Festgruss an Rudolf von Roth: Zum Doktor-Jubiläum 24 August 1893 9781611436860, 1611436869

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Table of contents :
INHALT
Die Passivconstruction des Präteritums transitiver Verba im Iranischen
Eine indische Nebenform von Uçanas
Zur chinesischen Flutsage
Altnordisch fedgar Vater und Sohn
Der Knoblauch in der indischen Medicin
Dravidische Elemente in den Sanskrit-Dhâtupâţhas
Heraņasikkhâ
Relaciones de Pedro Teixeira 1610
Syrische Polemik gegen die persische Religion
Die Bedeutung von anp im Alten Testament
Das Wergeid in Indien
Indogermanisches Wergeld
Die Epoche der Cedi-Aera
Jivikàrthe càpaņye
Vedische Fragen
Über das Alter des Rig-Veda
Paňcaçikha und seine Fragmente
Das Buch des Mar Abas von Nisibis
The Native Commentary to the Atharva-Veda
Der finnische Gott Ilmarinen
Die altarmenischen Personennamen
Über die dem Çaunaka zugeschriebene Ärshänukramani des Rgveda
Verkannte Sprichwörter
Von der Marüt wunderbarer Geburt, ŖV. 6,66
Lateinisch
Zwei Erzählungen
Miscellen aus dem indogermanischen Familienleben
Eine vedische Wettfahrt? RV. 11,31
L in the Ŗigveda
The Myth of Soma and the Eagle
Postilla lucreziana
Die vedischen Aoriste
Das islamische Dogma von der Fifra d. i. der dem Menschen angeborenen religiösen Anlage
The legend of the origin of the Tibetan race
Sind die altindischen Bedingungen der Verbalenklise indogermanisch ?
Die neunte Praesensklasse der Inder
Rigveda v. 40 and its Buddhist parallel
i. Die Begegnung der beiden feindlichen Könige
Yasna XXVIII
Zur Geschichte der Çâhis von Kâbul
Zum vedischen Sandhi
Die arabische Übersetzung des Amŗtakuņḍa
Die iranische Flutsage
Eine zoroastrische Prophezeiung in christlichem Gewände
INDEX
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Festgruss an Rudolf von Roth: Zum Doktor-Jubiläum 24 August 1893
 9781611436860, 1611436869

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Festgruss an Rudolf von Roth

Festgruss an Rudolf von Roth

zum Doktor-Jubiläum 24 August 1893

Seinen Freunden Und Schülern

1 gorgias press 2010

Gorgias Press LLC, 954 River Road, Piscataway, NJ, 08854, USA www.gorgiaspress.com Copyright © 2010 by Gorgias Press LLC

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2010

ISBN 978-1-61143-686-0

Printed in the United States of America

1¿m

INHALT. Seite

E d w a r d V. A r n o l d .

L in the Rigveda

Theodor Aufrccht.

Zwei Erzählungen

Maurice Bloomfield. Peter

von

Bradke.

Georg Bühler.

145 129

The Myth of Sorna and the Eagle

149

Von der Marut wunderbarer Geburt, RV. 6 , 6 6

117

Das Wergeid in Indien

Bert hold Delbrück. Otto Donner.

Altnordisch ftigar

44 Vater und Sohn

15

Der finnische Gott Ilmarinen

R i c h a r d Garbe.

Pancagiklia und seine Fragmente

Wilhelm Geiger. Karl Geldner.

97 75

Die Passivconstruction des Präteritums transitiver Verba im Iranischen

I. Die Begegnung der beiden feindlichen Könige ((Jat. Br. 11,8,4).

2•

.

.

butterung des Oceans im Rgveda Carlo Giussani. Julius Grill.

Postilla lucreziana.

Hermann Jacobi. Julius Jolly.

156 9

Die altarmenischen Personennamen

99

Über das Alter des R i g - V e d a

68

Der Knoblauch in der indischen Medicin

Adolf Kaegi.

18

Die vedischen Aoriste avar, var, ävalf, vah

Heinrich Kern.

6

Die Epoche der Cedi-Aera

Ferdinand Kittel.

53

Dravidische Elemente in den Sanskrit-Dhätupäthas

Friedrich Knauer. Krehl.

15g

Eine indische Nebenform von Uganas

Franz Kielhorn.

Ludolf

191

Lucr. III. 798-827 (Ed. Bern.")

Zur chinesischen Flutsage

Heinrich Hübschmann.

21

Vedische Fragen

Das islimische Dogma von der Fi(ra

6r d . i . der dem Menschen

angeborenen

religiösen Anlage Ernst Kuhn.

Die iranische Flutsage

Alfred Ludwig.

J'wikarthc cäpaiiyt (Päij. 5,3,99)

Arthur Macdonell.

Über die dem (Jaunaka zugeschriebene Arshänukramaiji des RgveJa

L a w r e n c e II. M i l l s .

Yasna X X V I I I

Eduard Müller.

Heraijasikkhä

Theodor Nöldeke.

Syrische Polemik gegen die persische Religion

Hermann Osthoff.

Lateinisch mäteriis

Wilhelm Pertsch.

Die arabische l'bersetzung des Amftakugda

Richard Pischel.

Verkannte Sprichwörter

Johannes Schmidt. Otto Schmoller.

217

Rigveda v. 40 and its Buddhist parallel

Bruno I,indner.

Leopold

167

Eine zoroastrische Prophezeiung in christlichem Gewände

C h a r l e s R. I . a n m a n .

Die neunte Praesensklasse der Inder

Die Bedeutung von W t p im Alten Testament

von Schroeder.

Indogermanisches Wergeid

1

Die Aus-

187 213 57 .

,

107 25 34 126 208 114 179 39 49

Inhalt.

VI

Seite Christian Eduard

F. S e y b o l d .

Sievers.

Marc

Aurel

Paul

Vetter.

Albrecht Heinrich William Ernst

Stein.

1610

31

Zum vedischen Sandhi

203

Zur G e s c h i c h t e d e r ^ á h i s v o n K ä b u l

195

Das Buch des Mar A b a s von Xisibis

Weber. Wenzel.

Zimmer.

81

M i s c e l l e n aus d e m i n d o g e r m a n i s c h e n F a m i l i e n l e b e n

135

T h e l e g e n d o f t h e origin of the T i b e t a n r a c e

D. W h i t n e y .

Windisch.

Heinrich

Relaciones de Pedro Teixeira

The

170

N a t i v e C o m m e n t a r y to the A t h a r v a - V e d a

Eine vedische Wettfahrt?

89

R V . II, 3 1

139

S i n d die a l t i n d i s c h e n B e d i n g u n g e n der V e r b a l e n k l i s e i n d o g e r m a n i s c h ?

•--uv\A/ww-



.

173

Die Passivconstruction des Präteritums transitiver Verba im Iranischen. s wurde schon mehrfach gelegentlich darauf hingewiesen, dass in verschiedenen iranischen Sprachen und Dialekten die Regel gilt, im P r ä t e r i t u m d e r t r a n sitiven V e r b a anstatt der a k t i v i s c h e n C o n s t r u c t i o n die p a s s i v i s c h e zu g e b r a u c h e n . Der Satztypus »rex urbem condidit« verwandelt sich in den Typus »a rege urbs condita«, während die akiivische Ausdrucksweise dem Präsens und Futur vorbehalten bleibt. Diese Spracherscheinung möchte ich hier im Zusammenhange besprechen und ihre Verbreitung verfolgen. In ihren Wurzeln reicht die passivische Construction der transitiven Präterita bis in die alte Zeit zurück. Den Ausgangspunkt für ihre Erklärung bilden im A l t p e r s i s c h e n Wendungen wie ima tya mann kartam pasava yatha khshäyathiya abavam »dies ist es, was von mir gethan worden, als ich König wurde« in der Behistän-Inschrift des Darius. Rh. I, 27. 11,91-92. 111,10.20-21.75. N. 51-52. Mit leichter Variante kehrt die gleiche Phrase in einer Inschrift des Xerxes wieder. Auraniazda patuv . . . tya vtaiy kartam »Auramazdä soll beschützen . . . was ich gemacht habe«. E 17-19; vgl. A 23 ff., C 21-22, K 27. Den Schluss der Entwickelungsreihe innerhalb des Altpersischen stellt ein Passus in der Inschrift des Artaxerxes Ochus dar: Mithra baga patm> .. . tya mam karta, P 35. Dürfen wir hier nicht eine Nachlässigkeit des Steinmetzen voraussetzen, so haben wir anzunehmen, dass die ursprüngliche Redeutung der Construction damals schon nicht mehr völlig verstanden wurde. Im M i t t e l p e r s i s c h e n ist die Construction ganz allgemein. Das suffixale Pronomen, durch welches das logische Subjekt ausgedrückt wird, erscheint angefügt an eine Partikel od. dgl. Der von S p i e g e l , Grammatik der Huzvaresch-Sprache § 114 an erster Stelle angeführte Reispielsatz ckh-am hant-pursih pavan dine fratum levatkeh 'alch hart vd. 2. 5 ist eben wörtlich zu übersetzen: »von mir wurde zuerst mit ihm Unterredung über das Gesetz gepflogen.« Die richtige Erklärung der Construction begegnet uns schon bei W e s t , Mainyo-i-khard p. 248-249. Es finde hier auch noch ein Beispiel aus dem Päzend Platz: tho ke hat kern hargishi-ca kanik i ezh tho hü-eihar-tar u veh pa gethi nc dit Mkh. 2,128 — wörtlich: tu quae es, qua a nie pulchrior virgo quam tu nunquam est conspecta? Reachtenswert ist die SanskritÜbersetzung Neriosenghs: tvatji kasi f yatnntayä kadacit kanya ya tvatah surüpatarä uttamaca prthivyäift na drsta. Die weitere Sprachentwickelung ist nun die, dass das pron. suff. auch an das Part, selber antreten kann. Den Übergang zum m o d e r n e n S c h r i f t p e r s i s c h e n bildet F i r d u s i . Die Thatsache, dass in seiner Sprache noch die Unterscheidung

Geiger,

Die Passivconstruction

des Präteritums transitiver V e r b a im

Iranischen.

zwischen transitiven und intransitiven Verben zu beobachten ist und im Präteritum der ersteren nicht selten die altertümliche Passivconstruction angewendet wird, haben schon S a l e m a n n und S h u k o v s k i , Persische Grammatik § 43 Anm. 1, hervorgehoben und durch Stellen belegt. Der Relativsatz in mär in dästän guftäm tin-käm shunud p. 415, 533 (der Ausgabe von Vullers) »diese Geschichte erzählte ich, wie sie v o n m i r g e h ö r t w o r d e n « zeigt noch ganz mittelpersische Construction. A m Particip selbst steht das suffixale Pronomen in giriftäsh yäki säng »ergriffen wurde von ihm ein Stein« 19, 22 und zahlreichen ähnlichen Wendungen. Die von S.-Sh. angeführten Stellen lassen sich unschwer vermehren. Ich füge zu ihnen nur den Vers p. 485, 854 giriftäsh sänän u käman 11 kämänd, girän gurz-rä pähläv-i dh>bänd. Derselbe ist von Interesse, weil hier die Construction innerhalb des Satzes wechselt; er beginnt passivisch und endigt aktivisch: »ergriffen ward von ihm Lanze und Bogen und Fangschnur, die schwere Keule (ergriff) der Dämonen bändigende Held.« Endlich verweise ich auf die Erscheinung, dass durch Analogie die Ansetzung der Pronominalsuffixe auch auf intransitive Verba übertragen wird, wie beispielsweise in der Stelle äzän bäzmgäh räftä büd-äsh bä-räzm »von diesem Festsaale weg war er gegangen zum Kampfe« p. 520, 1448. Der späteren Schriftsprache fehlt die passivische Construction. Durch die Zwischenstufen man burd (— manä bartam), -am burd, burd-äm gelangte man zu der Combination man burdävi. Das Paradigma des Präteritums richtete sich dann weiterhin nach der Analogie des präsentischen Paradigmas und man bildete zu burdäm ein burdi, burdim u. s. w., wie zu bäräm ein bäri, bärim; nur die 3. sg. prt. blieb unverändert burd. Andererseits wurde auch das Präsens durch das Präteritum beeinfiusst, und das ursprünglich oblique Pronomen man, tu, mä, shumä fungierte nun in jenem, wie in diesem nominativisch als Subjekt. Vgl. D a r m e s t e t e r , Chants Populaires des Afghans, Introd. § 8l. Zahlreiche und interessante Belege für die alte Passivconstruction liefern uns nun aber die modernen D i a l e k t e , wobei dieses Wort in umfassendem Sinne genommen sein will und auch die mehr selbständigen Sprachen wie das Afghanische begreift. Ich beginne mit den Dialekten der Umgebung von Kaschan, deren Kenntnis wir aus S h u k o v s k i s Materialy dlja izuüenija persidskich nareöij schöpfen. Hier lautet das Präteritum des dem np. kärdän »machen« entsprechenden Verbums in den Mundarten der Dörfer Wonischun, Bokhry, Kesche und Zefre folgendermassen (a. a. O. p. 238-239): W. 1. sg. bim hart \ B. m kä \ K. 2. sg. t kart i — 3. sg. zh kart i ka i 1. pl. — mun kä 3. pl. zhün kart yim kä d.h. »von mir u. s. w. wurde gemacht«. Es ist dt kärd u. s. w. sagen würde. — Das Paradigma W. Z.der-kaftün »ich fiel«, B . K . der-katun 1

D i e s e s V e r l ) ist v o n

Interesse.

n a c h g e w i e s e n e n W o r t e , d a s ich j e d o c h 22, 2 0 1 .

Das Verb

vi kä Z. m-be ke t kä j — sh ka sh ke — ! — shün kä \ shü ke das, als ob man im np. äm kärd, des intr. Prät. dagegen lautet z. B.

E s e n t s p r i c h t d e m b i s h e r nur im b a l . a u c h in m ä z .

ist a l s o d i a l e k t i s c h

weit

da-ktltn,

verbreitet.

gil.

bt-kufttn

kapng finde.

und im k u r d .

Melgounof,

kmvum ZDMG,

Geiger,

D i e Passi vconstruction des Präteritums transitiver Verba im Iranischen.

3

Während die P a m i r s p r a c h e n eine Art Mittelstellung einnehmen ( T o m a s c h e k , Centralasiatische Studien II, p. 108), indem die passivische Construction in einzelnen Dialekten und in gewissen Formen anscheinend ausser Gebrauch zu kommen beginnt, reiht sich das K u r d i s c h e den Mundarten von Kaschan unmittelbar an. Man sagt hier ( J u s t i , Kurd. Gramm, p. 182) min dit, te dit, vi dit; pl. me dit, ve dit, evan dit »von mir, dir u. s. w. wurde gesehen« — »ich u.s.w. sah«. Es findet auch eine Übertragung statt, wie sie im Np. allgemein üblich wurde, wo dem durch Personalendungen gekennzeichneten intrans. Prät. (murdätn) noch die ursprünglich obliquen Pronominalformen vortreten wie dem trans. Prät. (män tnurdätn); Beispiel ist me rünishtin »wir sassens ve rünishti »ihr sasset«, evan runishtin »sie sassen« bei J u s t i , a . a . O . p. 184. Die im B a l ü c h i , und zwar zunächst im Südbalüchi, übliche Constructionsweise können wir den bei M o c k l e r , Grammar of the Baloochee Language § 34, angeführten Satztypen entnehmen: badshaha ä niard kushtag badshaha hama tnard kushtagant (Subj. in collect. Sing.)

von dem Könige wurde jener Mann getötet = der König tötete u. s. w. von dem Könige wurden jene Männer getötet.

Der casus agentis auf -a ist ein Überrest des alten Instrumental auf -ä und hat in den Dialekten noch weite Verbreitung. Justi, a . a . O . p. 124 fr.; S h u k o v s k i , a. a. O. p. 214 ff. Auch ein suffixales Pronomen kann das logische Subjekt sein ; ein entfernteres Objekt wird durch den cas. obl. auf -ä mit postfix -rä ausgedrückt, so in dem Sätzchen gusht-c . . birätä-rä »es wurde von ihm zu dem Bruder gesprochen« = »er sprach z. d. Br.« ZDMG. 43, 582. Höchst bemerkenswert ist nun, dass bei passivischer Construction das gramm a t i s c h e S u b j e k t (log. Obj.) a u c h in den A c c u s a t i v (auf -a-ra) t r e t e n kann. Statt badshaha ä mard kushtag sagt man beliebig auch badshaha ä marda-rä kushtag, wörtlich »ab rege i l l u m h o m i n e m necatus est«. Wir haben hier eine Contamination der passivischen Construction mit der aktivischen präsentischer und futuraler Sätze wie badshäh ä mardä-rä kushit. Für die nämliche Spracherscheinung bietet das Hindi, wie wir sehen werden, eine merkwürdige Analogie. Über das Nordbalüchi s. D a m e s , Textbook of the Balochi Language p. 10 a. E. Dass hier die nämlichen Gesetze gelten, wie im SB., mögen die aus L e w i s , Bilochi Stories entnommenen Sätzchen beweisen: badshaha ürd khutha »von dem Könige wurde ein Heer gerüstet«; rophaskä gwashta mardär: ni thau wathi hala dt »von dem Fuchs wurde zu dem Manne gesagt: jetzt erzähle du deine Geschichte«; givashtai ki mai häl irge ki . . »von ihm wurde gesagt: meine Geschichte ist folgende ..« Endlich ein Beispiel für die »contaminierte Construction«: häkima har döanra (für har do) ishto datha »von dem Statthalter wurden die beiden entlassen«. Ich komme endlich zum A f g h a n i s c h e n . Man vgl. R a v e r t y , Grammar of the Pukhto p. 119 das Paradigma ma wakhist, tä wäkhist ... hagho wakhist, sowie T r u m p p , Grammar of the Pashto § 141 und 183. Ist das Subj. ein pron. der 1. oder .der 2. p., so tritt an das Particip nach Analogie des präsentischen Paradigmas das betreffende Personalsuffix. Es steht also kram, krc u. s. w. formell ganz auf der gleichen Stufe, wie np. kärdiim, kärdi u. s. w., aber die Construction

4

Geiger,

Die Passivconstruction des Präteritums transitiver V e r b a im Tranischen.

ist noch rein passivisch: za e kram »ich wurde von ihm gemacht«, ta è krè; miìzh è krù, tàsc è kraì. Die Beispiele entnehme ich den von D a r m e s t e t e r gesammelten und veröffentlichten Volksliedern : bàdshàh fa zòr wu-wayala i. i. i »der Konig sprach mit lauter Stimme«. bàdshàh ist hier casus agentis, welcher bei den consonantischen Masculinis zumeist dem nom. gleich lautet, und die wörtliche Übersetzung wäre somit »von dem Könige wurde . . . gesprochen«. Im Plural ist der casus agentis an der Endung -o kenntlich: Yùsufzò ivarta ivayala: Sayyid ba krù la dzàna lire 2. 6. 3 »von den Yusufzai wurde zu ihm gesagt: wir werden den Sayyid von uns entfernen«; bulbillo mi-kar shòr 5 . 2 . 4 »die Nachtigallen sangen«, wörtlich: »von den N. wurde Stimme gemacht«. Zu erkennen ist casus ag. ferner beim Pronomen; so z. B. pr. pérs. 1. mà: nom. az; 2. tä: nom. ta; ferner pr. rei. cà : nom. tsòk. Vergleiche: mà qabùl kr a sta salàm 7 9 . 3 . 2 »ich gewährte dir den Segen«, wörtlich: von mir wurde gewährt; cà amr manalai ivu da pàk nabi sarwàr, khòràk ba c ivu thamar 39. 22 »von wem das Gebot des heiligsten höchsten Propheten befolgt wurde, dess Speise werden (paradiesische) Früchte sein«. Endlich kann das agens durch ein enklitisches Pron. ausgedrückt werden: bòi mi kar da shàh da ghàre hàr da tòro sulfo 76. 1 . 6 »eingeatmet habe ich den Uuft von dem Kranze schwarzer Locken an meiner Königin Nacken« (wörtlich: gerochen wurde von mir u. s. w.); ivazìr e battdiwàn kar 44. 5. 1 »der Wezir wurde von ihm ins Gefängnis geworfen«; der è bè-hòsh kram. 78.4. 1 »gar sehr wurde ich von ihr verstandlos gemacht« = sie hat mir den Verstand geraubt. Zum Schluss möchte ich in Kürze darauf hinweisen, dass die besprochene Construction a u f i n d i s c h e m B o d e n ebenso verbreitet ist wie auf iranischem. Sie ist ganz allgemein in den modernen Mundarten; s. B e a m e s, Comparative Grammar of the Modern Aryan Languages of India II, p. 264. Ich greife das S i n d h i und das K a s h m i r i heraus. Über jenes vergleiche man bei T r u m p p , Grammar of the Sindhi Language p. 327, das Paradigma mit'chadiò »von mir wurde aufgegeben«, tò eh., huna eh.; pi. asà" eh., ahà'eh., hune eh., wobei sich das part. nach dem genus und numerus des grammatischen Subjekts richtet: m. sg. chadiò, f. chadì; m. pi. cbadia, f. chat}iu7 Siehe auch die allgemeinen Bemerkungen auf p. 288. Ebenso sagt man im Kashmir!: pàdishàh-an diipü »von dem Könige wurde gesprochen«; pàdishàh-an dupv ta zani suzi-n »von d. K. w. g. und Leute wurden von ihm geschickt«. B u r k h a r d , Das Verbum der Kagmirisprache, Stzb. d. K. bayer. A k . d. W., philol.-philos. Cl. 1887, I, p. 333 und 351. Auch im Indischen lässt sich der Gebrauch in frühere Sprachperioden zurückverfolgen. Im Sanskrit sind bekanntlich Wendungen wie tatas tetta abhihitam oder tatah sa tena siiihcna vyàpàditah sehr beliebt. Für das Pràkrit aber lässt sich die Regel schon ganz in der gleichen Weise formulieren, wie für die modern iranischen Sprachen. »Ist das Verbuni transitiv, so tritt das Agens (logisches Subjekt) in den Instrumental und das Objekt der Handlung wird zum Subjekt des Satzes, mit welchem das Participium . . . in genus und numerus übereinstimmt«, z. B. tèita so si/fhò. J a c o b i , Ausgewählte Erzählungen in Màhàràshtri p. LVI. Im H i n d i , das ich noch im besonderen erwähne, begegnen wir, wie schon angedeutet, der nämlichen Contamination aktivischer und passivischer Construction, welche wir im Baluchi angetroffen haben. Trotzdem das Agens im Instrumental

Geiger,

D i e Passivconstruction des Präteritums transitiver V e r b a im Iranischen.

5

und das Verbum im passivischen Particip erscheint, setzt man das gramm. Subjekt in den Accusativ. Den Satztypus us-nc ghöri'-ko märä hat bereits Fr. M ü l l e r , Orient und Occident II, p. 561 besprochen. Er bedeutet wörtlich »ab eo e q u u m verberatus est«. Ich schliesse mit dem K a f i r i s c h e n , welches von allen indischen Dialekten am weitesten nach Westen vorgeschoben ist und auf einem Gebiete gesprochen wird, das geographisch zu Iran gerechnet werden muss. Das Paradigma, welches von T r u m p p , Über die Sprachc der sog. Käfirs, ZUMG. 20,408, mitgeteilt wird: sg. yii kri >von mir wurde gemacht« tu kri >von dir w. g.« siga kri »von ihm w. g.« pl. una kri, wi kri, sigc'kri beweist uns, dass die in den modernen Mundarten Indiens übliche Ausdrucksweise auch im Kafirischen vollkommen durchgeführt ist.

Wilhelm Geiger.

