Europäisches Gemeinschaftsrecht 9783166331829, 3166331824


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EUROPÄISCHES
GEMEINSCHAFTSRECHT
(28) 86
StrHPP-Schlochauer,
2. Bereich und Gegenstand
II. Eingrenzungen und Zuordnungen
1. Eingrenzungen
2. Zuordnungen
3. Lehre
IV. Bibliographie, Dokumentation, Rechtsprechung
1. Bibliographie
3. Rechtsprechung
V. Anlage und Technik
§ 2 NATIONALE VERFASSUNGSGRUNDLAGEN
I. Art. 24 I GG als Verfassungsentscheidung
1. Anwendung des Art. 24 I bei der Vergemeinschaftung
2. Die Zustimmungsgesetze zu den Gemeinscbaftsverträgen
3. Öffnung der Staatlichkeit als Verfassungsentscheidung
II. Ausstattung der Gemeinschaften mit Hoheitsrechten
I. Hoheitsrechte
2. Übertragung von Hoheitsrechten
3. Übertragung durch Gesetz
III. Errichtung der Gemeinschaften als Gesamtakt staatlicher Integrationsgewalt
1. „Inhalt und Wesen einer Ordnung ist das eine, ihre Entstehungsgrundlage das andereK
2. Der Gesamtakt staatlicher Integrationsgewalt
IV. Folgerungen für Recht und Verfassung der Gemeinschaften
1. Autonome Gemeinschaftsrechtsordnung
2. Verfassungscharakter primären Gemeinschaftsrechts
3. Integration als Verfassungsprinzip
4. Supranationalität als Verfassungsprinzip
5. Geltungsgrund des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten
V. V erfassungsgrundlagen der anderen Mitgliedstaaten57
1. Belgien58
2. Frankreich60
3. Italien65
4. Luxemburg68
5. Niederlande71
VI. Verfassungsgrundlagen der Beitrittsanwärter
1. Dänemark74
2. Großbritannien™
3. Irland79
4. Norwegen83
/. Die drei Gemeinschaftsverträge nebst Änderungen, Zusatz- und Ausführungsregelungen
1. Der EGKSV
4. Gemeinsame Organe
5. Sprachregelung
II. Aufbau und Inhalt der Gemeinschaftsverträge
1. Verfassungsregeln der Verträge
2. Gemeinschaftsorgane
3. Aufgaben- und Zielbestimmungen
III. Rechtsgehalt und Systematik der Gemeinschaftsverträge
1. Zielbestimmungen und Aufgabenumschreibungen
2. Organisationsstatut
3. Mitgliedschaftliche Ordnung
5. Markterrichtung und Marktordnung
7. Materielles und formelles Verwaltungsrecht
8. Gerichtsverfassungs- und -verfahrensrecht
9. Verweisungen auf andere Rechtsordnungen
10. Zuordnung der Gemeinschaftsverträge
I. Räumlicher Geltungsbereich
1. In Europa
2. Außerhalb Europas
II. Sonderfragen der deutschen Teilung
2. Warenverkehr BRD — DDR
2. Initiative und Durchführung
3. Kleine Revision des EGKSV22
§ 5 QUELLEN, STRUKTUREN UND AUSLEGUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS
7. Quellen
1. Zur ideengeschichtlichen Herkunft
2. Rechtsquellenarten — Überblick8
3. Insbesondere: Allgemeine, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsame Rechtsgrundsätze11
4. Insbesondere: Allgemeine Regeln des Völkerrechts
5. Insbesondere: Gewohnheitsrecht
II. Strukturen
1. Strukturierung nach Regelungsgegenständen
2. Inhaltliche Strukturierung
3. Strukturunterschiede nach der mittelbaren oder unmittelbaren Anwendbarkeit ( „Durchgriff snormenc< )27
4. Programm, Plan und Zeitmaß als Strukturelemente
111. Auslegung58
1. Integrations-Maßstäbe der Auslegung
I. Verweisung auf die Ideengeschichte der europäischen Einigung und Initiativen bis zum Ende des II. Weltkrieges
1. Verweisung auf die Ideengeschichte der europäischen Einigung
2. Einigungs-Initiativen zwischen den beiden Weltkriegen
IL Europäische Integrationsbestrebungen 1945—19501
1. Initiativen europäischer Bewegungen
2. Herkömmliche völkerrechtliche Organisationen
III. Zur Entstehung der Europäischen Gemeinschaften14
1. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahlu
2. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft — Europäische Atomgemeinschaft20
IV. Gemeinschaftsdaten26
V. Entwicklung und Krisen27
1. Entwicklung
2. Krisen31
VI. Die drei Gemeinschaften bis zu ihrer Fusionierung
1. Zuordnung der Gemeinschaftsverträge38
2. Fusionsverfassung30
§ 7 MITGLIEDSTAATEN — ASSOZIIERUNG — AUSSENBEZIEHUNGEN
I. Mitgliedstaaten
1. Relationen unter den Mitgliedstaaten
2. Rechtsstellung der Mitgliedstaaten (Verweisungen)
II. Assoziierung (53/1 ff.)
1. Überseeische Länder und Hoheitsgebiete
2. Assoziierungen gemäß Art. 238 EWGV, 206 EAGV
1. Rechtsgrundlagen
2. Beziehungen zu internationalen Organisationen
3. Gesandtschaftsrecht
/. Zum Thema
1. Die Gefahr bundesstaatlicher Präjudizierung
II. Kriterien der Aus- und Eingrenzung
1. Die Gemeinschaften sind nicht Staaten
2. Die Gemeinschaften sind nicht Bundesstaaten
III. Die Gemeinschaften als Zweckverbände funktioneller Integration
1. Gemeinschaften
2. Zweckverbände
3. Funktionelle Integration
IV. Die Gemeinschaften als Subjekte des Völkerrechts
7. Völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit internationaler Organisationen54
2. Rechtsgrundlagen
V. Oie Gemeinschaften als Subjekte des staatlichen Rechts
1. Rechtsgrundlagen
2. Mitgliedstaatliche Rechtssubjektivität
§ 9 GEMEINSCHAFTEN UND MITGLIEDSTAATEN
I. Komplexität des Rechtsregimes
II. Die Mitgliedstaaten als Gründer der Gemeinschaf ten
1. Die Mitgliedstaaten als Vertragsstaaten
2. Die Mitgliedstaaten als „Herren* der Verträge?
III. Die Mitgliedstaaten als Glieder der Gemeinschaften
1. Die Gliedstellung der Mitgliedstaaten
2. Der Inhalt der Gliedstellung: Funktionsverteilung
3. Der Inhalt der Gliedstellung: Mitwirkungspflicht
4. Der Inhalt der Glied Stellung: allgemeine Aufgabe der Ausführung, der Anwendung und des Vollzugs des Gemeinschaftsrechts28
5. Der Inhalt der Gliedstellung: Gemeinschaftsaufsicht
6. Der Inhalt der Gliedstellung: Glied unter Gliedern
IV. Die Mitgliedstaaten als Organschaften der Gemeinschaften
1. Mitgliedstaatliche Besetzung von Gemeinschaftsorganen
2. Mitgliedstaatliche Mitwirkung in Gemeinschaftsorganen
V. Die Souveränitäts-Frage53
1. Die Ausgangspunkte
2. Antwort auf die Souveränitäts-Frage: Verweisung auf die Aufteilung von Hoheitsrechten
VI. Rechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaat
1. Rechtsgrundlagen
2. Die Stadien des Aufsichtsverfahrens
3. Der Rechtsstreit zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaat vor dem Gerichtshof
VII. Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten
1. Rechtsgrundlagen
2. Vorverfahren
3. Kontrollfunktion
VIII. Schutzklauseln93
I. Anwendungsbereich und Rechtsgrundlagen
2. Scbutzklausel-Zwecke100
3. Schutzklausel-Typen101
4. Schutzklausel-Disposition102
5. Anwendungsvoraussetzungen104
6. Anwendungsverfahren109
7. Schutzmaßnahmen-Inhalte111
8. Rechtsschutzfragen
IX. Staatsangehörige der Mitgliedstaaten als Marktbürger
1. Vergcmeinschaftung, Staatsangebörigkeits- und Fremdenrecht
2. Inhalt und Schranken der Marktbürger-Stellung
3. Staatsangehörigkeit und Marktbürgerschaft123
§ 10 GEMEINSCHAFTSRECHT UND NATIONALES RECHT
11. Eingrenzung eines Kollisionstatbestandes
1. Ausräumung von Komplikationen
3. Die Vorfrage des Geltungsgrundes des Gemeinschaftsrechts
4. Die Vorfrage des Verfassungsprinzips der Supranationalität
IIL Komplexität der Rangfrage
1. Kollision von Normen unterschiedlicher Rangstufen
2. Die „Altersfrage“ der kollidierenden Normen
3. Die Zustätidigkeit zur Kollisionsregelung und zur Kollisionsentscheidung
4. Inhaltswirkung eines Vorranges
IV. Analyse und Kritik versuchter Kollisionslösungen
1. Völkerrechtliche Lösungen18
2. Verfahrensrechtliche Lösung?*
3. Lösung kraft bundesstaatsähnlicher Integration38
4. Pragmatische Lösungen44
1. Unanwendbarkeit der lex posterior-Regel
2. Prinzip der Sicherung der Funktionsfähigkeit
3. Der Sitz der Vorrangregel
4. Inhalt und Wirkung der Vorrangregel
5. Kompetenz zur Vorrangentscheidung
VI. Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Vorrang-Frage
1. Rs 26/62 (Van Gend & Loos) Urt. v. 5. 2.1963, Rspr. IX, 3
4. Rs 14168 (Farbenhersteller Walt Wilhelm u. a.)
Urt. V. 13. 2. 1969, Rspr. XV, 1
VII. Rechtsprechung deutscher Gerichte zur Vorrang-Frage
1. Überblick über Entwicklung und Stand der Rechtsprechung129 130
2. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
3. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
VIII. Rechtsprechung in den anderen Mitgliedstaaten151
IX. Die Rolle der nationalen Rechtsprechung zur Vorrang-Trage im Integrationsprozeß
/. Überblick
II. Gewaltenteilung
1. Ausgestaltung
2. Folgerungen für die Gemeinschaftsorganisation
3. Folgerungen für die Darstellung
§ 12 VERSAMMLUNG
/. Zusammensetzung und Bestellung der Mitglieder
1. Zusammensetzung
2. Unmittelbare Wahlen
II. Innere Organisation und Geschäftsgang
1. Organisation
2. Geschäftsgang
III. Befugnisse und Zuständigkeiten
1. Beratung
2. Kontrolle
4. Politische Wirksamkeit
I. Zusammensetzung und Rechtsstellung
1. Zusammensetzung
2. Vorsitz
3. Rechtsstellung
II. Organisation
1. Ausschuß der Ständigen Vertreter
1. Ambivalente Struktur
2. Integrationsorgan
3. Vertragsergänzende Legislative
4. Außenbeziehungen
5. Haushalts- und Organisationsbefugnisse
IV. Geschäftsgang30
1. Ratssitzungen
2. Schriftliche Beschlußfassung
3. A-Sachen-V erfahren
4. Nicht-Öffentlichkeit36
5. Außerrechtliche Elemente
I. Zusammensetzung und Rechtsstellung
1. Zusammensetzung
2. Amtszeit
3. Rechtsstellung der Mitglieder
4. Kontrolle
II. Organisation
1. Aufgabenverteilung
2. Vertikale Organisation
III. Aufgaben und Befugnisse
1. Initiative
3. Entscheidungsbefugnisse
4. Schutz- und Ausgleichsfunktionen
5. Außenwirksamkeit
IV. Geschäftsgang
1. Geschäftsordnung
2. Arbeitsstil
§ 15 GERICHTSHOF
1. Rechtsgrundlagen
1. Einheitsgericht
2. Satzung
4. Sitz
1. Verfassungsgericht
3. Wirkungsbereiche
I. Rechtsgrundlagen
1. Vertragsregelungen
3. Willensbildung
7. Rechtsgrundlagen
1. Personalstatut
2. Dienstherrenschaft
II. Rekrutierung
1. Grundsätze
2. Dauertätigkeit
3. Verhältnis zum nationalen Dienst
2. Pflichten
3. Gruppierung und Auswahl
4. Bezüge
5. Personalvertretung
IV. Personalbestand
I. Haushalt, Wirtschaft und Gemeinschaftsverfassung
1. Zusammenhänge
II. Rechtsgrundlagen
1. Vertragsregelungen
2. Inhalt
3. Ausführungsregelungen
III. Finanzmittelbedarf
1. Bedarf
2. Verwaltungsausgaben
3. Leistungsausgaben
IV. Gemeinschaftseinnahmen
1. Finanzbeiträge und Eigeneinnahmen
2. Haushaltsplanfeststellung
2. Kontrolle und Entlastung
I. Einleitung
3. Begründungszwang
4. Verkündungsregeln
5. Vollstreckungsregeln
III. Gemeinschaf tsrechtliche Eigenständigkeit des geregelten Rechtshandlungs-Systems
1. Eigenständigkeit
2. Nationale Analogien
§ 20 HANDLUNGSERMÄCHTIGUNGEN
11. Kataloge der Handlungsermächtigungen im EWGV und EGKSV
2. Begrenzung nach Handlungsformen
3. Enumerationsprinzip
4. Inhaltsbegrenzungen
5. Ermächtigungen für Mitgliedstaaten
IV. Rechtliche Bedeutung des Prinzips der begrenzten Ermächtigungen
1. Für das Verhältnis zu den Mitgliedstaaten
2. Für das Verhältnis zu den Marktbürgern
1. Voraussetzungen
2. Grenzen
3. Subsidiarität
VI. Implied powers
1. Begrenzte Anwendbarkeit
1. Wirksamkeit des Kollegialprinzips
2. Zulässige Delegationen
4. Delegation an Mitgliedstaaten
5. Delegation an Private
21 DIE RECHTSHANDLUNGEN DER VERTRÄGE
2. Allgemeine Geltung
3. Unmittelbare Geltung
4. Verbindlichkeit
II. Einzelfall-Entscheidungen
1. Autor
5. NebenbeStimmungen
III. Richtlinien — EGKS-Empfehlungen
3. Gestufte Verbindlichkeit
IV. Stellungnahmen — EWG- und EAG-Empfehlungen
1. Autor
2. Unverbindlichkeit
3. Unterscheidungen
V. Formal nicht gekennzeichnete Rechtshandlungen 1. Vorkommen
2. Verhältnis zu förmlichen Rechtshandlungen
3. Einsatz förmlicher Rechtshandlungen
4. Systematik
VI. Kundmachung, Inkrafttreten und Eintritt der Wirksamkeit
I. Kundmachung und Inkrafttreten
(23122—30).
/. Beschlüsse der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten
1. Praxis
2. Zweck und Erscheinung
3. Rechtsnatur und Rechtsstatut
11. Ver tragsänder ungs- und -ergänzungsentscheidungen;
S tufen-Fes t Stellungen
1. Vertragsänderungen
2. Vertragsergänzungen
3. Stufenfeststellungen
III. Organisations- und innerdienstliche Handlungen
1. Erscheinungsformen
IV. Fiskalhandlungen
1. Rechtsgrundlagen
2. Zwei-Stufen-Verfahren
V. Programme
1. Rechtsgrundlagen
2. Rechtsgehalt
3. Absichtserklärungen
VI. Informelle Organhandlungen und Realakte
1. Informelle Organhandlungen
2. Realakte
2. Information und Konsultation der Kommission
3. Beschlußfassung der Kommission
4. Beratung mit dem Ausschuß der Ständigen Vertreter
5. Ratsbeschlußfassung
II. Willensbildung des Rates
1. Rechtsgrundlagen
2. Willensbildungs-Stimmregeln
3. Einstimmigkeits- und Mehrheitsprinzip
4. Abstimmungsform
5. Luxemburger „Vereinbarung“
III. Geregelte Mitwirkung der Kommission an der Willensbildung des Rates
1. Zusammenwirken
2. Ratsbeschluß
IV. Zusammenwirken mit dem Parlament
1. lnitiativredbte
2. Konsultationsrecht des Parlaments
3. Konsultationsbefugnisse des Parlaments
4. Sonstige Mitwirkungsbefugnisse des Parlaments
V. Zusammenwirken mit dem Wirtschafts- und Sozialausschuß
/. Allgemeines 1. Fehlen allgemeiner Regelung
2. Methode der Regel-Ermittlung
3. Allgemeine Rechtsgrundsätze
5. Besonderheiten
II. Allgemeine Handlungsgebote
1. Generalregeln
2. Vier Gebote
III. Fehlerhaftigkeit wegen Unzuständigkeit
1. Ermächtigungsmangel
2. Funktionsmangel
3. Abgrenzung zu Ermessungsfehlem
IV. Fehlerhaftigkeit wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften
1. Nichtbeachtung der Formtypik
2. Formverletzung
3. Verletzung von Beteiligungs- und Mitwirkungsregeln
4. Rechtsmittelbelehrung
5. Begründungszwang
V. Fehlerhaftigkeit wegen Vertragsverletzung 1. Voraussetzungen
2. Gerichtliche Prüfung
3. Inhalt der Vertragsverletzung
VI. Fehlerhaftigkeit wegen Ermessensmißbrauchs 1. Ermessenfehler
2. Ermessensmißbrauch
I. Allgemeines
1. Begriff
2. Bestandskraft und Rechtskraft
3. Terminologie
4. Eingrenzung
II. Widerruf fehlerfreier Rechtshandlungen
1. Belastende Rechtshandlungen
2. Positiver Widerrufs-Aus Schluß
3. Unwiderruflichkeit
III. Rücknahme fehlerhafter Rechtshandlungen 1. Belastende Rechtshandlungen
2. Begünstigende Rechtshandlungen
3. Bei Änderung der Rechtsordnung
I. Sanktionen gegenüber Mitgliedstaaten
1. Rechtsgrundlagen
2. Verfahren
II. Sanktionen gegenüber Marktbürgern
1. EGKSV-Recht
2. Recht der Römischen Verträge
III. Sanktionsmittel
1. Mittel
2. Rechtsnatur
3. Einnahmen aus Sanktionsmitteln
IV. Vollzug und Vollstreckung
1. Vollstreckbarkeit
2. Vollstreckung
I. Grundlagen
1. Grundsatz
2. Amtshaftung
3. Ausgestaltung
II. Haftungsvoraussetzungen 1. Schuldhafte Rechtswidrigkeit
3. Haftung
4. Schaden und Kausalität
III. Haftungsverfahren
1. Zuständigkeit des Gerichtshofs
2. Verjährung
3. Beweislast
I. Rechtsgrundlagen 1. Die Aktionsbereiche im EWGV
2. Die Aktionsbereiche im EGKSV
3. Die Aktionsbereiche im EAGV
4. Aufgaben-Komplexität
II. Gemeinsamer Markt
1. Rechtsgehalt
2. Markt-Errichtung
3. Stufenregelung und Automatik
4. Funktion
III. Ziel- und Aufgabenbestimmungen
1. Zielsetzungen
2. Systematisierung
3. Rechtsgehalt
4. Rangstellung
5. Funktion als Auslegungsdirektive
6. Folgen der Nichtbeachtung
7. Ziel-Gewichtung
IV. Zielbestimmungen und Wirtschaftsverfassung der Gemeinschaften
1. Die Frage der Wirtschaftsverfassung
2. Die deutsche Wirtschaftsverfassung
3. Die wirtschaftspolitische Materialisierung des Grundgesetzes
4. Elemente der Wirtschaftsverfassung der Gemeinschaften
§ 29 ZOLLUNION
I. Grundlagen
1. Rechtsgrundlagen
2. Historische Einordnung4
3. Zollunion und Wettbewerb
II. Abschaffung der Binnenzölle und Errichtung der Zollunion mit gemeinsamem Zolltarif
1. Schrittweise Verwirklichung
2. Gemeinsamer Zolltarif
3. Abgaben zollgleicher Wirkung
4. Finanzzölle
5. Handhabung des Gemeinsamen Zolltarifs
HL Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen
1. Verbot und Abbau
2. Maßnahmen gleicher Wirkung
I. Rechtsgrundlagen 1. Arten von Diskriminierungsverboten
2. Diskriminierungsverbote des EWGV
3. Diskriminierungsverbote des EGKSV
4. Diskriminierungsverbote des EAGV
II. Zweck und Anwendungsbereich (Adressaten und Schutzberechtigte)
1. Verbotszwecke
2. Adressaten und Geschützte
III. Für die Diskriminierungsverbote gemeinsam erhebliche Inhalts- und Anwendungsfragen
1. Wirksamkeit und Vollziehbarkeit
2. Feststellung ungleicher Behandlung vergleichbarer Tatbestände
3. Gemeinschaftsorgane als Verbotsadressaten
4. Subjektive und objektive Voraussetzungen
§ 31 WETTBEWERBSREGELN — ÜBERBLICK
7. Vertragsziele und Wettbewerbsregelungen
1. Relation
2. Entscheidung für Wettbewerbsfreiheit
3. Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung
II. Rechtsgrundlagen
1. EWGV
3. EAGV
4. Verhältnis zum nationalen Recht
IIL Grundsätze und Vergleiche
1. Tatbestände der Wettbewerbsregelungen
2. Vergleich der EWGV- und EGKSV-Regelungen
§ 32 KARTELL VERBOT
I. Tatbestand
1. Adressaten
2. Verbotene Vereinbarungen und Verhaltensweisen
3. Wettbewerbsbeschränkungen
4. Zwischenstaats-Klausel
5. Normierte Beispiel-Tatbestände
II. Rechtsfolgen
1. Unwirksamkeit
2. Nichtigkeitsfolgen
3. Geldbußen
4. Übergangs fragen
HL Freistellungen
1. Art. 85 III EWGV
2. Voraussetzungen
3. Rechtliche Charakterisierung
§ 33 VERBOT DES MISSBRAUCHS DER MARKTBEHERRSCHUNG
/. Tatbestand
1. Voraussetzungen
2. Mißbrauch-Wirkungen
11. Verbot
1. Wirkung
2. Zivilrechtliche Folgen
3. Freistellung
4. Sanktion
5. Praxis
III. Fusionskontrolle
I. Bedeutung im Gemeinschaf tsreebt und Rechtsgrundlagen 1. Bedeutung
2. Rechtsgrundlagen
II. Inhalt und Verwirklichung
1. Freizügigkeit
2. Inländergleichbehandlung
3. Verwirklichung
§ 35 FREIHEIT DER NIEDERLASSUNG UND DES DIENSTLEISTUNGSVERKEHRS
/. Bedeutung und Rechtsgrundlagen
1. Bedeutung
2. Nationale Rechtsunterschiede
3. Rechtsgrundlagen
II. Inhalt und Verwirklichung
1. Berechtigte
2. Freiheitsinhalt
3. Liberalisierungsgesichtspunkte
4. Verwirklichung
/. Bedeutung und Rechtsgrundlagen
1. Zusammenhänge
2. Kapitalverkehr
3. Zahlungsverkehr
4. Rechtsgrundlagen
II. Stand der Durchführung
1. Kapitalverkehr
2. Zahlungsverkehr
§ 37 ÖFFENTLICHE UNTERNEHMEN UND FINANZMONOPOLE
I. Bedeutung
1. Entwicklung
2. Private und öffentliche Wirtschaft
3. Plan-Einsatz öffentlicher Unternehmen
II. Rechtsgrundlagen
I. EGKSV
111. Art. 90 EWGV: öffentliche Unternehmen
1. Stellung im Vertrag
2. Vier Begriffe öffentlicher Unternehmen
3. Kommissions-Kontrolle
IV. Finanzmonopole
1. Disposition über Finanzmonopole
2. Deutsche Finanzmonopole
A. Subventionen 1
I. Rechtsgrundlagen
2. EGKSV
3. EAGV
II. Begriffe und allgemeine Regeln
1. Begriffe
2. Irrelevante Beihilfen
3. Verbotsgrundsatz des EGKSV
4. Relevante EWG-Beihilfen
111. Kontrollkompetenzen und -verfahren
1. Kontrolle
2. Kontrollverfahren
IV. Gemeinschafts-Subventionierung
1. Landwirtschaft
2. Sozial fonds
3. Investitionsbank
6. Subventions-Lastverteilung
B. Sonderlasten
C. Dumping
I. Zielsetzung und Rechtsgrundlagen
1. Dynamische Funktion
2. Rechtsgrundlagen
2. Materienkatalog
3. Verwirklichung
4. Mitgliedstaatliche Ausführung
5. Verfahrens-Tab eilen
III. Kriterien, Mittel und Gang der Rechtsangleichung 1. Kriterien
2. Mittel
3. Gang
IV. Folgen der Rechtsangleichung für die Normierungskompetenz
1. Nationale Umsetzung
2. „Sperrwirkung“
/. Staatliche Abgabenhoheit und Wettbewerb im Gemeinsamen Markt 1. Grundsatz
2. Systemangleichung
3. Rechtsgrundlagen
II. Gemeinschaftskompetenzen und -aufträge 1. Gleichbehandlungsgebote
2. Art. 97IIEWGV
3. Art. 98 EWGV
4. Rechtsharmonisierung
111. Steuerliche Gemeinschaftsmaßnahmen 1. Umsatzsteuer
2. Spezielle Verbrauchssteuern
3. Indirekte Steuern auf Kapitalansammlungen
4. Direkte Steuern
5. Realsteuern
6. Doppelbesteuerungen
§41 GRUNDRECHTE
I. Bedeutung des Grundrechtsschutzes — Entwicklung seiner Forderung — Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsprinzip
1. Bedeutung
2. Entwicklung der Forderung
3. Rechtsstaatsprinzip
II. Gemeinscbaftsrelevante Grundrechtsbereiche
1. Wirtschaftsfreiheit
2. Gleichheit
3. Vereinigungsfreiheit
4. Briefgeheimnis
5. Berufsfreiheit
6. Unverletzlichkeit der Wohnung
7. Eigentum
8. Rechtsweggewährleistung
9. Ne bis in idem
HL Individuelle Freiheitsverbürgungen des Gemeinschaftsrechts
1. Wirtscbaftsfreiheit
2. Gleichheit
3. Eigentum
4. Andere Bereiche
5. Rechtsschutz
6. Vergleichs-Folgerungen
IV. ln den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung enthaltene Grundrechte
1. Allgemeine Rechtsgrundsätze
2. Verwaltungsrechts-Grundsätze
3. Grundrechts-Auslegung
V. Grundrechtsschutz bei mitgliedstaatlicher Durchführung des Gemeinschaftsrechts
1. Unterscheidungen
2. Gegen Verwaltungsakte
3. Gegen Ausführungsnormen
V. Insbesondere gegen Gesetze
VI. Völkerrechtliche Grundrechtsbindungen der Gemeinschaftsorgane 1. Menschenrechtskonvention
2. Allgemeine Regeln des Völkerrechts
/. Begriff, Rechtsgrundlagen, Einteilung
1. Begriff
2. Rechtsgrundlagen
3. Einteilung
II. Pflicbten-Träger
1. Allgemeines
2. Unternehmen
3. Verbände
III. Aus Marktbürger-Pflichten Berechtigte
1. Gemeinschaften
2. Mitgliedstaaten
3. Dritte
§ 43 RECHTSSCHUTZ
I. Grundsätze für Zuständigkeit, Verfahren und Entscheidungsvollstreckung
1. Supranationaler Gerichtsschutz
2. Aufgabe des Gerichtshofs
4. Prozeßgrundsätze
2. Nichtigkeits-(Anfechtungsklage
3. Untätigkeitsklage
4. Besondere Klagearten
1. Incidente Normenkontrolle
2. Einrede der Rechtswidrigkeit
3. Rich tlinien-In ciden tp rüfung
IV. Vorentscheidungen*2
1. Vorlage-Initiative
2. Entscheidungserheblichkeit
3. Gegenstand
4. Verfahren
5. Wirkungen
6. Praxis
§ 44 WIRTSCHAFTSPOLITIK
/. Wirtschaftspolitik im Gemeinschaftsrecht
1 .Getneinschaftsrechtlich unterscheidbare Bereiche derWirtschaftspolitik
2. Harmonisierung, Koordinierung, gemeinsame Politik
II. Mittelfristige Wirtschaftspolitik
1. Rechtsgrundlagen
2. Programme
3. Rechtsnatur und Rechtsgehalt des Programms26
III. Konjunkturpolitik
2. Wirkungsbereiche
§ 45 WÄHRUNGSPOLITIK
2. Sicherung der Währungsstabilität
I. Die Zusammenhänge
1. Zusammenhänge der Sachbereiche
2. Zusammenha?ig mit Errichtung der Zollunion und
des Gemeinsamen Marktes
3. Sachzwang-Zusammenhänge bei fortschreitender Integration
2. Art. 113 EWGV: Gemeinsame Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen
III. Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen
1. Art. 113 ly II, IV EWGV: Gestaltung der gemeinsamen Handelspolitik
2. Art. 113 III, 114 EWGV: Abschluß von Zoll- und Handelsabkommen
3. Art. 116 EWGV: Gemeinsames Vorgehen in internationalen
Wirtschaftsorganisationen
4. Art. 112 EWGV: Vereinheitlichung von Ausfuhrbeihilfen
y Art. 115 EWGV: Schutzklausel
IV. Durchführung 1. Maßnahmen der Übergangszeit
2. Entwicklung des Sekundärrechts seit dem Ende der Übergangszeit
3. Künftige Gestaltung der gemeinsamen Handelspolitik
§ 47 AGRARPOLITIK
I. Die Sonderlage der Landwirtschaft 1
2. Rechtliche Besonderheiten
11. Zielsetzungen und Kompetenzregelungen
1. Zielsetzungen
HL Gemeinsame Agrarmarktorganisationen
1. Entwickhmgsphasen
3. Marktordnungen als Preisregelungen
4. Marktregelungen als Handelsregelungen
IV. Finanzierung
1. Europäischer Ausrichtungs- und Garantie fonds für die Landwirtschaft
2. Neuordnung durch den Ratsbeschluß vom 21. April 1970 und den Vertrag vom 22. April 1970
V. Gemeinsame Wettbewerbsregeln 1. Vertragsgrundlagen
2. Durchführung
VI. Durchführung der gemeinsamen Agrar markt organisation
1. Durchführung durch die Kommission
2. Durchführung in der BRD
§ 48 VERKEHRSPOLITIK
I. Entwicklung unter den Verträgen 1
1. Das ironische Kapitel
II. Das Vertragsrecht zur Verkehrspolitik
I. Überblick
2. Anwendbarkeit auf die Verkehrsträger
4. Zuordnung zur Rheinschiffahrstakte1*
Hl. Maßnahmen zur gemeinsamen Verkehrspolitik
1. Wettbewerb der Verkehrsträger
2. Insbesondere: Stellung der Eisenbahnen
3. Zugang zum Verkehrsmarkt54
5. Ausnahme tarife
6. Sonstige Maßnahmen
§ 49 ENERGIEPOLITIK
I. Energien und Energiepolitik
1. Energien
2. Energiepolitik im Mitgliedstaat
II. Gemeinschaftsrecht für Kohle
1. Grundsätze des EGKSV
2. Wettbewerbsregeln14
4. Außenbeziehungen
III. Gemeinschaftsrecht für Kernenergie
1. Erzeugung und Produktionsmittel
2. Freiverkehr und AußenbeZiehungen
3. Verbreitung der Kenntnisse
4. Gemeinschaftsförderung der Kernindustrie28
IV. Gemeinschaftsrecht für andere Energien29
1. Elektrizität und Gas
2. Erdöl und Erdgas
2. Orientierung einer gemeinschaftlichen Energiepolitik
2. Forschung im EWGV
3. Forschung im EGKSV
4. Forschung im EAGV
II. Technologische Forschung
1. Forschungs- und Ausbildungsprogramme
2. Technologie-Politik
3. Kernindustrie und technologische Entwicklung
4. Vertragsergänzung und Vervollständigung der Rechtsgrundlagen
III. Das Kommissionsmemorandum zur Industriepolitik vom 24. März 1970
1. Inhalt des Ziel-Memorandums (Erstes Dokument)
2. Inhalt des zweiten Dokumentes
3. Rechtsfragen zum Kommissionsmemorandum
§ 51 SOZIALPOLITIK
I. Bereich y Funktion und Rechtsgrundlagen
1. Bereich und Funktion
2. Entstehungsgeschichte des Titels „Die Sozialpolitik“10
3. EWG-Rechtsgrundlagen
11. Einzelfragen der Sozialpolitik
1. Neugestaltung des Europäischen Sozialfonds
2. Berufsausbildung
3. Soziale Sicherheit
4. Arbeitsrecht
5. Mitbestimmung
I. Die Aufgabe
1. Zusammenhänge
2. Regionen
II. Rechtsgrundlagen
1. EWGV
1. Finanzierung
2. Koordinierung
IV. Durchführungsmaßnahmen
1. Verkehrs- und Agrarpolitik
2. Freizügigkeit der Arbeitnehmer
3. Gesamtmaßnahmen
I. Aufgaben und Bereich
1. Aufgaben
2. Bereich
II. Rechtsgrundlagen und Gestaltung
1. Vertragsrecht
2. Durchführungsrecht
III. Maßnahmen tmd Organisation der Entwicklungshilfe
1. Länder und Gebiete in Übersee
2. Afrikanischer Mittelmeerraum
3. Europäische Assoziierte
4. Entwicklungsländer allgemein
I. Grenzen von Perspektiven und Prognosen
1. Zuständigkeiten und Methoden zur politischen Gemeinschaftstheorie
2. Perspektiveyi und Prognosen
II. Das Ziel
1. Gemeinschaftsziele und Staatszwecke
2. Zielschritte
3. Zielbedarf
111. Die Menschen 1. Gemeinschaft ohne Gemeinschaftsvolk
2. Gruppeninteressen und Gruppenorganisation
IV. Die Sache 1. Die Sache der Gemeinschaft ist auch Politik
2. Die Sachbereiche
V. Der Raum
1. Vergemeinschaftung als horizontale Raumerweiterung begrenzter Kompetenzen
2. Der Wirkungsraum der Verträge
3. Raumerweiterung durch Beitritt
VL Die Zeit
L Zeitfunktion
2. Zeitdimension
3. Zeitsanktion
VII. Das Verfahren
1. Das für die Wirtschafts- und Währungsunion erforderliche Verfahren
2. Die Mängel des bestehenden Verfahrens
3. Verfahrensgestaltung für die Wirtschafts- und Währungsunion
4. Recbtsformen der Verfahrensgestaltung
VIII. Der Konsens
1. Konsens-Bedarf
2. Konsens-Beschaffung
IX. Die Gestaltform
1. Fragestellung
2. Staatlichkeit im Entflechtungsprozeß
2. Offene Gestaltform ohne Staatlichkeits-Präjudiz
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H A N S PETER IP S E N E U R O P Ä IS C H E S G E M E IN S C H A F T S R E C H T

EUROPÄISCHES GEMEINSCHAFTSRECHT

von

HANS PETER IPSEN

19 7 2 J. C. B. M O H R ( P A U L S I E B E C K ) T Ü B I N G E N

© Hans Peter Ipsen J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1972 Alle Redite Vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen Printed in Germany Satz und Druck: Guide-Druck, Tübingen Einband: Heinrich Koch, Großbuchbinderei, Tübingen

ISBN 3 16 633182 4

Für J O H A N N A M A R IA L O U V E T 10.

8.1929

INHALTSÜBERSICHT ERSTER TEIL: EINLEITUNG

§ 1

Europäisches Gemeinschaftsrecht....................................................

3

ZWEITER TEIL: VERFASSUNGSGRUNDLAGEN UND RECHTSQUELLEN § 2 § 3 § 4 § 5

Nationale V erfassungsgrundlagen..................................................... 47 Die drei Gemeinschaftsverträge...........................................................79 Räumlicher Geltungsbereich; Dauer, Änderung, Ergänzung der Gemeinschaftsverträge.......................................................................94 Quellen, Strukturen und Auslegungdes Gemeinschaftsrechts . . 107

DRITTER TEIL: DIE GEMEINSCHAFTEN UND IHRE MITGLIEDER § 6 § 7 § 8 § 9 §10

Die drei G em ein sch aften ....................................................................137 Mitgliedstaaten — Assoziierung —Außenbeziehungen . . . 165 Rechtsstellung der Gemeinschaften....................................................182 Gemeinschaften und M itg lie d s ta a te n .............................................. 207 Gemeinschaftsrecht und nationales R ech t.........................................255

§11 § 12 § 13 § 14 §15 §16 §17 §18

Überblick — G e w a lte n te ilu n g ......................................................... 315 V ersam m lung.......................................................................... 322 R a t ......................................................................................................... 337 Kommission ....................................................................................352 G erichtshof.............................................................................................. 365 Wirtschafts- und Sozialausschuß —Beratender Ausschuß 375 Personal....................................................................................................382 Finanzordnung und K o n tr o lle n ......................................................... 390

§19 § 20 § 21 § 22

FÜNFTER TEIL: HANDLUNGSERMÄCHTIGUNGEN UND RECHTSHANDLUNGEN Ü b e r b lic k .............................................................................................. 405 Handlungsermächtigungen....................................................................412 Die Rechtshandlungen der Verträge....................................................446 Sonstige Rechtshandlungen....................................................................467

VIERTER TEIL: ORGANISATION UND ORGANE

VIII

Inhaltsübersicht

§ 23 § 24 § 25 § 26 § 27

Willensbildung der G em einschaftsexekutiven...............................485 Handlungsgebote und R e c h tsm ä n g e l...............................................506 Bestandskraft von R echtshandlungen..................................... 524 Sanktionierung und Vollstreckung von Rechtshandlungen . . 530 Haftung für schädigende Rechtshandlungen....................................536

SECHSTER TEIL: RECHTSORDNUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES § 28 § 29 § 30 §31 § 32 § 33 § 34 §35 § 36 § 37 §38 § 39 § 40

Gemeinsamer Markt — Ziel- und Aufgabenbestimmungen . . 545 Z o l l u n i o n .......................................................................................568 D iskrim inierungsverbote............................................................590 Wettbewerbsregeln — Überblick................................................. 605 K a rtellv erb o t.......................................................... . . . 615 Verbot des Mißbrauchs der Marktbeherrschung.......................627 Freizügigkeit der Arbeitnehmer................................................. 636 Freiheit der Niederlassung und des DienstleistungsVerkehrs . . 641 Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs............................ 648 öffentliche Unternehmen und Finanzmonopole.......................655 Subventionen, Sonderlasten, D um ping.......................................669 R ech tsa n g leich u n g ...............................................................................686 Steuerrecht...............................................................................................703 SIEBTER TEIL: RECHTSSTELLUNG DES MARKTBÜRGERS

§41 § 42 § 43

G r u n d r e c h te ................................................................................. 715 Pflichten des Marktbürgers.................................................................... 742 R e c h tssc h u tz ......................................................................................... 752

ACHTER TEIL: RECHTSGRUNDLAGEN GEMEINSCHAFTLICHER WIRTSCHAFTS- UND SOZIALPOLITIK § 44 § 45 § 46 § 47 §48 § 49 § 50 §51 § 52 §53

W ir tsc h a ftsp o litik ............................................... . . . 773 W ährungspolitik................................................................ . . 793 H a n d e ls p o lit ik .......................................................... . . . 8 1 4 A g r a r p o lit ik .......................................... .. 830 V e r k e h r sp o litik .......................................................... . . . 8 5 8 Energiepolitik..........................................................................................889 Forschungs-, Technologie- und Industriepolitik . . . 914 S o z ia lp o lit ik ..................................................................... . . 931 R e g io n a lp o litik .................................................................................... 950 E ntw ick lu n gshilfep olitik ............................................................962

§ 54

V erfa ssu n g sp o litik ............................................................................... 975

NEUNTER TEIL: PERSPEKTIVEN

INHALTSVERZEICHNIS Die jeweils in Klammern stehenden, kursiv gedruckten Ziffern hinter den Zwischenüberschriften geben die laufenden Randnummern wieder.

ANLAGE UND TECHNIK Hierzu, zu den Literatur- und Quellennachweisen sowie zur Verweisungstechnik des Buches vgl. § 1 unter V (S. 42). ERSTER TEIL: EINLEITUNG

§

1

Europäisches G em ein sch aftsrech t............................. I.

Begriff, Bereich und Gegenstand ( 2 ) .............................. 1.

II.

3 4

Begriff (3) — 2. Bereich und Gegenstand (11)

Eingrenzungen und Z uordnungen......................... 12 1.

Eingrenzungen (13) — 2. Zuordnungen (16)

III. Forschung und L e h r e ................................................. 18 1. Zur Entwicklung der rechtswissenschaftlichen Forschung (19) — 2. Forschungsorganisation (20) — 3. Lehre (24)

IV. Bibliographie, Dokumentation, Rechtsprechung . . . .

33

1. Bibliographie (28) — 2. Dokumentation (34) — 3. Rechtspre­ chung (39)

V.

Anlage und Technik ( 4 2 ) ......................................... 42

ZWEITER TEIL: VERFASSUNGSGRUNDLAGEN UND RECHTSQUELLEN

§

2

Nationale Verfassungsgrundlagen................................ 47 I.

Art. 24 I GG als Verfassungsentscheidung (3) . .

.

.

49

1. Anwendung des Art. 24 I GG bei der Vergemeinschaftung (4) — 2. Die Zustimmungsgesetzc zu den Gemeinschaftsverträgen (5) — 3. Öffnung der Staatlichkeit als Verfassungsentscheidung (6)

II.

Ausstattung der Gemeinschaften mit Hoheitsrechten (9 ) .

53

1. Hoheitsrechte (10) — 2. Übertragung von Hoheitsrechten (13) — 3. Übertragung durch Gesetz (17)

Inhaltsverzeichnis

X

III. Errichtung der Gemeinschaften als Gesamtakt staatlicher Integrationsgewalt ( 2 1 ) .................................................. 58 1. „Inhalt und Wesen einer Ordnung ist das eine, ihre Entste­ hungsgrundlage das andere“ (22) — 2. Der Gesamtakt staatlicher Integrationsgewalt (24)

IV. Folgerungen für Recht und Verfassung der Gemein­ schaften ( 2 9 ) ....................................................................... 62 1. Autonome Gemeinschaftsrechtsordnung (30) — 2. Verfassungs­ charakter primären Gemeinschaftsrechts (33) — 3. Integration als Verfassungsprinzip (38) — 4. Supranationalität als Verfassungs­ prinzip (44) — 5. Geltungsgrund des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten (35)

V. Verfassungsgrundlagen der anderenMitgliedstaaten

.

.

72

1. Belgien (58) — 2. Frankreich (59) — 3. Italien (61) — 4. Luxem­ burg (62) — 5. Niederlande (63)

VI. Verfassungsgrundlagen der Beitrittsanwärter . . . .

76

1. Dänemark (64) — 2. Großbritannien (65) — 3. Irland (66) — 4. Norwegen (67)

§

3 Die

drei Gemeinschaftsverträge......................

79

I. Die drei Gemeinschaftsverträge nebst Änderungen, Zu­ satz- und Ausführungsregelungen............................................ 79 1. Der EGKSV (2) — 2. Der EWGV (6) — 3. Der EAGV (10) — 4. Gemeinsame Organe (12) — 5. Sprachenregelung (18)

II. Aufbau und Inhalt der Gemeinschaftsverträge (21) . .

83

1. Verfassungsregeln der Verträge (22) — 2. Gemeinschaftsorgane (23) — 3. Aufgaben- und Zielbestimmungen (24) — 4. Regelungs­ stil und -Systematik (27)

III. Rechtsgehalt und Systematik der Gemeinschaftsverträge ( 2 8 ) ..................................................................................................86 1. Zielbestimmungen und Aufgabenumschreibungen (29) — 2. Orga­ nisationsstatut (33) — 3. Mitgliedschaftliche Ordnung (34) — 4. Kompetenznormen (35) — 5. Markterrichtung und Marktord­ nung (36) — 6. Individualrechtliche Regelungen (41) — 7. Mate­ rielles und formelles Verwaltungsrecht (42) — 8. Gerichtsverfassungs- und -verfahrensrecht (43) — 9. Verweisungen auf andere Rechtsordnungen (44) — 10. Zuordnung derGemeinschaftsver­ träge (47)

§

4 Räumlicher Geltungsbereich; Dauer, Änderung, Ergänzung der G em einschaftsverträge..................................................................94 I. Räum licher G eltu n g sb ereich ....................... 1. In Europa (2) — 2. Außerhalb Europas (>)

95

XI

Inhaltsverzeichnis

IL Sonderfragen derdeutschenTeilung

( 9 ) ...................................96

1. Rechtsgrundlagen (10) — 2. Warenverkehr BRD—DDR (14) — 3. Sonderstellung Berlins (18)

III. Vertragsdauer..................................................................................99 1. Die Vertragsregelungen (20) — 2. Clausula rebus sic stantibus (21)

IV. V ertragsänderung..................................................................... 102 1. Die Vertragsregelungen (27) — 2.Initiative und Durchführung (37) — 3. Kleine Revision des EGKSV (40)

§ 5

Quellen, Strukturen und Auslegung des Gemeinschaftsrechts .

107

I.

Quellen ( 2 ) .............................................................................. 108 1. Zur ideengeschichtlichen Herkunft (3) — 2. Rechtsquellenarten — Überblick (7) — 3. Insbesondere: Allgemeine, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaatcn gemeinsame Rechtsgrundsätze (17) — 4. Ins­ besondere: Allgemeine Regeln des Völkerrechts (23) — 5. Insbe­ sondere: Gewohnheitsrecht (25)

II.

Strukturen ( 2 8 ) .........................................................................116 1. Strukturierung nach Regelungsgegenständen (29) — 2. Inhaltliche Strukturierung (30) — 3. Strukturunterschiede nach der mittelbaren oder unmittelbaren Anwendbarkeit („Durchgriffsnormen“) (49) — 4. Programm, Plan und Leitmaß als Strukturelemente (65)

III.

Auslegung ( 7 0 ) ........................................................................... 131 1. Integrations-Maßstäbe der Auslegung (71) — 2. Auslegungsver­ fahren (77)

DRITTER TEIL: DIE GEMEINSCHAFTEN UND IHRE MITGLIEDER

§ 6

Die drei G em einsch aften ..................................................................... 137 I. Verweisung auf die Ideengeschichte der europäischen Einigung und Initiativen bis zum Ende des II. Welt­ krieges ( 4 ) ..................................................................................... 138 1. Verweisung auf die Ideengeschichte der europäischen Einigung (5) — 2. Einigungs-Initiativen zwischen den beiden Weltkriegen (6)

II.

Europäische Integrationsbestrebungen 1945— 1950 (9)

. 140

1. Initiativen europäischer Bewegungen (10) — 2. Herkömmliche völkerrechtliche Organisationen (12)

III. Zur Entstehung der Europäischen Gemeinschaften (16) .

142

1. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (17) — 2. Euro­ päische Wirtschaftsgemeinschaft — Europäische Atomgemeinschaft ( 20 )

IV. Gemeinschaftsdaten (23)

.

.

145

Inhaltsverzeichnis

X II

V.

Entwicklung und K r is e n ........................................................ 155 1. Entwicklung (24) — 2. Krisen (29)

VI.

Die drei Gemeinschaften bis zu ihrer Fusionierung

. .

159

1. Zuordnung der Gemeinschaftsverträge (38) — 2. Fusionsverfas­ sung (41)

§ 7

Mitgliedstaaten — Assoziierung — Außenbeziehungen .

.

.

165

I. Mitgliedstaaten ( 1 ) .................................................................... 166 1. Relationen unter den Mitgliedstaaten (4) — 2. Rechtsstellung der Mitgliedstaaten (Verweisungen) (6)

II. Assoziierung ( 7 ) ......................................................................... 168 1. Überseeische Länder und Hoheitsgebiete (9) — 2. Assoziierungen gemäß Art. 238 EWGV, 206 EAGV (18)

III. Außenbeziehungen( 2 6 ) ............................................................174 1. Rechtsgrundlagen(27) — 2. Beziehungen zu internationalen Or­ ganisationen (35) — 3. Gesandtschaftsrecht (39)

§ 8

Rechtsstellung der Gemeinschaften..................................................... 182 I. Zum Thema ( 1 ) .......................................................................... 182 1. Die Gefahr bundesstaatlicher Präjudizierung (3) — 2. Die Ge­ fahr völkerrechtlicher Präjudizierung (4)

II. Kriterien der Aus- und E in gren zu n g..................................... 187 1. Die Gemeinschaften sind nicht Staaten (5) — 2. Die Gemein­ schaften sind nicht Bundesstaaten (10) — 3. Die Gemeinschaften sind nicht Staatenbünde (15) — 4. Die Gemeinschaften sind nicht nur internationale Organisationen (19)

III. Die Gemeinschaften als Zweckverbände funktioneller Integration ( 2 4 ) .......................................................................... 196 1. Gemeinschaften (25) — 2. Zweckverbände (27) — 3. Funktionelle Integration (28)

IV. Die Gemeinschaften als Subjekte des Völkerrechts (32) .

200

1. Völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit internationaler Organisatio­ nen (33) — 2. Rechtsgrundlagen (35)

V.

Die Gemeinschaften als Subjekte des staatlichen Rechts ( 4 0 ) ........................................................................................... 203 1. Rechtsgrundlagen (41) — 2. Mitgliedstaatliche Rechtssubjektivi­ tät (42)

VI.

Privilegien und Immunitäten...................................................205 1. Rechtsgrundlagen (50) — 2. Inhalt (51)

X III

Inhaltsverzeichnis

g 9

Gemeinschaften und M itg lied sta a ten ......................................

207

I. Komplexität des Rechtsregimes ( 1 ) ......................................... 208 II. Die Mitgliedstaaten als Gründer der Gemeinschaften . .

210

1. Die Mitgliedstaaten als Vertragsstaaten (4) — 2. Die Mitglied­ staaten als „Herren“ der Verträge? (7)

III. Die Mitgliedstaaten als Glieder der Gemeinschaften .

.

211

1. Die Gliedstellung der Mitgliedstaaten (8) — 2. Der Inhalt der Gliedstellung: Funktionsverteilung (10) — 3. Der Inhalt der Glied­ stellung: Mitwirkungspflicht (12) — 4. Der Inhalt der Gliedstellung: allgemeine Aufgabe der Ausführung, der Anwendung und des Voll­ zuges des Gemeinschaftsrechts (23) — 5. Der Inhalt der Gliedstel­ lung: Gemeinschaftsaufsicht (27) — 6. Der Inhalt der Gliedstellung: Glied unter Gliedern (33)

IV. Die Mitgliedstaaten als Organschaften der Gemeinschaften

225

1. Mitgliedstaatliche Besetzung von Gemeinschaftsorganen (39) — 2. Mitgliedstaatliche Mitwirkung in Gemeinschaftsorganen (46)

V. Die Souveränitäts-Frage ( 4 9 ) ..........................................

227

1. Die Ausgangspunkte (50) — 2. Antwort auf die SouveränitätsFrage: Verweisung auf die Aufteilung von Hoheitsrechten (55)

VI. Rechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinschaft und Mitglied­ staat (64) ................................................................................ 233 1. Rechtsgrundlagen (65) — 2. Die Stadien des Aufsichtsverfah­ rens (67) — 3. Der Rechtsstreit zwischen Gemeinschaft und Mit­ gliedstaat vor dem Gerichtshof (75)

VII. Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten

. .

.

.

237

1. Rechtsgrundlagen (79) — 2. Vorverfahren (80) — 3. Kontrollfunktion (81)

VIII. Schutzklauseln ( 8 3 ) ...............................................................

239

1. Anwendungsbereich und Rechtsgrundlagen (84) — 2. Schutzklau­ sel-Zwecke (108) — 3. Schutzklausel-Typen (112) — 4. Schutz­ klausel-Disposition (114) — 5. Anwendungsvoraussetzungen (115) — 6. Anwendungsverfahren (120) — 7. Schutzmaßnahmen-Inhalte (125) — 8. Rechtsschutzfragen (130)

IX. Staatsangehörige der Mitgliedstaaten als Marktbürger ( 1 3 2 ) .....................................................................................

250

1. Vergemeinschaftung, Staatsangehörigkeits- und Fremdenrecht (133) — 2. Inhalt und Schranken der Marktbürger-Stellung (136) — 3. Staatsangehörigkeit und Marktbürgerschaft (140)

§10

Gemeinschaftsrecht und nationales R ech t.......................................... 255 I. Einleitung ( 1) .............................................................................. 257

Inhaltsverzeichnis

XIV

II. Eingrenzung eines Kollisionstatbestandes..............................259 1. Ausräumung von Komplikationen (2) — 2. Die Vorfrage der Autonomie des Gemeinschaftsrechts (5) — 3. Die Vorfrage des Gel­ tungsgrundes des Gemeinschaftsrechts (7) — 4. Die Vorfrage des Verfassungsprinzips der Supranationalität (8)

III. Komplexität der Rangfrage ( 9 ) ................................................263 1. Kollision von Normen unterschiedlicher Rangstufen (10) — 2. Die „Altersfrage“ der kollidierenden Normen (11) — 3. Die Zu­ ständigkeit zur Kollisionsregelung und zur Kollisionsentscheidung (12) — 4. Inhaltswirkung eines Vorranges (14)

IV. Analyse und Kritik versuchter Kollisionslösungen (18) .

267

1. Völkerrechtliche Lösungen (19) — 2. Verfahrensrechtliche Lö­ sung (22) — 3. Lösung kraft bundesstaatsähnlicher Integration (27) — 4. Pragmatische Lösungen (29)

V. Vorrang des Gemeinschaftsrechts ( 3 6 ) ...............................

277

1. Unanwendbarkeit der lex posterior-Regel (37) — 2. Prinzip der Sicherung der Funktionsfähigkeit (40) — 3. Der Sitz der Vorrang­ regel (51) — 4. Inhalt und Wirkung der Vorrangregel (55) — 5. Kompetenz zur Vorrangentscheidung (60)

VI. Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Vorrang-Frage (69)

293

1. Rs 26/62 (Van Gend & Loos) Urt. v. 5. 2. 1963, Rspr. IX, 3 (70) — 2. Rs 6/60 (Humblet) Urt. v. 16. 12. 1960, Rspr. VI, 1163 (71) — 3. Rs 6/64 (Costa ./. ENEL) Urt. v. 15. 7. 1964, Rspr. X, 1251 (72) — 4. Rs 14/68 (Farbenhersteller Walt Wilhelm u. a.) Urt. v. 13. 2. 1969, Rspr. XV, 1 (74)

VII. Rechtsprechung deutscher Gerichte zur Vorrang-Frage

. 301

1. Überblick über Entwicklung und Stand der Rechtsprechung (75) — 2. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (79) — 3. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (81)

VIII.

Rechtsprechung in den anderen Mitgliedstaaten (86) . .

308

IX. Die Rolle der nationalen Rechtsprechung zur VorrangFrage im Integrationsprozeß ( 9 2 ) .......................................... 311

VIERTER TEIL: ORGANISATION UND ORGANE

§11

Überblick — G e w a lte n te ilu n g .......................................................... 315 I. Überblick ( 1 ) .............................................................................. 315 II. G ew altenteilung.........................................................................317 1. Ausgestaltung (3) —2. Folgerungen für die Gemeinschaftsorgani­ sation (5) — 3. Folgerungen für die Darstellung (10)

Inhaltsverzeichnis

§12

XV

V ersam m lung..........................................................................................322 I.

Zusammensetzung und Bestellung der Mitglieder . .

.

323

1. Zusammensetzung (2) — 2. Unmittelbare Wahlen (5)

II.

Innere Organisation und Geschäftsgang..............................327 1. Organisation (11) — 2. Geschäftsgang (16)

III.

Befugnisse und Zuständigkeiten ( 2 1 ) ...................................329 1. Beratung (22) — 2. Kontrolle (25) — 3. Budgetrecht (32) — 4. Politische Wirksamkeit (35)

§ 13

R a t .......................................................................................................... 337 I. Zusammensetzung und Rechtsstellung....................................338 1. Zusammensetzung (2) — 2. Vorsitz (6) — 3. Rechtsstellung (7)

II. O rgan isation .............................................................................. 342 1. Ausschuß der Ständigen Vertreter (8) — 2. Sekretariat (12)

III. Aufgaben und Befugnisse ( 1 3 ) ................................................344 1. Ambivalente Struktur (14) —2. Integrationsorgan (15) — 3. Vertragsergänzende Legislative (16) — 4. Außenbeziehungen (18) — 5. Haushalts- und Organisationsbefugnisse (19)

IV. Geschäftsgang ( 2 1 ) .....................................................................348 1. Ratssitzungen (22) — 2. Schriftliche Beschlußfassung (23) — 3. A-Sachen-Verfahren (24) — 4. Nicht-Öffentlichkeit (25) — 5. Außerrechtliche Elemente (27)

§14

K o m m is s io n ...........................................................................................352 I.

Zusammensetzung und Rechtsstellung................................... 353 1. Zusammensetzung (2) — 2. Amtszeit (3) — 3. Rechtsstellung der Mitglieder (4) — 4. Kontrolle (5)

II.

Organisation ( 6 ) ..................................................................... 355 1. Aufgabenverteilung (9) — 2. Vertikale Organisation (14)

III. Aufgaben und Befugnisse ( 1 9 ) ............................................... 360 1. Initiative (20) — 2. Hüter der Verträge (21) — 3. Entsdieidungsbefugnisse (22) — 4. Schutz- und Ausgleichsfunktionen (23) — 5. Außenwirksamkeit (24)

IV. G e s c h ä fts g a n g .......................................................................... 363 1. Geschäftsordnung (25) — 2. Arbeitsstil (26)

§15 Gerichtshof................................................................................................ 365 I.

R ech tsg ru n d la g en ...................................................................366 1. Einheitsgericht (2) — 2. Satzung (3) — 3. Verfahrensordnung (4)

Inhaltsverzeichnis

XVI

II.

O rgan isation ..............................................................................367 1. Kennzeichnung (5) — 2. Mitglieder (6) — 3. Generalanwälte (7) — 4. Sitz (8)

III. Zuständigkeiten ( 9 ) ..................................................................... 370 1. Verfassungsgericht (10) — 2. Verwaltungsgericht (16) — 3. In Amtshaftungssachen (21) — 4. Prorogation (22) — 5. Sonstige Zu­ ständigkeiten (23)

IV. Wirksamkeit des G e r ic h tsh o fs................................................373 1. Aufgabe und Entwicklung (24) — 2. Integrationsorgan (25) — 3. Wirkungsbereiche (26)

§ 16

Wirtschafts- und Sozialausschuß — Beratender Ausschuß I.

375

R ech tsgru n d lagen .........................................................

376

1. Vertragsregelungen (2) — 2. Keine Organstellung (3)

II.

Zusammensetzung, Gliederung, Willensbildung . . . .

377

1. Zusammensetzung (4) — 2. Mitglieder (6) — 3. Gliederung (7)

III.

A u fg a b e n ...................................................................................380 1. Wirtschafts- und Sozialausschuß (9) — 2. Beratender Ausschuß (10)— 3. Willensbildung (11)

§ 17

Personal................................................................................ I.

382

R ech tsg ru n d la g en .........................................

382

1. Personalstatut (1) — 2. Dienstherrenschaft (2)

II.

R ekrutierung..............................................................................383 1. Grundsätze (3) — 2. Dauertätigkeit (4) — 3. Verhältnis zum nationalen Dienst (5)

III. Rechtsstellung

.......................................................................... 385

1. Beamtenstellung (6) — 2. Pflichten (7) — 3. Gruppierung und Auswahl (8) — 4. Bezüge (9) — 5. Personalvertretung (10) — 6. Rechtsschutz (11) — 7. Vorrechte (12) — 8. Haftung (13)

IV. Personalbestand ( 1 4 ) ...................................................... § 18

Finanzordnung und Kontrollen . I.

389

.

Haushalt, Wirtschaft und Gemeinschaftsverfassung

390 .

390

1. Zusammenhänge (1) — 2. Entwicklungsansätze (2)

II.

R ech tsg ru n d la g en ...................................................................392 1. Vertragsregelungen (3) — 2. Inhalt (5) — 3. Ausführungsrege­ lungen (6)

III.

Finanzm ittelbedarf...................................................................393 1. Bedarf (7) — 2. Verwaltungsausgaben (8) — 3. Leistungsaus­ gaben (9)

XVII

Inhaltsverzeichnis

IV. Gemeinsdiaftseinnahmen ( 1 0 ) .............................................. 395 1. Finanzbeiträge und Eigeneinnahmen (11) — 2. Montanumlagc ( W

V. H au sh altsgru n d sätze.............................................................. 397 1. Budgetkreislauf (14) — 2.Haushaltsplanfeststellung (15) — 3. Haushaltsgrundsätze (19) — 4. Rechnungseinheit (20)

VI. Ausführung, Kontrolle,

Entlastung............................. 400

1. Ausführung (21) — 2. Kontrolle und Entlastung (22)

FÜNFTER TEIL: HANDLUNGSERMÄCHTIGUNGEN UND RECHTSHANDLUNGEN

§19

Ü b e r b lic k ................................................................................................405 I. Einleitung ( 1 ) ..............................................................................405 II. Vertragsgrundlagen....................................................................407 1. Das Quintett der Rechtshandlungen der Römischen Verträge (3) — 2. Das Terzett der Rechtshandlungen des EGKSV (4) — 3. Be­ gründungszwang (5) — 4. Verkündungsregeln (6) — 5. Vollstrekkungsregeln (7)

III. Gemeinschaftsrechtliche Eigenständigkeit des geregelten Rechtshandlungs-Systems.......................................................... 409 1. Eigenständigkeit (8) — 2. Nationale Analogien (9)

IV. Eingrenzungsgesichtspunkte( 1 0 ) ............................................411 § 20

Handlungsermächtigungen..........................................................412 I.

Allgemeines ( 1 ) .............................................................. 413

II.

Kataloge der Handlungsermächtigungen im EWGV und EGKSV ( 2 ) ..................................................................... 414 1. Handlungsermächtigungen im EWGV (3) — 2. Handlungser­ mächtigungen im EGKSV (13)

III. Das Prinzip der begrenztenErmächtigungen. . . .

425

1. Das Begrenzungsprinzip (21) — 2. Begrenzung nach H and­ lungsformen (23) — 3.Enumerationsprinzip (26) — 4.Inhaltsbe­ grenzungen (30) — 5. Ermächtigungen für Mitgliedstaaten (31)

IV. Rechtliche Bedeutung des Prinzips der begrenzten Ermächtigungen ( 3 2 ) ...................................................

