme in Maleki 1991, pp. 65-89.

Technik- und Personalsystem als Komponenten

49

zum Einsatz.66 Stückgutförderer nach stetigem Arbeitsprinzip finden dagegen relativ selten Anwendung 67 Häufig werden für die materialflußtechnische Verknüpfung der Werkzeugmaschinen und Werkstückspeicher schienengebundene Lineartransporter oder Portallader installiert.68 Als problematisch können sich schienengeführte Transportwa­ gensysteme erweisen, sofern in das FFS eine größere Anzahl von Bearbeitungsmaschi­ nen integriert ist und die Werkstückbearbeitungszeiten vergleichsweise kurz sind. Hier kann es zu Engpässen in der Teileversorgung der Maschinen kommen.69 Die Maschi­ nenverbindung mittels induktiv-geführter Transportwagensysteme (FTS) ist insbesonde­ re für größere FFS charakteristisch.70 In älteren Systemen findet man darüber hinaus auch Rollenbahnen oder in den Boden eingelassene Schleppkettenförderer nach dem Power-and-Free-Prinzip 71 Der Werkstücktransport in flexiblen Fertigungssystemen erfolgt über spezielle Trägersy­ steme, die Paletten.72 Der automatisierte Werkzeugtransport von der Werkzeugvorein­ stellung an die Bearbeitungsmaschine kann beispielsweise über FTS stattfinden. Hier werden die Werkzeuge am Standort der Werkzeug Vorbereitung an das Trägersystem des FTS übergeben und nach dem Transportvorgang hauptzeitparallel durch das Werkzeug­ wechselsystem in die Magazinkette eingestellt.73 Auch das Speichersystem der Werkstücke sowie ein zentrales Werkzeuglager zählen als physische Komponenten zum Transport- und Handhabungssystem eines FFS. Die zen­ tralisierte Werkzeuglagerung ist ein Supplement der maschinennahen Werkzeugplätze. 66 67 68

69 70

71 72 73

Einen allgemeinen Überblick über verschiedene Formen der nicht-stetigen Fördertechnik findet sich in Schulze 1996, Sp. 528-534. Vgl. zur stetigen Fördertechnik im allgemeinen Schulze 1996, Sp. 534-536. Vgl. Foshag 1993, S. 761. Eine ausführliche Darstellung schienengebundener Transport­ fahrzeuge findet sich in Talavage/Hannam 1988, pp. 117-122. Siehe zu einem Praxisbei­ spiel eines schienengeführten Portalladers im FFS Kochan 1985b, p. 87. Untersuchungser­ gebnisse bei 60 FFS reflektieren einen vorherrschenden Einsatz von Schienenfahrzeugen (über 60%). Knapp 30% der erfaßten Systeme setzte ausschließlich oder zusätzlich Flächen­ portalroboter ein. FTS sowie stetig laufende Fördertechnik konnten in je 10% der FFS beob­ achtet werden. Vgl. zu diesen Untersuchungsergebnissen Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 17. In einer europaweit durchgeführten FFS-Studie aus dem Jahre 1984 wurde in 90% der erfaßten Systeme ein schienengeführter Lineartransporter eingesetzt. Vgl. Kochan 1985a, p. 43. Vgl. Foshag 1993, S. 761. Vgl. zu FTS im allgemeinen Talavage/Hannam 1988, pp. 122-127. Siehe zu einem realisierten Einsatzbeispiel induktiv-geführter Transportwagen Parker 1988, pp. 344-345. Die darin beschriebenen FTS sind mit einem Palettenwechselsystem ausgestattet, welches nicht nur den systeminternen Transfer der Palette zwischen Transport- und Bearbeitungssystem ermöglicht, sondern auch die Übergabe der Werkstücke und Werkzeuge innerhalb des Pro­ duktionsbereiches an andere Systeme. Siehe speziell zum Schleppkettenförderer in FFS Talavage/Hannam 1988, pp. 114-117. Vgl. Lenz 1988, p. 49. Vgl. zu diesem Praxisbeispiel Rhodes 1988, p. 279.

50

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Hierdurch wird eine externe Kapazitätserweiterung der maschinennahen Werkzeugma­ gazine herbeigeführt.74 In diesem Zentralspeicher werden alle für die Durchführung der FFS-Fertigungsaufgabe benötigten Werkzeuge und Schwesterwerkzeuge gelagert75

Aus funktionaler Sicht dient das Speichersystem der internen Bevorratung des Systems mit Rohteilen und Werkzeugen, des systeminternen Störungsausgleichs sowie der inter­ nen Anpassung des Systems und der Systemkomponenten an unterschiedliche Bearbei­ tungszeiten.76 Die Einlagerung von Rohteilen im FFS schafft einen Puffer für das mannlose Abarbeiten über eine definierte Zeitspanne hinweg 77 Der Zeitrahmen dieser Pufferfunktion kann dabei zwischen einer Pausenüberbrückung von 15 oder 30 Minuten bis zum mannlosen Schichtbetrieb über die Dauer von acht Stunden und mehr variieren. In Abhängigkeit von der systemspezifischen Werkstückbearbeitungszeit erfordert der mannlose Schichtbetrieb eine Dimensionierung der Speicherkapazitäten, die eine Werk­ stückversorgung über mehrere Stunden hinweg sicherstellt. Hierzu kann ein Hochregal­ lager in das flexible Fertigungssystem integriert oder zentral in der Produktionsstätte mit korrespondierender Systemanbindung errichtet werden78 Eine Zwischenlagerfunktion übernimmt das Speichersystem in der Weise, daß Werkstücke vor, zwischen und nach den Arbeitsvorgängen eingestellt werden können. Auch systemextern gerichtet kann das Speichersystem eines FFS zur Unsicherheitsredu­ zierung beitragen.79 So wird eine Harmonisierung der innerbetrieblichen Logistikkette über die Bevorratung von Rohlingen im System angestrebt. Hierbei werden Schwankun­ gen in der kontinuierlichen Versorgung des FFS absorbiert. Eine Lagerung fertig bear­ beiteter Teile kann schließlich zum Ausgleich von Nachfragefluktuationen systemnach­ gelagerter Fertigungsstufen dienen.

Die Konfiguration der Werkstückspeicher entspricht in den meisten flexiblen Ferti­ gungssystemen einer linienförmigen Anordnung der Teileparkplätze entlang der Hauptachse des Systems. Außerdem finden sich in praxi Systemlayouts, die den Teile­ speicher als Palettenbahnhof auslegen.80 74 75

76 77 78

79 80

Vgl. Werner und Kolb Werkzeugmaschinen GmbH 1988, S. 9. Von 53 betrachteten FFS-Einsatzfällen hatten in der Untersuchung von Hirt, Reineke und Sudkamp 34% ein zentrales Werkzeuglager mit einer durchschnittlichen Kapazität von 360 Werkzeugen eingerichtet. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 19. Vgl. Mertins 1985, S. 34; Hahner 1989, S. 1033; Tidd 1991, p. 26. Vgl. Grün/Mannchen 1986, S. 438. Vgl. zu konkreten Anwendungsfällen eines systemintegrierten bzw. systemangebundenen Hochregallagers o. V. [The FMS Magazine] 1985a, p. 26; Lewis 1988, S. 211; Maleki 1991, pp. 120-128. Maleki beschreibt unter anderem ein systemangebundenes Hochregalla­ ger mit ca. 7.400 Stellplätzen über sechs Ebenen. Vgl. Tidd 1991, p. 26. In einer Untersuchung wurde festgestellt (N = 60 FFS), daß in 50% der Fälle ein linearer Palettenspeicher, in 22% ein systemintegriertes Hochregallager, in 15% ein Palettenbahnhof sowie in 13% andere Speichersysteme implementiert waren. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991,S. 18.

Technik- und Personalsystem als Komponenten

51

Eine definierte Veränderung der Ausrichtung und Lage von Werkstücken und Werkzeu­ gen beschreibt im allgemeinen die Handhabungsfunktion.81 In flexiblen Fertigungssy­ stemen erfolgt die Handhabung insbesondere durch Industrieroboter und Palettenwech­ selsysteme.82 Hier werden funktionale Überschneidungsbereiche erkennbar. So über­ nimmt zum Beispiel der Palettenwechsler mit der Teilebeschickung der Werkzeugma­ schine eine typische Handhabungsfunktion. Gleichzeitig fungiert das Palettenwechselsy­ stem als Mittel für die kurzzeitige Zwischenlagerung der Werkstücke und ermöglicht dadurch ein zusätzliches Entkopplungspotential der Bearbeitungsmaschine vom Materi­ alflußsystem. Technisch kann diese Form der Handhabungseinrichtung als Linear-, Tan­ dem- oder Rotations Wechsler ausgefuhrt werden.83 Schließlich zählen auch die Rüst- und Spannplätze zum Transport- und Handhabungssy­ stem eines FFS. Einerseits stellen sie in der produktionsintemen Logistikkette die Schnittstelle zwischen dem Bearbeitungssystem eines FFS und den systemvor- und -nachgelagerten Produktionsstufen dar.84 Andererseits erfolgt hier im systeminternen Fertigungsablauf das Rüsten der Vorrichtungen sowie das Auf-, Ab- und Umspannen der Werkstücke vor und nach sowie zwischen den Arbeitsvorgängen.85 Über die Rüst- und Spannplätze werden somit die Werkstücke in den Fertigungsprozeß eines FFS physisch eingelastet.86

A.III) Zum Informationssystem Die operativen Funktionen des Bearbeitungs- sowie des Transport- und Handhabungssy­ stems werden durch das Informationssystem eines FFS aktiviert, koordiniert, überwacht und kontrolliert.87 Eine Einteilung des Informationssystems kann in folgende Subsyste­ me vorgenommen werden:88

• •

Datenverwaltungssystem, Planungs- und Steuerungssystem.

81 82 83 84 85

Vgl. Mertins 1985, S. 36; Viehweger 1985, S. 169; Bonetto 1988, p. 40. Vgl. Zörntlein 1988, S. 32-33; Kohlhase 1989, S. 652; Zäpfel 1989, S. 175. Vgl. im einzelnen zum Palettenwechselsystem Talavage/Hannam 1988, pp. 110-112. Vgl. Hintz 1987, S. 37. Eine separate Ausstattung des flexiblen Fertigungssystems mit speziellen Rüstplätzen einer­ seits und Spannplätzen andererseits konnten Hirt, Reineke und Sudkamp in 52 von ihnen betrachteten Anwendungsfällen nur selten feststellen. Knapp 25% dieser FFS verfügten über einen Rüst- und Spannplatz zur systembezogenen Teileeinlastung. Mehr als 50% hatten zwei und einige sogar mehr als zehn dieser Arbeitsstationen installiert. Siehe zu diesen Untersu­ chungsergebnissen Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 18-19. Vgl. Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 14. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 7. Siehe zusammenfassend zu den Funktionen des Informationssystems eines FFS auch Maleki 1991, pp. 91-107 und pp. 196-214. Vgl. Döttling 1981, S. 60-61 und S. 65; Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 16.

86 87 88

52

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Im Datenverwaltungssystem erfolgt grundsätzlich die Speicherung und Pflege sämtlicher Informationen, die während der systeminternen Bearbeitungsprozesse anfallen. Hierzu gehören unter anderem die Fertigungsauftragsdaten oder die NC-Programme. Das Planungs- und Steuerungssystem bildet den dispositiven und operativen Kem der informationellen Datenverarbeitung. Es unterstützt die Einlastungs- und Belegungspla­ nung der zu bearbeitenden Fertigungsaufträge für einen definierten Zeitraum. Die Pla­ nungsfunktion vollzieht sich dabei in einem Zielrahmen, der im wesentlichen durch die Minimierung des Dilemmas der Ablaufplanung nach GUTENBERG zum Ausdruck kommt.89 Diese dispositive Aufgabe erfolgt unter Rückgriff auf Informationen über be­ reits erledigte Abläufe und Situationen und berücksichtigt gleichfalls Daten über den ge­ genwärtigen Zustand des flexiblen Fertigungssystems. Steuerungsfunktionen werden vor allem durch das Laden von NC-Steuerdaten an die jeweiligen Bearbeitungsstationen so­ wie durch die Synchronisation von Bearbeitungs- sowie Transport- und Handhabungssy­ stem übernommen. Auch die Maschinen- und Betriebsdatenerfassung wird dem Pla­ nungs- und Steuerungssystem zugeordnet. Eine Aufteilung des Informationssystems in Hardware- und Softwarekomponenten ist üblich.90 Zur Hardware des FFS-Informationssystems zählen der Leitrechner mit Leit­ werk, Rechenwerk, Arbeits- und Datenspeicher, die Kommunikationsendgeräte, d. h. Bildschirm, Tastatur, Drucker sowie Lesegeräte, die lokalen Datennetze in Form von Leitungen, Bridges und Gateways sowie die direkten Datenverbindungen einschließlich der Schnittstellen.91 Die Software des Informationssystems umspannt alle Daten zur Steuerung der leitrechnerintemen Funktionen, also die Systemprogramme, insbesondere das Betriebssystem.92 Als systemspezifische Softwaremodule kommen noch Anwendungsprogramme für die Steuerung, Koordination und Überwachung der Technikkomponenten eines FFS hin­ zu.93 Zu diesen Funktionsbausteinen zählen beispielsweise die Auftragsfeinplanung, NC-Programmierung und Programmverteilung, die Prozeßsteuerung, die Maschinenund Betriebsdatenerfassung sowie ein Modul für statistische Auswertungen, die in ihrer Gesamtheit das Fertigungsleitsystem des FFS bilden.94 Typischerweise kommen in flexiblen Fertigungssystemen Fertigungsleitstände zum Ein­ satz, die als offene Client-Server-Architekturen informationsflußtechnisch an übergeord­ nete Rechnersysteme der Produktionsplanung und -Steuerung und anderer CIM89

90

91 92 93 94

„Das die Praxis der Arbeitsablaufplanung beherrschende Dilemma besteht also darin, die Durchlaufzeit des Materials zu minimieren und die Kapazitätsauslastung der Betriebsmittel zu maximieren.“ Gutenberg 1983, S. 216. Vgl. zu den Grundlagen von Hardware- und Softwareelementen eines Rechnersystems bei­ spielsweise Mertens u. a. 1998, S. 10-25. Vgl. Wolter 1989, S. 149-150. Vgl. Weck 1995a, S. 82-83. Vgl. Wolter 1989, S. 116. Vgl. Friedrichs/Gromotka 1992, S. 118; Scheer/Loos 1995, S. 62.

Technik- und Personalsystem als Komponenten

53

Komponenten angebunden sein können und die Kommunikation mit diesen Systemen sicherstellen.95

B )

Zum Personalsystem

Die Komponentenbeschreibung flexibler Fertigungssysteme ist zumeist ingenieurtech­ nisch geprägt und beschränkt sich auf Erläuterungen des Techniksystems. Explizit wird das Personalsystem als eigenständiges Subsystem nur selten in die Komponentenauf­ stellung einbezogen. Dadurch entsteht der Eindruck, ein flexibles Fertigungssystem sei permanent im Mannlosbetrieb einsetzbar. Diese Vorstellung ist unzutreffend.96 Die Rolle des Personalsystems im Komponentenverbund eines FFS kann allerdings unter­ schiedlich gewichtet werden. So subsumiert beispielsweise BÜHNER unter die soziale Komponente eines flexiblen Fertigungssystems jene Stellen, deren Tätigkeitsinhalte sich als Residuum nicht automatisierbarer Funktionen ergeben.97 Das Personalsystem wird hier untergewichtet, dem Techniksystem nachgeordnet. Eine andere Perspektive nehmen Tempelmeier und Kuhn ein, die das Personal als gleichwertiges Teilsystem eines FFS einstufen, indem sie auf den Hinweis eines menschlichen Residualcharakters verzichten und das Bedienersystem als Summe des zur Durchführung eines Systembetriebs erfor­ derlichen Personals kennzeichnen.98

In dieser Arbeit wird unter dem Personalsystem eines FFS die Summe der innerhalb der Systemgrenzen beschäftigten Arbeitnehmer verstanden, die interagierend mit den Komponenten des Techniksystems operative, supportive und dispositive Funk­ tionen des systeminternen Produktionsbetriebs übernehmen und dadurch die Erfül­ lung der systemspezifischen Fertigungsaufgabe gewährleisten.

Das Personal systemexterner produktionsunterstützender Abteilungen wird nicht zum Personalsystem eines FFS gezählt. In Anlehnung an die eigene Arbeitsdefinition sowie an die hier vorgenommene Kompo­ nentendarstellung vermittelt die nachstehende Abbildung einen schematisierten Eindruck über ein flexibles Fertigungssystem (vgl. Abb. 2-1).

95 96

97 98

Vgl. Roch 1988, p. 21 und p. 27; Scheer/Loos 1995, S. 62. Vgl. auch Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 15; Kief 1998, S. 7. Bereits im FFS-Report von Ingersoll wird ausdrücklich betont, daß flexible Fertigungssysteme gerade nicht unbe­ mannte ,Geisterfabriken4 darstellen. Vgl. Ingersoll 1985, S. 1. Vgl. Bühner 1986a, S. 69. Vgl. Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 15. Ähnlich betont auch Schupbach die soziotechnische Interdependenz zwischen Technik- und Sozialsystem eines FFS. Zum sozialen Teilsystem zählen nach dieser Aufteilung sämtliche Bediener zur Aufrechterhaltung der Bearbeitungs­ prozesse innerhalb eines flexiblen Fertigungssystems. Vgl. Schüpbach 1990a, S. 23-24. Siehe ebenfalls zur gleichgewichtigen Einbindung des Personalsystems MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 68.

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

54

WZM: Werkzeugmaschine

Abb. 2-1:

2 .3

KMG: Koordinatenmeßgerät

SGTF: schienengeführtes Transportfahrzeug

Schematische Darstellung eines flexiblen Fertigungssystems

Motivation der Einführung

Eine weiterführende Betrachtung flexibler Fertigungssysteme in der betrieblichen Praxis legt die Durchleuchtung von Beweggründen nahe, die den Investitionsentscheidungspro­ zeß zugunsten dieser Fertigungstechnik ausgelöst haben. In Literatur und Praxis werden mit dem Produktionsbetrieb eines flexiblen Fertigungssy­ stems bestimmte Vorteile verknüpft, die einen positiven Beitrag zur Erfüllung der Untemehmensziele leisten können. Zugrundegelegt wird dabei eine komparative Betrach­ tung, die im Regelfall das FFS als Ersatzinvestition mit einer fertigungstechnischen und -organisatorischen Ausgangssituation vor Systemeinführung vergleicht. Aus dieser Ge­ genüberstellung können mannigfaltige Vorzüge des Systembetriebs abgeleitet werden. Die zumeist unstrukturierten Auflistungen repräsentieren ein Sammelsurium unter­

Motivation der Einführung

55

schiedlicher Vorteile," die sich zum Beispiel danach unterscheiden lassen, ob sie direk­ ten, indirekten oder schwer quantifizierbaren Charakter besitzen.100

Im Verständnis dieser Arbeit stellen die Vorteile eines flexiblen Fertigungssystems be­ reits realisierte bzw. ausgeschöpfte Potentiale dar. Das betrachtete FFS befindet sich also im Produktionseinsatz. Zunächst interessieren jedoch die Potentiale, die der betriebliche Entscheidungsträger mit der Einführung eines flexiblen Fertigungssystems erst einmal schaffen möchte. Im idealtypischen Phasenschema eines Investitionsentscheidungspro­ zesses initiieren Informationen über die allgemeinen Potentiale flexibler Fertigungssy­ steme eine Anregungsphase (auch „awareness phase“).m

Unter dem Potential eines flexiblen Fertigungssystems wird die Summe von Nut­ zungsmöglichkeiten verstanden, deren Aktivierung einen Beitrag zur Erfüllung be­ stimmter Ziele leistet. Dieses Potential ist der Möglichkeit nach vorhanden, aber real noch nicht existent. Es bildet die Motivation (Beweggrund) des Entscheidungsträ­ gers, den Investitionsentscheidungsprozeß durch eine gedankliche Auseinanderset­ zung mit dem flexiblen Fertigungssystem auszulösen und schließlich in eine reale Investition zu überführen.

Die Investitionsentscheidungsphase wird dabei im Regelfall nicht durch ein einziges Teilpotential ausgelöst.102 Vielmehr ist eine Simultanität mehrerer Teilpotentiale wahr­ scheinlich, zu denen

• • • •

"

100 101

102

Leistungspotential, Demonstrationspotential, Kooperationspotential und/oder Sozialpotential

Nicht gruppierte Aufzählungen von spezifischen Vorteilen des FFS-Einsatzes finden sich zum Beispiel in Greenwood 1988, p. 22; Gupta 1988, p. 256; Vaccaro/Cox 1988, p. 358; Eversheim 1989, S. 44-45; Maleki 1991, pp. 21-23; Dörken/Melchert/Skudelny 1992, S. 58; Maffei/Meredith 1995, p. 278; Pant/Ruff 1995, pp. 26-27; Lee 1996, pp. 99-100, p. 106 und pp. 109-110. Vgl. Ollus/Mieskonen 1989, p. 360. Eine Unterscheidung in quantitative und qualitative Vorteile des Einsatzes flexibler Fertigungssysteme findet sich in Jones 1997, p. 197. Vgl. allgemein zu den Phasen des Investitionsentscheidungsprozesses Kappler/Rehkugler 1991, S. 911-913. Vgl. speziell zur Anregungsphase im FFS-Kontext UNECE 1986, p. 88. Eine Studie von 19 britischen FFS-Anwendern zu Beginn der 80er Jahre hat zum Beispiel ergeben, daß das Bewußtsein dieser Unternehmen in bezug auf flexible Fertigungssysteme als Investitionsaltemative zumeist durch Veröffentlichungen von FFS-Berichten des Han­ dels- und Industrieministeriums sowie von Artikeln in Fachzeitschriften geweckt wurde. Vgl. dazu Parkinson/Avlonitis 1986, p. 246 Vgl. Bessant/Haywood 1988, p. 139. Siehe zur Simultanität mehrerer Beweggründe im Vorfeld der Investitionsentscheidung zugunsten eines spezifischen flexiblen Fertigungssy­ stems Adler 1991, p. 450. Vgl. darüber hinaus allgemein zur Pluralität von Beweggründen bereits Kreikebaum 1961, S. 31.

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

56

gezählt werden können. Die folgende Abbildung faßt die Teilpotentiale flexibler Ferti­ gungssysteme vorab zusammen (vgl. Abb. 2-2). Sie dient als Strukturhilfe für die an­ schließenden Ausführungen.

Abb. 2-2:

Einsatzpotentiale flexibler Fertigungssysteme

Es ist kaum zu erwarten, daß alle Teilpotentiale des flexiblen Fertigungssystems gleich­ wertig ausgeschöpft werden können, da im späteren Produktionseinsatz „trade offs“ auf­ treten.103 Sofern diese Teilpotentiale nach Einführung des flexiblen Fertigungssystems realisiert werden, können sie auch firmenspezifische Vorteile darstellen.104

(I)

Zum Leistungspotential flexibler Fertigungssysteme

Das Leistungspotential eines flexiblen Fertigungssystems beinhaltet alle systemspezifi­ schen Aktionsmöglichkeiten des Techniksystems zur direkten Leistungssteigerung in der Produktion. Eine Unterteilung in Kosten-, Flexibilitäts-, Zeit- und Qualitätspotentiale bietet sich an.105 Gleichwohl muß auf mögliche Interdependenzen zwischen diesen ein­ 103 104

105

Vgl. Chui 1988, p. 166. Vgl. Amoako-Gyampah/Maffei 1989, p. 481; sowie zum Ursprung des Konzepts firmen­ spezifischer Vorteile als Markteintrittsbarriere gegenüber neuen Konkurrenten Bain 1956, pp. 15-16. Siehe ähnlich Maly 1989, p. 629.

Motivation der Einführung

57

zelnen Teilpotentialen hingewiesen werden. Eine überschneidungsfreie Einteilung ist somit nicht durchgängig möglich. Entgegen einer vielfach in der Literatur vorfindbaren Behauptung, die Entscheidung zur Anschaffung eines FFS sei ausschlaggebend durch ein Flexibilitätsstreben des Investors beeinflußt worden, stand zumindest am Anfang der Verbreitung dieser Fertigungstechnik die Kostensenkung als maßgebliches Leistungspotential im Vordergrund des Investiti­ onsverhaltens.106 Die von JONES bei neun amerikanischen FFS durchgefuhrten Untersu­ chungen bringen dies zum Ausdruck. Die darin am häufigsten genannten Leistungspo­ tentiale waren unmittelbar kostenorientiert (z. B. Senkung der Betriebs- und Lohnkosten sowie Reduzierung der Zwischenlagerbestände).107 Ähnliche Ergebnisse resultierten aus Befragungen des gleichen Autors bei vier japanischen Anwendern flexibler Fertigungs­ systeme.108 Auch hier dominierte die Kostenorientierung, während das Flexibilitätspo­ tential seitens der Befragten als eher unbedeutend für die Investitionsentscheidung ein­ geschätzt wurde. Diese und andere Studien lassen sich zeitlich vor allem in die Früh­ phase der FFS-Verbreitung einordnen und reflektieren daher kaum die gegenwärtige An­ schaffungsmotivation. So wurde bereits zu Beginn der 90er Jahre eine Verlagerung der Bedeutung des Kostenpotentials hin zur stärkeren Gewichtung von Qualität, Produktviel­ falt und Schnelligkeit als Primärmotivation für den FFS-Einsatz bis zur Jahrtausendwen­ de prognostiziert.109 Allerdings ist diese Vorhersage kritisch zu hinterfragen. Der Ko­ stenwettbewerb wird auch weiterhin einen Haupteinflußfaktor des betrieblichen Investi­ tionsverhaltens darstellen und sich vor allem in Form von Rationalisierungsinvestitionen mani-festieren.

Das Kostenpotential stellt sich als mehrdimensionales Motiv für die Einführungsent­ scheidung flexibler Fertigungssysteme dar. Der Produktionsbetrieb eines FFS kann im Vergleich zur konventionellen Fertigungstechnik der freistehenden Werkzeugmaschine oder der starren Transferstrasse Auswirkungen auf verschiedene Kostenarten haben, so beispielsweise in Form einer Reduzierung von Personal-, Rüst-, Lager-, Raum- und/oder Leerkosten.110 Andererseits sind im Normalfall mit der Anschaffung eines FFS auch hö­ here Kapitalkosten (Fixkosten) verbunden.

106

107 108 109 110

Vgl. zum Beispiel Maly 1989, p. 628. Maly erkennt in der systeminhärenten Beherrschung einer Produktvielfalt sowie einer schnellen Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen er­ staunlicherweise nicht die Primärmotivation zur Einführung flexibler Fertigungssysteme. Es steht vor allem das Potential der Stückkostensenkung im Vordergrund vieler Systemanwen­ dungen. Ebenso vermißt JONES in der Diskussion über die potentielle Vorteilhaftigkeit flexi­ bler Fertigungssysteme während der Anfangsphase das im FFS-Begriff enthaltene Attribut der Flexibilität. Vgl. Jones 1997, p. 135. Vgl. Jones 1997, p. 140. Vgl. Jones 1997, p. 183. Vgl. dazu beispielsweise Tidd 1991, pp. 6-7. Vgl. allgemein zur Verschiebung der Kostenstrukturen sowie zur Relevanz neuer Kostenarten mit Einführung eines flexiblen Fertigungssystems Schmitz 1994, S. 120-137.

58

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Ein Potential zur Senkung der Personalkosten entsteht aus einer mit der Systemeinfuhrung einhergehenden Reduzierung des zum Betrieb erforderlichen Personals auf Werk­ stattebene.111 Aufgrund der Automatisierung verschiedener zuvor manuell ausgefuhrter Tätigkeiten entfällt die Zuordnung jeweils eines Bedieners zu einer Werkzeugmaschi­ ne.112 In diesem Kontext ist auch die lokale Logistik zu erwähnen. Gerade in der kon­ ventionellen Mittel- und Großwerkstückfertigung ist die Ausführung manueller Förder­ bewegungen durch das Transportpersonal eine zeitintensive Tätigkeit, die in einem flexiblen Fertigungssystem nunmehr automatisiert erfolgen kann.113 Die Integration und (Teil-)Automatisierung der eigentlichen Fertigungsprozesse sowie der prozeßvorberei­ tenden und -abschließenden Tätigkeiten als auch der Transport- und Handhabungsvor­ gänge kann insgesamt zur Senkung des operativen Personalbestands und damit der di­ rekten Lohnkosten fuhren. Einseitig fokussiert dieses Kostenpotential die Auswirkungen des Betriebs flexibler Fertigungssysteme auf den Personalbestand in der Werkstatt. Im Produktionsfaktorensystem von GUTENBERG trägt das FFS zu einer Verringerung der objektbezogenen Arbeitsleistungen bei.114 Diesen direkten Wirkungsmechanismen ste­ hen allerdings auch indirekte Effekte aus einer notwendig werdenden Erhöhung der dis­ positiven Arbeitsleistungen entgegen.115 Den direkten Personalbestandsreduzierungen auf Werkstattebene werden im Regelfall jedoch nicht die Auswirkungen auf den Perso­ nalbestand der indirekten Produktionsbereiche gegenübergestellt.116 Eine Evaluierung des Kostenpotentials durch die einseitige Betrachtung von Veränderungen des operati­ ven Personalbestands ist damit unvollständig und besitzt wenig Aussagekraft. Die voll­ ständige Erfassung des Potentials einer Personalkostensenkung setzt somit eine umfas­ sende Analyse aller Auswirkungen auf die direkt und indirekt mit dem Produktions­ betrieb des FFS verbundenen Stellen und Abteilungen voraus und erfordert den Ver­ gleich zwischen der bestehenden fertigungstechnischen Produktionslösung und den anti­ zipierten Auswirkungen bei FFS-Einfuhrung.

111

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114 115

116

Thomas berichtet sogar über das folgende optimistische Einsatzszenario bei einem amerika­ nischen Flugzeughersteller: „(...) in fad, (...) the final proposal promised to eliminate direct labor entirely. This meant that there would be no direct cost associated with the operation of the FMS“ Thomas 1994, p. 61. Vgl. Maleki 1991, pp. 21-22. Siehe zum Potential der Lohnkostensenkung durch verstärkte Automatisierung auch Milberg 1992, S. 32. Vgl. Binder 1992, S. 353; sowie das folgende Zitat: „ (...) the real utility of material hand­ lers is essentially quite low, and their cost high (...). The people who are paid to handle ma­ terial often lose it, place it in strange places, or run over it with their very expensive forklift trucks“ 1986, p. 431. Vgl. zu den Produktionsfaktoren Gutenberg 1983, S. 2-5. Allgemein stellt in diesem Zusammenhang Adam fest, daß mit Einführung eines flexiblen Fertigungssystems zwar die direkten Lohnkosten aufWerkstattebene sinken, die Personalko­ sten in den indirekten Planungs- und Steuerungsbereiche üblicherweise aber ansteigen. Vgl. Adam 1993, S. 24. Siehe zu diesem Problem auch Tchijov 1989a, p. 8.

Motivation der Einführung

59

Das Kostenpotential für den Rüstaufwand flexibler Fertigungssysteme erklärt sich im wesentlichen aus der Möglichkeit, durch automatisierte hauptzeitparallele Umstellungs­ vorgänge die einzelnen Maschinen auf wechselnde Fertigungsaufgaben vorzubereiten. Darüber hinaus kann durch die system- und maschinenbezogene Verfahrensintegration eine Glättung der Materialflüsse durch die Fertigung erzielt werden, so daß kürzere Warteschlangen der Werkstücke vor den Maschinen bzw. den Rüst- und Spannplätzen entstehen. Dadurch wird eine Reduzierung der Zwischenlagerbestände herbeigefuhrt, die sich letztlich in einer Senkung der Lagerkosten niederschlägt.117

Ein weiteres Kostenpotential aus Mehrverfahrenbearbeitung und Universalität der Ein­ zelmaschinen kann in der Weise entstehen, daß die Anschaffung mehrerer Spezialma­ schinen überflüssig wird und somit eine Flächenreduzierung innerhalb der Produktions­ stätte resultiert. Ein niedrigerer Raumbedarf für Produktionsanlagen führt zur Senkung der Raumkosten. In einem realisierten FFS-Einsatzbeispiel mit drei verketteten Bear­ beitungszentren konnte der Raumbedarf im Vergleich zur konventionellen Fertigungs­ technik (13 dedizierte Werkzeugmaschinen) um mehr als 50% reduziert werden. Damit einhergehend wurden Ersparnisse bei den Fundamentkosten als einmalig anfallende In­ stallationskosten sowie den Platzkosten während des laufenden Produktionsbetriebs er­ zielt.118 Leerkosten entsprechen Fixkosten, die aus ungenutzter Kapazität von Produktionsanla­ gen entstehen.119 Mit der Ausschöpfung von Automatisierungsmöglichkeiten flexibler Fertigungssysteme kann eine Ausdehnung der betrieblichen Maschinennutzungszeit er­ reicht werden, zum Beispiel durch die Einführung einer zusätzlichen mannlosen dritten Schicht oder durch das unbeaufsichtigte Leerfahren der Werkstückspeicher im Anschluß an eine bemannte Schicht. Das Flexibilitätspotential kennzeichnet allgemein die Fähigkeit eines Systems zur An­ passung an eine sich wandelnde Systemumwelt. Dieser Vorstellung liegen unterschiedli­ che Zeithorizonte zugrunde. Das Flexibilitätspotential eines operativen Systems (= FFS) wird mit einer längerfristig-strategischen Perspektive aufgebaut und bereitgestellt, um dieses dann situationsspezifisch kurzfristig-operativ ausschöpfen zu können.120 Die Technik des FFS wird dabei als adäquates Instrument zur Anpassung der Produktion an die Marktdynamik verstanden, indem die Herstellung kleiner Losgrößen eines vielfälti­ gen Werkstückspektrums zur Kundenwunschorientierung und Marktreagibilität des Un­ ternehmens beiträgt.121 Unter Reagibilität im allgemeinen kann die Anpassungsge­ schwindigkeit eines Systems an nicht prognostizierbare Veränderungen verstanden werden.122 Die Marktreagibilität im speziellen setzt ein solches Anpassungsverhalten in 117 118 119 120 121 122

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Kouvelis/Chiang/Kiran 1992, p. 376. Binder 1992, S. 353-354. Gutenberg 1983, S. 348. SCHNEEWEIß 1996, Sp. 491. ähnlich Ingersoll 1985, S. 12-15; Kaighobadi 1994, p. 3. Schneeweib 1996, Sp. 492.

60

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Bezug zu den externen Absatzmärkten. Die Anpassungsgeschwindigkeit an Veränderun­ gen der Marktnachfrage kann dabei allgemein durch die qualitative Erweiterung der Produktionsleistung in Form einer raschen Fertigung eines kundenindividuellen Lei­ stungsprogramms einserseits sowie durch die kapazitative Ausdehnung der quantitativen Produktionsleistung andererseits erhöht werden. Mit dem Zeitpotential ist die direkte Auswirkung eines FFS-Betriebs auf die Durchlauf­ zeit verbunden. Eine Senkung der Durchlaufzeiten ergibt sich unter anderem aus den hauptzeitparallelen Rüstvorgängen, die zudem eine Steigerung der Maschinennutzungs­ zeit ermöglichen. Auch die Automatisierung des Transport- und Handhabungssystems gewährleistet im Vergleich zur manuellen Ausführung einen schnelleren Materialfluß durch das System und reduziert die Durchlaufzeit.123 Im Vergleich zur konventionellen Werkstattfertigung ermöglicht die maschinenbezogene Verfahrens integration im objekt­ orientierten FFS eine Entflechtung des Materialflußnetzes und damit eine Reduzierung der bereichsintem notwendigen Transportvorgänge. Daraus resultiert eine Verminderung der Transport- und folglich auch der Durchlaufzeiten. Aus untemehmensextem gerich­ teter Perspektive kann die Durchlaufzeitensenkung schließlich eine Verbesserung der Termintreue für die Endproduktauslieferung an den Kunden herbeiführen.124

Ein Qualitätspotential manifestiert sich im Modemisierungseffekt flexibler Fertigungs­ systeme. Betriebsmittel des aktuellen Technikstandes bieten eine im Vergleich zu kon­ ventioneller Produktionstechnik größere Zuverlässigkeit und höhere Bearbeitungstole­ ranzen. Daraus kann eine Qualitätssteigerung der bearbeiteten Teile erzielt werden. Überschneidungen mit dem Leistungspotential der Kostensenkung ergeben sich insbe­ sondere aus der Möglichkeit zur Ausschußreduktion sowie aus einem verminderten Nacharbeitsaufwand (Fehlerkosten). Technikinduzierte Qualitässteigerungen der Werk­ stücke können schließlich eine Reduzierung der Prüf- und Fehlerverhütungskosten be­ wirken. (II)

Zum Demonstrationspotential flexibler Fertigungssysteme

Das Demonstrationspotential flexibler Fertigungssysteme läßt keinen unmittelbaren Be­ zug zum Leistungsvermögen des Techniksystems erkennen. Vielmehr subsumiert das Demonstrationspotential alle Nutzungsmöglichkeiten des FFS zur Darlegung einer be­ stimmten, nicht direkt auf die Leistungssteigerung der Produktion gerichteten Absicht des betrieblichen Entscheidungsträgers im Innen- und Außenverhältnis des Unterneh­ mens. Die Entscheidung zur gedanklichen Auseinandersetzung mit der Investitionsaltemative eines flexiblen Fertigungssystems kann aus einem Eigeninteresse des Entscheidungsträ-

123 124

Vgl. Ingersoll 1985, S. 15-17; Maleki 1991, pp. 21-22. Dadurch lassen sich mögliche Konventionalstrafen bei Spätlieferung, Zahlungsverzögerun­ gen oder eine verschlechterte Zahlungsbereitschaft des Kunden vermeiden. Vgl. dazu van Ackere 1995, p. 89.

Motivation der Einführung

61

gers erwachsen.125 Hier steht beispielsweise das Prestigepotential des flexiblen Ferti­ gungssystems im Mittelpunkt der Betrachtung. Unter dem Prestigemotiv als Antrieb des Investitionsverhaltens versteht KREIKEBAUM das Streben des potentiellen Investors nach Gewinnung eines zusätzlichen immateriellen Geltungsnutzens, der den aus rationalen Erwägungen resultierenden Zwecknutzen der Investition flankiert.126 In diesem Sinne läßt sich das Leistungspotential als möglicher Zwecknutzen eines flexiblen Fertigungs­ systems interpretieren. Der Geltungsnutzen des Entscheidungsträgers wird zum Beispiel durch das flexible Fertigungssystem als industrielles Statussymbol zum Ausdruck ge­ bracht.127 Hier stehen untemehmensextem gerichtete Demonstrationswünsche im Vor­ dergrund, indem die nach außen projizierte Modernität des Produktionsapparates das Image eines „technological pacemakers“ signalisieren soll.128 Möglicherweise lassen sich aus der Nutzung dieses Prestigepotentials absatzstimulierende Wirkungen erzielen. Innengerichtet läßt sich das Prestigepotential eines flexiblen Fertigungssystems mit An­ erkennung durch die Unternehmensleitung und Karriereüberlegungen verbinden. Retro­ spektiv zitiert beispielsweise Thomas die initiierenden Beweggründe des Betriebsleiters eines amerikanischen Flugzeugherstellers, der die Forcierung des FFS mit seinen eige­ nen persönlichen Zielvorstellungen begründet hat. Hier diente der Demonstrations­ wunsch, als erstes Organisationsmitglied die neue Fertigungstechnik erfolgreich im Un­ ternehmen eingefuhrt zu haben, verbunden mit einem erhofften Karrieresprung als Antrieb für das persönliche Engagement.129

Das Prestigepotential des Technologiefuhrers läßt sich nach außen gerichtet nur solange exklusiv nutzen, solange ein Technologiefolger nicht ähnliche Investitionen tätigt. Inso­ fern kann das Demonstrationspotential auch die Reaktion imitierender Unternehmen im Sinne eines , follow the lea der“- Verhaltens beinhalten.130 Darin kommt die Absicht des Imitators zum Ausdruck, dem Technologieführer die eigene Teilnahme am technischen Fortschritt sowie den Angriff auf mögliche Wettbewerbs vorteile zu signalisieren. Auch flexible Fertigungssysteme können ein solches demonstratives Reaktionspotential ent­ halten.131 125

126 127 128

129 130

131

Vgl. dazu auch Parkinson/Avlonitis 1986, p. 247; Thomas 1994, p. 64. Siehe allgemein Kappler/Rehkugler 1991, S. 913. Die folgende, aus der eigenen Studie gewonnene Aussa­ ge des Leiters der mechanischen Fertigung eines amerikanischen Herstellers von Spritz­ gießmaschinen deutet ebenfalls ein derartiges Eigeninteresse an: „The President was deter­ mined to have an FMS in our operation“ Vgl. Kreikebaum 1961, S. 43. Vgl. zum Statussymbolcharakter eines FFS auch Edquist/Jacobsson 1988, p. 10. Siehe dazu allgemein Kreikebaum 1961, S. 54-56 und S. 72. Vgl. zum Image des Techno­ logiefuhrers speziell im FFS-Kontext Elango/Meinhart 1994, p. 123; sowie zu einem kon­ kreten FFS-Anwendungsfall Adler 1991, p. 450. Vgl. Thomas 1994, pp. 55-64. Vgl. bereits Kreikebaum 1961, S. 72 und S. 81. Der Autor spricht in diesem Zusammen­ hang von »folgsamen Investitionen*. Vgl. zum ,follow-ther-leader“-Gefaxten als Beweggrund für die Installation flexibler Ferti­ gungssysteme Meredith 1988, pp. 240-241.

62

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Für die besondere Situation der Hersteller von flexiblen Fertigungssystemen kann die Installation innerhalb der eigenen Produktion zu Vorführzwecken und damit zur Kun­ denakquisition genutzt werden.132 Das Demonstrationspotential eines FFS als „showroom investment' enthält in dieser Situation die Möglichkeit, das Vertrauen des Herstellers in die neue Fertigungstechnik sowie sein Erfahrungs wissen im eigenen Pro­ duktionseinsatz dem potentiellen Anwender darzubieten.133

Zum Demonstrationspotential eines flexiblen Fertigungssystems kann schließlich die Nutzungsmöglichkeit als Lemlabor für einen späteren untemehmensweiten Einsatz ge­ zählt werden.134 Hier bietet ein FFS die Chance, als Vehikel des internen Wissenser­ werbs und -transfers genutzt zu werden.135 (III)

Zum Kooperationspotential flexibler Fertigungssysteme

Das Kooperationspotential als Beweggrund der Einführung eines flexiblen Fertigungssy­ stems erklärt sich aus der Möglichkeit, das Entwicklungsrisiko sowie den Entwicklungs­ aufwand zu reduzieren. Dies kann vor allem durch staatliche Förderung geschehen.136 In Form einer direkten projektorientierten Förderung kann das mit Einführung eines flexi­ blen Fertigungssystems verbundene technisch-wissenschaftliche Risiko durch Zuschal­ tung öffentlicher Forschungsinstitutionen für den potentiellen Anwender verringert wer­ den („risk sharing"). Darüber hinaus kann eine an die FFS-Investition gebundene Bereitstellung staatlicher Beihilfen die beschränkte Ressourcenkapazität des potentiellen FFS-Anwenders erhöhen. (IV)

Zum Sozialpotential flexibler Fertigungssysteme

Das Sozialpotential eines flexiblen Fertigungssystems umfaßt alle spezifischen Nut­ zungsmöglichkeiten zur zielgerichteten Einwirkung auf das Personalsystem. Darin ein­ geschlossen ist jedoch nicht das unmittelbare Kostenmotiv des Personalabbaus. Im posi­ tiven Sinne kann das Sozialpotential die Nutzung des FFS zur Steigerung der Humanität im Arbeitsleben (Humanisierungspotential),137 im negativen Sinne die Verwendung des flexiblen Fertigungssystems zur Reduzierung einer Abhängigkeit vom Personalsystem beinhalten (Unabhängigkeitspotential). Das Humanisierungspotential flexibler Fertigungssysteme wird üblicherweise nicht oder nur am Rande thematisiert. Hier können die Automatisierungsmöglichkeiten gezielt ge­ nutzt werden, um zu einer Verbesserung der psychischen Arbeitsbedingungen und folg132 133 134

135 136

137

Vgl. Meredith 1988, pp. 240-241. Vgl. UNECE 1986, p. 105. Vgl. zum lemorientierten Pilotcharakter flexibler Fertigungssysteme Gerwin/Leung 1980, p. 245; Adler 1991, p. 450. Siehe speziell zur Begriffseinfuhrung des Lemlabors LeonardBarton 1992, p. 23. Vgl. speziell zum Begriff des Wissenstransfers Munser 1999, S. 8-9. Siehe allgemein zu den möglichen Maßnahmen einer direkten und indirekten staatlichen Forschungsförderung Brockhoff 1999, S. 124-130. Vgl. zur Humanität im Arbeitsleben allgemein Kreikebaum 1977, S. 483-486.

Motivation der Einführung

63

lieh der Arbeitszufriedenheit im Personalsystem beizutragen.138 Basierend auf der ZweiFaktoren-Theorie von Herzberg tragen Arbeitsinhalte, Leistungserfolg, Anerkennung sowie Verantwortung als Motivationsfaktoren zur Entstehung von Arbeitszufriedenheit nicht aber zur Arbeitsunzufriedenheit - bei, während Untemehmenspolitik, Überwa­ chung, Vorgesetztenbeziehungen, Arbeitsbedingungen sowie Löhne als Hygienefaktoren keine Arbeitszufriedenheit - aber Arbeitsunzufriedenheit - bewirken können.139 In die­ ser Betrachtung nimmt die Arbeitsaufgabe als intrinsisches Motivationselement eine zentrale Stellung ein, an die allgemein die Anforderungen nach Ganzheitlichkeit, Anfor­ derungsvielfalt, sozialer Interaktion, Autonomie sowie Lem- und Entwicklungsmöglich­ keiten gestellt werden.140 Ein FFS eignet sich grundsätzlich zur Integration von vorbereitend-planenden, ausführenden, prüfenden, überwachenden, wartenden sowie instandsetzenden Funktionen und damit zur Herstellung einer ganzheitlichen Arbeitsaufgabe des Personalsystems. Die Mannigfaltigkeit der zum Betrieb eines flexiblen Fertigungssy­ stems benötigten Funktionen setzt die Nutzung unterschiedlicher Fähigkeiten, Fertig­ keiten und Kenntnisse der Mitglieder des Personalsystems voraus und spiegelt eine An­ forderungsvielfalt der Arbeitsaufgaben wider. Das Personalsystem eines FFS besteht normalerweise nicht aus einem einzelnen Mitarbeiter, sondern erfordert die Kooperation und Kommunikation mehrerer Systemmitglieder während der Aufgabenausführung. Daraus ergeben sich Möglichkeiten für die soziale Interaktion. Dem Personalsystem ei­ nes FFS kann weitgehende Autonomie für die Erfüllung der systemspezifischen Produk­ tionsaufgabe übertragen werden. Schließlich bietet das flexible Fertigungssystem ein Demonstrationspotential als Lemlabor. Die darin inkorporierten Lem- und Entwick­ lungsmöglichkeiten in bezug auf Qualifikation und soziale Kompetenz können auch durch das Personalsystem genutzt werden und insgesamt zur Erhöhung der Arbeitszu­ friedenheit beitragen.

Diesem Humanisierungspotential steht ein personalbezogenes Unabhängigkeitspotential flexibler Fertigungssysteme gegenüber. So kann in bestimmten Regionen die Einführung eines FFS durch die Verringerung einer Abhängigkeit vom Angebot qualifizierter Fach­ kräfte auf den internen und externen Arbeitsmärkten motiviert sein. Hier kann eine durchgängige Funktionsautomatisierung dazu beitragen, die interne und externe Nicht­

138 139 140

Vgl. allgemein Kreikebaum/Herbert 1988, S. 12. Siehe speziell für den Einsatz flexibler Fertigungssysteme Kaighobadi 1994, S. 12; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/11. Vgl. Herzberg 1966, pp. 74-77. Vgl. Emery/Thorsrud 1969, pp. 103-105; Hackman/Oldham 1974, p. 5; Ulich 1994, S. 161.

64

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Verfügbarkeit von entsprechend ausgebildetem Personal zu überbrücken.141 Personalabhängigkeit entsteht jedoch nicht nur in arbeitsmarktbezogener Perspektive. Im Vergleich zu konventioneller Fertigungstechnik werden vereinzelt mit dem FFS verbes­ serte Kontrollmöglichkeiten des Auftragsfortschritts und letztlich auch der menschlichen Objektleistungen in Verbindung gebracht.142 Produktivitätssteigerungen durch die Re­ duzierung des Anteils menschlicher Arbeit im Fertigungsprozeß und verbesserte Kon­ trollmöglichkeiten verdrängen den Menschen als Störfaktor aus dem Aktivitätsbereich der Produktion bzw. machen diesen für das Produktionsmanagement transparent.143 Mit der Reduzierung des Anteils menschlicher Arbeitsleistungen im Produktionsprozeß wird der Störeinfluß jener Variable, die am schwierigsten zu überwachen und kontrollieren ist, vermindert.144 „Because human beings make mistakes, FMS works with minimal human intervention.^45 Das Fertigungssystem unter extensiver Rechnersteuerung und -kontrolle beseitigt die Notwendigkeit zur Beschäftigung von qualifiziertem Personal auf

141

142

143

144

145

Vgl. allgemein Gilbert 1996, p. 5. Das Potential der Abhängigkeitsschmälerung von der Personalsituation auf dem Arbeitsmarkt verdeutlicht Raju anhand des Einsatzes flexibler Fertigungssysteme in der ehemaligen DDR. Vgl. dazu Raju 1988, p. 10. Ein konkretes Bei­ spiel für die Überwindung des Mangels an qualifiziertem Personal durch den Einsatz eines flexiblen Fertigungssystems bei einem englischen Schiffbauuntemehmen findet sich in o. V. [The FMS Magazine] 1984, p. 89. Des weiteren wird der Einsatz flexibler Fertigungssy­ steme zur Kompensation des Mangels an ausgebildeten Maschinenbedienem in der finni­ schen Industrie als Primärmotivaton für die dortige Einführung dieser Fertigungstechnik be­ trachtet. Vgl. dazu Ollus/Mieskonen 1989, p. 357. Ähnlich erkennt auch Hitomi das FFS als Mittel zur Überwindung der Knappheit von qualifiziertem Werkstattpersonal in Japan. Vgl. Hitomi 1993, p. 210. Siehe hierzu beispielsweise auch die Untersuchungsergebnisse bei 15 FFS-Anwendem in Großbritannien. Immerhin 20% haben eine verbesserte Kontrolle des Personals auf Werk­ stattebene als Anreiz für die Investitionsaltemative flexibles Fertigungssystem versus kon­ ventioneller Fertigungstechnik betrachtet. Vgl. Jones 1997, p. 197. Allgemein kann die mit Einführung rechnergestützter Fertigungstechnik angestrebte zentrale Managementkontrolle aufproduktionsebene mit dem Begriff der , Prozeßbeherrschung4 beschrieben werden. Vgl. dazu Hirsch-Kreinsen/Wolf 1987, S. 188. Vgl. Roch 1988, p. 19. Das Produktivitätssteigerungspotential durch Personalabbau und ausgedehnter Personalkontrolle wird hier anhand eines konkreten FFS-Anwendungsbeispiels in der amerikanischen Luftfahrtindustrie auf einen Faktor 3:1 beziffert. Die Ausgangssituati­ on stellte in diesem Beispiel eine nicht näher spezifizierte konventionelle Fertigungstechnik dar. Vgl. speziell zu diesem Gedanken Branam 1988b, p. 38. Siehe allgemein zur Managementkontrolle des ,Störfaktors4 Mensch im Produktionsprozeß Braverman 1980, S. 76-77; Zuboff 1988, pp. 245-254. Maleki 1991, p. 22.

Motivation der Einführung

65

Werkstattebene.146 Die verbleibenden Tätigkeiten des Beladens von Werkstückträgem oder der Durchführung von Routinewartungen können schließlich an , angelerntes1 Per­ sonal delegiert werden. Dieses Unabhängigkeitspotential charakterisiert vor allem den Einsatz flexibler Fertigungssysteme in amerikanischen Unternehmen. Dort reflektiert es eine tayloristische Grundhaltung der absoluten Kontrolle des Produktionsmanagements über den Fertigungsprozeß durch weitgehende Einengung der Handlungsspielräume des Personals auf Werkstattebene.147 Die vorangegangenen Schilderungen vermitteln einen allgemeinen Überblick über ein­ zelne Potentiale, die den Investitionsentscheidungsprozeß zugunsten eines FFS initiieren können. Abschließend wird mit der nachstehenden Auswahl von empirischen Untersu­ chungsergebnissen versucht, einen Eindruck über das konkrete Ausmaß der in praxi rea­ lisierten Potentiale - also der Vorteile - des FFS-Betriebs zu geben. Deutlich erkennbar ist die Dominanz der ausgeschöpften Leistungspotentiale. So ergab beispielsweise eine Analyse von 12 FFS-Anwendem in Finnland, daß mit Ein­ führung des jeweiligen Systems eine Reduzierung des Umlaufvermögens um durch­ schnittlich 70%, eine Verringerung der Maschinenanzahl um durchschnittlich 66%, eine Erhöhung der Maschinennutzungszeit um durchschnittlich 72%, eine Arbeitskräfteredu­ zierung (ausführende Tätigkeiten) um durchschnittlich 68% sowie eine Produktivitäts­ steigerung von durchschnittlich 170% erzielt werden konnte.148

Eine Untersuchung von BESSANT und HAYWOOD bei insgesamt 70 Anwendern flexibler Fertigungssysteme in Großbritannien und Schweden erbrachte vergleichbare Ergebnisse (vgl. Tab. 2-1).

146

147

148

Vgl. Maleki 1991, pp. 21-22. Dies bestätigt auch Shaiken auf der Basis von Interviews mit dem Produktionsmanagement in amerikanischen Industriebetrieben. Beispielhaft betonen die folgenden Aussagen die Einstellung des Managements zur Produktionsarbeit: „Machinists tend to be prima donnas. This is one of the motivations for bringing in NC equipment. It re­ duced our dependence on skilled labor“ Shaiken 1986, p. 313. Und weiter berichtet der Projektleiter eines anderen Unternehmens nach FFS-Einführung: „The system is intended to minimize operator intervention - particularly in setting the pace of production. You don’t have people you’re relying on, (...). Once the computerized system gets the part, it doesn't wait for a guy drinking a cup of coffee“ Shaiken 1986, p. 315. Für Jones stellt dabei das Leistungspotential eines lohnkostensenkenden Personalabbaus ein Pseudoargument im Prozeß der Entscheidungsfindung dar. Nach seiner Auffassung verdeckt es die eigentliche Motivation, nämlich das in der Tradition von F. W. Taylor stehende Streben des Produktionsmanagements amerikanischer Unternehmen nach Prozeßbeherr­ schung. Vgl. Jones 1997, p. 133. Vgl. Ollus/Mieskonen 1989, p. 365.

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

66

Realisierte Leistungspotentiale Großbritannien (50 FFS)

Schweden (20 FFS)

Durchlaufzeitverkürzung

0 74%

0 69%

Bestandsreduzierung (Umlaufvermögen)

0 68%

0 60%

Steigerung der Maschinennutzungszeit

0 52%

0 74%

Spezifischer Vorteil

Tab. 2-1:

Realisierte Leistungspotentiale von britischen und schwedischen FFSAnwendem; Quelle: BESSant/HayWOOD 1986, p. 35; sowie darüber hinaus Bessant/Haywood 1988, p. 140

Die folgende Auflistung realisierter Einsatzpotentiale einer Auswahl von europäischen FFS-Anwendern quantifiziert die durchschnittlichen Verbesserungen nach Systemeinfuhrung:149 • • • • • • • •

Reduzierung der Durchlaufzeit (62%); Erhöhung der Nutzungszeit (41 %); Reduzierung der Maschinenanzahl (62%); Senkung des Umlaufkapitals (45%); Verminderung der Anzahl der Maschinenbediener (62%); Einführung einer mannlosen dritten Schicht (33%); Reduzierung der Fertigungskosten (25%); Aufwandsverminderung bei der Qualitätskontrolle (40%).

Ähnliche Einsatzvorteile ermitteln Maffei und Meredith in einer fallstudienbasierten Untersuchung von sechs Anwendern in den U. S. A.150 So konnte ein Hersteller von Spritzgießmaschinen die Ausschußquote der Gehäusefertigung nach Einführung des FFS auf 1% senken. Ein Anbieter industrieller Ventile erzielte durch das FFS eine Durchlauf­ zeitverkürzung für eine spezifische Produktlinie von 22 Wochen auf 3 bis 4 Tage und reduzierte den Umfang der wirtschaftlichen Losgröße von 1.000 auf 10 Gehäuse. Drei der sechs Anwender steigerten die Produktivität, zwei bewerteten das FFS als allgemei­ nen Untemehmenserfolg während ein Anwender das flexible Fertigungssystem lediglich als technischen Erfolg einstufen konnte.

Auch in einzelfallbasierten Untersuchungen wird über die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes flexibler Fertigungssysteme im Vergleich zur vormals implementierten Fertigungstech­ nik meist konventioneller Natur berichtet. So konnte zum Beispiel ein amerikanischer Hersteller von Sportwaffen nach Einführung eines flexiblen Fertigungssystems die Durchlaufzeit um 30%, den Personalbestand um 70%, den Ausschuß anteil und Nachar­ beitsaufwand um 5% sowie die Zwischenlagerbestände um 40% senken. Darüber hinaus wurde eine Reduzierung der Fertigungskosten sowie eine Erhöhung der Komponenten­ 149 150

Vgl. Shah 1991, S. 27. Vgl. Maffei/Meredith 1995, p. 278.

67

Motivation der Einführung

qualität festgestellt. Unmittelbar marktgerichtet wurde schließlich ein Zeitsenkungspo­ tential durch eine verkürzte Produktneueinfuhrungsphase realisiert, nämlich von 18 auf sechs Monate. Die Herstellung und das Angebot von nunmehr wirtschaftlich herstellba­ ren Sammlerstücken - Wiederaufnahme von traditionellen Sportwaffenmodellen aus dem alten Produktionsprogramm - generierte zusätzlichen Umsatz aus der Belieferung eines Nischenmarktes.151 Vergleichbar sind die realisierten Leistungspotentiale eines italienischen Sportwaffenherstellers (vgl. Tab. 2-2). Realisierte Leistungspotentiale Spezifischer Vorteil

Vor FFSEinführung

Anzahl der pro Monat bearbeiteten Werkstücktypen

Nach FFSEinführung

543

543

Produktionsvolumen pro Monat (Stück)

11.120

11.120

Raumbedarf (m2)

16.500

6.600

Anzahl der CNC-Werkzeugmaschinen

66

38

Anzahl der Universalwerkzeugmaschinen

24

5

Anzahl der Maschinenbediener im Dreischichtbetrieb

170

36

Personalstärke indirekter Funktionen im Dreischichtbetrieb

25

3

Maschinenzeit

35

3

Komponentenmontage

14

7

Endmontage

42

20

Mittlere Durchlaufzeit pro Werkstück in Tagen (inkl. der Wartezeit)

Tab. 2-2:

Realisierte Leistungspotentiale nach Einführung eines FFS bei einem italie­ nischen Sportwaffenhersteller; Quelle: JAIKUMAR 1989, p. 122

Insgesamt spiegeln obige Informationen durchweg ,Erfolgsgeschichten4 über den Ein­ satz flexibler Fertigungssysteme wider. Es bleibt allerdings offen, ob die einzelnen Vor­ teile des Systembetriebs dieser Fertigungstechnik per se zuzurechnen sind, oder ob sie aus einem vor- bzw. nachgeschalteten Reorganisationsprozeß resultieren.152 Der Anteil, den ausschließlich die Technik eines FFS bei der Ausschöpfung der jeweiligen Lei­ stungspotentiale besitzt, läßt sich aus den Daten der Anwender jedenfalls nicht eindeutig

151 152

Vgl. zu diesen Ausführungen über die FFS-Leistungsfähigkeit des betrachteten Sportwaffen­ herstellers Harter/Mueller 1988, pp. 236-238. Vgl. dazu allgemein Haywood/Bessant 1990, p. 83.

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

68

extrahieren.153

2.4

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

2.4.1 Wurzeln, Ersteinsatz und zögerliche Diffusion in den 70er Jahren „Flexible Manufacturing Systems did not fall like manna from heaven“ Sie finden ihre Wurzeln in einer technischen und organisatorischen Vorentwicklung, die das Aufkom­ men dieser Fertigungstechnik erst ermöglicht hat. Die Vermutung liegt nahe, die Entste­ hung flexibler Fertigungssysteme ursächlich auf veränderte Marktbedingungen und die daraus resultierenden Flexibilitätserfordemisse der Produktion zurückzufuhren. Diese Entstehungserklärung würde allerdings zu kurz greifen. Es ist vielmehr der Drang nach Rationalisierung und Prozeßbeherrschung, der zu den Frühinstallationen geführt hat. Weil diese Zielvorstellungen auch heute noch im Einsatz vieler flexibler Fertigungssy­ steme fortwirken, erscheint das Nachvollziehen der Vor- und Frühentwicklungen not­ wendig. Nur dadurch kann ein tieferes Verständnis für flexible Fertigungssysteme in der betrieblichen Praxis gewonnen werden. In dieser Untersuchung ist jedoch nicht nur die Frage des Ursprungs und Ersteinsatzes flexibler Fertigungssysteme von Interesse, son­ dern auch das Muster der Anwenderadoption, um daraus schließlich Angaben über die weltweite Einsatzverbreitung ableiten zu können. Ziel ist somit auch die Ermittlung einer definierten Grundgesamtheit, die dem weiteren empirischen Vorgehen zugrundegelegt werden kann.

Zu den technischen Wurzeln flexibler Fertigungssysteme zählt hauptsächlich die Ent­ wicklung der Werkzeugmaschine. Früheste Formen stellen dabei die Bohrmaschinen und Steintrennmaschinen dar, deren archäologischer Beleg eine Datierung bis in die Jungs­ teinzeit um 5000 v. Chr. zuläßt.154 Aus Ägypten sind Bohrer mit manuell betätigtem Fi­

153

154

Tidd bezieht sich auf Untersuchungen, nach denen zwischen 40% und 50% der Vorteile ei­ nes flexiblen Fertigungssystems alleine aus den organisatorischen Veränderungen vor der Inbetriebnahme entspringen. Vgl. Tidd 1991, p. 41. Ein Zeitvergleich einer 1986 realisierten FFS-Installation zeigt, daß bei anfänglicher Übertragung der bis dato bestehenden Organisa­ tionsstrukturen im Produktionsbereich ein Systemnutzungsgrad von weniger als 70% er­ reicht wurde. Eine 1989 auf Funktionsintegration und Teamarbeit gerichtete Reorganisation resultierte in einem Nutzungsgrad des FFS von 90%. „In summary, AMT is potential, but not sufficient“ Siehe zu diesem Praxisbeispiel Sun/Gertsen 1995, p. 370. Vgl. Milberg 1992, S. 7.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

69

delbogenantrieb bekannt (ca. 2500 v. Chr.).155 Einen größeren Entwicklungssprung bil­ det dann die mittelalterliche Wippendrehbank im 15. Jahrhundert.156 Der eigentliche Ursprung der Werkzeugmaschine heutiger Prägung fällt allerdings erst oder bereits - in die Epoche des englischen Produktionssystems am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Allgemein wird Henry Maudslay als Begründer der Werkzeugmaschinenindustrie bezeichnet.157 Der bei WOOLWICH ARSENAL, einem engli­ schen Rüstungsbetrieb, beschäftigte Maudslay entwickelte mehrere Innovationen im Werkzeugmaschinenbau, die vor allem zu größerer Präzision und Kontinuität der Zer­ spanungsprozesse beitrugen. Neben der Einführung exakter Meßmittel {„The Lord Chancellor1') erfand MAUDSLAY im Jahre 1789 den Kreuzsupport {„slide rest"), die erste angetriebene Drehmaschine in Ganzmetallbauweise sowie die Gewindeschneidmaschi­ ne. Englische Produktionsbetriebe konnten auf der Basis dieser und weiterer technischer Innovationen ihre Vorreiterrolle im Bau von Universalwerkzeugmaschinen über das ge­ samte 19. Jahrhundert hinweg behaupten. Das sich entwickelnde neue englische Produk­ tionssystem basierte auf den Prinzipien eines organisierten Maschinenbaus, der Quali­ tätsmessung sowie der Genauigkeit und Toleranzeinhaltung der Bearbeitungsprozesse. Numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen bilden als Basiselemente die direkten Vor­ läufer flexibler Fertigungssysteme.158 Numerische Steuerungen finden ihren Ursprung bereits bei JOSEPH-MARIE Jacquard (1752-1834), der einen per gelochter Blechkarte gesteuerten Webstuhl zur Herstellung von gemusterten Stoffen entwickelt hatte.159 Es handelte sich hierbei um den ersten austauschbaren Datenträger zur Maschinensteue­ rung.

Das Aufkommen numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen setzt allerdings erst nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs ein.160 Von der amerikanischen Luftwaffe, der Parsons Corporation in Traverse City (MI) und dem Massachusetts Institute OF TECHNOLOGY (M. I. T.) wurde im Jahr 1949 ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Ziel initiiert, ein System zur Positionssteuerung von Spindeln durch ein Rechenwerk in

155 156 157

158

159 160

Vgl. Milberg 1992, S. 7. Vgl. Milberg 1992, S. 8. Vgl. hierzu Jaikumar 1989, p. 38; Jones 1997, p. 84. Siehe zu den nachfolgenden Ausfüh­ rungen Klemm 1983, S. 148-150; Jaikumar 1989, pp. 54-60; Milberg 1992, S. 9-10. Siehe zu weiteren Meilensteinen der Werkzeugmaschinenentwicklung im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert Milberg 1992, S. 10-14. Vgl. zu den Entwicklungsstufen der Automatisierung von Werkzeugmaschinen überblicks­ artig Schirmer 1985, S. 144; Maly 1989, p. 625; Tidd 1991, p. 15. Vgl. Kreikebaum 1968, S. 34-35; Kief 1997, S. 22. Vg] zur Entstehungsgeschichte der numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine Kreikebaum 1968, S. 33-34; Goldhar/Jelinek 1985, p. 96; Tidd 1991, pp. 33-34; Milberg 1992, S. 1415; Kief 1997, S. 22-23.

70

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Werkzeugmaschinen zu entwickeln.161 Federführend wurden die Entwicklungsarbeiten zur numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine durch JOHN T. PARSONS (PARSONS CORPORATION) geleitet.162 Der Einsatz dieses innovativen Werkzeugmaschinentyps sollte im Vergleich zu den bis dato üblichen konventionellen Werkzeugmaschinen Ferti­ gungsverbesserungen in der Kleinserienfertigung des Flugzeugbaus in bezug auf Kosten, Zeit und Qualität ermöglichen.163 Im Jahr 1952 wurde dann die erste numerisch gesteu­ erte Fräsmaschine mit festverdrahteter elektronischer Steuerung in Betrieb genommen und 1955 die ersten in Serienreife produzierten numerisch gesteuerten Dreh-, Bohr- und Fräsmaschinen auf der Werkzeugmaschinenmesse in CHICAGO vorgestellt. Im Jahr 1956 ergänzte die von DOUGLAS ROSS (M. I. T.) entwickelte standardisierte Programmierwei­ se APT (Automatically Programmed Tools) das Steuerungskonzept. Ende der 50er Jahre erfolgten der Kauf und die Inbetriebnahme der ersten 100 NC-Werkzeug­ maschinen durch die U. S. Air FORCE. Zivile Flugzeughersteller konnten in dieser Früh­ phase der Produkteinführung für eine Anschaffung derartiger Maschinen nicht gewon­ nen werden.

Zeitlich verzögert entwickelte in Großbritannien das Unternehmen Ferranti Ltd. unter der Forschungsleitung von David T. N. Williamson - später bei Molins Ltd. be­ schäftigt - ein eigenes Konzept der numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine als Reak­ tion auf den zu jener Zeit in Großbritannien feststellbaren Mangel an qualifizierten Maschinenbedienem zur Handhabung konventioneller Werkzeugmaschinen.164 Die Erstaus­ lieferung datiert auf das Jahr 1956. In diese Zeit fällt auch die Herstellung der ersten numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine in Japan, die 1958 aus einer Kooperation zwischen der MAKINO MILLING MACHINE Co. und FUJITSU Fanuc hervorgegangen ist.

Das Prinzip der NC-gesteuerten Werkzeugmaschine basiert auf einer Steuerung, mit der als Zahlencode erstellte Weg- und Schaltbefehle über automatisch lesbare Datenträger (zumeist in Form des Lochstreifens) eingelesen und in Funktionsbefehle zur Werkstück­ bearbeitung umgesetzt werden.165 Erst durch die maschinenbezogene Anwendung der Mikroelektronik wurde dann die CNC-gesteuerte Werkzeugmaschine in den 70er Jahren realisierbar.166 Hierbei wird die Werkzeugmaschine mit einem Mikroprozessor, dem 161

162

163

164 165 166

Die amerikanische Luftwaffe stellte im Zeitraum zwischen 1949 und 1959 eine Gesamt­ summe von ca. 62 Mio. U. S.-Dollar für die Unterstützung der Forschungsanstrengungen be­ reit. Siehe die Schilderung der persönlichen Erlebnisse während der Entwicklung der ersten nu­ merisch gesteuerten Werkzeugmaschine in Parsons 1993. Unter einer konventionellen Werkzeugmaschinen wird auch in dieser Arbeit eine Maschine verstanden, deren Steuerung mechanisch, hydraulisch oder elektro-hydraulisch unterstützt wird. Vgl. Kreikebaum 1968, S. 33. Vgl. auch Jones 1997, p. 92. Vgl. Zäpfel 1989, S. 173; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/7. Vgl. Jones 1997, p. 92; sowie zum Entwicklungsursprung von CNC-Steuerungen für Werk­ zeugmaschinen Hirsch-Kreinsen 1989, S. 173-174. Darüber hinaus findet sich ein histori­ scher Abriß über die Entwicklung der Mikroelektronik in Kreikebaum 1985, S. 47-48.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

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NC-Kem, ausgestattet, der das Erzeugen und Festlegen der Steuerfunktionen durch die Eingabe von Teileprogrammen direkt an der Maschine ermöglicht.167 Die Entstehung flexibler Fertigungssysteme ist auch eingebettet in eine fertigungsorga­ nisatorische Tradition industrieller Betriebe, deren markanter Ausgangspunkt die Ein­ führung des amerikanischen Produktionssystems darstellt. Im Jahre 1798 nahm Eli WHITNEY einen amerikanischen Regierungsauftrag zur Herstellung einer großen Stück­ zahl von Schußwaffen an, die mit der althergebrachten Fertigungsorganisation eines Handwerksbetriebs nicht herstellbar schien.168 Die Verwendung von standardisierten und gehärteten Spannvorrichtungen (Jigs^) sowie der Einsatz von Werkzeugmaschinen mit höherer Bearbeitungspräzision gewährleisteten eine bis dato nicht praktizierbare Austauschbarkeit der einzelnen Komponenten. Denn erst diese Austauschbarkeit der Teile garantierte eine Massenfertigung. Die Herstellungsprozesse der Schußwaffen wur­ den in einfache, aufeinanderfolge Arbeitsvorgänge aufgespalten und angelernten Arbeit­ nehmern übertragen. Mit dem System der wissenschaftlichen Betriebsführung („Scientific Management“) von FREDERICK W. TAYLOR erfolgte dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Konzentrati­ on der Organisationsforschung und -gestaltung auf die Mikrostruktur der Werkstatt („machine shop“). Mit diesem System wurde die Einführung neuer Entlohnungssysteme und Organisationsformen auf der Grundlage von Zeit- und Bewegungsstudien der Bearbeitungsprozessse im Werkstattbereich mit der Zielvorstellung einer Produktivitätsstei­ gerung menschlicher Arbeitsleistungen umgesetzt.169 Fertigungsorganisatorisch sah das TAYLOR-System im einzelnen eine auf detaillierten Arbeitsstudien beruhende Zerlegung der Arbeit in kleinste Elemente vor, die nach dem Funktionsprinzip klassifiziert durch Spezialisten auf Werkstattebene ausgeführt werden konnten (Spezialisierungsvortei­ le).170 Darüber hinaus wurde eine strikte Trennung von Kopf- und Handarbeit ver­ folgt.171 Dispositive Funktionen wurden an eine eigens eingerichtete Planungsabteilung delegiert.172 Zur operativen und dispositiven Unterstützung der Arbeitnehmer auf Werk­ stattebene wurde ein aus acht weisungsberechtigten Funktionsmeistem bestehendes Sy-

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Vgl. Zäpfel 1989, S. 173; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/7. Siehe hierzu und zu den anschließenden Schilderungen Klemm 1983, S. 165; Jaikumar 1989, pp. 65-76. Vgl. Kreikebaum 1994, S. 152-153 und S. 164-165. Siehe zum zugrundeliegenden mecha­ nistischen Grundmodell des arbeitenden Menschen Kupsch/Marr 1991, S. 731-733. Vgl. zum System der wissenschaftlichen Betriebsführung zusammen fassend Staehle 1999, S. 23-26; sowie Jaikumar 1989, pp. 77-84. Siehe dort vor allem auch die Auszüge des Ori­ ginalberichts der Mitarbeiter von Taylor, mit welchen die Umstellung der Werkstattferti­ gung auf das TAYLOR-System bei Watertown Arsenal beschrieben werden. „All possible brain work should be removed from the shop and centred in the planning or laying-out department, leaving for the foremen and gang bosses work strictly executive in its nature “ Taylor 1903, p. 1390. Vgl. Taylor 1903, pp. 1368-1369; sowie zu den Funktionen der Planungsabteilung Taylor 1903, pp. 1398-1399.

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stem in Form des Mehrlinienprinzips installiert ^functional foremanship ").m Es han­ delte sich dabei um die Stellen des • • • •

Vorrichtungsmeisters („gang boss'"), Geschwindigkeitsmeisters {„speed boss""), Prüfmeisters {„inspector"") und Instandhaltungsmeisters {„repair boss"").

Als Stellen der Planungsabteilung wurden die des Arbeitsplaners {„order of work or route clerk""), der Arbeitsverteiler {„instruction card men""), des Zeit- und Kostenkon­ trolleurs {„time and cost clerk"") sowie des Aufsichtsführenden {„shop disciplinarian"") eingeführt. Zentral im System der wissenschaftlichen Betriebsführung war schließlich die Durchführung von Zeitstudien. Der Aufspaltung zusammengehöriger Arbeiten in Teiltätigkeiten folgte die Zeitmessung mittels Stoppuhr.174 Als Summe der jeweils kür­ zesten Zeitbedarfe pro Teiltätigkeit ließ sich dann die Zeitspanne für die Ausführung der korrespondierenden Gesamttätigkeit ermitteln. TAYLOR unterteilte die Zeitanteile nach der Maschinen-, Transport- und Handhabungszeit, wobei unter die letztere auch jene Zeitanteile für das Rüsten und den Arbeitsabschluß subsumiert wurden. Fertigungsorganistorisch stellten die aus dem System der wissenschaftlichen Betriebsführung resultie­ rende Arbeitsstandardisierung auf Werkstattebene und die größere Kontrolle über die Produktionsprozesse die innovativen Elemente dar. Die Arbeitsorganisation im Sinne von Taylor hat sich in vielen Industriebetrieben bis in die Gegenwart erhalten und spiegelt sich auch in den Einsatzbedingungen diverser flexibler Fertigungssysteme wi­ der.

Allgemein wird die weltweite Erstinstallation eines flexiblen Fertigungssystems mit der Inbetriebnahme des MOLINS SYSTEM 24 bei MOLINS Ltd. (London), einem britischen Hersteller von tabakverarbeitenden Maschinen, in Verbindung gebracht.175 Das System war das Ergebnis der untemehmensintemen Forschungsanstrengungen unter der Leitung von D. T. N. Williamson - zuvor bei Ferranti - und wurde 1967 in Betrieb genom­ Vgl. im einzelnen Taylor 1903, pp. 1390-1398. Die Idee der Zeitmessung war Taylor bereits 1883 als Vorarbeiter der Midvale Steel Co. in Philadelphia gekommen: „(...) it occurred to the writer that it was simpler to time with a stop watch each of the elements of the various kinds of work done in the place, and then find the quickest time in which each job could be done by summing up the total times of its com­ ponent parts, (...).“ Taylor 1903, p. 1423. Siehe zu den Zeitstudien im einzelnen Taylor 1903, pp. 1364-1365, pp. 1399-1400, pp. 1424-1443. 175 Vgl. zum Ersteinsatz bei Molins allgemein sowie zu den nachfolgenden Ausführungen Williamson 1967; Williamson 1968; d’Iribarne/Lutz 1984, p. 127; Jablonowski 1986, pp. 326-327; Talavage/Hannam 1988, pp. 45-49; Bessant 1991, pp. 95-96; Handfield/Pagell 1995, p. 245. Im Zusammenhang mit dem weltweiten Ersteinsatz weist Greenwood darauf hin, daß einige Autoren den Ursprung flexibler Fertigungssysteme im Projekt „Tinkertoy' des U. S. National Bureau of Standards im Jahr 1955 sehen. Vgl. Greenwood 1988, p. 10. Auch Maleki erwähnt die Realisierung des Konzepts flexibler Fertigungssysteme vor Erfindung des Molins System 24, allerdings ohne einen konkreten Einsatzfall zu benennen. Vgl. Maleki 1991, p. 9.

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men.176 Die ursprüngliche Initiative läßt sich auf eine Werkstoffumstellung von eisen­ haltigen Metallen auf Aluminium innerhalb der Komponentenfertigung für Zigaretten­ maschinen zurückfuhren. Ein fehlendes Marktangebot von numerisch gesteuerten Werk­ zeugmaschinen zur Bearbeitung von Aluminiumteilen erforderte die Eigenentwicklung. Der Systemname leitet sich aus der Sollvorstellung eines 24-Stunden-Betriebs ab, der über einen längeren Zeitraum hinweg auch mannarm erfolgen sollte. Dies verlangte nach einer Verkettung der neu zu entwickelnden Werkzeugmaschinen. Als konkrete Zielvor­ stellungen wurden mit der Entwicklung des Mehrmaschinensystems die

• • •

wahlfreie Bearbeitung einer Vielzahl von Komponenten, eine automatisierte Be- und Entladung von Werkzeugen und Werkstücken sowie der mannarme Betrieb über eine längere Zeitspanne hinweg

verbunden.177 Mit der konkreten Zielumsetzung sollte das Ausmaß der menschlichen Eingriffe in den Produktionsprozeß auf ein Minimum beschränkt werden. Insbesondere würde der Einsatz automatisierter Werkzeugmaschinen keine Maschinenbediener im tra­ ditionellen Sinn mehr erfordern.

Die Konfiguration des Maschinensystems sah eine linear angeordnete Reihe von sechs numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen mit ergänzendem Charakter vor (Teilung: 3.285 mm). Die Steuerung erfolgte über Magnetband. Als Steuerungsrechner wurde das Modell IBM 1130 installiert. Entlang der Maschinenflucht waren ein Werkstückspei­ chersystem sowie ein Werkzeugmagazinspeichersystem angeordnet. Außerdem sah das Layout Arbeitsbänke (Rüst- und Spannplätze) für die Befestigung der Werkstücke und die Vorbereitung der Werkzeuge vor. Die dort auf Paletten befestigten Werkstücke wur­ den automatisiert über das Transportsystem MOLAC (MOLINS ON-LINE AUTOMATIC CONVEYOR) den Bearbeitungsprozessen innerhalb der Maschinen zu- und abgeführt. Ei­ ne automatisierte Werkzeug wechsel Vorrichtung war noch nicht integriert, jedoch ein automatisierter Magazinwechsler mit einer Kapazität von 14 Werkzeugen. Die Bearbei­ tungszeit pro Werkstück betrug durchschnittlich 15 Minuten. Ein Speicherplatz für 72 Palettenpaare pro Werkzeugmaschine ermöglichte einen mannarmen Betrieb für die Dauer von maximal 18 Stunden. Das manuelle Beladen des Systems wurde während der Tagschicht ausgeführt. In der 16-stündigen Nachtschicht folgte das unüberwachte Abar­ beiten des Werkstückspeichers. Das tägliche Produktionsvolumen des Systems betrug 2.000 bis 20.000 bearbeitete Teile. Die Arbeitsorganisation des Molins SYSTEM 24 war gekennzeichnet durch eine tayloristisch geprägte Separation der Systemfunktionen zwischen den einfachen Tätigkeiten des Palettierens von Rohlingen direkt vor Ort sowie den Steuerungsaktivitäten, die von einem zentralen Kontrollraum aus erfolgten.178 Von dort aus übernahm ein Kontrolleur auch die Überwachung der weiblichen Systembediener - WILLIAMSON spricht hier von 176

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Jones beschreibt dabei den Entwicklungschef Williamson als „(...) leading advocate of in­ tegrated cells during his time at Molins.“ Jones 1997, p. 88. Vgl. Greenwood 1988, p. 10. Vgl. Williamson 1967, S. 433; Jones 1997, p. 88.

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Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

„girls“.179 Insgesamt konnte der Personalbedarf des Molins System 24 (48 Arbeitneh­ mer) auf 13% der für die konventionelle Produktion vor Systemeinführung benötigten Mannstärke (363 Arbeitnehmer) reduziert werden. Resümierend bewertete Williamson darüber hinaus das Absinken des Qualifikationsniveaus, den Wegfall der Überstundenund Schichtzuschläge sowie den aus dem anspruchslosen operativen Tätigkeitsfeld möglich werdenden Einsatz angelernter Frauen als ,Pluspunkte4 des Fertigungssy­ stems.180 Nach Systeminbetriebnahme wurden in mehreren Ländern Patente beantragt. Außerhalb Großbritanniens reichte MOLINS Ltd. am 29. Oktober 1970 einen Antrag auf Patentie­ rung des Systems im amerikanischen Patentamt ein. Das Patent für eine automatisierte Werkzeugmaschineninstallation mit Lagermöglichkeiten wurde schließlich am 25. Janu­ ar 1983 als United States Patent 4,369,563 erteilt.181 Dabei ist anzumerken, daß der Be­ griff des flexiblen Fertigungssystems im Patent selbst unerwähnt bleibt. Der einzige in der Patentschrift festgehaltene Bezug zur Flexibilität des Mehrmaschinensystems erfolgt im Kontext einer Abgrenzung zur Transfermaschine (Transferstrasse). Im Gegensatz zu einem starr verketteten Maschinensystem ziele das patentierte System auf die wirt­ schaftliche Fertigung eines Spektrums unterschiedlicher Werkstücke mit minimalem Rüstaufwand, die vorzugsweise als Lose gebündelt in regelmäßigen Intervallen abgear­ beitet werden könnten. Daraus resultiere die Eigenschaft der Systemflexibilität.182 Obgleich eine begriffliche Kongruenz zwischen dem MOLINS SYSTEM 24 und dem flexi­ blen Fertigungssystem nach heutigem Verständnis nur andeutungsweise erkennbar ist, bringen die in frühen Anwenderberichten sowie die in der Patentschrift enthaltenen Be­ schreibungen zu Aufbau und Funktionsweise des innovativen Mehrmaschinensystems deutliche Ähnlichkeiten zutage, so daß das MOLINS SYSTEM 24 berechtigterweise als Ur­ oder Vorläufer-FFS bezeichnet werden kann.183 Trotz anfänglicher Erfolge führte die 179

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„Die Spannstationen sind so ausgelegt, daß die hierfür vorgesehenen Frauen jede Hilfe für die Befestigung der Werkstücke auf den Paletten bekommen. Es ist eine Arbeit für Ange­ lernte, die aber einwandfrei ausgeführt werden muß. Die Stationen wurden daher dem Men­ schen angepaßt und narrensicher gestaltet.“ Williamson 1967, S. 431. Vgl. Williamson 1968, S. 42. Nachfolgender Auszug gibt den wörtlichen Text der Zusammenfassung wieder: „A system comprising a plurality of complementary numerically controlled machine tools which in dif­ ferent workpieces are each subjected to appropriate selected machining operations on se­ lected machine tools in a selected order by appropriate delivery of common form pallets loaded with the workpieces. Transporters deliver pallets between the machine tools, a stora­ ge rack, and work-setting stations where workpieces, automatically delivered in bins from a bin store, are loaded on pallets. Tool magazines are delivered between a rack and the ma­ chine tools by transporter. Transport and machining operations are computer controlled, and monitors feed back signals indicative of location ofpallets, tool magazines, and bins in the system." United States Patent 4,369,563 vorn 25.01.1983 (Deckblatt). Vgl. United States Patent 4,369,563 vorn 25.01.1983, p. 3. Auch Jones erachtet das Molins System 24 als den „(...) direct ancestor of the high-tech (...) Flexible Manufacturing Systems (FMS), (...).“ Jones 1997, p. 87.

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Nichterfüllung der ursprünglichen Zielsetzungen im kontinuierlichen Produktionseinsatz bereits zu Beginn der 70er Jahre zur Demontage des Fertigungssystems.184 Vermark­ tungsversuche von MOLINS fanden keine Resonanz.185 Überhaupt folgten in Großbritan­ nien während der 70er Jahre keine weiteren Systeminstallation.186 Ende der 60er Jahre entsteht dann auch das erste flexible Fertigungssystem in den Verei­ nigten Staaten.187 Das von der Sundstrand CORP, entwickelte FFS Omnicontrol wurde im Jahre 1969 bei INGERSOLL-RAND in ROANOKE (VA) montiert und ab 1972 in einem 24-Stunden-Betrieb gefahren.188 Zur Bearbeitung von Werkstücken für hydrauli­ sche Pumpen wurden sechs numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen eingesetzt. Auf diesem System konnte eine Gesamtzahl von 500 verschiedenen Teilen wahlfrei bis zu einem Kubikmeter Volumen gefertigt werden. Die Steuerung des Gesamtsystems er­ folgte mittels DNC. Eine materialflußtechnische Verkettung der Werkzeugmaschinen wurde via angetriebener Rollenbahn hergestellt. Drei Bediener und ein Systemführer wa­ ren in jeder Schicht anwesend. Das OMNICONTROL-FFS war zum Zeitpunkt der Durch­ führung dieser Erhebung noch im Routineeinsatz.

In der Bundesrepublik Deutschland wurde das erste flexible Fertigungssystem im Jahr 1971 in Betrieb genommen.189 Dieses bei der HEIDELBERGER DRUCKMASCHINEN AG installierte System bestand aus zehn Bohr-/Fräsmaschinen im DNC-Betrieb. Die system­ spezifische Produktionsaufgabe umspannte die Fertigung von prismatischen Gestell- und Gehäuseteilen für Druckmaschinen. Knapp 50 verschiedene Teile wurden in Losgrößen von 30 bis 150 Stück bearbeitet. Die systeminterne Werkzeugkapazität betrug 1.100 Werkzeuge. Als maschinenverbindende Fördertechnik kamen Rollenbahnen für den Pa­ lettentransport zum Einsatz. Aufgrund einer strategischen Neuausrichtung des Unter­ nehmens weg von komplexen Verkettungen mit wahlfreiem Werkstücktransport wurde dieses System vor einigen Jahren aufgelöst.

In Japan wird allgemein das Jahr 1972 als Zeitpunkt der FFS-Erstinstallation angege-

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189

Vgl. Greenwood 1988, p. 11. Siehe zu einem ersten Wirtschaftlichkeitsvergleich Wil­ liamson 1968, S. 42-43. Vgl. Jones 1997, p. 135. Vgl. Raju 1988, p. 8; Jones 1997, p. 192. Vgl. Kochan 1986a, p. 352. Siehe darüber hinaus zu Frühinstallationen vor allem in der amerikanischen Luftfahrtindustrie Tchijov 1989b, pp. 6-7. Vgl. dazu und zur folgenden Systembeschreibung Shifo 1986, p. 376; Ayres/Ranta 1989, p. 416. Siehe zu diesem Ersteinsatz in den U. S. A. auch Jones 1997, p. 135. Andere Auto­ ren lokalisieren den amerikanischen Ersteinsatz bei anderen Anwendern. So beispielsweise Tala vage und Hannam, die das FFS bei Allis Chalmers Corp, in Milwaukee (WI) als erste Systemanwendung in den Vereinigten Staaten beschreiben. Vgl. Talavage/Hannam 1988, pp. 49-52. Laut den Ergebnissen der eigenen Recherche wurde das dort geschilderte FFS jedoch zwischen den Jahren 1972 und 1974 implementiert. Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 76; Raju 1988, p. 5.

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ben.190 Das bei der Yanmar DIESEL Co. montierte System bestand aus 5 integrierten Bohr- und Fräsmaschinen, die ca. 50 verschiedene Zylinderkopftypen für das Diesel­ motorenprogramm des Unternehmens in Losgrößen zwischen 10 und 1.000 Stück bear­ beiteten. Das über Rollenbahnen verknüpfte Maschinensystem wurde DNC-fähig konzi­ piert. Sechs Bediener gewährleisteten den Systembetrieb. Zu Beginn der 70er Jahre folgten Erstinstallationen auch in anderen Ländern. Hierzu zählten vor allem die ehemaligen Ostblockstaaten.191 So wird das Jahr 1971 als Datum der Erstanwendung eines FFS in der früheren DDR angegeben.192 Auf der in Moskau veranstalteten Industrieausstellung Stanki-72 wurde mit dem Typ FMS-AY1 das erste sowjetische flexible Fertigungssystem vorgestellt und anschließend in den industriellen Produktionseinsatz überfuhrt.193 Im Jahr 1974 wurde das erste FFS in der früheren CSSR in Betrieb genommen.194

Erst Ende der 70er Jahre lassen sich erste Systeminstallationen in anderen Ländern Westeuropas festhalten, zu denen vor allem Schweden, Belgien, Italien und Frankreich zählten.195 International zeichnet sich die Dekade bis 1980 durch eine niedrige Adoptionsrate aus.196 Die allgemeine Systemphilosophie in dieser Zeitspanne sah in großen FFS mit mehr als fünf integrierten Werkzeugmaschinen das Potential zur Verwirklichung einer mannlosen Fertigung.197 Hohe Investitionskosten in komplexe Systemarchitekturen und ein relativ geringes sowie unstandardisiertes Marktangebot seitens der Hersteller von Werkzeugmaschinen verzögerten die Diffusion auf internationaler Ebene.198 Darüber hinaus zeichneten sich die frühen Systemanwendungen durch ein begrenztes Teilespek­ trum, eine relativ eingeschränkte Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Werkstück­ spektren sowie technisch unterentwickelte Systemkomponenten, insbesondere im Be­ reich der Rechnersteuerung und Entstörung, aus.199 Schließlich lassen die Anbieter dieser innovativen Fertigungstechnik in jener Frühphase der industriellen Anwendung zielorientierte Konzepte einer Vermarktung vermissen, die für die erfolgreiche Plazie-

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Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 78; Raju 1988, p. 6; Sata 1993, p. 45. Siehe zu weiteren Frühanwendungen in Japan Tchijov/Sheinin 1988, p. 4. Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 9; UNECE 1986, p. 23. Vgl. Raju 1988, p. 10; Tchijov/Sheinin 1988, p. 4. Vgl. Raju 1988, p. 9. Vgl. Raju 1988, p. 12-13. Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 9. Vgl. Raju 1988, p. 5; Hammer 1993, p. 98. Vgl. Fix-Sterz/Lay/Schultz-Wild 1986, S. 371. Siehe zu hohen Investitionskosten als Barriere der Verbreitung flexibler Fertigungssysteme speziell in Deutschland z. B. Dey/Möller 1984, S. 465, sowie allgemein Tidd 1991, p. 39. Vgl. Greenwood 1988, pp. 11-12; Jones 1997, p. 135.

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rung einer derartigen Technologiedruck-Innovation erforderlich gewesen wären.200

Lediglich in Japan bahnte sich eine gegenläufige Entwicklung an. Mit dem Jahr 1974 läßt sich dort eine überproportional ansteigende Implementierungszahl flexibler Ferti­ gungssysteme registrieren.201 Allgemein konnten japanische Werkzeugmaschinenher­ steller auf eine vergleichsweise große Erfahrungsbasis in der Konstruktion numerisch gesteuerter Fertigungstechnik zurückgreifen. Zudem akzeptierten japanische Industrienuntemehmen vergleichsweise früh die rechnerintegrierte Fertigungstechnik als festen Bestandteil des Produktionsapparates. Außerdem manifestierte sich in jenem Zeitraum eine »nationale Strategie des FFS-Commitment‘, dessen Keminhalte sich wie folgt wie­ dergeben lassen:

• •



erfahrungsbasiertes Lernen mit rechnerintegrierter Fertigungstechnik; untemehmensinteme Eigenentwicklung anstelle einer von externen Lieferanten be­ zogenen „turnkey1 ‘-Lösung; Aufbau und Betrieb von „showcase“-Systernen durch die Werkzeugmaschinenher­ steller.

Außerdem wurde im Jahr 1977 das Förderprojekt MUM (Method for Unmanned MANUFACTURE) durch das MITI mit der Zielsetzung einer Entwicklung unbemannter flexibler Fertigungssysteme für Teilefertigung und Montage initiiert.202 Im internatio­ nalen Vergleich handelte es sich hierbei um das erste öffentlich geforderte Projekt für flexible Fertigungssysteme.

2.4.2 Diffusionsboom im Kontext einer CIM-Euphorie der 80er Jahre Anfang der 80er Jahre kann ein sprunghafter Anstieg der FFS-Verbreitungszahlen ver­ zeichnet werden.202 Die höchsten Zuwachsraten entfallen auf den Zeitraum zwischen 1985 und 1987.

200

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Vgl. Jones 1997, p. 135. Siehe zum Technologiedruck-Charakter flexibler Fertigungssyste­ me Ranta/Tchijov 1990, p. 170. Auch Handfield und Pagell betrachten FFS als typi­ sches Beispiel einer „technology-push“-Innovation, die im Vergleich zur MarktsogInnovation allgemein eine geringere Verbreitungsgeschwindigkeit erwarten läßt. Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 246. Vgl. dazu sowie zu den nachfolgenden Erläuterungen ISI/IAB/IWF 1982, S. 9; Hollingum 1986b, pp. 356-358; UNECE 1986, p. 29; Yamashina/Okamura/Matsumoto 1986, pp. 406-407 und p. 409; Tchijov 1989b, pp. 2-3; Maleki 1991, p. 43. Sata spricht in die­ sem Zusammenhang von einem ersten FFS-Boom in Japan. Vgl. Sata 1993, pp. 45-46. Vgl. Raju 1988, p. 6. Vgl. auch Tchijov 1989b, pp. 1-2.

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Zu den Ursachen zählte vor allem das Marktangebot kleinerer und standardisierter Sy­ stemlösungen mit zwei bis vier integrierten Werkzeugmaschinen durch eine wachsende Zahl von Werkzeugmaschinenhersteller.204 Aus der Anwenderperspektive eröffnete die­ ses Angebot relativ kostengünstiger Systeme auch den FFS-Einstieg für kleinere und mittlere Unternehmen 205

Zudem kann das gestiegene Interesse an flexiblen Fertigungssystemen durch die allge­ meine CIM-Euphorie dieser Zeit erklärt werden. Mit einer durchgängigen Automatisie­ rung der Produktionsprozesse und der unternehmens weiten Vernetzung von Informati­ onsflüssen war die Hoffnung auf eine automatisierte Fabrik verbunden, in welcher der Mensch als kostenverursachender Störfaktor eliminiert werden könnte. „Automate or li­ quidate" drückt als Leitvorstellung die damalige CIM-Euphorie vieler Industrieunter­ nehmen aus.206 Die Ausschöpfung von Kostensenkungspotentialen durch weitgehende Fabrikautomatisierung mit dem ,wünschenswerten4 Effekt eines Personalabbaus wurde in den meisten Industrienationen als einziges Mittel für die Erlangung internationaler Wettbewerbsfähigkeit angesehen, da direkte Lohnsenkungen nicht durchsetzbar wa­ ren207 Flexible Fertigungssysteme wurden als notwendige Bedingung zur Realisierung des Ideals einer solchen menschenleeren CIM-Fabrik betrachtet.208 In künftigen FFS könnten alle bislang manuell unterstützten Tätigkeiten automatisiert erfolgen, und zwar auch die Funktionen der Planung, Steuerung und Kontrolle sämtlicher Bearbeitungspro­ zesse sowie schließlich die Störungserkennung und -behebung 209 Dieses Automatisie­ rungsstreben nach Realisierung eines unbemannten Systembetriebs, vorzugsweise über eine Schicht hinweg, charakterisiert auch die Motivation eines anhaltenden FFS-Booms in Japan zu Beginn der 80er Jahre.210 Als weitere Ursache für die zunehmende FFS-Verbreitung auf internationaler Ebene können staatliche Förderprogramme und das damit eröffnete Kooperationspotential an­ gesehen werden.211 Zumeist initiiert mit der Zielvorstellung der Erhaltung sowie Steige­ rung der Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen gegenüber ausländischer Kon­ 204

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211

Vgl. d’Iribarne/Lutz 1984, p. 127; Schulz 1986, S. 91; Greenwood 1988, p. 5; Bessant 1991, p. 96 und p. 100; Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 53. Siehe speziell zu innovativen und modulartigen Standardlösungen europäischer FFS-Anbieter Kochan 1988d. Im übrigen war bereits die Konfiguration des Molins System 24 nach einem Baukastensystem ausge­ legt, um die künftige Erweiterung auf eine ,beliebige4 Anzahl von Maschinen zu gewährlei­ sten. Vgl. Williamson 1967, S. 431. Vgl. Tchijov 1989c, p. 8. Vgl. Maleki 1991, p. 7; Tidd 1991, p. 1. Siehe dazu für die Bundesrepublik Deutschland Dey/Möller 1984, S. 465. Vgl. dazu beispielsweise Goldhar/Jelinek 1985, p. 96; Gupta 1988, p. 265; Fry/Smith 1989, p. 288; Bullinger/Fremerey/Fuhrberg-Baumann 1995, pp. 16-17. Vgl. Raju 1988, p. 13. Vgl. Sata 1993, pp. 46-47. Japan behält auch in den 90er Jahren seine FFS-Vorreiterrolle. Vgl. dazu Kusiak 1995, p. 141. Vgl. zu einem Überblick UNECE 1986, pp. 137-163.

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kurrenz, beinhalteten diese Programme in der Regel subventionierte Modemisierungsinvestitionen in die als zukunftsweisend eingeschätzte Fertigungstechnik des FFS. So wurde in Großbritannien im Jahr 1982 das Programm APPLICATION OF COMPUTERS Manufacturing Engineering (ACME) durch eine Initative des Science and Engineering Research Council (SERC) mit der Absicht ins Leben gerufen, die Ko­ operation zwischen privatwirtschaftlichen Industrienuntemehmen und öffentlichen For­ schungsinstitutionen im Bereich der flexiblen Automatisierung zu fördern.212 Darüber hinaus führten die durch das Department of Industry and Trade (DTI) gewährten Subventionen in Höhe von 25% bis 50% der Implementierungskosten zu einer Revitali­ sierung des Interesses an flexiblen Fertigungssystemen in Großbritannien, welches durch mindestens 33 realisierte FFS-Projekte im Zeitraum zwischen 1982 und 1984 zum Aus­ druck kommt213 Die mit dem Ziel des Anschlusses der produzierenden Industrie Groß­ britanniens an den internationalen Wettbewerb gewährten Subventionen wurden 1985 durch die Regierung eingestellt. to

In Schweden erfolgte die öffentliche Förderung der Einführung flexibler Fertigungssy­ steme in Form einer Kooperation zwischen Industrieunternehmen, dem schwedischen Verband des metallverarbeitenden Gewerbes, des Royal INSTITUTE OF TECHNOLOGY sowie des Swedish Institute of Production Engineers 214 Im Gegensatz zu den ja­ panischen und amerikanischen Bemühungen, die sich ausschließlich auf eine Umsetzung mannloser Produktionsstrukturen ausrichteten, wurde in Schweden mit der Fabrik be­ grenzter Bemannung (PBB - PRODUKTION MED Begransad Bemanning) eine andere Entwicklungsphilosophie verfolgt215 Dieser FFS-Haltung lag die realistische Einschät­ zung zugrunde, eine vollständig mannlos betriebene Fertigung sei auch in der Zukunft nicht umsetzbar. Da menschliche Arbeitsleistungen auch weiterhin Bestandteil der Pro­ duktionsabläufe auf Werkstattebene bilden würden, müsse ein qualifiziertes Personalsy­ stem in einem humanen Arbeitsumfeld effizient mit den automatisierten Techniksyste­ men interagieren. Auch Einzelprojekte in der Bundesrepublik wurden in jener Zeit verstärkt gefördert. So beispielsweise das mit Mitteln des BMFT (BUNDESMINISTERIUM FÜR FORSCHUNG UND TECHNOLOGIE) unterstützte FFS-Vorhaben eines Herstellers für Schaltgetriebe 216 Eine 212 213

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216

Vgl. Raju 1988, p. 8. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1985b, p. 146; Parkinson/Avlonitis 1986, p. 248; Raju 1988, p. 8; Maleki 1991, p. 43; Jones 1997, pp. 190-196. Ein konkretes Beispiel für die Bedeutung der staatlichen Subvention als Anreiz für eine Investitionsentscheidung zugun­ sten der Technikaltemative FFS findet sich in o. V. [The FMS Magazine] 1984, p. 89. Nur mit Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 33% der Investitionskosten durch das DTI konnte das flexible Fertigungssystem eines britischen Herstellers von Dichtungen für Schiffswellen realisiert werden. Vgl. Raju 1988, p. 12. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1982c, p. 52; Gardner 1984, p. 53; Haywood/Bessant 1988, p. 32; Raju 1988, p. 12. Vgl. KfK-PFT 1988.

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staatliche Förderung der Entwicklung flexibler Fertigungssysteme führte auch in den Vereinigten Staaten zu höheren Implementierungszahlen.217 In der ehemaligen Sowjet­ union wurde Mitte der 80er Jahre das USSR National RESEARCH PROGRAM mit dem Ziel initiiert, die Industriebetriebe des Landes auf eine vollständig unbemannte Produk­ tion der Zukunft vorzubereiten 218 Vergleichbare Förderprogramme sollten auch in an­ deren Ländern des ehemaligen Ostblocks die weitreichende Verbreitung flexibler Ferti­ gungssysteme und damit eine rechnerintegrierte und automatisierte Fabrik der Zukunft herbeifuhren.219

Zur Verdeutlichung des exponentiellen FFS-Durchdringungsgrades der mechanischen Fertigung von Industriebetrieben im Zeitraum von 1980 bis 1989 werden die nachfol­ genden Ausführungen herangezogen, die zunächst länder- und regionenspezifisch einen Eindruck über die Verbreitungszahlen vermitteln und durch Angaben über die weltweite Verbreitung ergänzt werden.

Im Jahr 1985 wurden in Großbritannien 22 im Produktionseinsatz befindliche FFSInstallationen registriert220 Abweichend von dieser Einsatzzahl wird an anderer Stelle eine Summe von 33 realisierten flexiblen Fertigungssystemen angegeben, die in einer Untersuchung der britischen Beratungsgesellschaft FROST & SULLIVAN Mitte 1984 lo­ kalisiert werden konnten.221 Diese erste umfassende für den Erhebungsraum WestEuropa von FROST & Sullivan durchgeführte Bestandsaufnahme enthielt auch einen Entwicklungsausblick für den Zeitraum zwischen 1985 bis 1990 222 Darin wurde für das Jahr 1990 eine Gesamtverbreitungszahl von 45 bis 50 Systemen in Großbritannien pro­ gnostiziert. Im einzelnen konnten um die Jahresmitte 1984 knapp 120 FFS-Projekte in ausgewählten europäischen Staaten identifiziert werden, die sich teils im Produktionsbe­ trieb, teils in der Installations- und Inbetriebnahmephase und teils in der Planung befan­ den. Mit 35 Projekten nahm die Bundesrepublik Deutschland die quantitative Vorreiter­ rolle ein, gefolgt von Großbritannien mit 33, Italien mit 25 sowie Frankreich mit 20 Systemen. Hinzugerechnet wurden schließlich vereinzelte Projektbeispiele in Belgien, den Niederlanden und Schweden. Das Wachstum der Investitionsausgaben für flexible Fertigungssysteme in Europa wurde bis 1990 mit 40% bis 50% pro Jahr vorhergesagt. In einer Nachfolgestudie von Frost & SULLIVAN aus dem Jahr 1987 wurde diese optimisti­ sche Wachstumsprognose für den Zeitraum von 1987 bis 1991 bereits auf 33% bis 35% 217 218 219 220

221 222

Vgl. Raju 1988, p. 4. Vgl. Raju 1988, p. 9. Vgl. zu einem Überblick staatlicher Förderprogramme in den ehemaligen Ostblockstaaten Kozar 1989, pp. 25-26. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1985b, p. 146. Der Ersteinsatz nach Demontage des Molins System 24 erfolgte 1981 bei Normalair-Garrett Ltd. in Crewkerne zur Bear­ beitung von Komponenten des TORNADO-Jagdflugzeugs. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1982b. Vgl. Little 1986, p. 440. Vgl. dazu sowie zu den anschließenden Ausführungen Kochan 1985a, pp. 42-43; Little 1986, p. 445.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

81

nach unten korrigiert. Die Beratungsgesellschaft registrierte in Westeuropa eine FFSEntwicklung, die vergleichbar mit der Entwicklung in den Vereinigten Staaten war, je­ doch zögerlicher verlief als die in Japan. Ferner wurde die Bundesrepublik Deutschland als der am stärksten wachsende FFS-Markt ermittelt, während Großbritannien die nied­ rigste Wachstumsrate verzeichnete.223 Offensichtlich führte die ab 1985 eingestellte Subvention britischer FFS-Interessenten zu der im westeuropäischen Vergleich gering­ sten Zuwachsrate. Festzuhalten bleibt, daß auch die korrigierten Prognosen eines anstei­ genden Durchdringungsgrades westeuropäischer Unternehmen nicht realisiert wurden. Fix-Sterz, Lay und Schultz-Wild haben in einer 1985 durchgeführten Untersuchung über den Stand des FFS-Einsatzes in der Bundesrepublik Deutschland 83 Systeme auf der Basis von Herstellerreferenzen und eines Literaturstudiums lokalisieren können.224

Speziell in Italien konnte für das Jahr 1984 eine Gesamtzahl von 12 installierten und im Fertigungseinsatz befindlichen FFS festgestellt werden. Diese Zahl realisierter Anwen­ dungsfälle hat sich dann auf 17 Systeme im Jahr 1986 und 25 Systeme im Jahr 1988 er­ höht225

In den Ländern Skandinaviens nehmen beim Einsatz flexibler Fertigungssysteme Finn­ land und Schweden die Vorreiterposition ein. Allgemein wird die Erstinstallation eines flexiblen Fertigungssystems in einem finnischen Unternehmen auf das Jahr 1982 datiert. Zwischen 1982 und 1989 wurde dann ein vergleichsweise stetiges Wachstum der FFSVerbreitung in Finnland registriert, das am Ende der 80er Jahre zu einer Gesamtpopula­ tion von 17 Systemen führte.226 In diesen Bestandsdaten enthalten waren auch die in Finnland installierten Systeme für Forschungs- und Schulungszwecke. Das durchgängige Fehlen von Großsystemen mit einem hohen Jahresproduktionsvolumen kennzeichnete dabei die typische Konfiguration finnischer FFS im betrachteten Zeitraum. Eine stärkere Verbreitung flexibler Fertigungssysteme läßt sich für Schweden angeben. Hier erfaßten Bessant und Haywood im Rahmen ihrer vergleichenden Untersuchung zwischen briti­ schen und schwedischen FFS-Betrieben eine Summe von 13 Unternehmen, die ca. 65% aller schwedischen Anwender im Jahr 1987 repräsentierten.227 Bei einigen der betrach­ teten Unternehmen handelte es sich um Mehrfachanwender. Zum Beispiel setzte ein schwedisches Unternehmen der Automobilindustrie innerhalb der mechanischen Ferti­ gung 15 flexible Fertigungssysteme ein. In den Vereinigten Staaten war 1981 laut Angaben des National Research Council eine Anzahl von 25 flexiblen Fertigungssystemen implementiert.228 In einer 1984 durch­ 223 224 225

226 227 228

Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1988a, pp. 43-44. Vgl. Fix-Sterz/Lay/Schultz-Wild 1986, S. 369. Vgl. Gros-Pietro/Rolfo 1989, pp. 496-497. Siehe zur Verbreitung flexibler Fertigungssy­ steme in Italien auch Cainarca et al. 1989. Diese Autoren betonen den Schwerpunkteinsatz flexibler Fertigungssysteme in italienischen Großunternehmen. Vgl. Tuokko 1986, p. 386; Ollus/Mieskonen 1989, pp. 363-364. Vgl. Haywood/Bessant 1988, p. 32. Vgl. Jablonowski 1986, p. 326; Kochan 1986a, p. 352.

82

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

geführten Untersuchung konnte dann mit 35 Systemlösungen über die Hälfte des FFSBestandes erfaßt werden.229 Eine andere Studie ermittelte für das Jahr 1985 einen Ge­ samtbestand von ca. 100 Systemen und prognostizierte einen , explodierenden4 Markt für flexible Fertigungssysteme mit jährlichen Wachstumsraten von 43%, so daß für das Jahr 1990 eine Verbreitungszahl von 815 Systemen errechnet werden konnte 230 Dieses op­ timistische Verbreitungsszenario ist ebensowenig eingetreten wie die Prognose einer von FROST & Sullivan im Jahre 1987 angefertigten Studie des amerikanischen Marktes für flexible Fertigungssysteme, die im Zeitraum zwischen 1987 und 1992 einen Anstieg der jährlichen Investitionsausgaben von durchschnittlich 27% ermittelte.231 Der FFSOptimismus stützte sich vor allem auf das folgende Zukunftsbild: 1. 2. 3. 4.

kommerzielle Verfügbarkeit zuverlässiger Komponententechnik; veränderte Markterfordernisse in Form einer Nachfrage nach Produktvarianten; Bewußtsein über eine strategische Bedeutung des Produktionsbereichs; das FFS als kosteneffizientes Mittel der Kapazitätserweiterung.

Eine Ernüchterung bezüglich der Omnipotenz flexibler Fertigungssysteme deutete sich in den Vereinigten Staaten bereits 1988 mit einer rückläufigen Marktnachfrage an.232 Einzelne Untersuchungen, die für eine Beschreibung der Diffusionsentwicklung aus­ schließlich japanischer FFS-Anwender herangezogen werden können, sind vergleichs­ weise selten. Anhaltspunkte für den Verbreitungsstand flexibler Fertigungssysteme in Japan finden sich allerdings in der vergleichenden Untersuchung von Jaikumar. Die darin betrachteten 60 FFS repräsentierten 1984 über 50% der japanischen Gesamtpopu­ lation.233

Die Verbreitungsgeschwindigkeit flexibler Fertigungssysteme in den Staaten des ehe­ maligen Ostblocks ist mit dem Diffusionsmuster in den westlichen Industrieländern ver­ gleichbar.234 Unabhängig vom politischen System der jeweiligen Einsatzregion stand in den 80er Jahren auch im ehemaligen Ostblock die Lösung des Problems einer wirt­ schaftlichen Fertigung im Vordergrund des Interesses an flexiblen Fertigungssystemen. So wurden im Jahr 1987 beispielsweise 60 installierte FFS in der damaligen DDR ge­ zählt.235

229 230 231 232 233 234 235

Vgl. Jaikumar 1986, p. 69. Vgl. Kochan 1986b. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1988b, p. 196. Vgl. Kochan 1988e. Vgl. Jaikumar 1986, p. 69. Vgl. Raju 1988, p. 3. Vgl. Lewald 1987, p. 78. Siehe zu einem ähnlich hohen FFS-Verbreitungsgrad in der ehe­ maligen DDR Mitte der 80er Jahre Ulrich 1986, S. 763. Dieser Quelle zufolge waren 80 flexible Fertigungssysteme im Einsatz, wovon 27 FFS mehr als vier Werkzeugmaschinen integrierten. Darüber hinaus findet sich ein Überblick über den Entwicklungsstand flexibler Fertigungssysteme in der ehemaligen DDR in Gottschalk 1986.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

83

Auf globaler Ebene wurde die Einsatzzahl flexibler Fertigungssysteme im Jahr 1981 auf eine Gesamtsumme von 115 FFS beziffert, davon 25 in den Vereinigten Staaten, je 25 Systeme in Ost- und Westeuropa sowie 40 FFS in Japan.236 Ebel schätzte den weltwei­ ten Stand der Verbreitung im Jahr 1985 auf ca. 200 FFS.237 Auf eine ähnlich hohe Zahl, nämlich 206 flexible Fertigungssysteme, verweisen Handfield und Pagell als Ausmaß der Diffusion im Jahr 1985 238 In einer Untersuchung von DARROW für das amerikani­ sche National Bureau of Standards konnten im gleichen Jahr dagegen 258 flexible Fertigungssysteme identifiziert werden. Eine geographische Differenzierung ergab die folgende Verteilung:239

• • • •

Osteuropa..................................................... 23 Japan............................................................ 59 Vereinigte Staaten ..................................... 64 Westeuropa............................................. 107

FFS; FFS; FFS; FFS.