Eine indische Nebenform von Ucanas. Die Identität des avestischen Kavi Ugadhan oder Ucan mit dem indischen Kavi Uganas ist zuerst von Roth überzeugend nachgewiesen und später von Spiegel weiter ausgeführt worden. Den von beiden erzielten Resultaten vermag ich nichts Neues hinzuzufügen, nur will ich hier versuchen zu zeigen, wie auch auf indischem Boden eine dem avestischen Ugadhan lautlich näher stehende Nebenform des Namens bestanden hat. Bekanntlich lautet der Name des Morgensternes in Pälischriften osadhi tärä oder tärakä. Es ist früher von mir die Meinung ausgesprochen, osadhi sei corrumpiert aus osani, d. h. Skr. äutani, fem. des Adj. äutana, doch ist diese Behauptung nicht zulässig, insofern die Buchstaben na und dha in keiner indischen Schriftgattung verwechselt zu werden pflegen. Die Form osadhi kommt auch so oft vor, dass sie für das Päli als völlig gesichert zu betrachten ist. Anders steht die Sache in der Sprache eines Buches der nördlichen Buddhisten, des Mahävastu. In dem von E. Senart herausgegebenen Texte findet sich das betreffende Wort an zwei Stellen; die erste, Mahävastu II, 56, lautet, wenn man die Lesart der Handschriften zu Grunde legt: purimatfi di(at/i ti$thasi devate tvayi alatfikrta täravarä va Aufarä; prcchämi te käncanavedivigrahe, äkhyähi me tvat/i katamäsi devatä. Für äufarä bietet eine der Handschriften osarä. Der Herausgeber setzt dafür ofadhi ein, was ebensowenig zulässig ist als die früher erwähnte Änderung von osadhi in osani, und zwar aus denselben Gründen, wozu noch hinzukommt, dass man aus einem Päli s gar nicht ohne weiteres auf ein Skr. f schliessen darf. Die entsprechende Stelle in Fausbölls Jätaka V, 398 hat: purimayi disaiß kä tvaifi pabhäsi devate alahkatä täravarä va Osadhi, pucchämi tai/i kancanavelliviggahe äcikkha me tvaift katamäsi devatä. Hier kommt natürlich die Form osadhi zum Vorschein, allein daraus darf nicht gefolgert werden, dass dieselbe auch für andere Dialekte gegolten habe. An der zweiten Stelle, Mahävastu II, 58, liest man nach den Handschriften die folgenden drei Strophen: jahäti rätri Arunasmiiji ühate sä (1. yä) tifthase täravarä va Oeari (v. 1. Osari),

Kern,

Eine indische Nebenform von Uganas.

7

prcchämi te käücanavedivigrahe äcik$a me tvai/t katamasi devatä. mrgiva bhräntä saraviiya-(\. t;aracäpa)varjitä (?) niräkrtä mandam i(va) avek$ase, katfi (1. ko) te sahäyo m.rdugätri rak$itä, na bhayase ekikä tuvai/i (?) devatä (?). na me sahäyii (I. yo) iha ägatä (1. astii) Masakkasärapravaräsmi devatä, Acä sudhäye iha ägatäsmi, tan me sudhäya varaprajna bhägaya.

Käufika,

Vergleicht man die Parallelstelle Jätaka V , 400, so sieht man, erstens, dass die Paliredaktion im ganzen weit den Vorzug verdient, und zweitens, dass die erste der drei mitgeteilten Strophen gar nicht zu der Anrede Kaugikas an die Aga gehört, sondern zu Jätaka V , 403, 30 ff. stimmt, wo die Hri angesprochen wird: digharinarattii)! Arunasmii/i ühate yä dissati uttamarüpavannini, tathupamä mai}i patibhäsi devate, äcikkha me tvaiji katamasi accharä. Hieraus lässt sich entnehmen, dass die mehr oder weniger sanskritisierte Vorlage des Mahävastu hatte: jaghanyarätrii/i

Arunasmitfi

ühate1

Mit yä dissati uttamarüpavannini ist wohl die Usas gemeint, doch die eine unpassende Wiederholung enthaltende Lesart des Mahävastu bezieht sich unzweideutig auf den Morgenstern. Die zwei folgenden Strophen zeigen sich in besserer Fassung Jätaka V , 400: migiva bhantä saracapadhärinä virädhitä mandam iva udikkhasi, ko te dutiyo idha mandalocane, na bhäyasi ekikä känane vane. na mc dutiyo idha-m-atthi Kosiya, Masakkasärappabhav' arnhi devatä, Asä sudhäsäya tav antim ägatä, tat/L mavi sudhäya varapaiiila bhäjaya. Wie der Name des Morgensternes im Dialekt des Urtextes des Mahävastu gelautet hat, ist nicht mehr zu ermitteln; für den umgearbeiteten sanskritisierten Text aber hat man äufari anzusetzen, da alle Handschriften in Bezug auf das r consequent sind. Freilich könnte das r fehlerhaft sein, doch da muss der Fehler schon alt sein, und ist derselbe unerklärlich, wenn der Urtext ein dh gezeigt hätte. Graphisch kann r aus n entstanden sein, denn n und r werden ja häufig verwechselt, 1

ühata, skr. uddhata

kommen« h a b e n .

muss

hier

die

bei

Childers

fehlende

Bedeutung

»zum

Vorschein

ge-

8

Kern,

E i n e indische N e b e n f o r m von

U?anas.

auch in den Handschriften des Mahavastu; so z. B. hat C 58, 13 täravanä statt °vara, und alle Handschriften zeigen 57, 3 *pari statt °pani in ak$udrasattvaparisevitti sada, wo selbstverständlich °sattvopanisevini zu lesen ist, wie Jätaka V, 400, 16 richtig steht: apapasattupanisevini sada. Eine andere Möglichkeit ist es, dass r sich dialektisch aus einem d entwickelt habe, wie in Puskarasärin (Puskalasärin. sä litt) in üivyävadana 620 ff., dem Skr. Päitfkarasädi entsprechend. Weder das Pali osadhi, noch das avestische u(adhan kann die Frage entscheiden, ob wir als alte indische Nebenform von tifanas ein ufadhatt oder vielmehr ein ucadan anzunehmen haben. In welchen Fällen ein avestisches dh (d) sich aus d entwickelt hat, ist bekannt, und was das Pali betrifft, ist die Entscheidung auch schwer zu treffen wegen der Beispiele einer unorganischen Aspiration des d, wie in kakudha, Skr. kakuda; Vidhüra, Skr. Vidura. Trotz dieser Unsicherheit in Bezug auf den ursprünglichen Laut des dh in osadhi, bleibt doch, scheint mir, soviel feststehen, dass in einzelnen Gegenden Indiens neben der Form ufatias im Volksmunde eine andere, der avestischen näher stehende gelebt hat. Heinrich Kern.

Zur chinesischen Plutsage. Bei der Besprechung des alttestamentlichen Flutberichts wird in den Commentaren und sonstigen Schriftwerkeil unter anderem auch der chinesischen Flutsage gedacht und legt man sich begreiflicherweise die F r a g e vor, o b zwischen der chinesischen und der biblischen Tradition eine Beziehung irgend welcher A r t obwalte. Diese F r a g e ist von älteren Sinologen ( M o r r i s o n , K l a p r o t h , G ü t z l a f f , M e d h u r s t u. a.) im Sinn einer Annahme der Identität des beiderseits berichteten Ereignisses bejaht worden. Denkt man hier an eine gemeinsame geschichtliche Erinnerung aus der Urzeit, so wollen andere Gelehrte den chinesischen Berichten nur das Factum einer Überschwemmung des unteren Hwang-ho entnehmen (so unter Berufung auf E. B i o t und neuere französische Forscher auch D i l l m a n n im Commentar zur Genesis): 1 als eine örtliche hätte hiernach die chinesische mit der im A l t e n Testament geschilderten allgemeinen Katastrophe nichts zu schaffen. A u c h der Geograph Ferd. v. R i c h t h o f e n will in den klassischen Stellen von der Flut unter Y a o nur die poetisch und sagenhaft übertreibende Beschreibung einer örtlichen Wassersgefahr erkennen, wie sie unter jenem Kaiser (um 2300) bestanden habe und durch die »Meliorationsarbeiten« des »Ministers der öffentlichen Arbeiten« (Yü) beseitigt worden sei (China. Ergebnisse eigener Reisen und darauf gegründeter Studien. 1877. I> 346. 285 ff.). D a g e g e n findet der ausgezeichnete Kenner der chinesischen Klassiker Professor L e g g e , dass sich in der chinesischen S a g e die nationalgeschichtliche Erinnerung an die Ereignisse zur Zeit des — wie er glaubt — ältesten geschichtlichen Kaisers Y ü mit einer urgeschichtlichen menschheitlichen Überlieferung vermischt habe, die allerdings auf dem gleichen Ereignis beruhe, wie die biblische Tradition. E s scheint mir, die in Betracht kommenden alten T e x t e selbst rechtfertigen keine der vorgetragenen Ansichten.- Ich werde, um dies darzuthun, den Inhalt der betreffenden Stellen im Schu-king und Schi-king und beim Philosophen Meng-tsze in möglichst genauer Übertragung angeben. 2 Sie machen übereinstimmend den genannten Y ü , nachmaligen Kaiser von China, zum Helden. Y ü , dessen Herkunft dunkel ist (vgl. die fabelhaften Angaben in den Annalen der »Bambusbiicher« III, 1, Note und L e g g e , Chin. class. vol. III part 1 p. 117), wird v o m Kaiser (nicht von Y a o selbst, sondern von dessen Mitregent Schün) beauftragt, die zur Hebung der 1

Vgl.

namentlich

Plath,

Glaubwürdigkeit

der

ältesten

chinesischen

Geschichte

in:

Sitzungs-

berichte der K . bayer. A k . d. Wiss. 1866 I, 542. 2

V o n den fraglichen anderweitigen Spuren der Flutsage in der chinesischen Litteratur

abgesehen werden,rccord ( « T h e

sie

sind

deluge-tradition

neuestens

von

Tcrrien

de

Lacouperie

ini liabylonian

niuss hier

and

and its remains in ancient China« in vol. I V ) erörtert worden.

schlüpfrigen I'fad der V e r g l e i c h u n g babylonischer

und chinesischer Überlieferung (einschliesslich

vermag ich jenem Gelehrten vorerst nicht zu folgen.

Oricntal A u f dem Namen)

Grill,

IO

Zur chinesischen

Flutsage.

Wassersnot erforderlichen Arbeiten vorzunehmen. Wie er das anfing, erzählt er selbst bei Hof folgendermassen: »Die Gewässer der Überschwemmung stiegen zum Himmel, gewaltig anschwellend umfingen sie die Berge und überströmten die Hügel. Das Volk geriet in Verwirrung und versank. Ich bestieg viererlei Fahrzeuge. Ich begab mich von einem Berg zum andern und hieb das Gehölz um. Im Verein mit Y i gab ich der Menge Anleitung, wie sie sich frisches Fleisch zur Nahrung verschafifen konnte. Ich wies den Strömen der neun (Provinzen) ihr Bett an bis zum Meere hin. Ich legte tiefe Kanäle und Feldgräben an, die zu den Strömen führten. In Gemeinschaft mit Tsi säte ich und leitete die Menge zum Genuss mühsam erarbeiteter Speise neben dem Genuss frischen Fleisches an. Ich arbeitete mit allem Fleiss darauf hin, dass sie mit dem, was sie hatten, das ihnen Fehlende eintauschten, die ersammelten Vorräte sich gegenseitig zu gut kommen Hessen, so dass das ganze Volk Korn hatte und alle Länder geordnete Verhältnisse bekamen.« Dies steht im Schu-king (II, 4, 1). Kürzer, mehr nur andeutend, wird in sonstigen Stellen des Schu-king Yii nachgerühmt, dass er die Verhältnisse von Wasser und Land geordnet habe (Praefat. 5 ; 1 1 , 1 , 1 7 . 2 , 1 . III, 1 , 1 . V , 27,8 ; vgl. auch die wiederholte Benennung: der grosse Y ü II, 2, Titel; 1 1 1 , 3 , 3 ) . An anderer Stelle im gleichen Werk (II, 2 , 1 4 ) bemerkt der Kaiser zu Y ü : »Die Überschwemmung hatte mich in Angst und Sorge versetzt, da warst du es, der durch vollkommene Zuverlässigkeit und vollendet tüchtige Leistung sich den anderen geistig überlegen erwies.« Das Schi-king lässt nur einmal eine kurze Erzählung des fraglichen Ereignisses einfliessen (IV, 3 , 4 , 1 ) und sagt: »Als die Gewässer der Überschwemmung sich weithin ausgebreitet hatten, brachte Y ü die verschiedenen Regionen der Erdenwelt in ihrer ganzen Ausdehnung zum Vorschein; 1 die auswärtigen grossen Reiche erhielten ihre Begrenzung.« Ein flüchtiger Hinweis auf Yiis verdienstliches Werk findet sich ausserdem mehrmals im Schi (II, 6 , 6 , 1 . III, 1 , 1 0 , 5. III, 3 , 7 , 1 . IV, 2, 4 , 1 . IV, 3, 5 , 3 ; vgl. dazu noch Confuc. analects 8 , 2 1 . Meng-tsze IV, 2, 26. 29. VI, 2 , 1 1 ) . Man staunt angesichts dieser Textaussagen über die Naivität derer, die die chinesische Flutsage mit der biblischen Erzählung durch Beziehung auf denselben Umstand verbinden wollten. Mit Recht hat schon L e g g e daraufhingewiesen, dass bei den Chinesen das ethische Moment eines Strafgerichts fehle. In der That handelt es sich in der chinesischen Vorstellung nicht um Vernichtung, sondern um Rettung der Menschen. Nicht das Menschengeschlecht ist schuld, sofern es zu Grunde geht, sondern die mangelhafte Einrichtung seiner Wohnstätte. A b e r auch die Annahme L e g g e s , dass eine urgeschichtliche Überlieferung der Menschheit in der chinesischen Flutsage abgeblasst sich erhalten habe und, nachdem das Bewusstsein von ihrer ursprünglichen Bedeutung verloren gegangen, mit der Erinnerung an eine Begebenheit aus der ältesten Geschichte Chinas verquickt worden sei, sowie die herkömmliche, auch von L e g g e und v. R i c h t h o f e n geteilte Auffassung Yüs als geschichtlicher Person verliert ihren Boden. Wenn Y ü das Land urbar macht, die Stromsysteme mit ihren Wasseradern herstellt, den Menschen Anleitung zur J a g d 1

Die Rechtfertigung dieser Übersetzung s. u.

G r i l l , Zur chinesischen Flutsage.

und zum Fleischgenuss, zum Ackerbau und zum Handel giebt,' so haben wir es hier unverkennbar mit der Thätigkeit eines Demiurgen und Begründers der (Zivilisation zu thun, wie auch Alfred v. G u t s c h m i d richtig gesehen hat (ZDMG. 34, 192 f.), und ist Y ü in der That den Demiurgen K a g y a p a in Kaschmir, Maftjugri in Nepal, auch einem chaldäischen Oan und ähnlichen Gestalten zu vergleichen. Die Erdenwelt ist noch nicht fertig, Y ü hat das Werk zu vollenden. Die ungeheure Schwierigkeit der Aufgabe deutet die Sage damit an, dass sie dem Y ü in Kwen einen Vorgänger giebt, der vergeblich versucht hat, dem Gewässer zu wehren (Schu-k. I, 3 , 1 1 ) . E r dämmt nach einer Stelle des Schu-king (V, 4, 3) die Wasser der Flut ein und bringt damit die Naturordnung, die fünf Elemente, in Verwirrung, so dass Gott erzürnt wird und ihm den »Grossen Plan« mit seinen neun Abteilungen vorenthält, wodurch die naturgemässe Ordnung der menschlichen Gesellschaft hinfallig wurde. Kwen ward infolge davon bis an seinen T o d in Kerkerhaft gehalten, und für ihn trat Y ü ein, erhielt vom Himmel den »Grossen Plan« und brachte die naturgemässe Einrichtung der menschlichen Gesellschaft zu stände. Sollten wir je noch einen Zweifel an der Richtigkeit unserer Auffassung hegen, so müssten wir durch Meng-tsze vollends überzeugt werden, der namentlich an zwei Stellen auf die Geschichte zu reden kommt. Sein Bericht lautet das einemal (III, 1 , 4 , 7 ) : »Zur Zeit Y a o s , als das Erdreich noch nicht in geordnetem Zustand war, flössen die Wassermassen ungeregelt und überfluteten das Erdreich. Der Pflanzenwuchs war überaus üppig und Vögel und anderes Getier trieben sich haufenweise umher. Die Getreidearten kamen nicht zum wachsen. Die Tierwelt bedrängte den Menschen, Fussspuren von Tieren und Vögeln bildeten die Pfade, die kreuz und quer durchs Reich der Mitte liefen. Y a o war der einzige, den dies bekümmerte. E r stellte Schün an; der entfaltete eine ordnende Thätigkeit. Schün leitete den Y i zur Handhabung des Feuers an. Y i veranstaltete verheerende Brände auf den Bergen und in den Marschen, so dass die Tiere flohen und ein Versteck suchten. Y ü trennte die neun Ströme, brachte das Strombett des Tsi und Thä zurecht und leitete alle ins Meer; er gab dem Ju und dem Han ihren Lauf, er regelte den des Hwai und Sze, so zwar, dass er sie in den Kiang leitete. Daraufhin wurde es der Bevölkerung des Reichs der Mitte möglich sich zu ernähren.« Im folgenden wird mitgeteilt, dass das Volk (durch Hou-Tsi) auch Anweisung zum Getreidebau erhalten habe. A m anderen Ort ( 1 1 1 , 2 , 9 , 3 . 4 ) heisst es: »Zur Zeit Y a o s hatten die Gewässer keinen geregelten Lauf und überströmten das Reich der Mitte. Schlangen und Drachen wohnten darin: die Bevölkerung war nicht im stände sich anzusiedeln. In den Niederungen machte man sich Nester, in der Höhe Höhlen. Da wurde Y ü angestellt, dass er Ordnung 1

Vgl. auch Schu-k. III, 3 , 8 ,

wonach er die Normen des öffentlichen Lebens, Mass und

Ge-

wicht festsetzt. s

»Der Kaiser (Yao) sprach: Ach du Vorsteher der vier Gebirgsländer!

wässer richtet überall Zerstörung an. Iliigel.

Das mächtig flutende Ge-

Weithin sich ausbreitend umfängt es die Berge und überströmt die

Gewaltig anschwellend !) e d r o h t e s d e n H i m m e l , so dass das Volk seufzt und murrt.

es jemand, der mit der Abhilfe beauftragt werden kann? Alle sprachen: O ja, K w e n ! Ach mit nichten!

Er missachtet die Befehle und beleidigt seine Verwandten.

länder sprach: Lass es doch darauf ankommen! sagte (zu K w 5 n ) : Geh und thue deine Pflicht! zu bringen.«

Giebt

Der Kaiser sagte:

Der Vorsteher der Gebirgs-

Prüfe ihn, dann kannst du dich beruhigen.

Der Kaiser

Neun Jahre verrichtete er Dienste, ohne die Sache fertig

12

drill,

Zur chinesischen

Flutsage.

schaffe. Y ü zog Gräbeil durchs Land und leitete sie ins Meer. Kr vertrieb die Schlangen und Drachen und bannte sie in die grasigen Sumpfgegenden. Nunmehr hatten die Gewässer ihren (bestimmten) Lauf mitten durchs L a n d ; vom Kiang, vom Ilwai, vom Ho und vom Han gilt das — ; die Gefahren und Störungen waren beseitigt. Die Tiere, die den Menschen zugesetzt hatten, verschwanden, und die Menschen konnten in der Folge die Ebenen einnehmen und sich niederlassen.« 1 E s ist trotz der lokalen Färbung dieser Erzählungen schwer zu verkennen, dass wir hier einen kosmogonischen Mythus vor uns haben, und unser Ergebnis lässt sich kurz dahin zusammenfassen: D i e c h i n e s i s c h e F l u t s a g e b e r u h t n i c h t auf d e r E r i n n e r u n g an e i n e b e s t i m m t e g e s c h i c h t l i c h e T h a t s a c h e , s e i es aus d e r U r z e i t d e r M e n s c h h e i t , s e i es a u s d e r G e s c h i c h t e C h i n a s , s o n d e r n s i e ist ihrem W e s e n n a c h ein M y t h u s , 8 d e r als ein k o s m o g o n i s c h e r s c h o n s e i n e r G r u n d i d e e nach einer C o m b i n a t i o n mit den b i b l i s c h e n Erzählungen v o n d e r n o a c h i s c h e n F l u t w i d e r s t r e i t e t , und der formell naturgemäss an d i e E r f a h r u n g d e r n i c h t s e l t e n e n H w a n g h o - Ü b e r s c h w e m m u n g e n anknüpft. E s erübrigt nach alledem nur darzuthun, dass es auf einer Täuschung beruht, wenn man — und so namentlich auch v. R i e h t ho f e n a . a . O . - - die Geschichtlichkeit des Helden der chinesischen Flutsage Y ü (in der bescheideneren Eigenschaft eines Ministers der öffentlichen Arbeiten) durch den geschichtlich hochbedeutsamen Yü-kung (Schu-king 3. Teil i . B u c h ) bewiesen erachtet. In dieser alten Urkunde wird allerdings Y ü das Verdienst zugeschrieben, durch Regulierung der Bewässerungsverhältnisse und Urbarmachung des Bodens die Ansiedelung des chinesischen Volks, die Einteilung und Begrenzung des Landes und die Ordnung von Verkehr, Verwaltung und Besteuerung begründet zu haben. S o gewiss wir aber hier eine recht alte Reichsgeographie und Reichsstatistik erhalten, so gewiss fehlt es an einem zureichenden Grund zur Folgerung, dass der angebliche Minister Y ü wirklich eine geschichtliche Persönlichkeit sein müsse, und ist es unstatthaft, die in den oben besprochenen Stellen bezeugte Vorstellung von einer ungeheuren Flut, welche über ganz China sich erstreckt und deren Ableitung Y ü bewerkstelligt haben soll, aus dem Missverständnis und der Übertreibung einer späteren Zeit erklären zu wollen. Mit Recht hat schon v. G u t s c h m i d ( a . a . O . ) geltend gemacht, es entspreche ganz der Denkweise der ältesten Kulturvölker des Orients, dass dem Demiurgen, der das Land geschaffen oder bewohnbar gemacht hat, eine Beschreibung dieses Landes in den Mund gelegt werde (es wird an die auf den indischen Manu und den chaldäischen Oannes zurückgeführte Litteratur erinnert und insbesondere an die 72 von den Ägyptern dem Thoth in den Mund gelegten heiligen Schriften, speciell an die sog. 10 Bücher des Hierogrammateus, die einen dem des Yü-kung zum Teil überraschend ähnlichen Inhalt hatten). E r fährt vollkommen zutreffend fort: >Die nüchterne Geographie, die den Vorwurf des Yü-kung bildet, an Namen und Thaten

1

Zu den noch jüngeren Darstellungen vgl. I ' l a t h (a. a. O. p. 540), der von der Voraussetzung der

» G l a u b w ü r d i g k e i t der ältesten chinesischen Geschichte« aus die D a r l e g u n g Meng-tszes 2

Ob rein chinesischen Ursprungs, bleibt vorläufig eine offene F r a g e .

unterschätzt.

G r i l l , Zur chinesischen Flutsage.

13

des mythischen Yii zu knüpfen, wurde erleichtert durch die bei allen Völkern auf einer gewissen Stufe der litterarischen Entwickelung, und in der Regel ziemlich früh, eintretende rationalistische Betrachtungsweise der Sage; dafür, dass aus einem Demiurgen ein Minister der öffentlichen Arbeiten werden konnte, Hessen sich Dutzende von Beispielen beibringen; der umgekehrte Prozess würde ohne Analogie dastehen.« Ich glaube, der Wortlaut des Yü-kung selbst beweist die Richtigkeit dieser Auflassung. Die Schrift hebt § I mit den Worten an: Yii fu t' u. Das übersetzt L e g g e : »Yu divided the Iand«, v. R i c h t h o f e n (p. 344): »Yü ordnete das Land«. Weder die eine, noch die andere Übersetzung giebt wie ich glaube den Sinn des Zeitworts fu richtig wieder; bei beiden Übersetzungen ist der Vorgang chinesischer Commentatoren und die historische Umdeutung der Sage von Yü bestimmend gewesen. 1 Beidemal ist von dem übereinstimmenden Sprachgebrauch des gesamten Schu-king (und Schi-king) unbefugtermassen abgegangen. Dieser weist dem Verbum fu den Begriff des Ausbreitens, Ausgebreitethinlegens, Ausdehnens, Blosslegens, Ausführlichdarlegens, Bekanntmachens zu. Es ist schwer zu sagen, warum die diesen Bedeutungen gemeinsame Vorstellung nicht auch in dem fraglichen Satz mit fu gegeben sein soll. Der Sinn desselben ist in Wirklichkeit: »Yü breitete das (bis dahin von Wasser bedeckte) Land aus,« d. h. er legte es mittels Ableitung der Wassermassen bloss, brachte es in seiner ganzen Ausdehnung zum Vorschein. Auf das hiermit erfolgende vollständige Hervortreten der Gebirgszüge und Hügellandschaften, sowie andererseits die Entstehung der Flussläufe geht die folgende Bemerkung: »Er bestimmte (tien; Mandschu: toktobuha) die hohen Berge und die grossen Flüsse.« Däss übrigens in diesem einleitenden Paragraphen dem Hinweis auf Yüs berühmtes Werk eine klare Vorstellung nicht zu Grunde liegt, zeigt die zwischeneingefiigte Angabe: »Dem Lauf der Berge folgend hieb er die Bäume um« — ein Hysteronproteron, das sich offenbar daraus erklärt, dass der Verfasser kurz andeutend einige allgemeinste Sätze aneinanderreiht, in denen der Preis Yüs seinen stereotypen Ausdruck längst gefunden hatte. Dafür spricht eben auch die oben citierte Stelle des Schi-king (IV, 3,4,1), wo die Thätigkeit Yüs mit demselben Verbum fu bezeichnet ist (Legge hier: »arranged and divided«, Mnds.: dasafi = richtete ein) — in einem recht alten Liede: dieses fu ist unverkennbar uralter Terminus für das eigentümliche Wirken Yüs. Wenn aber in der Schi-king-Stelle als Objekt dieser Thätigkeit Yüs hia t'u fang (Mnds.: fejergi hosoi ba be) angegeben wird, so bestätigt dies noch weiter den ursprünglich mythischen Sinn der Sage. Nicht an eine »lokale« Überschwemmung ist gedacht, sondern an eine Flut, die sich über die verschiedenen Regionen (fang) der Erdenwelt, wie sie der alte Chinese sich vorstellt, erstreckt hat. Auch hier will freilich L e g g e ausweichen: er giebt hia t'u mit »the land« (im Index s.v. hia p. 682: »perhaps simply = the land«) und fasst den Ausdruck als Bezeichnung des chinesischen Reichs. 8 Hiergegen steht es fest, dass das Schi-king jenen Ausdruck als Benennung des unter dem Himmel gelegenen Landes überhaupt, des Erdreichs gebraucht (1,3,4,1.2. II, 5 , 1 , 1 . 6 , 3 , 1 . III, 3,4, 2; 1

Ch'ing giebt die Bedeutung »einrichten, in Ordnung bringen«; Ma Yung »teilen»; andere Com-

mentatoren combinieren diese Momente (vgl. Legge z. St.).