431

1. Für das Verhältnis zu den Mitgliedstaaten (33) — 2. Für das Verhältnis zu den Marktbürgern (34) — 3. Für die Gewaltentei­ lung (35) — 4. Für den Rechtsschutz (36) II

Ipsen, Eur. Gemeinschafsrecht

Inhaltsverzeichnis

XVIII

V.

Korrektur des Prinzips der begrenzten Ermächtigungen durch Sonderermächtigung zur Vertragslückenschließung ( 3 7 ) ........................................................................................... 432 1. Voraussetzungen (38) — 2. Grenzen (41) — 3. Subsidiarität (42)

VI. Implied powers ( 4 3 ) ...........................................................

436

1. Begrenzte Anwendbarkeit (44) — 2. Anwendungsbereich (45) — 3. Praxis (46)

VII. Zuständigkeitsverschiebungen und Unterermächtigungen ( 4 7 ) ...........................................................................................

438

1. Wirksamkeit desKollegialprinzips (48) — 2. Zulässige Delega­ tionen (49) — 3. Verwaltungsaussdiuüsse (53) — 4. Delegation an Mitgliedstaaten (59) — 5. Delegation an Private (60)

§21

Die Rechtshandlungen der V e r t r ä g e ............................................... 446 I. Verordnungen — allgemeine Entscheidungen (2 ) .

.

.

447

1. Autor und Erscheinungsform (3) — 2. Allgemeine Geltung (6) — 3. Unmittelbare Geltung (10) — 4. Verbindlichkeit (11)

II. Einzelfall-Entscheidungen ( 1 2 ) .....................

. . .

451

1. Autor (13) — 2. Geltung (14) — 3. Unmittelbare Geltung (16) — 4. Verbindlichkeit (17) — 5. Nebenbestimmungen (18)

III. Richtlinien — EGKS-Empfehlungen ( 2 1 ) .......................... 455 1. Autor (22) — 2. Keine Geltungskraft (23) — 3. Gestufte Ver­ bindlichkeit (27)

IV. Stellungnahmen — EWG- und EAG-Empfehlungen (31)

459

1. Autor (32) — 2. Unverbindlichkeit (36) — 3. Unterscheidun­ gen (38)

V.

Formal nicht gekennzeichnete Rechtshandlungen

. .

.

462

1. Vorkommen (39) — 2. Verhältnis zu förmlichen Rechtshandlun­ gen (40) — 3. Einsatz förmlicher Rechtshandlungen (41) — 4. Sy­ stematik (42)

VI.

Kundmachung, Inkrafttreten und Eintritt der Wirksam­ keit ................................................................................................464 1. Kundmachung und Inkrafttreten (43) — 2. Einzelfragen (45)

§ 22

Sonstige R ech tsh a n d lu n g en ...............................................................467 I.

Beschlüsse der im Rat vereinigten Vertreter der Regie­ rungen der Mitgliedstaaten ( 2 ) .................................................468 1. Praxis (3) — 2. Zweck und Erscheinung (4) — 3. Rechtsnatur und Rechtsstatut (5)

Inhaltsverzeichnis

II.

XIX

Vertragsänderungs- und -ergänzungsentscheidungen; Stufen-Feststellungen............................................................... 475 1. Vertragsänderungen (14) — 2. Vertragsergänzungen (15) — 3. Stufenfeststellungen (16)

III. Organisations- und innerdienstliche Handlungen (17) .

.

477

IV. Fiskalhandlungen ( 2 5 ) ........................................................... 1. Rechtsgrundlagen (26) — 2. Zwei-Stufen-Verfahren (27)

479

1. Erscheinungsformen (18) — 2. Außenwirksamkeit (24)

V.

VI.

Programme ( 2 8 ) .................................................................... 480 1. Rechtsgrundlagen (29) — 2. Rechtsgehalt (30) — 3. Absichts­ erklärungen (31) Informelle Organhandlungen undR ealakte.......................... 482 1. Informelle Organhandlungen (32) — 2. Realakte (33)

§ 23

Willensbildung der G em einschaftsexekutiven............................... 485 I.

Vom Prozeß der Willensbildung der Gemeinschaftsorgane

487

1. Normierte und nicht-normierte Willensbildung (2) — 2. Infor­ mation und Konsultation der Kommission (3) — 3. Beschlußfassung der Kommission (6) — 4. Beratung mit dem Ausschuß der Ständi­ gen Vertreter (7) — 5. Ratsbeschlußfassung (8)

II.

Willensbildung des R a te s........................................................ 492 1. Rechtsgrundlagen (9) — 2. Willenbildungs-Stimmregeln (10) — 3. Einstimmigkeits- und Mehrheitsprinzip (11) — 4. Abstimmungs­ form (17) — 5. Luxemburger „Vereinbarung“ (19)

III. Geregelte Mitwirkung der Kommission an der Willens­ bildung des R a t e s .....................................................................500 1. Zusammenwirken (22) — 2. Ratsbeschluß (23)

IV. Zusammenwirken mit dem Parlament ( 2 4 ) ......................

501

1. Initiativrechte (25) — 2. Konsultationsrecht des Parlaments (26) — 3. Konsultationsbefugnisse des Parlaments (27) — 4. Sonstige Mitwirkungsbefugnisse des Parlaments (28)

V.

§ 24

Zusammenwirken mit dem Wirtschafts- und Sozialaus­ schuß ( 2 9 ) ................................................................................ 505

Handlungsgebote und R ech tsm ä n g el............................................... 506 I.

A llg e m e in e s ..............................................................................506 1. Fehlen allgemeiner Regelung (1) — 2.Methode der RegelErmittlung (2) — 3. Allgemeine Rechtsgrundsätze (3) — 4. Rechts­ mängel und Klaggründe (4) — 5. Besonderheiten (5)

II.

Allgemeine Handlungsgebote................................................... 509 1. Generalregeln (6) — 2. Vier Gebote (9)

Inhaltsverzeichnis

XX

III. Fehlerhaftigkeit wegen Unzuständigkeit (16)

.

.

.

.

513

1. Ermächtigungsmangel (17) — 2. Funktionsmangel (18) — 3. Ab­ grenzung zu Ermessensfehlern (19)

IV. Fehlerhaftigkeit wegen Verletzung wesentlicher Form­ vorschriften ( 2 0 ) .......................................................................... 515 1. Nichtbeachtung der Formtypik (21) — 2. Formverletzung (22) — 3. Verletzung von Beteiligungs- und Mitwirkungsregeln (23) — 4. Rechtsmittelbelehrung (24) — 5. Begründungszwang (25)

V.

Fehlerhaftigkeit wegen Vertragsverletzung........................ 519 1. Voraussetzungen (26) — 2. Gerichtliche Prüfung (27) — 3. In­ halt der Vertragsverletzung (28)

VI.

Fehlerhaftigkeit wegen Ermessensmißbrauchs

. . . .

521

1. Ermessensfehler (29) — 2. Ermessensmißbrauch (30)

§ 25

Bestandskraft von Rechtshandlungen............................................... 524 I. A llg e m e in e s ............................................................................... 524 1. Begriff (1) — 2. Bestandskraft und Rechtskraft (2) — 3. Ter­ minologie (3) — 4. Eingrenzung (4)

II. Widerruf fehlerfreier Rechtshandlungen............................... 526 1. Belastende Rechtshandlungen (5) — 2. Positiver Widerruf s-Ausschluß (6) — 3. Unwiderruflichkeit (7)

III.

Rücknahme fehlerhafter Rechtshandlungen........................ 528 1. Belastende Rechtshandlungen (8) — 2. Begünstigende Rechts­ handlungen (9) — 3. Bei Änderung der Rechtsordnung (10)

§ 26

Sanktionierung und Vollstreckung von Rechtshandlungen . . I.

530

Sanktionen gegenüber Mitgliedstaaten( 1 ) .......................... 530 1. Rechtsgrundlagen (2) — 2. Verfahren (3)

II.

Sanktionen gegenüber Marktbürgern...................................533 1. EGKSV-Recht (5) — 2. Recht der Römischen Verträge (6)

III. S an k tion sm ittel.......................................................................... 533 1. Mittel (7) — 2. Rechtsnatur (8) — 3. Einnahmen aus Sanktions­ mitteln (11)

IV. Vollzug und V o llstreck u n g .....................................................535 1. Vollstreckbarkeit (12) — 2. Vollstreckung (13)

§27

Haftung für schädigende Rechtshandlungen.................................... 536 I.

G r u n d la g e n ..............................................................................536 1. Grundsatz (1) — 2. Amtshaftung (2) — 3. Ausgestaltung (3)

Inhaltsverzeichnis

XXI

II. Haftungsvoraussetzungen.......................................................... 538 1. Schuldhafte Rechtswidrigkeit (4) — 2. Verschulden (6) — 3. H af­ tung (9) — 4. Schaden und Kausalität (11)

III. H aftungsverfahren................................................................... 542 1. Zuständigkeit des Gerichtshofs (13) — 2. Verjährung (14) — 3. Beweislast (15)

SECHSTER TEIL: RECHTSORDNUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES

§28

Gemeinsamer Markt — Ziel-und Aufgabenbestimmungen .

.

545

I. R ech tsg ru n d la g en ................................................................... 545 Die Aktionsbereiche im EWGV (1) — 2. Die Aktionsbereiche im EGKSV (9) — 3. Die Aktionsbereiche im EAGV (10) — 4. Aufgaben-Komplexität (11)

II. Gemeinsamer M a r k t ................................................................550 1. Rechtsgehalt (12) — 2. Markt-Errichtung (13) — 3. Stufen­ regelung und Automatik (17) — 4. Funktion (19)

III. Ziel- und Aufgabenbestimmungen.......................................... 556 1. Zielsetzungen (20) — 2. Systematisierung (21) — 3. Rechtsge­ halt (22) — 4. Rangstellung (23) — 5. Funktion als Auslegungs­ direktive (24) — 6. Folgen der Nichtbeachtung (25) — 7. Ziel-Ge­ wichtung (26)

IV. Zielbestimmungen und Wirtschaftsverfassung der Ge­ meinschaften ..................................................................................563 1. Die Frage der Wirtschaftsverfassung (27) — 2. Die deutsche Wirtschaftsverfassung (28) — 3. Die wirtschaftspolitische Materia­ lisierung des Grundgesetzes (29) — 4. Elemente der Wirtschafts­ verfassung der Gemeinschaften (30)

§ 29

Z o l l u n i o n ................................................................................................568 I. G r u n d la g e n .............................................................................. 569 1. Rechtsgrundlagen (1) — 2. Historische Einordnung (2) — 3. Zoll­ union und Wettbewerb (8)

II. Abschaffung der Binnenzölle und Errichtung der Zoll­ union mit gemeinsamem Z o llt a r if .......................................... 574 1. Schrittweise Verwirklichung (9) — 2. Gemeinsamer Zolltarif (10) — 3. Abgaben zollgleicher Wirkung (13) — 4. Finanzzölle (14) — 5. Handhabung des Gemeinsamen Zolltarifs (15)

III. Beseitigung der mengenmäßigenBeschränkungen (20)

.

586

1. Verbot und Abbau (21) — 2. Maßnahmen gleicher Wirkung (22)

X X II

§ 30

Inhaltsverzeichnis

D iskrim inierungsverbote.....................................................................590 I. R ech tsg ru n d la g en .....................................................................592 1. Arten von Diskriminierungsverboten (2) — 2. Diskriminierungs­ verbote des EWGV (6) — 3. Diskriminierungsverbote des EGKSV (7) — 4. Diskriminierungsverbote des EAGV (8)

II.

Zweck und Anwendungsbereich (Adressaten und Schutzberechtigte).....................................................................596 1. Verbotszwecke (9) — 2. Adressaten und Geschützte (10)

III.

Für die Diskriminierungsverbote gemeinsam erhebliche Inhalts- und Anwendungsfragen ( 1 2 ) .....................................599 1. Wirksamkeit und Vollziehbarkeit (13) — 2. Feststellung unglei­ cher Behandlung vergleichbarer Tatbestände (14) — 3. Gemein­ schaftsorgane als Verbotsadressaten (15) — 4. Subjektive und objektive Voraussetzungen (16)

§31

Wettbewerbsregeln — Ü b e r b lic k .....................................................605 I.

Vertragsziele und W ettbewerbsregelungen........................ 606 1. Relation (1) — 2. Entscheidung für Wettbewerbsfreiheit (2) — 3. Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung (3)

II.

R ech tsg ru n d la g en ...................................................................610 1. EWGV (6) — 2. EGKSV (7) — 3. EAGV (8) — 4. Verhältnis zum nationalen Recht (9) — 5. Unmittelbare Anwendbarkeit (10)

III.

Grundsätze und V e r g le ic h e ...................................................614 1. Tatbestände der Wettbewerbsregelungen (11) — 2. Vergleich der EWGV- und EGKSV-Regelungen (12)

§32

K a rtellv erb o t.......................................................................................... 615 I.

Tatbestand ( 1 ) ........................................................................ 617 1. Adressaten (2) — 2. Verbotene Vereinbarungen und Verhaltens­ weisen (3) — 3. Wettbewerbsbeschränkungen (4) — 4. Zwischenstaats-Klausel (5) — 5. Normierte Beispiel-Tatbestände (6)

II.

R ech tsfo lg en ..............................................................................622 1. Unwirksamkeit (7) — 2. Nichtigkeitsfolgen (8) — 3. Geldbu­ ßen (9) — 4. Übergangsfragen ( 10)

III.

Freistellungen..............................................................................623 1. Art. 85 III EWGV (11) — 2. Voraussetzungen (12) — 3. Recht­ liche Charakterisierung (13)

§ 33

Verbot des Mißbrauchs der M arktbeherrschung.......................... 627 I.

Tatbestand...................................................................................628 1. Voraussetzungen (1) — 2. Mißbrauch-Wirkungen (2)

Inhaltsverzeichnis

II.

X X III

V e r b o t ........................................................................................ 632 1. Wirkung (3) — 2. Zivilrechtliche Folgen (4) — 3. Freistellung (5) — 4. Sanktion (6) — 5. Praxis (7)

III.

Fusionskontrolle (8) . . . .

633

§ 34 Freizügigkeit der Arbeitnehm er........................................................... 636 I.

Bedeutung im Gemeinschaftsrecht und Rechtsgrundlagen

637

1. Bedeutung (1) — 2. Rechtsgrundlagen (2)

II.

Inhalt und V erw irklichung................................................... 638 1. Freizügigkeit (3) — 2. Inländergleichbehandlung (4) — 3. Ver­ wirklichung (8)

§ 35 Freiheit der Niederlassung und desDienstleistungsverkehrs

641

I. Bedeutung und Rechtsgrundlagen.......................................... 642 1. Bedeutung (1) — 2. Nationale Rechtsunterschiede (2) — 3. Rechts­ grundlagen (3)

II. Inhalt und V erw irklichung.....................................................644 1. Berechtigte (6) — 2. Freiheitsinhalt (7) — 3. Liberalisierungsge­ sichtspunkte (8) — 4. Verwirklichung (12)

§ 36 Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs..................................... 648 I.

Bedeutung und Rechtsgrundlagen........................................ 649 1. Zusammenhänge (2) — 2. Kapitalverkehr (3) — 3. Zahlungsver­ kehr (4) — 4. Rechtsgrundlagen (3) — 5. Freiheit des Zahlungs­ verkehrs (6)

II. Stand der Durchführung.......................................................... 652 1. Kapitalverkehr (7) — 2. Zahlungsverkehr (8)

§ 37 öffentliche Unternehmen und F in a n zm o n o p o le...........................655 I.

B edeutung...................................................................................656 1. Entwicklung (2) — 2. Private und öffentliche Wirtsdiaft (3) — 3. Plan-Einsatz öffentlicher Unternehmen (9)

II.

R ech tsgru n d lagen ...................................................................659 1. EGKSV (10) — 2. EAGV (11) — 3. EWGV (12)

III. Art. 90 EWGV: öffentliche Unternehmen (13) .

.

.

.

661

1. Stellung im Vertrag (14) — 2. Vier Begriffe öffentlicher Unter­ nehmen (13) — 3. Kommissions-Kontrolle (23)

IV. Finanzmonopole.......................................................................... 666 1. Disposition über Finanzmonopole (24) — 2. Deutsdie Finanz­ monopole (23)

XXIV

§ 38

Inhaltsverzeichnis

Subventionen, Sonderlasten, D u m p i n g .......................................... 669

A. Subventionen (1) . I.

.

669

R ech tsg ru n d la g en ...................................................................671 1. EWGV (2) — 2. EGKSV (3) — 3. EAGV (4)

II.

Begriffe und allgemeine R egeln ............................................. 673 1. Begriffe (5) — 2. Irrelevante Beihilfen (9) — 3. Verbotsgrund­ satz des EGKSV (10) — 4. Relevante EWG-Beihilfen (11)

III. Kontrollkompetenzen und -verfahren

.

.

.

677

1. Kontrolle (12) — 2. Kontrollverfahren (13)

IV. Gemeinschafts-Subventionierung ( 1 4 ) .....................................680 1. Landwirtschaft (15) — 2. Sozialfonds (16) — 3. Investitions­ bank (17) — 4. EAGV (18) — 5. EGKSV (19) — 6. SubventionsLastverteilung (20)

B. Sonderlasten (21) .

684

C. Dumping ( 2 2 ) ......................................................................................

685

§ 39

R ech tsa n g leich u n g ................................................................................686 I. Zielsetzung und R echtsgrundlagen.......................................... 687 1. Dynamische Funktion (1) — 2. Rechtsgrundlagen (2)

II. Rechtsangleichungs-Materien.....................................................691 1. Programme (6) — 2. Materienkatalog (7) — 3. Verwirklichung (8) — 4. Mitgliedstaatliche Ausführung (9) — 5. Verfahrens-Tabel­ len (10)

III. Kriterien, Mittel und Gang der Rechtsangleichung

.

.

693

1. Kriterien (11) — 2. Mittel (12) — 3. Gang (13)

IV. Folgen der Rechtsangleichung für die Normierungskom­ petenz ( 1 4 ) ........................................................................700 1. Nationale Umsetzung (15) — 2. „Sperrwirkung“ (16)

§ 40

Steuerrecht........................................................................................703 I.

Staatliche Abgabenhoheit und Wettbewerb im Gemein­ samen M a rk t........................................................................705 1. Grundsatz (2) — 2. Systemangleichung (3) — 3. Rechtsgrund­ lagen (4)

II. Gemeinschaftskompetenzen und - a u f t r ä g e ................. 707 1. Gleichbehandlungsgebote (5) — 2. Art. 97 II EWGV (6) — 3.

Art. 98 EWGV (7) — 4. Rechtsharmonisierung (8)

III. Steuerliche Gemeinschaftsmaßnahmen.............................709 1. Umsatzsteuer (9) — 2. Spezielle Verbrauchssteuern(11) — 3. Indirekte Steuern auf Kapitalansammlungen (12) — 4. Direkte Steuern (13) — 5. Realsteuern (14) — 6. Doppelbesteuerungen (15)

Inhaltsverzeichnis

XXV

SIEBTER TEIL: RECHTSSTELLUNG DES MARKTBÜRGERS

41

G r u n d r e c h te .......................................................................................... 715 I. Bedeutung des Grundrechtsschutzes — Entwicklung seiner Forderung — Zusammenhang mit dem Rechtsstaats­ prinzip .......................................................................................... 716 1. Bedeutung (1) — 2. Entwiddung der Forderung (2) — 3. Rechts­ staatsprinzip (3) II.

Gemeinschaftsrelevante Grundrechtsbereiche (4) . . . 721 1. Wirtschaftsfreiheit (5) — 2. Gleichheit (6) — 3. Vereinigungsfrei­ heit (7) — 4. Briefgeheimnis (8) — 5. Berufsfreiheit (9) — 6. Un­ verletzlichkeit der Wohnung (10) — 7. Eigentum (11) — 8. Rechts­ weggewährleistung (13) — 9. Ne bis in idem (14)

III. Individuelle Freiheitsverbürgungen des Gemeinschafts­ rechts ( 1 5 ) ..................................................................................... 727 1. Wirtschaftsfreiheit (16) — 2. Gleichheit (17) — 3. Eigentum (18) — 4. Andere Bereiche (19) — 5. Rechtsschutz (20) — 6. VergleichsFolgerungen (21)

IV. In den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschafts­ rechtsordnung enthaltene Grundrechte.....................................732 1. Allgemeine Rechtsgrundsätze (22) — 2. Verwaltungsrechts-Grundsätze (23) — 3. Grundrechts-Auslegung (24)

V. Grundrechtsschutz bei mitgliedstaatlicher Durchführung des Gem einschaftsrechts.......................................................... 736 1. Unterscheidungen (25) — 2. Gegen Verwaltungsakte (26) — 3. Gegen Ausführungsnormen (27) — 4. Insbesondere gegen Gesetze ( 28 )

VI. Völkerrechtliche Grundrechtsbindungen der Gemein­ schaftsorgane ................................................................................739 1. Menschenrechtskonvention (29) — 2. Allgemeine Regeln des Völkerrechts (30)

42 Pflichten des M a r k tb ü r g e r s................................................................ 742 I. Begriff, Rechtsgrundlagen,

E inteilung.......................... 742

1. Begriff (2) — 2. Rechtsgrundlagen (3) — 3. Einteilung (4)

II. Pflichten-Träger.........................................................................746 1. Allgemeines (11) — 2. Unternehmen (13) — 3. Verbände (16)

III. Aus Marktbürger-Pflichten B er e c h tig te.............................. 748 1. Gemeinschaften (17) — 2. Mitglicdstaaten (20) — 3. Dritte (23)

Inhaltsverzeichnis

XXVI

§ 43

R e c h tssc h u tz .......................................................................................... 752 I.

Grundsätze für Zuständigkeit, Verfahren und Entschei­ dungsvollstreckung ..................................................................... 754 1. Supranationaler Gerichtsschutz (1) — 2. Aufgabe des Gerichts­ hofs (2) — 3. Gerichtliche Verfahrensgarantien (8) — 4. Prozeß­ grundsätze (15) — 5. Vollstreckung (21)

II.

Klagearten

..............................................................................759

1. Überblick (22) — 2. Nichtigkeits- (Anfechtungs-)Klage (29) — 3. Untätigkeitsklage (40) — 4. Besondere Klagearten (41)

III. Normenkontrolle ( 4 4 ) ...........................................................

765

1. Incidente Normenkontrolle (45) — 2. Einrede der Rechtswidrig­ keit (46) — 3. Richtlinien-Incidentprüfung (47)

IV. Vorabentscheidungen ( 4 8 ) ................................................

767

1. Vorlage-Initiative (49) — 2.Entscheidungserheblichkeit (50) — 3. Gegenstand (51) — 4. Verfahren (52) — 5. Wirkungen (53) — 6. Praxis (54)

ACHTER TEIL: RECHTSGRUNDLAGEN GEMEINSCHAFTLICHER WIRTSCHAFTS- UND SOZIALPOLITIK

§ 44 W ir tsc h a ftsp o litik ........................................................................ 773 I.

Wirtschaftspolitik im Gemeinschaftsredit (2)

. .

. .

777

1. Gemeinschaftsrechtlich unterscheidbare Bereiche derWirtschafts­ politik (3) — 2. Harmonisierung, Koordinierung, gemeinsame Poli­ tik (7)

II.

Mittelfristige Wirtschaftspolitik ( 9 ) ...........................782 1. Rechtsgrundlagen (10) — 2. Programme (11) — 3. Rechtsnatur und Rechtsgehalt des Programms (12)

III.

Konjunkturpolitik ( 1 3 ) ................................................ 788 1. Rechtsgrundlagen (14) — 2. Wirkungsbereiche (15)

§ 45 W ährungspolitik..............................................................................793 I.

Rechtsgrundlagen ( 2 ) ..................................................... 796 1. Zahlungsverkehr (3) — 2. Sicherung der Währungsstabilität (4) — 3. Wechselkurse (9) — 4. Schutzklauseln und Beistand bei Zah­ lungsbilanzschwierigkeiten (13)

II.

Entwicklung der Währungspolitik ( 1 4 ) ..................... 803 1. Seit 1958 sieben Perioden (15) — 2. Rechtliche Aspekte (16)

III.

Der Stufenplan für die Errichtung einer Wirtschafts- und W ährungsunion........................................................... . 808 1. Grundlagen (17) — 2. Ansatz zur Verwirklichung (20)

XXVII

Inhaltsverzeichnis

§46

H a n d e ls p o lit ik ..................................................................................... 814 I.

Die Z usam m enhänge..............................................................815 1. Zusammenhänge der Sachbereiche (2) — 2. Zusammenhang mit Errichtung der Zollunion und des Gemeinsamen Marktes (3) — 3. Sachzwang-Zusammenhänge bei fortschreitender Integration (4)

II. R ech tsg ru n d la g en ....................................................................818 1. Zusammenhang der Rechtsgrundlagen (5)— 2. Art. 113 EWGV: Gemeinsame Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen (6)

III. Zuständigkeits- undVerfahrensregelungen............................ 822 1. Art. 113 I, II, IV EWGV: Gestaltung der gemeinsamen Handels­ politik (7) — 2. Art. 113 III, 114: Abschluß von Zoll- und Handels­ abkommen (8) — 3. Art. 116: Gemeinsames Vorgehen in inter­ nationalen Wirtschaftsorganisationen (9) — 4. Art. 112: Verein­ heitlichung der Ausfuhrbeihilfen (10) — 5. Art. 115: Schutzklausel

(U) IV. D u r c h fü h r u n g .......................................................................... 825 1. Maßnahmen der Übergangszeit (12) — 2. Entwicklung des Se­ kundärrechts seit dem Ende der Übergangszeit (13) — 3. Künftige Gestaltung der gemeinsamen Handelspolitik (14)

§ 47

A g r a r p o lit ik .......................................................................................... 830 I. Die Sonderlage der Landwirtschaft( 1 ) ................................ 831 1. Faktoren der Sonderlage (2) — 2. Rechtliche Besonderheiten (3)

II. Zielsetzungen und K om petenzregelungen......................... 837 1. Zielsetzungen (4) — 2. Kompetenzen und Verfahren (8)

III. Gemeinsame Agrarmarktorganisationen (13)

.

.

.

.

842

1. Entwicklungsphasen (14) — 2. Bestand der Marktordnungen (17) — 3. Marktordnungen als Preisregelungen (20) — 4. Marktregelun­ gen als Handelsregelungen (25)

IV. Finanzierung ( 2 7 ) ................................................................

851

1. Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirt­ schaft (28) — 2. Neuordnung durch den Ratsbeschluß vom 21. April 1970 und den Vertrag vom 22. April 1970 (30)

V. Gemeinsame W ettbew erbsregeln......................................... 853 1. Vertragsgrundlagen (32) — 2. Durchführung (33)

VI.

Durchführung der gemeinsamen Agrarmarktorganisation

854

1. Durchführung durch die Kommission (34) — 2. Durchführung in der BRD (37)

XXVIII

§ 48

Inhaltsverzeichnis

V e r k e h r sp o litik ..................................................................................... 858 I.

Entwicklung unter den Verträgen ( 1 ) ............................. 859 1. Das ironische Kapitel (2) — 2. Die zurückgebliebene Entwick­ lung der Verkehrspolitik (3)

II.

Das Vertragsrecht zur V erk eh rsp olitik..............................863 1. Überblick (7) — 2. Anwendbarkeit auf die Verkehrsträger (15) — 3. Zuordnung zum sonstigen Vertragsrecht (18) — 4. Zuordnung zur Rheinschiffahrtsakte (19)

III.

§ 49

Maßnahmen zur gemeinsamen Verkehrspolitik (20) . . 871 1. Wettbewerb der Verkehrsträger (21) — 2. Insbesondere: Stellung der Eisenbahnen (25) — 3. Zugang zum Verkehrsmarkt (35) — 4. Tarifpolitik (36) — 5. Ausnahmetarife (37) — 6. Sonstige Maß­ nahmen (41)

Energiepolitik.......................................................................................... 889 I. Energien und Energiepolitik.................................................... 891 1. Energien (2) — 2. Energiepolitik im Mitgliedstaat (3)

II. Gemeinschaftsrecht für K o h l e ...............................................895 1. Grundsätze des EGKSV (9) — 2. Wettbewerbsregeln (10) — 3. Gemeinschaftsinterventionen (11) — 4. Außenbeziehungen (15)

III. Gemeinschaftsrecht für Kernenergie( 1 6 ) .............................902 1. Erzeugung und Produktionsmittel(17)— 2. Freiverkehr und Außenbeziehungen (19) — 3. Verbreitung der Kenntnisse (20) — 4. Gemeinschaftsförderung der Kernindustrie (21)

IV. Gemeinschaftsrecht für andere Energien (22)

.

.

.

.

907

1. Elektrizität und Gas (23) — 2. Erdöl und Erdgas (24)

V.

Instrumentarium und Ansätze gemeinschaftlicher Ener­ giepolitik .....................................................................................909 1. Instrumentarium (26) — 2. Orientierung einer gemeinschaftlichen Energiepolitik (27)

§ 50

Forschungs-, Technologie- und I n d u s tr ie p o litik .......................... 914 I.

Forschung und Industriepolitik ( 2 ) ...................................915 1. Industriepolitik im EWGV (3) — 2. Forschung im EWGV (5) — 3. Forschung im EGKSV (6) — 4. Forschung im EAGV (7)

II.

Technologische Forschung ( 1 0 ) ............................................. 920 1. Forschungs- und Ausbildungsprogramme (11) — 2. TechnologiePolitik (17) — 3. Kernindustrie und technologische Entwicklung (20) — 4. Vertragsergänzung und Vervollständigung der Rechtsgrund­ lagen (23)

Inhaltsverzeichnis

III.

XXIX

Das Kommissionsmemorandum zur Industriepolitik vom 24. März 1970 ( 2 4 ) ......................................................... 926 1. Inhalt des Ziel-Memorandums (Erstes Dokument) (25) — 2. In­ halt des Zweiten Dokuments (26) — 3. Rechtsfragen zum Kommis­ sionsmemorandum (27)

§51

S o z ia lp o lit ik ...........................................................................................931 I.

Bereich, Funktion und R ech tsg ru n d la g en ........................933 1. Bereich und Funktion (2) — 2. Entstehungsgeschichte des Titels „Die Sozialpolitik“ (4) — 3. EWG-Rechtsgrundlagen (5) — 4. Rechts­ grundlagen im EAGV und EGKSV (13) — 5. Zuständigkeitsver­ teilung (15)

II.

Einzelfragen der S o z ia lp o litik ............................................. 940 1. Neugestaltung des Europäischen Sozialfonds (18) — 2. Berufsaus­ bildung (19) — 3. Soziale Sicherheit (22) — 4. Arbeitsrecht (24) — 5. Mitbestimmung (27)

§ 52

R e g io n a lp o litik .....................................................................................950 I. Die Aufgabe

......................................................................... 950

1. Zusammenhänge (1) — 2. Regionen (2)

II. R ech tsgru n d lagen ....................................................................953 1. EWGV (6) — 2. EAGV (13) — 3. EGKSV (14)

III. Kompetenzen und Instrumente( 1 5 ) ...................................... 956 1. Finanzierung (16) — 2. Koordinierung (17)

IV. Durchführungsmaßnahmen.....................................................957 1. Verkehrs- und Agrarpolitik (18)— 2. Freizügigkeit der Arbeit­ nehmer (19) — 3. Gesamtmaßnahmen (20)

§ 53

E ntw ick lu n gsh ilfep olitik .....................................................................962 I.

Aufgaben und B e r e i c h ........................................................ 963 1. Aufgaben (2) — 2. Bereich (3)

II.

Rechtsgrundlagen und G e sta ltu n g ........................................ 965 1. Vertragsrecht (4) — 2. Durchführungsrecht (5)

III.

Maßnahmen und Organisationder Entwicklungshilfe (9)

968

1. Länder und Gebiete in Übersee (10) — 2. Afrikanischer Mittel­ meerraum (15) — 3. Europäische Assoziierte (16) — 4. Entwick­ lungsländer allgemein (17)

XXX

Inhaltsverzeichnis NEUNTER TEIL: PERSPEKTIVEN

§54

V erfassungspolitik ( 1 ) ................................................................................975 I. G renzen von Perspektiven und Prognosen (2)

. . . .

976

1. Zuständigkeiten und Methoden zur politischen Gemeinschaftstheo­ rie (3) — 2. Perspektiven und Prognosen (11) II.

D as Z i e l ...........................................................................................988 1. Gemeinschaftsziele und Staatszwecke (13) — 2. Zielschritte (17) — 3. Zielbedarf (20)

III . D ie M e n s c h e n .................................................................................997 1. Gemeinschaft ohne Gemeinschaftsvolk (23) — 2. Gruppeninter­ essen und Gruppenorganisation (24) — 3. Integrative Gruppen (34) IV . D ie S a c h e ......................................................................................... 1009 1. Die Sache der Gemeinschaft ist auch Politik (37) — 2. Die Sach­ bereiche (39) — 3. Der Sachzustand (43) V.

D er R a u m ...................................................................................1016 1. Vergemeinschaftung als horizontale Raumerweiterung begrenzter Kompetenzen (46) — 2. Der Wirkungsraum der Verträge (47) — 3. Raumerweiterung durch Beitritt (51)

V I. V II.

D ie Z eit ( 5 6 ) ............................................................................... 1022 1. Zeitfunktion (57) — 2. Zeitdimension (58) — 3. Zeitsanktion (63) D as V erfahren ( 6 5 ) ............................................................... 1026 1. Das für die Wirtschafts- und Währungsunion erforderliche Ver­ fahren (66) — 2. Die Mängel des bestehenden Verfahrens (70) — 3. Verfahrensgestaltung für die Wirtschafts- und Währungsunion (89) — 4. Rechtsformen der Verfahrensgestaltung (95)

V III.

D er Konsens ( 1 0 0 ) .................................................................... 1040 1. Konsens-Bedarf (101) — 2. Konsens-Beschaffung (112)

IX .

D ie G e s ta ltfo r m .............................................................................1050 1. Fragestellung (118) — 2. Staatlichkeit im Entflechtungsprozeß (119) — 3. Offene Gestaltform ohne Staatlichkeits-Präjudiz (124)

Stichwortverzeichnis

1056

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abg. Abk. ABI. ABI. EGKS Abschn. AcP Actes off. Actjur ADSP Änd. ÄndG AmJournCompL AmJournlntL Anfr. AnnDrScPol AnnEur AnnFacDrLiège AnnFrDrlnt Antw. AöR ArchPhilDr ArchVR AtomG AußPol AWD AWG BAnz. BArbBl. BayVBl. BB Beil. BeitrA BeitrV

Abgeordnete(r) Abkommen Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (bis 1958) Abschnitt Archiv für die civilistische Praxis Actes officiels du Congrès international d’études sur la Communauté Européenne du Charbon et de l’Acier, Mailand-Stresa 31. 5. bis 9. 6. 1957, 7 Bände (1957—1959) L’Actualité juridique de droit administratif Annales de droit et de science politique Änderung Änderungsgesetz The American Journal of Comparative Law The American Journal of International Law Anfrage Annales de droit et de science politique Annuaire Européen Annales de la Faculté de Droit de Liège Annuaire français de droit international Antwort Archiv des öffentlichen Rechts Archives de philosophie du droit Ardiiv des Völkerrechts Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23. 12. 1959 Außenpolitik Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Außenwirtschaftsgesetz vom 28. 4. 1961 Bundesanzeiger Bundesarbeitsblatt Bayerische Verwaltungsblätter Der Betriebs-Berater Beilage Akte über die Beitrittsbedingungen und die Anpassungen der Verträge (dem BeitrV und -Beschluß des Rates beigefügt) Vertrag über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, des Königreichs Norwegen und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur EWG und zur EAG

XX XII

Bek. BerDtGesVöR Betrieb BFH BGB BGBl. BGHSt BGHZ BRats-Drucks. BRD BStBl. BT-Drucks. BullAssJurEur BullEG BullEGKS BullEWG BVerfGE BVerwGE

Abkürzungsverzeichnis vom 22. Januar 1972 (für den Beitritt zur EGKS: Beschluß des Rates vom gleichen Tage) Bekanntmachung Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Der Betrieb Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (Amtliche Sammlung) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Amtliche Sammlung) Bundesratsdrucksache Bundesrepublik Deutschland Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bulletin de l’Association des Juristes Européens Bulletin der Europäischen Gemeinschaften Bulletin der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (bis 1967) Bulletin der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (bis 1967) Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Amtliche Sammlung) Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Amtliche Sammlung)

CahDrEur CalLRev Clunet CMLR ColJournTransnL ColLRev COMECON

Cahiers de droit européen California Law Review Journal du droit international Common Market Law Review The Columbia Journal of Transnational Law Columbia Law Review Council of Mutual Economic Assistance, Rat für Gegensei­ tige Wirtschaftshilfe (Abkommen vom 25. 1. 1949)

D irlnt DirScambilnt DJT DÖV Dok. DrCommEur

Diritto internazionale II Diritto negli scambi internazionali Deutscher Juristentag Die öffentliche Verwaltung Dokument Droit des Communautés européennes, Hg. Ganshof van der Meersch (1969) Le droit et les affaires Le Droit européen Droit social Deutsches Verwaltungsblatt

DretAff DrEur DrSoc DVB1. EA EAG EAGV EFG

Europa-Archiv; EA . . . D: Dokumente; EA . . . Z: Zeittafel Europäische Atomgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. 3. 1957 Entscheidungen der Finanzgerichte

Abkürzungsverzeichnis EFTA EGKS EGKSV Einl. EuGH EuR Euratom EurGem EurParl EurTranspL EVG EvStLex EWA EWG EWGV EZU

X X X III

European Free Trade Association, Europäische Freihandels­ assoziation (Übereinkommen vom 4. 1. 1960) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. 4. 1951 Einleitung Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europarecht Europäische Atomgemeinschaft europäische gemeinschaft Europäisches Parlament European Transport Law Europäische Verteidigungsgemeinschaft Evangelisches Staatslexikon (1966) Europäisches Währungsabkommen vom 5. 8. 1955 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemein­ schaft vom 25. 3. 1957 Europäische Zahlungsunion (Abkommen vom 19. 9. 1950)

FAZ FG FIDE FinArch Forolt Fs FusV

Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzgericht Fédération Internationale pour le Droit Européen Finanzarchiv Il Foro Italiano Festschrift (siehe das Verzeichnis Seite XXXIX) Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Fusionsvertrag) vom 8. 4. 1965

GATT

General Agreement on Tariffs and Trade, Allgemeines Zollund Handelsabkommen (vom 30. 10. 1947) Gesamtbericht über die Tätigkeit der (Europäischen) Ge­ meinschaften, Hg. Kommission Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Giustizia civile Geschäftsordnung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Gesamtbericht GG GH GiustCiv GO GRUR GWB HaushV

Hg. h8ghpb

HWBSozWiss

ÜI

Vertrag zur Änderung bestimmter Haushaltsvorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrages zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Ge­ meinschaften (Haushaltsvertrag) vom 22. 4. 1970 Herausgeber herausgegeben Das Historisch-Politische Buch Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 13 Bände (1956—1968)

Ipsen, Eur. Gemeinschaftsrecht

XXXIV

Abkürzungsverzeichnis

ICLQ IGH insbes. IntCompLQ IWF

The International and Comparative Law Quarterly Internationaler Gerichtshof insbesondere The International and Comparative Law Quarterly Internationaler Währungsfonds (Abkommen vom 9./22. 7. 1944)

JblntR Jb ö R N. F. JbPolitik JCMSt JournCMSt JournD rlnt JournOff. JTrib JuS JZ

Jahrbuch für Internationales Recht Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge Jahrbuch der Politik Journal of Common Market Studies Journal of Common Market Studies Journal du droit international Journal Officiel de la République Française Juristische Rundschau Journal des Tribunaux Juristische Schulung Juristenzeitung

Kaisery Planung KOM Komm. KSE

siehe: Planung Kommission (so zitiert bei ihren Dokumenten) Kommentar Kölner Schriften zum Europarecht

LG

Landgericht

MBl. BFinMin MDR m. Nachw. MRK

Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen Monatsschrift für Deutsches Recht mit Nachweisen (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4 11. 1950

Nachw. NATO

Nachweise North Atlantic Treaty Organization, Nordatlantikpakt (Vertrag vom 4. 4. 1949) Nederlands Juristenblad Nederlands Tijdschrift voor Internationaal Recht Neue Juristische Wochenschrift Nordisk Tidsskrift for International Ret

JR

NedJBl NedTijdschrlntR NJW NordTidsskrlntR OECD

OEEC

östZöffR OLG OVG Planung PolEtr

Organization for Economic Cooperation and Development, Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent­ wicklung (Übereinkommen vom 14. 12. 1960) Organization for European Economic Cooperation, Orga­ nisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (Abkommen vom 16. 4. 1948) österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Planung I ff., Abhandlungsreihe hgg. v. Joseph H. Kaiser (1965 ff.) Politique étrangère

Abkurzungsverzeichnis

XXXV

PolVjSchr

Politische Vierteljahresschrift

RabelsZ

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Landwirtschaft Rechnungseinheit

RdLdw RE RecCours RecDalloz RevBelgeDrlnt RevCritDrlntPr RevCritJurBelge RevDrlnt RevDrlntDrComp RevDrPubl RevFrançScPol RevGénDrlntPubl RevIntDrComp RevIntHistPolConst RevIntScAdm RevJurPol RevMC RevTrimDrEur RevUnivBruxelles RivDirEur RivDirlnt RivDirlntCompLav RivPolEc RivStudEur RivStudPolInt Rs Rspr. RW S c h w e iz

TZ

SEW

Sonderbeil. S ta a t

StabGes.

StlGft StrHPP-Schlochauer,

Recueil des Cours de l’Académie de Droit International de La Haye Recueil Dalloz Sirey Revue belge de droit international Revue critique de droit international privé Revue critique de jurisprudence belge Revue de droit international, de sciences diplomatiques et politiques Revue de droit international et de droit comparé Revue du droit public et de la science politique en France et à l’étranger Revue française de science politique Revue générale de droit international public Revue internationale de droit comparé Revue internationale de l’histoire politique et constitution­ nelle Revue internationale des sciences administratives Revue juridique et politique Revue du Marché Commun Revue trimestrielle de droit européen Revue de l’Université de Bruxelles Rivista di diritto europeo Rivista di diritto internazionale Rivista di diritto internazionale comparato del lavoro Rivista di politica economica Rivista di Studi europei Rivista di studi politici intcrnazionali Rechtssache Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Euro­ päischen Gemeinschaften Rechtskundig weekblad Schweizerische Juristenzeitung Sociaal-economische wetgeving Sonderbeilage Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre, Öffentliches Recht und assungsgeschichte ;tz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der ;schaft (Stabilitätsgesetz) vom 8. 6. 1967 diger Internationaler Gerichtshof des Völkerrechts, 3 Bände (1960—1962)

^ Örterbudl

^ L aw R e,

Texas Law Review

XXXVI UA ÜA

UN UNCTAD

UNESCO

UNO UNYB UWG VerfO Verh. VerwRspr. VG VGH Vorbem. VVDStRL VWD Europa VwGO

Abkürzungsverzeichnis Unterabsatz Abkommen über die Übergangsbestimmungen der Europäi­ schen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Übergangsabkom­ men) vom 18. April 1951 United Nations, Vereinte Nationen United Nations Conference for Trade and Development, Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Ent­ wicklung United Nations Educational, Scientific and Cultural Organi­ zation, Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur United Nations Organization, Organisation der Vereinten Nationen United Nations Yearbook Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. 7. 1957 Verfahrensordnung Verhandlungen Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staats­ rechtslehrer Nachrichten aus den Europäischen Gemeinschaften, Hg. VWD-Vereinigte Wirtschaftsdienste GmbH, Frankfurt/M . Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1. 1960

WuW

Westeuropäische Union (Vertrag über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit und über kollektive Selbst­ verteidigung — sog. Brüsseler Vertrag — vom 17. 3. 1948) Wettbewerb in Recht und Praxis Verfassung des Deutschen Reiches v. 11. 8. 1919 (Weimarer Reichsverfassung) Wirtschaft und Wettbewerb

YaleLJourn

Yale Law Journal

ZaöRVR

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völker­ recht Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschafts­ recht Zeitschrift für Parlamentsfragen Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Politik Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für schweizerisches Recht Zeitschrift für Verkehrswissenschaft

WEU WRP WRV

ZBR ZfRV ZfZ ZGesStW ZHR ZParl ZPO ZPol ZRP ZSchweizR ZVerkWiss

VERZEICHNIS DER STÄNDIG UND ABGEKÜRZT ZITIERTEN WERKE

Actes off.

Carton Organisations Européennes Carton Europäische Organisationen Catalano Manuel

Actes officiels du Congrès international d’études sur la Communauté Européenne du Charbon et de l’Acier, Mailand-Stresa, 31. 5.—9. 6. 1957, 7 Bände (1957—1959)

Carton, Organisations Européennes, 2. Aufl. (1967) Carton, Europäische Organisationen (Übersetzung aus dem Französischen — 1967) Catalano, Manuel de droit des Communautés euro­ péennes, 2. Aufl. (1964) DrCommEur Les Novelles. Droit des Communautés européennes. Hg. Ganshof van der Meersch (1969) Ehle, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages Ehle Komm. mit Entscheidungssammlung, Loseblattkommentar (1966 if.) Einführung in die Rechtsfragen der europäischen In­ Einführung tegration. Hg. Gustav-Stresemann-Institut (1969; inzwischen 2. Aufl., 1972) von der Groeben—von Boeckh, Kommentar zum V. d. Groeben u. a. Komm. EWG-Vertrag in zwei Bänden (1958, 1960) Hallstein, Der unvollendete Bundesstaat. Europä­ Hallstein Bundesstaat ische Erfahrungen und Erkenntnisse (1969) Ipsen Bensheim-Referat Ipsen, Das Verhältnis des Rechts der europäischen Gemeinschaften zum nationalen Recht Referat anläßlich des 1. Kolloquiums der Wissen­ schaftlichen Gesellschaft für Europarecht in Bensheim-Auerbach am 10./11. 7. 1964, in: Aktuelle Fragen des europäischen Gemeinschafts­ rechts, H eft 29 der Abhandlungen aus dem Gesam­ ten Bürgerlichen Recht, Handelsrecht und W irt­ schaftsrecht (1965) Ipsen Fusionsverfassung Ipsen, Fusionsverfassung Europäische Gemeinschaf­ ten (1969) Ipsen Verfassungsperspektiven Ipsen, Verfassungsperspektiven der Europäischen Gemeinschaften. Vortrag, gehalten vor der Berliner Juristischen Gesellschaft am 17. April 1970 (1970) La décision La décision dans les Communautés européennes. Colloque de l’Association pour le développement de la science politique européenne, organisé par l’In­ stitut d’Etudes politiques de Lyon (1969)

X XXVIII

Verzeichnis der ständig und abgekürzt zitierten Werke

Matinz u. a. Komm. Mégret u. a. Komm.

Quadri u. a. Komm. Reuter CECA Reuter Organisations Européennes Sattler Entwicklung Sattler Funktionelle Integration

Seidl-Hohenveldern Internationale Organisationen

Steindorff Rechtsschutz

Wagner Beschlußrecht Woblfarth u. a. Komm.

Zuleeg Redit

Maunz-Dürig-Herzog: Grundgesetz. Loseblatt-Kom­ mentar (1958 ff.) Mégret-Louis-Vignes-Waelbroecky Le droit de la Communauté Economique Européenne. Commen­ taire du Traité et des textes pris pour son applica­ tion (1970 ff.) Quadri-Monaco-Trabuccbi, Trattato istitutivo della Comunità Economica Europea (4 Bde., 1965) Reuter, La Communauté Européenne du Charbon et de l’Acier (1953) Reutery Organisations Européennes, 2. Aufl. (1970) Sattlery Die Entwicklung der Europäischen Gemein­ schaften von ihrer Gründung bis zum Ende der EWG- Übergangszeit, JböR NF 19 (1970) 1—128 Sattlery Das Prinzip der „funktionellen Integration“ und die Einigung Europas. Die Übertragung von Hoheitsrechten und ihre Konsequenzen, untersucht am Beispiel der Europäischen Gemeinschaften (1967) Seidl-Hohenveldern, Das Recht der Internationalen Organisationen einschließlich der Supranationalen Gemeinschaften (1967); inzwischen 2. Aufl. (1971) mit Zusatzband: Lernprogramm Internationale Organi­ sationen und Europäische Gemeinschaften Steindorffy Reditsschutz und Verfahren im Recht der europäischen Gemeinschaften — ausgewählte Probleme (1964) Wagner, Grundbegriffe des Beschlußrechts der Eu­ ropäischen Gemeinschaften, KSE 5 (1965) Wohlfarth-Everling-Glaesner-Sprungy Die Europä­ ische Wirtschaftsgemeinschaft. Kommentar zum Ver­ trag (1960) Zuleegy Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, KSE 9 (1969)

VERZEICHNIS DER ZITIERTEN FESTSCHRIFTEN

Völkerrechtliche und Staatsrechtliche Abhandlungen Festgabe für Carl Bilfinger zum 75. Geburtstag (1954) Wirtschaftsordnung und Rechtsordnung Fs Böhm Festschrift zum 70. Geburtstag von Franz Böhm (1965) Vom Deutschen zum Europäischen Recht Fs Dölle Festschrift für Hans Dölle (1963) Demokratisches System und politische Praxis der Bundes­ Fs Eschenburg republik Festschrift für Theodor Eschenburg (1971) Festschrift für Hans G. Ficker zum 70. Geburtstag (1967) Fs Ficher Säkularisation und Utopie Fs ForsthofF Ernst Forsthoff zum 65. Geburtstag (1967) Recueil d’études de droit international en hommage à Paul Fs Guggenheim Guggenheim (1968) Probleme des Europäischen Rechts Fs Hallstein Festschrift für Walter Hallstein zu seinem 65. Geburtstag (1966) Fs Heymanns Verlag Recht im Wandel. Beiträge zu Strömungen und Fragen im heutigen Recht Festschrift hundertfünfzig Jahre Carl Heymanns Verlag KG

Fs Bilfinger

Fs Jahrreiß Fs Jellinek Fs E. Kaufmann

Fs Kraus

Fs Laun (1948) Fs Laun (1953)

Fs Makarov Fs Möhring Fs Gebhard Müller

(1%5) Festschrift, Hermann Jahrreiß zu seinem siebzigsten Ge­ burtstag gewidmet (1964) Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht Gedächtnisschrift für Walter Jellinek (1955) Um Recht und Gerechtigkeit Festgabe für Erich Kaufmann zu seinem 70. Geburtstage (1950) Mensch und Staat in Recht und Geschichte Festschrift für Herbert Kraus zur Vollendung seines 70. Le­ bensjahres (1954) Festschrift zu Ehren von Rudolf Laun zur Vollendung seines 65. Lebensjahres (1948) Gegenwartsprobleme des internationalen Rechtes und der Rechtsphilosophie Festschrift für Rudolf Laun zum 70. Geburtstag (1953) Abhandlungen zum Völkerrecht Festgabe für Alexander N. Makarov (1958) Festschrift für Philipp Möhring zum 65. Geburtstag (1965) Festschrift für Gebhard Müller. Zum 70. Geburtstag des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts (1970)

XL Fs Müller-Armack Fs Niehaus Fs OLG Celle Fs Ophüls

Fs Hans Peters Fs Riese Fs Rolin Fs Schack Fs Schätzei

Fs C. Schmitt Fs Schmölders Fs Smend Fs Thoma Fs Verdross Fs Wehberg

Verzeichnis der zitierten Festschriften Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Festgabe für Alfred Müller-Armack (1961) Agrarpolitik in der EWG Festgabe für Heinrich Niehaus (1968) Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle zum 250jährigen Bestehen (1961) Zur Integration Europas Festschrift für Carl Friedrich Ophüls aus Anlaß seines sieb­ zigsten Geburtstages (1965) Gedächtnisschrift Hans Peters (1967) Festschrift für Otto Riese aus Anlaß seines siebzigsten Ge­ burtstages (1964) Problèmes de droit des gens Mélanges offerts à Henri Rolin (1964) Hamburger Festschrift für Friedrich Schack zu seinem 80. Ge* burtstag (1966) Internationalrechtliche und staatsrechtliche Abhandlungen Festschrift für Walter Schätzei zu seinem 70. Geburtstag (1960) Festschrift für Carl Schmitt zum 70. Geburtstag (1959) Geldtheorie und Geldpolitik Günter Schmölders zum 65. Geburtstag (1968) Rechtsprobleme in Staat und Kirche Festschrift für Rudolf Smend zum 70. Geburtstag (1952) Festschrift, Richard Thoma zum 75. Geburtstag (1950) Völkerrecht und rechtliches Weltbild Festschrift für Alfred Verdross (1960) Rechtsfragen der internationalen Organisation Festschrift für Hans Wehberg zu seinem 70. Geburtstag (1956)

Erster

Teil

EINLEITUNG

§ 1 EUROPÄISCHES GEMEINSCHAFTSRECHT 1 Die Einleitung zu einem „Europäischen Gemeinschaftsrecht“ sieht sich vor Fragen gestellt, die die Darstellung überlieferter Gebiete der Rechtswis­ senschaft nicht aufwirft. Das erklärt sich nicht nur aus der Neuartigkeit der Materie und der Tatsadie, daß sie in deutscher Spradie und aus einer Feder bisher nicht systematisch behandelt worden ist. Fragwürdiges ergibt sich aus dem Gegenstände selbst, seiner Komplexität innerhalb der Rechtswissen­ schaft und seinen Bezügen zu Gegenständen anderer Disziplinen1. Vor allem aber muß der Verfasser einer solchen Darstellung sich selbst in Frage stellen: nicht nur wegen des Umfangs des Objekts und der Grenzen seiner Über­ schaubarkeit, sondern in seiner Legitimation zur Sache — müßte der rechte Autor doch zugleich nicht nur kompetent sein im Gesamtbereich des zivilen und des öffentlichen Rechts vom Schuldrecht über das Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht bis hin zum Arbeitsrecht, von der Staatstheorie über Völ­ kerrecht und Staatsrecht bis hin zum Subventionskapitel des Wirtschafts­ verwaltungsrechts, und dies am besten mindestens in der Vertrautheit des zünftigen Rechtsvergleichers mit den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten und ihrer Sprachen. Er sollte zudem die Wirtschaftswissenschaften und min­ destens die empirischen Methoden der Politologie, besser auch ihre Theorien beherrschen, und wie nützlich, wenn nicht notwendig wäre nicht minder, ihn auch unter den Soziologen zu Hause zu wissen. Es entsprach sicherlich zu Teilen dieser Einsicht, daß die im Jahre 1969 in Brüssel erschienene größte Gesamtdarstellung des „Droit des Communautés européennes“, deren 1307 Oktavseiten mit 7 Pfunden Gewicht jeden, der sich in derselben Sache versucht, schon physisch „frustrieren“ müssen, ein Werk von 70 Autoren ist — und damit eine rechte Septuaginta neuer Art. Deshalb steht diese Einleitung zugleich für eine Erläuterung aller Unzu­ länglichkeiten, die diesem Versuch anzulasten sind, und für eine Offenlegung alles dessen, was die Darstellung nicht zu bieten vermag. Damit wird auch erklärlich werden, warum das Buch weder als Einführung oder System noch als Lehrbuch y Grundriß, Handbuch oder wie sonst immer bezeichnet worden ist. Es ist keines von allem allein, und es ist von allem nur ein wenig. Ansonsten soll die Einleitung den Begriff, Bereich und Gegenstand des Europäischen Gemeinschaftsrechts beschreiben (1/2— 12). Sie soll diesem Ge1 Dazu: v. Simson, Zur rechtlichen Gestalt der europäischen Integration (Bespre­ chung von Wagner, Beschlußrecht), in: ZHR 130 (1967) 74.

V

1/ 1-3

Europäisches Gemeinschaftsrecht

4

genstand in seinen Abgrenzungen und Zuordnungen seinen Platz zuweisen zu anderen Disziplinen der Rechts- und Sozialwissenschaften (1/13— 18). Seine Stellung in Forschung und Lehre ist angesichts seiner Neuartigkeit zu bestimmen (1/19—27). Ein ordnender Überblick über die Bibliographie und Dokumentation des Gebietes und die Entscheidungspraxis der Gerichte soll die Nachweisungen des Textes erläutern und vervollständigen (1/28—41). Schließlich sind Hinweise auf Anlage und Technik der Darstellung von­ nöten (1/42—45).

I. B e g r iff y B ereich u n d G e g e n s ta n d

2 „Europäisches Gemeinschaftsrecht“ — in den anderen Gemeinschafts­ sprachen als droit communautaire, droit des communautés européennes, diritto europeo, diritto comunitario, europees recht, recht van de europese gemeenschappen teils ebenso zweifach, teils nur einfach gekennzeichnet — richtet mit dieser Benennung eine Rechtsordnung zugleich räumlich und or­ ganisatorisch aus: an (einem engeren, zunächst auf sechs europäische Mit­ gliedstaaten beschränkten, dann erweiterten) Europa und an der organisa­ torischen Gestalt, die die Mitgliedstaaten ihrem Zusammenschluß in den drei Gemeinschaften gegeben haben. Die Bezeichnungen der Rechtsmaterie in den anderen Gemeinschaftssprachen verzichten teilweise auf den Raum- oder den Organisationsbezug, sind aber auch in dieser Verkürzung durchweg dem deutschen „Europäischen Gemeinschaftsrecht“ gleichzusetzen. Der deutsche Terminus, ermöglicht durch die Kompositionsfähigkeit der flexibleren deut­ schen Sprache, hat den Vorzug größerer Präzision und Trennschärfe. 1. B e g riff

3 a) Es ist üblich geworden, das gesamte, mit der Formierung west-, süd-, und nordeuropäischer Organisationen gegebene und verknüpfte Recht als Europarecbt (seltener: europäisches Recht2) zu bezeichnen. Hierzu wird ge­ rechnet insbesondere das Recht der NATO, der WEU, der OECD, des Euro­ parates, der EFTA und der drei Gemeinschaften. Innerhalb dieses Rechts­ bereichs wird „Europa“ unterschiedlich begriffen nach der größeren oder kleineren Zahl der Organisationsmitglieder und einem durch ihre Staats­ gebiete umgrenzten Teil von Europa, der sich jeweils nur negativ einheitlich abgrenzt vom kommunistischen Osteuropa. Eine derart — überdies noch unterschiedlich — geographisch bestimmte Kennzeichnung vermag eine Rechtsmaterie im rechtserheblichen Sinne nicht zu klassifizieren. Insbesondere liefert solche Raum-Anknüpfung keinen An2 So: Wagner, Besdilußrecht 87.

5

Begriff, Bereich und Gegenstand

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halt, der das Europarecht dem Völker- oder Staatsrecht zuzuordnen ver­ möchte3. Denn sie differenziert nach unterschiedlichen Vergleichsmerkmalen. Es ist deshalb auch abwegig, aus einem Begriff Europarecht rechtsrelevante Begriffsmerkmale für das ihm zugerechnete Europäische Gemeinschaftsrecht herleiten zu wollen. Überdies kann Europarecht in der Wendung „euro­ päisches Recht“ in verleitlicher, weil unzutreffender Weise in Parallele ge­ setzt werden zum droit public européen des 19. Jahrhunderts, worunter die verabsolutierende Objektivierung multilateralen Vertragsrechts gegenüber Nicht-Kontrahenten begriffen worden ist. Eine solche Inbezugnahme würde dem Gemeinschaftsrecht gänzlich widerstreiten. 4 b) Mit der Herauslösung des Europäischen Gemeinschaftsrechts aus der rechtlichen Unverbindlichkeit und Klassifikationslosigkeit des Europarechts gelingt für seinen Bereich eine rechtserhebliche Qualifizierung: der Begriff knüpft eindeutig an die existenten Gemeinschaften als Organisationen an, die ihrerseits durch ihre Mitglieder einheitlich raumbezogen einen Teil Euro­ pas zusammenfassen. Außerdem prägt der Begriff sein Redit, indem er es Gemeinschaftsreàit nennt, über die Anknüpfung an Organisationen hinaus, nämlich als Recht des integrierenden Zusammenschlusses. Zwar wird damit dem Gemeinschaftsbegriff präjudiziert. Das erscheint heute indes schon ge­ rechtfertigt. Als solcher aber ist er nicht rawwzgebunden, sondern als allge­ meiner Rechtsbegriff verwendbar. Wo immer sich Staaten nach Art der drei Gemeinschaften integrieren, würde ihr Recht den Namen Gemeinschafts­ recht vertragen. Das erlaubt die Verwendung des Begriffs Europäisches Gemeinsdiaftsrecht als Recht der drei existenten Gemeinschaften mit dem An­ spruch auch rechtskategorialer Ergiebigkeit. Dieser Begriff findet insbesondere in der deutschen Rechtssprache der Wissenschaft und der Praxis zunehmend Verwendung. Die anderen Gemein­ schaftssprachen, die in entsprechender Wortbildung behindert sind, begnü­ gen sich mit weithin einteiliger Anknüpfung — an Europa oder an Gemein­ schaft. Deshalb bleibt bei Europa-Anknüpfung jeweils zu prüfen, ob Ge­ meinschaftsrecht als solches oder Europarecht weitesten Sinnes gedacht ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß in Frankreich wegen der Ausrichtung der Studienpläne am Thema „Europäische Organisationen“ das Gemein­ schaftsrecht jeweils nur einen Teil einschlägiger Gesamtdarstellungen aus­ macht4 und geschlossene Alleindarstellungen des hier behandelten Bereichs fehlen. 5 c) Europäisches Gemeinschaftsrecht ist also das Recht der drei Euro­ päischen Gemeinschaften. Es besteht aus dem sog. Primärrecht der drei Ver3 Richtig: Wagner 87, auch zum folgenden. 4 So behandelt Reuter in seinen Organisations Européennes (1965) das Gemein­ schaftsrecht erst von S. 173 ab, Cartou in seiner gleichnamigen Darstellung (2. Aufl. 1967) ab S. 89 (in der deutschen Übersetzung von 1967 ab S. 127). — Reuter, La Communauté européenne du charbon et de l’acier (1953) ist eine Darstellung aus­ schließlich des EGKS-Rechts.