Als weltweiten Verbreitungsstand des Jahres 1986 ermittelte Raju bereits eine Zahl von 370 flexiblen Fertigungssystemen, die sich im einzelnen auf die nachstehenden Länder und Regionen aufgliederten:240

• • • • • • • • • • •

Vereinigte Staaten ..................................... 70 Japan...........................................................70 Bundesrepublik Deutschland.....................30 Großbritannien........................................... 30 Frankreich.................................................. 25 Italien..........................................................25 Schweden....................................................... 8 andere Länder Westeuropas.......................... 6 UdSSR........................................................60 DDR............................................................20 andere Länder Osteuropas ......................... 26

FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS.

Eine zusammenfassende Darstellung der weltweiten Einsatzzahlen flexibler Fertigungs­ systeme zwischen 1980 und 1987 - ohne ehemalige Ostblockstaaten - und das darin zum Ausdruck kommende exponentielle Wachstum der Verbreitung gibt die nachste­ hende Tabelle wieder (vgl. Tab. 2-3).

236 237 238 239

240

Vgl. Kochan 1986a, p. 352. Vgl. Ebel 1985, p. 137. Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 245. Vgl. Darrow 1987, p. 88. Fünf weitere flexible Fertigungssysteme, vier davon in Taiwan und ein System in Südkorea, wurden zwar lokalisiert, jedoch nicht in die weitere Untersu­ chung einbezogen. Vgl. Raju 1988, p. 14.

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

84

Globaler FFS-Bestand zwischen 1980 und 1987 Anzahl der Systeminstallationen Land bzw. Region

1987

1985

1980 10

35

74

Keine Angaben

25

Keine Angaben

Frankreich

2

17

48

Schweden

8

11

20

Großbritannien

3

9

Keine Angaben

Andere westeuropäische Staaten

2

25

Keine Angaben

Japan

28

100

254

Vereinigte Staaten

15

47

81

Gesamt

68

269

>500

Bundesrepublik Deutschland Italien

Tab. 2-3:

Globaler FFS-Bestand zwischen 1980 und 1987; Quelle: TIDD 1991, p. 40

Die bislang umfassendste international ausgerichtete Untersuchung initiierte das IIASA mit den Zielen einer globalen Bestandsaufnahme sowie einer Einsatzanalyse flexibler Fertigungssysteme.241 Ausgehend von dem 1986 veröffentlichten Untersuchungsbericht der United Nations Economic Commission for Europe wurden auf der Basis von technischer Fachliteratur, Untersuchungsberichten und Informationen von Forschungsin­ stitutionen Einsatzdaten flexibler Fertigungssysteme gesammelt, die in drei Hauptver­ sionen einer FMS WORLD Data Bank gespeichert wurden.242 In der 1987 fertigge­ stellten ersten Version wurde ein FFS-Bestand von 227 Systemen ermittelt.243 Die zweite, aus dem Jahr 1988 stammende Version, enthielt bereits Informationen über knapp 400 FFS 244 Eine dritte Version (3.1) aus dem Jahr 1989 konstatierte dann eine Gesamtverbreitung von 758 flexiblen Fertigungssystemen in 26 Nationen. Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die länderbezogene Verteilung der durch das IIASA erfaßten Systeme (vgl. Tab. 2-4). Darin enthalten ist auch eine spätere und letzte Version 3.2.

241 242

243 244

Vgl. Tchijov 1989a, pp. 1-3. Diese Datenbank enthielt allgemeine Anwenderdaten, Angaben zur technischen System­ komplexität, Betriebsdaten sowie Informationen über die relative Vorteilhaftigkeit des FFS. Vgl. Sheinin/Tchijov 1987, pp. 4-6; Tchijov/Sheinin 1988, pp. 2-3. Vgl. Sheinin/Tchijov 1987, p. 6. Vgl. Tchijov/Sheinin 1988, p. 1.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

85

Globaler FFS-Bestand zwischen 1988 und 1989

i

FFS-Zahl

FFS-Zahl 88

Land

88

89

89

3.1

3.2

89

89

3.1

3.2

73

165

167

8

8

8

1

1

1

0

5

5

Land

Österreich

3

4

6 Japan

Belgien

3

6

6 Niederlande

Bulgarien

3

14

Kanada

3

3

20

23

23 Rumänien

0

1

1

9

13

12 Südkorea

0

2

2

Frankreich

48

66

67 Spanien

0

2

2

Bundesrepublik Deutschland

25

74

74 Schweden

17

35

36

DDR

12

23

28 Schweiz

4

6

6

Ungarn

0

7

7 Taiwan

0

5

5

Irland

0

1

1 Großbritannien

67

93

93

Israel

0

1

1 Vereinigte Staaten

83

135

137

Italien

15

37

0

28

56

CSSR

Finnland

Gesamt

Tab. 2-4:

15 Norwegen 3 Polen

37 UdSSR

394 758 799

Globaler FFS-Bestand zwischen 1988 und 1989; Quelle: Tchijov 1989a, p. 9; Tchijov 1989b, p. 2

Anhand dieser Verbreitungszahlen ist deutlich erkennbar, daß der FFS-Einsatz am Ende der 80er Jahre ein Phänomen der Industrienationen darstellte. In der dritten Version (3.1) der Datenbank nahmen Japan mit einem Diffusionsanteil von 21,8% sowie die Verei­ nigten Staaten mit einem Anteil von 17,8% aller erfaßten Systeme die Vorreiterpositio­ nen ein, gefolgt von den europäischen Wirtschaftsmächten Frankreich, (West-) Deutschland und Großbritannien mit Anteilen zwischen 9% und 12%. Italien und Schweden sowie die ehemaligen Ostblockstaaten der UdSSR, CS SR und DDR bildeten die nächste Ländergruppe mit einem jeweiligen Anteil zwischen 3% und 5% an der FFSWeltpopulation. In den übrigen Nationen wurden dagegen nur ca. 10% der erfaßten FFS

86

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

eingesetzt. Nähere Analysen des IIASA ergaben eine signifikant positive Korrelation zwischen der FFS-Einsatzzahl und dem Bruttosozialprodukt des jeweiligen Landes.245 Aus dem vorangestellten Überblick der Verbreitungszahlen flexibler Fertigungssy­ steme für die Dekade der 80er Jahre kristallisieren sich die folgenden, für die eigene empirische Untersuchung als relevant erachteten Problembereiche heraus:

1. Es handelt sich bei flexiblen Fertigungssystemen offenbar nicht um ein ,Mas­ senphänomen4 der industriellen Fertigung. Dies deuten bereits die niedrigen Ein­ satzzahlen in den 80er Jahren an. Die Erzielung einer hohen Auswertungsge­ samtheit kann sich daher als schwierig erweisen. 2. Eine exakte Spezifizierung der Weltpopulation flexibler Fertigungssysteme - die Grundgesamtheit - wird nicht möglicht sein. Dies legen die divergierenden Be­ standszahlen der oben zitierten Studien nahe. Die aus anderen Untersuchungen extrahierten Schätzwerte einer FFS-Weltpopulation müssen deshalb durch eine eigene Hochrechnung ergänzt werden, um eine annähernd genaue Grundgesamt­ heit angeben zu können. 3. Als wesentliche Ursache für diese Bestandsdivergenzen wird die Problematik der variierenden Definition betrachtet.246 Unterschiedliche Begriffsabgrenzungen erweitern oder verengen den Gesamtbestand der erfaßten FFS.247 Defizitär wirkt auch die begriffliche Intransparenz einiger Untersuchungen. Dort unterbleibt ei­ ne konkretisierende Begriffsklärung. Internationale Vergleiche durch Heranzie­ hen verschiedener Studien sind somit nur eingeschränkt möglich. Dies gilt auch für den weiteren Verlauf der eigenen Untersuchung.

Für die vorliegende Arbeit steht bei der Analyse des Verbreitungsmusters und der Ver­ breitungszahlen das Ziel im Vordergrund, eine Vorstellung über den aktuellen Gesamt­ bestand dieser Fertigungstechnik zu generieren. Deshalb wird im folgenden Schritt zu­ nächst die FFS-Entwicklung in den 90er Jahren aufgezeigt.

2.4.3 Stagnation in den 90er Jahren und Weiterentwicklungen Die Nachfragesituation nach flexiblen Fertigungssystemen ist Mitte der 90er Jahre im Vergleich zur Boomphase der 80er gering und es deuten keine Anzeichen auf eine deut­ liche Erhöhung der Unternehmen mit Adoptionsabsicht bis zum Jahr 2000 hin 248 Eine 245 246 247

248

Vgl. Tchijov 1989a, pp. 10-11. Vgl. auch UNECE 1986, p. 23; Tidd 1991, p. 39. Die weiteste Ausdehnung des Gesamtbestandes resultiert bei Zugrundelegung einer „cut-off definition“, die als Minimalausprägung zwei CNC-Werkzeugmaschinen mit automatisierter Handhabung und gemeinsamer Rechnersteuerung umfaßt. Vgl. Bessant 1991, p. 96. Vgl. Binder 1992, S. 352; Martel 1993, S. 441; Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 53; Breit/Kubin/Munz 1995, S. 27; Handfield/Pagell 1995, p. 246; Sarshar 1995, p. 268; Jones 1997, p. 148.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

87

komparativ niedrigere Diffusionsrate ergibt sich aus dem Vergleich mit der Adoptions­ geschwindigkeit anderer Technikinnovationen, zu denen Industrieroboter, CADSysteme, automatisierte Webmaschinen oder numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen zählen.249 Die nachfolgenden Betrachtungen der Einsatzzahlen in den 90er Jahren ver­ mitteln einerseits eine Vorstellung über die Gesamtpopulation flexibler Fertigungssy­ steme, auch auf globaler Ebene, und verdeutlichen andererseits die verlangsamte Ver­ breitung dieser Fertigungstechnik.250

In bezug auf die weltweite Einsatzverbreitung flexibler Fertigungssysteme in den 90er Jahren herrschen im Vergleich zu den Veröffentlichungen aus den 80er Jahren vor allem jene Berichte vor, die Schätzwerte über eine Gesamtzahl beinhalten. Relativ exakte An­ gaben über den globalen Diffusionsstand, die beispielsweise aus großen Erhebungen oder Datenbanken extrahiert werden könnten, sind nicht bekannt. Auch die Studien, die sich regional begrenzt und branchenspezifisch mit der Verbreitung flexibler Fertigungs­ systeme beschäftigen, sind in der Fachliteratur seltener vertreten. Eine Ausnahme bildet beispielsweise die aus dem Jahr 1991 stammende Untersuchung des SONDERFORSCHUNGSBEREICHS 187 der RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM bei über 2.100 Betrieben im deutschen Maschinenbau, nach welcher insgesamt 109 Betriebe flexible Fertigungssy­ steme eingesetzt haben 251 Allerdings fehlen in dieser Studie Angaben über die genaue FFS-Anzahl im Falle der Mehrfachanwendung. Ähnlich verhält es sich mit einer Be­ standsaufnahme rechnergestützter Fertigungstechnik in ostdeutschen Betrieben nach der Wiedervereinigung.252 Aufgrund früherer Initiativen zur Förderung der Produktionsau­ tomatisierung durch Implementierung flexibler Fertigungssysteme und Industrieroboter konnte im Jahr 1992 ein Durchdringungsgrad ostdeutscher Betriebe ermittelt werden, der mit einem FFS-Anteil von 9% über dem westdeutscher Betriebe lag. Auch hier fehlen exakte Einsatzzahlen.

Im Zusammenhang mit der weltweiten Verbreitung flexibler Fertigungssysteme wird die Gesamtpopulation im Jahr 1992 auf ca. 1.200 Einsatzfälle geschätzt.253 Diesem nähe­ rungsweisen Diffusionswert steht mit knapp 400 installierten Systemen im Jahr 1992 ei­ ne von Kakati genannte Angabe entgegen und verdeutlicht nochmals das Streuungs­ ausmaß und die Ungenauigkeit der Verbreitungszahlen flexibler Fertigungssysteme.254 An anderer Stelle werden im Jahr 1993 weltweit knapp 1.000 Systemanwendungen ver­ mutet.255 Eine vergleichsweise hohe Zahl implementierter Systeme benennt KUIVANEN 249

250 251 252 253

254 255

Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 245. Siehe speziell zur schnelleren Verbreitung des Indu­ strieroboters in der Produktion Schraft 1996, Sp. 211-214. Als Indikator der verlangsamten Verbreitung flexibler Fertigungssysteme ist auch die rück­ läufige Zahl von Veröffentlichungen über Neuinstallationen zu interpretieren. Vgl. Hauptmanns/Saurwein/Dye 1992, S. 61. Vgl. dazu Lay u. a. 1994, S. 44. Vgl. Handfield/Pagell 1995, pp. 245-246. Siehe zu einem ähnlich hohen Schätzwert der globalen FFS-Verbreitung im Jahre 1992 Märtensson/Märtensson/Stahre 1993, p. 67. Vgl. Kakati 1992, p. 193. Vgl. Martel 1993, S. 441.

88

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

fur das Jahr 1996. Seinen Einschätzungen zufolge befinden sich mehr als 2.000 FFS im globalen Einsatz.256 Prognosen des IIASA am Anfang der 90er Jahre sagen für das Jahr 2000 eine Gesamtzahl von mehr als 3.000 weltweit installierten FFS vorher.257 Ähnlich prognostiziert auch Bessant mehrere Tausend Systemanwendungen für das Jahr 2000 258 Als Fazit dieses Überblicks läßt sich die zuvor bereits formulierte Problemsi­ tuation bestätigen: Exakte Zahlen über die internationale Verbreitung flexibler Ferti­ gungssysteme liegen nicht vor.

Auf der Basis der eingangs vereinbarten Arbeitsdefinition eines FFS konnten aus den eigenen Forschungsanstrengungen über die globale Diffusion flexibler Fertigungssyste­ me für das Jahr 1994 spezifische Angaben von 1.033 flexiblen Fertigungssystemen er­ mittelt werden, die nach Regionen und Ländern wie folgt zusammengefaßt sind. In Nord- und Südamerika nehmen die Vereinigten Staaten die Position des regiona­ len Hauptanwenders flexibler Fertigungssysteme ein. Von 239 lokalisierten FFS die­ ser Region entfallen 97,5% der Einsatzfälle auf die U. S. A (= 233 FFS). Weitere fünf Systeme konnten in Kanada ermittelt werden. Im südamerikanischen Raum bil­ det auf der Basis der eigenen Recherchen Brasilien das einzige Anwenderland. Bei dem FFS-einsetzenden Unternehmen handelt es sich um die brasilianische Produkti­ onsstätte eines amerikanischen Baumaschinenherstellers. Das flexible Fertigungssy­ stem stellt damit auch eine Form des grenzüberschreitenden Technologietransfers dar. In der Region Afrika, Asien und Ozeanien bildet Japan das primäre Einsatzland flexibler Fertigungssysteme. Insgesamt 86,1% der recherchierten Anwendungsfälle in dieser Region (= 130 FFS) entfielen auf japanische Anwenderuntemehmen. Eine Gesamtzahl von 9 flexiblen Fertigungssysteme konnte in Fertigungsbetrieben aus der Volksrepublik China lokalisiert werden,259 weitere 7 FFS wurden nach den ei­ genen Recherchen in Südkorea festgestellt.

Diese Einsatzzahlen flexibler Fertigungssysteme in den Regionen außerhalb Europas be­ stätigen den bereits zuvor gewonnenen Eindruck, es handele sich bei FFS um ein ferti­ gungstechnisches Phänomen der industrialisierten Länder.260 Zu den Hindernissen einer stärkeren Verbreitung flexibler Fertigungssysteme im ostasiatischen Raum - mit Aus­ nahme von Japan - zählt Ito vor allem gesamtwirtschaftliche sowie infrastruktureile Bedingungen.261 So erschweren beispielsweise die relativ niedrigen Lohnkosten in Ko­ rea eine betriebswirtschaftliche Rechtfertigung von Automatisierungsinvestitionen in 256 257 258 259

260 261

Vgl. Kuivanen 1996, p. 41. Vgl. Ranta/Tchijov 1990, p. 171. Vgl. Bessant 1991, p. 96. Vgl. zur einsetzenden FFS-Verbreitung in der Volksrepublik China als Ausdruck einer ko­ operativen Strategie aus staatlicher Förderung, einer Zusammenarbeit mit Universitäten und ausländischen Systemlieferanten sowie der Eigenentwicklung durch lokale Werkzeugma­ schinenhersteller Zhong-Xian 1989, p. 22. Siehe dazu auch Edquist/Jacobsson 1988, pp. 158-160 und p. 175; Ebel 1991, p. 643. Vgl. Ito 1993, p. 19.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

89

Form eines FFS.262 In anderen Ländern, so z. B. in der Volksrepublik China oder auf den Philippinen, sei aufgrund häufiger Störungen der Stromversorgung eine Investition in konventionelle Fertigungstechnik vorzuziehen. Schließlich fehle beispielsweise in Malaysia eine gut entwickelte Werkzeugmaschinenindustrie zur ausreichenden Unter­ stützung potentieller Anwender flexibler Fertigungssysteme. Die ermittelten Einsatzzahlen für Europa (= 643 FFS) ergeben, daß die Bundesrepu­ blik Deutschland mit 228 Systemen das Haupteinsatzgebiet darstellt (= 35,5%). Die­ ser Wert enthält auch die FFS aus der ehemaligen DDR, sofern die einsetzenden Unternehmen zum Zeitpunkt der Recherche noch existierten. In Bulgarien, Polen, Russland, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn konnte eine Gesamt­ zahl von 26 Systemen ermittelt werden. Zu den bedeutenden europäischen Ländern, in denen Unternehmen flexible Fertigungssysteme einsetzen, zählen Großbritannien (= 97 FFS), Italien (= 58 FFS), Schweden (= 57 FFS), Frankreich (= 44 FFS), Finn­ land (= 42 FFS) sowie Österreich (= 34 FFS). Weiterhin konnten aus den eigenen Recherchen die folgenden Angaben über länderspezifische FFS-Populationen ge­ wonnen werden:

• • • • • •

Schweiz ................................................. 18 Belgien .................................................. 14 Niederlande .............................................. 9 Spanien.......................................................9 Norwegen ................................................. 6 Dänemark ................................................ 1

FFS; FFS; FFS; FFS; FFS; FFS;

Die relative Bedeutungslosigkeit flexibler Fertigungssysteme in Dänemark deutet bereits eine im Jahr 1990 veröffentlichte fallstudienbasierte Untersuchung bei 28 dänischen In­ dustrieunternehmen an.263 Zum Zeitpunkt der Studie hatte keines der betrachteten Un­ ternehmen ein FFS implementiert. Lediglich zwei Firmen befanden sich in einer Pla­ nungsphase und zwei weitere Unternehmen beabsichtigten, ein flexibles Fertigungs­ system als Investitionsaltemative zu prüfen. Zu den möglichen Hemmnissen einer frühen Durchdringung des produzierenden Sektors mit flexiblen Fertigungssystemen zählte KRISTENSEN vor allem die Tatsache, daß es sich bei den meisten dänischen Unternehmen um Klein- und Mittelbetriebe handele, deren Produktionsaufgabe im Regelfall die Her­ stellung kleiner Stückzahlen beinhaltet, die selbst mittels FFS nicht wirtschaftlich reali­ sierbar seien. Ein ähnliche Einführungsverzögerung ist auch in bezug auf die Verbrei­ tung flexibler Fertigungssysteme in den Niederlanden festzustellen. Hier berichtet BlLDERBECK darüber, daß exakte Informationen über den FFS-Einsatz in Holland kaum verfügbar und bis zu Beginn der 90er Jahre flexible Fertigungssysteme nur in einer be­ grenzten Zahl von Unternehmen installiert worden sind, zumeist auf experimenteller Ba-

262 263

Vgl. dazu auch Hartley 1988, p. 144. Vgl. Kristensen 1990, p. 162 und pp. 166-167.

90

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

sis sowie mit staatlicher Unterstützung.264 Auch in den Niederlanden dominieren kleine­ re Unternehmen den produzierenden Sektor.

Die obigen Schilderungen und Einsatzzahlen machen trotz der relativ niedrigen Ver­ breitungsgeschwindigkeit deutlich, daß sich flexible Fertigungssysteme mittlerweile als produktionstechnischer Bestandteil der Herstellungsprozesse vieler Industriebetriebe fest etabliert haben. Dennoch ist ihre Bedeutung für den Bereich der spanenden Fertigung im Vergleich zur Einsatzverbreitung unverketteter numerisch gesteuerter Werkzeugmaschi­ nen relativ gering.265

Im Zuge der Ermittlung einer Angabe über die FFS-Weltpopulation wurde der eige­ ne Datenbestand von weltweit knapp 1.000 flexiblen Fertigungssystemen schließlich verdoppelt. Dieses Vorgehen kann wie folgt begründet werden: 1. Im Rahmen der Recherchebemühungen wurden auch die Hersteller flexibler Fertigungssysteme kontaktiert und um Referenzangaben gebeten. Diejenigen Lieferanten, die diese Anfrage begründet ablehnten, stellten dennoch Informatio­ nen über die Gesamtzahl der verkauften und installierten Systeme zur Verfü­ gung. Es waren dies vor allem führende japanische Anbieter flexibler Ferti­ gungssysteme. Auf diese Weise konnte ein Schätzwert von knapp 500 Systemen zum eigenen Datenbestand addiert werden. 2. Auch manche der im Kontext einer Informationsbeschaffungsphase ausgewerte­ ten Herstellerbroschüren enthielten Zahlenangaben über installierte Systemlö­ sungen. Dadurch konnten weitere 200 FFS extrahiert werden. 3. Eine Gegenüberstellung der ermittelten Gesamtzahl in Höhe von ca. 1.700 welt­ weit installierter FFS mit den Schätzwerten anderer Untersuchungen ließ eine Hinzurechnung von knapp 300 Systemen legitim erscheinen.

Dieser Untersuchung wird somit für den Zeitraum zwischen 1994 und 1995 eine FFS-Weltpopulation (Grundgesamtheit) in Höhe von 2.000 Systemen zugrundege­ legt. Die anfängliche Euphorie über den vielversprechenden Produktionseinsatz flexibler Fer­ tigungssysteme wurde gedämpft, weil viele der installierten Systeme die Erwartungen

264

265

Vgl. Bilderbeck 1990, p. 215; Slomp 1993, p. 415. Vgl. dazu auch Tani 1989, p. 471; Tidd 1991, p. 15. Konkret ermittelt Tani folgende Popu­ lationen numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen, die im Vergleich eine Bedeutungslo­ sigkeit flexibler Fertigungssysteme implizieren: U.S.A. : 103.308 (1983); Japan : 70.255 (1987); Bundesrepublkik Deutschland 50.000 (1985); Frankreich 35.000 (1985). Ähnlich betont auch Tidd die relative Bedeutungslosigkeit flexibler Fertigungssysteme. Hier betrug die Einsatzverbreitung von numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen alleine in den U. S. A. 65.000 Einheiten im Jahr 1980 und 221.000 Einheiten im Jahr 1988.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

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der Anwender nicht oder nur ansatzweise erfüllt haben.266 Trotz vereinzelt publizierter Erfolgsberichte, konnten in vielen FFS die betriebsspezifischen Potentiale nicht hinrei­ chend ausgeschöpft werden. Diese Ernüchterung wird in einer allgemeinen Stagnation der Nachfrage nach flexiblen Fertigungssystemen reflektiert, deren Ursachen grob in technische, betriebswirtschaftliche und marktliche Faktoren gegliedert werden kön­ nen.267

(I)

Technische Stagnationsursachen

Allgemein führten gegen Ende der 80er Jahre die nicht handhabbaren Schwierigkeiten auf dem Weg zur Umsetzung durchgängiger CIM-Lösungen im Produktionsbereich zu einem nachlassenden Interesse, auch an flexiblen Fertigungssystemen. Dies deutet be­ reits CORBETT im Zusammenhang des Strebens nach einer menschenleeren Fabrik durch ausschließliche Implementierung automatisierter Fertigungssysteme an, wenn der Autor von einem „moonshot approach“ spricht268 Im einzelnen zählten zu den Hindernissen einer vollständigen Datenintegration unter anderem mangelnde Benutzerakzeptanz, Sy­ steminkompatibilitäten, Risikoaversion der Unternehmensleitung in bezug auf ein wei­ tergehendes CIM-Engagement, nicht hinreichend qualifiziertes Personal oder Kosten­ gründe.269 Speziell die Kompatibilitätsprobleme des FFS-Informationssystems im Rahmen der CIM-Integration haben zur Ernüchterung der technischen Machbarkeit untemehmensweit durchgängig vernetzter Datenflüsse geführt.270

Zu den technischen Stagnationsfaktoren zählt aber auch die komplexitätsbedingte Unbe­ herrschbarkeit des Systembetriebs, die ebenfalls eine Funktionsuntüchtigkeit der einzel­ nen Technikkomponenten einschließt.271 Gerade in der Anfangs- und Frühphase der 266

267

268 269

270 271

So hat zum Beispiel eine Untersuchung bei 64 FFS-Anwendem in Großbritannien ergeben, daß 67% keine oder nur eine geringe Amortisation und 33% eine moderate bis hohe Amorti­ sation mit dem flexiblen Fertigungssystem erzielt haben. Vgl. Bessant/Buckingham 1989, p. 671. Einige der frühen FFS-Installationen aus den 70er Jahren wurden bereits in den 80er Jahren wieder demontiert. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1988a, p. 43. Auch dies signali­ siert unerfüllte Erwartungen der Anwender. Ähnlich wird an anderer Stelle eine Unterteilung der Diffusionshindemisse flexibler Ferti­ gungssysteme in technische Probleme, Marktveränderungen und organisatorische Engpässe vorgenommen. Vgl. dazu Boer/Hill/Krabbendam 1990, p. 13. Vgl. Corbett 1990b, p. 83. Vgl. zu den Problembereichen der CIM-Realisierung zum Beispiel Badham 1991, pp. 376379; Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 50-51; McGaughey/Snyder 1994; sowie zur Skepsis einer zunehmenden Zahl von Unternehmen gegenüber den Vorteilen der automati­ sierten Fertigungstechnik am Ende der 80er Jahre Tidd 1991, p. 1. Vgl. speziell zu einer CIM-Emüchterung in Deutschland gegen Ende der 80er Jahre sowie zu Beginn der 90er Jah­ re Lay 1992, S. 20. Vgl. Kochan 1985a, p. 43; Winter/Gilbert 1987, p. 12. Vgl. Branam 1988a, p. 35; McCutcheon 1993, p. 340; Diesch/Koch 1995, S. 85; Fischer/Heling 1995, S. 32; Slomp 1993, p. 418. Siehe zur Funktionsuntüchtigkeit aufgrund von Konstruktionsfehlern der Bearbeitungszentren sowie zu Fehlern der Systemsoftware Boer/Hill/Krabbendam 1990, pp. 13-14 sowie Martel 1993, S. 441.

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Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Marktetablierung flexibler Fertigungssysteme haben die offensichtlichen technischen Unsicherheiten des Systembetriebs zu einer abwartenden Haltung vieler Interessenten geführt. Die Anschaffungsentscheidung sollte erst mit erkennbarer Entwicklungsreife der Technikkomponenten getroffen werden. Bis in die Gegenwart werden flexible Ferti­ gungssysteme trotz des Angebots von Standardlösungen in Modulbauweise im Vergleich zu konventioneller Produktionstechnik als technisch risikoreich erachtet. Zögerlich zeichnet sich ein zunehmendes Marktangebot von FFS mit geringerer Komplexität und höherer Fertigungssicherheit ab, welches eine Konzentration auf einfache Techniklösun­ gen mit vermindertem Automatisierungsgrad sowie auf eine feste Funktionszuordnung der integrierten Bearbeitungsmaschinen vomimmt272 (II)

Betriebswirtschaftliche Stagnationsursachen

Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive haben vor allem restriktiv hohe Investitionsko­ sten zur Automatisierungsemüchterung tatsächlicher Anwender und zu einer nachlas­ senden Nachfrage potentieller Anwender geführt.273 Aber auch die komparativ hohen Betriebskosten resultierten vielfach in einer Nichterfüllung kostenmotivierter Einsatz­ ziele des FFS.274

Die Kostenbeurteilung anhand eines Vergleichs zwischen FFS und anderen Formen fle­ xibler Fertigungstechnik kann nur negativ für das flexible Fertigungssystem ausfallen, sofern der Einsatzbereich inadäquat festgesetzt wurde. Die relative Vorteilhaftigkeit ei­ nes FFS wirkt sich vor allem in der Fertigung kleinerer bis mittlerer Losgrößen aus. Ein häufig zu beobachtender Systemeinsatz zur Bearbeitung großer Lose mit hohem Wie­ derholungsgrad läßt das Flexibilitätspotential weitgehend ungenutzt.275 Die darin inkor­ porierten Investitionskosten kommen einer Ressourcenverschwendung gleich.276 Hier wäre möglicherweise der Einsatz einer kostengünstigeren Transferstrasse vorteilhaft. In diesem Zusammenhang weist Jones als Ergebnis seiner fallbasierten Studien bei einer Reihe von amerikanischen und britischen FFS-Anwendem auf einen flexibilitätshindemden Kostendruck hin. Zwar wurden während der Planungsphase einige der betrach­ teten FFS für die Bearbeitung eines größeren Teilespektrums mit streuenden Losen aus­ gelegt, doch führte eine kurzfristige und kostenmotivierte Ergebnisorientierung des Managements zu einer Begrenzung auf ein enges Werkstückspektrum und einem starren Einsatz des flexiblen Fertigungssystems im Stil einer volumenorientierten Transferstra­ sse. Experimentierfreiräume in der Systemprogrammierung zur Variation des Teilespek­

272 273 274 275 276

Vgl. Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 53. Vgl. dazu Winter/Gilbert 1987, p. 11; Branam 1988a, p. 35; Kochan 1988a, p. 27; Dörken/Melchert/Skudelny 1992, S. 58; Fischer/Heling 1995, S. 32. Siehe hierzu bereits d’Iribarne/Lutz 1984, p. 127. Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 247. Vgl. ähnlich auch Crowe 1992, pp. 29-33; sowie zur Nichtausschöpfung des Flexibilitätspotentials in amerikanischen FFS auch Jaikumar 1986. Siehe zu ansteigenden FFS-Investititionskosten mit zunehmendem Flexibilitätspotential Gustavsson 1995, p. 91.

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trums konnten in dieser Situation eines Amortisationsdrucks nicht eingeräumt wer­ den.277

Die Entscheidung für die Anschaffung eines flexiblen Fertigungssystems stellt ein län­ gerfristiges Commitment gegenüber dieser Produktionstechnik dar. Trotz des Einsatzes von Simulationsprogrammen in der Planungsphase lassen sich aber nicht alle in praxi auftretenden Eventualitäten ex-ante abbilden. Zudem können flexible Fertigungssysteme im Vergleich zu unverketteten NC-Maschinen nicht auf einer experimentellen Basis im Produktionsbereich genutzt werden.278 „A company cannot buy a single test machine or ‘borrow’ a system for a month to see if it works. “279 Das flexible Fertigungssystem als Investition besitzt „sunk cos^-Charakter mit hohen Austrittsbarrieren. Darüber hinaus verfugen viele der potentiellen Anwender nicht über eine ausreichend große Erfahrungs­ basis in der Auswahl, der Installation sowie im Betrieb rechnergestützter Fertigungs­ technik, so daß mangelndes Erfahrungswissen auch als Diffusionsbremse flexibler Ferti­ gungssysteme, zumindest in den 70er und 80er Jahren, angesehen werden kann.280 Zu den betriebswirtschaftlichen Ursachen einer vergleichsweise langsamen Verbreitung flexibler Fertigungssysteme läßt sich auch das primär methodische Problem der Investi­ tionsbewertung zählen. Auf die Bewertungsproblematik anhand traditioneller Verfahren der Investitionsrechnung, zu denen Kapitalwert- oder interne Zinsfußmethode zählen, wird vielfach in der Literatur aufmerksam gemacht.281 Auf die unzureichende Erfassung systeminhärenter Leistungspotentiale, insbesondere die der Flexibilität sowie der damit verknüpften strategischen Wirkungen, durch konventionelle Methoden der Investitions­ rechnung weist beispielsweise Lee hin und betont, daß eine höhere Adoptionsrate er­ wartet werden könnte, wenn mit ganzheitlichen Bewertungsmethoden alle Einsatzpoten­ tiale flexibler Fertigungssysteme quantifizierbar wären 282 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine im Jahr 1987 durchgeführte Untersuchung von 175 amerikanischen, japanischen und europäischen FFS- und Nicht-FFS-Anwendem mit mehr als 10.000 Be­ schäftigten. Darin ermittelt Mansfield eine positive Korrelation zwischen der bran­ chenbezogenen Imitiationsrate flexibler Fertigungssysteme und der Investitionsrendi-

277 278 279 280 281

282

Vgl. Jones 1997, p. 142 und pp. 198-199. Siehe zum Amortisationsdruck als Diffusionshin­ demis flexibler Fertigungssysteme auch o. V. [The FMS Magazine] 1988b, p. 197. Handfield und Pagell sprechen in diesem Zusammenhang von einer eingeschränkten Prüfbarkeit. Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 249. Handfield/Pagell 1995, p. 249. Vgl. Winter/Gilbert 1987, p. 12. Vgl. Garrett 1986, pp. 18-19; UNECE 1986, pp. 108-114; Eversheim/Schmidt/Erkes 1987, S. 18-19; o. V. [The FMS Magazine] 1988b, p. 197; Slagmulder/Bruggeman 1992, p. 168; Cardinali 1995, p. 39; Pant/Ruff 1995, pp. 28-30. Vgl. Lee 1996, p. 96. Die dort getroffenen Aussagen beruhen auf den Ergebnissen einer Be­ fragung von 19 britischen FFS-Anwendem. Siehe zur Problematik der Operationalisierbarkeit immaterieller Vorteile des FFS-Einsatzes auch o. V. [The FMS Magazine] 1988b, p. 197; Kumar 1995, p. 281; Small/Chen 1995, pp. 28-29.

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Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

te.283 Im Durchschnitt ist vom branchenbezogenen Ersteinsatz eines FFS bis zur Adopti­ on von mehr als einem Viertel der Großunternehmen in der Automobil-, Elektro-, Ma­ schinenbau- und Luftfahrtindustrie ein Zeitraum von fünf Jahren verstrichen 284 Im Ver­ gleich zu anderen technischen Innovationen ist diese Adoptionsgeschwindigkeit gering. Die Ursache hierfür liegt zum einen darin, daß die erfaßten Nicht-Anwender von vorn­ herein eine höhere, mit dem FFS nicht erzielbare Investitionsrendite anvisiert und ihren Investitionsrechnungen zugrundegelegt haben. Ein investives Engagement in flexible Fertigungssysteme konnte somit nicht gerechtfertigt werden, stattdessen wurde die In­ stallation konventioneller Fertigungstechnik bevorzugt. Zum anderen konnte Mansfield feststellen, daß gerade die Nicht-Anwender in ihren Methoden der Investitionsrechnung schwer quantifizierbare Einsatzpotentiale, wie beispielsweise Qualitäts- und Flexibili­ tätssteigerungen, nicht hinreichend berücksichtigt haben 285

Die Anschaffung eines flexiblen Fertigungssystems ist im Vergleich zu konventioneller Fertigungstechnik mit einem höheren Maß an Unsicherheit verbunden. Bereits während der Implementierungsphase entstehen Risiken in Form unsicherer Erwartungen über die Entwicklung der Installationskosten und der Planungs- und Installationsdauer sowie während der anschließenden Betriebsphase das Risiko eines unsicheren Leistungsver­ haltens des FFS (z. B. das Produktivitätsniveau) 286 Bei Eintritt dieser Situation sinkt dann die Wirtschaftlichkeit des flexiblen Fertigungssystems.287 Zudem ist mit Veröffentlichung der international vergleichenden M. I. T.-Studie eine Diskussion über die schlanke Produktion (Lean Production) entfacht worden, die sich mittlerweile über die Produktionsprozesse der Automobilhersteller hinaus auch auf viele Industrieunternehmen aus anderen Branchen übertragen hat.288 Pauschal wird im Kon­ text dieser Diskussion vielfach eine Unvereinbarkeit der Prinzipien einer schlanken Fer­ tigung mit denen einer automatisierten Produktion postuliert. Insgesamt scheint der Au­ tomatisierungstrend der 80er Jahre durch den Schlankheitstrend der 90er Jahre vorerst zurückgedrängt worden zu sein. Ergebnis dieser als Lean-Euphorie zu bezeichnenden 283 284 285

286

287 288

Vgl. Mansfield 1993, pp. 152-153. Vgl. Mansfield 1993, pp. 157-158. Vgl. Mansfield 1993, p. 158. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Untersuchung von 116 Industrieunternehmen in den U. S. A. Insgesamt 38% der befragten Betriebe hatten fle­ xible Fertigungssysteme installiert. Es konnte festgestellt werden, daß Betriebe, die strategi­ sche Kriterien mittels ,hybrider1 Bewertungsansätze berücksichtigt hatten, eher zur Anschaf­ fung flexibler Fertigungssystemen tendierten als Betriebe, die ihrer Investitionsrechnung ausschließlich traditionelle Bewertungsmethoden zugrundegelegt hatten. Vgl. Small/Chen 1995, p. 31 und p. 42. Vgl. Gupta 1988, p. 258; Wolter 1989, S. 29; Cardinali 1995, p. 39; Pant/Ruff 1995, p. 27. Die im Vergleich zu konventioneller Fertigungstechnik lange Planungs- und Installati­ onsdauer beinhaltet auch das Risiko der technologischen Obsoleszenz. Vgl. dazu AmoakoGyampah/Maffei 1989, p. 487. Vgl. bereits Schultz-Wild 1982, S. 104; sowie später Mansfield 1993, p. 150. Vgl. zur vergleichenden Studie des IMVP (International Motor Vehicle Program) am M. I. T. Womack/Jones/Roos 1992.

Historischer Rückblick und aktuelle Trends

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Phase ist die verstärkte Markteinführung komplexitätsreduzierter und einfach bedienba­ rer Fertigungstechnik in Form von sog. „Zow-co5/“-Werkzeugmaschinen 289

(III)

Marktliche Stagnationsursachen

Auch marktbezogene Gründe haben zu einer sich abschwächenden Nachfrage nach fle­ xiblen Fertigungssystemen geführt. International beobachtbare Konjunkturschwächen zu Beginn der 90er Jahre machten eine signifikante Schwachstelle flexibler Fertigungssy­ steme transparent.290 Die Ausschöpfung eines Flexibilitätspotentials setzt grundsätzlich das Vorhandensein einer marktlichen Nachfrage voraus. Ohne Fertigungsaufträge steht das FFS still. Die im Vergleich zu konventioneller Fertigungstechnik hohen Investiti­ onskosten verlangen zur Amortisation allerdings längere Maschinennutzungszeiten, vor­ zugsweise im Dreischichtbetrieb. Außerdem können Nachfrageverschiebungen während einer über mehrere Jahre hinweg erfolgenden Planungs- und Installationsphase auftreten, die eine Neuausrichtung des betrieblichen Leistungsprogramms erfordern. Hierbei kann die Eliminierung etablierter Produkte bei gleichzeitiger Produktionsaufnahme neuer Werkstücke notwendig werden, die allerdings auf dem endlich betriebsfertig geworde­ nen FFS nicht herstellbar sind 291 Das fehlende Reaktionsvermögen vieler flexibler Fer­ tigungssysteme auf einen konjunkurell bedingten Nachfragerückgang oder auf eine Nachfrageveränderung offenbart eine Inflexibilität, die zu einer Verlangsamung der Dif­ fusionsgeschwindigkeit in den 90er Jahren beigetragen hat.

Zudem fuhren Konjunktur- und Strukturschwächen zu sinkenden Investitionsbudgets der Nachfrager nach Werkzeugmaschinen und flexiblen Fertigungssystemen. Besonders im deutschen Werkzeugmaschinenbau zeichnet sich Mitte der 90er Jahre eine ansteigende Modernisierung des bestehenden Maschinenparks anstelle weitläufiger Neuinvestitionen ab. Fast jedes fünfte deutsche Unternehmen entschied sich im Zeitraum zwischen 1996 und 1997 für eine Erneuerung von Altmaschinen 292

Die Diffusion flexibler Fertigungssysteme kann als spezielle Form eines Kommunikati­ onsprozesses interpretiert werden. Je höher die Zahl der erfolgreichen Erstanwender ist, desto höher wird die erwartete Imitationsrate sein. Die Information über erfolgreiche Erstanwendungen setzt allerdings ein hohes Maß an Markttransparenz voraus, die im

289

290

291 292

Vgl. Breit/Kubin/Munz 1995, S. 24. Die Autoren fassen diese Entwicklung zusammen, indem sie die Nachfrage nach einer Produktionstechnik herauskristallisieren, „die sowenig Komplexität wie möglich und soviel Automatisierung und technische Innovation wie nötig aufweist“ Siehe ähnlich Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 42 und S. 47. Vgl. allgemein zur Konjunkturlage als Stagnationsursache der Nachfrage nach FFS Martel 1993, S. 441; sowie übergreifend zu einer international nachlassenden Nachfrage nach Werkzeugmaschinen zu Beginn der 90er Jahre Ashburn 1993, pp. 54-55. Vgl. zu dieser aus einer vergleichsweise langen Implementierungsphase resultierenden marktbezogenen Diffusionsproblematik Boer/Hill/Krabbendam 1990, pp. 14-15. Vgl. Kubin/Munz/Lipa 1997, S. 34.

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Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

Fall des FFS-Anwendermarkts nicht bzw. nur eingeschränkt gegeben ist.293 Die Zahl der Anwenderberichte mit erfolgreichen Einsatzbeschreibungen ist relativ gering 294 Zu den bereits erwähnten Problemen einer eher passiven Vermarktung seitens der Hersteller fle­ xibler Fertigungssysteme zählt auch, daß nicht alle FFS-Anbieter bereits früh im eigenen Produktionsbereich Systemlösungen realisiert hatten und ihnen damit betriebsinteme Fertigungserfahrungen fehlten, um eine Nachfrage bei potentiellen Interessenten stimu­ lieren zu können.295 Hier wurde das Demonstrationspotential nur unzureichend ausge­ schöpft. Gerade die tiefe und frühe FFS-Durchdringung der Produktionsprozesse in den Betrieben der meisten japanischen Werkzeugmaschinenhersteller und der damit verbun­ dene Vorführeffekt wird auch als maßgeblich für die größere FFS-Verbreitung in Japan erachtet 296 In der Literatur finden sich allerdings auch vereinzelt Berichte über Eigenin­ stallationen in den Produktions Stätten europäischer FFS-Hersteller.297 Vergleichsweise selten sind Veröffentlichungen, mit denen amerikanische Anbieter flexibler Fertigungs­ systeme über die eigenen Produktionserfahrungen mit ihrem FFS-Produkt informie­ ren.298

Allgemein trug auch ein unterentwickelter Markt für flexible Fertigungssysteme, gerade in der Frühphase bis 1980, zu einer verzögerten Verbreitung dieser Fertigungstechnik bei.299 Viele Anbieter flexibler Fertigungssysteme haben das FFS als Zusatzprodukt in das traditionelle Werkzeugmaschinenprogramm aufgenommen. Nur wenige Anbieter spezialisierten sich beispielsweise mit einem eigenen Geschäftsbereich ausschließlich auf das Angebot dieser Systeme.

Zwar verzeichnet speziell die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie in der zweiten Hälfte der 90er Jahre eine Stabilisierung der Nachfrage und erwartet für den Zeitraum zwischen 1998 und 2000 einen jährlichen Anstieg von Produktion und Export um durch­ schnittlich 5 %,300 doch lassen sich aus diesen Trendaussagen keine genauen Angaben über die Absatzentwicklung flexibler Fertigungssysteme ableiten. In diesen Zahlen sind nämlich auch die Modemisierungsausgaben für den Umbau von Altmaschinen sowie ein 293 294 295 296 297

298 299 300

Handfield und Pagell nutzen zur Beschreibung dieses Phänomens den Begriff der einge­ schränkten Beobachtbarkeit. Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 250. Vgl. auch Kakati 1992, p. 193; Handfield/Pagell 1995, p. 250. Vgl. Handfield/Pagell 1995, p. 250. Vgl. Sata 1993, p. 45. Siehe zu konkreten Systemen bei japanischen FFS-Lieferanten bei­ spielsweise o. V. [The FMS Magazine] 1985a. Siehe beispielsweise für deutsche FFS-Hersteller Petermann 1985; Kochan 1988c. Die Dualrolle von Produktion und Demonstration erfüllt auch das bei einem amerikanischen FFS-Anbieter in Großbritannien installierte flexible Fertigungssystem. Vgl. Kochan 1984. Siehe zur Systembeschreibung des führenden britischen FFS-Herstellers Kochan 1983b. Vgl. zu einem FFS mit Vorführfunktion in den U. S. A. Williams 1988. Vgl. dazu auch Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1988a, p. 43. Vgl. o. V. [VDI-Z] 1997b. Siehe ähnlich zu einem Nachfrageanstieg nach Produkten der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie in den Jahren 1995 bis 1996 Breit u. a. 1996, S. 26; Kubin/Munz/Lipa 1997, S. 34.

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verstärktes Angebot von Jow ^/“-Werkzeugmaschinen enthalten, mit welchem spezi­ ell die deutschen Werkzeugmaschinenhersteller eine Anpassung an den internationalen Wettbewerb vorgenommen haben.301 Trotz dieser Stagnationserscheinungen setzt sich die Weiterentwicklung flexibler Ferti­ gungssysteme fort. Dabei kann grundsätzlich zwischen technischen und organisatori­ schen Innovationen unterschieden werden. Technische Entwicklungstrends beziehen sich primär auf einzelne Komponenten flexibler Fertigungssysteme.302 Die potentiellen orga­ nisatorischen Innovationen nehmen dagegen eine Perspektive auf Gesamtsystemebene des FFS ein.

Differenziert zeichnen sich technische Innovationen des Bearbeitungssystems in Form

• • • • •

der 5-Achsen-Bearbeitung, der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, der Trockenbearbeitung, der integrierten Laserbearbeitung sowie des Einsatzes von Multifunktionswerkzeugen

ab. Neuentwicklungen des Transport- und Handhabungssystems konzentrieren sich vor allem auf die Automatisierung der Spannvorgänge an den Spann- und Rüstplätzen sowie auf eine Beschleunigung des Werkzeugwechsels. Innovationen des Informationssystems erstrecken sich insbesondere auf den Bereich der Steuerungen sowie der benutzer­ freundlichen Gestaltung von Rechnerstrukturen.

Die nachfolgenden Ausführungen geben größtenteils Entwicklungen von Werkzeugma­ schinen wieder, die nicht FFS-spezifisch erfolgen, dort aber auch eingebunden werden und letztlich zum technischen Fortschritt dieser Systeme beitragen oder beitragen kön­ nen. Die Vollständigkeit der Reflexion dieser technischen Entwicklungstrends im Werk­ zeugmaschinenbau wird nicht angestrebt, vielmehr erfolgt eine Konzentration der Aus­ führungen auf ausgewählte Innovationen des Techniksystems. Die technische Weiterentwicklung von Werkzeugmaschinen mit der Möglichkeit einer 5-Achsen-Bearbeitung soll das Ziel der Komplettbearbeitung von Werkstücken in einer Aufspannung realisieren und damit zu einer weiteren Durchlaufzeitverkürzung beitra­ gen.303

Mit der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung („High Speed Cutting“) werden mittels schnellaufenden Spindeln und leistungsstarken Vorschüben die Bearbeitungsgeschwin301

302 303

Vgl. Kubin/Munz/Lipa 1997, S. 36. Auch die Modernisierung des bestehenden Produkti­ onsapparates kommt als Investitionsaltemative für FFS in Betracht. Siehe allgemein zu den Möglichkeiten des ,Retrofitting‘ als Maßnahme zur Umrüstung existierender Bearbeitungs­ maschinen an den aktuellen technischen Entwicklungsstand Hoppe 1995, S. 80-81; Breit u. a. 1996, S. 26; Kolodziej 1997, S. 60. Siehe ähnlich zum technischen Fortschritt von Produktionssystemen als Weiterentwicklung integrierter Subsysteme bereits Faunce 1965, p. 150. Vgl. Breit/Kubin/Munz 1995, S. 25.

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Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

digkeiten und -genauigkeiten innerhalb des Arbeitsraums der Werkzeugmaschinen er­ höht, dadurch Gesamtbearbeitungszeiten und Durchlaufzeiten weiter reduziert sowie der Gesamtoutput und damit die Produktivität gesteigert.304 An die Werkzeuge setzt diese Erhöhung der Bearbeitungsgeschwindigkeit eine Berstbeständigkeit bei großen Dreh­ zahlen voraus.305

Zunehmend wird die Forderung nach einer umweltgerechten Produktion in der Konzep­ tion neuer Werkzeugmaschinen reflektiert. In diesem Zusammenhang kann durch Ein­ satz der Trockenbearbeitung als Verfahren des integrierten Umweltschutzes eine Strate­ gie der Vermeidung auf operativer Werkstattebene realisiert werden.306 Die Motivation einer Entwicklung von Werkzeugmaschinen zur Trockenbearbeitung erklärt sich aus dem Potential der Stückkostensenkung (Entsorgungskosten), einem zunehmendem Um­ weltbewußtsein auch seitens der Maschinenanwender sowie einer grundsätzlich möglich gewordenen technischen Realisierbarkeit.307 Eine umweltschonende Trockenbearbei­ tung der Werkzeugmaschinen wird durch den weitgehenden Verzicht auf Kühlschmier­ mittel ermöglicht. Problematisch erweist sich die Trockenbearbeitung aufgrund des da­ mit verbundenen Wegfalls typischer Kühlschmierstoffaufgaben, zu denen das Schmieren, Kühlen und Reinigen während der im Zerspanungsprozeß auftretenden Reibungs- und AdhäsionsVorgänge zwischen Werkzeug und Werkstück zählen.308 Die im Zerspanungsprozeß entstehende Wärme wird nicht länger durch den Kühlschmierstoff absorbiert und die erhitzten Späne nicht mehr aus dem Arbeitsraum der Werkzeugma­ schine gespült.309 Die dadurch entstehenden thermischen Belastungen für Werkzeug, Werkstück und Werkzeugmaschine können sich auf die Standzeit sowie die Teilege­ nauigkeit negativ auswirken.310 Dieses Problem erfordert die Entwicklung geeigneter Schneidstoffe mit hoher Warmhärte, Warmverschleißfestigkeit (z. B. beschichtete Hart­ 304

305 306

307 308

309 310

Vgl. Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 42; Breit/Kubin/Munz 1995, S. 25-26 und S. 28-29; Breit u. a. 1996, S. 30; Tönshoff/Karpuschewski/Blawit 1997, S. 26-27. Siehe zu einem konkreten Beispiel der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung mit einem Bearbeitungs­ zentrum in einem flexiblen Fertigungssystem o. V. [Werkstatt und Betrieb] 1994, S. 572. Gohritz und Kuhfub prognostizieren bis zum Jahr 2005 eine deutliche Bedeutungszunahme der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung für die spanende Fertigung. Vgl. Gohritz/Kuhfub 1996, S. 46-47. o. V. [VDI-Z] 1995, S. 58. Siehe zu den Grundlagen des integrierten Umweltschutzes z. B. Kreikebaum 1992, S. 1020; sowie übergreifend zur Notwendigkeit einer ökologieverträglichen Leistungserstellung Zabel 1993. Vgl. allgemein zur Trockenbearbeitung als Innovation im Werkzeugmaschi­ nenbereich Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 45. Vgl.o. V. [VDI-Z] 1996, S. 6. Vgl. Klocke u. a. 1995, S. 38-39. Siehe zu den Grenzen der Trockenbearbeitung auch o. V. [VDI-Z] 1996, S. 7; sowie allgemein zu den Funktionen des Kühlschmiermittels Milberg 1992, S. 74-76. Vgl. allgemein zur Spanbildung, den Spanarten und Spanformen Milberg 1992, S. 46-51. Eine nähere Beschreibung der thermischen Beanspruchung von Werkzeugmaschinen findet sich in Milberg 1992, S. 22-23 und S. 55-61.

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metalle, Cermets, Schneidkeramik, polkristallines Bomitrid) und chemischer Beständig­ keit, den Einsatz der Schrägbettbauweise mit Drucklufteinrichtungen zur Späneabfuhr sowie verbrauchsreduzierende Mikrosprühsysteme.311 Ein vollständiger Verzicht auf den Einsatz von Kühlschmierstoffen ist bislang unwahrscheinlich.312 Dennoch kann die Notwendigkeit der Aufbereitung und Entsorgung von Kühlschmierstoffen auf ein gerin­ geres Maß beschränkt und damit die Kosten für die Entsorgung der Emulsionen gesenkt werden.313

Als fertigungstechnologische Innovation in flexiblen Fertigungssystemen ist ein zuneh­ mender Einsatz von Lasern als Werkzeug zur Unterstützung der spanenden Bearbeitung zu erwarten.314 Durch die Einwechselung des Lasers als reguläres Werkzeug einer Werkzeugmaschine erfolgt eine Erweiterung der maschinenbezogenen Verfahrensinte­ gration, zu welcher beispielsweise die Laserprozesse des Härtens, Schweißens oder Si­ gnierens zählen.315 Systembezogen kann dadurch eine prozeßzwischengeschaltete Ausund Einschleusung der Werkstücke zur externen Zwischenbearbeitung entfallen und da­ mit die Komplettbearbeitung innerhalb des FFS erfolgen. Auch dies trägt zur Verkür­ zung der Durchlaufzeiten bei, da Transportvorgänge mit anderen Produktionsbereichen und dort eventuell auftretende engpaßbedingte Wartezeiten entfallen. Verlängerte Standzeiten oder KombinationsWerkzeuge zur Anwendung verschiedener Bearbeitungsverfahren mit einem Werkzeug kennzeichnen die Weiterentwicklung im Bereich der Werkzeuge.316 Ein erweitertes Anwendungsspektrum durch den Einsatz von Kombinationswerkzeugen ergibt sich beispielsweise durch die Integration mehrerer Be­ arbeitungsvorgänge. So können die Arbeitsvorgänge des Bohrens und Gewindefräsens mit dem Bohrgewindefräser als Kombinationswerkzeug ohne Werkzeugwechsel ausge­ führt werden oder das Verfahren des Schleifens wird durch Werkzeuge des Feinstdrehens ersetzt.317 Durch die Anwendung neuer Werkzeugbeschichtungen können Stand­ zeiten verlängert oder kürzere Bearbeitungszeiten erzielt werden.318

Entwicklungstrends bei Transport- und Handhabung fokussieren Systeme zur Verkür­ zung der Werkzeugwechselzeiten in den Werkzeugmaschinen, die eine weitere Verrin-

311 312 313

314 315

316 317 318

Vgl. Breit/Kubin/Munz 1995, S. 26 und S. 29; Klocke u. a. 1995, S. 39-40; o. V. [VDI-Z] 1995, S. 58-59; Breit u. a. 1996, S. 26. Vgl. auch Breit u. a. 1996, S. 31; 0. V. [VDI-Z] 1996, S. 6. Kritisch gegenüber einer Aufbereitung von Kühlschmierstoffen in flexiblen Fertigungssy­ stemen äußert sich Maleki, der die Wirtschaftlichkeit dieses umweltfreundlicheren Vorge­ hens allgemein bezweifelt. Vgl. Maleki 1991, p. 60. Vgl. Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 45; Breit/Kubin/Munz 1995, S. 27-28. Siehe zu weiterführenden Ausführungen über die Anwendungsbereiche der Laserbearbeitung beispielsweise Kief 1997, S. 162-165. Vgl. Breit/Kubin/Munz 1995, S. 30. Vgl. Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 45; o. V. [VDI-Z] 1995, S. 60. Vgl. Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 45-46; o. V. [VDI-Z] 1995, S. 58.

100

Flexible Fertigungssysteme (FFS) in der betrieblichen Praxis

gerung der Span-zu-Span-Zeit ermöglichen.319 Schließlich steht auch die Konstruktion eines automatisierten NC-Spannplatzes, an welchem durch die Automatisierung einer flexibel einsetzbaren Werkstückspanntechnik das bei schwierigen Spannaufgaben noch manuell ausgefuhrte Befestigen der Teile eliminiert wird, im Mittelpunkt der Entwick­ lungsbemühungen.320

Im Bereich des Informationssystems zeigt der Trend technischer Weiterentwicklungen zu einem verstärkten Einsatz von Simulationsprogrammen sowie einer benutzerfreundli­ chen Gestaltung werkstattorientierter Programmiersysteme und graphischer Leitstän­ de.321 Ein Stichwort in diesem Kontext ist die virtuelle Fabrik auf der Basis von Echt­ zeit-Simulationen. Durch die technische Weiterentwicklung von Sensoren und Möglichkeiten der automatisierten Störungsbehebung sollen die Zuverlässigkeit und die Autonomie der Fertigungssysteme weiter erhöht werden.322 Unter einer organisatorischen Innovation kann die Weiterentwicklung eines FFS als au­ tonomes Fertigungssystem verstanden werden, in welchem eine umfassende Funktions­ dezentralisation an den Erfüllungsort der definierten Produktionsaufgabe vorgenommen wird.323 Denkbar ist dabei eine Integration flexibler Fertigungssysteme in moderne Pro­ duktionskonzepte, wie beispielsweise das Bionic Manufacturing, das Kolonie Manufac­ turing oder das Random Manufacturing.324 In diese Kategorie organisatorischer Innova­ tionen fällt ferner die Integration der Bearbeitungsstufen Fertigung und Montage in einem FFS.325

319 320 321 322 323

324

325

Vgl. Breit/Kubin/Munz 1995, S. 26-27. Vgl. Zhang 1994. Siehe zur Weiterentwicklung von flexiblen Spannsystemen ergänzend Breit u. a. 1996, S. 30-31. Vgl. Friedrichs/Gromotka 1992, S. 118; Breit/Kubin/Munz 1995, S. 31. Vgl. Sata 1993, p. 55; Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 52. Vgl. zum organisatorischen Entwicklungstrend autonomer Produktionssysteme allgemein z. B. Tönshoff u. a. 1996, S. 23. Eine Deskription und Abgrenzung dieser Konzeptentwicklungen findet sich in Engel 1990; Okino 1993; Zahn/Dillerup 1994, S. 33-35; Diesch/Koch 1995, S. 84; Tharumarajah/Wells/Nemes 1996. Vgl. Arrigo 1988, p. 185; Kusiak 1988, p. 45. Siehe zu einem Praxisbeispiel eines inte­ grierten Fertigungs- und Montagesystems Kochan 1988b.

3 Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS 3.1 Forschungskonzeption auf kontingenztheoretischer Basis 3.1.1 Grundlagen der Kontingenztheorie Die Suche nach einem geeigneten theoretischen Bezugsrahmen markiert den Ausgangs­ punkt der Forschungskonzeption.1 Hierzu bietet das Spektrum der betriebswirtschaftli­ chen Organisationstheorien eine Bandbreite von Möglichkeiten, die üblicherweise unter­ gliedert werden in

• • •

klassische, neoklassische und moderne

Ansätze.2 Diese Art der Unterteilung basiert weniger auf inhaltlichen Kriterien, sondern ergibt sich aus einem zeitlichen Gesamtrahmen. Zu den klassischen Ansätzen der Orga­ nisationsforschung zählen der Bürokratieansatz von Max Weber, der administrative Ansatz von Henri Fayol sowie der arbeitswissenschaftliche Ansatz von FREDERICK W. Taylor. Sie spiegeln die Hauptentwicklungen der Organisationsforschung zu Be­ ginn des 20. Jahrhunderts wider und nehmen eine Konzentration auf die formalen Aspekte der Führung und Organisation vor. Die als neoklassisch bezeichneten Organisa­ tionstheorien finden ihre Wurzeln in den 30er Jahren. Vor allem der durch die Hawthor­ ne-Experimente begründete Human-Relations-Ansatz (FRITZ J. ROETHLISBERGER, William J. Dickson und Elton Mayo) sowie die aus den Forschungsarbeiten von Chester I. Barnard, James G. March, Herbert A. Simon und Richrad M. Cyert entwickelte Anreiz-Beitrags-Theorie zählen zu dieser verhaltenswissenschaftlich zen­ trierten Richtung der Organisationsforschung. Als modern werden schließlich jene Or­ ganisationsansätze bezeichnet, die ihren Ursprung zumeist nach dem Zweiten Weltkrieg Vgl. zur Notwendigkeit eines theoretischen Bezugsrahmens als Grundlage empirischer For­ schung bereits Kreikebaum 1961, S. 14; sowie Atteslander 1984, S. 88. In dieser Unter­ suchung wird unter einem theoretischen Bezugsrahmen jedoch nicht nur die Aufarbeitung der themenbezogenen Literatur verstanden, sondern auch die strukturelle und inhaltliche Fundierung des eigenen empirischen Vorgehens durch Rückgriff auf ökonomische Theorien. Siehe zu einem Überblick über Organisationstheorien Grochla 1978, S. 101-103; Probst 1992, S. 420. Vgl. speziell zu dieser Dreiteilung in klassische, neoklassische und moderne Ansätze SchreyöGG 1998, S. 31. Vgl. darüber hinaus zu einem historischen Abriß der Or­ ganisationsforschung Kreikebaum 1998, S. 17.

102

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

haben. Zu erwähnen sind insbesondere der auf der Tradition der Human-RelationsÜberlegungen aufbauende Human-Ressourcen-Ansatz (DOUGLAS M. McGregor, Chris Argyris, Rensis Likert), die mikroökonomische Organisationsanalyse (Oliver E. Williamson), der systemtheoretische Ansatz (W. Ross Ashby, Stafford Beer, Tavistock INSTITUTE), die entscheidungsorientierte Organisationsforschung sowie der kontingenztheoretische Ansatz.

In dieser Arbeit stellt die Kontingenztheorie den theoretischen Bezugsrahmen bereit. Dabei werden im folgenden die Begriffe der Kontingenztheorie und des situativen An­ satzes synonym verwendet.3 Die Kontingenztheorie entwickelte sich aus empirischen Studien zur Organisationsforschung, die insbesondere während der 50er und 60er Jahre durchgeführt wurden.4 Auslösend hierfür war die grundsätzliche Kritik an der in der klassischen Organisationstheorie vertretenen Auffassung, es gäbe eine universell opti­ male Organisationsstruktur, die als einzige Alternative für alle denkbaren Organisations­ situationen umzusetzen sei.5 Vielmehr liege dem Streben nach Realisierung effektiver Organisationsstrukturen eine Relativbetrachtung zugrunde, die sich in einem Abstim­ mungsprozeß zwischen Struktur und Situation manifestiere.6 Die strikt empirisch ausge­ richtete Forschungsrichtung verfolgte daher zunächst die Erfassung von als real ange­ nommenen Einflüssen einer bestimmten Organisationssituation auf die administrative Organisationsstruktur.7 Zu den theoriebegründenden Studien dieser modernen Richtung der Organisationsfor­ schung zählen die Arbeiten von Tom R. BURNS und GEORGE M. STALKER, JOAN Woodward, Paul R. Lawrence und Jay W. Lorsch sowie von der an der Uni­ versity of Aston in Birmingham etablierten Forschungsgruppe unter der Leitung von Derek S. Pugh (The Industrial Administration Research Unit).8 Kennzeichnend für die anfänglichen Forschungsprojekte ist vor allem die Suche nach geeigneten Meßin­ strumenten zur Beschreibung und Erfassung von Organisationsstruktur und Organisati-

Vgl. zur begrifflichen Gleichsetzung auch Ebers 1992, Sp. 1818. Unter einer Kontingenz im organisatorischen Sinne wird allgemein die Abhängigkeit von Bedinungen verstanden. Vgl. Luhmann 1980, Sp. 1065-1066. Vgl. hierzu auch Wollnik 1980, Sp. 593. Wollnik versteht die Kontingenztheorie als An­ tithese zur klassischen Organisationsforschung und -lehre. Diese Auffassung kommt auch durch das folgende Zitat zum Ausdruck: beginning of administrative wisdom is the awareness that there is no one optimum type of management system" Siehe Burns/Stalker 1961, p. 125. Vgl. darüber hinaus Ebers 1992, Sp. 1818; Probst 1992, S. 431. Vgl. Wollnik 1980, Sp. 593. Vgl. Schreyögg 1994, S. 10; Schreyögg 1998, S. 54 und S. 333; Kieser 1999, S. 176. Siehe zu den frühen Untersuchungen Burns/Stalker 1961; Woodward 1965; Lawrence/Lorsch 1967; Pugh/Hickson 1976. Vgl. allgemein zu einem Überblick über kon­ tingenztheoretische Studien Khandwalla 1977, pp. 237-248; Wollnik 1980, Sp. 598-608; Frese 1995, S. 391-403; Donaldson 1996, pp. 1-2; Kieser 1999, S. 169-171; Staehle 1999, S. 49.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

103

onssituation.9 Diese Untersuchungen haben vor allem in den 70er Jahren ein Fülle von Replikationsstudien ausgelöst.10

Allgemein lassen sich die meisten Untersuchungen einer von drei Schulen der Kontin­ genztheorie zuordnen.11 Hierzu zählt die Umweltschule, die Differenzen in den beob­ achteten Organisationsstrukturen mit divergierenden Umweltsituationen zu erklären ver­ sucht. Als zweite Grundströmung der empirischen Organisationsforschung hat sich die Technologie-Schule etabliert, die als maßgebliche Determinante struktureller Varianz die jeweils implementierte Fertigungstechnologie betrachtet. Ausgehend von den Über­ legungen Max Webers zur Bürokratisierung von Organisationen formiert sich schließ­ lich eine dritte Kontingenzschule, die strukturelle Unterschiede im wesentlichen auf die Organisationsgröße zurückfuhrt.

Zu den allgemeinen Forschungszielen des situativen Ansatzes werden die empirische Erfassung von Organisations Strukturen, die Erklärung einer beobachtbaren organisati­ onsstrukturellen Varianz sowie die Ableitung von praxisorientierten Empfehlungen für die Organisationsgestaltung gezählt.12 Dabei orientiert sich die situative Organisations­ forschung an den folgenden Grundannahmen:13 1. Eine universell optimale Organisationsstruktur für alle Situationskonstellationen exi­ stiert nicht. 2. Für eine spezifische Situationskonstellation besteht ausschließlich eine korrespondie­ rende, effiziente Organisationsstruktur. Es gibt somit keinen Korridor äquifunktionaler Strukturlösungen. 3. In Analogie zu naturwissenschaftlichen Gesetzen sind auch Kausalgesetze der Orga­ nisation vorhanden, die unterschiedliche Organisationsmuster determinieren.

9

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12 13

Vgl. Schreyögg 1998, S. 54. Speziell für die deutschsprachige Organisationsforschung konstatiert Kreikebaum Mitte der 60er Jahre ein Defizit empirisch fundierter Elemente und führt dies auf eine bis dato mangelnde Vertrautheit im Umgang mit den Instrumenten der empirischen Forschung zurück. Vgl. Kreikebaum 1965, S. 665. Dies könnte eine mögliche Erklärung für den vergleichsweise späten Anschluß kontingenztheoretischer Untersuchungen in der deutschsprachigen Literatur darstellen. Derartige Studien werden erst gegen Ende der 60er und zu Beginn der 70er Jahre in Deutschland aktuell. Eine detaillierte Darstellung, auch der Replikationsstudien, findet sich in Kubicek/Welter 1985. Zur Bedeutung des situativen Ansatzes in den 70er Jahren merkt Khandwalla an: „Contingency theory is the most powerful orientation in organization theory today.“ Khandwalla 1977, p. 251. Heute hat die Kontingenztheorie diese Vormachtstellung nicht zuletzt aufgrund der mit ihr verbundenen konzeptionellen und inhaltlichen Mängel einge­ büßt. Vgl. Ebers 1992, Sp. 1818. Vgl. zu den Schulen der Kontingenztheorie Schreyögg 1998, S. 59. Siehe speziell zu einem nach Kontingenzschulen differenzierten Überblick empirischer Untersuchungen Kubicek 1980, Sp. 1781-1784; Ebers 1992, Sp. 1825-1828. Vgl. Kieser/Kubicek 1992, S. 199; Schreyögg 1998, S. 54 und S. 333. Vgl. Probst 1992, S. 434; Donaldson 1996, p. 1; Schreyögg 1998, S. 359; Kieser 1999, S. 169.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

104

4. Die Zielsetzung der Bestandssicherung eines Unternehmens setzt die Anpassung der Organisationsstruktur an eine nicht - oder nur sehr eingeschränkt - beeinflußbare Organisationssituation voraus. Die Argumentationslogik der Kontingenztheorie geht von einer spezifischen Organisati­ onssituation aus. Diese ist in ihren Ausprägungen mehrdimensional und läßt sich grob unterteilen in eine interne und externe Organisationssituation.14 Von dieser Organisati­ onssituation ausstrahlend werden deterministische Wirkungsmechanismen vermutet, die bestimmte Ausprägungen der Organisationsstruktur herbeifuhren. Diese situativ kongru­ enten Organisationsstrukturen beeinflussen ihrerseits das Verhalten der Organisations­ mitglieder, die wiederum den Zielerfullungsgrad der Organisation determinieren.15 Ei­ nen zentralen Bestandteil situativer Argumentationslogik bildet der organisatorische Anpassungsprozeß. Ausgehend von der Vorstellung, es existiere für jede Umweltkon­ stellation der Organisation nur eine einzige effiziente Struktur (organisatorisches Gleichgewicht), fuhren inkrementale Veränderungen der Umweltsituation bei zunächst gleichbleibenden Strukturlösungen zu einem verminderten Zielerreichungsgrad. Dieses organisatorische Ungleichgewicht induziert dann strukturelle Anpassungsprozesse zur Wiederherstellung einer situationsgerechten Organisation.16

Organisationsstruktur interne Situation gegenwartsbezogen: Produkte, Fertigungstechnik, Größe vergangenheitsbezogen: Alter der Organisation, Entwicklungsstadium

externe Situation aufgabenspezifisch: Konkurrenz, Kunden, technischer Fortschritt

global: Gesellschaft, Kultur

Abb. 3-1:

14

15 16

Spezialisierung Formalisierung Standardisierung Zentralisierung Konfiguration

(Verhalten der Organisationsmitglieder)

Organisatorische Zielerreichung

Argumentationslogik der Kontingenztheorie; Quelle-, eigene Darstellung in Anlehnung an Kieser/Kubicek 1992, S. 57; Staehle 1999, S. 51

Siehe allgemein zur Unterscheidung in interne und externe Situationsvariablen Hoffmann 1976, S. 244; Probst 1992, S. 431. Dabei wird allgemein die Vorstellung zugrundegelegt, eine Organisation könne die internen Kontextfaktoren in eingeschränktem Ausmaß verän­ dern, stehe jedoch den externen Einflüssen ohne Einflußmöglichkeiten gegenüber. Vgl. zur detaillierten Untergliederung der heterogenen Organisationssituation Wollnik 1980, Sp. 595; Kieser/Kubicek 1992, S. 207-209; Kieser 1993, S. 59. Vgl. Kieser 1999, S. 175-176. Vgl. Schreyögg 1994, S. 10; Donaldson 1996, p. 34.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

105

Üblicherweise werden in einer Kontingenzbeziehung die Situationsvariablen als unab­ hängige, die Strukturvariablen als abhängige Größen interpretiert. Die Organisations­ struktur selbst weist multidimensionalen Charakter auf und läßt sich anhand der Kriteri­ en Spezialiserung, Formalisierung, Standardisierung, Zentralisierung sowie Konfigura­ tion beschreiben.17 Die vorangestellte Abbildung faßt die grundsätzliche Argumentati­ onslogik der Kontingenztheorie zusammen (vgl. Abb. 3-1).

Es lassen sich zwei Varianten der Kontingenztheorie unterscheiden, nämlich das analyti­ sche und das pragmatische Grundmodell.18 Im analytischen Grundmodell steht ein empirisch fundiertes Erkenntnisinteresse im Mittelpunkt der Betrachtung. Dies beinhaltet eine Erfassung der Strukturunterschiede von realen Organisationen. Über die strukturelle Bestandsaufnahme hinaus wird ver­ sucht, die beobachteten Organisationsunterschiede durch unterschiedliche Situationsund Umweltbedingungen der Unternehmen zu erklären. Dies geschieht auf der Basis der oben beschriebenen Argumentationslogik und setzt die Formulierung von sachlogisch oder theoretisch hergeleiteten Annahmen über die jeweiligen Wirkungszusammenhänge voraus.

Die pragmatische Variante des situativen Ansatzes substituiert den Organisationsfor­ scher durch einen Organisationsgestalter. Über die Analyse von Ursachen und Wirkun­ gen situativer Faktoren auf Struktur, Verhalten und Zielerreichung hinaus sollen organi­ sationsstrukturelle Gestaltungsempfehlungen entwickelt werden. Im Mittelpunkt steht nunmehr nicht die Frage nach dem ,warum4 unterschiedlicher Ausprägungen der Orga­ nisation, sondern die Frage nach dem ,wie‘. Es geht um die konkrete Umsetzung jener Organisationsstruktur, die eine Paßgenauigkeit mit dem situativen Umfeld und damit einen möglichst hohen Zielerfüllungsgrad gewährleistet.19 Diese Perspektive im­ pliziert für die Organisationsgestaltung eine reaktive Anpassung organisatorischer Strukturen an das situative Umfeld.

Die Wahl des situativen Ansatzes erfolgte bewußt und beinhaltete neben den Überlegun­ gen zur relativen Vorteilhaftigkeit gegenüber anderen Organisationstheorien zunächst die kritische Auseinandersetzung.20 Dabei kann allgemein zwischen endogener und exo­

17

18 19

20

Diese Strukturdimensionen gehen im wesentlichen auf die frühen Untersuchungen der ASTON-Gruppe zurück. Allerdings wurde anfangs auch die Dimension der Flexibilität als strukturelle Ausprägungsform berücksichtigt, später aber aufgrund des dynamischen Cha­ rakters aus den Forschungskonzeptionen wieder entfernt. Vgl. Pugh/Hickson 1976, pp. 3035. Vgl. zusammenfassend auch Kieser/Kubicek 1992, S. 74; Schreyögg 1998, S. 56-57. Vgl. dazu sowie zu den folgenden Ausführungen Kieser/Kubicek 1992, S. 55-62. Siehe zu dem aus der Literatur entnommenen Begriff eines organisatorischen als das Zueinanderpassen von Struktur und Situation auch Schreyögg 1998, S. 61. Der hier ge­ wählte Terminus der ,Paßgenauigkeit4 bringt diesen Gedanken treffend zum Ausdruck. Gerade die kritische Auseinandersetzung mit den Arbeiten des situativen Ansatzes lieferte Impulse für die Gestaltung des eignenen Forschungsprojekts.

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Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

gener Kritik unterschieden werden.21 Während die endogene Kritik (A) ihren Ansatz­ punkt vor allem in den methodisch-konzeptionellen Defiziten findet, die Aussagen der Kontingenztheorie jedoch nicht grundlegend anzweifelt, vollzieht die exogene Kritik (B) einen Angriff auf die Argumentationslogik situativer Überlegungen. Zunächst erfolgt eine knappe Aufarbeitung wichtiger endogener Kritikpunkte, bevor sich eine zusammen­ fassende Darstellung der exogenen Kritik anschließt. A.I)

Simplifizierung der Aussagensysteme

Für konkrete Problemstellungen der Organisationsgestaltung erweist sich die globale Perspektive kontingenztheoretischer Studien als eingeschränkt aussagekräftig.22 „Prakti­ ker fanden es nicht so spannend, daß z. B. Organisationsgröße mit Dezentralisierung korreliert Ähnlich limitiert ist bereits die Aussagekraft des Untersuchungsergebnis­ ses der ASTON-Gruppe, welches mit zunehmender Organisationsgröße einen ansteigen­ den Strukturierungsgrad erkennt24 Häufig werden Strukturdimensionen auf der Gesam­ torganisationsebene operationalisiert und gemessen. Die aus empirischen Unter­ suchungen extrahierten Wirkungszusammenhänge sind dann von sehr globaler Natur, können allenfalls pauschale Orientierungshilfen für eine Organisationsgestaltung geben und verdecken zudem mögliche Kontingenzbeziehungen zwischen spezifischen Um­ welten und Teilbereichen der Organisation 25 Wenn das Gesamtunternehmen als Be­ zugssystem der situativen Forschung ausgewählt wird, dann kann die Differenziertheit der Organisationsstruktur nicht adäquat berücksichtigt werden.26 Organisationssysteme auf dieser Betrachtungsebene repräsentieren keine homogenen Gebilde. Sie bestehen aus Subsystemen mit wahrscheinlich divergierenden Strukturausprägungen in spezifischen Teilumwelten. 27

21

22 23 24 25 26 27

Vgl. dazu Kieser 1999, S. 183. Die nachfolgenden Erläuterungen der endogenen und exoge­ nen Kritikpunkte lehnen sich im wesentlichen an die Überlegungen von Kieser an. Vgl. Kieser 1999, S. 183-191. Vgl. zu einem zusammenfassenden Überblick über die Kritik­ punkte sowie die korrespondierenden Verteidigungsargumente in Form eines Plädoyers für den situativen Ansatz Donaldson 1996, p. 39. Vgl. Wollnik 1980, Sp. 610 und Sp. 612. Kieser 1993, S. 74. Vgl. Pugh/Hickson 1976, pp. 86-88. Siehe zur Nivellierung von Organisationsunterschieden durch Zugrundelegung einer Global­ betrachtung auch Kubicek 1980, Sp. 1793. Vgl. Kubicek 1980, Sp. 1781. Diese Vorstellung der variierenden Umweltsegmente für organisatorische Teilsysteme geht ursprünglich auf die Studien von Lawrence und Lorsch zurück: „No attention was devoted to the problem in which we are interested - that different external conditions might require different organizational characteristics and behavior patterns within the effective organiza­ tion“ Lawrence/Lorsch 1967, p. 14. Siehe ähnlich auch Udy 1970, pp. 101-102.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

107

A.II) Unvollständige Konzeptualisierung

Viele situative Untersuchungen behandeln nur einzelne Aspekte aus einem breiten Spektrum möglicher Kontingenzen.28 Dadurch werden allerdings bedeutsame Faktoren der Organisationssituation sowie der Organisationsstruktur aus der Forschungskonzepti­ on bewußt oder unbewußt ausgeschlossen. In bezug auf die situativen Einflüsse konzen­ triert sich das Forschungsbemühen beispielsweise ausschließlich auf die Fertigungstech­ nologie, die untemehmensexteme Umwelt oder die Größe der Gesamtorganisation.29 Ähnlich punktuell werden auch die Organisationsstrukturen in wenigen Dimensionen betrachtet. Umfassende Untersuchungen, mit denen eine möglichst vollständige Erfas­ sung von Organisationssituation und Organisationsstruktur angestrebt wird, sind häufig aus auswertungstechnischen Gründen nicht realisierbar oder unterliegen einer Gefahr der Unübersichtlichkeit (Komplexität). Zudem besteht die Möglichkeit, daß relevante Kon­ tingenzfaktoren unberücksichtigt bleiben, weil diese bislang noch nicht entdeckt worden sind.30 Resümierend bezieht sich somit ein Großteil der empirischen Studien lediglich auf einen Ausschnitt der Organisationsrealität.31

Die Kritik an der konzeptionellen Unvollständigkeit durch Konzentration auf Teilaus­ schnitte erstreckt sich jedoch nicht nur auf den Ausschluß von Situations- und Struktur­ variablen, sie bezieht sich auch darauf, daß in vielen Untersuchungen eine Konzeptuali­ sierung und Einbeziehung der Auswirkungen auf den organisatorischen Zielerfüllungsgrad unterbleibt, obgleich diese Wirkungsgefuge einen wesentlichen Bestandteil der Ar­ gumentationslogik bilden.32 A.III) Statistische Unangemessenheit Die zugrundegelegten statistischen Verfahren entsprechen häufig nicht den Anforderun­ gen an ein konzeptionell korrektes Vorgehen. Fragwürdig erscheint in diesem Zusam­ menhang vor allem die Aggregation verschiedener Maßzahlen zu einem Gesamtmaß, um damit zum Beispiel den Spezialisierungs- oder Zentralisationsgrad auszudrücken. Die 28

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31 32

Gerade in diesem Zusammenhang erkennt bereits Kreikebaum als Hauptaufgabe der Orga­ nisationstheorie, eine möglichst breit angelegte Erfassung des Erfahrungsobjekts ,Organisa­ tion4 anzustreben, bevor daraus ein gesamthafter Ansatz konstruiert werden kann. Vgl. Kreikebaum 1965, S. 671. Diese Vorstellung liegt auch dem eigenen Forschungsprojekt zu­ grunde. Siehe zur Kritik an der monokausalen Perspektive, die Organisationssituation lediglich durch einen Hauptfaktor beschreiben zu wollen Kieser/Kubicek 1992, S. 200-201; Donaldson 1996, p. 36. Dies gilt insbesondere für die frühen kontingenztheoretischen Studien. Dies kann nicht nur als Schwäche des situativen Ansatzes ausgelegt werden, sondern auch als Anreiz für weiterführende Forschungsanstrengungen, um neue Situationsvariablen zu entdecken, mit denen ein größerer Anteil der strukturellen Varianz erklärt werden kann. Vgl. Donaldson 1996, p. 33 und p. 41. Vgl. zur unvollständigen Erfassung relevanter Variablen der Organisationssituation und Or­ ganisationsstruktur auch Ebers 1992, Sp. 1829 und Sp. 1831; Kieser 1993, S. 74. Vgl. Kieser 1999, S. 176.

108

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Konstruktion künstlicher Maße, mit denen Ausschnitte der Organisationspraxis erfaßt und beschrieben werden sollen, ist manipulierbar und kann bewußt in Ausrichtung auf das gewünschte Erhebungsergebnis vorgenommen werden.

Auch werden häufig die Basisannahmen statistischer Verfahren nicht explizit erfüllt, beispielsweise wenn Faktorenanalysen durchgeführt werden, ohne einen linearen Zu­ sammenhang zwischen den beobachtbaren Variablen sowie den extrahierten Faktoren zu begründen.33 Zu bemängeln ist ferner, daß die statistische Auswertungsstrategie in vie­ len situativen Untersuchungen dem außenstehenden Leser nicht transparent gemacht wird und sich damit einer Nachvollziehbarkeit weitgehend entzieht. Hier müssen die statistischen Zusammenhänge zur Kenntnis genommen werden, ohne genaue Informa­ tionen über deren Ermittlung zu besitzen. Außerdem kann ein gelegentlicher Drang zur Konstruktion von statistischer Komplexität beobachtet werden. Irrtümlicherweise wird dann wissenschaftlicher Anspruch mit der Komplexität statistischer Verfahren gleichge­ setzt. Tatsächlich sollten die benutzten Verfahren eine einfache und eindeutige Interpre­ tation der ermittelten Ergebnisse erlauben. Im übrigen wirkt auch der ,Erfolgszwang4 früher kontingenztheoretischer Forschungsarbeiten zum situativen Ansatz bis in die Ge­ genwart fort. Eine empirische Untersuchung ausschließlich anhand der Höhe von Kor­ relationskoeffizienten und Signifikanzniveaus beurteilen zu wollen greift zu kurz und setzt den Organisationsforscher unter einen Druck zur Herbeiführung derartiger Ergeb­ nisse.34 Auf die abweichenden Untersuchungspläne sowie die konzeptionelle Unvollständigkeit der einzelnen Forschungsprojekte läßt sich letztlich auch die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse zurückfuhren.35 Dieser Umstand der stückwerkartigen Organisationsfor­ schung erklärt auch den Umstand, daß es der Kontingenztheorie bislang nicht gelungen ist, ein geschlossenes Konzept zu präsentieren.36

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34

35

36

Vgl. allgemein zum linearen Zusammenhang als Anwendungsvoraussetzung der Faktorena­ nalyse Stier 1996, S. 283. Siehe speziell zur problembehafteten Anwendung von Faktoren­ analysen in der Organisationsforschung Kubicek 1980, Sp. 1791. Vgl. darüber hinaus zur mangelnden Erfüllung von Voraussetzungen anderer Verfahren im Kontext des statistischen Designs kontingenztheoretischer Untersuchungen Hoffmann 1976, S. 251. Siehe zur Gefahr der Fehlinterpretation von statistisch signifikanten Korrelationen als reale Kausalbeziehungen Hoffmann 1976, S. 251-252. Hier erfordert die Anwendung statisti­ scher Verfahren eine Flankierung mit theorie- oder plausibilitätsgestützten Überlegungen zu den entsprechenden Wirkungszusammenhängen. In diesem Zusammenhang bemängelt bei­ spielsweise Kubicek, daß statistische Verfahren eine Alibifunktion übernehmen, weil ,hand­ feste4 theoretische Überlegungen fehlen. Vgl. Kubicek 1980, Sp. 1793. Vgl. allgemein Schreyögg 1998, S. 62. Siehe speziell zur Widersprüchlichkeit von Unter­ suchungsergebnissen auch innerhalb einzelner Kontingenzschulen Schreyögg 1998, S. 344346 und S. 350-352. Auch Wollnik gewinnt aus einer Analyse von 82 kontingenztheoreti­ schen Studien widersprüchliche Ergebnisse in bezug auf die Beziehungen zwischen Situa­ tions- und Strukturgrößen der Organisation. Vgl. Wollnik 1980, Sp. 610. Vgl. Ebers 1992, Sp. 1819.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

109

A.IV) Vernachlässigung von Interdependenzen Ein weiterer endogener Kritikpunkt bezieht sich auf die häufig vernachlässigte Proble­ matik von interdependenten Situationsvariablen einerseits, sowie von interdependenten Strukturvariablen andererseits.37 Diese Kritik trifft beispielsweise nicht auf die For­ schungsarbeit der ASTON-Gruppe zu. Die dort zugrundegelegte Methodik beinhaltete zunächst die Erfassung von organisatorischen Strukturdimensionen über eine Summe von 64 Einzelskalen, deren statistische Zusammenhänge anschließend in einer Interkor­ relationsmatrix abgebildet wurden. Als Ergebnis einer struktursuchenden Faktorenanaly­ se wurden schließlich vier voneinander unabhängige Strukturdimensionen extrahiert, die zusammen knapp 73% der strukturellen Gesamtvarianz erklären konnten. Im nächsten Schritt wurde nach Durchführung einer Clusteranalyse ein Spektrum von sieben ver­ schiedenen Organisationstypen hergeleitet.38 Des weiteren ist in konzeptioneller Sicht die eindeutige Zuordnung einer Variable zur Kategorie Situation oder Struktur nicht immer möglich, teils sogar stark umstritten.39

A.V) Nichterfüllung eines Repräsentativitätsanspruchs Schließlich läßt der begrenzte Stichprobenumfang vieler Untersuchungen eine Verall­ gemeinerung der Forschungsergebnisse durch Rückschluß auf die Grundgesamtheit nicht zu.40 Die (Nicht-)Repräsentativität von Stichproben wird in den meisten kontingenztheo­ retischen Studien nicht einmal problematisiert. Die folgenden Ausführungen vermitteln eine Vorstellung über Stichprobenumfänge situativer Forschungsarbeiten. BURNS und STALKER leiten ihre Ergebnisse aus einer Studie von 20 Betrieben der Elektronikbranche in Schottland her. Die kontingenztheoretischen Schlußfolgerungen der ASTON-Gruppe basieren auf einer Auswertungsgesamtheit von 46 Unternehmen im Raum BIRMINGHAM. Die technologiebezogenen Situationsforschungen von Woodward beziehen sich auf eine Stichprobe von 100 Unternehmen in ESSEX (Großbritrannien). Aus einer literaturty­ pischen Zusammenstellung von 40 Untersuchungen zur Organisationsgröße und Spezia­ lisierung wird deutlich, daß knapp 73% der zitierten Studien einen Stichprobenumfang von lediglich N < 60 Aussageeinheiten realisiert haben.41

Die anschließenden Ausführungen fassen die wesentlichen Punkte einer exogenen Kritik am situativen Ansatz zusammen.

37 38

39

40 41

Vgl. Wollnik 1980, Sp. 611. Vgl. im einzelnen zur Methodik der ASTON-Gruppe Pugh/Hickson 1976, pp. 157-177; so­ wie zusammenfassend Hoffmann 1976, S. 249-250; Schreyögg 1998, S. 57-59. Vgl. Wollnik 1980, Sp. 611. Hoffmann bezeichnet die Zuordnung empirisch zu erfassen­ der Variabler zur Organisationssituation bzw. -Struktur als forschungsstrategische Grund­ satzentscheidung. Vgl. Hoffmann 1976, S. 244. Vgl. Ebers 1992, Sp. 1829. Vgl. Donaldson 1996, p. 139.

110

B.I)

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Implizierte Passivität der Organisationsgestalter

Die deterministische Sichtweise der situativen Argumentationslogik impliziert eine Pas­ sivität der Organisationsgestalter auf der Untemehmensebene. Organisationsgestaltung scheint hier auf bewußte oder unbewußte Adaption und Reaktion des Managements re­ duziert zu werden.42 Diese mechanistische Interpretation der Kontingenztheorie wird der Organisationspraxis allerdings nicht gerecht, in welcher im Regelfall ein Gestaltungssy­ stem zwischen Organisationssituation und Organisationsstruktur geschaltet wird 43 Es besteht aus organisationspraktischer Perspektive zudem eine ablehnende Haltung gegen­ über der Vorstellung, daß die betrieblichen Entscheidungsträger bei der »Organisations­ gestaltung4 ohnmächtig dem situativen Diktat folge leisten 44 Stattdessen bevorzugt das Management die Ansicht der organisationsstrukturellen Wahlfreiheit, die den eigenen Entscheidungsspielraum ausdehnt. Zu den Aufgaben des Gestaltungssystems zählen der Entwurf, die Implementierung so­ wie die Anpassung von formalen Organisationsstrukturen. Hierbei beschränken oder stimulieren Situations variablen die Wahl der Organisationsstruktur, die sich am Zielsy­ stem des Unternehmens orientiert45 Aus dieser Sicht besteht tatsächlich eine organisati­ onsgestaltende Wahlfreiheit, allerdings nicht im Hinblick auf ein Spektrum äquifunktionaler Strukturaltemativen, die alle den gleichen Zielerfullungsbeitrag leisten. Das Gestaltungssystem kann durchaus eine suboptimale Strukturlösung wählen, doch wird diese wahrscheinlich nicht die angestrebte Leistungssteigerung ermöglichen. Die bei si­ tuativer Paßungenauigkeit getroffenen Strukturentscheidungen werden dann zu Korrek­ turen fuhren, bis die situationsspezifisch ,beste4 Organisationsstruktur realisiert ist46

Das Gestaltungssystem ist kein anonymes, mechanisches Entscheidungsinstrument des Unternehmens. Hier fließen bei der Konstruktion organisatorischer Regelungen Einstel­ lungen, Wertvorstellungen, Erfahrungen und Partikularinteressen der organisationsge­ staltenden Mitarbeiter ein, die ihrerseits Kontextbedingungen darstellen 47 Das Gestal­ tungssystem übt über die organisatorische Strukturbildung Macht auf andere Organisa­ tionsmitglieder aus und kann unter bestimmten Bedingungen durchaus nach Statuser­ 42

43 44 45

46 47

Vgl. Gerwin 1979, p. 46; Probst 1992, S. 434; Staehle 1999, S. 51. Hierzu merkt Schreyögg an: „Der Organisationsgestalter wird (...) vom Systemarchitekten, wie er in der klassischen Theorie fungiert, auf die Rolle eines externen Bestimmungsfaktoren gehorchen­ den Transformators reduziert; Organisationsgestaltung kann letztlich nur noch Anpassung an externe Sachzwänge sein“ Schreyögg 1998, S. 63. Vgl. Wollnik 1980, Sp. 597; Schreyögg 1998, S. 63. Siehe insbesondere Kieser/Kubicek 1992, S. 221. Vgl. Donaldson 1996, p. 5. Im Kem übernimmt das Gestaltungssystem die Aufgabe eines Organisationsmanagements, wie es zum Beispiel Kreikebaum im Kontext international tätiger Unternehmen definiert. Vgl. Kreikebaum 1998, S. 3. Vgl. dazu Donaldson 1996, pp. 50-52 und p. 56. Vgl. Wollnik 1980, Sp. 611; Kieser/Kubicek 1992, S. 222; Donaldson 1996, p. 6 und p. 49.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

111

haltung streben, unabhängig von dem verhaltenswissenschaftlich neutralen Gedanken der situativen Paßgenauigkeit. Dieser Umstand wird in den traditionellen Untersuchun­ gen der Kontingenztheorie zumeist verdeckt, denn damit würde auch die Möglichkeit zur organisatorischen Selbstdestruktion eröffnet, die mit den Grundannahmen unvereinbar wäre. Schwierig gestaltet sich jedoch die Operationalisierung von Situations variablen eines solchen Gestaltungssystems. Darüber hinaus kann auch von der Untemehmensphilosophie oder dem landeskulturellen Umfeld der Organisation ein Einfluß auf die Ausprägungen der Organisationsstruktur entstehen. Die seitens der traditionellen Kontingenztheorie postulierte Kulturfreiheit („culture-free thesis“) ist realiter nicht oder nur eingeschränkt haltbar.48 Der Transmissi­ onsmechanismus dieser Situationsvariablen würde gleichfalls über das Gestaltungssy­ stem auf die Ausprägungen der Strukturen hergestellt.

Sofern dem Gestaltungssystem eine proaktive Rolle der organisatorischen Strukturbil­ dung zuerkannt wird, impliziert dies auch die Fähigkeit des Unternehmens zur Beein­ flussung der Situation 49 Diese Umkehrung der situativen Wirkungsgefüge kann mit dem Begriff des reziproken Determinismus zum Ausdruck gebracht werden.50 B.II) Deskriptive und normative Schwächen

Kontingenztheoretische Überlegungen leisten im handlungsanleitenden Sinne kaum ei­ nen Beitrag für die aktive Organisationsgestaltung. Fundamentaler Natur ist hier die Kritik an den frühen situativen Untersuchungen, die zwar einen deterministischen Me­ chanismus zwischen Organisationssituation und Organisationsstruktur postulierten, die allerdings keinen Erklärungsbeitrag für die konkrete Funktionsweise dieses Wirkungsge­ füges liefern konnten.51

48

49

50

51

Vgl. allgemein Schreyögg 1998, S. 61; sowie speziell zu einer vergleichenden Studie zwi­ schen sechs amerikanischen und einem deutschen Unternehmen der Kunststoffindustrie, in welcher eine Kontingenz zwischen Landeskultur und Organisationsstruktur festgestellt wer­ den konnte, Ruedi/Lawrence 1970. Siehe im einzelnen zur Kontroverse zwischen „culturefree thesis“ und „culture-bound thesis“ Kieser 1993, S. 61. Siehe dagegen zur »Bestätigung4 des Kulturfreiheitspostulats Donaldson 1996, pp. 138-139. Der Autor listet darin Untersu­ chungen aus 16 Ländern auf, in denen kulturübergreifend eine positive Korrelation zwischen Organisationsgröße und Spezialisierungsgrad ermittelt wurde. Vgl. ähnlich Ebers 1992, Sp. 1830; Donaldson 1996, p. 17. Im Regelfall wird die Mög­ lichkeit zur Situationsbeeinflussung durch Strukturveränderungen jedoch abhängig sein von der Untemehmensgröße und der damit verbundenen Marktmachtstellung. Dies trifft folglich nur für einen marginalen Teil der Unternehmen zu. Vgl. Donaldson 1996, pp. 25-27. Donaldson verwendet den Begriff der reziproken Kausalität und erkennt auch darin eine kontingenztheoriekonforme Ausprägung des Determinismus. Vgl. Donaldson 1996, p. 35. Allerdings verschwimmt dann die Abgrenzungsklarheit zur systemtheoretisch-kybemetischen Organisationstheorie, die allgemein eine wechselseitige Wirkungsrichtung zwischen Umwelt und System zuläßt. Vgl. Ebers 1992, Sp. 1829; Kieser 1993, S. 74; Schreyögg 1998, S. 60.

112

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Aus dieser allgemeinen Erklärungsschwierigkeit von situationsspezifischen Wirkungs­ mechanismen lassen sich anhand der nachstehenden Abbildung 3-2 weitere theoriebezo­ gene Problembereiche erkennen:52

1. Die Kontingenztheorie leistet keinen nennenswerten Erklärungsbeitrag dafür, wie die Strukturaltemative im Zeitraum zwischen to und tj im Detail aussieht, mit der eine Paßgenauigkeit zur korrespondierenden Organisationssituation hergestellt wird. Dies liegt daran, weil der situative Ansatz bereits in dieser statischen Ausgangssituation das Kriterium der Paßgenauigkeit nicht hinreichend genau definieren kann. 2. Die Kontingenztheorie gibt kaum einen Hinweis darauf, anhand welcher Umwelt­ merkmale eine graduelle Situationsveränderung zwischen den Zeitpunkten to und t2 konkret festgestellt und gemessen werden kann.53 Der organisatorische Zielerfüllungsgrad (ZEG) ist nur indirekt als Maßgröße geeignet. Seine im Zeitpunkt t3 fest­ gestellte Reduzierung verkörpert die Folge einer veränderten Umweltkonstellation. Aussagen über die Ursachen dieser Situationsveränderung sowie über deren spezifi­ sche Ausprägungen lassen sich jedoch kaum treffen. 3. Die Kontingenztheorie erfüllt kaum einen normativen Anspruch, wenn es um die Be­ reitstellung von Informationen über die konkrete situationsspezifische Strukturalter­ native zwischen den Zeitpunkten t3 und t4 geht, mit welcher die Paßgenauigkeit wie­ derhergestellt werden kann. Selbst die Gültigkeit der Annahme des strikten Determinismus und damit einhergehend der implizierten Passivität des Gestaltungs­ systems als Reaktor auf eine bestimmte Situationskonstellation würde vollständige Information über den potentiellen Lösungsraum paßgenauer Organisationsstrukturen voraussetzen. Realistischerweise muß allerdings von der begrenzten Rationalität des Gestaltungssystems ausgegangen werden,54 so daß a priori eine Vorstellung über die optimale Organisationsstruktur nicht notwendigerweise gegeben ist. Annahmegemäß erfordert die Kontingenztheorie jedoch, daß nur diese paßgenaue Struktur eine Be­ standssicherung des Unternehmens gewährleisten wird. Hierbei kann es aber durch­ aus möglich sein, daß die Umwelt und insbesondere der Markt kleinere Paßunge­ nauigkeiten dulden.55 Auch längerfristig kann eine Überkompensation von einzelnen Strukturschwächen durch andere Strukturstärken die andauernde Marktpräsenz des Unternehmens mit paßungenauer Organisationsform sichern. 52

53 54

55

Vgl. allgemein auch Wollnik 1980, Sp. 612; Probst 1992, S. 434; Schreyögg 1998, S. 359. Ein Instrument wie zum Beispiel die „Strategie Issue Analysis (SIA)“ als Bestandteil des strategischen Managements wird nicht thematisiert. Siehe speziell dazu Kreikebaum 1989. Siehe grundsätzlich zur begrenzten Rationalität des menschlichen Verhaltens Simon 1976, pp. 38-41, pp. 80-81 sowie pp. 240-244. Diese Beschränkung ist dabei unabhängig von der allgemeinen Absicht des Organisationsgestalters, rational handeln zu wollen. Vgl. Donaldson 1996, pp. 20-21. Diese Relaxation läßt auch der situative Ansatz mit Ein­ schränkung zu. So erkennt Schreyögg in der Ausdrucksform des strengen Determinismus die enge Version der Kontingenztheorie, die ergänzt wird durch eine gemäßigte Auslegung, in welcher zumindest kurzfristige Abweichungen zwischen Organisationssituation und Or­ ganisationsstruktur zugelassen sind. Vgl. Schreyögg 1998, S. 358.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

Abb. 3-2:

113

Strukturelle Anpassung an situative Veränderungen

4. Die Kontingenztheorie ermöglicht dem organisatorischen Gestaltungssystem eines Unternehmens keine oder nur eine grobe zeitpunktbezogene Positionierung im dy­ namischen Ablauf zwischen Ausgangsstruktur, Situationsveränderung und Struk­ turanpassung (Zeitraum to bis t5).56 Dies liegt auch daran, weil die empirischen For­ schungsarbeiten nur eine Momentaufnahme des organisatorischen Lebenszyklus abbilden.57 Die daraus resultierende statische Betrachtung läßt eine Ableitung de­ 56

57

Es handelt sich hier um eine theoriebezogene Schwachstelle, die ähnlich auch im Produktle­ benszyklus erkennbar ist. Dort läßt sich kaum ermitteln, in welcher Lebenszyklusphase sich ein Produkt zum Zeitpunkt t befindet. Vgl. Kreikebaum 1997, S. 77. Vgl. dazu Ebers 1992, Sp. 1831. Auch die vorliegende Arbeit muß sich dem Vorwurf einer Momentaufnahme der arbeitsorganisatorischen Realität in FFS aussetzen.

114

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

skriptiver und kausaler Aussagen über eine Situations-Struktur-Dynamik nicht oder nur sehr eingeschränkt zu. 5. Die Kontingenztheorie impliziert eine , wunderbare Welt der Kostenneutralität4. Or­ ganisatorische Paßungenauigkeiten werden mittels struktureller Anpassungsprozesse beseitigt, die Organisationsleistung nach Ausrichtung der Strukturen auf die verän­ derten Situationsbedingungen wieder gesteigert. Durch diese Reorganisationsprozes­ se entstehen allerdings Kosten, die kontingenztheoretisch nicht näher thematisiert werden. Hier wird offenbar ein ausreichender finanzieller Handlungsspielraum ^financial slack“) angenommen. Das Kostenargument verliert jedoch seine Rele­ vanz, wenn davon ausgegangen wird, daß die gestiegene Untemehmensleistung nach erfolgter Anpassung die entstandenen Kosten der Reorganisation überkompensiert.58 Abschließend bleibt festzuhalten, daß der situative Ansatz als Einzeltheorie häufig ange­ zweifelt wird,59 weil die Ableitung von theoriebezogenen Aussagen aus den empirischen Forschungsergebnissen grundsätzlich den Rückgriff auf andere Organisationstheorien notwendig macht.60 So funktioniert beispielsweise der situative Transmissionsmecha­ nismus einer sich wandelnden untemehmensextemen Umweltsituation auf die unternehmensinteme Organisationsstruktur nur, wenn das Unternehmen als offenes System betrachtet wird, dessen Zielsetzung die langfristige Bestandssicherung darstellt. Diese Vorstellung greift originär auf die Inhalte der systemtheoretisch-kybemetischen Organi­ sationstheorie zurück.61 Trotz dieser Kritik am situativen Ansatz läßt sich für die Zwecke dieser Untersu­ chung gerade seine Stärke nutzen. Die Kontingenztheorie erweist sich nämlich als nützliches Instrument der Organisationsforschung, um ein differenziertes und empi­ risch gestütztes Verständnis über Entstehung und Ausprägung verschiedener Orga­ nisationsformen zu generieren 62 Dies schließt auch das Erkenntnisinteresse an bis­ lang kaum problematisierte Fragen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungs­ systemen ein.

58 59 60 61

62

Vgl. Donaldson 1996, pp. 30-31. Siehe ähnlich Ebers 1992, Sp. 1830. Vgl. Kieser 1993, S. 75; Schreyögg 1998, S. 356. Vgl. Schreyögg 1998, S. 59-60. Im Gegensatz zur Kontingenztheorie legt die Systemtheo­ rie allerdings eine grundsätzliche Interdependenz zwischen Umwelt und System zugrunde, die eine Unterscheidung in unabhängige und abhänge Variablen nicht gestattet. Darüber hin­ aus läßt die Systemtheorie eine grundsätzliche Äquifunktionalität verschiedener Reaktions­ möglichkeiten eines Systems auf die Umweltkonstellationen zu, die in der streng determini­ stischen Kontingenztheorie nicht existiert. Hier macht sich die Kontingenztheorie nur ausgewählte systemtheoretische Inhalte zunutze. Schreyögg resümiert: „Somit stellen sich uns die Kontingenztheorien als ein Amalgam aus empirischen Gesetzeshypothesen und (funktionalistisch) systemtheoretischen Deutungsmustern dar“ SCHREYÖGG 1998, S. 357. Vgl. allgemein zu diesem Plädoyer für die Kontingenztheorie auch Probst 1992, S. 434; sowie Donaldson 1996, p. 48.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

115

Außerdem sind neuere, in der kontingenztheoretischen Forschungstradition stehende Untersuchungen darum bemüht, obige Defizite aufzugreifen und adäquat zu berück­ sichtigen. Hier ist allgemein eine Verlagerung des Forschungsinteresses festzustel­ len, welches weniger die Existenz streng deterministischer Beziehungen zwischen Organisationssituation und Organisationsstruktur aufdecken möchte, sondern viel­ mehr das System der Organisationsgestaltung fokussiert,63 wie es zum Beispiel im Konzept der strategischen Wahl zum Ausdruck kommt.64 Entscheidungen zur Orga­ nisationsstruktur werden nunmehr als das Ergebnis eines bewußten und interessen­ geleiteten Prozesses mehrerer Organisationsmitglieder betrachtet. Die Globalper­ spektive einer uniform agierenden Organisation wird aufgegeben und durch die Vorstellung einer Organisation als Koalition gegensätzlicher Interessen ersetzt65 Somit werden Strukturentscheidungen im situativen Sinne auch durch die Macht­ verhältnisse der Mitglieder des organisatorischen Gestaltungssystems beeinflußt. Die Entscheidung für den situativen Ansatz basierte auf einer Durchleuchtung der Organisationstheorien. Dabei bildete die grundsätzliche Theoriegeeignetheit für eine Behandlung der beiden Ausgangsthesen das Auswahlkriterium. Prinzipiell zeichnet sich der situative Ansatz durch einen Perspektivenpluralismus aus.66 Die Organisa­ tionsanalyse setzt dabei in der Realität beobachtbare Strukturen mit einer Vielfalt von Einflußfaktoren in Beziehung und verfolgt das Ziel, eine differenzierte Vorstel­ lung über die Organisationsrealität erhalten zu können. Hier geben andere Organisa­ tionstheorien einen sehr selektiven Analyserahmen vor, der zum Beispiel aus­ schließlich individual-psychologische Aspekte der Organisation oder die Gegen­ überstellung von Organisationen mit Formen der marktlichen Koordination themati­ siert. Zwischen diesen Perspektiven liegt die Analyseeinheit eines flexiblen Ferti­ gungssystems, einer FFS-Organisation. Diese Positionierung legt damit eine Meso­ theorie der Organisation nahe, die das Verhalten und Beziehungsgefüge von Gesamtorganisationen bzw. größerer Organisationseinheiten zum Untersuchungsge­ genstand macht67

Der kontingenztheoretische Analayserahmen kann grundsätzlich als empiriefreund­ lich eingestuft werden. Andere Organisationstheorien, wie beispielsweise die An­ reiz-Beitrags-Theorie, der Human-Relations- bzw. Human-Ressourcen-Ansatz er­ fordern eine verhaltenswissenschaftlich ausgerichtete Individualbetrachtung, die 63 64

65

66 67

Vgl. Kieser 1993, S. 74-75; Donaldson 1996, p. 11; Schreyögg 1998, S. 64. Siehe allgemein zur strategischen Wahl im situativen Kontext Donaldson 1996, p. 6; sowie speziell Child 1977, pp. 12-15; und zusammenfassend Gerwin 1979, pp. 46-47; Kieser 1999, S. 191-192. Vgl. zur Organisation als Koalition gegensätzlicher Interessen Cyert/March 1995, S. 2930. Siehe zum Perspektivenpluralismus in den Organisationstheorien z. B. Scherer 1999, S. 2. Dagegen thematisieren Mikrotheorien der Organisation das Verhalten individueller Organi­ sationsmitglieder und Makrotheorien die Beziehungen zwischen separaten Organisationen. Vgl. dazu auch Scherer 1999, S. 2.

116

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

eine Befragung einzelner Mitglieder des Personalsystems eines FFS sowie der In­ stanzen notwendig machen würde. Die Behandlung der Arbeitsorganisation in flexi­ blen Fertigungssystemen auf Fallstudienbasis wäre hierzu geeignet, könnte über Strukturvarianz und -determiniertheit einer größeren Zahl von FFS-Organisationen jedoch keine Aussagen generieren. Im Vergleich zur mikroökonomischen Organisa­ tionsanalyse oder zu den Human-Relations- sowie den Human-Ressourcen-Ansätzen bietet die Kontingenztheorie zudem den Vorteil einer relativen Beherrschbarkeit der Operationalisierungsproblematik. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise auf die schwierige Erfassung von Transaktionskosten in der betrieblichen Praxis oder die empirische Handhabung des Motivationsbegriffs hingewiesen.68 Schließlich be­ sitzt die Kontingenztheorie den Vorteil der relativen Objektivität in bezug auf die empirisch zu erfassenden Variablen.69 Die kontingenztheoretische Forschungsme­ thodik strebt nach einer von den Perzeptionen des Befragten weitgehend unabhängi­ gen Messung der Variablen zur Organisationssituation, -Struktur und zum organisa­ torischen Zielerreichungsgrad und gewährleistet dadurch eine bessere Vergleich­ barkeit von empirischen Erhebungsergebnissen.

3.1.2 Spezifizierung der Modellbestandteile 3.1.2.1 Zum funktionalen Begriff der Arbeitsorganisation Der Wahl des allgemeinen Theoriegerüsts schließt sich die Übertragung von kontin­ genztheoretischen Argumentationen auf die spezielle Problematik an. Hierzu wird ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen entwickelt. Für die vorliegende Themenstellung strebt das argumentative Grundmuster der Kontin­ genztheorie danach, die möglicherweise realisierten arbeitsorganisatorischen Struktu­ runterschiede der Anwender flexibler Fertigungssysteme durch ein unterschiedliches si­ tuatives Umfeld erklären zu können.

Ergänzend zur Arbeitsdefinition eines flexiblen Fertigungssystems erfordern Konzeptualisierung und Operationalisierung von Situation und Struktur der Arbeitsorganisation zunächst jedoch eine Begriffsklärung. Ähnlich wie der Begriff des flexiblen Fertigungs­ systems ist auch die Arbeitsorganisation defmitorisch nicht einheitlich fixiert.70 Eine Orientierungshilfe geben die Dimensionen des allgemeinen Organisationsbegriffs, die wie folgt differenziert werden:71 68

69 70 71

Vgl. zur Problematik der Transaktionskostenerfassung z. B. Schmidt 1992, Sp. 1856; Kaas/Fischer 1993, S. 688. Siehe zur Schwierigkeit einer Operationalisierung der Motiva­ tion beispielsweise Staehle 1999, S. 219. Vgl. zur Unabhängigkeit der empirisch zu erfassenden Variablen von persönlichen Eigen­ schaften einzelner Organisationsmitglieder Kieser 1999, S. 174. Vgl. hierzu auch Laske 1980; Heeg 1991, S. 18; Grap 1992, S. 10. Vgl. z.B. Krüger 1993, S. 13.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

• • •

117

funktional; institutional; instrumental.

Um vorab eine konkretere Vorstellung über die Arbeitsorganisation in FFS generieren zu können, soll zunächst die funktionale Begriffsauslegung herangezogen werden, die Or­ ganisation als Tätigkeit versteht. In diesem Sinne kann Arbeitsorganisation als zielorien­ tierte Kombination von menschlicher Arbeitsleistung und Betriebsmitteln zur Erstellung von Sachgütern innerhalb einer betrieblichen Organisationseinheit interpretiert wer­ den.72 Diese Begriffsauslegung impliziert eine Zuordnung von Aufgaben an einzelne Arbeitskräfte und an die technische Ausstattung des Produktionsapparats. Damit rückt der Schnittstellenbereich ,Mensch-Technik4 in den Mittelpunkt arbeitsorganisatorischer Gestaltung. Allerdings greift diese Betrachtung zu kurz, da sie keinen Hinweis auf die Art der Aufgabenverteilung innerhalb des Personalsystems gibt.