Die Mandschu übersetzen: Joi ba bt dtn-

defi (»teilte ein*). s

Richtig wird dagegen im Index s. v. /"» (p. 700) für den Ausdruck hia f// die Bedeutung »this

l o w e r w o r l d in Opposition tu l i e a v e n ahove» angegeben.

Grill,

'4

Zur chinesUchen

Flutsage.

vgl. auch Scliu-k. V, 6, 7: hia ti). Dass aber dieser weiteste Sinn gerade bei dem verdienstlichen Werke Yüs auch in Hetracht kommt, beweist unwiderleglich Schu-k. I I , 2 , I , I , wo ausgesagt ist, dass Yü (das Land) -bis zu den vier Meeren« blossgelegt habe (fu yü sze hai): damit kann nur das gesamte Festland der Erde, das der Chinese rings vom Meer umschlossen denkt, bedeutet sein.' Wenn aber endlich in Schi-king IV, 2,4,1 gesagt wird, dass das Werk Yüs von Hou-tsi fortgesetzt worden sei (tsivan yü chi siü eigtl.: er nahm das Fadenende Yüs wieder auf — vgl. Schu-k. III, 3, 8), so verrät diese Combination abermals den mythischen Charakter der Erzählung von Y ü : Hou-tsi, das Wunderkind der Kiang Yuen (Schi-k. III, 2,1), der »Geselle des Himmels« (IV, 1,10), der Gründer des Ackerbaus und des Opferdienstes, azocTcop und avsvsa)/jy/;-roc, stellt sich so deutlich als eine mythische Gestalt dar, deren Heimat im uralten Ansiedelungsgebiet der jetzigen Provinz Schen-si zu suchen sein wird (vgl. Schi-k. III, 2,1, 5), dass die Angaben der Späteren, die Hou-tsi zum Ackerbauminister unter Yao und Schün machen (Confuc. anal. 14,6. Meng-tsze III,1,4,8. IV. 2,29) und ihn in dieser Eigenschaft Y ü an die Seite stellen, auch wissen wollen, dass er ein Bruder Yaos, ein Sohn des Kaisers K'ü oder dergleichen gewesen sei (s. Legge, Chin. class. IV, 2. p. 466), den Historiker unmöglich irreleiten können. 1

V g l . L e g g e zu Schu-k. II, I, 1 3 : ••The phrase — sze hat — must liave

klea of the habitable territory as bounded on every side 1 >y water.«

hail

its origin

in

v. Richthofen a . a . O . p. 346.

Julius Grill.

some

Altnordisch fedgar Vater und Sohn. Im Altnordischen giebt es ein zwar nicht in der poetischen Edda, wohl aber in der sonstigen Litteratur nicht selten vorkommendes Wortpaar, welches von seiten der Form und Bedeutung Aufmerksamkeit verdient: fedgar »Vater und Sohn oder Söhne« und madgur »Mutter und Tochter«. Ein paar Beispiele für das erstere sind: vid fedgar »wir, Vater und Sohn« (vgl. Vigfusson s.v.); nü ganga ]>eir fedgar »nun gehen der Vater und die Söhne«, nämlich Hreidhmar mit seinen Söhnen Fäfni und Regin (Skäldskaparmäl XXXIX, Wilken p. 114) ; ef pü synjar okkr fepgum jafnrcepis »ob du uns beiden, dem Vater und dem Sohne, die Heirat abschlägst« (der Vater spricht), Gunnlaugssaga Ormstungu herausg. von E. Mogk p. 9; Gunnlaugr segir Porsteini hversu farit hafpi mep peim fepgum »Gunnlaug erzählte Thorstein, wie es sich zugetragen habe zwischen dem Vater und dem Sohne« (der Sohn spricht), ebenda p. 5. Dass den Bildungen fedgar und madgur die Wörter für Vater und Mutter zu Grunde liegen, liegt auf der Hand. Das r, welches in beiden fehlt, war einstmals vorhanden, wie die altschwedischen inschriftlichen Formen faprkar d. i. fedrgar und -tnuprku d. i. mödrgu zeigen (vgl. Noreen, Altisländische Gr. § 224, 10). Aber wie hat man sich die Entstehung aus dem Grundwort zu denken? Wenn man hauptsächlich auf die Thatsache der Ableitung durch ein Suffix achtet, so wird man fedgar kaum anders übersetzen können, als es z. B. durch Wilken in dem Glossar zur prosaischen Edda geschieht, nämlich durch »Vatersleute«, so wie Kluge, Nominale Stammbildung p. 14, das aus dem Hildebrandslied bekannte suttufatarungo durch »die Leute des Sohnes und des Vaters« wiedergiebt (und ebenso Brugmann, Grundriss 2,252). Ich muss aber gestehen, dass es nach meinem Geschmack eine sonderbare Ausdrucksweise sein würde, wenn ein Vater von sich und seinem Sohne oder ein Sohn von sich und seinem Vater sagte: »wir Vatersleute«. Somit wird es wohl richtig sein, vor allem die Bedeutung im Auge zu behalten, und darauf zu beharren, dass fedgar nichts anderes heissen könne als »Vater und Sohn« (und sunufatarungo ebenso). Verfährt man so, und ist man zugleich, wie es bei mir der Fall ist, geneigt, immer zuerst an das alte Sanskrit zu denken, so muss man notwendig auf die elliptischen Duale des Veda verfallen, wie miträ »Mitra und Varuna«, ushasä »Morgen und Nacht«, dhani »Tag und Nacht«, dyava »Himmel und Erde«. Auf diese Erklärung ist denn auch bereits der erste Gelehrte, welcher über die indogermanische Zusammensetzung im Zusammenhange gehandelt hat, gekommen, nämlich Ferdinand Justi, Über die Zusammensetzung der Nomina in den indogermanischen Sprachen (Göttingen 1861), wo es p. 87, nachdem er von dem indischen dvandva ekagesha gesprochen hat, heisst: »Solcherlei Bildungen hat auch das Deutsche noch, aber es kann nicht mehr auf diese schöne Weise mit einer Dualendung die Beziehung kenntlich machen, es muss sich vielmehr mit Affixen

i6

D e l b r ü c k , Altnordisch fedgar Vater und Sohn.

und sonstigen Mitteln helfen; wir sagen ,Geschwister' und verstehen darunter Kinder beiderlei Geschlechts, altn. sagt man syzkin, auch von systur mit Abfall des Suffixes tir gebildet; fedgar Vater und Sohn, mit Abfall des ir; got. sagt man aber für , Vater und Mutter' noch mit dunkel gewordener Dualendung fadrein u. s. w.« Wenn Justi mit dieser Auffassung bei den neueren Sprachforschern keine Gegenliebe gefunden hat, so liegt das wohl zum Teil daran, dass er einiges nicht Zugehörige beigemischt hat, nämlich fadreitt und syzkin. Fadrein hatte schon J. Grimm, Gr. I 3 , 6 n , richtig als substantivisch gebrauchtes Neutrum adjektivischer Form bezeichnet (vgl. jetzt auch J. Schmidt, Pluralb. p. 14), und Bopp, der im Vocalismus p. 188 gemeint hatte, *fadrei sei ein neutraler Dual wie skr. cakshnshi (oder vielleicht auch mit pitara zu vermitteln mit Schwächung von a zu /), das n aber ein »neuer Ankömmlinge wie bei der schwachen Declination — Bopp, sage ich, kann dagegen nicht aufkommen. Mit altn. systkin »Geschwister« (neutr. pl.), fedgin »Vater und Mutter« (neutr., gew. pl.), meedgin »Mutter und Sohn« (neutr. pl.) verhält es sich ebenso. Zur Veranschaulichung kann man sagen, fadrein sei etwa *patrinum. fedgin etwa *patricinum, nämlich genus. Diese Bildungen also sind abzuscheiden, aber mit fedgar dürfte Justi recht haben. Im Genaueren denke ich mir den Hergang so. Ich glaube Synt. Forsch. 5,98 wahrscheinlich gemacht zu haben, dass der Typus dyava (wonach also von zwei eng zusammengehörigen Wesen nur das eine, im Augenblick wichtigere, genannt wird, und zwar in dualischer Form) altertümlicher sei, als der Typus dyävaprthivi. Er wird im Indogermanischen so gut vorhanden gewesen sein, wie er sich in manchen anderen Sprachen zeigt, z. B. im Arabischen (vgl. Praetorius in E. Kuhns Litteraturblatt 3,44* ff.). Diese uns jetzt abhanden gekommene Ausdrucksweise hatte den Vorteil, dass zwei Personen wie 7.. B. Castor und Pollux in anschaulicher Weise als Einheit bezeichnet werden konnten, aber den Nachteil, dass bisweilen über den hinzuzudenkenden Begriff ein Zweifel entstehen konnte. (»Zuweilen — sagt Praetorius a. a. O. — steht der in den Dual erhobene Begriff zu mehreren anderen in ungefähr gleich engem begrifflichem Zusammenhang, dann ist der andere sprachlich nicht ausgedrückte Begriff verschiedener Deutungen fähig; zuweilen war auch der begriffliche Zusammenhang nicht allgemein bekannt genug, so dass später die Araber selbst über die richtige Ausfüllung der latenten Idee im Unklaren sich befanden.«) Das wird namentlich der Fall gewesen sein bei Verwandtschaftsnamen. Skr. pitära heisst »Vater und Mutter«, wobei also vom Standpunkte der Kinder aus gesprochen wird, altn. fedgar aber, indem man sich auf den Standpunkt eines beliebigen Dritten stellt, »Vater und Sohn«. Das altn. tncedgur könnte an sich auch »Mutter und Sohn« bezeichnen, wie mardgin thatsächlich »Mutter und Sohn« heisst. Dieser Mangel führte in denjenigen Sprachen, welche den Dualis beibehielten, zur Anfügung des zweiten ausfüllenden Dualis, also zur Schaffung des Typus dyävaprthivi. Wo aber der Dualis in Verfall geriet, konnte sich natürlich keine von beiden Ausdrucksweisen halten. Die erste (Typus dyäva) war ganz und gar an das Vorhandensein des Dualis gebunden, da bei etwaiger Pluralisierung des alten Dualis die Ergänzungsmöglichkeit all7.11 umfänglich wurde, und bei der zweiten war es aus einem andern Gninde ebenso. Einem aus Sohn und Vater gebildeten Compositum konnte man ja, wenn die charakteristische Endung des Dualis schwand, nicht mehr ansehen, ob es nicht etwa als Tatpurusha

D e l b r ü c k , Altnordisch feägar Vater und Sohn.

verstanden werden sollte. In diesem Falle nun, dass mit dem Verschwinden des Dualis überhaupt auch die elliptischen Duale den Halt verloren, befand sich das Germanische. Es gingen also im Germanischen im allgemeinen die alten elliptischen Duale verloren, nur das Festgewurzelte für »Vater und Sohn* erhielt sich,1 bekam aber ein Suffix. Wie das zugegangen ist, lässt sich, wie ich denke, mit Wahrscheinlichkeit erraten. An den Verwandtschaftsnamen kommen ja recht verschiedene Beziehungen von Personen zum Ausdruck. Man kann z. B. die Absicht haben, die Brüder im Gegensatz zu den Schwestern zu benennen, dann genügt einfach der Plural des Wortes Bruder. Man kann aber auch wünschen, die Beziehungen, welche unter den Brüdern an sich stattfinden, hervorzuheben, dann hat oder hatte man in unserer Sprache zwei Mittel: entweder man setzte ein »ge« davor (»Gebrüder« schon ahd.), oder man bediente sich eines Suffixes, so got. broprahans »die unter einander Brüderlichen«, welches uns erhalten ist Marc. 12,20 sibun broprahans vesun »es waren sieben Gebrüder«. Nach solchen Bildungen wie broprahans dürfte sich fedgar gerichtet haben. Es erhielt durch das anderswoher entlehnte Suffix den Ausdruck der Zusammengehörigkeit wieder, der einstmals in dem Dualis enthalten gewesen war. Ebenso wird es sich mit dem alts. gisunfader und dem ahd. sunufatarungo verhalten, die durch diese Betrachtung wieder in ihren alten Rang als einzige Reste der Dvandvabildung erhoben werden. Die Frage, wie sich die berührten Suffixe lautlich zu einander stellen, möchte ich nicht entscheiden, sondern den Germanisten zuweisen, da ich mich den Feinheiten der deutschen Lautlehre nicht gewachsen fühle. Mir kam es nur darauf an, unter Herbeiziehung des Indischen dem Deutschen den Dvandva-Typus zu retten, und ich hoffe, man wird zum mindesten zugestehen, dass der Versuch zeitgemäss war in einem Augenblick, wo wir alle Rudolf Roths und zugleich des grossen indisch-deutschen Dvandva BöhtlingkRoth mit Verehrung und Dankbarkeit gedenken. ' Ich lasse hier mceägur beiseite, weil man doch nicht wissen kann, ob es nicht vielleicht eine speclell germanische Nachbildung nach ftägar ist.

Berthold Delbrück.

Der Knoblauch in der indischen Medicin. Kaum bei einer der anderen Fachwissenschaften haben sich die Altersbestimmungen in so starken Extremen bewegt wie bei der Medicin, wofür es genügt, an die beiden Namen Hessler und Haas zu erinnern. Der nicht genug zu schätzende, selbst in seinen jüngsten Teilen über die Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr. zurückreichende 1 Codex Bower bringt auch hierfür neue Aufschlüsse. Wie Roth* schon beim ersten Auftauchen dieser Handschrift auf Übereinstimmungen derselben mit Caraka u. a. medicinischen Autoren hingewiesen hat, die zu einer Hinaufrückung des Alters derselben zwängen, und Parallelen zu V â g b h a t a s Ashtângahfidaya gleichzeitig von Biihler nachgewiesen worden sind, 3 so hat Hörnle, der Entzifferer der Hs., in seinem »First Instalment« 4 eine Menge schlagender Analogien aus späteren Werken zu dem ersten, über kshudraroga handelnden Teil des Navanitaka beigebracht. Im Nachstehenden möchte ich hiezu einen kleinen Nachtrag geben, der den ersten, auf den Knoblauch bezüglichen Teil des Werks betrifft (1-42). Entstanden ist der Knoblauch aus den Amptatropfen, die aus dem von Vishgu bei der Quirlung des Meeres abgehauenen K o p f e des diebischen »Fürsten der A su ras« zu Boden fielen ; dies ist auch der Grund, weshalb die Brahmanen keinen Knoblauch geniessen. Ganz die nämliche Legende bietet Vâgbhatas Ashtângahpdaya (Bomb. 1891). Bower 1 0 - 1 2 .

Asht- Uttarasth. 39, 1 1 2 f.

puràmritayi pramathitam asurendraft ràhor amritacauryena lûnàd ye patità svayain papau \ tasya cchiccheda bhaga- j galât | amritasya kanà bhùmau te rasovân uttamângatfi janàrdanah kantha- \ natvam âgatâh | dvijà nàçnanti tant nàdi samàsannà vicchinne tasya mûrato daityadehasamudbhavam sâkshâd dhani \ bindavali patità bhumàv âdyatft \ amritasartibhüter grâmaitîh sa rashyatasyeha janma tu j j na bhakshayanty natu i enam ataç ca viprâh çarîrasaytparkavinihsritatvàt Als verbotene Speise erscheint der Knoblauch auch in den Gesetzbüchern, z . B . Vi. 5 1 , 3 , M. 5 , 1 9 , Yâjfi. 1 , 1 7 6 , und so stimmen die medicinischen Anschauungen und Vorstellungen der Rechtslehrer überhaupt durchweg mit denjenigen der medicinischen Autoren überein, wie ich in einem in den Verhandlungen des Londoner Orientalistencongresses erscheinenden Vortrag ausführlich darzulegen versucht habe. 1

llörnle, Procee wonach es reiner Verhältnisbegriff ist, nicht die eigentliche sein kann, und dass wir überhaupt, um diese zu finden, vielmehr gerade von der Anwendung auf Gott ausgehen und einen hierfür passenden Sinn suchen müssen, in der Annahme, dass sich von da aus auch die Anwendung auf anderes als Gott selbst werde erklären lassen. So scheint es also, dass aHp vielmehr, wie dies ja auch die gewöhnliche Annahme ist, ein Materialbegriff und damit eine bestimmte Wesenseigenschaft Gottes ausgedrückt ist. Fragt man aber, welche, so ist bezeichnend die Unsicherheit der Antwort, das Umhertasten mit dem Auffinden dieser Eigenschaft. Es ist nachgerade der ganze Kreis möglicher und denkbarer, metaphysischer und ethischer Eigenschaften Gottes — und darunter sind die am weitesten auseinanderliegenden — durchlaufen worden. Ein Erklärer widerlegt und berichtigt immer wieder den andern. Auf diese Erklärungen im einzelnen lasse ich mich nicht ein. Ich meine, dies unsichere Suchen und immer wieder neue Versuchen, die gemeinte Eigenschaft zu finden, das doch nicht gelingen will, spricht deutlich genug. Der tinp-Begriff in Absicht auf Gott schillert freilich sozusagen in allen seinen Eigenschaften, man kann jede darin entdecken, aber nur weil er überhaupt keine derselben meint, sondern in eine ganz andere Kategorie von Begriffen gehört,



S c h m o l l e r , Die Bedeutung von t J H p ' m Alten Testament.

als in die, in welche diese Eigenschaften fallen, nämlich in die der Verhältnisbegriffe. Bezeichnend ist auch bei der Voraussetzung, a n p sei ein Materialbegriflf, das Suchen nach einer möglichst allgemeinen, über allen anderen sonstigen Eigenschaften Gottes liegenden, bezw. ihnen zu Grunde liegenden, ich möchte sagen, geheimnisvollen Eigenschaft, die damit ausgedrückt sein soll. Der »Besitz frischen, ursprünglichen, in sich selbst quellenden Lebens< ist nach einem der neuesten und gründlichsten Erklärungsversuche von diesem Standpunkt aus die in der Tiefe liegende Eigenschaft, welche mit 2>-p Gott zugeschrieben werden soll. Meines Erachtens kommt auch darin nur wieder das zum Vorschein, dass es überhaupt keine materiale Eigenschaft meint. Man sieht eben überall Dogmatik und dogmatische Lehren auch da, wo es sich vielmehr um religiöse Eindrücke und Aussagen handelt. Doch beweisend ist gegen die Fassung von -¿'ip als einem Materialbegriflf dies berührte unsichere Umhertasten bei dem Suchen nach diesem Begriff freilich noch nicht, wohl aber ganz einfach das, wovon wir ausgingen, nämlich die Anwendung von ¡¿Hp auf das, was Gott zugeeignet ist oder wird. Denn die Schwierigkeit, die wir oben bei der Fassung von tiHp als einem Verhältnisbegrifif wegen seiner Anwendung auf Gott fanden, kehrt natürlich nun, wenn wir es deshalb vielmehr als Materialbegriflf fassen zu müssen meinen, in umgekehrter Weise wieder bei der Frage: wie haben wir denn dann seine Anwendung auf anderes als Gott zu verstehen? Man macht es sich freilich damit insgemein sehr leicht, indem man sagt: das, was Gott zugeeignet wird, heisst und ist einfach darum ¡¿Hp, weil der Gott, dem es zugeeignet wird, die E i g e n s c h a f t des a n p hat. Unvermerkt macht man aber damit wieder im Handumdrehen aus dem Materialbegriflf einen blossen Verhältnisbegrifif bei der Anwendung auf anderes als Gott selbst (indem es hier dann doch bloss das Golt Zugeeignetsein bedeuten soll), und das geht denn doch schlechterdings nicht an. Wollte man aber Ernst damit machen, dass, wenn und weil ¡¿""¡p eine bestimmte E i g e n s c h a f t (Gottes) ausdrücke, dem, was Gott zugeeignet wird, mit der tCHpPrädicierung desselben dieselbe E i g e n s c h a f t beigelegt werden wolle: so darf man sich meines Erachtens nur ganz einfach die Consequenz davon klar machen, um zu sehen, dass man sich in eine Sackgasse verliert. Was ein Bestandteil von Gott ist, was in oder an Gott ist, z. B. sein Name, seine Hand, partieipiert natürlich unmittelbar an jeder Eigenschaft Gottes; aber doch nicht das, was Gott zugeeignet ist, und doch heisst und ist es jjHp. Will und kann denn h i e r v o n — je nach der Eigenschaft, die man mit jpip ausgedrückt findet — z. B. Erhabenheit über das Irdische oder Besitz eines ursprünglichen Lebens oder Zorneifer oder Bundestreue oder Sündlosigkeit — alles das hat man ja schon darin gefunden — prädiciert werden?! Nur in dem Mass, als der üHp-Begriff eines materialen Inhalts entkleidet wird, indem man darin etwa den Begriff der Unnahbarkeit oder Unverletzlichkeit findet, partieipiert natürlich auch das Gott Zugeeignete an diesem Attribut Gottes. Also Bop kein Materialbegriff! Bestätigt wird es einmal dadurch, dass ja sonst Sn nicht der Gegensatz dazu sein, ein nicht als die eigentliche, dem BHp-Charakter, den etwas hat, widersprechende Verfehlung gegen dasselbe bezeichnet werden könnte. Namentlich aber wird es, was mir besonders wichtig erscheint und viel zu wenig berücksichtigt wurde, bestätigt durch die älteste Erklärung, die

Schmoll er, Die Bedeutung vun ß>"Tp im Alten Testament.