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träge nebst Anhängen, Protokollen und Änderungen sowie dem sekundären Gemeinschafts- oder Organrecht, das im weitesten Sinne neuerdings auch „Folgerecht“ genannt wird. Unterschiedlich nach Struktur, Regelungsgegen­ stand und Inhalt bildet es — als Vertragsrecht, sekundär aus einheitlicher Quelle von Gemeinschaftsorganen gesetzt oder ungeschrieben als solches er­ kannt — im Raum der Gemeinschaften eine Ordnung gemeinen Rechts. Denn als solches gilt es grundsätzlich in den Mitgliedstaaten. aa) Gemeinschaftsrecht ist deshalb nicht das von Organen der Mitglied­ staaten gesetzte Recht, dessen Erlaß auf Einwirkung des Gemeinschafts­ rechts beruht, insbesondere auf Richtlinien. Solches Recht ist auch nicht des­ halb Gemeinschaftsrecht, weil es richtliniengemäß in allen Mitgliedstaaten mit gleichem Inhalt gilt. Dieses Aus- oder Durchführungsrecht ist allgemei­ nes Recht, nicht (gemeines) Gemeinschaftsrecht5. Daß dieses nationale Recht hier jedenfalls insoweit berücksichtigt wird, als es deutsches ist, erklärt sich aus der Aufgabe der Darstellung. Der französische Autor eines Gemein­ schaftsrechts sollte das französische Ausführungsrecht behandeln, der nieder­ ländische dasjenige seines Staates usw. bb) Allgemeines Recht graduell geringerer Intensität kann auch das na­ tionale Recht genannt werden, das in seinen vergleichbaren Grundsätzen Rechtserkenntnisquelle für Gemeinschaftsorgane, insbesondere den Gerichts­ hof, ist und die Grundlage bildet für die Gewinnung ungeschriebenen Ge­ meinschaftsrechts. Dieses allgemeine Recht selbst ist aber nicht Gemein­ schaftsrecht. Das sind nur und erst die aus ihm erkannten ungeschriebenen allgemeinen Normen des Gemeinschaftsrechts selbst (5/17—22). 6 d) Europäisches Gemeinschaftsrecht ist in dem Sinne und in dem Maße ein neues und ein eigenständiges Rechtsgebiet, wie die Gemeinschaften selbst neuartige und eigenständige Organisationsformen darstellen. Seine Unter­ scheidung vom Völkerrecht und vom Recht der tradierten internationalen Organisationen findet deshalb ihre Begründung in der Art, in der die Rechts­ stellung der Gemeinschaften zu charakterisieren ist (§ 8). Das Ergebnis be­ sagt: aa) Die Gemeinschaften sind mit Mitteln und in Formen ^o’Z&erreditlichen Vertragsschlusses errichtet worden, und sie sind Subjekte des Völkerrechts, wie sie auch internationale Organisationen genannt werden können. Das Vertragsrecht, also der Primär-Teil des Gemeinschaftsrechts, ist auch nach den hierfür maßgeblichen Verfassungsregeln der Mitgliedstaaten, so in der BRD gemäß Art. 59 II GG, Gegenstand des hierfür vorgesehenen Zustim5 And. Ans., der nidit gefolgt werden kann, Moslery Europarecht — ein neues Fach der Rechtswissenschaft (1968) 437: „ ... möchte ich als Europarecht auch die­ jenigen nationalen Normen bezeichnen, die im Hinblick auf das primäre Europa­ recht der Organisationen ergehen“ ; solches Recht verträgt auch nidit den Namen „mitgliedstaatliches Gemeinrecht“, was Meier, Gemeinschaftsrecht und mitgliedstaat­ liches Gemeinrecht, EuR 1970, 326 deshalb annimmt, weil es unter gemcinschaftsrechtlichem „Bestandsschutz“ stehe.

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mungsverfahrens geworden mit der Wirkung, daß es auf diese Weise inner­ staatliche Geltung erlangt hat. Gleichwohl kann das Europäische Gemein­ schaftsrecht in seiner qualifizierenden Eigenart und Substanz nicht Völker­ recht genannt werden. Es wäre abwegig, es auch nur in weiterem Verständ­ nis zum Völkerrecht zu zählen, und dies aus denselben Gründen, die die Gemeinschaften vom Kreis der sonstigen internationalen Organisationen ab­ sondern, deren Recht seinerseits dem Völkerrecht zugeordnet wird: die Ge­ meinschaften und das Gemeinschaftsrecht heben sich in ihren Aufgaben- und Zielbestimmungen von den sonstigen internationalen Organisationen und ihrem Recht ab durch ihrey den V erfassungsauftrag der Mitgliedstaaten quantitativ und qualitativ beeinflussende Ent-Nationalisierung öffentlicher Aufgaben. In den Gemeinschaften existiert und wirkt eine von der öffent­ lichen Gewalt der Mitgliedstaaten unterschiedene, dieser durch Rechtsregeln zugeordnete und potentiell überlegene öffentliche Gemeinschaftsgewalt. Sie kann sich rechtlich gegenüber der Staatsgewalt und im Durchgriff gegenüber den Staatsangehörigen durchsetzen. Ihre Rechtsordnung ist — anders als die der sonstigen internationalen Organisationen — eine nach Herkunft und Geltungsgrund originäre. Dem Völkerrecht gegenüber ist sie eine ebenso eigenständige6 Rechtsordnung wie gegenüber dem Staatsrecht. Damit soll sie zugleich im Interesse systematischer Ordnung ihren Platz im Rechtssystem zugewiesen erhalten, und ihre Eigenständigkeit wird auch heuristisch-funk­ tionell verstanden: sie bringt neuartige Rechtsgestaltungen und -beziehungen hervor, die weder Völker- noch Staatsrecht bislang in dieser Art erzeugt haben. Heute kann gesagt werden, daß dem so ist. Am Beginn mag die rechtspolitische Forderung des Juristen notwendiger gewesen sein, so müsse es sein, wenn die Vergemeinschaftung sich auf der Grundlage der Verträge verwirklichen solle7. Ob diese Qualität der Eigenständigkeit eine vorübergehende, eine Durch­ gangs-Qualität ist, hängt nicht allgemein davon ab, ob die Vergemeinschaf­ tung nur eine Vorstufe endlicher europäischer Bundesstaatlichkeit ist, wie manche meinen und andere erhoffen. Solange die Gemeinschaften sind — und so sind, wie sie sind —, zählt das Gemeinschaftsrecht weder zum Völ­ ker- noch zum Staatsrecht. Und nur eben dies ist hic et nunc von Interesse und Belang. bb) Wegen der völkerrechts-vertraglichen Verformung seiner Primärnor­ men hat sich das Gemeinschaftsrecht schwieriger vom Völkerrecht als vom Staatsrecht emanzipieren können. Das ist um so bemerkenswerter, als es inhaltlich eher diesem als jenem zuzuordnen ist: das gilt für wesentliche Teile seines Verfassungs-, Organisations-, Verwaltungs- und Prozeßrechts, 6 Kritisch hierzu: Wagner, Die Vorstellung der Eigenständigkeit in der Rechts­ wissenschaft (1967) 89. 7 Hierzu Wagner, Die Vorstellung 79, und 24—25 zur heuristisch-funktionellen Bedeutung der hier angenommenen Eigenständigkeit des Gemeinschaftsrechts.

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vor allem aber für seine vorwiegend wirtschaftlichen Materien, die die Mit­ gliedstaaten ihrem Wirtschaftsrecht im weitesten Sinne, damit in ihrer Inter­ ventionsfunktion dem öffentlichen Recht zurechnen. Für den deutschen, bun­ desstaatsrechtlich gewöhnten Betrachter gilt das sogar auch für jene Normen des Gemeinschaftsrechts, die zwecks Vergemeinschaftung, Koordinierung, Harmonisierung oder Angleichung von Wirtschaftsrecht und Wirtschafts­ politik Verhaltensregeln für die Mitgliedstaaten aufstellen, deren Beachtung die Gemeinschaftsorgane kontrollieren und beaufsichtigen. Gleichwohl ist auch von deutscher Seite nicht eigentlich unternommen worden, das Ge­ meinschaftsrecht für das Staatsrecht zu vindizieren. Es hat allerdings nicht an Versuchen gefehlt, das Gemeinschaftsrecht in seinen die Stellung der Mit­ gliedstaaten betreffenden Partien als „praefoederales“ Recht auszugeben, was dieser staatsrechtlichen Domestizierung nahekommt89. 7 e) Wie das europäische Gemeinschaftsrecht nach Eigenart und Substanz nicht zum Völkerrecht zählt, ist es auch nicht dem sog. internen Staaten­ gemeinschaftsrecht9 zuzurechnen. Wiewohl auch Gemeinschaftsrecht genannt, fehlen diesem die spezifisch qualifizierenden Elemente des Rechts der Euro­ päischen Gemeinschaften in gerade jener Art und Intensität, in der diese sich von sonstigen internationalen Organisationen abheben. Das sog. interne Staatengemeinschaftsrecht wird, weil aus einem völkerrechtlichen Vertrag hergeleitet und deshalb nicht dem allgemeinen Völkerrecht zugehörig, in sei­ ner Verbindlichkeit nur für die Organisationsmitglieder partikuläres Völ­ kerrecht genannt. Das mag für internationale Organisationen überlieferten Typs von Nutzen sein. Denn damit wird ihr Recht vom sog. klassischen Völkerrecht als „Zwischensouveränitätsrecht“ wenigstens terminologisch un­ terschieden, wenn es als solches auch dem Gesamtbereich des Völkerrechts weiterhin zugeordnet bleibt. Aber gerade wegen der gleichzeitigen Verwen­ dung der Kennzeichnung „Gemeinschafts“-Recht (Staatengemeinschaftsrecht — Europäisches Gemeinschaftsrecht) bleibt zu betonen, daß das Staaten­ gemeinschaftsrecht der besonderen Elemente entbehrt, die das Europäische Gemeinschaftsrecht qualifizieren. 8 f) In dem Maße, in dem Gegenstände des innerstaatlichen Wirtschaf tsrechts zur Aufgabe internationaler Organisationen geworden sind, ist ein Komplex des internationalen Wirtschaftsrechts entstanden. Seine Grundpro8 Bälde VVDStRL 23 (1966) 121 folgert aus einem Prozeß dialektischer Gegen­ läufigkeit des subjektiven Prinzips der Staaten und des objektiven Prinzips des Völkerlebens (Kaltenborn): „Staat und Staatengemeinschaft gleichen damit ihre Strukturen und Funktionen einander an. Staatsrecht und Völkerrecht werden einan­ der ähnlicher, am ähnlichsten im Recht der supranationalen Wirtschaftsgemeinschaf­ ten.“ So sehr damit einer strukturellen Konvergenz das Wort geredet wird, kann diese Folgerung der hinreichenden Konturierung des Gemeinschaftsrechts doch nicht genügen. 9 So Seidl-Hohenveldern, Internationale Organisationen 180; dazu: Wagner, Be­ schlußrecht 85.

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bleme konnten konzipiert werden101, nachdem ein derartiger Komplex von Normen entstanden war. Das „zwingende Beziehungsmerkmal für ihre Af­ finität und damit für die zweckmäßige Definition des neuen Begriffs (ist) gerade die Organisation"u — weshalb es auch als Recht der internationalen Organisationswirtschaft bezeichnet wird. Es war in seinen Erscheinungen für die Völkerrechtswissenschaft neu, weil diese sich in modernen Systemen erst geäußert hatte, als der Staat schon nicht mehr und noch nicht wieder an der Wirtschaft wesentlich interessiert war. Seine Besonderheit lag darüber hin­ aus in seiner Neuartigkeit für alle — oder jedenfalls viele — Rechtsdiszi­ plinen, die wegen der internationalen Organisation der von ihnen normier­ ten Aufgaben nun ihrerseits „internationalisiert" wurden12. Im Sinne und in der Erfahrung dieser Vorgänge ist die Vergemeinschaf­ tung und die Formierung des Europäischen Gemeinschaftsrechts ein weiterer neuer Prozeß einer Mutation des Wirtschaftsrechts — eben seiner Verge­ meinschaftung. Das Europäische Gemeinschaftsrecht bildet eine neue Stufe der Rechtsverwandlung. Auch sie empfängt ihr zwingendes Beziehungsmerk­ mal aus einem Vorgang organisatorischer Art, eben aus der Vergemeinschaf­ tung. Diese neue Stufung würde übersehen werden, wenn das Europäische Gemeinschaftsrecht nur ein Bereich oder eine Variante des internationalen Wirtschaftsrechts genannt werden sollte. 9 g) Insoweit das Europäische Gemeinschaftsrecht — etwa in Organisa­ tions-, Personal-, Finanzregelungen — sein „eigenes Haus bestellt", also sog. Intendanturaufgaben normiert, ließe es sich in eine der möglichen (und vor­ kommenden) Begriffsbestimmungen des internationalen Verwaltungsrechts einordnen. Entsprechendes ist auch nicht ausgeschlossen, wenn als internatio­ nales Verwaltungsrecht — entsprechend dem internationalen Privat- oder Strafrecht — jene Materie gilt, die das „Grenzrecht" oder das „Rechtanwen­ dungsrecht" der Verwaltung bildet. Denn sowohl Regelungen jener Inten­ danturaufgaben wie auch Grenznormen des Kollisionsrechts finden sich im Europäischen Gemeinschaftsrecht. Sie sind indes beide in seinem Gesamt­ bereich nur Randerscheinungen, weder qualitativ noch quantitativ von prä­ gender Relevanz und deshalb nicht geeignet, das Gemeinschaftsrecht als Ge­ samtmaterie zu kennzeichnen. 10 h) Zu den Instrumenten der Vergemeinschaftung gehört die Anglei­ chung des Rechts der Mitgliedstaaten in den gegenständlichen und funk­ tionellen Grenzen, die das Vertragsrecht seiner Anwendung zieht. Die Wis­ senschaft von der Rechtsangleichung und -Vereinheitlichung zählt zur Diszi­ plin der Rechtsvergleichung. Ihrer bedarf es — und der Beherrschung ihrer 10 In der Darstellung von Erler, Grundprobleme des internationalen Wirtschafts­ rechts (1956) und in seinem Beitrag „Internationales Wirtschaftsrecht“ in: StruppSchlochauer, Wörterbuch III (1962) 862. 11 Erler, Grundprobleme 8. 12 Dies zu Ballerstedty Wirtschaftsverfassungsrecht, in: Bettermann-NipperdeyScheuner, Die Grundrechte III 1 (1958) 21 Anm. 58.

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Arbeitsmethoden —, um dieses wichtige Instrument der Vergemeinschaftung gehörig zu handhaben. Sie selbst und ihre Wissenschaft13 gehört nicht zu den Gegenständen dieser Darstellung. 2. B ereich u n d G e g e n s ta n d 11 a) Die drei Gemeinschaften sind Wirtschaftsgemeinsdiahen. Ihre Or­ ganisation und ihr Recht sind auf die Wirtschaft bezogen. Diese Feststellung gilt unabhängig davon, ob das Endziel der Integration die politische Ver­ gemeinschaftung ist und ob diese sich im Verlauf wirtschaftlicher Integra­ tion mit der Automatik eines zwangsläufigen spill-over-Effekts einstellt, ob sie eines quantitativen Sprungs oder eines politischen Neu-Ansatzes bedarf. Dabei steht „Wirtschaft“ für eine komplexe Sachaufgabe sehr weiten Ver­ ständnisses und unter Einschluß solcher Bereiche, die sonst eher als soziale bezeichnet werden. Für den nationalen Gebrauch ist Wirtschaftsrecht bezeichnet worden als „ein System von Gesetzen und staatlichen Maßnahmen zur Lenkung, För­ derung oder Begrenzung der selbständigen Erwerbstätigkeit“14. Darin wird sichtbar, daß Wirtschaftsrecht vornehmlich W irtsdizhsverwaltungsredit ist. Denn dieses umfaßt jene Rechtssätze, „durch die der Staat mit dem Ziel der Gefahrenabwehr, der Lenkung und der Förderung auf den wirtschaftlichen Prozeß ordnend, gestaltend und leistend einwirkt, indem er Aufgaben und Befugnisse der Verwaltung begründet“15. Die staatliche Präsenz und Ingerenz in der Wirtschaft und das Vordringen des öffentlichen Rechts in das Wirtschaftsrecht werden damit verdeutlicht. Der Bereich des Europäischen Gemeinschaftsrechts wird damit aber bei weitem nicht erfaßt. Der Inhalt der Verträge (§ 3) verdeutlicht diese Unter13 Zweigert-Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts II (1969). Bd. I (Allgemeine Grundlagen) wird die Generalia der Rechtsvergleichung behandeln: Geschichte, Methode, Ziele, Rechtsvereinheitlidiung, Rechtskreise der Welt. — Constantinesco, Einführung in die Rechtsvergleidiung Bd. 1 (1971); Bde. 2 und 3 waren noch für 1971 angezeigt. 14 Rinck, Wirtschaftsrecht 2. Aufl. (1969) 3; zu den überlieferten Definitionen des Wirtschaftsrechts vgl. E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I 2. Aufl. (1953) 8. 15 Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Besonderes Verwaltungsrecht (Hg. v. Münch) 2. Aufl. (1970) 239. — Verloren von Ehemaat, Das innerstaatliche nieder­ ländische Wirtschaftsrecht nach der Fusion der Europäischen Gemeinschaften, AWD 1970, 253 unterscheidet innerhalb eines innerstaatlichen Wirtschaftsredits folgende Normenbereiche: (1) Marktzugang, (2) Preise, (3) Sekundärelemcnte des Marktver­ haltens (Zugabewesen, Ausverkauf, Ladenschluß, Teilzahlung usw.), (4) Wett­ bewerbsbedingungen, (5) zentrale Lenkung einzelner Wirtschaftszweige, (6) Ver­ sorgungsregelungen für Mangellagen, (7) Ein- und Ausfuhr, Zahlungsverkehr mit Drittstaaten, (8) gerechte Durchführung und Anwendung des Wirtschaftsrechts (Hilfsgesetze wie Wirtschaftsstrafrecht usw.), (9) Gesamtsteuerung der Wirtschaft (in der Art des StabGes), (10) gesetzliche Grundlagen für Wirtschaftssubventionen. — Die Übersicht zeigt, daß der Agendenkatalog des innerstaatlichen Wirtschafts­ rechts ärmer ist als der des Gemeinschaftsrechts.

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schiede: das Recht des Gemeinsamen Marktes bildet den wirtschaftsrecht­ lichen Kern; die Ziel- und Aufgabenbestimmungen, die im Recht zu seiner Ordnung spezifiziert sind, bestimmen auch Inhalt, Tendenz und Intensität der Regelungen über die Wirtschafts- und Sozialpolitik in den verschiedenen Wirtschaftssektoren. In ihnen, in den Handlungsermächtigungen und den Formbestimmungen des rechtlichen Instrumentariums sind Normenkomplexe enthalten, die — im mitgliedstaatlichen Rechtsverständnis — als solche des Staats- und Verwaltungsrechts dem Wirtschaftsrecht zuzurechnen sind. Für das Organisationsstatut der Verträge, die Verfahrensregelungen, für Nor­ mierungen, die den Rechtsschutz, die Gerichtsverfassung, den Rechtsgang regeln, gilt das nicht in gleicher Weise. Wo das Gemeinschaftsrecht Rechte und Pflichten des Marktbürgers umschreibt, spricht es auch in der Art indi­ vidueller Grundrechts- und Pflichtenregelungen des Verfassungsrechts. Kurz: das Gemeinschaftsrecht hat zwar die Wirtschaft zum Gegenstände, aber seine Normen reichen über diesen Gegenstand hinaus. Dies deshalb, weil die Vergemeinschaftung sich in Organisationen, in Zielsetzungen und mit recht­ lichen Mitteln vollzieht, die ihrerseits selbst eine rechtliche Ordnung benöti­ gen. Diese Ordnung umfaßt Normen, deren auch der Staat im Verhältnis zur Wirtschaft bedarf, die dieser aber kraft seiner verfaßten Existenz bereits besitzt. Das Europäische Gemeinschaftsrecht muß auch sie zum Inhalt haben, um die Verfassung und das Funktionieren der das Wirtschaftsrecht anwen­ denden Organisation zu regeln16*18. 12 b) So erklärt sich, daß das Gemeinschaftsrecht von seinem Gegenstand „Wirtschaft“ her allein nicht einheitlich strukturiert ist. Insbesondere gilt das vom Primärrecht in seiner großen Zweiteilung in Organisations- und materielles Recht. Eher ergeben sich vergleichbare Strukturen für das sekun­ däre Folgerecht, das seinerseits auf die Mitgliedstaaten und ihre Marktbür­ ger einwirkt zur Verwirklichung der wirtschaftspolitischen Vertragsziele und zur Funktionssicherung des Gemeinsamen Marktes. Vom Organisationsrecht im wesentlichen abgesehen, eignet zahlreichen Komplexen des Gemeinschaftsrechts ein Zug motorischer, plan- und zeit­ bestimmter Impulsivität und eine Tendenz, im nationalen Recht Verände­ rung und Entwicklung hervorzurufen. Das charakterisiert den Beziehungs­ zustand zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Redit als einen sol­ chen von Übergängen, von Schwebelagen, von dynamischem Gehalt. Ver­ bunden mit der Notwendigkeit, auch das Gemeinschaftsrecht selbst in An­ passung an veränderte Lagen fortzuentwickeln und anzupassen, wird die Gemengelage beider Rechtsbereiche in höherem Maße als nationales Wirt­ schaftsrecht gekennzeichnet durch Züge eines Prozesses als durch solche sta16 Mosler, Europarecht 420, 423 bemerkt deshalb zutreffend, das Gemeinschafts­ recht sei nur als Wirtschaftsrecht oder nur als Organisationsrecht nicht darstellbar. Dieser Vorbehalt trifft deshalb alle Darstellungen (und nicht minder: alle Lehrver­ anstaltungen), die das Gemeinschaftsrecht unter dem Thema „Internationale Orga­ nisationen“ glauben erfassen zu können.

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tischer Ordnung. Die Quantität der Regelungen, die Komplexität der Mate­ rien und ein gemeinschaftsrechtlich oft zu beobachtender Perfektionsdrang rufen den begründeten Eindruck der Unübersehbarkeit hervor. Er ist nicht gerade geeignet, bei nationalen Rechtsanwendern und Rechtsbetroffenen po­ sitive Empfindungen auszulösen17. Das gilt auch für den Juristen, der mit dem Gemeinschaftsrecht und seinen nationalen Ausführungsregelungen um­ geht. Das erschwert es, jenes Maß an juristischem Formalismus zu bewah­ ren, dessen es auch im Gemeinschaftsrecht bedarf, um die Vernunft seiner Ordnung zu realisieren — in seinen Zielsetzungen, dem Verhalten der Ge­ meinschaftsorgane und der Mitgliedstaaten, ihrer Organe und ihrer Unter­ nehmen und Marktbürger. „Vernünftig aber ist nur eine Ordnung, die der Tatsache Rechnung trägt, daß zwar potentiell alle vernünftig sind, niemand aber mit Sicherheit vernünftig ist. Vernünftig ist nur eine Ordnung, die das Unvernünftige, das Subjektive, die Interessen in Rechnung stellt. Es ist des­ halb vernünftig, jenen Formalismus hochzuhalten, der, neutral gegen die Vernunft des Ganzen, Unvernunft, wo sie nicht zu beseitigen ist, in Schran­ ken hält. . . . Die vernünftige Regelung des nicht durch Vernunft Definier­ ten ist die juristische.“18 Das ist der Sinn des Formaljuristischen und die Auf­ gabe juristischen Denkens, die — trotz allem — auch dem Gemeinschafts­ recht zukommen.

I I . E in g r e n z u n g e n u n d Z u o r d n u n g e n

Da die Darstellung eine juristische Darstellung und nur eine solche des Europäischen Gemeinschaftsrechts ist, grenzt sie sich von anderen juristischen Darstellungen verwandter Probleme ab, ist sie hingegen anderen Disziplinen und ihren Bemühungen um die europäische Integration zuzuordnen. 1. E in g r e n z u n g e n

13 a) Die Gemeinschaften gehören zu einem Oberbegriff der internatio­ nalen Organisationen. Die Darstellung ist gleichwohl nicht eine Teilbehand­ lung dieses Gesamtthemas internationaler Organisation. Sie gestattet eben­ sowenig, als typisches Beispiel rechtswissenschaftlicher Behandlung inter­ nationalen Organisationsrechts zu gelten. Beides verbietet sich. Denn die Europäischen Gemeinschaften heben sich in Zielen, Aufgaben und Funk­ tionsweise so wesentlich von den anderen internationalen Organisationen ab, daß ihr Recht ein besonderes Recht bildet. Deshalb führt die Einbezie­ hung der Gemeinschaften in eine Gesamtdarstellung der internationalen 17 Ipseriy Der deutsche Jurist und das europäische Gemeinschaftsrecht, Verh. d. 45. DJT (1964) II/L 7. 18 Spaemann, Über den Sinn des Formaljuristischen, ZRP 1970, 190.

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Organisationen19 auch nicht zur Sichtbarmachung des Europäischen Gemein­ schaftsrechts als solchen. Sie bleibt weithin dem nur Organisatorischen ver­ haftet und muß zwangsläufig seinen wesentlichen Gegenstand vernachlässi­ gen. Das erklärt denn auch, daß das Organisationsrecht der Gemeinschaften in diesem Buch nur einen verhältnismäßig bescheidenen Platz einnehmen kann. 14 b) Das Europäische Gemeinschaftsrecht ist angelegt auf seinen normie­ renden, exekutiven und rechtsprechenden Vollzug durch Organe der Mit­ gliedstaaten. Vollzugsergebnis ist insbesondere die nationale Rechtsmasse, die in Befolgung gemeinschaftsrechtlicher Verhaltensmaßnahmen entsteht. Seine Darstellung ergibt sich in Grenzen mit Zwangsläufigkeit aus dem Zu­ sammenhang der Gemeinschaftsrechtsregeln, die Art und Weise des nationa­ len Vollzuges bestimmen. Sie kann indes gegenständliche Vollständigkeit nicht beanspruchen und muß sich auf die wichtigsten und beispielhaft we­ sentlichen nationalen Regelungen beschränken. Beschränkung liegt auch dar­ in, daß hier durchweg nur der nationale Vollzug im deutschen Recht in Be­ tracht kommt, nicht auch der in den anderen Mitgliedstaaten. Der systema­ tische Vergleich der nationalen Vollzüge, wie er den Gemeinschaftsorganen (insbesondere der Kommission, im Streitfall auch dem Gerichtshof) über­ antwortet ist, stellt rechtsWissenschaft lieh eine notwendige Zukunftsaufgabe dar. Von ihr können Erträge für die Fortentwicklung des Gemeinschafts­ rechts und den Fortschritt der Integration selbst erwartet werden. Soweit ersichtlich, fehlt es bislang an solcher Art Arbeit. 15 c) Daß diese Darstellung sich in der Anführung deutschen Vollzugs­ rechts beschränkt, erklärt sich aus der Sache: mit den Fortschritten der Ver­ gemeinschaftung wird das deutsche Wirtschaftsrecht zunehmend „durch­ setzt“ und angereichert mit Elementen, die ihrerseits gemeinschaftsrechtlich beeinflußt sind. Der Einfluß kann in der Initiative bestehen, überhaupt zu normieren. Überwiegend äußert er sich auch in der Einwirkung auf das „was“, „wie“ und „wozu“ der nationalen Regelung. Eine Darstellung des deutschen Wirtschaftsrechts (und hierin auch gerade des Wirtschaftsverwal­ tungsrechts) wird in steigender Intensität diese nationale Einbettung in das Gemeinschaftsrecht zu berücksichtigen haben20. Ein solches „Deutsches Wirt­ schaftsrecht“ kann diese Darstellung weder en passant darbieten noch er­ setzen. Sie kann hierfür nur den Zugang öffnen und das rechtliche Vorfeld ebnen. 2. Z u o r d n u n g e n 16 a) Das Europäische Gemeinschaftsrecht gegenwärtigen Befundes hat die Wirtschaft im weit verstandenen Sinne zum Gegenstand. Deshalb zählt 19 Etwa diejenige von Seidl-Hohcnveldern (1967). 20 Das geschieht z. B. (vgl. 67—88, 166) bei Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung. Ein exemplarischer Leitfaden (1971).

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seine wissenschaftliche Behandlung zwar nicht zu den Wirtschaftswissen­ schaften und bleibt, was sie ist: Jurisprudenz. Das entbindet sie aber nicht von der Einsicht, daß das Gemeinschaftsrecht auf die Wirtschaftswissen­ schaften verwiesen ist. Die umgekehrte, nicht immer zu beobachtende Ein­ sicht auch der Ökonomen wäre von Nutzen. Indes: es gibt auch Juristen, die sich dieser Zuordnung nicht bewußt sind oder sie jedenfalls nicht zum Ausdruck bringen21. Die gebotene Verweisung auf die Wirtschaftswissen­ schaften äußert sich in Trennung und Kooperation22. aa) Ausgangspunkt ist die Realität, daß die Politik der Staaten, die die Gemeinschaften bilden, heute in hohem Maße Wirtschafts- und Sozialpolitik ist und sein muß, weil Bedarfsdeckung, Daseinsvorsorge, Umverteilung und soziale Sicherung von der „störungsfreien Steigerung des Sozialprodukts“ abhängen23. Deren Realisierung setzt voraus, daß nationale Wirtschaften kooperieren. Die Vergemeinschaftung ist als Instrument hierfür entstanden. Wirtschaft und Wirtschaftsverhalten sind deshalb zugleich Aufgabe und Regelungsgegenstand des Gemeinschaftsrechts. Die Wirtschaftspolitik setzt seine Orientierungspunkte. Die Wirtschaftswissenschaften sind die für sie zuständige Disziplin. bb) Daraus ergeben sich Zuständigkeitsgrenzen und Kooperationsgebote zugleich. Ein oft zitiertes Wort des amerikanischen Soziologen Harry Bar­ nes nennt die Juristen die „Strategen der Stagnation“24. Damit wird die ge­ sellschaftspolitische Aufgabe des Juristen, wiewohl vermutlich so gemeint, keineswegs nur getadelt. Wenn andererseits den Wirtschaftswissenschaftlern Rechtsblindheit vorgehalten wird25, gilt entsprechendes: gleichviel, ob sie idealtypisch in reinen Modellen, in Realtypen oder konkreten Wirtschafts­ ordnungen denken26, liefern sie die Erkenntnisse und Postulate, die rechts­ politisch zur Entscheidung anstehen und im Sinne der Entscheidung rechtlich normiert werden. Insofern speist die Rechtsblindheit der Ökonomen die Phantasie der Entscheidungsmächtigen. Einen Tadel der Rechtsblindheit ver­ dient aber die Entwicklung soldier ökonomischer Gesetzlichkeiten, die nicht nur ohne jede Rücksichtnahme auf existente Verfassungsgesetzlichkeiten her21 So etwa Teitgen DrCommEur Nrn. 45—48. 22 Luhmann, Funktionale Methode und juristische Entscheidung, AöR 94 (1969) 31; vgl. auch Veit, Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaft, Schriften d. Vereins f. Socialpolitik NF 33 (1964) 8. 23 Gehlen, Die Intellektuellen und die Industriegesellschaft, Neue Deutsche Hefte 125 Jg. 16 H eft 4 (1969) 7; ferner: Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft (1971) 30 if.; Eichenberger, Leistungsstaat und Demokratie (1969). 24 Vgl. H. Huber, Das Recht im technischen Zeitalter (1960) 19; Börner, Dumping und Diskriminierung, Fs Hallstein 62; dort die treffende Gegenposition: „Im Ge­ genteil versteht häufig erst die auf juristische Methodik gegründete Analyse, rechts­ politische Forderungen mit der Stringenz zu formulieren, die den politischen Raum beeinflußt.“ 25 Ipsen, Fragestellungen zu einem Recht der Wirtschaftsplanung, in: Planung I (1965) 42; ders., Rechtsfragen der Wirtschaftsplanung, in: Planung II (1966) 65. 26 H. Huber, Das Recht im technischen Zeitalter 22.

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vorgebracht, sondern als auch rechtlich verbindlich ausgegeben oder jeden­ falls vollziehbar postuliert werden. Deshalb gilt — mutatis mutandis — für die Kompetenzabgrenzung und die Kooperation zwischen Redits- und Wirt­ schaftswissenschaften im Hinblick auch auf das Gemeinschaftsrecht eben das, was allgemeiner für das internationale Wirtschaftsrecht treffend formuliert worden ist: Es „setzt als juristische Disziplin die Entscheidung über die wirt­ schaftspolitischen Ziele voraus; diese steht der Wirtschaftswissenschaft und -praxis zu. Es hat die Aufgabe, im Rahmen des rechtlich Erlaubten und Ge­ botenen die angemessenen und zweckmäßigsten Rechtsformen für ein be­ stimmtes, von den Wirtschaftlern festgelegtes Ziel herauszuarbeiten und zur Verfügung zu stellen. Es kann und soll die wirtschaftlichen Entscheidungen nur insoweit beeinflussen, als es über ihre Zulässigkeit . . . befindet und für die bestmögliche rechtstechnische Durchsetzung dieser Entscheidungen die adäquaten Rechtsformen entwickelt und bereitstellt“27. Diese Aufgabe des Juristen wird kritisch in drei Bereichen: bei seiner Er­ kenntnisgewinnung und Willensbildung in der Kooperation mit dem Öko­ nomen, bei der Inhaltsermittlung und Auslegung wirtschaftswissenschaft­ licher Begriffe in Rechtsnormen28, bei der Prüfung und Würdigung wirt­ schaftlicher Fakten und Lagebeurteilungen. Der Sache nach steht der Jurist des Gemeinschaftsrechts zwar vor denselben Schwierigkeiten wie in der Be­ fassung mit nationalem Wirtschaftsrecht. Nur sind sie im Gemeinschaftsrecht intensiviert durch die Vervielfachung der national beteiligten Rechtsordnun­ gen, der nationalen Wirtschaftsverfassungen und Wirtschaftsrechte, durch Unterschiede der Menschen, der Sprache und Gebräuche, endlich durch die Neuartigkeit und Besonderheit der Gemeinschaftsorganisation und ihrer Entscheidungsprozesse. 17 b) Das Europäische Gemeinschaftsrecht ist das Produkt von Bemühun­ gen, die insgesamt zur Geschichte der europäischen Einigungsversuche zäh­ len. Auch über ihren Rang und ihren Erfolg wird einmal die Geschichte ent­ scheiden. Die Materie dieses Rechtsgebietes hat in diesen Zusammenhängen ihren historischen Stellenwert. In der Reihe ihrer gebotenen Zuordnungen zu anderen Disziplinen verdienen die Vergemeinschaftung und ihre Rechts­ ordnung also auch eine historische Würdigung. Indes: sie kann hier nicht stattfinden. Das sei aus zwei Gründen besonders hervorgehoben: einmal des­ halb, weil in Frankreich, den Lehrplänen der Universitäten entsprechend, die Geschichte der europäischen Einigungsbestrebungen in Darstellungen ein­ bezogen wird, die auch das Gemeinschaftsrecht behandeln29. Soweit dieser Bereich nicht von der deutschsprachigen politischen oder der Ge­ schichtswissenschaft berücksichtigt wird, kann insoweit also auf die franzö27 Erlery Grundprobleme des internationalen Wirtschaftsrechts (1956) 256. 28 Vgl. Rincky Wirtschaftswissenschaftliche Begriffe in Rechtsnormen, in: Fs Hey­ manns Verlag 361 ff.; Lukesy Fs Böhm (1965) 199; Zucky Bundeskartellamt und Wirtschaftspolitik, NJW 1971, 1634 mit Anm. 17. 29 Z. B. Bei CartoUy Organisations Européennes III—LI.

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sische Literatur mit Nutzen verwiesen werden. Eine — hier eben fehlende — historische Einbettung des Gemeinschaftsrechts kann zum anderen in nützlicher Weise dazu beitragen, die anstehende und künftige Analyse des deutschen Regierungssystems in jener europäischen Dimensionierung zu voll­ ziehen, die bislang vernachlässigt worden ist30. Darin läge zugleich ein Bei­ trag zur Neuorientierung der Geschichtswissenschaft im Sinne übernationa­ ler Entfaltung, wie sie auf der 27. Versammlung Deutscher Historiker 1967 in Freiburg gefordert worden ist. 18 c) Eine neuerliche Analyse des „westeuropäischen Integrationssystems“ aus der Feder eines Politologen31 gilt der energischen Abwehr von Versu­ chen, „die europäische Integration und die Ausbildung gemeinschaftlicher Institutionen sowie deren Tätigkeit mit den Kategorien des Staats- und Völkerrechts in den Griff zu bekommen und zu erklären“. Sie postuliert empirisches Vorgehen und eine Lösung, die „sich also nicht aus der Allge­ meinen Staatstheorie, sondern aus einer Politischen Theorie“ ergebe. aa) Wer als deutscher Jurist seit annähernd sieben Jahren mit dieser Dar­ stellung des Europäischen Gemeinschaftsrechts befaßt ist und sich bei dieser Arbeit im deutschen Wissenschaftsbereich politologisch schlechthin „verlas­ sen“ fühlen mußte, kann sich — gelinde formuliert — gewisser Regungen der Verwunderung über solche Ansprüchlichkeit deutscher Politikwissen­ schaft schwerlich enthalten. Hat diese Disziplin doch bis in die jüngste Ge­ genwart hinein die europäische Integration nahezu ausnahmslos ignoriert32 und — verglichen mit der politischen Wissenschaft in anderen Mitglied­ staaten, in den USA und Großbritannien — auch nicht im geringsten dazu beigetragen, sich für jenen Anspruch zu legitimieren. Noch im Frühjahr 1970 mußte hierzu von einem Juristen33 festgestellt werden, „daß die wesentlichen Beiträge zur allgemeinen Erfassung der funktionellen überstaatlichen Inte­ gration, ihrer Eignung, Methoden, Organisation und Entscheidungsprozesse — auch (was wesentlich ist) im Verhältnis zum Nationalstaat als der histo­ risch bis heute meist praktizierten Integrationseinrichtung — nicht von deut30 Karl Kaiser y in: Die anachronistische Souveränität (Hg. Czempiel) 92 Anm. 24. 31 Janseriy Zur Situation des westeuropäischen Integrationssystems — Aufriß einer Analyse, Integration 1970, 204—205. 32 Zutreffend: Tudyka in seiner Rezensionsabhandlung: Aspekte der westeuro­ päischen Integration, in: Neue Politische Literatur 1971, 89: „Nach wie vor gehört das Thema der westeuropäischen Integration zu den Favoriten der Produzenten journalistischer und propagandistischer Elaborate, während unter den Arbeiten mit wissenschaftlichem Anspruch die Disziplinen von Jurisprudenz und Ökonomie do­ minieren“ ; entsprechend: Gantzel, Europäische Integrationsforschung — Kritische Bemerkungen, in: Europa in Wissenschaft und Bildung — Beiträge zur Europa­ kunde 11 (1966) 86; H.-P. Schwarz y Europa föderieren — aber wie? Eine Metho­ denkritik der europäischen Integration, Fs Eschenburg (1970) 378: „Sieht man so­ mit einmal von amerikanischen Forschungsarbeiten ab, so stammen die wichtigsten Beiträge zur europäischen Integration von Juristen und Wirtschaftswissenschaft­ lern“, sowie 434 Anm. 6: „Immerhin stammen mit die wichtigsten theoretischen Beiträge aus dem deutschsprachigen Raum von Juristen.“ 33 Ipseriy Verfassungsperspektiven 7.

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scher Wissenschaft erbracht werden und nicht erbracht worden sind. Das geht so weit, daß speziell auch zu den Europäischen Gemeinschaften, deren Mitbegründer und Mitglieder wir sind, die Beiträge anderer gewichtiger sind als die unsrigen . . . Den amerikanischen Politologen und Soziologen von Deutsch und Etzioni bis Lindberg und Haas haben wir — mit ganz wenigen Ausnahmen — ebensowenig entgegenzusetzen wie denen des ro­ manischen Sprachgebietes, die gerade jetzt die Referate ihres großen Kollo­ quiums von Lyon (1966) über den Entscheidungsprozeß (La décision) in den Gemeinschaften im Druck vorgelegt haben. Dieser Ausfall auf seiten der deutschen Sozialwissenschaften ist höchst bedauerlich. Er ist für den deut­ schen Juristen ein schweres Hemmnis und für unseren Beitrag zu den Ver­ fassungsperspektiven der Gemeinschaften ein ernstes Manko. Wir brauchten einen neuen Max Weber der europäischen Integration. Ein Hennis und Schelsky täte es sicherlich auch schon — aber sie sind intra muros befaßt und ausgelastet, und die deutsche Politologie wohl auch mit anderen Sorgen beschäftigt als solchen wissenschaftlicher Gegenständlichkeit“. Und noch 1970 hat die erste politologische Untersuchung deutscher Feder, die die Europä­ ischen Gemeinschaften auf ihre Eignung als Instrument zur Konfliktbeschrän­ kung geprüft hat, feststellen müssen: „In Deutschland ist der Funktionalis­ mus als Theorie der internationalen Beziehungen noch kaum bekannt.“34 Es ist deshalb einer juristischen Arbeit über das Prinzip der „funktionellen In­ tegration“ und die Einigung Europas von 196735 kaum anzulasten, wenn auch sie hiervon nicht Kenntnis genommen hat. Gerade jetzt scheint sich hierin aber ein erster Ansatz zu einer Wende ab­ zuzeichnen, der weitere rechtswissenschaftliche Arbeit zu erleichtern und zu befruchten verspricht36. bb) Diese Darstellung kann als eine juristische Arbeit politologische Em­ pirie und Theorie weder bieten noch darstellen, ihre Relevanz für eine rechte rechtswissenschaftliche Methode nur hervorheben. Das gilt nicht nur für die Perspektiven des Gemeinschaftsrechts und die Fragen seiner Verfas­ sungspolitik, die das Ziel, die Menschen, die Sache, den Raum, die Zeit, das Verfahren, den Konsens und die Gestaltform der Vergemeinschaftung be­ treffen (S 54). In ihrer Zuordnung zur juristischen Durchdringung der Inte­ gration ist politologische Empirie und Theorie von besonderer Bedeutung 34 Zellentin, Intersystemare Beziehungen in Europa (1970) 174. 35 Von Sattler. 36 Vgl. die Beiträge von Krämer, ]ansen> Janz in: Integration 3/1970, 183, 203, 223, 230; insbes. aber: H.-P. Schwarz, Europa föderieren — aber wie?, Fs Eschen­ burg (1970) 377—443. — Es war immerhin bezeichnend, daß noch auf dem Mün­ chener Weltkongreß der Politologen 31. 8.—5.9. 1970 in der von Carl J. Friedrich angeregten Arbeitsgruppe „Europäische Integration“ eine deutsche Mitwirkung nicht sichtbar geworden ist. Die Kongreßberichte und -beiträge, die in Integration 4/1970 veröffentlicht worden sind, stammen sämtlich von nichtdeutschen Autoren — für einen in der BRD abgehaltenen Weltkongreß einer Wissenschaft wahrlich kein Ruhmesblatt dieser hier vertretenen Disziplin, die ansonsten genug von sich reden zu machen weiß. 2 Ipsen, Eur. Gemcinschaftsrccht

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für die folgenden Themata: Willensbildungsprozeß der Gemeinschaftsorgane; Rolle der Experten und der „Technokraten“, ihres Sachverstands im Ver­ hältnis zur politischen Entscheidung und deren Abhängigkeit von Sach­ zwängen; Problem des spill-over-Effekts und der Automatik des qualitati­ ven Sprunges, des timing, des package deal, der Planzielbestimmung; orga­ nisierte und nicht organisierte übernationale Interessenvertretung; öffent­ liche Meinungsbildung zum europäischen „Bewußtsein“ und zur europäischen Loyalität zur Vorformung und Repräsentation in Gesellschaft, Verbänden, Parteien; Voraussetzungen der Direktwahl zur Versammlung; Methode der Anerkennungskonsentierung und Legitimierung öffentlicher Gemeinschafts­ gewalt; Strukturwandel der Außenpolitik unter dem Integrationseinfluß; Eignung der Wirtschaftsintegration als Instrument der intersystemaren Kon­ fliktbewältigung und der Friedenssicherung — um ohne Anspruch auf Voll­ ständigkeit und Ordnung Wesentliches eines solchen Forschungsprogramms zu nennen, das rechtsrelevant und rechtsbezogen ist. Nach seiner hinreichen­ den Durchdringung erst würde eine verfassungspolitische Perspektive zum Gemeinschaftsrecht befriedigend gelingen können. Auch die deutsche Politik­ wissenschaft fände hier ein weites Feld „wissenschaftlicher Gegenständlich­ keit“37. I I I . F o rsch u n g u n d L e h re

Forschung und Lehre des Europäischen Gemeinschaftsrechts bilden, soweit sie an den Universitäten und vergleichbaren Einrichtungen betrieben wer­ den, eine Einheit. Ihre Entwicklung in der BRD bestätigt das, obwohl die Lehre dieses Rechtsgebietes hier nicht zu den Bereichen zählt, die nach Prü­ fungsordnungen und -anforderungen zum Pflichtenkatalog der juristischen Ausbildung gehören und schon damit wechselseitig Lehre und Forschung aktivieren. 1. Z u r E n tw ic k lu n g d e r re c h tsw isse n sc h a ftlic h e n F o rsch u n g

19 a) Die Forschung im Gemeinschaftsrecht hat sich begreiflicherweise so entwickelt, wie die Komplexität der Rechtsmaterie und die Genesis der In­ tegration es vorbestimmten38: das primäre Gemeinschaftsrecht, aus dem In37 Vgl. Ipsen, Verfassungsperspektiven 7—8: die deutschen Sozialwissenschaften „aber sind intra muros befaßt und ausgelastet, und die deutsche Politologie wohl auch mit anderen Sorgen beschäftigt als solchen wissenschaftlicher Gegenständlich­ keit“ — wozu der frühere deutsche Richter des Europäischen Gerichtshofs Staats­ sekretär a. D. W. Strauß den Verfasser freundlicherweise auf Ranke, Welt­ geschichte I (1895) 222 verwiesen hat: „Die Unparteilichkeit führt zur Gegenständ­ lichkeit.“ 38 Ophüls Fs Heymanns Verlag 541—544 unterscheidet für „Das Gemeinschafts­ recht in der Rechtslehre“ bislang drei Stadien: (1) Schrifttum aus der Feder der an den Verhandlungen über die Errichtung der Gemeinschaften Beteiligten (von Cata-

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halt multilateraler völkerrechtlicher Verträge bestehend, ist zunächst in der Ressortgliederung der Rechtswissenschaften eindeutig als ihre Domäne von der Völkerrechtswissenschaft und den Internationalisten in Anspruch ge­ nommen worden. Das hatte zur Folge, daß der Frage der Einordnung des Gemeinschaftsrechts in das Rechtssystem präjudiziert wurde, daß vorgege­ bene völkerrechtliche Probleme seine wissenschaftliche Behandlung bestimm­ ten und seine Zuordnung zum nationalen Recht das Tor des Art. 59 II GG durchschreiten mußte. Die Erfassung einer in Art. 24 I GG enthaltenen In­ tegrationsgewalt, wissenschaftlich engagiert und umfänglich erörtert im Zu­ sammenhang mit dem Verfassungsstreit um die Verteidigungsgemeinschaft, förderte zwar die Erkenntnisse in Grundfragen des Integrationsvorganges, nicht aber in der Substanz des Gemeinschaftsrechts. Sie sind in Grund- und Einzelfragen insbesondere erbracht worden von den „Europäern der ersten Stunde“, juristischen Praktikern, die aus der Erfahrung ihrer Tätigkeit in Gemeinschaftsorganen und in heimischen Ressorts schöpfen konnten, und Theoretikern, die vorübergehend am Integrationsprozeß beratend oder prak­ tisch teilhatten39. b) Fortschritte der wissenschaftlichen Entwicklung ergaben sich aus drei Fragestellungen, deren erste sich aus der versuchten Eingrenzung der Inte­ grationsgewalt entfaltete und die sich untereinander aus ihrem Zusammen­ hang ergaben: das Problem notwendiger struktureller Kongruenz zwischen Staatsverfassung und Gemeinschaftsverfassung, hieraus speziell das Postulat weiterbestehenden nationalen Grundrechtsschutzes gegenüber Akten der Gemeinschaftsgewalt40, und diese Fragestellung wiederum als Ausschnitt aus der Generalfrage nach dem „Verhältnis des Rechts der europäischen Ge­ meinschaften zum nationalen Recht“41. Im Jahre 1964 zielte das zum zweilano bis W ohlfarth)’, (2) solches von Autoren, die die Neuordnung in die Überlie­ ferung der klassischen Lehren (des Völkerrechts und des internationalen Redits im übrigen) cinzuordnen sich bemühten; (3) Neuansätze seit etwa 1963 unter Berück­ sichtigung der realen Integrationsentwicklung und in Erkenntnis der Besonderhei­ ten der Gemeinschaftsrechtsordnung. — Gruppierungen hierzu bei: Ipsen, Euro­ päisches Gemeinschaftsrecht im Hochschulstudium, NJW 1964, 961; ders., Haager Kongreß für Europarecht, NJW 1964, 342 mit Anm. 4. 39 Ophüls, Fs Heymanns Verlag 541 Anm. 67 a nennt folgende Namen: Cata­ lano , Dehousse, Etzel, Everting, G audet, Glaesner, ν. d. Groeben, Haedricb, Hall­ stein, Kaiser, Krawielicky, Lagrange, Linthorst-Homan, v. Meibom, Monnet, Ophüls, Pescatore, Reuter, Riphagen, de Rosst, Sahm, Schlochauer, Baron Snoy, Stein­ dorff, van der Meuten, de Vadder, Wohlfarth. 40 Hierzu die beiden, mit einschlägigen Fragen befaßten Staatsrechtslehrertagun­ gen: Erlangen 1959: „Das Grundgesetz und die öffentliche Gewalt internationaler Staatengemeinschaften“, Referenten: Erler und Thieme, VVDStRL 18 (1960); Kiel 1964: „Bewahrung und Veränderung demokratisdier und rechtsstaatlicher Verfas­ sungsstruktur in den internationalen Gemeinschaften“, Referenten: Kaiser und Badura, VVDStRL 23 (1966). 41 Europarechtliches Kolloquium der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Europa­ recht 10./11. 7. 1964 zu aktuellen Fragen des europäischen Gemeinschaftsrechts, hier: Gemeinschaftsredit und nationales Recht; Referenten: Ipsen und Bülow, in: Abh. aus dem Gesamten Bürgerlichen Recht, Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, Heft 29 (1965). 2*

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tenmal der Integration und auch dem Gemeinschaftsrecht gewidmete Thema einer Staatsrechtslehrertagung auf die „Bewahrung und Veränderung demo­ kratischer und rechtsstaatlicher Verfassungsstruktur in den internationalen Gemeinschaften“. Die „Kieler Welle“42 ist als eine Entwicklungsbewegung zur Emanzipation des Gemeinschaftsrechts aus einer grundgesetzintrover­ tierten Haltung verstanden worden. Sie hat sich teilweise auch in der Lehre des deutschen Verfassungsrechts43 niedergeschlagen und auf die höchstrich­ terliche Rechtsprechung44 ausgewirkt. c) Es entspricht der Komplexität des Gemeinschaftsrechts, daß bestimmte Bereiche der Rechtswissenschaft an seiner Entwicklung spezifisches Interesse nehmen mußten. In erster Linie gilt das für das Wettbewerbsrecht, dessen wissenschaftliche Bearbeitung im Rahmen des Gemeinschaftsrechts weithin dominiert, ferner für Gesellschafts-, Zoll- und Steuerrecht, Agrar-, Energieund Verkehrsrecht, das Recht der öffentlichen Unternehmen und — für alle Gebiete gleichermaßen bedeutsam — den Rechtsschutz. Von diesen Bereichen und anderen Spezialgebieten, die — wie etwa das Versicherungsrecht — vor Integrationsfragen gestellt wurden, war indes keines geeignet, umfassend in das Zentrum des Gemeinschaftsrechts als ein integriertes System des Wirtschaftsverwaltungsrechts einzudringen — wie dies ebensowenig für Spezial­ untersuchungen insbesondere zu Organisationsproblemen des Gemeinschafts­ rechts in Betracht kommen konnte. Dieser Befund kann bestätigen, daß ein geeigneter Ansatz zur Gesamtdarstellung des Gemeinschaftsrechts in der­ jenigen öffentlich-rechtlichen Forschung zu suchen ist, die insbesondere die Wirtschaft als das Feld staatlicher oder sonst hoheitlicher Präsenz beachtet, also in der Befassung mit dem Wirtschaftsverwaltungsrecht. Daraus ist der Versuch dieser Darstellung erwachsen. 2. F o rsc h u n g so rg a n isa tio n 20 a) In allen Mitgliedstaaten bestehen Vereinigungen zur Pflege des Europäischen Gemeinschaftsrechts, und zwar: Wissenschaftliche Gesellschaft für Europarecht Association Belge pour le Droit Européen Association Française des Juristes Européens 42 Ipsen VVDStRL 23 (1966) 128. 43 So bei Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutsch­ land, 4. Aufl. (1970) 41—45; von Maunzy Deutsches Staatsrecht, läßt sich Entspre­ chendes nicht sagen. Seine Feststellung, es „scheint sich eher eine Entwicklung von der Überstaatlichkeit (Supranationalität) zurück zur nationalen Staatlichkeit anzu­ bahnen“ auf S. 406 der 17. Aufl. von 1969 ist S. 411 der 18. Aufl. von 1971 aller­ dings gestrichen worden. Steiny Lehrbuch des Staatsrechts, 2. Aufl. (1971) behandelt die Vergemeinschaftung nicht — Art. 24 I GG erscheint nicht einmal im Verzeich­ nis der GG-Artikel (297). 44 BVerfGE 22, 293 = EuR 1968, 134 mit Anm. Ipsen sowie BVerfG-Beschl. v. 9. 6. 1971 — 2 BvR 225/69 — AWD 1971, 418 = NJW 1971, 2122 mit Anm. Meier = EuR 1972, 51 mit Anm. Ipsen.

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Associazione Italiana dei Giuristi Europei Association Luxembourgeoise des Juristes Européens Nederlandse Vereniging voor Europees Recht. Die deutsche, betont so genannte „Wissenschaftliche Gesellschaft für Euro­ parecht“ ist am 29. April 1961 in Hamburg gegründet worden und hat sich dort am 26. April 1962 unter Bewahrung ihrer Selbständigkeit und „Bünd­ nisfähigkeit“ nach außen als (8.) „Fachgruppe für Europarecht“ der Gesell­ schaft für Rechtsvergleichung eingegliedert. Die sechs nationalen Vereinigun­ gen haben sich zur Fédération Internationale pour le Droit Européen (FIDE) zusammengeschlossen, die am 12. Oktober 1961 in Brüssel gegründet worden ist. In der BRD wird das Gemeinschaftsrecht seit 1964 sporadisch im Deut­ schen Juristentag berücksichtigt45, ohne hier — wie andere Gebiete außer­ halb der klassischen juristischen Großbereiche — in einer Abteilung organi­ siert zu sein. 21 b) Unter den mit Regelmäßigkeit abgehaltenen Kongressen und Tagun­ gen, die speziell Fragen des Gemeinschaftsrechts behandeln, sind in der BRD hervorzuheben: Veranstaltungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Europarecht Wissenschaftliche Kolloquien 1. Bensheim-Auerbach, 10. und 11. Juli 196446: a) Das Verhältnis des Rechts der europäischen Gemeinschaften zum nationalen Recht Referenten: Ipsen und Bülow b) Die Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet des Niederlassungsrechts Referenten: Everling und Nicolay sen 2. Bad Ems, 5. und 6. Mai 196747: a) Die Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht Referent: Lutter Harmonisation des droits de sociétés Referent: Leleux

45 45. D jT ag (1964): Ipsen, Der deutsche Jurist und das europäische Gemein­ schaftsrecht (Schlußvortrag) ; 46. DJTag (1966): Ule, Börner, Matthies, Empfiehlt es sich, die Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts über den Rechts­ schutz zu ändern und zu ergänzen?; Tagungsberidite Rabels EuR 1966, 367; König JZ 1966, 758; Stahl CahDrEur 1967, 101; 48. D jTag (1970): Lutter, Silcher, Emp­ fehlen sich für die Zusammenfassung europäischer Unternehmen neben oder statt der europäischen Handelsgesellschaft und der internationalen Fusion weitere Mög­ lichkeiten der Gestaltung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts? 46 Veröff. unter dem Titel: Aktuelle Fragen des europäischen Gemeinschaftsrechts als Heft 29 (1965) der Abhandlungen aus dem Gesamten Bürgerlichen Recht, Han­ delsrecht und Wirtschaftsrccht — Beihefte der ZHR; Tagungsbericht Rabe NJW 1964, 1608. 47 Tagungsbericht Rabels EuR 1967, 258.

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b) Entwurf einer europäischen Gesellschaftsform Referent: v. Caemmerer Die europäische Aktiengesellschaft Referent: Hauschild 3. Bad Ems, 28. und 29. März 1968: Probleme des Agrarrechts der EWG48 a) Rechtliche Grundstruktur der Marktordnungen Referent: Börner b) Grenzen der Agrarpolitik nach Art. 38 ff. EWGV Referent: Ehlermann c) Institutionelle Probleme des Agrarmarktes Referenten: Jaenicke und Naß d) Finanzierung des Agrarmarktes Referenten: Götz und Cordts 4. Bad Ems, 1. und 2. April 1971: Verkehr und Gemeinschaftsrecht49 a) Die Rechtsgrundlagen der gemeinsamen Verkehrspolitik der EWG Referent: Schmitt b) EWG-Vertrag und Rheinregime Referent: Zuleeg c) Lösungsmodelle für eine Integration des Luftverkehrs Referent: Schwenk d) Die Rechtsstellung der Seehäfen im Lichte der Verkehrs- und Regionalpolitik der Gemeinschaft Referent: Stabenow e) Die Probleme der Seeschiffahrt in der Integration, insbesondere bei einer Er­ weiterung der Gemeinschaften Referent: Hellwig 5. Bad Ems, 20. und 21. April 1972: Die institutioneile Entwicklung der Gemeinschaften in den siebziger Jahren

Fαώ grupp emit zungen im Rahmen der Tagungen für Rechtsvergleichung50 1. Wien, 18. bis 21. September 1963: Das Auskunftsrecht gegenüber Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüs­ sen innerhalb internationaler Gemeinschaften51 Referenten: Würdinger und Wohlfarth 48 Agrarrecht der EWG, KSE 10 (1969); Tagungsbericht d’Orville EuR 1968, 332. 49 Demnächst als KSE 18 (1972); Tagungsberichte Saupe EuR 1971, 271; Wißmann DÖV 1971, 271; Wägenbaur, Integration 1971, 177. 50 Bereits vor Eingliederung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Europarecht als besondere Fachgruppe in die Gesellschaft für Rechtsvergleichung (1/20) hatte diese ihr Interesse gemeinschaftsrechtlichen Themen zugewandt, so auf der Tagung in Bremen vom 6. bis 9. 4. 1960 mit dem Festvortrag von Hallstein, Auslegung zwischenstaatlicher Abkommen und das Recht der Europäischen Gemeinschaften, sowie Referaten zur „Auslegung internationaler Wirtschaftsabkommen" und zur „Steuerharmonisierung innerhalb der EWG" (Tagungsbericht Ehrig NJW 1960, 1000); so auf der Tagung in Trier vom 26. bis 30. 7. 1961 mit dem Festvortrag von Riese, Einheitliche Gerichtsbarkeit für einheitliches Recht?, und Referaten u. a. von Duden zu Fragen „internationaler (supranationaler) Aktiengesellschaften" (Tagungsbericht Lewald NJW 1961, 1712). 51 Bd. 20 (1964) der Arbeiten zur Rechtsangleichung — Schriftenreihe der Gesell-

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2. Kiel, 8. bis 11. September 1965: a) Über den Rechtsschutz innerhalb der Europäischen Gemeinschaften52 Referent: Riese b) Rechtsfragen zum Zahlungs- und Kapitalverkehr der EWG unter besonderer Berücksichtigung der Handelspolitik der Gemeinschaft53 Referent: Börner 3. Berlin, 27. bis 30. September 1967: öffentliche Unternehmen als Instrumente planender Verwaltung — rechtsverglei­ chende und europarechtliche Aspekte Referenten: Ayiter, Fromont, Giannini, Pfleiderer, Reimer Schmidt, Stukenberg54 4. Regensburg, 24. bis 27. September 1969: Die Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung im Gemeinsamen Markt55 Referenten: Debatiny Radler, Schink 5. Mannheim, 22. bis 25. September 1971: Die Anwendung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften in Dänemark, Großbritannien, Irland und Norwegen56 Berichterstatter: Nicolay sen (Generalbericht), Sorensen (Dänemark), Simmonds (Großbritannien), Lang (Irland), Gundersen (Norwegen) 6. Hamburg soll im Herbst 1973 O rt der nächsten Tagung sein mit dem Thema: Fragen des europäischen Wettbewerbsrechts

Veranstaltungen des Instituts für das Recht der Europäischen Gemein­ schaften der Universität Köln (z. T, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Energierecht) 1. Köln, 24. bis 26. April 1963: Zehn Jahre Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften57 a) Der Gerichtshof und die Nationalökonomie Referent: Rue f f b) Prozeßvoraussetzungen Referenten: de Soto, Funck, Neri c) Prozeßmaximen Referenten: Bebry Korschy Matthies d) Der Gerichtshof und nationales Recht Referenten: Migliazza, Wille, Glaesner e) Auslegungsgrundsätze des Gerichtshofs Referenten: Monaco, Bisdomy W olf schaft für Rechtsvergleichung; Tagungsberichte Rabe JZ 1964, 194; Fritz Münch RivDirEur 1964, 126. 52 EuR 1966, 24; Diskussionsbericht Rabe EuR 1966, 69; Tagungsberichte Ficker JZ 1966, 537; Tempel NJW 1965, 1902. 53 EuR 1966, 97; Diskussionsbericht Nicolay sen EuR 1966, 159; ders. JZ 1966, 537. 54 Z. T. in: Kaiser, Planung III (1968); Tagungsbericht Mailänder NJW 1968,342. 55 Demnächst als KSE 14 (1972); Tagungsberichte Millarg JZ 1969, 807; Gra­ bitz EuR 1970, 79. 56 Demnächst als KSE 15 (1972). Tagungsbericht Millarg EuR 2/1972. — Im Herbst 1970 hatte über die Fragen der Erweiterung der Gemeinschaften bereits eine Konferenz in Dublin stattgefunden; Tagungsberichte Steinberger EuR 1971, 167* Simmonds CMLR 1971, 266. 57 KSE 1 (1965); Tagungsberichte Zuleeg JZ 1963, 419; Steinorth WuW 1964, 494; Skaupy JR 1963, 326; Hess EA 1963, 497; Fritz Münch RivDirEur 1963, 273!