Erweitert wird an anderer Stelle Arbeitsorganisation als Gestaltungsprozeß betrachtet. Darin erfolgt die Zuordnung menschlicher Arbeitsleistungen auf verschiedene Aufga­ benträger des Personalsystems, die Bestimmung der für die Aufgabendurchführung be­ nötigten Fertigungsmittel sowie die Einrichtung eines den Produktionsprozeß und die Aufgabenträger koordinierenden Kompetenz- und Weisungssystems.73 Diese Beschrei­ bung beinhaltet über eine Aufgabenzuordnung im Schnittstellenbereich zwischen Tech­ nik- und Personalsystem hinaus auch die Arbeitsteilung innerhalb des Personalsystems in Form der Stellenbildung sowie den aufbauorganisatorischen Aspekt des Weisungssy­ stems. In ähnlicher Weise beschreiben Meine und PORNSCHLEGEL die Arbeitsorganisa­ tion als den Vorgang der Zerlegung einer Gesamtaufgabe in Teilaufgaben, die Zuord­ nung dieser Aufgabenelemente an einzelne Arbeitnehmer sowie an verschiedene Instanzen innerhalb der Untemehmenshierarchie, die Festlegung von Grundsätzen und Methoden für die räumliche sowie zeitliche Koordination der Teilaufgaben und schließ­ lich die Bestimmung der mitarbeiterbezogenen Formen der Zusammenarbeit innerhalb einer definierten Organisationseinheit.74

Eine weitergehende Begriffsfassung versteht Arbeitsorganisation als Prozeß der Her­ stellung eines Arbeitssystems mit dem Ziel der optimalen Interaktion von Mensch, Be­ triebsmittel, Information und Arbeitsgegenstand durch Aufgabengliederung und -Zuordnung an die Mitglieder des Personalsystems und an das Techniksystem, durch Er­ richtung eines Informations- und Kommunikationssystems sowie durch Arbeitszeitge­ staltung.75

72 73

Vgl. Oppholzer 1989, S. 23. Vgl. Bullinger/Nespeta 1989, S. 412; sowie ähnlich Brödner 1990, p. 108.

74 75

Vgl. Meine/Pornschlegel 1987, S. 16. Siehe auch Luczak 1998, S. 495. Vgl. Heeg 1991, S. 17. Siehe ähnlich Grap 1992, S. 24. Darin werden auch Aspekte des Entgeltsystems sowie der Führung zum Gegenstandsbereich der Arbeitsorganisation gezählt. Eine weite Betrachtung der Arbeitsorganisation findet sich auch in REFA 1990, S. 27-31; sowie Esser/Kemmner 1992, S. 11-13.

118

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Auf der Basis obiger Begriffsauslegungen wird in dieser Arbeit eine Unterscheidung der funktionalen Arbeitsorganisation flexibler Fertigungssystemen in eine weite (A) sowie eine enge (B) Auslegung vorgenommen. (A)

Funktionale Arbeitsorganisation in FFS (i. w. S.)

Im weiten Sinne beschreibt die funktionale Arbeitsorganisation die Gestaltung eines Systems organisatorischer Regelungen für das zielerreichende Zusammenwirken von Arbeitssubjekten (Menschen), Arbeitsobjekten, Betriebsmitteln und Informatio­ nen im Arbeitsprozeß. Im einzelnen umfaßt diese organisationsgestaltende Tätigkeit die Bestimmung sämtlicher zur Erfüllung der definierten Fertigungsaufgabe eines FFS erforderlichen Teilaufgaben sowie die Festlegung des Zuständigkeitsbereichs für die Aufgabenaus­ führung durch bereichsbezogene Verortung an das Personalsystem einerseits und an produktionsunterstützende Abteilungen andererseits. Darüber hinaus zählt die inter­ ne Verteilung von Teilaufgaben an einzelne Aufgabenträger des Personalsystems ebenso zum funktionalen Spektrum der Arbeitsorganisation wie die Bestimmung der FFS-Instanzen und deren Einbindung in das betriebliche Stellengefüge. Auch die Zuordnung von Teilaufgaben an die Komponenten des Techniksystems in Form der soziotechnischen Arbeitsteilung, die Bestimmung und Koordination der Arbeitsabläufe innerhalb des FFS sowie die Gestaltung des systeminternen Informa­ tions- und Kommunikationssystems auf interpersoneller Ebene (Mensch-MenschDialog), im Schnittstellenbereich zwischen Mensch und Technik (MenschMaschine-Dialog) und auf strikt technischer Ebene (Maschine-Maschine-Dialog) gehören zu den funktionalen Bestandteilen der Arbeitsorganisation i. w. S. Schließ­ lich bildet auch die Arbeitszeitgestaltung, insbesondere die Schichtregelung und die Arbeitszeitflexibilisierung, ein arbeitsorganisatorisches Funktionsfeld.

(B)

Funktionale Arbeitsorganisation in FFS (i. e. S.)

Eine weite Auslegung ist für die Zwecke dieser Studie eher ungeeignet, weil sie Tätig­ keitsbereiche einschließt, die in praxi typischerweise nicht mit den Inhalten einer funk­ tionalen Arbeitsorganisation assoziiert werden. So zum Beispiel die rein technischen sowie soziotechnischen Gestaltungselemente, die Bestandteile der technikorientierten Fabrikplanung darstellen können. Die praxisorientierte Ausrichtung der Themenstellung erfordert somit eine begriffliche Einengung. Die funktionale Arbeitsorganisation im engen Sinne umspannt die auf eine best­ mögliche Erfüllung der systemspezifischen Produktionsaufgabe gerichtete Bestim­ mung eines Systems organisatorischer Regelungen, welches die Tätigkeitszuord­ nung zwischen Personalsystem und systemexternen, produktionsunterstützenden Bereichen sowie die Aufgabenverteilung innerhalb des Personalsystems eines FFS herstellt. Ferner gehören die Einrichtung der Systemleitung sowie die Festlegung der personalsystembezogenen Formen der Zusammenarbeit zum Tätigkeitsspektrum der Arbeitsorganisation i. e. S.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

3.1

119

.2.2 Differenzierte Betrachtung der Systemumwelt

Konzeptionell erfordert die situative Ausrichtung des eigenen Forschungsdesigns zu­ nächst die Bestimmung möglicher Situationsvariablen, die als Einflußkräfte auf die Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen einwirken können.76 Hierzu finden sich in der Literatur nur vereinzelt Anhaltspunkte.

Pauschal postulieren beispielsweise Asendorf und SCHULTZ-Wild, daß die Arbeitsor­ ganisation in flexiblen Fertigungssystemen von den untemehmensspezifischen internen und externen Bedingungen abhängt.77 Ein höherer Konkretisierungsgrad findet sich an anderer Stelle, wonach die Tätigkeitszuordnung auf Werkstattebene durch die Ausprä­ gungsform der Fertigungstechnik, dem Produkt und dem Qualifikationsstand des Perso­ nals beeinflußt wird 78 Eine Unterscheidung der Einflußgrößen in betriebsexteme wirt­ schaftliche und soziale Rahmenbedingungen, zu denen unter anderem die Personal­ situation auf dem externen Arbeitsmarkt zählt, sowie in betriebliche Faktoren, die das Niveau der Ausgangsqualifikation des Personals auf Werkstattebene, das betriebliche Aus- und Weiterbildungssystem oder Beharrungstendenzen traditioneller Organisations­ strukturen umspannen, geben zusätzliche Hinweise auf mögliche Kontextfaktoren der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen 79 Darüber hinaus werden auch die Untemehmensgröße oder Spezifika des Produktionsprozesses, die sich über Losgrößen, Produktspektren oder Qualitätsnormen in der allgemeinen Fertigungsaufgabe reflektie­ ren, mit in die Liste möglicher Kontextfaktoren aufgenommen.80

Eine Strukturhilfe für die eigene Untersuchung gibt die nachfolgend visualisierte Diffe­ renzierung, die allerdings eine Aufzählung von Einflußfaktoren auf die Arbeitsorganisa­ tion im allgemeinen darstellt, also unabhängig von der Fertigungstechnik (vgl. Abb. 33). Als gemeinsames Merkmal dieser Schilderungen läßt sich festhalten, daß über die ge­ nannten Situationsvariablen kaum empirisch gesicherte Untersuchungsergebnisse vorlie­ gen. Sie entstammen vielmehr Plausibilitätsüberlegungen, die vielfach nicht transparent gemacht werden. Insgesamt sind diese und ähnliche Literaturhinweise zu vage, um eine empirische Erfassung diverser Kontextfaktoren der Arbeitsorganisation in flexiblen Fer­

76

77 78 79 80

Allgemein wird die Bestimmung möglicher Situationsvariablen, die einen Erklärungsbeitrag für die Existenz struktureller Varianz leisten können, als eine von drei Kernfragen des situa­ tiven Forschungsprogramms betrachtet. Vgl. Kieser 1999, S. 171. Siehe ähnlich Ebers 1992, Sp. 1819. Vgl. Asendorf/Schultz-Wild 1984, p. 43. Siehe zu einer ähnlich pauschalen Unterteilung der Situation Herter 1991, S. 71; Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 31. Vgl. Konradt/Zimolong 1993, S. 73. Vgl. Lutz 1986, S. 8. Vgl. Schultz-Wild 1986a, S. 152.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

120

tigungssystemen vornehmen zu können.81 Hier bietet sich für die Aufstellung eines Ka­ talogs möglicher Situationsvariablen zusätzlich der Rückgriff auf die zahlreichen Situa­ tionsdimensionen in den allgemeinen kontingenztheoretischen Untersuchungen an.

Abb. 3-3:

Kontextfaktoren der Arbeitsorganisation; Quelle', Meine/Pornschlegel 1987, S. 20; Heeg 1991, S. 63

in Anlehnung

an

Ausgehend von der funktionalen Arbeitsorganisation im engen Sinne und der Vorstel­ lung eines FFS als kleinstes Analyseelement im Gesamtsystem des Unternehmens wird eine Differenzierung der (potentiellen) Situationsvariablen nach ihrem Einflußursprung angestrebt.

I

Dabei wird das flexible Fertigungssystem samt implementierter Arbeitsorganisation als FFS-Organisation bezeichnet. Dies entspricht der institutionalen Arbeitsorgani­ sation als formalem Gebilde. Innerhalb der Grenzen dieser Arbeitsorganisation Schwierig erweist sich dies vor dem Hintergrund der Organisationssituation als offenes Konzept und der Forderung nach Herauskristallierung ,relevanter4 Kontextfaktoren. Vgl. Kieser/Kubicek 1992, S. 205. Vgl. allgemein zum Dissens der Situationskonzeption unter den Vertretern der Kontingenztheorie Wollnik 1980, Sp. 594. Sofern im Vorfeld dieser Untersuchung genaue Vorstellungen über die Relevanz einzelner Situationsvariablen vorlie­ gen würden, wäre die Sinnhaftigkeit eines empirischen Vorgehens generell zu hinterfragen. Die Auswahl von in das Forschungsdesign einzubindenden Kontextfaktoren kann über die tatsächliche Relevanz im Vorfeld keine vollständigen Informationen bereitstellen. Die Be­ urteilung der Variabienrelevanz muß somit als eines der Ergebnisse empirischer Forschungs­ arbeit angesehen werden. Ein weiteres Problem im Zusammenhang der Ermittlung mögli­ cher Situationsvariablen stellt die Tatsache dar, daß eine begründete Herleitung von Kontextfaktoren aus einer Theorie nicht möglich ist, sondern ausschließlich auf Plausibili­ tätsüberlegungen basiert. Vgl. zu dieser Problematik Kieser 1999, S. 175.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

I

121

(Produktionssystem) erfolgt die Erfüllung der spezifischen Produktionsaufgabe I durch Interaktion zwischen Personal- und Techniksystem. |

Im folgenden wird der Versuch unternommen, die Organisationssituation flexibler Ferti­ gungssysteme mehrdimensional zu beschreiben. In Anlehnung an die Untersuchung von Lawrence und Lorsch liegt somit die Einsicht zugrunde, daß die FFS-Organisation eine eigene Umwelt hat, die nicht notwendigerweise identisch sein muß mit den Um­ welten anderer Unternehmens- bzw. Betriebsbereiche. Diese differenzierte Betrachtung der FFS-spezifischen Teilumwelt richtet sich gegen die Kritik einer Simplifizierung der Aussagensysteme. Hierzu erfolgt zunächst eine grobe Untergliederung des situativen Einflußursprungs nach zeitlichen Kriterien. Die vergangenheitsbezogenen Situationsvariablen entstammen der Pre-Implementierungs- und Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme. Mit den gegen­ wartsbezogenen Kontextfaktoren wird die arbeitsorganisatorische Situation des Routineeinsatzes in der Produktion beschrieben.

(I)

Zur Pre-Implementierung und Implementierung der FFS-Organisation

Die Analyse einer FFS-Organisation erfordert grundsätzlich die Heranziehung von In­ formationen über den historischen Kontext, in den diese sozio-technischen Arbeitssy­ steme eingebettet worden sind.82 Deshalb berücksichtigt die vorliegende Modellkon­ struktion Situationsvariablen der Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungs­ systeme. Die Produktion vor Implementierung des FFS ist je nach regionaler Zuordnung des An­ wenders eingebunden in ein kulturelles Umfeld.83 Diese kulturelle Ausgangssituation wird als mögliche Kontextvariable der Arbeitsorganisation betrachtet. Des weiteren ist das Produktionssystem ,FFS‘ in eine bestimmte Strukturtradition der Produktionsorgani­ sation des jeweiligen Anwenders eingebunden. Darüber hinaus hat das flexible Ferti­ gungssystem im Regelfall eine andere Form der Fertigungstechnik substituiert. Schließ­ lich bildet auch das Qualifikationsniveau des Werkstattpersonals vor Systemeinführung eine Situationsvariable der Arbeitsorganisation, deren Einflußursprung in die Zeit vor die FFS-Investitionsentscheidung fällt.

Die sich anschließende Implementierungsphase beginnt mit dem Zeitpunkt der Entschei­ dung für die FFS-Investition. Ab hier können direkte Einflüsse des Gestaltungssystems auf die Arbeitsorganisation angenommen werden. In dieser Untersuchung werden vor allem das Planungsvorgehen des Gestaltungssystems, die an der arbeitsorganisatori­ schen Planung partizipierenden Planungsträger sowie die realisierte Form der Planungs­ organisation als mögliche Situationsvariable der Implementierungsphase betrachtet. 82 83

Vgl. auch Thomas 1994, pp. 10-11. Siehe beispielsweise zu erkennbaren arbeitsorganisatorischen Unterschieden zwischen deut­ schen und französischen Unternehmen Sorge 1990, p. 149. Obgleich dieser Autor in den verfolgten Untemehmensstrategien letztlich einen stärkeren Einfluß auf die arbeitsorganisa­ torischen Strukturen erkennt als in der nationalen Zugehörigkeit.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

122

Die explizite Berücksichtigung des Gestaltungssystems als Träger der funktionalen Arbeitsorganisation flexibler Fertigungssysteme wirkt der Kritik einer implizierten Passivität der Organisationsgestalter entgegen.84

Im Rahmen der sich anschließenden Systeminstallation, und damit verbunden auch der Einrichtung der systembezogenen Arbeitsorganisation, wird die Art der Systemrealisie­ rung als Einflußfaktor vermutet. Darüber hinaus werden das Alter der FFS-Organisation, die mögliche Einführung von Zusatzschichten bei Inbetriebnahme des Systems sowie die Dauer der Systemimplementierung als weitere Situationsvariablen betrachtet.

Es bleibt festzuhalten, daß wegen der situativen Offenheit die getroffene Variabien­ auswahl keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Dennoch wurde in Aus­ richtung auf die Kritik der unvollständigen Konzeptualisierung beabsichtigt, einen möglichst umfassenden Katalog von Kontextfaktoren der Pre-Implementierung und Implementierung zu entwickeln. Die nachfolgende Abbildung faßt die einzelnen Situationsvariablen zusammen (vgl. Abb. 3-4).

Abb. 3-4: 84

Situationsvariablen der Pre-Implementierung und Implementierung

Hier liegt die Vorstellung zugrunde: „Organizational structure follows planning“ Siehe Kreikebaum 1990, S. 154.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

(II)

123

Zur Routinephase der FFS-Organisation

Die Betrachtung von Situationsvariablen des Routinebetriebs erfordert im Vorfeld eine Einordnung FFS-Organisation in die sie umgebende Gesamtorganisation. Darin ist die Arbeitsorganisation des FFS (Mikro-Organisation) eingebunden in die Gesamtorganisa­ tion eines Unternehmens oder einer Produktionsstätte (Makro-Organisation). Dazwi­ schengeschaltet befindet sich die Organisation der Produktion (Meso-Organisation). Diese Unterscheidung erscheint für eine differenzierte Behandlung verschiedener Situa­ tionsvariablen des Routinebetriebs sinnvoll, weil der Einflußursprung einzelner Kontext­ faktoren in den verschiedenen Organisationsebenen zu suchen ist. Diese Form der Unterteilung dient einerseits als Strukturhilfe für das Auffinden möglicher Situationsvariablen. Andererseits wird dadurch der grundsätzlichen Kritik einer Simplifizierung der situativen Aussagensysteme entgegengewirkt. Die häufig zugrundegelegte Sicht der Gesamtorganisation wird aufgegeben zugunsten der Fo­ kussierung eines organisatorischen Teilausschnitts, nämlich der Mikro-Organisation eines flexiblen Fertigungssystems.85

Diese Einengung des Blickfelds wird somit der organisatorischen Differenziertheit am ehesten gerecht. Die Analyse des organisatorischen Teilausschnitts erfolgt dann nicht nur in Verbindung mit den Umweltkonstellationen des Gesamtuntemehmens sondern berücksichtigt auch die relevanten FFS-spezifischen Teilumwelten. Aus dieser differen­ zierten Betrachtung heraus wird je nach Einflußursprung eine Unterscheidung in

• • • •

FFS-inteme, FFS-exteme aber produktionsinteme, FFS-exteme und produktionsexteme aber untemehmensinteme sowie untemehmensexteme Einflußfaktoren

vorgenommen. Die Einbettung der institutionalen FFS-Organisation in die Gesamtorga­ nisation des Unternehmens bzw. der Produktionsstätte verdeutlicht Abbildung 3-5.

Die erste Ebene kennzeichnet einen Einflußursprung außerhalb des Unternehmens. Die externen Einflüsse auf die FFS-Organisation werden in dieser Arbeit unter der Bran­ chenzugehörigkeit des Anwenderuntemehmens subsumiert. Als mögliche Kontextfakto­ ren der Untemehmensorganisation kommen das übergeordnete Produktspektrum sowie die Größe der Anwenderorganisation in Betracht. Unter den Einflüssen der Produktion­ sorganisation wird hier eine Einschränkung auf die Anzahl der produktionsintem einge­ setzten FFS vorgenommen. Die Systemsituation kann ebenfalls mehrdimensional auf die FFS-Organisation einwirken. Sie enthält Kontextfaktoren, die sich auf den allgemeinen

Im Gegensatz zu einer Makroanalyse auf der Ebene des Gesamtuntemehmens bzw. einzelner Untemehmensdivisionen handelt es sich hier um eine Mikroanalyse, die eine tiefergehende Abbildung und Analyse der internen Organisation eines Subsystems zum Gegenstand hat. Vgl. zur Gegenüberstellung von Mikro- und Makroanalyse auch Kieser/Kubicek 1992, S. 170-171; Ebers 1992, Sp. 1820.

124

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Einsatz des FFS beziehen, und andere, die sich auf die definierte Produktionsaufgabe des flexiblen Fertigungssystems zurückfuhren lassen.

Abb. 3-5:

Untersuchungsrelevante Organisationsebenen

Einen Überblick über die Auswahl der Situationsvariablen im Routinebetrieb des FFS vermittelt die nachstehende Abbildung 3-6.

Analog zur Auswahl möglicher Kontextfaktoren der (Pre-)Implementierungsphase kann die vorliegende Selektion von situativen Einflußfaktoren des Routinebetriebs dem An­ spruch auf Vollständigkeit nicht genügen, obgleich auch hier die Berücksichtigung einer möglichst großen Zahl von potentiellen Situationsvariablen angestrebt wurde. Darüber hinaus sind jeweils Interdependenzen zwischen den Situationsvariablen zu erwarten. Ferner erfolgt eine Unterscheidung in ,objektive4 und perzeptive Kontextfaktoren. Unter den ,objektiven4 Situationsvariablen sind jene Bestimmungsfaktoren zu verstehen, die

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

125

zuvor aufgelistet worden sind. Sie lassen sich vergleichsweise leicht und weitgehend frei von individuellen Wahrnehmungen einzelner Organisationsmitglieder operationalisieren und somit einer vergleichenden empirischen Erhebung zugänglich machen.86 Schwierig erweist sich allerdings die Messung anderer Kontextfaktoren, zu denen beispielsweise die Untemehmensphilosophie oder das Management-Commitment zählen. Darüber hin­ aus lassen sich retrospektiv bestimmte Angaben nicht mehr eindeutig erfragen oder es liegt ein Perspektivenproblem in der Weise vor, daß Aussagen über die Gesamtorganisa­ tion von den Mitarbeitern auf Produktionsebene, die Teilnehmer dieser Untersuchung, nicht oder nur eingeschränkt zu erwarten sind (z. B. detaillierte Angaben über die Unter­ nehmensstrategien). Auch deshalb wird im vorliegenden Forschungsdesign über die Er­ fassung vergleichsweise objektiver Kontextfaktoren hinaus eine direkte Anwenderein­ schätzung von weiteren Situationsvariablen erfragt, mit der dann erste empirische Ergeb­ nisse bereitgestellt werden können.

unternehmensinterne Situation o

produktionsinterne Situation systeminterne Situation

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Abb. 3-6:

allgemeiner FFS-Einsatz

Größe der FFS-Organisation Größe des Techniksystems Vertikale Schichtnutzung Horizontale Schichtnutzung Schichtsystem Automatisierungsgrad

CD N

FFS-Produktionsaufgabe

Qualitatives/quantitatives T eilespektrum Werkstückgeometrie Losgröße & Losgrößenstreuung Spannvorgänge & Spannstreuung Werkstückbearbeitungszeit & Zeitstreuung

Situations variablen der Routinephase

Darin kommt die grundsätzliche Bestrebung situativer Studien zum Ausdruck, das For­ schungsdesign auf der Grundlage objektiver Maße zu entwickeln und auf persönliche Ein­ schätzungen, zum Beispiel über das Ausmaß der Zentralisation einzelner Funktionen, zu verzichten. Vgl. Kieser 1999, S. 174-175.

126

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

3.1.2.3 Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation Aufbauend auf einer differenzierten Betrachtung der Situation erfordert die Entwicklung eines situativen Modells der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen die themenspezifische Präzisierung der Organisationsstruktur.87 Dieses Vorgehen fokussiert die Arbeitsorganisation in instrumentaler Sicht als strukturelles Ergebnis arbeitsorgani­ satorischer Tätigkeit. Unter der instrumentalen Arbeitsorganisation wird in dieser Untersuchung ein Sy­ stem organisatorischer Regelungen verstanden, das einen formalen Ordnungsrahmen für die Bearbeitungsprozesse eines flexiblen Fertigungssystems bereitstellt und darin auch den interpersonellen Beziehungszusammenhang innerhalb des Personalsystems sowie zwischen dem Personalsystem und systemexternen produktionsunterstützen­ den Bereichen vorgibt.88

Organisationsstrukturen lassen sich mehrdimensional beschreiben. Daraus erwächst die Schwierigkeit einer Relevanzbeurteilung einzelner Strukturdimensionen, als auch die Problematik der abschließenden Bestimmung von Merkmalsausprägungen im Zuge der Konzeptualisierung und Operationalisierung.89 Mit der Konzeptualisierung wird für die Analyse allgemein ein Ausschnitt der strukturellen Organisationspraxis als Merkmals­ raum festgelegt.90

Hier wird der strukturelle Möglichkeitsraum der Arbeitsorganisation in flexiblen Ferti­ gungssystemen durch insgesamt fünf Strukturdimensionen gebildet. Diese Beschränkung auf eine geringere Anzahl von Strukturdimensionen wirkt komplexitätsreduzierend. Au­ ßerdem eignen sich nicht alle in der empirischen Organisationsforschung verwendeten Strukturdimensionen für die vorliegende Problemsituation (z. B. die Formalisierung).

87

88 89

90

Kieser zählt die Beschreibung und Operationalisierung der Organisationsstrukturen zu einer weiteren Kernfrage des kontingenztheoretischen Forschungsprogramms, weil erst durch die strukturelle Präzisierung eine Varianz erkennbar werden kann. Vgl. Kieser 1999, S. 171. Diese Definition basiert auf der begrifflichen Klarstellung der Organisationsstruktur im all­ gemeinen. Vgl. dazu Kubicek 1980, Sp. 1779. Vgl. auch Kreikebaum 1975b, S. 12-13. So sieht beispielsweise Kubicek als ersten Schritt zur Messung einer Organisationsstruktur die Bestimmung der »relevanten4 Begriffe und Strukturmerkmale. Vgl. Kubicek 1980, Sp. 1781. Siehe ähnlich Kieser/Kubicek 1992, S. 67. Diese Aussage hilft für die konkrete Konzeptualisierung und Operationalisierung im Zusammenhang eines speziellen For­ schungsprojekts jedoch nicht weiter, da mit ihr keine Präzisierung der Relevanz gegeben wird. Zu bedenken ist auch, daß ausgeschlossene Strukturdimensionen einer Analyse nach Erhebungsdurchfuhrung nicht mehr zugänglich gemacht werden können. Vgl. allgemein zur Abbildung von Organisationsstrukturen in einem mehrdimensionalen Möglichkeitsraum Gerwin 1979, pp. 47-48; Kieser/Kubicek 1992, S. 68. Donaldson spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Cartesianismus kontingenztheoretischer Ansätze, durch den die Positionierung einer Organisationsstruktur in einem mehrdimensio­ nalen Koordinatensystem ermöglicht wird. Vgl. im einzelnen Donaldson 1996, pp. 8-9 und pp. 108-109.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

127

Als relevante Dimensionen werden daher

• • • • •

Strukturzentralisation, Strukturspezialisierung, Strukturautorität, Strukturdynamik sowie Strukturkooperation

unterschieden.

Die Strukturzentralisation beschreibt das Ausmaß der Delegation von Ausfuhrungskompetenzen für die jeweiligen Funktionen des Systembetriebs an produktionsunterstützende Stellen und Abteilungen oder an das Personalsystem in Form einer systembezogenen Funktionsintegration. Die Dimension der Strukturspezialisierung erfaßt die Arbeitstei­ lung innerhalb des Personalsystems. Die Strukturautorität bezieht sich auf das Wei­ sungssystem des FFS und betrachtet die für den Systembetrieb unmittelbar verantwortli­ chen Instanzen, die den Mitgliedern des Personalsystems Anordungen geben.91 Eine Dichotomisierung der Arbeitsplätze des Personalsystems nach stationären und rotieren­ den Formen drückt die Strukturdynamik der Arbeitsorganisation aus.92 Auch die Dimen­ sion der Strukturkooperation ist arbeitsplatzbezogen und charakterisiert die Form der Zusammenarbeit des Personalsystems. Dabei wird in die Ausprägungsformen der Einzelversus Gruppenarbeit unterschieden. Für die Gruppenarbeit wird eine höhere Kooperati­ onsintensität angenommen, weil z. B. die Organisation der internen Aufgabenverteilung weitgehend in den Zuständigkeitsbereich einer teilautonomen Arbeitsgruppe übertragen

Die Dimension der Strukturautorität fokussiert somit einen Ausschnitt der gesamtbetriebli­ chen Autoritätsstruktur, die von der ASTON-Gruppe als Strukturdimension der Konfiguration beschrieben wird und die den organisatorischen Hierarchisierungsgrad zum Ausdruck bringt. Vgl. Pugh/Hickson 1976, pp. 33-34. Vgl. allgemein zur Autorität als Ausdruck der Stellung einer formalen Instanz gegenüber den in der Hierarchie nachgeordneten Organisationsmitgliedem und das damit verknüpfte Weisungsrecht Hentze 1995, S. 181-182; Hamel/Prahalad 1996, p. 238; sowie bereits Fayol: „Die Autorität ist das Recht zu befehlen und die Macht sich Gehorsam zu verschaffen“ Fayol 1929, S. 19. Vgl. zur Dynamik als Ausdruck einer zeitbezogenen Veränderung von Elementen bzw. von Beziehungen zwischen bestimmten Elementen Kreikebaum 1982, S. 908; Bronner 1992, Sp. 1122. Hier wird das Gefüge der Arbeitsplätze des Personalsystems unter dem Aspekt der Dynamik betrachtet. Ein stationäres Gefüge wird als statisch, ein rotierendes Gefüge in Form des gezielten Arbeitsplatzwechsels als dynamisch angesehen.

128

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

wird, während diese Funktion bei Einzelarbeitsplätzen tendenziell extern erfolgt.93

Allgemein erfüllen diese Dimensionen die Anforderungen an die Messung formaler Or­ ganisationsstrukturen.94 Sie existieren in der Systemrealität unabhängig von individuel­ len Wahrnehmungen und bleiben in ihren Ausprägungen über einen längeren Zeitraum hinweg konstant.95 Die konkrete Operationalisierung der einzelnen Struktur­ dimensionen wird an den entsprechenden Stellen in den folgenden Kapiteln beschrie­ ben.96 Dort erfolgt auch die Problematisierung der direkten und indirekten Messung von einzelnen Situationsvariablen.97 Abschließend bleibt festzuhalten, daß Wirkungszusam­ menhänge auch zwischen den Strukturvariablen auftreten können 98

93

94 95

96

97

98

Vgl. Pekruhl 1994, p. 219 und pp. 221-223; Hacker 1994, S. 61. Darüber hinaus weist Hacker ausdrücklich darauf hin, daß Einzelarbeit nicht gleichzusetzen sei mit absolut ko­ operationsloser Arbeit. Siehe zu einer ähnlichen - allerdings trichotomisierten - Unterschei­ dung der kooperativen Form des sozialen Beziehungszusammenhangs in Einzel-, Partnerund Gruppenarbeit Bokranz/Landau 1991, S. 319. Ähnlich unterscheiden auch Sun und Gertsen in eine ^individual-based work organization“ als traditionelle Kategorie der Ar­ beitsorganisation und eine „group-based work organization“. Vgl. Sun/Gertsen 1995, p. 371. In Abhängigkeit des Interaktionsausmaßes kann Einzelarbeit in flexiblen Fertigungs­ systemen als koagierende Zusammenarbeit betrachtet werden. Jedes Mitglied des Personal­ systems übernimmt eine Teilaufgabe, deren Ausführung jedoch keine ,echte4 Interaktion er­ fordert. Dagegen stellt Gruppenarbeit in flexiblen Fertigungssystemen eine Form der interagierenden Zusammenarbeit dar, deren Hauptmerkmal die Kommunikation auf dem Wege der kollektiven Entscheidungsfindung bildet. Vgl. zu dieser Differenzierung v. Rosenstiel 1993, S. 325, S. 327 und S. 329. Siehe ähnlich Harvey/v. Behr 1994, p. 354. Die koagierende Zusammenarbeit (Einzelarbeit) in FFS entspricht an anderer Stelle einer Kombination aus Raum- und Sukzessiverband, während die interagierende Zusammen­ arbeit (Gruppenarbeit) einem Integrativverband gleichkommt. Vgl. dazu Hacker 1986, S. 93-94. Vgl. dazu Kieser/Kubicek 1992, S. 167-168. Dies entspricht der Vorstellung einer Organisation als System dauerhafter Regelungen. Diese über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtbare Geltungsdauer wird begleitet durch einen kontinuierlichen und/oder diskontinuierlichen Abbau der Regelungseffizienz. Erst das Erreichen einer kritischen Grenze des Effizienzabbaus, ab welcher die Organisationsziele mit den implementierten Regelungen nicht mehr oder nur noch unzureichend erfüllt werden, löst einen Substitutionsprozeß aus. Hierbei kann allerdings davon ausgegangen werden, daß die Geltungsdauer größer ist als die Substitutionsdauer, so daß die Annahme der Längerfristigkeit von Organisationsstrukturen gerechtfertigt ist. Vgl. Kreikebaum 1975a, S. 37-52. Vgl. allgemein zur Erfassung quantitativer und qualitativer Daten Kieser/Kubicek 1992, S. 173-175. Hier ist die Problematik der Bestimmung qualitativer Unterschiede der Organi­ sationsstrukturen von besonderer Relevanz für das eigene Forschungsdesign. Vgl. allgemein zur indirekten Messung von Variablen der Organisationsstruktur und -situa­ tion über Ersatzgrößen (Indikatoren) als Verfahren zur Ermöglichung eines empirischen Zu­ griffs Hoffmann 1976, S. 245. Vgl. Ebers 1992, Sp. 1828.

Forschungskonzeption aufkontingenztheoretischer Basis

129

3.1.2.4 Arbeitsorganisatorischer Zielerreichungsgrad Die Situations- und Strukturausprägungen der Arbeitsorganisation in flexiblen Ferti­ gungssystemen beeinflussen ihrerseits das Verhalten des Personalsystems sowie den Zielerreichungsgrad.99 Das Mitarbeiterverhalten wird im Sinne einer „black box“Betrachtung ausgeschlossen. Hier sind die antizipierten Schwierigkeiten einer empiri­ schen Erfassung zu groß, da eine adäquate Berücksichtigung die direkte Kontaktauf­ nahme mit den einzelnen Mitgliedern des Personalsystems eines FFS erfordern würde.

Die Messung des arbeitsorganisatorischen Zielerreichungsgrades erfolgt in dieser Arbeit anhand des durchschnittlichen Nutzungsgrades eines FFS. Es handelt sich dabei um ein aggregiertes Beurteilungsmaß, dessen Bestimmung und Erfassung vergleichsweise pro­ blemlos vorgenommen werden kann.100 Der Nutzungsgrad drückt die Effektivität der FFS-Organisation aus.101

3.1.3 Zusammenfassende Modelldarstellung Abschließend wird das themenspezifische Modell der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen mit Abbildung 3-7 zusammenfassend dargestellt. Es lehnt sich an das erweiterte Grundmodell des situativen Ansatzes an und bildet die Basis für das wei­ tere Forschungsdesign. Auf hohem Aggregationsniveau verdeutlicht das Modell ein Wirkungsgefüge, welches durch die Ausführungen in den nachstehenden Kapiteln präzi­ siert wird.

99

100

101

Damit angesprochen ist die dritte Kernfrage des kontingenztheoretischen Forschungspro­ gramms, mit der die Auswirkungen divergierender Konstellationen der Organisationssituati­ on und Organisationsstruktur auf das Verhalten der Organisationsmitglieder sowie auf den organisatorischen Zielerreichungsgrad thematisiert werden. Vgl. Kieser 1999, S. 171. Siehe allgemein zum Einfluß der Organisationsstruktur auf das Mitarbeiterverhalten Jones 1984. Siehe ähnlich zum Nutzungsgrad als geeignetes Kriterium für die aggregierte Beurteilung eines FFS-Betriebs Voss 1988, p. 58; Walsh/Lewis 1992, p. 725; Barad/Hoang 1995, p. 35; D’Angelo/Gastaldi/Levialdi 1996, p. 104; und weiter: „The most useful measure of overall FMSperformance to us is ,system utilizationSiehe dazu Adler 1991, p. 454. Vgl. zum Nutzungsgrad als Maß für die Effektivität des Systembetriebs VDI 3423, S. 5. All­ gemein lassen sich Organisationsstrukturen darüber hinaus anhand der Effizienz als InputOutput-Relation beurteilen. Vgl. zur Effektivität und Effizienz organisatorischer Maßnah­ men Ahn/Dyckhoff 1997, S. 2-3. Auch in dieser Arbeit werden Effektivität und Effizienz als gleichbedeutende Kriterien zur Beurteilung von Organisationsstrukturen zugrundegelegt. Aus erhebungstechnischen Gründen erfolgt hier die ausschließliche Beurteilung anhand des Effektivitätskriteriums.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

130

Situation der Arbeitsorganisation in FFS

3 Gestaltungs5 phase der 3 FFSj Organisation

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Betriebsphase der FFS| Organisation

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Struktur der Arbeits­ organisation in FFS

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0 CZ) „ 0 oö

Verhalten des Personalsystems & Zielerreichung des FFS Nutzungsgrad

Abb. 3-7:

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

3.2 Weitere Schritte des Forschungsdesigns 3.2.1

Proj ektursprung, ZielVorstellungen und Untersuchungsplan

Als nächster Schritt des Forschungsdesigns erfolgte unter dem explorativen Aspekt die Analyse vorliegender Studien zur spezifischen Themenstellung.102 Retrospektiv nutzte diese Explorationsphase dem Wissenserwerb über die spezielle Problemstellung arbeits­

102

Siehe allgemein zur Vorgehensweise den Katalog von Leitfragen zum Aufbau einer empiri­ schen Untersuchung in Friedrichs 1990, S. 160-162. Dieser Fragenkatalog stellte auch für die eigene Untersuchung eine Orientierungshilfe bereit. Ähnliche Strukturhilfen in Form ei­ nes phasenorientierten Ablaufs finden sich in Atteslander 1984, S. 87; Diekmann 1996, S. 166-167.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

131

organisatorischer Gestaltung in FFS.103 Anschließend erfolgt die Kurzbeschreibung ei­ ner Auswahl von empirischen Untersuchungen, die dem eigenen Forschungsdesign als Anregung und Grundlage dienten.104

Eine rückblickende Literaturdurchsicht läßt erkennen, daß frühe Untersuchungen zum Einsatz flexibler Fertigungssysteme vor allem isolierte Gestaltungsaspekte des Technik­ systems sowie das Zusammenspiel der technischen Komponenten durchleuchten.105 Darüber hinaus berichten diese Veröffentlichungen über den Einsatzbereich sowie die Vorteile realisierter Systemlösungen. Personalaspekte bilden in der inhaltlichen Ausein­ andersetzung eine Randerscheinung. Hier wird vor dem Hintergrund des potentiellen Personalabbaus vor allem die Mannstärke im konkreten Schichteinsatz thematisiert. Schließlich findet der Leser in frühen Veröffentlichungen Pauschalaussagen über das Erfordernis neuer Qualifikationen der Arbeitnehmer in flexiblen Fertigungssystemen. Erst mit Beginn der 80er Jahre richtet sich das Forschungsinteresse auch auf arbeitsorga­ nisatorische Aspekte. So behandelt die Untersuchung des Fraunhofer Instituts über eine Bestandsaufnahme des internationalen Einsatzes flexibler Fertigungssysteme hinaus auch Auswirkungen auf Arbeitsplatzstrukturen und Arbeitsorganisation.106 Auf der Ba­ sis von zwei Fallbeispielen erfolgt eine Beschreibung von zwei alternativen Mustern der Arbeitsorganisation. Im System mit stark arbeitsteiligen Strukturen werden alle anfallen­ den Funktionen an sechs unifunktionale Stellen delegiert, während in dem FFS mit schwacher Arbeitsteilung drei weitgehend multifunktionale Stellen für die Aufgabenaus­ führung eingerichtet sind.107 Als Fazit dieser arbeitsorganisatorischen Auseinanderset­ zung wird festgehalten, daß ein vollständig mannloser Einsatz flexibler Fertigungssy­ steme nicht möglich sei. Die Funktionsautomatisierung erlaube jedoch, einen aus dem Vergleich der beiden technisch weitgehend identischen Systeme erkennbar werdenden arbeitsorganisatorischen Gestaltungsfreiraum zum Zwecke menschengerechter Arbeits­ gestaltung zu nutzen. Dieser stellt das Postulat des technischen Determinismus in Frage. Vergleichende Aussagen über den Nutzungsgrad der Techniksysteme oder über die Ar­ beitszufriedenheit der Personalsysteme erfolgten nicht.

Diese Ergebnisse werden zusammen mit anderen Beiträgen in einem Herausgeberband dokumentiert, der zu den ersten international vergleichenden Bestandsaufnahmen ar­ beitsorganisatorischer Strukturen in flexiblen Fertigungssystemen gezählt werden kann.108 Loom AN beschreibt in seinem Beitrag die Implementierungsphase eines durch

103 104

105 106 107

108

Vgl. zur Exploration Friedrichs 1990, S. 52-53. Siehe zu einem Überblick über Untersuchungen, die sich speziell mit arbeitsorganisatori­ schen Aspekten flexibler Fertigungssysteme beschäftigen Adler 1991, p. 448. Ein Teil der dort zitierten Studien fließt auch in die nachfolgenden Schilderungen ein. Vgl. zum Beispiel Stute 1974; Scharf 1976; Nieb 1979. Vgl. ISI/IAB/IWF 1982, S. 30-36. Siehe zur gleichen Untersuchung auch Dostal u. a. 1982, S. 183-189; sowie Dostal 1982, S. 78-81. Vgl. Lutz/Schultz-Wild 1982; sowie zusammenfassend d’Iribarne/Lutz 1984.

132

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

das BFMT geforderten FFS zur Produktion von Schaltgetrieben. Fragen der Personalbe­ setzung und personalwirtschaftliche Begleitmaßnahmen werden am Textende jedoch nur kurz angesprochen.109 Auch hier stehen primär deskriptive Elemente im Vordergrund der Untersuchung: Art und Anzahl der Stellenbezeichnungen, Personalrekrutierung so­ wie Qualifikationserfordemisse. Systemvergleichende Aussagen sind aufgrund des sin­ gulären Fallstudiencharakters nicht möglich. Letztlich stehen auch hier die technischen Aspekte des FFS-Einsatzes im Mittelpunkt. Auch der Beitrag von D TRIBARNE über die technischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekte des Einsatzes von vier flexiblen Fer­ tigungssystemen in Japan legt Schwerpunkte auf eine technische Beschreibung der teils von dem Autor persönlich besichtigten FFS. Lediglich an einem Beispiel werden perso­ nalwirtschaftliche Aspekte eingehender behandelt. Die Ausführungen beschränken sich jedoch auf eine Beschreibung von Stellen und Aufgabenzuordnungen, Ausgangsqualifi­ kation und Schichteinsatz.110 Weitere Beiträge des Sammelbandes behandeln unter an­ derem die Strukturen des Personaleinsatzes in zwei französischen FFS sowie die Ergeb­ nisse einer Untersuchung in einem amerikanischen System.111 Die in dem amerika­ nischen FFS eingerichteten stark arbeitsteiligen Strukturen der Arbeitsorganisation wer­ den erstmals mit Aspekten der Arbeitsunzufriedenheit als auch der Mitarbeiterüberforde­ rung in Verbindung gebracht, um abschließend eine gruppenbezogene Struktur des Per­ sonalsystems als alternatives Organisationsmodell zu empfehlen. Gemeinsam ist diesen Beiträgen die ansatzweise Einbettung realisierter Strukturen der Arbeitsorganisation in einen situativen Kontext, der beispielsweise Fragen der Technik, des Produktspektrums und des Qualifikationsstandes berührt. Tiefergehende Analysen möglicher Wirkungszu­ sammenhänge zwischen Situation und Arbeitsorganisation unterbleiben jedoch. In die­ sen frühen fallstudienbasierten Arbeiten über arbeitsorganisatorische Aspekte des Ein­ satzes flexibler Fertigungssysteme steht vielmehr die beschreibende Auseinandersetzung mit den Fragen der Stellenbildung und des Schichteinsatzes im Vordergrund. Primär handelt es sich um arbeitsorganisatorische Bestandsaufnahmen einzelner Systeminstal­ lationen.

Einer Vertiefung arbeitsorganisatorischer Fragestellungen widmen sich dann Untersu­ chungen, die vor allem Mitte der 80er Jahre durchgefuhrt bzw. veröffentlicht worden sind. So liegt zum Beispiel eine 1985 im Einsatzgebiet der Bundesrepublik Deutschland 109

110

111

Vgl. Looman 1982, S. 21-25; sowie an anderer Stelle Asendorf/Schultz-Wild 1984. In späteren Publikationen über dieses mit Mitteln des BMFT geförderten FFS-Projekts , Wandel der Arbeitsbedingungen durch verkettetes Fertigungssystem mit modularem Aufbau* werden dann die arbeitsorganisatorischen Aspekte der Systemeinführung und des -betriebs neben technischen und wirtschaftlichen Projektzielen ausführlich behandelt. Vgl. Schultz-Wild u. a. 1986; sowie den Abschlußbericht KfK-PFT 1988. Vgl. d’Iribarne 1982, S. 34-35. Siehe ähnliche Beschreibungen über die arbeitsorganisato­ rischen Ausprägungen auf der Basis von Beobachtungen während eines Forschungsaufent­ halts bei vier FFS-Anwendem in Japan in Alioth 1984. Siehe zu den Fallstudien in der französischen Automobilindustrie Bertrand 1982; sowie zur Untersuchung der Arbeitsorganisation in dem FFS eines amerikanischen Landmaschi­ nenherstellers Gerwin 1982.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

133

erfolgte empirische Bestandsaufnahme flexibler Fertigungssysteme und -zellen vor.112 Die Absicht bestand nicht nur darin, eine Vorstellung über den Verbreitungsgrad dieser Fertigungstechnik im westlichen Deutschland zu generieren,113 sondern gleichermaßen einen Eindruck über die sich abzeichnenden Entwicklungstendenzen zu gewinnen, die auch Fragen der implementierten arbeitsorganisatorischen Strukturen sowie der Qualifi­ zierung einschlossen. Deutlich erkennbar ist der explizit situative Bezug dieses empiri­ schen Projekts, der sich in Hypothesen über spezifische Zusammenhänge reflektiert. Ba­ sierend auf einer Unterscheidung in stark und schwach arbeitsteilige Strukturen werden vermutete Zusammenhänge zwischen Systemflexibilität, Werkstückgeometrie, Bran­ chenzugehörigkeit des Anwenders, Untemehmensgröße, Systemgröße und Einführungsjahr mit dem jeweils korrespondierenden Muster der Arbeitsorganisation unter­ sucht. Es erfolgt jedoch kein statistischer Hypothesentest. Als arbeitsorganisatorisch relevantes Ergebnis kann festgehalten werden, daß der systemintern realisierte Grad der Arbeitsteilung offenbar weniger durch technische Sachzwänge begründet wird, sondern vielmehr durch die organisatorische Strukturtradition des jeweiligen Anwenders.

Arbeitsorganisatorische Schwerpunkte besitzt auch eine fallstudienbasierte Untersu­ chung von Adler aus dem Jahre 1986.114 Der Autor greift auf die Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von insgesamt 34 Mitarbeitern aus flexiblen Fertigungssystemen in zwei verschiedenen Unternehmen zurück. Zusätzlich wurden Interviews mit den Mit­ gliedern des jeweiligen Personalsystems sowie dem Produktionsmanagement geführt. Die FFS hatten ähnliche Technikprofile, einen Lieferanten und wurden im gleichen Zeit­ raum implementiert. Unterschiede ergaben sich jedoch im umgesetzten Muster der Ar­ beitsorganisation. Während das als „Neotrad" bezeichnete FFS eine traditionelle Ar­ beitsteilung mit dem Ziel der Lohnkostensenkung durch Spezialisierung aufwies, wurde in dem als „Teamcorp" benannten System eine Gruppenarbeitsphilosophie mit den Ab­ sichten der Schaffung von Personalflexibilität, Arbeitszufriedenheit, Motivation und tä­ tigkeitsbezogenen Lernmöglichkeiten realisiert. Ziel der Forschungsbemühungen war die Vertiefung von Kenntnissen über das Arbeitsumfeld von automatisierter Fertigungstech­ nik. Auch hier wurde ein strikt deskriptives Vorgehen der Untersuchung gewählt. Er­ staunlicherweise ergab die Auswertung der erhobenen Daten, daß die Mitarbeiter des spezialisierten FFS größere Werte der Arbeitszufriedenheit und Motivation aufwiesen sowie das Gesamtsystem mit dieser Form der Arbeitsorganisation einen höheren Effekti­ vitätsgrad erreichte als das teamgeführte FFS. Abschließend wurde gerade dieses Ergeb­ nis als Anlaß für weitere Forschungsanstrengungen erkannt, die in publizierter Form je­ doch nicht vorliegen.

112

113

114

Vgl. Fix-Sterz/Lay/Schultz-Wild 1986. Siehe zu den Untersuchungsergebnissen auch Lay 1989; sowie Fix-Sterz et al. 1990. Es wurde im Herbst 1985 eine Gesamtzahl von 278 FFS- und FFZ-Installationen bei 144 Anwenderuntemehmen ermittelt, die sich auf 195 Einmaschinen- sowie 83 Mehrmaschinen­ systeme aufteilte. Vgl. Fix-Sterz/Lay/Schultz-Wild 1986, S. 369. Siehe zu den veröffentlichten Untersuchungsergebnissen Adler 1991.

134

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Ähnliche Untersuchungen mit arbeitsorganisatorischem Fokus werden in einer von JONES veröffentlichten Arbeit zusammenfassend dargelegt.115 Das Forschungsbemühen dieses Autors und seiner Mitarbeiter fällt gleichfalls in die Mitte der 80er Jahre. Der erst 1997 publizierte Bericht enthält detaillierte Beschreibungen über die arbeitsorganisatori­ schen Auswirkungen der Einführung ausgewählter FFS in Großbritannien, Italien, Japan und den Vereinigten Staaten.116 Die Deskription der arbeitsorganisatorischen Strukturen basiert dabei auf Beobachtungen vor Ort und auf Interviews mit dem Management, den Mitarbeitern sowie Gewerkschaftsvertretern. Aspekte des Einflusses des jeweils landes­ spezifischen Systems der industriellen Beziehungen sowie der historischen Entwicklung der Produktionsorganisation auf die registrierten Muster der Arbeitsorganisation bilden den Schwerpunkt dieser über mehrere Jahre hinweg durchgeführten Untersuchungsreihe. So wird beispielsweise für die insgesamt neun betrachteten amerikanischen FFS eine vorwiegend hierarchische Organisation der systembezogenen Tätigkeiten dokumentiert, die sich aus einer primär tayloristisch motivierten Managementphilosophie der direkten Kontrolle des Werkstattpersonals sowie der Produktionsabläufe erklärt.

Relativ aktuell ist eine von STEPHAN erarbeitete Typologie zur systematischen Gestal­ tung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen.117 Die auf einer schriftli­ chen und mündlichen Befragung von 72 deutschen FFS-Anwendern basierende Untersu­ chung besitzt einen eingeschränkt situativen Charakter. Eine Typologisierung anhand systembezogener Einsatzmerkmale (z. B. Produktionsvolumen oder Werkstückgröße) dient als Basis für die Entwicklung eines Leitfadens, mit welchem situationsgerechte Gestaltungsaltemativen der Arbeitsorganisation in FFS abgeleitet werden sollen. Eine breite Anwendungsbasis für dieses Instrumentarium wird angestrebt. Unter Neutralitäts­ gesichtspunkten werden deshalb die Aspekte der Branchenzugehörigkeit sowie der Or­ ganisationsgröße aus den Betrachtungen ausgeschlossen. Diese Arbeit zielt nicht auf ei­ ne Ursachenerklärung für die vorgefundene arbeitsorganisatorische Varianz, sondern auf die Formulierung von Normstrategien für eine arbeitsorganisatorische Restrukturierung in flexiblen Fertigungssystemen. Zum Fertigstellungszeitpunkt der eigenen Forschungs­ konzeption lag diese Untersuchung noch nicht vor.

Über diese empirischen Studien hinaus behandeln auch andere Arbeiten arbeitsorgani­ satorische Aspekte in flexiblen Fertigungssysteme, ohne daß diese jedoch zentrale Be­ standteile bilden. Die nachstehenden Ausführungen berühren in komprimierter Weise eine Auswahl solcher Untersuchungen. So richtet SHAH in einer 1991 durchgeführten Bestandsaufnahme von 31 flexiblen Ferti­ gungssystemen in fünf westeuropäischen Ländern das Augenmerk auf technische und wirtschaftliche Betriebserfahrungen.118 Dabei werden auch Teilgebiete mit arbeitsorga­ 115 116 117 118

Siehe Jones 1997. Auszugsweise sind Ergebnisse dieser Untersuchungen bereits vor Erscheinen des Ab­ schlußberichts4 (1997) veröffentlicht worden. Vgl. beispielsweise Jones/Scott 1986. Siehe Stephan 1996. Siehe Shah 1991; sowie zuvor Shah 1985; Shah 1987.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

135

nisatorischem Bezug, wie beispielsweise die Schichtnutzung oder die Mannstärke der Schichtbelegschaften, angesprochen.

Die fallstudienbasierte Untersuchung von BOER stützt sich auf detaillierte Beobach­ tungsergebnisse des Einführungsprozesses von sieben flexiblen Fertigungssystemen in Belgien, den Niederlanden und Großbritannen.119 Den Autor interessieren insbesondere jene situativen Faktoren, welche die Investitionsentscheidung sowie die Organisation der Implementierung beeinflußt haben. In diesem Zusammenhang liegen auch Beschreibun­ gen über die geplante und letztlich realisierte Aufgabendelegation an die jeweiligen Per­ sonalsysteme vor. Auch THOMAS fokussiert die Einführung einer neuen Fertigungstechnik in seiner über drei Jahre hinweg erfolgten Feldstudie bei mehreren amerikanischen Unternehmen.120 Darin enthalten sind auch Beschreibungen über die bei einem Flugzeughersteller sowie bei einem Unternehmen des Automobilbaus installierten flexiblen Fertigungssysteme. Im Gegensatz zu den bislang beschriebenen Untersuchungen wird in in dieser Studie ein kontingenztheoretischer Bezugsrahmen explizit zugrundegelegt. Im Zentrum des For­ schungsinteresses steht dabei die Erklärung eines aus dem FFS-Einführungsprozeß re­ sultierenden Einflusses auf die Organisation. Es ist das Anliegen des Autors, mit diesen Wirkungsmechanismen die beobachteten Strukturunterschiede in den Organisationsfor­ men der Anwender begründen zu können. Die Entscheidung zur Anschaffung eines fle­ xiblen Fertigungssystems, die sich anschließende Phase der organisatorischen und tech­ nischen Systemgestaltung sowie die FFS-Realisierung werden als das Ergebnis eines Interessenpluralismus von betrieblichen Entscheidungsträgem erkannt. Über strikt tech­ nische und wirtschaftliche Faktoren hinaus beeinflussen laut Thomas gerade die in ei­ nem politischen Prozeß artikulierten persönlichen Bestrebungen der relevanten Ent­ scheidungsträger auch Aspekte der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen.

Eine andere empirische Untersuchung von 60 FFS-Anwendungsfällen in der Bundesre­ publik Deutschland verfolgt die Entwicklung eines situationsspezifischen Leitfadens für die Gestaltung eines jeweils FFS-adäquaten Planungs- und Steuerungssystems (PPS).121 Eng verknüpft mit dieser Zielsetzung werden auch gestalterische Fragen einer PPSkorrespondierenden Arbeitsorganisation behandelt. Diese primär praxisorientierte Arbeit dient der Anwenderunterstützung bei einer mit FFS-Einführung notwendig werdenden Umgestaltung von Werkstattsteuerung und Arbeitsorganisation. Eine Fundierung der empirischen Arbeit mit organisationstheoretischen Ansätzen ist nicht erfolgt, obgleich ein situativer Bezug für die Herleitung von verschiedenen (arbeitsorganisatorischen) FFS-Typen implizit zugrunde liegt. Andere Untersuchungen sind branchenbezogen und beschäftigen sich zum Beispiel übergreifend mit Fragen der Arbeitsorganisation in der Metallindustrie, schließen also 119 120 121

Siehe Boer 1991; sowie in zusammengefaßter Darstellung Boer/Hill/Krabbendam 1990; und Boer/Krabbendam 1992. Siehe Thomas 1994. Siehe Hirt 1990; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

136

neben dem Einsatz flexibler Fertigungssysteme auch arbeitsorganisatorische Auswir­ kungen von konventionellen und rechnerintegrierten Einzelmaschinensystemen als auch von starr verketteten Produktionssystemen ein. Beispiele hierfür finden sich in dem Her­ ausgeberband von Schmid und Widmaier,122 oder der Veröffentlichung von Ulich, Conrad-Betschart und Baitsch.123

Abschließend bleibt noch festzuhalten, daß auch Arbeiten ohne empirische oder fallstu­ dienbezogene Basis zum Thema der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen vorliegen, wie beispielsweise die literaturbasierte Abhandlung von Bunk über die Aus­ wirkungen flexibler Fertigungssysteme auf Arbeitsorganisation und Qualifikation.124

M: (Arbeits-)Maschine

Abb. 3-8:

Projektursprung

Aus diesen und weiteren Untersuchungen des Literaturstudiums wurde vor dem Hinter­ grund des theoretischen Bezugsrahmens eine Reihe von Forschungsdefiziten erkannt. 122 123 124

Siehe Schmid/Widmaier 1992. Siehe Ulich/Conrad-Betschart/Baitsch 1989. Siehe Bunk 1989.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

137

Konkret wurde das eigene Forschungsinteresse, die Projektmotivation, durch ein Spek­ trum methodischer, inhaltlicher und zeitlicher Defizite ausgelöst (vgl. Abb. 3-8).125

(I)

Methodische Defizite

Unter methodischen Gesichtspunkten fällt in den meisten Untersuchungen die geogra­ phische Einengung des Erhebungsraumes auf. Im Regelfall handelt es sich hierbei um Arbeiten, die arbeitsorganisatorische Themenstellungen flexibler Fertigungssysteme ei­ nes Landes zum Gegenstand haben. Aus einem internationalen Überblick abgeleitete Aussagen zur Arbeitsorganisation sind dann nicht möglich. Unter methodischen Aspek­ ten defizitär wirkt auch die geringe Auswertungsgesamtheit. Empirische Arbeiten mit explizit arbeitsorganisatorischem Bezug und einer Stichprobengröße von über 100 flexi­ blen Fertigungssystemen lagen während der eigenen Konzipierungsphase nicht vor. Es handelte sich bei den betrachteten Untersuchungen auf empirischer Basis zumeist um Fallstudien. Dieser Umstand mag zum Teil durch den relativ geringen Verbreitungsgrad flexibler Fertigungssysteme erklärbar sein. Schließlich konnte als methodisches Defizit ein ,TheoriemangeT konstatiert werden. Eine bewußte Einbettung des Forschungsvorha­ bens in ein Theoriegerüst, wie es beispielsweise durch den situativen Ansatz bereitge­ stellt wird, deutete sich nur in Ausnahmefällen an. (II)

Inhaltliche Defizite

Inhaltliche Defizite offenbarten sich in einer engen Bandbreite arbeitsorganisatorischer Fragestellungen. So fehlte zum Beispiel die empirische Behandlung von Aspekten der Gruppenarbeit und des gezielten Arbeitsplatzwechsels in flexiblen Fertigungssystemen. Darüber hinaus konnten kaum Untersuchungen ermittelt werden, die eine empirisch ge­ stützte Analyse möglicher Einflußgrößen auf die spezifischen Ausprägungen der Ar­ beitsorganisation beinhalteten. (III)

Zeitliche Defizite

Als zeitliches Defizit konnte die mangelnde Aktualität der vorliegenden Studien festge­ halten werden. Ein Großteil der empirischen Forschungsbemühungen lag zum Zeitpunkt der Konzeption dieses Forschungsprojekts bereits länger zurück. Überwiegend in den 80er Jahren wurden Gesichtspunkte der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssy­ stemen empirisch behandelt. Gerade mit Beginn der 90er Jahre vollzog sich dann aber eine zunehmende Durchdringung vieler Industrieunternehmen mit neueren fertigungsor­ ganisatorischen Konzepten, zu denen Lean Production oder die Fertigungssegmentierung zählten. Zentral für diese organisatorischen Veränderungen war und ist auch die Propa­ gierung eines Wandels der Arbeitsorganisation. Die technikzentrierte CIM-Euphorie des vorangegangenen Jahrzehnts ist scheinbar einer Rückbesinnung auf die menschliche Produktivkraft mit ihren Kreativitäts- und Innovationspotentialen gewichen. Die Re­ strukturierung der Arbeitsorganisation aufWerkstattebene verspricht höhere Verfugbar­

125

Friedrichs bezeichnet diesen auslösenden Moment eines Forschungsprojekts als Entdekkungszusammenhang. Vgl. Friedrichs 1990, S. 50.

138

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

keiten, mehr Flexibilität und eine verbesserte Wirtschaftlichkeit der Produktionssyste­ me.126 Im einzelnen läßt sich dieser propagierte Trend zur strukturmodemen Arbeitsorganisati­ on, in der das Personal nicht länger als kostenverursachender Störfaktor der Produkti­ onsprozesse angesehen wird, wie folgt zusammenfassen:127



Die traditionellen Arbeitsstrukturen mit hoher Zentralisation und Spezialisierung werden durch eine Erweiterung der Tätigkeitspielräume von Mitarbeitern im Ferti­ gungsbereich aufgelöst. Die Fremdkontrolle des Personalsystems durch systemexterne Instanzen wird durch selbststeuemde Organisationseinheiten mit Eigenverantwortung ersetzt. Es findet eine weitläufige Umstellung der Einzelarbeitsplatzstrukturen auf Gruppen­ arbeit statt. Es vollzieht sich eine Veränderung der Qualifikationsbasis der Arbeitnehmer auf Werkstattebene von der Einfachqualifikation hin zu einem polyvalent qualifizierten Personalsystem. Entlohnungssysteme auf der Basis von quantitativen Arbeitsergebnissen werden durch leistungsbezogene Entlohnungsformen substituiert.

• • •



Für das vorliegende Forschungsprojekt war deshalb die Frage von Interesse, ob sich die strukturmodeme Arbeitsorganisation auch in den Organisationslösungen flexi­ bler Fertigungssysteme widerspiegeln würde? Die Behandlung dieser Fragestellung knüpft an die Strukturvarianzthese an. Aus kontingenztheoretischer Perspektive muß dabei die Pauschalforderung nach Umsetzung einer strukturmodemen Arbeitsorga­ nisation hinterfragt werden. Diese suggeriert nämlich eine universell ,optimale4 Or­ ganisationsstruktur und reflektiert somit wieder die Vorstellungen der klassischen Organisationstheorien.

Die Ausführungen über den Verbreitungsverlauf sowie den weltweiten Gesamtbestand haben offengelegt, daß Mitte der 90er Jahre flexible Fertigungssysteme zum produkti­ onstechnischen Alltag vieler Industrieunternehmen gezählt werden können. Diese Ferti­ gungstechnik hat ihren ,Innovationscharakter4 weitgehend verloren. Mit dem routinemä­ ßigen Produktionseinsatz flexibler Fertigungssysteme kann deshalb auch eine arbeitsor­ 126 127

Vgl. Hirsch-Kreinsen/Lutz 1987, S. 539. Vgl. dazu bereits Bessant 1985, p. 102; und später konkretisierend Bessant 1994, p. 242; sowie ähnlich Schiele 1987, S. 776; Adler 1988, p. 50; Nicolaisen 1989, S. 87; Perrin 1990, p. 10. Eine ausführliche Beschreibung des „New Paradigm for Organization' findet sich in Liu et al. 1990, pp. 12-15; sowie Francis 1994, pp. 79-82; Buzzacott 1995, p. 122. Siehe speziell zur strukturmodemen Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen Kochan 1989b, p. 100; Koch 1994, S. 19. Im Kem propagiert die strukturmodeme Arbeits­ organisation eine graduelle Demontage des TAYLOR-Systems und rückt die menschliche Ar­ beitsleistung (wieder) in den Mittelpunkt des Produktionsgeschehens. Dies steht einer ar­ beitsorganisatorischen Tradition entgegen, die zu Beginn dieses Jahrhunderts durch Taylor begründet worden war: „Bisher stand die .Persönlichkeit1 an erster Stelle, in Zukunft wird die Organisation und das System an erste Stelle treten“ Taylor 1919, S. 4.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

139

ganisatorische Erfahrungsbasis angenommen werden, die eine Anpassung hin zur propa­ gierten strukturmodemen Arbeitsorganisation ermöglichen könnte. Ausgehend vom situativen Bezugsrahmen sowie den Forschungsdefiziten folgte als nächster Schritt die Erarbeitung eines Katalogs von Zielvorstellungen. Hierbei wurde zwischen wissenschaftlichen sowie praxisorientierten Zielen der Untersuchung differen­ ziert. Die wissenschaftlichen Zielvorstellungen wurden weiter in theoretische und tech­ nologische Wissenschaftsziele untergliedert.128 Die theoretischen Wissenschaftsziele lassen sich darüber hinaus mehrdimensional nach dem Anstieg des Informationsgehalts der gewonnenen Aussagen differenzieren.

(I)

Wissenschaftliche Untersuchungsziele

Mit den theoretischen Wissenschaftszielen ist die Gewinnung von erkennenden Aussa­ gen verküpft. Hier steht zuerst die Herleitung von terminologischen Aussagen im Vor­ dergrund des Forschungsinteresses. Damit sind Konventionen des Sprachgebrauchs (be­ griffliche Abgrenzungen) und Meßvorschriften für die Erfassung von real beobachtbaren Objekten gemeint. Die eingangs hergeleitete Arbeitsdefmition stellt eine solche termi­ nologische Aussage zur begrifflichen Abgrenzung des real beobachtbaren Phänomens ,FFS‘ dar. Des weiteren sollen deskriptiven Aussagen zur Beschreibung von Objekten der Realität dienen. Hierzu zählen die Phänomene des flexiblen Fertigungssystems (Si­ tuation und Zielerreichungsgrad) selbst sowie die damit verbundene Arbeitsorganisation (Struktur). Statistisch erfolgt eine Gewinnung deskriptiver Aussagen durch ein beschrei­ bendes Vorgehen im Rahmen der univariaten Auswertung von Häufigkeitsverteilungen. Deskriptive Aussagen über realisierte Ausprägungen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen thematisieren unter anderem die Strukturvarianzthese. Größeren In­ formationsgehalt bieten dann die angestrebten tendenziellen Aussagen, mit denen eine Verbindung von zwei Phänomenen - also das des flexiblen Fertigungssystems und das der Arbeitsorganisation - mittels einer ,je-desto‘-Beziehung hergestellt werden soll. Sie konkretisieren zum Beispiel als empirisch gestützte Tendenzkontingenzen die Struktur­ determiniertheitsthese. Bezogen auf das eigene Forschungsdesign ist bei der Entwick­ lung des Erhebungsbogens auf Fragestellungen zu achten, die eine derartige Verknüp­ fung zulassen. Unter den theoretischen Wissenschaftszielen besitzen kausale Aussagen den höchsten Informationsgehalt. Mit ihnen wird die Ursachenerklärung für die Ausprä­ gung eines bestimmten Phänomens durch ein anderes Phänomen angestrebt. Ihnen liegt folglich ein Kausalmodell zugrunde, mit welchem die Beziehungen zwischen den Varia­ blen der einzelnen Phänomene beschrieben werden. Übertragen auf die vorliegende Pro­ blemstellung sollen plausibilitätsgestützt aus dem situativen Modell der Arbeitsorgani­ sation kausale Aussagen abgeleitet werden.

Technologische Wissenschaftsziele beinhalten die Herleitung von gestaltenden Aussa­ gen normativen Charakters. Sie besitzen für die Praxis flexibler Fertigungssysteme in Form von arbeitsorganisatorischen Gestaltungsempfehlungen die größte Bedeutung. In 128

Vgl. dazu auch Müller-Böling 1992, Sp. 1492-1493; sowie Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 34-35.

140

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

abgeschwächter Form manifestieren sie sich in den allgemeinen Erkenntnissen für die Organisationspraxis.

(II)

Praxisorientierte Untersuchungsziele

Obige Überlegungen zur Zielformulierung lassen sich im Rahmen eines empirischen Vorgehens nicht unmittelbar in die Praxis transferieren, so daß die Transformation der Wissenschaftsziele in einen praxisorientierten Zielkatalog erforderlich wurde, der dann auch den potentiellen Teilnehmern der Untersuchung wie folgt bereitgestellt werden konnte:129 •





Erfassung und Darstellung der Ausprägungen, Zusammenhänge und Abhängigkei­ ten arbeitsorganisatorischer Planung und Gestaltung in flexiblen Fertigungssyste­ men auf internationaler Basis. Bewertung der Gestaltungsaltemativen der Arbeitsorganisation in flexiblen Ferti­ gungssystemen. Vergleich der Ergebnisse mit denen älterer Untersuchungen und Abbildung aktuel­ ler Entwicklungen.

Mit diesem praxisorientierten Zielkatalog wurde nicht nur eine nach außen gerichtete Transparenz der eigenen Untersuchungsabsicht nach außen hin verfolgt, vielmehr sollte auch das Interesse zur Mitarbeit an diesem Forschungsprojekt geweckt werden. Die sich an die Formulierung wissenschaftlicher und praxisorientierter Zielvorstellungen anschließende Festlegung des allgemeinen Untersuchungsplans richtete sich einerseits auf diese Zielsetzungen sowie auf die eingangs abgeleiteten Forschungsdefizite und be­ rücksichtigte andererseits mehrere restringierende Kriterien (vgl. Abb. 3-9). Da als ein methodisches Defizit die geringe Auswertungsgesamtheit anderer Untersu­ chungen konstatiert wurde, kam eine empirische Behandlung des Problems der Arbeits­ organisation in flexiblen Fertigungssystemen auf der Basis von Fallstudien nicht in Be­ tracht. Die Gewährleistung einer größeren Auswertungsgesamtheit setzte auch zur Thematisierung der Ausgangsthesen eine Durchführung als vergleichende Feldstudie voraus.130 Zwischen den Alternativen einer Querschnitt- versus Längsschnitt-Analyse wurde aus Kostengründen eine Entscheidung zugunsten der zeitpunktbezogenen Unter­ suchung getroffen.131 Die Beobachtung flexibler Fertigungssysteme und der darin reali­ sierten Organisationsstrukturen wurde aufgrund der beabsichtigten internationalen Aus­ richtung der Untersuchung und den damit einhergehenden restriktiv hohen Erhebungs­ kosten als nicht durchführbar eingestuft. Auch eine auf der systematischen Auswertung von Texten und visuellen Dokumenten basierende Inhaltsanalyse erschien nicht prakti­ kabel, da dies für die Zwecke der eigenen Studie eine Bereitstellung der untemehmensspezifischen Pflichtenhefte und Organisationspläne des jeweiligen flexiblen Fertigungs129 130 131

Siehe zu den Untersuchungszielen im Erhebungsbogen S. 403 im Anhang. Vgl. zu den Forschungsformen Müller-Böling 1992, Sp. 1495-1497. Vgl. allgemein zu den Alternativen der Quer- und Längsschnittuntersuchung Denz 1989, S. 52; Friedrichs 1990, S. 157; sowie ausführlich Diekmann 1996, S. 266-288.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

141

systems vorausgesetzt hätte. Die dafür benötigte Partizipationsbereitschaft der FFSAnwender wurde aufgrund der ,Brisanz4 derartiger Dokumentationen als zu gering ein­ geschätzt.

Fallstudie

Abb. 3-9:

vergleichende Feldstudie

Allgemeiner Untersuchungsplan; Quelle-, eigene Darstellung in Anlehnung an Müller-Böling 1992, Sp. 1494

Als adäquate Forschungstechnik der empirischen Datenerhebung wurde schließlich auch aus Gründen einer Vergleichbarkeit der Antworten die standardisierte Einzelbefragung bevorzugt.132 Unter den Alternativen der Einzelmethoden- und Multi-MethodenUntersuchung wurde die ermittelnde Einzelmethoden-Studie in Form der schriftlichen Fragebogenerhebung ausgewählt.133 Die internationale Ausrichtung der Untersuchung und die damit verbundene geographische Streuung der FFS-Anwender hätte bei Anwen­ dung der Interviewmethode ebenfalls zu hohe Kosten verursacht. Erst nach der Ableitung von Forschungsdefiziten aus anderen Studien (Motivation der Untersuchung), der Bestimmung eines praxisorientierten Zielkatalogs (Zweck der Unter­ suchung) und der anschließenden Festlegung des allgemeinen Untersuchungsplans (Vor­ gehen der Untersuchung) konnte eine Informationsbeschaffungsphase initiiert werden, die eine ausreichende Datenbasis von Anwendern flexibler Fertigungssysteme gewähr­ leisten sollte, um die hier angestrebte Breitenerhebung durchfuhren zu können.

132

133

Vgl. zu den Forschungstechniken der Datensammlung Müller-Böling 1992, Sp. 14971502. Vgl. allgemein zur Einzel- versus Multimethoden-Untersuchung Friedrichs 1990, S. 157.

142

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

3.2.2 Umfassende Informationsbeschaffungsphase Im Vorfeld der Informationsbeschaffungsphase erfolgte zunächst die Festlegung von Erhebungs-, Untersuchungs- und Aussageeinheit (vgl. Abb. 3-10).134 Diese Unterschei­ dung ist erforderlich, weil das flexible Fertigungssystem jeweils nur einen Bestandteil des Produktionsapparates eines FFS-Anwenders darstellt. Flexibles Fertigungssystem und FFS-Anwender sind somit nicht identisch. iVZZ i । i i

H i i i I

! i i l

Aussageeinheit

Bezugseinheit der Stichprobe:

Untersuchungs­ einheit । Bezugseinheit der Untersuchung: >

FFS-Anwender

'

; 1 Erhebungseinheit i.......... . .............

I 1 j ■ i ।

FFS-Organisation

!

I

H I I i i

i

Bezugseinheit der Aussagen: FFS-Organisation & FFS-Anwender

Abb. 3-10: Abgrenzung von Erhebungs-, Untersuchungs- und Aussageeinheit Die Erhebungseinheit repräsentiert das Stichprobenkriterium. In dieser Untersuchung wurde der einzelne FFS-Anwender als Erhebungseinheit bezeichnet, also jene Produkti­ onsstätte, in der das flexible Fertigungssystem zur Anwendung kommt. Bei Unterneh­ men, die mehrere Produktionsstätten mit implementierten FFS besitzen, wurde jedes ein­ zelne Werk als Erhebungseinheit berücksichtigt.

Davon zu unterscheiden ist die Untersuchungseinheit. Im konkreten Fall ist als Untersu­ chungseinheit das einzelne flexible Fertigungssystem mit den darin realisierten arbeits­ organisatorischen Strukturen zu betrachten, welches innerhalb der Produktionsstätte ei­ nes Anwenders (Erhebungseinheit) eingesetzt wird. 134

Vgl. Friedrichs 1990, S. 126.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

143

Als Aussageeinheit, auf die sich die Ergebnisse und Aussagen beziehen, dient sowohl der FFS-Anwender als auch das flexible Fertigungssystem mit seinen arbeitsorganisato­ rischen Ausprägungsformen.

Der anschließende Schritt leitete die eigentliche Phase der Datensammlung ein. Das Ziel bestand in einer möglichst umfangreichen und vollständigen Ermittlung von Anwen­ dungsfällen flexibler Fertigungssysteme. Objekt der Informationsbeschaffung stellte da­ mit die Untersuchungseinheit dar. Da die flexiblen Fertigungssysteme einzelner Anwen­ derbetriebe als solche nicht in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen eingetragen sind, wurde im Vorfeld der Erstellung des Fragebogens zunächst die eigene Dokumentation einer ausreichenden Zahl von potentiellen Erhebungs- und Untersuchungseinheiten not­ wendig. Hierzu wurde eine duale Vorgehensweise gewählt, die den Weg der Informati­ onsbeschaffung zum einen indirekt über die Hersteller flexibler Fertigungssysteme und zum anderen direkt über die Anwender flexibler Fertigungssysteme verfolgte. Die indirekte Vorgehens weise der Datensammlung beinhaltete zunächst die Lokalisie­ rung jener Unternehmen, die sich in diversen nationalen und internationalen Branchenund FachverbandsVerzeichnissen sowie Ausstellerkatalogen als Hersteller flexibler Ferti­ gungssysteme eingetragen hatten. Insgesamt ergab sich eine Anzahl von weltweit 135 Unternehmen, die laut firmeneigenen Angaben flexible Fertigungssysteme in ihrem Leistungsprogramm anboten. Auf die an diese Lieferanten gerichtete Anfrage nach Übersendung von Informationsmaterial zur praxisbezogenen Unterstützung der eigenen Untersuchung antworteten 72 Unternehmen. Nach Auswertung der bereitgestellten Pro­ spekte, Firmenschriften und Produktbeschreibungen konnten lediglich 27 Unternehmen eindeutig als Anbieter flexibler Fertigungssysteme gemäß Arbeitsdefinition eingestuft werden. Die übrigen Firmen setzten beispielsweise die von ihnen angebotenen flexiblen Transferstrassen, Einzel- und Sondermaschinenkonzepte mit einem , flexiblen Ferti­ gungssystem4 gleich, waren Komponentenlieferanten oder Anbieter flexibler Blechbear­ beitungssysteme. Ermittlung von Anbietern flexibler Fertigungssysteme Aktivität der Informationsbeschaffung

FFS-Anbieter

Zahl der Unternehmen

Relative Häufigkeit (%)

Auswertung von Informationsmaterial

JA

27

16,3

Auswertung von Informationsmaterial

NEIN

45

27,1

63

38,0

Ohne Antwort auf schriftliche Anfrage Informationsakquisition auf Fachmesse

JA

9

5,4

Informationsakquisition auf Fachmesse

NEIN

22

13,2

166

100,0

Summe

Tab. 3-1:

Ermittlung von Anbietern flexibler Fertigungssysteme

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

144

Während mehrerer Besuche auf der internationalen Fachmesse des Werkzeugmaschi­ nenbaus (EMO) konnten darüber hinaus weitere neun Unternehmen als , definitionskon­ forme4 FFS-Hersteller ermittelt werden (vgl. Tab. 3-1).

Schließlich wurden aus einer Sichtung der technischen Fachliteratur weitere 22 Unter­ nehmen extrahiert, die über die vergangenen Jahre hinweg als Lieferanten flexible Ferti­ gungssysteme bei anderen Unternehmen installiert hatten. Auf dieser Informationsbasis wurden schriftliche und telefonische Referenzanfragen an insgesamt 58 weltweit identifitierte FFS-Anbieter gerichtet. Davon haben 27 Unterneh­ men Angaben über die von ihnen ausgelieferten flexiblen Fertigungssysteme zur Verfü­ gung gestellt. Sechs Lieferanten lehnten die Bereitstellung von konkreten Einsatzbei­ spielen aus Datenschutzgründen ab und weitere zwei Hersteller hatten das FFS aus ihrem Leistungsprogramm entfernt (vgl. Tab. 3-2).

Im Rahmen der direkten Vorgehens weise wurde eine große Zahl von Anwenderberich­ ten in Fachpublikationen analysiert. Zu dieser technischen Literatur gehörten primär Fachzeitschriften, Tagungsbände sowie Lehrbücher.135 Auch hier wurde als Selektions­ kriterium die eigene Arbeitsdefinition eines flexiblen Fertigungssystems zugrundegelegt. Davon abweichende Systembeschreibungen wurden nicht weiter berücksichtigt. Referenzanfragen an FFS-Anbieter Reaktionen

Bereitstellung von FFS-Referenzen

Anzahl der FFS-Anbieter

Relative Häufigkeit (%)

27

46,5

Begründete Ablehnung

6

10,3

FFS nicht länger im Produktionsprogramm

2

3,5

Ohne Antwort

23

39,7

Summe

58

100,0

Tab. 3-2:

Referenzanfragen an FFS-Anbieter

Die aus indirekter und direkter Informationsbeschaffung ermittelten Anwendungsfälle konnten für die spätere Versendung der Erhebungsbögen in Form einer FFS-Datenbank dokumentiert werden. Dabei wurden drei Informationskategorien berücksichtigt. Zu den 135

Zu diesen Fachzeitschriften mit Anwenderberichten zählten unter anderem The FMS Magazine (einschließlich der Nachfolgezeitschrift Integrated Manufacturing Systems), American Machinist, Industrial Engineering, Werkstatt und Betrieb, wt Werkstattstechnik, VDI-Z. Siehe zu Tagungsberichten als Informationsbasis realisierter Systemanwendungen beispielsweise Rathmill 1986; Micheletti 1987. Vgl. zu Systembe­ schreibungen in Lehrbüchern z. B. Ranky 1983, pp. 8-24; Maleki 1991, pp. 27-41.

145

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

allgemeinen Angaben über den Anwender zählten der Name des Unternehmens, Bran­ chenzugehörigkeit, Beschäftigtenzahl und Umsatzhöhe, das Produktionsprogramm sowie die Beteiligungsverhältnisse.136 Ferner wurden Angaben über das spezifische Ferti­ gungssystem festgehalten, um für den Fall der Mehrfachanwendung einzelne Systeme gegeneinander abgrenzen zu können und dadurch die Gefahr von Doppelzählungen zu vermeiden.137 Dabei bezogen sich die systemspezifischen Basisinformationen auf den Systemhersteller, das Inbetriebnahmejahr, die Anzahl der integrierten Werkzeugmaschi­ nen, das Werkstückspektrum, die Anzahl bearbeiteter Werkstücke sowie Angaben über die durchschnittlich gefertigte Losgröße. Schließlich wurden je nach Verfügbarkeit sy­ stemspezifische Zusatzinformationen gespeichert, die im wesentlichen Daten über ein­ zelne Komponenten des Techniksystems, aber auch Werkstückgewicht und -große, In­ stallationsdauer, Schichteinsatz oder Strukturen des Personaleinsatzes beinhalteten. Diese Zusatzangaben konnten jedoch nur für wenige Systeme ermittelt werden.138

indirekt FFS-Lieferanten Branchenverzeichnisse technische Literatur

Messebesuch

Informationsmaterial 188 'Anbieter1 weltweit

|

58 FFS-Lieferanten

Abb. 3-11: Ermittlung der Untersuchungseinheiten 136

137

138

Zur Pflege der eigenen Datenbank wurde eine fortwährende Aktualisierung der allgemeinen Anwenderinformationen vorgenommen, die sich vor allem bei Fusionen und Übernahmen sowie den möglicherweise damit einhergehenden Produktionsstillegungen und -Verlagerun­ gen schwierig gestaltete. Das Auftreten von Doppelzählungen kann nicht vollständig ausgeschlossen werden. So ver­ mutet beispielsweise das IIASA, daß sich unter den in der FFS-Datenbank (Version 3.1) re­ gistrierten 758 Systemen zwischen 10 und 15 Duplikationen befinden. Vgl. Tchijov 1989a, p. 5. Siehe zu einem vergleichbaren Datenvollständigkeitsproblem der FFS-Datenbank des IIASA Tchijov 1989a, pp. 3-5.

146

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Bis zum Zeitpunkt der Fragebogenversendung konnte ein Gesamtbestand von 1.033 fle­ xiblen Fertigungssystemen in 30 Ländern auf fünf Kontinenten dokumentiert werden. Bei Zugrundelegung der geschätzten Weltpopulation von ca. 2.000 flexiblen Fertigungs­ systemen repräsentierten die in der eigenen Datenbank enthaltenen Anwendungsfälle knapp 50% der Grundgesamtheit. Damit konnte eine ausreichende Datenbasis für die Durchführung der beabsichtigten Breitenerhebung angenommen werden. Die obige Ab­ bildung faßt abschließend das informationsbeschaffende Vorgehen zusammen (vgl. Abb. 3-11).

3.2.3

Erstellung, Versendung und Rücklauf des Erhebungsbogens

Die Erstellung des Fragebogens lehnte sich an das situative Modell der Arbeitsorganisa­ tion in flexiblen Fertigungssystemen an. Die Konzeption berücksichtigte darüber hinaus die bereits beschriebenen empirischen Arbeiten zu diesem Themenkomplex sowie Pro­ blemstellungen, die im Kontext der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen bislang empirisch nicht behandelt worden waren (vgl. Abb. 3-12).

Fragenformulierung: weitgehend geschlossen

j

Umfang: 20 Hauptfragen & 100 Unterfragen Zeitaufwand der Bearbeitung: 30 Minuten

Deckblatt • • • • • •

Projekttitel Zielsetzungen Bearbeitungsaufwand Rücksendefrist Datenschutz Anonymität

Allgemeiner Teil FFS-Definition & Abbildung Angaben zur Person

Fragenteil FFS-Einsatz Arbeitsorganisatorische Planungsphase Arbeitsorganisatorische Betriebsphase

Abb. 3-12: Konzeption des Fragebogens

Im einzelnen richtete sich die Konzipierung des Fragebogens auf die Anforderungen der Klarheit und Verständlichkeit aus.139 Es wurde die Formulierung weitgehend geschlos­ sener Fragen bevorzugt. Dies ermöglichte zumeist eine Beantwortung durch Ankreuzen 139

Vgl. im einzelnen Denz 1989, S. 17-18; Friedrichs 1990, S. 236-238; Diekmann 1996, S. 410-414; Hippmann 1997, S. 36.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

147

oder Einsetzen von Zahlenwerten.140 Die Fragenformulierungen orientierten sich dabei an der Sprachwelt von Mitarbeitern des Produktionsbereiches mit technischem Ausbil­ dungshintergrund.141 Der Umfang des Fragebogens ergab sich aus einer Gesamtheit von 20 Fragen mit knapp 100 Unterfragen. Im Anschreiben an den jeweiligen FFSAnwender erfolgte der Appell zur Teilnahme.

Eine Gliederung des Erhebungsbogens wurde in drei Abschnitten vorgenommen, beste­ hend aus • • •

Deckblatt, allgemeinem Teil sowie Fragenteil.

Das Deckblatt enthielt den praxisgerecht formulierten Titel des Forschungsprojekts: „Gestaltung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen“,142 Darüber hin­ aus wurden den potentiellen Untersuchungsteilnehmem die Zielsetzungen dargelegt. Es handelte sich hierbei um den praxisorientierten Zielkatalog, wie er zuvor aus dem Spek­ trum wissenschaftlicher Zielvorstellungen abgeleitet worden war. Schließlich umfaßte das Deckblatt Angaben über den geschätzten Zeitaufwand der Bearbeitung, der mit ca. 30 Minuten veranschlagt wurde. Den Anforderungen an die Vollständigkeit des Deck­ blatts genügten dann die Vorgabe der Rücksendefrist sowie ein Passus zur Gewährlei­ stung von Datenschutz und Anonymität.

In einem allgemeinen Teil wurde den potentiellen Untersuchungsteilnehmem die zu­ grundeliegende Arbeitsdefinition eines flexiblen Fertigungssystems vorgegeben und durch die schematische Abbildung eines typischen flexiblen Fertigungssystems ergänzt. Auch Angaben zur Person, d. h. Stelle und Ausbildungsweg, gehörten zu diesem einlei­ tenden Teil des Fragebogens.143 Die Struktur des Fragenteils enthielt drei Kembereiche. Im ersten Teil »Einsatz des FFS im Unternehmen1 wurden grundsätzlich technisch orientierte Fragen zum Unternehmen bzw. Werk sowie dem ausgewählten flexiblen Fertigungssystem gestellt.144 Mit diesen Fragen wurde eine Erfassung der Situationsvariablen angestrebt. Eine Ausnahme bildet die Frage nach dem Nutzungsgrad des betrachteten FFS. Es erschien sinnvoll, diese Teil­ frage mit in die Angaben über das flexible Fertigungssystem einzubinden. Die Fragen des zweiten Kembereichs behandelten dann die arbeitsorganisatorische Planungsphase, hauptsächlich also Situationsvariablen der Implementierungsphase des jeweiligen flexi140

141

142 143 144

Obwohl in vielen Fällen die Möglichkeit eingeräumt wurde, weitere Angaben hinzuzufügen, wurde diese Option vergleichsweise selten in Anspruch genommen. Siehe allgemein zu den Vor- und Nachteilen der geschlossenen Fragenformulierung Denz 1989, S. 14-15. Es handelte sich in dieser Untersuchung um eine vergleichsweise homogene Gruppe der Be­ fragten, die sich weitgehend in einer Sprachwelt bewegen. Vgl. zur Problematik heterogener Gruppen aus unterschiedlichen Sprachwelten Denz 1989, S. 15. Siehe zum Deckblatt des Erhebungsbogens S. 403 im Anhang. Siehe zum allgemeinen Teil des Erhebungsbogens S. 404 im Anhang. Siehe zu den technischen Fragen des Erhebungsbogens S. 405-409 im Anhang.

148

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

bien Fertigungssystems.145 Des weiteren wurde ein Abschnitt eingefugt, der die Anwen­ derperzeption bezüglich der Einflußbedeutung einer Auswahl von schwer bzw. nicht operationalisierbaren Situationsvariablen auf die Arbeitsorganisation erfragte. Außerdem wurde ein Katalog möglicher Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation vorgegeben und um eine Einschätzung der Befragten über Zielbedeutung sowie Zielerfüllungsgrad ge­ beten. Mit dem dritten Kembereich des Fragenteils sollten dann die Gestaltungsmög­ lichkeiten der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen erfaßt werden.146 Dieser Fragenabschnitt behandelte schwerpunktmäßig die arbeitsorganisatorische Be­ triebsphase und fokussierte die Erfassung der arbeitsorganisatorischen Strukturdimen­ sionen. Den Abschluß bildeten Fragen zur Qualifikationsveränderung bei FFS-Einführung sowie zur Arbeitszeitflexibilisierung. Im Anschluß an die vorläufige Fertigstellung des Fragebogens erfolgte die Durchführung von Pretests vor Ort bei vier Anwendern flexibler Fertigungssysteme.147 Die Informa­ tionen aus Gesprächen und Besichtigungen der eingesetzten Systeme verdeutlichten zu­ vor nicht antizipierte Konsequenzen der Fragestellungen und wurden entsprechend in Neufassungen des Erhebungsbogens berücksichtigt. Konkret handelte es sich um For­ mulierungsänderungen, Ergänzungen, Streichungen sowie Modifikationen der Skalie­ rung. Die sachliche Ungenauigkeit der verwendeten Begriffe wurde beseitigt sowie eine Abstimmung zwischen den Begriffen der Literatur und denen der Praxis vorgenommen. Die aus der Pretestphase resultierende Endversion des Fragebogens wurde dann in die englische Sprache übersetzt. Hierzu folgte eine Verständlichkeitsprüfiing der Überset­ zung bei einem amerikanischen Hersteller von Industrieelektronik vor Ort in den Verei­ nigten Staaten.

Im einzelnen umfaßte die Pretestphase den Besuch bei folgenden Anwendern, die struk­ turell den Anwendungsfällen in der Stichprobe der späteren Hauptuntersuchung entspra­ chen: 1. In einem Unternehmen des Druckmaschinenbaus wurde der Pretest des Erhebungs­ bogens zusammen mit dem Leiter eines flexiblen Fertigungssystems durchgeführt. In dieses FFS waren fünf Bearbeitungszentren integriert. Die Werkstückbearbeitung er­ streckte sich auf mittlere Losgrößen und Bearbeitungszeiten. Es handelte sich bei diesem Unternehmen um einen Einfachanwender. Zum Zeitpunkt des Tests befand sich der Druckmaschinenhersteller in einer Reorganisationsphase. 2. In einem Automobilbauuntemehmen erfolgte der Pretest mit dem Leiter der Arbeits­ organisation. In diesem Werk wurden mehrere FFS im Bereich der Motorenfertigung eingesetzt. Charakteristisch für den Produktionseinsatz dieser Systeme war die Ferti­ gung großer Lose mit relativ kurzen Werkstückbearbeitungszeiten. Das Unternehmen hatte erst kürzlich die komplette Fertigung auf Gruppenarbeitsstrukturen umgestellt.

145 146 147

Siehe zu diesem zweiten Fragenkomplex des Erhebungsbogens S. 410-415 im Anhang. Siehe zu diesem dritten Fragenkomplex des Erhebungsbogens S. 416-422 im Anhang. Vgl. zur Notwendigkeit sowie zur Durchführung eines Pretests Friedrichs 1990, S. 153-155 sowie S. 245.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

149

3. Bei einem amerikanischen Hersteller von Landmaschinen, der weltweit zu einem der Frühanwender flexibler Fertigungssysteme zählt und innerhalb des besuchten Werkes mehrere FFS einsetzte, konnte mit dem Pretest eine Ähnlichkeit der arbeitsorganisa­ torischen Gestaltungslösungen der einzelnen Systeme festgestellt werden. 4. Als Repräsentant eines Anwenders mit geringen Losgrößen wurde ein japanischer FFS-Hersteller kontaktiert, der sich auf das Angebot von Großbearbeitungszentren spezialisiert hat. In der deutschen Niederlassung wurde ein flexibles Fertigungssy­ stem zu Vorfuhrzwecken installiert und darüber hinaus zur Lohnfertigung im For­ menbau eingesetzt. Die Werkstückbearbeitung auf den integrierten Portalfräsmaschi­ nen erforderte bis zu 30 Stunden. Mit einem Vertreter der technischen Abteilung des japanischen Stammwerks konnte der Pretest auf die dort eingesetzten Systeme aus­ gedehnt werden. Als Erhebungszeitpunkt wurde nach Abschluß der Konzeptualisierungs- und Pretestpha­ sen der Spätsommer 1994 festgesetzt. Eine zweite Welle schloß sich nach dem Erhalt zusätzlicher Informationen im Herbst 1994 an. Der letzte Fragebogen ging im Januar 1995 ein. Als geographischer Erhebungsraum wurden jene Länder ausgewählt, in denen die FFS-Anwender den deutschen oder englischen Erhebungsbogen beantworten konn­ ten. Das Interesse der Befragten an der Untersuchung begründete sich vor allem aus ei­ ner angestrebten Leistungsverbesserung des flexiblen Fertigungssystems durch die Aus­ schöpfung bislang nicht erkannter arbeitsorganisatorischer Alternativen.

Die Auswahl der Stichprobe sowie die anschließende Versendung des Fragebogens bil­ deten die nächsten Schritte der Erhebung. Aus der vorliegenden Datenbank von 1.033 Systemen (potentielle Untersuchungseinheiten) wurden in die Stichprobe alle Be­ triebe (potentielle Erhebungseinheiten) aufgenommen, für die konkrete Adressen ermit­ telt werden konnten.148 Ausgeschlossen wurden flexible Fertigungssysteme für Schu­ lungszwecke sowie sich zum Erhebungszeitpunkt im Aufbau befindliche FFS.149 Das Begleitschreiben wurde, sofern möglich, persönlich an ein Mitglied der Geschäftsleitung gerichtet. Die Beschaffung der Adressen und Untemehmensangaben der FFS-Anwender erfolgte teils über nationale und internationale Branchen- sowie Untemehmensverzeich-

148

149

Vgl. zu den verschiedenen Verfahren der Stichprobenauswahl allgemein Friedrichs 1990, S. 130-132; Diekmann 1996, S. 328; Hippmann 1997, S. 28-32. Aufgrund der Informations­ restriktionen (Anwenderadressen und Systemangaben für die gesamte Population) sowie der sprachlichen Beschränkungen handelte es sich hier um eine ,ad-hoc‘-Stichprobe. Eine Zu­ fälligkeit der Auswahl konnte nicht gewährleistet werden, da nicht alle Systeme der Grund­ gesamtheit die gleiche Chance hatten, als Stichprobenelemente berücksichtigt zu werden. Auf die »Unmöglichkeit4 des Repräsentativitätsschlusses aus verzerrten, nicht zufallsgesteu­ erten Stichproben sei bereits an dieser Stelle hingewiesen. Vgl. Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S.25. Vgl. zu einem konkreten Beispiel eines FFS für Forschungszwecke van Tol 1988. Hier wird deutlich, daß ein Routineeinsatz in der Produktion nicht stattfindet und daher das Argumen­ tationsmuster des situativen Modells der Arbeitsorganisation nicht auf derartige Systeme übertragen werden kann.

150

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

nisse, teils auch über die Anfrage bei den zuständigen regionalen Handelskammern im In- und Ausland.

Für die Versendung des Fragebogens wurden vier verschiedene Vorgehensarten gewählt. Im Rahmen einer Direktversendung an einzelne Unternehmen wurden 275 Anwender kontaktiert. Der auswertbare Rücklauf betrug 29,1% (= 80 Anwender). Ein Unternehmen hatte den Fragebogen zwar bearbeitet, doch handelte es sich hier um eine unverkettete Werkstattfertigung mit CNC-Maschinen. Dieser Erhebungsbogen konnte definitionsge­ mäß nicht in die Auswertung einbezogen werden. Eine begründete Ablehnung durch das jeweilige Unternehmen erfolgte in weiteren 21 Fällen (=7,6%). Die Absagen wurden vor allem durch die nachfolgenden Gründe motiviert: •





Die eingesetzten Mehrmaschinensysteme entsprachen nicht der im Fragebogen vor­ gegebenen Arbeitsdefinition eines flexiblen Fertigungssystems. Das ursprünglich eingesetzte flexible Fertigungssystem konnte den veränderten Marktanforderungen nicht gerecht werden und wurde als Maschinenverbund auf­ gelöst oder komplett demontiert. Das angeschriebene Unternehmen setzte zwar ein flexibles Fertigungssystem per Definition im Produktionsprozeß ein, befand sich zum Erhebungszeitpunkt aller­ dings in einer Restrukturierungsphase und konnte die personelle Kapazität für eine detaillierte Bearbeitung nicht bereitstellen.

Eine Verteiler-Anfrage wurde an jene Unternehmen verschickt, die flexible Fertigungs­ systeme in verschiedenen Werken einsetzten. Diese Anfrage wurde an die Untemehmenszentrale mit der Bitte um Unterstützung gerichtet, beispielsweise durch Übernahme der Verteilerfunktion an die diversen Produktionsstätten oder durch Bekanntgabe der Anschriften und Anpsrechpartner in den dezentralen Betrieben. Dieses Vorgehen wurde für 79 Unternehmen gewählt. Von 17 Unternehmen (= 21,5%) wurde der Verteiler von der Zentrale übernommen und der Erhebungsbogen in den betreffenden Werken bear­ beitet. Weitere drei Unternehmen (= 3,8%) unterstützten die Untersuchung durch die Be­ reitstellung von Informationen über die untemehmensweite Einsatzstruktur flexibler Fertigungssysteme. Eine begründete Ablehnung erfolgte durch 14 Untemehmenszentralen (= 17,7%). So führte beispielsweise die beschränkte Personalkapazität eines ameri­ kanischen Unternehmens der Baumaschinenindustrie zur Absage seitens der Zentrale, weil die amerikanischen Produktionsstätten zum Erhebungszeitpunkt bestreikt wurden. Durch die Kontaktaufnahme mit der deutschen Niederlassung japanischer Anwender und der Bitte nach Unterstützung sollte die Schwierigkeit einer direkten Kontaktaufnahme mit der japanischen Untemehmenszentrale umgangen werden. Es wurden insgesamt 11 Unternehmen angeschrieben. Lediglich zwei Unternehmen erklärten sich zu einer Mitarbeit bereit (= 18,2%). Weitere zwei Unternehmen lehnten eine Unterstützung be­ gründet ab (= 18,2%).

Die nachfolgende Abbildung faßt die Rücklaufstruktur zusammen (vgl. Abb. 3-13).

151

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

Rücklaufquote (365 kontaktierte Anwender; 735 FFS) Versendungs­ art

direkt multi

Japan Summe

Fragebogen bearbeitet und auswertbar

Fragebogen bearbeitet und nicht auswertbar

0,3 0,0 0,0 0,3

22,0 5,5 0,5 28,0

I Mehrmaschinensystem(e) | ungleich FFS-Definition

Begründete Ohne Antwort Ablehnung

5,8 3,8 0,5 10,1

47,4 12,3 1.9 61,6

Summe

75,5 21,6 3,0 100,0

m 1Ii Mitarbeit: keine Bereitschaft zur Marktbedingungen. Reorganisati on, Auflösung des FFS oder ■ .. .. . . i x’. a . I Streik, Unternehmenspolitik Demontage M\ r

Alle Angaben in Prozent

Abb. 3-13: Struktur des Rücklaufs

Die Summe der 365 angeschriebenen Anwender setzte 735 flexible Fertigungssysteme in der Produktion ein. Insgesamt wurde ein Rücklauf von 105 bearbeiteten und auswertba­ ren Fragebögen erzielt (= 28,0%). Aufgrund der Fragenfulle und -Vielfalt liegen jedoch einige Erhebungsbögen nicht als komplette Dateneinheit vor. Es fehlen zumeist nur An­ gaben zu einzelnen Teilfragen.150 Bei Mehrfacheinsatz wurde der Anwender gebeten, ein repräsentatives FFS als Grundla­ ge für die Fragenbeantwortung auszuwählen. Diesem Vorgehen lagen die folgenden Plausibilitätsüberlegungen zugrunde, die auch in der Pretestphase bestätigt wurden: Erstens, es kann eine arbeitsorganisatorische Ähnlichkeit der eingesetzten flexiblen Fer­ tigungssysteme angenommen werden. Die Auswahl des FFS ist in dieser Situation belie­ big, da jedes System für den Anwender repräsentativ ist.

Zweitens, es liegt eine arbeitsorganisatorische Divergenz der flexiblen Fertigungssyste­ men vor. In dieser Situation ist die Auswahl des Systems nicht beliebig. Hier existieren prinzipiell zwei Möglichkeiten der Repräsentativitätsauswahl. So könnte der Anwender ein FFS mit vergleichsweise geringem arbeitsorganisatorischen Zielerreichungsgrad in die Erhebung einbringen. Die Wahl des „worst practice“-Systems ist jedoch unwahr­ scheinlich. Wahrscheinlich ist dagegen die Aufnahme des Systems mit der aus Anwen­ dersicht besten arbeitsorganisatorischen Struktur. Dieses „best practice“-System wird 150

Auf eine Ergänzung nicht beantworteter Fragen {„nonresponse“) durch ,sinnvolle4 Antwor­ ten wurde aus Gründen einer Verfälschungsgefahr der anschließenden statistischen Analyse verzichtet. Vgl. zu den Möglichkeiten der Vervollständigung von fehlenden Antworten z. B. Hippmann 1997, S. 43.

152

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

dann als repräsentativ betrachtet, weil davon ausgegangen werden kann, daß bei Neuan­ schaffung eines weiteren Systems der in diesem FFS realisierte arbeitsorganisatorische Standard übertragen wird oder eine arbeitsorganisatorische Anpassung des relativ schlechteren Systems noch aussteht.

Mit dieser Repräsentativitätsvorgabe erfolgte eine Einschränkung von 319 auf 105 flexi­ ble Fertigungssysteme.151 Bei Zugrundelegung der Weltpopulation von 2.000 Systemen trifft die vorliegende Un­ tersuchung somit Aussagen über den Systemeinsatz und die Arbeitsorganisation von knapp 5% der Grundgesamtheit.152 Abschließend verdeutlicht eine zusammenfassende Darstellung die Zahlenrelationen zwischen FFS-Weltpopulation und systembezogener Auswertungsgesamtheit (vgl. Abb. 3-14).153 Zu den Zielen der Stichprobenbestimmung zählt einerseits der Repräsentationsschluß, der aus den Erhebungsergebnissen allgemeine Aussagen über die Grundgesamtheit zu­ läßt, sowie andererseits der Inklusionsschluß, der aus Hypothesentests an der Stichprobe resultiert.154

Ein Repräsentationsschluß ist in dieser Arbeit aus zwei Gründen nicht möglich:

1. Die Erhebungsergebnisse basieren auf einer ,ad hoc‘-Stichprobe mit regionaler Verzerrung.

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Siehe zu einer ähnlichen, durch Mehrfachanwendung verursachten Situation die Analyse von schwedischen FFS-Anwendem in Haywood/Bessant 1988, p. 32. Insgesamt wurden die Voraussetzungen einer Stichprobenbestimmung erfüllt. Vgl. dazu Friedrichs 1990, S. 125. Flexible Fertigungssysteme bzw. FFS-Anwender sind als Stich­ probenelemente definiert, die Grundgesamt ist angebbar und empirisch definiert, das Aus­ wahlverfahren ist angegeben und die Stichprobe stellt im weitesten Sinne ein näherungswei­ ses Abbild der Grundgesamtheit dar. Dies wird in den nachfolgenden Kapiteln durch Rückgriff auf andere empirische Untersuchungen zum Einsatz flexibler Fertigungssysteme aufgezeigt. Niedrige Rücklaufquoten zählen zu einem der wesentlichen Problembereiche schriftlicher Befragungen. Vgl. Friedrichs 1990, S. 237. Dies gilt letzlich auch für die eigene Untersu­ chung. Dennoch verdeutlicht das Verhältnis zwischen Weltpopulation und Auswertungsge­ samtheit ein vergleichsweise zufriedenstellendes Rücklaufergebnis. Vgl. Denz 1989, S. 62-63; Friedrichs 1990, S. 125. Die Möglichkeit des Inklusionsschlus­ ses wird an anderer Stelle hingegen nicht als Stichprobenziel anerkannt. Dort erfolgt aus­ schließlich eine Orientierung der Erhebung an dem Anspruch des Schließens von der Stich­ probe auf die Population. Vgl. Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 24-26. Diekmann bezeichnet die Vorstellung, eine empirische Untersuchung habe sich ausschließlich nach den Repräsentativitätsansprüchen der Stichprobe zu richten, als ,Mythos4 und macht die Frage der Repräsentativität abhängig von dem Forschungsziel. Demnach sind repräsentative Stich­ proben erforderlich, wenn Merkmale der Population geschätzt werden sollen. Hypothesen­ prüfende Untersuchungen sind aber auch auf der Basis von ,ad-hoc‘-Stichproben möglich, sofern die daraus gewonnenen Aussagen explizit auf die Stichprobe bezogen werden. Vgl. Diekmann 1996, S. 169.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

153

2. Der Stichprobenumfang ist zu gering.155 Dem endogenen Kritikpunkt der Nichtrepräsentativität situativer Untersuchungen muß sich folglich auch diese Studie aussetzen. Im folgenden beziehen sich alle Er­ gebnisse der statistischen Analyse stets auf die jeweils vorliegende Auswertungsge­ samtheit.

Abb. 3-14: Verhältnis zwischen Weltpopulation und Auswertungsgesamtheit

3. 2.4 Mehrstufige Strategie der Datenauswertung Die Auswertungsstrategie beinhaltet ein mehrstufiges Vorgehen der Datenbearbeitung. Eine univariate Auswertung erstreckt sich dabei auf die Gesamtheit der erhobenen Daten und ermöglicht den Zugang der empirisch erhobenen Informationen zur wissenschaftli­ chen Kommunikation.156 Allgemein erfolgt je nach Meßniveau der vorliegenden Daten eine differenzierte Be­ handlung. Bei nominal und ordinal skalierten Daten beschränkt sich die univariate Aus­ wertung auf die Darstellung der zugehörigen Häufigkeitsverteilungen. Für kardinal ska­ lierte Daten werden darüber hinaus ausgewählte Werte für die Beschreibung der Häufig­

155 156

ygi zur Bestimmung der notwendigen Stichprobengröße für die Beanspruchung der Reprä­ sentativität von Erhebungsergebnissen für die Grundgesamtheit Denz 1989, S. 60-61. Vgl. dazu Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 25.

154

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

keitsverteilung berechnet.157 Der Vergleich mit anderen empirischen Arbeiten zu ähnli­ chen Teilproblemen ermöglicht eine näherungsweise Überprüfung der eigenen Auswer­ tungsergebnisse. Gemäß den theoretischen Wissenschaftszielen dieser Arbeit dient die univariate Datenauswertung der Gewinnung deskriptiver Aussagen.

Die zweite Stufe der statistischen Auswertung sieht die isolierte Analyse von ausge­ wählten Zusammenhängen zwischen einzelnen Situationsvariablen und den jeweiligen Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation vor. In analoger Weise werden auch mög­ liche Beziehungen zwischen den Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation und dem Nutzungsgrad des jeweiligen flexiblen Fertigungssystems sowie zwischen den situativen Einflußfaktoren und dem Nutzungsgrad analysiert. Im Rahmen einer situativen Metho­ dik sind nunmehr drei Voraussetzungen erfüllt:158 1. Es liegt eine operationalisierte Konzeption der arbeitsorganisatorischen Situation fle­ xibler Fertigungssysteme vor. 2. Es liegt eine operationalisierte Konzeption der arbeitsorganisatorischen Strukturdi­ mensionen flexibler Fertigungssysteme vor. 3. Es liegt eine operationalisierte Konzeption des arbeitsorganisatorischen Zielerrei­ chungsgrades flexibler Fertigungssysteme vor.

Somit stellt sich als letzte zu berücksichtigende Voraussetzung für eine kontingenztheo­ retisch fundierten Analyse der Arbeitsorganisation die Formulierung von Hypothesen über die diversen Auswirkungen der Organisationssituation auf Struktur und Zielerrei­ chungsgrad.159 Dies geschieht zunächst in Form von Hauptthesen im fünften und sech­ sten Kapitel.

Auf der Basis einer ,Augenscheinprüfiing‘ schließt sich die Herauskristallisierung visu­ ell erkennbarer Tendenzkontingenzen an, für die letztlich Hypothesen aufgestellt wer­ den. Eine Hypothesenprüfung beendet die Datenanalyse.160 Auf der Suche nach einem geeigneten Testverfahren stehen grundsätzlich die Alternativen des parametrischen ver­ sus nichtparametrischen Tests zur Verfügung.161 Für die Auswahl eines bestimmten Tests entwickeln Bortz, Lienert und Boehnke ein Entscheidungsschema, das auch

157

158 159 160

161

Vgl. zu den alternativen Skalenniveaus nominaler, ordinaler und kardinaler Daten Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 61-64; Backhaus u. a. 1996, S. XV-XVII; Benninghaus 1998, S. 17-22. Siehe zu den graphischen und numerischen Möglichkeiten der univariaten Datenanalyse Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 70-77; Diekmann 1996, S. 555-571; Benninghaus 1998, S. 92-161. Vgl. allgemein Kieser 1999, S. 172. Vgl. allgemein Kieser 1999, S. 172. Vgl. zur Prüfung von Hypothesen als einem Kembestandteil empirischer Forschungsarbeit Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 23. Siehe weiterführend zu einer kritischen Betrachtung des Hypothesentests als Element betriebswirtschaftlicher Theoriebildung Schneider 1995, S. 186-197. Vgl. Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 79.

Weitere Schritte des Forschungsdesigns

155

hier zugrundegelegt wird.162 Dieses sieht in einem ersten Schritt die Prüfung der abhän­ gigen Variablen auf kardinale Meßqualität vor. Da sich in dieser Arbeit die Strukturdi­ mensionen ausschließlich auf ordinalem Meßniveau erfassen lassen, kommt die Anwen­ dung eines parametrischen Testverfahrens nicht in Frage. Das Test-Entscheidungs­ schema ist bereits an dieser Stelle unterbrochen. Es liegt mit der vorliegenden Erhebung ein Ein-Stichproben-Fall vor. Für die Analysezwecke ist demnach ausschließlich der %2Unabhängigkeitstest geeignet.163 Die Anwendung eines parametrischen Tests würde im Zuge der statistischen Datenver­ knüpfung eine ,Niveauaszendierung‘ erfordern, weil variierende Skalenqualitäten vor­ liegen.164 Diese Transformationsmöglichkeit zur Harmonisierung des Skalenniveaus verfolgt eine , Quasi‘-Kardinalisierung von nominalen und ordinalen Daten. In der Regel ist jedoch eine Datentransformation von einem niedrigen auf ein höheres Skalenniveau nicht zulässig.165 Eine ,Quasi‘-Kardinalisierung von Daten der arbeitsorganisatorischen Strukturen und Situation setzt nämlich voraus, daß eine (näherungsweise) Äquidistanz zwischen den Merkmalsausprägungen der jeweiligen Variable plausibel begründet wer­ den kann.166 Unter der Leitvorstellung einer mathematisch-statistischen Vorsicht er­ scheint dieses Vorgehen zweifelhaft, da die Abstandsgleichheit nicht überprüfbar ist.

Im übrigen läßt sich für viele kontingenztheoretische Untersuchungen ein leichtfer­ tiger Umgang mit der Aszendierung von Skalenniveaus konstatieren. Folglich lassen sich auch die erzielten Ergebnisse in Frage stellen. Die hier bevorzugte vorsichtige Umgangsweise mit Daten niedriger Skalenqualität richtet sich somit gegen die en­ dogene Kritik der statistischen Unangemessenheit. Die Niveauregression transformiert dagegen kardinale in ordinale oder nominale Da­ ten.167 Dieses Vorgehen ist jederzeit umsetzbar.168 Dabei erfordert der Übergang von einem hohen auf ein niedriges Skalenniveau eine Datenklassifizierung. Damit einherge­ hend entsteht das grundsätzliche Problem des Informationsverlusts.169 Dieser wird der

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164

165 166 167 168 169

Vgl. dazu Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 83-86. Vgl. allgemein zur quadratischen Kontingenz als Maßzahl für die Beschreibung der Stärke des Zusammenhangs zwischen nominal- bzw. ordinalskalierten Daten sowie zur grundsätzli­ chen Methodik des x2-Unabhängigkeitstests Everitt 1992, pp. 1-10; Hochstädter 1996, S. 649-662; Benninghaus 1998, S. 204-205 und S. 209. Die Durchführung der Skalentransformation orientiert sich dabei allgemein an den Anforde­ rungen der mathematisch-statistischen Adäquanz sowie der sachlogischen Plausibilität. Vgl. Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 64. Vgl. Backhaus u. a. 1996, S. XVII; Benninghaus 1998, S. 22-23. Siehe allgemein Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 79-80. Vgl. Hippmann 1997, S. 44 und S. 134-135. Vgl. Benninghaus 1998, S. 22. Vgl. zu den eingeschränkten Möglichkeiten der Skalentransformation ohne Informations­ verlust Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 64. Diese beziehen sich jedoch auf die Transfor­ mation innerhalb eines bestimmten Skalenniveaus.