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wir von dem Begriff haben dadurch, dass die L X X bekanntlich ihn mit ayio; übersetzen: ein im Profangriechischen wenig gebrauchtes Wort, noch nicht bei Homer, dagegen bei Herodot, nicht so ganz selten bei Pinto, auch ein- oder zweimal bei Isokrates und Xenophon, dann erst wieder bei Schriftstellern, die viel später sind als die L X X , öfter z. B. bei Plutarch. Ks wird nie auf Götter, auch nicht auf Menschen angewendet, sondern nur auf Sachen; namentlich häufiges Epitheton am Ispov. E s hängt ohne Frage zusammen mit a^ou.at, einem bei Homer und den Tragikern sich findenden seltenen Verbum, das »sich — pietätsvoll vor Göttern, Eltern etc. — scheuen« bedeutet, also = i"lp will Gott eben als solchen, als der er erkannt werden soll, bezeichnen, nämlich als einen dem Bereich des Profanen nicht angehörigen. Kurz wir können dem Zugeständnis nicht ausweichen: Gott stellt flir das israelitische Bewusstsein, indem er als B>i"lj? bezeichnet und stets von seiner ¡tfip geredet wird, allerdings in dem Gegensatz des Nichtprofanen zu dem Profanen und will in denselben gestellt werden. Und hat denn das nicht einen ganz guten Sinn? Er wird klar und deutlich dadurch aus dem Kreis aller sonstigen Existenzen, die als übernatürliche ihm zunächst gleichartig sind bezw. gedacht sind, ausgesondert und für nicht-profan, also ehrfürchtige Scheu in Anspruch nehmend erklärt, wogegen dann jene anderen Existenzen profan sind und also diese Scheu nicht in Anspruch nehmen bezw. sie ihnen nicht gebührt. Allein »das ist ja bei Gott selbstverständlich. Die tinp-Prädicierung Gottes wäre also eine völlig nichtssagende, und geschieht doch mit sichtlicher Emphase in den alttestamentlichen Texten«. Der Einwand scheint unwidersprechlich und ist doch ganz unbegründet. Der Schein einer leeren Tautologie entsteht bloss, weil »Gott« für uns immer schon Begrififswort ist, das dem Wesen, welches so genannt wird, einen bestimmten Charakter eo ipso beilegt. Allein in dem Satz: »Gott ist tf'hp« ist das Subjekt »Gott« zunächst rein als Name, als Nennung eines bestimmten, allerdings übernatürlichen Einzelwesens anzusehen. Erst die anp-Prädicierung charakterisiert es als ein dem Profanbereich nicht angehöriges und darum jedenfalls in die Sphäre Gottes — dies als Begriff gefasst — gehöriges Wesen. Oder die Sache wird gleich klarer, wenn wir anstatt »Gott«, das uns zum Begriffswort geworden, vielmehr einen bestimmten Namen einsetzen, nämlich Jahve: und dieser ist es ja auch, von dem die unp-Aussage im Alten Testament gilt. Wir verstehen nun auch wohl das nachdrückliche Betonen des unp-Seins Jahves. Es spricht sich darin der volle Ernst der religiösen Verpflichtung gegen ihn aus — und zwar gerade gegen ihn, der der einzige sein will und soll, dem sie gebührt — nicht anderen, ob auch übernatürlichen Existenzen —, und in der bekanntlich so häufigen jesaianischen Benennung Jahves als des Sxifc^ ttfilp speciell die Verpflichtung, die Israel als Volk dieses Jahve gegen ihn hat. Und darüber, dass das immer wiederkehrende Einschärfen dieser Verpflichtung beim Volk Israel nötig und darum wichtig war, brauchen wir kein Wort zu verlieren. Also — ist das Eacit unserer Untersuchung auch in der Anwendung auf Gott bezw. Jahve bezeichnet fc'lp n i c h t eine d o g m a t i s c h e Q u a l i t ä t , sondern die Stellung, die ihm zukommt für das religiöse Bewusstsein, seine r e l i g i ö s e D i g n i t ä t — es ist durchweg kein Material-, sondern ein reiner Verhältnisbegriff. Mit der Frage: Was will mit a n p von Jahve ausgesagt werden? darf aber nicht vermischt werden, so gewöhnlich das auch geschieht, eine zweite I"rage:

S c h m o l l e r , Die Bedeutung von E O p im Alten Testament.

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Wodurch erweist sich Jahve als der, der den anp-Charakter hat oder das ist, was mit a n p von ihm ausgesagt werden will und soll ? Und da ist natürlich die Antwort: durch all die Eigenschaften, die ihm überhaupt als Gott zukommen bezw. ihm zugeschrieben werden im Alten Testament, aber nicht mit der anpPrädicierung selbst, sondern anderwärts. Darum schillert, wie wir oben sagten, natürlich der tC"jp-BegrifT Jahves in allen seinen Eigenschaften — wir finden ihn wegen der verschiedensten als t£Hp prädiciert — und meint doch selbst keine derselben. Möge der Herr Jubilar diese schon vor siebenundvierzig Jahren ein Zeichen des Dankes für die suchungen, wenn auch auf anderem

kleine Studie eines Schülers, der ein solcher war und in der Gegenwart es wieder ist, als Anleitung zu gründlichen sprachlichen UnterGebiete, freundlich aufnehmen.

Otto Sehmoller.

Das Wergeid in Indien. Bei dem unleugbaren Interesse, welches die Frage über das Vorkommen des Wergeides in Indien besitzt, halte ich es nicht für überflüssig den Äusserungen Roths, Leists und Jollys noch einige weitere Bemerkungen hinzuzufügen, welche sich besonders auf das Vorkommen der Institution in der heutigen Zeit und auf die Interpretation der bekannten Stellen in den Dharmasütras und Dharmagästras beziehen. Meine Note zu der Stelle in Apastambas Dharmasütra I, 24, 1 ff., an welche die späteren Discussionen sich anlehnen, schrieb ich im Jahre 1872, als ich die erste, nie veröffentlichte, Auflage der Übersetzung in Bombay drucken Hess, welche 1878 zu Gunsten der Sacred Books of the East eingestampft wurde. Ich fasste dieselbe unter dem Eindrucke einer Mitteilung ab, nach der noch jetzt in Indien mitunter Zahlungen von Wergeid vorkommen und sogar mit der Sanction der englischen Beamten gemacht werden. Die erste Kunde von diesem Gebrauche erhielt ich im Winter 1 8 7 1 / 7 2 durch Colonel L . Barton, den damaligen Political Agent des Distriktes von RevakäiJthä in Gujarat. Ich traf mit ihm auf meiner Inspektionsreise durch seinen Distrikt zusammen und er erzählte mir von den Zuständen in dem Grenzgebiete zwischen der Präsidentschaft von Bombay und den Staaten von Dungarpur und Bänswarra in Rajputäna, die er gerade besucht hatte, ungefähr folgendes: »Die Distrikte auf beiden Seiten der Grenze sind mit dichtem Walde bewachsen und von Bhils und anderen wilden Stämmen bewohnt, die aber, wie das bei den Waldbewohnern nicht selten vorkommt, vielfach mit arischem Blute gemischt sind, da geächtete Rajputen sich in früherer Zeit oft zu ihnen flüchteten und bei ihnen blieben. Diese Leute leben, ähnlich wie die Bewohner der Walddistrikte der Panch Mahals und anderer Collectorate, nicht in eigentlichen Dörfern, sondern in einzelnen Gehöften oder Hütten, von denen eine Anzahl als zu einem Dorfe gehörig betrachtet wird. Diejenigen von ihnen, welche in der Präsidentschaft von Bombay wohnen, sind nominell Unterthanen der Räjäs von Sünth und Kadänä. In Wirklichkeit zahlen sie aber selten Steuern, da das mörderische Klima ihrer Wohnsitze und ihre eigene Wildheit es schwierig und gefährlich macht, Beamte zu ihnen zu senden. Die physisch nicht sehr widerstandsfähigen Brahmanen, Parbhus, Kayasthas u. s. w., aus denen sich der indische Beamtenstand rekrutiert, erliegen nämlich dort, wie in der Waldzone von Mändvi und Bardoli (bei Surat), meist sehr rasch dem Junglefever. Sollte aber einer dem Fieber entgehen und sich unangenehm machen, so würde ein Pfeil bald seinen officiellen Arbeiten ein Ziel setzen. S o sind diese Leute so ziemlich sich selbst überlassen. Mit ihren Nachbarn in Rajputäna leben Sie häufig in Fehde. Gegenseitiger Frauenraub, Viehdiebstähle, Mord und Totschlag sind etwas ganz Gewöhnliches. D a eine geregelte Rechtspflege unmöglich ist, so wird von Zeit zu Zeit im Winter, wenn der Wald zugänglich ist, eine Tagsatzung

B ii h 1 1 r , Das Wergelil ¡11 Indien.

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der Häupter beider Parteien gehalten, der die politischen Agenten von Dungarpur und Reväkäijthä, sowie Beamte der betreffenden Native States beiwohnen. Bei diesen Gelegenheiten wird zunächst auf beiden Seiten die Zahl der Erschlagenen, der geraubten Weiber und des geraubten Viehes festgestellt. Dann wird eine Abrechnung gemacht, Mann gegen Mann, Weib gegen Weib, Kuh gegen Kuh u. s. w. Das Dorf oder der Stamm, dem nach der Abrechnung ein Rest bleibt, wird von den Gegnern nach einer gewissen Taxe entschädigt, wobei Männer in der Blüte der Jahre, Knaben, Greise, junge Krauen, alte Frauen, Kühe und anderes Vieh je nach besonderen Sätzen bezahlt werden. Die zu zahlenden Summen werden von den Beamten auf der Stelle eingetrieben und denjenigen eingehändigt, denen sie zukommen. Ist das geschehen, so ist die Sache in Ordnung und die Fehde zeitweilig beendigt.« Zu diesem Berichte will ich einige andere Angaben aus älterer und neuerer Zeit fügen, welche Bestätigungen und Erweiterungen geben. Zunächst ist hervorzuheben, dass Colonel Tod in seinen Annals of Räjasthän I, 161-164 einen "Abschnitt über »Private Feuds«,— » C o m p o s i t i o n c giebt und dort das Vorkommen des Wergeides unter den Rajputen bezeugt. Der begabte, aber recht extravagante Autor macht auch schon die Zusammenstellung von Prakrit ver »Feindschaft« mit dem deutschen wer und vergisst es nicht, die Regeln aus Manu über die Zahlung von Wergeid zu citieren. Da sein Werk nicht überall leicht zugänglich ist, mögen die Hauptstellen in extenso gegeben werden: »In the Hindu word which designates a feud we have another of those striking coincidences in terms, to which allusion has already been made: w f r is 'a feud' and wfree 'a foe'. The Saxon term for the composition of a feud wergeldt is familiar to every man. In some of these states the initial vowel (lies: consonant) is hard and pronounced bdr. In Rajasthan b/r is more common than w&, but throughout the south west w& only is used. In these we have the original Saxon word war, the French guer. The Rajpoot wergeldt is land or a daughter to wife. In points of honour the Rajpoot is centuries in advance of our Saxon forefathers who had a legislative remedy for every bodily injury, when each finger and toe had its price. This might do very well when the injury was committed on a hind, but the Rajpoot must have blood for blood. The monarch must be powerful, who can compel acceptance of the compensation, or moond-kuttie \rnu%4akäti 'Kopfabschneiden'].c 1 Im Verfolg des Gegenstandes erzählt Colonel Tod, wie dem Sohne des Dellil, Besitzers von Amergurh in M£war, durch den Mahärägä von M£war fur den Mord seines Vaters fünf dem Mörder gehörige Dörfer zugesprochen wurden. Endlich berichtet er in Appendix XVIII, 683 von einem andern Falle, in welchem Jait Sing [Jayantasiipha] Chondawut für den Mord einiger seiner Rajputen 26 Bighas Land als moond-kati erhielt. Die Daten der von Tod berichteten Fälle sind leider nicht angegeben. Aus der allerneuesten Zeit stammt Sir Alfred Lyalls amüsante Beschreibung8 einer »Border Punchäyat, which means a meeting of arbitrators, under the presidency of one or two English officers, upon the marches of two or three native States to inquire into and settle cases of raids, and to award compensation for injuries and losses among the half-savage tribes along these borders«. Der Fall, ' Annals of Rajasthan I, 1 6 2 (Madras Ausgabe); Manu wird in der dritten Note zu der Stelle citiert. ' Asiatic Studies p. 1 5 9 (2nd edition).

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Kühler,

Das Wergeid in Indien.

welchen Sir A. Lyall näher beschreibt, betrifft einen Bhil, dessen Anrede an die hohe Panchäyat folgendermassen lautet: »Here is the herd \ve lifted; we render back all but three cows, of which two we roasted and eat on the spot after harrying the village, and the third we sold for a keg of liquor to wash down the flesh. A s f o r the B r a h m a n we s h o t in t h e s c u f f l e , we w i l l p a y t h e p r o p e r b l o o d - m o n e y . « Mag der Fall ein der Wirklichkeit entnommener sein oder nicht, die Erzählung zeigt jedenfalls, dass Zahlungen von Wergeid in der Mitte der siebziger Jahre, als Sir A . Lyall der Vertreter des Vicekönigs in Rajputänä war, dort nicht selten vorkamen. Rajputänä ist, neben Gujarät und der Central Indian Agency, diejenige Provinz, in der sich alte Bräuche und alte Rechtsgrundsätze am besten gehalten haben, und unter diesen solche, welche das brahmanische Recht der Smritis später eliminiert oder umgemodelt hat. Bei aller Achtung vor dem »Ilm« und der geistlichen Macht der Brahmanen hält der adlige Rajput seinen Stamm für den ersten und edelsten und betrachtet den Bhattji und den Pandit, die er fiittert, kleidet und mit Büchern versieht, mit sehr gemischten Gefühlen. So bereit er ist, für die »Brahmanen und die Kühe« sogar sein Leben zu opfern, so wenig fällt es ihm ein, stets seine Lieblingsanschauungen und Bräuche den theologischen Schrullen seiner geistlichen Berater zu opfern. Oft ist er in seiner Opposition sehr hartnäckig, selbst wenn die übrigen Hindus sämtlich die Grundsätze der brahmanischen Lehre angenommen haben. Ein recht merkwürdiger Fall dieser Art ist die in den letzten Jahren vielbesprochene Kinderehe. Nicht bloss diejenigen Stände wie Kaufleute und Grossbauern, die man mit dem Ausdrucke uf Ii vasti »die Honoratioren« bezeichnet, sondern auch sehr niedrige Stämme huldigen dem brahmanischen Dogma, dem zufolge jedes Mädchen vor dem Eintritt der Mannbarkeit verheiratet sein muss. Aber die Rajputen begnügen sich damit, ihre Töchter früh zu verloben. Bei der Hochzeit ist die Braut mitunter achtzehn oder zwanzig Jahre alt, selten jünger als fünfzehn oder sechzehn. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Rajputen in diesem Falle eine alte Sitte bewahrt haben. Ähnlich steht es mit der Zulassung des Wergeides bei Mord oder Totschlag, und man wird in den von Colonel Tod berichteten Zügen, dass der stolze Krieger für seinesgleichen ungern Blutgeld annimmt und, wenn er es thun muss, Land oder seines Feindes Tochter fordert, gewiss etwas besonders Altertümliches sehen dürfen. Für die Interpretation der verschiedenen Stellen der (^ruti und Smriti ist der Nachweis des Vorkommens des Wergeides in der Jetztzeit von doppelter Bedeutung. Derselbe macht einerseits ihren allgemeinen Sinn unzweifelhaft. Andererseits beweist er, dass diejenigen Stellen die altertümlichsten sind, welche die Zahlung des Wergeides nicht für ein unter gewissen Umständen mögliches Präyagchitta erklären, sondern von demselben als von einer staatlichen Institution oder einem allgemein gültigen Brauche sprechen. Dies trifft zunächst bei den vedischen Stellen zu, welche Altmeister v. Roth in seinem interessanten und wichtigen Aufsatze, ZDMG. 41,672 ff.,1 zuerst aufgeführt hat, sodann auch bei den Regeln, welche Baudhayana in seinen Notizen über die Criminaljustiz giebt. Die vedischen Stellen beweisen, wie allseitig anerkannt ist, dass 100 Kühe ganz gewöhnlich als Preis für einen Mann, auch für einen Brahmanen, gezahlt wurden. Um Baudhayanas Stelle richtig zu verstehen, 1

V e r g l e i c h e auch Leist, A r i s c h e s Jus gentium, p. 296 ff.

B ü h l e r , l>:»s Wcrgolil in Indien.

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ist cs notwendig, den ganzen Abschnitt 1,18, 18 I, ly, 6 in Metracht zu ziehen, der von der Bestrafung des Mordes oder der Tötung handelt. Sein Inhalt ist kurz folgender: 1. Brahmanen-Mord oder Tötung, begangen durch einen Mrahnianen, wird durch Mrandmarkung und Verbannung bestraft, I, 18, 18. 2. Für dasselbe Vergehen erleiden Mitglieder der drei anderen Stande (var#a) Todesstrafe und Confiscation des Vermögens, 1,18,19. 3. Der Mord oder die Tötung eines Mannes gleichen oder niederen Standes, begangen durch einen Kshatriya, Vaigya oder (Jüdra, wird je nach ihrem Vermögen (bala) durch passende Strafen geahndet, I, 18, 20. 4. Für den Mord oder die Tötung eines Kshatriya soll man dem Könige 1000 Kühe und 1 Bullen zahlen zur Entfernung (niryatana) der Feindschaft, I, 19, 1. 5. Desgleichen für einen Vaigya 100 Kühe und 1 Bullen, 1,19,2. 6. Desgleichen für einen Qüdra 10 Kühe und 1 Bullen, 1,19,2. 7. Desgleichen unter gewöhnlichen Umständen für eine Frau die letztere Busse; ebendieselbe für ein Tier der species bovina, ausgenommen eine Milchkuh oder einen Zugstier. 8. Desgleichen den Preis eines Kshatriya für eine Frau, die eben ihre Regeln gehabt hat. 9. Desgleichen den Preis eines Qüdra für einen Schwan, Pfau u. a. Tiere. Der enge Zusammenhang der sämtlichen Regeln ist evident und es ist deshalb absolut notwendig, die Geldbussen unter 4-8 als Beispiele der unter 3 im allgemeinen vorgeschriebenen >passenden« oder »entsprechenden« Strafen aufzufassen. Die Inder lieben es ja, allgemeine Sätze in der Weise zu illustrieren, dass ein besonders bekannter concreter Fall hinzugefügt wird, der die Möglichkeiten nicht erschöpft, sondern nur ein sogenanntes dikpradarcana angiebt. Ohne eine solche Deutung stehen die beiden Sütren I, 19, 1-2 in der Luft. Unter der erwähnten Voraussetzung aber bedeutet die ganze Stelle, welche sich in dem Abschnitte über die Pflichten des Königs 1 (I, i, 18—1,19,16) findet, dass Baudhäyana Geldbussen als die passendsten Criminalstrafen für Tötung von Mitgliedern der drei unteren Stände durch Gleichgestellte oder Höhere ansah, und zugleich dass dieselben zu seiner Zeit und in seiner Heimat besonders häufig vorkamen. Die Frage, ob der König die Geldbussen für sich behielt oder den Familien der Erschlagenen auszahlte, ist, wie Roth bemerkt, nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Indessen begünstigt der Ausdruck vairaniryatanärtham die zweite Annahme. Ebenso sprechen die oben erwähnten Fälle aus dem modernen Leben für dieselbe. Vergleicht man nun Baudhäyanas Angaben mit denen der vedischen Stellen, so stehen dieselben insofern entschieden auf einer Stufe, als sie die Zahlung des Wergeides als gewöhnlichen Brauch oder gewöhnliche weltliche Institution darstellen. Der Unterschied betreffs der Höhe desselben kann möglicherweise nur ein scheinbarer sein, da es trotz der Angabe der vedischen Werke, dass 100 Kühe die Busse für einen Mann sind, gar nicht unwahrscheinlich ist, dass unter besonderen Um1

D i e s e Königsstrafen schliessen es niclit aus, dass der Verbrecher, um in seine K a s t e wieder auf-

genommen zu werden, n o c h die im Dha.

II, 1 , 8 - 1 2 erwähnten Bussen zu vollziehen hatte. Bei A d l i g e n

dürfte dies indes kaum vorgekommen sein,

da

T ö t e n ist

kshatrtyadharma.

dieselben einen T o t s c h l a g für nichts Sündhaftes ansehen.

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Hühl er,

Das Wergeid

in

Indien.

ständen mehr gezahlt werden musste oder sogar statt der Gcldbusse andere Strafen eintraten. Es scheint mir gefahrlich, ;ius Äusserungen, die nur gelegentlich nebenher als Arthavädas gemacht werden, durch eine zu rigorose Interpretation eine feste unabänderliche Regel abzuleiten. Ganz anders steht die Sache bei Äpastamba und den übrigen Smritikäras, Gautama, Manu und Yäjnavalkya, welche die Geldbussen für Tötung erwähnen. Bei ihnen wird Schritt für Schritt das, was ursprünglich ohne Zweifel eine Privatsache und später eine staatliche Institution war, mehr und mehr zu einem Teile des geistlichen Rechtes, der Prayagchittas. Bei Äpastamba, Dh. Sü. I, 24,1 -5. stehen die Regeln über die Geldbussen an der Spitze aller Pönitenxen und vor denjenigen, welche für den Abhigasta, den Töter eines Brahmanen oder eines gelehrten und opferlustigen Adligen, vorgeschrieben sind. Durch ihre Stellung sollen sie ohne Zweifel als die regelrechten, gewöhnlichen Mittel zur Sühne der Tötung gekennzeichnet werden. Der grössere Teil der Geldbusse wird %'airaniryatanartham gegeben und fiel somit wahrscheinlich der Familie des Erschlagenen zu. Nur der Bulle dient als Prayagehitta und gehörte ohne Zweifel dem Brahmanen, der als Dharmädhikari oder Ächärya fungierte. Hier steht der Einfluss des geistlichen Elementes in seinen ersten Anfängen. Gautama, Dh. (¿ä. XXII, 14-18, giebt die Regeln über die Sühnung von Mord oder Tötung, wie üblich, in der Ordnung der Kasten und assoeiiert die Geldbussen mit längeren oder kürzeren Pönitenzen, bei denen Enthaltsamkeit und ein Bettelleben die Hauptsache sind. Über die eigentliche Bedeutung der Geldstrafe wird nicht die leiseste Andeutung gemacht. Es liegt deshalb nahe, auch diese als einen Teil des Prayagchitta aufzufassen, obschon man bei der grossen Kürze des Sütrastiles nicht absolut sicher sein kann, dass das Wort vairaniryatanärtham nicht als etwas Selbstverständliches ausgelassen ist. Nimmt man letzteres an, so ist Gautamas Vorschrift der des Äpastamba sehr ähnlich. Ist aber die erstere Erklärung die richtige, so steht Gautama auf derselben Stufe wie Yäjfiavalkya (111,266-267) und Manu (IX, 128-131), welche vorschreiben, dass die Kühe als Prayagchitta einem Brahmanen zu schenken sind, die Schenkung indes als eine Alternative für die strengere Pönitenz eines einsamen und enthaltsamen Bettellebens betrachten. Sie wollen damit natürlich einen vyavasthita vikalpa andeuten.

Georg Bühler.

Indogermanisches Wergeid. In seinem geistvollen Aufsatz Wcrgeld im Veda< 1 hat unser Meister in der Vcdenforschung. R u d o l p h v. R o t h , ausgehend von einer bedeutsamen Stelle der Maitr. S. (I. 1 1 3 , 1 3 ) den Nachweis geliefert, dass die vedischen Inder die Sitte des Wergcldes ebenso wie die Germanen gekannt und geübt, ja dass sogar die Höhe der Zahlung für den erschlagenen Mann bei ihnen (100 Kühei der bei den Germanen durchschnittlich üblichen sehr nahe kam. Kine Stelle in Apastambas Gesetzbuch gab ihm ferner ein Recht zu dem Schlüsse, dass neben der den Verwandten zu leistenden Mannbusse auch bei den alten Indern eine kleinere Zahlung zum Zwcck der Sühne des Friedensbruches dem Gemeinwesen, dem Fürsten oder der sonstigen Obrigkeit zu erlegen war, entsprechend dem germanischen fredus oder fridus, dem das eigentliche Wergcld ergänzenden Friedensgelde, — eine Übereinstimmung der Rechtsbräuche beider Völker, die — wie R o t Ii mit Recht sagt kaum vollständiger sein könnte. Wir wissen nun durch ihn, dass veclisches vaira > Mannbusse oder Wergcld« bedeutete, vairadeya und väirayätana aber »Zahlung oder Leistung des Wergeides«. Wenn Inder und Germanen, diese beiden räumlich weit von einander abliegenden Glieder der indogermanischen Völkerfamilie, den Wergeidbrauch so bis ins Detail übereinstimmend besitzen, werden wir gewiss geneigt sein, hier eine uralt indogermanische Sitte anzunehmen, und die Frage liegt nahe, ob wir Brauch und Wort nicht auch bei anderen indogermanischen Völkern nachweisen können. Da bietet sich nun der Betrachtung alsbald ein merkwürdiges Wort dar, das uns in altrussischen Quellen vielfach begegnet: das Femininum vira, für welches wir in M i k l o s i c h s Etymolog. Wörterbuch der slav. Sprachen die Bedeutung »Wehrgeld, d. i. Mannes-, Menschengeld, Geldbusse für Todtschlag« angegeben finden, das aber, wie mich mein verehrter College, der Professor der russischen Rechtsgeschichte in Dorpat M. D j a k o n o v * belehrt, ausschliesslich dem Fürsten gezahlt wird. Danach könnte man geneigt sein, die russ. vira einfach mit dem german. fredus, fridus, der oben erwähnten, dem Fürsten zu zahlenden Ergänzung des eigentlichen Wergeides (entsprechend Äpastambas präyaccittani) zu identificieren. Es wäre dies aber nicht ganz zutreffend; die vira umfasst mehr; sie bezeichnet das ganze Wergeid, es ist also in ihr auch die ursprünglich dem Geschädigten zu leistende Zahlung enthalten. Nach der Darstellung von S e r g e e w i ö , einer Autorität in diesem Fache, hätte ursprünglich wohl der Geschädigte resp. die geschädigte Familie die vira erhalten, später aber, bei Erstarkung der Herrschergewalt, wäre dieselbe 1 ZDMG, 4 1 , 672 f. * Professor Djakonov war es auch, der mich zuerst auf das russische vira aufmerksam machte.