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f) Diskriminierungen und Subventionen Referenten: Börner, Ry zigery Thiesing g) Kartelle Referenten: Koenigs, de Richemont, Olivier h) Die Schadensersatzklage und ihr Verhältnis zur Nichtigkeitsklage Referenten: Cartouy Blanchety Knöpf le i) Die Untätigkeitsklage Referenten: Boulouisy Scboenebergy Telchini j) Der Gerichtshof und unbestimmte Rechtsbegriffe Referenten: von Simsony Reinickey Mathijsen k) Finanzielle Einrichtungen Referenten: Steindorf} und Pinckernelle l) Die Lehre vom Verwaltungshandeln Referenten: de Lauhadere, Wieacker, Daig m) Der Gerichtshof als Verfassungsgericht Referenten: Pescatorey Catalanoy van der Esch n) Empfiehlt es sich, Bestimmungen über den Rechtsschutz zu ändern? Referenten: Zweigerty Geißeier, Lagrange 2. Köln, 23. und 24. Mai 1965: Zusammenarbeit in der Europäischen Atomgemeinschaft58 a) Die wissenschaftliche Zusammenarbeit in den Europäischen Gemeinschaften und ihre Bedeutung für die künftige Entwicklung der Forschung Referent: Vogelaar b) Rechtsformen der Zusammenarbeit bei der Forschung in der Europäischen Atomgemeinschaft Referent: Carpentier c) Versorgung und Energie Referenten: Oboussier und Berger d) Investitionen und gemeinsame Unternehmen Referenten: Glaesnery Hébert, Gourrier e) Patente und Lizenzen Referenten: Hoepffner und van Hegelsom 3. Köln, 24. und 25. März 1966: Wegerecht und europäisches Wettbewerbsrecht59 u. a.: Rechtsfragen zu Art. 90 EWGV Referent: Börner 4. Köln, 18. bis 20. März 1969: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa60 a) Sinn und Grenzen der Rechtsangleichung Referent: Kegel b) Harmonisierung des Niederlassungsrechts Referenten: Loussouarn und Nicolay sen c) Haftung für gefährliche Anlagen Referenten: Tune und Weitnauer d) Rechtsakte der Organe der EWG als Mittel der Angleichung Referenten: Seidl-Hohenveldern und Neri 58 Bd. 16/17 (1967) der Veröff. d. Inst. f. Energierecht a. d. Univ. Köln; Ta­ gungsberichte Kanno EuR 1967, 264; Henckel CahDrEur 1967, 576. 59 Bd. 12/13 (1966) der Veröff. d. Inst. f. Energierecht a. d. Univ. Köln. 60 KSE 11 (1971); Tagungsberichte Grabitz Integration 1969, 153; Zuleeg DVBl. 1969, 654; Rüber Betrieb 1969, 1183; Hirsch, Revaclier CahDrEur 1969, 366.

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e) Rechtsangleichung und Verflechtung der Kapitalmärkte Referenten: Gleske und Leleux

f) Zusammenfassung von Kapitalgesellschaften über die Grenze Referenten: Goldmann und Sandei s g) Außenwirtschafts- und Zollrecht in der EWG Referenten: Maas, Mueller-Thuns, Abel h) Die nationale Ordnung des Verkehrs und der EWGV Referent: Wägenbaur i) Gewerblicher Rechtsschutz in der EWG Referenten: Plaisant und Beier j) Die Angleichung der europäischen Steuersysteme Referenten: Hutchings und Cardyn k) Das Zusammentreffen der nationalen und supranationalen Rechte im Energie­ bereich Referenten: Börner und van der Esch l) Rechtsstreit und Vollstreckung Referenten: Fragistas und Habscheid m) Beseitigung der technischen Handelshemmnisse Referenten: Beuve-Mêry und Seidel n) Rechtsangleichung in der EWG am Ende der Übergangszeit Referent: Houin

22 c) Unter den in anderen Mitgliedstaaten veranstalteten Tagungen61 sind zu nennen: Semaines de Bruges des Europa-Kollegs Brügge Die Semaines finden jedes Jahr im April statt, behandeln indes überwie­ gend Themen anderer Fachgebiete02. Juristische Tagungen waren: 8. bis 10. April 1965: Droit communautaire et droit national63 4. bis 6. April 1968: L’entreprise publique et la concurrence — Les articles 90 et 37 du Traité CEE et leurs relations avec la concurrence64 61 Eine vollständige Dokumentation der Veranstaltungen der in den anderen Mit­ gliedstaaten bestehenden Vereinigungen zur Pflege des Europäischen Gemeinsdiaftsrechts (1/20) ist leider nicht möglich. Beispielhaft sei verwiesen auf folgende Ta­ gungsberichte: RevMC 1962, 269 (Frankr.); Ter Kuile SEW 1965, 315 (Niederl.), die Referate im Wortlaut aaO 317, 334; Testa RivDirEur 1967, 256 (Belgien); huetens SEW 1969, 294 (Belgien); Slycken CahDrEur 1971, 488 (Belgien u. Niederl. gemeinsam). , Davon Semaines mit Gemeinschafts-„Einschlag“ 1964: Integration européenne e* réalité économique; 1966: L’Europe de demain et ses responsables; 1970: L’aveniw eS P°rts cur°peens. Cahiers de Bruges, N. S. 14 (1965). — Diese Veranstaltung wurde vom Direkt?r der juristischen Abteilung des 1949 gegründeten Kollegs de Vreese ausdrücklich als dessen „première “ qualifiziert (vgl. Cahiers 22/1969, 11). •lagungsberichte Louis CahDrEur 1965, 74; Lhoest RevMC 1965, 312; van Emde e /’ Sue! ens SEW 1965, 267; Meuwissen CMLR 1965, 126. Cahiers N. S. 22 (1969); Tagungsbericht Patijn CMLR 1968, 543.

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Colloques Européens des Institut d’Etudes Européennes der Universität Brüssel05 13. Dezember 1964: Le droit de l’alimentation dans l’Europe de demain6® 23. bis 26. Mai 1966: Les institutions juridiques du gouvernement de l’économie dans les pays occiden­ taux et socialistes 15. und 16. November 1966: Brevets et marques au regard du droit de la concurrence en Europe et aux EtatsUnis 16. Januar und 2. April 1968: L’Europe centrale et orientale 27. Februar 1968: L’adhésion de la Grande-Bretagne aux Communautés 30. April 1968: Les Etats Scandinaves 24. und 25. Oktober 1968: Vers une politique industrielle européenne 7. bis 9. November 1968: Droit pénal européen 21. bis 23. November 1968: Les émissions de titres de sociétés en Europe et aux Etats-Unis 4. Dezember 1968: Le renouvellement de la Convention de Yaoundé 24. März 1969: La Communauté et le Tiers monde 29. April 1969: La Communauté et les pays méditerranéens 27. und 28. November 1969: Les régions frontalières à l’heure du Marché Commun65667 20. und 21. März 1970: La Communauté au seuil de la période définitive

Kolloquien über die Fusion der Europäischen Gemeinschaften des Institut d*Etudes Juridiques Européennes der Universität Lüttich 1. 28. bis 30. April 1965: La fusion des Communautés Européennes68 2. 27. bis 29. April 1966: La fusion des Communautés Européennes au lendemain des Accords de Luxem­ bourg69 65 Das Institut wurde 1964 gegründet und steht unter der Leitung von Ganshof van der Meersch. Bericht über die Tätigkeit des Instituts von Testa RivDirEur 1966, 79. 66 Veröff. 1966. Auch die weiteren Tagungen sind durchweg unter ihrem jewei­ ligen Titel in einer der Schriftenreihen des Instituts (1/33) publiziert. 67 Tagungsbericht Dorsch Integration 1970, 47. 08 Collection scientifique de la Faculté de droit Nr. 22 (1965); Tagungsberichte Louis CahDrEur 1965, 80; Druker CMLR 1965, 133. 69 Collection Nr. 24 (1967).

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3. 25. bis 27. April 1967: Les relations extérieures de la Communauté européenne unifiée70 4. 23. bis 25. April 1969: De l’union douanière à l’union économique71 5. 16. bis 18. Dezember 1970: La constitution économique européenne dans la perspective de la fusion des Communautés7273

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d) Die FIDE73 tagt seit 1961 alle zwei bis drei Jahre:

1. Brüssel, 12. bis 14. Oktober 196174: a) Die Fusion von Gesellschaften b) Die Antitrust-Gesetze c) Der Verkauf mit Prämien 2. Den Haag, 23. bis 26. Oktober 196375: a) Das Problem der unmittelbaren innerstaatlichen Anwendbarkeit (self-execut­ ing) von Bestimmungen völkerrechtlicher Verträge und seine Anwendung auf die Gemeinschaftsverträge b) Führt ein Verstoß gegen die unmittelbar gegenüber den Unternehmen wirken­ den Gemeinschaftsbestimmungen zu einer Unterlassungsklage oder Schadens­ ersatzklage im nationalen Recht? 3. Paris, 25. bis 27. November 196576: a) Rechtliche Mittel zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht in nationales Recht durch Legislative und Exekutive der Mitgliedstaaten b) Die Befugnisse der leitenden Organe von Aktiengesellschaften und Gesellschaf­ ten mit beschränkter Haftung c) Die außervertragliche Haftung der Euratom 4. Rom, 10. bis 13. Oktober 196877: Die Unternehmenskonzentration im gemeinsamen Markt — Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Wettbewerbsrecht 70 Publications de l’Institut Nr. 1/1968 (= Cahier de documentation) und Nr. 2/1969 ( = Referate und Diskussionen); Tagungsbericht Tomuschat EuR 1968, 235. 71 Publications Nr. 3/1970; Referat Oppermann, Schutzklauseln in der End­ phase des Gemeinsamen Marktes, EuR 1969, 231; Tagungsbericht d’Orville EuR 1969, 269. 72 Referat Markerty Wettbewerb und Wirtschaftspolitik in der EWG, EuR 1970, 349; Tagungsberichte Edens, van der Wielen CMLR 1971, 273, Dorsch Integration 1971, 47. 73 Die „institutionalisierte“ wissenschaftliche Zusammenarbeit von Angehörigen der Mitgliedstaaten erschöpft sich nicht in der FIDE; es existieren weitere Formen der Zusammenarbeit. Vgl. nur den 3. Deutsch-Italienischen Juristenkongreß in Venedig vom April 1970: Das Statut der „Europäischen Handelsgesellschaft“ und sein Verhältnis zur deutschen und italienischen Rechtsordnung (Tagungsberichte Czasche Integration 1970, 118; Fleck NJW 1970, 1495 oder das 2. Gemeinsame Seminar der Juristischen Fakultäten von Heidelberg und Montpellier vom Mai 1970: Vereinheitlichung des Handelsgesellschaftsrechts in der EWG. Grenzen und Möglichkeiten. 74 Rapports au (premier) Colloque international de droit européen (Brüssel, 1962); die belg. Beiträge auch in: RevDrlntDrComp 38 (1961) 65. 75 Deuxieme Colloque international de droit européen (Zwolle, 1966); Tagungs­ bericht Ipsen NJW 1964, 339; Zuleeg JZ 1964, 268. 76 Tagungsberichte Gilsdorf, Ficker, Mosthaf EuR 1966, 161; Zuleeg DVBl. 1966, 679; Cassano RivDirEur 1965, 359. 77 Tagungsberichte Grabitz, Gleichmann, Thiesing EuR 1969, 61; Joliet Cahp rE u r 1969, 106.

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5. Berlin, 23. bis 26. September 197078: Das Zusammenwirken der europäischen Rechtsordnung mit den nationalen Rechts­ ordnungen — Landwirtschaft, Wettbewerb, Energie 6. Luxemburg wird vom 24. bis 26. Mai 1973 der O rt der nächsten Tagung sein mit dem Thema: Die europäische Rechtsprechung nach zwanzigjähriger Gemeinschaftserfahrung — Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und Rechtsprechung der nationa­ len Gerichte: Fortschritt, Probleme, gegenseitiger Einfluß. 3 . L eh re

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a) Über Lehreinrichtungen, Forschungsvorhaben und -ertrage an den Universitäten und sonstigen Hochschulen der Mitgliedstaaten informieren die (in französischer und englischer Sprache) seit Oktober 1962 publizierten Etudes universitaires sur lyintégration européenne des Institut de la Com­ munauté européenne pour les études universitaires in Brüssel (Präsident: Max Kohnstamm), zuletzt in Nr. 6/197079. Als juristische Studienzentren in der BRD nennen sie: Hamburg, Köln, München, Saarbrücken, unter den interdisziplinär arbeitenden Einrichtungen Berlin und Mannheim. Die Über­ sicht gibt indes kein zuverlässiges Bild. Mit dem Gemeinschaftsrecht sind, in der Regel an der wissenschaftlichen Ausrichtung der Lehrstühle orientiert, außerdem befaßt Einrichtungen der Universitäten Bielefeld, Frankfurt, Freiburg, Göttingen, Heidelberg, Tübin­ gen, Regensburg, Würzburg, die Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer80 u. a. Sonderforschungsbereiche (Schwerpunkte) für das Gemein­ schaftsrecht auf Grund zuständiger Entscheidungen des Wissenschaftsrates in Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind bislang nicht ausgewiesen worden. Es bedarf ihrer auch schwerlich. Faktisch — nach der Intensität im Lehr- und Forschungsbetrieb und der Organisation von besonderen Studiengängen, Tagungen und Publikationen — können als Schwerpunkte genannt werden: Saarbrücken, Köln und Ham­ burg. In Saarbrücken besteht das Europa-Institut der Universität des Saar­ landes, das ein zweisemestriges postgraduate-Studium anbietet. In Köln hat das Institut für das Recht der Europäisdien Gemeinschaften die Tagungen vom April 1963 und März 1969 (1/21) organisiert. Es gibt die Kölner Schriften zum Europarecht (KSE) heraus. 78 Veröff. unter dem Titel: Gemeinschaftsrecht und nationale Rechte, als KSE 13 (1971); Tagungsberichte Brändel, Sedemundy Millarg EuR 1971, 69; Millarg DÖV 1971, 196; Gert Meier DVBl. 1971, 349; Gijlstra, Kuiper, Lauwaars CMLR 1971, 369; Zuleeg Integration 1970, 225. 79 Außerdem auch die monatlich erscheinenden „Nouvelles universitaires europeennes/Europäische Hochschulnachrichten“ der Association pour la Communauté Européenne Universitaire, Paris. 80 In Speyer z. B. Fortbildungskursus über europäische Organisationen vom Sept. 1958 (Bericht Kratzer BayVBl. 1958, 341), Seminar für höhere Beamte der Gemein­ schaften vom Okt. 1965 (Bericht König DVBl. 1965, 935).

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In Hamburg ist die im Jahre 1960 errichtete Abteilung „Europäisches Gemeinschaftsrecht“ (zunächst benannt: Abteilung Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaften) des Seminars für öffentliches Recht und Staatslehre der Universität zuständig, die über die vollständige einschlägige Dokumentation verfügt. Sie verantwortet auch den rechtswissenschaftlichen Lehrbetrieb in der Hamburger Stiftung Europa-Kolleg zur Förderung von Graduierten-Studien. Dieses Buch verdankt den regelmäßigen Seminaren der Abteilung, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und Doktoranden vielfältige Anregun­ gen und Hilfen. Wenn das Buch hinwiederum die weitere Arbeit der Abtei­ lung fördern und befruchten kann, möge zugleich sein Erscheinen den Dank äußern für diese Anregungen und Hilfe. Er gilt insbesondere Gert Nico­ lay sen, der der Abteilung von der „Stunde 0“ an zur Verfügung stand, Eberhard Millarg, der zuletzt Dokumentation, Judikatur und sekundär­ rechtliche Nachweise überprüft, die Bibliographie erstellt, die Korrektur mitgelesen hat, und Frau Susanne W ill, die das Ganze aus meiner Hand­ schrift in Maschinenschrift übertragen hat (was etwas heißen will!). Aus der Abteilung sind folgende Dissertationen81 hervorgegangen: 1. Donandt, Klaus Finanzhilfen der Europäisdien Gemeinsdiaft für Kohle und Stahl, der Euro­ päischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäisdien Atomgemeinschaft an Private (Hamburg 1961) 2. Erdmenger, Jürgen Die Anwendung des EWG-Vertrages auf Seesdiiffahrt und Luftfahrt. Zur Aus­ legung von Art. 84 Abs. 2 des Vertrages (Hamburg, de Gruyter, 1962) (ausge­ zeichnet mit dem I. Preis der Europäisdien Gemeinschaften — 1964 —) 3. Rabe, Hans-Jürgen Die Befugnis des Rates und der Kommission der Europäisdien Wirtschaftsgemeinsdiaft zum Erlaß von Verordnungen (Heft 51 der „Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Uni­ versität Hamburg“, Appel, 1963) 4. Haeckel, Helmut Der Faktor Zeit in der Verwirklichung der Europäisdien Genieinschaftsverträge (Hamburg 1965) 5. Loerke, Eckehard Hoheitliche Gewalt und Diskriminierungsverbot nach dem Montanvertrage. Ein Beitrag zur Auslegung von Art. 4 Buchst, b des Monatsvertrags (Heft 52 der „Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Uni­ versität Hamburg“, Appel, 1964) 6. Bandilla, Rüdiger Das Klagrecht der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften gegen Durch­ griffsakte. Wesen und Bedeutung für den Reditssdiutz des einzelnen (Band 2 der „Schriftenreihe zur Europäischen Integration“, Hamburg 1965) 81 Das zusammen mit den „Etudes“ Nr. 6/1970 veröffentlichte Verzeichnis der „Thèses terminées et publiées 1959—1969“ weist, ohne erschöpfend zu sein und ohne Beschränkung auf die Rechtswissenschaft, für den betreffenden Zeitraum insgesamt 690 Dissertationen nach.

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7. Huthy Klaus-Dieter Die Sonderstellung der öffentlichen Hand im Bereich der Europäischen Gemein­ schaften. Eine rechtstatsächliche und rechtsdogmatische Untersuchung unter Ein­ beziehung Großbritanniens (Hamburg 1964) 8. Baumann y Fritz-Achim Die Nachprüfungsbefugnis des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gegenüber Würdigungen der wirtschaftlichen Gesamtlage durch die Exekutivorgane der Gemeinschaften (Hamburg 1965) 9. Bierkampy Bernd-Walter Das Gebot zur Publizität im Recht der Europäischen Gemeinschaften (Hamburg 1965) 10. GrabitZy Eberhard Gemeinschaftsrecht bricht nationales Recht (Heft 55 der „Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Uni­ versität Hamburg“, Appel, 1967) 11. Hanebuthy Klaus Das Auskunftsrecht im europäischen Wirtschaftsrecht. Rechtsgrundlagen und Handhabung (Band 37 der „Schriftenreihe zum Handbuch für Europäische Wirtschaft“, BadenBaden,Nomos, 1967) 12. Rittstiegy Helmut Wirtschaftsverbände und europäische Gemeinschaften. Eine Untersuchung zur in­ stitutionellen Interessenvertretung (Hamburg, Appel, 1966) 13. Thierfelder, Rainer

Die Entscheidung im EWG-Vertrag (Heft 56 der „Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Uni­ versität Hamburg“, Appel, 1968) 14. Flohry Herbert Die Finanzverfassung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Hamburg 1968) 15. Rupperty Andreas Die Integrationsgewalt. Eine staatstheoretische und verfassungsrechtliche Studie zu Art. 24 Abs. 1 des Grundgesetzes (Heft 58 der „Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Uni­ versität Hamburg“, Appel, 1969) 16. Burghardt y Günter Die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten und der EWG-Vertrag. Zur Aus­ legung von Art. 222 EWGV (Heft 57 der „Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht der Uni­ versität Hamburg“, Appel, 1969, ausgezeichnet mit dem „éloge particulier“ an­ läßlich der Verleihung des VI. Preises der Europäischen Gemeinschaften an Arbei­ ten der wirtschaftswissenschaftlichen und politologischen Sektionen — 1970 —) 17. Seelmäckery Hans-Joachim Die Agrarfinanzierung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Hamburg 1969) 18. Ebelingy Friedrich Die EWG-Getreidemarktordnung unter besonderer Berücksichtigung der Schutz­ klausel (Hamburg 1969) 19. Müller-Heidelbergy Till Schutzklauseln im Europäischen Gemeinschaftsrecht (mit Ausnahme des Agrar­ rechts) (Band 4 der „Schriftenreihe zur Europäischen Integration“, Hamburg, Funda­ ment, 1970)

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20. Gericke, Hans-Peter Allgemeine Rechtsetzungsbefugnisse nach Art. 235 EWG-Vertrag (Heft 60 der „Hamburger Abhandlungen aus dem Seminar für öffentliches Recht“, Appel, 1970) 21. Petersmann, Hans Die Suprematie des Europäischen Gemeinschaftsrechts und die Suprematie des Britischen Parlaments (Hamburg 1971) 22. Getting, Ulf Die Mitwirkung von Bundestag und Bundesrat an der innerstaatlichen Willens­ bildung zu den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften. Die Informations­ pflicht der Bundesregierung nach Art. 12 des Zustimmungsgesetzes zu den Römi­ schen Verträgen (Hamburg 1972)

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b) Das Gemeinschaftsrecht zählt in der BRD ni Planung^ Zur Wirtschaftsverfassung der Gemeinschaften gehört, daß ^ihr Recht angelegt ist auf eine Globalsteuerung der Wirtschaft, die als Pla­ nung der Wirtschaft im Gemeinsamen Markt bezeichnet werden kann49. Sie dient der Sicherung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in seinem Be­ reich. Zur Planung gehören Zielbestimmung, Mittelbereitstellung, Zeit- und Stufen-Folge, institutionelle Verfahren. Die Gemeinschaftsverfassungen ent­ halten diese Elemente. Zu ihrer Wirtschaftsverfassung gehört folglich ihr Planungscharakter, der sich aus der Dynamik der Integration ergibt. Wett­ bewerbs- und Wirtschaftsfreiheit sowie die rechtsstaatlichen Sicherungen der Gemeinschaftsverfassung ziehen der Gemeinschaftsplanung rechtlich sanktio­ nierte Grenzen. 31 e) Als Wirtschaftsverfassung der Gemeinschaften könnte also begrif­ fen werden: die normative Gesamtentscheidung der Gemeinschaftsverträge ^^p'Verwirklichung der Gemeinschaftsziele, die in der Zollunion des Ge­ meinsamen Marktes unter Planung der Gemeinschaftsorgane im rechtlich ge­ ordneten” Wettbewerb national nicht unterschiedener, in ihrer Wirtschafts­ tätigkeit freier und gleicher Marktbürger verfolgt werden.

4» Ophüls, Planung I (1965) 229, 234; Friauf, Planung IV (1970) 41; Meier EuR 1967, 320; R. Schmidt, Planung III (1968) 300.

§ 29 ZOLLUNION Anselm-Rabinovitch, Réglementation douanière de la C. E. E., RevTrimDrEur 1970, 317; v. d. Burg, The customs tariff and customs legislation in the European Communities, CMLR 1970, 184; Christiansen, Die Verordnung über das gemeinschaftlidie Versandverfahren, ZfZ 1969, 295; Cludius, Gemeinschafts-Zollkontin­ gente, ZfZ 1969, 321; 1970, 132; Cutera, Graduale realizzazione dell’unionc dogonale nel quadro della C. E. E., DirScambilntern 1970, 456; Ditges, Die Harmoni­ sierung des Wertzollrechts in der EWG, AWD 1968, 97; Ditges, EWG-Zollrccht. Eine systematische Übersicht, AWD 1969, 313; Ditges, Die „Anweisungen zu den Zollwertvorschriften“, AWD 1971, 173; Dorsch, Die Zollrechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und ihre Rechtsgrundlage im EWG-Vertrag, ZfZ 1966, 161; Ehle, EWG-Vertrag und Gebührenerhebung. Zum Anwendungs­ bereich der Art. 12 und 95 EWGV, AWD 1965, 281; Ehle, Die Zollunion der Europäischen Gemeinschaften, NJW 1969, 1509; Ehle, Stand der Zollrechtsanglei­ chung innerhalb der Europäischen Gemeinschaften, Betrieb 1969,1685; Ehle, Rechts­ schutz und Rechtseinheit im Europäischen Zollrecht. Zugleich Gedanken zu einem Gemeinschaftsverfahren, AWD 1969, 41; Ehle, Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen und ihre Abschaffung im Gemeinsamen Markt, AWD 1967, 453; Ehle-Meier, EWG-Warenverkehr. Außenhandel — Zölle — Sub­ ventionen (1971); Fischer, Der Deutsche Zollverein, die Europäische Wirtschafts­ gemeinschaft und die Freihandelszone, EA 1961, 105; Fuhrmann, Die Zukunft des Zollpräferenzsystems für Entwicklungsländer, AWD 1971, 515; Hahnfcld, Vom nationalen zum Gemeinschaftsrecht und über den Zollwert der Waren, ZfZ 1970, 129; Rolf Hesse, Neue Bestimmungen über den Warenursprung, ZfZ 1969, 161; Jaeger, GATT, EWG und EFTA. Die Vereinbarkeit von EWG- und EFTA-Recht mit dem GATT-Statut (1970); ] etter. Der Anschluß-Veredelungsverkehr in der EWG, AWD 1968, 388; Kalbe, Grundsatzfragen der Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs, AWD 1971, 374; Knoll, Zollkontingente nach Art. 25 des EWG-Vertra­ ges und den Protokollen zur Liste G, Diss. München (1968); Koch, Europäisdier Zollwert ab 1. Juli 1968, Betrieb 1968, 1240; Koch, Das gemeinschaftliche Ver­ sandverfahren zur Erleichterung des Warenverkehrs im EWG-Bereich, Betrieb 1970, 1194; Laubereau, Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten bei der Herstellung des Gemeinsamen Marktes — am Beispiel der Zollunion, in: Zur Stellung der Mit­ gliedstaaten im Europarecht (1967, Hg. Bülck) 60; Laubereau, Zur Auslegung des Art. 28 des EWG-Vertrags, ZfZ 1967, 193; Laubereau, Der Gemeinsame Zolltarif und seine Handhabung, EuR 1968, 192; Laubereau, Die neue Rechtslage auf dem Zolltarifgebiet und ihre Auswirkungen, ZfZ 1969, 65; Laubereau, Die Rechtslage auf dem Gebiet der Erläuterungen zum Zolltarif, ZfZ 1971, 133; Laumann, Das Übereinkommen der EWG-Mitgliedsländer über die gegenseitige Unterstützung ih­ rer Zollverwaltungen und seine Bedeutung für die Erstattungsregelung, Deutsche Außenwirtschafts-Rundschau 1968, 201; Liebich, Die Kennedy-Runde. Eine Ana­ lyse des weltweiten Genfer Zollsenkungsabkommens (1968); v. d. Mensbrugghe, Vers l’achèvement de l’union douanière dans la C. E. E., CahDrEur 1969, 181; Mestmäcker, Offene Märkte im System unverfälschten Wettbewerbs in der Euro­ päischen Wirtschaftsgemeinschaft, Fs Böhm 345; Niemeier, Zollpräferenzen für Entwicklungsländer (1970); Olbertz, Die Anpassung der Zollsysteme als Aufgabe des Brüsseler Zoll-Rats, ZfZ 1969, 129; d'Orville, Die rechtlichen Grundlagen für die gemeinsame Zoll- und Handelspolitik der EWG, Diss. Köln (1971); Pingel, Von der Tarifunion zur Zollunion, ZfZ 1969, 97; Pingel, Das allg emcine Pro-

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Grundlagen

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gramm der Europäischen Kommission für die Angleichung des Zollrechts, ZfZ 1971, 129; R e g u l (Hg.), Steuern und Zölle im Gemeinsamen Markt (1962 ff., 4 Ordner); S e i d e l , Der EWG-rechtliche Begriff der „Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung“, NJW 1967, 2081; S t e i n b e r g e r , GATT und regionale Wirtschaftszusammenschlüsse (1963); S t r a u ß , Zölle und mengenmäßige Besdiränkungen in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zum Recht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Fs Hallstein 515; T r a n v a n T h i n h , L’offre des préférences généralisées de la C. E. E., Integration 1971, 29; V a u l o n t , Das Zollgebiet der Gemeinschaft, ZfZ 1971, 105.

I. G r u n d la g e n 1. R e c h ts g r u n d la g e n

1 Der Gemeinsame Markt ist „weit mehr als eine Zollunion; in erster Linie ist er jedoch eine Zollunion"1. In diesem Sinne ist die Zollunion „Grundlage der Gemeinschaft". a) Die Zollunion des EWGV erstreckt sich auf den gesamten Warenaus­ tausch. Sie umfaßt das Verbot, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Aus­ fuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben. Sie umfaßt ferner die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten Ländern (Art. 9 I EWGV). Da die Zollunion sich auf den gesamten Warenaustausch im Gemeinsamen M arkt erstreckt, gilt sie für die aus den Mitgliedstaaten stam­ menden Waren sowie für diejenigen Waren aus dritten Ländern, die sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden (Art. 9 II EWGV). Der Vertrag verwirklicht auf der Grundlage dieser Zollunion und nach Maßgabe seiner Art. 9— 17 sowie der Art. 30—37 über die Beseitigung der mengen­ mäßigen Beschränkungen die Zielbestimmungen des Art. 3 a, durch Aufstel­ lung des Gemeinsamen Zolltarifs nach Art. 18—29 die des Art. 3 b in Ver­ bindung mit der Entwicklung einer gemeinsamen Handelspolitik gegenüber dritten Ländern (Art. 110 ff.). Zur Präzisierung der Vorschriften über die Zollunion des EWGV und zu ihrer Anwendung ist das Zollgebiet der Gemeinschaft durch Verordnung des Rates vom 27. September 1968 (ABI. L 238, 1) ausdrücklich bestimmt wor­ den. Nach ihrem Art. 1 umfaßt es u. a. „die deutschen Gebiete, in denen der EWGV gilt, mit Ausnahme der Insel Helgoland sowie des Gebietes von Büsingen (Vertrag zwischen der BRD und der Schweiz [vom 23. November 1964])". Die Insel Helgoland verdankt ihren Ausschluß im wesentlichen „Folklore"-Gesichtspunkten, zumal ihre Bedeutung für den Warenverkehr der Gemeinschaft unwesentlich ist2. 1 Generalanwalt L a g r a n g e Rs 7/61 Rspr. VII, 725. 2 Zur besonderen Rechtsstellung Helgolands und ihrer Entwicklung vgl. I p s e n , Helgoland, in: S t r u p p - S c h l o c h a u e r , Wörterbuch I (1960) 783; d e r s . , Hamburgs Verfassung und Verwaltung (1956) 192; zur zollrechtlichcn Sonderlage vgl. auch die Darstellung der Entwicklung in BVerfGE 8, 260 und das Gutachten des Reichs­ finanzhofs vom 23. 5. 1927, RFH 21, 234.

Zollunion

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Art. 4 der Verordnung hat Gemeinschafts-Sonderregelungen für Frei­ zonen Vorbehalten. Sie sind enthalten in der Richtlinie des Rates vom 4. März 1969 (ABI. L 58, 11). Sie ermöglicht, daß der allgemeine Status der deutschen Freihäfen nach §§ 2 I, III Nr. 3, 86, 59—66 ZG (i. F. d. 12.ÄndG vom 22. 7. 1969, Neuveröff. BGBl. I 1970, 529) beibehalten wird, darüber hinaus das wesentliche Privileg des alten Freihafens Hamburg (29/19). In ihm können also auch künftig Auslandswaren be- oder verarbeitet werden, ohne daß die Voraussetzungen des aktiven Veredelungsverkehrs vorzuliegen brauchen. b) Art. 4 a EGKSV hat — als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl — innerhalb der Gemeinschaft Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sowie mengenmäßige Beschränkungen des Warenverkehrs aufgehoben und untersagt. Auch für Kohle- und Stahlein­ fuhren werden also zwischen den Mitgliederstaaten Zölle nicht erhoben. Einfuhren aus Drittländern unterliegen dagegen weiterhin dem nationalen Zollrecht der Mitgliedstaaten. Ein Gemeinsamer Zolltarif für den Kohleund Stahlmarkt besteht also nicht, doch wird das nationale Zollrecht durch Beschluß der im Rat vereinigten Regierungsvertreter koordiniert (für 1972: ABI. 1972 L 1, 383). Im Interesse der Zielsetzung des Art. 3 a EGKSV, für eine geordnete Versorgung des Gemeinsamen Marktes unter gleich­ zeitiger Berücksichtigung des Bedarfs dritter Länder zu sorgen, und des Art. 3 f über die Förderung des internationalen Handels stehen den Ge­ meinschaftsorganen zwar die handelspolitischen Befugnisse der Art. 72—75 EGKSV zu3. Indes wird damit die außenwirtschaftliche Einheit der EGKS nicht nach Art des EWGV verfestigt. c) Art. 92—95 EAGV haben binnen Jahresfrist nach Inkrafttreten des Vertrages zur Beseitigung aller Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben glei­ cher Wirkung sowie aller ihrer mengenmäßigen Beschränkungen für Güter und Erzeugnisse der Listen des Anhangs IV und zu einem Gemeinsamen Zolltarif dieses Marktes geführt. 2. H isto risc h e E in o r d n u n g 4

2 Die Vergemeinschaftung hat in einem Zeitpunkt begonnen, als die Zoll­ politik — historisch ein feudalistisches Instrument der Wegekosten- und Transportsicherungsfinanzierung, im zentralistisch planenden Merkantilis­ mus ein Lenkungsmittel gegenüber dem grenzüberschreitenden Warenver­ kehr — neben der Außenwirtschaftskontrolle staatliches Lenkungsinstru­ ment geworden war. Zusammen mit finanziell oder sonst belastenden Han­ delsschranken für den zwischenstaatlichen Warenverkehr hatte sie ein Kampf-, Befriedungs- oder Bündnisinstrument bereitgestellt. Über seinen 3 S t e i n b e r g e r , G A T T u n d r e g io n a le W ir tsc h a fts z u sa m m e n sc h lü ss e 2 1 1 .

4 Vgl.

E rler,

Grundprobleme des internationalen Wirtschaftsrechts (1956) 56, 64.

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Grundlagen

29/2-3

Einsatz verfügten die Staaten kraft ihrer Zollhoheit auch in der Disposition über ihre Außenhandels- und Wirtschaftspolitik. Durch allgemeine Regeln des Völkerrechts war ihre Zollhoheit nicht begrenzt. Die Geschichte der Zollpolitik und ihres Einsatzes in politischen und Han­ delsverträgen spiegelt die Entwicklung bis ins 19. Jahrhundert wider. Sie hatte unter der englischen Freihandelslehre der industriellen Revolution in Eisen- und Baumwollproduktion neue Absatzmärkte auf dem Kontinent erschlossen und seit 1860 eine Freihandelsperiode eröffnet, die in den 70er Jahren durch eine gemäßigte Schutzzollpolitik abgelöst wurde. Die beiden Weltkriege haben unterschiedliche Ansätze ausgelöst (Konvention von Bar­ celona von 1921 über die Freiheit des Durchgangsverkehrs, Internationales Abkommen von Genf von 1923 zur Vereinfachung der Zollförmlichkeiten). Indes haben sie nicht zu entscheidenden mehrseitigen Maßnahmen zum Ab­ bau von Handelsbeschränkungen geführt. Als Anfang der 30er Jahre die von unbedingter Meistbegünstigung besrmmte liberale Weltwirtschaft unter der großen Weltwirtschaftskrise zur gelenkten Außenwirtschaft wurde, setzte die Periode dirigierter Liberalisie­ rung des Außenwirtschaftsverkehrs ein. In ihr wurde die Zollpolitik neben der Außenwirtschaftskontrolle zum wichtigsten Steuerungsmittel. Ein umfassendes multilaterales System der Zollsenkung und Tarifverein­ heitlichung unter jeweiliger Meistbegünstigung aller Vertragspartner (Zu­ sicherung automatischer, einem Vertragspartner eingeräumter Zollbegünsti­ gung an alle) zur Ausweitung und Liberalisierung des internationalen Warenhandels hat das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen von 1947 (GATT) entwickelt. Ihm ist die BRD am 10. August 1951 (BGBl. II 1951, 173, 200; Änd. BGBl. II 1957, 605, 610, 621; 1967, 2331, 2005; 1968,1031) beigetreten, und ihm gehören auch die übrigen Mitgliedstaaten der Gemein­ schaften an. Sie waren bei Gründung der Gemeinschaften sämtlich auch Mit­ glieder des Abkommens über die Organisation für Europäische Wirtschaft­ liche Zusammenarbeit vom 16. April 1948, der OEEC, die sich mit Überein­ kommen vom 14. Dezember 1960 zur Organisation für Wirtschaftliche Zu­ sammenarbeit und Entwicklung, der OECD, umformiert hat (BGBl. I I 1961, 1150, 1163). 3 a) Durch das GATT waren die Regelungen über Zölle und mengen­ mäßige Beschränkungen in Kraft gesetzt worden, die die nicht in Kraft ge­ tretene Havanna-Charta zur Schaffung einer weltweiten internationalen Handelsorganisation vorgesehen hatte. Das GATT gewährleistet Meist­ begünstigung (Art. I), verbietet Diskriminierungen (Art. III) und hebt men­ genmäßige Beschränkungen auf (Art. XI). Zollzugeständnisse, die nach der GATT-Regelung zwischen Mitgliedstaaten des GATT vereinbart werden, kommen kraft Meistbegünstigung automatisch allen GATT-Migliedern zu­ gute. Nach Art. X X IV 5 a, 8 GATT gilt — außer der Abschaffung der Bin­ nenzölle und der Schaffung eines gemeinsamen Außenzolls — auch der Ab-

29/3-5

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bau der mengenmäßigen Beschränkungen im Binnenverkehr als Merkmal einer Zollunion. 4 aa) Die EWG, die sich selbst Zollunion nennt, erfüllt auch die GATTAnforderungen dieses Begriffs5. Indem Art. 30 ff. EWGV auch die Beseiti­ gung der mengenmäßigen Beschränkungen für den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten vorsehen, vorhandene verbieten, ihre Neueinführung ausschließen und diese Liberalisierung auch auf alle Maßnahmen gleicher Wirkung erstrecken, entspricht die EWG in zusätzlicher Weise den GATTAnforderungen (Art. XX IV 5 a) an eine Zollunion6. Die EWG blieb dem Regulativ des Art. XX IV GATT unterworfen. Das ergibt sich daraus, daß die Gemeinschaft trotz ihrer auch politischen Zielsetzung als wirtschaftlicher Funktionsverband ohne Allzuständigkeit errichtet worden ist und bislang auch nur als solcher wirkt. Es war daher begründet, daß die Mitgliedstaaten des GATT die Vereinbarkeit des EWGV nach den GATT-Kritcrien geprüft haben — und sie bejahten7. Daraus folgt, daß auf die EWG, weil auch nach den GATT-Maßstäben Zollunion, die Meistbegünstigungsklauseln keine An­ wendung finden: „Customs Union overrides most-favoured-nation-clause“, wie dies ein allgemein anerkannter Satz des Völkerrechts ausdrückt (vgl. Art. XXIV 5 c GATT)8. Drittstaaten als GATT-Mitglieder können sich des­ halb gegenüber den Mitgliedstaaten der Gemeinschaften auf die Meistbegün­ stigungsklausel nicht berufen. Um zu verhindern, daß die Zollbelastung für Einfuhren in diese Zoll­ union, deren Mitglieder als solche auch des GATT insoweit gebunden waren, höher wurde als sie vor der Vergemeinschaftung für Importe in die Mit­ gliedstaaten war, wenden Art. 19, 20 EWGV Sätze des Gemeinsamen Zoll­ tarifs an, die grundsätzlich nach dem arithmetrischen Mittel aus den bis­ herigen mitgliedstaatlichen Zollsätzen errechnet werden. Die EWG als regio­ naler Zusammenschluß von GATT-Mitgliedern erfüllt danach jene GATTAnforderungen, die verhindern sollen, daß eine regionale Integration zur Erhöhung von Handelsschranken gegenüber dritten GATT-Mitgliedern führt und damit der Förderung des Welthandels, die das GATT verfolgt, entgegenwirkt. 5 bb) Da der Gemeinsame Markt der EGKS sich nur auf Kohle und Stahl erstreckt und den übrigen Handel zwischen ihren Mitgliedstaaten nicht er­ faßt, erfüllt sie die Voraussetzungen des Art. X X IV 8 GATT nicht. Weil sie nach GATT-Maßstäben also weder als Zollunion noch als Freihandels­ zone galt, sondern als an sich unzulässiges Präferenzvorhaben, in dem sich die EGKS-Mitglieder wechselseitig Zollvorteile einräumten, bedurfte es ihrer Ausnahmebehandlung durch das GATT. Solche Bewilligung ist denn auch unter Zusicherung GATT-konformen Verhaltens beantragt und am 10. No5 Jaeger, GATT, EWG und EFTA 242. e Catalano, Manuel 329. 7 Steinberger 124. 8 Vgl. Wohlfarth u. a. Komm. Vorb. 5 vor Art. 9.

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Grundlagen

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vember 1952 erteilt worden (Art. X X V 5 (a) a. F.)9. Diese Entscheidung gewährte den Mitgliedstaaten der EGKS für ihren gegenseitigen Kohle- und Stahlhandel insbesondere die Befreiung von ihrer G ATT-Verpflichtung zur Meistbegünstigung dritter Staaten nach Art. I GATT. 6 b) Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaften haben ihre Vergemeinschaf­ tung begonnen, als sie auch bereits Mitglieder der Organisation für Euro­ päische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC, später OECD) waren, deren Aufgaben vornehmlich in der Liberalisierung des zwischenstaatlichen Handels bestehen. Die Liberalisierung ist stufenweise durch Abbau der men­ genmäßigen Beschränkungen um 90 % verwirklicht worden. Durch weiteren Abbau von mengenmäßigen Beschränkungen innerhalb des Gemeinsamen Marktes und gleichzeitige Beibehaltung möglicher Kontingentierungen für den Warenverkehr mit Drittstaaten wird (ganz entsprechend der Zuordnung zum GATT) Art. 9 der Liberalisierungskodices der OECD (Diskriminie­ rungsverbot)10 zwar berührt, durch Art. 10 a.a.O. indes legalisiert. Denn danach brauchen OECD-Mitgliedstaaten, die durch ein besonderes Zoll­ system verbunden sind und Liberalisierungsmaßnahmen treffen, die über die des Art. 2 a.a.O. hinausgehen, diese nicht auf dritte OECD-Mitglieder zu erstrecken. 7 c) Die historische Einordnung der EWG als Zollunion in die Stadien der internationalen Wirtschaftsbeziehungen kann speziell für die BRD nicht vorübergehen an der Rolle des Deutschen Zollvereins für die deutsche Eini­ gung11. Sie ist unterschiedlich bewertet worden12. Ebenso ist zu bezweifeln, wenn nicht zu bestreiten, ob Zollunionen staatlich-politische Einigungswir­ kungen auslösen. Historische Beweise für solche Auswirkungen sind kaum zu erbringen13. Zwar hat der Zollverein des 19. Jahrhunderts bewiesen, daß die Wirtschaft das geeignetste Integrationsobjekt ist14. Das deutsche Beispiel ist aber selbst bei positiver Bewertung dieser Art einer Verallgemeinerung schwerlich zugänglich. Jedenfalls rechtfertigt die Existenz der Zollunion des Gemeinsamen Marktes und ihre funktionelle Bedeutung für die Integration in Verbindung mit historischen Erfahrungen nicht, eine in staatlichen KateS t e i n b e r g e r 109, 110 Anm. 467, 212 Anm. S51. 10 Kodex der Liberalisierung des Kapitalverkehrs, Neufassung Beil. BAnz. Nr. 235/65 mit späteren Änd.; Kodex der Liberalisierung der laufenden unsichtbaren Operationen, Neufassung Beil. BAnz. Nr. 194/67 mit späteren Änd. 11 Darstellung bei E . R . H u b e r , Deutsche Verfassungsgeschichte I (1957) 787; II (1960) 282; III (1963) 143; H e n d e r s o n , The Zollverein 2. Aufl. (1959); S c h m ö l d e r s 3 Der Deutsche Zollverein als historisches Vorbild einer wirtschaftlichen Inte­ gration in Europa, in: Aspects financiers et fiscaux de l’intégration (o. J.) 137. 12 V i n e r y The Customs union issue (1950) 95; M e y e r - C o r d i n g , Die europäische Integration als geistiger Entwicklungsprozeß, ArchVR 10 (1962/63) 42; F is c h e r EA 1961, 105. 13 V i n e r 95, 101; K o r d t , Überstaatliche Bindungen im Rahmen des Deutschen Zollvereins, Fs Laun (1953) 91; d e r s . } Überlegungen zur Rechtsgestalt einer euro­ päischen Integration, Fs Schätzei (1960) 237. 14 M e n z e l , Die Einwirkung der Europäischen Menschenrechtskonvention auf das deutsche Recht, DÖV 1970, 512.

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gorien gedachte Zukunftsentwicklung der Gemeinschaften (und gar eine solche automatischen Umschlags) zu prognostizieren. 3. Z o llu n io n u n d W e ttb e w e r b

8 Zwischen der Zollunion als Grundlage des Gemeinsamen Marktes, die in der Gemeinschaft einen offenen Markt, einen solchen binnenmarktähn­ licher Verhältnisse herstellt und alle Beschränkungen des Warenverkehrs beseitigt, und dem der Integration zugrundeliegenden Wettbewerbssystem besteht ein enger Zusammenhang15. Er wird besonders verdeutlicht ange­ sichts der internationalen Bemühungen zur Überwindung der handelspoliti­ schen Zersplitterung in Europa, die seit der Weltwirtschaftskonfercnz des Völkerbundes von 1927 unternommen worden sind. In ihnen war der For­ derung des Abbaues der Zollschranken das Postulat nach dem Schutz der nationalen Märkte durch Kartelle entgegengesetzt worden. Derart sollte der in der Zollunion liegende Protektionismus gegenüber Drittländern mit der Beschränkung des in ihr durch Zollabbau intensivierten Wettbewerbs ver­ einbart werden. Der EWGV hat die mit der Zollunion beseitigten Zölle da­ gegen nicht durch Kartelle ersetzt. Er hat vielmehr den durch Zoll- und Kontingent-Abbau intensivierten freien Warenverkehr unter Rechtsschutz gestellt und die Kartellaufsicht materiell und funktionell supranationalisiert. Durch gemeinschaftsrechtliche Gewährleistung der vier Freiheiten, in denen der Marktbürger in seinem Wirtschaftsverhalten durch nationale Hoheitsmaßnahmen behindert werden könnte, wird seine Freiheit des Warenverkehrs vervollständigt. Indem Art. 37, 90 EWGV außer dem Markt­ bürger auch den Staat als Unternehmer grundsätzlich den Wettbewerbs­ regeln unterstellen, überhöht das Gemeinschaftsrecht die Zollunion auf dem Wege zur Wirtschaftsunion.

II. A b sch a ffu n g d e r B in n e n z ö lle u n d E r ric h tu n g d e r Z o llu n io n m it g e m e in sa m e m Z o llt a r if 1. S ch rittw eise V e r w ir k lic h u n g

9 Art. 12—17 EWGV über die stufenweise Abschaffung der Zölle zwi­ schen den Mitgliedstaaten innerhalb der Übergangszeit sind vorzeitig, und zwar zum 1. Juli 1968, verwirklicht worden. Nach der ersten Zollsenkung zum 1. Januar 1959 und weiteren schrittweisen Senkungen um insgesamt 85 % der Ausgangsbasis der nationalen Zollsätze vom 1. Januar 1957 sind zum 1. Juli 1968 die letzten verbleibenden 15 % der Ausgangszölle beseitigt worden. Die vorzeitige Zielverwirklichung wurde erreicht durch die beiden Beschleunigungsbeschlüsse der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen 15

M estm äcker

Fs Böhm 348.

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der Mitgliedstaaten vom 12. Mai 1960 (ABI. 1217) und vom 15. Mai 1962 (ABI. 1284), letztlich durch die Ratsentscheidung vom 26. Juli 1966 (ABI. 2971). Ab 1. 7. 1968 haben die Mitgliedstaaten bei Einfuhren aus Drittlän­ dern die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs anzuwenden (a.a.O. Art. 2). Der vollständige Zollabbau hat sich zunächst für Industrieprodukte schneller vollzogen als für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte nach Art. 40 II EWGV hat dann aber die Aufhebung aller Agrarzölle bereits vorzeitig zum 1. Juli 1967 ermöglicht. Die schrittweise Herstellung der Zollunion durch Abbau der Einfuhrzölle nach Art. 13— 15 und die Aufhebung der Ausfuhrzölle nach Art. 16 EWGV ist befördert worden durch die standstill-Klausel des Art. 12: „Die Mit­ gliedstaaten werden untereinander weder neue Einfuhr- oder Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung einführen, noch die in ihren gegenseitigen Handelsbeziehungen angewandten erhöhen.“ Diese nach ihrem Wortlaut nicht sonderlich obligatorisch formulierte und danach vermeintlich nur an die Mitgliedstaaten adressierte Verpflichtungs-Klausel ist vom Gerichtshof in einer für die Vertragsauslegung bahnbrechenden Judikatur als eine den Marktbürger unmittelbar gegenüber seinem Staat berechtigende Anspruchs­ norm gedeutet worden, die auch von den nationalen Gerichten zu beachten sei. Die ratio dieser Judikatur18 verdeutlicht die Begründung: Art. 12 „eig­ net sich seinem Wesen nach vorzüglich dazu, unmittelbare Wirkungen in den Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den ihrem Recht unter­ worfenen Einzelnen zu erzeugen“. 2. G e m e in s a m e r Z o l l t a r i f 10 Mit der Abschaffung der Binnenzölle für den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und der Herstellung der Binnenseite der Zollunion war die Anwendbarkeit des Zolltarifs (des Gemeinsamen Zolltarifs i. S. des Art. 19 EWGV) für die Außenseite der Zollunion verbunden, d. h. für den Warenverkehr der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten. Ihre Bedeutung liegt darin, daß der mit der Herstellung der Zollunion bewirkte Auftrieb des Warenaustausches im Gemeinsamen Markt die Handelsbeziehungen der Mit­ gliedstaaten zu Drittstaaten nicht beeinträchtigen soll. Da in der Gemein­ schaft mit Frankreich und Italien Hochzolländer vertreten waren, deren Zollschutz vor Einfuhren aus Mitgliedstaaten der Gemeinschaft mit der Er­ richtung der Zollunion entfiel, mußte die Einführung des Gemeinsamen Zolltarifs ihren Zollschutz auch gegenüber Importen aus Drittstaaten zwangsläufig verringern. 11 a) Für Zollverfahren und Zollberechnung des Gemeinsamen Zolltarifs*17 gilt folgendes: 18 EuGH Rs 26/62 Rspr. IX, 7. 17 Zu seiner Entstehungsgeschichte und schrittweisen Einführung vgl. Laubereau EuR 1968, 195, 201.

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aa) Der Gemeinsame Zolltarif ist durch Verordnung des Rates vom 28. Juni 1968 (ABI. L 172, 1) aufgestellt und zum 1. Juli 1968 in Kraft ge­ setzt worden (Neuveröffentlichung des Tarifs in der ab 1. 1. 1972 zufolge der Zollsenkungen im Rahmen der sog. Kennedy-Runde des GATT gelten­ den Fassung: ABI. 1972 L 1). Der Tarif gilt danach nunmehr, weil als Ver­ ordnung erlassen, ohne mitgliedstaatlichen Vollzug unmittelbar in den Mit­ gliedstaaten. Seine vorherigen Teileinführungen beruhten auf Ratsentschei­ dungen, die zu ihrer Wirksamkeit mitgliedstaatlicher Umsetzung bedurften. Dadurch war Art. 23 III EWGV vorübergehend in seiner Wirkung ausge­ höhlt und die Vorabentscheidungskompetenz des Gerichtshofs insoweit in Frage gestellt worden. Zwar ermächtigt Art. 28 EWGV, auf den die Ver­ ordnung vom 28. Juni 1968 gestützt ist, nur zu Änderungen und Aussetzun­ gen von Sätzen des Gemeinsamen Zolltarifs. Indes kann und muß Art. 28 in der Disposition des Rates über seine Sätze eine solche als Gesamtver­ fügung über den Gemeinsamen Zolltarif als Institution sehen. Denn nur in dieser Weise kann die Zollunion als Grundlage der Gemeinschaft funktions­ sicher zur Anwendung kommen. Weil derart als Gemeinschaftsregelung er­ gangen, ist auch die einheitliche Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs durch den Gerichtshof nach Art. 177 EWGV gesichert18. bb) Um zu gewährleisten, daß die Mitgliedstaaten den Tarif einheitlich anwenden, insbes. bei der zollamtlichen Erfassung der in die Gemeinschaft verbrachten Waren und bei ihrer vorübergehenden Verwahrung unter zoll­ amtlicher Überwachung, ist die Richtlinie des Rates vom 30. Juli 1968 (ABI. L 194, 13) zur Harmonisierung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungs­ vorschriften der Mitgliedstaaten ergangen. Diese hatten ihren Harmonisie­ rungsmaßnahmen bis zum 1. Januar 1969 nachzukommen. Weitere Harmo­ nisierungsrichtlinien betreffen Zollager und Freizonen (29/19) sowie die in ihnen üblichen Behandlungen19, den aktiven Veredelungsverkehr20 und den Zahlungsaufschub für Zölle, Abgaben gleicher Wirkung und Abschöpfun­ gen21. Die Ratsverordnung vom 18. März 1969 (ABI. L 77, 1, mit Änd. ABI. 1971 L 116, 7) regelt das gemeinschaftliche Versandverfahren. Die ge­ nannten Regelungen haben im wesentlichen die liberalen und modernen Grundsätze des deutschen Zollrechts unberührt gelassen. Der einheitlichen Anwendung des Schemas des Gemeinsamen Zolltarifs dienen auch die in der Ratsverordnung vom 16. Januar 1969 (ABI. L 14, 1) vorgesehenen Tarifie­ rungsvorschriften. Um das gute Funktionieren der Zollunion und die Zu­ führung des Zollaufkommens als Eigenmittel zum Gemeinschaftshaushalt zu gewährleisten, wird die Schaffung eines gemeinsamen Zollrechts im Wege der Harmonisierung angestrebt. Mit seiner Hilfe sollen Fälligkeit, Festset18 Ebenso Laubereau EuR 1968, 203. « ABI. 1969 L 58, 7 und 11 sowie ABl. 1971 L 143, 28. 20 ABI. 1969 L 58, 1.

21 ABI. 1969 L 58, 14.

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zung und Erhebung der Zölle einheitlichen Regeln unterstellt und soll die Kontrolle der Zölle unter Einschaltung der Kommission durchgeführt werden22. cc) Aufgrund der vorgenannten Bestimmungen wurden zahlreiche Ausführungs- und Angleichungsregelungen erforderlich, die ihren Niederschlag in der BRD hauptsächlich im 12. Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes vom 22. Juli 1969 (BGBl. I 879; Neuveröff. des ZG in BGBl. 1970 I 1970, 529) gefunden haben23. dd) Für die Berechnung der Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs wurde das einfache Mittel der in den Zollgebieten der Gemeinschaft angewandten Zollsätze zugrunde gelegt, d. h. derjenigen der BRD, Frankreichs, Italiens und der bereits in einer Zollunion vereinigten Beneluxländer (7/3). Diese vierfache Mittlung hat ergeben, daß der Tarif eine unterschiedliche Senkung der bisherigen nationalen Zollsätze bewirkte, und zwar im Durchschnitt für Frankreich um 3,7 %, für Italien um 3,1 %, für die Benelux um 0,5 %, für die BRD um 0,3 %. Danach haben die früheren Hochzolländer ihre Einfuh­ ren aus den anderen Mitgliedstaaten alsbald besonders gesteigert, so z. B. Italien im Jahre 1967 um 396 % gegenüber 1958, Frankreich um 338 %. Ihre Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten zeigen ebenfalls die höchsten Wachstumsraten (6/23, Tabellen 7 und 8). 12 b) Der Gemeinsame Zolltarif ist unter Anwendung der Art. 23, 24 EWGV schrittweise eingeführt worden, und zwar durch Abbau der nationa­ len Außenzölle in drei Schritten: zum 1. Januar 1961 und zum ersten Juli 1963 um jeweils 30 %, zum 1. Juli 1968 um die Restspanne. Insgesamt ist der Tarif niedriger als die früheren Außenzolltarife der Hochzolländer, in­ des höher als der deutsche und der der Benelux-Länder. Zugleich mit seinem Inkrafttreten ist der Tarif um 40 % derjenigen Zollermäßigungen gesenkt worden, die in drei Etappen bis 1972 nach den abschließenden Genfer Ver­ einbarungen der sog. dreijährigen Kennedy-Runde des GATT (Mai 1964 bis Mai 1967; BGBl. 1968 II, 1183, 1200, ABI. 1968 L 305) stattfinden soll­ ten. Weitere Senkungen sind vereinbarungsgemäß in Kraft getreten, zuletzt diejenige um das letzte Fünftel zum 1. Januar 1972 (ABI. 1972 LI ) . Das Regime des Gemeinsamen Zolltarifs selbst, der in dieser Weise entstanden 22 Vgl. Antwort der Kommission vom 1. 7. 1971 auf die Anfrage Nr. 87/70 der Abg. B r o u w e r und W c s t e r t e r p (ABI. 1971 C 70, 1) sowie das dort angekündigte Aktionsprogramm der Kommission zur Harmonisierung des Zollrechts (Entwurf: Dok. SEK [71] 682 endg. vom 28. 4. 1971); P i n g e l ZfZ 1971, 129. 23 Insoweit vgl. außer den Angaben in den ZG-Kommentaren: R e g u l (Hg.), Steuern und Zölle im Gemeinsamen Markt, Ordner IV, Teil IV. B. 4. und 5 (S. 25 bis 75) und Teil IV. G.; E h l e NJW 1969, 1509; d e r s . Betrieb 1969, 1685; d e r s . AWD 1969, 41; H a h n f e l d ZfZ 1970, 129; L a u b e r e a u ZfZ 1969, 65; P i n g e l ZfZ 1969, 97; K o c h Betrieb 1968, 1240; d e r s . Betrieb 1970, 1194; ] e t t e r AWD 1968, 388; R o l f H e s s e , ZfZ 1969, 161. — Deutscher Teil-Zolltarif in der ab 1. 1. 1972 geltenden Fassung: BGBl. 1971 II, 1336. 37 Ipsen, Eur. Gemeinschaftsrecht

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und zur Anwendung gekommen ist, richtet sich nach Art. 28 EWGV mit den Kontingent-Vorbehalten des Art. 25 (29/17). 3.

A b g a b e n zo llg le ic h e r W ir k u n g

13 Der Abbau der Binnenzölle soll zur Herstellung der Zollunion den ge­ samten Warenaustausch mit höchster Wirksamkeit von Handelsbeschrän­ kungen befreien. Deshalb ist das Gemeinschaftsrecht darum bemüht, außer den Zöllen i. e. S. auch solche Abgaben auf Ein- und Ausfuhrvorgänge zu beseitigen, die zollgleiche Wirkung haben24. Denn wenn an Ein- oder Aus­ fuhr die Entstehung einer sonstigen Abgabenschuld geknüpft wird, kann sie trotz Zollfreiheit in gleicher Weise wie sonst durch Zollpflichtigkeit be­ hindert werden. Die Mitgliedstaaten haben sich seit jeher und bis heute erfindungsreidi erwiesen in der Ausgestaltung und Ausnutzung ihrer in dieser Tendenz eingesetzten Abgabenhoheit, und dies auch gerade zum gezielten Ausgleich von Einnahmeausfällen oder nach dem Wegfall von Lenkungs­ befugnissen, die mit einem Zollabbau verbunden waren. a) Aus diesen Gründen verbietet Art. 9 I EWGV in der Zollunion außer der Erhebung von Ein- und Ausfuhrzöllen zwischen den Mitgliedstaaten auch die solcher Abgaben zollgleicher Wirkung25. Soweit ihre Wirkung einem Einfuhrzoll entspricht, hatte Art. 13 II ihre schrittweise Aufhebung ange­ ordnet. Entsprechendes regelte Art. 16 für Abgaben mit ausfuhrzollglclàier Wirkung. Soweit danach die Besteuerung des Warenverkehrs nicht abzu­ bauen war, regelt sie sich fortan nach Art. 95 ff. EWGV. Bei der Fülle der von den Mitgliedstaaten praktizierten Abgabenkompe­ tenzen verschiedenster Art und der begreiflichen Neigung, sie aus fiskalischen oder handelspolitischen Gründen weiterhin national zu handhaben und den Wirkungen der Zollunion entgegenzusetzen, hat es umfangreicher Ermitt­ lungen und Richtlinienregelung der Kommission bedurft, um die zollgleiche Wirksamkeit von Abgaben festzustellen und ihre Beseitigung durchzusetzen. b) Die rechtliche Qualifizierung von Abgaben zollgleicher Wirkung ist schwierig und hat zu Kontroversen und Rechtsstreitigkeiten vor den natio­ nalen Gerichten und dem Gerichtshof geführt, dies insbes. auch für die BRD. aa) Aus der Plazierung der Art. 9 und 12 EWGV jeweils an hervor­ ragender Eingangsstellung der einschlägigen Regelungen, aus ihrer Bestimmt­ heit und Vorbehaltlosigkeit sowie ihrer Sachlogik hat der Gerichtshof zu­ treffend gefolgert26, daß die Verbotsvorschriften zur Herstellung und Siche24 Darstellung der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung bei Strauß Fs Hallstein 515—540. 25 Zur Abgrenzung gegenüber dem Begriff der inländischen Abgaben i. S. des Art. 95 I EWGV vgl. Wohlfarth u. a. Komm. 2 zu Art. 95 und 3 zu Art. 9. Die Abgrenzung ist bedeutsam wegen der möglichen Erweiterung des Kreises ausgleichs­ fähiger Abgaben gemäß Art. 98 EWGV, außerdem deshalb, weil bei Unanwend­ barkeit der Art. 95—98 nicht auf Art. 9 ff. zurückzugreifen ist. 2e EuGH Rs 2 u. 3/62 Rspr. VIII, 881.