156

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

mathematisch-statistisch fragwürdigen Niveauaszendierung gegenübergestellt und insge­ samt als geringeres ,Übel‘ beurteilt. Als Ergebnis des Hypothesentests kann für jede Einfluß variable isoliert festgehalten werden, ob ein statistischer Zusammenhang vorliegt.170 Ein Vergleich zwischen den Wirkungsgefügen der unterschiedlichen Kontextfaktoren kann nur näherungsweise vor­ genommen werden, da aufgrund fehlender Werte jeweils verschiedene Anwender in die bivariate Kontingenzanalyse eingehen. Kritisch ist an der hier verfolgten Auswertungsstrategie die isolierte Betrachtung einzel­ ner Beziehungszusammenhänge, zum Beispiel zwischen einer einzelnen Situationsvaria­ ble und fünf Strukturdimensionen, zu bemängeln. Dadurch werden potentiell intervenie­ rende Einflüsse anderer Variablen vernachlässigt.171 Somit entsteht unter anderem die Gefahr der Entdeckung von Scheinkorrelationen.172 Dennoch erscheint dieses Vorgehen als erster Schritt einer kontingenztheoretischen Analyse sinnvoll und zulässig.173 Auf der Basis situativer Untersuchungen liegen zwar Erkenntnisse über diverse SituationsStruktur-Beziehungen vor. Die hier verfolgte bivariate Analyse läßt sich durch Rückgriff auf andere empirische Arbeiten jedoch nur partiell stützen. Die Verbindung zwischen der Mikro-Organisation eines FFS, der mehrdimensionalen Situation sowie der arbeitsorga­ nisatorischen Zielerreichung ist noch nicht erschöpfend behandelt. Somit interessieren zunächst auch die isolierten Beziehungszusammenhänge. Erst anschließend bietet sich eine multivariate Analyse an.174

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An dieser Stelle ist bereits anzumerken, daß es sich bei der Anwendung einer bivariaten Kor­ relationsanalyse nur um die Ergründung einfacher statistischer Zusammenhänge handeln kann. Ein darauf aufbauende interpretativer Rückschluß auf real existierende Kausalbezie­ hungen ohne simultan erfolgende Berücksichtigung aller Situationsvariablen kann deshalb immer nur unvollständig sein. Vgl. ähnlich Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 47. Damit kann der Forderung nach Zugrundelegung einer multivariaten Vorgehensweise nicht entsprochen und der Kritik vernachlässigter Interdependenzen entgegengewirkt werden. Ge­ rade die Multidimensionalität der Organisationssituation rückt den Aspekt des relativen Bei­ trags eines situativen Einflußfaktors zur Erklärung organisationsstruktureller Varianz im Zu­ sammenspiel aller Situationsvariablen in den Vordergrund des Forschungsinteresses. Vgl. dazu Kieser/Kubicek 1992, S. 204. Vgl. Benninghaus 1998, S. 274-275. Vgl. zu den Alternativen der bivariaten und multivariaten Studien kontingenztheoretischer Forschungsprojekte Ebers 1992, Sp. 1820-1821. Siehe zu einem Überblick über multivariate Verfahren der statistischen Analyse Backhaus u. a. 1996, S. XVIII-XXIII.

Erste Untersuchungsergebnisse

157

3.3 Erste Untersuchungsergebnisse 3.3.1 Anwenderperzeption ausgewählter Einflußfaktoren auf die Arbeitsorganisation in FFS 3.3.1.1 Einflußsphäre der Produktion Nicht alle Situationsvariablen lassen sich problemlos einer empirischen Erfassung zu­ gänglich machen. Zur Gewährleistung einer möglichst umfassenden Untersuchung wird daher ein Vorgehen gewählt, das auch die jeweiligen Anwender nach der empfundenen Einflußbedeutung von einzelnen Situationsvariablen auf die Arbeitsorganisation direkt befragt.175 Während der Pretestphase hat sich bei der Festlegung der Anzahl von Antwortmöglich­ keiten zur direkten Erfassung der Einflußeinschätzung die Anwendung der üblichen Ra­ tingskala mit fünf Reaktionskategorien als problematisch erwiesen. Alle Teilnehmer des Pretests konnten eine Zuordnung des empfundenen Einflusses in die Reaktionskategori­ en ,weniger unbedeutend‘ sowie ,absolut unbedeutend4 nicht vornehmen, während ein Unterschied zwischen einem sehr bedeutenden und bedeutenden Einfluß noch erkannt wurde. Darüber hinaus wurde die Antwortmöglichkeit ,weder/noch‘ als Fluchtkategorie gewertet.176 Aus diesem Grund erfolgte schließlich eine Dreiteilung der Antwortmög­ lichkeiten, mit denen die Einschätzung des jeweiligen Situationseinflusses als sehr be­ deutend, bedeutend oder unbedeutend erfragt werden konnte. Dies fand ohne Ausnahme die Zustimmung der Pretest-Teilnehmer.

Häufig wird ein FFS nicht in einem organisatorischen Vakuum implementiert, sondern eingebettet in eine existierende Organisationsstruktur auf Produktionsebene. Deshalb kann als situativer Einflußfaktor auf die Gestaltung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen das Beharrungsvermögen traditioneller Formen der Arbeitsteilung angenommen werden. Bartlett verwendet den Begriff des administrativen Erbes im Zusammenhang der Organisationsentwicklung international tätiger Unternehmen.177 Übertragen auf die Produktionsebene eines Unternehmens kann dieses Erbe zu Träg­ heitsmomenten fuhren, die eine Realisierung alternativer Strukturen der Arbeitsorgani­ sation behindern.178 Diese Organisationsträgheit manifestiert sich häufig in der Trans­ mission von tayloristisch geprägten Formen der Arbeitsorganisation hoher Funktionsund Arbeitsteilung aus den älteren Techniklösungen der Werkstatt in das neue FFS.179 175 176 177 178 179

Siehe zu den Einflüssen auf die Arbeitsorganisation Frage Nr. 12 des Erhebungsbogens im Anhang auf S. 411-413. Siehe allgemein zur Problematik von Fluchtkategorien Denz 1989, S. 15-16. Vgl. Bartlett 1986, pp. 372-375. Vgl. Mense 1989, S. 167; d’Iribarne 1990, p. 69; Vartiainen 1990, S. 35-36. Vgl. Hirsch-Kreinsen/Wolf 1987, S. 185-186; Fix-Sterz et al. 1990, p. 209; Harvey/v. Behr 1994, p. 351.

158

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Obgleich dieser Sachverhalt der „organizational inertia“ in der Literatur vielfach problematisiert wird,180 stufen in dieser Untersuchung lediglich 5,8% von 103 er­ faßten Anwendern die Strukturtradition für die arbeitsorganisatorische Gestaltung ihres FFS als sehr bedeutend ein. Weitere 33,0% der befragten Betriebe werten das organisatorische Beharrungsvermögen immerhin noch als bedeutenden Kontextfak­ tor. Mit 61,2% glaubt jedoch die Mehrheit der Anwender, es handele sich um einen unbedeutenden Faktor bei der Realisierung arbeitsorganisatorischer Strukturen in flexiblen Fertigungssystemen.181

Basierend auf dieser Anwenderperzeption kann dem Beharrungsvermögen traditioneller Formen der Arbeitsteilung in der Produktion nur eine untergeordnete Bedeutung für die Strukturgestaltung beigemessen werden.

Auch die Einsatzerfahrung mit flexiblen Fertigungssystemen in der eigenen Produk­ tion wird von der Mehrheit der befragten Anwender (N = 104) als unbedeutende Situationsvariable für die Gestaltung der Arbeitsorganisation eingeschätzt (= 55,8%). Lediglich 17,3% erachten arbeitsorganisatorische Erfahrungen mit ande­ ren FFS in der Produktion als sehr bedeutend und 26,9% als bedeutend.182

Dies mag vor dem Hintergrund des vorherrschenden Einsatzmusters einer „single sy­ stem“-Anwendung erklärbar sein. Allgemein können bei betriebsintemer Mehrfachan­ wendung arbeitsorganisatorische Lernprozesse freigesetzt werden, die in praxi den Übergang von einem „worst practice“-System zu einem „best practice“-System ansto­ ßen. Dies belegt ein konkretes Anwendungsbeispiel.183 Hier wurde mit einem älteren FFS und der darin implementierten arbeitsorganisatorischen Struktur die gewünschte Sy­ stemleistung nicht erzielt. Bei Installation eines weiteren Systems wurden dann auch die arbeitsorganisatorischen Erfahrungen mit dem älteren FFS genutzt, um einen niedrigeren Spezialisierungsgrad des Personalsystems umzusetzen, so daß alle Mitglieder sämtliche systemintern anfallende Tätigkeiten übernehmen konnten. Die aktive Beteiligung der betroffenen Arbeitnehmer in Gestaltungsfragen der Ar­ beitsorganisation wird von 21,2% der befragten Anwenderbetriebe (N = 104) als sehr bedeutend sowie von 26,9% als bedeutend empfunden. Mit 51,9% bewertet je-

I

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182

183

Siehe Hannan/Freeman 1984, pp. 151-152; Hayes/Jaikumar 1988, p. 79; Dean/Snell 1991, pp. 783-787; Snell/Dean 1994, pp. 1118-1120. Ein Hinweis darauf, daß der Einfluß traditionell hierarchischer Organisationsformen in praxi oftmals unterschätzt und im Zuge von Restrukturierungsmaßnahmen weitgehend unberück­ sichtigt bleibt, findet sich in Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 30. Die hier vorliegenden Anwenderperzeptionen stützen möglicherweise diese Unterbewertung einer Organisation­ strägheit. Siehe zur Bedeutung der eigenen arbeitsorganisatorischen Erfahrungen mit flexiblen Ferti­ gungssystemen in der eigenen Produktion Arrigo 1988, p. 183. In dem dort geschilderten konkreten Anwendungsbeispiel repräsentieren die produktionsintemen Einsatzerfahrungen mit FFS eine jederzeit verfügbare Erfahrungsbasis. Vgl. dazu IAO/IPA 1992, S. 126-129.

Erste Untersuchungsergebnisse

159

doch die Mehrheit der erfaßten FFS-Anwender die direkte, individuelle Mitbestim­ mung der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz als unbedeutend für die Ausprägung der ar­ beitsorganisatorischen Struktur ihres flexiblen Fertigungssystems.184

Im Vordergrund einer Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Werkstattebene stehen da­ bei motivationale Aspekte, die zur Erhöhung von Akzeptanz sowie Arbeitszufriedenheit der Mitglieder des Personalsystems beitragen sollen.185 Für das Unternehmen besteht die Möglichkeit, die Erfahrungsbasis aufWerkstattebene zu nutzen, indem die von der FFSEinführung betroffenen Mitarbeiter diese in Form von GestaltungsVorschlägen einbrin­ gen und zumindest eine Modifikation der systemextern entworfenen arbeitsorganisatori­ schen Strukturaltemativen bewirken. Auf diesem Wege ist die Generierung eines „ow­ nership“-Gefühls des Personalsystems für ,ihr‘ FFS möglich.186

Der Einfluß produktionsunterstützender Abteilungen, zu denen vor allem die Ar­ beitsvorbereitung, die Instandhaltung sowie das Qualitäts- und Prüfwesen zählen, wird von 27,9% der befragten Anwender (N = 104) als sehr bedeutend eingestuft. Lediglich 18,3% empfinden diese Situationsvariable als unbedeutend für die arbeits­ organisatorischen Gestaltung und immerhin 53,8% schätzen die Einflußnahme die­ ser unterstützenden Bereiche als bedeutend ein.

Als stärkster produktionsbezogener Einflußfaktor auf die Gestaltung der Arbeitsorgani­ sation in flexiblen Fertigungssystemen wird von den befragten Anwendern die Aus­ gangsqualifikation des Personals identifiziert.187 Die quantitative und qualitative Quali­ fikationsbasis der Mitarbeiter auf Werkstattebene kann generell eine arbeitsorganisa­ torische Umstellung auf neue Strukturen bei Einführung eines flexiblen Fertigungssy­ stems fördern oder verhindern.188 So ist es für die Umsetzung dezentraler Strukturen entscheidend, auf ein breites Spektrum bereits vorhandener Qualifikationen, zum Bei­ spiel in Form von werkstattorientierten Programmierkenntnissen, zurückgreifen zu kön­

184 185

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187

188

Vgl. zur Mitarbeiterpartizipation allgemein sowie zu den diversen Partizipationsmodellen Gerum 1996, Sp. 1224-1225. Vgl. Landsell 1989, pp. 139-140; Pieper/Strötgen 1993, S. 24; Rehm 1993, S. 115; Smith/Carayon 1995, p. 107. „Users need to feel that they have had a realistic input and that to a certain extent they ,own‘ the system under consideration.“ Siemieniuch/Sinclair 1995, p. 257. Vgl. auch Huq 1992, p. 18. Unter einer Qualifikation als Gesamtheit von Kenntnissen und Fertigkeiten kann allgemein „das Ergebnis von Ausbildungs- und Lernprozessen (Ausbildungsqualifikation)“ sowie „die Anwendung dieser aus dem Bildungs- und Ausbildungsprozeß erworbenen Fähigkeiten in Arbeitssystemen (...) (Arbeitsqualifikation)“ verstanden werden. Siehe dazu Lahner 1988, S. 26; sowie ähnlich Luczak 1998, S. 255; Staehle 1999, S. 179. Vgl. Schultz-Wild 1990, p. 94.

160

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

nen.189 Eventuelle Qualifikationsdefizite können dann mit vergleichsweise geringem Aufwand beseitigt werden. Insgesamt 44,2% von 104 Anwendern vertreten die Auffassung, daß die qualifikatorische Ausgangssituation des Werkstattpersonals einen sehr bedeutenden Einfluß auf die Realisierung der arbeitsorganisatorischen Strukturen in den flexiblen Fertigungs­ systemen hatte.190 Weitere 39,4% vermuten noch einen bedeutenden Einfluß und lediglich 16,3% der Anwenderbetriebe erachten das Qualifikationsniveau vor FFSEinführung als unbedeutend für die arbeitsorganisatorische Gestaltung.

3.3.1.2 Einflußsphäre des Unternehmens Die nach Anwendereinschätzung bedeutendste untemehmensbezogene Situationsvaria­ ble der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen ist das Engagement sowie die aktive Beteiligung des oberen Managements.191 Das Commitment des Top Manage­ ments kann beispielsweise in der Form des FFS-Promotors zum Ausdruck kommen. Hierbei wird nicht nur die Investitionsentscheidung sondern auch die anschließende Sy­ stemimplementierung in den Verantwortungsbereich von Mitgliedern der Unterneh­ mensleitung verlagert.192 Dies bestätigt auch eine Untersuchung von 31 britischen und deutschen FFS-Anwendem. Darin wird die kontinuierliche Unterstützung eines einfluß­ reichen „process champion“, der Mitglied der Unternehmens- und/oder Werksleitung ist, als bedeutende Einflußgröße für die Implementierung der meisten flexiblen Fertigungs­ systeme ermittelt.193 Dies kann auch die Durchsetzung von arbeitsorganisatorischen Veränderungen auf Werkstattebene beinhalten, beispielsweise bei der Umstellung von Einzel- auf Gruppenarbeitsplatzstrukturen oder bei einer (Re-)Integration dispositiver und supportiver Funktionen des Systembetriebs aus externen Abteilungen an das Perso­ nalsystem.194

189

190

191 192 193

194

Dies gilt im übrigen auch für den Zugriff auf vorhandene Qualifikationen des externen Ar­ beitsmarktes. Sofern auch außerbetrieblich keine ausreichend qualifizierten Fertigungsmitar­ beiter rekrutiert werden können, kann eine Implementierung schwach arbeitsteiliger Struktu­ ren verzögert werden. Vgl. hierzu Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 32. Siehe allgemein zur Ausgangsqualifikation als bedeutendem Einflußfaktor für die arbeitsor­ ganisatorische Gestaltung in flexiblen Fertigungssystemen Schultz-Wild 1990, p. 94. Siehe zur Bedeutung eines Top Management-Engagements im Kontext der FFS-Implementierung Hunter 1986, pp. 424-425; Wolter 1989, S. 31. Vgl. zu einem konkreten Fall Adler 1991, p. 450. Vgl. dazu Parkinson/Avlonitis 1986, p. 248. Ähnliche Ergebnisse liefert die eigene Unter­ suchung. So erkennt beispielsweise ein französischer Baumaschinenhersteller ein derartiges Commitment in der Person des Betriebsleiters, der mit seiner , Vision der Zukunft4 die trei­ bende Kraft der FFS-Einfuhrung und auch der arbeitsorganisatorischen Gestaltung darstellte. Ein vergleichbares Engagement erachtet auch ein schwedischer LKW-Hersteller als sehr be­ deutend für die Implementierung der arbeitsorganisatorischen Strukturen. Vgl. Smith/Carayon 1995, p. 106; Sun/Gertsen 1995, pp. 372-373.

Erste Untersuchungsergebnisse

161

Insgesamt 39,8% der erfaßten Anwender (N = 103) vertreten die Meinung, daß ein Commitment des Top-Managements auch auf Gestaltungsfragen der Arbeitsorgani­ sation einen sehr bedeutenden Einfluß hatte. Weitere 47,6% bewerten diesen Einfluß als bedeutend und nur 12,6% sehen die Untemehmensfuhrung als unbedeutende Si­ tuationsvariable an. Ein Wirkungsmechanismus der Untemehmensstrategie(n) auf Gestaltungsaspekte der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen wird von 35,3% der be­ fragten Anwender (N = 102) als sehr bedeutend bewertet. Weitere 52,9% sehen in den strategischen Rahmenvorgaben einen bedeutenden Einflußfaktor auf die Struk­ tur der Arbeitsorganisation im eigenen FFS und lediglich 11,8% sind der Auffas­ sung, daß von der Untemehmensstrategie des Unternehmens kein signifikanter Ein­ fluß auf die strukturelle Gestaltung der Arbeitsorganisation ausgegangen ist.

Allgemein dokumentieren Untemehmensstrategien die Art und Weise der beabsichtigten Konfrontation eines Unternehmens mit seinen relevanten Umweltbedingungen sowie den Veränderungen dieser Umweltkonstellationen durch Ausschöpfung existierender und potentieller Stärken.195 Als Ausdruck der Untemehmensstrategie mit arbeitsorgani­ satorischem Bezug wird in dieser Arbeit zum Beispiel die Erhaltung bzw. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch arbeitsorganisatorische Gestaltung oder auch das Bewußt­ sein des Managements betrachtet, der Mitarbeiter stelle ein strategisches Erfolgspotential dar. Ähnlich wird auch die Bedeutung der Situationsvariable ,Untemehmensphilosophie‘ eingestuft. Die Untemehmensphilosophie reflektiert prinzipiell die Grundeinstellung ei­ nes Unternehmens gegenüber seiner Umwelt und seinen Mitarbeitern, beinhaltet ein Bild über die eigene Funktion in Wirtschaft und Gesellschaft.196 Das Konzept der Untemeh­ mensphilosophie läßt sich dekomponieren und kann auf Werkstattebene durch drei un­ terschiedliche Richtungen der Arbeitsorganisation reflektiert werden.197 Hier ist zu­ nächst die Philosophie der traditionellen Arbeitsorganisation zu nennen, deren Eckpfeiler die Minimierung von Lohnkosten durch Stellenspezialisierung sowie die Management­ kontrolle darstellen. Davon zu unterscheiden ist die Philosophie der innovativen Ar­ beitsorganisation, die als Elemente die teilautonome Arbeitsgruppe, Personalflexibilität, Mitarbeiterzufriedenheit sowie Lem- und Entwicklungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz einschließt.198 Schließlich strebt die Philosophie der neotraditionalistischen Arbeitsor­ ganisation die Kombination aus beiden Leitvorstellungen im Sinne einer konservativen Strukturinnovation an. Darin wird die Nutzung von Spezialisierungsvorteilen mit der ,Duldung4 einer informellen Flexibilität bei der Aufgabenverteilung zwischen den Mit­ gliedern des Personalsystems verknüpft. 195 196 197 198

Vgl. Kreikebaum 1997, S. 52. Vgl. Kreikebaum 1997, S. 48-49. Vgl. zu den Personalphilosophien der traditionellen, innovativen sowie neotraditionalisti­ schen Arbeitsorganisation Adler 1991, p. 449. Siehe zu den Elementen der Personalphilosophie einer innovativen Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen auch Graham/Rosenthal 1986, pp. 214-215.

162

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Zum Einfluß der Untemehmensphilosophie liegen Angaben von 100 Anwendern vor. Demzufolge haben 32,0% die Untemehmensphilosophie als sehr bedeutenden und weitere 39,0% als bedeutenden Einflußfaktor bewertet. Einen Zusammenhang zwischen Untemehmensphilosophie und Arbeitsorganisation haben dagegen 29,0% als unbedeutend eingestuft.

Im Bedeutungsgehalt untergeordnet betrachten lediglich 15,5% von 103 erfaßten Anwendern den Einfluß der Forderung nach einer Humanisierung der Arbeit als sehr bedeutend für die arbeitsorganisatorische Gestaltung.199 Immerhin werten dagegen 51,5% diese Situationsvariable als bedeutend. Schließlich können 33,0% nur eine unbedeutende Reflexion der Humanisierungsdiskussion in den arbeitsorganisatori­ schen Strukturen ihres flexiblen Fertigungssystems erkennen. Diese Forderung läßt sich auf die - auch teils staatlich geforderten - Humanisierungsbe­ strebungen zurückfuhren, die vor allem in den 70er und 80er Jahren eine Verbesserung der physischen, psychischen und sozialen Arbeitsbedingungen durch Implementierung von neuen Formen der Arbeitsorganisation (Arbeitserweiterung, Arbeitsbereicherung, gezielter Arbeitsplatzwechsel und teilautonome Arbeitsgruppen), Arbeitszeitflexibilisie­ rung oder zusätzliche Arbeitsschutzmaßnahmen beabsichtigten.200 Das Ziel der men­ schengerechten Arbeitsgestaltung fand vereinzelt auch in Gesetzen seinen Niederschlag, so zum Beispiel in den §§90 und 91 des Betriebsverfassungsgesetzes der Bundesrepu­ blik Deutschland.201 In anderen Ländern, so in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, ist in Form der „Quality of Working £#e“-Bewegung zwischen 1950 und 1980 eine vergleichbare Entwicklung entstanden. Sie verstand sich als Reaktion auf die tayloristisch geprägten Organisationsstrukturen auf Werkstattebene und hatte schwerpunkt­ mäßig Maßnahmen zur Arbeitserweiterung und -bereicherung sowie die Umsetzung tei­ lautonomer Arbeitsgruppen mit dem Ziel der Berücksichtigung humaner Aspekte in der Arbeitsorganisation zum Gegenstand.202 Auch der aktiven Beteiligung des Betriebsrates bei der Gestaltung der Arbeitsorga­ nisation wird seitens der Anwender (N = 103) insgesamt ein schwacher situativer Einfluß zuerkannt. Lediglich 9,7% schätzen die Aktivitäten des Betriebsrats als sehr bedeutenden Einflußfaktor auf die Gestaltungsfragen der Arbeitsorganisation ihres flexiblen Fertigungssystems ein. Weitere 12,6% haben der Arbeitnehmervertretung noch einen bedeutenden Einfluß beigemessen, während mit 77,7% die überwiegende Mehrheit der betrachteten Anwender die Beteiligung des Betriebsrats in strukturel­ len Fragen der Arbeitsorganisation als unbedeutend einstufen. 199 200 201 202

Vgl. allgemein zur Humanisierung der Arbeit in FFS Kozar 1989, p. 25. Siehe dazu im Überblick Kreikebaum 1996, Sp. 644-648. Vgl. zusammenfassend Gerum 1996, Sp. 1220; sowie im einzelnen Kreikebaum/Bokranz 1983; Kreikebaum/Herbert 1988, S. 143-161. Vgl. Buchanan 1994, pp. 85-86 und pp. 89-100. Siehe darüber hinaus zu einem Abriß der Humanisierungskonzepte im internationalen Vergleich Kreikebaum/Herbert 1988, S. 3039.

Erste Untersuchungsergebnisse

163

Hier ist anzunehmen, daß ein Betriebsrat bzw. eine gewerkschaftlich organisierte Ar­ beitnehmervertretung im betreffenden Unternehmen oder Werk nicht existent ist oder bei Fragen der arbeitsorganisatorischen Gestaltung von der Untemehmens-/Werksleitung nicht konsultiert, involviert und somit letztlich ignoriert wurde.203 Eine situative Be­ deutung kann der Betriebsrat bzw. die gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmerver­ tretung als innerbetriebliche Gegenmacht zur Unternehmens- und Werksleitung erhalten und bei Fragen der arbeitsorganisatorischen Gestaltung dem Streben nach Management­ kontrolle über die Produktionsprozesse in Form der Umsetzung dezentralisierter und funktionsintegrierter Strukturlösungen entgegenwirken.204 Allgemein wird eine indirekte repräsentative Mitbestimmung durch Betriebsräte und ähnliche Institutionen tendenziell in größeren Unternehmen zu erwarten sein 205

3.3.1.3 Einflußsphäre der Untemehmensumwelt Die sich verändernden Marktbedingungen haben zu einer Herausbildung diverser Mana­ gement- und Organisationskonzepte geführt, denen die Abkehr vom traditionellen Para­ digma der Massenproduktion gemeinsam ist. Im Vordergrund steht mittlerweile die in­ dividualisierte Massenproduktion. Prinzipiell eignen sich auch flexible Fertigungs­ systeme für die Integration in derartige Konzepte. Als Bestandteil des Computer Aided Manufacturing tragen FFS zur Umsetzung der CIM-Konzeption mit dem übergeordneten Ziel einer unternehmensweiten Funktionsund Datenintegration bei206 Im Gegensatz zum Computer Integrated Manufacturing als technikzentrierte Maßnahme zur Realisierung einer (menschenleeren) Fabrik der Zu­ kunft verfolgt arbeitsorganisatorisch das Lean Production-Konzept eine Zentrierung der menschlichen Arbeitsleistung auf Werkstattebene, die durch die folgenden Bestandteile charakterisiert wird:207

• • •

203

204 205

206

207

Abkehr von arbeitsteiligen Organisationsstrukturen; Delegation von Tätigkeiten an die Quelle der Wertschöpfung; weitläufige Umsetzung von Teamarbeitsstrukturen.

Hirsch-Kreinsen und Wolf erkennen in dem Machtpotential des Betriebsrates oder einer anderen institutioneilen Form der gewerkschaftlichen Arbeitnehmervertretung die notwendi­ ge Bedingung für eine Einflußnahme auf gestalterische Aspekte der Arbeitsorganisation. Vgl. Hirsch-Kreinsen/Wolf 1987, S. 189. Vgl. Kelley 1990, p. 197. Vgl. auch Gerum 1996, Sp. 1216. Siehe zu einem europäischen Vergleich von institutionali­ sierten Formen der Arbeitnehmervertretung auf betrieblicher Ebene Gerum 1996, Sp. 12261227. Vgl. allgemein zum Computer Integrated Manufacturing Zahn/Dillerup 1994, S. 29-30. Siehe zum flexiblen Fertigungssystem als Bestandteil einer CIM-Konzeption Hintz 1987, S. 50-53; Angelva/Piltonen 1994, pp. 81-82. Vgl. im einzelnen Seger 1992, S. 411-412; Cappelli/Rogovsky 1994, pp. 208-209; Meier/Walker/Wallingord 1994, pp. 292-293; Pfeiffer/Weiss 1996, Sp. 1055.

164

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Ein andere Gruppe moderner Formen der Fertigungsorganisation läßt sich unter dem Oberbegriff der Parzellierung subsumieren. Hierunter fallen Konzepte wie die Ferti­ gungsinsel, die Fertigungssegmentierung, die modulare oder fraktale Fabrik.208 Arbeits­ organisatorisch ähneln sich diese Konzepte der Fragmentierung traditioneller Produkti­ onsprozesse in dezentrale, weitgehend autonomisierte Organisationseinheiten in bezug auf eine teamorientierte Ausrichtung bei weitgehender Selbststeuerung und Funktions­ integration aufWerkstattebene.209 Im Bereich des Qualitätswesens hat sich mit dem Konzept des Total Quality Manage­ ment (TQM) eine Philosophie etabliert, die den Qualitätsbegriff,umfassend1 interpretiert und auf alle Untemehmensaktivitäten ausdehnt210 Hinsichtlich der Arbeitsorganisation ist auch für das TQM eine teamorientierte Dezentralisierung und Enthierarchisierung der Strukturen im Fertigungsbereich charakteristisch 211

Eine Ausrichtung der Produktionsprozesse auf derartige Konzepte beinhaltet auch in fle­ xiblen Fertigungssystemen die korrepsondierende Anpassung der Arbeitsorganisation hin zu Gruppenarbeitsplatzstrukturen bei umfassender Ausdehnung der Tätigkeits- und Handlungsspielräume von Mitgliedern des Personalsystems und gleichzeitiger Entspezialisierung. Schließlich läßt sich auch das Just in Time-Prinzip (JIT) der Produktion auf den Einsatz flexibler Fertigungssysteme übertragen. Zentral ist dieser Planungsphilosophie die ferti­ gungssynchrone Bereitstellung von Inputfaktoren ohne die Notwendigkeit, ressourcen­ verzehrende Zwischenlägerbestände als Puffer einzurichten.212 Kundenorientiert strebt die Just in Time-Produktion auch eine Senkung der Durchlaufzeiten und damit die Ver­ kürzung der Liefertermine an. Arbeitsorganisatorische Auswirkungen sind insbesondere durch eine Ausrichtung der Strukturen auf die Gewährleistung eines störungsfreien Ma­ terialflusses gemäß JIT-Prinzip zu erwarten. Der Wegfall von pufferenden Zwischenla­ gersystemen erfordert bei auftretenden Störereignissen nunmehr eine schnelle Störungs­ beseitigung. Diese Anforderung impliziert unter anderem die Dezentralisierung der Instandhaltungsaktivitäten an das Personalsystem. 208

209

210 211 212

Vgl. zusammenfassend zur Fertigungsinsel Fertigungsinsel-Informationsstelle im AWF 1990, S. 17-18. Einen Überblick über die Charakteristika der Fertigungssegmentierung so­ wie der modularen Fabrik findet sich in Wildemann 1992, S. 142-145; Wildemann 1996, Sp. 476-477; Zahn/Dillerup 1994, S. 28-29. Siehe zu den Grundlagen der fraktalen Fabrik Warnecke 1992, S. 142-227; Tharumarajah/Wells/Nemes 1996, pp. 219-220. Vgl. spe­ ziell zur breiten Akzeptanz und Anwendung von dezentralisierten Fertigungsinselstrukturen in der betrieblichen Praxis Scheer/Loos 1995, S. 65-66; sowie Alford 1994, pp. 7-10. Die arbeitsorganisatorischen Unterschiede zwischen den einzelnen Konzepten sind teils marginal und an dieser Stelle weniger von Bedeutung. Vgl. beispielsweise zu einer Gegen­ überstellung von Fertigungssegment und Fertigungsinsel Kreikebaum/Reinhardt 1999, S. 137. Vgl. zu den Grundlagen des TQM Wildemann 1998, S. 14-16 und S. 22-23. Vgl. Zink 1996, Sp. 2078-2079; Wildemann 1998, S. 24-25. Vgl. Hansmann 1996, Sp. 828; Teufel 1996, S. 537-538.

165

Erste Untersuchungsergebnisse

Von 102 Anwendern erachten 34,3% diese relativ aktuellen fertigungstechnischen und -organisatorischen Entwicklungen als sehr bedeutende Situationsvariablen ihrer arbeitsorganisatorischen Strukturen in den jeweiligen flexiblen Fertigungssystemen. Weitere 53,9% sehen einen bedeutenden Einfluß dieser Konzepte auf die Arbeitsor­ ganisation und lediglich 11,8% stufen einen möglichen Zusammenhang als unbe­ deutend ein.

Im einzelnen liegen konkretisierende Angaben von 94 Anwendern vor.

Davon sieht mit 63,8% die Mehrheit das Prinzip der Just in Time-Fertigung als be­ deutenden oder sehr bedeutenden Einflußfaktor für die Gestaltung der Arbeitsorga­ nisation an. Es folgen gleichrangig die Konzepte der schlanken Produktion sowie die Fertigungsparzellierung mit je 40,4%. Weitere 31,9% der Anwender beurteilen das Total Quality Management als beeinflussenden Faktor für arbeitsorganisatorische Gestaltungsfragen. Dagegen hatte das Computer Integrated Manufacturing bei nur 30,5% dieser Anwender einen sehr bedeutenden oder bedeutenden Einfluß auf die Gestaltung der Arbeitsorganisation (vgl. Abb. 3-15). Dieses Erhebungsergebnis un­ terstreicht möglicherweise die nachlassende Bedeutung des Computer Integrated Manufacturing als ausschließliches Konzept einer Fabrik der Zukunft.

Einflußbedeutung ausgewählter Trends 63,8%

JIT

40,4%

Lean Production Parzellierung

TQM

31,9%

CIM

30,5%

0%

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% N = 94 Anwender

Abb. 3-15: Einflußbedeutung ausgewählter fertigungstechnischer und -organisatori­ scher Entwicklungen

Ein weiterer untemehmensextemer Einflußfaktor auf die Gestaltung der Arbeitsorgani­ sation kann sich in den Lieferanten flexibler Fertigungssysteme manifestieren.213 Dabei 213

Vgl. Hirsch-Kreinsen 1986, S. 32. Der Autor spricht in diesem Zusammenhang von einer ,Herstellerdominanz* als möglichem Einflußfaktor auf die Arbeitsorganisation.

166

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

müssen die Beschaffungsaltemativen differenziert betrachtet werden. Flexible Ferti­ gungssysteme können einerseits als Komplettlösung von einem einzigen Werkzeugma­ schinenherstellers bezogen werden, andererseits können die Anwender in Modulbauwei­ se die erforderlichen FFS-Komponenten selbst beschaffen und übernehmen dann die Koordination der Teilinstallationen von Elementen verschiedener Hersteller. Dieses Vorgehen setzt entsprechendes Know-how, personelle und finanzielle Ressourcen vor­ aus. Im Regelfall wird ein Unternehmen jedoch einen Komplettanbieter mit der Realisie­ rung des flexiblen Fertigungssystems beauftragen.214 Dieser ist zumeist Werkzeugma­ schinenhersteller. Unter dem Gesichtspunkt der Kundenorientierung und Dienst­ leistungsproduktion bietet es sich für die Systemhersteller an, über die Hard- und Soft­ ware eines flexiblen Fertigungssystems hinaus Beratungsleistungen zu offerieren.215 Die Verkaufszahlen der großen FFS-Anbieter deuten eine Erfahrungsbasis an, die auch eine Beratung in arbeitsorganisatorischen Belangen erlaubt. Die eigenen Untersuchungsbefunde zeigen, daß lediglich 21,4% der befragten An­ wender (N = 103) die (Beratungs-)Leistungen der externen Lieferanten als sehr be­ deutenden Einflußfaktor auf die Struktur der Arbeitsorganisation ihres FFS einge­ stuft haben. Weitere 47,6% erkennen hier noch einen bedeutenden Einfluß, während 31,1% diese Situationsvariable als unbedeutend werten. Die Installation von flexiblen Fertigungssystemen bei anderen Unternehmen und die dort realisierten Formen der Arbeitsorganisation fokussiert einen potentiellen Wirkungsme­ chanismus, der die arbeitsorganisatorische Imitation von „best practice“-Systemen als .follow-the-leader“-Verhalten impliziert. Direkte Konkurrenten innerhalb einer Branche sowie konkurrenzunverbundene Unternehmen können somit eine arbeitsorganisatorische Vorbildfunktion übernehmen. Zwar ist die Übertragung arbeitsorganisatorischer Struktu­ ren eines Unternehmens auf ein anderes ohne entsprechende betriebsspezifische Modifi­ kationen unwahrscheinlich, dennoch lassen sich Gestaltungshinweise aus dem prakti-

214

215

Dabei können im Rahmen der Lieferantenauswahl über die Bewertung technischer Leistun­ gen hinaus auch andere Aspekte einbezogen werden, wie beispielsweise der Kundendienst, die Liefer- und Montagezuverlässigkeit oder das Ausmaß der Erfahrungen mit anderen FFSInstallationen. Siehe zu einem umfangreichen Katalog von Bewertungskriterien als Teil ei­ nes Scoring-Modells zur Lieferantenauswahl Vaccaro/Cox 1988, pp. 360-361. Allerdings werden dort arbeitsorganisatorische Erfahrungen nicht explizit in die Betrachtung einbezo­ gen. Vgl. zur typischerweise auf Technikprobleme ausgerichteten Beratungsleistung der Anbieter flexibler Fertigungssysteme allgemein o. V. [The FMS Magazine] 1985b, p. 147. Vgl. zur Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Kunde als .partnership approach to automation“ o. V. [Tooling & Production] 1990, p. 10. Ziel dieses Vermarktungsarguments eines ame­ rikanischen Herstellers flexibler Fertigungssysteme ist die »Weiterleitung des eigenen Erfah­ rungswissens und der Expertise an den Kunden, um die Vorteile des FFS zu maximieren ‘.

Erste Untersuchungsergebnisse

167

sehen Vorgehen eines anderen Anwenders mit ähnlichen Bedingungen ableiten.216 Die Bedeutung realisierter Strukturen der Arbeitsorganisation in den flexiblen Ferti­ gungssystemen anderer Unternehmen kann zusammengefaßt als vergleichsweise ge­ ring betrachtet werden. Nur 12,6% der erfaßten Anwender (N = 103) erkennen darin einen sehr bedeutenden Einfluß auf die Gestaltung der Arbeitsorganisation ihres ei­ genen flexiblen Fertigungssystems. Die Mehrheit (= 52,4%) stuft diese untemehmensexteme Situationsvariable als unbedeutend ein und 35,0% messen diesem Ein­ flußfaktor noch eine gewisse Bedeutung bei. Die Zuschaltung externer Berater in Gestaltungsfragen der Arbeitsorganisation wird nach Einschätzung der meisten Anwender (N = 103) als unbedeutender Einflußfak­ tor gewertet (= 80,6%).217 Lediglich 5,8% erkennen darin einen sehr bedeutenden Einfluß, weitere 13,6% messen externen Beratern einen bedeutenden arbeitsorgani­ satorischen Einfluß bei. Am häufigsten wird eine Hochschule in Fragen der arbeits­ organisatorischen Gestaltung hinzugezogen (=9 Anwender),218 gefolgt von einem untemehmensextemen technischen Planungsbüro (= 6 Anwender). Nur zwei der be­ fragten Anwender geben an, eine Untemehmensberatung auch in Fragen der Ar­ beitsorganisation konsultiert zu haben.

Die nachfolgende Abbildung faßt die Erhebungsergebnisse nochmals graphisch zusam­ men (vgl. Abb. 3-16). Der Kreisdurchmesser repräsentiert dabei den Anteil jener An­ Siehe hierzu das Anwendungsbeispiel in Arrigo 1988, pp. 183-184. Darin wird das Potenti­ al der FFS-Erfahrungen untemehmensextemer Anwender als wertvoll für die Implementie­ rung des eigenen Systems beschrieben. Hier werden die Vorteile von Werksbesichtigungen (FFS-Tourismus) bei sechs anderen Unternehmen hervorgehoben, obgleich keine Informa­ tionen in bezug auf die dort realisierten arbeitsorganisatorischen Strukturen gegeben werden. Ein Fallbeispiel mit konkretem arbeitsorganisatorischen Bezug findet sich in Sun/Gertsen 1995, p. 372: „The new organization may be influenced by the external organization. For example, the FMS manager of case C changed his attitutude about the group-based work organization after visiting a Swedish company“ Diese Beobachtungen initiierten eine Um­ stellung von Einzel- auf Gruppenarbeitsplatzstrukturen in dem betrachteten FFS. In der eige­ nen Untersuchung hat ein finnischer Hersteller von Ventiltechnik angegeben, daß aus Werksbesichtigungen bei untemehmensextemen FFS-Anwendem in Finnland, Schweden und Japan Anregungen für die Einführung des eigenen FFS - und der darin zu realisierenden arbeitsorganisatorischen Strukturen - gewonnen werden konnten. 217 Siehe allgemein zur vergleichsweise selten erfolgenden Hinzuschaltung von externen Bera­ tern im Kontext der FFS-Einführung Harvey/v. Behr 1994, p. 353. Dagegen steht die fol­ gende Aussage, die durch die eigenen Untersuchungsergebnisse jedoch nicht gestützt werden kann: „Another part of the external factor is the cooperation with research and consulting institutes. Many companies consult researchers for the organizational changes. The changes of work organization of case C was helped by a consulting company“ Sun/Gertsen 1995, p. 372. Es handelt sich hierbei um das bereits zuvor erwähnte FFS-Anwendungsbeispiel. 218 Siehe zu einem konkreten FFS-Beispiel der Zusammenarbeit eines amerikanischen Herstel­ lers von Hubschraubern mit einer technischen Hochschule Kalemkarian/Stiles 1988, p. 223. Allerdings standen auch hier primär technische Planungsaspekte im Mittelpunkt der Kooperation.

216

168

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

wender, die den entsprechenden Einflußfaktor als sehr bedeutend für die arbeitsorgani­ satorische Gestaltung ihres flexiblen Fertigungssystems beurteilt haben.219 Der visuali­ sierte Überblick zeigt andeutungsweise, daß die befragten Anwender verschiedenen Kontextfaktoren einen unterschiedlich starken Einfluß auf die Arbeitsorganisation in fle­ xiblen Fertigungssystemen zuordnen. Trotz der geringfügigen Differenzen in den Aus­ wertungsgesamtheiten kristallisieren sich aus der direkten Anwendereinschätzung das Niveau der Ausgangsqualifikation aufWerkstattebene sowie das Engagement der Unter-

Abb. 3-16: Anwenderperzeption ausgewählter Einflüsse auf die Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

219

Dabei ist anzumerken, daß diese Form der Darstellung nur näherungsweise interpretiert wer­ den kann, weil die Auswertungsgesamtheiten für die jeweiligen Einflußfaktoren geringfügig voneinander abweichen. Diese Visualisierung verfolgt primär das Ziel, einen groben Ein­ druck über die allgemeinen Bedeutungsunterschiede zu vermitteln.

Erste Untersuchungsergebnisse

169

nehmens- bzw. Werksleitung als perzeptive Haupteinflüsse auf die Arbeitsorganisation heraus. Als Faktoren mit einem vergleichsweise geringen Anteil eines als sehr bedeutend empfundenen Einflusses bilden die Organisationstradition der Produktion sowie die Zu­ schaltung untemehmensextemer Berater das , Schlußlicht des hier vorgegebenen Situa­ tionskatalogs. Dieses Ergebnis perzeptiver Differenzen ist für den weiteren Fortgang der Untersu­ chung von Bedeutung, weil dadurch die kontingenztheoretische Grundannahme ei­ ner situativen Beeinflussung organisatorischer Strukturen vorab ,bestätigt4 wird. Würden sämtliche Anwender die Einflußbedeutung aller Kontextfaktoren als unbe­ deutend4 einschätzen oder eine Gleichbewertung (,sehr bedeutend4 bzw. ,bedeu­ tend4) über alle Situationseinflüsse vornehmen, so könnte die Existenz situativer Wirkungsmechanismen bereits hier in Frage gestellt werden. Da dies nicht zutrifft, bilden diese ersten Untersuchungsergebnisse den Anlaß für weiterführende Datena­ nalysen.

3.3.2 Anwenderperzeption ausgewählter Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation in FFS 3.3.2.1 Dominanz technisch-wirtschaftlicher Zielgrößen Die Unterscheidung der hier ausgewählten Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen orientiert sich an Aufzählungen, wie sie sich in der Lite­ ratur finden.220 Aus diesen und weiteren Zielkatalogen wurde unter Berücksichtigung FFS-spezifischer Zielvorstellungen eine eigene Aufstellung entwickelt und den befragten Anwendern zur Beurteilung vorgelegt221 Die Skalierung erfolgte dabei analog zur An­ wenderperzeption ausgewählter Situationsvariablen und berücksichtigte somit eine Dreiteilung der Antwortmöglichkeiten zur Zielbedeutung in jene, die sehr bedeutend, bedeutend oder unbedeutend für die Arbeitsorganisation des flexiblen Fertigungssystems empfunden wurden 222

220

221 222

Vgl. beispielsweise Bullinger/Nespeta 1989, S. 414; Heeg 1991, S. 72-73; Luzcak 1998, S. 507-508; sowie zu dem ,arbeitsorganisatorischen4 Zielkatalog im Lichte einer empiri­ schen Untersuchung von FFS-Anwendem Hirt 1990, S. 188. Siehe zu den Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation Frage Nr. 13 im Erhebungsbogen auf den Seiten 414-415 im Anhang. Hierbei ist eine klare Trennung zwischen den Zielen der Arbeitsorganisation und den allge­ meinen Zielen des flexiblen Fertigungssystems zwar beabsichtigt, doch könnte eine Gleich­ setzung durch die Befragten möglich sein. Da ein FFS ein sozio-technisches Arbeitssystem darstellt, wird dies als tolerierbar erachtet.

170

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Für die Zwecke der Datenauswertung erfolgt eine Dichotomisierung der arbeitsorgani­ satorischen Globalziele in technisch-wirtschaftliche sowie soziale Ziele.223 Technisch­ wirtschaftliche Zielgrößen stellen sachbezogene Ziele dar. Sie streben nach Realisierung arbeitsorganisatorischer Gestaltungsaltemativen, mit denen eine technische und/oder wirtschaftliche Leistungssteigerung des flexiblen Fertigungssystems realisiert werden kann, und zwar unabhängig davon, welche Auswirkungen auf die Mitglieder des Perso­ nalsystems damit verbunden sind. Anders verhält es sich mit den sozialen Teilzielen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen. Hier handelt es sich um personen­ bezogene Zielgrößen, die eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeits­ qualität verfolgen und somit die individuellen Bedürfnisse der Mitglieder des Personal­ systems in das Zentrum der arbeitsorganisatorischen Gestaltung stellen. Eine absolute Trennschärfe zwischen technisch-wirtschaftlichen sowie sozialen Zielgrößen der Ar­ beitsorganisation ist nicht möglich. Zielinterdependenzen in Form von komplementären oder konfligierenden Beziehungszusammenhängen sind denkbar und wahrscheinlich.

Die Sicherung einer hohen und gleichbleibenden Werkstückqualität wird von den befragten Anwendern als arbeitsorganisatorisches Ziel mit größter Bedeutung einge­ stuft224 Insgesamt 81,6% haben diesem Teilziel sehr große Bedeutung beigemessen und weitere 16,5% erachten dieses Ziel als bedeutend. Nur 1,9% der erfaßten An­ wender (N = 103) werten das qualitätsgerichtete Ziel als unbedeutend.

Auch die Senkung der Durchlaufzeiten wird von den meisten Anwendern (N = 103) als ein sehr bedeutendes (= 71,8%) bzw. bedeutendes (= 27,2%) Ziel der Arbeitsor­ ganisation in flexiblen Fertigungssystemen beurteilt. Lediglich 1,0% messen diesem Teilziel keine Bedeutung zu. Die Relevanz der Durchlaufzeit erklärt sich aus den Anforderungen des Marktes nach schneller Produktlieferung 225 Eine Beeinflussung der Durchlaufzeiten läßt sich dabei nicht nur auf die Funktionsmerkmale des Techniksystems zurückfuhren.226 Die spezifi­ sche Durchlaufzeit errechnet sich als werkstückbezogene Zeitspanne zwischen dem Sy­ stemeintritt des Rohlings und dem Systemaustritt des bearbeiteten Teils 227 Sie bildet als partielle Durchlaufzeit einen Bestandteil der Gesamtdurchlaufzeit eines Kundenauftrags 223 224

225 226

227

Vgl. hierzu allgemein Ellinger u. a. 1977, S. 381. Die Sicherung einer kontinuierlichen Qualität wird zum Beispiel in einer 1986 erfolgten Untersuchung von 574 Unternehmen verschiedener Branchenzugehörigkeit in Nordamerika, Europa sowie Japan als oberste bzw. zweitwichtigste Wettbewerbspriorität gewertet. Vgl. zu den Ergebnissen dieser Untersuchung im einzelnen DeMeyer et al. 1989, pp. 138-139. Vgl. zur »optimalen4 Durchlaufzeit als strategische Zielsetzung Eidenmüller 1987, S. 6; Reichwald/Sachenbacher 1996, Sp. 363; sowie Holmström 1995, pp. 185-186. Vgl. zu einer detaillierten Gegenüberstellung des Durchlaufzeitverhaltens von Fertigungs­ aufträgen in einer Werskatt mit konventioneller Fertigungstechnik und in einem flexiblen Fertigungssystem Kaighobadi 1994, p. 13. Siehe allgemein zur Ermöglichung einer Durch­ laufzeitsenkung mittels der technischen Ausstattung eines FFS Branam 1988a, p. 30. Vgl. zum Begriff der Durchlaufzeit allgemein Zäpfel 1982, S. 222; Viehweger 1985, S. 167-168.

Erste Untersuchungsergebnisse

171

durch das Unternehmen. Eine Dekomposition der systeminternen Durchlaufzeit in einen planmäßigen Zeitanteil und in eine Zusatzzeit ist üblich.228 Während die planmäßigen Bestandteile der Durchlaufzeit hauptsächlich durch die Funktionsautomatisierung eines FFS reduziert werden können, ist die aus nicht vorhersehbaren Störungen resultierende Zusatzzeit durch arbeitsorganisatorische Gestaltungsmaßnahmen beeinflußbar. So fallen beispielsweise durch eine Integration der systemwartenden und instandsetzenden Funk­ tionen die Zeitanteile für das Warten des Personalsystems bis zum Eintreffen von exter­ nem Instandhaltungspersonal weg.

Das Ziel einer hohen Verfügbarkeit des flexiblen Fertigungssystems beurteilen 68,9% von 103 Anwendern als sehr bedeutend und 28,2% als bedeutend. Lediglich 2,9% betrachten eine hohe Fertigungssicherheit des FFS als eher unbedeutendes Teilziel der arbeitsorganisatorischen Gestaltung. Eine hohe Verfügbarkeit des flexiblen Fertigungssystems impliziert eine hohe Ferti­ gungssicherheit. Anknüpfungspunkte für die arbeitsorganisatorische Gestaltung ergeben sich vor allem aus einer organisatorisch bedingten Ausfallzeit. Hier können Lösungen einer systembezogenen Funktionsintegration die Verbesserung der Reaktionsfähigkeit auf intern verursachte organisatorische Störungen bewirken. Als weiteres Teilziel der Arbeitsorganisation wird die Senkung der Herstellkosten von 62,1% der Anwender (N = 103) als sehr bedeutend und von 33,0% als bedeu­ tend eingestuft. Nur 4,9% sehen dieses Teilziel als unbedeutend an. Knapp mehrheitlich beurteilen 53,4% der befragten Anwender (N = 103) das Teil­ ziel einer Just in Time-Fertigung als sehr bedeutend 229 Weitere 39,8% erachten die­ se Zielvorstellung als bedeutend und 6,8% messen ihr keine Bedeutung bei.

Die Verbesserung der Planung und Steuerung von Bearbeitungsprozessen als ar­ beitsorganisatorisches Teilziel des Betriebs flexibler Fertigungssysteme wird von 35,9% der Anwender (N = 103) als sehr bedeutend, von 55,3% als bedeutend und von 8,7% als unbedeutend beurteilt. Mit der Arbeitsorganisation des flexiblen Fertigungssystems kann eine Personalflexibi­

228 229

Vgl. Reichwald/Sachenbacher 1996, Sp. 363-364. Siehe zur Komplementarität von FFS und JIT-Fertigung Branam 1988a, pp. 32-33 und p. 36; Maleki 1991, p. 22. Hierbei werden die Produktionsprozesse des flexiblen Ferti­ gungssystems grundsätzlich durch nachgeschalteten die Montageerfordemisse determiniert. Branam interpretiert das FFS sogar als technische Umsetzungsform der Just in TimePhilosophie.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

172

lität durch vielseitige Einsatzbarkeit der Arbeitnehmer angestrebt werden.230 Üblicher­ weise konzentriert sich die Diskussion über das Flexibilitätspotential auf verschiedene Ausprägungen, zu denen die Verfahrens-, Produkt- oder Routingflexibilität zählen.231 Diesen Formen gemeinsam ist eine ausschließlich technikzentrierte Perspektive. Die Herstellung von Personalflexibilität ist somit originäre Aufgabe einer arbeitsorganisato­ rischen Planung.

Eine sehr große Bedeutung des Teilziels der Personalflexibilität wird von 40,6% der befragten Anwender bestätigt (N = 101). Darüber hinaus beurteilen 44,6% diese Zielvorstellung als noch bedeutend und nur 14,9% sehen darin kein bedeutendes ar­ beitsorganisatorisches Ziel. Auch die Umsetzung eines bedienerarmen bzw. bedienerlosen Betriebs erfordert flankierende Maßnahmen der Arbeitsorganisation. Hier werten die befragten An­ wender (N = 102) die Zielbedeutung wie folgt:

• sehr bedeutend (27,5%); • bedeutend (44,1 %); • unbedeutend (28,4%). Der Einsatz flexibler Fertigungssysteme und die darin realisierten Formen der Arbeitsor­ ganisation sollen zu einer Erhöhung der Fertigungstransparenz fuhren. Allgemein lassen sich Produktionsprozesse in ihrem Ablauf als ein Netzwerk von Material- und Informa­ tionsflüssen abbilden. Im Vergleich zur verrichtungsorientierten Werkstattfertigung kann eine Vereinfachung der Materialflüsse mittels der maschinen- und systembezogenen Verfahrensintegration eines objektorientierten FFS erzielt werden. Aus einer Verringe­ rung der erforderlichen Bearbeitungspfade resultiert eine Erhöhung der Fertigungstrans­ parenz im materialflußtechnischen Sinne.232 Informationsflußtechnisch läßt sich eine Erhöhung der Fertigungstransparenz beispielsweise durch die Dezentralisation der pro­ duktionsunterstützenden Funktionen in das Personalsystem eines FFS erzielen. Das 230

231

232

Vgl. allgemein zum arbeitsorganisatorischen Ziel der Personalflexibilität Bouchut/Besson 1983, p. 146; Tidd 1991, p. 22. Tidd unterscheidet weiterführend eine funktionale, quantita­ tive und finanzielle Personalflexibilität. Hier ist die funktionale Personalflexibilität durch polyvalente Qualifikation der Mitglieder des Personalsystems von Bedeutung. Vgl. dazu Tidd 1991, p. 23. Ähnlich wird an anderer Stelle die Personalflexibilität im funktionalen Sinne als personelle Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Fertigungssituationen oder auch Störereignisse verstanden. Vgl. Niefer 1993, S. 13; sowie analog Sethi/Sethi 1990, p. 293; Chen/Calantone/Chung 1992, p. 434. Vgl. dazu auch Maleki 1991, p. 52. Vereinzelt wird in Form eines ,Nachsatzcharakters* auf die Personalflexibilität als notwendigem Pendant zur Technikflexibilität eines FFS hinge­ wiesen. Vgl. zum Beispiel Gustavsson 1995, p. 93. Selten wird seitens der Literatur expli­ zit das Erfordernis der Personalflexibilität im Systembetrieb des FFS betont. Eine Ausnahme findet sich in Gunasekaran/Martikainen/Yli-Olli 1995, p. 27. Siehe dazu die vergleichenden Abbildungen, die eine Entflechtung der Materialflüsse bei Einführung eines gruppenorientierten Produktionskonzepts visualisieren, in AWF 1984, S. 8; Hintz 1987, S. 31.

Erste Untersuchungsergebnisse

173

Netzwerk systemübergreifender Interaktionen wird entflochten und die Informationsdi­ stanzen werden verkürzt. Auch dieses Teilziel wird von den Anwendern (N = 98) als vergleichsweise gering bedeutend eingestuft. Nur 22,4% sehen die Erhöhung der Fertigungstransparenz als sehr bedeutendes Teilziel des Katalogs arbeitsorganisatorischer Zielvorstellungen in flexiblen Fertigungssystemen an. Weitere 54,1% bewerten dieses Ziel als bedeutend und 23,5% als unbedeutend.

Die nachfolgende Abbildung bringt die aggregierte Darstellung der anwenderbeurteilten Bedeutung technisch-wirtschaftlicher Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation zum Ausdruck (vgl. Abb. 3-17).

Abb. 3-17: Bedeutung technisch-wirtschaftlicher Zielvorstellungen der Arbeitsorgani­ sation in flexiblen Fertigungssystemen Ähnlich wie im Überblick zur Anwenderperzeption von ausgewählten Situationsvaria­ blen wird hier die Zielbedeutung mittels des Durchmessers der jeweiligen Kreisdia­ gramme visuell verdeutlicht. Es fließen auch hier nur jene Anwendereinschätzungen ein, die ein bestimmtes arbeitsorganisatorisches Teilziel als ,sehr bedeutend4 herausgestellt haben. Die Problematik der divergierenden Auswertungsgesamtheiten ist zuvor bereits angedeutet worden. Sie wird für die angestrebte näherungsweise Darstellung der Zielbe­ deutung insgesamt aber als vemachlässigbar eingestuft.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

174

Deutlich erkennbar bildet das Ziel der Sicherung einer hohen und gleichbleibenden Werkstückqualität die Priorität innerhalb dieser Zielgruppe. Als Cluster mit annä­ hernd gleicher Zielbedeutung folgen die Reduzierung der Durchlaufzeiten, die Ge­ währleistung einer hohen Fertigungssicherheit sowie die Senkung der Herstellko­ sten. Weiterhin bedeutend erscheint den befragten Anwendern die Just in TimeFertigung, und zwar auch als arbeitsorganisatorische Zielsetzung des flexiblen Ferti­ gungssystems. Dieses Ergebnis flankiert die ebenfalls hohe Bedeutung des situativen Einflusses des JIT-Prinzips als Ausdruck aktueller fertigungstechnischer und -orga­ nisatorischer Trends.

3 .3.2.2 Untergeordnete Bedeutung sozialer Zielgrößen Das Teilziel einer Verminderung der Fremdsteuerung der Arbeit mittels Substitution der Fremd- durch eine Eigenkontrolle besitzt primär sozialen Charakter. Die Ein­ schätzungen von 102 Anwendern beurteilen dieses arbeitsorganisatorische Teilziel als

• sehr bedeutend (35,3%), • bedeutend (54,9%) sowie • unbedeutend (9,8%). Zu den bedeutenden sozialen Teilzielen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungs­ systemen zählt auch die Erhöhung der Personalqualifikation. In Literatur und Praxis wird allgemein betont, daß mit Einführung eines flexiblen Fertigungssystems zusätzlicher Qualifikationsbedarf entsteht.233 Das Ausmaß des Qualifikationsbedarfs ist von den rea­ lisierten Strukturaltemativen der Arbeitsorganisation abhängig. Tendenziell steigt das Qualifikationserfordemis mit zunehmender systembezogener Funktionsintegration und abnehmender systeminterner Arbeitsteilung. Die Qualifikationsanforderungen der Mitarbeiter eines flexiblen Fertigungssystems ma­ nifestieren sich in einer Handlungskompetenz, die sich in folgende Teilkompetenzen de-

233

Vgl. allgemein Adler 1988, p. 48. Siehe zusätzlich die empirischen Untersuchungsergebnis­ se in Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 30.

Erste Untersuchungsergebnisse

175

komponieren läßt:234

• • • •

Fachkompetenz; Methodenkompetenz; Mitwirkungskompetenz; Sozialkompetenz.

Die Fachkompetenz umspannt das fachliche Breiten- und Tiefenwissen und schließt au­ ßerdem die fachspezifischen Berufserfahrungen ein. Im einzelnen werden von den Mit­ arbeitern eines flexiblen Fertigungssystems Grundkenntnisse in der traditionellen Zer­ spanungstechnik abgefordert, die auch von einem Maschinenbediener konventioneller Fertigungstechnik verlangt werden. Aufgrund des Systemcharakters eines FFS gehören darüber hinaus auch die Grundkenntnisse und Fertigkeiten zur Bedienung und Pflege aller übrigen Komponenten des Techniksystems zur Fachkompetenz. Dies macht schließlich detaillierte Systemkenntnisse erforderlich, mit denen ein Verständnis für die systeminternen Zusammenhänge hergestellt werden kann. Die Methodenkompetenz der Mitarbeiter eines flexiblen Fertigungssystems wird durch die Fähigkeit reflektiert, im definierten Fertigungsbereich ,FFS‘ gesamthafte Lösungsaltemativen für die Bearbeitung konkreter Fertigungsaufträge konzipieren und an­ schließend realisieren zu können. Im Kem erstreckt sich dieses Know-how nicht nur auf die systeminternen Produktionsabläufe und die lokale Organisation, sondern auch auf die vor- und nachgeschalteten Fertigungsstufen.

Flankiert wird die Methodenkompetenz durch eine Mitwirkungskompetenz, welche durch die dispositive Gestaltung und Umsetzung von Arbeitsinhalten und -abläufen zum Ausdruck gebracht wird.

Schließlich gehört zum Spektrum der Handlungskompetenz von Mitarbeitern eines fle­ xiblen Fertigungssystems auch die Sozialkompetenz. Im wesentlichen wird darunter die Fähigkeit zur Teamarbeit als zusätzliche Qualifikationsanforderung subsumiert. Teamfä­ higkeit erstreckt sich hier auch auf die Kommunikation und Abstimmung der Mitglieder des Personalsystems mit vor- und nachgelagerten Fertigungsstufen sowie mit den pro­ duktionsunterstützenden Abteilungen und Stellen. Im Innenverhältnis des Systembe-

234

Vgl. Sonntag 1989, S. 202. Siehe zu den nachfolgenden Ausführungen v. Damm 1987, S. 21; VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 50-51; Herter 1991, S. 79-80; Sonntag 1996, S. 35. Siehe ferner Lenz 1988, p. 285; Scott 1988, pp. 141-142; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 86. Vgl. zu ähnlichen Qualifikationsanforderungen durch die kombinierte Einfüh­ rung eines flexiblen Fertigungssystems und der Gruppenarbeit das konkrete Praxisbeispiel in Schultz-Wild 1986b, S. 193-194. Darin wird ein ,neuer Typus Produktionsarbeiter4 für automatisierte Fertigungseinrichtungen gefordert, der die traditionelle Qualifikation eines Facharbeiters mit denen eines Technikers und Meisters verbindet. In ähnlicher Weise fordert auch Ränky einen „FMS engineer“, der die Fähigkeit zur Teamarbeit ebenso besitzt wie Sy­ stem- und Maschinenbaukenntnisse, organisatorische Fähigkeiten zur Ausübung von Pla­ nungsaufgaben sowie den Umgang mit den Hard- und Softwarekomponenten des Informati­ onssystems beherrscht. Vgl. Ränky 1983, pp. 302-303.

176

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

triebs manifestiert sich Sozialkompetenz in der Reibungslosigkeit des kooperativen Ab­ gleichs unterschiedlicher Personalqualifikationen während der Aufgabenerfüllung. Zu den alternativen Qualifizierungsformen des Personalsystems zählen betriebsinteme und/oder betriebsexteme Schulungen. Betriebsexteme Schulungen werden nicht nur von den Systemlieferanten angeboten, sondern auch von unabhängigen Schulungszentren.235 Variationsmöglichkeiten der Qualifizierung bestehen in bezug auf die Art und Dauer der Schulungsmaßnahmen. Ein ,Leaming-by-Doing‘ kann ergänzt werden durch die Ver­ mittlung theoretischer Grundkenntnisse.236 Zeitweise kann hierbei die Personalfreistel­ lung erforderlich sein. Dies belegen realisierte Einsatzfälle.237

Zu den häufig genannten Problemen des Qualifizierungsprozesses in flexiblen Ferti­ gungssystemen zählen unter anderem das Fehlen einer einheitlichen und ausreichenden Qualifikationsbasis der Mitglieder des Personalsystems vor Schulungsbeginn sowie mit­ arbeiterbezogene Schwierigkeiten während der Qualifizierung, die unter anderem durch fachliche Überforderung und den daraus resultierenden Teilproblemen der Unzufrieden­ heit sowie der mangelnden Akzeptanz gekennzeichnet sein können. Diese Erschwernisse können vor allem während einer »hektischen4 Anpassungsqualifizierung auftreten, die als kurzfristiges und überdimensioniertes Qualifizierungsprogramm ein Anhängsel der Technikplanung darstellt und die individuellen Qualifizierungsbedürfhisse der einzelnen Mitarbeiter weitgehend unberücksichtigt läßt. Als arbeitsorganisatorisches Teilziel beurteilen von 103 Anwenderbetrieben 35,9% die Erhöhung der Personalqualifikation als sehr bedeutend. Weitere 47,6% sehen dieses Teilziel als bedeutend und 16,5% als unbedeutend an.

Vgl. allgemein zu den Alternativen der betriebsintemen und/oder -externen Schulung Asendorf/Schultz-Wild 1984, p. 47; Maly 1989, p. 658; VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 52. Siehe speziell zur Kundenschulung durch die Hersteller flexibler Fertigungssysteme Herter 1991, S. 94-100; sowie zu den Möglichkeiten der Schulung durch den Anwender Ebert/Herter/Thomas 1987, S. 690. Ein Beispiel für ein unabhängiges Schulungszentrum bildet das FFS-Schulungssystem des Berufsförderungswerks Dortmund. Vgl. dazu Kief 1992, o. S. 236 Vgl. Ranky 1983, p. 303; o. V. [VDI-Z] 1987, S. 24. Siehe zur Notwendigkeit einer inte­ grierten praktischen und theoretischen Ausbildung der Mitglieder des Personalsystems Snell/Dean 1992, pp. 473-474 und p. 489. Diese Forderung wird vor dem Hintergrund des für die Einführung neuer Fertigungstechniken in den Vereinigten Staaten typischen „on-thejob-training“ erhoben. 237 So betrug beispielsweise der zeitliche Qualifizierungsaufwand des FFS-Personalsystems ei­ nes französischen Herstellers von Lastkraftwagen vor Produktionsbeginn 833 Stunden pro Mitarbeiter. Vgl. Bouchut/Besson 1983, p. 148; Ranky 1983, p. 18. Streuende Angaben über die Qualifizierungsdauer ermittelte Maly bei neun FFS-Anwendem in der ehemaligen CSSR und in Finnland, die zwischen einer Woche und neun Monaten lagen. Vgl. Maly 1989, p. 656.

235

Erste Untersuchungsergebnisse

177

Diese Anwenderbeurteilung wird durch die Auswertung der Angaben zu den qualifikatorischen Auswirkungen der Systemeinfuhrung ergänzt.238 Diese orientieren sich an den in der Literatur üblichen Qualifikationsthesen, die mit der Einführung moderner Ferti­ gungstechnik in Verbindung gebracht werden 239 Mit der Status-Quo-These wird die Auffassung vertreten, daß die Einführung eines flexiblen Fertigungssystems die Qualifi­ kationsstruktur des Personals nicht wesentlich verändert. Das FFS wäre gemäß dieser These eine qualifikationsneutrale Fertigungstechnik. Demgegenüber wird mit der Hö­ herqualifizierungsthese die Erwartung einer generellen Qualifikationszunahme durch tendenzielle Funktionsdezentralisation und gleichzeitige Ausdehung der stellenbezoge­ nen Handlungsspielräume nach Systemeinfuhrung verbunden 240 Konträr zu dieser Qua­ lifikationsentwicklung geht die Dequalifizierungsthese von einer allgemeinen Senkung der Arbeitsanforderungen aus, weil immer mehr Funktionen ohne Eingriff der Mitarbei­ ter automatisiert ausgefuhrt werden können 241 Schließlich umspannt die Polarisierungs­ these den Abbau des Qualifikationsniveaus eines Teils der Werkstattmitarbeiter einer­ seits bei gleichzeitig steigenden Qualifikationsanforderungen des dispositiv und syste­ munterstützend tätigen Personals andererseits.242

Nach Einschätzung der Anwender (N = 105) hat sich durch die Einführung des fle­ xiblen Fertigungssystems die Qualifikationsstruktur der betroffenen Mitarbeiter in 81,9% erhöht. Eine Qualifikationsneutralität des FFS wird von 11,4% der Anwender angegeben. Eine Polarisierung können immerhin noch 4,8% erkennen und nur 1,9%

238 239

240 241

242

Siehe zur qualifikatorischen Auswirkung der FFS-Einfuhrung Frage Nr. 19 des Erhebungs­ bogens auf S. 421 im Anhang. Vgl. zu den Qualifizierungsthesen allgemein Kreikebaum 1985, S. 58. Siehe außerdem zu einem historischen Abriß Adler 1988, pp. 48-49. Vgl. Kelley 1990, p. 192. Vgl. Lenz 1988, p. 285; Kelley 1990, p. 192; sowie zu einer Gegenüberstellung der Vorund Nachteile einer Dequalifizierung in FFS Gupta 1989, p. 31-32. Diese These findet ihren Ursprung in der bereits 1958 von Bright geäußerten Vermutung, automatisierte Ferti­ gungstechnik könne zu einer Dequalifizierung der Arbeit führen: „In total, then, these limi­ ted observations and the theory offered here both suggest that automaticity does not neces­ sarily result in a net upgrading of workforce skill requirements to a major extent. In fact, automation often tends to reduce the skill and training required of the workforce.“ Bright 1958, p. 97. Bright leitet dieses Ergebnis aus einer Literaturanalyse zu den Auswirkungen der Automatisierung allgemein sowie aus einer eigenen Studie von 13 amerikanischen Indu­ striebetrieben mit automatisierter Fertigungstechnik ab. Vgl. allgemein Faunce 1965, p. 155; Groskurth 1979, S. 12; sowie speziell im FFSKontext Brödner 1990, p. 105; d’Iribarne 1990, p. 61. Zu den von einer Dequalifizierung betroffenen Mitarbeitern aufWerkstattebene werden vor allem jene gezählt, die nach Einfüh­ rung des FFS die Systemversorgung mit Rohlingen oder einfache Tätigkeiten des Beladens von Werkstückträgem übernehmen.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

178

| haben eine Dequalifizierung festgestellt (vgl. Abb. 3-18)243

Veränderung der Qualifikationsstruktur nach FFS-Einführung

100,0% 90,0% 80,0% 70,0% 60,0% 50,0% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% Neutralität

Höherqualifizierung

Dequalifizierung

Polarisierung

Abb. 3-18: Qualifikatorische Auswirkungen der FFS-Einfuhrung

Die Identifizierung des Personalsystems mit dem Produktionsergebnis als arbeitsorgani­ satorisches Teilziel strebt motivationserhöhende Effekte an. Untersuchungsergebnisse zeigen, daß für die Mitarbeiter auf Werkstattebene ein Anstieg der Arbeitszufriedenheit resultieren kann, wenn diese mit ihrer Tätigkeit zu einem erkennbaren Bearbeitungsfort­ schritt am Produkt oder Zwischenprodukt beitragen.244 Produktidentifikation erfordert die Wahrnehmung des Anteils der eigenen Tätigkeit an Zweckbestimmung und Funktion der bearbeiteten Produktkomponenten. Arbeitsorganisatorisch kann beispielsweise die Dezentralisation der Qualitätskontrolle in die Bearbeitungsprozesse und die damit ver­ 243

244

Diese Ergebnisse bestätigen folgende Aussage von Lenz über die Dequalifizierung mit Ein­ führung flexibler Fertigungssysteme: „This myth has proven wrong in FMS operation.“ Lenz 1988, p. 285. Siehe gleichgerichtet zur Fragwürdigkeit eines dequalifizierenden QuasiAutomatismus bei Einführung neuer Formen der Fertigungstechnik Adler 1986, pp. 11-14; Attewell 1987. Demgegenüber konnte Scott als Ergebnis einer Untersuchung von 15 bri­ tischen FFS keine eindeutige Entwicklungsrichtung der qualifikatorischen Auswirkungen feststellen. Vgl. Scott 1988, p. 141. Vgl. dazu Majchrzak 1985, p. 8/42; Behrendt, W. 1986, S. 208-209; Schäfer et al. 1992, p. 738.

Erste Untersuchungsergebnisse

179

bundene Verantwortung für das Arbeitsergebnis eine größere Nähe zwischen Mitarbeiter und Produkt erzeugen. Im Kontext der arbeitsorganisatorischen Gestaltung beurteilen 33,0% der Anwender (N = 103) dieses Teilziel als sehr bedeutend. Weitere 49,5% bewerten die Ergebni­ sidentifizierung als bedeutendes arbeitsorganisatorisches Ziel und 17,5% erachten diese Zielvorstellung als unbedeutend.

Das arbeitsorganisatorische Ziel der Vergrößerung von Arbeitsinhalten durch die Übertragung von ganzheitlichen Aufgaben an das Personalsystem sowie eine damit verknüpfte individuelle Leistungsentfaltung der Systemmitglieder beurteilen nur 24,5% der befragten Anwender (N = 102) als sehr bedeutend. Die Mehrheit dieser Anwender (= 57,8%) stuft dieses Teilziel im arbeitsorganisatorischen Zielsystem als bedeutend ein, während 17,6% einer Vergrößerung der Arbeitsinhalte keine Bedeu­ tung beimißt.

Das Ziel einer Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten durch entsprechen­ de Maßnahmen der Arbeitsorganisation werten die befragten Anwender (N = 103) als • sehr bedeutend (18,4%), • bedeutend (54,4%) sowie • unbedeutend (27,2%).

Eine ,optimale4 Zuordnung von Mensch und Arbeit durch die Vermeidung von Überbzw. Unterforderung reflektiert als arbeitsorganisatorische Zielvor Stellung das Streben nach einer Arbeitshumanisierung. Mit der optimalen Zuordnung von Mensch und Arbeit wird eine Deckungsgleichheit impliziert. Deckungsungleich sind dagegen Arbeitssitua­ tionen, die sich durch eine Fehlbeanspruchung der Mitarbeiter während der Aufgabenausfuhrung auszeichnen und gesundheitsbeeinträchtigend wirken können. Diese Dekkungsungleichheit kommt sowohl bei Über- als auch bei Unterforderung des Mitarbeiters zum Ausdruck. Im einzelnen sind folgende deckungsungleiche Arbeitssi­ tuationen für einen Mitarbeiter im Personalsystem möglich:245 • •



245

Eine quantitative Überforderung kann durch überhöhte Mengenanforderungen pro Zeiteinheit entstehen und äußert sich in einem allgemeinen Zeitdruck. Eine Arbeitssituation, in welcher die sensumotorischen und/oder kognitiven Gren­ zen überschritten werden, kann als qualitativ überfordernd eingestuft werden. Ursa­ che ist insbesondere ein hoher Komplexitätsgrad der Arbeitsaufgabe. Hier kann mentale Überbeanspruchung zu gesundheitlichen Störungen fuhren. Eine quantitative Unterforderung entsteht, wenn eine bestimmte Arbeitsaufgabe nur in vergleichsweise großen Zeitabständen anfällt und der Mitarbeiter in der Zwi­ schenzeit keine zusätzlichen Tätigkeiten ausübt. Aus dieser anforderungsasymmetri­ schen Situation heraus kann ein Monotonieempfinden entstehen. Hier sind dann Wachsamkeitsstörungen möglich. Vgl. allgemein Hacker 1984, S. 57; Schmidt 1987, S. 125-126; Martin 1989, S. 67.

180



Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

Im Gegensatz zur qualitativen Überforderung resultiert die qualitative Unterforde­ rung aus einer Arbeitssituation mit geringer Aufgabenkomplexität. Die sensumotorischen und/oder kognitiven Fähigkeiten und Kenntnisse werden während der Aufga­ benausführung nur zu einem geringen Teil beansprucht.

Die Zielsetzung einer anforderungsgerechten Zuordnung von Mensch und Arbeit strebt die Umsetzung von arbeitsorganisatorischen Strukturen an, mit denen über- und/oder unterfordernde Arbeitssituationen vermieden werden. Hier kann zum Beispiel bei quan­ titativer Unterforderung eine Zusammenlegung mehrerer ausführender Tätigkeiten erfol­ gen. Qualitativ unterfordernde Aufgaben können durch die Integration dispositiver Tä­ tigkeitselemente aufgewertet werden. Die Anpassung unterfordernder Arbeitsaufgaben an die Leistungsvoraussetzungen der jeweiligen Mitarbeiter des Personalsystems bewegt sich allerdings an einer Schnittstelle, deren Überschreitung zur quantitativen und/oder qualitativen Überforderung fuhren kann. Die Anwenderbeurteilung (N = 101) dieser sozialen Zielvorstellung spiegelt eine relative Bedeutungslosigkeit wider, da lediglich 14,9% eine sehr bedeutende Zie­ leinschätzung vornehmen. Insgesamt 56,4% der Anwender messen diesem Ziel noch eine Bedeutung zu, und 28,7% erachten eine Kompatibilität von Arbeitsaufgabe und Mitarbeiter als unbedeutende Zielvorstellung der Arbeitsorganisation flexibler Ferti­ gungssysteme.

Die Aufnahme des Hierarchieabbaus durch Zurücknahme der Arbeitsteilung in den Ka­ talog möglicher arbeitsorganisatorischer Ziele reflektiert eine vielfach postulierte Soll­ vorstellung moderner Organisationsstrukturen.246 Erstaunlicherweise wird diese Entwicklung durch die Angaben der befragten An­ wender (N = 103) nicht bestätigt. Lediglich 21,4% beurteilen das Ziel des Hierar­ chieabbaus im Kontext des FFS-Einsatzes als sehr bedeutend, 36,9% als bedeutend, während 41,7% dieser Zielgröße keine Bedeutung beimessen.

Die Senkung von Fehlzeiten und Fluktuation durch Erhöhung der Arbeitszufrieden­ heit wird als arbeitsorganisatorisches Ziel nur von 13,6% der befragten Anwender (N = 103) als sehr bedeutend eingestuft.247 Weitere 42,7% messen dieser Zielvor­ stellung eine Bedeutung zu und 43,7% erachten das Ziel einer Absentismus- und 246

247

Dabei kann ein Hierarchieabbau im Produktionsbereich durch Dezentralisation dispositiver Arbeitsleistungen, zum Beispiel an eine Arbeitsgruppe, zum Wegfall der mittleren Hierar­ chie der Werkstattfuhrungskräfte (insb. Meister) führen. Vgl. Ulich 1993, S. 40; sowie ähn­ lich Smith et al. 1992, p. 63. Eine relative Bedeutungslosigkeit des Einflusses der FFS-Einfuhrung auf Fehlzeiten und Fluktuation der Mitarbeiter stellte Maly in seiner Studie von neun flexiblen Fertigungssy­ stemen in der ehemaligen CSSR und in Finnland fest. Bis auf ein finnisches System, in wel­ chem der Fehlzeitenquotient geringfügig kleiner als in den anderen Produktionsbereichen des Unternehmens war, konnten keine Auswirkungen erkannt werden. Vgl. Maly 1989, p. 654. Dagegen führte die Installation flexibler Fertigungssysteme bei schwedischen Unter­ nehmen zu einer spürbaren Senkung der Fehlzeiten und der Fluktuation des Werkstattperso­ nals. Vgl. Haywood/Bessant 1988, p. 32.

Erste Untersuchungsergebnisse

I

181

Fluktuationsreduzierung durch arbeitsorganisatorische Gestaltungsmaßnahmen als I unbedeutend. |

Dieser Zielsetzung liegt die Vorstellung zugrunde, daß eine intrinsisch motivierende Ar­ beitsaufgabe Arbeitszufriedenheit hervorruft. Eine Komplementarität mit den technisch­ wirtschaftlichen Zielvorstellungen der Arbeitsorganisation kann sich dann ergeben, wenn die hergestellte Arbeitszufriedenheit im Personalsystem zu einem Abbau motiva­ tional verursachter Fehlzeiten und -kosten fuhrt. Kostenrelevant kann sich darüber hin­ aus eine durch allgemeine Arbeitszufriedenheit hervorgerufene Reduzierung der Fluk­ tuation auswirken.248

Von den hier angegebenen arbeitsorganisatorischen Zielen wird das Streben nach einer flexiblen Arbeitszeitregelung von den meisten Anwendern (N = 103) als unbe­ deutend beurteilt.249 Im Kontext des FFS-Betriebs werten 72,8% eine Arbeitszeit­ flexibilisierung als vemachlässigbare Zielgröße. Nin 6,8% erkennen darin eine sehr bedeutende und 20,4% eine bedeutende Zielvorstellung. Durch den Einsatz flexibler Fertigungssysteme kann der Mensch vom eigentlichen Bear­ beitungsprozeß weitgehend entkoppelt werden. Dieses Entkopplungspotential von Ar­ beitszeit und Maschinennutzungszeit entsteht aus den Automatisierungsmöglichkeiten dieser Fertigungstechnik. Gerade die Ausschöpfung des zeitlichen Entkopplungspotenti­ als eröffnet die Möglichkeit einer Anpassung der Arbeitszeiten an die individuellen Be­ dürfnisse sowie die physiologischen Gegebenheiten des Mitarbeiters 250 Zu den konkre­ ten Teilzielen der Arbeitszeitflexibilisierung zählen die Reduzierung der Fehlzeiten, die Steigerung der Arbeitsproduktivität sowie eine Ausdehnung der Arbeitszeit in bezug auf die Gesamtbschäftigtenzahl des Unternehmens bzw. spezifischer Teilbereiche 251 Dabei lassen sich Arbeitszeiten generell durch die Kriterien • • •

Dauer und Lage der Arbeitszeit, Intensität der Nutzung und Grad der Autonomie der Mitarbeiter über ihre Arbeitszeit

beschreiben. Flexibilisierungsparameter stellen insbesondere die Lage und die Dauer der Arbeitszeit dar.

Die chronometrische Arbeitszeitflexibilisierung ist gekennzeichnet durch die Verkür­ zung der Arbeitszeitdauer, durch die Schaffung von Teilzeitarbeit sowie die Verände-

248

249

250 251

Vgl. allgemein zu den Kostenwirkungen des Absentismus und/oder der Fluktuation Steffen 1978, S. 427; Dincher 1992, Sp. 876-878 und Sp. 880; Nieder 1992, Sp. 2; Schnabel 1997, S. 36-38; sowie Dahlen/Bolmsjö 1996, pp. 148-151. Vgl. ähnlich die von Maly in der ehemaligen CSSR und in Finnland durchgeführte Studie in neun flexiblen Fertigungssystemen. Es wurde in keinem der betrachteten Systeme eine Form der Arbeitszeitflexibilisierung umgesetzt. Vgl. Maly 1989, p. 641. Vgl. Knauth/Rutenfranz 1983, S. 357-358; Schiele 1987, S. 776; AWK 1990, S. 129. Vgl. Heeg/Bahsier 1986, S. 654.

182

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

rung des Ruhestandsalters.252 Änderungen des Ruhestandsalters sind in dieser Arbeit von untergeordneter Bedeutung.

Im Rahmen der chronologischen Flexibilisierung von Arbeitszeiten in flexiblen Ferti­ gungssystemen gewinnt die Möglichkeit zur Umsetzung von Gleitzeitmodellen an Be­ deutung.253 Gleitzeitmodelle für Industrieunternehmen waren lange Zeit nur auf den Angestelltenbereich beschränkt. Gerade die für flexible Fertigungssysteme charakteristi­ sche Entkopplung von Arbeitszeit und Betriebszeit ermöglicht die Einführung von Gleit­ zeitmodellen auch im Bereich der Produktion 254 Unter Humanisierungsgesichtspunkten sind Gleitzeitregelungen wünschenswert, denn sie geben dem einzelnen Arbeitnehmer die Möglichkeit, seine Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz begrenzt den individuellen Be­ dürfnissen anpassen zu können. Voraussetzung für eine Umsetzbarkeit der Gleitzeit in flexiblen Fertigungssystemen ist die gegenseitige Absprache und Abstimmung mit den Mitgliedern der eigenen Schichtbesetzung, aber auch mit der jeweils vorangehenden bzw. nachfolgenden Schicht. Andere Alternativen der chronologischen Arbeitszeitflexi­ bilisierung sind beispielsweise Sabbaticals oder Cafeteria-Systeme. Letztere werden für die spezifische Problemstellung als unbedeutend erachtet und aus der weiteren Betrach­ tung ausgeschlossen. Schließlich gibt es Mischformen der Arbeitszeitflexibilisierung, zu denen zum Beispiel das Job Sharing, die Zeitarbeit oder Schicht-, Nacht- und Wochenendarbeit zählen 255

Zu den realisierten Formen der Arbeitszeitflexibilisierung liegen Angaben von 97 Anwendern vor 256 Die vergleichsweise häufigste Form stellt mit 19,6% die gleiten­ de Arbeitszeit dar. Ein Variante des Job Sharing wird in 16,5% der Systeme umge­ setzt, gefolgt von der Möglichkeit des Langzeiturlaubs für die Mitglieder des Perso­ nalsystems (= 14,4%). Unbedeutend ist die Verbreitung der Teilzeitarbeit in den erfaßten flexiblen Fertigungssystemen. Lediglich 4,1% der Anwender haben diese Form der Arbeitszeitflexibilisierung realisiert (vgl. Abb. 3-19).

252 253 254

255 256

Vgl. Heymann/Seiwert 1982, S. 76 und S. 78; Kreikebaum/Herbert 1988, S. 100-101. Vgl. allgemein zu den Formen einer chronologischen Flexibilisierung der Arbeitszeiten Heymann/Seiwert 1982, S. 76 und S. 78; Kreikebaum/Herbert 1988, S. 101-104. Siehe zu einem FFS-Anwendungsbeispiel im Dreischichtbetrieb mit Gleitzeitmöglichkeit IAO/IPA 1992, S. 44; sowie zu einem flexiblen Fertigungssystem eines schweizerischen Unternehmens im Zweischichteinsatz mit gleitenden Arbeitszeiten Ulich/ConradBetschart/Baitsch 1989, S. 138. Vgl. Heymann/Seiwert 1982, S. 76 und S. 78; Kreikebaum/Herbert 1988, S. 104-109. Siehe zu den Formen der Arbeitszeitflexibilisierung Frage Nr. 20 des Erhebungsbogens auf S. 422 im Anhang.

Erste Untersuchungsergebnisse

183

Formen der Arbeitszeitflexibilisierung in FFS Gleitzeit

Job Sharing

Sabbaticals Teilzeitarbeit

Abb. 3-19: Formen der Arbeitszeitflexibilisierung in flexiblen Fertigungssystemen

Das Potential zur Arbeitszeitflexibilisierung kommt durch die folgenden Anwenderaus­ sagen zur prinzipiellen Realisierbarkeit der einzelnen Formen zum Ausdruck. Demnach halten

• 57,4% das Job Sharing (N=68 FFS), • 51,3% die Teilzeitarbeit (N=76 FFS), • 49,3% das Sabbatical (N=69 FFS) und • 40,9% die Gleitzeit (N=66 FFS) als Formen der Arbeitszeitflexibilisierung in FFS für prinzipiell möglich. Es handelt sich hierbei um jene Anwender, die die entsprechende Form der Arbeitszeit­ flexibilisierung in ihrem FFS bislang nicht eingefuhrt haben.

Eine weitere Form der Arbeitszeitflexibilisierung stellt die Arbeitszeitverkürzung durch Ausnutzung eines Automatisierungspotentials flexibler Fertigungssysteme dar. Diese halten zum Erhebungszeitpunkt 51,0% der befragten Anwender (N = 104) für grundsätzlich möglich, dagegen 49,0% für nicht realisierbar. Von den Anwendern, die eine Arbeitszeitverkürzung im Betrieb ihres flexiblen Fertigungssystems für prinzipiell realisierbar halten, geben sogar 76,5% an, eventuell eine Arbeitszeitver­ kürzung in Erwägung zu ziehen. Für 23,5% der befragten Anwender (N = 51) stellt diese Form der Arbeitszeitflexibilisierung trotz ihrer prinzpiellen Umsetzbarkeit auch in Zukunft keine Alternative dar.

Ein situatives Modell der Arbeitsorganisation in FFS

184

In der anschließenden Abbildung werden die Zielbedeutungsausmaße der sozialen Teilziele arbeitsorganisatorischer Gestaltung in FFS den technisch-wirtschaftlichen gegenübergestellt (vgl. Abb. 3-20).

Technisch-wirtschaftliche Teilziele

Verbesserung ; von Planung und Steuerung

/ Just-in-TimeFertigung

Personaf exibi ität

Hohe und kontmuierhohe Werkstückqualität

Senkung der Herste kosten

Bediener­ freier Betrieb

Fertigungs­ transparenz

Hohe Fertigungs­ sicherheit

/ Senkung der ’ Durchlaufzeiten Erhöhung der Personaqualifikation

Größere Arbeitsmha te

Höhere Eigenkontrolle

Soziale Teilziele Hierarchie­ abbau

Arbeitszeitflexibilisienjng

Abb. 3-20: Bedeutung technisch-wirtschaftlicher und sozialer Zielvorstellungen der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen Unter den sozialen Teilzielen wird die Erhöhung der Personalqualifikation von den mei­ sten Anwendern als sehr bedeutend eingeschätzt. Es folgen die Verminderung der Fremdsteuerung der Arbeit durch mehr Eigenverantwortung sowie die Ermöglichung

Erste Untersuchungsergebnisse

185

einer Identifizierung der Mitglieder des Personalsystems mit dem Produktionsergebnis. Die arbeitsorganisatorische Zielsetzung größerer Arbeitsinhalte spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle in der arbeitsorganisatorischen Zielhierarchie der Anwender. Resümierend ist aus dieser Darstellung deutlich erkennbar, daß die befragten FFSAnwender den technisch-wirtschaftlichen Zielvorstellungen insgesamt eine größere Bedeutung beimessen als den sozialen Teilzielen.257

257

Siehe zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen die Auswertung der Zielpräferenzen von 60 FFS-Anwendungfällen in der Bundesrepublik Deutschland in Hirt 1990, S. 187-188. Ver­ gleichbar resümieren Smith und Carayon die Zwecksetzung neuer Formen der Fertigungs­ technik: „The pressures of a global economy have led to applications of technology prima­ rily for efficiency purposes, rather than for utalitarian motives of improving the quality of working life" Smith/Carayon 1995, p. 100.

4 Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen 4.1

Strukturzentralisation in flexiblen F ertigungssystemen

4.1.1 Einzelfunktionen des Systembetriebs Deskriptiv setzt die kontingenztheoretische Analyse der Strukturzentralisation zunächst die Bestimmung der einzelnen Funktionen des FFS-Betriebs voraus. Grundsätzlich eig­ nen sich zur Untergliederung der Systemfunktionen die Instrumente der Funktionsanaly­ se und -Synthese.1

Die Funktionsanalyse in FFS beinhaltet die Festlegung und Ordnung aller Funktionen, die zur Erfüllung der systemspezifischen Produktionsaufgabe auszufuhren sind.2 Dazu zählen alle Funktionen, also auch jene, die laut Arbeitsdefinition automatisiert durch das Techniksystem erfolgen, wie beispielsweise die Bearbeitung, das systeminterne Wech­ seln von Werkstücken und Werkzeugen sowie der Transport.3 Die Produktionsaufgabe des FFS kennzeichnet den Systemzweck und umspannt generell die Komplettbearbei­ tung eines definierten Werkstückspektrums.

Dieser Arbeit liegt ein Katalog typischer Systemfunktionen zugrunde.4 Sie stehen in unmittelbarer Verbindung mit der systemspezifischen Produktionsaufgabe, leiten sich aus dieser ab. Wird eine dieser Funktionen nicht ausgeführt, ist die Aufgabenerfüllung des flexiblen Fertigungssystems nicht länger gewährleistet. Die Bedeutung der Einzel­ funktion für die Aufrechterhaltung des Systembetriebs bildet somit das Auswahlkriteri­ um für die Aufnahme in den Erhebungsbogen. So erfolgt zum Beispiel ohne die Funkti­ on der NC-Programmerstellung keine auftragsbezogene Steuerung der Maschinenfunk­ tionen und das System produziert nicht. Dies gilt in ähnlicher Weise für alle anderen Funktionen. Deshalb kann davon davon ausgegangen werden, daß jede der hier ausge­ wählten Funktionen in jedem FFS auftreten. Funktionen ohne unmittelbare Betriebsrele­ vanz werden im folgenden nicht berücksichtigt.

Vgl. Kosiol 1976, S. 32-33. Dort werden jedoch die Begriffe Aufgabenanalyse und Aufga­ bensynthese verwendet. Siehe allgemein Heeg 1991, S. 228; Krüger, W. 1992, Sp. 221. Vgl. auch Eversheim 1992, Sp. 2060. Siehe zu den Einzelfunktionen des Systembetriebs Frage Nr. 14 des Erhebungsbogens auf den Seiten 416-417 im Anhang.

188

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Grundsätzlich kann eine Funktionsanalyse anhand der Verrichtung, des Objekts, des Ranges, der Phase oder der Zweckbeziehungen erfolgen.5 Eine Funktionsgliederung un­ ter phasenorientierten Gesichtspunkten unterteilt die Produktionsaufgabe in die zeitlich aufeinanderfolgenden Funktionskomplexe der Vorbereitung, der Bearbeitung sowie des Abschlusses.6 Die systembezogene Funktionsanalyse gemäß Zweckbeziehung unter­ scheidet die Elemente der Produktionsaufgabe nach ihrem Charakter in unmittelbare (primäre) und mittelbare (sekundäre) Teilfunktionen.7 Nach dieser Gliederungsmethodik umfassen die Primärfunktionen eines FFS alle direkt mit den physischen Bearbeitungs­ prozessen in Zusammenhang stehenden Aufgaben, während sich die Sekundärfunktionen des Systembetriebs durch eine prozeßunterstützende Natur auszeichnen und als Hilfsfunktionen nur indirekt mit der physischen Veränderung von Werkstücken in Ver­ bindung stehen. Die nachstehende Abbildung 4-1 verdeutlicht eine Funktionsdifferenzie­ rung des FFS-Betriebs nach Phase und Zweckbeziehung.8

Ein idealisierter FFS-Standardablauf läßt sich wie folgt darstellen. Zu den vorbereiten­ den Primärfunktionen des FFS-Betriebs zählt die Entgegennahme der Fertigungsaufträ­ ge, typischerweise von einem übergeordneten PPS-System.9 Es schließt sich der Trans­ port des Rohlings von einer vorgelagerten Fertigungsstufe oder einem Zwischenlager zu einem Spann-/Rüstplatz - der Eingabestation - an. Dort erfolgt nach dem Rüsten der korrespondierenden Vorrichtungen das Aufspannen der Teile auf den Werkstückträgem (werkstückbezogene Primärfunktionen). Anschließend wird das palettisierte Teil über das Transport- und Handhabungssystem dem Werkstückspeichersystem zur Zwischenla­ gerung oder direkt dem Arbeitsraum der Bearbeitungsstationen zugefuhrt. Parallel dazu werden die Voreinstellung der Werkzeuge sowie die Bereitstellung und Bestückung der Werkzeugmagazine als vorbereitende - jedoch werkzeugbezogene - Primärfunktionen ausgefuhrt.

Vgl. allgemein Kosiol 1976, S. 49; sowie ähnlich Herbst 1974, pp. 114-115. Siehe grundsätzlich Kosiol 1976, S. 56-58; REFA 1991a, S. 173. Vgl. zur Unterteilung von arbeitsobjektbezogenen Verrichtungen in die Aufgaben der Planung, Entscheidung, Realisa­ tion und Kontrolle Krüger, W. 1992, Sp. 226. Vgl. zur Darstellung auf der Ebene des Gesamtuntemehmens REFA 1991a, S. 174. Krüger bezeichnet Primäraufgaben als Leistungsaufgaben und Sekundäraufgaben als Verwaltungs­ aufgaben. Vgl. Krüger, W. 1992, Sp. 226. Vgl. zur Funktionsgliederung des FFS-Betriebs nach Phase und/oder Zweckbeziehung auch Dostal 1982, S. 77; Barfield/Hwang/Chang 1986, pp. 379-380; Cable 1988, p. 289; Wolter 1989, S. 99; IAO/IPA 1992, S. 64; Syan/Mostefai 1995, p. 45. Dabei leiten sich die Funktionen des Systembetriebs generell aus den Aufgaben der Fertigung an Werkzeug­ maschinen ab. Siehe zu diesen Voigt 1986, S. 46-47; Hedrich/Brunner 1987, S. 642. Vgl. zur Beschreibung des typischen Arbeitsablaufs in flexiblen Fertigungssystemem Hwang et al. 1984, p. 853; Hintz 1987, S. 43-44; Slomp 1993, pp. 416-417. Siehe zu den Ablaufschritten der Werkstückbearbeitung in einem konkreten FFS o. V. [The FMS Magazine] 1984; Arnaud/Bloche 1986, p. 518.

189

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

Primärfunktionen

Vorbereitung Auftragsentgegennahme Vorrichtungsrüstung Werkstückspannen Werkstücktransport Werkstücklagerung

Werkzeugvoreinstellung Werkzeugbereitstellung Magazinbestückung

Bearbeitung Werkstückwechsel Werkzeugwechsel Werkstückbearbeitung

Systemüberwachung Werkstücktransport Werkstücklagerung

Abschluß

Werkstücktransport

Werkstückspannen Auftragsfertigmeldung

Sekundärfunktionen NC-Programmierung, -test, -Optimierung, Arbeitsplanung, Fertigungssteuerung Werkstückkontrolle, Nachbearbeitung Störungsbeseitigung, Systemwartung, Entsorgung Personalaufgaben

M: (Arbeits-)Maschine

Abb. 4-1:

Einzelfunktionen des FFS-Betriebs nach Phase und Zweckbeziehung

Die physische Veränderung der Werkstücke im Arbeitsraum der Werkzeugmaschinen bildet den Kem der Bearbeitungsphase. Die überwachungsbezogene Primärfunktion der Kontrolle des Gesamtsystems sowie der darin stattfindenden Arbeitsabläufe findet wäh­ rend der Bearbeitung statt. Auch die prozeßintemen Werkstück- und Werkzeugwechsel zählen zum primärfunktionalen Aufgabenkomplex des Systembetriebs.

Mit dem Transport der bearbeiteten Werkstücke von der Bearbeitungsstation an den Spannplatz sowie das dort erfolgende Abspannen der Werkstücke wird die Abschluß­ phase des FFS-Betriebs eingeleitet. Alternativ dazu kann das Werkstück umgespannt und für den zweiten Bearbeitungsschritt erneut in das flexible Fertigungssystem einge­

190

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

schleust werden. Diese Bearbeitungsschleife wird solange wiederholt, bis der letzte Ar­ beitsvorgang am zu fertigenden Teile ausgeführt worden ist.

Die Reinigung der Werkstücke, eine abschließende Qualitätskontrolle zur Feststellung möglicher Bearbeitungsfehler sowie eine eventuell erforderliche Nachbearbeitung bilden supportive Sekundärfunktionen der Abschlußphase des Systembetriebs. Schließlich wer­ den die bearbeiteten Werkstücke für den Weitertransport in nachfolgende Fertigungsstu­ fen an den Systemgrenzen bereitgestellt, und es erfolgt eine Rückmeldung der abge­ schlossenen Fertigungsaufträge an das übergeordnete PPS-System. Zu den weiteren supportiven Sekundärfunktionen des FFS-Betriebs zählen die störungsvorbeugende Wartung der Komponenten des Techniksystems und die Entsorgung von Spänen, Kühl­ mitteln und anderen Abfallstoffen. Darüber hinaus dient die Störungsbeseitigung als supportive Funktion einer Wiederherstellung der Funktionsfahigkeit des Techniksystems nach dem Eintritt von Störereignissen.

Dispositiven Charakter besitzen die Teilfunktionen der NC-Programmerstellung, des NC-Tests sowie der NC-Programmoptimierung, aber auch die Aufgaben der Arbeitspla­ nung und Fertigungssteuerung. Schließlich gehören noch Personalaufgaben zum Kom­ plex der dispositiven Sekundärfunktionen in flexiblen Fertigungssystemen. Die sich der Funktionsanalyse anschließende Funktionssynthese ist zunächst systembe­ zogen zu interpretieren.10 Sie beinhaltet die Zuordnung der Systemfunktionen an das Personalsystem oder an systemexterne Abteilungen und Stellen. Auf der Aggregationsebene eines FFS bringt das Ergebnis der Funktionssynthese die systembezogene Funkti­ onsteilung zum Ausdruck.11 Grundsätzlich kann der Zuständigkeitsbereich für jede ge­ nannte Systemfunktion innerhalb oder außerhalb des FFS liegen (Dezentralisation versus Zentralisation).12 In dieser Arbeit werden somit die systemspezifischen Funktionen samt den damit verknüpften Entscheidungsbefugnissen für ihre Ausführung als (De-)Zentrali­

10 11

12

Allgemein beinhaltet die Aufgabensynthese eine Bündelung der analytisch ermittelten Tei­ laufgaben und die Zuweisung dieser Aufgabenbündel an Stellen. Vgl. Kosiol 1980, Sp. 181. D’Iribarne und Lutz verwenden synonym den Begriff der .externen Arbeitsteilung1. Vgl. d’Iribarne/Lutz 1984, p. 128. Andere Autoren benutzen im Kontext der systembezogenen Funktionsteilung die Bezeichnung der »vertikalen Arbeitsteilung4. Vgl. Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 53. Zur organisatorischen (De-)Zentralisation merkt bereits Fayol an: „Alles, was die Bedeu­ tung der Rolle des Untergebenen erhöht, ist Dezentralisation, alles, was diese Bedeutung mindert, Zentralisation“ Fayol 1929, S. 28. Im übertragenen Sinn bewirkt die Dezentrali­ sation allgemein eine Zunahme der .Bedeutung4 (Autonomie) des Personalsystems, während die Zentralisation außerhalb der Systemgrenzen in umgekehrter Richtung einen ,Bedeu­ tungsverlust4 (Autonomieeinschränkung) hervorruft. Einer ähnlichen Betrachtung liegt - zu­ nächst unabhängig vom (De-)Zentralisationsobjekt - die Vorstellung der Zentralisation als Streben zu einem Mittelpunkt hin versus der Dezentralisation als Streben von einem Mittel­ punkt weg zugrunde. Vgl. Bleicher 1980, Sp. 2405; Frese 1998, S. 88.

191

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

sationsobjekte betrachtet.13 Diese scharfe Trennlinie kann in der betrieblichen Praxis flexibler Fertigungssysteme nicht immer eindeutig gezogen werden. Zwischen den Ge­ gensätzen der Zentralisation und Dezentralisation ist auch eine Aufteilung des Zustän­ digkeitsbereichs zwischen dem Personalsystem und externen Zentralbereichen möglich. Zur Kennzeichnung dieser Situation wird der Begriff des Funktionssharing eingeführt. Die nachstehende Abbildung 4-2 verdeutlicht die Alternativen der Zuständigkeitsvertei­ lung für die Primär- und Sekundärfunktionen flexibler Fertigungssysteme.

Produktionsorganisation DISPOSITIVE SEKUNDÄRFUNKTIONEN: Führung, Personalaufgaben, Arbeitsplanung, NC-Programmierung, NC-Test, Fertigungssteuerung Zentra er Meisterbereich

FFS-Organisation

Zentrae Arbeitsvorbereitung

Zentrale Instandhaltung

Zentrale operative Fertigung

Zentraes Werkzeugwesen

PRIMÄRFUNKTIONEN: Vorrichtungsrüstung, Spannen der Werkstücke, Werkzeugvoreinstellung & -bereitstellung, Systemüberwachung

Abb. 4-2:

Zentraes Qua itatswesen

SUPPORTIVE SEKUNDÄRFUNKTIONEN: Entsorgung, Wartung, Störungs­ beseitigung, Werkstückkontrolle, Nachbearbeitung

(De-)Zentralisationsaltemativen des FFS-Betriebs

Die Abbildung stellt einen Leitfaden für die Beschreibung der Erhebungsergebnisse zur Strukturzentralisation dar. Hierfür liegen Angaben über 105 FFS-Organisationen vor. Die anschließenden Ausführungen konzentrieren sich zunächst auf die jeweiligen Ein­ 13

(De-)Zentralisationsobjekte können allgemein sachlicher, formaler, persönlicher, räumlicher, zeitlicher und/oder ressourcenbezogener Natur sein. Vgl. dazu Bleicher 1991, S. 49-57. Hier umspannt Funktions(de)zentralisation formal-räumliche Aspekte. Anknüpfend an die allgemeine Begriffvorstellung der (De-)Zentralisation nach Bleicher repräsentiert zum Bei­ spiel die Übertragung der Systemfunktion ,Störungsbeseitigung4 - formales (De)Zentralisationsobjekt - von der zentralen Instandhaltung (Mittelpunkt) an die räumlich abgrenzbare Organisationseinheit ,FFS‘ dann ein solches vom Mittelpunkt wegführendes Streben (Raum­ dezentralisation).

192

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

zelfunktionen des Systembetriebs. Einer Beschreibung der univariaten Untersuchungser­ gebnisse vorgeschaltet ist die Deskription des Aufgabeninhalts der entsprechenden (De-) Zentralisationsobjekte.

4.1.2 Zentralisation der Primärfunktionen 4.1.2.1 Werkstückbezogene Funktionen I)

Rüsten der Vorrichtungen

Die werkstückbezogene Primärfunktion der Vorrichtungsrüstung beinhaltet allgemein die Vorbereitung der Vorrichtungen für die Werkstückaufhahme. Vorrichtungen sind an das Werkstück gebundene Betriebsmittel. Durch sie wird die Lage eines oder mehrerer Werkstücke zur Werkzeugmaschine und zu den Werkzeugen definiert und über Span­ neinrichtungen gesichert.14 Durch die Werkstückaufnahme wird eine im Bereich enger Toleranzgrenzen erfolgende Teilebearbeitung innerhalb der Werkzeugmaschine ge­ währleistet. Dies gilt sowohl für die Einmalfertigung eines einzelnen Werkstücks als auch für die wiederholte Positionierung von identischen Teilen eines Werkstücktyps bei Mehrfachfertigung. Im einzelnen beinhaltet das Rüsten der Vorrichtungen im Vorfeld der Teilebearbeitung zunächst den Aufbau der Vorrichtung.15 Dabei handelt es sich um eine Montagetätigkeit, die manuell auf der Basis von Zeichnungen und Stücklisten oder automatisiert vorge­ nommen wird und eine prozeßvorgeschaltete Kontrolle auf Funktionstüchtigkeit der Vorrichtungselemente umfaßt. Der Vorrichtungsaufbau in FFS geschieht nicht direkt an der Werkzeugmaschine, sondern an den speziell dafür vorgesehenen Rüst-/Spannplätzen. Die systeminterne Funktionsausführung ist somit stationär an einen definierten Arbeits­ platz gebunden. Im Falle der wiederholten Vorrichtungsrüstung wird typischerweise auf einen Montageplan zurückgegriffen, der die Aufbauanweisungen enthält. Zum Funkti­ onsspektrum des Vorrichtungsaufbaus gehört auch die Entnahme der Vorrichtungsele­ mente aus einem zentralen oder dezentral dem Rüstplatz zugeordneten Bauteilelager. Nach erfolgter Werkstückbearbeitung ohne sukzessive Mehrfachanwendung werden die Vorrichtungen wieder in Einzelkomponenten zerlegt, gereinigt und in das Lager einge­ stellt. Es wird allgemein davon ausgegangen, daß mit zunehmender Häufigkeit eines Wechsels der zu bearbeitenden Fertigungsaufträge auch die Ausführungshäufigkeit dieser werk­ stückbezogenen Primärfunktion zunimmt, weil die Variabilität des zu fertigenden Teile­ spektrums und damit die Verschiedenartigkeit der vorrichtungsbedingten Fixieranforde14

15

Vgl. Trummer/Wiebach 1994, S. 2-3; Spath/Weck/Seliger 1996, S. 10/1 und S. 10/3. Im einzelnen zählen das Positionieren, Bestimmen, Spannen, Führen und Teilen zu den Funk­ tionen einer Vorrichtung. Siehe dazu Trummer/Wiebach 1994, S. 17. Eine detaillierte Beschreibung des Tätigkeitsinhalts der Vorrichtungsrüstung findet sich in Trummer/Wiebach 1994, S. 213-219.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

193

rungen ansteigt.16 Hinsichtlich des Ausfuhrungsaufwands ist zu erwarten, daß Werk­ stücke mit geringer Komplexität auch einen vergleichsweise geringen Aufwand der Vor­ richtungsrüstung verursachen. Mit ansteigender Teilekomplexität wird auch eine Auf­ wandszunahme einhergehen. Eine FFS-speziflsche Produktionsaufgabe, die sich durch die Bearbeitung eines Teilespektrums mit vergleichsweise geringer Vielfalt und Kom­ plexität auszeichnet, ermöglicht häufig den Einsatz von standardisierten Vorrichtungen, die eine Verringerung des Ausfuhrungsaufwands und somit der erforderlichen Rüstzei­ ten ermöglichen.17 Die werkstückbezogene Primärfunktion der Vorrichtungsrüstung wird in 87,6% der erfaßten FFS von Mitgliedern des Personalsystems übernommen. In lediglich 7,6% der Systeme erfolgt eine systemexterne Zentralisation dieser Teilfunktion und weite­ re 4,8% der betrachteten Systemlösungen realisieren eine Form des Funktionssha­ rings. Für die in dieser Arbeit untersuchten flexiblen Fertigungssysteme kann fest­ gehalten werden, daß das Rüsten der Vorrichtungen typischerweise dezentralisiert vor Ort aufWerkstattebene ausgefuhrt wird.

II)

Auf- und Abspannen der Werkstücke

Ein vergleichbares Ergebnis zeigt die in praxi realisierte Zuständigkeitsverteilung der werkstückbezogenen Primärfunktion des Auf- und Abspannens von Teilen. Kennzeich­ net das Rüsten der Vorrichtungen die vorbereitende Funktion des Aufbaus und der Aus­ richtung der Spannelemente, so beinhaltet das Aufspannen der Werkstücke die anschlie­ ßende Fixierung des physischen Arbeitsgegenstandes auf dem Werkstückträger. Erst durch die auf das Arbeitsobjekt einwirkenden Spannkräfte können die Bearbeitungspro­ zesse ausgeführt werden, denn nun wird das Teil positionsgenau festgehalten.18 Im einzelnen umfaßt der Tätigkeitsinhalt des Werkstückspannens die Fixierung der Tei­ le. Dieser Vorgang geschieht unter Zuhilfenahme von Spannelementen auf der Basis von Aufspannzeichnungen und/oder des Erfahrungswissens. Zuvor wird das Werkstück in die Vorrichtung eingelegt, dort positioniert und justiert.19 Die Teilfunktion des Aufspan­ nens umfaßt auch die Kontrolle der Werkstücklage sowie die Überprüfung der Spann­ kräfte, um

16 17

18 19

Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 84-85. Vgl. dazu Weck/Ophey/FOrbab 1987, S. 545-546; Kiesewetter u. a. 1991, S. 60. Siehe im einzelnen zu den verschiedenen Vorrichtungsarten (Spezial- und Sondervorrichtungen, Uni­ versalvorrichtungen, Baukastenvorrichtungen sowie modulare Vorrichtungssysteme) Trummer/Wiebach 1994, S. 4-8; sowie darüber hinaus zu den Forschungsanstrengungen bezüglich der Entwicklung eines flexiblen und weitgehend automatisierten Vorrichtungssy­ stems Shirinzadeh 1996, pp. 176-178. Vgl. Trummer/Wiebach 1994, S. 80. Vgl. Dostal 1982, S. 77; Sonntag 1985, S. 195. Ein umfassender Überblick über verschie­ dene Ausführungsformen von Spannelementen (zum Beispiel Spannschrauben oder -keile) fmdert sich in Trummer/Wiebach 1994, S. 94-126.

194





Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

der Gefahr von Werkstückdeformationen durch einwirkende Spannkräfte im Vor­ feld der Bearbeitung zu entgegnen sowie Werkstückverformungen und LageVeränderungen zu vermeiden, die aus den einwirkenden Bearbeitungskräften während der Fertigungsprozesse resultieren können,

so daß Materialausschuß sowie Werkzeug- und Maschinenschäden vermieden werden können.20 Der Arbeitsvorgang des Aufspannens wird beendet, wenn das palettisierte Teil zur systeminternen Bearbeitung am Spannplatz ffeigegeben wird.21 Das Werkstück wird von dem Transportsystem des FFS übernommen und direkt an die Werkzeugma­ schine befördert oder im Speichersystem kurzzeitig eingelagert. Nach erfolgter Bearbei­ tung und Rücktransport an den Spannplatz erfolgt das Abspannen der Teile.22 Dabei kann auch die Säuberung der gefertigten Werkstücke zur Primärfunktion des Auf- und Abspannens gehören, sofern diese Aufgabe nicht automatisiert durch eine Reinigungs­ station wahrgenommen wird.