4

v. S c h r o e t t e r , Indogermanisches Wergeid.

ganz von dem Fürsten in Anspruch genommen worden.1 Ob jemals bei den Russen Wergeld und Friedensgeld neben einander gezahlt wurden, bis das erstere ganz im letzteren aufging, oder ob das alte Wergeld einfach später als Friedensgeld von dem Fürsten in Anspruch genommen wurde, wird sich kaum mit Bestimmtheit feststellen lassen. Wir können nur soviel sagen, dass die russische vira die gesamte Leistung zur Siihnung des Totschlags darstellt und dass dieselbe nach Angabe der Fachautoritäten dem Fürsten gezahlt wird. So berichtet uns die dem Nestor zugeschriebene älteste russ. Chronik zum Jahre 996, Wladimir sei auf den Rat seiner Bischöfe und Ältesten energisch gegen das Unwesen der Räuber und Mörder vorgegangen, habe das Wergeld (vira) zurückgewiesen und die Schuldigen hinrichten lassen. Da sprachen die Bischöfe und Ältesten zu ihm: Das Heer ist gross! Wenn das Wergeld (vira) dawäre, so würde das für Waffen und Rosse sich verwenden lassen. Und Wladimir stimmt bei, — »und er lebte (heisst es weiter) nach der Satzung seines Vaters und Grossvaters.«' Ganz übereinstimmend damit, nur mit ein paar sprachlichen Varianten, lautet der Bericht in der Chronik von Novgorod. 3 In dem ältesten russischen Rechtsbuch, der P r a v d a R u s s k a j a (ältere kürzere Version) finden wir unter Nr. 19 die adjektivische Form virnoje, ebenfalls in der Bedeutung Wergeld. Die betreffende Stelle bestimmt, wofem sich der Mörder nicht finden lasse, sei das Wergeld von demjenigen Kreise zu erlegen, auf dessen Gebiet der Kopf des Erschlagenen liegt. Diese Art Wergeld hiess dikaja vira oder :>wildes Wergeld«, welcher Terminus z. B. in der Pravda Russkaja (längere Version) sub Nr. 4 wiederholt envähnt wird. Besonders interessant aber ist das Folgende: Der bekannte Historiker M. P o g o d i n berechnet das altrussische Wergeld für den grundbesitzenden Mann von edler Geburt (Ogniäöanin) auf 500 Rubel; dir einen Dorfältesten auf 80 Rbl.; fiir einen Sklaven auf 30 Rbl.; für eine Sklavin, welche Amme ist, auf 80 Rbl.; für einen Stier 7 Rbl.; für eine Kuh 6 Rbl. 1 Nach D. I. P r o s o r o v s k i j s etwas abweichender Berechnung (vgl. Pogodin a . a . O . p. 482) wäre für den grundbesitzenden Mann von edler Geburt 663 Rbl. 73V3 Kopeken zu zahlen gewesen; für einen Dorfältesten 99 Rbl. 56 Kop.; für einen Sklaven 48l/s Rbl.; fiir eine Sklavin-Amme 99 Rbl. 56 Kop.; für einen Stier 8 Rbl. 29 Kop.; für eine Kuh 6 Rbl. 64 Kop."' Die Summe von 500 Rbl. für den grundbesitzenden Edlen nach l'ogodins Tabelle würde dem Preise für 100 Kühe, d. i. 600 Rbl., schon recht nahekommen. Hält man sich dagegen an P r o s o r o v s k i j s Berechnung, so wären 1

I.ekcii i i / s l i d o v a n i j a p o istorii russkago prava (St. Petersburg 1883) p. 449.

Vgl. S e r g e e v i c ,

- Dieser Zusatz erscheint mir nicht bedeutungslos; er deutet an, dass Wladimir mit der E i n f o r d e rung d e s Wergeides einer altererbten Sitte folgte. — Die bezugliche Stelle findet sich in der

Lftopis'

]io I.nvrentievskomu spisku, herausg. von d e r Archaeographischen Commission (St. Petersb. 1872) p. 124. 8

Xovgorodskaja

Litopis'

po sinodal'nomu charatejnomu spisku, herausg. von d e r

Arch.

Comm. (St. Pet. 1888) p. 74. 4

P o g o d i n , D r e v n j a j a russkaja istorija Teil II (Moskau 1871) p . 482.

8

Die Verschiedenheit

der

Berechnung resultiert

aus der abweichenden W e r t b e s t i m m u n g der a l t -

russischen Griven und R£san. Die Quellen g e b e n als S ü h n g e l d fiir einen erschlagenen O g n U c a n i n 80 Griven an, was nach Pogodin =

25 P f d . Silber ( = 500 Rbl.), n a c h

( = 663 R b l . 73*/> Kop.) w ä r e ; 6 R b l . 64 Kop.).

für eine K u h 40 R i s a n

Prosorovskij d a g e g e n =

(nach P o g o d i n =

291/« P f d . Silber

6 Rbl., nach Prosorovskij

=

v. S c h r o e d e r , Indogermanisches Wergeld.

ioo Kühe auf 664 Rbl. taxiert worden, der edelgeborene Grundbesitzer auf 663 Rbl. 7 3 K o p . , was die verschwindend kleine Differenz von nur 268/s Kop. ergiebt! Demnach können wir direkt behaupten, dass im altrussischen Recht der grundbesitzende Edle 1 genau so hoch oder (falls Pogodin recht hat) annähernd so hoch taxiert wurde wie 100 Kühe, eine Wertbestimmung, die mit der vedischen ganz auffällig übereinstimmt!« 2 M i k 1 o s i c h a . a . O . hält das altrussische vira fiir ein Lehnwort aus dem altnordischen verr »der Mann«. Dass es eine Anzahl solcher Lehnworte im Russischen giebt, kann nicht bestritten werden. Indessen lassen sich gegen die Einreihung von vira in die Zahl dieser Worte schwerwiegende Bedenken geltend machen. Für Miklosichs Ansicht scheint mir hauptsächlich nur der Umstand angeführt werden zu können, dass das Wort vira sich, wie es scheint, nur bei den Russen, nicht auch bei anderen slavischen Völkern nachweisen lässt. Gegen dieselbe aber sprechen weit mehr und gewichtigere Momente. Zunächst deckt sich ja vira schon inhaltlich keineswegs mit dem altnord. verr. Dieses bedeutet M a n n , nicht M a n n g e l d , W e r g e i d . Miklosich sieht sich daher zu der nicht unbedenklichen Annahme genötigt, in vira sei nur der erste Teil des germanischen Wortes vertreten. Weiter aber spricht entschieden gegen Miklosichs Annahme die Form des Wortes, vor allem der Vokal. Das altnord. verr, ebenso wie auch got. vair »der Mann», ags. ver und ahd. wer, weragelt, bietet uns e ; dieses Hesse im Slavischen auch e, allenfalls t erwarten, keinesfalls aber i. Allerdings muss die urgermanische Form ein i gehabt haben; aber wir finden das i bereits in allen altnordischen Denkmälern zu e umgelautet und haben allen Grund zu der Annahme, dass die Skandinavier, als sie mit den Russen in Beziehung traten, das Wort bereits in der Form verr sprachen. Femer fällt ins Gewicht, dass das dem Slavischen nah verwandte Littauische das alte Wort für »Mann« in der Form vyras lebendig erhalten hat, sowohl selbständig als auch in einer ganzen Reihe von Ableitungen. Daraus darf man wohl mit Recht auf eine entsprechende Form im Slavischen schliessen. Alle diese Gründe zusammengenommen machen es zunächst durchaus wahrscheinlich, dass wir das Wort vira als ein genuin russisches, aus der slavischen Ursprache ererbtes anzusehen haben. Es freut mich hier sagen zu dürfen, dass ich mit dieser Annahme mich durchaus in Übereinstimmung befinde mit dem ausgezeichneten Kenner slavischer Lautverhältnisse, meinem verehrten Freunde Dr. L e o n h a r d M a s i n g , dessen freundliche Teilnahme den vorliegenden Aufsatz nicht unwesentlich gefördert hat. Nehmen wir ferner hinzu, dass bei den südslavischen Serben, wenn auch nicht dies Wort, so doch die alte Sitte des Wergeides sich bis in die neueste Zeit hinein lebendig erhalten hat,3 so haben wir wohl einiges Recht zu behaupten, dass zu den 1

Dies ist wahrscheinlich die Bedeutung des OgniSöamn

der T e x t e ;

jedenfalls bedeutet es einen

vornehmeren, edlen Mann. ' Auch

bei

den Indern

andere galten weniger.

wird nur ein

vornehmerer,

bevorzugter

Das betont schon R o t h a . a . O . p. 674.

Mann

auf

ioo

Kühe

taxiert;

Diese Schätzung »mag in der alten Zeit

zwar nicht fiir ein Stainmhaupt, aber doch für einen der honestiores oder optimates, wie die germanischen Gesetze sagen«, gegolten haben. ' Dass bei den Serben in der Bocca di Cattaro noch neuerdings das Sühngeld für den Totschlag eines Mannes 124 Goldducaten betrug, geht aus der interessanten Mitteilung bei F. K r a u s s , Brauch der Südslaven p. 2 1 4 hervor.

Darauf bezieht sich schon Roth a . a . O . p. 674 Anm.

Sitte und

52

v. fichroedcr, Indogermanisches Wergeid.

Indorn und Germanen als Zeugen für indogermanisches Wergeid nun auch die Slaven noch hinzutreten und so der Rothsche Nachweis von dieser Seite eine willkommene Bestätigung erfahrt. Indes der Schwierigkeiten bleiben noch manche übrig, welche zu lösen ich mir nicht anmassen darf. Vor allem ist es nicht leicht, über die Morphologie des altrussischen vira und sein Verhältnis zu den verwandten Wörtern ins Klare zu kommen. Dem slav. i würde in der indogerm. Ursprache i oder ei entsprechen. Dürfen wir vielleicht ein Fem. veira mit der Bedeutung >Mannbusse, Wergeid« (von viro, viro abgeleitet) schon in der indogerm. Ursprache voraussetzen? Die Bildung desselben würde sich am nächsten mit dem skr. vaira vergleichen lassen, obgleich natürlich eine direkte Identification beider nicht nur durch die Verschiedenheit des Geschlechts, sondern auch durch das specifisch indische ai verboten wird. Oder könnte vielleicht das russ. Fem. vira auf ein Neutrum viro, veiro zurückgehen, wie z. B. das Fem. voda »Wasser« auf das bekannte altindog. Neutrum zurückgeht? Oder ist vielleicht vira durch ein Sekundärsuflfix a vom männlichen viro »der Mann« ohne Änderung des Stammvokals abgeleitet, sei es auf slavischem, sei es schon auf urindogermanischem Gebiet? — Diese und andere Fragen lege ich vertrauensvoll in die Hände der Slavisten und eigentlichen Sprachforscher, indem ich mich damit bescheide, hier nur eine Untersuchung in dieser Richtung angeregt zu haben. Sollte mir aber der Vorwurf erwachsen, dass ich mich hier auf einem mir nicht zustehenden Gebiete bewegt habe, so bitte ich zu berücksichtigen, dass mich der Wunsch leitete, gerade bei dieser festlichen Gelegenheit an eine der vielen glänzenden Entdeckungen des hochverehrten Lehrers anzuknüpfen und eine wenn auch nur bescheidene Ergänzung zu derselben zu liefern. Man wird mich dann, wie ich zuversichtlich hoffe, freundlichst entschuldigen. Leopold von Schroeder.

Die Epoche der Cedi-Aera. Vor etwa fünf Jahren hatten meine Berechnungen das Resultat ergeben, dass der erste T a g der Cedi-Aera entweder der 28. Juli (= Bhädrapada-gudi 1) oder der 26. August (= Ägvina-gudi 1) 249 n. Chr. gewesen sein und das Cedi-Jahr demgemäss entweder mit dem Monate ßhädrapada oder mit Ägvina angefangen haben müsse. Ich entschied mich für den 28. Juli 249, weil Alberüni wirklich von einem mit Bhädrapada anfangenden Jahre berichtet, ein mit Agvina anfangendes Jahr dagegen mir unbekannt war. Seitdem hat mir die Berechnung fast aller Daten der veröffentlichten oder mir sonst zugänglichen indischen Inschriften gezeigt, dass gegen die früher von mir angenommene Epoche sich ein Einwurf erhebt, an den ich damals nicht gedacht hatte. Mit jener Epoche war ich genötigt, die Jahre von elf CediDaten als laufende und das Jahr eines Datums als ein abgelaufenes Jahr zu betrachten; aber ich weiss jetzt, dass ein solches Verhältnis das gerade Gegenteil von dem sein würde, was andere Aeren, über deren Epochen kein Zweifel mehr besteht, in dieser Beziehung lehren. Ich kann jetzt beweisen, was sonst mit grösserer oder geringerer Entschiedenheit behauptet, aber auch bestritten worden ist, dass die Inder in ihren Daten fast stets die Zahl der abgelaufenen Jahre und nur ausnahmsweise das laufende Jahr citieren. Für die Mälava-Vikrama-Aera habe ich gezeigt, dass z. B. von den Jahren von 26 Daten aus der hellen Hälfte der Monate von Kärttika bis Phälguna nicht weniger als 25 abgelaufene Jahre sind. Von 29 Daten der (Jaka-Aera, bis zu Qaka 1000, geben 27 abgelaufene Jahre, ein Datum giebt das laufende Jahr, und das Jahr eines Datums könnte sowohl als abgelaufenes wie als laufendes Jahr betrachtet werden. Von 26 Daten der Newar-Aera geben 24 abgelaufene Jahre, von 8 Daten der Lakshmanasena-Aera 7. 1 Solche Thatsachen nötigen uns, auch die Epoche der Cedi-Aera in der Weise zu bestimmen, dass die Jahre der 12 berechenbaren Daten alle oder doch der grossen Mehrzahl nach als abgelaufene betrachtet werden können. Was ferner den Anfang des Jahres betrifft, so möchte ich jetzt darauf aufmerksam machen, dass Colebrooke in einem am 30. Oktober 1799 in Nägpur geschriebenen Briefe berichtet,2 dass das Jahr in Nagpur 1

Nach der Aera des Kaliyuga wird äusserst selten datiert. Gupta-Valabhi-Daten, die sich mit Sicherheit berechnen lassen, haben wir Uberhaupt nur sechs oder sieben, und wirklich echte Inicht von der Vikrama-Aera beeinflusste) Gupta-Daten nur drei. Daten der £rt-Harsha-Aera, die sich berechnen lassen, kenne ich nur zwei, und sie genügen nicht, die Epoche genau zu bestimmen. Die Cälukya-Vikramaund (Jrt-Simha-Aeren, die letztere mit überhaupt nur drei oder vielleicht vier Daten, sind sozusagen Unterabteilungen der (Jaka- und [Ashädhädi-]Vikrama-Aeren, und für die Frage, ob laufende Jahre in Daten citiert werden, von keiner Bedeutung. * Sir T. E. C'olebrooke's Life of H. T. Colebrooke p. 163: »The new year begins here with the liglit fortnight of Aiwina; but opening in the midst of DurgÄ's festival, New Year's Day is only celebrated on the loth lunar day.« — D a s Fest der Durgä dauert vom I. bis zum 9. Tage der hellen Hälfte des Ägvina (Devi-navarätra).

K i e l h o r n , Die Epoche der Cedi-Aera.

54

zu jener Zeit mit der hellen Hälfte des Ägvina angefangen habe. Hier hätten wir also ein Agvinädi-Jahr in dem Teile Indiens, der einst den Cedi-Königen unterthan war; und wenn ein solches Jahr auch sonst annehmbar wäre, so würde der von Colebrooke erwähnte Gebrauch Centraiindiens ein gewichtiger Grund sein, sich endgültig für Agvina als den ersten Monat des Cedi-Jahres zu entscheiden. Es ist nun unzweifelhaft, dass mit Agvina als erstem Monate des Jahres alle 12 Cedi-Daten sich in einheitlicher Weise erklären lassen, entweder alle als Daten mit laufenden Jahren, wenn man den 26. August (= Agvina-gudi 1) 249, oder alle als Daten mit abgelaufenen Jahren, wenn man den 5. September (= Ägvina-gudi 1) 248 als ersten Tag der Aera annimmt. Und da der übereinstimmende Gebrauch anderer Aeren entschieden die zweite Alternative empfiehlt, so zögere ich nicht, den 5. September 248 n. Chr. definitiv als den Anfang der Cedi-Aera zu bezeichnen. Beachtet man, dass die Monate mit dem Vollmonde anfingen, so lassen sich die bekannten Daten leicht mit Prof. Jacobis Tafeln berechnen, indem man, um das entsprechende Jahr des Kaliyuga zu gewinnen, dem gegebenen Cedi-Jahre 3349 hinzuzählt, wenn das Datum in die helle Hälfte des Agvina oder in einen der Monate von Kärttika bis Phälguna fällt, und 3350 in allen anderen Fällen. Früher war der Text der Hälfte der 12 berechenbaren Cedi-Daten zweifelhaft. Jetzt ist mir der genaue Wortlaut von wenigstens 11 Daten durch gute Facsimiles der verschiedenen Inschriften bekannt geworden. Ich gebe im folgenden meine Classification dieser Daten, deren Jahre bei meiner jetzigen Annahme ohne Ausnahme abgelaufene Jahre 1 sind, und die entsprechenden europäischen Daten. A. D a t e n , in d e n e n d e r W o c h e n t a g mit d e r im L a u f e d e s s e l b e n e n d e n d e n tithi v e r b u n d e n ist. 1. Die Benarcs-Kupferplatte des Karnadeva, die selbst verschwunden ist, von der ich aber Sir A. Cunningham und Dr. F. E. Hall das einzige vorhandene Facsimile verdanke, ist datiert: Saqivat jyj Phälguna-vadi y Some. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 793 + 3349 = 4142) ist Montag, der 18. Januar 1042. 2. Eine Ratnapur-Steininschrift des Jajalladeva I. (Iipigraphia Ind. I, 34) ist datiert: Satftvat 866 Marga-sudi 9 Ravau. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 866 + 3349 = 4215) ist Sonntag, der 8. November 1 1 1 4 . 3. Eine Räjim-Steininschrift des Jagapala (Indian Antiquary XVII, 139) ist datiert: Kulacuri-sanivatsare 896 Maghe masi su((u)kla-pakske rathash tamyätß Vti(bu)dha-dine. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 8 9 6 + 3 3 4 9 - 4 2 4 5 » ist Mittwoch, der 3. Januar 1145. 4. Eine Inschrift in Seorinarayan, von der ich ein Facsimile besitze, ist datiert: Kalacuri-samvatsare2 898 Asvina-sudi 2 Soma-dine. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 898 + 3349 = 4247) ist Montag, der 9. September 1146. 5. Eine Tewar-Steininschrift des Gayäkarnadeva (Indian Antiquary XVIII, 2101 enthält das Datum: Nava-sa(.ca)ta-yugal-ä[bd}-ädhikya-ge Cedi-dishtfeJ jafna*]padam avat=imayi (ri-Gayäkarnnadeve \ pratipadi fnci-mäsa-(vcta-pakshe=rkka1

l)ie für das Jahr gegebene Zahl ist im folgenden stets als die Zahl der abgelaufenen (oder ver-

flossenen) Jahre zu betrachten. 5

Lies: -sar/iva/sare

89S

Aivitia-,

K i e l h o r n , Die Epoche der Cedi-Aera.

55

väre, d.h. Sonntag, Äshadha-cudi i des Cedi-Jahres 902. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 902 + 3350 = 4252) ist Sonntag, der 17. Juni 1 1 5 1 . 6. Die Läl-Pahad-Felseninschrift des Narasiiphadeva (Indian Antiquary XVIII, 212) ist datiert: Safyijvat pop Srä((rä)vana-sudi 3 Vuddh[e].1 Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 909 + 3350 = 4259) ist Mittwoch, der 2. Juli 1158. 7. Nach einer Mitteilung Sir A. Cunninghams (Archaeological Survey of India IX, 111) enthält eine Bhera-Ghät-Inschrift das Datum >928, Mägha-badi 10, M o n t a g « . Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 928 + 3349 = 4277) ist Montag, der 27. Dezember 1176. 8. Eine Tewar-Steininschrift des Jayasiiphadeva (Epigraphia Ind. 18) ist datiert: 1 Samvat 928 Qravana-sudi 6 Ravau Haste. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 928 -+- 3350 = 4278) ist Sonntag, der 3. Juli 1177. An diesem Tage war der Mond im Nakshatra Hasta etwa 16 Stunden nach Sonnenaufgang. 9. Einfe Inschrift in Sahaspur, von der ich ein Facsimile besitze, ist datiert: Samvat1 934 Karttika-sudi 15 Vu(bu)dhe. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 934 + 3349 = 4283) ist Mittwoch, der 13. Oktober 1182. B. D a t e n , in d e n e n d e r W o c h e n t a g m i t d e r i m L a u f e d e s s e l b e n a n f a n g e n d e n tithi v e r b u n d e n i s t . 10. Die Bhera-Ghät-Steininschrift der Königin Alhanadevi (Epigraphia Ind. II, 10) ist datiert: Saf/tvat poj Margga-sudi 11 Ravau. Das entsprechende Datum (für Kaliyuga 907 + 3349 = 4256) ist Sonntag, der 6. November 1155, an dem die 11. tithi der hellen Hälfte des Märgagirsha 2 Stunden 12 Minuten nach Sonnenaufgang anfing. Da im folgenden Jahre (Kaliyuga 4257) dieselbe tithi an einem Sonntage endete, so könnte man zunächst versucht sein, diesen Sonntag, den 25. November 1156, als das richtige Äquivalent des indischen Datums zu betrachten. Einerseits jedoch würde eine solche Annahme uns zwingen, gegen den allgemeinen Gebrauch anderer Aeren die Jahre der Daten 1-9 für laufende zu erklären ; andererseits hat die Berechnung vieler Daten gezeigt, dass auch sonst eine tithi oft genug — ich könnte ein Dutzend sichere Beispiele anfuhren — mit dem Wochentage verbunden wird, an dem sie anfing, nicht nur, wenn sie durch Ordinalia wie saptami, ashfami bezeichnet wird, sondern auch dann, wenn zu ihrer Bezeichnung Abkürzungen wie (udi 7, vadi 8 gebraucht werden. 11. Die Rewah-Kupferplatte des Kirtivarman (Indian Antiquary XVII, 226) ist datiert: Satfivat 926 Bhädrapada-mase (ukla-pakshe caturthyätji tithau Guru-dine: und hier ist das entsprechende Datum (für Kaliyuga 926 + 3350 = 4276) zweifellos Donnerstag, der 21. August 1175, an dem die 4. tithi der hellen Hälfte des Bhädrapada 8 Stunden 7 Minuten nach Sonnenaufgang anfing, denn dieselbe tithi kann weder in dem vorangehenden noch in dem folgenden Jahre auf irgend eine Weise mit dem im Datum genannten Wochentage in Verbindung gebracht werden. Der Sinn des Datums ist, dass die in der Urkunde erwähnte fromme Handlung an jenem Donnerstage, dem 21. August 1175, nach Anfang der 4. tithi vollzogen wurde. 1

Lies Budhe. * Lies Satpvai.

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K i e l k o r n , Die Epoche der Cedi-Aera.

Ausser obigen elf Daten mit Wochentagen haben wir - 12, — das Datum einer Steininschrift in Besäni, von der ich ein Facsimile besitze: Sat/tvai 958 prathßma-Äshä4ha-sudi j . Der Ausdruck »erster Äshädha« dieses Datums zeigt, dass im Cedi-Jahre 958 Ashadha ein Schaltmonat war; und dies war wirklich der Fall in Kaliyuga 9 5 8 + 3350 = 4308 (Mai—Juli 1207). Alle zwölf Daten stimmen so vollständig mit einander iiberein, dass ein Irrtum in Betreff der angenommenen Epoche oder mindestens des Jahresanfangs ausgeschlossen zu sein scheint; und ich hege keinen Zweifel darüber, dass der noch zu Colebrookes Zeit in Centraiindien übliche Gebrauch, das Jahr mit Agvina anzufangen, ein Überbleibsel des alten Cedi-Kalenders war. Auf keinen Fall aber würde man die Daten der Cedi-Aera als Beweis dafür anführen dürfen, dass es in manchen Gegenden Indiens Regel gewesen sei, in Daten "laufende Jahre zu citieren; und ich habe es für nötig gehalten, ein altes Thema noch einmal kurz zu behandeln, weil mein früherer Aufsatz über denselben Gegenstand zu irrtümlichen Ansichten über die allgemeinere Frage Veranlassung gegeben hat.