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rung der Zollunion grundlegender Natur sind. Deshalb bedürften alle Aus­ nahmen, die als solche in enger Auslegung zu bestimmen sein würden, ein­ deutiger Anordnung. Nur auf diese Weise kann den Verboten der Zoll­ unions-Regelung nach der Intention des Vertrages eine „möglichst große Kraft“ vermittelt werden, um zu verhindern, „daß sie mit Hilfe der man­ nigfaltigen zoll- und steuertechnischen Praktiken umgangen werden könn­ ten“. Diese Intention wird dadurch verdeutlicht, daß nach Art. 17 die Ver­ bote des Art. 9 auch für sog. Finanzzölle (29/14) gelten; ferner dadurch, daß Art. 95 (als steuerliche Vorschrift der Politik der Gemeinsdiaft) Ein­ brüche in den Wirkungsbereich dieser Verbote verhindern soll, die mit Hilfe fiskalischer Maßnahmen erzielt werden könnten. Diese Intention „geht so weit, daß Art. 95 den Staaten verbietet, Waren anderer Mitgliedstaaten in irgendeiner Weise stärker zu belasten als ihre eigenen oder auf Waren dieser Staaten inländische Abgaben zu erheben, die geeignet sind, ihre einheimi­ schen Waren stärker zu «schützen»“. Der Begriff der Abgabe zollgleicher Wirkung, den Art. 9 und 12 ver­ wenden, dient daher nicht der Zulassung von Ausnahmen vom Grundsatz des ZollverhoteSy sondern seiner Ergänzung, um seine Wirkung abzusichern. Es kommt danach nicht darauf an, ob die fragliche Abgabe in ihrer Bezeich­ nung oder Verformung einem klassischen Zoll ähnelt. Entscheidend bleibt nach der Zielbestimmung des Vertrages in Art. 3 a und b und ihrer Ausprä­ gung in Art. 9 und 12, ob die fragliche Abgabe nach der einseitigen natio­ nalen Entscheidung über ihre Einführung in allen oder einzelnen ihrer Wir­ kungen zollartig diskriminierende, protektionistische Belastungen auslöst, durch die Einfuhrwaren aus einem anderen Mitgliedstaat gegenüber gleich­ artigen heimischen Waren verteuert werden. Es entspricht einem rein mecha­ nischen Differenzverfahren, einer Art „Saldierung“, wenn zur Feststellung einer danach maßgeblichen Verteuerungs-Wirkung weder auf die nationale Rechtsform, die Veranlassung oder Zweckbestimmung der fraglichen Ab­ gabe abgestellt wird, sondern ausschließlich auf die rechnerisch feststellbare Verteuerung der Importwaren im Vergleich zur gleichartigen Inlandsware. Ob die nationale Abgabe nach nationalem Recht — nach deutschem Recht etwa als Verwaltungsgebühr — auch Elemente einer Gegenleistung für be­ sondere, im Interesse des Einführers erbrachte Verwaltungsleistungen ent­ hält, ist danach unerheblich27. Eindeutigkeit und Berechenbarkeit der Ver­ teuerung sind entscheidend. bb) Die Errichtung der Zollunion führt insoweit nicht zur Freiheit des Warenverkehrs, als den Mitgliedstaaten kraft ihrer Steuerhoheit die Befug­ nis verbleibt, steuerliche Ausgleichsmaßnahmen im grenzüberschreitenden 27 So: EuGH Rs 10/65 Rspr. XI, 636, in der Generalanwalt Gand in Überein­ stimmung mit der BRD den gegenteiligen Standpunkt vertreten hatte, falls eine „besondere Leistung“, die eine Abgabe rechtfertige, vorliege; vgl. auch Strauß Fs Hallstein 526 sowie Ipsen EuR 1966, 352. 37*

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Warenverkehr zu treffen. Entsprechendes gilt, wenn die Mitgliedstaaten weiterhin unterschiedliche Verbrauchsteuern auf einzelne Erzeugnisse er­ heben28. Da, um Verkchrsverlagerungen zu vermeiden, hierfür weiterhin der Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten überwacht und kontrolliert werden muß, würde danach die bisherige Zollgrenze als Steuergrenze fortbestehen und könnten an ihr administrative, technische und andere Be­ schränkungen des Warenverkehrs aufrechterhalten bleiben. Ihre endgültige Ausräumung setzt die Angleichung der Steuersysteme und -belastungen nach Art. 99 (für die indirekten Steuern), darüber hinaus eine Harmonisierung der gesamten Steuersysteme voraus. Um insoweit jedenfalls nationale Gegenmaßnahmen gegen die Folgen der Zollbeseitigung zu verhindern oder zu begrenzen, verbietet Art. 95 I EWGV den Mitgliedstaaten, auf Waren anderer Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art zu erheben, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Und nach Art. 95 II erheben sie auf solche Waren auch keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen. In der Abgrenzung zum Verbot der Erhebung von Abgaben zollgleicher Wirkung gilt Art. 95 nur für solche Abgaben, „die sowohl die Einfuhren als auch die inländischen Waren treffen, jene aber in stärkerem Maße als diese“29. Denn da lediglich auf Einfuhren erhobene Abgaben im allgemeinen Schutzmaßnahmen darstellen mit gleicher protektionistischer Zielsetzung wie Zölle, war ihre Abschaffung gemäß Art. 9, 12 EWGV geboten. Art. 95 indes bezweckt, Einbrüche in den Geltungsbereich dieser Verbote abzuriegeln, die durch nationale fiskalische Maßnahmen erreicht werden könnten. Für die BRD ist besonders bedeutsam und deshalb in zahlreichen Ver­ fahren erörtert worden, ob die Umsatzausgleichsteuer, eine Abgabe i. S. des Art. 95, auch eine Abgabe zollgleicher Wirkung i. S. des Art. 12 darstellt, was überwiegend verneint worden ist30. Es geht hierbei um die Frage, ob Art. 12, 13 und Art. 95 gleichzeitig auf denselben Sachverhalt zur Anwen­ dung kommen können. 4.

F in a n z z ö lle

-|4 Für sog. Finanzzölle y auf die grundsätzlich die Art. 9— 15 I EWGV ebenfalls anwendbar sind, enthält Art. 17 Sondervorschriften. Bei Finanz23 Woblfarth u . a. K o m m . V o r b e m . 1 2 v o r A r t . 9 5 . 29 G e n e r a l a n w a l t Gand R s 1 0 / 6 5 R s p r . X I , 6 4 9 . so A u s d e r u m fa n g r e ic h e n R e c h ts p r e c h u n g u n d L it e r a t u r z u r U m s a t z a u s g l e i c h s t c u c r s p e z ie ll z u d ie s e r F r a g e : E u G H R s 5 7 / 6 5 R s p r . X I I , 2 6 7 ; R s 7 / 6 7 R s p r . XIV, 2 7 8 ; R s 2 0 / 6 7 R s p r . X I V , 3 0 8 ; R s 2 5 / 6 7 R s p r . X I V , 3 3 0 ; Gert Meier , D i e G m s a t z a u s g le ic h s t e u e r a ls A b g a b e z o llg le ic h e r W ir k u n g ? , A W D 1 9 6 7 , 1 4 0 ; Gott­ schlich, U m s a t z a u s g le i c h s t e u e r u n d E W G - A g r a r m a r k t o r d n u n g e n , Z f Z 1 9 6 7 , 9 9 ; y/agenbaur. D a s V e r b o t s t e u e r lic h e r D i s k r im in i e r u n g n a c h d e m E W G - V e r t r a g im R ic h te d e r R e c h ts p r e c h u n g d e s G e r ic h t s h o f s , E u R 1 9 6 9 , 3 5 .

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zollen entfällt oder vermindert sich der den Zöllen sonst eigentümliche wirtsdiaftspolitische Lenkungszweck der Protektion; ihr Zweck ist fiskalische Einnahmeerzielung (Kaffeesteuer usw.)31. Um Einnahmeausfälle der Mit­ gliedstaaten nach Beseitigung auch der Finanzzölle bei Herstellung der Zoll­ union auszugleichen, erklärt Art. 17 III sie für berechtigt, die Finanzzölle durch inländische Abgaben zu ersetzen, die dem Art. 95 genügen (Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten also nicht diskriminieren). Das ist in der BRD für Kaffee und Tee bereits 1958 geschehen32. 5.

H a n d h a b u n g d e s G e m e in s a m e n Z o llta r if s

15 Die Zollunion des Gemeinsamen Marktes bildet ein einheitliches Zoll­ gebiet, für dessen Wdrenverkehr mit Drittstaaten der nach Art. 19 EWGV berechnete Gemeinsame Zolltarif Anwendung findet. Dieser hat die Verein­ heitlichung der Zollnomenklatur und des Zollsystems vorausgesetzt, mithin eine Rechtsangleichung, die Art. 27 den Mitgliedstaaten aufgibt. Dement­ sprechend ist auch das deutsche Zollrecht angeglichen worden33. Der Tarif kann autonom34, d. h. gemeinschaftsrechtlich ohne Vertrags­ schluß geändert oder ausgesetzt werden (Art. 28). Im Interesse der ausrei­ chenden Versorgung der Mitgliedstaaten, die herkömmlicherweise zu erheb­ lichem Teil von Einfuhren aus Drittstaaten abhängt, kann außerdem durch Gewährung von Zollkontingenten an die Mitgliedstaaten zu niedrigeren Zollsätzen materiell vom Tarif abgewichen werden (Art. 25). Für beide Vorgänge regelt der EWGV Zuständigkeit und Tatbestandsvoraussetzungen. Soweit hierfür die Kommission zuständig ist, soll sie dabei nach den in Art. 29 umschriebenen Gesichtspunkten handeln. 16 a) Art. 29 ist nicht nur für die Handhabung der Art. 25 und 28 maß­ geblich, sondern dirigiert alle Kommissionsmaßnahmen auf Grund der ihr in Abschnitt 2 (dort in den Art. 20—22, 25, 26, 28) zur Aufstellung und Handhabung des Tarifs zugewiesenen Aufgaben. Danach ist die Kommis­ sion gebunden an folgende Grundsätze: aa) In Übereinstimmung mit der Zielsetzung in Art. 3 b und den Grund­ sätzen der Art. 18 und 110 (liberale Zollpolitik, harmonische Entwiddung des Welthandels und Liberalisierung des internationalen Warenverkehrs) hat die Kommission der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, den Handelsver­ kehr zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern zu fördern, was auch der Zielsetzung des GATT entspricht. bb) Bei der Handhabung des Tarifs ist die Steigerung der Wettbewerbs­ fähigkeit der Unternehmen zu fördern, ohne bei Kontingentsentscheidungen 31 Catalano, M a n u e l 3 3 2 . 32 Wohlfarth u . a . K o m m . 4 z u A r t . 1 7 . 33 V g l . 29/11 m it A n m . 2 3 . 34 Z u r A n w e n d u n g d e s B e g r if f s „ a u t o n o m “ in diesem S in n e u n d s e in e r U n a n ­ w e n d b a r k e i t im Z o llr e c h t a u f mitgliedstaatliche D u r c h f ü h r u n g s m a ß n a h m e n v g l . Ipsen E u R 1 9 7 1 , 4 0 .

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Zollunion

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nach Art. 25 einem Unternehmen oder einer Unternehmensgruppe künstliche Wettbewerbsvorteile zu vermitteln35*. cc) Die Versorgung mit Rohstoffen und Halbfertigwaren für den Ver­ brauch in der Gemeinschaft und nach Weiterverarbeitung für den Export ist im Sinne einer Zielbestimmung zu fördern, wie sie Art. 3 EWGV zwar nicht ausdrücklich verlautbart, wie sie aber z. B. in Art. 39 I d für die Agrar­ politik hervorgehoben wird (Sicherstellung der Versorgung; ebenso in Art. 3 a EGKSV, Art. 2 d EAGV). Die Kommission darf dabei nicht zur Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen für Fertigwaren zwischen den Mitgliedstaaten beitragen. Das kann insbes. für Zollkontingent-Bewilligun­ gen nach Art. 25 II (für Einfuhren zur Weiterverarbeitung) relevant sein. dd) Art. 29 d endlich verlangt von der Kommission die Berücksichtigung von Grundsätzen komplexer Zuordnung, nämlich einmal die Unterlassung protektionistischer Maßnahmen, durch die die Produktionsentwicklung oder die ausreichende Nachfragebefriedigung in der Gemeinschaft be- oder ver­ hindert wird, zum anderen Vorsorge gegen Auswirkungen von DrittländerKonkurrenz, die die Produktion in der Gemeinschaft beeinträchtigen und ernsthafte Wirtschaftsstörungen auslösen könnte. ee) Ebenso wie bei der Aufgabe der Gemeinschaftsorgane, die unterschied­ lichen Zielbestimmungen zugleich, erforderlichenfalls aber unter Vorrang des einen und Nachordnung eines anderen unter Würdigung der wirtschaft­ lichen Gesamtlage zu beachten, hat die Kommission danach auch in der Handhabung des Gemeinsamen Zolltarifs einen gewissen wirtschaftspoliti­ schen Ermessensspielraum. Für seine Bemessung, Grenzbestimmung und ge­ richtliche Überprüfbarkeit sollten die zu den Zielbestimmungen entwickelten Grundsätze entsprechend anwendbar sein (28120—26)M. 17 b) Art. 25, der — zulässigerweise — auch schon in der Übergangszeit angewendet worden ist, begründet Kompetenzen der Gemeinschaftsorgane, durch Gewährung von Zollkontingenten an Mitgliedstaaten materielle Ab­ weichungen vom Tarif zuzulassen, und zwar derart, daß für ein nach Menge oder Wert bemessenes Kontingent an Einfuhrwaren ein unter dem Satz des Tarifs liegender Zollsatz erhoben wird. Für die in Art. 25 III aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist darüber hinaus auch eine gänzliche oder teilweise Aussetzung der Zollsatzanwendung zulässig, sofern dies auf dem fraglichen Warenmarkt keine schwerwiegenden Störungen zur Folge hat. Nach Voraussetzungen und Verfahren der Kontingentgewährungen ist hinsichtlich der jeweils in Frage stehenden Warenart zu unterscheiden, die in den Warenlisten des Anhangs I zu B, C, D (Zuständigkeit des Rates, Ent­ scheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Kommissionsvorschlag), zu E und G (Zuständigkeit der Kommission auf mitgliedstaatlichen Antrag), oder die in den Warenlisten des Anhangs II (landwirtschaftliche Erzeugnisse) aufge35 30

Wohlfarth u . a . K o m m . 2 Strauß F s H a l l s t e i n 5 2 8 .

z u A r t. 2 9 .

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Abschaffung der Binnenzölle und Errichtung der Zollunion

29/17

führt sind (Zuständigkeit der Kommission zur Kontingent-Gewährung oder zur Ermächtigung eines Mitgliedstaates zu eigener Aussetzung der Zollsatz­ anwendung). aa) Das Ratsverfahren nach Abs. I setzt für den Entscheidungsvorschlag der Kommission ihre Feststellung voraus, daß die Erzeugung bestimmter Waren in den Mitgliedstaaten für die Versorgung eines Mitgliedstaates nicht ausreicht und sie herkömmlicherweise zu einem erheblichen Teil von Einfuh­ ren aus Drittländern abhängt. Das Kommissionsverfahren nach Abs. II setzt voraus, daß eine Änderung der Versorgungsquellen oder eine ungenügende Versorgung innerhalb der Gemeinschaft sich nachteilig auf die verarbeiten­ den Industrien des antragstellenden Mitgliedstaates auswirken könnte. In beiden Verfahren dürfen die Kontingente nicht so bemessen werden, daß eine Verlagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten zum Nachteil anderer Mit­ gliedstaaten zu befürchten ist. Das Kommissionsverfahren nach Abs. III (Kontingentgewährung oder Ermächtigung zur Aussetzung) setzt voraus, daß seine Anwendung auf dem fraglichen Warenmarkt keine schwerwiegen­ den Störungen zur Folge hat. Abs. III gehört systematisch in den Titel II „Landwirtschaft“. In allen Anwendungsfällen des Art. 25 bedarf es also — trotz der Be­ sonderheit des Verfahrens nach Abs. I — vorgängiger Feststellung der Kom­ mission über die Auswirkungen des Gemeinsamen Zolltarifs auf die Versor­ gungslage in einem Mitgliedstaat, in der Gemeinschaft insgesamt, auf die Lage der Verarbeitungsindustrien, über die Rückwirkung etwaiger Kontin­ gentgewährungen aus der Verlagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten zum Nachteil anderer Mitgliedstaaten sowie über die Gefahr möglicher schwer­ wiegender Marktstörungen, die aus zugelassenen Tarif-Abweichungen er­ wachsen können. Es ist hierfür einmal Aufgabe der Kommission, die Schutz­ funktion des Tarifs zu beachten, der das innerhalb der Gemeinschaft be­ stehende Preisniveau vor Einwirkungen von Drittländerimporten zu niedri­ geren Preisen bewahren soll. Gleichzeitig hat die Kommission die Funktion des Tarifs als einer die Zollunion gemeinsam und einheitlich erfassenden Zollregelung zu respektieren, also den Ausnahmecharakter der in Art. 25 vorgesehenen Durchbrechungs-Kompetenzen im Hinblick auf Art. 2, 3 und 9 EWGV in Rechnung zu stellen. Die Kommission hat also bei den Folge­ rungen, die sie aus ihren Feststellungen zieht, „die Systematik und die tra­ genden Grundsätze des Gemeinsamen Marktes zu beachten“37. Die Feststel­ lungen selbst sind unter Auswertung aller verfügbaren Erkenntnisquellen ex officio zu treffen, ohne daß die Kommission auf Gesichtspunkte der An­ tragsbegründungen beschränkt wäre. Daß das Feststellungsverfahren schon 37 E u G H R s 3 4 / 6 2 R s p r . I X , 2 9 5 ; R s 2 4 / 6 2 R s p r . I X , 1 4 7 . I n b e id e n F ä lle n ( O r a n g e n f a l l , B r e n n w e i n f a l l ) h a t t e d ie B R D g e g e n a b le h n e n d e K o m m is s io n s e n t ­ s c h e id u n g e n ü b e r d ie G e w ä h r u n g v o n Z o l l k o n t i n g e n t e n g e k la g t ; d a z u Strauß F s H a l l s t e i n 5 2 6 ff . u n d BUlow A W D 1 9 6 3 , 2 7 4 ff.

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Zollunion

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im Ansatz oder in der Methode der zu treffenden Entscheidung präjudizieren kann, erscheint nicht ausgeschlossen. Mängel dieser Art oder anderer im Feststellungsverfahren können im Rahmen zulässigen Prozedierens vor dem Gerichtshof gerügt werden, ebenso solche der Entscheidungsbegründung. Bei ihren Feststellungen kann die Kommission von der wirtschaftlichen Wirk­ lichkeit ausgehen, die häufig auf der Interdependenz der Märkte beruht und nicht immer nur isoliert vom Markt der den Kontingentantrag betreffenden Waren geprägt wird. Interessen bestimmter Wirtschaftsgruppen können im Rahmen solcher Feststellungen gewürdigt werden, und dies auch in einzelnen Mitgliedstaaten. Denn dies mag dem Gemeinschaftsinteresse entsprechen und ist nicht nur nationalen Instanzen Vorbehalten. bb) Feststellungen der Kommission i. S. des Art. 25 I als Element ihres Entscheidungsvorschlages sind (wenn auch förmliches) Verwaltungsinternum gemäß Art. 163 und als solches, weil nicht Rechtshandlung i. S. des Art. 189, nicht anfechtbar. Nur der die Antragstellung an den Rat ablehnenden Be­ schlußfassung über solche Feststellungen kommt dieser Charakter zu, so daß sie nach Art. 173 anfechtbar ist38*. Für sonstige Kontingententscheidungen — ablehnende und gewährende — des Rates und der Kommission gilt dasselbe, ebenso für Ermächtigungsentscheidungen gemäß Abs. III. Rats-Kontingentgewährungen nach Art. 25 I und solche der Kommission nach Abs. II sind als gebundene Rechtshandlungen anzusehen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen sind sie also zu erlassen, und die Mitgliedstaaten kön­ nen ein Recht auf Erlaß geltend machen. Für Gewährungen und Ermächti­ gungen nach Abs. III gilt das nicht. Hier steht der Kommission Handlungs­ ermessen zu Gebote (arg. „kann"). Ihre Ermessensentscheidung, die sich an den allgemeinen Grundsätzen des Art. 29 orientieren muß, wird lediglich final dahin gebunden, daß die Gewährung oder Ermächtigung auf dem frag­ lichen Warenmarkt keine schwerwiegenden Störungen zur Folge haben darf. Nach Art. 25 IV sind die Kontingentgewährungen von der Kommission in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen, und zwar im Hinblick auf den Fortbestand der Gewährungsvoraussetzungen. Darin liegt zugleich eine Widerrufs- und Änderungsbefugnis der für die Gewährung zuständigen Ge­ meinschaftsinstanz im Falle des Wegfalls oder wesentlicher Änderung der Gewährungsvoraussetzungen30. 18 c) Uber Änderungen und Aussetzungen der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs entscheidet seit Herstellung der Zollunion nach Art. 28 EWGV allein der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission. Denn die Kompetenz der Mitgliedstaaten ist nach Angleichung der nationa­ len Zollsätze an den Gemeinsamen Zolltarif gemäß Art. 23 I entfallen. Quantitativ dürfen solche Änderungen oder Aussetzungen im Verordnungs­ wege nach Art. 189 II jeweils 20 % jeden Zollsatzes nicht übersteigen. Zu38 Wohlfarth u . a . K o m m . 4 z u A r t . 2 5 . 89 E b e n s o Wohlfarth u . a . K o m m . 4 z u A r t . 2 5 .

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Abschaffung der Binnenzölle und Errichtung der Zollunion

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gleich sind sie auf eine Dauer von 6 Monaten mit der Möglichkeit einmaliger Wiederholung begrenzt. In der Autonomie des Rates über den Tarif, d. h. in der Wahrnehmung der Zollpolitik anders als durch Zollabkommen mit Drittländern, liegt ein wichtiges, schnell verfügbares Mittel der gemeinsamen Handelspolitik nach Art. 113 I. Die Gemeinschaftszuständigkeit des Rates aus Art. 28 wird zugunsten der Mitgliedstaaten lediglich im Verfahren nach Art. 25 III durchbrochen, aber auch dies lediglich kraft ihrer Ermächtigung durch die Kommission zur gänzlichen oder teilweisen Aussetzung der Tarif­ satz-Anwendung. Auch soweit im Rahmen der landwirtschaftlichen Marktordnungen und nach dem Übergang der Rechtsetzungsbefugnisse auf die Gemeinschaft Schwierigkeiten der Zolltarifierung und in der Bestimmung der Marktord­ nungsbegriffe auftreten, besitzen die Mitgliedstaaten keinerlei echte Recht­ setzungsbefugnis. Ihnen fehlt auch eine Auslegungsbefugnis, und dies selbst, wenn es an förmlicher gemeinschaftsrechtlicher Auslegung noch fehlt. Puten­ sterze40 und Mehl von Manihot41 waren die beiden Produkte, in deren zoll­ tariflicher Einordnung und Begriffsbestimmung der BRD als Mitgliedstaat verwehrt wurde, „eigene Vorschriften zu erlassen, welche die Tragweite der Verordnung selbst und insbesondere der darin enthaltenen Warenbezeich­ nungen berühren“. Die zollrechtliche Gemeinschaftszuständigkeit wird also nach strengen Gesichtspunkten gegenüber den Mitgliedstaaten durchgesetzt. Selbst förmliche Auslegungserläuterungen der Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten und ihre Befolgung durch nationale Instanzen können der Beurteilung der Grundnormen durch den Rat nicht präjudizieren42. d) Aus der Einführung des Gemeinsamen Zolltarifs sowie der grundsätz­ lichen Disposition von Gemeinschaftsorganen über seine Anwendung hat sich zunächst keine Zollhoheit der Gemeinschaft i. S. einer „EinnahmegemeinschaftK ergeben. Die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs wurden nämlich an den Außengrenzen der Gemeinschaft, wo sie anfallen, durch die Organe der Mitgliedstaaten erhoben, denen sie verblieben. Eine Änderung i. S. einer auch auf eigenen Zolleinnahmen beruhenden Finanzautonomie war bereits in Art. 201 EWGV vorgesehen: die Einnahmen aus dem Gemeinsamen Zoll­ tarif sind dort, weil als Resultat der gemeinsamen Handelspolitik hierfür primär geeignet, besonders hervorgehoben, um die Finanzierung der Gemein­ schaft durch Beiträge der Mitgliedstaaten zu ersetzen. Dieser Weg zur Etat­ autonomie der Gemeinschaft ist vom Jahre 1971 an beschritten worden. Bis Ende 1974 werden die Zolleinnahmen schrittweise auf die Gemeinschaft übertragen. Ab 1975 stehen sie insgesamt der Gemeinschaft als Eigeneinnah40 E u G H R s 4 0 / 6 9 R s p r . X V I , 6 9 = E u R 1 9 7 0 , 2 4 3 m i t A n m . Ipsen. 41 E u G H R s 7 4 / 6 9 R s p r . X V I , 4 5 1 = E u R 1 9 7 0 , 3 3 4 m it A n m . Ipsen E u R 1 9 7 1 , 3 9 ; z u w e i t e r e n E u G H - U r t e i l e n d ie s e r A r t u n d d e n T a r i f a u s le g u n g s - P r o b l e m e n v g l . Kalbe A W D 1 9 7 1 , 3 7 4 ; Laubereau Z f Z 1 9 7 1 , 1 3 3 . 42 V g l . Ipsen E u R 1 9 7 1 , 3 9 .

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Zollunion

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men zu. Die nähere Darstellung gehört zur Finanzordnung der Gemeinschaft {18/12). 19 e) Über die Anwendbarkeit des Tarifs in Freizonen und auf den sog. aktiven Veredelungsverkehr, d. h. Produktionsvorgänge in ihrem Bereich, sind die Ratsrichtlinien vom 4. März 1969 (ABI. L 58, 11 und 1) ergangen. Das Funktionieren der Zollunion würde in Frage gestellt werden, wenn die Mitgliedstaaten in Freihäfen oder Freizonen ihrer eigenen Errichtung und Umgrenzung Waren aus Drittländern ohne Beachtung des Tarifs einführen, lagern, verarbeiten oder verbrauchen ließen. Solche Freigebiete kennen Mit­ gliedstaaten z. T. aus langer historischer Verursachung, so auch die BRD, und dort insbes. in Hamburg43 und Bremen4445. Speziell auch das Hamburger Freihafenprivileg45 hätte funktionell den Gemeinsamen Markt und die Zoll­ hoheit der Zollunion berühren sowie Wettbewerbsverfälschungen nicht aus­ schließen können, die das Gemeinschaftsrecht auch in Freizonen nicht dul­ det. Da sich die Beibehaltung des Freihafenprivilegs indes für die Frei­ hafenindustrie als wirtschaftlich notwendig erwiesen hat, ist für den Frei­ hafen Hamburg nicht nur die Lager- und Umschlagsfreiheit zugelassen wor­ den, sondern auch die Be- und Verarbeitung unverzollter ausländischer Waren für den Export, solange dadurch nicht die Wettbewerbsbedingungen für einen bestimmten Wirtschaftszweig in der Gemeinschaft beeinträchtigt werden. Die Kommissionkontrolle hierüber wird sich auf das Gesamtvolu­ men der Freihafenproduktion beziehen, nicht auf Einzelbetriebe. Insoweit ist auch eine Neuerrichtung von Betrieben nicht ausgeschlossen. Das (ohnehin kaum noch praktizierte) Recht zum zollfreien Ge- und Ver­ brauch von Importwaren ist dagegen beseitigt worden. Damit entfällt die Notwendigkeit bisheriger Investitionsbeschränkungen im Veredelungsver­ kehr für das Inland.

H L B e s e itig u n g d e r m e n g e n m ä ß ig e n B e s c h r ä n k u n g e n

20 Der Sicherung des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt dient außer der Zollunion die Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen 43 D a r s t e llu n g d e s F r e ih a f e n - S t a t u t s H a m b u r g b e i: Ipsen , H a m b u r g s V e r f a s ­ s u n g u n d V e r w a lt u n g ( 1 9 5 6 ) 4 3 0 — 4 4 0 ; z u d e n E i n w i r k u n g e n d e s E W G V u n d d e n F o l g e n d e r E r r ic h tu n g d e r Z o l l u n i o n : Ipsen , H a m b u r g in d e r E W G , F s S c h a c k 6 2 , d o r t (6 5 , 6 6 ) d ie G e s ic h ts p u n k te , a u s d e n e n d a s F r e i h a f e n p r i v i l e g f u n k t i o n e l l d e n G e m e in s a m e n M a r k t u n d d ie Z o l l h o h e i t d e r Z o l l u n i o n b e r ü h r e n k ö n n t e . 44 Z u m F r e ih a f e n B r e m e n : Ipsen, H a m b u r g s V e r f a s s u n g u n d V e r w a l t u n g 4 3 4 m it A n m . 4 0 . 45 Z u s e in e m I n h a lt : Ipsen, H a m b u r g s V e r f a s s u n g u n d V e r w a l t u n g 4 3 2 . — D a F r e ih a f e n t e ile in W a lt e r s h o f m it ih r e n T a n k - u n d U m s c h l a g s a n l a g e n k a u m n o c h fü r d e n A u ß e n h a n d e l g e n u t z t w u r d e n , s in d s ie d u r c h G e s e t z ü b e r d ie E in b e z i e h u n g v o n T e i le n d e s F r e ih a f e n s H a m b u r g in d a s Z o l l g e b i e t v o m 3 0 . 3 . 1 9 7 1 ( B G B l. I, 2 8 0 ) ih r e s P r iv ile g s e n t k l e i d e t w o r d e n u n d g e h ö r e n n u n m e h r z u m Z o l l g e b i e t d e r Z o llu n io n . — I m F r e ih a f e n H a m b u r g h a t d a s P r i v i l e g f ü r 7 9 I n d u s t r ie b e t r ie b e

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Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen

29/20-21

des Warenverkehrs, die die Art. 30—37 EWGV regeln. Von ihnen zielt Art. 37 auf die Umformung der staatlichen Handelsmonopole, damit auf die Anpassung staatswirtschaftlicher Lenkungs- und Kontrolleinrichtungen an das Gebot der Nicht-Diskriminierung; seine Bedeutung ist im Zusammen­ hang mit Art. 90 EWGV gesondert zu behandeln (37/24)™.

1. V e r b o t u n d A b b a u

21 Mengenmäßige Beschränkungen, insbesondere mit Hilfe von Kontingentierungs- und entsprechenden Genehmigungsvorbehalten für den Außen­ wirtschaftsverkehr, sind vornehmlich seit dem I. Weltkrieg aus Gründen nationaler Währungs- und Devisenpolitik sowie aus protektionistischen Motiven zunehmend praktiziert worden. Alle internationalen Bemühungen zur Liberalisierung des Warenverkehrs haben daher seitdem auch dem Ab­ bau und der Beseitigung mengenmäßiger Beschränkungen gegolten, unter ihnen insbesondere die der OEEC (OECD) und des GATT. Die Herstellung binnenmarktähnlicher Verhältnisse im Gemeinsamen Markt gebot entspre­ chende Maßnahmen. Sie mußten, dem Integrationsprinzip entsprechend, in die Zuständigkeit und Regelung des Gemeinschaftsrechts verwiesen werden. a) Dementsprechend statuieren Art. 30 und 34 EWGV ein (in Art. 3 der Ratsentscheidung vom 26. Juli 1966 über die Herstellung der Zollunion4647 wiederholtes) grundsätzliches Verbot aller mengenmäßigen Ein- und Aus­ fuhrbeschränkungen, und zwar unter Anordnung zeitlich und umfangmäßig bestimmter Abbaugebote (nach Art des Art. 14 für die Zölle), denen die Mitgliedstaaten zu entsprechen hatten (Art. 32 II, 33, 34 II). Dabei bildete nach der Stillhalteverpflichtung des Art. 31 II für Einfuhren der Liberali­ sierungsstand von 90 % der OEEC vom 14. Januar 1955 die Ausgangsbasis, die die Mitgliedstaaten durch neue Beschränkungsmaßnahmen nicht mehr unterschreiten durften. Entsprechend verpflichtete Art. 32 die Mitgliedstaa­ ten, in ihrem gegenseitigen Handelsverkehr die bei Inkrafttreten des EWGV bestehenden Kontingente nicht einzuschränken, sondern bis zum Ende der Übergangszeit aufzuheben. Ihre schrittweise Beseitigung hat sich nach den Zeit- und Quantitätsregelungen der Art. 33, 34 vollzogen48. b) Das Gemeinschaftsrecht rechnet — ebenso wie bei seinen Zollvorschrif­ ten — auch in seiner Ausräumung mengenmäßiger Beschränkungen mit nationalstaatlicher Erfindungsgabe und Umgehungsabsicht. Deshalb zielen seine einschlägigen Regelungen (Art. 30, 31 I, 32 I, 34) auch auf „Maßnah( v o r w i e g e n d d e s S c h if f b a u e s u n d d e r S c h if fs a u s r ü s tu n g ) m i t e t w a 2 5 0 0 0 B e s c h ä f­ tig te n B e d e u tu n g . 46 Z u r A n w e n d b a r k e i t d e r A r t . 3 0 f f . E W G V a u f m it g lie d s t a a t lic h e M a ß n a h ­ m e n f ü r ö f f e n t lic h e U n t e r n e h m e n v g l . Nicolaysen , P l a n e i n s a t z ö ff e n t lic h e r U n t e r ­ n e h m e n u n d E W G - V e r t r a g ( A r t . 9 0 ) , in : P l a n u n g I I I (1 9 6 8 ) 3 3 7 . 47 A B I . 1 9 6 6 , 2 9 7 1 . 48 D a r s t e l l u n g b e i Wohlfarth u . a . K o m m . 1 — 11 z u A r t . 3 3 .

2 9 /2 1 -2 2

Zollunion

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men gleicher Wirkung" (wie eben mengenmäßige Beschränkungen oder Kon­ tingente i. e. S.). Ihre Erfassung und Begriffsbestimmung bedarf gesonderter Behandlung (29/22). c) Nach Art. 108 II a (Zahlungsbilanzschwierigkeiten), 226 EWGV (Wirtschaftsstörungen während der Übergangszeit) können und konnten Mitgliedstaaten durch Rats- oder Kommissionsentscheidung von ihren Ab­ bauverpflichtungen entbunden werden. Von diesen zulässigen Einzeldispensationen abgesehen, stellt Art. 36 die Mitgliedstaaten generell von ihren Pflichten aus den Art. 30—34 frei, soweit es sich um nationale Ein-, Aus- und Durchfuhrverbote und -beschränkungen handelt, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicher­ heit und entsprechenden Schutz-Gesichtspunkten, zum Schutz nationalen Kulturgutes oder des geistigen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Dieser Vorbehalt zugunsten eines ordre public national darf indes von den Mitgliedstaaten nicht als Mittel zu willkürlicher Diskriminierung oder verschleierter Handelsbeschränkung mißbraucht werden. Die Hemmung, die durch nationale Berufung auf den Vorbehalt des Art. 36 in der Herstellung freien Warenverkehrs eintreten kann, würde durch Angleichungs- oder Koor­ dinierungsregelungen nach Art. 100 ff. EWGV gemildert werden. d) Anders als Art. 18—29 EWGV über den Gemeinsamen Zolltarif als Mittel zur Sicherung des freien Warenverkehrs, enthalten die Vorschriften über Verbot und Abbau der mengenmäßigen Beschränkungen keine entspre­ chenden Normen über einheitliche Kontingentfestsetzungen nach außen, also keinen „Gemeinsamen Kontingent-Katalog“ für den Handel mit Drittlän­ dern. Es fehlt also an einer Regelung der Außenseite des Gemeinsamen Marktes im Hinblick auf die quantitative Befreiung des Warenverkehrs von Beschränkungen. Insoweit stellte Art. I l l Ziff. 5 EWGV lediglich eine Ver­ pflichtung der Mitgliedstaaten fest, auch schon während der Übergangszeit ihren Drittländer-Handel möglichst einheitlich zu liberalisieren. Im übrigen ist dies seither Aufgabe der gemeinsamen Handelspolitik gemäß Art. 113 EWGV4950. e) Die Herstellung der Warenverkehrsfreiheit durch die Beseitigung men­ genmäßiger Beschränkungen beruht im Agrarmarkt (Art. 38—47 EWGV) auf den besonderen Regelungen der einschlägigen Agrarmarkt-Verordnun­ gen (47/17—19)™.

2. M a ß n a h m e n g l e i c h e r W i r k u n g

22 Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen und Kontingente51, deren Beseitigung ebenfalls der Sicherung eines freien 49 Wohlfarth u . a . K o m m . V o r b e m . v o r A r t . 3 0 . 50 N a c h w e i s e b e i Ehle A W D 1 9 6 7 , 4 5 4 m i t A n m . 1 2 . 51 Ehle A W D 1 9 6 7 , 4 5 3 ; Seidel N J W 1 9 6 7 , 2 0 8 1 .

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Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen

2 9 /2 2

Warenverkehrs dient, können im nationalen Interesse erstrebten Schutz und dem Gemeinschaftsinteresse widerstreitende Diskriminierung um so inten­ siver herbeiführen, je liberaler der Warenverkehr im übrigen gestaltet wird. Je allgemeiner die Gemeinschaftstugend sich entfaltet, um so mehr erscheinen nationale Abweichungen als Sünde. Die zuständigen Gemeinschaftsorgane waren daher um die Ermittlung und Unterbindung solcher Maßnahmen ebenso bemüht, wie ihnen fortan obliegt, ihre weitere nationale Einführung und Handhabung zu verhindern. Ihr Erscheinungsbild ist bunt und reicht von französischen Maßnahmen zur Beschränkung des Charente-BrennweinBezuges zur Cognac-Herstellung über holländische Verbote zur zeitweiligen Ausfuhrsperre für Blumenzwiebeln bis hin zu belgischen Anordnungen über die Verwendung von Steuerkapseln und -banderolen52. a) Da das Gemeinschaftsrecht auf Warenverkehrsbeschränkungen abstellt, die durch Maßnahmen gleicher Wirkung — wie eben durch mengenmäßige Beschränkungen selbst — herbeigeführt werden, ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Maßnahmen zollgleicher Wirkung auch für ihre Be­ griffsbestimmung verwendbar (29/13)™. Unabhängig von der Bezeichnung, der Form der Einführung und ihrem Inhalt, kommt es demnach darauf an, ob der Warenverkehr durch sie, wesentlichen Vertragszielen (Art. 3 a, 7, 30 EWGV) zuwider, behindert, erschwert oder umgelenkt wird, wie dies ohne ihre Existenz nicht der Fall wäre. Es kommt also auf eine umfassende, vertragsziel-determinierte Begriffsumschreibung an. In diesem Sinne genügt auch schon die Eignung der Maßnahme, diese Wirkung herbeizuführen, ohne daß es ihres konkreten Nachweises im Einzelfall bedürfte. Potentielle Gemein­ schaftsschädlichkeit reicht also aus. b) Als Maßnahmen dieser Art kommen nur solche öffentlich-reditlidier Natur in Betracht, und zwar in der Regel diejenigen generellen RechtssatzCharakters, aber auch solche, die — nach nationalem Recht, auf dessen Qua­ lifikation abzustellen ist, — als sog. Verwaltungsvorsdirihen ergehen. VerwaltungsPraktiken hinreichend regelmäßiger und andauernder Handhabung müssen ihnen gleichgestellt werden können, um Umgehungen auszuschließen. c) Daß solche Maßnahmen — außer ihrer im Sinne des Art. 7 EWGV diskriminierenden, d. h. national differenzierenden Wirkung — auch inner­ staatlich belastend auf den Warenverkehr einwirken, nimmt ihnen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr nicht den Makel der Gemeinschafts­ widrigkeit. d) Soweit der nationale ordre public-Vorbehalt des Art. 36 zugunsten der Mitgliedstaaten intentionell reicht, wirkt er auch für die hier fraglichen Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen oder Kontingente i. e. S. Ehle A W D 1 9 6 7 , 4 5 3 . 53 E b e n s o d ie A n t w o r t d e r K o m m i s s i o n v o m 1 4 . 3 . 1 9 6 7 u n t e r 1 (A B I . 1 9 6 7 , 9 0 1 ) .

a u f d ie s c h r if tlic h e

A n fr a g e

N r.

118

§ 30 DISKRIMINIERUNGSVERBOTE von Ackermann, D a s D is k r i m i n i e r u n g s v e r b o t im E W G - V e r t r a g u n d s e in e B e ­ d e u t u n g fü r m u lt ila t e r a le u n d b il a t e r a le H a n d e l s a b k o m m e n a u s d e r S ic h t d e r B R D , D is s . H a m b u r g ( 1 9 6 4 ) ; Bode, D i e D i s k r i m i n i e r u n g s v e r b o t e im V e r t r a g ü b e r d i e E u r o p ä is c h e W ir t s c h a f t s g e m e in s c h a f t , D i s s . G ö t t i n g e n ( 1 9 6 6 ) ; Borgiel, D i e B e h a n d ­ lu n g d e r D is k r im in i e r u n g u n d d e s u n la u t e r e n W e t t b e w e r b s im V e r t r a g ü b e r d i e E G K S , D is s . W ü r z b u r g ( 1 9 5 8 ) ; Canenbley, D a s D i s k r i m i n i e r u n g s v e r b o t in d e n W e t t b e w e r b s r e g e ln d e s V e r t r a g e s z u r G r ü n d u n g d e r E u r o p ä is c h e n W i r t s c h a f t s ­ g e m e in s c h a ft, A r t . 8 5 A b s . 1 B u c h s t, d , A r t . 8 6 B u c h s t, c E W G - V e r t r a g , D i s s . M a r ­ b u r g ( 1 9 7 0 ) ; Drobnig, V e r s t ö ß t d a s S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t s p r i n z i p g e g e n d a s D i s k r i m ie r u n g s v e r b o t d e s E W G - V e r t r a g e s ? , R a b e ls Z 1 9 7 0 , 6 3 6 ; Erb, D a s D i s k r i m i n i e ­ r u n g s p r o b le m in d e r M o n t a n u n io n , D i s s . B o n n ( 1 9 5 9 ) ; van Hecke, L a n o t i o n d e d is c r im in a t io n , in : L es a s p e c t s j u r id iq u e s d u M a r c h e C o m m u n ( 1 9 5 8 ) 1 2 7 ; van Hecke, D a s D is k r im in i e r u n g s v e r b o t d e s V e r t r a g e s ü b e r d ie E W G , in : K a r t e l l e u n d M o n o p o le im m o d e r n e n R e c h t I ( 1 9 6 1 ) 3 3 5 ; Isele, L a d is c r i m i n a t i o n e n m a t i è r e d ’e m p lo i e t d e p r o f e s s io n d a n s le s p a y s - m e m b r e s d e la C o m m u n a u t é E c o n o m i q u e E u r o p é e n n e , R e v D r C o m p 1 9 6 9 , 5 ; Jerusalem, D a s D i s k r i m i n i e r u n g s v e r b o t in d e r M a r k t o r d n u n g d e s M o n t a n v e r t r a g e s ( 1 9 6 1 ) ; Klaer, D i e A n w e n d u n g v o n D i s k r i m i ­ n ie r u n g s v e r b o te n im G e m e in s a m e n V e r k e h r s m a r k t , in : Z u r S t e l l u n g d e r M i t g l i e d ­ s t a a t e n im E u r o p a r e c h t ( 1 9 6 7 ) 9 8 ; Loerke, H o h e i t l i c h e G e w a l t u n d D i s k r i m i n i e ­ r u n g s v e r b o t n a ch d e m M o n t a n v e r t r a g e ( 1 9 6 3 ) ; Meier, D e r S c h u t z d e s M a r k t b ü r ­ g e rs d u rch d a s D is k r im in i e r u n g s v e r b o t d e s A r t . 7 A b s . 1 E W G V , Z H R 1 3 3 ( 1 9 6 9 ) 6 1 ; Mestmäcker, O f f e n e P r e is e , D is k r im in i e r u n g e n u n d W e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k u n g e n in d e r M o n t a n u n io n , W u W 1 9 5 5 , 1 5 1 ; Mestmäcker, D is k r i m i n i e r u n g e n , D i r i g i s m u s u n d W e t t b e w e r b , W u W 1 9 5 7 , 2 8 ; Mestmäcker, D a s D i s k r i m i n i e r u n g s v e r b o t d e s V e r t r a g e s ü b e r d ie E u r o p ä is c h e G e m e in s c h a f t f ü r K o h l e u n d S t a h l, in : K a r t e l l e u n d M o n o p o le im m o d e r n e n R e c h t I ( 1 9 6 1 ) 3 0 9 ; Steindorff , D e r G l e i c h h c i t s s a t z im W ir ts c h a fts r e c h t d e s G e m e in s a m e n M a r k t e s ( 1 9 6 5 ) ; Verloren van Themaat , B e v a t a r t ik e l 3 0 v a n h e t E E G - V e r d r a g s le c h ts e e n n o n - d i s c r i m i n a t i e b e g in s e l t e n a a n z i e n v a n in v o e r b e p e r k in g e n ? , S E W 1 9 6 7 , 6 3 2 ; Verloren van Themaat, E E G - r i c h t l i j n e n b e t r e f f e n d e d is c r im in e r e n d e a a n k o o p p o l i t i e k , o v e r h e i d s i n s t e l l i n g e n , d i s c r i m in e r c n d e p r ij s v o o r s c h r ift e n e n a n d e r e m a a t r e g e le n v a n g e lij k e w e r k i n g a ls k w a n t i t a t i v e i n ­ v o e r b e p e r k in g e n , S E W 1 9 7 0 , 2 5 8 ; Wägenbaur, D a s V e r b o t s t e u e r lic h e r D i s k r i m i ­ n ie r u n g n ach d e m E W G - V e r t r a g im L ic h te d e r R e c h ts p r e c h u n g d e s G e r ic h t s h o f s , E u R 1 9 6 9 , 2 0 ; Wybo, L ’i n t e r d i c t io n d e s d is c r i m in a t io n s d a n s le s C o m m u n a u t é s e u r o p é e n n e s ( 1 9 6 4 ) ; Zerr , D e r B e g r if f d e r D i s k r i m i n i e r u n g im V e r t r a g ü b e r d i e E G K S , D is s . H e id e lb e r g ( 1 9 6 1 ) ; Zimmermann , D i e P r e i s d is k r im in ie r u n g im R e c h t d e r E u r o p ä is c h e n G e m e in s c h a f t fü r K o h l e u n d S t a h l ( 1 9 6 2 ) ; Zimmermann, D i s k r i ­ m in ie r u n g s v e r b o te fü r d e n p r iv a t e n G e s c h ä f t s v e r k e h r in d e n e u r o p ä is c h e n G e m e i n ­ s c h a f t s v e r tr ä g e n , in : B e itr ä g e z u m E W G - K a r t e llr e c h t ( 1 9 6 7 ) 1 7 9 .

1 Ausgehend vom anglo-amerikanischen Rechtskreis, insbes. dem amerika­ nischen Antitrustrecht, sind Begriff und Verbot der Diskriminierung nach dem ersten Weltkrieg Elemente des internationalen und europäischen Wirt­ schaftsrechts geworden. Danach gilt als Diskriminierung eine vom Recht mißbilligte unterschiedliche Behandlung gleicher Tatbestände. Ihr Verbot will Ungleichbehandlung verhindern und Gleichbehandlung erreichen. Als

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Diskriminierungsverbote

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Gleichbehandlungspflicht ist das Verbot Ausfluß und Erscheinungsform des jGleichheitssatzes. In ihm wurzeln also Begriff und Verbot der Diskriminie­ rung. Was zum Gleichheitssatz im Verfassungs- und Verwaltungsrecht histo­ risch, dogmatisch, von Rechtsprechung und Rechtsvergleichung beigetragen worden ist (und hier nicht reproduziert werden kann), bildet in manchen Zügen Hintergrund und Grundlage auch für die Deutung der Diskriminie­ rungsverbote des Europäischen Gemeinschaftsrechts1. Daß der Gleichheitssatz in jeder Rechtsordnung sein eigenes Gesicht hat2, bestätigt sich auch in seiner Ausgestaltung zu Diskriminierungsverboten im Gemeinschaftsrecht. Hier hat der Gleichheitssatz viele „Gesichter“. In ihm erscheint das Diskriminierungsverbot einmal als ein an die Mit­ gliedstaaten gerichtetes Verbot, einzelne Marktbürger oder Gruppen zu be­ vorzugen, weil dadurch die Gleichheit im Wettbewerb beeinträchtigt werden kann. In dieser Gestalt wirkt es insbesondere als Subventionsverbot (38/1 ff.). In anderen Ausgestaltungen will es die Gleichbehandlung der Marktteilneh­ mer untereinander y also in ihren privatrechtlichen Marktbeziehungen (z. B. der Preisgestaltung) durchsetzen — in einer Wirkung also, die im Verständ­ nis des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes des Art. 3 GG als Drittwirkung zu bezeichnen wäre. Soweit die Respektierung dieser Drittwirkung von Gemeinschaftsinstanzen kontrolliert und sanktioniert wird, verschafft das Diskriminierungsverbot der Gemeinschaftsgewalt Kontroll- und Inter­ ventionsbefugnisse und -aufgaben (z. B. Preiskontrolle, Preisgestaltung). Entsprechend wirken Diskriminierungsverbote im Wettbewerbsrecht, die ebenfalls von Gemeinschaftsinstanzen kontrolliert und sanktioniert werden und ihnen damit die Aufgabe der Wettbewerbskontrolle zuweisen. Soweit sich das Diskriminierungsverbot an Gemeinschafts organe richtet, soll es diese zur Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten oder (und auch) der Marktbürger verpflichten. Nach Adressaten und einerseits Verpflichteten, andererseits Be­ rechtigten, nach Zielsetzung und Intention (für den Zivilrechtsverkehr, für öffentliche Gewaltausübung der Gemeinschaftsorgane und der Mitgliedstaa­ ten, im Interesse der Wettbewerbsfreiheit, anderer Marktfreiheiten und auch gemeinschaftsrechtlicher Interventions- und Kontrollbefugnisse) sind die Dis­ kriminierungsverbote unterschiedlich ausgestaltet und wirksam. In nicht wenigen von ihnen sind komplexe Zielsetzungen und Intentionen kombi­ niert3. 1 V g l . Loerke, H o h e i t l i c h e G e w a l t u n d D is k r im in i e r u n g s v e r b o t n a ch d e m M o n ­ t a n v e r t r a g e 1 5 — 2 5 ; Klaer in : Z u r S t e l l u n g d e r M i t g l i e d s t a a t e n im E u r o p a r e c h t (1 9 6 7 ) 9 8 . 2 H i e r z u : Ipsen , G l e ic h h e it , in : N e u m a n - N i p p e r d e y - S c h e u n e r , D i e G r u n d r e c h te I I ( 1 9 5 4 ) 1 6 4 ; Steindorff, D e r G l e ic h h e it s s a t z im W ir ts c h a f t s r e c h t d e s G e m e in s a ­ m en M a rk te s 5 9 . 3 D a r a u s e r k l ä r t sich z . B . d e r Z w e i f e l , o b G le ic h b e h a n d lu n g s g e b o t e u n d D i s ­ k r im i n ie r u n g s v e r b o t e v o n I n s t a n z e n d e r W ir t s c h a f t s a u f s ic h t le d ig lic h im ö ff e n t lic h e n I n t e r e s s e g e l t e n d z u m a c h e n s in d o d e r d e m v o n ih r e r V e r l e t z u n g b e t r o f f e n e n K o n ­ k u r r e n t e n s u b j e k t i v e ö f f e n t lic h e R e c h t e a u f G e w ä h r u n g v o n A u f s id i t s - S c h u t z e in -

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Diskriminierungsvcrbote

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I. R e c h tsg ru n d la g e n 1. A r te n v o n D is k r im in ie r u n g s v e r b o te n

2 Für Rechtsbeziehungen der internationalen Wirtschaft hat Art. III Zif­ fer 1, 4 GATT ein allgemeines, alle Lücken schließendes Diskriminierungs­ verbot zum Zwecke der Inländergleichbehandlung aufgestellt. Es wendet sich an die Staaten*4. Danach dürfen „Gesetzesbestimmungen, Verwaltungs­ anordnungen und Vorschriften bezüglich des Verkaufs, des Verkaufsange­ bots, des Ankaufs, der Beförderung, der Verteilung oder Verwendung von Erzeugnissen auf dem Inlandsmarkt. . .“ nicht zum Schutz der inländischen Erzeugnisse angewandt, und die Erzeugnisse aus GATT-Staaten sollen in diesen Bestimmungen und Vorschriften nicht ungünstiger behandelt werden als gleichartige Erzeugnisse heimischen Ursprungs. 3 a) Ganz im Sinne dieser Ausprägung des Verbots kann schon die Ver­ gemeinschaftung von sechs Nationalwirtschaften als solche und können folg­ lich die Gemeinschaftsverträge (die Verfassungen und Instrumentarien der Gemeinschaften) auch als Mittel zur Verwirklichung des Prinzips der Nicht­ diskriminierung dieser Intention der Inländergleichbehandlung angesehen werden5. In diesem Sinne verlautbart Art. 7 EWGV mit seinem Verbot einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (eben wegen der Un­ zulässigkeit der nationalstaatlichen Anknüpfung als Differenzierungsmerk­ mal) für eine Wirtschaftsvergemeinschaftung, die aus mehreren nationalen Wirtschaften und Märkten eine Gemeinschaftswirtschaft und einen Gemein­ samen Markt herstellen will, eine der Integration adäquate Variante des allgemeinen Gleichheitssatzes. Als ihre Magna Charta verdeutlicht sie ge­ radezu den Sinn der Wirtschaftsintegration: die Überwindung des Natio­ nalen als eines maßgeblichen Merkmals sonst als gerechtfertigt praktizierter Ungleichbehandlung in der Marktteilnahme6, Indes liegt in der Erkenntnis dieses Zusammenhangs keine praktikable Rechtfertigung für die Existenz und Wirksamkeit eines schlechthin allgemeinen, nicht nur die Inländergleichbehandlung sichernden Diskriminierungs­ verbotes des Gemeinschaftsrechts. Schon die nationale verfassungsrechtliche Erfahrung bestätigt, daß _ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot und Dis­ kriminierungsverbot sich in ein bloßes Willkürverbot verflüchtigt, das erst aus dem für die Einzelrechtsordnung anerkannten und spezifizierten Wert­ systems vollziehbar wird. Das gilt noch intensiver für eine gemeinschafts­ rechtliche Wirtschaftsverfassung und ihre Ordnung mit der Komplexität und räumen. Das ist insbes. (aber keineswegs nur) im Kartellrecht fraglich geworden; hierzu: Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz (1971); auch: Hausherr, Rechtsgleichheit — Due process and equal protection (1966). 4 Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen (1966) 125. 5 Van Hecke, in: Les aspects juridiques du Marche Commun (1958) 128. 6 Ipsen, Der deutsche Jurist und das europäische Gemeinschaftsrecht, 45. DjTag Verh. II (1964) L 18.

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Rechtsgrundlagen

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Vielfalt ihrer Tatbestände. Aus dieser Einsicht erklärt sich denn auch die Systematik und Technik, in der das Gemeinschaftsrecht das Diskriminie­ rungsverbot verwirklicht. 4 b) Soweit gleichwohl in Theorie und Rechtsprechung von der Geltung eines allgemeinen Gleichheitssatzes im Gemeinschaftsrecht gesprochen wird, handelt es sich eben nur (aber dann auch) um ein zu gerechtem Verhalten anhaltendes Willkürverbot. Es bindet in erster Linie die öffentliche Gewalt, also die Gemeinschaftsorgane, gegenüber den Mitgliedstaaten und dem Marktbürger. Es wirkt als eine rechtsstaatliche Verfahrens- und Verhaltens­ regel sowie als Auslegungsmaxime. Seine Geltung ergibt sich aus seiner Exi­ stenz in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, seiner Anerkennung als ungeschriebener Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts durch die Recht­ sprechung des Gerichtshofs, auch als Folgerung daraus, daß die Gemein­ schaften als Rechtsgemeinschaften verfaßt sind, deren Organen jede Willkür gegenüber ihren Marktbürgern und deren Staaten verwehrt ist. 5 c) Die Diskriminierungsverbote des Gemeinschaftsrechts als solche sind, ob in negativer oder positiver Fassung formuliert, sämtlich Gleichbehand­ lungsgebote und Ungleichbehandlungsverbote irgendwie spezifizierter Art. Ihre Ausgestaltung gestattet und gebietet, ihre Wirksamkeit nach konkrete­ ren Maßstäben zu ermitteln als dem des allgemeinen Willkürverbots. Die einzelnen gemeinschaftsrechtlichen Erscheinungen dieser Verbote bestätigen das. Sie unterscheiden sich nach Inhalt, Adressaten, Vergleichungsmerkmalen und Wirkungen. Im EWG-Recht wird sogar das grundsätzliche Diskrimi­ nierungsverbot des Art. 7 EWGV durch Spezialverbote für bestimmte Wirt­ schaftsbereiche und bestimmte Maßnahmen und Verhaltensweisen ergänzt und vervollständigt. Im EGKS-Recht existiert eine Kombination eines all­ gemeinen Diskriminierungsverbotes (Art. 4, insbes. lit. b) mit Spezialver­ boten insbes. für Preis- und Transporttarif-Diskriminierungen. Die Technik der Spezifizierung ergibt sich aus der folgenden Übersicht.

2.

D is k r im in ie r u n g s v e r b o te d e s E W G V

6 Im EWGV rangiert das allgemeine Diskriminierungsverbot „aus Grün­ den der Staatsangehörigkeit“ des Art. 7 I im Ersten Teil des Vertrages unter seinen „Grundsätzen“ — in einer Reihe mit den Vorschriften über die Ver­ tragsziele, über das Inventar der Organaufgaben und das Prinzip ihrer be­ grenzten Zuständigkeiten, über die allgemeine Koordinationsklausel zur Zu­ sammenarbeit der Mitgliedstaaten mit den Organen und der IntegrationsStufung nach Zeitplanung. Schon nach seinem Standort mißt sich das Verbot also besondere Bedeutung bei. Art. 7 I versteht sich selbst indes ausdrücklich „unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrages“. Nach seiner Aus­ richtung am hier allein für unzulässig erklärten Unterscheidungsmerkmal der Staatsangehörigkeit — dem für die Vergemeinschaftung mehrerer natio-38 38 Ipsen, Eu»·. Gemcinschaftsrecht

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Diskriminierungsverbote

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naler Wirtschaften sicherlich vorrangig bedeutsamen „Leitmotiv" des Ver­ trages7 — ist es erklärlich, daß er andere Diskriminierungsverbote anderer Unterscheidungsmerkmale keineswegs ausschließt. Das Vertragsrecht enthält sie denn auch in zahlreichen besonderen Bestimmungen. Ebensowenig schließt Art. 7 I aus, daß gewisse Diskriminierungen auch zulässig sein können, und dies eben dann, wenn sie durch besondere Bestimmungen nicht verboten und eben nidit gerade solche des Merkmals „Staatsangehörigkeit" sind8. Schließ­ lich läßt Art. 7 auch zu, daß sein eigenes Verbot des Merkmals „Staatsange­ hörigkeit" in besonderen, ihm dann vorgehenden Bestimmungen noch näher spezifiziert wird. Die Gruppierung der Vertragsbestimmungen liefert hierfür einschlägige Beispiele. a) Spezifikationen des Art. 7 I (z. T. Wiederholungen unter Einbettung in allgemeinere Verbote wie bei Art. 85, 86) finden sich in Art. 37 I (Handels­ monopole), 40 III, 44 I, 45 I (Landwirtschaft), 48 (Freizügigkeit der Arbeit­ nehmer), 52 (Niederlassungsfreiheit), 60 (Dienstleistungsverkehr), 67, 68 (Kapitalvcrkehr), 76 (Verkehr) mit Folgewirkung für Art. 74, 75, Art. 85, 86 (Wettbewerb), 132 (Assoziierung), 220 (Verhandlungen über Gleichstel­ lung der Staatsangehörigen), 221 (Kapitalbeteiligungen). b) Allgemein gefaßte Gleichbehandlungsgebote, damit Diskriminierungs­ verbote enthalten die Art. 85 I d, 86 II c (dem Art. 4 b EGKSV vergleich­ bar). Sie verbieten die Ungleichbehandlung aller natürlichen und juristischen Personen im Geltungsbereich des Vertrages (Art. 227) aus allen nicht ge­ rechtfertigten Gründen. Sie stehen daher Willkürverboten nahe; auf Willkür stellt auch Art. 36 (nationale Ausnahmen vom Verbot mengenmäßiger Be­ schränkungen) ab. c) Die Verbote der Art. 33 I, 40 III (mengenmäßige Beschränkungen, hinsichtlich nationaler Ausnahmen auch Art. 36), 79 I (Frachten) und 95 (Steuern) sowie Art. 67 (Kapitalverkehr) knüpfen als unzulässiges Differenzierungsmerkmal an die Herkunft der Ware oder (so Art. 67) den Wohnsitz an, also zwar nicht an die personale Staatsangehörigkeit derjenigen, um deren Marktteilnahme es geht, v/ohl aber an räumliche Bezüge, die sich ihrerseits aus der Staatlichkeit der Gemeinschaftsmitglieder als Raumeinhei­ ten ergeben. d) Das Merkmal „Mitgliedschaft zur Gemeinschaft“ in einem Gebot zur Gleichbehandlung ist relevant nach Art. I l l Ziff. 5 (Gebot zu ihrer Gleichbchandlung beim Abbau mengenmäßiger Beschränkungen gegenüber Dritt­ staaten i. S. einer Meistbegünstigungsklausel). Es handelt sich dabei um eine 7 V/ohlfarth u. a. Komm. 1 zu Art. 7. 8 EuGH Rs 14/68 Rspr. Χλ7, 16: Art. 7 verbiete den Mitgliedstaaten zwar, ihr Kartellrccht je nach der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unterschiedlich anzu­ wenden, erfasse jedoch nicht solche Unterschiede in der Behandlung, dic sidi aus den Unterschieden zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ergeben, sofern diese auf alle ihrer Herrschaft unterworfenen Personen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit anwendbar seien.