Das Spannprinzip kann manuell oder automatisiert ausgerichtet sein. Üblicherweise be­ einflußt die Teilegeometrie das Potential zur Automatisierung der notwendigen Spann­ vorgänge. Prismatische Werkstücke besitzen im Vergleich zu rotationssymmetrischen Drehteilen eine größere Komplexität23 Rotationsteile in kleineren und mittleren Abmes­ sungen können häufig automatisiert im Arbeitsraum der Werkzeugmaschine gespannt werden. Dies erfolgt zum Beispiel über teilepositionierende Industrieroboter, zentrieren­ de Werkstückgreifvorrichtungen sowie Spannelemente.24 Das Auf- und Abspannen prismatischer Werkstücke ist hingegen eine zumeist manuell ausgefuhrte Tätigkeit an den Spannplätzen des flexiblen Fertigungssystems.25 Prinzipiell wird in einem flexiblen Fertigungssystem die Häufigkeit der Spanntätigkeiten durch die Losgröße beeinflußt. Mit abnehmender Losgröße ist eine Zunahme der Tätig­ keiten mit variierenden Spannanforderungen zu erwarten. Auch die Werkstückbearbei­ tungszeit sowie die prozeßintermittierenden Umspannerfordemisse wirken auf die Häu­ figkeit der durchzufuhrenden Spannvorgänge ein.26 Eine ansteigende Bearbeitungszeit pro Teil und abnehmende Umspannerfordemisse legen eine geringere Häufigkeit der Spanntätigkeiten nahe. Die Anzahl der Umspannvorgänge beträgt Null, wenn maschi20 21 22

23 24

25

26

Vgl. Wolter 1989, S. 101 und S. 156; Trummer/Wiebach 1994, S. 79. Vgl. Hedrich/Brunner 1987, S. 646. Siehe zu einer Beschreibung des Arbeitsplatzes zum Auf- und Abspannen von Werkstücken in einem konkreten FFS Ulich/Conrad-Betschart/Baitsch 1989, S. 135. Vgl. Lenz 1988, pp. 68-69. Vgl. Helberg 1987, S. 63; Talavage/Hannam 1988, pp. 84-88; Weck 1989, S. 30-31. Der manuelle Anteil des Spannens rotationssymmetrischer Teile beschränkt sich dann auf das Umladen der Werkstücke aus Behältern auf entsprechende Werkstückträgersysteme, aus de­ nen der Industrieroboter die zu fertigenden Drehteile greift und der Arbeitsmaschine zuführt. Siehe dazu Herter 1991, S. 63. Vgl. Hwang et al. 1984, p. 843; Colbert/Menassa/DeVries 1988, p. 304; Parker 1988, p. 345. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 84.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

195

nenintem die Komplettbearbeitung in einer einzigen Aufspannung realisiert werden kann. Dies bewirkt somit eine Reduzierung des manuellen Spannaufwands und trägt zu einer Verkürzung der auftragsbezogenen Durchlaufzeiten bei.27 Analog zum Rüsten der Vorrichtungen wird der Ausfuhrungsaufwand der Spannvorgänge mit der Teilekomple­ xität und der Teilegröße ansteigen.28 Die Befragungsergebnisse zeigen deutlich, daß es sich bei der werkstückbezogenen Primärfunktion des Auf- und Abspannens von Werkstücken fast ausschließlich um eine dezentralisierte Teilfunktion des FFS-Betriebs handelt. Bei insgesamt 93,3% der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme werden die Spanntätigkeiten bzw. die Be­ stückung der Werkstückträger von Mitgliedern des Personalsystems ausgeführt. Nur in 2,9% der Systeme wird diese Primärfunktion zentralisiert von systemexternen Stellen wahrgenommen und bei 3,8% ein Funktionssharing umgesetzt.

4.1.2.2 Werkzeugbezogene Funktionen I)

Voreinstellen der Werkzeuge

Die Tätigkeit der WerkzeugVoreinstellung sieht allgemein die Einspannung der Werk­ zeuge in Werkzeughaltern vor (Werkzeugzusammenbau), die dann auf ihre Einstellmaße hin überprüft werden.29 Mit der WerkzeugVoreinstellung wird beabsichtigt, werkzeug­ seitige Störungen während der Bearbeitungsprozesse zu vermeiden, weil die Werkzeuge bereits vor Produktionseinsatz verschlissen bzw. defekt sein können und den Toleranz­ anforderungen nicht länger genügen.

Informationsgrundlage für diese Tätigkeit bildet der Werkzeugbedarf für ein bestimmtes Teilespektrum, welches innerhalb einer definierten Periode zu fertigen ist.30 Dieser qua­ litative und quantitative Werkzeugbedarf ermittelt sich aus den Arbeitsplänen und Werk­ zeugstammdaten und berücksichtigt die Einsatz-, Stand- sowie Reststandzeiten der je­ weils benötigten Werkzeuge. Die Werkzeugbedarfsermittlung ist allerdings nicht Gegen­ stand der Voreinstellung, sondern stellt lediglich die Anweisungen bereit, welche Werk­ zeuge zur Abwicklung der Fertigungsaufträge zu vermessen sind.

Die WerkzeugVoreinstellung kann vollständig manuell unter Zuhilfenahme entsprechen­ der Meßmittel oder rechnergestützt über ein Voreinstellgerät erfolgen. Mit diesem Vor­ einstellgerät lassen sich die werkzeugspezifischen Korrekturdaten hinsichtlich Durch­ messer und Länge automatisiert erkennen. Nach erfolgter Werkzeug Voreinstellung 27 28

29

30

Vgl. Götz/Wullenbäcker 1987, S. 279; Hahner 1989, S. 1036; Wolter 1989, S. 88 und S. 99-100. Eine Vorstellung über die zeitliche Inanspruchnahme der Spanntätigkeiten vermittelt eine bei drei skandinavischen FFS durchgeführte Fallstudie. Danach verbringen die beobachteten Sy­ stembediener im Durchschnitt 1,76 bis 3,7 Stunden pro Schicht (8 Stunden) mit Spanntätig­ keiten. Vgl. MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 73. Vgl. Bellmann/Becker 1989, S. 865; Hofmann 1990, S. 93-94; Rembold u. a. 1990, S. 245; Weck 1995a, S. 167-169. Vgl. Tüchelmann 1987, S. 34.

196

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

werden dann die ermittelten Werkzeugdaten direkt auf einem programmierbaren Chip am Werkzeughalter fortgeschrieben und/oder an den Leitrechner transferiert. Erst dann werden die codierten Werkzeuge für die Fertigung freigegeben und in das maschinenna­ he Werkzeugmagazin oder das Zentrallager eingebracht.31 Zur Teilfunktion der Werk­ zeugvoreinstellung zählt auch die Kontrolle der Weiterverwendbarkeit sowie ein eventu­ ell notwendig gewordenes Nachschärfen.32 Die Häufigkeit der Werkzeugvoreinstellung steigt mit abnehmenden Losgrößen und zunehmender Heterogenität des zu bearbei­ tenden Werkstückspektrums.33 Die WerkzeugVoreinstellung wird in der Mehrheit der erfaßten FFS (= 64,8%) de­ zentral, d. h. durch das Personalsystem, ausgeführt. Es handelt sich somit auch bei dieser Funktion des Systembetriebs um eine häufig an die Werkstattebene delegierte Aufgabe. Immerhin 29,5% der flexiblen Fertigungssysteme haben diese vorberei­ tende Primärfunktion extemalisiert, also zum Beispiel in eine systemexterne Abtei­ lung , Werkzeugmacherei4 verlagert.34 Bei 5,7% der betrachteten Systeme wird eine Form des Funktionssharing realisiert. II)

Werkzeugbereitstellung und Magazinbestückung

Die Teilfunktion der Bereitstellung im Fertigungsbereich hat allgemein zum Ziel, die für die Bearbeitung der Fertigungsaufträge erforderlichen physischen, informatorischen und energetischen Einsatzfaktoren sowie personelle und maschinelle Kapazitäten in den Pro­ duktionssystemen verfügbar zu machen.35 Übertragen auf das Werkzeugwesen des FFSBetriebs bedeutet dies, daß die zur Auftragsbearbeitung benötigten Werkzeuge zuerst an ihren jeweiligen Lagerorten lokalisiert und dann bereitgestellt werden.36 Der spätest­ mögliche Bereitstellungszeitpunkt ermittelt sich aus dem Fertigstellungstermin des letz­ ten in der Warteschlange befindlichen Maschinenauftrags unter Abzug der für Werk­ zeugtransport und -wechsel benötigten Zeit.37 Die Werkzeugbereitstellung schließt sich 31 32 33 34

35 3^

37

Vgl. Lewis 1988, S. 212. Siehe speziell zur Werkzeugcodierung Angelva/Piltonen 1995, p. 80. Vgl. Hedrich/Brunner 1987, S. 646; Lenz 1988, p. 69. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 84. Einer Funktionszentralisation entgegnet zum Beispiel Rhodes mit der Forderung, daß zur Steigerung der Zuverlässigkeit des Werkzeugwesens grundsätzlich in jedem FFS ein Werk­ zeugvoreinstellgerät integriert sein müßte. Vgl. Rhodes 1988, p. 280. Diese Funktionsde­ zentralisation macht jedoch eine ausreichende Kapazitätsauslastung des Werkzeugvoreinstellgeräts notwendig. Wenn diese nicht gewährleistet ist, liegt eine Zentralisation und gemeinsame Nutzung der Werkzeugvoreinstellung durch mehrere Produktionssysteme nahe. Vgl. Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 60. Vgl. REFA 1991b, S. 332. In der bereits erwähnten Fallstudie von drei skandinavischen FFS wurde ein relativ starker Streubereich für den Zeitanteil der Werkzeugbereitstellung während einer durchschnittlichen 8-Stundenschicht der Systembediener ermittelt, der systemspezifisch zwischen 0,16 und 2,0 Stunden liegt. Vgl. MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 73. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 98.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

197

an die Werkzeugvoreinstellung an. Grundsätzlich wird sich die Häufigkeit dieser werk­ zeugbezogenen Primärfimktion am Werkzeugbedarf ausrichten, der erwartungsgemäß mit sinkenden Losgrößen und steigendem Werkstückspektrum zunimmt.38 Die Häufig­ keit der Werkzeugbereitstellung hängt darüber hinaus auch von der Aufnahmekapazität der systeminternen Werkzeugspeichersysteme, dem durchschnittlichen Werkzeugbruch­ verhalten sowie den Standzeiten ab.

Die Teilfunktion der Magazinbestückung folgt der Werkzeugbereitstellung. Im FFSBetrieb sind in Abhängigkeit von der Konfiguration der Werkzeugspeichersysteme ver­ schiedene Ausfuhrungsaltemativen denkbar. Die Einstellung der Werkzeuge in die ma­ schinennahen Speicher kann automatisiert und/oder manuell erfolgen und orientiert sich an Be- und Entladelisten für die jeweiligen Werkzeugmagazine.39 Die begrenzte Anzahl der maschinenintegrierten Werkzeugstellplätze erfordert zumeist einen auftragsbezoge­ nen Austausch (Be- und Entladung) ganzer Werkzeugsätze. Auftragsneutral erfolgt da­ gegen die Einwechselung von Werkzeugen und Schwesterwerkzeugen in ein Zentralla­ ger. Dies geschieht häufig manuell. Die Einstellung der Werkzeuge aus dem Zentrallager in die maschinennahen Speichersysteme schließt typischerweise den automatisierten Werkzeugtransport sowie die -handhabung ein.40 Analog zur Funktionshäufigkeit der Werkzeugbereitstellung kann davon ausgegangen werden, daß mit sinkenden Losgrößen die Häufigkeit der Magazinbestückung zunimmt. Eine ansteigende Heterogenität des Werkstückspektrums resultiert im Regelfall in einem häufigeren Wechsel der zu bear­ beitenden Fertigungsaufträge und macht den Austausch eines größeren Teils der Werk­ zeugsätze notwendig.41 Die werkzeugbezogene Primärfunktion der Bereitstellung und Magazinbestückung wird in den erfaßten flexiblen Fertigungssystemen überwiegend dezentral durch das Personalsystem ausgefuhrt (= 81,9%). Immerhin wird diese Funktion des System­ betriebs in 10,5% der Fälle zentralisiert. Hier übernimmt eine zentrale Abteilung der operativen Fertigung (z. B. zentrales Werkzeug wesen, Werkzeugmacherei) die Funktionsausfuhrung. Weitere 7,6% der FFS nehmen eine Funktionsteilung zwi­ schen Personalsystem und externen Bereichen vor.

4.1.2.3 Überwachungsbezogene Funktionen Die Primärfunktion der Überwachung des Gesamtsystems basiert auf einer Kontrolle der FFS-intem stattfindenden Fertigungsabläufe. Unter dem Begriff der Kontrolle kann all­ gemein eine retrospektive Erfolgsbeurteilung von Handlungen verstanden werden 42 Sie ergibt sich aus einem Vergleich zwischen Ist- und Soll-Größen. Eine auf diese Weise ermittelte Divergenz deutet eine Regelabweichung an. Kontrolle kann jedoch nicht nur 38 39 40 41 42

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 84. Tüchelmann 1987, S. 34. Weck/Ophey/Fürbab 1987, S. 547; Rhodes 1988, p. 279. Hirt 1990, S. 81. Brink 1992, Sp. 1144.

198

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

rückblickend erfolgen, sondern schließt im prospektiven Sinne auch einen Soll-/WirdAbgleich ein. Hier werden statt Ist-Größen die prognostizierten Wird-Ausprägungen mit den Sollvorstellungen in Beziehung gesetzt.43

Diese allgemeinen Ausführungen lassen sich auf den Betrieb flexibler Fertigungssyste­ me übertragen. In retrospektiver Sicht schließt sich dort nach einer Erfassung des IstZustands der technischen Anlagenkomponenten die Auswertungsphase durch Gegen­ überstellung von Ist- und Soll-Informationen an. Auf der Basis von festgestellten Ab­ weichungen werden dann Korrekturmaßnahmen initiiert.44 Übergeordnete Zielsetzung der Systemüberwachung ist die Sicherstellung eines weitgehend störungsfreien Produk­ tionsbetriebs und somit die Gewährleistung einer möglichst hohen Kapazitätsauslastung des FFS.45 Generell kann die Kontrolle des Gesamtsystems und der integrierten Fertigungsabläufe auf zwei Wegen erfolgen. Zum einen ist damit eine bildschirmverbundene Tätigkeit auf der Leitebene des Fertigungssystems verknüpft, zum anderen erfordert die Systemüber­ wachung auch die regelmäßige Sichtkontrolle an den Komponenten des Techniksystems durch ein ,Ablaufen des Systems*.46 Eine Sichtprüfung der Technikkomponenten wäh­ rend der stattfindenden Bearbeitungsprozesse im FFS ist jedoch nur eingeschränkt mög­ lich. Im Vergleich zur Fertigung an konventionellen Werkzeugmaschinen führen die Verkapselung der FFS-intemen Bearbeitungsstationen, die höheren Schnittgeschwindig­ keiten sowie eine großvolumige Kühlschmiermittelzufuhr zu einer verminderten visuel­ len und akustischen Wahrnehmbarkeit der Produktionsprozesse durch das überwachende Personal.47 Eine Sichtkontrolle der Anlagenbestandteile wird zudem durch häufig beob­ achtbare Zugangsversperrungen sowie durch die Simultanität einer Vielzahl von Teilbe­ arbeitungsprozessen an verschiedenen Stationen des Mehrmaschinensystems er­ schwert.48

43 44

45 46 47

48

Vgl. zur prospektiven Kontrolle Brink 1992, Sp. 1144; Garud/Kotha 1994, p. 679. Vgl. allgemein Warnecke/Sihn 1996, Sp. 770-771. Sie subsumieren unter dem Begriff der ,Inspektion* die typischen Funktionen der Überwachung, die auch im Produktionseinsatz flexibler Fertigungssysteme vorkommen. Siehe speziell für FFS Hofmann 1990, S. 71-72. Vgl. WECK/OPHEY/FÜRBAß 1987, S. 545. Vgl. Parker 1988, pp. 349-350; Konradt/Zimolong 1993, S. 74; MArtensson 1996, p. 36. Vgl. Böhle/Milkau 1988, S. 5; Böhle/Rose 1990, S. 15. Böhle und Milkau sprechen zu­ dem von einer ,Auflösung der persönlichen Beziehung4 des Werkstattpersonals zur Werk­ zeugmaschine und durchleuchten die aus diesem Kontrollverlust eventuell resultierenden menschlichen Belastungen. Siehe dazu im einzelnen Böhle/Milkau 1988, S. 114-118. Vgl. zu diesen Erschwernissen das Praxisbeispiel der Systemüberwachung in einem flexi­ blen Fertigungssystem mit acht integrierten Bearbeitungsmaschinen in Ulich et al. 1990, p. 55. Das folgende Zitat belegt die FFS-spezifische Problematik einer prospektiven Kon­ trolle auf sinnlicher Wahmehmungsbasis: „The system functions are very often outside the immediate field of view and action of the operators. As a result, serious disturbances may develop before the operator notices them“ Kuivanen 1996, p. 42.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

199

Die Probleme der manuellen Systemkontrolle setzen zur Gewährleistung der Überwa­ chungsfunktion auf jeden Fall die (Leit-)Rechnerunterstützung voraus, die eine Maschi­ nen- und Betriebsdatenerfassung (MDE/BDE) als ,Informationslieferant4 zum Kembestandteil hat.49 Allgemein obliegt der MDE/BDE die Aufgabe, die während der Bearbeitungsprozesse anfallenden Daten am Entstehungsort - zum Beispiel in der Werk­ zeugmaschine - zu erfassen und an den informationsverarbeitenden Ort des Leitrechners weiterzuleiten.50 Für den Produktionseinsatz flexibler Fertigungssysteme sind dabei die folgenden Aspekte relevant: •







Systemüberwachend werden mittels MDE/BDE vor allem Maschinendaten, Materi­ al- und Bestandsdaten oder Prozeßdaten erfaßt (Datenart).51 Als aufbereitete Maschinen- und Betriebsdaten werden die Rückmeldeinformatio­ nen der Steuerungsebene des FFS aber auch anderen Produktions- und Untemehmensbereichen bereitgestellt (Datenempfänger).52 Eine Echtzeiterfassung mit Online-Kopplung gewährleistet die Abbildung des aktu­ ellen Prozeßzustands flexibler Fertigungssysteme und somit die zeitliche Simulta­ nität von Ereignisauftritt und Ereignisdarstellung am Bildschirm (Art der Datenver­ arbeitung und -Übertragung).53 In flexiblen Fertigungssystemen können CNC-Steuerungen die dezentralisierte Funktion der Maschinendatenerfassung übernehmen (Erfassungsart und -ort) 54

Unabhängig von der Zuständigkeitsverteilung der Systemüberwachung - dezentral, zen­ tral oder geteilt - erwachsen aus dieser Primärfunktion mitarbeiterbezogene Anforde­ rungen in bezug auf die möglichst frühzeitige Entdeckung sich andeutender Systemstö­ rungen. Die Zielerfullung der Systemkontrolle setzt somit nicht nur eine retrospektive Feststellung real eingetretener SolL/Ist-Abweichungen voraus sondern erfordert auch die antizipierende Störungserkennung vor Eintritt des Störereignisses.55 Technisch können hierbei die realen FertigungsVorgänge im Gesamtsystem durch wissensbasierte Prozeß­ simulationen flankiert werden. Dies entspricht einer prospektiven Kontrolle und ermög­ licht bei sich anbahnenden Divergenzen die Einleitung kompensierender Ausweichstra­ tegien 56 Die Häufigkeit der systembezogenen Kontrollfunktion ist hauptsächlich abhängig von

49

50 51 52 53 54 55 56

Vgl. TüCHELMANN 1987, S. 36; Koken 1990, S. 274. Siehe darüber hinaus zu den Grundla­ gen eines BDE-Systems Roschmann 1996, Sp. 221. Vgl. Hackstein 1989, S. 232. Vgl. Virnich 1987, S. 13; Roschmann 1996, Sp. 220-221. Vgl. Kohen 1990, S. 267 und S. 274. Vgl. Hackstein 1989, S. 235-236; Kohen 1990, S. 274-275; Baumgärtel 1991, S. 80. Vgl. Rembold u. a. 1990, S. 256-257. Vgl. Wolter 1989, S. 170. Vgl. Milberg/Burger 1991, S. 77-79.

200

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

der technischen Systemkomplexität.57

In der Praxis des FFS-Routinebetriebs manifestiert sich ein Großteil der Störereignisse in werkzeugseitigen Ausfällen.58 Daher beinhaltet die Funktion der Systemkontrolle schwerpunktmäßig die Verschleiß-, Bruch- und Standzeitüberwachung der Werkzeu­ ge.59 Typischerweise deutet sich ein Werkzeugbruch während der Ausführung der Ar­ beitsvorgänge mit dem Erreichen des Standzeitendes ohne rechtzeitiges Einwechseln ei­ nes Schwesterwerkzeugs an.60 Diese Situation kann eintreten, wenn die Werkzeugstand­ zeiten nicht oder inkorrekt fortgeschrieben worden sind. Weitere Gründe für Werkzeug­ bruch sind in einem übermäßigen Verschleiß, Schneidstoffmängeln oder einer ungenau­ en Montage der Schneidplatten zu suchen. Darüber hinaus fuhren auch durch fehlerhafte NC-Programme verursachte Kollisionen zu Abweichungen der Fertigungsparameter. Werkzeugbedingte Störungen können eine Beeinträchtigung der Oberflächengüte von Werkstücken bewirken, die im ungünstigsten Fall irreparabel zu Ausschußmengen fuh­ ren.61 Werkzeugseitige Störungen können über Werkzeug- und Werkstückschäden hin­ aus auch auf die Werkzeugmaschine übertragen werden und dort beispielsweise Defekte an den maschinenseitigen Spindeln, Werkzeugrevolvem oder Futtern verursachen. Eine kontinuierliche physische Überwachung der Werkzeuge wird nur über ein selbsttätiges Kontrollsystem gewährleistet.62 Üblicherweise registrieren diese Überwachungssysteme auf mechanischem Wege die Veränderungen von Schnittkraftkomponenten, basieren auf optischen Erfassungen oder Körperschallmessungen.63 Es handelt sich bei der primärfunktionalen Systemüberwachung um eine zumeist an das Personalsystem delegierte Aufgabe. In der überwiegenden Mehrheit der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme werden Sicht- und Bildschirmkontrolle vor Ort auf Werkstattebene wahrgenommen (=81,0%). Eine Funktionszentralisation bzw. ein Funktionssharing wird nur in je 9,5% der Systeme realisiert. 57

58

59 60 61 62 63

Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 82. Als Ergebnis ihrer Fallstudie von drei verschiede­ nen flexiblen Fertigungssystemen ermitteln MArtensson, MArtensson und Starre einen durchschnittlichen Zeitanteil der systemüberwachenden Tätigkeit eines FFS-Bedieners von 0,32 Stunden (FFS 1) sowie 0,48 Stunden (FFS 3) pro achtstündigem Schichteinsatz. Im zweiten System erfolgt eine permanente Kontrolle der Fertigungsabläufe, so daß diese Auto­ ren einen 100%-igen Zeitanteil überwachender Tätigkeit am gesamten Aufgabenspektrum angeben. Vgl. MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 73. Vgl. Buchholz/Kuhn 1988, S. 72; Mayer 1988, S. 11-12. Es gibt flexible Fertigungssy­ steme, in denen bis zu 60% aller Störungen durch Werkzeugbruch verursacht werden. Siehe dazu Syan/Mostefai 1995, p. 43. Vgl. Hofmann 1990, S. 94-95; Heisel/Hartmann 1992, S. 63. Vgl. Gabriel 1989, S. 1056; Wolter 1989, S. 129; König/Schehl/Kutzner 1992a, S. 25. Vgl. König/Schehl/Kutzner 1992b, S. 35. Vgl. König/Schehl/Kutzner 1992b, S. 35. Vgl. Buchholz/Kuhn 1988, S. 73; Gabriel 1989, S. 1057; Kunz/Vogt 1989, S. 14; Hofmann 1990, S. 95-98; Heisel/Hartmann 1992, S. 63. Siehe speziell zur optoelektroni­ schen Bohrerverschleißkontrolle als Möglichkeit einer optischen Werkzeugüberwachung Pfeifer/Elzer 1990, S. 193.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

201

4.1.2.4 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse Die nachfolgende Abbildung faßt die Zuständigkeitsverteilung der Primärfunktionen in den erfaßten FFS zusammen (vgl. Abb. 4-3).

Zuständigkeitsverteilung der Primärfunktionen

N = 105 FFS-Organisationen 1 ■ Zentralisation Abb. 4-3:

□Sharing

□ Dezentralisation!

Zuständigkeitsverteilung der Primärfunktionen

Es läßt sich festhalten, daß die Primärfunktionen des Systembetriebs überwiegend dezentral in den Zuständigkeitsbereich des Personalsystems übertragen werden.

4.1.3 Zentralisation der supportiven Sekundärfimktionen 4.1.3.1 Funktionen der Qualitätssicherung I)

Prüfen der bearbeiteten Werkstücke

Qualitätssicherung umfaßt generell alle Maßnahmen, die zielgerichtet für die Erfüllung definierter (Weiter-)Verwendungszwecke ergriffen werden, indem die Herstellung und

202

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Einhaltung festgelegter Produkteigenschaften verfolgt wird.64 In einer umfassenden Per­ spektive greift die Qualitätssicherung die Aktivitäten des gesamten Wertschöpfungspro­ zesses eines Industrieunternehmens auf, beginnend mit der Produktentwicklung bis hin zum Vertrieb der Enderzeugnisse.65 Qualitätssicherung in dieser Arbeit engt das Blickfeld auf das jeweilige flexible Ferti­ gungssystem ein. Zu deren Inhalt zählt insbesondere die Qualitätskontrolle der Werk­ stücke, die einen Vergleich zwischen Ist-Qualität der bearbeiteten Teile und den korre­ spondierenden Soll-Maßgrößen zum Gegenstand hat.66 Darüber hinaus gehört aber auch die Korrekturaufgabe der Nachbearbeitung zur qualitätssichemden Sekundärfunktion im FFS-Routineeinsatz.67 Aufbereitung, Darstellung und Dokumentation der Prüfdaten bil­ den weitere Aufgabenbestandteile und stellen die Informationsbasis für Qualitätsanaly­ sen bereit.

Aus einem Vergleich zwischen Ist- und Soll-Qualität der Werkstücke können die nach­ folgenden Fehler vor, während und/oder nach den systeminternen Bearbeitungsprozes­ sen festgestellt werden:68

• • • •

Maßfehler (z. B. Längenmaß, Durchmesser, Winkel, Teilung, Verzahnung); Formfehler (z. B. Gewinde, Bohrung, Prägung fehlt, falsch, beschädigt); Oberflächenfehler (z. B. Oberfläche verbeult, rissig, blasig, porig, verschmiert); Materialfehler (z. B. fehlende bzw. falsche Materialeigenschaften).

In flexiblen Fertigungssystemen lassen sich diese werkstückbezogenen Qualitätsabwei­ chungen mittels diverser Prüfmodi ermitteln. Die Entscheidung für eines dieser Feh­ 64

65

66 67 68

Vgl. Maleki 1991, p. 111; Corsten 1998, S. 186. Allgemein ist der Begriff,Qualität* nicht einheitlich definiert. Diese Arbeit lehnt sich an den Qualitätsbegriff von Feigenbaum an, der Produktqualität definiert als „... the composite product characteristics of engineering and manufacturing that determine the degree to which the product in use will meet the expecta­ tions of the customer“ Feigenbaum 1961, p. 13. Siehe zu einer ähnlichen Definition Maleki 1991, p. 111. Analog beschreibt die ISO-Norm 8402 Qualität als die Summe von Merkmalsausprägungen einer ,Einheit* (z. B. Produkt oder Werkstück) zur Gewährleistung ex ante definierter Anforderungen. Vgl. Hansen 1996, Sp. 1713. Vgl. Reichwald/Dietel 1991, S. 595. Das speziell mit der Qualitätssicherung der Produkti­ on häufig verknüpfte Ziel einer Null-Fehler-Produktion bindet über die Schadensfreiheit der gefertigten Erzeugnisse hinaus auch die Störungsfreiheit der Produktionsprozesse ein. Vgl. dazu Westkämper/Jeschke 1995, S. 84. Somit zählt auch die Instandhaltung zu den quali­ tätssichemden Funktionen. In dieser Arbeit werden zwar prinzipiell die Interdependenzen zwischen einer Qualitätssicherung der Produkte und einer Qualitätssicherung der Prozesse (Instandhaltung) erkannt, dennoch erfolgt in Anlehnung an die Strukturtradition der Produk­ tionsorganisation eine getrennte Behandlung. Vgl. Maleki 1991, p. 111. Vgl. allgemein Konradt/Zimolong 1993, S. 74. Vgl. Beuck/Pfeifer 1989, S. 238-249. Allgemein ist gemäß DIN 55350 unter einem Fehler die Summe der Abweichungen eines Produkts von definierten Forderungen zu verstehen, wie sie in Zeichnungen und weiteren Produktspezifikationen vorab dokumentiert sind. Vgl. Westkämper/Jeschke 1995, S. 84.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

203

lererkennungskonzepte beeinflußt auch die sekundärfunktionale Zuständigkeitsvertei­ lung. Im einzelnen stehen die nachfolgend beschriebenen Prüfaltemativen (a) bis (d) zur Auswahl.69 (a)

Prozeßintegrierte systeminterne Werkstückkontrolle

Prozeßintegriert kann eine Werkstückkontrolle innerhalb der Werkzeugmaschinen wäh­ rend der Arbeitsvorgänge, auch in Form einer 100%-Kontrolle,70 durchgeführt wer­ den.71 Hierzu sieht das Techniksystem die Einwechselung von Meßtastern als , Werk­ zeug ‘ der Bearbeitungsmaschine vor.72 Vorteilhaft an dieser Prüfmethode ist die Möglichkeit der rechtzeitigen Fehlererkennung, bevor das Werkstück in nachfolgende auch systeminterne - Bearbeitungsstufen eintritt73 Darüber hinaus sprechen die im Ver­ gleich zum Koordinatenmeßgerät geringen Kosten der Meßtaster für die prozeßinte­ grierte Messung. Außerdem entsteht kein zusätzlicher Raumbedarf für die Qualitätsmes­ sung. Nachteilig wirkt sich die Ausdehnung der Werkstückverweilzeit in den Werkzeugmaschinen um die Dauer der Meßvorgänge aus. Während der Funktionsausfuhrung können keine Bearbeitungsprozesse an Teilen der nachfolgenden Maschinen­ aufträge ausgefuhrt werden. Zur Kompensation kann in dieser Situation die Installation einer weiteren Werkzeugmaschine notwendig werden. (b)

Prozeßintermittierende systeminterne Werkstückkontrolle

Prozeß intermittierend kann eine Werkstückkontrolle die maschinenexteme jedoch sy­ steminterne Prüfung nach Abschluß eines bestimmten Bearbeitungsfortschritts vorsehen. Dadurch wird gewährleistet, daß nur jene Teile in die nachfolgende Bearbeitungsstufe des FFS eingehen, die den Qualitätsanforderungen genügen 74 Die Ausführung der Qua­ litätsmessungen kann manuell oder durch Einlastung der Werkstücke in ein systeminter­ nes Koordinatenmeßgerät (KMG) als ,Zwischenbearbeitungsschritt4 erfolgen. Im Koor­ dinatenmeßgerät wird die Teileprüfung automatisiert ausgefuhrt75 Zur Gewährleistung der Meßvorgänge sind Koordinatenmeßgeräte schwingungsarm gekapselt in das FFS 69 70

71 72

73

74 75

Vgl. zu einem Überblick alternativer Prüfkonzepte in flexiblen Fertigungssystemen Kochan 1989a, p. 29; Wolter 1989, S. 91 und S. 103-104; Hofmann 1990, S. 99. Vgl. allgemein zum Spektrum der Prüfmöglichkeiten (Zufallsprüfung bis 100%-Kontrolle) Bonetto 1988, p. 40. Siehe zu den Alternativen der statistischen Prozeßkontrolle, der visu­ ellen Werkstückprüfung (manuell), der Zufallsprüfung kritischer Maße sowie der 100%Kontrolle aller Maße an sämtlichen Teilen Tailor 1989, p. 68. Ercole schätzt, daß knapp 23% der weltweit eingesetzten FFS die prozeßintegrierte Teile­ kontrolle als Prüfmodus umsetzen. Vgl. Ercole 1987, p. 303. Vgl. im einzelnen zur ,Online-Kontrolle4 Rühle 1988, S. 53; Maleki 1991, pp. 112-115; sowie Lenz 1988, p. 66. Zentrale Bedeutung für die prozeßintegrierte Prüfung besitzt über das Ziel der nachträgli­ chen Erkennung von Werkstückfehlem hinaus auch die mit der Fehlerprävention beabsich­ tigte Verminderung von Ausschußteilen. Vgl. Ercole 1987, p. 304. Vgl. Wolter 1989, S. 133. Vgl. zum Aufbau und zur Funktionsweise eines Koordinatenmeßgeräts Wilson/Lenger 1988, p. 259; Maleki 1991, pp. 115-119.

204

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

eingebunden.76 Im Gegensatz zur prozeßintegrierten Messung erfolgt bei dieser ,Off­ line-Kontrolle4 eine Extemalisierung des Prüfverfahrens aus der Werkzeugmaschine heraus an eine dedizierte Prüfmaschine. Diese Verortung erfordert für die zwischenge­ schaltete Aus- und Einschleusung von Teilen eine Schnittstelle zum Transport- und Handhabungssystem des FFS. Die Vorteile eines separaten Meßgeräts wirken den Nachteilen der prozeßintegrierten Teilekontrolle weitgehend entgegen. Ein Nachteil des KMG-Einsatzes entsteht, wenn die Prüfmaschine zum Engpaß der Bearbeitungsprozesse wird.77 Weitere Probleme einer automatisierten Werkstückkontrolle mittels KMG kön­ nen aus dem durch Vorrichtungen versperrten Meßzugriff entstehen, weil dann kritische Prüfpunkte mit dem Meßtaster nicht erreichbar sind.78

(c)

Prozeßnachgeschaltete systeminterne Werkstückkontrolle

Auch die prozeßnachgeschaltete systeminterne Werkstückkontrolle kann automatisiert oder durch manuelle Registrierung der Meßdaten ausgeführt werden.79 Grundsätzlich besteht auch hier die Wahlmöglichkeit einer 100%-Prüfung oder einer Stichprobenkon­ trolle nach festgelegten Entnahmeregeln. Ein Beispiel für die Stichprobenkontrolle in dem FFS eines französischen Lastkraftwagenherstellers schildert GETTELMAN. In dem betrachteten System wird manuell an jedem fünften Werkstück eine verkürzte Kontrolle durchgeführt. Diese Grundkontrolle wird durch eine Detailkontrolle von Teilen ergänzt, die dreimal täglich innerhalb eines systemintegrierten Koordinatenmeßgeräts erfolgt.80 Ähnlich manifestiert sich auch der Prüfmodus in dem flexiblen Fertigungssystem eines amerikanischen Herstellers von Landmaschinen.81 Hier wird eine manuelle Messung der ,kritischen4 Bohrungen an jedem Teil durchgeführt. Darüber hinaus nimmt ein Koordi­ 76

77

78 7$

80 81

Nach den Einschätzungen von Ercole verfügen weltweit ca. 39% der installierten flexiblen Fertigungssysteme über ein integriertes Koordinatenmeßgerät. Weitere 12% realisieren eine Kombination aus prozeßintegrierter Kontrolle und werkzeugmaschinenextemer KMGPrüfung. Vgl. Ercole 1987, p. 303. Vgl. allgemein Parker 1988, p. 343. In einem konkreten FFS-Anwendungsfall ist die 100%-Kontrolle der Werkstücke auf dem integrierten KMG nicht möglich, weil bereits bei Überschreitung des Prüfumfangs in Höhe von 10% bis 20% der gefertigten Teile ein Warte­ schlangenproblem vor dem Prüfgerät entsteht, die Anschaffung einer zusätzlichen Meßma­ schine jedoch unwirtschaftlich wäre. Vgl. Wilson/Lenger 1988, p. 259. Diese KMGEngpaßgefahr kann durch eine im Vergleich zur Maschinenbearbeitungszeit langen Prüfdau­ er noch verstärkt werden, die ihre Ursache in den relativ langsamen Meßtasterbewegungen findet. Vgl. Lenz 1988, p. 66. Vgl. Wilson/Lenger 1988, p. 262. Die Abwägung zwischen manueller Kontrolle oder automatisierter KMG-Messung orientiert sich vor allem an der Ausfuhrungsschnelligkeit der Messung. Allgemein kann die Meßauto­ matisierung ein personelles Unabhängigkeitspotential bereitstellen, weil typische Probleme der manuellen Messung, zu denen beispielsweise Ermüdung, Absentismus oder Interpretati­ onsspielräume des Qualitätskontrolleurs zählen, nicht auftreten. Vgl. Wilson/Lenger 1988, p. 264. Vgl. Gettelman 1988, p. 383. Vgl. zu diesem Praxisbeispiel o. V. [The FMS Magazine] 1982a, p. 19.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

205

natenmeßgerät eine vollständige Prüfung an jedem fünfzigsten Werkstück vor. An der nachgeschalteten Prüfform wirkt die verzögerte Erkennung fehlerhaft gefertigter Teile allgemein nachteilig, da erst nach Beendigung der systeminternen Bearbeitungsstufen eventuell aufgetretene Abweichungen der Ist-/Soll-Qualität festgestellt werden kön­ nen.82 (d)

Prozeßnachgeschaltete systemexterne Werkstückkontrolle

Prozeßnachgeschaltet und systemextern kann eine Werkstückkontrolle außerhalb des flexiblen Fertigungssystems nach Abschluß aller systeminternen Bearbeitungsstufen automatisiert oder manuell, als 100%-Kontrolle oder nach einem Stichprobenplan ausge­ fuhrt werden.83 Typischerweise übernimmt diese Form der Prüfung eine zentrale Abtei­ lung ,Qualitäts- und Prüfwesen4.

Erwartungsgemäß werden Häufigkeit und Aufwand der Qualitätskontrolle von Werk­ stücken mit der Vielfalt des zu prüfenden Teilespektrums sowie sinkenden Losgrößen zunehmen 84

Die supportive Sekundärfunktion der Werkstückkontrolle wird in der Mehrheit der erfaßten FFS dezentral durch das Personalsystems wahrgenommen (= 65,7%).85 Ei­ ne Form des Funktionssharing wird in 23,8% der flexiblen Fertigungssysteme um­ gesetzt. In den Zuständigkeitsbereich einer zentralen Abteilung Qualitätskontrolle fällt die prozeßnachgeschaltete Werkstückprüfung bei 10,5% der Systeme.86 Eng 82 83 84 85

86

Vgl. Kochan 1989a, p. 29. Schätzungsweise 26% aller weltweit eingesetzten FFS realisieren eine Form der nachge­ schalteten Werkstückkontrolle. Vgl. Ercole 1987, p. 303. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 83. Dieses Erhebungsergebnis wird flankiert durch den von Hansen festgestellten ,Trend zur Selbstprüfung4 in der Produktion vieler Industrieunternehmen, der dort als Wiederzuwen­ dung zu den »Tugenden des Fachhandwerkers4 verstanden wird. Vgl. Hansen 1996, Sp. 1715. Eine repräsentative4 Untersuchung von metallverarbeitenden Unternehmen in Deutschland verdeutlicht diesen Trend anhand konkreter Zahlen. Der Anteil der dezentrali­ sierten Qualitätsprüfung auf Werkstattebene betrug bei den befragten Unternehmen 68,8% (1991), 73,0% (1992) sowie 76,0% (1993). Vgl. Konradt 1995, S. 52-53. Hansen erklärt einerseits die Zentralisationstradition der Qualitätskontrolle im historischen Kontext. Demnach wurde mit der Einrichtung einer zentralen Organisationseinheit schon frühzeitig die Vorstellung verbunden, nur die Unabhängigkeit eines von den Bearbeitungs­ prozessen losgelösten Prüfpersonals könne eine höhere Zuverlässigkeit der Fehlerlokalisie­ rung gewährleisten als dies dezentral durch das ,fehlerverursachende4 Werkstattpersonal möglich sei. Vgl. Hansen 1996, Sp. 1714. Darin offenbart sich die tayloristisch motivierte Kontrolle des Produktionsmanagements über die Fertigungsprozesse. Die Zentralisation der Qualitätskontrolle kann andererseits auch unabhängig von der Organisationstradition eines Unternehmens durch technisch-wirtschaftliche Faktoren beeinflußt sein. Vgl. Hansen 1996, Sp. 1715. Speziell beim Einsatz flexibler Fertigungssysteme kann aufgrund eines unteraus­ gelasteten dezentralen KMG die gemeinsame Nutzung einer zentralisierten Meßstelle durch mehrere Fertigungsbereiche naheliegen. Die auf diese Weise vermiedene Ressourcenver­ schwendung ist organisatorisch effizient.

206

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

verknüpft mit der Zuständigkeitsverteilung werkstückkontrollierender Aufgaben ist die Identifikationsmöglichkeit der Arbeitnehmer mit dem Produktionsergebnis. Hier integrieren 76,5% jener Anwender, die das arbeitsorganisatorische Teilziel der Er­ zeugnisidentifizierung als sehr bedeutend einschätzen, die Teilekontrolle in ihr fle­ xibles Fertigungssystem. Demgegenüber realisieren ,nur‘ 50,0% der FFS-Betriebe, die diese Zielvorstellung der Arbeitsorganisation als unbedeutend ansehen eine Funktionsdezentralisation. II )

Nachbearbeitung

Die qualitätssichemde Funktion der Nachbearbeitung beinhaltet zum einen die nachträg­ liche Soll-/Ist-Korrektur der bearbeiteten Teile,87 zum anderen das Entgraten der Werk­ stücke. Dadurch werden Grate an den bearbeiteten Flächen und Bohrungen beseitigt. Die Gewährleistung der Gratfreiheit von gefertigten Teilen zielt auf die Einhaltung der Maß­ genauigkeitsanforderungen ab, die von den nachfolgenden Fertigungsstufen und der Montage gestellt werden. Außerdem besitzt das Ziel der Gratfreiheit auch einen Arbeits­ schutzbezug. Es ist nämlich beabsichtigt, das Verletzungsrisiko während der manuellen Handhabung innerhalb und außerhalb des Systems zu reduzieren.88

Die Funktionsausführung selbst erfolgt entweder automatisiert durch den Einsatz eines Industrieroboters oder manuell zwischen den Bearbeitungsstufen sowie nach dem Ab­ spannen der gefertigten Werkstücke.89 Aus Humanisierungsaspekten liegt eine Automa­ tisierung der Entgratvorgänge nahe, um bereits während einer Gratbeseitigung das Ver­ letzungsrisiko zu vermeiden. Obendrein unterstützt der Einsatz von automatisierten Entgratvorrichtungen die Umsetzung einer mannlosen dritten Schicht.90 Knapp mehrheitlich wird die Nachbearbeitung in den erfaßten FFS dezentral ausge­ fuhrt (=51,4%). Eine Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem System und externen Bereichen wird in 24,8% der Anwendungsfälle umgesetzt und weitere 23,8% zentralisieren diese supportive Sekundärfunktion.

4. 1.3.2 Funktionen der Instandhaltung I)

Entsorgung von Spänen und Kühlmitteln

Die Entsorgungsfunktion in flexiblen Fertigungssystemen erstreckt sich im wesentlichen auf die während der Bearbeitungsprozesse anfallenden Späne und Kühlmittel. Auch hier ist der manuelle Aufwand abhängig von der technischen Konfiguration des Gesamtsy­ stems.91 So erfolgt zum Beispiel das Sammeln der Späne automatisiert für jede einzelne 87 88 89 90 91

Vgl. Blanchard 1992, p. 154. Nur solche Werkstücke, deren Soll-/Ist-Abweichungen nicht mehr nachträglich korrigiert werden können, verlassen als Ausschuß das FFS. Vgl. zu den Zielen des Entgratens Bachmann 1989, S. 445. Vgl. Wolter 1989, S. 102. Vgl. zu den Vorteilen automatisierter Entgratvorgänge Bachmann 1989, S. 445. Siehe zu den Arten des Entsorgungssystems in FFS Lenz 1988, pp. 66-67.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

207

Werkzeugmaschine. Die manuellen Aufgaben erstrecken sich dann auf das Entleeren der maschinennahen Sammelbehälter und den Transport an betriebszentrale Sammelstellen. Eine weitere - vor allem in größeren Systemen realisierte Lösung - sieht vor, daß die während der Fertigung im Arbeitsraum der Werkzeugmaschine entstehenden Späne in einen Raum unterhalb des Maschinengestells fallen und von dort mittels Transportband oder Schneckenförderer (Unterflurförderer) aus dem Techniksystem des FFS entfernt werden.92 Das Sammeln der Späne geschieht dann zentral in Containern, die in zeitli­ chen Abständen (manuell) zu den betriebszentralen Zwischenlagerorten gebracht wer­ den.93 Der Vorteil des FFS-integrierten Unterflur-Entsorgungssystems besteht darin, daß die Notwendigkeit einer kontinuierlichen - manuellen - Sichtkontrolle der Spänesam­ melbehälter an den Werkzeugmaschinen entfällt. Unabhängig von der Art des Entsor­ gungssystems kann dennoch ein Erfordernis zur manuellen Kontrolle des Arbeitsraums der Werkzeugmaschinen bestehen, wenn sich aufgrund eines unvollständigen Heraus­ spülens der Späne Klumpen gebildet haben, die ihrerseits eine Gefahr von Funktionsstö­ rungen der maschinenintemen Bearbeitungsprozesse darstellen 94 Diese Situation erfor­ dert dann eine manuelle Entfernung. Auch die Tätigkeit des ,Entklumpens‘ gehört zum Funktionsspektrum der Entsorgungsaufgabe. Ein Nachteil des integrierten UnterflurSpäneentsorgungssystems resultiert aus den relativ hohen Installations- und Betriebsko­ sten. Auf ähnliche Weise erfolgt das Sammeln und Entsorgen der Kühlschmiermittel, die während der Zerspanungsprozesse eingesetzt werden. Eine Trennung von Kühlschmier­ mitteln und Spänen kann mittels einer Spänezentrifuge erfolgen 95 Üblicherweise wer­ den Kühlschmiermittel rezykliert und gelangen somit mehrfach zur Anwendung.

In knapp der Hälfte der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme (= 50,5%) übernimmt das Personalsystem die supportive Entsorgungsfunktion. Insgesamt 36,2% der Sy­ steme extemalisieren diese Aufgabe an eine zentrale Abteilung, zum Beispiel die In­ standhaltung. Weitere 13,3% realisieren ein Funktionssharing. II)

Störungsvorbeugende Systemwartung

Die störungsvorbeugende Systemwartung dient dem Ziel der Bewahrung des betriebsbe­ reiten Sollzustands und folglich der Nutzungsdauerverlängerung eines FFS.96 Im einzel­ nen zählen die Reinigung, die Konservierung, die Schmierung, die Ergänzung durch 92

93 94

95 96

Siehe zu einem konkreten Praxisbeispiel eines integrierten Unterflur-Entsorgungssystems im FFS Albert 1988, p. 326; sowie Vaccaro/Cox 1988, pp. 366-367. Vgl. Grün/Mannchen 1986, S. 439; Weck 1995a, S. 22-23. Vgl. Mudge 1988, p. 311. Siehe ähnlich Breit/Dörken/Laufenberg 1994, S. 43. Trotz der Automatisierung der Späneabfuhr sowie des anschließenden Späneabtransports kann dieser Umstand ein Hinderungsgrund für die Umsetzung des mannlosen FFS-Betriebs darstellen. Vgl. dazu Cable 1988, pp. 294-295; Parker 1988, p. 340. Vgl. Weck 1995a, S. 23. Vgl. Lenz 1988, p. 294; Raouf 1995, p. 187; sowie allgemein Warnecke/Sihn 1996, Sp. 770.

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Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Nachfullen von Hilfsstoffen, die Auswechselung durch Austausch von Kleinteilen sowie die Nachstellung von Komponenten des Techniksystems zum funktionalen Spektrum der Wartung.97 Die Ausführungshäufigkeit der Wartung wird erwartungsgemäß mit anstei­ gender Größe und Technikkomplexität des FFS zunehmen.98 Allgemein können sy­ stemwartende Tätigkeiten während der Produktionsprozesse sowie des Systemstillstands ausgefuhrt werden, und zwar in turnusmäßig wiederkehrenden Intervallen oder in Ab­ hängigkeit des aktuellen Zustandes einzelner Technikkomponenten des FFS.99

Erstaunlicherweise wird in weniger als einem Viertel der erfaßten flexiblen Ferti­ gungssysteme (= 22,9%) eine Dezentralisation dieser supportiven Sekundärfunktion praktiziert. In den meisten Systemen (= 42,9%) übernimmt eine systemexterne Zen­ tralabteilung ,Instandhaltung‘ die Aufgabe der Systemwartung.100 Eine Aufteilung der Aufgabendurchführung zwischen Personalsystem und externen Bereichen liegt in 34,3% der FFS vor. Diese Zahlen der Zuständigkeitsverteilung systemwartender Aufgaben widersprechen der Empfehlung nach prinzipieller Dezentralisierung.101 In einer Untersuchung über die technische Verfügbarkeit von freistehenden CNC-Werkzeugmaschinen haben zum Bei­ spiel Milberg und Ebner festgestellt, daß bei dezentraler Wartung durch die Maschi­ nenbediener höhere technische Maschinenverfugbarkeiten erzielt werden konnten als im Vergleich zur Funktionszentralisation in einer Instandhaltungsabteilung.102

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101 102

Vgl. Bonetto 1988, p. 118; Fertigungsinsel-Informationsstelle im AWF 1990, S. 125; Warnecke/Sihn 1996, Sp. 770. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 83. Der Zeitanteil für Wartungsaufgaben an der 8Stundenschicht eines Systembedieners in der fallstudienbasierten Untersuchung von drei skandinavischen FFS betrug durchschnittlich 1,04 Stunden (FFS 1), 1,2 Stunden (FFS 2) sowie 0,48 Stunden (FFS 3). Vgl. MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 73. Etwas niedriger wird an anderer Stelle als Richtgröße für die zeitliche Inanspruchnahme manueller Wartungstätigkeiten in Abhängigkeit von der Systemgröße ein Zeitanteil von zwei bis acht Stunden pro Woche und FFS angegeben. Vgl. Jaschinski/Thomaben 1992, S. 91. Diese Zahlen verdeutlichen die relative Wartungsintensität - zumindest für die dort betrachteten FFS - und legen den Schluß nahe, daß es sich bei der Funktion der Systemwartung um eine regelmäßig anfallende Tätigkeit handelt. Im Gegensatz zur Störungsbeseitigung handelt es sich bei der Systemwartung um einen ,Routinejob‘. Vgl. allgemein Warnecke/Sihn 1996, Sp. 770. Siehe zu dem 2-wöchigen Systemwar­ tungsmodus in einem konkreten FFS Gettelman 1988, p. 382. Die umfassende Wartung des Gesamtsystems geschieht dort während der Nachtschicht. In der bereits erwähnten repräsentativen4 Untersuchung metallverarbeitender Unternehmen in Deutschland ermittelt Konradt die folgenden Anteile einer Funktionsdezentralisation der Wartung in den betrachteten Industriebetrieben: 31,5% (1991), 36,9% (1992) sowie 42,8% (1993). Vgl. Konradt 1995, S. 52-53. Diese Zahlen legen eine tendenzielle Dezentralisation wartender Tätigkeiten vor Ort auf Werkstattebene nahe. Vgl. Bonetto 1988, p. 117; sowie Eversheim/Brachtendorf 1987, S. 29. Vgl. Milberg/Ebner 1994, S. 32.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

209

Ein vergleichbares Ergebnis läßt sich aus den Daten der eigenen Untersuchung er­ mitteln. Hier resultieren die folgenden durchschnittlichen Systemnutzungsgrade für die jeweiligen Zuständigkeitsaltemativen der Wartung (N = 103):

• • •

Zentralisation................................... NG0 = 81,1%; Sharing ............................................ NG0 = 82,5%; Dezentralisation...............................NG0 = 84,3%.

Bei Zugrundelegung einer jährlichen FFS-Produktionszeit von maximal 6.240 Stun­ den (Dreischichtbetrieb an fünf Wochentagen) errechnet sich ein durchschnittlicher Leistungsvorsprung jener FFS-Organisationen mit vollständig integrierter War­ tungszuständigkeit gegenüber den Arbeitssystemen mit zentralisierter Wartung in Höhe von ca. 200 Stunden pro Jahr. III)

Störungsbeseitigung

Allgemein ist die Störungsbeseitigung auf eine Wiederherstellung des Sollzustandes der Technikkomponenten eines FFS gerichtet, nachdem es durch Störungen zum Ausfall einzelner Elemente bzw. des Gesamtsystems gekommen ist.103 Die Störungsbeseitigung umspannt dabei alle Maßnahmen, die zur Rückführung des FFS in den Routinebetrieb notwendig sind.104 Um die Stillstandskosten möglichst gering zu halten, liegt eine Vermeidung von Zeitver­ zögerungen bis zum Beginn der Störungsbeseitigungsaktivitäten nahe, die durch die so­ fortige Verfügbarkeit von externem und/oder internem Personal gewährleistet werden kann.105 Zu den Stillstandskosten zählen dabei nicht nur die direkten Kosten der Wie­ derherstellung des Systembetriebs, zu denen Personal-, Ersatzteil- und Hilfsstoffkosten zählen, sondern auch die indirekten Kosten aus drohenden Terminverzögerungen.

Grundsätzlich läßt sich das Störungsverhalten eines flexiblen Fertigungssystems nach verschiedenen Kriterien differenzieren.106 So kann eine Unterscheidung nach dem Stö­ rumfang in kleinere und größere Störungen oder nach der Störart in Defekte an den me­ chanischen, hydraulischen, pneumatischen, elektrischen und elektronischen Systemkom­ ponenten - den Störorten - vorgenommen werden.107 Weitere Möglichkeiten für die Beschreibung des Störverhaltens flexibler Fertigungssysteme greifen auf Ursache, Dauer und Folgen der Störereignisse zurück. 103

104 105 106 107

Nach DIN 31051 ist unter einer Störung die ungewollte Unterbrechung der Funktionsausfüh­ rung von Technikkomponenten des Produktionsapparates zu verstehen. Vgl. Westkämper/Jeschke 1995, S. 84. Siehe zu einer ähnlichen Definition Kuivanen 1996, p. 43. Vgl. Kuivanen 1996, p. 43. Vgl. Bonetto 1988, pp. 117; Wolter 1989, S. 92 und S. 107; Ras/Xiao 1991, p. 213; Hammer 1993, p. 102. Vgl. Wiendahl/Springer 1986, S. 95; Beuck/Pfeifer 1989, S. 199-202. Vgl. Beuck/Pfeifer 1989, S. 232-234 und S. 236-237; Maleki 1991, pp. 252-253. Siehe zu einem Überblick über verschiedene Störarten eines FFS-Anwendungsfalls Jaikumar 1989, p. 119.

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Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Ein Blick auf die technischen Ausfallraten verdeutlicht die Bedeutung der Störungs­ beseitigung für den lokalen Systembetrieb sowie für die anschließenden Fertigungs­ stufen. In dieser Untersuchung streuen die Werte der technischen Ausfallzeit zwi­ schen 2% und 60% der gesamten Maschinenlaufzeit. Im Mittel wird der Nutzungs­ grad der erfaßten FFS um 10,4% geschmälert. Unterstellt man vereinfachend für alle Systeme einen kontinuierlichen Dreischichtbetrieb - also unabhängig von der tat­ sächlich realisierten Form der Schichtnutzung - so resultiert eine technische Aus­ fallzeit von durchschnittlich 2,5 Stunden je Einsatztag. Es läßt sich somit für die be­ trachteten Systeme festhalten, daß die Funktion der Störungsbeseitigung offensichtlich keine sporadisch anfallende Aufgabe im Routinebetrieb darstellt.108 In bezug auf die Tätigkeitsanforderungen kann prinzipiell konstatiert werden, daß ein Zusammenspiel von unterschiedlichen rechnergestützten Technikkomponenten die Komplexität der Störungsbeseitigung im Vergleich zu (konventionellen) Einzelmaschi­ nensystemen erhöht.109

Der Ablauf der Störungsbeseitigung setzt mit dem Eintritt eines Störereignisses und des­ sen Erkennung ein.110 Dabei kann eine Funktionsstörung geringeren Ausmaßes durchaus erkannt, aber als noch tolerierbar eingestuft werden. Im Regelfall wird bei Eintritt nicht tolerierbarer Störereignisse zunächst die allgemeine Betriebssituation des flexiblen Fer­ tigungssystems erfaßt, um auf der Basis dieser ,Vorabinformationen‘ Sofortmaßnahmen zur Eindämmung bereits eingetretener sowie antizipierter Störungswirkungen einzulei­ ten. Es schließen sich die Diagnoseroutinen an.111 Allgemein beinhaltet die Diagnose eine Zuordnung von Störungswirkung(en) zu der/den korrespondierenden Störungsursache(n) in einem Ursache-Wirkungs-Netz.112 Dies bedeutet, daß ausgehend von einer er­ kannten Störungswirkung ein Suchprozeß in Form eines „backward" und/oder .forward chaining" entlang der möglichen Pfade im Ursache-Wirkungs-Netz vorgenommen wird, um auf diese Weise die elementaren Störungsursachen sowie die finalen Störungswir­ 108

109 110

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Dies belegt unter anderem auch die skandinavische Fallstudie von drei FFS-Installationen bestätigt, nach welcher im Mittel die folgenden Anteile an der Arbeitszeit der beobachteten Systembediener (achtstündiger Schichteinsatz) für die Ausführung störungsbeseitigender Tätigkeiten benötigt werden: 0,64 Stunden (FFS 1), 0,24 Stunden (FFS 2) sowie 0,32 Stun­ den (FFS 3). Vgl. MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 73; sowie zu vergleichbaren Zeitanteilen Friedrich 1993, S. 178. Vgl. Shaiken 1986, p. 312; Hänsel/Scheller/Thomaben 1989, S. 67; Spur/Zurlino 1993, p. 117; Majchrzak/Paris 1995, p. 311; Kuivanen 1996, p. 42 und p. 46. Vgl. zu den Phasen der Störungsbeseitigung Lenz 1988, pp. 291-293; Bereiter/Miller 1990, pp. 92-95; Hofmann 1990, S. 68-71; Mitrofanov/Starostin 1991, p. 73. Anhand einer Untersuchung von Betrieben der metallverarbeitenden Industrie in Deutsch­ land dominieren vier Diagnosestrategien bei Maschinenausfällen: Anlehnung an historische Ausfälle mit ähnlichem Störungsmuster, gezielte Prüfungsdurchfuhrung auf der Basis einer Aufwandsminimierung, Rekonstruktuion des Störungsverlaufs mit dem Maschinenbediener vor Ort auf Werkstattebene sowie direkte Sinneswahmehmung an den defekten Komponen­ ten (z. B. Geräusche, Gerüche und Vibrationen). Vgl. Konradt 1995, S. 52-53. Siehe dazu Hofmann 1990, S. 53-54.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

211

kungen ermitteln zu können. Erst mit der Kenntnis über die (elementare) Störungsursa­ che sowie die (finale) Störungswirkung können Aktivitäten zur Fehlerbeseitigung aufge­ nommen werden, die sich nicht nur auf die Ursache sondern auch auf die Wirkung er­ strecken.113 Nach Abschluß der Störungsbeseitigung kann der Wiederanlauf der betroffenen Technikkomponenten bzw. des Gesamtsystems gestartet werden.

Der Prozeß der Störungsanalyse kann durch rechnergestützte Diagnosesysteme sowie durch eine externe Anbindung an den Systemhersteller in Form einer „hotline“ als Femdiagnosemöglichkeit unterstützt werden.114 Trotz der rechnerunterstützten Diagnose stellt die Störungsbeseitigung in flexiblen Fertigungssystemen eine weitgehend manuelle Tätigkeit dar. Die Möglichkeiten einer automatisierten Entstörung sind bislang ver­ gleichsweise gering entwickelt und erstrecken sich beispielsweise auf das per Diagnose­ system ausgelöste Abschalten funktionsgestörter Werkzeugmaschinen oder die Initiie­ rung von Alarmsignalen.115 Die Ausfallzeit des Gesamtsystems bzw. von Teilkompo­ nenten wird nicht nur durch die Störungsbeseitigungszeit determiniert, sondern - wie zuvor bereits erwähnt - auch durch den Zeitraum bis zum Eintreffen von Personal sowie durch den Zeitbedarf für die Lokalisierung der Ausfallursache.116 Deshalb wird zur Ver­ ringerung der Gesamtausfallzeit häufig eine Funktionsdezentralisation der Störungsbe­ seitigung gefordert.117 Dadurch entfallen die Wartezeiten bis zum Eintreffen von sy­ stemexternem Instandhaltungspersonal, welches während der Nachtschicht oder im Wochenendbetrieb möglicherweise nicht verfügbar ist oder zum Zeitpunkt des FFS-

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Vgl. Hofmann 1990, S. 56. Vgl. Milberg/Burger/Zetlmayer 1992, S. 142. Siehe speziell zur Möglichkeit der telefo­ nischen Anbindung des FFS-Anwenders zum FFS-Hersteller Hammer 1986a, S. 147; Büdenbender/Scheller 1987, S. 25. Siehe zur Forderung nach einer automatisierten Störungshandhabung in flexiblen Ferti­ gungssystemen Adelmo/Andreasson 1995, p. 190; sowie Koch 1994, S. 17. Und weiter heißt es an anderer Stelle: „Automatic error recovery is an essential feature and directly re­ lates to the development of unattended manufacturing systems“ Syan/Mostefai 1995, p. 43. Vgl. zu den Forschungsanstrengungen im Rahmen der automatisierten Störungsbehe­ bung Toguyeni/Craye/Castelain 1992. Vgl. allgemein für metallverarbeitende Fertigungsprozesse Konradt 1995, S. 50. Der Autor gibt an, daß der Anteil der Fehlerdiagnosezeit bis zu 80% der gesamten Störungsbeseiti­ gungszeit betragen kann. Ein ähnlich hoher Zeitanteil der Störungsdiagnose, nämlich zwi­ schen 60% und 70% der Störungsbeseitigungszeit, schätzt Majchrzak. Vgl. Majchrzak 1988, pp. 82-83. So spricht beispielsweise Konradt in diesem Zusammenhang von einer ,Vor-OrtInstandhaltung4. Vgl. Konradt 1995, S. 50. Siehe allgemein zur Forderung nach einer De­ zentralisation von Regelungs- und Entstörkompetenz als Maßnahme eines »Entstörmanage­ ments4 Wildemann 1994, S. 46. Bonetto betrachtet speziell für den FFS-Einsatz die De­ zentralisation der Störungsbeseitigung als notwendige Bedingung, damit das Personalsystem überhaupt eine Verantwortung für den Produktionsbetrieb übernehmen kann. Vgl. Bonetto 1988, p. 117.

212

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Störereignisses durch Aufgaben in anderen Produktionsbereichen blockiert wird.118

Eine in dieser Arbeit vorgenommene Unterscheidung des Störumfangs in kleinere und größere Störungen orientiert sich an einem ähnlichen Vorgehen in der Literatur.119 Dar­ über hinaus konnten in der Pretestphase keine Zuordnungsprobleme der Teilnehmer festgestellt werden. Zu kleineren Störungen des Systembetriebs zählen zum Beispiel die Verharzung des Kühlmittels sowie durch Späne oder Endschalterausfälle verursachte Störungen der Palettenwechsler und Transportwagen.120 Im Unterschied dazu zeichnen sich größere Störungen durch den zeitweisen Stillstand ganzer FFS-Komponenten aus, beispielsweise der Totalausfall des Transportsystems. Die Stördauer im FFS-Betrieb kann unterteilt werden in eine Stillstandzeit von weniger als einer Stunde, zwischen ei­ ner und zwei Stunden sowie in Ausfälle, deren Behebung mehr als zwei Stunden in An­ spruch nimmt.121 Am häufigsten treten Störungen im Bereich bis zu einer Stunde auf. Eine mehr als zwei Stunden anhaltende Stördauer ist zwar seltener im Systemeinsatz zu beobachten, sie repräsentiert aber den vergleichsweise größten Prozentsatz an der Total­ ausfallzeit.122 Im einzelnen werden im kurzzeitigen Störungsbereich Ausfallzeiten zwi­ schen 20 und 30 Minuten sowie von einer Stunde am meisten registriert. Lang anhalten­ de Störungen sind im Regelfall nach spätestens vier bis fünf Stunden behoben.123 Eine differenzierte Betrachtung der Störzeiten berücksichtigt jedoch nicht nur die durch­ schnittliche Ausfallzeit, sondern darüber hinaus auch den mittleren Zeitraum zwischen den Störereignissen („mean time between failures“). Unabhängig von der ZuständigkeitsVerteilung der Störungsbeseitigung werden Notfall­ strategien konzipiert, die im Falle eines oder mehrerer Störereignisse die Aufrechterhal­ tung möglichst vieler Technikkomponenten bezwecken:124



118

119 120 121 122

123 124

Anstehende Fertigungsaufträge werden bei Funktionsstörungen der Werkzeugma­ schinen auf andere noch ansteuerbare Arbeitsstationen umgeleitet. Die temporär ausgefallene Maschinenkapazität kann durch zusätzliche Stellplätze im Speichersy­ stem kompensiert werden. Diese Ausweichstrategie erfordert im Vorfeld der SyVgl. allgemein zu einem mit Funktionsdezentralisation der Störungsbeseitigung entstehen­ den Potentials zur Erreichung einer höheren Maschinennutzung Milberg/Ebner 1994, S. 32. Siehe dazu beispielsweise die Unterscheidung von FFS-Störungen anhand einer ABCAnalyse in Raouf 1995, p. 189. Vgl. Meretz 1989, S. 145. Vgl. Wolter 1989, S. 70 und S. 92. Vgl. Bonetto 1988, p. 112; Beuck/Pfeifer 1989, S. 203-204; Wolter 1989, S. 92. Siehe auch Hammer 1985, S. 461; Wiendahl/Springer 1986, S. 96-99; Büdenbender/Scheller 1987, S. 26-27; Hänsel/Scheller/Thomaben 1989, S. 71-72; Kuivanen 1996, pp. 52-53. Vgl. Hammer 1986a, S. 147; Beuck/Pfeifer 1989, S. 203. Siehe zu alternativen Notfallstrategien für flexible Fertigungssysteme Hammer 1986a, S. 144; Götz/Wullenbäcker 1987, S. 278; Henschel/Kohen 1989, S. 47; Switalski 1989, S. 260; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 35; Mitrofanov/Starostin 1991, p. 73; Dolinska/Besant 1995, p. 132.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

213

steminstallation eine Ausstattung mit maschineller Redundanz, die im Falle von FFS mit ergänzendem Systemcharakter nicht gegeben ist. Hier kann der Ausfall einer Bearbeitungsmaschine zum Stillstand des Gesamtsystems fuhren. Nach Ausfall einzelner Technikkomponenten besteht die Möglichkeit zur Um­ schaltung auf Handbetrieb. Dies kann zum Beispiel bei einem Steuerungsausfall des Transportwagensystems gegeben sein. Die manuelle Bedienung des Transporters ermöglicht die Werkstückzuführung der Bearbeitungsmaschinen im „stand alone“Modus, setzt allerdings die Zugänglichkeit für das Personal voraus. Eine weitere manuelle , Ersatztätigkeit4 bei Ausfall automatisierter Anlagenkomponenten er­ streckt sich beispielsweise auf die Werkstückprüfung bei Störung des Koordinaten­ meßgeräts. Dafür muß der Meßplatz mit den entsprechenden Meßmitteln ausgestat­ tet sein.



Das Ziel dieser und weiterer Ausfallstrategien besteht darin, einen ,Domino-Effekt4 durch Umgehung der ausgefallenen Technikelemente zu vermeiden, der letztlich nicht nur zum lokalen Systemstillstand fuhren, sondern darüber hinaus auch die Produktions­ prozesse der nachfolgenden Stufen beeinträchtigen kann.125 Insgesamt tragen Notstrate­ gien zur Dämpfung der störungsbedingten Nutzungsgradverringerung mit gleichzeitiger Verbesserung des Durchlaufzeitverhaltens aller im System befindlicher Fertigungsauf­ träge bei. Für das mit der Störungsbeseitigung beauftragte Personal repräsentieren Aus­ fallstrategien eine Orientierungshilfe, die zur Entlastung psychischer Drucksituationen bei plötzlich eintretenden Störereignissen beiträgt.126 Die nachstehenden Untersuchungsergebnisse machen deutlich, daß die supportive Sekundärfunktion der Störungsbeseitigung vor allem eine Aufgabe systemexterner Abteilungen darstellt.127 Dabei kann festgehalten werden, daß in den erfaßten Sy­ stemen eine Tendenz zur Zentralisation in Abhängigkeit des Störumfangs sowie der Störart zu beobachten ist. Die Behebung kleinerer Störungen wird tendenziell häufi­ ger durch das Personalsystem durchgeführt als die Beseitigung größerer Technikde­

125

126 127

Vgl. Majchrzak 1985, p. 8/43; Shaiken 1986, p. 315; Bonetto 1988, p. 119; Wolter 1989, S. 92; Ras/Xiao 1991, p. 213; Toguyeni/Craye/Castelain 1992, p. 315; Kuivanen 1996, pp. 42-43. Vgl. Majchrzak 1985, p. 8/44; Shaiken 1986, p. 316. Allgemein merkt hierzu beispielsweise Kuivanen an: „The prevailling industrial working method does not regard disturbance elimination as the job of the manufacturing personnel, it is instead assigned to special personnel, such as labor management and maintenance.“ Kuivanen 1996, pp. 46-47. Das eigene Untersuchungsergebnis wird flankiert durch eine in deutschen Industriebetrieben des metallverarbeitenden Gewerbes ermittelte Zentralisations­ dominanz der Störungsbeseitigung. Von den darin befragten Unternehmen haben jeweils nur 8,2% (1991), 11,8% (1992) und 15,9% (1993) eine Delegation der Störungsbeseitigung an die Maschinenbediener vor Ort auf Werkstattebene vorgenommen. Vgl. Konradt 1995, S. 52-53. Vorsichtig läßt sich allerdings aus diesen Zahlen ein ,Trend zur Funktionsdezen­ tralisation4 ablesen. Siehe allgemein zu dieser »Entwicklung* auch Jaschinski/Thomaben 1992, S. 90; sowie Gunasekaran et al. 1994, p. 173.

214

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

fekte.128 Ähnlich deutet sich bei Störungen elektrischer und elektronischer Natur ei­ ne stärkere Funktionszentralisation an als bei Störungsarten mechanischen oder hydraulischen/pneumatischen Ursprungs. Im einzelnen wird die Behebung kleinerer mechanischer Störungen bei 43,8% der erfaßten FFS durch das Personalsystem übernommen. In 39,0% der Einsatzfälle fuhrt eine systemexterne Instandhaltungsabteilung diese Funktion aus. Bei weiteren 17,1% erfolgt im Rahmen der Beseitigung kleinerer Mechanikstörungen ein Funkti­ onssharing zwischen dem (dezentralen) Personalsystem und einer (zentralen) In­ standhaltung.

Ähnliche Ergebnisse liefern die Anwenderangaben über die Zuständigkeitsvertei­ lung der Beseitigung kleinerer Störungen der Hydraulik- und Pneumatiksysteme. Hier wird jedoch verstärkt eine zentrale Instandhaltung involviert. So liegt in 57,1% der erfaßten FFS eine Funktionszentralisation vor. Bei weiteren 28,6% wird diese Störungsbeseitigungsfunktion an das Personalsystem vor Ort übertragen und in 14,3% der flexiblen Fertigungssysteme werden kleinere Störungen der Hydraulik und Pneumatik von systeminternen und -externen Aufgabenträgem gemeinsam be­ hoben. Aus den Ergebnissen der Anwenderbefragung deutlich erkennbar wird eine Zentrali­ sationstendenz bei der Beseitigung kleinerer Defekte an den elektrischen und elek­ tronischen Bauteilen. Kleinere Funktionsstörungen der Elektrik sowie der Elektronik werden nur noch in 18,1% bzw. 16,2% der erfaßten FFS dezentral wahrgenommen. Ein Funktionssharing für die Beseitigung kleinerer Elektrikstörungen erfolgt in 9,5% und für die Behebung kleinerer Störungen der Elektronik in 6,7% der Systeme. Für die Behebung dieser Störungsarten dominiert die Funktionszentralisation, nämlich 72,4% (kleinere elektrische Fehler) sowie 77,1% (kleinere elektronische Fehler).

Die Tendenz zur Funktionszentralisation verstärkt sich noch weiter mit Ausdehnung des Störumfangs. Die Prozentzahlen einer Funktionsdezentralisation der Behebung größerer Störungen in den Bereichen

• • • •

Mechanik:.............................................. 6,7%; Hydraulik und Pneumatik: ......................5,7%; Elektrik:................................................... 4,8%; Elektronik:............................................... 4,8%.

verdeutlichen dies. Auch die geteilte Zuständigkeit zwischen Personalsystem und externer Instandhaltungsabteilung fällt mit 10,5% für die Beseitigung größerer Stö­ rungen der Mechanik, 7,6% für die Störungsbehebung von Hydraulik- und Pneuma­ tikelementen sowie 6,7% (5,7%) für die Ausschaltung von größeren Defekten der

128

Hier fordert Bonetto zumindest die Integration der Beseitigung kleinerer Störungen in den Tätigkeitsspielraum des Personalsystems, weil kleinere Störungen vergleichsweise häufig auftreten. Vgl. Bonetto 1988, p. 118.

215

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

Elektrik (Elektronik) relativ gering aus. Vielmehr dominiert eine Funktionsextemalisierung für die Behebung größerer Störungen in den Bereichen

• • • •

Mechanik:............................................ Pneumatik und Hydraulik: .................. Elektrik:............................................... Elektronik:...........................................

82,9%; 86,7%; 88,6%; 89,5%.

4.1.3.3 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse Die nachstehende Abbildung 4-4 faßt die Erhebungsergebnisse zur (De-)Zentralisation der supportiven Sekundärfunktionen des FFS-Betriebs zusammen.

Zuständigkeitsverteilung der supportiven Sekundärfunktionen

Störungsbeseitigung (Elektronik, groß) Störungsbeseitigung (Elektrik, groß) Störungsbeseitigung (Hydraulik, groß) Störungsbeseitigung (Mechanik, groß) Störungsbeseitigung (Elektronik, klein) Störungsbeseitigung (Elektrik, klein) Störungsbeseitigung (Hydraulik, klein)

Systemwartung

Störungsbeseitigung (Mechanik, klein) Entsorgung Nachbearbeitung Werkstückkontrolle 0% N = 105 FFS-Organisationen

Abb. 4-4:

20%

j~~j Zentralisation

40%

60%

□“Sharing

80%

100%

q Dezentralisation j

Zuständigkeitsverteilung der supportiven Sekundärfunktionen

Tendenziell handelt es sich bei der Instandhaltung um einen eher zentralisierten Funktionskomplex in den erfaßten FFS. Stärker dezentralisiert werden hingegen die qualitätssichemden Sekundärfunktionen. Im Vergleich zu den Primärfunktionen des Systembetriebs dominiert jedoch die Extemalisierung von Funktionen aus dem Zu­ ständigkeitsbereich der FFS-Organisationen.

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Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

4.1.4 Zentralisation der dispositiven Sekundärfunktionen 4.1.4.1 Funktionen der Arbeitsvorbereitung I)

Arbeitsplanung

Auch für den Produktionseinsatz flexibler Fertigungssysteme erfolgt das Anlegen und Verwalten von Arbeitsplänen, mit denen die zur systeminternen Komplettbearbeitung von Werkstücken benötigte Arbeitsvorgangsfolge dokumentiert wird.129 Die Arbeits­ vorgangsfolge entspricht der geordneten Gesamtheit der einzelnen Arbeitsvorgänge, die als Keminformationen für jedes Werkstück des flexiblen Fertigungssystems im Arbeits­ plan detailliert geführt werden.130 Unter einem Arbeitsvorgang werden die mittels NCProgramm auf einer Werkzeugmaschine und an einem Werkstück auszuführenden Ar­ beitsschritte subsumiert.131 Der Arbeitsplan spezifiziert als Informationsträger das zu bearbeitende Werkstück und das übergeordnete Erzeugnis. Im einzelnen erstrecken sich die Daten des Arbeitsplans auf die Abmessungen der Rohteile, die zu benutzenden Werkstoffe, die zugrundeliegenden Konstruktionsinformationen (z. B. Zeichnungsnum­ mer des Teils), die Dauer der jeweiligen Arbeitsschritte in den vorgesehenen Werk­ zeugmaschinen sowie die zur Durchführung erforderlichen Werkzeuge, Vorrichtungen und NC-Programme. Die Führung der FFS-bezogenen Arbeitspläne erfolgt über den Leitrechner.132 Die Layoutkonfiguration der meisten FFS besitzt ersetzenden Charakter. Die dadurch ermöglichte Durchlauffreiheit der Werkstücke eröffnet alternative Pfadstrukturen für die Arbeitsvorgangsfolgen und kann in netzförmigen Arbeitsplänen reflektiert werden. Die­ se enthalten im Gegensatz zur starren Teilesequenz der linearen Arbeitspläne alle tech­ nisch umsetzbaren Bearbeitungspfade.133 Einschränkend sei an dieser Stelle darauf hin­ gewiesen, daß die prinzipielle Durchlauffreizügigkeit flexibler Fertigungssysteme auch Grenzen besitzt. Obgleich die sich ersetzenden Werkzeugmaschinen identische Lei­ stungsparameter aufweisen, sind im praktischen Einsatz marginale Differenzen im Be­ 129

130

131 132 133

Vgl. zur Funktion der Arbeitsplanung allgemein sowie zum Arbeitsplan als Objekt der Ar­ beitsplanung Zäpfel 1982, S. 79 und S. 81; Viehweger 1985, S. 167. Kreikebaum setzt die Arbeitsplanung mit der Ablauforganisation in der Produktion gleich. Vgl. Kreikebaum 1994, S. 173-174. Siehe speziell zur Arbeitsplanung in flexiblen Fertigungssystemen Tüchelmann 1987, S. 33-34; sowie Schmitz-Mertens 1989, S. 56-57. Nach SchmitzMertens zählt auch die Vorbestimmung der Losgröße zur Arbeitsplanung in FFS. Laut Hintz benötigt die Komplettbearbeitung eines Teils in flexiblen Fertigungssystemen durchschnittlich 6,4 Arbeitsgänge. Nach der dort zitierten Untersuchung benötigen 80% der Werkstücke höchstens sieben Arbeitsgänge. Vgl. dazu Hintz 1987, S. 48. Vgl. Döttling 1981, S. 22-23. Vgl. Helberg 1987, S. 126; sowie allgmein zur Arbeitsplanung als Grundfunktion eines fertigungstechnischen Leitstandes Scheer/Loos 1995, S. 62. Vgl. Roth 1986, S. 302-303; Helberg 1987, S. 195; Schmitz-Mertens 1989, S. 57-71; Eversheim/Schmitz-Mertens/Wiegershaus 1989, S. 77; Beckendorff 1991, S. 32-34.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

217

triebsverhalten der einzelnen Maschinen wahrscheinlich. Wird die Durchführung eines Arbeitsvorgangs aufgrund einer Störung der Werkzeugmaschine unterbrochen, so ist aufgrund dieser geringfügigen Leistungsunterschiede die Beendigung des Bearbeitungs­ prozesses auf einer ,identischen* Maschine nicht möglich, wenn dadurch die geforderten Toleranzen überschritten werden. Im Vergleich zur konventionellen Erstellung von Arbeitsplänen per Hand ist eine rech­ nergestützte Generierung für den FFS-Betrieb üblich, teils sogar auf der Basis künstli­ cher Intelligenz.134 Arbeitspläne dienen auch als Informationsgrundlage für andere Teil­ aktivitäten der fertigungsvorbereitenden Phase. Sie fließen unter anderem in die Erstel­ lung der NC-Programme ein und werden den Spann-, Rüst- und Werkzeugplänen zu­ grundegelegt.135 Die Daten der Arbeitspläne bilden schließlich einen wesentlichen In­ formationsinput für die Feinterminierung und Maschinenbelegung in flexiblen Fertigungssystemen. Für die erfaßten flexiblen Fertigungssysteme stellt die dispositive Sekundärfunktion der Arbeitsplanung eine mehrheitlich zentralisierte Aufgabe des Routinebetriebs dar. So wird in 57,1% der Systeme eine Funktionszentralisation umgesetzt, zum Beispiel durch Delegation an die externe Arbeitsvorbereitung.136 In weniger als einem Vier­ tel der betrachteten FFS wird die vorbereitende Arbeitsplanung dezentral durch das Personalsystem wahrgenommen (=23,8%). Schließlich realisieren 19,0% der Sy­ stemlösungen eine geteilte Zuständigkeit. II)

NC-Programmierung

Zum Komplex der arbeitsvorbereitenden Funktionen des FFS-Betriebs wird auch die NC-Programmierung gezählt. Diese umfaßt über eine Analyse der Programmieraufgabe und eine Erstellung neuer Programme hinaus das mit dem Einfahren verbundene Testen und Optimieren der Programmlösungen sowie die Programmverwaltung.137 Ein NC-Programm repräsentiert die Abfolge von Instruktionen, mit denen im Zuge der Werkstückbearbeitung automatisierte Abläufe numerisch gesteuerter Werkzeugmaschi­

134

135 136

137

Vgl. Kiesewetter u. a. 1991, S. 64; sowie allgemein zur rechnergestützten Arbeitsplanung Beckendorff 1991, S. 13-18. Vgl. Döttling 1981, S. 23; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 73. Siehe zu den Institutionalisierungsmöglichkeiten der Arbeitsvorbereitung als Bestandteil der Untemehmensorganisation Kreikebaum 1980a, Sp. 147-148. Die Ursprünge der institution nalen Organisationseinheit , Arbeitsvorbereitung1 gehen auf das Planungsbüro des TaylorSystems zurück. Vgl. zu der im Produktionsbereich häufig zentralisierten Arbeitsplanung Eversheim u. a. 1995, S. 54. Vgl. Rose 1990, S. 8; Esser/Kemmner 1992, S. 85.

218

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

nen initiiert und gesteuert werden.138 Die dispositive Sekundärfunktion der Generierung neuer NC-Programme übernimmt die Bestimmung von Steuerinformationen für die Werkstückbearbeitung sowie die damit verknüpften Werkzeugbewegungen und Ver­ fahrwege.139 Dadurch wird die eigentliche Werkstückbearbeitung auf einer bestimmten Werkzeugmaschine im Detail beschrieben.140 Geometriedaten (z. B. Rohteilabmessun­ gen und Toleranzen) sowie Technologiedaten (z. B. Oberflächengüte und Zerspanwerte) zählen zu den werkstückbezogenen Steuerinformationen, die im Kontext der NCProgrammerstellung festgelegt werden. Zu den Steuerinformation gehören aber auch die maschinenbezogenen Daten, wie beispielsweise Arbeitsleistung und Vorschubbe­ reich.141 Technische Zeichnungen und Arbeitspläne bilden die Informationsbasis für die Festlegung der benötigten Koordinaten, Schnittwerte und Hilfsfunktionen.142 Eine we­ sentliche Aufgabe der Generierung neuer NC-Programme stellt die Wahl des Nullpunkts dar, der den Ursprung des Koordinatensystems im Arbeitsraum der Werkzeugmaschine bildet und als Bezugspunkt für die Programmierung selbst sowie für die reale Werk­ stückbearbeitung fungiert.143 Die systeminterne Handhabung und Verwaltung von NCProgrammen wird dem Leitrechner des FFS zugeordnet.144 Ähnlich wie die Arbeitsplanung repräsentiert die Generierung neuer NC-Programme eine mehrheitlich zentralisierte Funktion des Systembetriebs. In über zwei Drittel der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme wird diese dispositive Sekundärfunktion extemalisiert (= 67,6%).145 Lediglich ein Fünftel der Systeme weist eine Funktions­

138

139 140 141 142 143 144 145

Vgl. zum NC-Programm allgemein Kief 1997, S. 300. Zu den Bearbeitungsinstruktionen eines NC-Programms zählen geometrische Befehle zur Steuerung der Relativbewegungen zwischen Werkzeug und Werkstück, technologische Befehle zur Regelung der Vorschubge­ schwindigkeiten und Spindeldrehzahlen, Fahrbefehle zur Ausführung der Bewegungsart so­ wie Schaltbefehle zur Zuschaltung der Kühlschmiermittelzufuhr oder zur Ausführung des Werkzeugwechsels. Siehe dazu Kief 1997, S. 303. Vgl. Esser/Kemmner 1992, S. 95; Kief 1997, S. 326. Vgl. Weck 1995a, S. 178. Vgl. Weck 1995a, S. 185. Vgl. Konradt/Zimolong 1993, S. 74. Vgl. Weck 1995a, S. 182-184; Kief 1997, S. 311-317. Vgl. Kohlhase 1989, S. 654. Siehe allgemein zu den Teilaufgaben der Programmverwal­ tung Esser/Kemmner 1992, S. 95-96. Dieses Untersuchungsergebnis bestätigt die allgemeine Aussage von Corbett, es handele sich bei der NC-Programmerstellung für FFS um eine typischerweise zentral ausgeführte Funktion. Vgl. Corbett 1990a, p. 114. Siehe ähnlich bereits Shaiken 1986, p. 313. Eine bei fünf FFS-Anwendem in den Niederlanden durchgeführte Untersuchung hat ebenfalls eine Dominanz der Funktionszentralisation ermittelt. In lediglich einem FFS (= 20%) erfolgte die NC-Programmierung intern durch ein Mitglied des Personalsystems. In den übrigen Syste­ men (= 80%) wurden die NC-Programme zentral in der Arbeitsvorbereitung generiert. Vgl. dazu Slomp 1993, p. 423. Analog wird auch die NC-Programmierung in der zentralen AV als typische Situation eines FFS-Anwenders im deutschen Automobilbau beschrieben. Vgl. Rose u. a. 1995, S. 22.

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219

dezentralisation durch Delegation an das Personalsystem aus.146 Darüber hinaus wird in 12,4% der betrachteten flexiblen Fertigungssysteme eine Form des Funkti­ onssharing umgesetzt.147 Die Gewährleistung einer dezentralen Programmgenerierung durch das Werkstattperso­ nal wird allgemein mit werkstattorientierten Programmiersystemen in Verbindung ge­ bracht, die im Vergleich zu der auf abstrakten Algorithmen basierenden verfahrensori­ entierten Programmierung eine erleichterte Anwendbarkeit über graphisch-interaktive Benutzeroberflächen herstellen.148

Die Umsetzung der werkstattorientierten Programmierung wirkt einem Hauptproblem der Zentralisation entgegen. Dort ist nämlich eine Kenntnis über die exakten Produkti­ onsverhältnisse vor Ort nicht gegeben. Zudem ist die für eine Analyse der Programmier­ aufgabe sowie für eine sich anschließende Programmerstellung erforderliche Informati­ onsversorgung aus dem Werkstattbereich nicht vollständig gewährleistet, so daß aus den innerbetrieblichen Informationsasymmetrien Fehlerquellen in den Programmen resultie­ ren können.149 Dagegen ist auch die Programmiertätigkeit aufWerkstattebene problem­ behaftet. Trotz technischer Benutzerfreundlichkeit ist die Tätigkeit des Programmierens eine ,Kopfarbeit4, die eine Konzentration über längere Zeitspannen hinweg erfordert.150 Hier können ohne adäquate Abschirmung die produktionstypischen Lärmeinflüsse stö­ rend wirken und zu Fehlern in der Programmierung führen. Siehe zur Funktionsdezentralisation der NC-Programmierung das konkrete Anwendungsbei­ spiel eines schweizerischen FFS-Anwenders. Dort werden die Programme größtenteils am Leitrechner des flexiblen Fertigungssystems erstellt (,Büroprogrammierung in der Werk­ statt1). Darüber hinaus werden auch direkt an den Werkzeugmaschinen programmgenerie­ rende Aufgaben ausgeführt. Vgl. Ulich/Conrad-Betschart/Baitsch 1989, S. 135. Die NC-Programmierarbeitsplätze im FFS können somit stationär am Leitrechner sowie verteilt an den Bedienpulten der Werkzeugmaschinen eingerichtet sein. 147 Ein Funktionssharing kann beispielsweise in der Form vorgenommen werden, daß relativ einfache und kurze Programmieraufgaben durch das Personalsystem wahrgenommen werden und die Erstellung komplexer Programme mit höherem Zeiterfordemis durch eine zentrale Programmierabteilung erfolgt. Vgl. auch Lennartz/Rose 1992, S. 51. Siehe zu einer ähnli­ chen, komplexitätsausgerichteten Aufteilung der Tätigkeiten zur Programmerstellung das FFS-Beispiel in Herrdum 1985, S. 68-69. 148 Ein Überblick über verschiedene Programmierverfahren findet sich in Kief 1997, S. 326335. Vgl. speziell zur werkstattorientierten Programmierung Raether 1989, S. 153 und S. 156; Bullinger/Fähnrich/Thines 1992, S. 168-169; Ostendorf/Seitz 1992, S. 77; Brödner 1993, S. 212-214; Kief 1997, S. 342-361. Siehe allgemein zu den Anforderungen der ,traditionellen* Programmierung, welche ein Abstraktionsvermögen, die Beherrschung einer oder mehrerer Programmiersprachen sowie die Fähigkeit zur Umsetzung von Informa­ tionen aus Konstruktionszeichnungen in algorithmenbasierte Schrittfolgen der Maschinenbe­ arbeitung erfordern, Voigt 1986, S. 70-72; Lennartz/Rose 1992, S. 51. 149 Vgl. Böhle/Rose 1990, S. 19-23; Bender/Grabl 1992, S. 306; Westkämper/Jeschke 1995, S. 85. 150 Vgl. Benz-Overhage u. a. 1982, S. 405; Shaiken 1986, p. 313; Böhle/Milkau 1988, S. Ill; Lennartz/Rose 1992, S. 51.

140

220

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Es ist unwahrscheinlich, daß neu erstellte NC-Programme ohne Modifikationen vor Ort für die Werkstückbearbeitung eingesetzt werden können.151 Deshalb schließt sich an die Aufgabe der Erstgenerierung ein Programmtest an, der den ersten Programmdurchlauf schrittweise kontrolliert und Programmänderungen sowie -ergänzungen vomimmt, so­ bald inkorrekte Steuerbewegungen auftreten.152 Diese können aus einer Abweichung zwischen der bei Programmerstellung angenommenen Produktionssituation und den tat­ sächlich vorfindbaren Fertigungsbedingungen bei Programmeinsatz resultieren, wenn zum Beispiel Vorrichtungselemente anders positioniert sind als dies bei Programmgene­ rierung zugrundegelegt wurde, wenn die Abmessungen der Rohteile geringfügig variie­ ren oder wenn bei Programmerstellung die maschinenspezifischen ,Eigenheiten4 nicht adäquat berücksichtigt worden sind.153 Darüber hinaus wird eine Feinabstimmung von Drehzahl, Vorschub und Eilgang durchgefuhrt. Mit zunehmender Anzahl von Einfahr­ aufträgen (Auftragswechsel) steigt die Häufigkeit des NC-Tests an.154 Das Testen und Optimieren der NC-Programme geschieht an den Werkzeugmaschinen des Bearbei­ tungssystems.

Im Gegensatz zur Erstellung neuer NC-Programme wird die Sekundärfunktion des NC-Programmtests mit 65,7% mehrheitlich dem Zuständigkeitsbereich der FFSOrganisation übertragen. Die Funktionsausfuhrung durch systemexterne Stellen bzw. Abteilungen erfolgt in 12,4% der erfaßten FFS. Ein Funktionssharing liegt in 21,9% der betrachteten Einsatzfälle vor. III)

Aufgaben der Fertigungssteuerung

In dieser Arbeit zählen die folgenden Teilfunktionen zur Fertigungssteuerung:155 a) b) c) d)

151 152

153 154 155

Materialdisposition und -bereitstellung; Verfugbarkeitsprüfung; Feinterminierung und Maschinenbelegung; Auftragsfortschrittsüberwachung.

Vgl. Rose 1990, S. 3-4. Vgl. Böhle/Milkau 1988, S. 88; Weck 1995b, S. 355-356. Einen Eindruck über die zeitli­ che Inanspruchnahme des NC-Tests geben die Beobachtungsergebnisse in drei FFS. Durch­ schnittlich nahm hier die Funktionsausführung 0,64 Stunden (FFS 1), 0,32 Stunden (FFS 2) sowie 0,72 Stunden (FFS 3) der achtstündigen Schichtzeit des Systembedieners in Anspruch. Vgl. MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, p. 73. In einem anderen FFS-Einsatzbeispiel erfordert das Laden neuer NC-Programme sowie die anschließende Korrektur ca. 19% der durchschnittlichen schichtbezogenen Arbeitszeit eines Maschinenbedieners. Vgl. Martel 1993, S. 443. Ausgehend von einer 8-Stundenschicht entspricht dieser Zeitanteil 1,52 Stun­ den. Vgl. Rose u.a. 1995,8. 23. Vgl. Hirt 1990, S. 80-81. Vgl. ähnlich Krüger, G. 1992, S. 680; Mertins/Albrecht/Steinberger 1992, S. 67.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

221

Die Fertigungssteuerung eines FFS ist eine primär interaktive Tätigkeit zwischen dem Personal- und dem Informationssystem.156 Systemspezifisch kann sie zum Beispiel ein­ mal pro Tag nach Erhalt der Fertigungsaufträge von einem übergeordneten PPS-System durchgeführt werden und darüber hinaus wiederholte Durchläufe zur Berücksichtigung von Änderungen - zumeist verursacht durch Störungen und Eiläufträge - umfassen.157 Unterstützend können im Rahmen der Fertigungssteuerung auch Simulationsprogramme für Verfügbarkeiten, Einlastungsstrategien der Maschinenbelegung oder für den erwar­ teten Auftragsfortschritt eingesetzt werden.158 Es wird davon ausgegangen, daß die Häu­ figkeit der Fertigungssteuerungsaufgaben mit der Zahl einzulastender Fertigungsaufträge zunimmt. Dies schließt auch Eilaufträge ein. Mit ansteigender Größe des FFS sowie zu­ nehmender Heterogenität des zu fertigenden Werkstückspektrums wird erwartungsge­ mäß der Ausführungsaufwand der Fertigungssteuerung größer.159 IILa) Materialdisposition und -bereitstellung

Zu den allgemeinen Aufgaben der Materialdisposition zählen die Materialbedarfspla­ nung sowie die Beschaffung und Lagerung.160 Im Kontext der Materialbedarfsplanung erfolgt die Festlegung der für die Bearbeitungsprozesse benötigten Einsatzfaktoren nach Qualität, Quantität und Bedarfszeitpunkt. Es schließt sich die Materialbeschaffung an, in deren Verlauf eine Umwandlung der Bedarfsmengen in fixe Beschaffungsmengen und genaue Beschaffungszeitpunkte vorgenommen wird. Die folgende Materialbereitstellung sichert die termingerechte Verfügbarkeit der physischen Inputfaktoren. Üblicherweise wird in den Darstellungen zur Produktionsplanung und -Steuerung die Materialdisposition als Planungsteil der PPS zugeordnet. Für die vorliegende Problem­ stellung auf der Aggregationsebene eines flexiblen Fertigungssystems liegt jedoch eine Zuweisung zur systembezogenen Steuerung nahe. Diese leitet sich unter anderem aus einer funktionalen Dekomposition der PPS-Aufgaben und einer damit verbundenen Verteilung auf die verschiedenen Ebenen der Rechnerhierarchie ab. Aufgaben der Mate­ rialbedarfsplanung in flexiblen Fertigungssystemen erfolgen in dekomponierter Per­ spektive unter einem verkürzten Zeithorizont und beinhalten vor allem die Bestimmung der zur systeminternen Fertigung geforderten Rohteilemengen sowie deren Bedarfster-

156

157 158

159 160

So ermitteln beispielsweise Hirt, Reineke und Sudkamp anhand von 60 FFS-Anwendungs­ fällen einen manuellen Anteil der Verfugbarbeitsprüfung in Höhe von 41%, der Feintermi­ nierung und Maschinenbelegungsplanung sowie der Auftragsfortschrittserfassung von je 28% am Gesamtaufwand der jeweiligen Aufgabenausfuhrung. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 25. Siehe zu den Tätigkeiten der Fertigungssteuerung in FFS mit einem hohen An­ teil menschlicher Arbeitsleistungen (z. B. die operative Änderung von Steuerungsinforma­ tionen bei unvorhergesehenen Ereignissen) Hartleib/Zumpe 1987, S. 83. Vgl. Tüchelmann 1987, S. 34; Parker 1988, pp. 346-347. Vgl. allgemein zu den Möglichkeiten der Simulation in der PPS Eulenberger/Augustin 1995, S. 66. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 82. Vgl. Reichwald/Dietel 1991, S. 480, S. 492, S. 498-500 und S. 509.

222

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

mine. Im Rahmen dieser Mengenplanung wird auch die Losgrößenhöhe bestimmt, aller­ dings ohne Berücksichtigung maschineller Kapazitäten.161 In rückgerichteter Betrach­ tung der innerbetrieblichen Logistikkette lassen sich aus diesen Angaben die Beschaf­ fungsmengen und -termine ableiten, die als betriebsinteme Bestellungen die Bereitstellung in den vorgelagerten Produktionsstufen mit dem Ziel auslösen, organisato­ risch bedingte Stillstandszeiten des Gesamtsystems zu vermeiden.162 Die fertigungssteuemde Sekundärfunktion der Materialdisposition und -bereitstellung stellt in knapp drei Viertel der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme eine zentralisierte Aufgabe der systemexternen Arbeitsvorbereitung dar (= 74,3%). In le­ diglich 11,4% der Systeme erfolgt eine Delegation der Zuständigkeit an das Perso­ nalsystem. Ein Funktionssharing liegt in 14,3% der FFS vor. IILb) Verfügbarkeitsprüfung

Die Verfügbarkeitsprüfung in flexiblen Fertigungssystemen erstreckt sich unter anderem auf die Überprüfung des Materials. Nach Erhalt des Fertigungsauftrages von dem über­ geordneten System der Produktionsplanung und -Steuerung schließt sich unmittelbar eine buchmäßige Materialverfugbarkeitsprüfung an, deren Ziel die Vermeidung organisato­ risch bedingter Stillstandszeiten aufgrund systemintern fehlender Rohteile ist.163 Eine Feststellung entsprechender Fehlmengen löst dann betriebsinteme Beschaffungsaufträge an die systemvorgelagerten Produktionsstufen aus. Diese Hauptaufgabe wird durch wei­ tere Bestandteile einer Verfugbarkeitsprüfung ergänzt. Auch das Vorhandensein der zur Auftragserledigung erforderlichen Werkzeuge, maschinellen Kapazitäten, NC-Programme und Vorrichtungen muß im Vorfeld der systeminternen Auftragsfreigabe über­ prüft werden.164 Kurz vor Beginn der Bearbeitungsprozesse kontrolliert und bestätigt eine letzte (physische) Verfugbarkeitsprüfung das tatsächliche Vorhandensein von Roh­ material und Betriebsmitteln.165

Knapp mehrheitlich wird die Verfügbarkeitsprüfung in den erfaßten flexiblen Ferti­ gungssystemen vom Personalsystem durchgefuhrt (= 53,3%). Bei 30,5% der FFS liegt eine Funktionszentralisation vor. In weiteren 16,2% der betrachteten Einsatz­ fälle wird ein Funktionssharing der Verfugbarkeitsprüfung realisiert. 161

162

163 164 165

Vgl. zu den Spezifika der Losgrößenbestimmung in FFS Schmitz-Mertens 1989, S. 71-79. Aufgrund der flachen Stückkostenkurve eines flexiblen Fertigungssystems orientiert sich diese nicht an den strikt kostenorientierten Verfahren. Ausschlaggebend ist der Produktions­ anlaß: Kundenauftrag, Lagerauftrag, Ersatzteilauftrag. Eine Zusammenfassung zu Losen richtet sich nach der Ressourcenverfügbarkeit im FFS und erfolgt anhand der Kriterien des Bedarfstermins und/oder der Bedarfsart. Siehe dagegen zu traditionellen Verfahren der Los­ größenbestimmung zum Beispiel Adam 1975. Vgl. Henschel/Kohen 1989, S. 44. Eine Zentralisation der Materialbereitstellung wird übli­ cherweise nach dem Bringprinzip organisiert, während die Dezentralisation in das FFS eine Materialbereitstellung nach dem Holprinzip vorsieht. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 95. Vgl. Mertins/Albrecht/Steinberger 1992, S. 126-127; Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 38. Vgl. Schmitz-Mertens 1989, S. 80.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

223

III.c) Feinterminierung und Maschinenbelegung Die fertigungssteuemde Teilfunktion der Feinterminierung und Maschinenbelegung transformiert die grob terminierten Fertigungsaufträge des übergeordneten PPS-Systems in eine interne Reihenfolgeplanung mit systemadäquaten Detaillierungsgrad.166 Als Er­ gebnis dieser Aktivität resultieren konkrete Maschinenaufträge, die alle erforderlichen Informationen der Werkstückbearbeitung in den jeweiligen Werkzeugmaschinen ent­ halten.167

Im einzelnen nimmt die Feinterminierung der Maschinenaufträge eine zeitlich exakt de­ finierte Zuordnung der Arbeitsvorgänge auf die Werkzeugmaschinen des Gesamtsystems vor und beinhaltet darüber hinaus auch die Belegung der Komponenten des Transportund Handhabungssystems mit den Maschinenaufträgen sowie die zur Bearbeitungs­ durchführung notwendige Synchronisation zwischen Bearbeitungs- sowie Transportund Handhabungssystem.168 Dies geschieht unter Beachtung restriktiver Nebenbedin­ gungen, zu denen vor allem die Anzahl der Werkzeugstellplätze in den maschinennahen Werkzeugmagazinen, die Zwischenlagerkapazität des Teilespeichersystems sowie die Kapazität der Werkzeugmaschinen zählen.169 Komplexitätssteigemd wirkt - wie auch im Kontext der Arbeitsplanung - die grundsätzliche Durchlauffreiheit der Maschinen­ aufträge durch das Gesamtsystem.170 Als Ergebnis leitet sich schließlich ein Maschinen­ belegungsplan mit kurzem Zeithorizont ab, der zum Beispiel einen Vorgriff auf den Sy­ stembetrieb der kommenden 24 oder 48 Stunden erlaubt.171 Darin werden die ex ante Verfügbarkeit der Fertigungshilfsmittel sowie deren auftragsbezogene Belegungszeiten berücksichtigt. Diese Informationen können dem Datenverwaltungssystem entnommen werden. Die Vermeidung von Stillstandszeiten aufgrund von Doppelbelegungen der Werkzeuge und Vorrichtungen für mehrere Maschinenaufträge steht dabei im Zentrum der Feinterminierung und Maschinenbelegung.172 Vorausschauend erfolgt auch ein Ab­ gleich der benötigten Werkzeugeinsatzzeit mit der Reststandzeit.173 Am häufigsten erfolgt die Maschinenbelegungplanung in flexiblen Fertigungssystemen auf der Basis von Prioritätsregeln, die Auswahlkriterien für den jeweils nächsten in das 166

167 168 169 170 171

172 173

Siehe zur synonymen Begriffsverwendung von ,Feinterminierung4 und ,Maschinenbele­ gung4 Tempelmeier/Kuhn 1993, S. 29. Analog wird auch in dieser Arbeit eine begriffliche Gleichverwendung zugrundegelegt. Die Entgegennahme der Fertigungsaufträge durch das übergeordnete PPS-System bringt das in praxi üblicherweise benutzte Sukzessivplanungs­ konzept der PPS zum Ausdruck. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 69. Siehe zu einem konkreten FFS-Einsatzbeispiel Hollingum/Kochan 1985, p. 252. Vgl. Hintz 1987, S. 45; Ben-Daya 1995, p. 121; Kusiak 1995, p. 146. Vgl. Ben-Daya 1995, p. 119. Vgl. Ben-Daya 1995, p. 121. Vgl. allgemein Hintz 1987, S. 70; Reichwald/Dietel 1991, S. 561. Siehe speziell zum Zeithorizont der Maschinenbelegung in FFS Roch 1988, p. 21; Kohlhase 1989, S. 654. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 68-72. Vgl. Brankamp/Bongartz 1985, S. 176-177.

224

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Gesamtsystem einzulastenden Maschinenauftrag darstellen. Solche Heuristiken leiten sich üblicherweise aus den systemspezifischen Einsatzzielen ab, die zum Beispiel

• • • • •

die maximale Auslastung der Werkzeugmaschinen, die minimale Durchlaufzeit des Maschinenauftrags, die minimale Anzahl der Rüstvorgänge an den Werkzeugmaschinen, die minimale Zahl von Transport- und Handhabungsbewegungen und/oder die gleichmäßige Auslastung der Werkzeugmaschinen

umspannen.174 Allgemein kommen dabei die , traditionellen‘ Prioritätsregeln in system­ spezifischer Auslegung zum Einsatz.175 So wird beispielsweise der Maschinenauftrag mit der kürzesten Gesamtbearbeitungszeit, mit der geringsten Zahl von Arbeitsgängen, Werkzeugwechseln oder der höchsten Dringlichkeit zuerst eingelastet. Besondere Be­ deutung für die Feinterminierung und Maschinenbelegung besitzt die Schichteignung der Maschinenaufträge. Die Abwicklung von Einfahraufträgen setzt die Anwesenheit von Mitarbeitern mit Programmierkenntnissen voraus. Folglich ist eine Terminierung dieser Aufträge für eine mannlose oder bedienerarme Schicht zu vermeiden. Andererseits bie­ ten sich Maschinenaufträge mit vergleichsweise langen Werkstückbearbeitungszeiten für personell ausgedünnte Spät- und Nachtschichten an. Die dispositive Teilfunktion der Feinterminierung und Maschinenbelegung wird in den erfaßten FFS mehrheitlich dezentralisiert (= 68,5%). Eine Funktionsextemalisierung wird in 21,0% der betrachteten Einsatzfälle umgesetzt und ein Funktionssha­ ring liegt bei 10,5% der Systeme vor.

IILd) Auftragsfortschrittsüberwachung Im Gegensatz zur Systemüberwachung kontrolliert die Auftragsfortschrittsüberwachung den Bearbeitungsfortschritt der Werkstücke. Auch dies geschieht über den Vergleich von Ist- und Soll-Werten der Maschinenauftragszustände - wartend, in Bearbeitung, fertig­ gestellt - und setzt eine Erfassung von auftragsbezogenen Maschinen- und Betriebsdaten voraus, zu denen die Auftragsnummer, die gefertigten Stückzahlen, der Bearbeitungsbe­ ginn, die Fertigstellungszeitpunkte sowie die benötigten Fertigungsstückzeiten zäh­ len.176 Soll-/Ist-Abweichungen lösen korrigierende Umdispositionen der Maschinenbe­ legung aus, zu denen beispielsweise Reihenfolgeänderungen der anzusteuemden Werk­ zeugmaschinen, das Sperren, vorzeitige Freigeben oder Rückstellen von Fertigungs- und 174

175

176

Vgl. Hintz 1987, S. 77-83; Groha/Schönecker 1988, S. 314; Grossmann/Klaiber/Grün 1989, S. 84; Henschel/Kohen 1989, S. 46; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 103-104; Ben-Daya 1995, p. 119. Vgl. zu den Grundformen von Prioritätsregeln Hoss 1965, S. 157-158; sowie zur Einsatz­ verbreitung von verschiedenen Prioritätsregeln in der industriellen Produktion Augustin/Rauch 1995, S. 69. Siehe speziell zu modifizierten Prioritätsregeln für flexible Ferti­ gungssysteme Eversheim/Schuh/Thome 1989, S. 71; Ben-Daya 1995, pp. 123-124. Vgl. Brankamp/Poestges 1985, S. 42; Mertins 1985, S. 107 und S. 141; Virnich 1987, S. 13; Förster/Hirt 1988, S. 135-145; Schmitz-Mertens 1989, S. 112-118; Scheer/Loos 1995, S. 62.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

225

Maschinenaufträgen oder die Splittung bzw. Zusammenführung von Aufträgen gehören. Nach Abschluß der Maschinenaufträge wird eine entsprechende Fertigmeldung an das übergeordnete PPS-System gegeben. Erstaunlicherweise wird die Auftragsfortschrittsüberwachung in den betrachteten flexiblen Fertigungssystemen nur knapp mehrheitlich in den Zuständigkeitsbereich des Personalsystems übertragen (=51,4%). Eine Zuweisung der Funktionsausfuhrung an systemexterne Stellen bzw. Abteilungen liegt bei 30,5% der Systeme vor und eine Form des Funktionssharing wird in 18,1% der erfaßten Anwendungsfälle praktiziert.177

4.1.4.2 Funktionen des Personalwesens Zu den Funktionen des Personalwesens, die in dieser Arbeit den Meisterbereichsfunktio­ nen zugeordnet werden,178 zählt zunächst die betriebsinteme Personalschulung für flexi­ ble Fertigungssysteme. Allgemein werden darunter alle Maßnahmen verstanden, die ei­ ner Vermittlung von Grundkenntnissen des Systembetriebs dienen. Im Gegensatz zur Initialqualifizierung bei Einführung des flexiblen Fertigungssystems wird die Personal­ schulung hier als betriebsbegleitende Funktion angesehen, die im Routinebetrieb vor al­ lem bei Eintritt neuer Mitglieder in die FFS-Organisation anfällt, aber auch anpassend nach erfolgten Systemmodifikationen erfolgen kann. Es handelt sich hier um eine Form der Qualifizierung, die im Sinne des „training on the job“ ein produktionsnahes Anler­ nen und Einweisen der Arbeitnehmer vorsieht. Somit sind Lem- und Arbeitsort iden­ tisch. Dies schließt flankierende theoretische Ausbildungsmaßnahmen nicht aus. Vergli­ chen mit allen zuvor beschriebenen Systemfunktionen kann trotz des betriebs­ begleitenden Charakters nicht davon ausgegangen werden, daß schulende Aufgaben permanent im FFS-Betrieb anfallen. Die Sekundärfunktion des Aniemens und Einweisens der Mitglieder des Personalsy­ stems wird in 84,8% der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme dezentralisiert. In 10,5% der Einsatzfälle erfolgt die Personalschulung auch unter Einbeziehung sy­ stemexterner Abteilungen und bei 4,8% der betrachteten FFS wird diese Funktion ausschließlich durch externe Organisationseinheiten wahrgenommen.

Eine Personalfunktion mit ständig wiederkehrendem Charakter ist dagegen die Perso­ naleinsatzplanung. Ihr Zweck besteht in einer Gewährleistung der Verfügbarkeit des zum Routinebetrieb erforderlichen Personals nach Mannstärke und Qualifikation. Dar­ 177

178

Siehe zu einem Beispiel für die Zentralisation der Auftragsfortschrittsüberwachung mittels einer fortlaufend aktualisierten graphischen Abbildung eines Serienproduktionsprozesses Milberg/Burger/Zetlmayer 1992, S. 141-142. Diese Visualisierung faßt den gegenwärti­ gen Status von Maschinen der Anlagen aus verschiedenen Produktionsabschnitten zusam­ men und ermöglicht die Auftragsfortschrittsverfolgung von einem zentralen Leitstand aus. Die Übertragbarkeit auf Produktionsprozesse mit flexiblen Fertigungssystemen ist möglich. Siehe zu den typischen Meisterbereichsfunktionen der fachlichen und disziplinarischen Per­ sonalführung Antoni 1994b, S. 117.

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

226

über hinaus nimmt die Personaleinsatzplanung bei kurzfristigen Personalausfällen auch eine personelle Kompensation vor. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer Verminde­ rung von organisatorisch bedingten Ausfallzeiten des flexiblen Fertigungssystems.

Im Gegensatz zur primär praktischen Personalschulung wird in den meisten be­ trachteten flexiblen Fertigungssystemen die dispositive Sekundärfunktion der Perso­ naleinsatzplanung durch zentrale Organisationseinheiten wahrgenommen (= 51,4%). Dies können je nach Größe der Produktionsorganisation die unmittelbar zuständigen Meisterbereiche (Werks tattfuhrungskräfte) oder aber auch die Fertigungsbereichsbzw. Fertigungsleitung sein. In 35,2% der Anwendungsfälle liegt dagegen eine Funktionsdezentralisation durch Delegation der Zuständigkeit an das Personalsy­ stem vor. Weitere 13,4% realisieren eine Abstimmung der Personaleinsatzplanung zwischen dem FFS-intemen Personal und externen Stellen bzw. Abteilungen.