Franz Kielhorn.

Jivikàrthe

càpanye ( P à n .

5,3,99).

Bekanntlich ist diese Stelle mit den sich daran schliessenden Erklärungen Pataftjalis, Kaiya^as und Nàgojibha^as wiederholt von ausgezeichneten Gelehrten behandelt worden. Es scheint uns aber das Verhältnis der Erklärer zu dem Erklärten nicht mit hinlänglicher Schärfe präcisiert worden zu sein. Denn selbst die unmittelbare Lektüre der Stellen legt die Vermutung nahe, dass Kaiyata etwas anderes sagt als Pataftjali, und Nàgojibhatta wieder etwas anderes als Kaiyata und Pataftjali. Die doppelte Bedingung, die einen gewissen Gegensatz bedingt, dass das Götterbild den Zweck haben müsse, den Erwerb des Lebensunterhaltes zu vermitteln, aber doch nicht Ware sein dürfe, so dass man ein Idol des Qiva, das der Bildner, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, zum Verkaufe ausstellt, doch nicht (¿iva, sondern (Jivaka nennt, während zum Beispiel der Devalaka, der mit seinem (Jivabilde betteln geht, es geradezu Qiva nennt, ist a priori verdächtig, und es ist kein Wunder, wenn der spätere Sprachgebrauch diese feine Distinction nicht festgehalten hat. Diese spätere Praxis hat nun auf die Art, wie Pàninis Sùtra und Pataftjalis Bemerkung dazu aufgefasst wurde, eingewirkt, und wir sehen das Bestreben sowohl bei Kaiyata als bei Nàgojibhatta, alles in Einklang zu bringen, und zwar bei letzterem mehr als bei ersterem, indem dieser den Màurya Verkauf von Götzen zuschreibt, was Kaiyata nicht thut. Nàgojibhatta erklärt : Màuryà vikretum pratimàfilpavantak die Màurya besassen Ebenbildkunstwerke zum Verkaufe. — tìiir arcàh prakalpitàli — vikretum iti cesali — er ergänzt zu prakalpitàli des Pataftjali: vikretum -, dies ist höchst bedenklich. Wir finden in prakalpitàli vielmehr die Bedeutung »destinatae, selectae«. Gewisse Götterbilder sind mit Hintansetzung anderer als Gegenstand der Verehrung, offenbar in der Erwartung, dass die Verehrung derselben besonders wirksam sein würde, ausgesucht und bestimmt w orden. Dass prakalpitàli nicht einfach »verfertigt« bedeuten kann, liegt doch wohl auf der Hand. Es kann die Willkürlichkeit der Wahl bedeutet haben. atas tàsàm panyatvàt tatra pratyayatravai.iaprasahga iti bkàvah — der Sinn ist: dass daher infolge der ursprünglichen Verkäuflichkeit und Käuflichkeit derselben die Anwendung des Suffixes statthaben muss. tatra pratyayacravanam isfam eveti vadati sùtrasyodàharanam darcayati bhaved ity ädi yäs tv età iti ca — in diesem Falle wird die Anwendung des Suffixes verlangt (ist gesetzlich), so sagend giebt er (gerade?) ein Beispiel für das Sùtram (doch bezieht sich sùtrasyodàharatfam wohl auf yàs tv età iti, so dass Nàg. dem Pataftjali keinen Widerspruch vorwirft). sampratipùjàrthàli samprati svanir mànasamakàlain èva phalajanikà yà pùjà jìvikàpradatvena tadarthà ity artha/.i ¿ad àhu yàh parigrhyeti die den Zweck sofortiger Verehrung haben d.h. Verehrungen, die gleichzeitig mit der Ver-



Ludwig

Jivikàrtht

càpa\tye (Pài). 5,3,99).

fertigung (offenbar gemeint: unmittelbar nach Verfertigung), dadurch dass sie Lebensunterhalt verschaffen, fruchtbringend sind, und auch diesen Zweck haben ; dies meint er mit den Worten yàh parigrhyeti dies ist natürlich nicht richtig, Kaiyata meint mit yàh parigrhya, wie wir sehen werden, ganz etwas anderes, und Pataftjalis und Nàgojibhattas sampratipùjàrthàh kommen bei ihm gar nicht vor. Damit ist nun offenbar das Anfertigen roher Götterbilder gemeint zu irgend einer augenblicklichen Pujà, Idole, die dann sofort ins Wasser geworfen oder sonst zerstört wurden, wie wir im Premsagar von Rukmini lesen (LIII): nit bhorahi ufe snàn kar matti ki Gàuri banäy roß aksat puspa carkày dhiip dìp nàivedya kar manày hàth Jod sir này uske ¿ige kahà kar e : mo par Gàuri krpà tum karäu Yadupafi pati de marna dukh haràu Nàgojibhatta unterscheidet also zwischen verkäuflichen und käuflichen Areas, wie (ihm zufolge) die Màurya sie besassen, welche dieselben nicht zum Zwecke einer Pùjà hatten, sondern vikretum, um dieselben für Geld an den Mann zu bringen, — und solchen für augenblickliche einmalige Verwendung verfertigten, wo derjenige zugleich der Urheber ist, welcher die Pùjà ausfuhren will, solche, die eben sofort wirksam sein müssen, weil sie ein zweites Mal nicht verwandt werden. Statt Màuryàir lesen nach Paijdit N. Bhààyàcàrya alte südindische Handschriften Pàuràir, und er vermutet in diesen eine den südindischen ähnliche Kaste, wie die Dàsari, die Guduguduppändy, die Budubudukalavädu, die Langàri (letztere Hindustànis), welche auf ihrem Kopfe Kästchen mit hölzernen Götterbildern tragen, deren Namen jedoch dem Hindupantheon fremd sind ; es sind dies lauter Nicht-Àrya. Allein der ganze Tenor der Stelle bei Pataftjali will nicht recht zu der Vorstellung von Bettlern passen; weder hiranyàrthinah (man würde eher bhiksàrthibhU.i, jìvikàrthibhify erwarten), noch prakalpitàh, obwohl, wie wir sehen werden, auch Kaiyata an ähnliches denkt, da letzteres offenbar ein willkürliches Bestimmen involviert, während die Devalakas doch gewiss in der Wahl der Götzen keine Freiheit hatten, da diese ihre ererbten Kastengötter repräsentierten, auf welche auch die von ihnen recitierten, aber gewiss nicht selbst verfassten Gebete lauteten. Sehen wir nun, wie Kaiyata Patafijalis letzte Worte erklärt: yàs tv età iti yàh parigrhya grhàd grhatn a fan ti tàsv ity arthah yàs tu vikriyante tàsu na bhavati (ivakàn vikrinita iti die sie mit »ich nehmen und von Haus zu Haus wandern; die aber verkauft werden, bei denen tritt Lopa des Suffixes nicht ein, (daher heisst es :) er verkauft (^ivakas, Statuen Qivas. Aus dem letzten Absätze geht hervor, dass Kaiyata im ersten Teile seiner Erklärung Statuen meint, die nicht verkauft werden ; man kann also nur annehmen, dass es Götterbilder waren, denen eine besondere Wirksamkeit zugeschrieben wurde, die daher als fortwährende Einnahmsquelle nicht verkauft, sondern nur verliehen wurden, deren man sich eben wegen der ihnen vermeintlich innewohnenden besonderen Kraft nicht gänzlich entäussern wollte, da man ja damit den Feinden eine wirksame Waffe in die Hände gespielt hätte. Dass das Lemma Kaiyatas sich bloss auf die letzten Worte Pataftjalis erstreckt, nötigt uns nicht, auch seine ganze Erklärung auf diese zu beschränken und ausschliesslich zu beziehen. Kaiyata erklärt also prakalpitàh offenbar ganz anders als Nàgojibhatta, denn darauf bezieht sich offenbar der erste Teil der Erklärung, der keinen andern Zweck hat, . als die Erklärung von Pataftjalis yàs tv etàh durch den Gegensatz einleuchtend zu machen.

L u d w i g , yrviktirt/ie capayyt (PÄD. 5,3,99).

59

Nun kommen wir zu Pataftjali selber: apatiya ity ucyate tatredam na sidhyati Qivah. Skando V'ifäk/ta iti kitfikäranam Mäuryäir hiranyärthibhir arcäh prakalpitah bhavet täsu na syät yäs tv etäh sampratipüjärthäs täsu bhavisyati bei Nichtware (nicht Käuflichem und Verkäuflichem) so heisst es; dies trifft hier nicht zu, (da man doch sagt) Qiva Skanda Vigakha; weshalb (trifft es nicht zu)? Von den Maurya wurden Götterbilder besonders designiert, weil sie Geld brauchten (und diese nennt man doch Qiva Skanda Vigäkha, während Lopa des Suffixes nicht hätte eintreten sollen, da diese Götterbilder Mittel von Geldgewinn waren). Man kann zugeben, dass hier Lopa nicht eintreten sollte; um so mehr wird derselbe eintreten bei Götterbildern, die nur zum Zwecke augenblicklicher Verehrung verfertigt sind (denn diese sind so wenig paqya, dass sie ja sofort nach der Püja wertlos sind). Pataftjali giebt also (kurz gesagt) die Richtigkeit oder Thatsächlichkeit von Päninis Sütra zu für die arcalj, sampratipüjärthäh, weil 1. bei diesen das apanyatvam klar ist, 2. auch (was er nicht ausfuhrt, aber wohl selbstverständlich von ihm gemeint sein muss) jivikärthe in einem gewissen allgemeinen Sinne (jivikäpradatvena phalajanikäh Nagoj.) zutrifft. Aber er bestreitet dasselbe für den speciellen Fall der von den Mäuryas zur Verehrung besonders designierten Götterbilder, welche mit Qiva etc. bezeichnet wurden, statt mit Qivaka. Nun sagt niemand, die Mäuryas hätten die Götterbilder verkauft, als der spätlebende Nägojibhatta, während Käiyata nur sagt: sie nehmen (nahmen) dieselben, und wandern (wanderten) mit denselben von Haus zu Haus; er stellt sie sogar in direkten Gegensatz zu denen, die verkauft wurden. (Man könnte prakalpitäb übersetzen mit »propositae in publico5

¡ Anurädhä . .

222.57

215.34

202.47

189.68

176.95

164.28

8 Scorpionis

16

: Jyeshthä

229.73

222.50

209.63 t

196.84

183.11

171.44

Antares

1

2 1 1 . 0 0 J 203.77

. .

Arcturus

'7

MQla

244-55

237 32

224.45

211.66

198.93

186.26

X Scorpionis

18

P. Ashädhä .

254-53

24730

234-43

221.64

208.91

196.24

8 Sagittarii

«9

U. Ashädhä.

262.35

255.12

242.25

229.46

216.73

203.06

a Sagittarii

245-15

232.36

219.63

206.96

261.58

248.79

236.06

223-39

Atair

250.69

238.02

ß Delphini

275-93

263.26

X Aquarii

287.83

275.16

a

Pegasi

3 0 3 51

290.84

a

Andromedae

314.21

301.54

£ Piscium

20

j Abhijit

265.25

258.02

21

(j'ravana

22

(¿ravishthá

. . .

296.31

289.08

276.21

263.42

23

(¡atabhishaj . . .

321-55

3'4-32

301.45

288.66

24

P. Bhadrapadá .

333-45

326.22

313 35 !

300.56

25

U. BhadrapadS .

349-'3

341-90

329.03 j

316.24

26

Revatl

359-83

352.60

339-73 !

326.93

281.68

274-45

Vega

I

H i l f s t a f ein. Grade 1 2

Note.

0

Jahre

Grade

Jahre

Jahre

II. Grade

Jahre

=

10 28

600

=

Grade

=

78



=

547

100

=

156

8

=

625

200

-

2.56

700



7 ° 68 8.96

703

300

=

3-84

800

=

10.24

3

=

234

9

=

4

=

312

10



781

400

=

5-12

900

=

11.52

5

=

390

11

=

859

500

=

6.40

1000

=

12.80

6

=

469

12



937

Dieser Tafel liegt die von Whitney, Sürya-Siddhänta, für 5 6 0 n. Chr. gegebene zu Grunde.

Die Präcession habe ich nach Fessel berechnet.

Die llilfslafeln dienen zur ungefähren Bestimmung I. der

Lange für Zwischenzeilen und II. der Zeit für Längen, die zwischen den aufgeführten Tafclwerten liegen.

Panca^kha und seine Fragmente. Die älteste litterargeschichtlich mit einiger Sicherheit festzustellende Autorität auf dem Gebiete der Samkhya-Philosophie ist Paftcagikha. Wenn ich auch den mehrfach geäusserten Zweifel, o b Kapila eine wirkliche Person gewesen sei, nicht teile, sondern überzeugt bin, dass ein Mann dieses Namens in vorbuddhistischer Zeit das Säipkhya-System gegründet hat, so ist es doch völlig unmöglich, die historische Grundlage aller der mythischen und legendenhaften Nachrichten zu erkennen, welche die indische Litteratur über Kapila enthält. N o c h viel ungünstiger liegen die Verhältnisse bei den spärlichen Notizen, die wir über Asuri, Kapilas angeblichen Schüler, haben; jedenfalls aber ist das Bedenken vollauf berechtigt, welches W e b e r (Indische Studien 1.434 Anm.) gegen die Identificierung dieses Asuri mit dem im (^atapatha Brahmana vielgenannten Rituallehrer gleichen Namens geltend gemacht hat. Festeren Boden betreten wir erst bei dem nächst Kapila berühmtesten Namen in der Geschichte der Samkhya-Philosophie, bei Pancagikha, der in Samkhya-Karika 70 als der hauptsächlichste Verbreiter des Systems bezeichnet ist. Ebendaselbst und desgleichen im Mahäbhärata 1 wird Paftcagikha zu einem Schüler Asuris gemacht; doch werden wir weiter unten gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit dieser Tradition kennen lernen. Im zwölften Buche des Mbh., A d h y ä y a 2 1 8 , 2 1 9 (vgl. auch A d h y . 321) erscheint Pancagikha zwar als der Lehrer des altberühmten Videha-Königs Janaka, den er in Mithila im Särpkhya-System unterweist und vollständig zu diesem b e k e h r t ; 2 ich halte dies jedoch für eine zur Bestimmung von Paflcagikhas Zeit nicht verwertbare, tendenziöse Geschichte, die von den Saipkhyas nach der Brahmanisierung ihrer Lehren erfunden ist in majorem gloriam ihres Systems und eines ihrer grössten Vorkämpfer. Sie konnten zu dem Z w e c k e kaum etwas Besseres thun, als die aus der Brhadaranyaka Upanishad bekannten Zustände an dem Hofe des K ö n i g s Janaka, wo in den Redekämpfen Yajfiavalkya, der grosse Kitualkenner und Verkünder des All-Einen, die erste Rolle spielt, in der Weise verwerten, dass sie das Saqikhya an die Stelle des Vedänta und Pancagikha an die Stelle Yajfiavalkyas setzten. Eine Vorstufe in der Geschichte dieser Legendenbildung finde ich in A d h y a y a 312-320, w o Yajfiavalkya den K ö n i g Janaka systematisch im Saqikhya unterweist. 3 D a s s uns diese verschiedenen Stufen der tendenziösen Umgestaltung einer berühmten alten Überlieferung neben einander erhalten sind, darf uns bei dem eigentümlichen Charakter des Mokshadharma-Abschnitts nicht wunder nehmen; ist doch in diesem Abschnitt das ganze zur Zeit seiner Abfassung erreich1

S. Hall, Sdnkhya Sdra, l'reface |>. 22 Anm.

* V g l . W e b e r , Ind. Stucl. I. 433, 482. J Vgl. W e b e r , Ind. Stud. I. 482.

Garbe,

;6

Pancagikha und seine Fragmente.

bare religionsgeschichtliche Material, soweit es nicht in kanonischen W e r k e n

fixiert

war, zusammengetragen worden. Dieselbe Q u e l l e Stud. I . 4 3 3 )

und

weist Paflcagikha d e m G e s c h l e c h t e

des Parägara zu (s. Ind.

nennt ihn K ä p i l e y a (XII. 7886, 7895-99).

W e n n sie aber diesen

Beinamen als ein Metronymikon v o n K a p i l ä erklärt, so ist die Mutter jedenfalls aus K ä p i l e y a heraus destilliert; denn K ä p i l e y a hiess ursprünglich offenbar »der Kapilaartige«, da Pancagikha j a auch geradezu (XII. 7889, 7983) als eine Erscheinungsform K a p i l a s angesehen

wurde. 1

Dass

die Buddhisten Paflcagikha zu göttlicher W ü r d e

erhoben haben (s. W e b e r , Ind. L i t . - G e s c h . 8 303), ist ein B e w e i s dafür, dass auch in ihrer T r a d i t i o n Pancagikha als die zweite Hauptautorität der S ä m k h y a - P h i l o s o p h i e galt. Ich k o m m e nun zu d e m Punkte, der m i c h bestimmt, die L e b e n s z e i t Paftcagikhas wesentlich später anzusetzen, als die Überlieferung es thut.

Hall hat S ä n k h y a Sara,

Preface p. 21-25 ' n dankenswerter W e i s e die dürftigen R e s t e gesammelt, die v o n den verlorenen W e r k e n Paftcagikhas in den Schriften der Y o g a - und Saipkhya-Litteratur erhalten sind.

D i e Citate in V y ä s a s Y o g a b h ä s h y a , die weiter unten v o n mir über-

setzt sind, werden mit einer solchen Übereinstimmung von den späteren Commentatoren Paflcagikha zugeschrieben, Merkwürdigerweise

dass an seiner A u t o r s c h a f t kaum zu zweifeln ist.

hat Hall a. a. O . die Paflcagikha-Fragmente

sütras V . 32-35, V I . 68 unerwähnt

gelassen 3

(obwohl

er von

leitung zum S ä m k h y a - p r a v a c a n a - b h ä s h y a p. 8 , 9 spricht), und

in

den

Särpkhya-

ihnen in seiner Eind o c h sind sie g e r a d e

von besonderer Bedeutung für die Beurteilung v o n Paftcagikhas Lebenszeit.

In den

Sütras V . 32-35 definiert Paflcagikha nämlich einen der N y ä y a - P h i l o s o p h i e

speciell

a n g e h ö r i g e n Terminus,

vyäpti;

und wenn er dies

auch in einer

v o n den

schul-

mässigen Definitionen abweichenden W e i s e thut, so b e w e i s t uns die T h a t s a c h e d o c h , dass zu Paftcagikhas Zeiten nicht nur logische

Untersuchungen

allgemeiner Natur

geläufig waren, sondern dass bereits die N y ä y a - P h i l o s o p h i e mit ihrer a u s g e p r ä g t e n T e r m i n o l o g i e bestand.

D a s N y ä y a - S y s t e m aber ist zweifellos das j ü n g s t e der sechs

o r t h o d o x e n S y s t e m e , und keine Spur weist darauf hin, dass dasselbe schon in vor-

1

Anders W e b e r a. a. O.

5

D a g e g e n muss ich mich g e g e n die Authenticität des von Hall p. 23 angeführten (¿loka ädyai tu

moksho etc. mit grösserer Entschiedenheit erklären, als Hall es thut.

Vijn&nabhikshu schreibt diesen Vers

Pancagikha sowohl in seinem (bisher unedierten) Commentar zu den Brahmasfitras zu, als auch viermal in seinem Y o g a v ä r t t i k a (herausgegeben von Kämakrslioa und Kegavagästrin, Benares 1884), nämlich p. 126, 295, 298, 300.

Der Grund dafür ist ersichtlich.

Dieser (,'loka findet sich in der

Sämkhya-krama-dipikä,

dem von Ballantyne (A lecture on the Sänkhya philosophy, Mirzapore 1850) herausgegebenen Commentare zum Tattvasamäsa, p. 47, 48 Nr. 74. in einer mir gehörigen —

Die Sämkhya-krama-dipikä nun ist in den Handschriften —

als ein W e r k Pancagikhas bezeichnet,

Arbeiten dadurch ein Ansehen hat geben wollen,

dass

man

wie

ihnen

auch

man ja so oft in Indien modernen

einen

alten

berühmten

Namen

vor-

setzte ; und Vijfiänabhikshu ist unkritisch genug gewesen, diese T ä u s c h u n g nicht zu erkennen, o b w o h l die S.kr.dlpikä ausdrücklich in Nr. 46 l'ancasikha

als eine

ihrer Autoritäten nennt.

D e r moderne

Ursprung

der S.kr.dTpikä verrät sich durch Sprache und Inhalt auf den ersten Blick, und selbst die 25 kleinen (den N a m e n Tattvasamäsa tragenden) Sütras, zu deren Erklärung das W e r k c h e n dient, können k e i n viel höheres Alter beanspruchen.

Nun ist ja freilich unser (,'loka in der S.kr.dlpikä

durch das vorgesetzte uktai/i ca

als ein Citat g e k e n n z e i c h n e t ; da aber keine Autorität, die älter wäre als dieses W e r k , gikha zuschreibt, werden wir um so weniger geneigt sein dies zu thun,

den Vers Panca-

als alle übrigen auf uns g e k o m -

menen Pancagikha-Fragmente nicht metrisch sind. 8

Und ebenso

I. 127 übersehen hat.

merkwürdig

ist,

dass er das Citat aus l'ancaqikha im

Sämkhya-pravacana-bhäshya

G a r b e , Pafîcaçikha und seine Fragmente.

77

christlicher Zeit vorhanden gewesen sei. Sehen wir uns dann ferner die in Vyásas Yogabháshya erhaltenen Pañcagikha-Fragmente an, so legt auch die Sprache derselben einen entschiedenen Protest dagegen ein, dass ihr Verfasser ein Vorgänger oder Zeitgenosse Buddhas gewesen; denn als solchen müssten wir ihn ansehen, wenn die Lehrerreihe Kapila-Ásuri-Pañcagikha historische Realität besässe. Vergleicht man die Sprache der Pañcagikha-Fragmente mit der annähernd datierbarer philosophischer Autoren, so habe ich den Eindruck, als ob wegen der Kürze des Satzbaus am nächsten (^abarasvámins Commentar zur Púrvamlmáqisá liege, der von Bühler (Einleitung zur Übersetzung des Manu p. CXII) nicht lange nach Beginn unserer Zeitrechnung angesetzt wird. Dann möchte ich noch, so bedenklich auch jedes argumentum ex silentio ist, in diesem Zusammenhange anfuhren, dass Pañcagikha am Schlüsse des Yogabháshya zu 1 . 2 5 zwar constatiert, dass Kapila, der »Weise der Urzeit«, Ásuri seine Lehre mitgeteilt hat, nicht aber auch, dass Ásuri ihm selbst das gleiche gethan. Die Bezeichnung ädi-vidvän, welche Pañcagikha hier auf Kapila anwendet, scheint den Gedanken auszuschliessen, dass dieser der Lehrer seines eigenen Lehrers gewesen sein könne, und spricht vielmehr dafiir, dass Kapila und Ásuri für Pañcagikha in nebelhafter Ferne standen. Ich bin nach allem dem geneigt, Pañcagikha etwa in das erste Jahrhundert n. Chr. zu setzen. Die Zeit von da an bis zur Schlussredaktion des Mahábhárata, welcher der Mokshadharma-Abschnitt sicher angehört, würde genügen, um den Nimbus hohen Alters, von dem Pañcagikha dort umgeben erscheint, begreiflich zu machen; obwohl die letzte Redaktion des Mahábhárata nach den grundlegenden Untersuchungen Bühlers in den Contributions to the history of the Mahábhárata (Wien 1892) spätestens im fünften Jahrhundert n. Chr. vorgenommen sein muss. Pañcagikha hat verschiedene Werke geschrieben, wie bereits von Hall, Sánkhya Sára, Preface p. 22, festgestellt worden ist. Dass er als der Verfasser der ursprünglichen, durch die Káriká verdrängten Sütras anzusehen ist, 1 ergiebt sich nicht nur aus dem im Yogabháshya 1 . 4 uns erhaltenen Sütra (s. Hall, a. a. O., Anm.), sondern auch aus den oben p. 76 erwähnten Sáipkhyasütras, wenn man nicht etwa annehmen will, dass in diesen die Lehren Pañcagikhas über die betreffenden Gegenstände sütramässig verkürzt seien. Dagegen ist die Möglichkeit, mit Svapnegvara (s. Hall, a. a. O.) in den ersten vier Worten des Pañcagikha-Fragments Yogabháshya 2 . 1 3 zwei Sütras zu finden, durch den Zusammenhang mit den folgenden Sätzen ganz ausgeschlossen; Svapnegvara würde sicher nicht auf diesen Gedanken gekommen sein, wenn ihm das v o l l s t ä n d i g e Citat — und nicht nur die allerdings sütra-artig aussehende Abkürzung in der Sáqikhya-tattva-kaumudi — bekannt gewesen wäre. Im folgenden gebe ich eine Übersetzung und Erläuterung von Pañcagikhas Fragmenten in der Reihenfolge, ift der sie von Hall a. a. O. zusammengestellt sind. Wegen der von Hall nicht erwähnten Sáqikhyasütras V. 32-35, VI. 68 und des Citats in Vijñánabhikshus Commentar zu I. 127 kann ich auf meine Übersetzung des Sáipkhya-pravacana-bháshya (Leipzig 1889) verweisen. 1. Yogabháshya 1.25 (Hall, Preface p. 21 Anm.): »Der W e i s e d e r U r z e i t , der e r h a b e n e g r ö s s t e R s h i [d.h. K a p i l a ] t e i l t e , i n d e m er s i c h e i n e s 1

Diese Kunde wird auch den Worten Svapnek von xüi = ap.