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Rechtsgrundlagen

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„horizontale“ Variante des Art. 6, wenn dieser als eine „vertikale“ Gleich­ heitsbindung zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedern verstanden werden könnte9. e) Daß Art. 119 — als einziger — das Geschlecht als unzulässiges Unter­ scheidungsmerkmal hervorhebt, entspricht einer wesentlichen modernen Funktion der Geschlechtergleichbehandlung im Wirtschaftsrecht: der Gleich­ behandlung von Mann und Frau im Arbeitsentgelt (zur Frage der Aktuali­ tät des Art. 119: 30/11). 3. D is k r im in ie r u n g s v e r b o te d e s E G K S V

7 Der EGKSV hat — in seiner Plazierung dem EWGV vergleichbar, in seiner Tragweite weitergehend — seine_allgemeinste Formulierung des Dis­ kriminierungsverbotes in die Marktgrundsätze des Art. 4 eingebettet, und zwar unter Rückgriff auf Art. 3 b als Aufhebung und Untersagung von „Maßnahmen oder Praktiken, die eine Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Käufern oder Verbrauchern herbeiführen“. Art. 4, der insgesamt auf das Doppelziel der Einheit des Marktes und der Gleichheit der Wettbewerbs­ bedingungen abstellt, will (ebenso wie in lit. d: Verbot der Aufteilung und Ausbeutung der Märkte) mit dem Verbot der lit. b zugleich beide Markt­ grundsätze verwirklichen und sanktionieren10. Die besonderen Diskriminierungsverbote des EGKSV betreffen folgende Bereiche: a) ein Verbot diskriminierender Praktiken gilt auf dem Gebiet der Preise (Art. 60) und der Transporttarife (Art. 70); es konkretisiert das Verbot des Art. 4 b; b) verboten sind wettbewerbsbeschränkende Praktiken (Art. 4 d) durch Kartelle (Art. 65), in Unternehmenszusammenschlüssen (Art. 66 §§ 1—6) und marktbeherrschenden Unternehmen (Art. 66 § 7); c) nach Art. 74 ist die Kommission zu Maßnahmen gegen Diskriminie­ rungspraktiken ermächtigt, die sich in Dumping-Verhalten zu Lasten von Drittländern oder Drittunternehmen und sonstigem Verhalten aus Drittkontakten äußern; d) Diskriminierungsverbote nach dem Merkmal der Staatsangehörigkeit (vergleichbar Art. 7, 48 EWGV) wirken in Art. 69 (insbes. seinem § 4) zur Sicherung der Freizügigkeit der Kohle- und Stahlfacharbeiter. 4. D is k r im in ie r u n g s v e r b o te d e s E A G V 8 Im Bereich des EAGV hat die Gemeinschaft für regelmäßige und gerechte Versorgung aller ihrer Benutzer mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu 9 So für den Glcichhcitssatz im Bund-Länder- und im Land-Land-Verhältnis des deutschen Verfassungsrechts: Maunz-Dürig-Herzog Komm. 4 zu Art. 19 III GG. 10 Loerke, Hoheitliche Gewalt und Diskriminierungsverbot 34. 38*

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Diskriminierungsverbote

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tragen (Art. 3 d). Art. 52 I EAGV sichert durch Spezifizierung dieser Auf­ gabenbestimmung für die zuständige Agentur den Grundsatz gleichen Zu­ gangs zu den Versorgungsquellen. Er verpflichtet die Agentur in Abs. II, die Verbraucher nicht unterschiedlich zu behandeln, sofern diese die Stoffe Ver­ trags- und bindungsgemäß verwenden. Diese Vorschriften sind Art. 3 a und b und Art. 4 b EGKSV vergleichbar.

II. Z w e c k u n d A n w e n d u n g s b e re ic h ( A d r e s s a te n u n d S c h u tz b e r e c h tig te ) 1. V e r b o ts z w e c k e

9 Welchen konkreten Zweck das Verbot jeweils verfolgt, ist primär dem Sachbereich seiner Wirkung zu entnehmen. Verbote der Zolldiskriminierung z. B. bezwecken die Sicherung der Zollunion, solche mengenmäßiger Be­ schränkungen die Freiheit des Warenverkehrs, solche der Aufenthalts- und Beschäftigungsbeschränkungen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, solche der Wettbewerbsbeschränkungen die Sicherung der Wettbewerbsfreiheit. Das Verbot des Art. 7 EWGV empfängt seine konkrete Zweckbestimmung, deren Grundsatz-Bedeutung^ sich schon aus der Vergemeinschaftung nationaler Wirtschaften an sich ergibt, aus seinen Spezifizierungen. Die Verbote der Preisdiskriminierung in Art. 60 EGKSV, der Tarifdiskriminierung in Art. 70 EGKSV sind Instrumente zur Sicherung der Gleichheit im Wettbewerb. Die jeweils bestimmbare Zweck-Ausrichtung determiniert den Rechtsgehalt des Verbots in der Eingrenzung seiner Anwendungstatbestände und der Aus­ wahl vergleichserheblicher Merkmale zur Feststellung der Ungleichbehand­ lung, wenn die konkrete Verbotsnorm selbst sie nicht ausdrücklich bereit­ stellt. Sie kann ferner erheblich sein zur Kompetenzbemessung des seine Einhaltung und Sanktionierung sichernden Gemeinschaftsorgans sowie für die Prüfungsbefugnis des Gerichtshofs, der wegen seiner Anwendung oder Nichtanwendung angerufen wird. Der Verbotszweck ist Maßstab für die Sachlogik, in der das Verbot hinsichtlich der Annahme der Vergleichbarkeit, nach seiner Verpflichtungskraft, Intensität und Schutzwirkung anwendbar ist. Die Anknüpfung an die Sachlogik des geregelten Gegenstandes ermög­ licht auch die gebotene Würdigung aller nicht-juristischen Umstände, die den wirtschaftlichen Tatbestand, in dem die Verungleichung stattfindet, kenn­ zeichnen — Umstände, die ihrerseits ökonomischer, technischer, soziologi­ scher, psychologischer oder sonstiger Natur sein mögen.

2.

A d r e ssa te n u n d G e s c h ü tz te

Der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbots wird unterschiedlich danach bestimmt, an wen es adressiert ist, wem es verbietet, wen es schützt.

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Zweck und Anwendungsbereich

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a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Staatsrechts hat seinen histori­ schen Ursprung und seine grundrechtlich bis heute wesentliche Funktion für die Zuordnung des einzelnen zur öffentlichen Gewalt: in dieser VertikalWirkung („Zweitwirkung“) sind die Organe der öffentlichen Gewalt seine Adressaten, sind diese durch ihn gebunden, ist der einzelne der vom Gleich­ heitssatz zu Schützende und der aus ihm Berechtigte. Darin liegt der Grund­ rechtscharakter des Gleichheitssatzes des Verfassungsrechts. Die Frage seiner sog. Drittwirkung11 geht dahin, ob der einzelne sich auf ihn nur (vertikal) der öffentlichen Gewalt oder auch (horizontal) jedem Dritten gegenüber berufen kann. Im deutschen Verfassungsrecht kommt ihm Drittwirkung nicht zu. Soweit ein Gleichbehandlungsgebot auch „horizon­ tal“ ohne positive Regelung im privaten Rechtsverkehr gilt, beruht diese Wirkung nicht auf dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz als solchem, sondern einem ungeschriebenen, allgemeinsten Rechtsgrundsatz, der „das ganze Recht beherrscht“12, und dies, ohne daß die öffentliche Gewalt diese Wirksamkeit kontrolliert und sanktioniert. Daß die Frage der Drittwirkung für die Diskriminierungsverbote des Gemeinschaftsrechts besonders gestellt wird, ist gerechtfertigt und geboten. Denn einzelne von ihnen wenden sich an Marktbürger als verpflichtete Adressaten und berechtigen andere Marktbürger zur Gleichbehandlung, zu­ gleich aber wird ihre Beachtung in dieser ihrer horizontalen Wirksamkeit durch die Gemeinschaftsorgane kontrolliert und sanktioniert. Derartige Dis­ kriminierungsverbote, die einen Marktbürger in seinen privatrechtlichen Be­ ziehungen zum anderen Marktbürger binden und diesen berechtigen, stehen unter der Kontrolle der Gemeinschaftsorgane, und ihre Beachtung kann mit Mitteln der öffentlichen Gemeinschaftsgewalt sanktioniert werden13. Sie sind deshalb solche hoheitlich hergestellter Drittwirkung, weil „die öffentliche Gewalt zur Durchsetzung des drittgerichteten Anspruchs mitzuwirken ver­ pflichtet ist“14. Das unterscheidet die gemeinschaftsrechtlichen Gleichbehand­ lungsgebote, die im Sinne einer Drittwirkung horizontal zwischen Markt­ bürgern gelten, von solchen, die das nationale Zivilrecht als Ausfluß eines allgemeinen Grundsatzes kennt, der „das ganze Recht beherrscht“. Die Kontroll- und Sanktionskompetenz der Gemeinschaftsorgane zur Beachtung sol­ cher Diskriminierungsverbote mit Drittwirkung kann z. B. dem Zweck diri­ gierender Marktinterventionen dienen (z. B. Art. 60 EGKSV: Preiskontrolle, Preisfestsetzung), so daß das Diskriminierungsverbot damit Mittel der Marktordnung ist. Das präjudiziert nicht der weiteren Frage, ob der Markt­ bürger mit H ilfe des nationalen Zivilrechts aus eigenem Interesse auch zivil­ rechtliche Folgerungen aus der Pflichtverletzung herleitcn (42/23—27) oder einen Anspruch gegen die öffentliche Gewalt auf Wahrnehmung ihrer Len11 Ipsen, Gleichheit (vgl. Anm. 2) 143; dort Anm. 109 Nachweise über die Ent­ wicklung der Drittwirkungs-Thematik in den USA. 12 BGHZ 3, 251. 13 Zuleeg, Recht 202. 14 Ipsen, Gleichheit 143.

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Diskriminierungsverbote

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kung oder Aufsicht besitzt und prozessual verfolgen kann15. Entsprechendes gilt für Folgefragen aus etwaiger Amtspflichtverletzung18. 11 b) Demnach sind nach Adressaten, Verpflichteten und Geschützten unterscheidbar: aa) Verbote, die nur die Gemeinschaftsorgane binden. Ein derartiges Ver­ bot findet sich in Art. 40 III EWGV: die gemeinsame Agrarmarktorganisa­ tion hat jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern auszu­ schließen. Das Gebot, die Organisation so zu gestalten, verbietet den Orga­ nen, die sie schaffen, Diskriminierungen zu dulden. Vergleichbar wirkt Art. 52 II EAGV: er bindet die Versorgungsagentur an ein Diskriminie­ rungsverbot gegenüber den Verbrauchern; bb) Verbote, die die Mitgliedstaaten binden, worin z. T. eine Spezifizie­ rung der allgemeinen mitgliedstaatlichen Verpflichtung aus Art. 5 EWGV gesehen werden kann, die Zielverwirklichung zu unterstützen und nicht zu gefährden. Sie finden sich in Art. 33, 36 II, 37 I, 44 I, 45 I, 48, 52, 60, 67, 68, 76, 79 I, 95, 111 Ziff. 5, 132, 220, 221 EWGV, Art. 69, 74 EGKSV. Auch Art. 119 EWGV statuiert ein an die Mitgliedstaaten adressiertes Verbot. Daß erst eine Drittwirksamkeit, also unmittelbare Anwendbarkeit in den Mitgliedstaaten derart, daß Frauen sich letztlich vor ihrem nationalen Gericht im Prozeß gegen ihren Arbeitgeber auf einen durch Art. 119 ver­ mittelten Anspruch auf Männerlohn berufen könnten, dem Zweck des Art. 119 voll genügen würde, ist einleuchtend. Denn bislang sind noch nicht alle Mitgliedstaaten dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 119 und den zu ihm ergangenen Empfehlungen vollen Umfangs durch Setzung entsprechenden staatlichen Rechts nachgekommen. Das allein aber würde solche Drittwirkung des Art. 119 selbst entbehrlich machen. Ihre Annahme hat sich bislang nicht durchgesetzt, obwohl (mit dem Rechtsausschuß des Parlaments17) anzu­ nehmen ist, „daß beachtliche Gründe für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 119 sprechen". Seine Stellungnahme Ziff. 17 hält deshalb die Be­ rufung der Frauen auf Art. 119 im Prozeß vor nationalen Gerichten mit guten Gründen für zulässig, zumal dadurch eine klärende Vorabentscheidung des Gerichtshofs herbeigeführt werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht ergangen; 15 Dazu: Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz (1971), für die Kartellaufsicht. 16 Dazu: Meier ZHR 133 (1969) 69. 17 Stellungnahme zum Bericht des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitsfra­ gen, Sitz.Dok. 26/68 Ani. II; im Ergebnis ebenso: Vogel-Polsky, JTrib 1967 Nr. 4570. — Der belgische Conseil d’État hat dem EuGH mit Beschluß vom 4. 12. 1970 (Rs 80/70, ABI. 1971 C 8, 3) die Frage vorgelegt, ob die Gleichberechtigung der Geschlechter eine unterschiedliche Altersgrenze (40 Jahre für Luftstewardessen) dul­ det. Mit Urteil vom 25. 5. 1971 (Rspr. XVII, 445) hat der EuGH entschieden, daß die im Streit befindliche Altersrente keine Vergütung im Sinne von Art. 119 II sei. — Die Abg. Lulling hat gefordert, daß die Kommission Diskriminierungen im europäischen Beamtenstatut und für die Aufstiegsmöglichkeiten der Frauen in der Verwaltung abbaue; vgl. Verhandlungen des Eur. Pari. Nr. 137, Sitzungen v. 19. bis 23. 4. 1971, 19 f.

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cc) Verbote, die den Marktbürger und die Gemeinschaftsorgane binden, denen zugleich die Kontrolle und Sanktionierung ihrer Beachtung im Rechts­ verkehr der Marktbürger obliegt: Art. 85, 86 EWGV, Art. 65, 66 EGKSV, Art. 52 I EAGV; hier findet Drittwirkung statt; dd) Verbote, die — in gleicher Weise wie die unter cc) bezeichneten — solche Drittwirkung äußern, darüber hinaus — außer der Gemeinschafts­ gewalt — aber auch die Mitgliedstaaten, also allseitig binden: Art. 7 EWGV, Art. 4 b, 60, 70 EGKSV; ee) Diskriminierungsverbote, die nur die Mitgliedstaaten und in ihnen ihre Marktbürger in ihren Rechtsbeziehungen binden, kennt das Gemein­ schaftsrecht nicht. Es kann sie nicht kennen, da diese Rechtsbeziehungen nicht den Wirtschaftsverkehr zwischen Mitgliedstaaten berühren und deshalb ohne Gemeinschaftsrelevanz sind. Ist das dagegen der Fall, wird also durch sie der Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten berührt, so werden diese Rechtsbeziehungen gemeinschaftsrelevant mit der Folge, daß das Gemeinschrftsrecht hierfür die Beachtung des Verbotes den Gemeinschafts Organen überantwortet. Kontrolle und Sanktionierung der Drittwirkung obliegt dann den Gemeinschaftsorganen, nicht den Mitgliedstaaten.

I I I . F ü r d ie D is k r im in ie r u n g s v e r b o te g e m e in sa m erh eblich e I n h a lts - u n d A n w e n d u n g s fr a g e n

12 Bestimmte Rechtsfragen können sich für den Inhalt und die Anwen­ dung aller Diskriminierungsverbote des Gemeinschaftsrechts in gemeinsamer Erheblichkeit stellen. Sie sind denen verwandt, die sich auch zur Exegese und Interpretation des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes gestellt haben. Ihre Kennzeichnung enthebt nicht der Aufgabe, die zu ihrer Beantwortung hervorgehobenen Gesichtspunkte auf ihre Verwertbarkeit für den jeweils anstehenden Diskriminierungstatbestand anhand der gerade für ihn zustän­ digen speziellen Verbotsregel zu prüfen. Denn gerade im Wirkungsbereich des Gleichheitssatzes kommt alles an auf tunlichst normspezifische und fall­ bezogene Ermittlung des Vergleichstatbestandes und seine Subsumtion unter das konkrete Diskriminierungsverbot.

1. W ir k s a m k e i t u n d V o l lz ie h b a r k e it

13 In ihrer Wirksamkeit und Vollziehbarkeit können Diskriminierungs­ verbote einen verschiedenen Platz in der Regelungsskala einnehmen. Sie reicht vom bloßen Programmsatz bis zur aktuellen, unmittelbar wirksamen und vollziehbaren Rechtsnorm. a) So bedurfte es nach Art. 63 I EWGV des vom Rat auf Kommissions­ vorschlag aufzustellenden allgemeinen Programms zur Aufhebung der Be-

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Diskriminierungsverbote

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Schränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, nach Abs. II seiner Richt­ linien zur Programmverwirklichung, um Dienstleistungsbeschränkungen nach dem verbotenen Unterscheidungsmerkmal der Staatsangehörigkeit auszu­ räumen. So setzt Art. 37 I EWGV das Verbot der Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitglied­ staaten (durch ihre staatlichen Handelsmonopole) erst in zeitlicher Schritt­ folge durch und auferlegt den Mitgliedstaaten bis dahin eine entsprechende Stillhalteverpflichtung für neue, entsprechend diskriminierend wirkende Maßnahmen. Wie es hier nationaler Durchführungsmaßnahmen bedarf, um das Verbot wirksam werden zu lassen, bedarf es hierzu in anderen Tat­ beständen der Setzung von Sekundärrecht durch die Gemeinschaftsorgane, so etwa in Art. 48 zur Herstellung der Freizügigkeit und der Ausräumung von Diskriminierungen nach der Staatsangehörigkeit. Ob es dessen auch bedurfte, um die in Art. 85, 86 EWGV stipulierten Verbote zur Wirkung zu bringen, war lange Zeit streitig und ist dann im Sinne unmittelbarer Wirk­ samkeit dieser Wettbewerbsregeln verneint worden18. b) Eine andere Frage der Wirksamkeitsintensität und -breite hat sich vertragsimmanent gestellt für die in den Grundsatzbestimmungen von EWGV und EGKSV enthaltenen, nicht sachgebietskonkretisierten Verbote des Art. 7 EWGV und des Art. 4 b EGKSV. aa) Von Art. 7 EWGV, dessen hervorgehobene, die ratio und Funktion der Vergemeinschaftung verdeutlichende Bedeutung außer Zweifel steht (nämlich in der Ausräumung der Staatsangehörigkeit als eines die Ungleich­ behandlung rechtfertigenden Unterscheidungsmerkmals), ist angenommen worden, er sei der lediglich „unvollkommene Ausdruck für ein Verbot jeder internationalen Diskriminierung“. Das würde bedeuten, daß er (dem Art. 4 b EGKSV vergleichbar) überall dort eingreifen müßte, wo vorgehende Spezialverbote fehlen, um jede internationale Diskriminierung (also nicht nur die personal an die Staatsangehörigkeit anknüpfende) zu verbieten (mit­ hin auch eine solche nach Warenherkunft, Wohnsitz usw.). Denn nur so werde das Gebot der Inländerbehandlung generell verwirklicht. Erreicht wird dieses, in der Intention des Vertrages liegende zutreffende Ergebnis durch eine vom Staatsangehörigkeitsrecht als solchem gelöste, materielle Deutung des Begriffs „Staatsangehörigkeit“. Damit wird zugleich die Inländerbehandlung i. S. des Art. III GATT gesichert und Umgehungs­ versuchen begegnet19. Gleichwohl bleibt Art. 7 EWGV auch in dieser Gcneralklausel-Funktion hinter der des Art. 4 b EGKSV zurück. Denn er wirkt in dem durch spezifizierte Diskriminierungsverbote nicht erfaßten Bereich der Vertragsanwendung eben nur, wo aus dem Merkmal materiell zu be­ stimmender Andersstaatlichkeit diskriminiert wird, nicht aber dann, wenn 18 EuGH Rs 13/61 Rspr. VIII, 97. 19 Steindorf}, Gleichheitssatz 30; EuGH Rs 13/63 Rspr. IX, 384.

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Inhalts- und Anwendungsfragen

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die Unterscheidung an andere Merkmale anknüpft. Art. 7 EWGV ist eben nicht der allgemeine Gleichheitssatz des EWG-Vertrages. Wo im Gemeinschaftsrecht für das Handeln der Gemeinschaftsorgane ein ungeschriebener allgemeiner Gleichheitssatz i. S. eines Willkürverbotes _als Verfahrensgrundsatz und Ermessensdirektive rechtsstaatlich wirksam ist, vermag Art. 7 EWGV mit seinem materiellen Verständnis ergänzend als Auslegungsregel zu wirken. Das gilt insbes. für die Ermessenshandhabung von Rat und Kommission, die sich in der Anwendung ihrer Entscheidungs-, Initiativ- und Vorschlagsbefugnisse unter Außerachtlassung der Gleichbe­ handlung nicht unterschiedlich gegenüber den Mitgliedstaaten verhalten dür­ fen (etwa durch Nachgiebigkeit gegenüber politischem Widerstand eines ein­ flußreichen Mitgliedstaates). So ist Art. 7 z. B. auch nützlich zur Interpreta­ tion des Art. 2 EWGV (Förderung einer harmonischen Wirtschaftsentwick­ lung in der Gemeinschaft durch die Gemeinschaftsorgane). bb) Die Wirksamkeit des Art. 4 b EGKSV geht nach Intensität und Breite weiter als die des Art. 7 EWGV, und dies eben deshalb, weil er — anders als Art. 7 EWGV — nicht an Merkmale der Anders-Staatlichkeit anknüpft. Daraus ergibt sich, daß Art. 4 b unmittelbar gilt, soweit der Vertrag Spe­ zial-Verbotsregelungen nicht bereitstellt20. Art 4 b (und auch die übrigen Bestimmungen des Art. 4) sind daher „selbständig und ohne weiteres an­ wendbar, wenn sie nicht in einem Teil des Vertrages näher bestimmt wer­ den". „Diese Bestimmungen sind sogar zwingender Natur und müssen gleich­ zeitig ins Auge gefaßt werden . . . Sie genügen sich selbst, sind also, soweit sie nicht im Einzelfall in andere Bestimmungen des Vertrages Eingang ge­ funden haben, unmittelbar anzuwenden.“ In diesem Sinne ist Art. 4 b ins­ besondere zu Art. 70 EGKSV (Verbot der Tarifdiskriminierung durch Unterstützungstarife) wirksam gemacht worden21. Insgesamt ist Art. 4 b also in allen Vertragsregeln, die von ihm erfaßte Tatbestände betreffen, in der ihm selbst innewohnenden unmittelbaren und zwingenden Wirksamkeit „mitgeschrieben“. Art. 4 b hebt die Aktualität, Stringenz und Intensität der übrigen einschlägigen Vertragsregeln automatisch auf sein eigenes Niveau an. c) In ihrer Funktion haben an die Gemeinschaftsorgane adressierte Dis­ kriminierungsverbote, aus denen die Marktbürger berechtigt sind, und solche echter Drittwirkung hier beschriebenen Inhalts (wegen der Kontroll- und Sanktionskompetenzen der Gemeinschaftsorgane) für den Marktbürger den Schutz- und Abwehrwert, den im nationalen Verfassungsrecht der GleichJbeitssatz als Grundrecht vermittelt. Insofern mag von einer gemeinschafts­ rechtlichen Grundrechtsposition des Marktbürgers gesprochen werden. 20 EuGH Rs 7 u. 9/54 Rspr. II, 91; Rs 2/56 Rspr. III, 44. 21 Darstellung bei Klaer, Die Anwendung von Diskriminierungsverboten 98; ders.y Der Verkehr im Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl (1961) 55; Mucht Ausnahmetarif und Wirtschaftsintegration, ZHR 124 (1961) 110; EuGH Rs 3/58 ff. Rspr. VI, 373; Rs 27/58 ff. Rspr. VI, 513.

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Diskriminierungsverbote

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d) Inhaltlich differieren die Diskriminierungsverbote auch nach ihrer Starre, ihrer Flexibilität, nach ihrer Unbedingtheit oder Dispensierbarkeit durch Ausnahme- und Freistellungsvorbehalte. Auch hier ist jeweils anhand ihrer speziellen Ausgestaltung konkrete Interpretation geboten, soweit im EGKS-Recht der in allen Spezialregelungen „mitgeschriebene“ Inhalt des Art. 4 b sie nicht entbehrlich macht. 2. F e stste llu n g u n gleich er B e h a n d lu n g v e r g le ic h b a r e r T a tb e s tä n d e 14 Ob eine verbotene Diskriminierung stattfindet, hängt ab von der Fest­ stellung ungleicher Behandlung vergleichbarer Tatbestände22. Denn das Dis­ kriminierungsverbot, als Gleichbehandlungsgebot wirksam, gilt nur im Rah­ men vergleichbarer Tatbestände. Wo die Tatbestände nicht vergleichbar sind, ist eine Differenzierung erlaubt, als solche also keine verbotene Diskri­ minierung. a) Schwierigkeiten für die Feststellung des Vergleichstatbestandes bietet das Kriterium der Vergleichbarkeit nach Vergleichsgegenstand und Ver­ gleich smaß stab. Darin stehen die gemeinschaftsrechtlichen Diskriminicrungsverbote in ihrer Handhabung dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz nicht nach2223. Auch hier ist deshalb zunächst erforderlich „eine Analyse der Rechtsstellung oder -läge desjenigen, der sich auf eine Differenzierung defen­ siv (gegenüber einer lästigen Benachteiligung) oder postulativ (gegenüber einer unterlassenen, ihm günstigen Handhabung . . .) beruft, im Vergleich zu anderen vergleichbaren, die von der Benachteiligung unberührt geblieben sind oder die fragliche Begünstigung erfahren haben“. Das bedeutet negativ: „Keine abstrahierten, generalisierenden Gleichheits-Formeln ohne konkrete, fallgebundene Tatbestandswürdigung und normative Zweckbestimmung.“ Welche Unterschiede im Vergleichstatbestand irrelevant, welche dagegen relevant sind, ist dem Diskriminierungsverbot nach Sachzusammenhang und Normzweck zu entnehmen. Letztlich ist dabei auf die allgemeinen Ziel­ bestimmungen der Verträge zurückzugreifen, deren Verwirklichung das Dis­ kriminierungsverbot jeweils dient. b) In dieser Weise hat die Rechtsprechung des Gerichtshofs insbesondere eingegrenzt, worin i. S. der Art. 60 und 70 EGKSV die relevante Besonder­ heit, das Typische der Vergleichbarkeit von Tatbeständen besteht, die un­ gleich zu behandeln das Verbot untersagt, und inwieweit andererseits Ver­ schiedenheiten im jeweiligen Sachzusammenhang vorliegen, die keine Rele­ vanz haben24. Art. 60 EGKSV verbietet den Marktteilnehmern, „auf ver­ gleichbare Geschäfte ungleiche Bedingungen anzuwenden“. Art. 70 EGKSV 22

Dazu: Zimmermann, Die Preisdiskriminierung im Recht der Europäischen

Gemeinschaft für Kohle und Stahl 76; EuGH Rs 20/68 Rspr. XV, 246.

23 Ipsen, Gleichheit 178. 24 Nadiweise der Rechtsprechung bei Zimmermann, Preisdiskriminierung 69—76.

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Inhalts- und Anwendungsfragen

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fordert, daß den „in vergleichbarer Lage befindlichen Verbrauchern ver­ gleichbare Preisbedingungen“ geboten werden. Beide Gleichbehandlungs­ gebote erfassen nur vergleichbare Tatbestände im Falle ihrer ungleichen Be­ handlung, beschränken also die Handlungsfreiheit des Marktbürgers dahin, in vergleichbarer Lage befindliche Geschäftspartner gleich zu behandeln. Bei der Vergleichung sind nicht alle Bedingungen zu berücksichtigen, denen die Marktteilnehmer unterliegen (da sonst „jedes Unternehmen nur mit sich selbst vergleichbar wäre“25). Deshalb ist i. S. des Art. 70 I EGKSV unter „vergleichbarer Lage“ nur die Vergleichbarkeit unter dem Gesichtspunkt des Transports zu verstehen, nicht etwa auch die Lage des Unternehmens an sich.

3 . G e m e in s c h a fts o r g a n e a ls V e r b o ts a d r e s s a te n

15 An die Gemeinschaftsorgane gerichtete Diskriminierungsverböte sind von diesen ebenfalls im Sinne der Zielverwirklichung der Verträge zu be­ achten. Auch sie dürfen hierbei nur solche Vergleichsmaßstäbe zugrunde legen, die im Sinne der Zielverfolgung adäquat und sachlich gerechtfertigt sind. Liefert das Vertragsrecht hierfür keine hinreichend konkretisierbaren Merkmale und Maßstäbe, sind die Gemeinschaftsorgane letztlich i. S. des allgemeinen Gleichheitssatzes jedenfalls dem Willkürverbot verpflichtet, d. h. gehindert, nach der ratio des Diskriminierungsverbotes inadäquat oder sachfremd zu differenzieren und unwesentliche oder unerhebliche Unterschiede als relevant zu werten26. Die Aufgabe der Gemeinschaftsorgane, zwischen den Marktbürgern wir­ kende Diskriminierungsverbote zu kontrollieren und zu sanktionieren, ist durch das Willkürverbot, dem sie selbst unterworfen sind, ebenso gebunden, wie ihre Kompetenz schlechthin in der Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten gegenüber den Marktbürgern. In keinem Falle ist die Gemeinschaftsgewalt befugt zu zweck- und normfreier Dezision und zu subjektivem Belieben. Ob sie diese Handlungsgrenzen überschritten hat, unterliegt der Kontrolle des Gerichtshofs. Seine Entscheidung darüber, ob die Gemeinschaftsgewalt will­ kürlich gehandhabt wurde oder nicht, ist letztlich maßgeblich und im Rah­ men des Gemeinschaftsrechts nicht mehr überprüfbar. Deshalb ist und bleibt letztlich das Verhalten Willkür und verbotene Diskriminierung — oder (um­ gekehrt) gerecht und nicht verbotene Unterscheidung —, das das Urteil des Gerichtshofs so qualifiziert. Darin unterscheidet sich indes das Gemeinschafts­ recht und die Wirksamkeit seiner Diskriminierungsverbote nicht vom deut­ schen Verfassungsrecht und der Wirksamkeit seines Gleichheitssatzes: was Willkür und Diskriminierung, deshalb verfassungswidrig, oder nach Gleichheits- und Willkürprüfung als gerecht erkannt und deshalb verfassungs25 EuGH Rs 3/58 ff. Rspr. VI, 409. 26 lpseny Gleichheit 183, 190; Loerkey Hoheitliche Gewalt und Diskriminierungs­ verbot 70, 91.

Diskriminierungsverbote

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gemäß ist, bestimmt letztlich auch hier ein Gericht, nämlich das Bundesver­ fassungsgericht.

4.

S u b je k tiv e u n d o b je k tiv e V o r a u s s e tz u n g e n

Zur tatbestandlichen Verwirklichung des Diskriminierungsverbotes ist ein subjektives Element absichtlicher Benachteiligung nicht erforderlich, in ob­ jektiver Hinsicht in der Regel auch nicht der Eintritt eines schädigenden Nachteils als Folge der Ungleichbehandlung27. 16 a) Da das Diskriminierungsverbot nur das Ergebnis des unzulässigen Verhaltens mißbilligt, kommt es auf seine Motivierung und folglich die Schuldhaftigkeit des Verhaltens nicht an. Insbesondere ist „eine auf Benach­ teiligung abzielende Absicht des Diskriminierenden . . . nicht erforderlich. Der Tatbestand der Diskriminierung erschöpft sich in der objektiven Ver­ letzung einer Gleichbehandlungspflicht mit benachteiligender Wirkung"28. 17 b) Benachteiligende Wirkung als Tatbestandselement der Diskriminie­ rung bedeutet nicht, daß diese einen unmittelbaren Schaden bewirkt haben müßte, obwohl sein Eintritt ein Indiz für eine verbotene Diskriminierung darstellt. Es genügt, daß diese für vergleichbare Fälle ungleiche Bedingun­ gen schafft. Die Herstellung schon dieser Lage stellt die tatbestandsmäßig erforderliche Benachteiligung dar, nämlich eine Beeinträchtigung der Chan­ cengleichheit im Wettbewerb. Diese Benachteiligung braucht nicht finanziel­ len Nachteil zu bedeuten. Das rechtfertigt die Annahme, daß Herbeiführung unmittelbaren Schadens nicht zu den Tatbestandselementen der Diskriminie­ rung zählt. Andererseits zählt nur solche Benachteiligung, die eine gewisse Schwere und hinreichende Intensität aufweist, um überhaupt rechtlich be­ deutsam zu sein29.

27

Z im m e r m a n n

78; Loerke 91; Klaer, Der Verkehr 54; EuGH Rs 3/58 ff. Rspr*

VI, 411. 28



Z i m m e r m a n n 81. I p s e n , Gleichheit

178.

§ 31 WETTBEWERBSREGELN — ÜBERBLICK A ppollonio , Le regolamentazioni della C. E. E. sulla concorrenza (1970); Ber­ nardini, Regole di concorrenza nei trattati economici internazionali (C. E. C. A. —

C. E. E. — Euratom) (1960); Comparative aspects of anti-trust law in the United States, the United Kingdom and the European Economic Community (1963); van Damme , La mise en oeuvre des articles 85 et 86 du Traité de Rome, CahDrEur 1967, 49; Deringer , Zum Wettbewerb der Montanunion, BB 1955, 113; Deringer, The distribution of powers in the enforcement of the rules of competition under the Rome Treaty, CMLR 1963, 30; Deringer, Kooperation und Konzentration im Spannungsfeld von Wettbewerbs- und Gescllschaftsrecht, in: Kooperation und Kon­ zentration im Gemeinsamen Markt, Kartellrcchtsforum Brüssel (1967) 85; Ellis, Les règles de concurrence du Traité de Rome applicables aux entreprises, RevIntDrComp 1963, 299; Forsyth, Cartel policy and the Common Market (1962); Fröhler, Europäisches Kartellrecht (1962); Goldman, Cours de droit du commerce et de la concurrence dans les Communautés Européennes (1964); Grisoli, Dis­ ciplina delle intese e diritto europeo di concorrenza (1969); von der Groehen, Wett­ bewerbspolitik in der EWG, WuW 1961, 373; von der Groehen, Die Aufgaben der Wettbewerbspolitik im Gemeinsamen Markt und in der Atlantischen Partnerschaft, WuW 1964, 1001; von der Groehen , La politique de concurrence, partie intégrante de la politique économique dans le Marché Commun, RevTrimDrEur 1965, 401; Günther, Relevanter Markt im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1960); Gün­ ther, Europäische und nationale Wettbewerbspolitik, Fs Böhm 279; Günther, Wege zur Europäischen Wettbewerbsordnung (1968); Hellwig, Das Wettbewerbsrecht bei der Fusion der drei Verträge, in: Beiträge zum EWG-Kartellrecht (1967) 211; Kirschstein, Die Fusion des Wettbewerbsrechts der Europäischen Gemeinschaften, EuR 1968, 10; Klaue, Gemcinschaftskartellrecht und nationales Kartellrecht, WuW 1969, 593; Koch, Das Verhältnis der Kartellvorschriften des EWG-Vertrages zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BB 1959, 241; Kronstein, Recht und wirtschaftliche Macht. Die Bedeutung der Wettbewerbsregeln im Gesamtrahmen des Montanvertrages und des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (1962); Laheau, Aspects économiques de la politique de concurrence dans le Mardié Commun, RevMC 1966, 809; Linthorst-Homan, Die Bedeutung der Wettbewerbsregcln in der Wirtschaftspolitik der EGKS, WuW 1965, 901; Marken, Wettbewerb und Wirtschaftspolitik in der EWG, EuR 1970, 349; Mestmäcker, Parallele Geltung von Verbotsnormen des deutschen und des europäischen Redits der Wettbewcrbsbesdiränkungen, BB 1968, 1297; Mestmäcker, Die Vermittlung von europäischem und nationalen Recht im System unverfälschten Wettbewerbs (1969); Mok, The cartel policy of the E. E. C. Commission 1962—1967, CMLR 1968, 67; Naß, Über das Verhältnis zwischen europäischem und deutschem Kartellrecht, in: Fragen des europäischen Kartellrechts (1970) 1; Rosauer, Le regole di concorrenza nel sistema giuridico delle Comunità europee. Raffronto tra le norme stabilite al riguardo dal Trattato C. E. C. A. e dal Trattato C. E. E., RivDirEur 1964, 30; Schumacher, Die Systematik des Wettbewerbsrechts, WuW 1971, 165; Schumacher, Le système du droit de la concurrence, RevTrimDrEur 1971, 40, Spormann, Die Entwicklung der Europäischen Wettbewerbspolitik, AWD 1970, 156; Swann-McLachlan, Concentration or competition: a european dilemma? (1967); Peter Ulmer, Europäisches Kartellrecht auf neuen Wegen?, AWD 1970, 193; Peter Ulmer, Euro­ päische Wettbewerbsordnung in Gefahr?, FAZ Nr. 79 vom 3. 4. 1971, 17; Verloren van Themaat, Competition and planning in the EEC and the Member States, CMLR 1970, 311.

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Wettbewerbsregeln — Überblick

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7. V e r tr a g s z ie le u n d W e ttb e w e r b s r e g e lu n g e n 1. R e la tio n

1 Nach Art. 3 f EWGV gehört zu den Zielen der EWG „die Errichtung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt“. Nach Art. 4 b und d EGKSV werden als unver­ einbar mit dem Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl aufgehoben und untersagt: Maßnahmen und Praktiken, die eine Diskriminierung zwischen Erzeugern und Käufern oder Verbrauchern herbeiführen, insbesondere hin­ sichtlich der Preis- und Lieferbedingungen und der Beförderungstarife, sowie Maßnahmen und Praktiken, die den Käufer an der freien Wahl seines Lie­ feranten hindern (lit. b), und einschränkende Praktiken, die auf eine Auf­ teilung oder Ausbeutung der Märkte abzielen (lit. d). Diese Zielbestimmungen stehen in Relation zu den Vertragszielen und Gemeinschaftsmaßnahmen, die — für die EWG auch mit dem Institut der Zollunion — durch Abschaffung aller mengenmäßigen und wirkungsgleichen Beschränkungen des Warenverkehrs und Sicherung ergänzender Freiheiten im Gemeinsamen Markt binnenmarktähnliche Verhältnisse herzustcllen suchen. Denn die gemeinschaftsrechtliche Beseitigung hoheitlicher Handels­ und Verkehrsschranken würde das Ziel der Herstellung solcher Verhältnisse verfehlen, soweit die Träger der Wirtschaft selbst durch gegenwirkende Ver­ einbarungen oder Praktiken den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt Be­ schränkungen unterwerfen würden, die die Abschaffung nationaler Hoheits­ hindernisse gerade beseitigt. Das zu verhindern, ist eine wesentliche Inten­ tion der Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts. Die Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts erneuern erfolglos ge­ bliebene Bemühungen, die gegen „Kartelle, Konzerne, Trusts“1 als Erschei­ nungsformen wirtschaftlicher Konzentration seit ihrem Aufkommen mit den Mitteln internationaler Regelung unternommen worden sind. Art. 46 I, III, Art. 50 der (nicht in Kraft getretenen) Havanna-Charta von 1947 hatten die Mitgliedstaaten zur Gesetzgebung gegen wettbewerbsbeschränkende Handelspraktiken und Monopol-Kontrollen verpflichten wollen, während das GATT von 1947 insoweit letztlich keine Bindungen mehr vorsieht. Die Wettbewerbsregeln des EGKSV sind nicht ohne Einfluß der amerikanischen Rechtsentwicklung und -erfahrung zustande gekommen2. Diejenigen des 1 So die Dreiteilung möglicher Konzentrationserscheinungen wettbewerbsrecht­ licher Relevanz nach dem gleichnamigen Titel des Werkes von Liefmann (7. Aufl. 1927). 2 Zu den Zusammenhängen mit dem Interstate Commerce Act (ICA) vom 4. 2. 1887/1. 11. 1951 vgl. Klacr, Der Verkehr im Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl (1961) 47. Die Begriffsbildung, Auslegung und Handhabung des ICA durch die Interstate Commerce Commission und ihre Rechtsprediung haben deshalb in den großen Prozessen um die deutschen und französischen Ausnahmetarife der Eisenbahnen eine Rolle gespielt. Der Verfasser (als Beistand der damaligen Hohen Behörde) erinnert sich, daß Wengler (als Prozeßbevollmächtigter des als Strcithelfer

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Vertragsziele und Wettbewerbsregelungen

3 1 /1 -2

EWGV stehen dem deutschen Recht näher, das im Gesetz gegen Wettbe­ werbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957 seit dem 1. Januar 1958 anwendbar ist. 2. E n tsc h e id u n g f ü r W e ttb e w e r b s f r e ih e it

2 Zum Gegenstand des Gemeinschaftsrechts, das den Gemeinsamen Markt mit den Mitteln des Rechts konstituiert, gehören auch Wettbewerbsregeln. Das erklärt sich indes nicht nur aus der Gefahr, daß Wettbewerbshindernisse privater Gestaltung die Marktfreiheit beschränken könnten, die die gemein­ schaftsrechtliche Beseitigung staatlicher Hoheitsbeschränkungen gerade her­ stellt und sichert. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung des Wettbewerbs im Sinne einer Sicherung der Wettbewerbsfreiheit der Marktbürger kann — von jener Wcchselabhängigkeit abgesehen — auch als prinzipielle Entschei­ dung der Gemeinschaftsverfassung für die Wettbewerbsfreiheit an sich und für ihre funktionelle Eignung als M ittel optimaler Marktentwicklung und Selbstregulierung angesehen werden. Ob und inwieweit das zutrifft, ist und bleibt umstritten*3. Die Frage grenzt — wie auch in der nationalen Auseinandersetzung — an letzte wirtschaftspolitische, allgemein-politische, ja „weltanschauliche“ Wert­ vorstellungen. Sie entzieht sich auch deshalb eindeutiger Entscheidung, weil die Mitgliedstaaten in die Gemeinsdiaften mit höchst unterschiedlichen Grundvorstellungen über Wettbewerbsfreiheit und Regelungsbedürftigkeit eingetreten sind. So erklärt sich einmal, daß zwischen den strengen Wett­ bewerbsregeln über Kartelle und Monopole des EGKSV für Bergbau und Eisen- und Stahlindustrie einerseits, den entsprechenden Regeln des EWGV für die Wirtschaft im übrigen Gefälle-Unterschiede bestehen; zum andern, daß die EWG-Wettbewerbsregeln des Vertrages selbst nicht hinreichend ein­ deutig und geschlossen sind und als „Grundsätze“, wie sie sich selbst nennen, erst durch das einschlägige Sekundärrecht und die Entscheidungspraxis der zuständigen Gemeinschaftsorgane, insbesondere der Kommission, festere beteiligten Landes Hessen) wesentlich unter Berufung auf diese amerikanische Recht­ sprechung argumentierte und es nächtlicher Telex-Kommunikation mit Washington bedurfte, um Entscheidungstexte zum Gebrauch des Gerichtshofs in der mündlichen Verhandlung zu beschaffen; vgl. EuGH Rs 3/58 ff. Rspr. VI, 392, wo auf diese Vergleichsargumentation des Landes hingewiesen wird. Der Gerichtshof hat (a.a.O. 411) „jeden Versuch, die Anwendung von Art. 70 EGKSV der Praxis des der Vereinigten Staaten anzugleichen, als untauglich“ zu­ rückgewiesen, da der Gemeinschaft eine so umfassende verkehrspolitische Zustän­ digkeit, wie die Commission sie besitze, nicht zukomme. 3 Dazu etwa: Markert EuR 1970, 349; Ritter, Der Wandel der Wirtschaftspoli­ tik und die wirtschaftsverfassungsrechtliche Bedeutung des Gesetzes gegen Wett­ bewerbsbeschränkungen, BB 1968, 1393; Günther Fs Böhm 279; Spormann AWD 1970, 156; Peter Ulmer FAZ Nr. 79 v. 3. 4. 1971, 17; ders., AWD 1970, 193. — Zur „Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs“ allgemein vgl. das gleichnamige Werk (2. Aufl. 1967) von Kantzcnbach.

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Wettbewerbsregeln — Überblick

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Züge angenommen haben und weiterhin annehmen werden. Insoweit ist die Entwicklung noch im Fluß.

3. W ir tsc h a ftlic h e B e d e u tu n g u n d E n tw ic k lu n g

3 a) Die wirtschaftliche Bedeutung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbe­ werbsregeln im Primär- und Sekundärrecht und ihrer Anwendung ist außer­ ordentlich. Sie wird in ihrer Gesamtwirkung von kaum einer der anderen großen Verfassungsentscheidungen des Gemeinsamen Marktes und ihrer Durchsetzung übertroffen. Daß Rechtsfragen ihrer Auslegung und Anwen­ dung zu den meist erörterten des Gemeinschaftsrechts zählen und eine inten­ sive Spruchpraxis des Gerichtshofs ausgelöst haben, findet auch hierin seine Erklärung. Andererseits trägt die bevorzugte Durchdringung dieses Teil­ gebietes des Gemeinschaftsrechts trotz seiner Spezialität auch zur Erörterung und Klärung allgemeiner bedeutsamer Probleme des Gemeinschaftsrechts bei. Daß die Gesamtmaterie hier (in §§ 31—33) nur in knappen Grundzügen zu behandeln ist, wird auch dadurch gerechtfertigt, daß sie das bislang am intensivsten behandelte Teilgebiet des Gemeinschaftsrechts ausmacht. 4 b) Welche Entwicklung die europäische Wettbewerbspolitik inzwischen genommen hat, erweist sich vornehmlich an der sekundärrechtlichen Ausfüh­ rung des einschlägigen Vertragsrechts, der Entscheidungspraxis und Auf­ sichtstätigkeit der Kommission, nicht zuletzt an der Rechtsprechung des Ge­ richtshofs. Ihre Bedeutung vor allem kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Es gehört zum Abriß des Kartellrechts (§ 3 2 ) und der Rechtsregeln zur Kontrolle des Mißbrauchs der Marktbeherrschung (§ 33), die Thematik der sekundärrechtlichen Ausführung und die Leitentscheidungen des Ge­ richtshofs zur Entwicklung des Wettbewerbsrechts zu bezeichnen. Insgesamt kann für die großen Entwicklungszüge folgendes festgestellt werden: aa) Das Gemeinschaftsrecht begreift die Freiheit des Wettbewerbs nicht an sich, sondern in seiner Wirksamkeit. Diese ist nicht nur ökonomisch­ zweckhaft, sondern als Element der Privatrechtsordnung zur Durchsetzung verfassungsrechtlicher Grundrechtsprinzipien der Freiheit und der Gleichheit zu verstehen. Deshalb kommt dem Wettbewerbsrecht und seiner hoheitlichen Sanktionierung nebst Drittwirkung auch eine gesellschaftspolitische Bedeu­ tung zu4. Sie wird ergänzt durch den dem Wettbewerb eigenen Integra­ tionseffekt, den das Gemeinschaftsrecht in dieser seiner Funktion einsetzt. bb) Deshalb soll das Gemeinschaftsrecht nicht nur verhindern, daß abge­ baute staatliche Handelshemmnisse durch gleichwirkende private Wettbe­ werbsbeschränkungen ersetzt werden. Der Wettbewerb ist vielmehr von Be­ ginn an auch als „Lenkungsinstrument des Wirtschaftsablaufs“ bezeichnet worden, so z. B. im Aktionsprogramm der Kommission für die Zweite Stufe 4 Marken EuR 1970, 350, 353.

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Vertragszielc und Wettbewerbsregelungen

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vom 24. Oktober 19625 und im ersten Ratsprogramm für die mittelfristige Wirtschaftspolitik vom 25. April 19676. Ob die hierfür zuständige Kommission diesem Programm mit hinreichender Ak­ tivität und unter einer geschlossenen Konzeption entsprochen hat, ist in Zweifel ge­ zogen worden7. Die Kommission hat zunächst in den Jahren 1958 bis 1962 die zu Art. 85, 86 EWGV erforderlichen Verfahrensregeln entwickelt. Sie sind in der Rats­ verordnung Nr. 17 vom 6. Februar 1962 und den Durchführungsregelungen der Kommission ergangen. Die zweite, bis 1967 reichende Phase der Kommissionsarbeit galt vornehmlich den Grundsätzen zur Beurteilung der sog. Alleinvertriebsverträge. Danach schließlich hat die Kommission in Einzelfallentscheidungen die horizontale Unternehmenskooperation über die mitgliedstaatlichen Grenzen hinweg mit dem Ziel behandelt, die Verflechtung der nationalen Märkte zu fördern. Die Auswir­ kungen dieser Förderung haben auch Bedenken ausgelöst, weil sie Konzentrations­ folgen hat. Andere Bereiche der Wettbewerbspolitik sind bislang in solcher Weise wettbewerbspolitisch und -rechtlich nicht abgeklärt, so etwa der der PatentlizenzVerträge. Konzentrationsvorgänge sind jetzt erstmalig von der Kommission verfah­ rensmäßig gemäß Art. 86 EWGV erfaßt worden. Eine Konzentrations- und Fu­ sionskontrolle, deren Notwendigkeit auch die Kommission in ihrem Memorandum zur Industriepolitik von 19708 hervorgehoben hat, ist bislang weder konzipiert noch realisiert.

5 c) Aus diesem Entwicklungsstand können Folgerungen9 für die künftig notwendige Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft und ihre Einfügung in die gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik gezogen und einzelne von ihnen hervor­ gehoben werden. aa) Die Wettbewerbspolitik darf den Schutz vor übermäßiger Einschrän­ kung durch wirtschaftliche Macht nicht vernachlässigen. Ihr Gegenstand sollte der Wettbewerb als Steuerungsinstrument sein, nicht die individuelle Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens an sich. bb) Der Gemeinschaft obliegt, auch solche Wettbewerbsbeschränkungen zu kontrollieren, die als Verfälschungen und Verzerrungen durch mitglied­ staatliche Regelungen und Maßnahmen hervorgerufen werden. Insoweit bil­ det die Rechtsprechung des Gerichtshofs über die vorläufige Wirksamkeit angemeldeter, die volle Wirksamkeit nicht anmeldepflichtiger Vereinbarun­ gen ebenso eine Erschwerung wie eine (zu beobachtende) nur zurückhaltende Mitwirkung nationaler Kartellbehörden bei der Anwendung des Wettbe­ werbsrechts der Gemeinschaften. cc) Die Monopolpolitik der Gemeinschaft wird über die bloße Verhal­ tenskontrolle des Art. 86 EWGV hinaus eine Kontrolle der Zusammen5 Memorandum der Kommission über das Aktionsprogramm der Gemeinschaft für die zweite Stufe (1962) Nr. 23. 6 ABI. 1967, 1521. 7 Peter Ulmer, FAZ Nr. 79 v. 3. 4. 1971, 17 (auch zum Folgenden). 8 Die Industriepolitik der Gemeinschaft (1970) 157. 9 Hierzu: M arken EuR 1970, 364; zum Entwicklungsstand: Kartelle und markt­ beherrschende Stellungen. Überblick über Maßnahmen zur Anwendung der Art. 85 und 86 EWGV (Stand 1. 12. 1971; Hg. Sprechergruppe der Kommission); Borschettc, Verh. EurParl. Nr. 139, v. 7.—11. 6. 1971, 21 f. 39

Ipscn, Eur. Gemeinschaftsrecht

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Wettbewerbsregeln — Überblick

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Schlüsse schon im Prozeß ihrer Anbahnung und ihres Vollzuges wahrzuneh­ men haben. Eine solche erst nach Eintritt der Marktbeherrschung erfüllt den Kontrollzweck nicht oder erst zu spät.

I I . R e c h tsg ru n d la g e n

Die einschlägigen Rechtsgrundlagen sind umfangreich und notwendiger­ weise detailliert. Dies deshalb, weil insbesondere im EWG-Bereich das Ver­ tragsrecht nur Grundsätze bereitstellt, die erst das Sekundärrecht nach Grup­ pen unterschiedlicher wirtschaftlicher Tatbestands-Komplexe auffächern und ausführen konnte. Auch wurde erst mit dem Sekundärrecht das erforderliche Verfahrensrecht bereitgestellt. Im Montanbereich ist bereits das Vertrags­ recht selbst näher spezifiziert. 1.

EW GV

6 Die Wettbewerbsregeln der EWG sind enthalten in Art. 85—90 EWGV und in zahlreichen Regelungen des Sekundärrechts. a) Das Kartellrecht regeln Art. 85 EWGV und im Sekundärrecht als wichtigste Normierungen die Rats-VO Nr. 17 (1. DVO zu Art. 85, 86)10 nebst Ausführungsverordnung Nr. 27 der Kommission11, die Rats-VO Nr. 19/65 (Anwendung von Art. 85 III auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen)1* sowie die Kommissions-VO Nr. 67/67 (Anwendung von Art. 85 III auf Gruppen von Alleinvertriebs­ vereinbarungen)13, die Rats-VO Nr. 2821/71 (weitere Gruppcnfrcistellungen)14 und die Rats-VO Nr. 2822/71 (Ergänzung der VO Nr. 17: Aus­ nahmen von der Kartellmeldepflicht für Forschungs-, Entwicklungs- und Spezialisierungsvereinbarungen)15. Die Rats-VO Nr. 2616 regelt die An­ wendbarkeit bestimmter Wettbewerbsvorschriften auf die Produktion land­ wirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit ihnen, die Rats-VO Nr. 1017/6817 die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs — nebst den zu ihrer Durchführung ergangenen Kommissions-Verordnungen Nr. 1629/6818 und Nr. 1630/6919. b) Gegen den Mißbrauch einer den Markt beherrschenden Stellung, also die mißbräuchliche Ausnutzung von Monopolstellungen, wendet sich Art. 86 EWGV. 1° ABI. 1962, 204; Änd. ABI. 1962, 1655 und 1963, 2696. 11 ABI. 1962, 1118 m. Änd. ABI. 1968 L 189, 1. — Vgl. auch KommissionsVO Nr. 99/63 über die Anhörung nach Art. 19 I u. II der VO Nr. 17, ABI. 1963, 2268. 12 ABI. 1965, 533. 13 ABI. 1967, 849. 14 ABI. 1971 L 285, 46. is ABI. 1971 L 285, 49. 18 ABI. 1962, 933. « ABI. 1968 L 175, 1. iß A B I. 1 9 6 9 L 2 0 9 ,

1.

10 A B I. 19 6 9 L 2 0 9 , 11.

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Rechtsgrundlagen

3 1 /6 -7

c) Das Verfahren zur Durchführung der Art. 85, 86 regelt kompetentiell Art. 87, der (Abs. I) dem Rat die Aufgabe zuweist, alle Verordnungen oder Richtlinien zu erlassen, die zur Verwirklichung der in den Art. 85, 86 nie­ dergelegten Grundsätze zweckdienlich sind. Materiell wird diese sehr weit­ gehende Ermächtigung dirigiert durch die Zweckbestimmungen in Art. 87 II und — selbstverständlich — die den Art. 85, 86 zugrunde liegenden Rege­ lungsprinzipien. Die unter a) bezeichneten Rats-Verordnungen sind kraft dieser Ermächtigung ergangen. d) Unabhängig vom Ablauf der Übergangszeit und der Übergangsvor­ schrift des Art. 88 weist Art. 89 der Kommission Kontroll- und Über­ wachungsaufgaben zu zur Verwirklichung der in Art. 85, 86 niedergelegten Grundsätze. e) Art. 90 (am Ende der Wettbewerbsregeln plaziert) grenzt ihre An­ wendbarkeit ab in bezug auf die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand in öffentlichen Unternehmen, Versorgungsunternehmen und Staats­ monopolen (37/13 ff.). f) Von Bedeutung für die Regelung des Wettbewerbs ist endlich das Dis­ kriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit des Art. 7 EWGV20 (30/6, 13) mit seinen zahlreichen Spezifikationen (Art. 48, 52 II, 60 III, 67 I, 68 II sowie Art. 37 I, 40 III, 44 I, 45 I, 132 IV, V). Dieser „große Gleichheitssatz“ des Gemeinsamen Marktes aktueller Wirksamkeit, der die staatsangehörigkeitsrechtlichen Unterschiede der Marktbürger als sol­ cher (nicht als Angehöriger ihres Staates) auf hebt, hat auch im Wettbewerbs­ recht Bedeutung. Seine allgemeinen Diskriminierungsverbote umfassen auch dasjenige aus Gründen der Staatsangehörigkeit, das seinerseits kraft Art. 7 gilt und eine Differenzierung dieser Art oder Umgehungen dieser Wirkung als per se unzulässig und irrelevant erklärt.

2. E G K S V 7 Die Wettbewerbsregeln der EGKS sind enthalten in Art. 4 b, d sowie Art. 65—67 EGKSV. Anders als das EWG-Recht enthält der EGKSV in Art. 4 b, d ein allgemeines Diskriminierungsverbot. Von ihm hat die Recht­ sprechung des Gerichtshofs angenommen, daß es in allen speziellen Ver­ tragsvorschriften, die der Gleichstellung der Wettbewerbsbedingungen die­ nen, „mit geschrieben“, in ihnen also zur Wirkung zu bringen ist (30/13). a) Kartellabsprachen und verabredete Praktiken — über Preise, Produk­ tionsbeschränkungen oder Marktaufteilungen — verbietet Art. 65 §§ 1, 2 für alle Kohle oder Stahl erzeugenden Unternehmen sowie für den Großund Zwischenhandel (Art. 80 EGKSV). Art. 65 § 2 Abs. I, II ermöglicht 20 Meier, Der Schutz des Marktbürgers durch das Diskriminierungsverbot des Art. 7 I EWGV, ZHR 133 (1969) 61. 39·

31/7-9

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unter bestimmten Ausnahmevoraussetzungen die Zulassung bestimmter Kar­ telle. b) Die Duldung von Zusammenschlüssen und die Beaufsichtigung markt­ beherrschender Unternehmen regelt Art. 66 in einer der Konzentration ge­ genüber grundsätzlich ablehnenden Tendenz. c) Art. 65, 66 enthalten auch genaue Zuständigkeits- und Verfahrens­ regelungen zur Handhabung der Kartell- und Monopolaufsicht und -kontrolle. d) Art. 67 stellt Maßnahmen eines Mitgliedstaates, die sich fühlbar auf die Wettbewerbsbedingungen auswirken können, unter eine Gemeinschafts­ kontrolle. e) Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 4 b EGKSV wird spe­ zifiziert in Art. 60 (Preise) und 70 (Transporttarife). Kartellen und markt­ beherrschenden Unternehmen ist nach Art. 65 § 2, 66 § 7 jede Diskriminie­ rung verboten.

3. E A G V

8 Art. 52 I, II a EAGV, an der Spitze der Vorschriften über die Versor­ gung mit den für die Kernenergie wesentlichen Stoffen, gewährleistet den Grundsatz gleichen Zugangs, also das Verbot von Zugangsdiskriminierungen zu den Versorgungsquellen für Erze und spaltbares Material. Er verbietet daher jedes Gebaren, das darauf abzielt,, einzelnen Verbrauchern eine be­ vorzugte Stellung zu sichern. Da das Verbot sich (außer an die Mitglied­ staaten) auch an die Unternehmen richtet, hat es insoweit die Bedeutung einer Wettbewerbsregel.

4. V e r h ä ltn is z u m n a tio n a le n R e c h t

9

Die Wettbewerbsregeln des EWGV dienen der Sicherung der Wettbe­ werbsfreiheit im „Handel zwischen M itgliedstaaten“. Wirtschafts verhalten im Handel mit Drittländern oder innerhalb eines Mitgliedstaates ohne wesentliche Einwirkung auf Marktbeziehungen zu anderen Mitgliedstaaten unterliegt dagegen nicht den Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts. Es untersteht — entsprechend der nationalen Gesetzgebung — dem jeweils zu­ ständigen mitgliedstaatlichen Wettbewerbsrecht. Daraus resultierte die Auf­ fassung, Gemeinschafts- und nationales Wettbewerbsrecht seien nebenein­ ander anwendbar, so daß das Wirtschaftsverhalten eines Marktbürgers für den innerstaatlichen Handel dem nationalen, für „Gemeinschafts“-Handel dem Gemeinschaftsrecht unterliege. Diese Auffassung gipfelte in der sog. Zweischrankentheorie21. Da beide Rechtsordnungen unterschiedliche Schutz21 Koch BB 1959, 241.

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Rechtsgrundlagen

3 1 /9 -1 0

bereiche haben, erschien ihr schon begrifflich eine Kollision beider Rechts­ ordnungen als ausgeschlossen. Denn wenn eine Wettbewerbsbeschränkung ihrem Tatbestände nach von beiden Rechtsordnungen erfaßt würde, seien beide — jeweils jede in ihrem Schutzbereich — anwendbar, so daß kumula­ tive Rechtsfolgen eintreten müßten. Die — dogmatisch und in ihrer Praktikabilität angreifbare22 — Zwei­ schrankentheorie hat nahezu ein Jahrzehnt die Auseinandersetzung be­ stimmt, weil eine ausdrückliche Zuordnungsregel für das Verhältnis beider Kartellrechtsordnungen fehlte. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs23 hat ihre Anwendbarkeit ausgeräumt, indem er den Grundsatz vom Vorrang des Gemeinschaftsrechts auch im Kartellrecht zur Geltung brachte: „Normen­ konflikte zwischen Gemeinschafts- und innerstaatlichem Kartellrecht sind . . . nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts zu lösen.“ Für den Montanbereich hat diese Kollisionsfrage keine Bedeutung. § 101 Nr. 3 GWB räumt insoweit dem Gemeinschaftsrecht den Vorrang ein. Eine Kollision zwischen beiden Gemeinschaftsverträgen schließt Art. 232 EWGV aus.