4.1.4.3 Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse Einen Überblick über die Zuständigkeitsverteilung der dispositiven Sekundärfunktionen des FFS-Betriebs vermittelt die nachstehende Abbildung (vgl. Abb. 4-5).

Zuständigkeitsverteilung der dispositiven Sekundärfunktionen Materialdisposition & -bereitstellung

NC-Programmerstellung

Arbeitsplanung Personaleinsatzplanung Auftragsfortschrittsüberwachung

Verfügbarkeitsprüfung Feinterminierung/Maschinenbelegung NC-Programmtest

Personalschulung

N = 105 FFS-Organisationen

Abb. 4-5:

0%

20%

|

Zentralisation

40%

60%

oSharing

80%

100%

g Dezentral isation~|

Zuständigkeitsverteilung der dispositiven Sekundärfunktionen

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

227

Aus dieser Darstellung wird deutlich, daß in den erfaßten flexiblen Fertigungssyste­ men das Zentralisationsausmaß der dispositiven Sekundärfunktionen über dem der Primärfunktionen liegt. Als allgemeines Muster der Strukturzentralisation kann auf der Basis dieser Erhebungsergebnisse eine grundsätzliche Verortung des Zuständig­ keitsbereichs für die Primärfunktionen des FFS-Betriebs an das Personalsystem so­ wie für einen Großteil der supportiven und dispositiven Sekundärfunktionen an sy­ stemexterne Bereiche festgehalten werden.

Zu einem ähnlichen Ergebnis weitgehender Funktionsextemalisierung supportiver und dispositiver Funktionen kommt JONES für die von ihm beobachteten arbeitsorganisatori­ schen Strukturlösungen amerikanischer FFS und verbindet dieses Resultat mit dem Stre­ ben des Produktionsmanagements nach Prozeßbeherrschung.179 Auch die allgemeinen Beobachtungen anderer Autoren unterstützen die eigenen Untersuchungsergebnisse, de­ nen zufolge ein Muster der Zentralisation von dispositiven Sekundärfunktionen bei gleichzeitiger Dezentralisation der Primärfunktionen für den FFS-Einsatz bislang typisch ist.180 Die Gesamtbetrachtung der Zuständigkeitsverteilung aller Systemfunktionen legt zum Erhebungszeitpunkt für die erfaßten FFS den Schluß nahe, daß sich eine struk­ turmodeme Arbeitsorganisation mit dezentralisierten Gestaltungslösungen nicht im Routineeinsatz reflektiert.181 Für diese flexiblen Fertigungssysteme trifft die Ent­ wicklung hin zu weitgehend autonomisierten Produktionseinheiten offensichtlich (noch) nicht zu. 179

180

181

Vgl. Jones 1997, p. 132 und p. 141. Auch für die beobachteten Systeminstallationen in Großbritannien berichtet der Autor von einem tendenziellen „Taylor-Bias“ bei den Pro­ grammier- und Planungsfunktionen, die entweder vollständig zentralisiert oder mit geteiltem Zuständigkeitsbereich organisiert werden. Vgl. Jones 1997, p. 207 und p. 212. Vgl. Hirsch-Kreinsen et al. 1993, pp. 52-54. Siehe zu konkreten Ergebnissen die Untersu­ chung von 15 FFS-Anwendungen in Schmitz-Mertens 1989, S. 21-23 und S. 56. Aus dem dort festgestellten ,Dezentralisationsdefizit4 heraus erkennt zum Beispiel Schmitz-Mertens die grundsätzliche Notwendigkeit zur Erhöhung der FFS-spezifischen Autonomie mittels Loslösung der dispositiven Sekundärfunktionen aus der »dirigistischen Kontrolle4 der Zen­ tralbereiche in der Produktion. Der zentralen Fertigungssteuerung obliegt dann lediglich die Koordination der weitgehend autonomisierten Subsysteme. Vgl. Schmitz-Mertens 1989, S. 89. Vgl. auch die Beobachtungen der Arbeitsorganisation eines FFS in Braczyk/Weber 1988, S. 10. Dort konnte eine fast vollständige Zentralisation planender und steuernder Sy­ stemfunktionen ermittelt werden. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt eine im Dezember 1995 durchgeführte Studie des ISI bei 1.305 Industriebetrieben in Deutschland. Danach ist die Diffusion moderner ferti­ gungstechnischer und -organisatorischer Konzepte mit der Leitvorstellung einer strukturmo­ demen Arbeitsorganisation niedriger als dies durch Literatur und Praxisdiskussion impliziert wird. Nur knapp 50% der erfaßten Betriebe dezentralisieren supportive und dispositive Funktionen der Produktion auf die Werkstattebene. Darin wird gleichsam ein bislang unaus­ geschöpftes arbeitsorganisatorisches Gestaltungspotential erkannt. Vgl. o. V. [VDI-Z] 1997a.

228

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

4.1.5 Operationalisierung der Strukturzentralisation Der situativen Forschungsmethodik folgend könnte auf der Basis der zuvor ermittelten Ergebnisse zur Zuständigkeitsverteilung von Primär- und Sekundärfunktionen eine Analyse der potentiellen Zusammenhänge zwischen jeder einzelnen Systemfunktion und jeder Situationsvariable vorgenommen werden. Dies würde zum Beispiel die jeweiligen Kontextfaktoren mit der Zentralisation der NC-Programmerstellung in Verbindung set­ zen. Schließt man die unregelmäßig anfallende Aufgabe der Personalschulung aus, so verbleiben 25 relevante Systemfunktionen. Die Durchführung einer Kontingenzanalyse würde dann das Prüfen von mehr als 700 möglichen Beziehungssträngen erforderlich machen. Denkbar wäre ein Ausschluß der zumeist dezentralisierten Primärfunktionen des Systembetriebs. Doch diese Einengung würde nicht spürbar zur Komplexitätsredu­ zierung beitragen, zumal auch die vermuteten Wirkungsgefuge zwischen den Kontext­ faktoren auf weiteren vier Strukturdimensionen zu analysieren wären. Die Aggregation der Zentralisationsausprägungen aller Einzelfunktionen zu einem einzi­ gen Wert liegt somit nahe. Das aggregrierte Maß der Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen wird dann der Kontingenzanalyse zugrundegelegt. Dieser Informa­ tions Verdichtung liegt die Vorstellung von einer Zentralisation als Agglomeration von Elementen in einem Sammelpunkt zugrunde.182 Die zentralen Produktionsbereiche re­ präsentieren solche Sammelpunkte. Als Elemente können die jeweiligen Systemfunktio­ nen - (De-)Zentralisationsobjekte - angesehen werden. Beuermann schildert eine Sy­ stematik zur Ermittlung des organisatorischen Zentralisationsgrades.183 Die Messung der Funktionszentralisation dient dem Vergleich der arbeitsorganisatorischen Gesamtlösun­ gen, um daraus eine strukturelle Varianz der erfaßten FFS-Organisationen erkennen zu können. Die Ermittlung des Zentralisationsgrades erfolgt durch die Bildung eines Quoti­ enten, welcher die Anzahl der Funktionen im Sammelpunkt zur Gesamtzahl der Funk­ tionen in Beziehung setzt.184 Allgemein nimmt der Zentralisationsgrad dann Werte zwi­ schen Null und eins an. Erforderlich ist schließlich die Festlegung von Grenzwerten, die eine Zuordnung der jeweiligen FFS-Organisation zur Strukturausprägung ,zentralisiert4 oder ,dezentralisiert4 erlauben.185

Die Bildung eines solchen kardinalen Zentralisationsgrades als Quotient aus codierten Antworten ist jedoch kritisch zu hinterfragen.186 Deshalb wird an dieser Stelle auf eine

182 183 184

185 186

Vgl. allgemein Beuermann 1992, Sp. 2620. Vgl. dazu Beuermann 1992, Sp. 2620. Allgemein ist diese Form der Mittelwertbildung das gebräuchlichste Verfahren zur Bestim­ mung der organisatorischen (De-)Zentralisation. Vgl. Kubicek 1980, Sp. 1790. Vgl. Beuermann 1992, Sp. 2620. Vgl. allgemein zur Kritik an den Versuchen zur Operationalisierung des (De-)Zentralisationsausmaßes organisatorischer Strukturen Beuermann 1992, Sp. 2621-2622; Frese 1998, S. 86-94.

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

229

Quotientenbildung verzichtet und als statt dessen ein summarischer Zentralisationswert berechnet. Für die Ermittlung eines Zentralisationsgrades problematisch erweist sich der Umstand, daß Systemfunktionen grundsätzlich auch mit geteilter Zuständigkeit zwischen Personal­ system und externen Abteilungen ausgefuhrt werden können. Hier entsteht ein Un­ schärfebereich. Die Berücksichtigung von Funktionen mit geteiltem Zuständigkeitsbe­ reich erfordert dann beispielsweise die Zuordnung eines Wertes 0,5 als Mittelpunkt des (De-)Zentralisationsintervalls. Darin würde zum Beispiel der Dezentralisation einer spe­ zifischen Systemfunktion der Wert Null, der Zentralisation der Wert eins zugewiesen. Eine solche Zuordnungsvorschrift läßt sich jedoch nicht begründen, weil keine Informa­ tionen über die quantitative und qualitative ZuständigkeitsVerteilung der jeweils be­ trachteten Einzelfunktion im jeweils erfaßten Anwendungsfall vorliegen. Deshalb enthält der Zentralisationswert in dieser Untersuchung nur die zentralisierten Einzelfunktionen. Außerdem wird auf eine Gewichtung der zentralisierten Systemfunktionen je nach ihrem primären, supportiv oder dispositiv sekundären Charakter verzichtet.187 Eine Funktions­ gewichtung erscheint zwar wünschenswert, ist ohne systemspezifische Tätigkeits­ wertanalyse allerdings nicht möglich.188

Im Minimum beträgt der Zentralisationswert einer FFS-Organisation Null. Dieser deutet an, daß alle Einzelfunktionen dezentralisiert durch das Personalsystem ausgeführt wer­ den (vollständige Dezentralisation) und/oder ein Funktionssharing vorliegt.189 Ein Zen­ tralisationswert von ZW = 25 reflektiert dagegen eine arbeitsorganisatorische Struktur, in welcher jede Systemfunktion extemalisiert ist und folglich durch zentrale Abteilungen und Stellen wahrgenommen wird. Ein Personalsystem ist inexistent (maximale Zentrali­ sation).

Eine vollständige Strukturzentralisation ist in keinem der betrachteten FFS umge­ setzt (vgl. Abb. 4-6). Der höchste Zentralisationswert beträgt ZW = 22. Er kommt in einem Anwendungsfall vor. Es handelt sich um das FFS eines amerikanischen Ge­ triebeherstellers, in dem lediglich die Materialdisposition und -bereitstellung, das Rüsten der Vorrichtungen sowie das Auf- und Abspannen der Werkstücke durch das Personalsystem wahrgenommen werden. Alle anderen Systemfunktionen sind voll­ ständig extemalisiert.

187 188

189

Siehe im Zusammenhang zur Gewichtungsproblematik Kieser/Kubicek 1992, S. 187. Vgl. zu einer qualitativen Analyse von Tätigkeiten in flexiblen Fertigungssystemen auf der Basis einer Unterscheidung nach sensomotorischen, kognitiven und kreativen Anteilen an der jeweiligen FFS-Funktion MArtensson/MArtensson/Stahre 1993, pp. 73-74. In einem derartigen FFS ist das Prinzip der ,werkstattnahen Verantwortung4 realisiert. Vgl. Martin 1989, S. 75. An anderer Stelle wird mit der Dezentralisation die Vorstellung einer vom TAYLOR-System wegführenden Reintegration von Funktionen auf Werkstattebene ver­ bunden. Vgl. Ebel 1985, p. 140; Hornung 1992, S. 198.

230

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Strukturzentralisation in FFS

Zentralisationswert (ZW) Abb. 4-6:

Strukturzentralisation in flexiblen Fertigungssystemen

Demgegenüber ermittelt sich für 2,9% der erfaßten FFS-Organisationen ein Zentra­ lisationswert ZW = 0. In diesen Systemlösungen wird keine Einzelfunktion voll­ ständig zentralisiert. Gleichwohl können Zuständigkeiten der Funktionsausfuhrung zwischen dem Personalsystem und zentralen Organisationseinheiten der Produktion geteilt sein. So nimmt die amerikanische Tochtergesellschaft eines japanischen Werkzeugmaschinenherstellers eine vollständige Dezentralisation bei 46,0% der Sy­ stemfunktionen vor. Insgesamt 54% der Primär- und Sekundärfunktionen werden in Form des Funktionssharing wahrgenommen. In ähnlicher Weise verlagert ein schwedischer LKW-Hersteller 40,0% der Funktionen vollständig in die FFSOrganisation und realisiert für die verbleibenden Funktionen eine geteilte Zustän­ digkeit (= 60,0%). Lediglich ein amerikanischer Hersteller von Spritzgießmaschinen dezentralisiert sämtliche Teilfunktionen des Systembetriebs. Abschließend kann festgehalten werden, daß die meisten Einsatzfälle eine arbeitsor­ ganisatorische Struktur mittlerer Zentralisation implementiert haben. Die Implikati­ on, es existiere ein Quasi-Automatismus, der bei Einführung komplexer rechnerge­ stützter Produktionssysteme eine umfangreiche Dezentralisation der Sekundär-

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen

231

funktionen herbeiführe,190 kann anhand der eigenen Ergebnisse nicht bestätigt wer- I den. I

I

Für die Zwecke einer weiterführenden Datenanalyse erfolgt eine Klassifizierung der Zentralisationswerte.191 Zur Anwendungsgewährleistung des statistischen Testverfah­ rens wird eine Trichotomisierung des Datensatzes vorgenommen. Dies geschieht auf der Basis einer Gleichverteilung. Demnach liegt eine niedrige Strukturzentralisation vor, wenn neun Systemfunktionen und weniger durch zentrale Produktionsabteilungen ausge­ fuhrt werden. Mittlere Zentralisationswerte ergeben sich für FFS-Organisationen, in de­ nen zwischen zehn und 13 Funktionen extemalisiert sind. Eine hohe Zentralisation wird bei einer systemexternen Verortung von 14 Funktionen und mehr angenommen.

4.2

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen

4.2.1 Stellenvielfalt des Personalsystems Der systembezogenen Funktionsanalyse und -Synthese nachgelagert ist eine auf das Per­ sonalsystem gerichtete Aufgabensynthese, die als Ergebnis eine Zuordnung der dezen­ tralisierten Einzelfunktionen an Aufgabenträger beinhaltet. Als Resultat der Aufgaben­ zuordnung entsteht ein Stellengefuge innerhalb der FFS-Organisation.192 Prinzipiell können die jeweiligen Funktionen einer einzelnen Stelle oder mehreren spezialisierten Stellen zugewiesen werden. Das Ergebnis dieser Funktionszuordnung wird dann in Form einer Stellenbeschreibung dokumentiert.193 190

191

192

193

Siehe dazu beispielsweise Badham 1991, p. 380; Meiser/Wagner/Zander 1991, S. 55; sowie Eversheim/Brachtendorf 1987, S. 29. Das folgende Zitat bringt diesen ,QuasiAutomatismus* treffend zum Ausdruck: „Flexibilität und Marktnähe zwingen gerade bei technisch aufwendigen und teuren Maschinen zu einer Redelegation ausgelagerter Funktio­ nen an qualifizierte Arbeitskräfte“ BÜHNER 1986b, S. 535-536. Allgemein besitzt die Klassenbildung statistische und inhaltliche Aspekte. Zur Vorbeugung einer Manipulationsgefahr wird als ,first ^/“-Lösung eine rein auf inhaltlichen Kriterien basierende Datenklassifizierung bevorzugt. Eine inhaltliche Trennung von Klassen ist häufig aber nicht möglich. Zudem existieren nur in einigen Fällen empirische Untersuchungen, die unterstützend herangezogen werden können. Sofern eine inhaltlich begründete Klassifizie­ rung nicht möglich ist, wird im Fortgang dieser Studie eine „second 6esr“-Lösung verwen­ det, die eine Gleichverteilung der Daten vorsieht. Vgl. allgemein zum Begriff der Stelle sowie zur Stellenbildung Kosiol 1976, S. 89-90; Bleicher 1991, S. 45. Siehe im einzelnen zur Stellenbeschreibung als schriftliche Dokumentation der Stellenauf­ gabe, -kompetenzen und -Verantwortung Kreikebaum 1980b, Sp. 2138-2139 und Sp. 21442145.

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

232

Unter dem Aspekt der Strukturspezialisierung liegt zunächst eine differenzierte Be­ trachtung möglicher Stellen des Personalsystems nahe.194 Hierzu werden • • •

primärfunktionale Stellen höherer Spezialisierung, sekundärfunktionale Stellen höherer Spezialisierung sowie multifunktionale Stellen niedrigerer Spezialisierung

unterschieden (vgl. Abb. 4-7).195

Abb. 4-7:

Stellengefuge in flexiblen Fertigungssystemen

Die Stellen mit höherer Spezialisierung stehen in der Strukturtradition einer tayloristisch geprägten Fertigungsorganisation.196 Multifunktionale Stellen niedrigerer Spezialisie­ rung fuhren eine Mehrzahl von Primär- und/oder Sekundärfunktionen in einer Stellenbe-

194

195

196

Siehe zu den Stellenbezeichnungen Frage Nr. 15 des Erhebungsbogens auf S. 417 im An­ hang. Vgl. zu den gebräulichen Stellenbezeichnungen des Personal systems die Aufzählungen in Dostal 1982, S. 78; Gerwin 1982, S. 58; Schmidt 1985, p. 300; Branam 1988b, p. 38; Hirt 1990, S. 22; IAO/IPA 1992, S. 35. Siehe zu einer Stellenhierarchie der FFS-Orga­ nisation Schulz 1986, S. 103-104; Adler 1991, p. 449; Jones 1997, p. 157. Vgl. Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 55. Primär- und sekundärfunktionale Stellen höherer Spezialisierung repräsentieren den tayloristischen Grundsatz „one man - one task". Siehe allgemein Alioth 1984, p. 43.

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen

233

Zeichnung zusammen.197 In diese Stellenrubrik der multifunktionalen Tätigkeitsausrichtung fallen zunächst die in praxi vorfindbaren Bezeichnungen des

• •

Systemingenieurs oder -meisters sowie des System- bzw. Leitstandfuhrers.

Die Inhaber dieser Stellen werden schwerpunktmäßig mit der Durchführung verschiede­ ner dispositiver Sekundärfunktionen beauftragt, so zum Beispiel mit den Aufgaben der Arbeitsplanung, Fertigungssteuerung oder NC-Programmierung. Aber auch die Überwa­ chungsfunktionen können zur Stelle des Systemfuhrers gezählt werden.198 Typischer­ weise übernehmen Systemingenieure/-meister auch Personalverantwortung im FFS, die sich auf operativer Ebene in der Personaleinsatzplanung und der Personalfuhrung reflek­ tiert.199

Zu den Stellenbezeichnungen liegen Angaben über insgesamt 103 FFS-Organisationen vor. Davon haben lediglich 28,2% die Stelle des Systemingenieurs bezie­ hungsweise -meisters als dauerhaften Aufgabenträger eingerichtet. Geringfügig hö­ her ist der Anteil jener Systeme, in denen ein System- oder Leitstandfuhrer primär dispositive Sekundärfunktionen übernimmt (= 36,9%). Eine multifunktionale Stelle, die Primär- und Sekundärfunktionen in sich vereint, stellt die Bezeichnung des Systembedieners (Anlagenpersonal) dar. Typische Aufgabenberei­ che eines Systembedieners beinhalten das Auf-, Ab- und Umspannen der Werkstücke, die Standzeitüberwachung der Werkzeuge, die Werkzeugvoreinstellung, die Werkzeug­ bereitstellung sowie den Werkzeug austausch an den maschinennahen Magazinen bzw. dem Zentrallager, die Behebung kleinerer Maschinenstörungen und werkstückkontrollie­ rende Tätigkeiten, wie beispielsweise die Messung von Bohrungen der gefertigten Tei­ le.200 Darüber hinaus kann die Systemwartung sowie die Entsorgungsaufgabe durch den Systembediener wahrgenommen werden. Im Extremfall werden alle dezentralisierten Primär- und Sekundärfunktionen dem Systembediener übertragen.

197 198

199 200

Diese arbeitsorganisatorische Strukturlösung wird zum Beispiel als „skilled cooperative“ bezeichnet. Vgl. Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 55. Vgl. zum Aufgabenbereich eines Systemführers Barfield/Hwang/Chang 1986, pp. 380381; Bühner 1986a, S. 71; Schulz 1986, S. 104; Herter 1991, S. 63; Johnson/Offodile 1991, p. 17; IAO/IPA 1992, S. 87; Jones 1997, p. 144-145. Vgl. dazu auch VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 55; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 114. Vgl. Maleki 1991, p. 253; Freriks/Widmaier 1992, S. 145; Jones 1997, p. 144. Siehe zu­ sätzlich Graham/Rosenthal 1986, p. 219. Diese Autoren bezeichnen die Stelle des Sy­ stembedieners als „system attendant“.

234

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Der Funktionsträger des Systembedieners ist in den erfaßten FFS am häufigsten an­ zutreffen. Er ist in 88,3% der Anwendungsfälle fester Bestandteil des Personalsy­ stems.201

Eine weitere Stellenbezeichnung multifunktionaler Natur repräsentiert der Einrichter, der im Gegensatz zum Systembediener normalerweise ein eingeschränktes Funktionsspek­ trum übernimmt.202 Hierzu zählen insbesondere die vorbereitenden und abschließenden (Rüst-)Aufgaben des Systembetriebs. Im einzelnen kann ein Einrichter die Fertigungs­ aufträge aus dem übergeordneten PPS-System entgegennehmen, Vorrichtungen, Werk­ zeuge und Rohteile vorbereiten und bereitstellen, aber auch NC-Programme einlesen sowie korrigieren.203 Insgesamt 25,2% der erfaßten FFS-Organisationen haben einen Einrichter in das I Personalsystem integriert. |

[

Die primärfunktionalen Stellen höherer Spezialisierung lassen sich in die folgenden Be­ zeichnungen unterteilen:

Aufspanner und Palettierer; Werkzeugvoreinsteller; Vorrichtungsumrüster.

• • •

Der spezialisierte Aufgabenträger eines Aufspanners oder Palettierers ist in 57,3% I der erfaßten Systeme vorzufinden. |

I

Ihm obliegt an den Spannplätzen des FFS die Fixierung der Werkstücke auf den Träger­ systemen.204 Dem Aufspanner eines flexiblen Fertigungssystems kann auch das Rüsten der Vorrichtungen zugeteilt werden.205

201

202

203 204

205

Die hier ermittelte hohe Verbreitung der Stelle des Systembedieners bestätigt möglicherwei­ se den allgemein propagierten Trend einer stellenbezogenen Integration (Vorbereitung, Pa­ lettierung, Betrieb, Einrichtung und Programmierung) in flexiblen Fertigungssystemen. Vgl. Sorge 1990, p. 152. Von anderen Autoren wird hingegen die Stelle des Systembedieners mit der des Einrichters in der konventionellen mechanischen Fertigung gleichgesetzt. Vgl. zum Beispiel Schulz 1986, S. 103. Vgl. Hedrich/Brunner 1987, S. 645-646; Konradt/Zimolong 1993, S. 74. Vgl. Herter 1991, S. 63; Jones 1997, p. 144; Schulz spricht davon, daß die Stelle des Auf­ spanners prinzipiell mit ,angelerntem Persona? besetzt werden kann. Vgl. Schulz 1986, S. 103; sowie ähnlich Graham/Rosenthal 1986, p. 219. Zu einem vergleichbaren Fazit gelangen Sun und Gertsen auf der Basis einer Beobachtung von arbeitsorganisatorischen Strukturlösungen in drei flexiblen Fertigungssystemen. In zwei dieser Systeme werden ,an­ gelernte Kräfte4 als Aufspanner eingesetzt. Vgl. Sun/Gertsen 1995, p. 371. Die Stellenbe­ setzung des Aufspanners mit niedrig qualifiziertem Personal kann jedoch nur zutreffen, wenn auf dem FFS ein vergleichsweise homogenes Werkstückspektrum geringer Komple­ xität gefahren wird. Vgl. VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 55.

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen

235

Eine eigenständige Stelle, deren Zweck die Ausführung werkzeugvoreinstellender I Aktivitäten darstellt, ist in 35,9% der Personalsysteme dauerhaft vertreten. |

I

Zur Stellenaufgabe eines Werkzeugvoreinstellers in flexiblen Fertigungssystemen zählt im Regelfall auch die Bereitstellung der Werkzeuge sowie die sich anschließende Maga­ zinbestückung.206 Es gibt aber Systemlösungen, in denen die manuellen Bereitstellungsund Bestückungsaufgaben durch niedrig qualifiziertes ,Hilfspersonal* übernommen wird. Seltener wird die Stelle eines Vorrichtungsumrüsters in den flexiblen Fertigungssy- I Sternen implementiert (= 27,2%). |

(

Die Übertragung von supportiven oder dispositiven Sekundärfunktionen an spezialisierte Stellen unterscheidet

• • • •

den Qualitätsprüfer, den Instandhalter, den Arbeitsplaner bzw. Fertigungssteurer sowie den NC-Programmierer.207 lm Personalsystem der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme wird die Stelle eines I Qualitäsprüfers in 30,1 % der Einsatzfälle realisiert. |

I

In dessen Verantwortungsbereich fällt die systeminterne Qualitätssicherung der bearbei­ teten Werkstücke. Darüber hinaus kann dem Qualitätsprüfer auch die Aufgabe der Er­ stellung von Prüfprogrammen für das Koordinatenmeßgerät übertragen werden, sofern ein solches in das FFS integriert ist.

Weniger häufig findet sich in den betrachteten Systemen ein Instandhalter als per­ manent eingerichtete Stelle mit supportiv-sekundärfunktionalem Charakter (= 13,6%).

Sein Tätigkeitsfeld umspannt vor allem die Störungsbeseitigung und Wartung der Tech­ nikkomponenten des FFS. Auch die Entsorgung von Spänen sowie Kühlschmiermitteln wird zur Stellenaufgabe des Instandhalters gerechnet. Die Einrichtung eines Instandhalters als separate Stelle des Personalsystems kann die Reaktionsschnelligkeit der FFSOrganisation bei Störereignissen erhöhen. Zu den dispositiven sekundärfunktionalen Stellen höherer Spezialisierung zählt der Arbeitsplaner bzw. Fertigungssteurer, der ebenfalls in 13,6% der Systeme anzutref­ fen ist.

206 207

Siehe zur Stelle des Werkzeugvoreinstellers in einem FFS-Anwendungsfall und einer Aufli­ stung von Teilaufgaben Heisel/Stephan/Gugenberger 1994, S. 455. Vgl. allgemein zu den Tätigkeitsinhalten dieser Stellen Spur 1985, S. 12; VDIGACIM/VDI-ADB 1990, S. 55; IAO/IPA 1992, S. 88-89, S. 126 und S. 129; Jones 1997, p. 144.

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

236

Fertigungssteurer fuhren zum Beispiel die Feinterminierung und Maschinenbelegung des Gesamtsystems durch und übernehmen Aufgaben der Materialdisposition.

| Die Stelle eines NC-Programmierers ist in 16,5% der Anwendungsfälle vertreten.

|

Sie werden mit der Generierung und gegebenenfalls mit dem Testen sowie dem Optimie­ ren der zur Auftragsbearbeitung benötigten NC-Programme betraut. Eine zusammenfassende Übersicht der erhobenen Stellenbezeichnungen in flexiblen Fertigungssystemen zeigt die folgende Abbildung (vgl. Abb. 4-8).

Das Stellengefüge in FFS zeichnet sich typischerweise durch eine Paralleleinrich­ tung mehrerer Stellen des Personalsystems aus. Eine häufig vorfmdbare Stellen­ kombination der erfaßten FFS-Organisationen besteht aus den Positionen des Systemfuhrers, des Systembedieners sowie des Aufspanners.

Stellenbezeichnungen in FFS

Systembediener

Aufspanner/Palettierer Systemführer/Leitstandführer Werkzeugvoreinsteller

Qualitätsprüfer Systemingenieur/-meister Vorrichtungsumrüster

Einrichter

NC-Programmierer

Arbeitsplaner/Fertigungssteurer Instandhalter

N= 103 FFS-Organisationen

Abb. 4-8:

Stellenbezeichnungen in flexiblen Fertigungssystemen

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen

237

4.2.2 Operationalisierung der Strukturspezialisierung Für die Operationalisierung der Strukturspezialisierung stellt sich eine vergleichbare Problematik, wie sie bereits im Zusammenhang mit dem Zentralisationswert beschrieben worden ist. Hier wird jedoch eine Aggregation der Stellenbezeichnungen zu einem Spe­ zialisierungswert der systeminternen Arbeitsteilung vorgenommen.208 Dies erfolgt durch Addition der jeweils eingerichteten Stellenbezeichnungen.209 Multifunktionalen Stellen niedrigerer Spezialisierung werden gegenüber primärfunktionalen Stellen mit einem größeren Spezialisierungsausmaß nicht höher gewichtet. Außerdem wird davon ausge­ gangen, daß mit zunehmender Zahl der systemintern realisierten Stellenbezeichnungen tendenziell auch der Spezialisierungsgrad ansteigt210 Der höchste Spezialisierungswert ist erreicht, wenn in einem flexiblen Fertigungssystem alle 11 Stellenbezeichnungen ein­ gerichtet sind. Das Personalsystem ist annahmegemäß stark arbeitsteilig organisiert. Keine Arbeitsteilung des Personalsystems liegt vor, wenn alle systemspezifischen Pri­ mär- und Sekundärfunktionen einer Stelle übertragen werden. Eine Konstellation schwa­ cher Arbeitsteilung stellt beispielsweise die Einrichtung von zwei Stellen des Personal­ systems dar. Der Stelle des Systembedieners werden dann vor allem Primärfunktionen, aber auch bestimmte Sekundäraufgaben, wie beispielsweise die Systemwartung oder das Beheben kleinerer Störungen, anvertraut. Dispositive Sekundärfunktionen sind dagegen in der Stelle des System- oder Leitstandführers zusammengefaßt211 In den erfaßten FFS streuen die Angaben zum Spezialisierungswert zwischen SW = 1 (keine systeminterne Arbeitsteilung) und SW = 10 (starke systeminterne Arbeitsteilung). Ein höherer Wert der Arbeitsteilung des Personalsystems wird nicht realisiert. Immerhin setzen 18,4% der betrachteten Systeme eine interne Strukturlö­ sung um, die stellenbezogen nicht arbeitsteilig ist. Am häufigsten besteht die FFSOrganisation aus drei Stellen (= 22,3%). Näherungsweise repräsentiert diese Struk­ turform eine schwache bis mittlere Arbeitsteilung. Knapp 80% der Personalsysteme haben fünf oder weniger Stellenbezeichnungen implementiert. Der größte Speziali208

209

210 211

Vgl. zur quantitativen und qualitativen Arbeitsteilung allgemein Kossbiel 1974, Sp. 257258; Pfeiffer/DOrrie/Stoll 1977, S. 60-63. Siehe zur Arbeitsteilung innerhalb des Perso­ nalsystems eines FFS Fix-Sterz/Lay/Schultz-Wild 1986, S. 374; Hirt 1990, S. 23; IAO/IPA 1992, S. 35. Vgl. ähnlich Kieser/Kubicek 1992, S. 175-176. Diese Autoren bezeichnen die Addition unterschiedlicher Stellenbezeichnungen innerhalb einer Organisation als einfachste Methode zur Messung der Spezialisierung. Dieses Vorgehen setzt jedoch voraus, daß alle erfaßten Or­ ganisationen die gleichen Kategorien von Stellenbezeichnungen verwenden bzw. eine glei­ che Vorstellung über die Tätigkeitsinhalte der vorgegebenen Stellen besitzen. Dies kann für die eigene Untersuchung angenommen werden. Siehe zur Anzahl der Stellenbezeichnungen als Maßzahl für die Arbeitsteilung eines Organisationssystems auch Samuel/Mannheim 1970, p. 219; Blau/Schoenherr 1971, p. 17; Blau et al. 1976, p. 23. Siehe zu dieser Annahme allgemein Kieser/Kubicek 1992, S. 175. Vgl. Bühner 1986c, S. 21-22; Schulz 1986, S. 104; Schüpbach 1990b, S. 184-185; IAO/IPA 1992, S. 87.

238

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

serungswert wird lediglich in einem FFS umgesetzt. Dabei handelt es sich um die Systemlösung eines amerikanischen Rüstungsuntemehmens, in welcher bis auf die Instandhaltungsaufgaben alle Primär- und Sekundärfunktionen ohne Zuständigkeits­ aufteilung mit zentralen Produktionsbereichen an spezialisierte Stellen übertragen sind.

Die folgende Abbildung faßt die Untersuchungsergebnisse zur internen Strukturspeziali­ sierung zusammen (vgl. Abb. 4-9).

Abb. 4-9:

Strukturspezialisierung in flexiblen Fertigungssystemen

Dieser Überblick zeigt, daß sich auch FFS-intem Gestaltungslösungen einer strukturmodemen Arbeitsorganisation (noch) nicht durchgehend etabliert haben. Auf eine vollständige Auflösung der traditionellen Arbeitsstrukturen mit hoher Spezialisie­ rung durch Ausdehnung der Tätigkeitsspielräume des Werkstattpersonals deuten le­ diglich jene Systeme hin, in denen eine (multifunktionale) Stelle eingerichtet worden ist. Ein Großteil der flexiblen Fertigungssysteme verkörpert eher ,stark4 arbeitsteili­ ge Strukturen. Immerhin bestehen 43,8% der erfaßten FFS-Organisationen aus vier und mehr Stellen. Für die weitere Datenanalyse werden die erfaßten Spezialisierungswerte trichotomisiert. Basierend auf einer Gleichverteilung der Informationen wird eine niedrige Spezialisie­ rung des Personalsystems angenommen, wenn die systeminternen Funktionen von einer oder zwei verschiedenen Stellen ausgefuhrt werden. Dagegen liegt eine mittlere Spezia­

Strukturautorität in flexiblen Fertigungssystemen

239

lisierung bei Zuweisung der Systemfunktionen an drei oder vier Stellen vor. Schließlich deutet das Vorhandensein von fünf und mehr systemintern eingerichteten Stellen auf ein Personalsystem hoher Spezialisierung hin.

4.3

Strukturautorität in flexiblen Fertigungssystemen

Die Aufgabenzuordnung der systemintegrierten Primär- und Sekundärfunktionen an ein­ zelne Stellen des Personalsystems wird ergänzt durch die Festlegung der Instanzen (Sy­ stemleitung). Die Systemleitung trägt die Verantwortung für den Betrieb des Gesamtsy­ stems und ist mit Weisungs- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet.212 Es repräsentiert das , Systembetriebsmanagement1. Im einzelnen umspannt die Verantwor­ tung für den Systembetrieb die Gewährleistung der FFS-spezifischen Produktionsaufga­ be, die Aufstellung kurzfristiger Teilziele und Produktionspläne für das flexible Ferti­ gungssystem, die Koordination des Personalsystems, personelle Ausbildungsfragen oder auch die Erarbeitung von Vorschlägen zur Systemmodifikation.213

Als alternative Formen der Strukturautorität für flexible Fertigungssysteme kristallisie­ ren sich die folgenden Organisationslösungen heraus:214 1. Das flexible Fertigungssystem besitzt keine interne Vorgesetztenstelle, sondern un­ tersteht einer systemexternen Instanz, die Mitglied der Fertigungs- oder Fertigungs­ bereichsleitung sein kann. 2. Das flexible Fertigungssystem besitzt eine interne Vorgesetztenstelle in Form des Systemingenieurs/-meisters oder des System-/Leitstandführers. 3. Das flexible Fertigungssystem steht unter der direkten Verantwortung des System­ teams.

In dieser Arbeit wird die Form der Strukturautorität als Indikator für die Autonomisierung des flexiblen Fertigungssystems betrachtet. Die Autonomie wird dabei als gering angenommen, wenn die FFS-Organisation einer systemexternen Leitung untersteht. Den höchsten Autonomiewert realisieren hingegen Systeme, deren Leitung intern und kol­ lektiv durch ein Team wahrgenommen wird. Zur Strukturautorität liegen Angaben über 105 FFS vor. Am häufigsten wird die Leitung des flexiblen Fertigungssystems einer externen Instanz übertragen (=48,6%). Diese FFS-Organisationen unterstehen gewöhnlich dem Meister des übergeordneten Fertigungsbereichs (z. B. der Gehäusefertigung), in zwei Fällen so­ gar direkt dem Fertigungs- bzw. Werksleiter. Insgesamt 40,0% der Anwendungsfälle 212 213 214

Vgl. allgemein REFA 1991a, S. 164; Kieser/Kubicek 1992, S. 83. Vgl. Maleki 1991, p. 253. Siehe ähnlich REFA 1990, S. 38. Siehe zu den alternativen Formen der Systemleitung Frage Nr. 16 des Erhebungsbogens auf S. 418 im Anhang.

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

240

delegieren die Verantwortung für den FFS-Betrieb an eine Instanz des Personalsy­ stems und in 11,4% der Systeme übernimmt ein Team die Gesamtverantwortung für den Routineeinsatz (vgl. Abb. 4-10). Auch dieses Ergebnis kann als Ausdruck einer strukturmodemen Arbeitsorganisation interpretiert werden, in welcher die Fremd­ kontrolle durch externe Instanzen weitgehend von einem eigenverantwortlichen Per­ sonalsystem abgelöst wird.

Strukturautorität in FFS 60,0% 0)

50,0% CD W 'c CD

40,0%--------

O

30,0%

CD

20,0%

48,6%

40,0%

in

10,0%

11,4%

ii

0,0%

extern

intern (Instanz)

intern (Team)

Form der Systemleitung

Abb. 4-10: Strukturautorität in flexiblen Fertigungssystemen

4. 4

Stukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen

4.4.1 Grundlagen des Job Rotation Nach Kreikebaum umfaßt der gezielte Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) den planmä­ ßigen, in definierten Intervallen erfolgenden Wechsel an Arbeitsplätzen und Tätigkeiten

Stukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen

241

innerhalb einer bestimmten Organisationseinheit.215 Ein Merkmal des gezielten Arbeits­ platzwechsels ist das Rotationsintervall, welches stündlich, mehrstündlich, täglich, wö­ chentlich oder monatlich vorgenommen werden kann 216 In bezug auf die Festlegung des Rotationsmodus kann eine Selbstbestimmung durch die Mitglieder der Organisati­ onseinheit erfolgen oder von außen im Zuge einer Fremdbestimmung vorgegeben wer­ den 217 Das Job Rotation kann in den Positionswechsel Stellen mit annähernd gleichen Tätigkeitsanforderungen - typischerweise primärfunktional - einschließen. Es handelt sich dabei um eine multipersonale Ausprägungsform der Arbeitserweiterung 218 Werden darüber hinaus auch planende und unterstützende Tätigkeiten eingebunden, so besitzt der Arbeitsplatzwechsel für vormals primärfunktionale Stellen den Charakter eines Job En­ richment.219 Der Arbeitsplatzwechsel wird ferner durch die Anzahl der rotierenden Stellen charakterisiert. Er kann auf bestimmte Stellen eines Produktionssystems be­ schränkt oder vollständig im Sinne eines ,Rundumwechsels‘ durchgefuhrt werden.220 Allgemein wird mit dem gezielten Arbeitsplatzwechsel ein verbesserter Erfüllungsgrad der Produktions- und Untemehmensziele angestrebt221 Der arbeitserweitemde Positi­ onswechsel verfolgt den Abbau von einseitigen physischen und/oder psychischen Bela­ stungen sowie die Reduzierung des Monotonieempfindens der Mitarbeiter bei gleichzei­ tiger Leistungssteigerung und Fehlzeitensenkung 222 Bezogen auf ein bereicherndes Job Rotation interessiert aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Möglichkeit zur Ausschöp­ fung personeller Flexibilität, die im wesentlichen auf einer breiteren Qualifikationsbasis der Mitarbeiter beruht223 Über diesen flexibilitätsschaffenden Qualifizierungseffekt hinaus bietet der gezielte Arbeitsplatzwechsel die Chance, Einblicke in die Organisati­ onszusammenhänge des Betriebs bzw. des Unternehmens zu vermitteln und die kommu­ nikative Verständigung zwischen den verschiedenen Organisationsbereichen zu verbes­ 215

216 217 218 219 220 221 222

223

Vgl. Kreikebaum 1996, Sp. 645. Siehe ähnlich Ulich/Groskurth/Bruggemann 1973, S. 66. Das Merkmal der Planmäßigkeit schließt somit die Betrachtung eines in der Produkti­ on häufig implementierten, störungskompensierenden Springersystems aus. Diese Abgren­ zung findet sich auch in v. Eckardstein 1970, S. 774; sowie Gaugler/Kolb/Ling 1976, S. 136-137. Vgl. Kreikebaum/Herbert 1988, S. 86. Vgl. Rohmert/Weg 1976, S. 28; REFA 1991a, S. 208. Vgl. Rohmert/Weg 1976, S. 29. Vgl. Grob/Haffner 1982, S. 27. Vgl. Ulich 1972, S. 266; Möller 1993, S. 127. Siehe zu einem umfassenden Zielkatalog des Job Rotation Rohmert/Weg 1976, S. 28. Zu dieser Form des Positionswechsels als Mittel gegen »einförmige Arbeit4 merkt bereits Bramesfeld an: „Den kleinen Mehraufwand jur die mehrfache Anlernung und die etwaige Einbuße an Routine überwiegt der Gewinn an Arbeitsfrische durch den Fortfall der Mono­ toniebeschwerden Bramesfeld 1952, S. 8. Vgl. darüber hinaus zum Arbeitsplatzwechsel auf gleichem Anforderungsniveau als Maßnahme gegen monotone Tätigkeiten Grandjean 1974, S. 14. Vgl. dazu bereits Friedmann 1959, S. 16-20; sowie v. Eckardstein 1970, S. 774-775; Bühner 1986c, S. 18; Meine/Pornschlegel 1987, S. 57.

242

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

sem, um auf diese Weise ein abteilungsbezogenes Ressortdenken sowie die damit ver­ bundene , Betriebsblindheit4 aufzubrechen.224 Ferner kann die Ausschöpfung eines Ro­ tationspotentials die Mobilität der Beschäftigten in der Weise erhöhen, daß innerbetrieb­ liche Stellenumbesetzungen erleichtert sowie zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten geschaffen werden.225

4.4.2 Einsatzverbreitung des Job Rotation in FFS Zur Einsatzverbreitung des gezielten Arbeitsplatzwechsels in flexiblen Fertigungssyste­ men liegen bislang keine auf einer größeren Auswertungsgesamtheit beruhenden Ergeb­ nisse anderer Untersuchungen vor 226 Auch sonst lassen sich aus der vorliegenden Lite­ ratur nur vereinzelt Informationen über das Job Rotation in FFS entnehmen. So kommt zum Beispiel eine 1987 bei fünf flexiblen Fertigungssystemen durchgeführte Studie zu dem Ergebnis, daß drei der betrachteten Einsatzfälle eine Form rotierender Stellen implementiert haben.227

In der Fallstudie von Adler wird im „Neotrad“-NS kein formeller Arbeitsplatzwechsel umgesetzt, sondern ein am System der organisatorischen Regelungen , vorbeigehendes4 informelles Job Rotation 228 Anders wird hingegen eine Strukturdynamik im „Team Corp“-NS reflektiert. Dort werden alle Systemstellen, auch die des Leitstandführers, in einen wöchentlichen Rotationszyklus eingebunden 229 Das Rotationsmuster selbst wird durch die Systemgruppe bestimmt.

Talavage und Hannam beschreiben eine für FFS ,typische4 Form des Arbeitsplatz­ wechsels zwischen Aufspannem und ,operativen4 Systembedienem bei gleichzeitigem Ausschluß dispositiver Systemfunktionen 230 Pauschal stellen sie die Identifizierung der

224 225 226

227 228

229

230

Vgl. den Hertog 1978, S. 59; Moldaschl 1994, S. 276. Vgl. v. Eckardstein 1970, S. 775. Siehe zur Einsatzverbreitung des Job Rotation Frage Nr. 17a des Erhebungsbogens auf S. 418 im Anhang. Vgl. Maly 1989, p. 637. Vgl. Adler 1991, p. 453. Ein informelles Swapping von Tätigkeiten trotz stationärer Ar­ beitsplatzstruktur des Personalsystems kann auch Jones in einigen amerikanischen FFS be­ obachten und kommt zu dem Schluß, daß diese Umgehung des formalen Organisationssy­ stems essentiell für die Aufrechterhaltung des Produktionsbetriebs dieser Systeme ist. Vgl. Jones 1997, p. 146. Vgl. Adler 1991, p. 450. Eine ähnliche Beschreibung des vollständigen und selbstbe­ stimmten Positionswechsels auf Gruppenarbeitsbasis in einem anderen FFS findet sich in Sun/Gertsen 1995, p. 371. vg| Talavage/Hannam 1988, p. 148. Siehe zu ähnlichen Beispielen eines ,eingeschränk­ ten‘Arbeitsplatzwechsels Herrdum 1985, S. 74; Weber/Ulich 1993, pp. 28-29.

Stukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen

243

Mitglieder des Personalsystems mit dem FFS sowie die gestiegene Personalflexibilität als Vorteile der (eingeschränkten) Stellenrotation heraus.

Ähnlich behandelt auch Lenz den Arbeitsplatzwechsel in FFS.231 Er geht allerdings von einer vollständigen Rotation innerhalb des Personalsystems aus. Darin kann jeder Bedie­ ner alle im Systembetrieb erforderlichen Tätigkeiten ausüben. Lenz berichtet von einem Rotationszyklus, der üblicherweise die einwöchige Verweilzeit auf jeder Stelle vor­ sieht.232 Auch hier wird die aus dem Wechsel erwachsende Personalflexibilität als Hauptvorteil betrachtet, weil eine spezifische Funktion nicht mehr zum Engpaß im FFSBetrieb werden kann. Nachteilig am Arbeitsplatzwechsel in flexiblen Fertigungssystemen wirken höhere Lohnkosten aus der gestiegenen Qualifikation, die Kosten der vorangeschalteten Qualifi­ zierung sowie das Nebeneinander einer wechselnden Ausführung zwischen anspruchs­ vollen Tätigkeiten mit hohen Qualifikationsanforderungen (z. B. NC-Programmierung in der ersten Woche) und einfachen Aufgaben mit niedrigen Anforderungen (beispielswei­ se Palettierung in der zweiten Woche).233 Eine vergleichbare Problematik kann auch JONES in den amerikanischen FFS mit rotierenden Arbeitsplatzstrukturen feststellen. Dort ist die Stelle des Aufspanners nur selten in den Wechsel einbezogen. Jene Mitglie­ der des Personalsystems mit einem höheren Qualifikationsniveau „disparaged loading as beneath their status

Die multipersonal ausgerichtete Maßnahme des gezielten Arbeitsplatzwechsels ist in 64,4% der erfaßten FFS (N = 104) nicht realisiert. Hier sind stationäre Arbeitsplatz­ strukturen eingerichtet. Dagegen werden in 35,6% der betrachteten Einsatzfälle ro­ tierende Arbeitsplatzstrukturen umgesetzt (vgl. Abb. 4-11).235

231 232

233 234

235

Vgl. dazu sowie zu den folgenden Ausführungen Lenz 1988, p. 288. Im Kontext des Rotationsintervalls in FFS ist zu beachten, daß aufgrund der vergleichsweise hohen Tätigkeitsanforderungen und langen Ausfuhrungszeit der Einzelaufgaben eine über die Einarbeitungsdauer reichende Verweilzeit auf jedem Arbeitsplatz berücksichtigt wird. Deshalb ist ein stündlicher oder täglicher Wechsel unwahrscheinlich. Vgl. allgemein v. Eckardstein 1970, S. 777; sowie speziell Schmidt 1985, p. 301. Vgl. speziell zur Problematik des Anforderungsgefälles auch Gerwin/Leung 1980, p. 241; Maly 1989, p. 637. Siehe Jones 1997, p. 145. Auch das nachfolgende Zitat betont die Problematik des Anforderungs- und Statusgefälles als Hinderungsgrund einer breiteren Umsetzung des Job Rotation in FFS: „People in relatively high status jobs were reluctant to even temporarily perform low status work. This factor would make it difficult to institute more Job rotation.“ Gerwin/Leung 1980, p. 241. Diese Aussage basiert auf Einzelbeobachtungen des Personalsy­ stems mehrerer FFS. Ähnlich haben Kreikebaum und Herbert bei metallverarbeitenden Unternehmen festge­ stellt, daß dem Arbeitsplatzwechsel ein vergleichsweise geringer Stellenwert beigemessen wird. Vgl. Kreikebaum/Herbert 1990, S. 107.

244

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Strukturdynamik in FFS

0) c o ro 'c CÜ

O co

II

Arbeitsplatzstrukturen Abb. 4-11: Strukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen

4.4.3 Implementierte Rotationsstrukturen Die Strukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen läßt sich weiterführend durch den realisierten Rotationsradius beschreiben. Der räumliche Rotationsradius bezieht sich auf die Reichweite der in den Wechsel eingebundenen Arbeitsplätze. Davon ist ein funktio­ naler Rotationsradius zu unterscheiden, welcher das Ausmaß der in die Rotation inte­ grierten Primärfunktionen, supportiven und dispositiven Sekundärfimktionen beschreibt. Eine Kombination von räumlicher und funktionaler Rotationsstruktur kann mehrere Ausprägungsformen annehmen, die in der folgenden Abbildung schematisch dargestellt sind (vgl. Abb. 4-12) 236 (I)

Räumlicher Rotationsradius

Im einzelnen kann der Rotationsbereich auf die Systemgrenzen des flexiblen Fertigungs­ systems beschränkt sein (systeminterne Rotation), oder darüber hinaus noch andere Ar­ beitsaufgaben innerhalb der Produktion und/oder des Unternehmens enthalten (sy­ stemexterne Rotation). Systemübergreifend eröffnen sich Möglichkeiten, nicht nur mit 236

Siehe zu den Rotationsstrukturen Frage Nr. 17b des Erhebungsbogens auf S. 418 im Anhang.

Stukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen

245

Einzelmaschinen der konventionellen Fertigung vor- und nachgelagerter Produktionsstu­ fen oder auch mit anderen flexiblen Fertigungssystemen - sofern eine betriebliche Mehr­ fachanwendung vorliegt - zu rotieren, sondern auch produktionsunterstützende Abtei­ lungen, die Montage sowie andere Funktionsbereiche des Unternehmens (z. B. den Vertrieb oder die Konstruktionsabteilung) in den extern gerichteten Arbeitsplatzwechsel einzubinden. In bezug auf die Qualifikationsstruktur des gesamten Produktionsbereichs kann mit einer systemexternen Rotation das FFS als ,Qualifizierungsvehiker (Lemlabor) genutzt werden, um eine allgemeine Aufwertung der Handlungskompetenz für den betriebsintemen Umgang mit rechnergestützer Fertigungstechnik herbeizuführen.

Abb. 4-12: Alternative Rotationsstrukturen im FFS-Betrieb

Ein Beispiel für die systemextern produktionsübergreifende Rotation findet sich bei ei­ nem japanischen Hersteller von PräzisionsWerkzeugen. Dort wird durch die Untemeh-

246

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

mensplanung eine jährlich wechselnde Struktur werksintemer Versetzungen bestimmt, die auch eine Rotation zwischen dem flexiblen Fertigungssystem und anderen Unter­ nehmensbereichen beinhaltet und Mitarbeiter mit Hochschulabschluß einschließt.237 (II)

Funktionaler Rotationsradius

Ferner kann zwischen einem vollständigen und einem eingeschränkten Wechsel der Ar­ beitsplätze in einem flexiblen Fertigungssystem unterschieden werden. Der vollständige Wechsel bindet alle Aufgabenbereiche innerhalb des FFS ein, der eingeschränkte Wech­ sel schließt bestimmte Arbeitsplätze aus der Rotation aus. Im Regelfall sind diese Rotationsaltemativen deckungsgleich mit dem komplexen bzw. einfachen Arbeitsplatzwech­ sel.238 Die in die Rotationsfolge des einfachen Wechsels einbezogenen Stellen des Personalsystems befinden sich weitgehend auf gleichem Anforderungsniveau, zum Bei­ spiel die Primärfunktionen des FFS-Betriebs. Darüber hinaus können Aufgaben mit un­ terschiedlichen Anforderungen in einen komplexen Wechsel integriert sein, der bei­ spielsweise dann auch die Sekundärfunktionen einschließt. Am häufigsten wird in den erfaßten FFS mit gezieltem Arbeitsplatzwechsel (N = 37) eine systemintern vollständige Rotation (INvollständig) umgesetzt (= 48,6%).

In lediglich 13,5% der FFS erfolgt systemintern eine eingeschränkte Rotation (INeingeschränkt). So wird zum Beispiel in der FFS-Organisation eines schweize­ rischen Unternehmens die Stelle des Vorrichtungsrüsters nicht mit in den Aufga­ benwechsel der Systembediener einbezogen. In ähnlicher Weise werden in dem Sy­ stem eines deutschen Automobilherstellers die Stellen des Aufspanners und Werkstückprüfers aus der Rotation ausgeschlossen. In der FFS-Organisation eines kanadischen Papiermaschinenherstellers werden die Systemleitung und die Stelle des Rüsters nicht in den Positionswechsel des Personalsystems einbezogen.

Ein systemintern eingeschränkter Wechsel mit externer Anbindung an andere Berei­ che der Produktion liegt in 10,8% der flexiblen Fertigungssysteme mit Job Rotation vor (IN eingeschränkt_EX). Ein finnischer Hersteller von Ventiltechnik praktiziert einen systemintern eingeschränkten Wechsel durch Ausschluß der Produktionspla­ nungsaufgaben bei gleichzeitiger Rotation des FFS-Personals mit dem Montagebe­ reich. In ähnlicher Weise setzt auch ein britischer Landmaschinenbauer die Rotation um. Dort erfolgt eine stationäre Zuordnung der Systeminstandhaltung sowie der NCProgrammierung an spezialisierte Stellen. Die übrigen Positionen werden auch in den Montagebereich hinein rotiert. Eine Strukturdynamik, die systemintern vollständig und systemextern rotierende Arbeitsplätze (INvollständigEX) vorsieht, wird in 27,0% der Anwendungsfälle realisiert. Ein finnischer Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen rotiert system­ intern alle Stellen des Personalsystems und dehnt diese Rotation in den angeglie­ derten Montagebereich aus. Fünf weitere Einsatzfälle nehmen einen vollständigen 237

Vgl. D'IrIBARNE 1982, S. 35.

238

Vgl. WöCHERL 1988,S. 56.

247

Stukturdynamik in flexiblen Fertigungssystemen

Arbeitsplatzwechsel mit systemexternen Bereichen der mechanischen Fertigung vor, der eine Tätigkeit an unverketteten Werkzeugmaschinen vorsieht. Schließlich gibt ein amerikanischer Anwender an, daß systeminternes Personal mit den Produktions­ funktionen Materialhandhabung und Qualitätskontrolle rotiert. Ein Betrieb des Werkzeugmaschinenbaus dehnt den Arbeitsplatzwechsel des Personalsystems auf andere werksinteme flexible Fertigungssysteme und Produktionsbereiche aus. Eine Rotation mit fertigungsextemen Bereichen des Unternehmens wird allerdings in kei­ nem der erfaßten FFS realisiert.

Die nachstehende Abbildung 4-13 faßt die Erhebungsergebnisse zu den alternativen Ro­ tationsstrukturen in flexiblen Fertigungssystemen zusammen.

Strukturdynamik in FFS 60,0% 50,0%

40,0% 30,0%

20,0% 10,0%

0,0% IN_eingeschränkt

IN_vollständig

IN_eingeschränkt_EX

Arbeitsplatzstrukturen

Abb. 4-13: Realisierte Rotationsstrukturen im FFS-Betrieb

IN_vollständig_EX

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

248

4. 5

Strukturkooperation in flexiblen F ertigungssy stemen

4.5.1 Grundlagen der Gruppenarbeit Zum Begriff der Gruppen- oder Teamarbeit liegt keine einheitliche Definition vor.239 Dennoch läßt sich Gruppenarbeit anhand mehrerer konstituierender Merkmale beschrei­ ben, zu denen

• • • • • •

die Mehrzahl von Personen, eine kooperative Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedem, der Gruppenfortbestand über einen längeren Zeitraum hinweg, die Rollendifferenzierung der Gruppenmitglieder, das Vorhandensein gemeinsamer Normen und Ziele sowie die Existenz eines Wir-Gefühls

gehören.240 Das Merkmal der Personenmehrzahl drückt aus, daß eine Arbeitsgruppe aus mindestens zwei Mitgliedern besteht. Eine kooperative Interaktion zwischen den Grup­ penmitgliedem läßt sich durch netzförmige Kommunikationsstrukturen im Rahmen der Aufgabenerfüllung abbilden. Gruppennormen sind „Spielregeln für die gemeinsame Kommunikation und Kooperation, über die bei den Gruppenmitgliedern ein Konsens be­ steht.“241 Das Wir-Gefühl beschreibt die Gruppenkohäsion, die einen Indikator dafür bildet, ob die Gruppenmitglieder eine ,echte4 soziale Gemeinschaft bilden, das heißt zu­ sammenpassen und sich zusammengehörig fühlen.242 Das Ausmaß der Gruppenkohäsi­ on wird unter anderem durch die Ähnlichkeit der Mitglieder in bezug auf Einstellungen, Werthaltungen, Schul- und Berufsausbildung, Alter, Zugehörigkeit zu bestimmten so­ zialen Schichten, aber auch durch die gruppeninteme Kontakthäufigkeit sowie durch von außen auf die Gruppe wirkende Einflüsse, beispielsweise im Sinne eines Konkurrenz­ drucks durch andere Gruppen, determiniert.243

Eine wesentliche Voraussetzung für das Vorliegen teilautonomer Gruppenarbeit ist die Übertragung einer ganzheitlichen Aufgabe zur kollektiven Verantwortung.244 Dies setzt ein bestimmtes Maß an Gruppenautonomie voraus 245 Gesamthafte Verantwortung für 239 240

241 242 243 244 245

In dieser Arbeit wird keine Unterscheidung zwischen Gruppen- und Teamarbeit vorgenom­ men. Siehe zu einer ähnlichen Gleichschaltung der Begriffe Saurwein 1992, S. 95. Vgl. v. Cranach/Ochsenbein/Tschan 1989, S. 109; v. Rosenstiel 1992, S. 261; AKNA 1993, S. 17-18. Diergarten 1994, S. 207. Vgl. hierzu bereits Bramesfeld 1952, S. 9. Vgl. Marr/Stitzel 1979, S. 204-205. Vgl. Lattmann 1972, S. 27; Cummings/Molloy 1977, p. 21; Hackman 1977, p. 141. Vgl. Rühl 1973, S. 182; Hackman 1977, p. 141.

249

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

Entscheidungen und Handlungen manifestiert sich dabei nicht in der Person des Grup­ pensprechers, sondern erstreckt sich auf alle Gruppenmitglieder, die bei Fehlent­ scheidungen bzw. -handlungen dann auch einer kollektiven Sanktionierung durch das Produktionsmanagement unterliegen.246 Die Delegation einer ergebnisorientierten Kon­ trolle der Gruppenleistung substituiert die Überwachung der Arbeitsabläufe durch Vor­ gesetzte.247 Vielfach wird in diesem Zusammenhang die Forderung gestellt, daß die Gruppenaufgabe für alle Gruppenmitglieder überschaubar sei und einen inneren Aufga­ benzusammenhang aufweise.248 Dies entspricht auch der Vorstellung, daß das Arbeits­ ergebnis einer Gruppe einen für die Erstellung des Gesamtprodukts erkennbaren und sinnvollen Beitrag leiste.249 Mit Einführung einer teilautonomen Arbeitsgruppe wird häufig die Gewährleistung einer weitgehenden Selbstregulation eines Arbeitssystems beabsichtigt250 Eng mit dem Merkmal der Personenmehrzahl verbunden ist die Forderung nach der optimalen' bzw. überschaubaren Gruppengröße 251 Durch Beschränkung der Gruppengröße wird eine kooperative Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedem ermöglicht. Mit zunehmender Gruppengröße erweitert sich die physische Distanz zwischen den Mitgliedern und er­ schwert somit die gruppenintemen Kommunikationsprozesse.252 Anzustreben ist dabei der direkte Blickkontakt zwischen den Mitgliedern, aber auch die Möglichkeit der un­ mittelbaren akustischen Verständigung 253 Zur Herausbildung eines Wir-Gefühls ist die Gruppe darüber hinaus von anderen Arbeitsgruppen räumlich und organisatorisch klar abzugrenzen.254 Üblicherweise wird die Forderung nach Qualifikationspolyvalenz („multi-skilling“) mit dem Ziel verbunden, eine personelle Flexibilitätserhöhung durch Beherrschung aller im Zusammenhang mit der Erfüllung der Gruppenaufgabe an­ fallenden Teilaufgaben zu ermöglichen.255 Eine homogene Qualifikationsstruktur ge­ währleistet den gruppenintemen Ausgleich von Schwankungen des Arbeitsvolumens an einzelnen Arbeitsplätzen. Bei auftretenden Störungen des Arbeitsablaufs können sich die Gruppenmitglieder im Kontext der Beseitigung gegenseitig unterstützen. Außerdem ge­ währleistet Qualifikationspolyvalenz die Kompensation von Urlaubs- und krankheitbe­ dingten Personalschwankungen.256 Die Entlohnung der Gruppenmitglieder erfolgt übli­ 246 247 248 249 250 251

252 253 254 255 256

Vgl. Fotilas 1980, S. 105. Vgl. Alioth 1980, S. 45; AKNA 1993, S. 17. Vgl. Cummings/Molloy 1977, p. 21; Alioth 1980, S. 45. Vgl. Rühl 1973, S. 182; Cummings/Molloy 1977, p. 27. Vgl. Antoni 1993, S. 175. Vgl. Rühl 1973, S. 182; v. Cranach/Ochsenbein/Tschan 1989, S. 104. Vgl. Weinert 1987, S. 323. Vgl. Weinert 1987, S. 318; Bühner/Pharao 1992, S. 53; Smith et al. Vgl. Rühl 1973, S. 182; AKNA 1993, S. 17. Vgl. Hackman 1977, p. 141; Lutz 1988, S. 104; Rubenowitz 1992, p. Vgl. zu den Flexibilitätswirkungen polyvalenter Gruppenqualifikation Bühner/Pharao 1992, S. 53.

S. 109; Lutz 1988,

1992, p. 64. 105. Alioth 1980, S. 45;

250

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

cherweise leistungsbezogen für die Gruppe als Ganzes.257 Mit Gruppenarbeit kann die Umsetzung eines umfangreichen Katalogs von betriebswirt­ schaftlichen Zielsetzungen angestrebt werden, die wirtschaftliche Teilziele (z. B. Pro­ duktivitätssteigerungen) sowie soziale Zielvorstellungen (beispielsweise Erhöhung der Arbeitszufriedenheit) gleichermaßen einschließen 258

4.5.2 Einsatzverbreitung der Gruppenarbeit in FFS Vielfach enthält die Literatur zu flexiblen Fertigungssystemen die Forderung nach Ein­ satz von Gruppenarbeit.259 So spricht zum Beispiel EVERSHEIM von einem Systemteam, dem ein Mannschaftsführer als Ansprechpartner für die produktionsunterstützenden Ab­ teilungen zur Verfügung steht.260 Dieser Gruppensprecher übernimmt auch Führungs­ funktionen innerhalb der Gruppe. Die Position kann dabei in eine Form des gezielten Arbeitsplatzwechsels eingebunden sein. Dem Systemteam zugeordnet ist ferner ein Trai­ ner zur Betreuung kontinuierlich stattfindender Schulungsmaßnahmen. Adler verbindet die Forderung nach Gruppenarbeit explizit mit dem (arbeitsorganisatorischen) Zieler­ füllungsgrad. Er greift die in praxi häufig beobachtbare und als ,unzufriedenstellend4 be­ urteilte Systemleistung mit Nutzungsgraden zwischen 50% und 60% auf und vermutet in gruppenbezogenen Arbeitsplatzstrukturen ein wirksames Mittel zur Leistungssteige­ rung.261

Die Teilnehmer dieser Untersuchung wurden um die Angabe gebeten, ob in ihrem FFS ein Systemteam zur Aufgabenerfüllung realisiert sei, oder nicht 262 Auf eine definitorische Vorgabe im Erhebungsbogen wurde jedoch verzichtet. Somit können die untemehmensspezifischen Auslegungen von Einzel- versus Gruppenarbeit geringfügig voneinan­ der ab weichen. Die Pretests haben jedoch gezeigt, daß in praxi eine weitgehende Begriffsübereinstimmung von Gruppen/Teamarbeit einerseits sowie Einzelarbeit ande­ rerseits vorherrscht. Auch über den Verbreitungsgrad von Gruppenarbeit in flexiblen Fertigungssystemen lassen sich aus der Literatur nur vereinzelte Aussagen entnehmen, zumeist auf der Basis von Fallstudien. So stellte eine Untersuchung von sieben flexiblen Fertigungssystemen 257 258 259 260 261 262

Vgl. Hackman 1977, p. 141. Siehe zu einer umfassenden Auflistung diverser Gruppenarbeitsziele Rohmert/Weg 1976, S. 38; AKNA 1993, S. 13; Niefer 1993, S. 57-62; Nedeo/Mallon/Strosina 1995, S. 74. Vgl. Gerwin 1982, S. 70; Spur 1985, S. 12; Jaikumar 1989, p. 121; Maly 1989, p. 635; Boer/Krabbendam 1992, p. 35; Gupta/Chen/Rom 1993, p. 34; Sun/Gertsen 1995, p. 373. Vgl. Eversheim 1990, S. 216. Vgl. Adler 1991, p. 448. Siehe zur Einsatzverbreitung von Gruppenarbeit Frage Nr. 18a des Erhebungsbogens auf S. 419 im Anhang.

251

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

in den Niederlanden, Belgien und Großbritannien fest, daß in keinem der FFS ein po­ lyvalent qualifiziertes Systemteam eingerichtet war.263 Darüber hinaus finden sich di­ verse Beschreibungen über realisierte Praxisbeispiele zur Gruppenarbeit in flexiblen F ertigungssy Sternen.2 64 Knapp mehrheitlich sind in den erfaßten flexiblen Fertigungssysteme (N = 104) Gruppenarbeitsplatzstrukturen realisiert (= 53,8%). Die Einzelarbeit als Form der Strukturkooperation geringerer Intensität wird dagegen in 46,2% der Anwendungs­ fälle praktiziert (vgl. Abb. 4-14) 265

Strukturkooperation in FFS

Einzelarbeitsplätze

Gruppenarbeitsplätze

Abb. 4-14: Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

263 264 265

Vgl. Boer/Hill/Krabbendam 1990, p. 17. Vgl. z. B. Schultz-Wild 1986b, S. 192. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine bei 60 CAM-Anwendem in der Schweiz durchge­ führte Untersuchung. Dort haben 53,0% der befragten Unternehmen Gruppenarbeitsplatz­ strukturen aufProduktionsebene implementiert. Vgl. Pardo et al. 1995, p. 331.

252

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Eine kombinierte Betrachtung von Strukturdynamik und Strukturkooperation (N = 104 FFS) zeigt folgende Einsatzverbreitung alternativer Ausprägungsformen:266 stationäre Einzelarbeitsplatzstrukturen:..................... 36,5%; rotierende Einzelarbeitsplatzstrukturen:...................... 9,6%; stationäre Gruppenarbeitsplatzstrukturen:................. 27,9%; rotierende Gruppenarbeitsplatzstrukturen: ................ 26,0%.

Im einzelnen hat die Mehrheit der 67 FFS-Organisationen mit stationären Arbeits­ platzstrukturen eine auf Einzelarbeit basierende Form der Strukturkooperation reali­ siert (= 56,7%). Im Vergleich dazu sind in 43,3% dieser FFS stationäre Gruppenar­ beitsplätze im Personalsystem eingerichtet. Prägnanter sind die Ergebnisse zur kombinierten Arbeitsform in den 37 flexiblen Fertigungssystemen mit Job Rotation. Lediglich 27,0% dieser Anwender organisieren den Arbeitsplatzwechsel auf der Ba­ sis von Einzelarbeitsplätzen, während die überwiegende Mehrheit Arbeitsplatzwech­ sel und Gruppenarbeit gemeinsam in Form der Rotationsgruppe umsetzen (= 73,0%) 267

Die gelegentlich in der Literatur vorfindbare Auffassung, es handele sich bei Job Rotation um ein konstituierendes Merkmal der Gruppenarbeit, kann mit den eigenen Untersuchungsergebnissen nicht gestützt werden.268 Als Tendenzaussage läßt sich jedoch festhalten, daß Gruppenarbeit eher in flexiblen Fertigungssystemen mit Job Rotation eingerichtet ist als in Systemen mit Einzelarbeit (vgl. Abb. 4-15).

266

267

268

Die 1995 bei 1.305 deutschen Industriebetrieben durchgeführte ISI-Untersuchung legt Grup­ penarbeit als rotierende Struktur eng aus und kann diese Arbeitsform in lediglich einem Drittel der erfaßten Unternehmen feststellen. Darüber hinaus planten 11% der befragten In­ dustrieunternehmen die erstmalige Anwendung der Gruppenarbeit. Die Forscher des Fraunhofer-Instituts erkennen darin eine verlangsamte Verbreitung von Gruppenstruktu­ ren in der Produktion. Vgl. o. V. [VDI-Z] 1997a, S. 22. Vgl. zum Begriff der ,Rotationsgruppe* Gaugler/Kolb/Ling 1976, S. 136; Antoni 1993, S. 173. Siehe zur Gleichsetzung von Teamarbeit und Job Rotation in flexiblen Fertigungssystemen zum Beispiel Lenz 1988, p. 288. Allgemein erkennen auch Harvey und v. Behr das Job Rotation als konstituierendes Element von Gruppenarbeit. Vgl. dazu Harvey/v. Behr 1994, p. 354; sowie ähnlich Bowey/Connolly 1975, p. 186.

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

253

Kombinierte Arbeitsplatzstrukturen in FFS 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% stationär

rotierend

Strukturdynamik

□ Gruppenarbeit

■ Einzelarbeit

Abb. 4-15: Kombinierte Arbeitsplatzstrukturen in flexiblen Fertigungssystemen

4.5.3 Gründe der Nichteinfuhrung gruppenbezogener Arbeitsplätze Gründe gegen die Einführung von gruppenbezogenen Arbeitsplatzstrukturen werden in der Literatur im Regelfall nicht thematisiert.269 Über die Erfassung der Einsatzverbrei­ tung von Gruppenarbeit in flexiblen Fertigungssystemen hinaus erscheinen deshalb auch Informationen jener Anwender von Interesse, die (bislang) keine teamorientierten Ar­ beitsstrukturen realisiert haben.270 Diese Angaben ergänzen die Untersuchungsergebnis­ se zur Einsatzverbreitung.

269

270

Eine Ausnahme bildet das Anwendungsbeispiel eines FFS in der Fahrzeugzuliefererindu­ strie. Darin wurde zwar ein Potential zur Effizienzsteigerung des Systembetriebs durch Ein­ satz einer teilautonomen Arbeitsgruppe mit kollektivem Verantwortungsbereich erkannt. Aufgrund des starken Anforderungsgefälles der Systemtätigkeiten sowie der räumlichen Streuung der systeminternen Arbeitsplätze wurde auf die Arbeitsform der Gruppe dann je­ doch verzichtet. Vgl. Heisel/Stephan/Gugenberger 1994, S. 454. Siehe zu den Gründen einer (bislang) nicht erfolgten Implementierung von Gruppenarbeit Frage Nr. 18b des Erhebungsbogens auf S. 419 im Anhang.

254

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Auf die Frage nach dem potentiellen Einsatz eines Systemteams haben 33 von 48 Systemanwendem ohne Gruppenarbeit angegeben, diese Arbeitsstruktur für das Per­ sonalsystem ihres FFS bereits in Erwägung gezogen zu haben (= 68,8%). Lediglich 15 dieser Anwender haben bis zum Erhebungszeitpunkt Gruppenarbeitsstrukturen nicht erwogen (= 31,2%).

Weiterführende Angaben liegen über die 33 Anwender vor, die ein Gruppenarbeits­ potential grundsätzlich erkannt haben. Diese Befragtengruppe läßt sich weiter unter­ gliedern in 1. Anwender, die den Umstellungsprozeß auf Gruppenarbeit bereits eingeleitet bzw. eine Entscheidung zugunsten der Einführung von teambasierten Arbeits­ strukturen noch zu treffen haben (N = 14), und 2. Anwender, die sich definitiv gegen eine Einführung von Gruppenarbeitsplatz­ strukturen entschieden haben (N = 19).

Zum Erhebungszeitpunkt war bei 21,4% der zur ersten Befragtengruppe gehörenden Anwender eine vorbereitende Planungsphase noch nicht abgeschlossen. Die Ent­ scheidung zur Umstellung der Strukturkooperation des Personalsystems von Einzelauf Gruppenarbeit war jedoch bereits getroffen. Eine andere Situation zeigte sich bei 78,6% dieser Systemnutzer. Hier wurde zum Erhebungszeitpunkt noch die Einsatz­ möglichkeit eines Systemteams geprüft und analysiert. Die Entscheidung für oder gegen eine künftige Umsetzung von Gruppenarbeitsplätzen stand somit noch aus.

Kriterien, die einen Systemanwender definitiv veranlassen, Einzelarbeitsplatz- an­ stelle von Gruppenarbeitsplatzstrukturen umzusetzen, können vielfältig und be­ triebsspezifisch sein. Mit dem Erhebungsbogen wurde den Teilnehmern der zweiten Befragtengruppe eine Mehrzahl von wahrscheinlichen Ursachen der Nichteinfüh­ rung vorgegeben. Zudem wurde die Möglichkeit eingeräumt, abweichende betriebs­ individuelle Gründe anzugeben. Davon machte lediglich ein FFS-Anwender Ge­ brauch (= 5,3%). Dieser Betrieb hatte ursprünglich die Einführung von Gruppenar­ beit in Erwägung gezogen, schließlich jedoch zugunsten des Ziels eines mannlosen FFS-Betriebs aufgegeben. Folgende Gründe wurden im Erhebungsbogen als mögliche Ablehnungsursachen der Einführung von Teamstrukturen in flexiblen Fertigungssystemen fest vorgegeben.

(I)

Unerfüllte Erwartungen in anderen Fertigungsbereichen

Erfahrungen mit Gruppenarbeit können bereits in anderen Fertigungsbereichen ge­ sammelt worden sein und dort die Erwartungen, auch die der Mitarbeiter, nicht erfüllt haben. Dies kann das (Produktions-)Management dazu veranlassen, eine ablehnende Haltung gegenüber teilautonomen Arbeitsgruppen in flexiblen Fertigungssystemen ein­ zunehmen. Allerdings führte dieses Argument in keinem der betrachteten FFS zur Nichteinfüh- I rung von Gruppenarbeit. |

(

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

(II)

255

Restriktiv hoher Qualifizierungsaufwand

Die Einführung teilautonomer Arbeitsgruppen erfordert Qualifizierungsmaßnahmen.271 Sofern mit dem Einsatz von Gruppenarbeit eine Polyvalenz der Qualifikationen ange­ strebt wird, sind Schulungsmaßnahmen zur Ausweitung der Handlungskompetenz ein­ zuleiten. Dies schließt vor allem die Vermittlung von Sozialkompetenz an die Mitglieder des Personalsystems ein. Allgemein steigen Umfang und Intensität der Qualifizierung mit der Strukturdezentralisation bei gleichzeitiger Reduzierung der Strukturspezialisie­ rung. Die entstehenden Qualifizierungskosten können ein Hinderungsgrund für die Um­ setzung teilautonomer Arbeitsgruppen sein, sofern kein kompensierender Nutzen zu er­ warten ist. Das Argument des restriktiv hohen Qualifizierungsaufwandes als Ablehnungsursa­ che von Gruppenarbeit wird lediglich von einem Anwender (= 5,3%) angegeben. Gerade dieser Betrieb beschreibt die qualifikatorische Ausgangssituation auf Werk­ stattebene vor der Einführung des flexiblen Fertigungssystems mit einem grundsätz­ lichen Mangel an qualifiziertem Personal.

(III)

Kein Arbeitnehmerwunsch nach Gruppenarbeit

Die Berücksichtigung interpersoneller Unterschiede des FFS-Personals kann eine Vor­ aussetzung für die erfolgreiche Implementation von neuen Formen der Arbeitsorganisa­ tion darstellen, zu denen auch die Gruppenarbeit zählt. Sofern sich die betroffenen Mit­ glieder des Personalsystems im Rahmen einer partizipativen Gestaltung der Arbeitsorga­ nisation gegen die Umsetzung gruppenorientierter Arbeit entscheiden, kann dies in der Nichteinführung resultieren.

| Dieser Ablehnungsgrund wurde von 15,8% der Anwender angegeben. (IV)

|

Geringe Eintrittswahrscheinlichkeit von Produktivitätssteigerungen

Aufgrund der ,zufriedenstellenden4 Systemleistung wurde in 47,4% der Systeme mit dem Einsatz eines Systemteams keine signifikante Verbesserung von Nutzung und Verfügbarkeit erwartet. Die Einführung dieser Form der Strukturkooperation wurde daher nicht weiter berücksichtigt. Die Einführung von Gruppenarbeit könnte allgemein jedoch eine Maßnahme zur Leistungssteigerung flexibler Fertigungssysteme darstellen. Dies belegen andeu­ tungsweise die eigenen Erhebungsergebnisse. Im Kontext eines Mittelwertvergleichs der Nutzungsgrade errechnet sich für die erfaßten flexiblen Fertigungssysteme mit Einzelarbeit (N = 47) ein durchschnittlicher Systemnutzungsgrad von 80,9%. Die­ sem Mittelwert steht ein ,geringfügig4 höherer durchschnittlicher Nutzungsgrad je­ ner FFS gegenüber, die eine Form der Gruppenarbeit realisiert haben (N = 55), nämlich 83,3%. Legt man vereinfachend auch an dieser Stelle eine jährliche Pro­ duktionszeit von maximal 6.240 Stunden zugrunde, dann ergibt sich auf der Basis 271

Siehe im einzelnen zum Qualifizierungsaufwand bei Umstellung auf Gruppenarbeitsplatz­ strukturen in der Fertigung Nedeb/Mallon/Strosina 1995, S. 77-83.

256

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

der jeweiligen Mittelwerte eine tatsächliche Produktionszeit der GruppenarbeitsSy­ steme, die knapp 150 Stunden über der durchschnittlichen produktiven Einsatzzeit jener FFS mit Einzelarbeitsplatzstrukturen liegt. Speziell die Anwender mit Einzelarbeitssystemen, die mit Einführung der Gruppen­ arbeit keine wesentliche Leistungsverbesserung ihres flexiblen Fertigungssystems erwarten, realisieren im Durchschnitt bereits einen Nutzungsgrad von 84,9%. Dieser liegt über dem Mittelwert der FFS-Organisationen mit Gruppenarbeit. Die Ableh­ nungsursache ,nicht erwartete Leistungssteigerungen4 scheint folglich plausibel zu sein. (V)

Größe der Systemmannschaft

Die Ablehnung der Einführung von Teamstrukturen wurde in 89,5% der betrachte­ ten flexiblen Fertigungssysteme darauf zurückgeführt, daß die für den FFS-Betrieb erforderliche Systemmannschaft zu klein sei, um Gruppenarbeit realisieren zu kön­ nen (»Erfordernis einer kritischen Teammasse4). Tatsächlich beträgt in FFSOrganisationen mit Gruppenarbeit die durchschnittliche Mannstärke über alle Schichten 9,9 Personen versus einem Mittelwert von 8,5 Mitarbeitern in Systemen auf Einzelarbeitsbasis (N = 102). Jene Anwender, die eine zu geringe Größe der Sy­ stemmannschaft als Hinderungsgrund für die Umsetzung von Gruppenarbeitsplatz­ strukturen erkennen, beschäftigen dagegen im Durchschnitt nur 6,1 Mitarbeiter in ihrem FFS.

Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, daß die obigen Ergebnisse ein überwiegendes Interesse an Teamstrukturen auch jener Betriebe verdeutlichen, die das Personalsystem ihres FFS letztlich ohne Gruppenarbeit organisieren. Eine mögliche Ursache hierfür kann die mit der zunehmenden Verbreitung ,moderner4 Konzepte der Fertigungsorgani­ sation einhergehende »Renaissance der Gruppenarbeit4 darstellen.272 Die folgende Abbildung faßt nochmals die Untersuchungsergebnisse zu den Formen der Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen zusammen (vgl. Abb. 4-16).

Diese Darstellung bestätigt weitestgehend die mit einer strukturmodemen Arbeitsor­ ganisation verknüpfte Vorstellung der Substitution von Einzelarbeit durch Gruppen­ arbeit. Lediglich 18,3% aller befragten FFS-Anwender hat die Umsetzung von Teamarbeit in den betrachteten Systemen definitiv abgelehnt.

272

Vgl. Antoni 1994a, S. 19-21; Ulich 1994, S. 171-173.

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

257

Abb. 4-16: Formen der Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

4.5.4 Kriterien der Gruppenautonomie in FFS Unter Gruppenautonomie wird in dieser Arbeit das Ausmaß der Mitwirkungsmöglich­ keiten einer Arbeitsgruppe an Entscheidungen der FFS-Organisation im Innenverhältnis verstanden. Organisatorische Autonomie betrifft beispielsweise die Regelung der Koor­ dination und Vertretung nach außen oder auch die Festlegung der Aufgabenverteilung, Pausen und Urlaubspläne.273 Aus dem Blickwinkel des Gesamtbetriebs kann Gruppen­ autonomie - auch in flexiblen Fertigungssystemen - immer nur eine Teilautonomie dar­ stellen, die ihre Grenzen in den betrieblichen Rahmenvorgaben findet 274 Als Ge­ staltungsziel der Gruppenarbeit kann jedoch die Forderung nach Schaffung eines um­ 273

Vgl. Antoni 1993, S. 177.

274

Vgl. Bartölke 1992, Sp. 2388.

258

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

fangreichen Autonomieprofils erhoben werden, um einen Zustand einer Pseudoautono­ mie zu vermeiden.275 Dies entspricht auch den Vorstellungen einer strukturmodemen Arbeitsorganisation.

Die Erfassung der Gruppenautonomie orientiert sich an einem Kriterienkatalog, der erstmals von Jon Gulowsen entwickelt wurde und zwecks Übertragung auf die einsatz­ spezifischen Bedingungen flexibler Fertigungssysteme in dieser Studie modifiziert wor­ den ist.276 Da diese Autonomiekriterien eindimensional sind, bietet sich zur weiteren Differenzierung eine Ergänzung um die folgenden Abstufungen an:277

1. 2. 3. 4.

Selbstbestimmung; Mitbestimmung in Form eines Mitwirkungs-, Vorschlags- und/oder Vetorechts; Kaum Einfluß in Form eines Informationsrechts bzw. der Wunschäußerung; Kein Einfluß.

Zur Gruppenautonomie liegen Angaben über 55 FFS-Organisationen vor. (I)

Einflußnahme auf das Werkstückspektrum

Ein erstes Autonomiekriterium beinhaltet die Einflußnahme der teilautonomen Arbeits­ gruppe auf die Formulierung gruppenrelevanter Ziele, und zwar in bezug auf qualitative und quantitative Aspekte 278 In qualitativer Hinsicht ist hiermit die Entscheidung über die zu fertigenden Produkte gemeint. Für den Einsatz flexibler Fertigungssysteme kann die Einflußmöglichkeit als unbedeutend angenommen werden, weil Entscheidungen über das Produktionsprogramm eines Unternehmens in der Regel strategischer Natur sind und von der Unternehmensleitung getroffen werden.279 Es ist jedoch möglich, dieses über­ geordnete Autonomiekriterium auf die Ebene der Teilefertigung zu dekomponieren. Dann kann der Arbeitsgruppe ein Einfluß auf die Entscheidung eingeräumt werden, ob und gegebenenfalls welche neuen Werkstücke auf dem flexiblen Fertigungssystem zu

275

276

277 278 279

„Just as pseudoparticipation in organizations may be worse than no participation at all, so is that autonomous work groups should not be formed unless there is reasonable assurance that the result will not be a potentially frustrating state of pseudoautonomy.11 Hackman 1977, p. 147. Vgl. Gulowsen 1972, pp. 375-378. Eine allgemeine Weiterentwicklung dieses Autonomie­ katalogs findet sich zum Beispiel in Rohmert/Weg 1976, S. 56-57. Auch diese Differenzie­ rung der Gruppenautonomie wird hier berücksichtigt. Siehe zu den einzelnen Autonomie­ kriterien Frage Nr. 18c des Erhebungsbogens auf den Seiten 420-421 im Anhang. Vgl. Wild 1975, pp. 97-101; Fotilas 1980, S. 97-100; Pfeiffer/Staudt 1980, Sp. 115; Niefer 1993, S. 64; Pardo et al. 1995, p. 331. Vgl. Gulowsen 1972, p. 376. Vgl. allgemein zur strategischen Produktionsprogrammplanung Jacob 1990, S. 409-435.

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

259

bearbeiten sind.280 In quantitativer Hinsicht bezieht sich dieses Kriterium auf die Auto­ nomie zur Festlegung der Produktionsmengen. Eine Einflußnahme des FFS-Teams auf quantitative Entscheidungen der Produktionsmengen ist jedoch unwahrscheinlich und wird nicht weiter berücksichtigt.281

In 30,9% der Einsatzfälle kann das Systemteam auf die grundsätzliche Entscheidung über die Produktionsaufnahme neuer Werkstücke mitbestimmend Einfluß nehmen. Eine geringe (keine) Autonomie liegt hingegen bei insgesamt 40,0% (29,1%) der FFS-Teams vor. (II)

Einflußnahme auf Arbeitsort, -zeit und Zusatzaufgaben

Eine weitere Autonomiedifferenzierung bezieht sich auf Gruppenentscheidungen über

• • •

den Arbeitsort, die Arbeitszeit sowie die Übernahme zusätzlicher Arbeitsaufgaben 282

Die Entscheidung über den Arbeitsort besitzt für Arbeitsgruppen in flexiblen Fertigungs­ systemen keine Relevanz, da das technische System stationär an einen bestimmten Standort innerhalb der Produktion gebunden ist und die Aufgabenausfuhrung nur dort er­ folgen kann.

Das Autonomiekriterium der Arbeitszeit kann weiter unterteilt werden in

• • •

die Festlegung der Gesamtarbeitszeit der Gruppe, die Entscheidung über die kurzzeitige Abwesenheit eines Gruppenmitglieds vom Arbeitsort während der regulären Arbeitsstunden sowie die Überstundenplanung.283

Die Festlegung der Gesamtarbeitszeit der Gruppe ist weitgehend der Einflußsphäre der Mitglieder entzogen, da diese Entscheidung auf überbetrieblicher Ebene durch Ver­ handlungen zwischen den Tarifpartnem sowie betriebsintem durch Vereinbarungen zwi­ schen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmervertretungen getroffen wird.284 Dennoch kann der Arbeitsgruppe zum Beispiel durch die Einrichtung von Gleitzeit ein gewisser Autonomiegrad bei der Arbeitszeitbestimmung eingeräumt werden. In diesem Fall ist die 280

281 282 283 284

In diesem Zusammenhang stehen auch Entwicklungen wie das Concurrent oder Simultane­ ous Engineering, die das ,Expertenwissen4 vor Ort bereits in die Konstruktionsphase eines Produktes bzw. Teilerzeugnisses einbeziehen. Vgl. zum Concurrent bzw. Simultaneous En­ gineering beispielsweise Bellmann/Friederich 1994; Meinig 1994; Gerpott/Winzer 1996. Siehe allgemein zur beschränkten Einflußnahme von Fertigungsgruppen auf die quantitative Produktionsprogrammplanung Fotilas 1980, S. 106. Vgl. Gulowsen 1972, pp. 376-377. Vgl. Gulowsen 1972, p. 376. Vgl. auch Fotilas 1980, S. 106. Siehe im einzelnen zu den institutioneilen Restriktionen der Arbeitszeitflexibilisierung auf betrieblicher Ebene Haupt/Hartung 1988.

260

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Festlegung der individuellen Arbeitszeit der einzelnen Gruppenmitglieder bei vor­ gegebener Gesamtarbeitszeit ein Kriterium, welches die Gruppenautonomie bezüglich der Arbeitszeitgestaltung zum Ausdruck bringt. Eine Selbstbestimmung der Festlegung von individuellen Arbeitszeiten der Mitglie­ der des Systemteams unter Beachtung der Rahmenvorgabe ,Gesamtarbeitszeit‘ liegt in 5,5% erfaßten FFS-Gruppen vor, während 47,3% der Systemteams mitbestim­ mend auf diese Fragen der Arbeitszeitgestaltung einwirken können und 18,2% kaum Einfluß ausüben. Keinen Einfluß auf Fragen der individuellen Arbeitszeitbestim­ mung haben hingegen 29,1% der Arbeitsgruppen.

Die Entscheidung über das Verlassen des Arbeitsortes ist Bestandteil der Pausenrege­ lung, die jegliche Form der Arbeitsunterbrechung beinhaltet und auch in den Kriterienkatalog dieser Arbeit aufgenommen wurde. Reguläre Pausen können dabei von dem Unternehmen fest vorgegeben sein oder im Sinne einer flexiblen Pausenregelung bei Bedarf durch die Gruppe bestimmt werden.

Eine vollständige Delegation der Entscheidungsbefugnisse über die Pausenregelung an die Mitglieder der FFS-Gruppe liegt in 29,1% der erfaßten Fälle vor. Mitbestim­ mend können weitere 36,4% der Systemteams auf Fragen der Pausengestaltung Ein­ fluß nehmen. Kaum bzw. keinen Einfluß auf die Pausenregelung haben dagegen 10,9% bzw. 23,6% der gruppenorganisierten Personalsysteme. Auch die Überstundenplanung in flexiblen Fertigungssystemen gehört in den Bereich der arbeitszeitbezogenen Gruppenautonomie.

Eine Selbstbestimmung der Überstundenplanung ist für die in dieser Untersuchung erfaßten flexiblen Fertigungssysteme nur von 5,5% der Anwender angegeben wor­ den. Knapp die Hälfte der Systemteams (= 49,1%) können allerdings im Sinne einer Mitbestimmung auf die Planung von Überstunden einwirken.285 Weitere 30,9% der Gruppen besitzen kaum einen Einfluß und in 14,5% der Fälle wird die Überstunden­ planung der Gruppe von außen als Datum vorgegeben, ohne daß eine Einflußnahme möglich ist. In dieser Arbeit ist die arbeitszeitsbezogene Gruppenautonomie über den Kriterienkatalog von Gulowsen hinaus um folgende Dimensionen erweitert worden:

• •

Schichtplangestaltung; Urlaubsplanung und Urlaubsgewährung.

Die meisten der Systemgruppen können aktiv bei der Schichtplangestaltung mitwir­ ken. Selbstbestimmend übernehmen 23,6% der Teams Fragen der Schichtplange­ staltung. Immerhin 43,6% können mitbestimmend auf die Schichtnutzung ihres FFS

285

Dieses Ergebnis stimmt mit der Feststellung von Fotilas überein, daß eine Überstundenpla­ nung durch die Gruppe auf Produktionsebene fast immer die Rücksprache mit einer gruppenextemen Instanz erfordert. Vgl. Fotilas 1980, S. 106.

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

I

261

Einfluß nehmen. Dagegen besitzen 21,8% kaum und weitere 10,9% keinen Einfluß I auf die Planung des Schichtbetriebs. |

Ein Vergleich zwischen den Autonomiedimensionen der Urlaubsplanung einerseits und der Urlaubsgewährung zeigt eine stärkere Einflußnahme der Systemteams auf Fragen der Planung. Ein Prozentsatz von 21,8% der Gruppen nimmt die Urlaubsplanung vollständig au­ tonom vor.286 Lediglich 5,5% übernehmen die Urlaubsgewährung ohne externen Einfluß. Immerhin 60,0% üben mitbestimmend einen Einfluß auf urlaubsplanende Fragen aus, und 43,6% können in Form der Mitwirkung, des Vorschlags oder Vetos mitbestimmend die Urlaubsgewährung beeinflussen. Auf die Urlaubsplanung haben je 9,1% der Systemteams kaum bzw. keinen Einfluß. In bezug auf die Urlaubsge­ währung besitzen demgegenüber 27,3% der Gruppen kaum einen Einfluß und 23,6% haben keinerlei Einflußmöglichkeiten.

Die Übernahme zusätzlicher Arbeitsaufgaben durch die Arbeitsgruppe in einem flexi­ blen Fertigungssystem bringt arbeitsorganisatorische Flexibilität zum Ausdruck und kann in der Weise auftreten, daß das Systemteam bei Anfall verschiedener Aufgaben, die normalerweise in den Zuständigkeitsbereich produktionsunterstützender Abteilungen fallen, im Ausnahmefall die Entscheidung trifft, selbst als Aufgabenträger diese Aktivi­ täten zu übernehmen. So können zum Beispiel Instandsetzungsarbeiten durch die Ar­ beitsgruppe durchgeführt werden, sofern das externe Instandhaltungspersonal nicht bzw. nicht kurzfristig verfügbar ist. Dies setzt allerdings das Vorhandensein entsprechender Qualifikationen für die Aufgabenausführung voraus.

Ein Anteil von 12,7% der Systemteams kann selbstbestimmend die Übernahme von Zusatzaufgaben im flexiblen Fertigungssystem regeln. Diese Gruppen implizieren eine Form der flexiblen Arbeitsorganisation. Weitere 45,5% können noch mitbe­ stimmend auf diese Entscheidung Einfluß nehmen. Kaum bzw. kein Einfluß haben dagegen 34,5% bzw. 7,3% der FFS-Arbeitsgruppen, wenn es um die Frage von Zu­ satzaufgaben geht. (III)

Einflußnahme auf Systemmodifikationen

Eine weitere Autonomiedimension von GULOWSEN betrifft Entscheidungen über die Wahl der Produktionsmethode.287 Dieses Kriterium ist für Arbeitsgruppen in flexiblen Fertigungssystemen grundsätzlich nicht von Bedeutung, da das Techniksystem die Pro­ duktionsmethoden durch die integrierten Bearbeitungsverfahren fest vorgibt. Allerdings ist eine Einflußnahme des Systemteams auf Entscheidungen über Modifikationen und Erweiterungen des flexiblen Fertigungssystems und dessen Technikkomponenten denk­ bar, zum Beispiel im Rahmen eines institutionalisierten betrieblichen Vorschlagswesens. 286

287

Dies setzt voraus, daß sich die Urlaubszeiten in den Rahmenvorgaben der betrieblichen Ur­ laubsregelung bewegen und eine Gewährleistung des FFS-Produktionsprozesses stets gege­ ben ist. Vgl. allgemein Fotilas 1980, S. 106. Vgl. Gulowsen 1972, p. 377.

262

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Lediglich ein Anwender hat der FFS-Gruppe vollständige Autonomie in Fragen der Systemmodifikation übertragen (= 1,8%). Immerhin übt mit 60,0% die Mehrheit der Gruppen einen mitbestimmenden Einfluß auf Fragen der Systemkonfiguration und -Struktur aus. Gering bzw. nicht vorhanden ist dagegen die Einflußnahme von 34,5% bzw. 3,6% der Gruppen.

(IV)

Einflußnahme auf die gruppeninterne Organisation

Eine Gruppenautonomie in bezug auf die Organisation der internen Gruppenstruktur wird in den Entscheidungen über die Aufgabenverteilung reflektiert.288 Dazu kann auch die Gestaltung des gezielten Arbeitsplatzwechsels gehören. Bei 40,0% der betrachteten Systemteams erfolgt die gruppeninteme Aufgabenver­ teilung selbstbestimmt. In 49,1% der Anwendungsfälle übt die Gruppe einen mitbe­ stimmenden Einfluß auf die relevanten Entscheidungsprozesse aus. Lediglich 10,9% der Teams besitzt kaum einen Einfluß in solchen Fragen der internen Organisation und eine vollständige Fremdbestimmung wird in keinem der erfaßten flexiblen Fer­ tigungssysteme festgestellt.289 (V)

Einflußnahme auf Personalangelegenheiten

Ein weiteres Autonomiekriterium bildet die Einflußnahme des FFS-Teams auf Entschei­ dungen über die Gruppenmitgliedschaft durch die Auswahl und Ernennung neuer Mitglieder sowie den Ausschluß nicht anpassungsfähiger Mitglieder 290

• •

Die Mehrheit der betrachteten Systemteams besitzt in Angelegenheiten der System­ mitgliedschaft nur einen geringen Einfluß (=43,6%) bzw. keine Autonomie (= 16,4%). Immerhin können 34,5% der Gruppen bei Entscheidungen über die Auf­ nahme bzw. den Ausschluß von Mitgliedern im Sinne einer Mitbestimmung partizi­ pieren. Lediglich 5,5% entscheiden selbstbestimmt, wer in das Team aufgenommen und aus dem Team ausgeschlossen wird.

Eng verknüpft mit der Entscheidung über die Aufnahme neuer Mitglieder der FFSGruppe ist die Einflußnahme des Systemteams auf die Ausbildung und Einarbeitung die­ ser Personen.291

In Fragen der gruppenintemen Ausbildung besitzen 20,0% der betrachteten FFSTeams vollständige Autonomie, während 65,5% mitbestimmend Einfluß nehmen können. Lediglich 14,5% der Arbeitsgruppen nehmen nur in geringem Umfang auf

288 289

290 291

Vgl. Gulowsen 1972, p. 377. Von einer weitgehenden Selbstbestimmung der gruppenintemen Aufgaben Verteilung geht allgemein auch Fotilas aus. Vgl. Fotilas 1980, S. 108. Vgl. Gulowsen 1972, p. 377. Vgl. Fotilas 1980, S. 109.

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

263

Entscheidungen in Ausbildungsangelegenheiten Einfluß und die Autonomieausprä- I | gung ,kein Einfluß4 wird in keiner Gruppe realisiert.

(

(VI)

Einflußnahme auf Führungsfragen

Gruppenbezogene Autonomie in Führungsfragen kommt insbesondere in den Entschei­ dungen zum Ausdruck,



ob das Systemteam einen Koordinator zur Regelung gruppenintemer Angelegen­ heiten haben möchte und wer diese Funktion übernehmen soll, und ob sie einen Gruppensprecher zur Regelung der Grenzbedingungen (Schnittstellen) haben möchte und wer diese Funktion wahmehmen soll.292



Zum Regelungsbereich interner Gruppenangelegenheiten eines Koordinators zählen die kooperative Abstimmung der Arbeitsverteilung, die Aufstellung von Urlaubs- sowie Qualifizierungsplänen als auch die Vorbereitung und Moderation von Gruppenbespre­ chungen 293 Intern ausgerichtet übernimmt der Koordinator auch eine Moderatorenfunk­ tion zur Konfliktlösung bei Streitigkeiten zwischen einzelnen Gruppenmitgliedem. Gruppenkoordinator und -Sprecher können regulär mitarbeitende Mitglieder der Gruppe sein, d. h. Primär- und Sekundärfunktionen des Systembetriebs ebenso ausüben wie die anderen Gruppenmitglieder.

Die Unterscheidung in einen ,internen4 Koordinator und einen ,externen4 Sprecher ist in praxi häufig nicht gegeben. Erwartungsgemäß sind die Autonomieprofile dieser beiden Entscheidungssachverhalte für die erfaßten FFS annähernd gleich.

Bei der Entscheidung, ob das Systemteam zur Regelung gruppenintemer Ange­ legenheiten einen Gruppenkoordinator haben möchte, besitzen 27,3% vollständige Autonomie, 30,9% können im Sinne der Mitbestimmung an der Entscheidungsfin­ dung partizipieren, 29,1% haben nur einen geringen Einfluß und 12,7% der FFSGruppen können auf die Frage des internen Gruppenkoordinators nicht einwirken. Die Entscheidung, ob die Gruppe nach außen durch ein einziges Mitglied (Gruppen­ sprecher) vertreten sein möchte, fällt bei 21,8% der erfaßten FFS in den alleinigen Zuständigkeitsbereich des Teams. Weitere 34,5% der Gruppen können in dieser Frage mitbestimmen, 27,3% besitzen nur relativ geringe Einflußmöglichkeiten und die verbleibenden 16,4% sind von einer Partizipation der Entscheidungsfindung ganz ausgeschlossen.

Eng verbunden mit der Frage des Gruppensprechers ist die Gruppenpartizipation in be­ zug auf die Festlegung der Sprecherfunktionen 294 Hierzu zählt vor allem die Schnitt­ stellenfunktion gegenüber gruppenextemen Instanzen der Produktion. Diese Aufgabe manifestiert sich im Informationsaustausch mit den Werkstattführungskräften, mit ande­ 292 293 294

Vgl. Gulowsen 1972, p. 377. Siehe speziell zu den Inhalten von Gruppenbesprechungen Niefer 1993, S. 66. Vgl. zu den Funktionen des Gruppensprechers im einzelnen Fotilas 1980, S. 103-105; Antoni 1994b, S. 122-125; Flato 1994, S. 142-144; Neded/Mallon/Strosina 1995, S. 8384.

264

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

ren Gruppensprechem sowie mit der Fertigungsleitung. Informationsaustausch beinhaltet nach außen gerichtet unter anderem die Artikulation der eigenen Gruppeninteressen so­ wie die Informationsbereitstellung über die erzielten Arbeitsergebnisse sowie über mög­ liche gruppeninteme Problemsituationen, deren Lösung die Zuschaltung gruppenextemer Fachabteilungen und Instanzen erfordert. Nach innen gerichtet schließt der Informati­ onsaustausch die Weiterleitung von Vorgaben und Zielrahmengrößen des Managements an die Gruppenmitglieder ein. Hier besitzen 14,5% der betrachteten Systemteams vollständige Autonomie und 36,4% können mitbestimmend partizipieren. Dagegen verfugt knapp die Hälfte der Arbeitsgruppen nur über einen geringen Einfluß (= 25,5%) bzw. keine Autonomie (= 23,6%) auf bzw. in Fragen der Funktionsbestimmung des Gruppensprechers.

Der Gruppensprecher kann extern durch das Management bestimmt und der Gruppe oh­ ne Einflußmöglichkeiten zugewiesen werden.295 Die (Aus-)Wahl des Gruppensprechers erfolgt dann vollständig fremdbestimmt. Die größte Autonomie besitzt die teilautonome Arbeitsgruppe dagegen, wenn sie den Gruppensprecherkandidaten ohne externe Einfluß­ nahme selbst aufstellt und eine demokratische Wahl vomimmt.296 Bei eingeschränkter Gruppenautonomie kann das Management dieser Wahlentscheidung zustimmen oder aber das Wahlergebnis ablehnen. Dies fuhrt dann zur Wahlwiederholung. Eine weitere Einengung des Autonomiefreiraums liegt schließlich vor, wenn das Management einen potentiellen Gruppensprecher vorschlägt und den Mitgliedern des Teams nur die Mög­ lichkeit der Annahme oder Ablehnung einräumt.

Die Wahl des Gruppensprechers wird in 34,5% der betrachteten Systemteams ohne externe Vorgaben durchgefuhrt. Ingesamt 21,9% der Arbeitsgruppen können mitbe­ stimmend auf die Gruppensprecherwahl einwirken und 20,0% besitzen kaum Ein­ fluß. Weitere 23,6% haben keine Autonomie in Fragen der Bestimmung des Grup­ pensprechers. Ihnen wird diese Person durch das Produktionsmanagement vorgegeben.

Eine zusammenfassende Darstellung der Gruppenautonomie über alle Einzelkriterien verdeutlicht Abbildung 4-17.

295 296

Vgl. allgemein zu den Möglichkeiten der Gruppensprecherwahl Antoni 1993, S. 175; Flato 1994, S. 140-142; Auch im Kontext der selbstbestimmten Sprecherwahl ist die Anwendung von verschiedenen Abstimmungsregeln denkbar, zu denen das Einstimmingkeits-Kriterium, das Kriterium des paarweisen Vergleichs einschließlich der Condorcet-Alternative sowie das „single vote“Kriterium samt Borda-Kriterium gehören. Siehe dazu im einzelnen Laux/Liermann 1997, S. 88-90.

Strukturkooperation in flexiblen Fertigungssystemen

265

Gruppenautonomie in FFS Aufgabenverteilung Sprecherwahl Pausenregelung

Gruppenkoordinator (intern) Schichtplangestaltung

Urlaubsplanung Gruppensprecher (intern)

Gruppenausbildung Sprecherfunktionen

Zusatzaufgaben

Überstundenplanung Arbeitszeitregelung Urlaubsgewährung

Gruppenmitgliedschaft Systemmodifikationen

Werkstückspektrum

N = 55 FFS I

^Selbstbestimmung

20%

g Mitbestimmung

40%

60%

□ Kaum Einfluß

80%

100%

g Fremdbestimmung

]

Abb. 4-17: Gruppenautonomie in flexiblen Fertigungssystemen Die in dieser Arbeit untersuchten Ausprägungen der Autonomiekriterien betreffen aus­ schließlich Entscheidungen der Gesamtgruppe. Auf der Ebene des einzelnen Gruppen­ mitglieds ist darüber hinaus die Einflußnahme auf die Entscheidungen über die individu­ ellen Arbeitsmethoden relevant.297 In flexiblen Fertigungssystemen ist der Altemativenspielraum in bezug auf die Wahl der individuellen Arbeitsmethode durch das Techniksy­ stem jedoch eingeengt. Daher wurde diese Autonomiedimension nicht in die Erhebung aufgenommen. Aus diesem Überblick wird deutlich, daß keine der erfaßten FFS-Arbeitsgruppen in I bezug auf die vorgegebenen Autonomiekriterien vollständig autonom, aber auch |

I

297

Vgl. Gulowsen 1972, p. 378.

266

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

kein Systemteam vollständig fremdbestimmt ist.298 Vielmehr kann ein streuender I , Autonomiegrad ‘ festgehalten werden 299 |

I

Eine im Jahr 1992 abgeschlossene Untersuchung über die Autonomieausprägungen von Gruppenarbeitsplatzstrukturen bei 32 schweizerischen CAM-Anwendem des produzie­ renden Gewerbes liefert vergleichbare Ergebnisse.300 Auch dort reicht das Spektrum der Ausprägung einzelner Autonomiekriterien von einer vollständigen Fremd- bis zur voll­ ständigen Selbstbestimmung. Jedoch konnte nur ein kleiner Teil der erfaßten Arbeits­ gruppen unter Zugrundelegung aller Autonomiekriterien vergleichsweise selbstbestimmt entscheiden. Am häufigsten wurden Entscheidungen über die interne Aufgabenvertei­ lung (19%), die Schichtplangestaltung (19%) sowie die Wahl des Gruppensprechers (13%) seitens der Gruppenmitglieder selbstbestimmt getroffen. Keinen Einfluß hatten die betrachteten Gruppen in bezug auf Fragen der Gruppenmitgliedschaft (84%) sowie die Übernahme von Zusatzaufgaben (72%).

Eine andere Untersuchung wurde ebenfalls 1992 durchgeführt und erstreckte sich auf 44 Produktionsstätten eines deutschen Industrieunternehmens 301 Insgesamt 566 Arbeits­ gruppen mit ca. 5.700 Mitarbeitern wurden in diese Erhebung einbezogen. Die Auto­ nomiekriterien von GULOWSEN wurden auf sechs Ausprägungen komprimiert. Jeder Ausprägung wurde ein Zahlenwert 1 zugeordnet und der Autonomiegrad als Summe der erfüllten Autonomiekriterien ermittelt. Eine vollständig autonome Gruppe (Autonomie­ grad = 6) konnte nicht festgestellt werden. Maximal wurde ein Autonomiegrad von 3 er­ reicht. Insgesamt 25% der erfaßten Arbeitsgruppen hatten keine Autonomie hinsichtlich der ausgewählten Entscheidungsbereiche. Am häufigsten wurde den Gruppen die Ent­ scheidung über eine interne Verteilung der Aufgaben übertragen (= 77%), gefolgt von der Wahl der Arbeitsmethoden (= 56%) sowie der Gruppensprecherwahl (= 52%). Als Fazit läßt sich aus den eigenen Erhebungsergebnissen sowie unter Bezugnahme auf die oben angeführten Untersuchungen festhalten, daß die Einsatzverbreitung von Gruppenarbeit zwar dem Erwartungsbild einer strukturmodemen Arbeitsorganisati­ on entspricht, eine nähere Betrachtung des zumeist eingeengten Autonomieausma­ ßes hingegen deutlich macht, daß der Einsatz einer Arbeitsgruppe noch keine hinrei­ chende Bedingung für die Existenz ,moderner4 arbeitsorganisatorischer Strukturen aufWerkstattebene darstellt.

298

299 300

301

Dies entspricht auch den Untersuchungsergebnissen von Harvey und v. Behr bei 20 ameri­ kanischen und deutschen Unternehmen des metallverarbeitenden Gewerbes: „There were no cases of self-directed work teams.'1 Harvey/v. Behr 1994, p. 356. Siehe ähnlich auch Fotilas 1980, S. 109-110. Vgl. dazu Pardo et al. 1995, pp. 331-332. Auch diese Untersuchung basiert auf dem Auto­ nomiekonzept von Gulowsen. Vgl. Grob 1994, S. 258-260.

267

Zur Reflexion der Strukturvarianzthese

4.6

Zur Reflexion der Strukturvarianzthese

Der eigene Datensatz belegt die eingangs formulierte Strukturvarianzthese. Dies ver­ deutlicht auch die nachstehende Abbildung 4-18, in welcher die wesentlichen Erhe­ bungsergebnisse zu den ausgewählten Strukturdimensionen zusammenfassend darge­ stellt sind.

Struktur­ zentralisation

ZW ^vvModus

ZW. min

ZWmax

7 Wmax

ZW z vvMedian

(N = 105 FFS)

11

0

Struktur­

SWmin

spezialisierung

14

1

25

SWModus SWMedjan

SWmax SW(emp) max ■Wi

3

10

(N = 103 FFS)

0

22

11

Abb. 4-18: Strukturelle Varianz der Arbeitsorganisation in FFS

Resümierend läßt sich festhalten, daß in den erfaßten FFS-Organisationen ein breites Spektrum arbeitsorganisatorischer Gestaltungsmöglichkeiten reflektiert wird. Sie tragen Züge einer modernen, aber auch einer traditionellen Strukturausprägung auf Werkstatt­

268

Strukturen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

ebene. Insgesamt ist auch erkennbar, daß eine Strukturlastigkeit moderner Formen der Arbeitsorganisation in der Praxis - zumindest der hier berücksichtigten FFS - nicht vor­ liegt. Demzufolge kann, wie an anderer Stelle bereits angedeutet, eine , Quasi-Kompati­ bilität4 zwischen neuer Fertigungstechnik und strukturmodemer Arbeitsorganisation of­ fenbar nicht bestätigt werden. Dieses Fazit legt aus kontingenztheoretischer Perspektive eine Ursachenanalyse möglicher deterministischer Wirkungsmechanismen nahe, die zur ermittelten Strukturvarianz beitragen. Würde sich dagegen keine strukturelle Varianz im eigenen Datensatz reflektieren, so wäre die Existenz situativer Einflußmechanismen und folglich eine weiterführende Kontingenzanalyse in Frage gestellt.

5 Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen 5.1

Zur Konkretisierung der Strukturdeterminiertheitsthese

Die anschließenden Ausführungen greifen die Strukturdeterminiertheitsthese auf. Dazu erfolgen für die einzelnen Situationsvariablen univariate Darstellungen der eigenen Er­ hebungsergebnisse. Sie ergänzen die Schilderungen über die in praxi vorgefundenen ar­ beitsorganisatorischen Strukturausprägungen und vermitteln phasenbezogen einen Ein­ druck über das situative Umfeld der erfaßten FFS-Organisationen. Es sei bereits an dieser Stelle ein Vorgriff erlaubt: die arbeitsorganisatorische Strukturvarianz wird kom­ plementiert durch eine situative Heterogenität der Anwender. Die Strukturdeterminiertheitsthese basiert auf der Vorstellung, daß ein Situationseinfluß auf die Strukturausprägungen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen existiert. In Anlehnung an das situative Modell der Arbeitsorganisation läßt sich dieser Einfluß in eine Vielfalt singulärer Kontextfaktoren dekomponieren. Die Konkretisie­ rung der Strukturdeterminiertheitsthese erfordert zunächst die Herleitung eines allgemei­ nen Wirkungsgefüges, und zwar für jede Situationsvariable getrennt. Als Zwischen­ schritt bietet sich hierfür die Ableitung von Hauptthesen an, die einen möglichen Bezie­ hungszusammenhang zwischen der einzelnen Situationsvariable und einem aggregierten Strukturmuster der Arbeitsorganisation beschreiben. Für das erste steht somit ein ver­ dichtetes Strukturkonstrukt am Ende des jeweils vermuteten Situationsdeterminismus. Die Überlegungen basieren dabei auf der Polarisierung in eine strukturtraditionelle und strukturmodeme Arbeitsorganisation, wie sie zuvor bereits erwähnt worden ist und an­ schließend noch einmal knapp dargelegt wird.