(h)uvia

»Susiana« abgeleitet. 8

Unter ihnen können also auch mir unbekannte

den nördlichen Provinzen stammende Namen sein. armenische Bevölkerung

nur in Hocharmenien,

persische oder syrische, sowie wildfremde, aus

Nach den Ortsnamen zu urteilen, sass eine dichtere

Airarat, Turuberan und Vaspurakan.

In Tsophkh

und

AXdznikh überwogen wohl die Aramäer und Kurden wie in Mokkh und KortSeaikh, in den übrigen (nördlichen und nordöstlichen) Provinzen kaukasische Stämme. * Die Namen auf uni, tan, nkan, athsi bezeichnen armenische Adelsfamilien, iin Plural auch deren Stammland. r'

= pers. surma

Collvrium?

IOI

H ü b s c h m a n n , Die altarmenischen Personennamen.

Vargos Gnthuni LPh 381; Vards-1 Kamsarakan El. 150 = Vardzay LPh 256; Voroth2 läxan von Vanand FB 29; Vriv (Gen. Vrvay) 1. MaXxazean LPh 126; 2. der Sohn eines Syrers LPh 354-356; Tirith Neffe des Königs Aräak von Armenien FB 90, 104; Tiroths Bagratuni El. 71, LPh 195; Tatsat Bischof von Taikh El. 22, LPh 125; Artsruni El. 150, LPh 256; Gnthuni El. 77, LPh 213 (Gnduni); Rätuni FB 47; Phapak Paluni LPh 393, Pkapak AraveXean El. 150 (= Phaphak LPh 256, Phaphakh LPh 222, Phapag* LPh 126, 2 1 1 ) ; Pharandztm* Tochter des Siuniers Andok, Frau des Gnel, dann des Königs Aräak FB 116, 133; Phisak Kammerherr des Königs Tiran von Armenien, »von Nation ein Siunier» (!) FB 49; Khadzadz Saharuni LPh 441; ein Diakon El. 139, LPh 222; Kkasu Bischof von Turuberan El. 22, LPh 125; Khonth Aravenean LPh 467.5 Somit bleiben uns nach Ausscheidung auch dieser Namen sowie einiger anderen, die unsicher oder erfunden6 sind, die folgenden echt armenischen Namen übrig: Aitseavin Name oder Beiname einer Frau bei Samuel von Ani (im Jahre 1126), vgl. TSamtäean 111,45, Brosset, Collection 11,461: arm. aitseamn »wilde Ziege«.7 Airuk ein Slkuni El. 77: arm. airuk »kleiner Knirps«, aus air »Mann« + Suffix uk* Ariuts ein armenischer Iäxan von Thlkuran (in armen. Mesopot.), Täamtäean III, 55 (im Jahr 1136): arm. ariuts »Löwe«. Arnak ein Amatuni El. 150, LPh 256, 340, vgl. MX 43, wohl in Afn-ak zu zerlegen, aus arn- »Mann« (Nom. air, Gen. arn) oder arin- (Nom. arn, Acc. pl. apins Eznik 148, hier zwischen Hirsch und Eber genannt), etwa »männliches Wildschaf« und Suffix ak, das als echt armenisches Suffix 1. Deminutiva, 2. adjektivische Nomina aus andern Nominibus bildet. Ardzan ein Artsruni Koriun-Mambre-Davith, Ven. 1833, p. 99 (Vorrede); Schüler des MaSthoths LPh 205, MX 259; ein Götzenpriester Zenob 25 : arm. ardzan »Stein, Fels, Säule, Statue«. — Zweifelhaft. Aruseak aus bagratunischem Hause, Frau des aus persischer Familie stammenden Sevaday Joh. Kath. 61: arm. aruseak »der Morgenstern, die Venus«. — Vgl. die Gottheit Astlik »Sternchen«, der Aphrodite gleichgesetzt Ag. 607; Tochter des Noy (d. i. Noah der Genesis) Vardan 9, aus astl Stern« und dem Deminutivsuffix ik9 (Gen. -kan in ältester Zeit). Artoit Schüler des Gind FB 272: arm. artoit oder artiut »Lerche«. 1

etwa zu arm. vardz

2

parth. OiopMir]; ?

«Lohn«?

3

verschieden von phl. Päpak, das im Armenischen nur Papak lauten würde; vgl. das häufige Pap.

4

pers. farr-anjäm

(Nöldeke)?

® Zur Bildung der angeführten Namen sei bemerkt, dass bei einigen die Endung ak (die im Pehlevi und Armenischen häufig ist), bei andern die Endung ith und oths erscheint. • So einige Namen der armenischen Urzeit bei Moses von Chorene. 7

Vgl. den Namen Aitstmnik

F B 77 =

aitstmnik (Aopxdg)«, aus aitseamn +

Suffix ik.

Apostelg. 9 , 3 6 :

»Tabilha (TajKd-a) das übersetzt

' Suffix uk in verkleinerndem Sinne ist allerdings erst spät nachweisbar. diesen Sinn sonst nicht; vgl. geKdluk »Bauer« von geuk, gthii-

wird

In älterer Zeit hat es

«Dorf«.

• Neben diesem echt armenischen Suffix giebt es ein adjektivbildendes Suffix ik (gen. -/'/), das aus dem Pehlevi C'^) stammt

102

H ü b s c h m a n n , Die allarmenischen Personennamen.

Garegin El. 12; aus der Familie Sruandzit Kl. 93, LPh 2 1 3 ; ein Rätuni FB 17: aus arm. gari »Gerste« und dem Suffix a-gin (vgl.«// »Schrecken«: ahagin »schrecklich«), also etwa »Gerstner«? Giut ein Vahevuni El. 33, 7 1 ; Katholikos aus der Provinz Taikh aus dem Dorfe Arahez LPh 333: arm. giut »Finden, Erfindung, Gewinn«. — Unwahrscheinlich. Gor und Gazan zwei Brüder im Gefolge Babiks von Siunikh M.Kai. I, 2 1 1 : pers. gor »Wildesel« und arm. gazan »wildes Tier«? Gind aus Taraun, Schüler Daniels FB 271: arm. gind (gint) »Ohrringe—? Dustr Frau des Vardan Koriun 25: arm. dustr »Tochter«.1 Vgl. Dughdä Mutter des Zarathuätra im Bundehesh (West, Pahlavi Texts I, 144). Dstrik mamikonische Fürstin, Schwiegertochter (ttu) des grossen Sahak, Frau des Stratelaten Vardan MX 270, dieselbe heisst bei Steph. Asol. 78: Dxtik, Enkelin (thofn) des heiligen Sahak, mit Substituierung des pers. duxt »Tochter« für das arm. dustr: arm. dstrik »Töchterchen«. EXbair Bischof von Andzevathsikh El. 22, LPh 125: arm. ekbair »Bruder«. Eznik Bischof von Bagrevand El. 22, LPh 125; Eznik aus dem Dorfe KoXb in der Provinz Airarat Koriun 20, 21, MX 258 = liznak Koriun 21 und 99 (Vorrede zuDavith): aus arm. ezn »männliches Rind« und den Deminutivsuffixen ik und ak, also = »kleiner Stier«. Eraneak Tochter eines älteren Königs Tiran, Frau des Bagratuniers Trdat (nur MX 141!): arm. eraneak — »Beata«. Jindzuk Iäxan von Ake El. 71 : arm. cndztik »junges Rind«. Thath ein Kamsarakan LPh 256, dafür bei El. 150: Thathul, vgl. Thathul Dimakhsean El. 77, LPh 185; Thathul von Vanand El. 90, LPh 210; Thathik Bischof von Basean El. 22, 139, LPh 125: arm. thath »Handfläche, Fusssohle, Fuss, Tatze, Klaue, Huf«; thathul »Tatze, Klaue«; also Thathik aus thath und Suffix ik. Thornik (nur im Gen. Thornkay) ein Bagratuni Thom. 109; Vater des Abdlmseh 309; Sohn des Xedenek, Vater des Thadeos 3 1 0 - 3 1 1 ; Sohn des Thadeos, Vater des Abdlmseh 3 1 1 : arm. thorn »Enkel« und Suffix ik. Isxanik Steph. Orb. II, 61, Joh. Kath. 79, nur »kosender« Beiname des Siuniers Vasak: von isxan »Prinz« und Suffix ik. Xathsean ein AfaveXean Sb 108; Xathsik Vater des Aplyarib, von den Ilxanen von Vaspurakan Vardan 106; Katholikos Vardan 90, 99: von arm. xaths »Kreuz«, also erst in christlicher Zeit gebildet. Xotskorik Commandant der Stadt Thsp, ein Fürst (naxarar) aus dem Lande der AXuankh M.Kai. I, 148, 149: arm. xotskor (xotskorak) »Ferkel« und Suffix ik. Tsamak Nahapet von Haäteankh (nur NP 53!) zu arm. tsam »das lange Haupthaar« — ? Vgl. unten Gisak. Tsitsarnik ein Mann in Taraun Joh. Mamik. 54, 55 : arm. tsitsarn »Schwalbe« und Suffix ik, vgl. tsitsarnuk »Nachtigall«. Koriun Schüler des Maäthoths Koriun 21, LPh 35, 103 (Gen. Korean), 205 (Instr. Koreamd), MX 259: arm. koriun das Junge von Tieren (FB 9: ordz koriun »männliches Kind«). 1

Verwandtschaftswörter (wie »Vater, Mutter, Bruder« u.s. w.) als Personennamen im Persischen sieh

Nöldeke, Pers. Stud. I, 27, im Semitischen N'öldeke, W Z KM. 6, 307 f. (wo z. B. die Namen »Töchterchen, Bruder, Schwester, Vater, Vatersbruder, Bruder seines Vaters, Schwester ihres Vaters« ti. s. w. nachgewiesen werden).

H ü b s c h m a n n , Die allarmenischen Personennamen.

IO3

Ktrits Iäxan von Gardman Joh. Kath. 7 1 ; klingt armenisch1: etwa zu ktur-kh »die Schur«, ktrel »schneiden, scheren», ktriths »Scherer«, ktroths »Messer«? — Zu unsicher. Hair: der Iäxan der Mardpetschaft mit Namen Hair FB 45, ein Eunuch mit Namen Hair F B 46; ist kein eigentlicher Name, sondern nur Beiname oder vielmehr Titel 8 des Obereunuchen des Königs, wohl = arm. hair »Vater« (obwohl es anders flectiert wird: Hair, Gen. Hairi FB 115, aber hair »Vater«, Gen. hatir). Hrathseay nur bei MX 47 in der Urzeit und daher auch bei Joh. Kath. und Vardan, bei letzterem p. 37 auch ein Nachkomme des Anak, König im Lande der Gothen, von Trdat unter dem Kaiser DiokXetianos besiegt (!): bedeutet »feuer-äug-ig«. Havuk aus Kukayaritä MX 265: arm. hav »Hahn, Henne« oder hav »Grossvater« und Suffix uk. Vgl. bei Täaxtäax: havik »avo«, havik, havuk »uccelletto«. Dzagik ein Iäxan von Siunikh Steph. Orb. I, 252, 279 etc., II, 15: arm. dzag das Junge von Vögeln und Suffix ik. Dzuik (Gen. Dzgvkay) Frau des Mamikoniers Hmayeak LPh 335: arm. dzu »Ei« und Suffix ik. Marax Schüler des Gind FB 272: arm. marax »Heuschrecke« (aus dem Persischen entlehnt). Musk Nahapet der Sahafuni FB 104: schwerlich zu arm. musk »Moschus« = pers. musk. Murik Archidiakon FB 1 1 8 : arm. murik »Bettler«? (Später steht Murik in den Texten auch falsch für Maurik = Mauritius, vgl. Thom. 85 Murik — Sb 47 Maurik) Mrdzmnik ein Priester NP 51 = Mrdziunik aus dem Dorfe Gomkunkh in Taraun FB 123 (dieselbe Person); Mrdzmnik aus Kharatnikh Steph. Orb. 1 , 2 6 1 : arm. tnrdzimn, ntrdziun »Ameise« und Suffix ik. Yusik 1. Sohn des Vrthanes, Enkel Grigors d. Erl. FB 10 (Gen. Yuskan p. 32); 2. ein Nachkomme des Bischofs AXbianos von Manazkert FB 226: arm. yois »Hoffnung« und Suffix ik. Ordi aus der Familie Dimakhsean LPh 441: arm. ordi »Sohn«. Thsunak (Var. Thsonak) Katholikos, Nachfolger des Nerses FB 123, NP 66, Vardan 48: aus arm. (o)ths »nicht« und unak »habend«, also = »arm«. Pargev Artsruni El. 150, LPh 256; Amatuni FB 72, MX 242; Gnuni NP 1 5 : arm. pargev »Gabe, Geschenk«. Sag (var. Seg) Iäxan von Barm NP 25 (?): arm. sag »Gans«. — Zu unsicher. Sevuk Iäxan von Andzevathsikh LPh 388, 389; Ahne der Sevordikh (»schwarzen Kinder«) Vardan 81, vgl. Brosset, Collection I, 232 Anm.: arm. sevuk »dunkel, schwarz« von seav »schwarz«. 1 Suffix -itl findet sich in dafnitI, kaviti, hatitü, uiiti von liajrn, kav, hat, ut-el. * Hair mardpei ist der Titel mehrerer Obereunuchen, wie aus F B 1 1 5 und 1 7 1 hervorgeht und wie 1 1 3 gesagt wird: »der Mardpet Hair war schlechter als die früheren Mardpets mit Namen //«.« So wird auch der Eunuch Drastamal, F B 206, später p. 2 1 7 , 218, 233 Hair mardpet genannt. L'nd von dessen Vorgänger mit Namen DigXak F B 191 oder DXai 203-205 heisst es: er kam in die Stelle der Hairschaft (und) Mardpetschaft 191 und: er hiess nach seinem Amte der Hair des Königs 203 oder: der Hair der Eunuchen 206.

H ü b s c h m a n n , Die altarmenischen Personennamen.

104

Tirik Bischof von Basean FB 270 (Gen. Tirkati)-. arm. tcr »Herr« und Suffix ik, also = »der kleine Herr« ? (Zur Bedeutung vgl. die Namen Ao;/.vo?, fem. Ao|/.va, Kupio; etc.) Tiruk Priester, Sohn des Mosisik aus Zariäat in Vanand MX 266: arm. ter »Herr« und Suffix uk? Tirair aus Xordzean, Gehilfe des Maäthoths Koriun 14: könnte im Armenischen »des Herrn Mann« bedeuten. Andere Namen auf -air sind: Urnair König von Aluankh FB 193 (also wohl nicht armenisch, obwohl es sich aus dem Armenischen als »Mann des Hammers« deuten Hesse); Norair MX 43 (nur in der armenischen Urgeschichte! daher auch wohl der moderne Name Norair bezogen) könnte »Neumann«, NsavSpo; bedeuten; Zarmair MX 43 (ebenfalls nur in der Urgeschichte!) könnte als »Mann der Nachkommenschaft« gedeutet werden. 1 — Alles unsicher! Die übrigen älteren Namen mit Tir- sind dunkel: Tirith und Tiroths sieh oben; Tiranam (Diakon des Nerses) FB 91 könnte aus dem Persischen als »den Namen des Tir 2 habend« gedeutet werden, doch wäre dann Tranatn (vgl. Trdat) zu erwarten. Der armenische Königsname Tiran FB 11 etc. dürfte wie die andern armenischen Königsnamen arsacidisch-persischen Ursprungs sein; ihn von Tir abzuleiten verbietet die Erwägung, dass er dann Tran lauten müsste. Die jüngeren Namen mit Tir- sind erst christlichen Ursprungs: Tiranun »den Namen des Herrn (Jesu Christi) habend«, Tiratur »vom Herrn gegeben«, vgl. XathSatur »vom Kreuz gegeben«, Astuatsatur »von Gott gegeben«. Es bleiben noch die aus vorhandenen, meist entlehnten Namen mit den armenischen Suffixen ik3 und uhi neu gebildeten, secundären Namen übrig: 1. mit Suffix ik (Deminutiva): Xosrovik ein Iäxan Steph. Orb. 11,79, v o n pers. Xosrov; Mosisik Vater des Tiruk (sieh oben) MX 266 (Gen. Mösiskan), von bibl. Moses; Susanik Fürstin von A^uankh M.Kai. 1,152, von bibl. Susan — üo\>Im Liede, das mit 'fäsat' anhebt, nennt man Kufika (als den Rshi) oder Vigvamitra (ist der ßshi) nach einer Vedastelle.« (7) RV. III, 36,10.

Rg ekäsme pra yandhiti Ghorasyähgirasasya tu Nirdahec chasyamäneti prüyate sä na casyate. Sarv. Upäntyätfi Ghoro 'pacyat, sä Der zweite Vers hat wahrscheinlich keine Veränderung in der Arsh. erfahren.

'Asme

pra yandhity'

etasyätft Ghora Angiraso tnunih Nirdahec chasyamäneti (rüyate sä na casyate. nirdahec chasyamäneti crüyate. wegen des darin vorkommenden Citats

(8) RV. III, 38.

'Imaifi'

1

triny

abhitash}iyayi Vaicvä- 'Abhi tashfeva' süktasya Vaicvämitrah mitrah Prajäpatih Prajäpatih Väcyah, Prajäpatir vä sa caturtham Väcyo vä sa üb hau vä tau Vicvämitro ubhayor na vä. 'thavä cruteh. Sarv. 'Abhi tashfeva' daca Prajäpatih sa Vaicvämitro Väcyo vä dvau vä tau na vaiko 'pi. Die Lesart bei Shadg. ist sowohl schwerer als auch kürzer, indem hier zugleich der Rshi für RV. III, 54-56 genannt wird. Andererseits bietet der erste Päda des zweiten Verses in der Arsh. grössere Ähnlichkeit mit der Sarvänukramani. Hier liegt es indessen nahe, an Beeinflussung durch die Sarv. bei der Überarbeitung zu denken. (9) RV. V , i . Die Sarvänukramani stellt an die Spitze der einleitenden Bemerkungen zum fünften Magcjala die Worte: naino 'tribhyah. Hierzu sagt Shatjg. unter anderem namaskära evärshänukramanyätfi prayuktali: namo 'tribhyas tv 'abodhiti\ In der Hs. der Ärsh. findet sich jedoch nichts Entsprechendes. 1 Vicvamitro yathä grute!} lesen alle Hss. des Shadg. bis auf eine, die Vifvämitratp yathä wird wohl eine alte Corruption für thava sein. s d. h. RV. HI, 54-56.

yathafruti

hat.

IIO

M a c d o n e l l , Über die dem (¿aunaka zugeschriebene Ärsliänukramani des ßgveda.

(10) RV. V, 18. Mrktavähä Dvitah 'prätah'1 'pra punä- 'Prätar Agnir' iti tasmin Mrktavähä näya '2 cäptijaft Dvito munih. Sarv. 'Pratar' Mrktavahä Dvitali. Die Lesart bei Shadg. ist wiederum die kürzere, da ein anderes Lied zugleich im Verse erwähnt wird. ( n ) RV. IX, 66. 'Pavasvety'

rshayah süktai/i cataifi Vai- Asiddhagoträs tu 'pavasva ' süktam khänasä viduh. Vaikhänasä näma (atai)i vidus te. Sarv. 'Pavasva' cataifi Vaikhänasäh. Shadg.s Lesart entspricht genauer dem Wortlaut der Sarvänukramani. Sie ist auch etwas kürzer, da die Arsh. hier eine halbe Trishtubh hat. (12) RV. X, 38. Indro "smitt'

mushkavän.

'Asmin nay iti süktasya rshir aindras tu mushkavän. Sarv. 'Asmin nah\ panca, mushkavän Indrah. Die Lesart Shadg.s ist um mehr als die Hälfte kürzer als die andere. Übrigens hat vielleicht die Sarvanukramapi die ursprüngliche Lesart bewahrt, da die Worte, mit Auslassung von 'paüca' (da die Verszahl in der Ärshänukramani natürlich nicht erwähnt wird), einen regelmässigen Anushtubh-Päda bilden. (13) RV. X, 105. Durmitro vä Sumitro va Kautsah süktam 'Kadä' sükte Sumitro vä Durmitro vä 'kadä vaso\ sa Kutsajali. Sarv. 'Kadä' Kautso Durmitro nämnä sumitro guyiatah Sumitro vä nämnä durmitro guriatah. 'Kautsah' bei Shadg. ist wohl eine ältere Lesart als 'Kutsajahauch ist bei ihm die Reihenfolge der Namen Durmitrah und Sumitrat» dieselbe wie in der Sarvanukramani. (14) RV. X , n S . Upastuto Värshfihavyo navakayi 'citra 'Citraic chifoh' süktasya Värshtihavya ic chicoh'. Upastutah. Sarv. 'Citra in' nava Värshtihavya Upastutah. Hier stimmen die beiden letzten Worte mit dem zweiten Päda der Arshänukramatji. Hätte der Verfasser der Sarv. in der Arsh. die Worte Upastuto Värshfihavyah vor sich gehabt, so brauchte er dieselben nicht umzustellen, da ein Patronymicum in der Sarv. entweder vorangeht oder nachfolgt. 1

RV. V, 18: d . h . das I.ied mit dem Anfangswort prätar

während IX, 103 dem Dvita Äptya zugeschrieben wird.

hat als Rshi den Dvita

Die Hss. haben nätalf.

Mfttavähas,

Vor der Anführung

dieses Verses aus der Ärshänukramani hat Shadg. (p. 114 meiner Ausgabe) eine Erörterung über den Namen Mrktavähas, wobei der Gebrauch des l'atronymicums Pläta an einer andern Stelle als etwas Paralleles erwähnt wird. 2

R V . IX, 103.

Jedenfalls daher hat sich der Fehler J'ltilafy für prätah

eingeschlichen.

Macdonell,

Über die dem ("aunaka zugeschriebene Arshänukramaiji des R g v e d a .

ji[

(15) X , I I 9 . Urukshayo1 Labas tv Aindra me Sarv. Shadg.s Lesart ist hier älter als 'Itidrasutaft'.