5. U n m itte lb a r e A n w e n d b a r k e i t

10 Eine in der Übergangszeit — vor allem an ihrem Beginn — viel erör­ terte Streitfrage hat inzwischen ihre wesentliche Bedeutung verloren. Sie ging dahin, ob Art. 85, 86 EWGV unmittelbar anwendbares Recht enthiel­ ten oder — als „Grundsätze“ mit bloßem Programmcharakter — bis zum Inkrafttreten von Sekundärrecht gemäß Art. 87, 88 allenfalls die Mitglied­ staaten zur Befolgung in ihrer nationalen Wettbewerbskontrolle verpflichte­ ten, nicht aber die Unternehmen selbst. Wortlaut und Zweck der Vorschrif­ ten sprachen gegen solche vorübergehende Freistellung der Unternehmen, zumal die bei Annahme aktueller Wirksamkeit dieser Vorschriften auftre­ tenden Anwendungsschwierigkeiten nicht unüberwindbar waren. Mit dem Inkrafttreten des einschlägigen Sekundärrechts, insbesondere der VO Nr. 17 und der klärenden Rechtsprechung des Gerichtshofs24, wonach Art. 85 nicht nur den Charakter eines Programmsatzes, sondern wenigstens Teilwirksam­ keit (i. S. einer Eingriffsermächtigung für die zuständigen Behörden) ent­ faltet habe, ist die Streitfrage im wesentlichen erledigt (32/10).

22 Mestmäcker, Die Vermittlung von europäischem und nationalem Recht im System unverfälschten Wettbewerbs; ders., BB 1968, 1298. 23 EuGH Rs 14/68 Rspr. XV, 1. — Zu dieser Judikatur vgl.: Klaue WuW 1969, 593; Niederleithinger BB 1969, 1185; Peter Ulmer, Juristisdie Analysen 1970, 5; Naß, in: Fragen des europäischen Kartellrechts (1970) 1; Peter Ulmer und Klaue, ebenda 51. 24 EuGH Rs 13/61 Rspr. VIII, 97.

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I I L G r u n d s ä tz e u n d V e rg le ic h e 1. T a tb e s tä n d e d e r W e ttb e w e r b s r e g e lu n g e n

11 Die Tatbestände wirtschaftlichen Verhaltens, die die genannten Wett­ bewerbsregelungen des Gemeinschaftsrechts erfassen, nennt das deutsche Recht nach den verschiedenen Erscheinungsformen wirtschaftlicher Konzen­ tration Kartelle y Konzerne, Zusammenschlüsse (Fusionen) oder marktbe­ herrschende Unternehmen. In vereinfachender Zusammenfassung spricht man — ähnlich wie für die durch das deutsche Gesetz geregelte Materie — vom Kartellrecht der Gemeinschaften und — gesondert — dem der EWG und dem der EGKS. Was deutsche Gesetzessprache und Theorie an Begriffs­ bestimmungen und Unterscheidungen im Recht der Wirtschaftskonzentra­ tion und ihrer Normierung und Erfassung hervorgebracht haben, kann die Regelungen des Gemeinschaftsrechts veranschaulichen und verdeutlichen. In aller Regel sind diese aber nicht gerade oder nur aus der Sicht deutscher Rechtsanschauung mit Inhalt zu erfüllen. Er ist vielmehr nach den Zielbe­ stimmungen der Integration und ihrer Gemeinschaftsfunktion dem^Gemeinschaftsrecht in eigenständiger Auslegung zu entnehmen.

2. V erg leich d e r E W G V - u n d E G K S V - R e g e lu n g e n 12 Ein Vergleich des EWGV mit dem EGKSV zeigt, daß die Abs. I und II des Art. 85 EWGV offensichtlich den §§ 1 und 4 des Art. 65 EGKSV nach­ gebildet sind. Art. 86 EWGV findet seine Parallele in Art. 66 EGKSV. In­ des ist die EGKSV-Regelung, dem Gesamtcharakter dieses Vertrages ent­ sprechend, materiell-rechtlich detaillierter als das vergleichbare Primärrecht des EWGV. Deshalb sind auch die den Gemeinschaftsorganen eingeräumten Befugnisse der Wettbewerbskontrolle und Ausnahmezulassung im Montan­ bereich enger begrenzt. Mit seinen weitreichenden Ermächtigungen läßt der EWGV dagegen Raum für eine Entwicklung der Wettbewerbspolitik der Gemeinschaftsorgane. Gegenüber Zusammenschlüssen an sich ist der EGKSV in seiner dem amerikanischen Recht entlehnten Tendenz ersichtlich zurück­ haltend, wenn nicht gegnerisch orientiert. Der EWGV will ihre Begrenzung weniger wegen wachsender Unternehmensgröße an sich, sondern vornehm­ lich dann sicherstellen, wenn die Konzentration in beherrschender Markt­ stellung zur Ausschaltung des Wettbewerbs mißbraucht wird. Diese unter­ schiedlichen Intentionen gewinnen wachsende Bedeutung in einer wirtschaft­ lichen Entwicklungsphase, die zur Konzentration neigt oder zwingt, und mit zunehmender Integration und abschließender Herstellung des Gemeinsamen Marktes, in dem Unternehmenskonzentration zugleich erfordert und erleich­ tert wird.

§ 32 KARTELL VERBOT Alexander, L’application de l’article 85, paragraphe 3 C. E. E. par voie de déci­ sions individuelles et de règlements, RevTrimDrEur 1965, 323; Alexander, Ar­ ticle 85 of the E. C. C. Treaty and the exclusive licence to sell patented products, CMLR 1968, 465; Baardman, Groepvrijstelling voor alleenverkoopconctracten in het E. E. G.-karteirecht, SEW 1966, 587; Baardman, De bcschikkingspraktijk in kartelzaken van de Europese Commissie in de jaren 1968 to en met 1970, SEW 1971, 119; Belke, Relevanter Markt und vertikale Wettbewerbsbesdiränkung im EWGKartellrecht am Beispiel der Alleinvertriebs- und Gebietsbindungen, ZHR 1968, 239; v. Bonin, Ist Art. 85 des EWG-Vertrages ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB?, Diss. Saarbrücken (1970); Bortolotti, Accordi tra imprese, pratiche concordate e art. 85 del Trattato CEE, DirScambilntern 1969, 517; Campbell, Restrictive trading agreements in the Common Market. Texts - Commentaries (1964); Catalano, La jurisprudence de la Cour de Justice à l’égard des contrats dits d’ex­ clusivité, CahDrEur 1967, 20; Coing, Zur Auslegung von Art. 85 EWG-Vcrtrag, ZHR 1963, 271; Daig, Verbotene und genehmigungsfähige Kartelle nadi Artikel 65 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Diss. Tübingen (1957); Dembowski, Die Anwendung kartellrechtlicher Vor­ schriften auf Außenhandelsverträge im europäischen Markt, Diss. Hamburg (1966); Deringer, Alleinvertriebsverträge im Wettbewerbsrecht des Gemeinsamen Marktes, NJW 1966, 1585; Deringer, Das Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschafts­ gemeinschaft. Kommentar zu den EWG-Wettbewerbsregeln (Art. 85—94), Lose­ blattausgabe (1962 ff.); Dörinkel, Das Auskunfts- und Nachprüfungsrecht der EWGKommission in Kartellfällen, AWD 1966, 422; Dormanns, Artikel 65 MUV und das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Diss. Köln (1961); Ellis, The extra-territorial effect of the community anti-trust legislation outside the Member States, CMLR 1965, 132; Emmerich, Die Auslegung von Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag durch die bisherige Praxis der Kommission, EuR 1971, 295; Fine, Procedure under articles 85 and 86 of the EEC-Treaty as interpreted by the Com­ mission, the European Court of Justice and the Courts of the Member States, Dir­ Scambilntern 1966, 1; Focsaneanu, Les prix imposés dans la Communauté Econo­ mique Européenne. Droits nationaux et droit communautaire, RevTrimDrEur 1967, 173; van Gerven, Europecs karteirecht (1958—1964), TijdschrPrivR 1964, 636; van Gerven, Principes du droit des ententes de la Communauté Economique Européenne (1966); van Gerven, Les accords entre entreprises dans le droit des ententes de la C. E. E. (1966); van Gerven, Heeft de begrip „voorlopige geldigheid“ door het Portelangearrest definitief afgedaan?, SEW 1970, 7; van Gerven, Over voorlopige of definitieve geldigheid en over nietigheid met of zonder terugwerkende kracht van kartelafspraken, SEW 1970, 351; Gleiss, Der Begriff der „aufeinander abge­ stimmten Verhaltensweisen“ in Art. 85 EWG-Vertrag, WuW 1964, 485; GleissHirsch-Hootz, EWG-Kartellrecht, 2. Aufl. (1965); Gleiss-Hirsch, II diritto comunitario della concorrenza (1968, ital. Übers.); Braun-Gleiss-Hirsch-de Gryse-Francq, Droit des ententes de la CEE (1967, franz. Ausg.); Honig-Braun-Gleiss-Hirsch, Cartel law of the EEC (1963, engl. Ausg.); Oberdorf er-Gleiss-Hirsch, Common Market cartel law, 2. amerik. Aufl. (1971); Greiffenhagen, Die Kartellgenehmi­ gung im Recht des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1966); Grüneklee, Bindungen von Geschäftsbedingungen in Austauschverträgen nach deutschem und EWG-Wettbewerbsrecht (1966); Grupp, Der Einfluß des Arti-

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Kartellverbot

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kels 85 EWG-Vertrag und der Verordnung Nr. 17 auf die Wirksamkeit wett­ bewerbsbeschränkender Vereinbarungen, Diss. Tübingen (1965); Guyénot, Les con­ trats de concession commerciale. Droit français et communautaire de la concur­ rence (1968); Harms, Intra enterprise conspiracy? — Ein rechtsvergleichender Bei­ trag zur Auslegung der Art. 85 EWGV und 65 EGKSV, EuR 1966, 23C; Hilde­ brandt, Die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, Diss. Heidelberg (1965); Homburger-Jennyy International-rechtliche Aspekte des EWG-Wcttbewerbsrechts. Zur Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des EWG-Vcrtrages auf in Nichtmitgliedstaaten veranlaßte Wettbewerbsbeschränkungen (1966); Houin, Les conséquences civiles d’une infraction aux règles de concurrence, in: Annales de la Faculté de Droit Liège 1963, 27; Johannes, Zum Begriff der Wett­ bewerbseinschränkung in Art. 85 Abs. 1 des EWG-Vertrages, AWD 1968, 409; Joliety The rule of reason in antitrust law. American, german and common market laws in comparative perspective (1967); Joliety La coopération des entreprises selon la jurisprudence de la Commission des Communautés européennes, CahDrEur 1969, 127; Joliety Prix imposés et droit européen de la concurrence, CahDrEur 1971, 16; Kartelle und Monopole im modernen Recht (1961); Kirschste'm, Beurtei­ lung von Alleinvertriebsverträgen nach EWG-Kartellrecht, WuW 1966, 777 \ Kirsch­ stein, Sanctions contre la conclusion et l’exécution des ententes d’après le droit communautaire et la loi allemande contre les restrictions à la concurrence, RevTrimDrEur 1968, 92; Kirschsteiny Entscheidungen des Gerichtshofs und der Kom­ mission der Europäischen Gemeinschaften zum EWG-Kartellrecht, WRP 1969, 185; 1970, 377, 423; Klausing, Re-Importklauscln unter besonderer Berücksichtigung des EWG- und des nationalen Rechts, Diss. Köln (1966); Kochy Der Schutz vor uner­ laubten wettbewerbsbeschränkenden Handlungen durch deutsche Zivilgerichfe nach dem GWB und nach Art. 85 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirt­ schaftsgemeinschaft, Diss. Münster (1966); König, Vertikale Preis- und Konditio­ nenbindungen nach deutschem und EWG-Kartellrecht (1965); Kooperation und Konzentration im Gemeinsamen Markt, Kartellrechtsforum Brüssel (1967); Lipps, Die Grundzüge des englischen Kartellrechts im Vergleich mit Artikel 85 des EWGVertrages, Diss. Heidelberg (1967); Mageny Lizenzverträge und Kartellrecht (1963); Claus Maier, Die Verletzung von Preis- und Vertriebsbindungssystemen durch Außenseiter im Bereich der EWG, Diss. München (1966); Mailänder, Le règlement d’exempticn de catégories d’accords d’exclusivité, CahDrEur 1968, 38; Matthies, Das Recht der Kartelle und Zusammenschlüsse in der Montanunion (1965); Möhringy Die Reimportklausel nach den Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrages, Fs Riese 175; Möschei, Die rechtliche Behandlung der Paralleleinfuhr von Markenware innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1968); Müller, Rechtsfragen zur Stellung der Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Diss. Münster (1963); Müller-Henneberg-Schwartz, Gesetz gegen Wettbe­ werbsbeschränkungen und europäisches Kartellrecht. Kommentar, 2. Aufl. (1963); Naßy Probleme des europäischen Kartellverfahrens, EuR 1970, 100; van Nohen, Concurrentiebeperking en industriele eigendom, SEW 1967, 644; Plaisant-Franceschelli-Lassier, Droit européen de la concurrence. Articles 85 à 89 du Traité C. E. E. (1966); Reimer, Preis- und Vertriebsbindungen im Gemeinsamen Markt, GRUR 1966, 509, 565; Sandberger, Die Nichtigkeit wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Beschlüsse im Recht der EWG (1969); Schwanke, Gebictsausschließlichkeiten im Vertrieb und Art. 85 EWGV sowie ihre Behandlung nach fran­ zösischen und deutschen Kartellrecht, Diss. Münster (1969); Seidl-Hohenveldern, Völkerrechtliche Grenzen bei der Anwendung des Kartellrechts, AWD 1971, 53; Skaupy, Die angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn gemäß Art. 85 Abs. 3 EWGV, WuW 1967, 560; Snijders-Brinkhorst, De drie arresten van het Hof van Justitie inzake alleenverkoopovereenkomsten, SEW 1967, 162; Sölter, Grund­ züge industrieller Kooperationspolitik, WuW 1966, 223; Steckhan, Kartelle und zwi­ schenstaatlicher Handel. Die Zwischenstaatlichkcitsklausel in Art. 85 des EWG-Ver­ trages im Lichte der Rechtsprechung zur Handelsklausel der amerikanischen Bun­ desverfassung (1967); Steindorff, Das Antragsrecht im EWG-Kartellverfahren und seine prozessuale Durchsetzung, in: Kartelle und Monopole im modernen Recht I (1960) 157; 7 eichmann, Die Zwischenstaatlichkeitsklausel in Art. 85 Abs. 1 EWGV,

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Tatbestand

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WuW 1969, 671; Torley Duwel, Signification du mot „entreprise“ dans le sens de l’article 85 du Traité C. E. E. à propos d’accords entre sociétés mères et filiales et filiales entre elles, RevTrimDrEur 1966, 400; Peter Ulmer, Der Unternehmensbegriff im Vertrag der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1960); Peter Ulmer, Europäisches Kartcllrccht auf neuen Wegen? Kritische Bemerkungen zu neuen kartellrechtlichen Vorabentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, AWD 1970, 193; Peter Ulmer, Der sadiliche Anwendungsbereich des EWG-Kartellverbots — Analyse des Merkmals der Handelsbeeinträchtigung in Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag, in: Juristische Analysen 1970, 5; Winkel, Die Allein­ vertriebsverträge im französischen, deutschen und europäischen Recht, Diss. Mainz (1968); Würdingery Das Auskunftsrecht der Organe der EGKS und der EWG ge­ genüber privaten Unternehmen, WuW 1964, 579.

Die Wettbewerbsregeln der Art. 85 ff. EWGV und Art. 65 ff. EGKSV behandeln in etwa vergleichbarem Aufbau nacheinander Wettbewerbsbe­ schränkungen durch Kartelle und Zusammenschlüsse, ihre Unterdrückung, ihre ausnahmesweise Zulassung, ihre Kontrolle und Beaufsichtigung sowie die Rechtsfolgen ihrer unzulässigen Anwendung im Wettbewerb. Unter ihnen steht die gemeinsame Regel des Kartellverbots nicht nur in der Plazierung, sondern auch in ihrer grundsätzlichen Bedeutung an der Spitze.

I. T a tb e s ta n d

1 Art. 85 I EWGV erklärt als „mit dem Gemeinsamen Markt unverein­ bar“ und verbietet daher „alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Be­ schlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Ver­ haltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchti­ gen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder be­ wirken". In den nachfolgenden fünf Beispielen des Katalogs der lit. a bis e nennt Art. 85 I: a) Preis- und Konditionenkartelle (entsprechend Art. 65 § 1 a EGKSV); b) Spezialisierungs-, andere Rationalisierungs-, Absatz- u. ä. Kartelle (dem Art. 65 § 1 b EGKSV vergleichbar); c) Wettbewerbsbeschränkungen in der Aufteilung der Märkte oder Ver­ sorgungsquellen (verschiedenster Strukturen und Formen, dem Art. 65 § 1 c EGKSV entsprechend); d) unzulässige Diskriminierung durch wettbewerbsbeschränkendes Zu­ sammenwirken; e) sog. Kopplungsgeschäfte. Die wichtigsten Tatbestandselemente dieser Verbotsregeln geben ange­ sichts der Vielfalt wirtschaftlicher Gegebenheiten und Verhaltensweisen in objektiver und subjektiver Beziehung zahlreiche komplizierte Auslegungs­ fragen auf. Ihre Beantwortung insbes. im EWG-Markt war und ist von der näheren Ausgestaltung der Wettbewerbspolitik durch die nach Art. 87 zu-

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Kartellverbot

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ständigen Gemeinschaftsorgane und ihre Sekundärrechtsetzung sowie von der Rechtsprechung des Gerichtshofs abhängig. Insbesondere gilt das von der Ausfüllung des in Art. 85 I c beschriebenen, höchst komplexen BeispielTatbestandes der Aufteilung der Märkte und Versorgungsquellen.

1. A d r e s s a te n

2 Vom Kartellverbot betroffen, also Adressaten der Verbotsnorm sind (Art. 85 I) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen. Art. 65 § 1 EGKSV spricht diese als Unternehmen und Verbände von Unternehmern an. a) Unternehmen, deren Begriff Art. 85 I nicht bestimmt, sondern voraus­ setzt, sind rechtlich handlungsfähige Wirtschaftsträger, also am Wirtschafts­ verkehr (durch Warenerzeugung oder -austausch oder gewerbliche Lei­ stung) Beteiligte, ohne Rücksicht auf ihre mitgliedstaatsrechtlich bestimmte Rechtsform, ihren Sitz (im Gemeinsamen Markt oder außerhalb), ihre Größe. Der Konzern als soldier, als Wirtschaftseinheit ohne Rechtspersön­ lichkeit, unterfällt diesem Begriff also nicht. Für das Montanrecht, das sei­ nerseits den Unternehmensbegriff1 in Art. 80 EGKSV definiert, und^zwar ausdrücklich erweiternd gerade im Hinblick auf Art. 65, 66 (nämlich auch für Vertriebsunternehmen), ist das durch die Rechtsprechung ausdrücklich geklärt worden. b) Verbände von Unternehmen, Unternehmensvereinigungen sind über­ wiegend zur Interessenvertretung ihrer Mitglieder tätig und als solche Ver­ botsadressaten, auch wenn sie nicht selbst, was vorkommt, Unternehmen sind (indem sie wirtschaften, etwa den Gemeinschaftseinkauf für ihre Mit­ glieder betreiben). c) Wer als Arbeitnehmer abhängige Arbeit leistet, ist nicht Träger eines Unternehmens. Deshalb unterfallen Vereinbarungen über Arbeits- und Lohnbedingungen nicht dem Kartellverbot, ebensowenig Arbeitnehmer- (Ge­ werkschaften) und Arbeitgeberverbände dem Begriff der Unternehmens­ vereinigungen. d) Vom Bereich der Landwirtschaft (Art. 42) und des Verkehrs abgesehen (31!6)y gilt das Kartellverbot für Unternehmen jedweder sektoralen Zuord­ nung und rechtlichen Verformung. Grundsätzlich, aber unterschiedlich, gilt das nach Art. 90 EWGV auch für öffentliche Unternehmen (solche der „öffentlichen Hand“) und Unternehmen öffentlicher Bedeutung mit Sonder­ und Ausschließlichkeitsrechten (sog. beliehene Unternehmen), für öffentliche Versorgungsunternehmen und Finanzmonopole. Das Kartellrecht des EWGV strebt mit Wirkung für die Mitgliedstaaten als Adressaten eine grundsätz­ liche Erstreckung des Gesamtvertrages und insbesondere auch seiner Art. 7, 85—94, also damit des Kartellverbotes auf öffentliche Unternehmen an. 1 Vgl. Leter Ulmery Der Unternehmensbegriff im Vertrag der Europäischen Ge­ meinschaft für Kohle und Stahl (1960).

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Tatbestand

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Dies deshalb, weil die Disposition der Mitgliedstaaten über den Sektor der öffentlichen Wirtschaft wesentlich auf die Wettbewerbsbedingungen des Ge­ meinsamen Marktes einwirken kann. Wegen der spezifischen öffentlichen Funktionen, die der öffentlichen Wirtschaft zukommen können, stellt Art. 90 hierfür indes ein Sonderstatut großer Tragweite bereit (37/13—23).

2 . V e r b o te n e V e r e in b a r u n g e n u n d V e r h a lte n s w e is e n

3 Vereinbarungen (Beschlüsse, vgl. Art. 85 II EWGV) und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (verabredete Praktiken) sind diejenigen Aktionen des Zusammenwirkens, die das Kartellverbot trifft. a) Vereinbarungen, die — anders als möglicherweise Individualverhalten nach Art. 86 EWGV, Art. 66 EGKSV — ein autonomes (also nicht hoheit­ lich abverlangtes) zusammenwirkendes Verhalten mehrerer voraussetzen, werden i. d. R. zivilrechtliche Verträge zwischen Unternehmen sein, also Kartellverträge i. e. S. Um den Verbotstatbestand zu erfüllen, bedarf es die­ ser ausdrücklichen Zweck- und Inhaltsbestimmung (ebenso wie einer be­ stimmten Form) indes nicht. Deshalb unterfallen z. B. auch vertikale Preis­ bindungen zweiter Hand diesem Tatbestand. Die für § 1 GWB strittige Frage, ob Vertrag i. S. dieser Vorschrift den Willen zur rechtlichen Bindung voraussetzt, ein sog. „gentlemen’s agreement“ also nicht erfaßt wird, ist für Art. 85 I ohne Bedeutung. Denn dieser bezieht auch die aufeinander abge­ stimmten Verhaltensweisen in das Kartellverbot ein. b) Dementsprechende Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen (Unter­ nehmensverbänden) sind die von ihren zuständigen Organen mit Rechtswir­ kung für ihre Mitglieder gefaßten Beschlüsse. Bloße Verbandsempfehlungen ohne Rechtswirkung sind nicht Beschlüsse dieser Art, können indes aufeinan­ der abgestimmte Verhaltensweisen sein. c) Tatbestandlich schwieriger erfaßbar sind die — dem deutschen Wett­ bewerbsrecht als solche nicht bekannten2, dem anglo-amerikanischen Rechts­ kreis entlehnten — aufeinander ab gestimmten V erhaltensw eisen (concerted actions, pratiques concertées). Ihre Erfassung durch das Kartellverbot zielt, was schon die Verhaltensbeschreibung verdeutlicht, auf die Einbeziehung soldier Unternehmens- und Verbandspraktiken, die in ihrer Formlosigkeit und Unverbindlichkeit rechtsgeschäftliche Gestaltungen, insbes. solche durch Vertragsschluß, vermeiden — und gerade vermeiden wollen. Das Kartell­ verbot will damit Faktizitäten des Wirtsdiaftsverkehrs auch ohne ihren aus Form und Rechtsrelevanz ersichtlichen Wirkungsgehalt wegen ihrer gleicher­ maßen wettbewerbserheblichen Intention und Wirksamkeit erfassen. 2 Hierzu der Beschluß des Kartellsenats des BGH v. 17. 12. 1970 (Tcerfarben) BGHSt 24, 54 = AWD 1971, 82 mit Anm. Reinhart = BB 1971, 190, der wieder­ um die Frage veranlaßt hat, ob de lege ferenda eine Angleichung des § 1 GWB an Art. 85 (aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen) geboten sei.

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Kartellverbot

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aa) Die wechselseitige Abstimmung der Verhaltensweisen setzt subjektiv bewußte gegenseitige Willensübereinstimmung voraus3, also wechselseitig ge­ wollte gleichartige Verhaltensausrichtung. Eine solche braucht noch nicht im rein faktischen Gleichverhalten auf dem Markt oder der Verhaltensanpas­ sung allein zu liegen. Sie kann aus der Konkurrenzlage und vorausschauen­ der Kalkulation autonom erwachsen. Gemeinsamkeit der Planung des Ver­ haltens ist demnach erforderlich. bb) Planhaftigkeit im Markt verhalten setzt voraus, daß die Beteiligten (und nicht nur einer von ihnen) dem Plan entsprechend agieren, ohne daß es nach Art. 85 I EWGV auf die Form der hierfür kausalen Abstimmung an­ käme. Art. 65 § 1 EGKSV stellt dagegen auf „verabredete“ Praktiken ab. Hierin liegt auch ein Unterschied zu § 38 II 2 GWB. Dieser erfaßt nur einen Teilbereich der Verbotswirkung des Gemeinschaftsrechts, indem er Empfeh­ lungen als Mittel der Wettbewerbsbeschränkung (nicht das gleichförmige Verhalten als Wirkung ihrer Befolgung) verbietet4.

3. W e ttb e w e r b sb e sc h rä n k u n g e n

4 Das Kartellverbot bezweckt die Verhinderung von Wettbewerbsbe­ schränkungen (so die Formulierung in § 1 GWB), die Art. 85 EWGV, Art. 65 § 1 EGKSV in unterschiedlich intensiver Charakterisierung als Verhinde­ rung, Einsdiränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs differenzieren. a) Schutzgut des Verbots ist der schützenswerte, also legale Wettbewerb in allen seinen Elementen (von Preis und Qualität über Rabatte bis zur Werbung), Mitteln und Stufen (horizontal zwischen Produzenten, vertikal zwischen ihnen und ihren Abnehmern), und nicht nur der aktuelle, sondern auch der potentielle Wettbewerb. b) Subjektiv und in der Intention der Vereinbarungen und Verhaltens­ weisen erfaßt das Verbot verbal zunächst solche, die eine wettbewerbsbe­ schränkende Wirkung nach allen in Betracht kommenden Umständen be­ zweckten, selbst wenn diese Wirkung, dem Zweck zuwider, nicht eingetreten ist. Das oft schwierig zu bestimmende subjektive Element, damit auch die Frage, ob wirkungslos gebliebene Zwecksetzung überhaupt Verbotsfolgen relevant machen könnte, ist praktisch indes ohne Bedeutung. Denn das Ver­ bot trifft in gleicher Stringenz schon solche Vereinbarungen und Verhaltens­ weisen, die eine Wettbewerbsbeschränkung auch absichtslos bewirken. Auf die Absicht der beteiligten Unternehmen kommt es rechtlich also nicht an. Entscheidend für die Verbotsfolgen ist das „Wirkungsstatut“5, und dies ohne Rücksicht auf seine Veranlassung innerhalb oder außerhalb des Gemein­ samen Marktes, andererseits nur dann, wenn diese Wirkung der Wett­ bewerbsbeschränkung innerhalb des Gemeinsamen Marktes eintritt. 3 Gleiss-Hirsch-HootZy EWG-Kartellrecht 2. Aufl. (1965) 15 zu Art. 85. 4 Gleiss-Hirsch-Hootz 16 zu Art. 85. 5 Gleiss-Hirsch-Hootz 30 zu Art. 85.

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Tatbestand

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c) Ihre für die Wettbewerbsordnung relevante Wirksamkeit kann eine Wettbewerbsbeschränkung indes nur dann äußern, wenn sie auch geeignet ist, „den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen“, andererseits auch schon dann, wenn trotz ihrer Eignung hierzu eine soldie Beeinträchti­ gung tatsächlich nicht eintritt. Ungünstige, nachteilige Einwirkung als Be­ einträchtigung des zwischenstaatlichen Handels im Gemeinsamen Markt ist nach dem Verbotszweck, der den Wirtschaftsverkehr zwischen den Mit­ gliedstaaten vor Wettbewerbsbeschränkungen schützen will, zu bestimmen. Deshalb können auch mittelbare, wenn nur merkliche (spürbare) und nicht gänzlich unerhebliche Nachteile für die Wettbewerbsfreiheit relevant sein. Sie können selbst durch gleichzeitig eintretende förderliche Wirkungen für den zwischenstaatlichen Handel nicht kompensiert werden (dies jedenfalls nicht ex lege, sondern allenfalls im Wege der Freistellung nach Art. 85 III)8.

4. Z w is c h e n s ta a ts - K la u s e l

5 Das Kartellverbot entfaltet seine Wirkung nur, soweit die Beeinträch­ tigungseignung der Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen „den Handel zwischen Mitgliedstaaten“ betrifft7. Nur der Wirtschaftsverkehr, und zwar der gesamte Wirtschaftsverkehr, dessen Liberalisierung die Ver­ gemeinschaftung bezweckt, zwischen Mitgliedern der Gemeinschaft, d. h. zwischen mindestens zwei ihrer Mitgliedstaaten, wird durch das Kartell­ verbot in seiner Wettbewerbsfreiheit geschützt. Wettbewerbsbeschränkungen, die den Handel nur innerhalb eines Mitgliedstaates oder den mit Drittstaa­ ten oder Assoziierten beeinflussen, werden vom Verbot nicht erfaßt. Die (dem amerikanischen Recht) entnommene interstate commerce-Klausel be­ wirkt eine Abgrenzung zwischen dem gemeinschaftsrechtlichen Kartellverbot und den mitgliedstaatlichen Regelungen der Wettbewerbsbeschränkungen, also auch dem GWB. Das schließt die Anwendbarkeit des Art. 85 EWGV auf innerstaatliche Kartelle nicht aus, falls sie nur geeignet sind, den zwisdienstaatlichen Handel zu beeinträchtigen (Exportkartelle deutscher Unter­ nehmen für die Warenausfuhr in andere Mitgliedstaaten). Andererseits ist, falls diese Eignung vorliegt, der Sitz aller oder auch nur einzelner der be­ teiligten Unternehmen innerhalb des Gemeinsamen Marktes nicht Voraus­ setzung für die Verbotsgeltung. Entscheidend ist und bleibt — i. S. des Art. 3 f EWGV — der Schutz des Wettbewerbs vor Verfälschungen inner­ halb des Gemeinsamen Marktes. e Gleiss-Hirsch-Hootz 34 zu Art. 85. 7 Dazu: Teichmann WuW 1969, 671; Peter Ulmer, Juristische Analysen 1970, 23; zu den völkerrechtlichen Grenzen der Anwendbarkeit des Kartellrechts „bezüglich Auslandstaten von Ausländern, deren einzige Berührung mit dem Inland (dem Ge­ biet des Gemeinsamen Marktes) darin besteht, daß sie die dort gehegten Verhal­ tenserwartungen nicht erfüllen", vgl. Seidl-Hohenvcldern AWD 1971, 53.

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Kartellverbot

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5. N o r m ie r te B e is p ie l-T a tb e s tä n d e

6 Ohne rechtlich selbständige Bedeutung, indes zur Legalerläuterung des allgemeinen Verbotstatbestandes des Art. 85 I (arg. „insbesondere“) von Belang, liefern die Beispieltatbestände des Katalogs der lit. a bis e Anhalts­ punkte zur Inhaltserfüllung des Merkmals Wettbewerbsbeschränkung (Ver­ hinderung, Einschränkung, Verfälschung des Wettbewerbs). Wenn auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des allgemeinen Ver­ bots erfüllt sind, unterfallen die Katalog-Tatbestände den Verbots Wirkun­ gen. Das Katalog-Quintett (funktionell dem Katalog des Art. 65 § 1 a bis e vergleichbar) beschreibt die rechtstatsächlich wesentlichsten Beschränkungs­ tatbestände, nämlich: Preis- und Konditionenkartelle ( = Art. 65 § 1 a EGKSV); Spezialisierungs- und andere Rationalisierungskartelle, Ein-, Ver­ kaufs- und Forschungskartelle, solche über Quotierungen von Erzeugung, Absatz und Investitionen ( = Art. 65 § 1 b EGKSV) ; Syndikate, Gebiets­ kartelle, Alleinvertriebsverträge (vgl. Art. 65 § 1 c EGKSV); Vereinbarun­ gen über Export- und Reimportverbote; Lizenzverträge; wettbewerbsbe­ schränkende Vereinbarungen, die Kopplungsgeschäfte erzwingen, nämlich Vertragsabreden über die Annahme zusätzlicher Leistungen, die weder sach­ lich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand selbst stehen.

I I . R e c h ts fo lg e n 1. U n w ir k s a m k e it

7 Nach Art. 85 II EWGV (vgl. Art. 65 § 4 EGKSV) sind die nach Art. 85 verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig, d. h. zivilrechtlich un­ wirksam. Daß dieselbe Rechtsfolge für verbotene „aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen“ nicht ebenfalls durch Art. 85 II sanktioniert worden ist, erklärt sich daraus, daß eine Nichtigkeit von Verhaltensweisen, die keine Rechtsgeschäfte darstellen, begrifflich ausgeschlossen ist8.

2.

N ic h tig k e its fo lg e n

8 Die zivilrechtlichen Rechtsfolgen der Nichtigkeit9 bemessen sich nach dem nationalen Recht, das für die fraglichen Vereinbarungen oder Beschlüsse das maßgebliche Rechtsstatut bildet (vgl. § 134 BGB, evtl. § 832 II BGB), soweit das Verbot als Schutzgesetz wirkt — wie beim Boykott nach Art. 85 I d. Sie erfassen diese Vereinbarungen und Beschlüsse als solche, grundsätz8 Wohlfarth u. a. Komm. 14 zu Art. 85. 9 Dazu: Sandberger, Die Nichtigkeit wettbewerbsbeschränkender gen und Beschlüsse; BGHZ 54, 145.

V e r e in b a r u n ­

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Freistellungen

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lieh nicht die auf ihrer Grundlage geschlossenen Einzelverträge10. Modifika­ tionen der Verbotswirkung haben sich vorübergehend aus Art. 87 EWGV ergeben.

3. G e ld b u ß e n

9

Nach Art. 87 II a i. Verb, mit Art. 15 II a VO Nr. 17 können Verstöße gegen Art. 85 I von der Kommission mit Geldbußen (nicht strafrechtlicher Art) geahndet werden (26/8, 9).

4. Ü b e r g a n g s fr a g e n

10 Die vorübergehend umstritten gewesene Rechtsfrage, ob Art. 85 (und Art. 86) mit dem 1. Januar 1958 (Inkrafttreten des Vertrages) unmittelbar wirksam gewor­ den war, also aktuelles Recht darstellte, war durch Art. 1 der VO Nr. 17 zunächst i. S. der Aktualität entschieden worden. Danach galten die Verbote der Art. 85, 86 unmittelbar, „ohne daß dies einer vorherigen Entscheidung bedarf“. Die dem Ge­ richtshof überantwortete Rechtskontrolle hat diese Grundsatzwirkung abgeschwächt, nämlich die Rechtsfolge unmittelbarer Nichtigkeit eingeschränkt auf bereits national oder gemeinschaftsrechtlich als verboten erklärte und nidit freistellbare Kartelle. Der Gerichtshof11 ist also im Interesse der Rechtssicherheit statt der sog. Direkt­ wirkungstheorie derjenigen einer im Vertrag liegenden Eingriffsermächtigung ge­ folgt. Unter Auslegung der VO Nr. 17 i. S. der Ermächtigungstheorie sind deshalb nur sog. meldepflichtige Neukartelle (die nach Inkrafttreten der VO Nr. 17 zu­ stande gekommen sind) bis zur Entscheidung über ihre Freistellung nichtig.

H L F r e iste llu n g e n 1. A r t. 8 5 I I I E W G V

11 Nach Art. 85 III EWGV (in seinen Anwendungsvoraussetzungen dem Art. 65 § 1 EGKSV nachgebildet) können die Bestimmungen des Art. 85 I „für nicht anwendbar erklärt“, kann von ihnen also „freigestellt“ werden. Die Anwendung und Handhabung dieser Ausnahmevorschrift ist von ent­ scheidender Tragweite für die Durchführung der Wettbewerbspolitik und damit für die Verwirklichung des in Art. 3 f EWGV umschriebenen Ver­ tragsziels. Es ist so erklärlich, daß die Beschlußfassung über Freistellungs­ regelungen geraume Zeit der Übergangsperiode auf sich warten ließ, daß die der Beschlußfassung zugrunde liegenden Tendenzen zwischen den Mit­ gliedstaaten und innergemeinschaftlich umstritten waren und die Wirtschaft vor dieser klärenden Beschlußfassung in ihrer Praxis verunsichert blieb. In­ zwischen sind wesentliche Freistellungsentscheidungen (generelle Gruppen10 Gleiss-Hirsch-Hootz 103 zu Art. 85. 11 EuGH 13/61 Rspr. VIII, 97.

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Kartellverbot

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entsdieidungen und Negativatteste für Einzelfälle) ergangen und hat die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur weiteren Klärung beigetragen. 2.

V o ra u sse tzu n g e n

12 Nach Art. 87 I obliegt dem Rat, u. a. die für die Anwendung der Frei­ stellungsermächtigung des Art. 85 III erforderlichen Einzelheiten festzu­ legen. Dabei ist dem Erfordernis einer wirksamen Überwachung bei mög­ lichst einfacher Verwaltungskontrolle Rechnung zu tragen. Materiell-rechtlich ist eine Freistellung an vier (allgemeiner als in §§ 2—5 GWB umschriebene) Voraussetzungen (teils positiver, teils negativer Art) gebunden. Sie stellen insgesamt auf die Verbesserung der Produktion und der Verteilung sowie die Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts ab. Im einzelnen sind diese kumulativ erforderlichen Voraus­ setzungen folgende: a) Positiv müssen die durch Freistellung genehmigungsfähigen Wettbe­ werbsmaßnahmen zur Verbesserung der Gütererzeugung oder -Verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt^ bei­ tragen. Das geschieht etwa durch effektive Verbreiterung des Angebots, Ra­ tionalisierung der Produktion mit der Wirkung einer Kostensenkung, durch Lizenzvergabe gewerblicher Schutzrechte. Dabei ist das wettbewerbsbe­ schränkende Zusammenwirken, um dessen freistellende Genehmigung es geht, jeweils in seiner Gesamtwirkung als Ganzes zu würdigen12; b) positiv erforderlich ist außerdem die angemessene Beteiligung der Ver­ braucher (irgendeiner Stufe, nicht notwendig des Endverbrauchers) an dem durch die Wettbewerbsmaßnahme entstehenden Gewinn, d. h. dem durch sie bewirkten wirtschaftlichen Vorteil (Preissenkung, Qualitätssteigerung, An­ gebotsverbreiterung). Auch hier kommt es (insbesondere für die Frage der Angemessenheit der ,,Gewinn“-Beteiligung) auf eine Ganzheits-Würdigung der Wirkungen an; c) negativ ist einmal Voraussetzung, daß die Wettbewerbsbeschränkun­ gen, die den beteiligten Unternehmen auferlegt werden, für die Verwirk­ lichung der beiden Positiv-Ziele zu a und b nicht unerläßlich sind — anders formuliert: daß die Beschränkung des Partners der Vereinbarung usw. ob­ jektiv und nach Gesamtwürdigung unentbehrlich und nicht übermäßig ist, um die Positiv-Ziele zu realisieren; d) negativ ist außerdem erforderlich, daß die Wettbewerbsbeschränkung den Beteiligten nicht ermöglicht, den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren (oder sonstigen Leistungen) auszuschalten. Die­ ses Negativ-Erfordernis betrifft also (anders als das Negativ-Erfordernis zu c, das das InnenwerWiXims der Beteiligten angeht) die Wirkung der Wett­ bewerbsbeschränkung auf den Markt, und zwar den Waren-relevanten 12 Gleiss-Hirsch-Hootz 120 zu Art. 85.

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F r e iste llu n g e n

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Markt (vgl. entsprechend Art. 65 § 2 I c EGKSV: „für einen wesentlichen Teil der betreffenden Erzeugnisse“). Die Wesentlichkeit des Marktanteils hängt ab von der Relation zum Gesamtumfang und ist vom Gerichtshof13 z. B. (zum Ruhrkohlesyndikat) bereits bei 26—44 % Anteil bejaht worden. Sie kann aber nach Marktstruktur, Import- und Außenseiter-Anteilen variieren.

3.

R e c h tlic h e C h a r a k te r is ie r u n g

13 Rechtsnatur und Rechtsform der Freistellung, die Bestimmung der Frei­ stellungskompetenz sowie die Rechtswirkungen ihrer Erteilung sind von Art. 85 III selbst nicht abschließend geklärt. a) Von der (inzwischen erledigten) Streitfrage abgesehen, ob die Freistellbarkeit eines Kartells die Verbotswirkung des Art. 85 I i. S. einer bloßen Deklaration mit Rückwirkung beeinflußt oder nicht und Art. 85 III als Legalausnahme anzusehen sei, kommt der Ausnahmeermächtigung die Rechtsnatur eines Erlaubnisvorbehalts zu14. Er hat den Doppelzweck eines bis zur positiven Anwendung des Freistellungsvorbehalts repressiv wirken­ den und (vorher und nachher) zur Kontrolle befugenden Vorbehalts. Seine Handhabung, die ex officio und auf Antrag erfolgen kann, nach Art. 4, 5 der VO Nr. 17 einer Anmeldung mit Antragswirkung bedarf, kann für den Einzelfall als Gruppenfreistellung, d. h. für abstrakt umschriebene Vertrags­ typen, stattfinden. Danach sind Freistellungen i. S. des Art. 189 EWGV ent­ weder Entscheidungen oder Verordnungen. b) Die Freistellungskompetenz weist Art. 87 dem Rat zu. Art. 88 hin­ sichtlich vorübergehender Zuständigkeit der nationalen Behörden hat seine Bedeutung verloren. Der Rat hat zunächst durch VO Nr. 19/65 (ABI. 1965, 533) die Kommission zu begrenzten Gruppenfreistellungen ermächtigt, und zwar für bestimmte Beschränkungen in Alleinvertriebsabkommen, in Verträ­ gen über Erwerb und Nutzung von gewerblichen Schutzrechten, von Her­ stellungsverfahren und betriebstechnischen Kenntnissen. Dementsprechend ist die Verordnung Nr. 67/67 der Kommission vom 22. März 1967 über die Anwendung von Art. 85 III auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarun­ gen ergangen (ABI. S. 849). Eine weitere Ermächtigung der Kommission zu Gruppenfreistellungen enthält die Rats-VO Nr. 2821/71 vom 20. Dezember 1971 (ABI. L 285, 46), und zwar für Unternehmensvereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmens­ vereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die zum Ge­ genstand haben: a) die Anwendung von Normen und Typen, b) die For­ schung und Entwicklung von Erzeugnissen oder Verfahren bis zur Produk13 EuGH Rs 13/60 Rspr. VIII, 231. 14 Zur einschlägigen Rechtsprechung kritisch: Peter Ulmer AWD 1970, 193; ders., EuR 1969, 344. 40 Ipscn, Eur. Gemeinschaftsrecht

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Kartellverbot

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tionsreife sowie die Verwertung der Ergebnisse einschließlich der Bestim­ mungen über gewerbliche Schutzrechte und geheimes technisches Wissen, c) die Spezialisierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erforderlichen Abreden. Von ihrer Kompetenz zur Kooperationserleichterung durch diese Freistellungen hat die Kommission noch nicht Gebrauch gemacht. Die Kommission hat außerdem Negativattest-Entscheidungen, Verbotsentschei­ dungen, Verbotsmitteilungen, Empfehlungen und Freistellungsentscheidungen erlas­ sen. Sie hat schließlich Bekanntmachungen verlautbart u. a. über: (1) Alleinvertriebsverträge mit Handelsvertretern vom 24. Dezember 1962 (ABI. 2921); (2) Patentlizenzverträge vom 24. Dezember 1962 (ABI. 2922); (3) Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine zwischenbetriebliche Zusammenarbeit betreffen, vom 29. Juli 1968 (ABI. C 75, 3); (4) Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von geringer Bedeutung, die nicht unter Art. 85 I fallen, vom 27. Mai 1970 (ABI. C 64, 1). Zur Ausführung der VO Nr. 17 ist die Erste Ausführungsverordnung als VO Nr. 27 der Kommission vom 3. Mai 1962 (ABI. 1118, m. Änd. ABI. 1968, L 189, 1) ergangen (über Form, Inhalt und andere Einzelheiten von Anträgen, und Anmel­ dungen) sowie die VO Nr. 99/63 vom 25. Juli 1963 (ABI. 2268) über die Anhörung nach Art. 19 I und II der VO Nr. 17. Ergänzt worden ist die VO Nr. 17 durch die Rats-VO Nr. 2822/71 vom 20. De­ zember 1971 (ABI. L 285, 49). Nach dem neuen Art. 4 II Nr. 3 b und c der VO Nr. 17 sind — gleichfalls im- Interesse zwischenbetrieblicher Kooperation — Ver­ einbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von der in Art. 4 I a. a. O. statuierten Anmeldepflicht ausgenommen, die zum Gegenstand haben: b) die gemeinsame Forschung und Entwicklung, c) die Spezialisierung bei der Herstellung von Erzeugnissen, einschließlich der zu ihrer Durchführung erfor­ derlichen Abreden, letztere indes nur bis zu einer gewissen Größenordnung. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs hat klargestellt, daß auch VerbotsmitteHun­ gen der Kommission als Entscheidungen anzusehen sind. Danach hat die Kommis­ sion vor ihrem Erlaß gemäß Art. 19 VO Nr. 17 die Beschwerdepunkte zuzustellen und die Parteien gemäß VO Nr. 99/63 zu hören.

c) Bei Erfüllung der Freistellungsvoraussetzungen haben die Beteiligten einen Rechtsanspruch auf Freistellung, was der Wortlaut des Art. 85 III („können für nicht anwendbar erklärt werden“) nicht hinreichend verdeut­ licht15. Über die Wirksamkeitsdauer der Freistellung und ihre Widerruflich­ keit enthalten Art. 6 und 8 der VO Nr. 17 nähere Bestimmungen. Freistel­ lung bewirkt Entfall der Verbotswirkungen, d. h. zivilrechtliche Wirksam­ keit der Vereinbarung, des Beschlusses (dies auch mit Bindung für Gerichte und Behörden der Mitgliedstaaten, aber nicht mit Dispenswirkung gegen­ über tatbestandlidi anwendbarem, materiellen nationalen Recht zur Rege­ lung von Wettbewerbsbeschränkungen)16.

15 Gleiss-Hirsch-Hootz 141 zu Art. 85. 16 Gleiss-Hirsch-Hootz 143 zu Art. 85.

§ 33 VERBOT DES MISSBRAUCHS DER MARKTBEHERRSCHUNG Albrecht - Schulze-Brachmann, Die nationale und internationale Unternehmens­ konzentration — unter besonderer Berücksichtigung einer Europäischen Handels­ gesellschaft, AWD 1968, 81; Amereller, Die rechtliche Regelung der Marktbeherr­ schung im Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die praktische Anwendung dieser Bestimmungen, Diss. Saarbrücken (1963); Axster, Art. 86 EWG-Vertrag als Instrument der Fusionskontrolle?, WuW 1971, 758; Berg,, Nachteile einer Fusionskontrolle für die deutsche Industrie, WuW 1971, 10; Berg, Zur Notwendigkeit einer europäischen Fusionskontrollc, WuW 1972, 5; Börner, Die Marktbeherrschung im Kartellrecht der Montanunion (1960); Burki, Le problème de l’abus des positions dominantes des grandes entreprises dans le Marché Commun (d'après l’article 86 du Traité de Rome) (1968); Constantinesco. Les positions dominantes: aspects juridiques, in: Les ententes à l’échelle européenne, 79; Duesberg, Unternehmenszusammenschlüsse und Artikel 86 EWGVertrag, WuW 1971, 30; Gleiss, Untersuchungen der EWG-Kommission über Marktbeherrschung und Konzentration, AWD 1963, 2C6; von der Groeben, Unter­ nehmenszusammenschlüsse aus der Sicht der Europäischen Gemeinschaften, in: Not­ wendigkeit und Gefahr der wirtschaftlichen Konzentration in nationaler und inter­ nationaler Sicht, Veröff. der List-Gesellschaft Bd. 62 (1969) 102; Hefermehl, Beur­ teilung von Fusionen und Konzernbildungen nach Art. 85 und 86 des EWG-Vertrages, Fs Nipperdey II 771; Hefermehl, Unternehmenszusammenschlüsse im Lichte der Artikel 85 und 86 des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, in: Kooperation und Konzentration im Gemeinsamen Markt, Kartellrechtsforum Brüssel (1967) 59; Hermanns, Nationale Fusionskontrolle und Gemeinsamer Markt, AWD 1970, 344; Hönn, Die Anwendbarkeit des Artikel 86 EWG-Vertrag bei Kar­ tellen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, Diss. Frankfurt a. M. (1969); Houssiaux, Die wirtschaftlichen Grenzen der Unternehmenskonzentrationen und -fusionen, RevMC 1968, 51; Joliet, Monopolisation et abus de position dominante. Essai comparatif sur l’article 2 du Sherman Act et l’article 86 du Traité de Rome, RevTrimDrEur 1969, 645; Kantzenbach, Ist eine Fusionskontrolle auf nationaler Ebene erforderlich?, WuW 1971, 8; Krawielicki, Das Monopolverbot im Schumanplan (1952)·, Kreutz, Die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung nach Art. 86 EWG-Vertrag, Diss. Mainz (1970); Langen, Marktbeherrschung und ihr Mißbrauch nach Art. 86 des EWG-Vertrages (1959); Lecourt, Unternehmens­ konzentrationen und -fusionen als Faktoren der Europäischen Integration, in: RevMC 1968, 6; Lübbing, Unternehmenszusammenschlüsse nach § 23 GWB und Art. 66 MUV, Diss. Göttingen (1965); Marchini-Camia, La concentration industrielle, les positions dominantes sur le marché et le droit antitrust. L’expérience améri­ caine et les problèmes européens, RevTrimDrEur 1971, 353; Marken, Wettbewerb und Wirtschaftspolitik in der EWG, EuR 1970, 349; Markert, Marktmacht und ihre Kontrolle. Monopole und ihre Zusammenschlüsse, in: Fragen des europäischen Kartellrechts (1970) 71; Michael, Die Beurteilung von Unternehmenszusammen­ schlüssen nach Art. 86 EWG-Vertrag im Lichte der amerikanischen Rechtsprechung, Diss. Tübingen (1969); Neri, Sui divieto dei cartelli e sulla disciplina delle posizioni dominanti nel Mercato Comune, RivDirEur 1967, 3; Nymphius, Der Begriff der marktbeherrschenden Unternehmen nach Art. 86 EWG-Vertrag, Diss. Freiburg (1963); van Ommeslaghe, L’application des articles 85 et 86 du Traité de Rome aux fusions, aux groupes de sociétés et aux entreprises communes, RevTrimDrEur 1967, 457; van Ommeslaghe, Unternehmenskonzentration und Rechtsangleichung, 40 *

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Verbot des Mißbrauchs der Marktbeherrschunj

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ZHR 1969, 201, 261; Raisch-Sölter-Kartte, Fusionskontrolle. Tür und Wider (1971); Sade, Kooperation — Konzentrationen und Unternehmensfusionen in der EWG, RevMC 1968, 105; Samkalden-Druker, Legal problems relating to article 86 of the Rome Treaty, CMLR 1965, 158; Scheufeie, „Beherrschende Stellung“ und ihre „mißbräuchliche Ausnutzung“ im EWG-Kartellrecht, AWD 1971, 457; Schiller, Fusionskontrolle sichert Marktwirtschaft in Europa, WuW 1971, 5; Schlieder, Un­ ternehmenskonzentration, RevMC 1968, 215; Schmidt, Relevanter Markt, Markt­ beherrschung und Mißbrauch in § 22 GWB und Art. 86 EWGV, WuW 1965, 453; Schwaiger, Die Unternchmenskonzentration im Recht der Wettbewerbsbeschränkun­ gen der Europäischen Gemeinschaften, AWD 1972, 49; Steindorff, Die Schwierigkei­ ten, die sich für Konzentrationen und Fusionen aus Art. 85 und 86 EWG-Vcrtrag ergeben, RevMC 1968, 186; Teitgen, Le problème des fusions d’entreprises face au droit de la concurrence, in: Les ententes à l’échelle européenne, 165; Ter Kuile, Grensgebied tussen de artt. 85 en 86 E. E. G., SEW 1965, 348; Verloren van Themaat, Grensoverschrijdende fusies binnen de E. E. G., SEW 1968, 162; Wille­ metz, L’application de l’article 86 du Traité de la CEE, CahDrEur 1966, 583; Würdinger, Unternehmenskonzentration und Marktbeherrschung, WuW 1961, 745.

„Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die miß­ bräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemein­ samen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“ Diese Vorschrift des Art. 86 I EWGV wendet sich gegen Monopole und Oligopole. Sie entspricht in ihrer Intention dem Art. 66 § 7 EGKSV. Sie zielt entsprechend gleichartigen oder ähnlichen Regelungen der nationalen Wettbewerbsgesetze (§ 22 GWB) auf den Schutz unbehinderten Wettbe­ werbs. Wie für Art. 85 EWGV kommt es auch für Art. 86 nicht auf den Sitz des marktbeherrschenden Unternehmens an, sondern auf die Auswir­ kung der beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt (Maßgeblichkeit des sog. „Wirkungsstatuts“)1.

/. T atbestan d 1. V o ra u sse tzu n g e n

1 Die Anwendung des Art. 86 hängt von der Erfüllung von vier Voraus­ setzungen ab: a) der beherrschenden Stellung, b) ihrer mißbräuchlichen Aus­ nutzung, c) ihrer Auswirkung auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil des Marktes, d) ihrer Eignung, den Handel zwischen Mit­ gliedstaaten zu beeinträchtigen. a) Art. 86 I definiert seinerseits nicht, wann eine beherrschende Stellung und worin sie besteht. Auch die Beispieltatbestände a) bis d) des Art. 86 II sind insoweit unergiebig. Denn sie erläutern die Anwendungsvoraussetzung der mißbräuchlichen Ausnutzung, kurz: des Mißbrauchs, nicht die der markt­ beherrschenden Stellung. 1 Gleiss-Hirsch-Hootz, EWG-Kartellrecht 2. Aufl. (1965) 6 zu Art. 86.

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Tatbestand

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aa) Aus der Vergleichung mit Art. 66 § 7 EGKSVkann gefolgert werden, daß Marktbeherrschung eines Unternehmens jedenfalls dann stattfindet, wenn es „einem tatsächlichen Wettbewerb in einem beträchtlichen Teil des Gemeinsamen Marktes entzogen“ wird, es einem „Drude des Wettbewerbs“ also nicht mehr ausgesetzt ist. Das ist der Fall, wenn das Unternehmen die Macht hat, die Entscheidungen den anderen Marktteilnehmern, insbes. den Abnehmern aufzuerlegen, ohne daß diese darauf abwehrend zu reagieren vermöchten2. bb) Marktbeherrschung dieser Art findet überwiegend nicht durch ein einzelnes Unternehmen, sondern durch mehrere statt, insbes. durch Kon­ zerne mehrerer rechtlich selbständiger, in der Unternehmensfiihrung verbun­ dener Unternehmen, aber auch durch solche, die im Wege wettbewerbsbe­ schränkenden Zusammenwirkens den Markt beherrschen. Da dieses Zusam­ menwirken seinerseits den Tatbestand des Art. 85 erfüllen kann, dürfte Art. 85 I neben Art. 86 anwendbar sein3. cc) „Marktbeherrschende Stellung“ läßt sich nicht generell oder abstrakt erfassen. Sie hängt auch nicht in jedem Fall allein oder kumulativ vom Marktanteil (etwa einem solchen von mindestens 51 %), von der Zahl der Wettbewerber, aktueller oder potentieller Substitutionskonkurrenz, der Be­ triebsgröße des Unternehmens, der Art und Methode des Marktverhaltens ab. Diese teils objektiven, teils subjektiven Umstände können lediglich kon­ kret relevante Einzelmerkmale liefern. Erst ihre Gesamtwürdigung ohne Präjudiz durch Vermutungsfolgerungen aus Einzelumständen entscheidet über das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung — und zwar nach den Feststellungen und Würdigungen der zur Mißbrauchskontrolle zustän­ digen Organe. b) Mißbrauch, nämlich mißbräuchliche Ausnutzung dieser Stellung, wird durch Art. 86 I verboten, nicht allein ihre Innehabung. Diese wird als solche vom Vertrag (insoweit abweichend von Art. 66 § 7 EGKSV) weder ausge­ schlossen noch verboten. Wer sie besitzt, ist nach Art. 86 (anders als nadi § 23 GWB) nicht einmal zu ihrer Anzeige verpflichtet, noch weniger zur Ein­ holung ihrer Genehmigung oder ihrer Wiederbeseitigung durch Entflech2 Hilfreich auch hier die Definition des Wettbewerbs durch Knöpfle, Der Rechtsbegriff „Wettbewerb“ und die Realität des Wirtschaftslebens (1966) 222 im An­ schluß an seine Ausführungen WuW 1962, 159 (Zum Wettbewerb im Sinne des § 1 GWB): „Unter Wettbewerb sind zu verstehen die wirtschaftlichen Erforder­ nisse (positive Anforderungen und Schranken), Risiken und Chancen, die sich für die einzelnen Marktbeteiligungen daraus ergeben, daß die Marktpartner unter den versdiiedenen Anbietern (Nachfragern) wählen oder doch von dem einen Anbieter (Nachfrager) auf andere ausweichen können“ — so daß eben durch die Wahlmög­ lichkeit zwischen Risiken und Chancen ein „Wettbewerbsdruck“ entsteht. 3 Zu dieser Streitfrage vgl. Memorandum der Kommission: Das Problem der Untcrnchmenskonzentration im Gemeinsamen Markt, Dok SEK (65) 3500 v. 1. 12. 1965, EWG-Studicn, Reihe Wettbewerb Nr. 3 (1966) III Nrn. 5—15; Marken EuR 1970, 358; Steindorff RevMC 1968, 186; Joliet RevTrimDrEur 1969, 691; van Ommcslaghe ebenda 1967, 457.

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Verbot des Mißbrauchs der Marktbeherrschung

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tung. Audi für den Mißbrauch-Tatbestand bietet die Generalklausel des Art. 86 keine Legaldefinition. Definitionshilfe liefert die (nidit erschöpfende) Aufzählung der Beispieltatbestände seines Abs. II a bis d, die mit denen des Art. 85 I a bis e in manchem vergleichbar sind. aa) Trotz des dem Ausdruck „Mißbrauch“ verbal zuzuschreibenden sub­ jektiven Gehalts i. S. eines Unwerturteils ist er nicht nach ethischen Katego­ rien zu bestimmen, sondern ausschließlich nach solchen wirtschaftlicher Ob­ jektivität. Ebenso wie für die sechs Vorschriften des Gesetzes gegen Wett­ bewerbsbeschränkungen, die — außer § 22 III — das Merkmal „Mißbrauch“ oder „mißbräuchlich“ zur Umschreibung der normativen Eingriffs Voraus­ setzungen der Kartellkontrolle verwenden (§§ 11 V Nr. 2, § 12 I Nr. 1, § 17 I Nr. 2, § 102 II, § 104 I Nr. 1), gilt audi für Art. 86, daß er den Ge­ brauch einer Makrtstellung verbietet, wenn dieser in einer durch die nor­ mierte Wettbewerbsordnung mißbilligten Erfolgswirkung stattfindet. Ob die marktbeherrschende Stellung mißbraucht wird oder nicht, ist also immanent aus den Maßstäben der Wettbewerbsordnung selbst, und nur aus ihr heraus, zu beantworten. Diese Antwort ergibt sich nicht nach allgemeinen Rechts­ vorstellungen über Rechtsmißbrauch oder deliktisdies Verhalten. Mißbrauch bemißt sich also nach der objektiven Wirkung unternehmerischen RIandelns, unabhängig vom Verschulden, von Kategorien der guten Sitten . im Ge­ schäftsverkehr, dem Gebot der Redlichkeit. bb) Nach dem Inhalt der Wettbewerbsordnung mißbilligte Wirkung unternehmerischen Handelns kann z. B. aus der Tatsache indiziert werden, daß gerade und nur die Innehabung der beherrschenden Stellung dieses Ver­ halten ermöglicht; daß sie Vorteile verschafft, die bei Wirksamkeit, d. h. Nicht-Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht erzielbar wären; daß das Ver­ halten für Dritte ungerechtfertigte Nachteile herbeiführt. Deshalb kann auch die Intensität der Marktbeherrschung indiziell bedeutsam sein. Die Beispieltatbestände des Art. 86 II bestätigen diese Argumentations­ möglichkeiten. Danach kann der Mißbrauch bestehen : lit. a) in der unmittelbaren oder mittelbaren (rechtlichen oder wirtschaft­ lichen) Erzwingung objektiv unangemessener, d. h. sachlich nicht gerecht­ fertigter Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingun­ gen, also in der Verhaltensbeziehung zwischen dem marktbeherrschenden Unternehmer als Verkäufer zu seinen Käufern (vergleichbar § 22 II Nr. 1 GWB); lit. b) in der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der techni­ schen Entwicklung zum effektiven Schaden der Verbraucher, d. h. jeden Ab­ nehmers von Waren — weshalb ohne solche Verbraucher-Schädigung statt­ findende Rationalisierungsmaßnahmen des marktbeherrschenden U nterneh­ mens, weil eben nicht mißbräuchlich, i. S. des Art. 86 unschädlich sind; lit. c) in der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wenn diese dadurch im Wettbewerb

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Tatbestand

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benachteiligt werden. Der Marktbeherrscher darf also, wenn er kontrahiert (wozu auch seine marktbeherrschende Stellung ihn nicht zwingt), nicht un­ gleich behandeln, nicht diskriminieren, und zwar weder Abnehmer noch Lie­ ferer, falls seine Differenzierung nicht durch die Ungleichwertigkeit ihrer Leistung selbst etwa gerechtfertigt ist (vgl. § 26 II GWB: sachlich gerecht­ fertigte Ungleichbehandlung nicht unzulässig); lit. d) in der an den Vertragsschluß geknüpften Bedingung, daß die Ver­ tragspartner Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handels­ brauch (am Sitz des Marktbeherrschers) in Beziehung zum Vertragsgegen­ stand stehen (vgl. § 22 III Nr. 2 GWB, Art. 85 I e). Wer auf solche Kopp­ lungsgeschäfte einzugehen genötigt wird, wird vom Marktbeherrscher unzu­ lässigerweise in seiner Vertragsfreiheit eingeschränkt.