(I)

Zur strukturtraditionellen Arbeitsorganisation in FFS

Eine strukturtraditionelle Arbeitsorganisation reflektiert sich in einem FFS-Betrieb mit tendenziell hoher Strukturzentralisation und -Spezialisierung.1 Typischerweise erfolgt eine Extemalisierung der Verantwortung für die Systemabläufe an eine Instanz außer­ halb des FFS. Darüber hinaus weist eine strukturtraditionelle Arbeitsorganisation Ar­ beitsformen mit niedrigerer Dynamik und Kooperationsintensität auf. Die folgende Ab-

Vgl. allgemein Braun 1996, S. 67. Im englischsprachigen Schrifttum findet sich zur Be­ schreibung einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation zum Beispiel der Terminus spe­ cialist control“, der das Gegenteil einer modernen Arbeitsorganisation mit „operator con­ trol“ aufWerkstattebene ausdrückt. Siehe Parker/Wall/Jackson 1994, p. 412.

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

270

bildung 5-1 visualisiert die tendenziellen Strukturbestandteile einer traditionellen Ar­ beitsorganisation.

Abb. 5-1:

Schematische Darstellung einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation

Eine solche Aggregation simplifiziert natürlich die Organisationsrealität flexibler Ferti­ gungssysteme und ist deshalb übergreifend im Sinne einer Tendenzaussage zu verstehen. (II)

Zur strukturmodernen Arbeitsorganisation in FFS

Strukturmodeme Gestaltungslösungen realisieren eine Prozeßnähe des Werkstattperso­ nals im flexiblen Fertigungssystem. Weitgehende Dezentralisation der supportiven und dispositiven Sekundärfunktionen bei gleichzeitiger Entspezialisierung des Personalsy­ stems kennzeichnen dieses Muster der Arbeitsorganisation. Darüber hinaus zählen eine Internalisierung und Kollektivierung der Systemverantwortung sowie die Implementie­ rung rotierender Gruppenarbeitsplätze zu den typischen Merkmalen der strukturmoder­ nen Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen. Die nachstehende Abbildung 5-2 faßt diese Strukturtendenzen schematisch zusammen. Es sei nochmals mit Nachdruck auf die kontingenztheoretische Grundannahme hin­ gewiesen, nach welcher es keine universell ,optimale4 Struktur der Arbeitsorganisa­ tion für alle Anwender geben kann. Diese Annahme liegt konsequenterweise auch der eigenen Untersuchung zugrunde. Sie richtet sich gegen die häufig vorfindbare Pauschalforderung nach Realisierung einer strukturmodernen Arbeitsorganisation, weil alle Unternehmen in gleicher Weise einer ,extrem4 dynamischen Wettbewerbs­ situation ausgesetzt seien. Solche Aussagen werden der differenzierten Organisati­ onsrealität in FFS nicht gerecht. Deshalb liegt den anschließenden Ausführungen stets eine Betrachtungsneutralität zugrunde. Die Hauptthesen schließen folglich auch

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

271

jene Konstellationen ein, in denen die Beibehaltung bzw. Erstimplementierung einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation situationsspezifisch adäquat erscheinen kann. Die Leitlinie einer generellen Entbürokratisierung und Dynamisierung der Ar­ beitsstrukturen aufProduktionsebene besitzt also keine Relevanz.

Abb. 5-2:

5.2

Schematische Darstellung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation

Pre-Implementierungsphase flexibler F ertigungssysteme

5.2.1 Kulturelle Ausgangssituation Jede Organisation ist eingebunden in ein landeskulturelles Umfeld. Dieses externe Kul­ tursystem repräsentiert die Gesamtheit von historisch gewachsenen und über verschiede­ ne Stufen eines Sozialisationsprozesses erlernten Einstellungen, Werte, Normen und Ge­ bräuche einer Gesellschaft, die sich auch in den interpersonellen Beziehungszusammen­

272

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

hängen der Organisationsmitglieder manifestieren.2 Ein landeskulturelles Merkmal stellt zum Beispiel das Vertrauen im Umgang zwischen den Mitgliedern einer Gesellschaft und damit auch zwischen den Angehörigen einer Untemehmensorganisation dar.3 In die­ ser Arbeit wird landeskulturell geprägtes Vertrauen als eine Managementeinstellung ge­ genüber den subordinierten Organisationsmitgliedem interpretiert, durch welche die Be­ reitschaft zur Delegation von Entscheidungs- und Handlungsspielräumen zum Ausdruck kommt. In einer Landeskultur mit vergleichsweise hoher Vertrauensbasis des Manage­ ments ist deshalb eine umfassendere Verantwortungsdezentralisation wahrscheinlicher als in Unternehmen, deren landesspezifisches Kulturumfeld weitgehend durch eine Miß­ trauensgesellschaft mit einer tendenziell pessimistischen Einstellung gegenüber perso­ nellen Inter-aktionen geprägt ist.4 Konkret implizieren diese - vereinfachten - Darstellungen, daß das Untemehmensmanagement in einer ,Vertrauensgesellschaft4 tendenziell häufiger eine Vertrauensorganisati­ on implementieren wird, die sich auf der Ebene des flexiblen Fertigungssystems in einer strukturmodemen Arbeitsorganisation manifestiert.5 Dagegen kennzeichnet die weitge­ hende Entautonomisierung des Personalsystems eine strukturtraditionelle Arbeitsorgani­ sation. Sie ist typisch für eine ,Mißtrauensgesellschaft4 und kann sich in einer Mißtrau­ ensorganisation konkretisieren, die tendenziell durch ein relativ niedriges Management­ vertrauen gegenüber dem Personalsystem und insbesondere gegenüber der Fähigkeit und Bereitschaft des Werkstattpersonals, Entscheidungs- und Handlungsverantwortung über­ nehmen zu können, charakterisiert wird.6 Je stärker dieses Managementmißtrauen aus­ geprägt ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine Strukturlösung der Prozeß­ beherrschung realisiert wird.7 Diese Überlegungen lassen sich zur nachstehenden Kulturthese verdichten:

V gl. z. B. Tayeb 1988, p. 42; Casson 1994, p. 236. Siehe allgemein zur Vielfalt des Kul­ turbegriffs Dülfer 1996, S. 189-190. Gleichwohl existieren individuelle Verhaltensmuster, die sich kulturunabhängig entwickeln können. Dennoch läßt sich prinzipiell ein übergreifen­ des Kulturmuster erkennen, welches sich von den Kulturmustem anderer Länder unterschei­ det. Siehe allgemein zum Begriff des Vertrauens Staehle 1999, S. 409-413; sowie im einzelnen zu den kulturellen Determinanten des Vertrauens Casson 1995, pp. 109-111. Selbstver­ ständlich gibt es weitere Merkmale, mit denen eine Landeskultur beschrieben werden kann. Siehe zu einem Überblick Tayeb 1988, p. 48. Vgl. dazu allgemein Casson 1994, p. 237. Vgl. allgemein Tayeb 1988, p. 47. Siehe zu den Gegensätzen einer Vertrauens- versus Mißtrauensorganisation Lauermann 1994, S. 21;Theuvsen 1995, S. 171-172. Jones interpretiert die für amerikanische FFS typische physische Trennung des Kontroll­ raums (Leitstand) von den systeminternen Prozeßabläufen als Ausdruck eines mangelnden Managementvertrauens. Die häufig auf einer Bühne errichteten Steuerzentralen bezeichnet er dabei als „watch. towers“. Vgl. Jones 1997, pp. 146-148.

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

273

Hauptthese 1 (Kulturthese): Eine landeskulturell geprägte Vertrauensorganisation manifestiert sich in flexiblen Fertigungssystemen häufiger in Form einer strukturmodernen Arbeitsorganisation. Dagegen läßt eine Mißtrauensorganisation mit einem geringen - landeskulturell ge­ formten - Managementvertrauen häufiger die Umsetzung einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation erwarten.

Die folgende Abbildung 5-3 visualisiert das argumentative Grundmuster einer mögli­ chen Kontingenz zwischen der kulturellen Ausgangssituation des Anwenders und der FFS-Organisation.8

Abb. 5-3:

Kontingenz zwischen der kulturellen Ausgangssituation des Anwenders und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Andeutungsweise belegen auch diverse Literaturbeiträge die obigen Überlegungen zu einem möglichen Kultureinfluß auf die Arbeitsorganisation und wenden sich damit ge­ gen die in der traditionellen Kontingenztheorie vertretenen These einer Kulturfreiheit.9 So kann zum Beispiel in der Produktionsorganisation amerikanischer Industrieunter­ nehmen ein Streben nach Prozeßbeherrschung häufiger beobachtet werden als in Skan­ dinavien oder Japan.10

8

9

10

Die dunklen Pfeile deuten diese vermutete Kontingenz an. Durch die Querverbindungen mit dünnen Pfeilen wird die Vorstellung von einem strengen Determinismus aufgegeben. Dies gilt analog für alle folgenden Darstellungen, die situative Beziehungszusammenhänge visua­ lisieren. Siehe z. B. d’Iribarne/Lutz 1984, pp. 129-130; Ebel 1985, p. 140; Hirsch-Kreinsen/Lutz 1987, S. 538-539. Vgl. allgemein Casson 1995, pp. 105-106, p. 109; sowie speziell Gupta 1989, p. 33. Siehe ergänzend zum Stand der interkulturellen Vergleichsforschung zum Beispiel Staehle 1999, S. 501-510.

274

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

In dieser Arbeit wird die Landes- bzw- Regionenzugehörigkeit des Anwenders als Indi­ kator für die kulturelle Ausgangssituation der FFS-Organisation vor Systemeinführung betrachtet.11 Die 105 FFS-Anwender in dieser Untersuchung verteilen sich auf 13 Länder. Am häufigsten sind Betriebe aus Deutschland (= 38,1%) in dem Sample vertreten, ge­ folgt von den Vereinigten Staaten (= 21,0%). Insgesamt 9,5% der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme werden in britischen Produktionsstätten eingesetzt. Anwender aus Finnland und der Schweiz kommen in jeweils 6,7% der Fälle vor. In einem weiteren skandinavischen Anwenderland, nämlich Schweden, werden 5,7% der er­ faßten FFS eingesetzt. Weiterhin sind Betriebe aus Belgien mit 3,8% vertreten. In Japan, Kanada und den Niederlanden konnten jeweils zwei Werke in die Erhebung einbezogen werden (= 1,9%). Schließlich sind die Einsatzländer Frankreich, Öster­ reich und Norwegen mit je einem FFS-Anwender vertreten (= 1,0%).

Es fällt auf, daß in der vorliegenden Stichprobe japanische FFS-Anwender unterreprä­ sentiert sind. Auf die Probleme der Kontaktherstellung sowie der Gewinnung japani­ scher Betriebe zur Teilnahme wurde bereits hingewiesen. Prozentual sind darüber hinaus französische Anwenderbetriebe im Vergleich zu der dort implementierten FFS-Anzahl in zu geringem Umfang vertreten. Der Grund ist darin zu sehen, daß von vornherein keine französische Übersetzung des Erhebungsbogens angefertigt wurde und deshalb französi­ sche Unternehmen nicht in den Untersuchungsplan einbezogen werden konnten. Bei dem hier aufgenommenen Anwender handelt es sich um die französische Tochtergesell­ schaft eines amerikanischen Bau- und Landmaschinenherstellers. Der Kontakt sowie die Verteilung des Fragebogens wurde über die Zentrale in den U. S. A. hergestellt und der englische Erhebungsbogen durch den amerikanischen Produktionsleiter bearbeitet. Ver­ zerrte Antworten aufgrund sprachlicher Verständnisprobleme können folglich ausge­ schlossen werden. Die Durchführung einer Kontingenzanalyse auf der Basis des %2-Tests erfordert eine Aggregation der einzelnen Anwenderländer zu Regionen. An dieser Stelle sind bereits Verletzungen der statistischen Anwendungsvoraussetzungen erkennbar. Demnach soll­ ten nur maximal 20% der erwarteten Häufigkeiten in der zugrundeliegenden Kontin­ genztabelle einen Wert kleiner als fünf annehmen. Darüber hinaus darf kein Erwar­ tungswert kleiner als eins auftreten.12 Um eine ausreichende Zahl von genügend hohen Erwartungswerten generieren zu können, liegt eine Zusammenfassung zu Kategorien na-

Allgemein ist an dieser Stelle auf die Gefahr hinzuweisen, daß Indikatoren die zu messende Situationsvariable nicht beschreiben. Dies gilt natürlich auch für diese Untersuchung. Die Auswahl der Indikatoren erfolgt deshalb vorsichtig. Gleichwohl kann kein Anspruch auf vollständige Gültigkeit erhoben werden. Siehe zu diesen Anwendungsvoraussetzungen des x2”Tests unter anderem Everitt 1992, p. 39; Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 136-137.

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

275

he.13 Im vorliegenden Fall basiert die Datengruppierung auf der Annahme landeskultu­ reller Nähe. So werden unter den deutschsprachigen Raum alle Anwender subsumiert, die in Deutschland (D), der Schweiz (CH) sowie Östeneich (J) angesiedelt sind. Weiterhin kann auch für die Anwender aus den Vereinigten Staaten (USA) und Kanada (CDN) eine kulturelle Nähe zugrundegelegt werden, die eine Aggregation zur Anwenderregion ,Nordamerika4 rechtfertigt. Ebenso bilden die skandinavischen FFS-Betriebe aus Finn­ land (FIN), Schweden (S) sowie Norwegen (N) eine kulturell ähnliche Ausgangssituation für den Einsatz flexibler Fertigungssysteme. Als weitere Anwenderregionen werden Großbritannien (GB) sowie Japan (J) abgegrenzt.

Im einzelnen ergibt sich die folgende Regionenzugehörigkeit der erfaßten Anwender:

• • • • • •

deutschsprachiger Raum: .......................................... 45,7%; Nordamerika: ............................................................ 22,9%; Skandinavien: ........................................................... 13,3%; Großbritannien: ................................................... 9,5%; Benelux-Länder und Frankreich:.............................. 6,7%; Japan: ........................................................................ 1,9%.

Auch diese Klassifikation ist aus den oben angeführten verfahrenstechnischen Gründen nicht genügend geeignet und erfordert eine weiterführende Verdichtung. Nunmehr wird auf der Basis der Annahme einer regionalen Kultumähe vereinfachend in nordamerika­ nische und europäische FFS-Anwender unterschieden. Japanische Produktionsbetriebe werden als ,Ausreißer4 ausgeschlossen. Sachlogisch läßt sich ein asiatischer Kulturraum nicht in die Regionen Nordamerika und Europa integrieren. Ohne den Ausschluß der ja­ panischen Anwender kann aber der Hypothesentest nicht durchgeführt werden. Auch wenn die beschriebene Situation strenggenommen nicht das Phänomen des Ausreißers thematisiert, so ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß im folgenden auf den statistisch zulässigen Ausschluß von Ausreißern grundsätzlich verzichtet wird.14 Im Verständnis dieser Untersuchung stellt die Einbindung von realen Extremfällen ein legi­ times Vorgehen dar, weil auch diese Systeme zur Einsatz- und Organisationsrealität ge­ hören. Zwar könnte die Ausgrenzung im Einzelfall zu einer Beziehungsverstärkung füh­ ren, allerdings auf Kosten eines Realitätsverlusts der Untersuchung.

13

14

Vgl. dazu beispielsweise Everitt 1992, p. 40. Die wesentliche Problematik einer kategoria­ len Datenaggregation liegt - wie bereits angesprochen - im Informationsverlust sowie in ei­ ner willkürlichen Gruppierung. Deshalb wird eine inhaltliche bzw. sachlogische Begründbarkeit priorisiert. Eine Orientierungshilfe kann der Rückgriff auf vergleichbare Studien und die dort erfolgte Datenaggregation bieten. Letztlich ist eine Gleichverteilung der Daten auf eine bestimmte Kategorienzahl vorzunehmen, um die Anwendung des statistischen Tests gewährleisten zu können. Vgl. zur Vorteilhaftigkeit eines Ausblendens von Ausreißern im Rahmen von statistischen Analysen Benninghaus 1998, S. 82.

Tie

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Abschließend verteilen sich die 103 verbleibenden FFS wie folgt auf die Kulturregionen: « Europa: ....................................................................... 76,7%; • Nordamerika: ............................................................. 23,3%.

I

I |

5.2.2 Fertigungsorganisatorische Ausgangssituation Im Vergleich zur Werkstattfertigung eröffnen Funktionsautomatisierung und Objektori­ entierung flexibler Fertigungssysteme Kosten- und Zeitpotentiale und im Vergleich zur starren Fließfertigung Flexibilitätspotentiale.15 Werkstatt- und Fließfertigung repräsen­ tieren zwei entgegengesetzte Organisationstypen der Produktion, die allgemein durch eine räumliche und zeitliche Kombination von Betriebsmitteln und menschlicher Ar­ beitskraft innerhalb einer Organisationseinheit des produktionswirtschaftlichen Trans­ formationsprozesses gekennzeichnet sind.16 Zwischen diesen produktionsorganisatori­ schen Polen liegt der mögliche Einsatzbereich eines flexiblen Fertigungssystems. Es verkörpert das Konzept der flexiblen Automatisierung zur Erzielung von „economies of scope“, also der wirtschaftlichen Fertigung von Produkt- und/oder Werkstückvarian­ ten.17 Die fertigungsorganisatorische Ausgangssituation greift die organisatorische Struktur­ kopplung des definierten FFS-Bereichs auf. Die Intensität der Strukturkopplung kann danach unterschieden werden, ob eine direkte oder indirekte Strukturtradition der FFSOrganisation vorliegt. 15

16 17

Vgl. Schultz-Wild 1982, S. 104; Browne et al. 1984, p. 114; Ingersoll 1985, S. 1; Gupta/Yakimchuk 1989, p. 5. Für Gerwin und Leung stellen FFS „our closest approxi­ mation to the automated job shop“ dar. Gerwin/Leung 1980, p. 238. Bühner erkennt in FFS eine Maßnahme zur Lösung des fertigungswirtschaftlichen Dilemmas zwischen Flexi­ bilität und Wirtschaftlichkeit. Vgl. Bühner 1986c, S. 8. Ähnlich verweisen Gupta, Chen und Rom darauf, daß flexible Fertigungssysteme, „if well managed, (...) can make batch ma­ nufacturing as efficient as mass production by reducing the moving, waiting, and setup times“ Gupta/Chen/Rom 1993, p. 33. Lee spricht im FFS-Kontext von technischen Hybrid­ formen der traditionellen Organisationsaltemativen ,Werkstatt- und Fließfertigung*. Vgl. Lee 1996, p. 99. Vgl. Kreikebaum 1979, Sp. 1392. Siehe zur flexiblen Automatisierung IAO/IPA 1992, S. 7. „Economies of scope“ werden u. a. durch Goldhar und Jelinek in den Kontext der Produktion übertragen und bringen die Zielsetzung der flexiblen Automatisierung zum Ausdruck. „Economies of Scope, (...), allows for low cost variety of output. (...). The cost ofproducing a bundle of different product confi­ gurations on a particular piece of multimission equipment is the same as, or less than, the cost of producing the same items on various pieces of specialized equipment designed for each particular product configuration“ Siehe Goldhar/Jelinek 1985, p. 99; sowie ähnlich Eaton/Schmitt 1994, pp. 875-876.

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

277

Eine direkte Strukturtradition ist erkennbar, wenn das flexible Fertigungssystem als Er­ satzinvestition in einen bestehenden Produktionsbereich eingebettet worden ist. Es lassen sich prinzipiell drei fertigungsorganisatorische Ausgangsszenarien mit direkter Struktur­ tradition differenzieren, nämlich die Werkstatt-, Fließ- und Gruppenfertigung.18

Die räumliche Konzentration funktionsgleicher oder -ähnlicher Werkzeugmaschinen in einem eingegrenzten Fertigungsbereich kennzeichnet die Werkstattfertigung. Innerhalb der Produktion entstehen definierte Segmente, zu denen beispielsweise Dreherei, Bohre­ rei oder Fräserei zählen. Fertigungsorganisatorisch entspricht die Werkstattfertigung dem Verrichtungs- oder Funktionsprinzip. Die charakteristischen Technikelemente eines nach dem Prinzip der Werkstattfertigung strukturierten Produktionsbereichs bilden frei­ stehende konventionelle, NC-, CNC-Werkzeugmaschinen aber auch Bearbeitungszen­ tren, obgleich diese in einem begrenzten Umfang verschiedene Bearbeitungsverfahren integrieren können und dadurch die strikte Verrichtungsorientierung auflockem.19 Diese Maschinen können durch das FFS ersetzt worden sein. Sie implizieren eine Strukturtra­ dition der Werkstattfertigung. Allgemein repräsentiert in dieser Arbeit die Art der sub­ stituierten Fertigungstechnik einen Indikator für die direkte Strukturtradition des fokus­ sierten Fertigungsbereichs.20 Die Fließfertigung rückt als Objektprinzip das Werkstück in den Mittelpunkt der Pro­ duktionsorganisation und beinhaltet die Anordnung der Bearbeitungsstationen in einer eindeutig vorgegebenen Sequenz der Arbeitsvorgänge. Technisch implizieren konven­ tionelle sowie flexible Transferstrassen eine Strukturtradition der Fließfertigung.

Eine Produktionsorganisation nach dem Gruppenprinzip kombiniert Verrichtungs- und Objektorientierung. Dieser Organisationstyp findet seinen Ursprung im Konzept der ,Gruppenfabrikation4, das bereits 1919 bei DAIMLER-BENZ eingefuhrt worden ist.21 Or­ ganisatorisch realisiert die Gruppenfertigung eine räumliche und ablaufbezogene Inte­ gration verschiedener Verrichtungsarten in einem definierten Produktionsbereich. Dort 18 19 20

21

Vgl. dazu z. B. Kreikebaum/Reinhardt 1999. Siehe zur typischen Technik der Werkstattfertigung z. B. Gros-Pietro/Rolfo 1989, p. 495. Siehe zu diesem Vorgehen auch Kieser/Kubicek 1992, S. 308. In anderer Weise erfaßt Woodward ein Produktionssystem mittels des Produktionsvolumens und analysiert mögli­ che Einflüsse der Einzel- und Kleinserien-, Großserien- und Massen- sowie der Prozeßferti­ gung auf die Gesamtorganisation von 92 Industrieunternehmen in South Essex. Vgl. Woodward 1965, p. 39. Vgl. allgemein zur Strukturtradition als Situationsvariable der Or­ ganisation auch Blau et al. 1976, p. 38. Siehe schließlich zur Art der ersetzten Fertigungs­ technik Frage Nr. 8 des Erhebungsbogens im Anhang auf S. 409. Vgl. Endres/Wehner 1993, S. 4. "Dabei werden, fußend auf der Aufbauart der kleinen me­ chanischen Werkstätte, Fabrikationsgruppen gebildet, die sich aus allen Arten von Werk­ zeugmaschinen zusammensetzen (...). Die Fabrikationsaufgabe einer solchen Gruppe ist die Fertigbearbeitung einer gewissen Anzahl verschiedener zusammengehöriger Teile, die mit­ einander einen in sich abgeschlossenen wesentlichen Bestandteil des Gesamterzeugnisses bilden. Eine solche Fabrikationsgruppe ist in sich geschlossen und von anderen Bearbei­ tungsabteilungen unabhängig, (...).“ Lang 1922, S. 2.

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Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

erfolgt die Komplettbearbeitung einer Werkstückfamilie. Fertigungstechnisch ist die Einbettung aller zur Erfüllung der teilefamilienbezogenen Produktionsaufgabe benötig­ ten Arbeitsmaschinen notwendig. Flexible Fertigungssysteme können ein Bestandteil der Gruppenfertigung sein.22 Deshalb wird an dieser Stelle die substituierte Fertigungstech­ nik eines FFS als größte Annäherung an die direkte Strukturtradition der Gruppenferti­ gung angenommen und als , flexibles Fertigungssystem der ersten Generation4 bezeich­ net. Die Substitution eines älteren flexiblen Fertigungssystems durch ein neues FFS signalisiert einen erfolgreichen Ersteinsatz dieser Technik. Angaben zur direkten Strukturtradition liegen über 81 FFS-Organisationen vor. Die Anwenderzuordnung zu einem Typ der ex ante-Produktionsorganisation wird hier anhand der als strukturdominierend angenommenen Fertigungstechnik vorgenom­ men. Wird zum Beispiel ein ,FFS der ersten Generation4 zusammen mit unverkette­ ten Werkzeugmaschinen ersetzt, dann impliziert diese Konstellation die Ausgangs­ situation der Gruppenfertigung als vorherrschendes Organisationsprinzip. Ähnliches gilt für Kombinationen, die eine Substitution von konventioneller Transferstrasse und freistehenden Einzelmaschinen umfassen. Hier wird die Fließfertigung als vor­ herrschender Organisationstyp der Produktion unterstellt. Die überwiegende Mehrheit der erfaßten flexiblen Fertigungssysteme (= 84,0%) er­ setzte eine Fertigungstechnik, die auf eine Strukturtradition der Werkstattfertigung (wstferf) hindeutet.23 Nur 11,1% der FFS haben fließfertigungstypische Transfer­ strassen ersetzt (fließfert).^ Dieser Substitutionstyp impliziert eine relative Bedeu­ tungslosigkeit flexibler Fertigungssysteme für den allgemeinen Einsatz in der Großund Massenfertigung, die üblicherweise durch eine Organisationsstruktur der Fließ­

22 23

24

Vgl. auch Alford 1994, p. 6. Speziell für die Vereinigten Staaten wird dieses Ergebnis flankiert durch die Feststellung, daß die Strukturtradition der meisten Industrieunternehmen im wesentlichen eine Form der Werkstattfertigung wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts reflektiert. Vgl. Kalemkarian/Stiles 1988, p. 211. Für die konkrete FFS-Situation bestätigen auch andere Untersu­ chungen die Dominanz der Werkstattfertigung als Strukturtradition, in welche das jetzige System eingebettet worden ist. So ermitteln z. B. Hirt, Reineke und Sudkamp, daß 72% der von ihnen befragten FFS-Anwender das System in eine bestehende Produktionsorganisation der Werkstattfertigung integriert haben. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 15. Ein ähnliches Erhebungsergebnis zeigt die Untersuchung von Fix-Sterz, Lay und SchultzWild. Darin wird eine vergleichbare technische Ausgangssituation für den Einsatz flexibler Fertigungszellen und -Systeme ermittelt. Eine Transferfertigung bildet bei 11% der befragten Betriebe die Vorgängertechnik. Die absolute Mehrheit der Einsatzfälle flexibel verketteter Fertigungstechnik hat jedoch unverkettete konventionelle Werkzeugmaschinen sowie NCund CNC-Werkzeugmaschinen ersetzt (= 85%). Die Autoren kommen in bezug auf den FFSEinsatzbereich zu dem Ergebnis, daß der Aspekt einer potentiellen Produktivitätssteigerung das Streben nach Flexibilität dominiert. Vgl. Fix-Sterz/Lay/Schultz-Wild 1986, S. 372; sowie zu einem ähnlichen Fazit Handfield/Pagell 1995, p. 244.

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

279

fertigung gekennzeichnet ist.25 Lediglich 4,9% der befragten Anwender betreiben ein System der zweiten Generation, können folglich auf eine Form der Gruppenfer­ tigung (grpfert) als direkte Organisationstradition vor Implementierung des aktuel­ len FFS zurückblicken.

Im Verständnis dieser Untersuchung liegt eine indirekte Strukturtradition der FFSOrganisation vor, wenn



die Anschaffung des betrachteten Systems als Neuinvestition im Zuge der Errich­ tung einer Produktionsstätte in Form des „greenfield investment“ erfolgt ist,26 oder die Systeminstallation in einer bestehenden Produktionsstätte als ausschließliche Erweiterungsinvestition vorgenommen wurde, ohne dabei eine bereits eingesetzte Technik zu substituieren und/oder zu ergänzen 27



Eine zusammenfassende Darstellung zur direkten und indirekten Strukturtradition umspannt 104 FFS-Organisationen. Auch in dieser Betrachtung hat mehrheitlich das jeweilige FFS die Technik einer Werkstattfertigung ersetzt (= 65,4%). Immerhin 14,4% der Systeme wurden als Maßnahme einer Kapazitätserweiterungs­ strategie (kaperw) in einem bestehenden Werk installiert, lösten aber keine vorherige Fertigungstechnik ab. So integrierte ein englischer Landmaschinenhersteller dieser Untersuchung das betrachtete FFS als Erweiterungsinvestition in die bereits existie­ rende Produktionsstätte, um Werkstücke bearbeiten zu können, die vormals von ex­ ternen Lieferanten bezogen wurden 28 Es handelt sich hierbei um ein Insourcing zur Reduzierung der Abhängigkeit von untemehmensextemen Zulieferern. In einem an­ deren Beispiel dieser Studie führte ein schwedischer Lastkraftwagenhersteller das betrachtete System als ausschließliche Erweiterungsinvestition für die Fertigung ei­

25

26

27

28

Vgl. dagegen allgemein zur zunehmenden FFS-Eignung für die Großserienfertigung z. B. Hammer 1985, S. 462-465; Dörken/Melchert/Skudelny 1992, S. 73; sowie speziell für japanische Industrieunternehmen Yamashina/Okamura/Matsumoto 1986, p. 407. Einen anwenderbezogenen Bericht über flexible Fertigungssysteme eines schwedischen Automo­ bilherstellers zur Bearbeitung von Bremsscheiben als technische Alternative zur konventio­ nellen Fließfertigung findet sich in o. V [Werkstatt und Betrieb] 1992a, S. 198. Eine im Jahr 1985 veröffentlichte Studie von flexiblen Fertigungssystemen in fünf britischen Betrieben zeigt, daß lediglich in einem Fall mit der Einführung des FFS eine neue Ferti­ gungsstätte errichtet wurde. Die anderen Systeme wurden in eine bestehende Produktionsor­ ganisation integriert. Vgl. Hill 1985, p. 18. Siehe zu einem Anwendungsbeispiel des Umbaus existierender Maschinen bei gleichzeitiger Ergänzung durch ein flexibles Fertigungssystem Chui 1988, pp. 172-173. Eine solche Aus­ gangssituation würde in dieser Untersuchung einer direkten Strukturtradition des FFS zuge­ ordnet werden. Vgl. zum FFS als Alternative für die Extemalisierung einer Fertigungsstufe auch Chui 1988, p. 168.

280

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

ner , neuen Generation von Getriebegehäusen* ein.29 Ein amerikanischer Anwender der Land- und Baumaschinenindustrie gibt an, das betrachtete FFS als ,reine* Er­ weiterung der werksbezogenen Kapazität aus einer stillgelegten Produktionsstätte des Unternehmens transferiert zu haben. Weitere 8,7% der FFS ersetzten eine fließfertigungstypische Transferstrasse und die Systeminbetriebnahme in einem neu errichteten Werk (green) beschreibt die ferti­ gungsorganisatorische Ausgangssituation von 7,7% der befragten Anwender. Auch in dieser Gesamtbetrachtung bildet das aktuelle FFS als Substitut eines älteren Sy­ stems und damit die Strukturtradition der Gruppenfertigung mit 3,8% der Anwen­ dungsfälle das ,Schlußlicht*. Die Form der Investitionsaltemative impliziert ein unterschiedliches Ausmaß der organi­ satorischen Kopplung an die Strukturtradition einer Produktionsstätte. Im Mittelpunkt steht dabei die arbeitsorganisatorische Trägheit des lokalen Fertigungsabschnitts, in den das betrachtete FFS eingebunden wird. Für den Fall einer Erstinvestition in einem neu errichteten Werk kann eine relativ niedrige Kopplungsintensität der FFS-Organisation an eine Strukturtradition angenommen werden.30 Hier existiert kein definierter Fertigungs­ abschnitt mit einer unmittelbaren arbeitsorganisatorischen Tradition. Eine Loslösung von tradierten Strukturen durch Einrichtung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation ist am ehesten möglich.31 Ein vergleichsweise niedriges arbeitsorganisatorisches Träg­ heitsmoment wird auch in jenen Anwendungsfällen der ausschließlichen Kapazitätser­ weiterung angenommen. Die direkte Substitution der Gruppen-, Werkstatt- und Fließ­ fertigung legt hingegen eine stärkere Kopplungsintensität des FFS an die lokale Orga­

29

30

31

Eine beabsichtigte Produktneueinführung wird ursächlich auch in anderen dokumentierten Anwendungsbeispielen mit der FFS-Einführung in Verbindung gebracht. So bewertete ein britischen Unternehmen die Markteinführung einer neuen Produktlinie von Pumpen als „ide­ al time to consider FMS“. Die anschließende Realisierung des FFS hatte ausschließlich kapazitätserweitemden Charakter. Vgl. Kochan 1985b, p. 87. Siehe Hill 1985, p. 18; sowie ähnlich Brynjolfsson/Renshaw/Van Alsytne 1997, p. 45: „More disruptive changes make existing or brownfield sites less attractive. In fact, new or greenfield sites are much more popular for introducing new systems, even when they require abandoning years of organizational learning“ Siehe auch das Anwendungsbeispiel in Williams 1988. Auch die Studie von Adler thematisiert die Loslösungsmöglichkeiten von tradierten Formen der Arbeitsorganisation bei Systemimplementierung in einer neu errich­ teten Produktionsstätte. Das „Team Corp“-TTS wurde als Bestandteil eines .greenfield in­ vestment“ realisiert und die Einführung strukturmodemer Formen der Arbeitsorganisation dadurch erleichtert. Anders gestaltete sich die Implementierung des ,Weo^^“-Systems, die in einem etablierten und strukturtraditionell auf Erhaltung der bestehenden konservativen Organisationslösung gerichteten Produktionsumfeld erfolgte. Vgl. Adler 1991, p. 450 und p. 451. Vergleichbar vermutet Schultz-Wild eine höhere Wahrscheinlichkeit für stark arbeitsteilig betriebene FFS, wenn diese Anlagen in vorhandene Produktionsstrukturen samt existierender Umfeldorganisation integriert werden. Vgl. Schultz-Wild 1986a, S. 159.

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

281

nisationstradition nahe.32 Diese Überlegungen lassen sich zur Strukturtraditionsthese zu­ sammenfassen.

Hauptthese 2 (Strukturtraditionsthese):

Eine strukturmoderne Arbeitsorganisation ist häufiger in flexiblen Fertigungssystemen mit einer schwächeren Kopplungsintensität an eine lokale Strukturtradition realisiert. FFS-Organisationen, die in eine existierende Produktionsorganisation mit zumeist traditionellem Strukturcharakter eingepaßt worden sind, weisen dagegen häufiger eine strukturtraditionelle Arbeitsorganisation auf. Abbildung 5-4 visualisiert abschließend den potentiellen Wirkungsmechanismus, der den Überlegungen zur Traditionsthese zugrundeliegt. Werkstatt-, Fließ- und Gruppenfertigung: Direkte Strukturtradition

Abb. 5-4:

stärkere Intensität der Strukturkopplung

Strukturtraditionelle Arbeitsorganisation

'reine' Erweiterung und schwächere Intensität "greenfield investment": —► der Strukturkopplung Indirekte Strukturtradition

Strukturmoderne Arbeitsorganisation

Kontingenz zwischen der fertigungsorganisatorischen Ausgangssituation und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

5.2.3 Fertigungstechnische Ausgangssituation Ähnlich wie die fertigungsorganisatorische Ausgangssituation wird in dieser Arbeit auch die fertigungstechnische Ausgangssituation der FFS-Organisation durch die substituierte Technik beschrieben. Die Technikaltemativen der Pre-Implementie-rungsphase über­ nehmen als Indikatoren somit eine Dualfunktion unterschiedlichen Inhalts. Mit ihnen läßt sich einerseits die direkte Strukturtradition der Produktionsorganisation beschreiben, andererseits bringen sie die Vertrautheit des Werkstattpersonals mit rechnergestützten Bearbeitungsmaschinen im Vorfeld der Systemeinführung zum Ausdruck.33 Vertraut­ heitsaspekte berühren unmittelbar die Einstellungen des Werkstattpersonals gegenüber

32 33

Vgl. auch Gupta 1989, p. 33. Vgl. allgemein zur situativen Vertrautheit Staehle 1999, S. 201.

282

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

ihrer Arbeitssituation, die im wesentlichen durch die eingesetzte Technik sowie durch die realisierten Organisationsstrukturen konstruiert wird.

Konventionelle, NC-Werkzeugmaschinen und Transferstrassen repräsentieren die Aus­ gangsstufe mit dem vergleichsweise geringem Vertrautheitsgrad, weil eine Rechnerinte­ gration der Bearbeitungsprozesse bei diesen Maschinentypen nicht oder nur sehr einge­ schränkt vorhanden ist. Eine Substitution konventioneller Fertigungstechnik durch ein flexibles Fertigungssystem stellt für das Werkstattpersonal ein technisches „leap frog­ ging“ dar, weil mehrere Stufen der Werkzeugmaschinenentwicklung übersprungen wer­ den und dadurch die Kontinuität der technischen Arbeitsbedingungen gestört werden kann (vgl. Abb. 5-5).

Abb. 5-5:

Fertigungstechnisches „leap-frogging“ bei FFS-Einführung

Liegen bereits Einsatzerfahrungen des Werkstattpersonals mit CNC-Werkzeugmaschinen vor, dann impliziert dies einen höheren Vertrautheitsgrad im Umgang mit rech­ nerintegrierter Fertigungstechnik. Ein fertigungstechnisch geringerer Entwicklungs­ sprung kennzeichnet schließlich das Ablösen unverketteter Bearbeitungszentren sowie die Substitution eines ,FFS der ersten Generation4 durch das aktuelle System.

Kontingenztheoretisch wird nun die folgende Überlegung zugrundegelegt. Mit abneh­ mendem Grad der Rechnerintegration des substituierten Produktionsapparates nimmt das technische „leap frogging“ bei Systemeinführung zu. Der Vertrautheitsgrad des Werk­ stattpersonals im Umgang mit rechnerunterstützten Bearbeitungsmaschinen sinkt. Eine

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

283

sinkende Rechnervertrautheit kann einen Konfrontationseffekt verstärken, der sich mög­ licherweise in Akzeptanzschwierigkeiten des Personalsystems im Umgang mit einer stark unvertrauten FFS-Technik niederschlägt.34 Im einzelnen kann ein Gefühl der In­ stabilität und Unsicherheit entstehen und die Bereitschaft des Werkstattpersonals zur zu­ sätzlichen Bewältigung arbeitsorganisatorischer Strukturbrüche mindern. Der Schluß liegt nahe, daß dieser Konfrontationseffekt bei Übertragung einer struktur­ traditionellen Arbeitsorganisation geringer ausfällt. Hier wird eine für das Werkstattper­ sonal fremde rechnerintegrierte Fertigungstechnik durch eine vertraute Struktur der Ar­ beitsorganisation flankiert und damit das akzeptanzrelevante Problem der ,Fremdheit4 einer neuen Organisationsphilosophie abgepuffert. Der Mitarbeiter muß sich nicht zu­ sätzlich an eine neue Organisationsstruktur gewöhnen, sondern unterliegt (zunächst) nur dem Zwang zur Umstellung auf eine neue Technik. In umgekehrter Weise liegt die Ver­ mutung zugrunde, daß mit ansteigendem Grad der ex ante-Rechnerintegration die tech­ nische Einsatzvertrautheit des Werkstattpersonals zunimmt und der Konfrontationseffekt des FFS insgesamt geringer ist. Die Umsetzung einer strukturmodemen Arbeitsorgani­ sation wird leichter durch das Werkstattpersonal absorbiert.

Das argumentative Grundmuster zum Konfrontationseffekt neuer Fertigungstechnik läßt sich abschließend mit der Konfrontationsthese zum Ausdruck bringen: Hauptthese 3 (Konfrontationsthese):

Eine strukturmoderne Arbeitsorganisation ist häufiger in flexiblen Fertigungssystemen realisiert, bei denen der fertigungstechnische Entwicklungssprung aufgrund einer hö­ heren Rechnerintegration der substituierten Technik geringer ist und der Konfrontati­ onseffekt für das Personalsystem insgesamt schwächer ausfällt. Ein größerer techni­ scher Entwicklungssprung läßt auf einen stärkeren Konfrontationseffekt des FFS und die häufigere Umsetzung einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation schließen. Zur fertigungstechnischen Ausgangssituation liegen Angaben über 81 flexible Ferti­ gungssysteme vor. Anwender, die das betreffende FFS in einer neu errichteten Produkti­ onsstätte oder in dem Fertigungsabschnitt eines bestehenden Werks als Erweiterungsin­ vestition installiert haben, sind aus dieser Betrachtung ausgeschlossen. Im einzelnen wurden in 58,0% der Anwendungsfälle konventionelle Werkzeugma­ schinen (konv_WZM) durch das flexible Fertigungssystem ersetzt. Mit 34,6% ist der Anteil jener Anwender geringer, die durch das erfaßte FFS auch NC-gesteuerte Werkzeugmaschinen (NC_WZM) substituiert haben. Die technische Entwicklungs­ stufe der CNC-Werkzeugmaschine (CNCWZM) bildet in 38,3% der betrachteten Systemlösungen die Ausgangssituation. Bearbeitungszentren (BAZ) wurden von 34

Damit ist vor allem eine Einstellung der Offenheit von Systemmitgliedem gegenüber neuen Technik- und Organisationserfahrungen angesprochen. Vgl. dazu Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 329.

284

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

33,3% der Anwender mit dem FFS abgelöst. Die Fertigungstechnik der konventio­ nellen Transferstrasse (konv_TSTR) repräseniert in 11,1% der FFS-Organisationen die fertigungstechnische Ausgangssituation. Keines der erfaßten FFS fungierte als Techniksubstitut für eine flexible Transferstrasse (flex TSTR). Lediglich 4,9% der Anwender haben ein älteres FFS {FFS eins) durch das aktuelle System ersetzt. Die Erhebungsergebnisse verdeutlichen, daß konventionelle Werkzeugmaschinen­ technik vor allem durch das flexible Fertigungssystem ersetzt worden ist.35 Demge­ genüber wurde das unverkettete Bearbeitungszentrum als jüngste Entwicklungsstufe von Werkzeugmaschinen durch das FFS vergleichsweise wenig substituiert. Hierzu zählen auch jene Bearbeitungszentren, die als maschinelle Kemelemente eine frühe Ausbaustufe des entsprechenden Systems darstellten. Auch verkettete Mehrmaschi­ nensysteme bilden relativ selten die fertigungstechnische Ausgangssituation der er­ faßten FFS-Organisationen. Obige Angaben sind undifferenziert, weil innerhalb des Werkstattbereichs auch eine Kombination verschiedener Technikaltemativen durch das FFS ersetzt worden sein kann. Bei Zugrundelegung der höchsten Entwicklungsstufe der substituierten Ferti­ gungstechnik als Maßstab für den Vertrautheitsgrad des Werkstattpersonals im Um­ gang mit rechnerintegrierter Technik resultieren folgende Entwicklungssprünge:

• • • • • • 35

konventionelle Werkzeugmaschinen........................ 21,0%; konventionelle Transferstrassen.............................. 11,1%; NC-Werkzeugmaschinen .......................................... 11,1%; CNC-Werkzeugmaschinen........................................22,2%; Bearbeitungszentren.................................................. 29,6%; FFS der ersten Generation........................................... 4,9%. Ein konkretes Anwendungsbeispiel verdeutlicht das fertigungstechnische „leap-frogging“ beim Übergang von konventioneller Produktionstechnik auf das rechnerintegrierte Mehrma­ schinensystem eines FFS. Der Produktionsapparat eines britischen Schuhmaschinenherstel­ lers bestand vor Systemeinführung hauptsächlich aus konventionellen Werkzeugmaschinen sowie einigen CNC-gesteuerten Arbeitsmaschinen mit einem Durchschnittsalter von 23 Jah­ ren. Die Tatsache, daß für das Werkstattpersonal die Existenz von CNC-gesteuerten Werk­ zeugmaschinen bereits eine gewisse Vertrautheit im Umgang mit rechnergestützter Ferti­ gungstechnik ermöglichte, veranlaßte den Anwender zu folgender Aussage: „FMS will not be a dramatic technology leap for the company“ Siehe Kochan 1983c, p. 264. Ein ähnli­ ches Beispiel findet sich im Kontext der FFS-Einfuhrung eines amerikanischen Herstellers von Elektrolokomotiven. Hier ersetzte das flexible Fertigungssystem ausschließlich konven­ tionelle Fertigungstechnik mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren. Vgl. Albert 1988, p. 329. Die Einführung des FFS verlangte von dem Personal ein Überspringen mehrerer Stu­ fen der Werkzeugmaschinenentwicklung. Siehe zu einem weiteren Beispiel Brodbeck 1991, S. 28. Auch Hayes und Jaikumar resümieren ihre Beobachtungen der fertigungstech­ nischen (Ausgangs-)Situation in den U. S. A.: „In visits to dozens ofU. S. factories, we have seen an astonishing number of 20-year-old or older machines in operation. Indeed, more than a third of U. S. machines tools fall in this category“ Siehe Hayes/Jaikumar 1988, p. 83.

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

285

Für die anschließende Kontingenzanalyse erfolgt eine Unterscheidung in Technikalter­ nativen mit geringer sowie mit hoher Rechnerintegration. Zur ersten Kategorie zählen konventionelle sowie NC-Werkzeugmaschinen und Transferstrassen, zur zweiten Kate­ gorie CNC-Werkzeugmaschinen, Bearbeitungszentren und , flexible Fertigungssysteme der ersten Generation4. Diese Unterteilung erscheint inhaltlich plausibel, weil sie den Übergang von konventioneller Technik zur Anwendung von Mikroelektronik in der Fer­ tigung abbildet.

Abschließend vermittelt Abbildung 5-6 eine zusammenfassende Visualisierung der Überlegungen zum möglichen Wirkungsmechanismus zwischen der fertigungstechni­ schen Ausgangssituation und dem aggregierten Strukturmuster der Arbeitsorganisation.

konventionelle WerkzeugI maschinen und Transferj Strassen, NC-Werkzeugmaschinen: niedrige Rechnerintegration

geringer Grad der Rechnervertrautheit stärkerer Konfrontationseffekt

Strukturtraditionelle Arbeitsorganisation

CNC-Werkzeugmaschinen, Bearbeitungszentren, FFS der ersten Generation: hohe Rechnerintegration

höherer Grad der Rechnervertrautheit schwächerer Konfrontationseffekt

Strukturmoderne Arbeitsorganisation

Abb. 5-6:

Kontingenz zwischen der fertigungstechnischen Ausgangssituation und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

5.2.4 Qualifikatorische Ausgangssituation In dieser Arbeit thematisiert die fertigungstechnische Ausgangssituation Aspekte der Rechnervertrautheit des Werkstattpersonals sowie die Stärke eines möglichen Konfron­ tationseffekts. Damit wird letztlich die Reibungslosigkeit der Umsetzung einer struktur­ modemen Arbeitsorganisation in das Blickfeld gerückt, die auf der individuellen Aufge­ schlossenheit gegenüber einer mehr oder minder stark veränderten Situation am Arbeits­ platz basiert. Hier steht das Moment der Konfrontation des Werkstattpersonals mit einer fremden Fertigungstechnik einerseits und einem möglicherweise konfrontationsverstär­ kenden Effekt aus der Einführung ungewohnter Formen der Arbeitsorganisation anderer­ seits im Mittelpunkt.

Dagegen fokussiert die qualifikatorische Ausgangssituation den anschließenden Qualifi­ zierungsaufwand, der mit der Einführung eines flexiblen Fertigungssystems in unter­

286

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

schiedlichem Ausmaß auftreten kann. Damit verknüpft ist das Niveau der Ausgangsqua­ lifikation, das die qualifikatorische Basis des Personalsystems vor der FFS-Installation beschreibt. Zur Erfassung dieser Situationsvariable wird hier eine Dichotomisierung auf ordinalskaliertem Meßniveau vorgenommen. Ein Mangel an qualifiziertem Werkstatt­ personal kennzeichnet allgemein ein niedriges Niveau der Ausgangsqualifikation. Ein hohes Ausgangsniveau ist bei hinreichend qualifiziertem Personal vor Systeminstallation gegeben.36 Der Qualifizierungsaufwand resultiert im wesentlichen aus der Größe des qualifikatorischen Defizits bei Systemeinführung. Ein niedriges Niveau der Ausgangsqualifikation deutet auf ein relativ hohes Defizit hin. Dies gilt in umgekehrtem Sinne für eine hohe Ausgangsqualifikation des Werkstattpersonals. Die Beseitigung eines großen Qualifika­ tionsdefizits setzt umfassende Qualifizierungsmaßnahmen und damit die Inanspruch­ nahme betriebsintemer Ressourcen finanzieller sowie personeller Art voraus. Die Quali­ fizierung kann zum Beispiel die temporäre Freistellung des Werkstattpersonals und damit die Verringerung der produktionsintem verfügbaren Personalkapazität erforderlich machen. Darüber hinaus verursacht die Mitarbeiterausbildung Kosten und somit den Verzehr knapper Finanzmittel, und zwar zusätzlich zu den Anschaffungskosten der Technikkomp onenten. Ein möglicher Einfluß der Ausgangsqualifikation auf die zu realisierende Arbeitsorgani­ sation des FFS-Betriebs konkretisiert sich wie folgt. Es wird angenommen, daß eine strukturmodeme im Vergleich zur strukturtraditionellen Arbeitsorganisation einen höhe­ ren Qualifizierungsaufwand erfordert. Das Vorhandensein einer hohen Ausgangsqualifi­ kation impliziert ein geringeres Qualifikationsdefizit des Werkstattpersonals. Die Ver­ wirklichung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation ist hier häufiger zu beobachten, weil die Defizitbeseitigung einen geringeren Qualifizierungsaufwand verursacht als dies bei einem niedrigen Niveau der Ausgangsqualifizierung der Fall sein würde.37 Dort wir­ ken sich eingeschränkte Verfügungsmöglichkeiten als strukturbeeinflussend aus, Spezi­ ell die Problematik eines begrenzten Budgetrahmens verdeutlicht das folgende Zitat des für die Einführung eines FFS verantwortlichen Projektleiters: ,Jf you ’re given a budget of so many Dollars, it ’s up to you to come up with a scheme for making the best use of that money Die Allokationsmöglichkeiten knapper Finanzmittel lassen sich bei gro­ ßem Qualifikationsdefizit dann ,verbessern4, wenn eine Zusatzqualifizierung des Perso­ nals in den zentralen Produktionsabteilungen erfolgt, weil dort bereits Basiskenntnisse vorhanden sind. Qualifizierte Spezialisten aus diesen Abteilungen können dann auch 36 37

38

Siehe zum Niveau der Ausgangsqualifikation des Werkstattpersonals Frage Nr. 12a des Er­ hebungsbogens auf S. 411 im Anhang. Vgl. allgemein Heeg 1991, S. 129-130. Diese Überlegungen lehnen sich auch an Befra­ gungsergebnisse an, nach denen eine mangelnde Qualifikation als ein wesentlicher Hinde­ rungsgrund für die breite Diffusion moderner Fertigungstechnik beurteilt wird. Vgl. dazu Eversheim u. a. 1988, S. 32. Diese Aussage läßt sich auch auf die Verbreitung einer struk­ turmodemen Arbeitsorganisation übertragen. Thomas 1994, p. 50.

287

Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

dem FFS zugewiesen werden. Eine aufwendige Neuqualifizierung des Personals auf Werkstattebene entfällt. Statt dessen wird das operative Personal durch eine Anpas­ sungsqualifizierung mit vergleichsweise geringem Aufwand auf den FFS-Einsatz vorbe­ reitet. Arbeitsorganisatorisch resultiert hier eine Fortschreibung der Strukturtradition.39 Die Überlegungen lassen als Qualifikationsdefizitthese formulieren:

Hauptthese 4 (Qualifikationsdefizitthese): Die Einführung strukturmoderner Formen der Arbeitsorganisation verursacht einen relativ hohen Aufwand für die Neuqualifizierung des Werkstattpersonals. Diese Maß­ nahmen verzehren weniger Ressourcen, wenn ein kleineres Qualifikationsdefizit bei Systemeinführung vorliegt. Unter dem Aspekt der Ressourcenbeschränkung ist deshalb eine strukturmoderne Arbeitsorganisation häufiger in Systemen mit einem hohen Ni­ veau der Ausgangsqualifikation vorzufinden. Korrespondierend wird ein hohes Quali­ fikationsdefizit häufiger mit einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation einhergehen.

Mit der Abbildung 5-7 wird der mögliche Transmissionsmechanismus der qualifikatorischen Ausgangssituation auf die Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen zu­ sammenfassend dargestellt.

Q O

niedriges Niveau der Ausgangsqualifikation

* großes Qualifikationsdefizit & hoher Qualifizierungsaufwand

Strukturtraditionelle Arbeitsorganisation

L

| g) geringes Qualifikationsdefizit hohes Niveau der -► & niedriger QualifizierungsAusgangsqualifikation aufwand

Abb. 5-7:

\

Strukturmoderne Arbeitsorganisation

Kontingenz zwischen der qualifikatorischen Ausgangssituation und der Ar­ beitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Über das Niveau der Ausgangsqualifikation des Personalsystems liegen Angaben von 91 Anwendern vor. Demzufolge stellen 75,8% der Befragten fest, vor Einfüh­ rung des flexiblen Fertigungssystems über ein hohes Qualifikationsniveau des Werkstattpersonals verfügt zu haben. Lediglich 24,2% der Anwender geben retro­ spektiv einen Mangel an ,hinreichend4 qualifiziertem Personal an.

39

Vgl. dazu Schultz-Wild 1986a, S. 159; und Schultz-Wild 1990, p. 94.

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

288

5.2.5 Erhebungsergebnisse zur Pre-Implementierung Die nachfolgende Abbildung 5-8 visualisiert überblicksartig die Untersuchungsergebnis­ se zu den Situations variablen der Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssyste­ me.

Fertigungsorganisatorische Ausgangssituation

Regionale Zugehörigkeit

green

kaperw

grpfert wstfert fließfert N = 104 FFS-Organisationen

Fertigungstechnische Ausgangssituation 58,0% CNC-WZM

38,3%

NC_WZM

34,6%

BAZ

33,3%

konv_TSTR

11,1%

FFS_eins

4,9%

flex_TSTR

0,0%

N = 81 FFS-Organisationen

Abb. 5-8:

Situationsvariablen der Pre-Implementierungsphase flexibler Fertigungssy­ steme

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

5.3

289

Implementierungsphase flexibler F ertigungssysteme

5.3.1 Die Implementierung im Lebenszyklus eines FFS Der Lebenszyklus eines flexiblen Fertigungssystems beginnt mit den vorbereitenden Einführungsaktivitäten und erstreckt sich über den Routineeinsatz bis hin zur System­ auflösung.40 Die Implementierungsphase bildet einen Ausschnitt aus diesem Lebenszy­ klus ab. Allgemein handelt es sich bei der Implementierung um einen Prozeß der , erfolg­ reichen4 Einführung einer neuen Fertigungstechnik.41

Die Implementierungsphase selbst kann wiederum verschiedene Teilstufen umfassen, zu denen die Konzeptentwicklung, die Projektgenehmigung, die Lieferantenauswahl sowie die anschließende Hard- und Softwareinstallation zählen.42 Eine erweiterte Sichtweise schließt auch die Inbetriebnahme sowie den unmittelbar folgenden Testbetrieb des Ge­ samtsystems ein.43 In einer anderen Darstellung werden vier Implementierungsabschnitte unterschieden.44 Hier gehören zur einleitenden Konzeptionsphase die Durchführung einer Studie, die Sicherstellung des Management-Commitments sowie die Einrichtung eines Projektteams. Im Kontext der Detailplanung werden dann Aspekte behandelt, die sich auf die Bestimmung des Teilespektrums, die Verfahrensauswahl, die Festlegung der Sy­ stemanforderungen, die Auswahl der Betriebsmittel sowie die Bestellung der System­ komponenten bei externen Lieferanten erstrecken. Die sich anschließende Installati­ onsphase beinhaltet alle Montageaktivitäten einschließlich deren Vorbereitung. Den Abschluß der Implementierungsphase bildet dann die Inbetriebnahme. Aus diesen und anderen prozessualen Darstellungen wird für die Zwecke der eigenen Arbeit eine Unterscheidung vorgenommen45 die

40

41 42 43 44 45

Der Routineeinsatz flexibler Fertigungssysteme (Nutzungsdauer) beträgt laut Angaben des IIASA normalerweise acht bis zehn Jahre. Sog. ,Veterane‘ weisen dagegen auch eine Nut­ zung im Produktionsbetrieb auf, die zwischen 16 und 18 Jahren liegt. Vgl. Tchijov 1989a, p. 10. Als prognostizierte Nutzungsdauer eines FFS wird in einem konkreten Anwendungs­ beispiel ein Zeitraum von 15 bis 20 Jahren angegeben. Vgl. Junger 1992, S. 12. Vgl. Voss 1988, p. 59. Vgl. Amoako-Gyampah/Maffei 1989, p. 487. Vgl. Lindberg 1992, p. 58; sowie ähnlich Maleki 1991, p. 242. Vgl. Greenwood 1988, p. 76. Siehe zusätzlich VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 3; REFA 1991a, S. 126-127; Bontadelli 1992, p. 92.

290

• • •

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Systemplanung, Systemrealisierung sowie Systeminbetriebnahme

als Teilstufen der Implementierung betrachtet. Im Lebenszyklus des FFS schließt sich der routinemäßige Produktionseinsatz an. Dieser besitzt einen endlichen Zeithorizont. Es kann davon ausgegangen werden, daß auf den Systembetrieb wirkende Obsoleszenzeffekte zur Verkürzung des Lebenszyklus fuhren.46 Technologische Obsoleszenz resultiert aus einer Weiterentwicklung der Technikkompo­ nenten und fuhrt entweder zur technischen Anpassung und damit zur Prolongation oder zur Eliminierung des Gesamtsystems, mit welcher der Lebenszyklus des FFS terminiert wird. Daneben kann eine strategische Obsoleszenz auf die projizierte Nutzungsdauer einwirken. Sie äußert sich zum Beispiel in einer Veränderung der Marktbedingungen, die zur Neuformulierung der systemspezifischen Produktionsaufgabe fuhrt, für deren Er­ füllung das inkorporierte Flexibilitätspotential jedoch nicht ausreicht. Der Lebenszyklus des FFS wird durch die Demontage des Gesamtsystems oder durch die Entkettung mit anschließendem Einzelmaschinenbetrieb beendet.

5.3.2 Planung flexibler Fertigungssysteme 5.3.2.1 Allgemeine Dimensionen des Planungsprozesses Im Verständnis dieser Arbeit beeinflußt das Gestaltungssystem während der Implemen­ tierungsphase sowohl das Techniksystem als auch die Arbeitsorganisation des FFS. In dieser situativ prozessualen Betrachtung erfordert die Analyse von potentiellen Kontext­ faktoren zunächst eine nähere Spezifizierung der Planungsaktivitäten des Gestaltungssy­ stems.47 Die Einführung flexibler Fertigungssysteme stellt sich allgemein als ein ver­ gleichsweise komplexer Planungsvorgang dar. Auf eine ausführliche Darstellung der Planungsinhalte wird an dieser Stelle verzichtet48 Gleichwohl wird der anschließende Abriß als wichtig erachtet, um dadurch die Vielschichtigkeit der Aktivitäten des Gestal­ tungssystems verdeutlichen zu können.

46 47

48

Vgl. Gupta 1988, p. 258; Abdel-Malek/Wolf 1994, p. 41. Allgemein ist Planung „die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Geschehens; sie ist Ge­ staltungsfunktion, weil sie das spätere ausfuhrende Handeln weitgehend vorbestimmt“ Siehe Hax 1959, S. 611. Den anschließenden Ausführungen zur Systemplanung liegt die Annahme zugrunde, daß die Grundsatzentscheidung des Unternehmens zugunsten eines flexiblen Fertigungssystems be­ reits getroffen ist. Nunmehr steht die Auswahl einer konkreten Systemaltemative an.

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

291

Flexible Fertigungssysteme sind eingebunden in die Wertschöpfungskette eines Indu­ strieunternehmens.49 Die daraus entstehende Interdependenz erfordert eine Integrations­ planung.50 Hier beinhaltet der Planungsprozeß flexibler Fertigungssysteme verschiedene Integrationsdimensionen strategischer, logistischer, technischer und sozialer Natur.51 Dabei werden alle Vorgänge der technischen Integrationsplanung zur Technikplanung i. e. S. gezählt. Die Technikplanung i. w. S. schließt darüber hinaus die strategischen und logistischen Integrationsdimensionen ein. Die soziale Integrationsplanung erstreckt sich im Kem auf die Inhalte der funktionalen Arbeitsorganisation i. e. S. und beinhaltet im wesentlichen die Entscheidung für ein bestimmtes Strukturmuster. Ergänzend bilden die Entwicklung von Qualifizierungsprogrammen und die qualitative sowie quantitative Per­ sonalauswahl Bestandteile der sozialen Integrationsplanung.52

(I)

Strategische Integrationsplanung

Die strategische Integrationsplanung verfolgt die explizite Ausrichtung des flexiblen Fertigungssystems auf die Marktanforderungen des Anwenders. Das FFS wird hierbei als Maßnahme zur Umsetzung einer aus dem Prozeß der strategischen Planung abgelei­ teten Produktionsstrategie betrachtet.53 Es stellt einen potentiellen strategischen Erfolgs­ faktor im Wettbewerb dar und konkretisiert sich zum Beispiel im Streben nach Simul­ tanerfüllung einer individualisierten, wirtschaftlichen und lieferzeitverkürzenden Pro­ duktion.54 Zum Kembestandteil der strategischen Integrationsplanung zählt die Bestimmung des

49 50

51 52 53

54

Vgl. Behrendt, W. K. 1986, S. 3-4; Kohen 1990, S. 267. Pauschal wird vereinzelt die mangelnde Integration des flexiblen Fertigungssystems in die gesamtbetrieblichen Abläufe als Hauptursache eines die Erwartungen nicht erfüllenden FFSEinsatzes vermutet. Vgl. z. B. Kaighobadi 1994, p. 4 und p. 12. Durch eine isolierte Pla­ nung des FFS als Inselstruktur entsteht nämlich die Gefahr der ,Rosinenlösung4 und damit der Vorteilskompensation ohne Auswirkung auf die gesamte Produktionsorganisation. Siehe dazu Bullinger/Fuhrberg-Baumann 1993, S. 35. Eine vergleichbare Unterscheidung in die Dimensionen der technischen und sozialen Inte­ gration ,neuer1 Fertigungstechnik findet sich in O’Sullivan 1994, pp. 25-26. Vgl. auch Tempelmeier 1992, S. 409. Siehe zum Prozeß der strategischen Planung z. B. Kreikebaum 1997, S. 26-27; sowie die erweiterte Darstellung in Zabel 1994, S. 76-78. Vgl. zur Einbindung der Produktionsstrate­ gie in die übergeordneten Untemehmensstrategien Fine/Hax 1985, p. 37; Wheelwright/Hayes 1985, p. 100; Ross 1992, pp. 4-5; O’Sullivan 1994, p. 27. Ausführungen zur Verknüpfung konkreter FFS mit der Untemehmensstrategie finden sich in Kochan 1983a, p. 91; Garrett 1986, p. 28; Valenta 1988, p. 200-202; sowie Roch 1988, p. 15. Siehe dagegen zu einer allgemein schwachen Integration .moderner4 Fertigungstechnik in strategische Untemehmenspläne die Untersuchungsergebnisse in Dean/Snell 1996, p. 476. Vgl. Meredith 1988, p. 240.

292

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

strategischen Flexibilitätspotentials.55 Allgemein lassen sich vielfältige Flexibilitätsarten unterscheiden, die einen Planungsgegenstand bilden können 56 Dabei können nicht alle Flexibilitätsarten simultan als Leistungspotential in ein FFS inkorporiert werden. Schließlich ist von Bedeutung, daß einzelne Flexibilitätsarten eher strategischen, andere eher operativen Charakter besitzen 57 Ein strategisches Flexibilitätspotential beinhaltet vor allem die künftige Aufnahmefähigkeit neuer Werkstücke für neue Produkte (Pro­ duktflexibilität) oder eine Auslegung des Techniksystems, die eine Erweiterbarkeit um zusätzliche Module in der Zukunft zuläßt (Erweiterungsflexibilität).58 Generell ist die strategische Integrationsplanung auf die Vermeidung eines über- bzw. unterdimensionierten Flexibilitätspotentials eines FFS gerichtet.59 Als Folge der Unter­ dimensionierung kann bei Marktveränderungen eine entsprechende Anpassung des Sy­ stems an die veränderten Anforderungen nicht gewährleistet werden. Dann fehlt das be­ nötigte Flexibilitätspotential. Ohne Ausweichsmöglichkeiten entstehen in dieser Situa­ tion Opportunitätskosten strategischer Natur, die sich möglicherweise als Marktanteils­ verluste konkretisieren.60 Eine Überdimensionierung des strategischen Flexibilitätspo­ tentials kommt dagegen einer Ressourcenverschwendung gleich, wenn das systeminhä­ rente Anpassungspotential während des gesamten FFS-Lebenszyklus nicht vollständig ausgenutzt wird.

55

56

57

58

59 60

Vgl. Slack 1990, p. 46; sowie Gerwin 1989, p. 79; und weiterführend Gerwin 1993, pp. 396-398. Das Flexibilitätspotential stellt keinen Endzweck dar, ist vielmehr als „enabler“ einer beabsichtigten Wettbewerbsposition zu interpretieren. Vgl. zu einer umfassenden Liste von Flexibilitätsarten sowie zu möglichen Interdependenzen Browne et al. 1984, pp. 114-115; und Gupta/Goyal 1989, pp. 129-132; Sethi/Sethi 1990, pp. 298-313; Crowe 1992, p. 27. Eine ähnliche Unterscheidung, die zwischen dynamischer und statischer Flexibilität eines Systems differenziert, findet sich in Slack 1990, p. 36; Carlsson 1992, p. 12. Während dy­ namische Flexibilität auf die Gewährleistung künftiger Aktionspfade gerichtet ist, die bei Bedarf aktiviert werden können, bezieht sich statische Flexibilität auf die Absorptionsfähig­ keit von Veränderungen der operativen Produktionsprozesse. An anderer Stelle bringt die Abgrenzung zwischen kurz- und langfristiger Flexibilität diesen Sachverhalt zum Ausdruck. Vgl. z. B. Behrendt, W. 1986, S. 26; Tailor 1989, p. 70. Vgl. allgemein DeLuca 1988, p. 24; Hahner 1989, S. 1035; Elango/Meinhart 1994, pp. 122-123. In diesem Zusammenhang geht zum Beispiel ein amerikanischer Landmaschinen­ hersteller von einem kompletten Produktwechsel im Zeitraum zwischen fünf und acht Jahren bei gleichzeitiger gradueller Anpassung bestehender Produktkonstruktionen aus. Eine strate­ gische Integrationsplanung erfordert in diesem speziellen Anwendungsfall eine Gewährlei­ stung des Produktwechsels durch das flexible Fertigungssystem. Vgl. o. V. [The FMS Magazine] 1982a, pp. 17-18. Vgl. auch Adam 1993, S. 6. Er spricht hier von einer »ausreichenden* Flexibilität. Vgl. in diesem Kontext zu sog. Jost opportunities'" Arbel/Seidmann 1984, p. 608.

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

(II)

293

Logistische Integrationsplanung

Als Bestandteil der Logistikkette eines Unternehmens entstehen durch die Integration des FFS Schnittstellen mit vor- und nachgelagerten sowie unterstützenden Bereichen der Produktion. Über diese Schnittstellen erfolgt der Transfer von Information und Material in vertikaler und horizontaler Richtung.61 Die Planung der informationsflußbezogenen Integration betrachtet das einzelne FFS zu­ nächst als „black box“. Informationell manifestiert sich in untemehmensbezogener Per­ spektive der strategische Erfolgsfaktor ,Zeit‘ in der Zielsetzung „die richtige Information zur richtigen Zeit am richtigen Ort“62 Damit verbunden ist auch die Forderung nach ei­ ner informationsflußbezogenen Vernetzung in Form durchgängiger Datenströme zwi­ schen den Teilbereichen der Fertigung sowie zwischen der Produktion und anderen Untemehmensteilen.63 Dies trifft ebenso auf flexible Fertigungssysteme zu. Gegenstand der informationsflußbezogenen Integrationsplanung ist deshalb die anwen­ dungsgerechte Einpassung der FFS-Informationssysteme in die betriebliche Informa­ tions- und Rechnerarchitektur.64 Dafür ist eine Ermittlung und Darstellung aller mögli­ chen informationellen Transaktionsbeziehungen zwischen dem FFS sowie dem systemspezifischen Umfeld in Form eines ,Transaktionsmapping‘ notwendig. Dieses unterscheidet zwei Hauptlinien der informationsflußbezogenen Integration, nämlich in





eine vertikale Dimension mit Schnittstellen zur Untemehmensplanung, zum Rech­ nungswesen, zur Produktionsplanung und -Steuerung, zur Arbeitsvorbereitung und Konstruktion, zur Qualitätssicherung und zum Marketing sowie eine horizontale Dimension mit Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Produkti­ onsbereichen, wie zum Beispiel der Materialwirtschaft/Beschaffiing und der Monta­ ge (vgl. Abb. 5-9) 65

Als Hauptanforderung an die Planung kann die Gewährleistung einer Kompatibilität zwischen den diversen Informationssystemen angesehen werden. Diese ermöglicht die Durchgängigkeit der Informationsflüsse und trägt somit zum Abbau von innerbetriebli­ chen Informationsasymmetrien bei.

61

62 63 64

65

Die logistische Systemintegration als Bestandteil eines FFS-Planungsansatzes wird ver­ gleichsweise selten thematisiert. Siehe zu einer Ausnahme VDI-GACIM/VDI-ADB 1990, S. 2-3. Reichwald 1992, S. 11. Vgl. zu diesem CIM-Primärziel z. B. Scheer 1990, S. 11-14. Vgl. zum Beispiel Maier 1986, S. 55-56; Hackstein 1987, S. 16; Elbracht 1992, S. 306; Gowan/Mathieu 1996, pp. 175-179. Siehe ähnlich Hackstein 1987, S. 13; Kohen 1990, S. 267.

294

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Produktionsextem gerichtet läßt sich zum Beispiel über kompatible Informationssysteme auch eine datentechnische Verknüpfung mit der Vertriebsabteilung aufbauen, so daß die Nutzung des FFS als Verkaufsinstrument möglich wird.66 Das flexible Fertigungssystem kann eingesetzt werden, um das Image des Technologiefuhrers im AußenVerhältnis zu nutzen und um das Differenzierungspotential des eigenen Leistungsprogramms dem Kunden in Echtzeit transparent zu machen.67 66 67

Vgl. Haywood/Bessant 1988, p. 32; Talavage/Hannam 1988, p. 124; Maffei/Meredith 1995, p. 292. Vgl. Maffei/Meredith 1995, pp. 292-293. Von den sechs untersuchten amerikanischen FFS wurde in zwei Unternehmen das System in die Marketingaktivitäten des Unternehmens ein­ gebunden.

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

295

Die informationeile Verknüpfung des FFS mit der Konstruktionsabteilung zielt ebenfalls auf den Abbau von innerbetrieblichen Informationsasymmetrien. Hierbei bildet die Her­ stellungsfähigkeit einzelner Werkstücke den Keminhalt des Informationsaustauschs zwi­ schen der Konstruktionsabteilung und dem Personalsystem. Dies erfordert die Einbin­ dung der FFS-Organisation in den Prozeß der Produktentwicklung, um einserseits das Potential aber andererseits auch die Restriktionen des Techniksystems der Konstrukti­ onsabteilung gegenüber transparent zu machen.68 Die Informationsanbindung in vertikaler Richtung an die nachfolgenden Produktionsstu­ fen beinhaltet beipielsweise den Austausch von Qualitäts- sowie Mengenanforderungen dieser Stufen mit der Prozeßbearbeitung des FFS.69 Durch die informationsflußbezogene Integration und dem intendierten Abbau horizontaler Informationsasymmetrien kann auf der Produktionsebene ein Bewußtsein des Werkstattpersonals für die Interdependenz der einzelnen Prozeßstufen erreicht werden. Die materialflußbezogene Einbettung des flexiblen Fertigungssystems bildet den zweiten Kembereich der logistischen Integrationsplanung. Aus vorgelagerten Fertigungsstufen werden die Rohlinge an den Systemgrenzen bereitgestellt, um nach erfolgtem system­ internen Produktionsprozeß als Werkstücke an nachfolgende Bearbeitungsstufen weiter­ geleitet zu werden. Diese Integration verdeutlicht zwei wichtige Planungsanforderungen: 1. Die Herstellung einer Störungstoleranz flexibler Fertigungssysteme. 2. Die Gewährleistung einer materialflußbezogenen Synchronisation.

In bezug auf den Aufbau einer Störungstoleranz flexibler Fertigungssysteme leitet sich als Gestaltungsprinzip die Integration von Regulationsmechanismen ab, die eine kurze Reaktions- und Anpassungszeit des FFS gewährleisten. Als Leitvorstellung kann dabei die weitgehende Systemautonomisierung mit dem Potential zur störungsbeseitigenden Selbstregulation dienen.70 Eine vollständige Autonomie flexibler Fertigungssysteme ist nicht erreichbar, da dieser Zustand die Geschlossenheit des FFS gegenüber der System­ umwelt voraussetzen würde. Die materialflußbezogene Einbindung flexibler Fertigungs­ systeme fuhrt zur einer produktionsintemen Störungsinterdependenz. Sie bringt zum Ausdruck, daß systemexterne Störungen aus vorgelagerten Fertigungsstufen in das FFS transportiert bzw. systeminterne Störungen ohne lokale Kompensation an nachgelagerte Produktionsstufen weitergeleitet werden können. Die Herstellung einer systemintegrierten Störungstoleranz orientiert sich dabei am Va­ rietätsgesetz, daß nämlich die Vielfalt FFS-intemer Reaktionsmöglichkeiten zur Stö­ rungskompensation der Vielfalt potentieller systeminterner und -externer Störungen ent­

68 69 70

Vgl. Maffei/Meredith 1995, p. 294. Vgl. Maffei/Meredith 1995, p. 295. Vgl. Mitrofanov/Starostin 1991, p. 73. Vgl. allgemein zur Forderung nach einer Bildung relativ unabhängiger Fertigungsbereiche Ulich/Troy/Alioth 1989, S. 136-137.

296

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

spricht.71 Für die Planung der materialflußbezogenen Integration würde dies eine voll­ ständige Kenntnis über die externen und internen Störeventualitäten voraussetzen, um FFS-intem die adäquaten Regulationsmechanismen schaffen zu können. Aufgrund der begrenzten Rationalität des Gestaltungssystems wird dies jedoch nur ansatzweise mög­ lich sein.

Ein regulatives Anpassungspotential an von außen importierte Unterbrechungen des Materialflusses fokussiert den Grad der prozessualen Verkettung des FFS mit den vorund nachgelagerten Produktionsstufen. Mit zunehmender Verkettungsintensität des fle­ xiblen Fertigungssystems in die Materialflüsse der Gesamtproduktion dehnt sich der Planungsradius aus, so daß daraus ein Erfordernis zur Restrukturierung der Produktions­ organisation entstehen kann.72 Somit nimmt die materialflußbezogene Integrationspla­ nung eine systemübergreifende Betrachtung vor, um potentielle Störquellen außerhalb des FFS lokalisieren zu können. In bezug auf die Konfiguration des FFS verfolgt die logistische Integrationsplanung die Minimierung von erwarteten Stillstandszeiten. Die Integration von Regulationsmecha­ nismen in das flexible Fertigungssystem bezieht sich zum Beispiel auf die Schaffung technischer Abschirmungsmaßnahmen. Dazu zählt vor allem die Herstellung einer Ma­ schinen- und Werkzeugredundanz.73 Zur Variabilitätsbewältigung der von außen auf das System einwirkenden Störungen ist die Montage von Speichersystemen für Werkstücke und Werkzeuge vorzusehen, die bei Unterbrechung der Systemversorgung mit Teilen und Werkzeugen den Produktionsbetrieb über einen bestimmten Zeitraum hinweg auf­ rechterhalten kann und dadurch die Belieferung nachfolgender Produktionsstufen sicher­ stellt.74

Die Gewährleistung einer materialflußbezogenen Synchronisation knüpft an die potenti­ elle Disharmonie zwischen dem Materialflußverhalten eines flexiblen Fertigungssystems und dem der konventionellen Produktionssysteme an. Diese entstehen insbesondere aus der Konfrontation unterschiedlicher Automatisierungsgrade an den Schnittstellen der

71

72

73

74

„Only variety can destroy variety.“ Ashby 1961, p. 207. Vgl. im einzelnen zum Gesetz der erforderlichen Varietät Ashby 1961, pp. 202-218; sowie im Kontext der Gestaltung sozio­ technischer Arbeitssysteme Cumming s/Srivast v a 1977, pp. 74-81. „The size of the task in integrating an FMS should not be underestimated. Considerable ef­ fort is generally required to integrate and optimise the system components themselves wi­ thout the additional problem of linking to existingfactory systems'1 Little 1986, p. 441. Vgl. Streifinger 1985, S. 32; Eversheim/Schuh/Thome 1989, S. 71; Cardinali 1995, p. 40; sowie speziell zur Werkzeugredundanz Wolter 1989, S. 124; Barad/Hoang 1995, p. 38. Vgl. Wolter 1989, S. 70. Ein Hinweis auf die Problematik der Realisierung des Just-inTime-Prinzips bei gleichzeitigem Lageraufbau zur Störungsbeherrschung findet sich in Buzacott 1995, pp. 121-122.

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

297

Logistikkette, die einen Abgleich der Flexibilitätspotentiale erforderlich macht.75 Ein konkretes Integrationserfordemis mit vorgelagerten Produktionsstufen kann sich zum Beispiel aus divergierenden Schichtnutzungsmöglichkeiten zwischen dem FFS einerseits und konventionellen Produktionssystemen andererseits ergeben. Der mannlose FFSEinsatz für die Dauer einer kompletten Nachtschicht fuhrt nämlich zur Versorgungslükke, wenn keine ausgleichende Speicherkapazität vorhanden ist und eine Zweischichtbe­ setzung der vorgeschalteten Produktionssysteme die Belieferung des FFS während der Nachtschicht nicht mehr sicherstellt. Eine Integrationsdisharmonie mit nachgelagerten Produktionsstufen wird durch divergierende Losgrößenerfordemisse der verschiedenen Produktionssysteme deutlich. Eine weitere Form der materialflußbezogenen Disharmo­ nie entsteht bei montage-asynchroner Werkstückbearbeitung innerhalb des flexiblen Fertigungssystems. Für die Integrationsplanung leitet sich daraus die Zielsetzung der montagegerechten Fertigung des FFS ab. Kurze Durchlaufzeiten im FFS können in nachfolgenden Stufen wieder kompensiert werden, wenn die konventionellen Bereiche ein abweichendes Durchlaufzeitverhalten besitzen und sich dort Warteschlangen vor den Bearbeitungsmaschinen bilden.76 FFSintem ist die wirtschaftliche Bearbeitung kleiner Losgrößen bedeutungslos, sofern in nachfolgenden Produktionssystemen wieder eine Losgrößenkonzentration vorgenommen werden muß. Dies reduziert die Flexibilität der Gesamtproduktion und bewirkt eine Verlängerung der Durchlaufzeiten. Ähnlich müssen auch vorgelagerte Bereiche die rechtzeitige Versorgung des FFS mit den benötigten Rohlingen in kleinen Stückzahlen gewährleisten können. Die materialflußsynchrone FFS-Integration in das produktionsorganisatorische Umfeld ist somit auch Gegenstand der logistischen Integrationsplanung und erstreckt sich mögli­ cherweise auf eine Umstrukturierung der konventionellen Fertigung.

(III)

Technische Integrationsplanung

Die technische Integrationsplanung flexibler Fertigungssysteme ist einerseits auf die Werkstücke, andererseits auf die Elemente des Techniksystems ausgerichtet77

Im Zentrum der teilebezogenen Planung steht die Auswahl des zu fertigenden Werk­ stückspektrums und damit auch die systembezogene Verfahrensintegration 78 Die Fest­ 75

76 77

78

Siehe zu den Ursachen einer logistischen Disharmonie des FFS-Betriebs Becker/Rosemann 1993, S. 71-72; sowie ausführlich Lenz 1988, pp. 11-15, pp. 29-30; Eversheim/SchmitzMertens/Wiegershaus 1989, S. 75-76. Vgl. auch Bullinger/Traut 1986, S. 6-7. Siehe zu dieser Unterscheidung Kusiak 1988, p. 45; sowie ähnlich Maleki 1991, p. 174. Vgl. zur Analyse und Auswahl des Werkstückspektrums als ersten Schritt der Technikpla­ nung Eversheim/Zeitz 1985, S. 26; Ingersoll 1985, S. 48. Ein Beispiel für konkurrierende Verfahren im Werkzeug- und Formenbau sowie eine Klassi­ fizierung von Bewertungskriterien der Auswahl findet sich in Tönshoff/Hennig 1995, S. 30. Eine Übertragbarkeit auf flexible Fertigungssysteme ist möglich.

298

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

legung der systemintern zu bearbeitenden Teilefamilien orientiert sich üblicherweise an den Kriterien der Größe, des Gewichts, der Werkstoffart, der Toleranzanforderungen sowie der geschätzten Produktionsvolumina.79 Sie orientiert sich unmittelbar an den Rahmenvorgaben aus der strategischen Integrationsplanung und konkretisiert diese auf der operativen Ebene des flexiblen Fertigungssystems.

Das Ergebnis der teilebezogenen Planung stellt für die anschließende Planung der Tech­ nikkomponenten ein Restriktionensystem dar. Nunmehr werden Aspekte der Betriebs­ mittelauswahl sowie der Layoutgestaltung aufgegriffen. Über die Spezifizierung der Werkzeugmaschinenkonfiguration hinaus werden auch alle weiteren Komponenten und Elemente des Techniksystems nach Art und Menge festge­ legt, also die Werkzeuge, Vorrichtungen, Transporteinrichtungen oder auch das Rech­ nersystem.80 Im einzelnen determiniert zum Beispiel die Werkstückgröße das Volumen des maschinenintemen Arbeitsraums oder der Werkstoff die Leistungsanforderungen an die Kühlschmiermittelzufuhr und -entsorgung. Bearbeitungstoleranzen dienen als Rah­ menvorgaben für die Auswahl der einzusetzenden Vorrichtungen und das jährliche Pro­ duktionsvolumen bestimmt unter anderem Anzahl und Art der zu integrierenden Werk­ zeugmaschinen. Das Werkstückgewicht erfordert eine adäquate Berücksichtigung bei der Nutzlastauslegung der Transport- und Handhabungssysteme. Dabei stehen alternati­ ve Handhabungs- und Transporteinrichtungen zur Disposition. Zu den Planungsparametem des Transportsystems zählen unter anderem die Anzahl der Fahrzeuge einschließlich deren Traglast, Transportgeschwindigkeit sowie Positioniergenauigkeit. Die technische Integrationsplanung legt zur Konfiguration des Handhabungssystems die Anzahl der In­ dustrieroboter, deren Velozität, die Wiederholgenauigkeit der Positioniervorgänge, Be­ arbeitungsradius sowie die Nutzlast fest. Die Dimensionierung des Werkstückspeichers und/oder eines zentralen Werkzeuglagers bilden weitere Schwerpunkte der technischen Integrationsplanung. Mit der Planung des FFS-Informationssystems werden sämtliche zur Durchführung der systeminternen Bearbeitungsprozesse benötigten Informations- und Kommunikations­ komponenten bestimmt. Aus den Rahmenvorgaben der übergeordneten informations­ flußbezogenen Integrationsplanung sind Schnittstellen des FFS-Informationssystems festzulegen, die Anschlußverbindungen an übergeordnete Informationsnetzwerke, spezi­ ell an das PPS-System der Gesamtproduktion, sowie möglicherweise an systemexterne Datenbanken vorsehen. In bezug auf die Organisation des systeminternen und -externen Datentransfers müssen Kriterien zur Selektion und Filterung Informationen definiert 79

80

Vgl. allgemein Talavage/Hannam 1988, p. 89; Hirt 1990, S. 24-25; Heisel/Hartmann 1992, S. 64; Schraft u. a. 1996, S. 10/37-10/40. Siehe zur Bestimmung von Teilefamilien für konkrete FFS-Anwendungen Kochan 1983b, p 159; Wilson/Lenger 1988, p. 260. Eine nähere Vorstellung vermittelt auch das Praxisbeispiel in Modrich 1984, S. 7. Hier wurde im Rahmen der FFS-Planung aus einem potentiellen Werkstückspektrum von 50.000 Einzelpo­ sitionen eine systemspezifische Eingrenzung auf 122 Teile vorgenommen. Vgl. allgemein Ingersoll 1985, S. 54; Tailor 1989, p. 67; Maleki 1991, p. 8.

Implementienmgsphase flexibler Fertigungssysteme

299

werden.81 Zu den Planungsinhalten zählt auch die Festlegung des Zentralisationsausma­ ßes der FFS-Steuerung.82 Die Modularisierung des Informationssystems soll ein Flexi­ bilitätspotential in bezug auf eine künftige Erweiterbarkeit schaffen.

Zur Aufgabe der Layoutplanung zählt die Positionierung der Bearbeitungsstationen in­ nerhalb definierter Grenzen. Das übergeordnete Ziel besteht in der Minimierung der Ge­ samttransportzeit (Fahrzeit) zwischen den Maschinen.83 Im einzelnen spezifiziert das Layout eines FFS die räumlichen Koordinaten jeder Bearbeitungsmaschine und deren Orientierung in horizontaler oder vertikaler Position sowie die Ortsbestimmung der Be-/ Entladestation(en). Die konkreten Layoutkonfigurationen werden typischerweise durch die Anbieter flexibler Fertigungssysteme vorgegeben und stellen somit für den Anwen­ der zumeist ein Datum dar. Darüber hinaus verfolgt die Layoutplanung die Gewährlei­ stung einer einfachen Zugänglichkeit aller Systemkomponenten, eines staufreien Materi­ alflußmusters, einer einfachen Be-/Entladung des Systems sowie klarer Sichtverhältnisse aller Bearbeitungsmaschinen von einem Leitstand aus. Die Layoutermittlung stützt sich typischerweise auf eine kombinierte Anwendung von analytischen und heuristischen und schaltet rechnergestützte Simulationsprogramme hinzu.84

5.3.2.2 Planungsvorgehen des Gestaltungssystems Das Planungsvorgehen des Gestaltungssystems wird in dieser Arbeit durch das Verhält­ nis zwischen der Technikplanung (im weiten Sinne) und der Planung der Arbeitsorgani­ sation (Planung der sozialen Integration) zum Ausdruck gebracht. Als alternative For­ men werden die folgenden Ausprägungen unterschieden:

• • • (I)

technikpriorisierendes Planungsvorgehen; sequentielles Planungsvorgehen; integrierendes Planungsvorgehen.85 Zum technikpriorisierenden Planungsvorgehen

Das Gestaltungssystem räumt im Zuge des technikpriorisierenden Vorgehens (priorisie­ rend) der Technikplanung den Vorrang ein. Fragen der Arbeitsorganisation werden kurz­ 81

82 83

84

85

Vgl. Angelva/Piltonen 1995, p. 77. Beschreibungen zur Rechnerhierarchie des FFSInformationssystems finden sich z. B. in Hammer 1986b, S. 247-249; Jackson/Jones 1987, pp. 19-23. Siehe zu den Alternativen einer zentralisierten, hierarchischen, hybriden und heterarchischen Steuerungsstruktur flexibler Fertigungssysteme Jung/Chung/Cho 1996, pp. 552-554. Vgl. auch Hassan 1995, p. 174. Siehe allgemein zum Ziel der Minimierung des Transport­ aufwandes im Rahmen der Layoutentwicklung einer Produktionsstätte Wiendahl 1996, S. 9/25. Siehe dazu die Übersicht bei Das 1993, pp. 281-283. Der Autor konstatiert trotz eines signi­ fikanten Einflußes des FFS-Layouts auf die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems einen Mangel an Verfahren zur Generierung von Layoutaltemativen für FFS. Siehe zum Planungsvorgehen Frage Nr. 10 des Erhebungsbogens auf S. 410 im Anhang.

300

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

fristig bei Installation und Inbetriebnahme des flexiblen Fertigungssystems gelöst.86 Techniksystem und Personalsystem werden unterschiedlich behandelt. Einer separaten Planung arbeitsorganisatorischer Fragen wird keine Bedeutung beigemessen, weil aus ingenieurtechnisch geprägter Perspektive das Streben nach einer technisch realisierbaren mannlosen Fabrik im Vordergrund der Planungsaktivitäten steht.87 Durch die Festlegung der technischen Systemparameter wird möglicherweise ein organisatorischer Gestal­ tungsspielraum eingeengt. Nicht automatisierbare Funktionen werden als arbeitsorgani­ satorisches Residuum bei Systeminbetriebnahme ,angelernten* Mitgliedern des Perso­ nalsystems übertragen und/oder es erfolgt eine Übertragung der bereits existierenden Arbeitsorganisation ohne dabei systemspezifische Modifikationen vorzunehmen. Dem technikpriorisierenden Vorgehen liegt eine Planungsmentalität zugrunde, die als stark technozentrisch zu bezeichnen ist.88 (II)

Zum sequentiellen Planungsvorgehen

Im Gegensatz zur technikpriorisierenden Methodik beinhaltet das sequentielle Vorgehen (sequentiell) eine explizite Planungsphase der Arbeitsorganisation im Vorfeld der In­ stallation und Inbetriebnahme des flexiblen Fertigungssystems. Diese Planungsaktivitä­ ten setzen allerdings erst nach Beendigung der Technikplanung ein.89 Auch hier wird ein eventuell vorhandener arbeitsorganisatorischer Gestaltungsspielraum durch weitgehend unveränderliche Technikvorgaben eingeengt.90 In dieser Arbeit reflektiert das zeitlich sequentielle Planungsvorgehen eine schwach technozentrische Haltung des Gestaltungs­ systems. 86

87

88 89

90

Der Personaleinsatz wird als ,Restproblem* behandelt. Aus einem technikpriorisierenden Vorgehen kann das Erfordernis nachträglicher Korrekturen des Arbeitskräfteeinsatzes ent­ stehen. Vgl. auch Slatter/Craven 1987, p. 192; v. Behr/Hirsch-Kreinsen 1988, S. 19; Gupta 1989, p. 30; Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 29. Gemäß REFA handelt es sich hierbei um eine herkömmliche Planung von Produktionssystemen. Vgl. REFA 1991a, S. 27. Carrie et al. bezeichnen die Arbeitsorganisation als einen dem Technikprimat unterliegen­ den „afterthought“. Siehe Carrie et al. 1994, p. 294. Vgl. Ebel 1985, p. 143; Havn 1990, p. 230. Diese Einstellung findet sich auch in Beschrei­ bungen des Planungsvorgehens realisierter FFS-Anwendungen. Siehe dazu beispielsweise Schultz-Wild 1986b, S. 184-185; Roch 1988, p. 15. Im Sinne von Hax ist ein derartiges Planungsvorgehen allerdings unrealistisch: „Wenn die Planung nicht utopischen Charakter tragen, sondern der Wirklichkeit entsprechen soll, dann sind alle Faktoren zu berücksichti­ gen, welche das zukünftige Geschehen beeinflussen können“ Hax 1959, S. 606. Dies gilt auch für die Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen. Vgl. zur technozentrischen Planungsmentalität Wobbe 1990, p. 10; Luczak 1998, S. 471. Siehe allgemein zur sequentiellen Planungsmethodik Luczak 1998, S. 466; sowie im FFSKontext Gupta 1989, p. 30. Im Kontext des sequentiellen Vorgehens wird vereinzelt auch die Forderung nach einer der arbeitsorganisatorischen Planung nachgeschalteten Technikplanung erhoben. Vgl. IAO/IPA 1992, S. 33. Diese Form des Planungsvorgehens wurde aufgrund der geringen Umsetzungs­ wahrscheinlichkeit seitens der Praxis als Alternative jedoch nicht im Erhebungsbogen vor­ gegeben.

Implementierungsphase flexibler Fertigungssysteme

(III)

301

Zum integrierenden Planungsvorgehen

Das ganzheitliche Vorgehen (integrierend) nimmt eine Planung der technischen Kom­ ponenten und der Arbeitsorganisation integriert und simultan vor. Technik- und Perso­ nalsystem werden gleichbedeutend behandelt.91 Das Ziel dieser Planungsmethodik be­ steht nicht nur in der Realisierung einer technischen Systemzuverlässigkeit sondern auch in der Herstellung von Bedingungen des FFS-Betriebs, die ein ,optimales4 Zusammen­ wirken von rechnergestützter Fertigungstechnik und menschlicher Arbeitsleistung ge­ währleisten.92 Im Gegensatz zur stark technozentrischen Haltung orientiert sich die Pla­ nung an einer Mensch-Maschine-Komplementarität und gibt die Vorstellung der Komparabilität auf.93 Im Verständnis dieser Arbeit liegt dem Gestaltungssystem eine anthropozentrische Planungsmentalität zugrunde.94 Laut den Angaben von 103 FFS-Anwendem haben 42,7% einen Planungsansatz ver­ folgt, der Fragen von Technik und Arbeitsorganisation ganzheitlich im anthropo­ zentrischen Sinne berücksichtigte 95 Dagegen konstatieren 37,9% eine grundsätzli­ che Technikpriorität bei Planungsangelegenheiten im Vorfeld der FFS-Einführung. Das Gestaltungssystem von mehr als einem Drittel der befragten Anwender läßt sich retrospektiv somit als stark technozentrisch charakterisieren. Weitere 19,4% haben zeitlich versetzt zunächst die Technik des flexiblen Fertigungssystems geplant, um anschließend strukturelle Aspekte der Arbeitsorganisation in die Planungsüberle­ gungen einzubinden. Ein Anwender des Werkzeugmaschinenbaus gibt darüber hin­ aus an, anstelle des ursprünglich verfolgten sequentiellen Vorgehens eine ganzheitli­ che Planung zu realisieren, wenn die Systemplanung im Erhebungszeitpunkt stattfinden würde.

91

92 93

94 9$

Vgl. Köhler/Nuber 1988, S. 124; AKNA 1993, S. 25; Thomas 1994, p. 7. Für Berger kommt in diesem Vorgehen eine Balance zwischen technischen, sozialen und organisatori­ schen Aspekten zum Ausdruck. Vgl. Berger 1994, pp. 264-265. REFA erkennt in diesem Planungsvorgehen einen .zukünftigen Ansatz4 für die Implementierung von Produktionssy­ stemen. Vgl. REFA 1990, S. 29. Vgl. Slatter/Craven 1987, p. 191; Havn 1990, p. 231. „Men and machines are not comparable, they are complementary. (...) Rather than compare men and machines as to which is better for getting a task done let us think about how we complement men by machines and vice versa to get a task done“ JORDAN 1963, p. 163. Sie­ he darüber hinaus zur Komparabilität versus Komplementarität Chapanis 1965, pp. 2-5; Havn 1990, p. 231; Johnson/Offodile 1991, pp. 18-19. Siehe zur anthropozentrischen Planungsmentalität z. B. Wobbe 1990, p. 11; Luczak 1998, S. 471. Dieses Ergebnis widerspricht der allgemeinen Aussage, daß in praxi das technikpriorisieren­ de Vorgehen stark mehrheitlich überwiege. Vgl. zum Primat der Technik im Planungsprozeß Bullinger/Traut 1986, S. 11; Slatter/Craven 1987, p. 192; Köhler/Nuber 1988, S. 123; Huq 1992, p. 15 und p. 18; Senker 1992, p. 105; Zülch/Heitz/Schindele 1995, pp. 429-430.

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

302

Mit zunehmendem Anthropozentrismus des Planungsvorgehens steigt der Integrations­ grad des Personalsystems im späteren FFS-Einsatz an. Hier wird ein vermeintlicher ar­ beitsorganisatorischer Gestaltungsspielraum tendenziell genutzt, um eine strukturmoder­ ne Arbeitsorganisation zu realisieren.96

Im einzelnen liegt die Annahme zugrunde, daß Gestaltungssysteme mit einer stark oder auch schwach technozentrischen Planungsmentalität eine höhere Funktionszentralisation des FFS-Betriebs umsetzen, weil dieses Planungsvorgehen den Mitarbeiter auf Werk­ stattebene als residualen Störfaktor betrachtet. Korrespondierend kann für eine anthropo­ zentrische Planungsmentalität die stärkere Dezentralisation von Funktionen vermutet werden, weil dieses Vorgehen den Mitarbeiter aufWerkstattebene als ,kreatives4 Kom­ plement des Techniksystems auffaßt. Ähnliche Überlegungen lassen sich für das Ver­ hältnis zwischen der Planungsmentalität des Gestaltungssystems und den übrigen Strukturdimensionen ableiten. Verdichtet auf die Strukturmuster der Arbeitsorganisation resultiert die folgende Planungsmentalitätsthese: Hauptthese 5 (Planungsmentalitätsthese):

Eine strukturmoderne Arbeitsorganisation ist häufiger in flexiblen Fertigungssystemen realisiert, deren Gestaltungssystem ein anthropozentrisches Planungsvorgehen ver­ folgt hat. FFS-Organisationen, denen eine schwach und noch mehr eine stark technozentrische Planungsmentalität zugrunde lag, setzen dagegen häufiger eine strukturtra­ ditionelle Arbeitsorganisation um. Abschließend verdeutlicht Abbildung 5-10 eine mögliche Kontingenz zwischen dem Planungsvorgehen und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen.

2 Aufspannungen: ’i hohe Spannhäufigkeit

mittlere Spannkomplexität Strukturmoderne Arbeitsorganisation

hohe Spannkomplexität

Abb. 5-40: Kontingenz zwischen der Spannhäufigkeit und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Die Spannstreuung eines flexiblen Fertigungssystems berechnet sich als Differenz zwi­ schen der maximal und der minimal realisierten Spannhäufigkeit aller Fertigungsaufträ­ ge. Sie dient in dieser Arbeit als Indikator für die Spannvariabilität. Diese ist nicht vor­ handen, wenn keine Umspannerfordemisse zur systeminternen Komplettbearbeitung der Teile existieren. Näherungsweise wird dann von einer geringen Spannvariabilität ge­ sprochen. Eine mittlere Spannvariabilität liegt bei einem Streubereich von einer bis zwei Umspannung(en) vor und als hoch wird die Spannvariabilität bezeichnet, wenn mehr als drei Aufspannungen erforderlich sind, um das gesamte Teilespektrum zu fertigen. Der Mittelwert der Spannstreuung in flexiblen Fertigungssystemen beträgt 2,5. Eine Spannstreuung von Null läßt sich als Minimalwert in 25,0% der erfaßten Systeme feststellen und kommt am häufigsten vor. Dagegen beträgt der Maximalwert der Spannstreung 28. Dies bedeutet, daß bis zur systeminternen Fertigstellung eines Teils 28 Umspannvorgänge erforderlich sind. Der Median liegt bei zwei Umspann­ vorgängen bis zur Komplettbearbeitung der Teile. Aus den Kontingenzüberlegungen zur Komplexitäts- und Variabilitätsbewältigung re­ sultiert die Spannvariabilitätsthese:

Hauptthese 26 (Spannvariabilitätsthese):

Eine strukturmoderne Arbeitsorganisation ist häufiger in flexiblen Fertigungssystemen umgesetzt, deren Produktionsaufgabe durch eine höhere Spannvariabilität gekenn­ zeichnet ist. Eine niedrigere Spannstreuung impliziert geringere Anforderungen an die Variabilitätsbewältigung. In diesen Systemen wird häufiger eine strukturtraditionelle Arbeitsorganisation verwirklicht. Mit der nachstehenden Abbildung 5-41 erfolgt eine zusammenfassende Visualisierung der Kontingenzüberlegungen zur Spannstreuung und dem Muster der Arbeitsorganisati­ on.

370

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

0 Umspannungen: niedrige (keine) Spannstreuung

niedrige Spannvariabilität

1 bis 2 Umspannun­ gen: mittlere Spannstreuung

mittlere Spannvariabilität

mehr als 3 Umspannungen: hohe Spannstreuung

hohe Spannvariabilität

Strukturtraditionelle Arbeitsorganisation

Strukturmoderne Arbeitsorganisation

Abb. 5-41: Kontingenz zwischen der Spannstreuung und der Arbeitsorganisation in fle­ xiblen Fertigungssystemen (VI)

Zu den Werkstückbearbeitungszeiten

Unter der Werkstückbearbeitungszeit wird in dieser Untersuchung jene Zeitspanne ver­ standen, die zur Durchführung des Arbeitsvorgangs in den Werkzeugmaschinen des FFS benötigt wird. Für eine differenzierte Erfassung der Werkstückbearbeitungszeiten wurde eine Dreiteilung der Fragestellung gewählt, die Angaben zur minimalen, maximalen so­ wie durchschnittlichen Bearbeitungszeit pro Werkstück beinhaltete. Es liegen Angaben über 104 flexible Fertigungssysteme vor. Aus diesen Daten er­ rechnet sich eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 81,7 Minuten pro Werk­ stück.256 Die niedrigste Durchschnittszeit beträgt 0,4 Minuten, die größte hingegen 1.500 Minuten. Am häufigsten realisieren die erfaßten Systeme eine durchschnittli­ che Stückzeit von 30 Minuten (= 10,6%). Der Median beträgt 30 Minuten je Teil. Bei knapp 70,0% der erfaßten Anwendungsfälle resultiert eine durchschnittliche Werkstückbearbeitungszeit von bis zu einer Stunde.

Die durchschnittliche Werkstückbearbeitungszeit repräsentiert einen Indikator für die Zeitkomplexität der systemspezifischen Produktionsaufgabe. Ferner liegt die Annahme zugrunde, daß mit zunehmender Werkstückbearbeitungszeit die Zeitkomplexität der Be­ arbeitungsaufgabe ansteigt. Es kann davon ausgegangen werden, daß komplexe Teile im Regelfall eine längere Bearbeitungszeit erfordern. Diese Annahme liegt den Kontin­ genzüberlegungen zugrunde. Außerdem eröffnen lange Bearbeitungszeiten ein Ent­ kopplungspotential des operativen Werkstattpersonals, welches durch die Übertragung von supportiven und dispositiven Sekundärfunktionen ausgeschöpft werden kann.257 Diese Überlegungen führen zur Zeitkomplexitätsthese:

256

257

Eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 51 Minuten pro Werkstück ermitteln Hirt, Reineke und Sudkamp für 59 flexible Fertigungssysteme. Vgl. Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 22. Siehe ähnlich Hirsch-Kreinsen et al. 1993, p. 56.

Routinephase flexibler Fertigungssysteme

371

Hauptthese 27 (Zeitkomplexitätsthese):

Eine strukturmoderne Arbeitsorganisation ist häufiger in flexiblen Fertigungssystemen mit langen Werkstückbearbeitungszeiten realisiert, weil sie ein ausreichendes Potenti­ al für die Bewältigung der höheren Komplexitätsanforderungen bereitstellt. Eine strukturtraditionelle Arbeitsorganisation findet sich dagegen häufiger in Systemen, de­ ren spezifische Produktionsaufgabe durch eine niedrigere Zeitkomplexität charakteri­ siert wird.

Eine geringe Zeitkomplexität liegt vor, wenn die durchschnittlichen Werkstückbearbei­ tungszeiten maximal 25 Minuten betragen. Das Intervall zwischen 26 und 60 Minuten verkörpert in dieser Arbeit ein System mittlerer Zeitkomplexität und die Ausführung ei­ ner Bearbeitungsaufgabe von 61 Minuten und mehr kennzeichnet ein FFS mit hoher Zeitkomplexität. Diese Einteilung ergibt sich aus einer Gleichverteilung des Datenmate­ rials zu den durchschnittlichen Werkstückbearbeitungszeiten.258 Abbildung 5-42 faßt abschließend die Kontingenzüberlegungen zusammen. bis 25 Minuten: kurze Bearbeitungsdauer

niedrige Zeitkomplexität

26 bis 60 Minuten: mittlere Bearbeitungsdauer

mittlere Zeitkomplexität

61 Minuten und mehr: lange Bearbeitungsdauer

hohe Zeitkomplexität

Abb. 5-42: Kontingenz zwischen der durchschnittlichen Werkstückbearbeitungszeit und der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Aus den Differenzen zwischen maximaler und minimaler Werkstückbearbeitungs­ zeit errechnet sich für die erfaßten FFS (N = 104) eine durchschnittliche Zeitstreu­ ung in Höhe von 158,8 Minuten. Die niedrigste Zeitstreuung beträgt Null Minuten, die größte dagegen 2.520 Minuten. Am häufigsten realisieren die erfaßten Systeme eine Zeitstreuung von Null Minuten (= 10,6%), der Median beträgt 59 Minuten.

Die Zeitstreuung stellt in dieser Arbeit einen Indikator für die Zeitvariabilität der FFSBearbeitungsaufgabe dar. Die Zeitvariabilität nimmt bei einem Anstieg der Zeitstreuung 258

Eine abweichende Klassifizierung der Werkstückbearbeitungszeiten findet sich in Hirt/Reineke/Sudkamp 1991, S. 48. Dort werden Bearbeitungszeiten bis zu 15 Minuten als kurz, zwischen 15 und 30 Minuten als mittel, zwischen 31 und 60 Minuten als lang und über 61 Minuten als sehr lang differenziert.

372

Situation der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

zu. Auch hier steht die Variabilitätsbewältigung im Zentrum der Überlegungen zu einem möglichen Wirkungsmechanismus zwischen der Zeitstreuung und dem Strukturmuster der Arbeitsorganisation. Daraus leitet sich die Zeitvariabilitätsthese ab:

Hauptthese 28 (Zeitvariabilitätsthese): Eine strukturmoderne Arbeitsorganisation ist häufiger in flexiblen Fertigungssystemen verwirklicht, deren Produktionsaufgabe durch eine hohe Zeitvariabilität gekennzeich­ net ist Geringere Anforderungen an die Variabilitätbewältigung entstehen in Syste­ men mit niedrigerer Zeitstreuung der Bearbeitungsaufgabe. Dort ist eine strukturtra­ ditionelle Arbeitsorganisation als angemessene Gestaltungslösung häufiger umgesetzt. Aus einer Gleichverteilung der Anwenderangaben zur Zeitstreuung resultiert eine Da­ tenklassifikation, die eine geringe Zeitvariabilität vorsieht, wenn die Werkstückbearbei­ tungszeiten bis zu 30 Minuten streuen. Eine Bandbreite von 31 bis 120 Minuten kenn­ zeichnet eine FFS-Produktionsaufgabe mittlerer Zeitvariabilität und als hoch wird die Zeitvariabilität jener Systeme erachtet, deren Zeitstreuung 121 Minuten und mehr be­ trägt. Abbildung 5-43 reflektiert das mögliche Wirkungsgefuge zwischen der situativ be­ einflussenden Zeitstreuung der Bearbeitungsaufgabe und dem Strukturmuster der Ar­ beitsorganisation.

bis 30 Minuten: niedrige Zeitstreuung

niedrige Zeitvariabilität

31 bis 120 Minuten: mittlere Zeitstreuung

mittlere Zeitvariabilität

121 Minuten und mehr: hohe Zeitstreuung

hohe Zeitvariabilität

Abb. 5-43: Kontingenz zwischen der Zeitstreuung und der Arbeitsorganisation in flexi­ blen Fertigungssystemen

373

Routinephase flexibler Fertigungssysteme

Die Erhebungsergebnisse zur aufgabenbezogenen FFS-Situation werden abschließend visualisiert (vgl. Abb. 5-44).

N = 101 FFS-Organisationen

N = 104 FFS-Organisationen

durchschnittliche Bearbeitungszeit (min)

Minuten

N = 104 FFS-Organisationen

N = 104 FFS-Organisationen

Abb. 5-44: Situationsvariablen der systemspezifischen Produktionsaufgabe

6 Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen Die Beschäftigung mit der arbeitsorganisatorischen Zielerreichung in FFS konkretisiert den dritten Bestandteil im situativen Modell der Arbeitsorganisation. Dabei greifen die Ausführungen zunächst auf die Anwendereinschätzungen über die einzelnen Teilziele der Arbeitsorganisation zurück. Sie ergänzen die Schilderungen über die Anwenderper­ zeptionen zur Zielbedeutung im dritten Kapitel. j

Ziel

_______ ।

|

N

vollständige Zielerreichung

! Hohe Werkstückqualität | 101 MMSSMi

i____ Durchlaufzeiten

; 102

j

Personalflexibilität

|

Personalqualifikation j

92

BMW

J

91 (38888888888888888^

J

*

Hierarchieabbau

j

73 «1____

i

BgenkontroUe

i

97

ü

95

BW»___ J

I Planung & Steuerung i L Beinhalte___ |

92

Produktidentifikation |

1____ JIT-Fertigung

|

[ Fluktuation & Fehlzeiten j I

Herstellkosten

L Verfügbarkeit

j

~ |

1

Optimale Zuordnung

| j

| Arbeitszeitflexibilisierung £ i Bedienerarmer Betrieb I

]

_J

96 —ffi_______ J

96 (388^^8888888888

|

80 E88888888888888S

j

99 —______ i

101

|____ Kommunikation

Abb. 6-1:

BOMW__ ।

82 ^§88888888^^___ i

I Fertigungstransparenz |

F

|

1

i

84 888888888888881_____

J 85 88888888888888 _______ I 58 [jjgj§j8888888 J 82 B8$88$88888^

Anwendereinschätzungen zur arbeitsorganisatorischen Zielerreichung

Als unbedeutend bewertete Teilziele besitzen im Verständnis dieser Arbeit für die Zielerreichung der FFS-Organisation keine Relevanz und werden deshalb aus der weite­ ren Betrachtung ausgeschlossen. Auch deshalb variiert die Stichprobengröße zwischen den einzelnen Zielen. Die Anwenderangaben unterscheiden zwischen einer vollständigen

376

Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

sowie einer partiellen Zielerreichung.1 Einen Überblick über die Teilziele, die laut Ein­ schätzung der befragten Anwender mit der Arbeitsorganisation des erfaßten FFS voll­ ständig erreicht worden sind, vermittelt Abbildung 6-1. Der variierende Stichprobenumfang erlaubt keinen direkten Vergleich der Erhe­ bungsergebnisse. Dennoch läßt sich anhand der zusammenfassenden Darstellung festhalten, daß die jeweils realisierten Formen der FFS-Organisation nach Ansicht der Anwender überwiegend zufriedenstellend zur Teilzielerreichung beitragen. Dies gilt insbesondere für die arbeitsorganisatorischen Teilziele der Gewährleistung einer hohen Werkstückqualität (= 80,2%), der Durchlaufzeitreduzierung (= 77,5%), der Steigerung der Fertigungstransparenz (= 72,0%) und der Erhöhung der Personalfle­ xibilität durch vielseitige Einsetzbarkeit der Arbeitnehmer (=71,7%). Die Umset­ zung eines bedienerarmen oder -losen Systembetriebs sowie die Realisierung einer Arbeitszeitflexibilisierung schätzen , lediglich4 42,7% bzw. 44,8% mit der zugrun­ deliegenden Arbeitsorganisation ihres FFS als vollständig erreicht ein. Für alle ande­ ren Teilziele sind über 50% der jeweils erfaßten Anwender der Meinung, eine voll­ ständige Zielerreichung mit ihrer FFS-Organisation ermöglicht zu haben.

Für die anschließenden Überlegungen ist von Bedeutung, daß das Ziel der Sicherung einer hohen Verfügbarkeit und damit einer hohen Fertigungssicherheit von 56,4% der jeweiligen FFS-Anwender als vollständig erreicht angesehen wird.2 Immerhin 43,6% erkennen allerdings eine zum Erhebungszeitpunkt bestehende Erfüllungslükke, die möglicherweise auch durch arbeitsorganisatorische Gestaltungsmaßnahmen zumindest teilweise - geschlossen werden könnte.