'iti va iti 'Iti va iti' süktasya munir Indtasuto manali\ Lavah. 'Iti vai1 saptonaindro Labah. etwas kürzer ausgedrückt. Auch ist 'Aindrah' wohl

Das erste was jedem bei der Betrachtung dieser Parallelstellen auffallen wird ist, dass, während der Inhalt im allgemeinen übereinstimmt, der Wortlaut fast durchweg abweicht. Von 19 Halb-Qloka bei Shadg. ist nur ein einziger (8) vollständig identisch mit der entsprechenden Zeile in der Ärshänukramaoi. Ausserdem stimmen nur zweimal ein Pada in (8) und annähernd in (6) und einmal zwei Worte am Ende eines Verses in (5). Im ganzen fallt ungefähr nur der achte Teil zusammen. Zweitens, abgesehen davon, dass sie den dem Shadg. im 12. Jahrhundert vorliegenden Text der Ärshanukramani vertreten, sprechen fast ausnahmsweise ein oder mehr Gründe dafür, dass diese Citate ältere Lesarten darstellen. Die Lesarten der Ausgabe haben dagegen beinahe durchweg eine leichtere, weitläufigere und von dem Wortlaut der Sarvänukramaiii mehr abweichende Gestalt. Ausser den verglichenen Stellen hat die Ausgabe manche jüngere Lesart dem Texte der Safvänukramaiji gegenüber. Aus meiner vollständigen Liste brauche ich hier wohl nur das Wichtigste anzuführen. Zu RV. V, 2 heisst der Dichtername, wie bei Säyapa, Vr(o Jarali statt Vr(o Jänah; RV. IX, 68 und X,45 Vatsaprih. statt Vatsaprifi; IX, 86 trayah (mit Säyana) statt Atrayah; IX, 101 Qyäva(vah statt Qyäväpvih; X, 93 Pärthyah. statt Pärthah; X, 126 Kulmalabarhishali statt Kulmulabarhishah; X, 179 Rauhidacvah statt Rau(ada(vah. Ferner wird eine Einschiebung nach RV. X, 184 erwähnt und der zugehörige Rshi genannt. Auch werden zu X, 86 die Rshi auf die verschiedenen Verse verteilt, während die Angabe der Sarvänukramaiii einfach lautet Vfshakapir Indränindrac ca satnüdire und Shadg. ausdrücklich dazu bemerkt upadeceshv anuktec ca vaktrbhedo na darcitalt. Aus dem eben Gesagten geht hervor, dass Räjendraläla Mitras Ausgabe der Arshänukramaiji eine Überarbeitung des ursprünglichen Textes darstellt. Trotzdem ist manches Alte in d6r Hs. erhalten. So wird das dunkle Wort nivärvari (zu IX, 86), bei dem in allen Hss. der Sarvänukramaiii das s des (vedischen) Nom. PI. fehlt, hier nivävaris geschrieben. Die obenerwähnte metrische Unregelmässigkeit am Ende eines Qloka kommt auch hier zweimal vor, 'Varshägirali'' zu RV. 1,100 und uttitirshoh zu III, 33. Ferner werden die Khila-Hymnen im achten Mandala ganz übergangen. Dann zeigt folgendes, dass die Hs. alte Lesarten bewahrt, welche die Sarvänukramani direkt entlehnt hat. Shadg. erklärt die Bezeichnungen Mfktavähas (zu V, 18), Vicvacarskani (zu V, 23) und Väruni (zu X, 19) für überflüssig und Nachahmung einer anderen Anukramani (anukratnanyantaränukaranaifi). Dieselben finden sich alle in der Hs. Ebenso seien die Worte dvau (V, 27), dve (IX, 104) und catvärah (X, 11 o) nur aus diesem Grunde in einem Sütra zu rechtfertigen. Die ersten beiden Zahlworte kommen in der erwähnten Gestalt in der Ärshanukramani vor, letzteres in der Form catvari. weil auf süktani (nicht fshayah) bezogen. Das 1

Dichter des Liedes

118.

112

M a c d o n e l l , Über die dem (,'aiinaka zugeschriebene Ärshänukramanl des Rgveda.

Wort (eshe, welches Shadg. zu IX, 101 für überflüssig erklärt, zeigt sich wieder in der Hs. Sollte nun jemand trotz der eben erwähnten Übereinstimmungen und der früher gegebenen Parallelstellen daran zweifeln, dass der Verfasser der Sarvanukramaiji die Ärshanukramani als Quelle benutzt und Stellen aus derselben entlehnt hat, und eher vermuten, dass, wenn ein so compliciertes Inhaltsverzeichnis wie die Sarv. auch einfachere Vorgänger gehabt haben muss, die Ärshanukramani und vielleicht andere auf uns gekommene Anukramaijis umgekehrt der Sarvänukramani selbst ihren Ursprung verdanken, so wird dieser Verdacht entschieden durch die Thatsache beseitigt, dass die Sarvanukramani entsprechende metrische Stellen enthält. Dass einem prosaischen Sütra unzweifelhaft metrische Stellen von Haus aus eigen sein sollten, wird wohl keiner behaupten. Übereinstimmungen wie 'Bärhaspatyo Bharadväjah'' (zu VI, i) im ersten und 'Daivodasih Pratardanah' (zu IX, 96) im zweiten Päda könnten möglicherweise auf Zufall beruhen, obwohl der Verfasser eines prosaischen Sütra sich wohl bemüht haben wird, alles metrische zu beseitigen. Ausser deutlichen Spuren einer metrischen Quelle in sechs bis sieben der oben angeführten Parallelstellen sind folgende Fälle unzweifelhaft. Es muss hierbei noch in Erwägung gezogen werden, dass die Ausgabe der Ärshänukramaiji manch jüngere Lesart bieten wird. Sarvänukramaiju. Ärshanukramani. (1) Zu RV. IX, 101. Manuh. Säptvarana iti trcäh (eshe Prajä• Manuh Satnvaranah parat). patih. Catvära ete satrcäh (eshe Väcyali Prajäpatih. (2)111,33Satfivädo nadibhir Vi(vämitrasyottitirNadibhili saha sayivädo Vi(vämitrashoh. syottitirshoh. Kshudrasüktamahäsüktäh Agastyasya Bhrgur

(3) X,i. (Einl. § 2, 2). Kshudrasüktä

svasä mätaishäm.

vä Värunir

(4) X,6o. Svasägastyasya

(5) X , i 9 . Bhärgavaf Cya- Bhfgur vano vä.

Mahäsüktah. mätaishäm.

vä Värunir vidyät Bhärgavac Cyavano 'thavä.

(6) X, 20. saptottaräiiy Aindro Bhadram ityädisüktänäyi saptänäyt ViVimadah Präjäpatyo vä Väsukro Vamado munih sukrd vä. Präjäpatyah sa Aindro vä Vasukrd vä Vasukrajah. (7) IX, 104. Parvatanäradau Kägyapyau dve Qikhatt- Parvato Näradafi Känvau 'sakhäyah' iinyait väpsarasau. suktayoh saha Purve tu dve Qikhandinyan Käcyapyau väpsarahstriyau.

M a c d o n e 11, (Iber die dem Qaunaka zugeschriebene Ärshänukramapi des Rgveda.

j j JJ

So wird auch die Angabe der Sarvanukramapi zu Anfang des achten Maoéy.x-y.xi : ¿piy.vx-y.xi u. s. w. (s. de Saussure, Mém. p. 240 ff. ; Eick, G G A . 1881 p. 441; Fröhde, BB. IX, 108 ff.), aus welchen, wie de Saussure scharf und richtig gesehen hat, die Praesentia durch Infix ne entstanden sind: urspr. -né-a-mi = -uä-mi, pl. -n-a-mési. Das zweite « von Socavxysv ist mithin das selbe wie das von Xau.a-Twp und wird durch das i von skr. dami-târ- als schon indogermanisches kurzes a gesichert, steht also hoch über jedem Verdachte der Neubildung. Bartholomaes zweite Antwort (p. 202 f.) setzt die im Griechischen erhaltene Flexion -nä-mi, -na-mési als indogermanisch voraus — mit Recht, wie eben gezeigt worden ist — , daneben, ohne morphologischen Zusammenhang mit ihr, Aoriste auf -ài- (ved. âçarâi-t) und Praesensstämme auf -ây-e- (ved. grbhây-â-ti) und sucht die Vocale der im Indischen erscheinenden -näi (hrnày-â-nt-am) und -ni (hrni-tc) als Übertragung aus diesen Aoristen auf -ài- und Praesentien auf -ay-e- begreiflich zu machen. »Die Verbrüderung der «¿-Praesentien mit denen auf à}0le- und mit den â?>¿-Aoristen findet darin ihre einfache Begründung, dass bei einzelnen Wurzeln auf n die beiden Formationen neben einander üblich waren. Nehmen wir z. B. die Wurzel gien,kennen', so wäre dazu das Praesens 9. Klasse mit *gin-nà-ti (vgl. av. zanäri), das ¿/(//-Praesens mit gvtn-àic-ti (vgl. ksi. znajeti, lit. éinôjau) anzusetzen; der Aorist leren

-tin, -lur, -vas

entstanden seien.

w i e ich seit l a n g e r Zeit l e h r e , s. K 7 .

S o gut wie

2 5 , 3 0 fr.

mathi-

au«

nuinthäi

ist

dAtf-

aus

dStfir-

geschwächt u.s.w.,

Schmidt,

D i e neunte l'raesensklasse der Inder.

181

mit *g\nn-a-t. Der Injunctiv und Conjunctiv *gin-nä-t — Praesens — und ginn-ä-t — Aorist — fielen äusserlich vollkommen zusammen und — höchstens bis auf einen verschwindend geringen Unterschied — auch in der Bedeutung. Die Folge war nun eben ausgleichende Nachbildung auch bei andern Wurzeln.« Mit ntt bezeichnet Bartholomae, wie alle Anhänger der Sonantentheorie, eine Lautverbindung, welche im Arischen durch an, im Griechischen durch av, im Germanischen durch un vertreten wird (s. Brugmann, Grundriss 1,193 ff.). Sehen wir uns nun die thatsächlich vorkommenden Praesensformen an, so stimmt keine einzige zu Bartholomaes Ansätzen. Skr. janä-ti, apers. a-dänä »er kannte« (KZ. 23, 278), abaktr. gäth. paitizänata Y. 29,11, paiti-zdnefiti Yt. 13,46 stimmen so augenfällig überein, dass die abweichende Schreibung mit kurzem a paiti-zanät Yt. 13, 50, ava-zanän Vd. 8,2.10; 6,45 für Reconstruction der iranischen oder arischen Grundformen gar nicht in Betracht kommt; abaktr. a für älteres ä findet sich auch sonst, vgl. Jackson, Avesta Grammar §§ 17. 18 Note 1. Als arisch ergiebt sich zweifellos zänä-mi mit langer erster Silbe. 1 Ihm entspricht got. kunna (KZ. 23,278 und unten). Der angebliche Aorist *ginn-ä-t und das Praesens *ginn-äie-ti entbehren jeder thatsächlichen Grundlage, denn abulg. zna-jq, ist natürlich aus der Wurzelform, welche im Skr. jna lautet, gebildet und das P r a e t e r i t u m lit. zinöjau im Sonderleben des Litauischen zu dem Praesensstamme zltio-(me) aus *zin-no- geschaffen, welcher dem skr.jänä- entspricht. Doch geben wir die Möglichkeit eines Aor. *g\nn-ä-t zu, so könnte dieser im Skr. nur durch *janat mit kurzem a, im German, nur durch kun... mit einfachem n vertreten sein, der Injuiictiv und Conjunctiv würde also weder im Arischen noch im Germanischen, mithin auch nicht in den vorhistorischen Gestalten der übrigen Sprachen mit dem des Praesens zusammengefallen sein, d. h. es hätte nirgends die von Bartholomae vorausgesetzte Gelegenheit der Übertragung des ai, i aus dem Aorist in das Praesens bestanden, jän&tni ist aber, obwohl Bartholomae von »einzelnen Wurzeln auf «« spricht, unter den dreiundfünfzig von Whitney (Wurzeln p. 214) verzeichneten Praesentia der neunten Klasse das e i n z i g e , welchem eine auf «auslautende Wurzel zu Grunde liegt. So zerfällt auch Bartholomaes zweite Erklärung. Von den beiden Flexionen -v*-;.«, -vot-asv und -nä-mi, -ni-mdsi steht keine der anderen an Alter nach. Beide stammen aus der Ursprache. Die erste hat de Saussure als Praesensbildung siebenter Klasse von Stämmen auf urspr. a (skr. i) erklärt, die zweite ist eine ebensolche von Stämmen auf äi. Wie das zweite a von 8x[i-v-z-y.sv identisch ist mit dem von Xaaa-Tojp — dami-tär-, So ist das i von gfbhn-i-mäsi das selbe wie das t in grbhi-td-, Der zugehörige starke Stamm lautete in indischer Form *gfb/inäi, aus grbh-nd-ai entstanden, d. h. aus grdbhäi (in a-jagrabhäi-sh-am erhalten) mit Infix nd gebildet. Er hatte aber schon in der Ursprache sein i vor anderen Consonanten als s lautgesetzlich verloren. Im Praes. 1. sg. -nä-mi, 3. -nä-ti, Injunctiv und Imperf. I.sg.-nä-m, 3. -nä-t sind also beide Praesensbildungen schon vor der Sprachtrennung zusammengefallen. Desgleichen in den schwachen Formen des Optativs, d. h. ursprünglich nicht nur im ganzen Medium, sondern auch im PI. dü. act. Ein a, welches so gestellt war, dass es nach einem der beiden von mir (KZ. 25,30f. 54f.) ermittelten Gesetze schwinden musste, d.h. ' Dies Praesens ist der einzige mir bekannte Fall, in welchem reducierter V o c a l + « vor

folgendem

« erscheint und wohl geeignet, zum Nachdenken über alle die wn anzuregen, welche heute das geduldige I'apier tragen muss,

- S c h m i d t , Die neunte Praesensklasse der Inder.

zwischen zwei Accenten oder in der zweiten oder einer noch früheren Silbe vor dem Hochtone stand, schwand auch, wenn der folgende Laut ein Vocal war: tasthüshas aus *ta-sthä-ush-ds (KZ. 25,35), havirde »dem Opferspendenden« aus *havir-dä-e (PI. ntr. p.255 f.). So ward idg. *-nä-ie-tö zu -n-i-to = skr. -ni-td. Aber auch *-näi-ie-tö ward durch *-ni-i-to hindurch zu -ni-td = skr. -ni-td, indem die beiden ¿-Laute verschmolzen wie in ij-e aus *i-ij-e (yaj'). Also kriniyä, krinithas, krinitd u. s. w. können sowohl von krinä- als von krinäi- ausgegangen sein. Der schon vor der Sprachtrennung eingetretene lautliche Zusammenfall beider Praesensbildungen in den genannten Formen hatte zur Folge, dass in den historisch überlieferten Sprachzuständen jede der übrigen Formen, in welchen beide Bildungen lautlich verschieden blieben, nur entweder von der einen oder von der anderen, nicht mehr von beiden gebildet wurde. Die verschiedenen Sprachen trafen verschiedene Auswahlen. Das Griechische führte die schwache Form der ersten Bildung va durch alle Praesentia. Das Sanskrit dagegen hat die schwachen Formen beider, aber nicht mehr auf verschiedene Verba verteilt, sondern bei j e d e m Verbum beide je nach der Beschaffenheit des unmittelbar folgenden Lautes: vor Consonanten steht das ni der zweiten, vor Vocalen stand das na der ersten. Die 2.sg. praes. der zweiten Bildung endlich ist im Germanischen (got. kunnais s.u.) erhalten. Bartholomaes Behauptungen, dass -nai- in allen und das Äquivalent von griech. -va- in den arischen Sprachen aufgegeben seien (Stud. II, 77), sind beide irrig. Wer nicht geneigt ist, womöglich in jeder Form das Wirken unursprünglicher Analogien anzunehmen, auch wo eine rein lautgesetzliche Entwickelung vorliegen kann, der wird im ganzen Conjunctiv der neunten Klasse das starke nicht aus näi entstandene sondern von jeher monophthonge nä sehen. Messen wir junäma, minäma an crnäväma, brävama, dyama, so lösen sie sich in junä-a-ma, minä-a-ma auf. Das ä des starken Tempusstammes nä war mit dem 0, e des Moduselementes schon in der Urzeit zu ä verschmolzen. Der Conjunctivstamm junä- deckt sich mit dem kret. Conj. Suva-aai Cauer, Del.'-' 121 A 4 2 (KZ. 25,149; über derartige griechische Conjunctive s. Curtius, Verb. II2, 81; Brugmann, Gr. Gr. s p. 171). Dem griechischen schwachen va würde vor Consonanten skr. ni entsprechen. Die Umfärbung eines urspr. a zu i ist aber unterblieben, wo das a schon vorher mit einem anderen Vocale zu einer Silbe verschmolzen war; vgl. jyeshfhd- aus *jya-ishfha- zu jyä-yätfis-. Also haben wir das Äquivalent des griech. va mit dem folgenden Vocale lautgesetzlich verschmolzen in der 2. 3. du. med. praes. kritfäthe, krinäte, imperat. krinäthäm, krinätäm, imperf. dkrinätham, dkrinäthm, part. krtnänd-, Dass auch im ganzen Opt. med. krinitd u. s. w. das lautgesetzlich entwickelte Äquivalent von va stecken kann, wurde bereits bemerkt. In allen diesen Fällen ist der Vocal des Praesenssuffixes lautgesetzlich vom Vocale der folgenden Suffixe spurlos aufgesogen oder (im Opt. med.) vor ihm geschwunden. Nach ihrem Vorbilde gestaltete man nun auch die wenigen anderen Formen, welche hinter den Verbalstämmen mit n eine vocalisch anlautende Endung haben, als ob krin-, nicht krtna- oder krittii- der schwache Stamm wäre, also mit scheinbarer Unterdrückung von ä, a oder i, welche niemand bisher erklärt hat: 3. pl. act. praes. krindnti, imperat. krindntu, imperf. dkrinan, med. kri$dte, krittdtam, dkritiata, 1. sg. med. praes. krine, imperf. dkrini, part. act. krindnt-.

Schmidt, Die neunte Fraesensklasse der Inder. Die entsprechenden altbaktrischen Formen decken sich völlig mit den indischen: Conjunctiv i.sg. ä-frinäni = skr. prinäni, med. frinäi = skr. priiuii, 3. pl. hämverenäonte = skr. *vrnänte, *-ntäi, 3. sg. perenäite »man kämpfe« (vgl. Barthol., Stud. 11,99); 3-pl-act. ind. ä-frineüti = skr. prinänti, ä-fr inen tu = skr. prindntu; 3. pl. med. verenäta Y. 30,6 = skr. vrnäta (ä unursprüngliche Dehnung, vgl. Pl.ntr. p. 171); I.sg. med. verene = skr. vrne . Ausserdem steht aber der auf n auslautende Stamm auch vor consonantisch anlautenden Endungen, welche schwachen Stamm bedingen: 3-sg.praes. med. vereflte, gerente, imperf. fraoreiita aus *fra-verehta gegenüber skr. vrnite, griiitc , vfnitd, inf. vereüdyäi (Bartholomae, BB. IX, 309, Ar. Forsch. 11,89). Die zugehörige i.pl. belegen fryämahi Y. 38,4, hvämahi-ca 35,5 (Var. fryänmahi, hvänmahi-ca). Bartholomae (KZ. 29,310) und Brugmann (Idg. Forsch. 1,175, Grdr. 11,969) suchen in ihnen Stämme auf *anä-, an-t, welche aber nirgendwo sonst, weder im Altbaktrischen noch in einer der verwandten Sprachen von irgend einer Wurzel vorkommen. Th. Baunack construiert den Text durch Streichen je eines vorhergehenden einsilbigen Wortes so, dass sich viersilbige friyämahi, huvämahi für das Metrum ergeben (Studien I, 349. 378.417). Die Überlieferung aber ergiebt dreisilbige fryämahi, hvätnahi in den achtsilbigen Zeilen (täish väo) yazamaide täish fryämahi und cishtnahicä hvämahicä. Und das halte ich für richtig. Als starke Stämme erscheinen nämlich nur frinä-, hunä- (hunaiti Y. 31,15), und das ältere fryämahi Y. 38,4 wird später durch frinämahi Yt. 12,3.5, Vd. 20,5 ersetzt, fryämahi verhält sich also zu skr. prinimäsi offenbar wie verente zu skr. vrtjtite und zur 1. sg. conj. med. frinäi wie vereflte zur 1. sg. indic. verene, d. h. es liegen *frin-mahi, *hun-mahi zu Grunde. Deren in, un wurden vor m zu Nasalvocalen, gerade wie an in gleicher Lage zu ä, än. Nasalierte i, u kamen aber so selten vor, dass man ihnen keine eigenen Schriftzeichen gab, sondern sie im Gäthädialekte durch yä, vä (yän, vän) umschrieb, wie man das ebenfalls seltene nasalierte einsilbige ere in den Gäthäs durch erä bezeichnete: neräsh, mäteräsh, meräshyät (Barthol., Hdb. § 34; KZ. 29,483 f.). Bartholomae (KZ. 29,485) freilich fuhrt cinmani und dunmän als Belege dafür an, dass in, un vor m nicht zu Nasalvocalen wurden. Beide kommen jedoch nur in Texten des jüngeren Dialektes vor. Die Gathas und der ihnen sprachlich gleiche Yasna haptanhaitl (Th. Baunack, Stud. 1,419 f.) kennen die Lautfolgen inm, unm überhaupt nicht. Vielmehr entspricht dem jüngeren dunmän »Wolken« in den Gäthas dvänmaibyas-cä Y. 44,4 idvän- einsilbig gemessen), der beste Beweis dafür, dass hvänmahi-ca und fryänmahi etymologisch nur die Geltung von *hunmahi-ca, *frinmahi haben. Es ergiebt sich also, dass die schwachen Formen der neunten Praesensklasse auch vor consonantisch anlautender Personalendung durchweg n ohne folgenden Vocal zeigen. Wie sind sie zu stände gekommen? Bartholomae steht ihnen völlig ratlos gegenüber (Ar. Forsch. II, 89 f., Stud. II, 77.78), und doch hätte er in einer von ihm selbst beobachteten Thatsache den Schlüssel des Rätsels finden können. Ein nicht indogermanisches i des Sanskrit in zweiter Silbe drei- und mehrsilbiger Worte hat das Altbaktrische völlig verloren: abaktr. dugedä, dughdha, zätha, aibi-jareta, draonö, staorem = skr. duhitä, janitä, jaritä, drdvitias, sthäviram u. a. (Barthol., BB. XV, 9 f.). vereilte würde also in indischer Gestalt *vrnite lauten, d. h. sein -nie entspricht genau dem griech. - v a - T a i wie dughdha dem griech. Ouy«-mp.

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Von den drei Stufen unserer Praesentia, welche Bartholomae (Stud. 11,7/. 202) und Brugmann (Grdr. 11,972) für die Ursprache annehmen: na-, ns- (= griech. vx-), nfällt also die letzte, welche nach allem, was wir bisher vom Ablaute wissen, unbegreiflich wäre. Nur indische und altbaktrische Formen haben zu ihrem Ansätze geführt, sie alle aber enthalten die zweite Stufe = griech. vr, welche Bartholomae (Stud. II, 77) den arischen Sprachen gänzlich abspricht. Nachdem wir die Spuren der Flexion -vä-fu, ev im Arischen nachgewiesen und damit für die Ursprache gesichert haben, bleibt noch die Aufgabe, Spuren der indischen Flexion -na-mi, -ni-mds ausserhalb Indiens aufzudecken. Bartholomae sucht das -ni- nur in armenischen Praesentien wie li-ni-m, cna-ni-m, bemerkt aber selbst, dass ihr i zweideutig sei, auch urspr. c entsprechen könne (Stud. II, 77 f.). Um so willkommener wird der unzweideutige Beleg des ni sein, welchen umbr. p e r s n i m u , p e r s n i h m u , persnihimu, d.h. persnimu »precator« giebt. Den nasalierten Praesensstamm zeigen noch got. fraihna, abaktr. paresanyeiti, Var. peresanyeiti Yt. 8,15 »er fragt«, den unnasalierten ai-, /-Stamm lit.prdszo-tne »wir fragen« (0 aus d, dt) Inf. praszy-ti, abulg. prosi-ti. Das Verhältnis der Stämme von umbr. persni-(tnu) und lit. praszy-(tas) ist also wesentlich das selbe wie von skr. gfbhnt(mdsi) zu grbhi-(tä-s). Natürlich deckt sich das umbr. s nicht mit dem h des got. fraihna, dem f des skr. pracnd-, sondern ist durch Verschmelzung eines alten *perkni- . (vgl. p e p u r k u r e n t »rogaverint«) mit der dem lat. po(rc)-sco entsprechenden Praesensbildung an seine Stelle gekommen. Wegen der Zweideutigkeit des abaktr. s (= skr. c und ch) lässt sich nicht sagen, ob der dem abaktr. paresanyeiti zu Grunde liegende Stamm paresani- sich völlig mit umbr. persntdeckt. Ebenso k a n n lat. liniunt, linire mit skr. linimds auf einen schwachen Stamm urspr. lini zurückgehen. Doch ist diese Flexion nicht vor Celsus und Columella belegt (Neue, Formenl. II 8 ,416 f.) und die Praesensbildung skr. linätni überhaupt nur von Grammatikern angegeben, gegen den Verdacht der Erfindung aber wohl geschützt durch lat. Uno, griech. aXivstv • aXe!XVYITAI;, ei; TO yvpi'£eJ xai 1

Über die in der » B i e n e '

wie bei anderen syrischen Schriftstellern überlieferten Namen

dieser

z»olf Könige und ihrer Väter handelte zuletzt Eberh. Nestle in der Notiz «Einiges Uber Zahl und Namen der Weisen aus dem Morgenland«

hinter seiner Ausgabe

»Marginalien und Materialien« Tübingen 1 8 9 3 ) p. 65 f f .

der Vitae prophetarum (Sonderabdruck

aus

Ich hoffe auf einige dieser meistens persischen,

zum Teil schon von Alfr. v. Gutschmid vortrefflich erörterten Namen an anderem Orte zurückzukommen. 1

Vielleicht ist einfach GuStisp zu lesen.

K u h n , Eine zoroastrische Prophezeiung in christlichem Gewände.

220

¿vojj.a; slpviT«i, T