Eng verknüpft mit der Verfügbarkeit eines flexiblen Fertigungssystems ist die Messung der Zielerreichung anhand des Nutzungsgrades. Die korrespondierenden Ausfallraten beinhalten verschiedene Komponenten, die sich nach ihrer technischen bzw. organisato­ rischen Natur unterscheiden lassen.3 Vereinfachend betrachtet diese Untersuchung den Nutzungsgrad eines flexiblen Fertigungssystems als Quotient aus der tatsächlichen Nut­ zungszeit und der Ist-Belegungszeit des Systems mit Fertigungsaufträgen.4 Im einzelnen

Siehe zu den Teilzielen der Arbeitsorganisation Frage Nr. 13 des Erhebungsbogens auf den Seiten 414-415 im Anhang. Mit der Verfügbarkeit wird die Wahrscheinlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß ein flexibles Fertigungssystem während der Ist-Belegungszeit in einem funktionsfähigen Zustand vorfmdbar ist. Vgl. allgemein zur Verfügbarkeit einer technischen Anlage Sihn/Specht 1996, S. 10/108-10/109. Im einzelnen stützt sich die Berechnung der Verfügbarkeit auf die mittlere Einsatzdauer zwischen zwei Ausfällen und die mittlere Ausfallzeit des flexiblen Fertigungs­ systems. Die anschließenden Ausführungen über den Nutzungsgrad beziehen sich auf diverse Litera­ turquellen. Vgl. im einzelnen z. B. VDI 3423; Büdenbender/Scheller 1987, S. 22-23; Bonetto 1988, p. 114; Hänsel/Scheller/Thomaben 1989, S. 67; Adler 1991, p. 454; Hartner/Neuhauser 1991, S. 126; Slomp 1993, pp. 424-425. Siehe zum Nutzungsgrad Frage Nr. 7j des Erhebungsbogens auf S. 406 im Anhang.

Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

377

läßt sich der Nutzungsgrad ermitteln, indem die technische und die organisatorische Ausfallrate vom Ist-Belegungsgrad (= 100%) subtrahiert werden. Die technische Ausfallrate repräsentiert den Anteil von technisch bedingten Stillstands­ zeiten an der Ist-Belegungszeit. Die Quellen technisch bedingter Ausfallzeiten befinden sich direkt in den Bearbeitungsmaschinen (z. B. Maschinenstillstände oder Werkzeug­ bruch) sowie den anderen Technikkomponenten (z. B. Störungen im Transportsystem). Die tatsächliche Nutzung eines flexiblen Fertigungssystems hängt jedoch nicht nur von der Funktionstüchtigkeit der Technikkomponenten ab. Hinzu kommen organisatorisch bedingte Stillstandszeiten, zu denen eine unzureichende Rohteiledisposition, fehlende Werkzeuge, ein verspätetes Aufspannen von Teilen sowie außerplanmäßige Reinigungs­ arbeiten oder NC-Programmkorrekturen zählen können.

Als direkter Einflußfaktor auf die technische Ausfallrate des Systems scheidet die ar­ beitsorganisatorische Gestaltung aus. Werkzeugbruch, Fehler in der Systemsoftware oder Antriebsschäden lassen sich durch arbeitsorganisatorische Strukturmaßnahmen nicht vermeiden. Mittelbar kann die Dauer der technischen Ausfallzeit hingegen durch die Integration von Instandhaltungsarbeiten in den Verantwortungsbereich des Personal­ systems beeinflußt werden, weil dadurch eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit herbeigefuhrt werden kann.

Es liegen Angaben über den Zielerreichungsgrad von 103 FFS-Organisationen vor. Das arithmetische Mittel des durchschnittlichen Nutzungsgrades beträgt 82,3%. Korrespondierend errechnet sich aus den vorliegenden Daten eine mittlere techni­ sche Ausfallrate in Höhe von 10,4%. Diese übersteigt die durchschnittliche organi­ satorisch bedingte Ausfallrate (= 7,3%). Am häufigsten realisieren die betrachteten Systeme (= 12,6%) einen durchschnittlichen Nutzungsgrad von 85,0%. Insgesamt spiegelt die Häufigkeitsverteilung der Systemnutzungsgrade einen breiten Streu­ ungsbereich der Zielerfullung wider. Maximal wird in einem FFS der Nutzungsgrad von 97,7% erreicht. Diesem Wert steht ein amerikanisches FFS mit einer durch­ schnittlichen Nutzung von lediglich 20,0% gegenüber. Dieser Einsatzfall läßt auf ei­ ne unzufriedenstellende Systemleistung schließen. Tatsächlich bekundet der An­ wender die Absicht zur Auflösung des Mehrmaschinensystems. Die Daten zur durchschnittlichen technischen und organisatorischen Ausfallrate werden mit ähnli­ chen Streubereichen abgebildet. Technisch bedingte Störungen bewirken maximal 60,0% und minimal 2,0% der Gesamtausfallzeiten. Der Modus beträgt 5,0% und kommt in 13,6% der Anwendungsfälle vor. Immerhin 10,7% der FFSOrganisationen realisieren eine Systemnutzung, die durch organisatorische Stillstän­ de nicht gestört wird. Am häufigsten konstatieren die Anwender eine organisatorisch bedingte Ausfallrate in Höhe von 5,0%. Dies gilt für 16,5% der Systeme. Deutlich erkennbar ist darüber hinaus eine Häufung der organisatorischen Ausfallraten bei ei­ nem Wert von 10,0%, nämlich in 14,6% der erfaßten FFS-Organisationen.

Die nachstehenden Darstellungen visualisieren die Untersuchungsergebnisse zum durch­ schnittlichen Nutzungsgrad der FFS-Organisationen einerseits, sowie zu den technischen und organisatorischen Ausfallraten andererseits (vgl. Abb. 6-2 und 6-3).

Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

378

Durchschnittlicher Nutzungsgrad

Angaben in % N = 103 FFS-Organisationen

Abb. 6-2:

Durchschnittlicher Nutzungsgrad flexibler Fertigungssysteme

Angaben in %

Angaben in %

N = 103 FFS-Organisationen

N = 103 FFS-Organisationen

Abb. 6-3:

Technische und organisatorische Ausfallrate in FFS

Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

379

Andere Untersuchungen können herangezogen werden, um die eigenen Erhebungser­ gebnisse annähernd zu bestätigen. So zeigt eine Analyse des Betriebsverhaltens von 13 flexiblen Fertigungssystemen eine Streubreite des Nutzungsgrades zwischen 65% und 95% (0 81,3%).5 Der technisch bedingte Ausfall dieser Systeme beträgt 3% bis 15% (0 7,8%), der organisatorisch bedingte Ausfall liegt zwischen 5% und 25% (0 11,5%). Auch aus weiteren Studien zum Nutzungsgrad flexibler Fertigungssysteme resultieren Werte, die mit den eigenen Erhebungsergebnissen vergleichbar sind. So ermittelt eine Befragung von 17 europäischen FFS-Anwendem einen durchschnittlichen Nutzungsgrad in Höhe von knapp 86% und einen Streubereich zwischen 67% und 95%.6 Eine erwei­ terte Nachfolgestudie schließt Angaben zum durchschnittlichen Nutzungsgrad von 23 europäischen FFS-Anwendem ein und ergibt einen Mittelwert von ca. 83% bei unverän­ dertem Streubereich.7 In beiden Untersuchungen liegt die organisatorisch bedingte Aus­ fallrate im Mittel bei 5%. Auch dies entspricht den eigenen Untersuchungsergebnissen.

Die anschließende Kontingenzanalyse setzt eine Klassifizierung der Daten zum durch­ schnittlichen Systemnutzungsgrad voraus. Dazu wird eine Niveauregression durchge­ führt, die flexiblen Fertigungssystemen einen hohen Nutzungsgrad zuordnet, wenn die­ ser über 90,0% liegt. Systeme mittleren Nutzungsgrades weisen Werte zwischen 80,0% und 89,9% auf. Als gering wird ein Nutzungsgrad von 79,9% und weniger eingestuft. Diese Trichotomisierung läßt sich teilweise mit Ausführungen in der Literatur belegen. So wird zum Beispiel ein Nutzungsgrad von über 90,0% als wünschenswerte Zielvor­ stellung für Produktionssysteme in der industriellen Fertigung angesehen.8 Ähnlich wird an anderer Stelle ein hoher Nutzungsgrad ab 90,0% postuliert und dieser Wert als untere Grenze einer Zielvorgabe für die Systemplanung aufgefaßt.9 Eher utopisch mutet dage­ gen die Forderung an, ein extrem hoher Nutzungsgrad für moderne Produktionssysteme liege bei Ausfallzeiten von fünf oder 0,5 Minuten pro Jahr.10

Eine Fundiemng der hier gewählten Datengruppierung ist auch durch die Verknüpfung der Informationen zur Anwenderperzeption über den Zielerreichungsgrad einer hohen 5

6 7 8 9

10

Vgl. Hammer 1992, S. 323-324. Bei den in die Untersuchung aufgenommenen FFS handelt es sich um Systeme mit drei bis vier integrierten Bearbeitungsmaschinen. Ein FFS hat eine Systemgröße von acht Maschinen. Das Losgrößenspektrum der erfaßten Systeme umspannt Einzelfertigungen und kontinuierliche Großserienfertigungen sowie Serienfertigungen mit Losen zwischen 5 und 200 Stück. Das Werkstückspektrum liegt zwischen 20 und 350 unter­ schiedlichen Teilen. Die durchschnittliche Palettenlaufzeit beträgt 5 bis 300 Minuten. Alle Systeme befinden sich zum ersten Erhebungszeitpunkt seit mindestens einem Jahr im Ein­ satz. Vgl. Shah 1987, S. 19-21. Vgl. Shah 1991, S. 27-28. Vgl. Blanchard 1992, p. 155. Vgl. Arnaud/Bloche 1986, p. 518; sowie zu einem konkreten Praxisbeispiel, in welchem ein Nutzungsgrad zwischen 96% und 98% als sehr hoch eingestuft wird o. V. [Werkstatt und Betrieb] 1992b, S. 696. Vgl. dazu Adelmo/Andreasson 1995, p. 192.

380

Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

Systemverfügbarkeit mit den konkreten Zahlenwerten zum tatsächlich realisierten Nut­ zungsgrad möglich (vgl. Abb. 6-4).

■ Ziel teilweise erreicht

Abb. 6-4:

gZiel vollständig erreicht

Anwenderperzeption zum Zielerreichungsgrad „Sicherung einer hohen Ver­ fügbarkeit“ und tatsächliche Systemnutzung

Es liegen Angaben über 99 FFS-Organisationen vor. Deutlich erkennbar ist, daß mehr als zwei Drittel der Anwender, die einen durchschnittlichen Nutzungsgrad von 79,9% und weniger realisieren auch der Auffassung sind, mit dem flexiblen Ferti­ gungssystem und somit mit der FFS-Organisation das Ziel einer hohen Verfügbar­ keit nur teilweise erreicht zu haben. Diese Einschätzung sinkt ab auf 43,5% der An­ wender mit einem mittleren Nutzungsgrad. Lediglich 20,0% der Anwender mit einem hohen Systemnutzungsgrad sind der Meinung, das Ziel einer hohen System­ verfügbarkeit nicht vollständig erreicht zu haben. Die hier gewählte Trichotomisierung der Daten zum durchschnittlichen Nutzungsgrad erscheint plausibel.

Aus der obigen Darstellung deuten sich mit Einschränkung auch Hinweise auf die Paß­ genauigkeit zwischen Situation und Struktur an. Auf der Basis der allgemeinen Kontin­ genztheorie und des situativen Modells der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungs­ systemen könnte eine Paßgenauigkeit bei zufriedenstellenden Zielerreichungsgraden

Zielerreichung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen

381

vorliegen. Eine stark vereinfachende Zuordnung der FFS-Organisationen in paßgenaue und paßungenaue Strukturen greift somit auf die Anwenderperzeption zur Zielerreichung einer hohen Systemverfügbarkeit zurück. In diesem Sinne könnte eine paßungenaue FFS-Organisation dort vorliegen, wo die Anwender das Verfügbarkeitsziel als nur teil­ weise erreicht beurteilen. Korrespondierend würde sich in jenen FFS-Organisationen ei­ ne paßgenaue Struktur reflektieren, für die eine vollständige Zielerreichung angegeben wird. Für die situative Betrachtung resultiert aus diesen Überlegungen eine wichtige Im­ plikation: Eine Beurteilung des Zielerreichungsgrades von FFS-Organisationen kann sich nicht ausschließlich am absoluten Werten des tatsächlich realisierten Nutzungs­ grades orientieren. Es gibt nämlich Anwender, die auch bei einem durchschnittli­ chen Systemnutzungsgrad von weniger als 80,0% das Ziel einer hohen Verfügbar­ keit als bereits erreicht ansehen. Hier liegt die vorsichtige Vermutung nahe, daß trotz eines vergleichsweise geringen Nutzungsgrades eine paßgenaue Struktur der FFSOrganisation vorliegen könnte. Schließlich folgt aus der dynamisierten Darstellung situativer Argumentationslogik (vgl. Abb. 3-2) als Fazit dieser Überlegungen, daß die empfundene Zielerreichungslücke den Anwender möglicherweise dazu veranlassen könnte, Veränderungen im FFS-Betrieb vorzunehmen, die ansatzkonform vor allem eine arbeitsorganisatorische Strukturanpas­ sung einschließen würde. Das Verbesserungspotential erstreckt sich nach dieser Auffas­ sung also weniger auf Aspekte der Maschinenzuverlässigkeit sondern vielmehr auf orga­ nisatorische Variationsmöglichkeiten. Hier knüpft die Struktur-Zielerreichungs-These an, die sich aus dem situativen Modell der Arbeitsorganisation ableitet und eine Beein­ flußbarkeit des Zielerreichungsgrades durch die strukturellen Ausprägungen der Arbeits­ organisation postuliert:

Hauptthese 29 (Struktur-Zielerreichungs-These): Die Organisationspraxis flexibler Fertigungssysteme ist geprägt durch eine Vielfalt arbeitsorganisatorischer Strukturlösungen. Allgemein beeinflussen die Ausprägungen der einzelnen Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation auch den Nutzungsgrad.

Das situative Modell der Arbeitsorganisation wird schließlich vervollständigt durch die nachfolgende Situations-Zielerreichungs-These: Hauptthese 30 (Situations-Zielerreichungs-These): Der Zielerreichungsgrad einer FFS-Organisation ist unmittelbar abhängig von den situativen Bedingungen des Systembetriebs.

7 Ergebnisse der Kontingenzanalyse Schritte der Datenauswertung

(I) Augenscheinprüfung und Ermittlung von tendenziellen Kontingenzen Auf der Basis von Kontingenztabellen erfolgt im ersten Schritt der Datenanalyse eine Augenscheinprüfung aller möglichen Beziehungszusammenhänge (vgl. Abb. 7-1).1 Aus diesen Tafeln lassen sich näherungsweise erste Informationen über die gemeinsame Verteilung der jeweiligen Situations-, Struktur- und Zielerreichungsvariablen gewinnen.

Siehe ähnlich Benninghaus 1998, S. 183-187. Aus Platzgründen wird auf die Reproduktion der Kontingenztafeln verzichtet.

384

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

Die Unterscheidung in drei alternative Verteilungsmuster ermöglicht eine Komplexitäts­ reduktion für die anschließende Kontingenzanalyse. Sie erlauben darüber hinaus eine einfache und klare Erstinterpretation des Datenmaterials. Konkret lassen sich aus dieser Sichtprüfung Aussagen über die mögliche Existenz von tendenziellen Beziehungen ei­ nerseits sowie über die Wirkungsrichtung der meisten dieser Zusammenhänge anderer­ seits ableiten. Kontingenztabellen, in denen das Verteilungsmuster offensichtlich nicht auf eine Tendenz hindeutet, werden deshalb aus der weiteren Analyse ausgeschlossen. Dagegen werden jene Verteilungen berücksichtigt, die laut Sichtprüfung einen schwa­ chen oder starken Zusammenhang erkennen lassen.2 Im Verständnis dieser Arbeit liegen dann tendenzielle Kontingenzen vor, die auf eine mögliche statistische Abhängigkeit hinweisen.3 Die tendenziellen Kontingenzen der Augenscheinprüfung sind in der nachstehenden Ab­ bildung 7-2 zusammengetragen. Diese Darstellung konkretisiert das situative Modell der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen und dient als Grundlage für die Ableitung von empirisch gestützten Tendenzaussagen. Im Falle ordinal skalierter Daten kann eine Wirkrichtung der Tendenzkontingenz angegeben werden. Dies ist für die er­ kennbaren Einflüsse der kulturellen Ausgangssituation und der Branchenzugehörigkeit jedoch nicht möglich.

(II) Formulierung von Nullhypothesen und Ermittlung statistischer Kontingenzen Die Formulierung von Nullhypothesen für die Tendenzkontingenzen sowie der anschlie­ ßende Test auf statistische Unabhängigkeit bilden den zweiten Schritt der Kontingenza­ nalyse.4 Auf diese Weise werden die Hauptthesen konkretisiert. Die Nullhypothesen zu den Situations-Struktur-Konstellationen fokussieren nunmehr die einzelnen Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation. Sie dekomponieren das aggre­ gierte Strukturmuster. Dabei ist hervorzuheben, daß die Situations-Strukturthesen (Hauptthesen 1 bis 28) eine Tendenz des arbeitsorganisatorischen Strukturmusters auf­ zeigen, die mit den korrespondierenden Nullhypothesen nicht länger reflektiert werden kann. Es handelt sich nämlich um ungerichtete Hypothesen. Aussagen zur statistischen Wirkungsrichtung der Situations variablen auf die einzelne arbeitsorganisatorische Strukturdimension sind aber mit Hinzuschaltung der vorgelagerten Tendenzkontingen­ zen möglich.

Zum Zwecke der Komplexitätsreduktion erfolgt außerdem keine weitere Betrachtung von Uformigen Verteilungsmustem, die sich vereinzelt aus den Kontingenztabellen herauskristalli­ sieren. An dieser Stelle interessieren zunächst nur die gerichteten Kontingenzen. Vgl. zur statistischen Abhängigkeit von Variablen allgemein Benninghaus 1998, S. 187. Die Formulierung der Nullhypothese basiert auf einer statistischen Unabhängigkeit zwischen zwei Variablen. Vgl. allgemein zu statistischen Hypothesen im x2-Test Everitt 1992, pp. 67; Backhaus u. a. 1996, S. 175; sowie Bortz/Lienert/Boehnke 1990, S. 103. Siehe zu den themenspezifisch aufgestellten Nullhypothesen sowie den jeweiligen Testergebnissen die Tabellen Al bis Al 3 auf den Seiten 424-436 im Anhang.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

Stärke des Managementvertrauens Intensität der lokalen Strukturkopplung Grad der Rechnervertrautheit des Werkstattpersonals__ + 4___________ Größe des Qualifikationsdefizits______ ______ Anthropozentrismus der Planungsmentalität______ ++ Stärke der Durchsetzbarkeit von Einzelinteressen o - Intensität der Planungskooperation ro 'c ______ Stärke des Technikdrucks bei Realisierung_______ + CD Stärke des Zeitdrucks der Implementierung Technozentrismus der aktuellen Organisationspraxis W Stärke des Amortisationsdrucks

2■

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Strukti

Strukt

385

■■ 00

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4-44-4-

Q

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i TO

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O)

branchenüblicher Fertigungstyp 0 Grad der betriebsinternen Ressourcenverfügbarkeit Größe der arbeitsorganisatorischen FFS-Erfahrungsbasis - Größe der FFS-internen Personalressourcenbasis ______ Ausmaß der technischen Systemkomplexität______ externe Personalzugriffsmöglichkeiten im Tagesbetrieb ++ externe Personalzugriffsmöglichkeiten im Wochenbetrieb Dynamik des Schichtsystems Ausmaß der Automatisierungskomplexiät + __________ Ausmaß der Geometriekomplexität_________ Ausmaß Programmkomplexität _____________ Ausmaß der Loskomplexität_____ _______ ____________ Ausmaß der Losvariabilität_________ ____ ++ __ Ausmaß der Spannkomplexität_______ _____ __ Ausmaß der Spannvariabilität____________ 1______ Ausmaß der Zeitkomplexität______ + I Ausmaß der Zeitvariabilität

Strukturvariablen der Arbeitsorganisation

Zusammenhang tendenziell nicht erkennbar

1 I i

o

0

+4+

++ ++

-

-

-

-

44-4+ -

+ +44- — -

++ + 4-4-

4-

+

-

+

Strukturzentralisation Strukturspezialisierung Strukturautorität Strukturdynamik Strukturkooperation

Zusammenhang tendenziell schwach bzw. stark erkennbar

Zusammenhang tendenziell schwach bzw. stark erkennbar (ohne Wirkrichtung)

Abb. 7-2:

Tendenzielle Kontingenzen der FFS-Organisation

‘i .

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

386

Der %2-Unabhängigkeitstest basiert auf einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%.5 Eine Nullhypothese wird abgelehnt, wenn der aus den vorliegenden Daten ermittelte x2-Wert (X2(emp)) den korrespondierenden Wert aus der %2-Verteilungstabelle (x2(tab)) übersteigt. Diese Testentscheidung impliziert mit 5%-iger Irrtumswahrscheinlichkeit eine statisti­ sche Kontingenz, die zwar mit einer kausalen Kontingenz nicht gleichzusetzen ist, gleichwohl aber eine Zusatzinformation bereitstellt.6

(III) Quantifizierung der Stärke des Beziehungszusammenhangs Die getrennte Ermittlung der Assoziationsstärke jeder einzelnen statistischen Kontingenz bildet schließlich den dritten Analyseschritt. Der Kontingenzkoeffizienten c (nach Pearson) bietet sich als Maßgröße an, weil seine Berechnung auf dem niedrigsten, dem nominalen, Skalenniveau basiert und damit für alle interessierenden Beziehungszusam­ menhänge möglich ist.7 Innerhalb eines Wirkungszusammenhangs wird dann durch die Berechnung der korrigierten Kontingenzkoeffizienten crei eine Vergleichbarkeit herge­ stellt.8 Aufgrund der geringfügig abweichenden Zahl der Auswertungsgesamtheiten für die einzelnen Beziehungsstränge ist strenggenommen eine übergreifende Vergleichbar­ keit der relativen Kontingenzkoeffizienten nicht möglich. Sie kann deshalb nur nähe­ rungsweise erfolgen.

Kontingenzen der Pre-Implementierungsphase



Zur kulturellen Ausgangssituation

In bezug auf die kulturelle Ausgangssituation läßt sich als Tendenzaussage festhalten, daß nordamerikanische FFS-Organisationen häufiger zur Spezialisierung des Personal­ systems neigen als europäische Anwender, bei denen der Anteil niedrig bzw. mittel spe­ zialisierter Personalsysteme vergleichsweise größer ist. Die zugrundeliegende Nullhy­ pothese, es bestünde kein statistischer Zusammenhang zwischen der landeskulturell geprägten Stärke des Managementvertrauens und dem Ausmaß der Strukturspezialisie­ rung des Personalsystems, kann abgelehnt werden. Es errechnet sich ein relativer Kon­ tingenzkoeffizient crei = ,395 (p = ,015), der vorsichtig auf einen schwach deterministi­ schen Einfluß schließen läßt. Damit kommt das a-Risiko zum Ausdruck, nach welchem in fünf von 100 Fällen eine in Wirklichkeit zutreffende Hypothese irrtümlich verworfen wird. Die Festlegung von a = 0,05 entspricht der gängigen Praxis des x2-Tests und wird auch in dieser Untersuchung über­ nommen. , Jt is well to note that the finding of a significant association by means of the chi-square test does not necessarily imply a causal relationship between the variables involved, although it does indicate that the reason for this association is worth investigating“ Everitt 1992, p. 10. Vgl. ähnlich Backhaus u. a. 1996, S. 185. Siehe zur Berechnung und zu den Eigenschaften dieses Kontingenzkoeffizienten sowie zur Kritik der mangelnden Interpretationsmöglichkeit vor allem die entsprechenden Ausführun­ gen in Benninghaus 1998. Vgl. dazu Hochstädter 1996, S. 143-147.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

387

Darüber hinaus findet sich in Europa eine relativ stärkere Verbreitung von Personalsy­ stemen mit rotierenden Arbeitsplatzstrukturen. Weniger häufig wird dagegen das Job Rotation als arbeitsorganisatorische Gestaltungsaltemative in nordamerikanischen FFSOrganisationen umgesetzt. Diese Resultate stützen partiell die zuvor formulierte Kulturthese und legen für eine ar­ beitsorganisatorische Gestaltung in flexiblen Fertigungssystemen die Vermutung nahe: „Culture does or at least may matter“ •

Zur fertigungsorganisatorischen Ausgangssituation

Die vorliegenden Erhebungsergebnisse zur fertigungsorganisatorischen Ausgangssituati­ on legen den Schluß nahe, daß die Strukturtradition des definierten Fertigungsabschnitts keinen nennenswerten Einfluß auf die realisierten Formen der Arbeitsorganisation im FFS ausgeübt hat. Die Erwartung, daß sich in Systemen mit direkter Strukturtradition und damit einer höheren Intensität der Strukturkopplung tendenziell häufiger strukturtra­ ditionelle Ausprägungen der Arbeitsorganisation beobachten lassen, kann für keine Strukturdimension in den erfaßten FFS-Organisationen bestätigt werden. Es finden sich im eigenen Datensatz somit keine Hinweise, die eine Bestätigung der Traditionsthese andeuten. Die eingangs ermittelte Anwenderperzeption einer relativen Bedeutungslosig­ keit traditioneller Formen der Arbeitsteilung scheint dadurch gefestigt zu werden.



Zur fertigungstechnischen Ausgangssituation

In bezug auf die fertigungstechnische Ausgangssituation vor FFS-Einfuhrung läßt sich tendenziell festhalten, daß mit einem höheren Grad der Rechnerintegration des substitu­ ierten technischen Produktionsapparats und damit verknüpft einem höheren Vertraut­ heitsgrad des Werkstattpersonals im Umgang mit rechnergestützter Fertigungstechnik eine höhere Funktionszentralisation und eine größere Spezialisierung des Personalsy­ stems einhergehen. Darüber hinaus deutet sich mit einem höheren Grad der Ausgangs­ vertrautheit im Einsatz rechnergestützter Fertigungstechnik eine tendenziell geringere Einsatzverbreitung von gruppenbasierten Arbeitsplatzstrukturen innerhalb der FFSOrganisation an.9

Entgegen der hier zugrundeliegenden Argumentationslogik scheinen mit zunehmender Stärke des Konfrontationseffekts also tendenziell häufiger strukturmodeme Formen der Arbeitsorganisation im FFS realisiert worden zu sein. Die Konfrontationsthese muß möglicherweise revidiert werden. Eventuell führt die Radikalität des Technikwandels auf Werkstattebene eine Situation herbei, die einen arbeitsorganisatorischen Strukturum­ bruch eher ermöglicht als ein geringerer oder ,schleichender1 Techniksprung, der die Beibehaltung strukturtraditioneller Ausprägungen der Arbeitsorganisation tendenziell fordert.

Diese Untersuchungsergebnisse konkretisieren die allgemeine Vorstellung, daß bereits exi­ stierende Fertigungstechnik ,bedeutende1 Auswirkungen auf den Implementierungsprozeß allgemein haben kann. Vgl. dazu Voss 1988, p. 59.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

388



Zur qualifikatorischen Ausgangssituation

Mit einem hohen Niveau der Ausgangsqualifikation des Werkstattpersonals vor System­ einfuhrung gehen tendenziell dezentralisierte Formen der Funktionsausfuhrung einher. Auch neigen die erfaßten FFS-Organisationen mit hinreichend qualifiziertem Werkstatt­ personal in der ex ante-Produktion eher zu Arbeitsformen hoher Strukturdynamik als Anwender, die ein Qualifikationsdefizit vor der FFS-Implementierung zu verzeichnen hatten.10 Die Qualifikationsdefizitthese, ein höheres Qualifikationsniveau ermögliche häufiger die Umsetzung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation, weil das zu beseiti­ gende Qualifikationsdefizit geringer ist, wird partiell, d. h. für die Strukturdimensionen der Zentralisation und Dynamik, durch die vorliegenden Erhebungsergebnisse bestätigt.

Kontingenzen der Systemplanungsphase



Zum Planungsvorgehen des Gestaltungssystems

Mit zunehmend anthropozentrisch geprägter Planungsmentalität des Gestaltungssystems der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen nimmt tendenziell die Funkti­ onsdezentralisation zu. Ein stärkerer Zusammenhang deutet sich zwischen dem Pla­ nungsvorgehen und dem Einsatz rotierender Arbeitsplatzstrukturen an. Hier ist eine ten­ denzielle Neigung zur Implementierung des Job Rotation mit einer abnehmenden technozentristischen Planungshaltung festzustellen. Zumindest für zwei Strukturdimen­ sionen der Arbeitsorganisation scheinen diese Analyseergebnisse die Planungsmentali­ tätsthese zu belegen. Hinsichtlich der Strukturdimensionen der Zentralisation und Dynamik führt der x2Unabhängigkeitstest für die korrespondierenden Nullhypothesen allerdings zur Annah­ me, so daß sich ein statistischer Zusammenhang für die erfaßten FFS-Organisationen nicht festhalten läßt.



Zu den Planungsträgern der Arbeitsorganisation

Die Machtdiffusionsthese, die einen möglichen Beziehungszusammenhang zwischen der Planungsinterdisziplinarität des Gestaltungssystems und dem aggregierten Strukturmu­ ster der Arbeitsorganisation thematisiert, reflektiert sich partiell in den vorliegenden Analysedaten. Bei einer höheren Planungsinterdisziplinarität des Gestaltungssystems ist eine ver­ gleichsweise starke Tendenz zur Delegation von FFS-Funktionen an das Personalsystem zu erkennen. Die Nullhypothese, es bestünde kein statistischer Zusammenhang zwischen der Planungsinterdisziplinarität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation muß verwor­ fen werden. Die statistische Kontingenz erfährt ihre Präzisierung durch einen relativen 10

Auch die Qualifikationsbasis vor Technikimplementierung wird von Voss als wesentliche Antezedenz der anschließenden Implementierungs- und Betriebsphase neuer Fertigungstech­ nik betrachtet. Siehe Voss 1988, p. 59.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

389

Kontingenzkoeffizient in Höhe von crei = ,437 (p = ,003). In isolierter Betrachtung deutet dieser Wert zwar keinen streng deterministischen Einfluß an, dennoch ist die Existenz eines hauptthesenkonformen Wirkungsgefüges offenbar möglich.

Tendenziell stark ist auch die Einführung eines Arbeitsplatzwechsels für jene FFSOrganisationen festzuhalten, bei denen eine größere Anzahl von unterschiedlichen Pla­ nungsträgem mit arbeitsorganisatorischen Gestaltungsaspekten beauftragt worden ist. Die Anwendung des x2-Test führt zur Ablehnung der zugrundeliegenden Nullhypothese. Planungsinterdisziplinarität und Strukturdynamik weisen somit auch eine statistische Kontingenz auf (crei = ,313; p = ,022). Schließlich läßt sich eine schwächere Tendenzkontingenz zwischen der Planungsinter­ disziplinarität des Gestaltungssystems und der Strukturkooperation wahmehmen. Auch hier erfolgt die teambasierte Arbeitsorganisation häufiger in einem Systemeinsatz, der mit einer höheren, annahmegemäß machtdiffundierenden Planungsinterdisziplinarität vorbereitet wurde.



Zur Planungsorganisation

Eine höhere Kooperationsintensität der Planungsorganisation scheint tendenziell mit niedrigeren Zentralisationswerten verknüpft zu sein. Dieser potentielle Zusammenhang läßt sich vergleichsweise stark registrieren. Schwächer, aber als Tendenz noch identifi­ zierbar ist ein höheres Ausmaß dezentraler Strukturautorität in teambasiert geplanten FFS-Organisationen als in Systemen auf der Basis einer konventionellen Planungsorga­ nisation. Auch resultiert aus der Planung von Gestaltungssystemen mit einem höheren Grad an Kooperationsintensität relativ häufiger eine rotierende Struktur des Personalsy­ stems als dies bei konventioneller Planungsorganisation der Fall ist. Zwar läßt das vor­ liegende Datenmaterial eine Konkretisierung dieser Tendenzaussagen als statistische Kontingenzen nicht zu, dennoch deutet sich eine partielle Übereinstimmung mit der übergeordneten Kooperationsintensitätsthese an. Kontingenzen der Systemrealisierungsphase

Erstaunlicherweise kristallisiert sich aus dem Datensatz eine Kontingenz zwischen der Art der Systemrealisierung und dem Ausmaß der Strukturzentralisation heraus, die vor­ sichtig darauf schließen läßt, daß mit ansteigendem Technikdruck bei Einführung des FFS tendenziell eine Funktionsdezentralisation einhergeht. Dieses Ergebnis widerspricht der Technikdruckthese, daß bei Komplettinstallation häufiger die Beibehaltung oder die Erstimplementierung einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation zu beobachten ist, weil ein arbeitsorganisatorischer Lem- und Experimentierfreiraum im Vorfeld des Rou­ tinebetriebs geopfert und statt dessen die Handhabung der mannigfaltigen Technikkom­ ponenten priorisiert wird. Auch hier bietet die Radikalität des Technikwandels mögli­ cherweise einen geeigneten ,Nährboden4, um eine Loslösung von tradierten Strukturen der Arbeitsorganisation zu realisieren.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

390

In ähnlicher Weise, aber stärker in der Ausprägung, deutet sich eine Tendenzkontingenz zwischen dem Ausmaß des Technikdrucks bei Installation und der Strukturkooperation des Personalsystems an. Hier wird Gruppenarbeit eher in flexiblen Fertigungssystemen eingerichtet, deren Realisierung höhere Anforderungen an die Technikbeherrschung des Personals gestellt haben. Dieses Ergebnis könnte darauf hindeuten, daß sich teambasierte Arbeitsformen bereits während der Realisierungsphase als geeignete Maßnahme für das Personalsystem erweisen, um kooperativ lernend die technische Herausforderung einer Komplettinstallation bewältigen zu können. Die Durchführung des %2-Tests fuhrt zudem zur Verwerfung der Nullhypothese, daß nämlich zwischen dem Ausmaß des Technik­ drucks und dem Ausmaß der Strukturkooperation kein statistischer Zusammenhang exi­ stiere. Der Kontingenzkoeffizient (crei = ,339; p = ,045) präzisiert die statistische Kon­ tingenz und eröffnet die Möglichkeit eines schwach deterministischen Zusammenhangs.

Kontingenzen der Systeminbetriebnahmephase



Zur Implementierungs dauer

Die Implementierungsdauer greift arbeitsorganisatorische Lem- und Experimentierfrei­ räume auf, die aus einer Zeitautonomie heraus entstehen können. Die Analyseergebnisse legen eine vorsichtige Bestätigung der Zeitdruckthese nahe. In bezug auf drei Dimensio­ nen scheint nämlich mit einem abnehmenden Zeitdruck der Implementierung eine Ten­ denz zur strukturmodemen Arbeitsorganisation erkennbar zu sein.

Eine längere Implementierungsdauer ist tendenziell verknüpft mit einem niedrigeren Ausmaß der Strukturzentralisation des Systembetriebs. Stark positiv läßt sich eine Ten­ denzkontingenz festhalten, nach welcher mit längerer Implementierungsdauer auch häu­ figer rotierende Arbeitsplatzstrukturen verbunden sind. Die Nullhypothese, es existiere kein Zusammenhang zwischen dem Zeitdruck der Implementierung und dem Ausmaß der Strukturdynamik, muß abgelehnt werden. Dieses Resultat deutet eine statistische Kontingenz an. Auch hier läßt sich aus dem Kontingenzkoeffizienten zwar keine stark deterministische Beziehung ablesen (crei = ,345; p = ,013), trotzdem verdeutlichen die Analyseergebnisse eine mögliche Verbindung zwischen der Implementierungsdauer und der Einsatzverbreitung des Job Rotation in FFS. Eine ähnliche Wirkrichtung läßt sich mit schwächerer Tendenz auch für die Strukturkooperation des Personalsystems identifi­ zieren. Hier tritt Gruppenarbeit vermehrt in jenen Systemen auf, deren Implementie­ rungsdauer als länger charakterisiert werden kann. •

Zum Alter der FFS-Organisation

Zwischen dem Alter der FFS-Organisation und den Strukturdimensionen der Dynamik sowie der Kooperation besteht eine schwach negative Tendenz. Es läßt sich festhalten, daß in den erfaßten FFS-Organisationen mit höherem Alter weniger häufig rotierende und teambasierte Arbeitsplatzstrukturen umgesetzt worden sind als in jüngeren Syste­ men. Die Reflexionsthese zum Organisationsalter als Spiegel der Organisationspraxis zum Gründungszeitpunkt wird durch diese Analyseergebnisse - wenn auch nur schwach - gestützt. Tatsächlich stellen Gruppenarbeit und Job Rotation Kembestandteile einer

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

391

,modernen4 Fertigungsorganisation dar, wie sie sich verstärkt seit Beginn der 90er Jahre in der industriellen Produktion etabliert hat. Dennoch legen die Hypothesentests die An­ nahme der statistischen Unabhängigkeit zwischen dem Organisationsalter und den Aus­ prägungen der Strukturdynamik sowie der -kooperation nahe. •

Zur Einführung von Zusatzschichten

Die Analyseergebnisse zum potentiellen Beziehungszusammenhang zwischen dem mit­ tels der Schichtnutzungsveränderung gemessenen Amortisationsdruck und den struktu­ rellen Ausprägungen der arbeitsorganisatorischen Dimensionen verdeutlichen eine un­ einheitliche Wirkrichtung. Die Amortisationsdruckthese, ein geringerer Amortisations­ druck führe häufiger zur Umsetzung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation in FFS, läßt sich nur partiell belegen. Hier verzeichnen FFS-Betriebe mit annahmegemäß höherem Amortisationsdruck eine starke Tendenz zur Strukturdezentralisation bei gleichzeitig schwächerer Tendenz zur Strukturspezialisierung. Die Ablehnung der Nullhypothese, es bestünde zwischen dem Amortisationsdruck und dem Ausmaß der Strukturzentralisation kein statistischer Zu­ sammenhang, unterstreicht zusätzlich die Möglichkeit einer Beziehung zwischen der Situationsvariable und dieser spezifischen Strukturdimension (crei = ,373; p = ,023). Vergleichsweise stark deutet sich auch eine Tendenzkontingenz an, derzufolge in FFSOrganisationen mit höherem Amortisationsdruck häufiger teambasierte Arbeitsplatz­ strukturen umgesetzt werden als in Systemen mit annahmegemäß schwächerem Amorti­ sationsdruck. Dieses Resultat wird durch den %2-Unabhängigkeitstest präzisiert. Es deu­ tet sich eine statistische Kontingenz an. Die Nullhypothese, daß ein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Amortisationsdrucks und dem Ausmaß der Strukturkooperation inexistent sei, wird verworfen. Der korrigierte Kontingenzkoeffizi­ ent (crei = ,308; p = ,025) legt zumindest eine schwach deterministische Verknüpfung zwischen Situation und Strukturdimension nahe. Schließlich läßt sich aus den Untersuchungsergebnissen tendenziell erkennen, daß ein schwächerer Amortisationsdruck häufiger mit rotierenden Arbeitsplatzstrukturen einher­ geht. Dieses Teilergebnis korrespondiert mit der Amortisationsdruckthese.

Kontingenzen der systemexternen Umwelt im Routinebetrieb



Zur Branchenzugehörigkeit des FFS-Anwenders

Die Analyseergebnisse zur Branchenzugehörigkeit deuten eine schwache Tendenzkon­ tingenz in bezug auf zwei Strukturdimensionen an. Demnach realisieren Anwender aus der Automobilbranche häufiger dezentralisierte Strukturlösungen der Arbeitsorganisati­ on als Betriebe des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Nullhypothese, es bestünde kein statistischer Zusammenhang zwischen dem branchenüblichen Fertigungstyp und dem Ausmaß der Strukturzentralisation, wird abgelehnt und legt die Existenz einer statisti­ schen Kontingenz nahe. Auch der Kontingenzkoeffizient cre] = ,440 (p = ,014) untermau­ ert einen schwach deterministischen Wirkungsmechanismus. Dieses Teilergebnis weicht

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

392

von der Fertigungstypthese ab, daß der branchentraditionell hohe Wiederholungsgrad der Fertigungsverfahren in der Kraft- und Zweiradfahrzeugindustrie dort häufiger zu einer strukturtraditionellen Arbeitsorganisation führe als im Maschinen- und Anlagenbau. Möglicherweise kann dieses Resultat dadurch erklärt werden, daß gerade der automotive Sektor eine Vorreitenolle bei der Einführung neuer Konzepte der Fertigungsorganisation (z. B. Lean Production oder TQM) eingenommen und sich dort folglich ein arbeitsorga­ nisatorischer Wandel am ehesten vollzogen hat. Demgegenüber weisen Anwender des Maschinen- und Anlagenbaus tendenziell häufiger rotierende Arbeitsplatzstrukturen des Personalsystems auf als Unternehmen des Kraftund Zweiradfahrzeugbaus. Für diese Strukturdimension könnte die Fertigungstypthese zutreffen.



Zur Größe der Anwenderorganis ation

Ein nennenswerter Einfluß der Anwendergröße auf die Strukturdimensionen der Ar­ beitsorganisation im organisatorischen Subsystem ,FFS‘ läßt sich anhand der vorliegen­ den Daten kaum erkennen. Es deutet sich lediglich ein schwacher Zusammenhang zwi­ schen der Gesamtorganisationsgröße des Anwenders und der Strukturzentralisation an, der allerdings mit den traditionell kontingenztheoretischen Vorstellungen einer Bürokra­ tietransmission nicht übereinstimmt. Demnach verwirklichen Anwender mit hohen Be­ schäftigtenzahlen tendenziell häufiger dezentralisierte Strukturen als kleinere Betriebe. Partiell könnte dieses Ergebnis die Ressourcenverfügbarkeitsthese belegen.



Zur produktionsinternen Systemzahl

Mögliche Tendenzkontingenzen zwischen der innerbetrieblichen Systemzahl und den realisierten Formen der Strukturdynamik und -kooperation sind vergleichsweise schwach erkennbar. Hier setzen Betriebe mit einem höheren FFS-Durchdringungsgrad und einer annahmegemäß größeren arbeitsorganisatorischen FFS-Erfahrungsbasis tendenziell häu­ figer ein Job Rotation sowie Gruppenarbeit im Personalsystem um, als dies bei der „sin­ gle system“-Anwendung der Fall ist. Die Erfahrungsbasisthese reflektiert sich somit für zwei Organisationsdimensionen tendenziell, aber nicht statistisch, im eigenen Datensatz. Kontingenzen des systembezogenen Routinebetriebs



Zur Größe der FFS-Organisation

Im Gegensatz zur Gesamtorganisationsgröße des Anwenders lassen sich eindeutige Ten­ denzaussagen über die Beziehungen zwischen der FFS-Organisationsgröße und den Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation formulieren. Mit zunehmender Größe des Personalsystems steigt die Funktionsdezentralisation an. Dieses Resultat entspricht parti­ ell der Ressourcenbasisthese über die tendenzielle Realisierung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation bei zunehmender Mannstärke.

Dagegen ist aber auch eine relativ starke Tendenzkontingenz zur ansteigenden Struktur­ spezialisierung zu erkennen, mit der die Vorstellung einer arbeitsorganisatorischen

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

393

Strukturmodemität bei wachsender FFS-Organisationsgröße offenbar widerlegt wird. Die Anwendung des %2-Tests fuhrt hier zur Ablehnung der Nullhypothese, die eine stati­ stische Unabhängigkeit des Ausmaßes der personalsystemintemen Spezialisierung vom Umfang einer arbeitsorganisatorischen Ressourcenbasis formuliert. Die Stärke des ver­ meintlichen Beziehungszusammenhangs wird statistisch mit einem relativen Kontin­ genzkoeffizienten crei = ,578 dokumentiert. Relativ stark deuten sich auch Tendenzkontingenzen einer kollektiven Strukturautorität, eines Job Rotation und einer Gruppenarbeit in größeren FFS-Organisationen an. Diese Analyseresultate stützen partiell die Ressourcenbasisthese der häufigeren Verbreitung einer strukturmodemen Arbeitsorganisation in größeren Systemen. Die Nullhypothesen zur statistischen Unabhängigkeit der Autorität und Kooperation vom Umfang einer sy­ steminternen personellen Ressourcenbasis müssen abgelehnt werden. Hier deuten sich Verknüpfungen an, die durch die Kontingenzkoeffizienten crei = ,523 für die Strukturau­ torität und crel = ,352 für die Strukturkooperation zusätzlich eine statistische Bedeutung erhalten.



Zur Größe des Techniksystems

Ähnliche Zusammenhänge deuten sich für die technische Systemkomplexität der erfaß­ ten FFS an. Tendenziell wird mit zunehmender Größe des Techniksystems ein höheres Ausmaß der Funktionsdezentralisation, aber auch der Stellenspezialisierung realisiert. Der %2-Test führt für beide Strukturdimensionen zur Ablehnung der korrespondierenden Nullhypothesen. Die aus der Datenanalyse extrahierten Tendenzaussagen werden hier­ durch statistisch fundiert. Die Kontingenzkoeffizienten crei = ,408 (p = ,013) für die Strukturzentralisation und crei = ,385 (p = ,026) für die Strukturspezialisierung quantifi­ zieren in isolierter Betrachtung die Stärke des Beziehungszusammenhangs und legen ei­ nen schwach deterministischen Einfluß der technischen Systemkomplexität auf die fo­ kussierten Strukturdimensionen nahe.

Darüber hinaus ist eine stärkere Tendenz zur Autonomisierung der Systemleitung von externen Instanzen in FFS mit größerer Technikkomplexität zu beobachten. Die Nullhy­ pothese, es bestünde kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der tech­ nischen Systemkomplexität und der Autonomisierung des Systembetriebs, wird nach Anwendung des %2-Tests verworfen. Auch der relative Kontingenzkoeffizient crei = ,465 (p = ,002) läßt auf eine schwach deterministische Verknüpfung schließen. Außerdem lassen sich teambasierte Arbeitsplatzstrukturen tendenziell häufiger in Syste­ men mit großer Technikkomplexität als in kleineren FFS registrieren.



Zur vertikalen Schichtnutzung

Im vertikalen Nutzungsmodus des flexiblen Fertigungssystems über drei Schichten ist eine Form des gezielten Arbeitsplatzwechsels tendenziell weniger häufig vorzufinden als in FFS-Organisationen mit Ein- bzw. Zweischichtbetrieb. Partiell widerspricht diese Tendenzkontingenz der Personalzugriffsthese einer verstärkten Implementierung von strukturmodemen Arbeitsorganisationen in FFS mit Dreischichtbetrieb.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

394

Stärker, und hauptthesenkonform, deutet sich eine Tendenzkontingenz in bezug auf die Strukturkooperation an. Mit vertikaler Ausdehnung des Schichtbetriebs lassen sich hier verstärkt Gruppenarbeitsplatzstrukturen im Personalsystem wahmehmen. Diese Tendenz wird statistisch untermauert durch die Ablehnung der korrespondierenden Nullhypothe­ se, daß eingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen externer Produktions­ abteilungen und das Ausmaß der Strukturkooperation des Personalsystems voneinander unabhängig seien. Auch hier deutet ein Kontingenzkoeffizient crei = ,301 (p = ,028) eine schwach deterministische Kausalbeziehung an.



Zur horizontalen Schichtnutzung

Die horizontale Schichtnutzung wirkt tendenziell auf alle Strukturdimensionen der Ar­ beitsorganisation. Vergleichsweise stark läßt sich eine Tendenz erkennen, nach welcher mit zunehmender Ausdehnung der wochenbezogenen Schichtnutzung das Ausmaß der Funktionsdezentralisation zunimmt. Schwächere Tendenzkontingenzen lassen sich hin­ gegen für die übrigen Strukturdimensionen festhalten. Hier sind mit Erweiterung der ho­ rizontalen FFS-Nutzung höhere Spezialisierungswerte des Personalsystems, eine anstei­ gende Delegation der Systemleitung in das FFS sowie rotierende und gruppenbasierte Arbeitsplatzstrukturen zu erkennen.

Mit Ausnahme der Strukturspezialisierung kann auf der Basis der vorliegenden Analy­ seergebnisse vorsichtig von einer Bestätigung der Personalzugriffsthese für den Wo­ chenbetrieb gesprochen werden. Dies gilt insbesondere für eine mögliche Verknüpfung zwischen der horizontalen Schichtnutzung des flexiblen Fertigungssystems und der Au­ tonomisierung des Systembetriebs auf dem Wege der Internalisierung und Kollektivie­ rung der Strukturautorität. Als Ergebnis des %2-Tests wird die Nullhypothese abgelehnt, zwischen der horizontalen Schichtnutzung und der Form der Systemleitung existiere kein statistischer Zusammenhang. Ein relativer Kontingenzkoeffizient crej = ,398 (p = ,018) quantifiziert die Stärke eines wahrscheinlichen Beziehungszusammenhangs.



Zum Schichtsystem

Die Dynamik des Schichtsystems deutet einen relativ starken Einfluß auf das Job Rotati­ on des Personalsystems an. Hier sind Wechselschichtsystem und Job Rotation tendenzi­ ell häufiger miteinander verknüpft als ein statisches Schichtsystem mit dem Positions­ wechsel. Dieses Ergebnis könnte als Partialbestätigung der Schichtkompatibilitätsthese aufgefaßt werden. Für die anderen Strukturdimensionen lassen sich aus den vorliegenden Anwenderdaten keine Tendenzaussagen ableiten. Somit kann festgehalten werden, daß die Form des Schichtsystems wahrscheinlich ein relativ unbedeutender Kontextfaktor für die Ausprägungen der arbeitsorganisatorischen Strukturdimensionen in FFS darstellt.



Zum Automatisierungsgrad

Höhere Automatisierungsgrade der betrachteten FFS gehen tendenziell häufiger einher mit einem größeren Ausmaß der Strukturdezentralisation. Partiell scheint die Automati­ sierungskomplexitätsthese durch die vorliegenden Erhebungsdaten zur (De-)Zentralisation bestätigt zu werden, auch wenn die Annahme der korrespondierenden Nullhypothe­

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

395

se die Inexistenz einer statistischen Kontingenz nahelegt. Statistische Relevanz manife­ stiert sich dagegen in der Ablehnung der jeweiligen Nullhypothesen, zwischen der Au­ tomatisierungskomplexität und den Strukturdimensionen der Spezialisierung einerseits und der Autorität andererseits bestünde statistische Unabhängigkeit. Hier deuten die Kontingenzkoeffizienten crei = ,402 (p = ,015) für die Strukturspezialisierung und crei = ,375 (p = ,032) für die Strukturautorität schwach deterministische Beziehungszu­ sammenhänge an. Mit zunehmender Automatisierung des flexiblen Fertigungssystems sinkt tendenziell die Spezialisierung des Personalsystems. Des weiteren nimmt der Ten­ denz nach aber die Autonomisierung des Systembetriebs ab, weil in diesem Sample hö­ here Automatisierungsgrade verknüpft sind mit einer Extemalisierung der Strukturauto­ rität. Es läßt sich darüber hinaus mit zunehmender Automatisierung des FFS eine schwächere Tendenz zur Einrichtung von rotierenden Arbeitsplätzen registrieren.

Kontingenzen der systemspezifischen Produktionsaufgabe im Routinebetrieb



Zur Werkstückgeometrie

In bezug auf die Werkstückgeometrie läßt sich tendenziell festhalten, daß in flexiblen Fertigungssystemen zur Bearbeitung von Teilen mit höherer Geometriekomplexität ein höheres Ausmaß der Strukturzentralisation realisiert wird als in Systemen zur Herstel­ lung rotationssymmetrischer Werkstücke. Dieses Teilergebnis der Kontingenzanalyse weicht von der Geometriekomplexitätsthese ab. Die Tendenzkontingenz erhält statisti­ sche Bedeutung, weil die zugrundeliegende Nullhypothese, ein statistischer Zusammen­ hang zwischen der Geometriekomplexität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation sei inexistent, abzulehnen ist. Der Kontingenzkoeffizient crei = ,433 (p = ,005) bringt die Stärke des Beziehungszusammenhangs zum Ausdruck.

Eine hauptthesenkonforme Tendenzkontingenz deutet sich zwischen der Geometriekom­ plexität und der Strukturdynamik an. Hier läßt sich eine Form des Job Rotation häufiger in FFS zur Fertigung von prismatischen Werkstücken und zur integrierten Bearbeitung beobachten als in flexiblen Fertigungssystemen für Drehteile. •

Zum quantitativen Werkstückspektrum

Die Ergebnisse der Kontingenzanalyse legen für die erfaßten FFS-Organisationen den Schluß nahe, daß die Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation von der Programm­ komplexität des Systembetriebs unabhängig sind. Zum einen lassen sich aus den Erhe­ bungsdaten keine Tendenzkontingenzen erkennen, zum anderen führt der %2-Test zur Annahme aller Nullhypothesen.



Zur Losgrößenbearbeitung

Die Loskomplexität weist tendenzielle Zusammenhänge mit dem Ausmaß der Struktur­ zentralisation sowie der Strukturdynamik auf. Mit abnehmenden Losgrössen - also mit zunehmender Loskomplexität - steigt tendenziell die Dezentralisation der Systemfunk­ tionen sowie die Verbreitung des Job Rotation an. Diese Tendenzkontingenzen fundieren

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

396

partiell die Loskomplexitätsthese, daß eine höhere Loskomplexität der systemspezifi­ schen Produktionsaufgabe häufiger einhergeht mit einer strukturmodemen Arbeitsorga­ nisation.

Erstaunlicherweise läßt sich aus den Erhebungsergebnissen eine gleichgerichtete Ten­ denz in bezug auf die Losvariabilität ablesen. Mit ansteigender Losvariabilität läßt sich eine relativ starke Funktionszentralisation des Systembetriebs erkennen, d. h. mit anstei­ gender Losstreuung erfolgt eine stärkere Extemalisierung von Systemfunktionen an pro­ duktionsunterstützende Abteilungen. Weiterhin ist mit einem Anstieg der Losstreuung eine schwächere Tendenz zu stationären Arbeitsplatzstrukturen zu beobachten. Beide Tendenzkontingenzen weichen damit von der übergeordneten Los Variabilitätsthese ab.



Zu den Spannvorgängen

Eine Zunahme der Spannkomplexität - also ein Anstieg der durchschnittlichen Anzahl von Aufspannungen je Werkstück - geht tendenziell mit einer höheren Dezentralisation der Systemfunktionen einher. Diese Tendenz entspricht für die fokussierte Strukturdi­ mension der Spannkomplexitätsthese, daß nämlich eine strukturmodeme Arbeitsorgani­ sation die Situation einer hohen Spannkomplexität ,besser4 komplementiere als eine strukturtraditionelle Arbeitsorganisation. Dagegen läßt sich Gruppenarbeit verstärkt in Systemen mit niedrigerer Spannkomplexität beobachten.

Ein ähnliches Ergebnis ergibt die Tendenzbetrachtung in bezug auf die Spannstreuung. Auch hier lassen sich teambasierte Arbeitsstrukturen und darüber hinaus das Job Rotati­ on häufiger in FFS registrieren, die eine vergleichsweise geringe Spannvariabilität auf­ weisen. Diese Tendenzkontingenzen werden zusätzlich durch die Ablehnung der korre­ spondierenden Nullhypothesen gestützt und deuten damit statistische Zusammenhänge an. Die Stärke dieser statistischen Kontingenzen kommt in den relativen Kontingenz­ koeffizienten zum Ausdruck. Sie betragen crei = ,410 (p = ,010) für die Strukturdynamik und crei = ,361 (p = ,029) für die Strukturkooperation. •

Zur Werkstückbearbeitungszeit

Hinsichtlich der durchschnittlichen Werkstückbearbeitungszeit ist eine schwache Ten­ denz zur Einrichtung von Einzelarbeitsplätzen mit ansteigender Zeitkomplexität erkenn­ bar. Dieses Teilergebnis steht der Zeitkomplexitätsthese entgegen. Positive Tendenzkontingenzen deuten sich schließlich zwischen der Zeitvariabilität und den Strukturdimensionen der Zentralisation, Spezialisierung und Dynamik an. Hier sind Wirkungszusammenhänge zwischen einer ansteigenden Zeitstreuung der systemspezifi­ schen Bearbeitungsaufgabe und einer zunehmenden Funktionszentralisation, einer höhe­ ren Spezialisierung des Personalsystems sowie einer verstärkten Einrichtung rotierender Arbeitsplatzstrukturen möglich, die sich statistisch allerdings nicht begründen lassen, weil die Anwendung des %2-Tests auf die korrespondierenden Nullhypothesen zur An­ nahme führt und damit eine statistische Unabhängigkeit zwischen Situation und Struktur nahelegen.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

397

Kontingenzen zum Zielerreichungsgrad



Zu den arbeitsorganisatorischen Strukturdimensionen

Die Konstruktion des situativen Modells der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungs­ systemen sieht als nächsten Schritt eine Betrachtung der tendenziellen und statistischen Kontingenzen zwischen den einzelnen Strukturdimensionen sowie dem Zielerfullungsgrad der FFS-Organisation vor. Dadurch wird die Struktur-Zielerreichungs-These aufgeriffen. Hier deuten sich lediglich zwei Tendenzkontingenzen an, nämlich zwischen dem Spe­ zialisierungswert des Personalsystems einerseits sowie der Form der Systemleitung an­ dererseits und dem Nutzungsgrad. Entgegen der vielfach postulierten Forderung zur Entspezialisierung der Aufgabenausfuhrung auf Werkstattebene und den damit intendierten Potentialen zur Steigerung der organisatorischen Zielerfullung läßt sich aus dem eigenen Datenmaterial eine abweichende Kontingenz ablesen. Hier realisieren nämlich FFSOrganisationen mit höherer Spezialisierung tendenziell höhere Nutzungsgrade des Sy­ stembetriebs. Allerdings ist auch festzustellen, daß mit ansteigender Internalisierung der Systemleitung, insbesondere in Form der kollektiven Strukturautorität, auch höhere Sy­ stemnutzungsgrade einhergehen. Eine statistische Kontingenz liegt in bezug auf diese Tendenzen allerdings nicht vor. Der x2-Test fuhrt zur Annahme der korrespondierenden Nullhypothesen. Es kann festgehalten werden, daß der eigene Datensatz eine Bestätigung der StrukturZielerreichungs-These, die eine grundsätzliche Strukturabhängigkeit des Nutzungsgrades postuliert, nur ansatzweise zuläßt. Die Vermutung liegt nahe, daß die Systemleistung weitgehend unabhängig von den arbeitsorganisatorischen Strukturausprägungen sein könnte. Lediglich die FFS-inteme Kollektivierung der Systemverantwortung stellt mög­ licherweise einen prägnanteren , Erfolgsindikator4 für den Routinebetrieb dar. •

Zu den Situationsvariahlen der Pre-Implementierungs- und Implementierungsphase

Als letzter Schritt der Kontingenzanalyse erfolgt die Durchleuchtung ausgewählter Kon­ tingenzen zwischen den Situationsvariablen und dem organisatorischen Zielerfullungsgrad des flexiblen Fertigungssystems. Hier steht die Situations-Zielerreichungs-These im Mittelpunkt der Datenauswertung. Anwender mit einem höheren Grad der Rechnerintegration der substituierten Produkti­ onstechnik verwirklichen tendenziell auch höhere Systemnutzungsgrade als Anwender mit einer zumeist konventionellen Fertigungstechnik in der ex ante-Produktion. Die zu­ grundeliegende Nullhypothese, es bestünde kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Grad der Rechnerintegration des Produktionsapparates vor Systemeinfuhrung und dem Nutzungsgrad des FFS wird verworfen. Dieses Resultat legt die Möglichkeit einer statistischen Kontingenz nahe. Ein relativer Kontingenzkoeffizient in Höhe von crei = ,367 (p = ,020) präzisiert die Stärke des schwach deterministischen Zusammen­ hangs.

Ergebnisse der Kontingenzanalyse

398

Weiterhin sind Tendenzkontingenzen für die Implementienmgsdauer, das Alter der FFSOrganisation sowie den Amortisationsdruck erkennbar. Systeme mit langer Implemen­ tierungsdauer realisieren tendenziell niedrigere Nutzungsgrade. Ebenso ist zu beobach­ ten, daß mit zunehmendem Alter der FFS-Organisation eine Tendenz zu niedrigeren Nutzungsgraden eintritt. Erstaunlicherweise deutet sich schließlich eine Tendenzkontin­ genz zwischen der Einführung von Zusatzschichten und dem Nutzungsgrad in der Weise an, daß Systeme mit höherem Amortisationsdruck häufiger niedrigere Nutzungsgrade erzielen.



Zu den Situationsvariablen des Routinebetriebs

In bezug auf die Situations variablen des Routinebetriebs lassen sich folgende Tendenz­ kontingenzen festhalten:

1. Mehrfachanwender realisieren tendenziell höhere Systemnutzungsgrade als „single system“-kwwenter. 2. Flexible Fertigungssysteme mit einer größeren technischen Systemkomplexität wei­ sen tendenziell niedrigere Nutzungsgrade auf als kleinere Technikstrukturen mit ei­ ner geringeren Anzahl integrierter Werkzeugmaschinen. 3. FFS-Organisationen im Dreischichtbetrieb verwirklichen tendenziell niedrigere Nut­ zungsgrade des Gesamtsystems als Anwender mit ein- bzw. zweischichtigen Ein­ satzmuster. 4. Dagegen gehen mit einer horizontalen Ausdehnung des Schichtbetriebs auch höhere Nutzungsgrade einher. 5. Je höher der Automatisierungsgrad und damit die Automatisierungskomplexität des flexiblen Fertigungssystems ist, desto höher ist auch der Nutzungsgrad.

Zwischen der systemspezifischen Produktionsaufgabe und dem Zielerrreichungsgrad der FFS-Organisation deuten sich nur wenige Tendenzen an, die den Rückschluß auf eine mögliche Verknüpfung von Situation und organisatorischer Zielerfüllung zulassen. So realisieren Systeme mit höherer Geometriekomplexität auch tendenziell höhere Nut­ zungsgrade. Vergleichsweise stark läßt sich eine Verbindung zwischen der Anzahl un­ terschiedlicher Werkstücke und der Systemnutzung konstatieren. Hier steigt mit zuneh­ mender Programmkomplexität auch der Nutzungsgrad der FFS an. Dagegen deutet sich eine schwächere Kontingenz zwischen der Loskomplexität und dem Zielerreichungsgrad an. Mit sinkenden Losgrößen werden tendenziell höhere Nutzungsgrade erreicht. Schließlich ist ein Beziehungszusammenhang zwischen der Zeitstreuung und dem Nut­ zungsgrad erkennbar, wobei eine niedrigere Zeitvariabilität der systemspezifischen Pro­ duktionsaufgabe einhergeht mit höheren Werten der Zielerreichung.

8 Zusammenfassung und Ausblick Das Ziel dieser Arbeit bestand zum einen darin, eine empirische Bestandsaufnahme rea­ lisierter Strukturausprägungen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen vorzunehmen. Dies erfolgte vor dem Hintergrund einer als Strukturvarianzthese formu­ lierten Behauptung, daß die Organisationspraxis realistischerweise nicht uniform sei. Tatsächlich verdeutlichen die vorliegenden Untersuchungsergebnisse, daß FFS-Organi­ sationen durch ein relativ hohes Maß an struktureller Varianz gekennzeichnet sind. Hier läßt sich eine Parallelexistenz von eher strukturtraditionellen bzw. strukturmodemen aber auch kombinierten Ausprägungen der Arbeitsorganisation im praktischen System­ einsatz feststellen. Dies gilt zumindest für die erfaßten Systeme. Somit liegt die Vermutung nahe, daß ein flexibles Fertigungssystem der Organisations­ gestaltung ein hohes Maß an struktureller Wahlfreiheit eröffnet. Hier knüpft die die ein­ gangs formulierte Strukturdeterminiertheitsthese an, aus der sich die zweite Zielsetzung dieser Arbeit ableitete, nämlich die Ergründung möglicher Bedingtheiten zur Erklärung des Zustandekommens dieser Strukturvarianz. Die Strukturdeterminiertheitsthese schränkt somit einen allumfassenden arbeitsorganisatorischen Gestaltungsfreiraum für den Einsatz ,moderner4 Fertigungstechnik ein. Gegebenenfalls existieren situative Wir­ kungsgefüge, die spezifische Strukturausprägungen in bestimmten Situationen eher herbeiführen als in anderen. Bereits im Vorfeld wird die Vorstellung eines strengen Tech­ nikdeterminismus aufgegeben, gleichwohl aber werden schwach deterministische Beziehungskonstellationen für möglich gehalten. Tatsächlich offenbart sich das Einsatz­ umfeld der in die Untersuchung aufgenommenen Systeme ebenso heterogen wie die Strukturausprägungen der Arbeitorganisation. In bezug auf die realisierten Nutzungsgra­ de impliziert die in der Routinepraxis vorgefundene situative und strukturelle Varianz, daß es offensichtlich keine universell beste Form der Arbeitsorganisation geben kann: „There is no one best way to organize work for all FMS.“ Aber auch organisationsge­ staltende Gleichmacherei im Lichte der aktuellen Globalisierungs- und Marktdynamisie­ rungsdiskussion, aus der leichtfertig und oberflächlich die Umsetzung einer strukturmo­ demen Arbeitsorganisation auf Produktionsebene gefolgert werden könnte, erscheint vor dem Hintergrund dieser Erhebungsergebnisse unangebracht. Sie blendet die Vielschich­ tigkeit der Organisationssituation aus, die in dieser Arbeit durch eine Fülle von mögli­ chen Einflußfaktoren berücksichtigt wurde. Im einzelnen offenbaren die Ergebnisse einer bivariat ausgerichteten Kontingenzanalyse erwartungsgemäß keine streng deterministischen Wirkungsgefüge zwischen einzelnen Situationsvariablen, den fokussierten Strukturdimensionen und dem Zielerreichungsgrad der FFS-Organisationen. Hier ,wünscht4 sich eine kontingenztheoretisch basierte For­ schungsarbeit zwar eindeutigere Ergebnisse. Dennoch deuten sich einzelne tendenzielle und statistische Kontingenzen an, mit denen sich die Strukturdeterminiertheitsthese par­ tiell stützen läßt. Zweifelsohne zählen im Verständnis dieser Untersuchung die Größe

400

Zusammenfassung und Ausblick

der FFS-Organisation (Indikator für die systeminterne Personalressourcenbasis), die Größe des Techniksystems (Indikator für die technische Systemkomplexität) sowie der Automatisierungsgrad (Indikator für die Automatisierungskomplexität) zu jenen Situati­ onsvariablen, die laut Analyseergebnis insgesamt einen stärkeren Einfluß auf die Struk­ tur der Arbeitsorganisation zeigen. Von tendenziell untergeordneter Bedeutung sind da­ gegen die Kontextfaktoren der systemspezifischen Produktionsaufgabe, zu denen unter anderem das quantitative Werkstückspektrum und die Losgrößenbearbeitung zählen. Die einzelnen Untersuchungsergebnisse lassen sich kaum für eine Formulierung von konkreten Handlungsempfehlungen an die Praxis heranziehen. Dennoch leistet diese Ar­ beit einen Beitrag zur Stärkung des situativen Bewußtseins der arbeitsorganisatorischen Planungsträger, und eventuell auch zur Verbesserung der Organisationspraxis. Darin be­ steht ihr eigentliches Ziel. Zur Verbesserung der Organisationspraxis flexibler Fertigungssysteme dient als erster Schritt die Erkenntnis, daß eine Vielzahl möglicher Kontextfaktoren das Gestaltungssy­ stem mittelbar oder unmittelbar, bewußt oder unbewußt, beeinflussen kann. Die vorlie­ gende Arbeit hat gezeigt, daß sich die Organisationsrealität in FFS als komplexes Sy­ stem verschiedener Einflußbeziehungen darstellen kann. Für die arbeitsorganisatorische Gestal-tung künftiger Systeme kann durch diesen Einblick in die Heterogenität der mög­ lichen Wirkungsbeziehungen eine Sensibilität geschaffen werden, um bislang nicht be­ rücksichtigte Aspekte in eine Gestaltung einzubinden oder eine Restrukturierung der be­ stehenden Organisation zu initiieren, um letztlich eine paßgenaue Struktur herzustellen. Wenn auch eine Formulierung spezifischer Gestaltungsanweisungen für die praktische arbeitsorganisatorische Gestaltung nicht gegeben werden kann - hier offenbart sich eine allgemeine Schwachstelle der kontingenztheoretischen Forschung - so läßt sich das be­ reits angesprochene situative Gestaltungsbewußtsein zumindest durch die Aufstellung eines Situationskatalogs sensibilisieren, mit dem zum Beispiel die einzelnen Kontext­ faktoren nach ihrer potentiellen Einflußmöglichkeit und Wirkungsrichtung thematisiert werden können. So haben die Analyseergebnisse gezeigt, daß dezentrale Organisations­ strukturen möglicherweise das Ergebnis einer höheren Planungsinterdisziplinarität des Gestaltungssystems sein können, weil die Hinzuschaltung einer größeren Zahl von Pla­ nungsträgem tendenziell machtdiffundierend wirken kann. Die bewußte Wahrnehmung dieses Resultats kann das Management dazu veranlassen, eventuell eine Zusammenset­ zung des Gestaltungssystems mit größerer Heterogenität zu bestimmen, wenn beispiels­ weise eine dezentrale Organisationslösung als paßgenaue Struktur für das fokussierte FFS betrachtet wird. Die vorliegende Arbeit kann nur den ersten Schritt einer intensiven theoretischen Pro­ blembehandlung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen bilden. Man­ che Aspekte sind ausführlich behandelt worden, andere Fragestellungen hingegen offen geblieben. Ihre Behandlung wäre Gegenstand weiterführender Forschungsbemühungen.

Hierzu zählt einerseits die Suche nach weiteren Situations- und Strukturvariablen. Ande­ rerseits gehört auch eine differenziertere Operationalisierung der vorliegenden Variablen zum möglichen Aufgabenbereich künftiger Forschungsanstrengungen. Dies würde im

Zusammenfassung und Ausblick

401

Vorfeld einer fortführenden empirischen Datenaufnahme Maßnahmen erfordern, um die Auswertungsgesamtheit im ganzen zu erhöhen und anhand der Analyseergebnisse reprä­ sentative Rückschlüsse auf eine Grundgesamtheit ermöglichen zu können. Damit ist all­ gemein auch das Problem einer bivariaten Forschungsausrichtung angesprochen. In die­ ser Studie hat nämlich das - vor allem quantitativ - eingeschränkte Datenmaterial auch nur eine begrenzte Anwendung von statistischen Auswertungsverfahren zugelassen. Möglicherweise handelt es sich bei den ermittelten Beziehungszusammenhängen um Scheinkorrelationen, gegebenenfalls wurden existierende Einflüsse nicht entdeckt, weil Drittvariable diese ,verdeckt4 haben. Es müßte somit eine größere Datenbasis geschaffen werden, die eine multivariate Analyse sicherstellt. In einem nächsten Schritt wäre das situative Modellgerüst der Arbeitsorganisation zu verfeinern, um auch die angedeuteten Interdependenzen adäquat berücksichtigen zu können. Mit dem vorliegenden Forschungsdesign konnten zwar einzelne situative Wir­ kungsstränge andeutungsweise ermittelt werden. Die Reflexion eines komplexen und vermaschten Wirkungsgefüges ist jedoch offen geblieben.

Außerdem setzt das Modell eine weiterführende und theoretisierende Spezifizierung der angedeuteten Wirkungsmechanismen voraus. Es muß das Ziel sein, eine Theorie der Ar­ beitsorganisation - für flexible Fertigungssysteme oder im erweiterten Blickfeld für ,moderne4 Formen der Fertigungstechnik - aus dem situativen Modell heraus und auf gesicherter Empiriebasis zu entwickeln. Außerdem erfolgt in dieser Arbeit eine weitge­ hende Lokalbetrachtung des flexiblen Fertigungssystems, die durch eine Untersuchung der produktionsintemen Verflechtungen des Systems mit anderen Produktionssystemen zu ergänzen wäre. Hieraus lassen sich gegebenenfalls weitere Einflüsse auf die system­ bezogene Arbeitsorganisation extrahieren.

Anhang I: Fragebogen

403

Anhang

Erhebungsbogen zum Forschungsprojekt

„Gestaltung der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungssystemen“

Zielsetzung

Ziel der Untersuchung ist es:

-

die Ausprägungen, Zusammenhänge und Abhängigkeiten arbeitsorganisatori­ scher Gestaltung in flexiblen Fertigungssystemen auf internationaler Basis zu erfassen und darzustellen,

-

die Gestaltungsaltemativen der Arbeitsorganisation in flexiblen Fertigungs­ systemen zu bewerten sowie

-

die Ergebnisse mit denen älterer Untersuchungen zu vergleichen und aktuelle Entwicklungen abzubilden

Zeitaufwand

Sie benötigen ca. 30 min. für das Ausfullen des Erhebungsbogens

Rücksendung Wir bitten freundlichst um die Rücksendung des Erhebungsbogens bis zum

Für Ihre Angaben wird vollständiger Datenschutz garantiert!

Anhang

404

A. ALLGEMEINERTEIL

1.

DEFINITION „FLEXIBLES FERTIGUNGSSYSTEM (FFS)“ Im Rahmen dieser Untersuchung kennzeichnen folgende Merkmale ein FFS:

-

Gruppe numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen (mindestens 2),

-

Gemeinsames Transport- und Handhabungssystem (automatisierte Verkettung),

-

Rechnersystem für Prozeßkoordination,- Steuerung und -Überwachung (DNC; Leitrechner),

-

Wahlfreier Materialfluß (keine sequentielle Maschinenfolge).

Palettenspeicher

2.

Rüswspannplatz

(Schienengeführtes Fahrzeug, FTS, Pörtallader, Rollenbahn, etc.)

ANGABEN ZU IHRER PERSON: Position:

________________________________________________

Abteilung: ________________________________________________

Ausbildungsweg: (Bitte ankreuzen) □

Technische Ausbildung



Kaufmännische Ausbildung

405

Anhang

B. FRAGENTEIL I. Einsatz des flexiblen Fertigungssystems im Unternehmen 1. Flexible Fertigungssysteme werden in Unternehmen verschiedener Branchenzuge­ hörigkeit eingesetzt. Zu welcher Branche gehört Ihr Unternehmen?

2. Bitte kreuzen Sie an, in welche der nachfolgend genannten Größenklassen die Be­ schäftigtenzahl Ihres Unternehmens bzw. Werkes fällt:

□ □ □ □ □ □ □

1

199

200

499

500

999

1.000

1.999

2.000

4.999

5.000

9.999

10.000

und mehr Beschäftigte

3. Die in flexiblen Fertigungssystemen bearbeiteten Werkstücke sind Komponenten ei­ nes übergeordneten Produkts. Geben Sie bitte an, in welches Produkt/welche Pro­ dukte Ihres Unternehmens die Werkstücke eingehen:

4. Wie viele flexible Fertigungssysteme für die spanende Bearbeitung werden in Ihrem Werk eingesetzt? Tragen Sie bitte nachfolgend die Anzahl ein:

5. Seit wann besitzt man in Ihrem Unternehmen bzw. Werk Erfahrung mit dem prakti­ schen Einsatz flexibler Fertigungssysteme in der Produktion?

6. Sofern mehrere FFS für die spanende Fertigung eingesetzt werden, wählen Sie für die weitere Bearbeitung dieses Erhebungsbogens ein (1) re­ präsentatives System aus, das mindestens 1 Jahr im Produktionsbetrieb genutzt wird.

Anhang

406

7. Allgemeine Angaben über das flexible Fertigungssystem:

(a)

Jahr der Inbetriebnahme:

(b)

Installationsdauer (Planung, Realisierung, Inbetriebnahme):_ Jahr(e)__ Monat(e)

(c)

Bitte geben Sie an, welche Werkstücke in Ihrem FFS bearbeitet werden (fir­ menspezifische Angaben sind nicht erforderlich):

(d) Anzahl unterschiedlicher Werkstücke: (e)

Losgröße:

Von__ Bis__ ; Durchschnittlich:

(f)

Zahl der Aufspannungen pro Werkstück:

Von__ Bis__ ; Durchschnittlich:

(g)

Bearbeitungszeit (min.) pro Werkstück:

Von__ Bis__ ; Durchschnittlich.

(h) Werkstückgeometrie: □

rotationssymmetrisch



prismatisch

(i) Anzahl der in das FFS integrierten Werkzeugmaschinen:

(j) Durchschnittlicher Nutzungsgrad des FFS:

%

Durchschnittliche technische Ausfallrate:

%

Durchschnittliche organisatorische Ausfallrate:

%

407

Anhang

(k) Schichtnutzung des FFS im Normalbetrieb: □ Mo - Fr

□ Sa

□ So

□ Feiertag

□ 2 Schichten □ Mo - Fr

□ Sa

□ So

□ Feiertag

□ 1 Schicht



Zusätzlich: Bedienerfreies Abarbeiten (Leerfahren) der Werkstück­ speicher in der 3. Schicht. Dadurch Verlängerung der FFS-Betriebszeit um durchschnittlich Stunden/Tag.

□ 3 Schichten

□ Mo - Fr

□ Sa

□ Feiertag

□ So

□ Sonstiges (Bsp.: 4-Tage-Woche):__________________________________ (1)

Schichtsystem: □ Permanentes Schichtsystem □ Wechselschichtsystem (rotierende Schichten)

(m) Wurden mit dem FFS zusätzliche Schichten eingefuhrt? □ Ja

Welche?________________________________________________

□ Nein

(n) Stärke der FFS-Schichtbesetzung im Normalbetrieb: □ Gleichstarke Personalbesetzung in allen Schichten

Mitarbeiteranzahl:__ pro Schicht

□ Volle Personalbesetzung nur in der 1. Schicht

Mitarbeiteranzahl:

□ Reduzierte Personalbesetzung in der 2. Schicht

Mitarbeiteranzahl:

□ Reduzierte Personalbesetzung in der 3. Schicht

Mitarbeiteranzahl:

□ Mannlose 3. Schicht □ Mannlose 2. und 3. Schicht

□ Sonstiges:_____________________________________________________

Anhang

408

(o) Bedienerfreier Betrieb

Sofern Sie gegenwärtig das FFS nicht mannlos für die Dauer einer Schicht einsetzen, könnte dies von Ihnen in Zukunft in Erwägung gezogen werden? □ Ja □ Nein

Wird in Ihrem FFS ein bedienerfreier Betrieb während den Pausen des Perso­ nals gefahren (Pausenüberbrückung)?

□ Ja

Dauer:________ Minuten Pausenüberbrückung (max.)

□ Nein

Wird in Ihrem FFS ein bedienerfreier Betrieb zwischen den mit Personal be­ setzten Arbeitsschichten gefahren? Beispiel: 1. Arbeitsschicht 8Std. bedienerfreier Betrieb 4Std. 2. Arbeitsschicht 8Std. bedienerfreier Betrieb 4Std. □ JA.

Dauer:________ Stunden zwischen den Arbeitsschichten

□ NEIN. Dies ist □



jedoch prinzipiell möglich □

und könnte in Zukunft in Erwägung gezogen werden.



wird aber auch in Zukunft nicht praktiziert werden.

nicht realisierbar, weil □

die Anzahl der Werkstückspeicherplätze zu gering ist.



die Schichtübergabe die Anwesenheit des Personals bei­ der Schichten erfordert.



die Möglichkeiten einer automatischen Entstörung für den bedienerfreien Betrieb nicht bzw. nur eingeschränkt vorhanden sind.



Sonstiges:_____________________________________

409

Anhang

8. Welche vorherige Fertigungstechnik hat das jetzige FFS ersetzt? Es sind Mehr­ fachnennungen möglich: □

Unverkettete konventionelle Werkzeugmaschinen



Unverkettete NC-Maschinen



Unverkettete CNC-Maschinen



Unverkettete Bearbeitungszentren



Konventionelle Transferstrasse



Flexible Transferstrasse



Flexibles Fertigungssystem („der 1. Generation“)



Keine. Die Installation des FFS erfolgte in einer neu errichteten Produktionsstätte.



Keine. Die Installation des FFS erfolgte als Erweiterungsinvestition in einer bestehenden Produktionsstätte.



Sonstiges:________________________________________________________________

9. FFS-Einführung Der Einführungsprozeß flexibler Fertigungssysteme kann auf unterschiedliche Weise erfol­ gen. Bitte kreuzen Sie die Alternative an, die im Rahmen der Einführung des FFS realisiert worden ist:



Gleich Installation und Inbetriebnahme des kompletten Systems.



Zuerst Installation und Betrieb der Einzelmaschinen. Die Verkettung erfolgte zu ei­ nem späteren Zeitpunkt.



Zuerst Installation und Betrieb eines kleineren, aber bereits verketteten Teilsy­ stems. Die Erweiterung um zusätzliche Maschinen etc. auf die jetzige Systemgröße und -Struktur erfolgte mit zeitlichem Abstand.



Sonstiges:________________________________________________________________

Anhang

410

II. Planung der Arbeitsorganisation 10. Planung der Technik - Planung der Arbeitsorganisation: Die Komplexität flexibler Fertigungssysteme macht eine Planung im Vorfeld der Installation erforderlich. In welchem Verhältnis standen dabei die Planung des technischen Systems und der Arbeitsorganisation (insb. Aufgabenverteilung und Stellenbildung) zueinander?



Die Priorität lag bei der Planung des technischen Systems. Fragen der Arbeitsorgani­ sation wurden kurzfristig bei Installation und Inbetriebnahme des FFS gelöst.



Die Planung der Arbeitsorganisation erfolgte im Vorfeld der Installation des FFS, zeit­ lich nach der Planung des technischen Systems.



Die Planung des technischen Systems und der Arbeitsorganisation erfolgte integriert und simultan im Sinne eines ganzheitlichen Vorgehens.



Sonstiges:_______________________________________________________

11. Planungsträger der Arbeitsorganisation: (a)

Bitte kreuzen Sie an, welche Planungsträger im Rahmen der FFS-Implementation Planungsund Gestaltungsaufgaben der Arbeitsorganisation (insb. Aufgabenverteilung und Stel­ lenbildung) übernommen haben. Es sind Mehrfachnennungen möglich:

□ □ □ □ □ □ □ □ □ (b)

Werksleitung

Fertigungsbereichsleitung technische Planungsabteilung/Werksplanung

Organisationsabteilung/Arbeitsorganisation

Fertigungsabteilung Instandhaltungsabteilung Materialwirtschaft/Logistik

□ □ □ □ □ □ □

Fertigungsleitung

Werkstattfuhrungskräfte / Meister Betriebsmittelplanung/-beschaffung

Personalwesen/Personalabteilung Arbeitsvorbereitung

Qualitätswesen/Prüfwesen

Betriebsrat

Von der FFS-Einfuhrung betroffene Mitarbeiter Sonstiges:_________________________________

Erfolgte die Planung und Gestaltung der Arbeitsorganisation im Rahmen der FFSImplementation durch ein interdisziplinär zusammengesetztes Planungsteam (Vertreter aus verschiedenen Fachabteilungen) in Form einer Projektorganisation?



Ja



Nein

411

Anhang

12. Einflüsse auf die Wahl der Arbeitsorganisation: Wie bedeutend war der Einfluß der nachfolgend genannten Faktoren auf die Wahl der Ar­ beitsorganisation? Bitte stufen Sie die Bedeutung dieser Einflußgrößen gemäß den angege­ benen Kriterien ein:

(a) Produktionsinterne Einflüsse auf die Wahl der Arbeitsorganisation im FFS: Beharrungsvermögen traditioneller Formen der Arbeitsteilung im Produktionsbereich: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Einfluß produktionsunterstützender Abteilungen (Arbeitsvorbereitung, Instandhaltung etc.) auf die Aufgabenverteilung: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Ausgangsqualifikation des Personals: □ sehr bedeutend

Wie war die Ausgangssituation vor FFS-Einführung gekennzeichnet? □ Hohes Niveau der Ausgangsqualifikation

□ Mangel an qualifiziertem Personal

Aktive Beteiligung der betroffenen Arbeitnehmer bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Arbeitsorganisatorische Erfahrungen mit FFS in der eigenen Produktion: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Sonstiges:_____________________________________________________________________ □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Anhang

412

Fortsetzung - Einflüsse auf die Wahl der Arbeitsorganisation

(b) Unternehmensinterne Einflüsse auf die Wahl der Arbeitsorganisation im FFS: Unternehmens-Philosophie: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Sofern der Einfluß sehr bedeutend bzw. bedeutend war, beantworten Sie bitte nach­ folgende Frage: Welche Philosophie Ihres Unternehmens hatte einen sehr bedeutenden bzw. be­ deutenden Einfluß auf die Arbeitsorganisation?

Untemehmensstrategie (Bsp.: Erhaltung bzw. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch ar­ beitsorganisatorische Gestaltung; Mitarbeiterpotential als strategischer Wettbewerbsvorteil): □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Engagement und aktive Beteiligung des oberen Managements: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Forderung nach Humanisierung der Arbeit: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Aktive Beteiligung des Betriebsrats bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Sonstiges:_____________________________________________________________________ □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

413

Anhang

Fortsetzung - Einflüsse auf die Wahl der Arbeitsorganisation

(c) Unternehmensexterne Einflüsse auf die Wahl der Arbeitsorganisation im FFS: Installation von FFS bei anderen Unternehmen und die dort realisierten Formen der Arbeits­ organisation: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

FFS-Lieferant(en): □ sehr bedeutend

Externe Berater: □ sehr bedeutend

Sofern der Einfluß sehr bedeutend bzw. bedeutend war, beantworten Sie bitte nach­ folgende Frage: Welche externen Berater 'wurden bei der Planung und Gestaltung der Arbeitsorgani­ sation Ihres FFS hinzugeschaltet? Es sind Mehrfachnennungen möglich: □ Technisches Planungsbüro (Ingenieurbüro) □ Unternehmensberatung □ Hochschule □ Sonstiges:_______________________________________________________

Aktuelle fertigungstechnische und -organisatorische Entwicklungen: □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Sofern der Einfluß sehr bedeutend bzw. bedeutend war, beantworten Sie bitte nach­ folgende Frage: Bitte kreuzen Sie an, welche der nachfolgenden technischen und/oder organisatori­ schen Konzepte einen Einfluß auf die Arbeitsorganisation Ihres FFS hatten? Es sind Mehrfachnennungen möglich: □ CIM (Computer Integrated Manufacturing) □ Lean Production □ "Fabrik in der Fabrik", Fertigungsinseln, Fertigungssegmentierung etc. □ Total Quality Control/Management □ Just-In-Time □ Sonstiges:___________________________________________________________ Sonstiges:_____________________________________________________________________ □ sehr bedeutend

□ bedeutend

□ unbedeutend

Anhang

414

13. Ziele der Arbeitsorganisation Bitte kreuzen Sie an, welche Bedeutung die nachfolgend aufgelisteten Einzelziele für die Ar­ beitsorganisation Ihres FFS hatten und inwiefern diese Ziele tatsächlich erreicht bzw. teilwei­ se erreicht worden sind:

Personalflexibilität durch vielseitige Einsetzbarkeit der Arbeitnehmer: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Erhöhung der Fertigungstransparenz: □ sehr bedeutend

□ bedeutend □ unbedeutend

Senkung der Herstellkosten: □ sehr bedeutend

□ bedeutend □ unbedeutend

Optimale Zuordnung von Mensch und Arbeit, Vermeidung von Über- bzw. Unterforderung: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

□ bedeutend □ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Senkung der Durchlaufzeiten: □ sehr bedeutend

Bedienerarmer/bedienerloser Betrieb: □ sehr bedeutend

□ bedeutend □ unbedeutend

Vergrößerung der Arbeitsinhalte durch ganzheitliche Aufgaben, individuelle Leistungsentfal­ tung: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Just-in-Time-Fertigung: □ sehr bedeutend □ bedeutend

Verbesserung von Planung und Steuerung der Bearbeitungsprozesse: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Senkung der Fehlzeiten und Fluktuation durch Erhöhung der Arbeitszufriedenheit: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Identifizierung der Arbeitnehmer mit dem Produktionsergebnis: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Flexible Arbeitszeitregelung: □ sehr bedeutend □ bedeutend

415

Anhang

Fortsetzung - Ziele der Arbeitsorganisation

Hohe Verfügbarkeit des FFS, hohe Fertigungssicherheit: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Verminderung der Fremdsteuerung der Arbeit, Ersatz von Fremd- durch Eigenkontrolle: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

Erhöhung der Personalqualifikation: □ sehr bedeutend □ bedeutend □ unbedeutend

Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten: □ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

Sicherung einer hohen und gleichbleibenden Werkstückqualität: ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

□ unbedeutend

ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

□ sehr bedeutend □ bedeutend □ unbedeutend

=> ZIEL □ erreicht

□ teilweise erreicht

□ sehr bedeutend □ bedeutend

□ unbedeutend

Hierarchieabbau, Zurücknahme der Arbeitsteilung: □ sehr bedeutend □ bedeutend

Sonstiges:

Anhang

416

III. Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsorganisation 14. Aufgabenverteilung: Bitte kreuzen Sie an, ob Funktionsträger innerhalb der Systemgrenzen des FFS oder produktionsunterstützende Stellen und Abteilungen außerhalb des FFS mit den nach­ folgend aufgelisteten Aufgaben betraut sind. Es sind Doppelnennungen möglich:

Genereller Zuständigkeitsbereich liegt a) Aufgaben der Fertigungssteuerung: - Feinterminierung/Maschinenbelegung - Materialdisposition/-bereitstellung - Verfügbarkeitsprüfung - Auftragsfortschrittsüberwachung

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

b) Arbeitsplanung:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

c) Erstellen neuer NC-Programme:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

d) Testen und Optimieren/Ändern der NC-Programme: □ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

e) Rüsten der Vorrichtungen:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

f) Voreinstellen der Werkzeuge:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

g) Bereitstellen der Werkzeuge, Bestücken der Magazine: □ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

h) Auf-/Abspannen der Werkstücke/Bestücken der Werkstückträger: □ Innerhalb des FFS

i)

□ Außerhalb des FFS

Kontrolle und Überwachen des Gesamtsystems und der Fertigungsabläufe: □ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

Entsorgen von Spänen, Kühlmitteln etc.:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

m) Störungsvorbeugendes Warten des Systems:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

n) Anlernen und Einweisen neuer Mitarbeiter:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

o) Personaleinsatzplanung:

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

j)

Prüfen der bearbeiteten Werkstücke:

k) Nacharbeiten:

1)

417

Anhang

Fortsetzung - Aufgabenverteilung

Genereller Zuständigkeitsbereich liegt p) Beheben kleinerer Störungen: - im Bereich der Mechanik - im Bereich der Hydraulik/Pneumatik - im Bereich der Elektrik - im Bereich der Elektronik

q) Beheben größerer Störungen: - im Bereich der Mechanik - im Bereich der Hydraulik/Pneumatik - im Bereich der Elektrik - im Bereich der Elektronik

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

□ Innerhalb des FFS

□ Außerhalb des FFS

15. Stellen innerhalb des FFS: Bitte kreuzen Sie an, welche der nachfolgenden dauerhaft eingerichteten Stellen innerhalb des FFS vorhanden sind: □ Systemingenieur/Meister

□ Systemfuhrer/Leitstandsführer

□ Systembediener/Anlagenpersonal

□ NC-Programmierer

□ Arbeitsplaner/Fertigungssteuerer

□ Einrichter

□ Werkzeugvoreinsteller

□ Vorrichtungsumrüster

□ Instandhalter

□ Qualitätsprüfer

□ Aufspanner/Palettierer □ Sonstiges:______________________

Anhang

418

16. Systemleitung: Wer trägt als Vorgesetzter innerhalb des FFS die Verantwortung für den Betrieb des Ge­ samtsystems, ist mit Weisungs- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet (Systemleitung)?

□ Keine Vorgesetztenstelle innerhalb des FFS. Das System unterliegt direkt der/dem

□ Systemingenieur/Meister □ Systemfuhrer/Leitstandsführer □ Systemteam als Ganzes trägt die Verantwortung für das FFS

□ Sonstiges:________________________________________________________________

17. Gezielter Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) (a) Unterliegen die einzelnen Funktionsträger des FFS einem gezielten Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation)?

(b)



JA



NEIN

=> Weiter mit Aufgabenteil (b).

Weiter mit Aufgabe 18.

Der Arbeitsplatzwechsel □

umfaßt nicht alle Aufgabenbereiche innerhalb des FFS (Bsp.: Leitstand in Rotati­ on nicht eingeschlossen). Welche FFS-Arbeitsplätze sind nicht in den Arbeitsplatzwechsel eingebunden?



umfaßt alle Aufgabenbereiche innerhalb des FFS.



umfaßt alle Aufgabenbereiche innerhalb des FFS. Zusätzlich wird eine Rotation mit anderen FFS innerhalb des Werkes durchgeführt.



umfaßt sowohl alle Aufgabenbereiche innerhalb des FFS als auch Tätigkeiten in anderen Bereichen der Produktion oder des Unternehmens.

Welche Tätigkeiten außerhalb des FFS, also in anderen Bereichen der Produktion oder des Unternehmens, sind in den Arbeitsplatzwechsel eingebunden?



Sonstiges:__________________________________________________________

419

Anhang

18. Gruppenarbeit Vielfach wird gefordert, daß im Rahmen der Arbeitsorganisation der Einsatz eines umfas­ send qualifizierten Systemteams (teilautonome Arbeitsgruppe) in flexiblen Fertigungssyste­ men anzustreben sei.

a)

b)

Erfolgt die Aufgabenerfullung innerhalb des FFS durch ein Systemteam? □

JA

=> Weiter mit Aufgabenteil c).



NEIN

=> Weiter mit Aufgabenteil b).

Wenn NEIN, hat man in Ihrem Unternehmen die Möglichkeit des Einsatzes eines Sy­ stemteams im FFS bislang in Erwägung gezogen?



Ja. Der Einsatz eines Systemteams ist aber nicht realisiert worden, weil (Mehr­ fachnennungen sind möglich):





die für die Bedienung des FFS erforderliche Systemmannschaft zu klein ist.



aufgrund der zufriedenstellenden Leistung des FFS keine wesentliche Ver­ besserung von Nutzung und Verfügbarkeit erzielt werden könnte.



der Qualifikationsaufwand zu groß wäre.



seitens der Arbeitnehmer der Wunsch nach Gruppenarbeit nicht besteht.



Erfahrungen mit Gruppenarbeit in anderen Bereichen der Produktion die Erwartungen, auch die der Arbeitnehmer, nicht erfüllt haben.



gegenwärtig noch die Einsatzmöglichkeit eines Systemteams geprüft und analysiert wird. In der Zukunft könnte Gruppenarbeit im FFS eingeführt werden.



gegenwärtig die Planung und Vorbereitung des Umstellungsprozesses von Einzelarbeitsplätzen zu Gruppenarbeit noch nicht abgeschlossen ist.



Sonstiges:____________________________________________________

Nein

=> Weiter mit Aufgabe 19.

Anhang

420

c)

Gruppenautonomie Bitte kreuzen Sie an, wie hoch der Autonomiegrad des Systemteams für die nachfol­ gend aufgelisteten Aufgaben und Entscheidungen ist.

Klassifizierung:

-

Selbstbestimmung Mitbestimmung (Mitwirkungs-, Vorschlags- und/oder Vetorecht) Kaum Einfluß (Informationsrecht, Wunschäußerung) Kein Einfluß

Entscheidung, ob die Gruppe zur Regelung gruppenintemer Angelegenheiten einen Gruppenkoordinator haben möchte: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß Entscheidung, ob die Gruppe nach außen hin durch ein einziges Mitglied (Gruppen­ sprecher) vertreten sein möchte: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß Wahl des Gruppensprechers: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung

□ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Festlegung der Funktionen des Gruppensprechers: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Auswahl neuer und Ausschluß nicht anpassungsfähiger Gruppenmitglieder: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß Ausbildung und Einarbeitung neuer Mitglieder im FFS: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Regelung der gruppenintemen Aufgabenverteilung (Organisation der inneren Struktur, Job Rotation etc.): □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß Schichtplangestaltung: □ Selbstbestimmung

□ Mitbestimmung

□ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Festlegung der individuellen Arbeitszeit bei vorgegebener Gesamtarbeitszeit: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß

421

Anhang

Fortsetzung - Gruppenautonomie Pausenregelung: □ Selbstbestimmung

□ Mitbestimmung

□ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Urlaubsplanung: □ Selbstbestimmung

□ Mitbestimmung

□ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Urlaubsgewährung: □ Selbstbestimmung

□ Mitbestimmung

□ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Überstundenplanung: □ Selbstbestimmung

□ Mitbestimmung

□ Kaum Einfluß

□ Kein Einfluß

Übernahme zusätzlicher Aufgaben, die normalerweise in den Aufgabenbereich pro­ duktionsunterstützender Abteilungen fallen (Bsp.: Ausführung von Instandsetzungsar­ beiten, sofern externes Instandsetzungspersonal nicht kurzfristig verfügbar ist): □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß

Entscheidung, ob und welche neuen Werkstücke auf dem FFS gefertigt werden kön­ nen: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß

Modifikationen (Verbesserungen) und Erweiterungen des FFS und dessen Kompo­ nenten: □ Selbstbestimmung □ Mitbestimmung □ Kaum Einfluß □ Kein Einfluß

19. Qualifikation: Bitte kreuzen Sie an, wie sich nach Ihrer Einschätzung die Qualifikationsstruktur der von der Einführung des FFS betroffenen Arbeitnehmer verändert hat:



Das Qualifikationsniveau ist weitgehend unverändert.



Generelle Zunahme des Qualifikationsniveaus.



Generelle Senkung der Qualifikationsanforderungen.



Teilweise Zunahme, teilweise Abbau des Qualifikationsprofils (Polarisierung).

Anhang

422

20. Arbeitszeitflexibilisierung: Welche der nachfolgenden Formen der Arbeitszeitflexibilisierung haben Sie im Rahmen des FFS-Betriebs realisiert? Sofern die angegebenen Alternativen nicht zur Anwendung kom­ men, kreuzen Sie bitte an, ob diese Formen der Arbeitszeitflexibilisierung nach Ihrer Ein­ schätzung prinzipiell möglich oder nicht realisierbar sind:

Gleitzeit □ Ja

□ Nein, aber

□ Prinzipiell möglich

bzw.

□ Nicht realisierbar

bzw.

□ Nicht realisierbar

bzw.

□ Nicht realisierbar

bzw.

□ Nicht realisierbar

Teilzeitarbeit □ Ja

□ Nein, aber

□ Prinzipiell möglich Möglichkeiten des Langzeiturlaubs (Sabbaticals)

□ Ja

□ Nein, aber

□ Prinzipiell möglich Arbeitsplatzteilung (Job Sharing)

□ Ja

□ Nein, aber □ Prinzipiell möglich

Sonstige Formen der Arbeitszeitflexibilisierung realisiert? Welche?

Halten Sie durch die Automatisierungsmöglichkeiten eine Verkürzung der Arbeitszeiten

des FFS-Personals grundsätzlich für möglich? □

=>

Ja

Könnte eine Arbeitszeitverkürzung künftig in Erwägung gezogen werden?

□ Ja



□ Nein

Nein

[Abschließend möchten wir uns noch einmal recht herzlich für Ihre Mühe und Kooperationsbereitschaft bedanken!

Anhang

Anhang II: Hypothesentests

423

Anhang

424

/2-Test von Tendenzkontingenzen der Pre-Implementierung Kulturelle Ausgangssituation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 100)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

1

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des landeskulturell geprägten Manage­ mentvertrauens und dem Ausmaß der Strukturspezia­ lisierung.

8,430

2

5,9915

Ablehnung

2

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des landeskulturell geprägten Manage­ mentvertrauens und dem Ausmaß der Strukturdyna­ mik.

2,786

1

3,8405

Annahme

Crel ,395

Fertigungstechnische Ausgangssituation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 78)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

3

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Grad der Rechnervertrautheit des Werkstattper­ sonals vor Systemeinföhrung und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

2,607

2

5,9915

Annahme

4

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Grad der Rechnervertrautheit des Werkstattper­ sonals vor Systemeinführung und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

5,568

2

5,9915

Annahme

5

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Grad der Rechnervertrautheit des Werkstattper­ sonals vor Systemeinföhrung und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

,601

1

3,8405

Annahme

Crel

Qualifikatorische Ausgangssituation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 88)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

6

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe des Qualifikationsdefizits und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

2,054

2

5,9915

Annahme

7

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe des Qualifikationsdefizits und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

0,813

1

3,8405

Annahme

Tab. A-l:

x^-Test von Tendenzkontingenzen der Pre-Implementierung

Crel

425

Anhang

/2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemplanung Planungsvorgehen des Gestaltungssystems und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 100) Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

8

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Anthropozentrismus der Planungsmentalität des Gestaltungssystems und dem Ausmaß der Struktur­ zentralisation.

9,405

4

9,4877

Annahme

9

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Anthropozentrismus der Planungsmentalität des Gestaltungssystems und dem Ausmaß der Struktur­ dynamik.

4,152

2

5,9915

Annahme

Crel

Planungsträger und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 102)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

Crel

10

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke der Planungsinterdisziplinarität des Ge­ staltungssystems und dem Ausmaß der Strukturzen­ tralisation.

10,791

2

5,9915

Ablehnung

,437

11

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke der Planungsinterdisziplinarität des Ge­ staltungssystems und dem Ausmaß der Strukturdy­ namik.

5,238

1

3,8405

Ablehnung

,313

12

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke der Planungsinterdisziplinarität des Ge­ staltungssystems und dem Ausmaß der Strukturko­ operation.

1,725

1

3,8405

Annahme

Planungsorganisation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 100)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

13

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Intensität der Planungskooperation und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

5,499

2

5,9915

Annahme

14

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Intensität der Planungskooperation und der Form der Strukturautorität.

4,258

2

5,9915

Annahme

15

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Intensität der Planungskooperation und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

1,074

1

3,8405

Annahme

Tab. A-2:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemplanung

Crel

Anhang

426

/2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemrealisierung Form der Systemrealisierung und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 102)

Nullhypothese Ho

(EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

16

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Technikdrucks während der System­ realisierung und dem Ausmaß der Strukturzentrali­ sation.

1,543

4

9,4877

Annahme

17

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Technikdrucks während der System­ realisierung und dem Ausmaß der Strukturkooperati­ on.

6,213

2

5,9915

Ablehnung

Tab. A-3:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemrealisierung

Crel

,339

427

Anhang

/2-Test von Tendenzkontingenzen der Systeminbetriebnahme Implementierungsdauer und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 97) Nullhypothese Ho

iß (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

18

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Zeitdrucks der Implementierung und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

2,206

2

5,9915

Annahme

19

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Zeitdrucks der Implementierung und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

6,146

1

3,8405

Ablehnung

20

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Zeitdrucks der Implementierung und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

1,238

1

3,8405

Annahme

Crel

,345

Alter der FFS-Organisation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 102) Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

21

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Technozentrismus der aktuellen Organisati­ onspraxis zum Gründungszeitpunkt und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

1,931

1

3,8405

Annahme

22

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Technozentrismus der aktuellen Organisati­ onspraxis zum Gründungszeitpunkt und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

2,576

1

3,8405

Annahme

Crel

Einführung von Zusatzschichten und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101) Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

23

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Amortisationsdrucks und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

7,587

2

5,9915

Ablehnung

24

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Amortisationsdrucks und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

4,622

2

5,9915

Annahme

25

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Amortisationsdrucks und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

1,619

1

3,8405

Annahme

26

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Amortisationsdrucks und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

5,050

1

3,8405

Ablehnung

Tab. A-4:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der Systeminbetriebnahme

Crel ,373

,308

Anhang

428

/2-Test von Tendenzkontingenzen der systemexternen Umwelt

1

Branchenzugehörigkeit und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 80) Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

27

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem branchenüblichen Fertigungstyp und dem Aus­ maß der Strukturzentralisation.

8,574

28

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem branchenüblichen Fertigungstyp und dem Aus­ maß der Strukturdynamik.

,527

df

X2 (TAB)

Ergebnis

2

5,9915

Ablehnung

1

3,8405

Annahme

Crel ,440

Größe der Anwenderorganisation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho 29

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Grad der betriebsinternen Ressourcenverfügbar­ keit und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

X2 (EMP)

2,368

df

2

X2 (TAB)

Ergebnis

5,9915

Annahme

Crel

Produktionsinterne Systemzahl und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 102)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

30

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der arbeitsorganisatorischen FFS-Erfahrungsbasis und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

1,259

1

3,8405

Annahme

31

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der arbeitsorganisatorischen FFS-Erfahrungsbasis und dem Ausmaß der Strukturkooperati­ on.

2,024

1

3,8405

Annahme

Tab. A-5:

%2-Test von Tendenzkontingenzen der systemexternen Umwelt

Crel

429

Anhang

/2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (1) Größe der FFS-Organisation und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 100)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

Crel

32

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der FFS-internen Personalressourcenbasis und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

5,740

4

9,4877

Annahme

33

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der FFS-internen Personalressourcenbasis und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

28,660

4

9,4877

Ablehnung

,578

34

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der FFS-internen Personalressourcenbasis und der Form der Strukturautorität.

22,255

4

9,4877

Ablehnung

,523

35

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der FFS-internen Personalressourcenbasis und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

3,139

2

5,9915

Annahme

36

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der FFS-internen Personalressourcenbasis und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

6,606

2

5,9915

Ablehnung

,352

Größe des Techniksystems und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

Crel

37

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der technischen Systemkomplexität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

12,626

4

9,4877

Ablehnung

,408

38

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der technischen Systemkomplexität und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

11,056

4

9,4877

Ablehnung

,385

39

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der technischen Systemkomplexität und der Form der Strukturautorität.

17,042

4

9,4877

Ablehnung

,465

40

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der technischen Systemkomplexität und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

,1480

2

5,9915

Annahme

Tab. A-6:

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (I)

Anhang

430

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (II) Vertikale Schichtnutzung und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho

(EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

41

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Tages­ betrieb und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

1,712

1

3,8405

Annahme

42

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Tages­ betrieb und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

4,799

1

3,8405

Ablehnung

Crel

,301

Horizontale Schichtnutzung und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

43

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Wochen­ betrieb und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

4,965

4

9,4877

Annahme

44

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Wochen­ betrieb und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

8,026

4

9,4877

Annahme

45

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Wochen­ betrieb und der Form der Strukturautorität.

11,910

4

9,4877

Ablehnung

46

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Wochen­ betrieb und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

4,506

2

5,9915

Annahme

47

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Wochen­ betrieb und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

1,158

2

5,9915

Annahme

Tab. A-7:

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (II)

Crel

,398

431

Anhang

/2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (III) Schichtsystem und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 100)

Nullhypothese Ho 48 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Dynamik des Schichtsystems und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

71 (EMP)

df

2,978

1

Ergebnis

X2 (TAB)

Annahme

3,8405

Automatisierungsgrad und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

Crel

102)

Ergebnis

X2 (TAB)

Crel

49 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Automatisierungskomplexität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

3,842

4

9,4877

Annahme

50 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Automatisierungskomplexität und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

12,286

4

9,4877

Ablehnung

,402

51 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Automatisierungskomplexität und der Form der Strukturautorität.

10,567

4

9,4877

Ablehnung

,375

52 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Automatisierungskomplexität und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

1,760

2

5,9915

Annahme

Tab. A-8:

%2-Test von Tendenzkontingenzen des Routinebetriebs (III)

Anhang

432

/2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemaufgabe (1) Werkstückgeometrie und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 102) Nullhypothese Ho 53

54

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Geometriekomplexität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

10,558

2

5,9915

Ablehnung

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Geometriekomplexität und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

2,548

1

3,8405

Annahme

Crel ,433

Durchschnittliche Losgröße und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 98)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

55

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Loskomplexität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

3,157

4

9,4877

Annahme

56

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Loskomplexität und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

3,147

2

5,9915

Annahme

Crel

Losstreuung und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 98) Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

57

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Losvariabilität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

6,463

4

9,4877

Annahme

58

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Losvariabilität und dem Ausmaß der Strukturdynamik

1,217

2

5,9915

Annahme

Crel

Spannhäufigkeit und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

59

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Spannkomplexität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

4,842

4

9,4877

Annahme

60

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Spannkomplexität und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

3,132

2

5,9915

Annahme

Tab. A-9:

x^-Test von Tendenzkontingenzen der Systemaufgabe (I)

Crel

433

Anhang

/2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemaufgabe (II) Spannstreuung und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho

iß- (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

Crel

61

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Spannvariabilität und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

9,304

2

5,9915

Ablehnung

,410

62

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Spannvariabilität und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

7,050

2

5,9915

Ablehnung

,361

Werkstückbearbeitungszeit und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101) Nullhypothese Ho 63

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Zeitkomplexität und dem Ausmaß der Strukturkooperation.

X2 (EMP)

2,738

df

2

X2 (TAB)

5,9915

Ergebnis

Crel

Annahme

Zeitstreuung und Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation (N = 101)

Nullhypothese Ho

X2 (EMP)

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Zeitvariabilität und dem Ausmaß der Strukturzentralisation.

4,377

65

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Zeitvariabilität und dem Ausmaß der Strukturspezialisierung.

66

Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Zeitvariabilität und dem Ausmaß der Strukturdynamik.

64

df

X2 (TAB)

Ergebnis

4

9,4877

Annahme

6,858

4

9,4877

Annahme

4,549

2

5,9915

Annahme

Tab. A-10: %2-Test von Tendenzkontingenzen der Systemaufgabe (II)

Crel

Anhang

434

Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation und Zielerfüllungsgrad (N=100) Nullhypothese Ho

7? (EMP)

df

(TAB)

Ergebnis

67 Das Ausmaß der Strukturzentralisation und der FFSNutzungsgrad sind statistisch voneinander unabhän­ gig-

1,512

4

9,4877

Annahme

68 Das Ausmaß der Strukturspezialisierung und der FFS-Nutzungsgrad sind statistisch voneinander un­ abhängig.

2,091

4

9,4877

Annahme

69 Die Form der Strukturautorität und der FFSNutzungsgrad sind statistisch voneinander unabhän­ gig-

6,093

4

9,4877

Annahme

70 Das Ausmaß der Strukturdynamik und der FFSNutzungsgrad sind statistisch voneinander unabhän­ gig-

1,315

2

5,9915

Annahme

71 Das Ausmaß der Strukturkooperation und der FFSNutzungsgrad sind statistisch voneinander unabhän­ gig-

,218

2

5,9915

Annahme

Tab. A-11: Strukturdimensionen der Arbeitsorganisation und Zielerfullungsgrad

Crel

435

Anhang

Situationsvariablen und Zielerreichungsgrad (1) Nullhypothese Ho

iß (EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

72 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des landeskulturell geprägten Manage­ mentvertrauens und der Höhe des Nutzungsgrades (N=101).

1,426

2

5,9915

Annahme

73 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Grad der Rechnervertrautheit des Werkstattper­ sonals vor Systemeinführung und der Höhe des Nut­ zungsgrades (N=79).

7,817

2

5,9915

Ablehnung

74 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Zeitdrucks der Implementierung und der Höhe des Nutzungsgrades (N=99).

2,629

2

5,9915

Annahme

75 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Technozentrismus der aktuellen Organisati­ onspraxis zum Gründungszeitpunkt und der Höhe des Nutzungsgrades (N=103).

1,959

2

5,9915

Annahme

76 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Stärke des Amortisationsdrucks und der Höhe des Nutzungsgrades (N=102).

1,701

2

5,9915

Annahme

77 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem branchenüblichen Fertigungstyp und der Höhe des Nutzungsgrades (N-83).

2,413

2

5,9915

Annahme

78 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der arbeitsorganisatorischen FFS-Erfahrungsbasis und der Höhe des Nutzungsgrades (N= 103).

2,205

2

5,9915

Annahme

79 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der technischen Systemkomplexität und der Höhe des Nutzungsgrades (N=102).

9,459

4

9,4877

Annahme

80 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Tages­ betrieb und der Höhe des Nutzungsgrades (N=102).

4,260

2

5,9915

Annahme

81 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen den Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen der systemexternen Produktionsorganisation im Wo­ chenbetrieb und der Höhe des Nutzungsgrades (N=102).

2,029

4

9,4877

Annahme

Tab. A-12: Situationsvariablen und Zielerreichungsgrad (I)

Crel

,367

Anhang

436

Situationsvariablen und Zielerreichungsgrad (II) Nullhypothese Ho

82 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen

(EMP)

df

X2 (TAB)

Ergebnis

7,163

4

9,4877

Annahme

2,429

2

5,9915

Annahme

5,962

4

9,4877

Annahme

7,644

4

9,4877

Annahme

2,989

4

9,4877

Annahme

dem Ausmaß der Automatisierungskomplexität und der Höhe des Nutzungsgrades (N=103).

83 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Geometriekomplexität und der Hö­ he des Nutzungsgrades (N=l03).

84 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Programmkomplexität und der Hö­ he des Nutzungsgrades (N=99).

85 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Loskomplexität und der Höhe des Nutzungsgrades (N=99).

86 Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Zeitvariabilität und der Höhe des Nutzungsgrades (N=102).

Tab. A-13: Situationsvariablen und Zielerreichungsgrad (II)

Crel

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