2. M iß b r a u c h - W ir k u n g e n

2 a) Mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung setzt ihre Wirksamkeit nicht irgendwo und für irgendein Austauschobjekt voraus, sondern mindestens auf einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes (oder auf ihm insgesamt), soweit er gegenständlich für den Warenaustausch relevant genannt werden kann. Voraussetzung ist danach gegenständlich die nach Verwendungszweck, Eigenschaften, Preis usw. mögliche konkrete Aus­ tauschbarkeit der deshalb marktrelevanten Waren. Qualitativ-räumlich wird die (nicht notwendig qualitativ-gebietlieh bestimmte) Bedeutsamkeit des be­ herrschten Marktteiles in Relation zum gesamten Gemeinsamen Markt hin­ sichtlich der relevanten Waren vorausgesetzt4. Der fragliche, zur EWG ge­ hörige Austauschraum muß also ein für Angebot und Nachfrage wesentlicher Raum sein. Das kann auch (allein) der Raum eines einzigen Mitgliedstaates sein, wenn in ihm der Handel mit der fraglichen Ware konzentriert ist5. b) Dies deshalb, weil es für die Anwendbarkeit des Art. 86 (ebenso wie die des Art. 85) auf die Eignung des Mißbrauchs ankommt, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Eignung genügt, da die Wen­ dung des Art. 86 I „soweit dies dazu führen kann“ lediglich eine umständ­ lichere Formulierung der Eignungs-Voraussetzung des Art. 85 I darstellt. Für die Merkmale „Handel“, „zwischen Mitgliedstaaten“ und „beeinträch­ tigen“ gilt das zu denselben Elementen des Art. 85 I Gesagte (32/4, 5).

4 Gleiss-Hirsch-Hootz 6 zu Art. 86. 5 Cerexhey Les règles de concurrence applicables aux entreprises, in: DrCommEur Nr. 2095.

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Verbot des Mißbrauchs der Marktbcherrschun;

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11. V e r b o t 1. W ir k u n g

3 Die Erfüllung des Tatbestandes des Art. 86 I löst unmittelbar ex lege V erbot swirkung aus, ohne daß es hierzu konkretisierender Verbotsentschei­ dung der Kommission bedürfte (anders § 22 GWB: Untersagungsermächti­ gung, in anderem Sinne anders Art. 66 § 7 EGKSV: Ermächtigung zu ge­ eigneter Empfehlung, um zu verhindern, daß das Unternehmen seine Stel­ lung vertragszweckwidrig ausnutzt, sowie letztlich zu Sanktionsentscheidun­ gen und Festsetzung von Preisen, Verkaufsbedingungen sowie von Fabrika­ tions- und Lieferprogrammen).

2. Z iv ilre ch tlic h e F olgen

4 Die zivilrechtlichen Folgen des Verstoßes gegen Art. 86, also der Ver­ botswirkungen, regelt Art. 86 — anders als Art. 85 II — nicht. Sie bestim­ men sich nach nationalem Recht. Nach deutschem Recht ergeben sich Folgen nicht nach § 134 BGB, weil Art. 86 die Nichtigkeitsfolge nicht statuiert, son-/ dern — bei Erfüllung seiner Voraussetzungen — nach § 138 BGB. Folgen aus § 823 II BGB treten nicht ein, weil Art. 86, der die Wettbewerbsordnung des Gemeinsamen Marktes als solchen schützen soll, kein Schutzgesetz im Interesse einzelner ist®.

3. F reistellu n g

5 Vom Mißbrauchsverbot kann nicht freigestellt werden. Denn Mißbrauch kann nicht erlaubnisfähig sein.

4. S a n k tio n

6 Sanktioniert wird Art. 86 durch die Befugnis der Kommission zur Ver­ hängung von Geldbußen nach Art. 15 II a VO Nr. 17, ferner durch die Kommissionsbefugnis nach Art. 16 I a a.a.O. zur Verhängung von Zwangs­ geldern, um das Unternehmen zur Unterlassung des Mißbrauchs anzuhalten, wenn sie die Abstellung des Mißbrauchs in einer Entscheidung gemäß Art. 3 a.a.O. angeordnet hat. Maßnahmen nach Art des Art. 66 § 7 EGKSV (Fest­ setzung von Preisen, Verkaufsbedingungen, Fabrikations- und Lieferpro­ grammen) kann die Kommission nicht treffen.

5. P ra x is

7 Erstmalig ist die Kommission Anfang Juni 1971 mit einer förmlichen Entsdiei-* e Gleiss-Hirsch-Hootz 27 zu Art. 86.

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Verbot, Fusionskontrolle

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dung gegen die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt durch einen deutschen Marktteilnehmer vorgegangen7.

I I I . F u s io n s k o n tr o lle

8

Nicht nur national, sondern gerade auch im Bereich des Gemeinsamen Marktes kann von der „Notwendigkeit und Gefahr der wirtschaftlichen Konzentration“8 gesprochen werden. Eine Konzentrationsbewegung, die bis in die 50er Jahre die Entwicklung in den USA bestimmte, sich danach in Japan und Großbritannien auswirkte, hat die Wirtschaft des Gemeinsamen Marktes erfaßt. Sie steht dort auch unter amerikanischen Einflüssen und abwehrenden Reaktionen der mitgliedstaatlichen Wirtschaft9. Die auf eine Verhaltensüberwachung zielende Kartellaufsidit und Miß­ brauchskontrolle bilden keine ausreichende Sicherung wirksamen Wettbe­ werbs, wenn Fusionen zu monopolistischer Konzentration führen, deren Existenz an sich wettbewerbswirksame Marktbedingungen ausschließt. Dar­ aus resultiert die Forderung nach Rechtsgrundlagen zum Einschreiten „gegen extreme Marktstrukturveränderungen . . ., die auf lange Sicht die Aufrecht­ erhaltung eines Mindestmaßes an Wettbewerb auf wichtigen Märkten ernst­ haft gefährden“10. Damit soll der Gefahr wirtschaftlicher Konzentration für einen funktionswirksamen Wettbewerb begegnet werden. Dieses Postulat zur Abwehr einer Gefahr kann der Notwendigkeit wirt­ schaftlicher Konzentration im Wege stehen. Eine solche ist erwachsen aus der Erweiterung der nationalen Märkte zum Gemeinsamen Markt, seiner Ziel7 Entscheidung der Kommission vom 2. 6. 1971 an die Gesellschaft für musikali­ sche Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) mit Sitz in Berlin, ABI. 1971 L 134, 15. Die Entscheidung stellt einen umfangreichen Katalog von Zuwiderhandlungen gegen Art. 86 EWGV fest und spridit die Verpflichtung aus, diese ab sofort abzustellen. — Ihre am 26. 7. 1971 gegen diese Entscheidung gerichtete Nichtigkeitsklage (ABI. 1971 C 84, 11) hat die GEMA zurüdegenommen, was zur Streichung der Rs 45/71 führte. — Zur Satzungsänderung der GEMA: VWD Europa Nr. 131/71 v. 12. 7. 1971 1/8; zur rechtlichen Situation der Urheber­ rechts-Verwertungsgesellschaften in den übrigen Mitgliedstaaten: Kommissionsant­ wort v. 9. 12. 1971 auf die Anfrage Nr. 349/71 des Abg. Vredeling, ABI. 1971 C 125, 8. — Vgl. v. Brunn., Der GEMA-Fall, WuW 1971, 770; Focsanenau RevMC 1971,476. 8 Dies das Thema der Tagung der List-Gesellschaft vom 10. bis 12. 3. 1969, Vcröff. der List-Gesellschaft Bd. 62 (1969). 9 Dazu: von der Groeben , Veröfr. der List-Gesellschaft Bd. 62, 102; Loeffelholz von Colberg, Nationale Unternehmenskonzentration als Antwort auf die amerika­ nische Herausforderung?, EA 1969, 573; Hermanns AWD 1970, 344; Schiller, Kantzenbach, Berg, WuW 1971, 5, 8, 10; Raisch-Söller-Kartte, Fusionskontrolle. Für und Wider; Mestmäckcr, Konzentration und Wettbewerb, FAZ Nr. 62 v. 14. 3. 1970, 15; Marken EuR 1970, 357; ders. in: Fragen des europäischen Kartellrechts (1970) 71; Berkhouwer-Rericht d. E. Pari. Dok. 197 Eur. Pari. v. 2. 2. 1970: Be­ richt über die Wettbewcrbsregeln und die Stellung der europäischen Unternehmen auf dem Gemeinsamen Markt und in der Weltwirtschaft. 10 OECD-Studie „Marktmacht und Recht“, FIW-Dokumentation 2 (1970) Nr. 490.

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Verbot des Mißbrauchs der Marktbeherrschung

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Setzung grenzüberschreitender Wirtschaftsverflechtung und intensiver Pro­ duktionssteigerung und -rationalisierung, der Behauptung gegen drittstaatliche Konkurrenz. Der Notwendigkeit wirtschaftlicher Konzentration dieser grenzüberschreitenden Dimension kann die Einführung mitgliedstaatlicher Fusionskontrollen, die bislang nicht existiert11, schädlich entgegen wirken. Denn eine etwa national behinderte Wirtschaft kann im Wettbewerb des Gemeinsamen Marktes gegenüber der Wirtschaft anderer Mitgliedstaaten diskriminiert werden, die derart in ihren Konzentrationsbewegungen nicht kontrolliert und gehemmt ist. In dieser Lage stehen das Gemeinschaftsrecht und nationale Rechtsord­ nungen vor dem Zwang der Entscheidung, Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten vor der Notwendigkeit einer Ausrichtung ihrer Fusions­ politik. Das Recht der EGKS bietet in Art. 66 §§ 1, 2 und Art. 66 § 7 EGKSV die erforderlichen Rechtsgrundlagen zur präventiven Kontrolle von Konzentrationsvorgängen und mißbräuchlicher Ausnutzung marktbeherr­ schender Stellungen. Die Kommission hat von diesen Ermächtigungen Ge­ brauch gemacht12. Art. 86 EWGV ermöglicht nur die Kontrolle des Miß­ brauchs marktbeherrschender Stellungen, keine solche von Konzentrationen. Die Kommission hat es jetzt gleichwohl unternommen, in ersten Fällen unter Berufung auf Art. 86 Unternehmenszusammenschlüssen entgegenzuwirken13, wenn ein am Zusammenschluß beteiligtes Unternehmen beherrschender Stel­ lung diese durch Zusammenschluß derart verstärkt, „daß dadurch im Wider­ spruch zu der Konzeption, auf der der Vertrag und insbesondere Art. 86 b beruht, zum Nachteil der Verbraucher, Lieferanten und Händler eine Mono­ polsituation geschaffen wird, die ein Funktionieren des Wettbewerbs ver­ hindert“14. Da vor einschlägiger Judikatur des Gerichtshofs nicht gesichert ist, ob Art. 86 EWGV für solche präventiv einsetzende Fusionskontrolle hinrei11 Lutter, Empfehlen sich für die Zusammenfassung europäischer Unternehmen neben oder statt der europäischen Handelsgesellschaft und der internationalen Fu­ sion weitere Möglichkeiten der Gestaltung auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts?, Gutachten H zum 48. DjTag (1970) Bd. 1 H, 131—132; vgl. auch Salinger, Vor­ bereitungen zur Einführung einer Meldepflicht von Fusionen beim niederländischen Wirtschaftsministerium, WuW 1971, 376. 12 Zur Kommissionspraxis vgl. die Angaben in den jährlichen Gesamtberichten, so u. a. 3. Gesamtbericht (1969) 64, 69; 4. Gesamtbericht (1970) 22, 29; zu den Anwendungskriterien für Art. 66 EGKSV vgl. die Kommissionsmitteilung über die „Grundzüge einer Wettbewerbspolitik hinsichtlich der Strukturen der Stahlindu­ strie“, ABI. 1970 C 12, 5. 13 Erstmalig gegenüber der Europemballage, in der die europäischen Beteili­ gungen des amerikanischen Continental-Can-Konzerns zusammengefaßt sind, ange­ sichts des Aktienerwerbs an einem holländischen Unternehmen; vgl. ABI. 1970 C 89, 1; Entscheidung vom 9. 12. 1971, ABI. 1972 L 7, 25; hiergegen Klage vom vom 9. 2. 1972, Rs 6/72, ABI. C 24, 1. 14 Kommission, Memorandum: Problem der Unternehmenskonzentration im Ge­ meinsamen Markt, Dok SEK (65) 3500 v. 1. 12. 1965, EWG-Studien Reihe Wett­ bewerb Nr. 3 (1966) I Nr. 28.

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Fusionskontrolle

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diende Grundlage bietet, bleiben die zur Ausgestaltung gemeinschaftsrechtlicher Konzentrationskontrolle erwogenen Vorschläge von Interesse15. Sie zielen z. T. dahin, für Zusammenschlüsse eine Anmeldungspflicht und eine Kommissionskontrolle einzuführen, kraft deren Zusammenschlüsse bestimm­ ter Marktanteil-Grenzen verhindert werden können. Entsprechende, nämlich ebenfalls auf eine vorbeugende Fusionskontrolle zielende Regelungen sieht die geplante Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 23—24 b) vor16. Sie verpflichten zur Anmeldung von Zusammenschlüs­ sen zwischen Unternehmen, wenn eines von ihnen ein Umsatzvolumen von einer Milliarde DM hat. Einen Untersagungsgrund liefert die Erlangung oder Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung, wenn diese auch unter Berücksichtigung der Zusammenschlußauswirkungen auf andere Märkte den Wettbewerb wesentlich beeinträchtigt. Eine deutsche Regelung der Fusionskontrolle kann Wirkungen hervorrufen, die Art. 101 EWGV zu verhindern sucht. Art. 102 EWGV ordnet deshalb ein vorgängiges Beratungsverfahren unter Verantwortung der Kom­ mission an17. Es liegt in der Intention dieser Regelungen und entspricht der Problematik einer Fusionskontrolle im Gemeinsamen Markt, diese gemein­ schaftsrechtlich zu regeln.

15 Über diese vgl. M arken EuR 1970, 358 mit Anm. 31. — Das für Wettbe­ werbsfragen zuständige Kommissionsmitglied Borschette hält eine Anmeldung und Genehmigung von Zusammenschlüssen ab einer bestimmten Größenordnung nur auf Grund einer Vertragsänderung für möglich; vgl. Verh. des Europ. Pari. Nr. 139, Sitzungen v. 7. 6. bis 11. 6. 1971, 24, 31. 10 Vgl. den Regierungs-Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des GWB, BRats-Drucks. 265/71 = BT-Drucks. VI/2520 = WuW 1971, 531. 17 Dazu: Hermanns AWD 1970, 348.

§ 34 FREIZÜGIGKEIT DER ARBEITNEHMER Antonucci , La libera circolazione dei lavoratori nella Comunitä Economica Europea, RivDirLav 1964, 394; Audinet , Contrat de travail et liberté de circula­ tion des personnes et des services dans la C. E. E., DrSoc 1965, 234; Becver, Trade unions and free labour movement in the EEC (1969); Bouscaren, European Econo­ mic Community migrations (1969); Brinkhorst , Een tweede etappe voor hct vrij verkeer van werkneemers, SEW 1963, 613; Biilow, Die Rechtsstellung des Einzelnen in der EWG — am Beispiel der Freizügigkeit, in: Zur Stellung der Mitglicdstaatcn im Europarecht (1967 Hg. Bülck) 80; Dahlberg, The EEC Commission and the politics of the free movement of labour, JCMSt 1968, 310; Desmedt , Les deux directives du Conseil de la CEE concernant la police des étrangers, CahDrEur 1966, 55; Falchi, Le régime définitif de la libre circulation et l’immigration des pays tiers, DrSoc 1971, 16; Foraciari, L’attuazione dei principio della libera circola­ zione dei lavori nell’ambito comunitario in fiferimento all’ordinamento giuridico italiano, Diss. Rom (1966); Gagliardi , Passaporti e norme sulla circolazione c il soggiorno dei cittadini degli Stati membri della Comunita Economica Europea (1968); Grabitz, Europäisches Bürgerrecht zwischen Marktbürgerschaft und Staats­ bürgerschaft (1970); Ter Heide, The free movement of workers in the final phase, CMLR 1969, 466; Hildmann, Die rechtliche Stellung der Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten der EWG und aus Drittstaaten beim Zugang zur Beschäf­ tigung in der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Zürich (1969); Iscle u. a., La dis­ crimination en matière d’emploi et de profession dans les pays membres de la Communauté Economique Européenne, RevIntDrComp 1969, 5; van Look, Het vrij verkeer van werkneemers in de EEG nu een realiteit, SEW 1969, 274; LyonCaen, La réserve d’ordre public en matière de liberté d’établissement et de libre circulation, RcvTrimDrEur 1966, 693; Lyon-Caen , Le régime définitif de la libre circulation des travailleurs, RcvTrimDrEur 1969, 92; Maas, La commission ad­ ministrative pour la sécurité sociale des travailleurs migrants. Une curiosité insti­ tutionelle, CahDrEur 1966, 343; Maertens, De geografische mobiliteit van werknemers in de Europese Gemeenschap (1969); Maestripieri , La libre circulation des personnes et des services dans la CEE (1971); Mengoni, La libera circolazione dei lavoratori nella CEE, DirLav 1970, 165; Monaco, La libera circolazione dei lavo­ ratori (1959); Pistoj, Il diritto al lavoro e la circolazione in Italia dei lavoratori della Comunità Economica Europea, RivDirEur 1970, 217; Raharinarivonirina, Le droit du contrat de travail face à la libre circulation des travailleurs dans la C. E. E., Diss. Aix/Marseille (1970); Schiefer, Europäischer Arbeitsmarkt. Freizügig­ keit und Mobilität der Arbeitnehmer (1961); Telchini, II diritto dei lavoratori comunitari a rimanere nello Stato in cui hanno occupato un impiego, RivDirlntPrivProc 1970, 790; Seltner, Die öffentliche Sicherheit und Ordnung als Schranke der Arbeitnehmer-Freizügigkeit gemäß Art. 48 Abs. 3 des EWG-Vcrtrags, DÖV 1967, 328; Valenti, Sulla liberta di movimento delle persone in rapporto agli aspetti economici e sociali nelle Comunita europee, RivDirEur 1971, 91; Vrillon, La libre circulation des travailleurs de la Communauté économique européenne dans l’optique du Comité consultatif de la libre circulation, DrSoc 1966, 279; Stabenow, Die Freizügigkeit im Verkehrswesen in der EWG, EA 1961, 485.

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Bedeutung und Rechtsgrundlagen

3 4/1

I. B e d e u tu n g im G e m e in s c h a f ts r e e b t u n d R e c h tsg ru n d la g e n 1. B e d e u tu n g

1 Innerhalb der vier Freiheiten, die Titel III im Zweiten Teil „Grundlagen der Gemeinschaft“ des EWGV — neben der Freiheit der Niederlassung, des Dienstleistungs- und des Kapitalverkehrs — statuiert, nimmt die Freizügig­ keit der Arbeitskräfte nach ihrer Plazierung an erster Stelle und ihrer öko­ nomischen Bedeutung für die Integration einen hervorragenden Platz ein. Darüber hinaus kann dieser Vorrang-Plazierung auch eine psychologisch­ soziale Intention nicht abgesprochen werden. Von der Freizügigkeit des einzelnen spricht der Vertrag nur im Zusam­ menhang mit den Arbeitskräften in seinen Art. 48 I und 123. Die Parallel­ vorschrift des Art. 69 EGKSV verwendet diesen Ausdruck nicht. Dieses Redit hat in der deutschen Verfassungsüberlieferung1 vom „freien Zug“ des Tübinger Vertrages von 1514 über den Reichsabschied von 1555, das Steinsche Edikt von 1807 und die Paulskirchen-Verfassung bis zu Art. 11 GG eine elementare Bedeutung der Freiheitsbehauptung gegen hoheitliche Be­ schränkung des freien Zu- und Abzuges. Das Grundrechtssystem des GG spezifiziert die Freizügigkeit zur freien Wahl von Aufenthalt und Wohnsitz im Bundesgebiet, also zur Freiheit der Bewegung im Raumsinne. Es gewähr­ leistet die Freiheit der Berufswahl und -ausübung in Art. 12 1 GG besonders. Die Freizügigkeit des Gemeinschaftsrechts zielt, seiner wirtschaftlichen Funk­ tion entsprechend, auf Freiheit der Bewegung im Raum des Gemeinsamen Marktes und auf Freiheit zur Arbeitsaufnahme zu inländergleichen Bedin­ gungen. Wiewohl also in dieser Weise zweckbezogen, vermittelt die gemein­ schaftsrechtliche Freizügigkeit mit der räumlichen Mobilität doch auch die Freiheit der grundrechtlichen Freizügigkeit, und dies über die Staatsgrenzen hinweg im Raum der Gemeinschaft. Die Freizügigkeit der Arbeitskräfte ist als Gewährleistung der Beweglich­ keit eines wesentlichen Produktionsfaktors integrationserheblich für Stand­ ortwahl, Arbeitsteilung und Steigerung des Lebensstandards. Als solche steht sie in engem Zusammenhang mit der Gewährleistung der Niederlassungs­ freiheit und der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (§ 35). Niederlassungs­ freiheit als Freizügigkeit der Selbständigen (Einzelner und von Unterneh­ men) und Dienstleistungsfreiheit als nur vorübergehende Erwerbstätigkeit außerhalb des eigenen Staates (als aktive Freiheit des Dienstleistenden, pas­ sive des Dienstleistungsempfängers) zielen ebenso wie die ArbeitnehmerFreizügigkeit auf Gleichstellung mit dem Inländer i. S. des Art. 7 EWGV. So erklärt sich einmal, daß wesentliche Elemente des Gemeinschaftsrechts dieser drei Freiheiten einander entsprechen. So erklärt sich zum andern, daß das deutsche Recht2, das die Einreise und den Aufenthalt von ausländischen 1

Maunz-Dürig-Herzog Komm. 13—16 zu Art. 11 GG.

Freizügigkeit der Arbeitnehmer

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638

Marktbürgern, d. h. von nicht-deutschen Staatsangehörigen der EWG-Mitgliedstaaten regelt, die Träger dieser Freiheiten gleichmäßig erfaßt. 2. R e ch tsg ru n d la g en 2 Art. 69 EGKSV statuierte die Freizügigkeit der Kohle- und Stahlfach­ arbeiter im Vertrag selbst. Zu ihrer Realisierung sind Beschlüsse der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen ergangen (ABI. 1957, 367; 1961, 780; 1963, 1637). Die Verwirklichung der Arbeitnehmer-Freizügigkeit der Art. 48—51 EWGV bedurfte schrittweiser Setzung von Sekundärrecht. Sie hat ihren einstweiligen Abschluß — nach der VO Nr. 15 vom 16. August 1961 (ABI. 1073) und der VO Nr. 38 vom 25. März 1964 (ABI. 965) — in der VO Nr. 1612 vom 15. Oktober 1968 (ABI. L 257, 2) gefunden. Sie wird er­ gänzt durch die Richtlinie des Rates vom 15. Oktober 1968 (ABI. L 257, 13) zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemein­ schaft. Zur Durchführung des Art. 96 EAGV, der die Freizügigkeit für die Auf­ nahme qualifizierter Beschäftigungen auf dem Kerngebiet vorsieht, ist die Richtlinie des Rates vom 5. März 1962 (ABI. 1650) ergangen. Um den Austausch junger Arbeitskräfte nach Art. 50 EWGV zu fördern, haben die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen ein Erstes Pro­ gramm vom 8. Mai 1964 (ABI. 1226) aufgestellt. Art. 51 EWGV ist durch mehrere Ratsverordnungen zur Herstellung der sozialen Sicherheit der Arbeitnehmer ausgeführt worden (51/22 f.). Um sicherzustellen, daß die in Art. 48 III den Mitgliedstaaten vorbehal­ tenen Beschränkungsmöglichkeiten für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern aus Gründen der öffentlichten Ordnung, Sicherheit und Gesund­ heit das Freiheitsrecht nicht aushöhlen, hat die Richtlinie des Rates vom 25. Februar 1964 (ABI. 850) den zulässigen Inhalt solcher Sondervorschrif­ ten koordiniert. Die Bedingungen, unter denen ausländische Arbeitnehmer nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates verbleiben dürfen, hat die Kommission auf Grund von Art. 48 III d EWGV in der VO Nr. 1251 vom 29. 6. 1970 (ABI. L 142, 24) festgelegt.

I I . I n h a lt u n d V e r w ir k lic h u n g 1. F re izü g ig k e it

3 Das Gemeinschaftsrecht hat die zahlreichen, bei Eröffnung des Gemein­ samen Marktes bereits existierenden bi- und multilateralen Abkommen der2 2 Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaa­ ten der EWG v. 22. 7. 1969 (BGBl. I, 927); dazu: Biilow, in: Zur Stellung der Mitgliedstaaten im Europarecht (1967) 83; Grabitz Europäisches Bürgerrecht 69.

639

Inhalt und Verwirklichung

3 4 /3 -6

Mitglieder der OECD und des Europarates für die Mitgliedstaaten ersetzt und in ihrem Freiheitsgehalt durch Sekundärrechtsetzung gesteigert. Das ist insbesondere geschehen durch eine Koordinierung der Aufenthaltsbedingun­ gen (Art. 48 III b, c, d) und eine Harmonisierung der Rechts- und Ver­ waltungsvorschriften über den Zugang zu verfügbaren Arbeitsplätzen sowie der Verfahren für die Zusammenführung und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt (Art. 49, b, d). Damit ist die Effek­ tivität des Grundsatzes der Gleichbehandlung des Ausländers mit dem In­ länder wesentlich erhöht worden. Daß seit Ablauf der Übergangszeit Schutz­ maßnahmen der Mitgliedstaaten bei anhaltenden Schwierigkeiten eines Wirtschaftszweiges oder regionalen Lageverschlechterungen (Art. 226 EWGV) ausgeschlossen sind, verhindert mitgliedstaatliche Durchbrechungen der so verwirklichten Freizügigkeit.

2. I n lä n d e r g le ic h b e h a n d lu n g

4 Wesentliches Ziel der Freizügigkeit i. S. des Art. 7 EWGV ist die In­ ländergleichbehandlung des ausländischen Arbeitnehmers, die Verhinderung seiner Diskriminierung. Art. 7 I EWGV ist unmittelbar anwendbar und, an die Mitgliedstaaten und die Marktbürger adressiert, geeignet zur Drittwirkung3. Art. 1 und 7 der VO Nr. 1612/68 konnten diese Wirkungen des Dis­ kriminierungsverbotes statuieren. 5 a) Nach Art. 1 ist jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates unge­ achtet seines Wohnorts berechtigt, eine Tätigkeit im Lohn- und Gehaltsver­ hältnis im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften aufzunehmen und auszuüben. Er hat dort insbesondere mit dem gleichen Vorrang Anspruch auf Zugang zu den verfügbaren Stellen wie die Staats­ angehörigen dieses Landes. Danach (und nach den Folgeartikeln 3 bis 6 der Verordnung) ist jeder Mitgliedstaat gehindert, diese Freiheit normativ und exekutiv zu beschränken oder zu behindern. 6 b) Drittwirkung vermittelt Art. 7 der VO Nr. 1612/68: danach ist der ausländische Arbeitnehmer hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbe­ dingungen (Entlohnung, Kündigung, berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung), sozial- und steuerrechtlich nicht nur im Verhältnis zur öffentlichen Gewalt, sondern auch horizontal-zivilrechtlich dem inländischen 3 Das ist z. B. klargestellt worden für das Satzungsrecht eines Fußballverbandes und die Frage, ob danach zwischen Vertragsspielern verschiedener mitgliedstaat­ licher Staatsangehörigkeit differenziert werden darf; vgl. die schriftliche Anfrage Nr. 379/70 des Abg. Seefeld v. 4. 12. 1970 und die Kommissionsantwort v. 27. 1. 1971 zur sog. Ausländerklausel in den Satzungen von Sportverbänden (ABI. 1971 C 12, 10). Zur gleichen Problematik hinsichtlich der Satzung des Internationalen Verbandes der Berufsradrennfahrer vgl. Kommissionsantwort v. 28. 9. 1971 auf die Anfrage Nr. 196/71 der Abg. Flesch (ABI. 1971 C 103, 3).

3 4 /6 -8

Freizügigkeit der Arbeitnehmer

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Arbeitnehmer gleichgestellt. Nach Art. 7 IV a.a.O. sind alle Bestimmungen in Tarif- und Einzelarbeitsverträgen oder sonstigen Kollektivvereinbarun­ gen über Zugang zur Beschäftigung, Beschäftigung selbst, Entlohnung und alle übrigen Arbeits- und Kündigungsbedingungen nichtig, soweit sie nach der Staatsangehörigkeit diskriminieren. Diese Drittv/irkung erstreckt sich mit Bindungskraft nach Art. 8 auch auf Koalitionen i. S. des Art. 9 III GG, also die Gewerkschaften (Mitgliedschaft, Wahlrecht). 7 c) Die Arbeitnehmer der nicht-deutschen Mitgliedstaaten sind damit auch im Grundrechtsverständnis der Art. 9 III, 11, 12 I GG den Deutschen mate­ riell-rechtlich gleichgestellt. Das ergibt sich aus der Wirksamkeit und Geltung der VO Nr. 1612/68 i. S. des Art. 189 III EWGV und dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts4. Gleichwohl ist das ihnen gemeinschaftsrechtlich, also nicht aus deutscher Rechtsquelle vermittelte Recht kein Grundrecht i. S. des Grundgesetzes. Die kraft deutschen Verfassungsrechts spezifisch zum Grund­ rechtsschutz verliehene Befugnis zur Verfassungsbeschwerde steht dem EWGAusländer also nicht zu. Für Art. 3 III GG bedeutet die Verwirklichung der Freizügigkeit, daß eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit, die ansonsten dort nicht ausgeschlossen ist5, nicht stattfinden darf, wie sich dies auch bereits aus Art. 7 I EWGV ergibt.

3.

V e rw irk lic h u n g

8 Mit der VO Nr. 1612/68 ist, den Art. 48, 49 EWGV entsprechend und in systematischer Fortführung der durch diese aufgehobenen VO Nr. 38/64, außer der individuellen, gegen die Mitgliedstaaten, Arbeitgeber und Gewerkschaften wirk­ samen Freizügigkeit des einzelnen zugleich eine Reihe von Maßnahmen verwirk­ licht oder vorgesehen, die insgesamt der Durchsetzung dieses Freiheitsrechts dienen. a) Die Freizügigkeit ist ausgedehnt worden auf die Familienangehörigen des Arbeitnehmers (Art. 10, 11); b) seine Kinder sind gleichberechtigt hinsichtlich des allgemeinen Unterrichts, der Lehrlings- und Berufsausbildung (Art. 12); c) durch Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf den nationalen Arbeits­ märkten werden die Voraussetzungen für einen gemeinschaftlichen Arbeitsmarkt getroffen (Art. 13—20); d) im Rahmen der Kommission besteht ein Europäisches Koordinierungsbüro mit der Aufgabe, die Zusammenführung und den Ausgleich von Stellenangeboten und Arbeitsgesuchen auf Gemeinschaftsebene zu fördern (Art. 21—23); e) ein Beratender Ausschuß (aus Regierungsvertretern und solchen der Arbeit­ nehmer- und Arbeitgeberverbände, Art. 24—31) und ein Fachausschuß (aus Regie­ rungsvertretern der Mitgliedstaaten, Art. 32—37) beraten und unterstützen die Kommission bei der Anwendung der Verordnung.

4 Bülow 89. 5 Ipsen, Gleichheit, in: Neumann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte Π (1954) 134.

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Ipscn, Eur. Gcmeinschaftsrccht

35/1

Freiheit der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs

642

de transition, RevMC 1971, 48; Maestripieri, La libre circulation des personnes et des services dans la CEE (1971); Mascini, Orgetto e destinatari dei diritto di stabi­ limento nel Trattato della Comunità Economica Europea, RivDirEur 1966, 285; Nagy, Le droit d’etablissement et les prestations des services dans la Communauté Economique Européenne, in: Wirtschaft und Recht 1969, 173; Nicolay sen, Nicdcrlassungsrecht und Rechtsangleichung, in: Aktuelle Fragen des europäischen Gcmcinschaftsrechts (1965) 91; Nicolaysen, Harmonisierung des Niederlassungsrcchts, in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa KSE 11 (1971) 77; Oppermann , Die Durchführung der EWG-Niederlassungs- und Dienstleistungsprogramme seit 1961, BB 1964, 563; Platz , EWG-Niederlassungsrecht und individuelle Rcchtspositionen (1966); de Prêter, Vestigingsregeling in Belgie en Nederlande en de bcpalingen van het EEG-Verdrag inzake de vrijheid van vestiging en het vrij verrichten van dienste (1967); Ramhow , Richtlinien des Rats der EWG über die Nicderlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr, in: Die Aktiengesellschaft 1965, 63; Samkalden, Opheffing van de beperkingen tot vestiging en dienstverlcning in de gemeenschappelijke markt, SEW 1965, 89; Schwartz , Le droit d’établissement des sociétés commerciales dans le Traité instituant la Communauté économique curopéene, Diss. Lausanne (1964); Schulz, Freier Arbeitsmarkt und Niederlassungsfrciheit in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft unter besonderer Berücksichtigung der Grenz- und Gastarbeitnehmer, Diss. Würzburg (1966); Le Fallée, Die Ausländer­ polizei in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der EWG-Vertrag, AWD 1964, 274; Tomuschat, Der Vorbehalt der Ausübung öffentli­ cher Gewalt in den Berufsfreiheitsregelungen des EWG-Vertrags und die freie Advo­ katur im Gemeinsamen Markt, ZaöRVR 27 (1967) 53; Vasseur, Liberté d’établisse­ ment et libre prestation des services en matière bancaire, boursière dans les pays de la CEE, RevTrimDrEur 1966, 129; Verloren van Themaat, Het ontwerp vestigingswet detailhandel, de cyclische ontwikkeling van de sociaaleconomische wetgeving en de EEC, SEW 1971, 75.

/. B e d e u tu n g u n d R e c h tsg ru n d la g e n 1. B ed eu tu n g

1 Niederlassungsfreiheit als Freizügigkeit der Selbständigen (von einzelnen und von Unternehmen) und Dienstleistungsfreiheit (zu vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit außerhalb des Heimatstaates) zielen gemeinschaftsrechtlich — ebenso wie die Arbeitnehmer-Freizügigkeit (§ 34) — auf Gleichstellung mit dem Inländer (dem inländischen Unternehmen) i. S. des Art. 7 EWGV. Integrationspolitisch sind beide Freiheiten ebenfalls wesent­ liche Elemente zur Standortwahl, Arbeitsteilung und Steigerung des Lebens­ standards1. Ihre Verwirklichung liegt also in der Zielsetzung der Art. 2, 3 c EWGV, 1 II, 2 g EAGV, 2, 3 e, f EGKSV. Von ihrer Wirkung im wirt­ schaftlichen Bereich abgesehen, kann die Durchsetzung des dem Art. 7 EWGV zugrunde liegenden Gleichheitsgedankens — ebenso wie die der Arbeitnehmer-Freizügigkeit — auf dem Gebiet der Niederlassungen und Dienstleistungen den Gedanken einer europäischen Marktbürgerschaft för­ dern, und dies über den engeren ökonomischen Bereich hinaus. Sie kommt auch Angehörigen freier Berufe zugute.

1 Dazu: Everling, Das Niederlassungsrecht im Gemeinsamen Markt 3.

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Bedeutung und Rechtsgrundlagen

3 5 /2 -5

2. N a tio n a le R e c h tsu n te rsc h ie d e

2 Die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten differieren bereits untereinander erheblich in ihren Voraussetzungen und Anforderungen der Unternehmenserrichtung und -Verfassung ebenso wie in denen für Dienstleistungsnchmer in Industrie, Handel, Handwerk und freien Berufen. Das hat unterschiedliche Gründe der historischen Entwicklung, der Sozialstruk­ tur, der Schul- und Bildungspolitik, des Berufsausbildungswesens. Alle Mit­ gliedstaaten haben außerdem in Gesetzgebung und Verwaltungspraxis in sich wiederum unterschiedliche Ausländerbeschränkungen entwickelt. Sie ste­ hen, teils gezielt diskriminierend, teils nur wegen Berufung auf die geltenden nationalen Zulassungsanforderungen, der freien Niederlassung und der freien Dienstleistung von Nicht-Staatsangehörigen im Wege. Die gemein­ schaftsrechtlich geforderte Freiheit in beiden Bereichen setzt also, um reali­ siert zu werden, sowohl eine Angleichung der nationalen Zulassungs-Rechtssystème als auch die Ausräumung aller Diskriminierungen von Angehörigen der Mitgliedstaaten voraus. Sie verlangt mithin insbesondere die wechsel­ seitige Anerkennung von Ausbildungs- und Befähigungsnachweisen. Diese wird wiederum in dem Maße erleichtert oder gar entbehrlich, indem eine einschlägige Rechtsvereinheitlichung stattfindet. 3. R e c h ts g r u n d la g e n

3 Das Vertragsrecht selbst gibt nur wenige Regelungen der Materie, die Zielsetzungscharakter haben. Das sind Art. 52—58 EWGV für das Nieder­ lassungsrecht, Art. 59—66 für den Dienstleistungsverkehr. Art. 96 EAGV und Art. 69 EGKSV betreffen, ihrem Anwendungsbereich entsprechend, die Freizügigkeit nur von Arbeitnehmern, nicht die Niederlassungs- und Dienst­ leistungsfreiheit als solche. Deshalb ist im folgenden lediglich auf die EWGVRegelungen einzugehen. 4 a) Beide Regelungsgruppen enthalten — außer Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen (Art. 52, 58, 61) — die Zielsetzung des Abbaues aller Freiheitsbeschränkungen diskriminierender Art (Art. 52, 59), das Verbot der Einführung neuer Beschränkungen (Art. 53, 62) und ein Programm zur Auf­ hebung der Beschränkungen (Art. 54, 63, 64). Die Ausnahmevorbehalte des Art. 55 (keine Anwendung der Niederlassungsfreiheit auf mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbundene Tätigkeiten) und des Art. 56 (Zulassung der Ausländer-Sonderbehandlung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicher­ heit oder Gesundheit) finden auf den Dienstleistungsverkehr nach Art. 66 ebenso entsprechende Anwendung wie Art. 57. Dieser sieht Richtlinien zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonsti­ gen Befähigungsnachweisen vor. 5 b) Wie wenige andere Regelungsbereiche des Vertrages verlangte die Herstellung der Freiheit der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs 41 *

35/5-6

Freiheit der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs

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ein gegenständlich und zeitlich gestuftes Verfahren. Den Plan hierfür haben die beiden Allgemeinen Programme zu ihrer Verwirklichung vom 18. De­ zember 1961 (ABI. 1962, 32 und 36) gemäß Art. 54 I, 63 I aufgestellt, deren Entwicklung und Verabschiedung den Zeitraum von 1958— 1961 benötigt hatte. In den Folgejahren 1962— 1970 sind 38 Richtlinien zur Durchführung des Programms ergangen, deren Rechtsgrundlage die Art. 54 II, 57, 63 II bilden. Ihre Fortführung für die noch nicht liberalisierten Tätigkeiten wirft z. T. schwierige Koordinierungsfragen auf, soweit die Mitgliedstaatcn ihr innerstaatliches Recht ändern müssen. Ihre Problematik greift in manchen Zügen tiefer als die Forderung nach Ausräumung der Ausländerdiskriminie­ rungen. Sie kann in der Bundesrepublik auch verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, insbesondere bei gemeinschaftsrechtlicher Einführung objektiver Zulassungsbeschränkungen für die Apotheker im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 1 GG23. Im Nieder­ lassungsrecht hängt die Koordinierung zusammen mit dem Problem der Rechtsangleichung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts und der Entwick­ lung einer europäischen Gesellschaftsform sowie mit Angleichungsfragen des Versicherungsvertragsrechts.

I I. I n h a lt u n d V e r w ir k lic h u n g 1. B erech tigte

6 Aus der Statuierung der Freiheit der Niederlassung und des Dicnstleistungsverkehrs berechtigt sind die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten. Das sind nach deutschem Verfassungsrecht die in Art. 116 GG Genannten, d. h. auch die Bewohner der DDR, soweit sie Deutsche sind, und dies, ob­ wohl die DDR inzwischen eine eigene Staatsangehörigkeit eingeführt hat*. Gesellschaften, deren Niederlassungsfreiheit in Frage steht, besitzen als solche keine Staatsangehörigkeit. In ihrer Zurechnung zu einer solchen ver­ fahren die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten unterschiedlich. Deshalb hat Art. 58 EWGV sie als Berechtigte der Niederlassungsfreiheit definieren müs­ sen. Das sind danach solche nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Haupt­ verwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben. Dabei kommt es auf die Staatsangehörigkeit der Gesellschafter nicht an (zur Frage des Drittländerkapitals im Gemeinsamen Markt: 35/14). Nach Art. 58 II gelten als Gesellschaften die des bürgerlichen und des Han­ delsrechts einschließlich der Genossenschaften sowie die sonstigen Personen des öffentlichen und privaten Rechts, soweit sie einen Erwerbszweck ver2 Dazu: Kablert, Niederlassungsfreiheit, Bedürfnisprüfung und Art. 12 GG; Bruns-Wüstefeld, in: Einführung 225. 3 Gesetz über die Staatsbürgerschaft vom 20. 2. 1967; dazu: Maunz, Deutsches Staatsrecht 17. Aufl. (1969) 3S2.

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Inhalt und Verwirklichung

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folgen. Art. 58 verwendet also eine Kombination mehrerer Anknüpfungs­ punkte zur Legaldefinition der gemeinschaftsrechtlich berechtigten Gesell­ schaften, auf die das Niederlassungsrecht entsprechend anwendbar ist4. Seine Anwendbarkeit umfaßt die Verpflichtung zu ihrer Anerkennung durch den Niederlassungsstaat. Schwierigkeiten der Anerkennung (etwa auch aus dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung nach Art. 56) könnten insoweit ausge­ räumt werden, als die Rechtsform einer europäischen Gesellschaft (39/12, mit Anm. 39, 51/27) Gestalt und Anwendung fände.

2. F r e ih e its in h a lt 7 Die Herstellung der Freiheit der Niederlassung und des Dienstleistungs­ verkehrs zielt auf die Beseitigung solcher mitgliedstaatlicher Beschränkungen, die eine unterschiedliche Behandlung von Inländern und Ausländern (d. h. Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten) darstellen, wobei es auf mate­ rielle, nicht formelle Kriterien ankommt5. Solche Beschränkungen sind zu be­ seitigen, soweit sie jede Tätigkeit und jede Befugnis bei der Tätigkeitsaus­ übung betreffen, also nicht nur die Zulassung zu einer solchen. Die Ab­ schnitte III der Programme zählen diese Rechte beispielhaft auf. Ob ihre mitgliedstaatliche Beschränkung auf Rechtsnormen, Verwaltungsvorschriften oder -praktiken beruht, ist unerheblich. Deshalb unterbindet die Liberalisie­ rung auch eine bislang diskriminierende Ermessenshandhabung. Die Herstel­ lung der Freiheiten zielt auf die Beseitigung von Diskriminierungen, nicht auf die Ausräumung solcher Beschränkungen, die mitgliedstaatlich auch für Inländer gelten. Die Liberalisierung im Mitgliedstaat eliminiert also keine Freiheitsbeschränkungen, die das heimische Recht seinerseits für seine Staats­ angehörigen anordnet. Und soweit solche Beschränkungen bestehen, beschrän­ ken sie zulässigerweise auch die Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten, ohne sie dadurch zu diskriminieren. 3. L ib e r a lis ie r u n g s g e s ic h ts p u n k te

Allgemeine Liberalisierungsgesichtspunkte sind in den Programmen und Richtlinien geregelt, die auf Art. 56, 54 III g, 63 EWGV gestützt sind. 8 a) Im Sinne der Zielsetzung des Vertrages ist auch der Ausnahmevor­ behalt des Art. 56 grundsätzlich eng auszulegen6. Deshalb gibt Ausländer­ eigenschaft an sich keine Rechtfertigung für Sonderbehandlung ab, und die mit der öffentlichen Gesundheit befaßten Berufe sind nicht wegen dieses Zu­ sammenhangs allein bereits generell von der Liberalisierung ausgeschlossen (arg. Art. 57 III: Koordinierungsvoraussetzung gerade für diese Berufe). Zwar steht die Qualifizierung der Erfordernisse der (polizeirechtlich zu ver4 Wohlfarth u. a. Komm. 1, 3 zu Art. 58; Everling 35. 5 Everling 42. e Everling 47.

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Freiheit der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs

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stehenden) Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit grundsätzlich den Mitgliedstaaten zu, dies indes nicht unter Erstreckung auf die wirtschaftliche Ordnung an sich. Überdies ist Art. 56 II auch um ihre Koordinierung bemüht durch Erlaß von Rats-Richtlinien. Auch insoweit können also mitgliedstaatliche Überforderungen des heimischen ordre public eingegrenzt werden. Gestützt auf Art. 56 regeln zwei Richtlinien vom 25. Februar 1964 (ABI. 845, 850) die Einreise und den Aufenthalt von EWG-Staatsangehörigen (Beseitigung von Visumzwang, Aufenthaltserlaubnis, Koordinierungs­ regeln gemäß Art. 56 II). 9 b) Gleichbehandlung ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit ist für Niederlassung und Dienstleistung von besonderem Gewicht, wo Gewerbeund Berufsausübung sich unter Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen vollzieht (so insbes. im Bausektor). Richtlinien über das Vergabeverfahren (Verdingungsordnungen), insbes. über die Art ihrer Veröffentlichung und das Auswahlverfahren, koordinieren die mitgliedstaatlichen Regelungen7. 10 c) Auf Art. 54 III g ist die Richtlinie über die Koordinierung von ge­ sellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen vom 9. März 1968 (ABI. L 65, 8) gestützt. Für AG, KGaA und GmbH ist die Veröffentlichungspflicht für Bilanzen, die Frage der Nichtigkeit der Gesellschaft und die Rechtsgültigkeit von Handlungen der Gesellschaftsorgane behandelt8. 11 d) Die auf Art. 63, 106 I gestützte Richtlinie vom 31. Mai 1963 (ABI. 1609) verpflichtet die Mitgliedstaaten, Devisenbeschränkungen bei Zahlun­ gen für Dienstleistungen zu beseitigen. Ihr Recht, Art und Durchführung der Zahlung zu überprüfen, darf nicht zur Behinderung oder Beschränkung der Zahlung führen. 4. V e rw irk lic h u n g 12 a) Der Vergleich der Programminhalte von 1961 mit dem derzeitigen Stand der Liberalisierung9 zeigt, daß ihre Anlagelisten mit Zeitstufenplanung bislang unterschiedlich vollzogen worden sind. Mit dem Ablauf der Übergangszeit, in der (Art. 52 I, 59 I) die Liberalisierung vollendet werden sollte, hat sich die Frage ge­ stellt, ob noch existierende Beschränkungen gleichwohl fortwirkten. Nachdem das Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 196410 der stand-still-Klausel des Art. 53 unmittelbare Wirksamkeit zuerkannt hat (i. S. eines Verbotes und automatischer

7 Richtlinie des Rates vom 26. 7. 1971 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABI. L 185, 5) nebst Erklärung der im Rat vereinigten Regierungsvertreter über die Verfahren, die in bezug auf die Konzes­ sionen für Bauarbeiten einzuhalten sind (ABI. 1971 C 82, 13). 8 Dazu: Bruns-Wüstefeldy Einführung 220, 254; Lutter, EuR 1969, 1; Vorschlag einer 2. Richtlinie auf Grund Art. 54 III g: ABI. 1970 C 48, einer 3.: ABI. 1970 C 89, einer 4.: ABI. 1972 C 7. 9 Vgl. Oppermann BB 1964, 563; Kalbe AWD 1967, 308; ders. AWD 1969, 8; BontempSy Liberté d’établissement et libre prestation de services; Briquet RevMC 1970, 311; Maestripieri RevMC 1971, 48. 10 EuGH Rs 6/64 Rspr. X, 1274.

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Inhalt und Verwirklichung

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Aufhebung verbotener Beschränkungen), muß den Art. 52 und 59 entsprechende Wirksamkeit zukommen11. Sie schwächt sich indes deshalb ab, weil den in den Art. 56, 57 i. Verb, mit Art. 66 vorgeschriebenen Koordinierungsgeboten (über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten und die Diplom- und Zeugnis­ anerkennung) solche Automatik einer Direktwirkung nicht zukommt. Bisher er­ gangene Ubergangsregelungen haben zwar auch bereits einen ersten Koordinie­ rungseffekt (nämlich den der Anpassung zum Zweck geregelten Funktioniercns). Sic entheben aber nicht der vertraglich gestellten Aufgabe einer Koordinierung höherer Intensität, nämlich einer Erweiterung der Rechte der Marktbürger über ihre Staatsgrenzen hinaus12. 13 b) Die Durchführung der Gemeinschafts-Richtlinien zur Verwirklichung der Freiheit der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs erfordert in den Mit­ gliedstaaten die anpassende Änderung zahlreicher einschlägiger Einzelregelungen. So erklärt sich, daß auch das deutsche Durchführungsrecht den Gesamtvorgang der Liberalisierung in seiner Konzeption und Tragweite nicht erkennen läßt, zumal es sich zum Teil in der Bereitstellung von Ermächtigungen zu Verordnungsregelungen erschöpft13. Überwiegend ist der Stand der mitgliedstaatlichen Durdiführung, und dies insbesondere auch in der Bundesrepublik (dort nur mit Ausnahme hinsichtlich des Gesetzes über die Einreise und den Aufenthalt für Staatsangehörige der EWGMitgliedstaaten), als befriedigend bezeichnet worden14. Nur Luxemburg ist im Rückstand geblieben und deshalb mit einem Vertragsverletzungsverfahren über­ zogen worden. 14 c) Was die schrittweise Herstellung der Niederlassungsfreiheit als Aufhebung von Ausländerbeschränkungen bislang faktisch für die Struktur des Gemeinsamen Marktes bewirkt hat durch grenzüberschreitende Gründung oder Verlegung von Unternehmen, Tochtergesellschaften und Filialen, wird ersichtlich aus dem Ver­ gleich mit der Aktivität ausländischer Unternehmen aus Drittländern im Markt. Diese Wirkung ist eine wirtschaftlich nur begrenzte. Die Erklärung hierfür liegt darin, daß sich das Mobilitätsinteresse von Unternehmen der Mitgliedstaaten nach der Liberalisierung des Warenverkehrs, an der sie teilhaben, abschwächt, während Drittländer-Unternehmen erst durch Niederlassung im Gemeinsamen Markt in ihren Genuß kommen15. Deshalb und wegen der unvergleichlich größeren Kapitalkraft solcher Unternehmen erlangen Rechtsfragen einer Präferenz von Unternehmen aus den Mitgliedstaaten erhöhte Bedeutung gegenüber der Liberalisierung im Gemein­ samen Markt. Hieraus erwachsen Postulate einer gemeinschaftlichen Niederlassungs­ politik, die nur in Investitionsförderung und -lenkung bestehen könnte. Für sie ist die Gemeinschaft indes ohne Bereitstellung eines hierfür geeigneten Instrumenta­ riums bislang nicht gerüstet. Art. 92 ff. EWGV (Subventionskontrolle) und die Wirksamkeit der Investitionsbank reichen hierfür nicht aus. 11 Nicolaysen^ in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa, KSE 11 (1971) 78 f. 12 Nicolaysen 89 f. 13 Vgl. die beiden Gesetze zur Durchführung von Richtlinien der EWG über die Nicderlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkchr vom 13. 8. 1965 (BGBl. I, 849) und vom 14. 12. 1970 (BGBl. I, 1709) sowie die auf sie gestützte Erste Durchführungsverordnung vom 14. 5. 1971 (BGBl. I, 677). — Durch das erste Gesetz wurden insbes. § 12 GewO geändert, §§ 12 a u. 15 II 2 GewO ein­ gefügt und § 292 AktG aufgehoben. Das zweite Gesetz enthält umfangreiche Er­ mächtigungsvorschriften. 14 Bericht des Abg. Dittrich v. 12. 2. 1971 für das Eur. Pari, über die Mittei­ lung der Kommission an den Rat betr. den Stand der Durchführung der Richt­ linien des Rates zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkchrs, Dok. 234, 7 f. 15 Dazu: Nicolaysen 96 ff.

§ 36 FREIHEIT DES KAPITAL- U N D ZAHLUNGSVERKEHRS Abs, Le marché européen de valeurs et d’émissions en considération de finance­ ments internationaux (1964); Borner, Die fünfte Freiheit des Gemeinsamen Mark­ tes: Der freie Zahlungsverkehr, Fs Ophüls 19; Börner, Rechtsfragen des Zahlungs­ und Kapitalverkehrs in der EWG, EuR 1966, 97; Burgardy Einige Bemerkungen zu Artikel 106 des EWG-Vertragcs, Integration 1970, 104; Campet, Le marché com­ mun bancaire, RevMC 1970, 441; Delvaux, La libération des mouvements de capitaux, RevMC 1960, 325; Europecs kapitaalverkeer en europese kapitalmarkt (1965); Giannoni, Gli ostacoli fiscali alla libera circolazione dei capitali nclla C. E. E. (1965); Gleske, Rechtsangleichung und Verflechtung der Kapitalmärkte, in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa, KSE 11 (1971) 236; von der Groeben, Probleme europäischer Währungspolitik, Fs Schmölders (1968); von Horn, Zahlungsbilanz-Schwierigkeiten und Zahlungsbilanz-Krise nach dem EWG-Vertrag, EuR 1969, 37; Jasinski, Régime juridique de la libre circulation des capitaux (1967); Leleux, Le rapprochement des legislations et l’interdépendance des marchés de capitaux, in: Angleidiung des Rechts der Wirtschaft in Europa, KSE 11 (1971) 251; Lieberherr, Le développement d’un marché européen des capitaux, RevMC 1967, 614; Lamfalussy, Les marchés financiers en Europe (1968); Lipfert, Geld und Kapital im Gemeinsamen Markt (1962); Portmann, Ansätze zu einem euro­ päischen Kapitalmarkt (1965); Probleme des internationalen Zahlungsverkehrs im europäischen Integrationsprozeß (1969); Rijnvos, Economische orde en europese monétaire integratie (1970); Ruding, Naar een geintegreerde europees kapitalmarkt? (1969); Ruding, Kapitaaliberalisatie in de EEG, SEW 1970, 71; Truquet, Le dé­ veloppement d’un marché européen des capitaux, RevMC 1967, 565; Waelbroeck, La libre circulation des paiements, DrCommEur Nr. 1911. 1 Solange die Gemeinschaften von Schwierigkeiten und Bewegungen im Bereich der Währungspolitik und der Handhabung der Wechselkurse nicht sonderlich betroffen waren, sind gemeinschaftsrechtliche Fragen des Zahlungs- und Kapitalverkehrs nicht in den Vordergrund getreten. Ihre Rele­ vanz hat sich erwiesen, als mitgliedstaatliche Ab- und Aufwertungen sowie andere Wechselkursmaßnahmen das Bild änderten und insbesondere die An­ fälligkeit der Agrarmarktordnung gegenüber solchen monetären Verände­ rungen sichtbar machten1. Der Grund ist einleuchtend: die Verwirklichung der vier Freiheiten des Warenverkehrs, der Arbeitnehmer-Freizügigkeit, der Niederlassung und der Dienstleistungen hinkt, wenn sie nicht, weil zwangs­ läufig geboten, ergänzt wird durch eine Freiheit des Zahlungsverkehrs. Denn in aller Regel bedeutet die Nutzung der Freiheiten den Austausch von Lei1 Börner EuR 1966, 97. — Die Daten: 28. 12. 1958 Franc-Abwertung um 15%; 6. 3. 1961 DM-Aufwertung um 5 % ; 11. 8. 1969 Franc-Abwertung um 12,5%; 27. 10. 1969 DM-Aufwertung um 9,3 % ; 10. 5. 1971 Freigabe der Wechselkurse in der BRD (hierzu: Morawitz EuR 1971, 335) und den Niederlanden; 18./19. 12. 1971 Beschluß über die Neufestsetzung der Paritäten auf der Währungskonferenz

in Washington.

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Bedeutung und Rechtsgrundlagen

36/1-3

stung und Gegenleistung als zahlbarem Entgelt. Mit gutem Grund hat man sie daher die fünfte Freiheit des Gemeinsamen Marktes genannt2. Auch ist vor dem Leerlauf der vier Freiheiten gewarnt worden, wenn die fünfte Freiheit sie nicht ergänzt. Entsprechendes gilt von der Freiheit des Kapital­ verkehrs, die den Warenverkehr ergänzt und insbesondere die Niederlas­ sungsfreiheit zu realisieren ermöglicht.

/. B e d e u tu n g u n d R e c h tsg ru n d la g e n 1. Z u s a m m e n h ä n g e

2 Die von Art. 2 EWGV erstrebten Ziele können durch eine Gesamtver­ sorgung im Gemeinsamen Markt gefördert werden, wenn die unbeschränkte Beweglichkeit von Kapital eine kostenorientierte Standortverteilung der Produktion ermöglicht. Überkommene nationale Devisenbeschränkungen des Kapitalverkehrs standen dem bei Beginn der Integration entgegen. Seine Liberalisierung bleibt indes nicht ohne Einfluß auf die Zahlungsbilanz, die durch einseitige Wertübertragungen belastet wird. Die Vertragsregelung hat daher Kompromißcharakter: einerseits wird die Liberalisierung des Kapital­ verkehrs zwecks optimaler Arbeitsteilung angestrebt; sie wird andererseits beschränkt auf das zum Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforder­ liche Maß eben wegen ihrer Auswirkungen auf die Zahlungsbilanz und die Kapitalmärkte3. Wegen des Einflusses des Kapitalverkehrs auf die Zahlungs­ bilanz stehen die Art. 67 ff. EWGV auch in sachlidiem Zusammenhang mit Art. 104 ff. über Zahlungsbilanz und Zahlungsverkehr. 2. K a p i t a l v e r k e h r

3 Kapitalverkehr, dessen Liberalisierung in Grenzen erstrebt wird, umfaßt Vorgänge verschiedener Art, wenn ein daran Berechtigter in einem anderen als dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem sie stattfinden, insbesondere also Leistungen die Grenze überschreiten4. Das Devisenrecht hat hierfür zahl­ reiche Tatbestandsbeispiele geliefert: Beteiligung an Gründung oder Betrieb von Unternehmen oder Zweigniederlassungen, Beteiligungserwerb, Erwerb oder Veräußerung von Kapitalmarktpapieren, Kreditgeschäfte, Bürgschafts-, Garantieverträge, Grunderwerb. Kapitalverkehr dieser Art, Sach- und Geldkapital umfassend, nicht dagegen die auf ihn bezüglichen Zahlungen entgegengesetzter Richtung (Zinsen, Dividenden, Gewinne)5, ist für Deu­ tung und Anwendung der einschlägigen Vertragsregelungen aus diesen selbst 2 3 4 5

Börner Fs Ophüls 19; Waelbroeck DrCommEur Nrn. 1911—1920. Wohlfarth u. a. Komm. Vorbem. 3 vor Art. 67. Wohlfarth u. a. Komm. 3 zu Art. 67. Börner EuR 1966, 110.

3 6 /3 -5

Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs

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zu begreifen, mithin aus Art. 67 ff., nicht aus Art. 106 I. Dieser spricht lediglich wiederholend von Zahlungen der Gegenrichtung, „die sich auf den . . . Kapitalverkehr beziehen“. Gegenüber dem Waren- und Dienstlei­ stungsverkehr wird der Vorgang des Kapitalverkehrs also gekennzeichnet durch die einseitige Wertiibertragung aus einem Mitgliedstaat in einen ande­ ren (oder innerhalb eines Mitgliedstaates an einen Devisenausländer), die regelmäßig zugleich eine Vermögensanlage darstellt.

3. Z a h lu n g sv e rk e h r

4 Im Zahlungsverkehr vollzieht sich die Gegenbewegung, die in aller Regel bei Nutzung einer der Freiheiten ausgelöst wird: Kaufpreis im Warenver­ kehr, Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, Werklohn für Dienstleistung usw. Das sind die in Art. 106 I genannten Zahlungen, die sich auf den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beziehen. Soweit der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr (d. h. der aus der Freizügigkeit der Arbeitnehmer erwachsende) nach Gemeinschaftsrecht liberalisiert ist, sind Zahlungen in der Währung des Gläubigersitzes und der Transfer von Kapi­ talbeträgen und Arbeitsentgelten zu genehmigen.

4. R e ch tsg ru n d la g en

5 Art. 67—73 EWGV bilden die Vertragsgrundlagen für die Freiheit des Kapitalverkehrs. a) Nach Art. 67 hatten die Mitgliedstaaten untereinander während der Übergangszeit schrittweise alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs für alle in den Mitgliedstaaten ansässigen Berechtigten zu beseitigen und alle Diskri­ minierungen auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes aufzuheben. Dieses Liberalisierungsgebot wird indes im Sinne des mit Rücksicht auf die Zahlungsbilanzen gebotenen Kom­ promisses eingeschränkt auf den Kapitalverkehr, soweit seine Verwirk­ lichung notwendig ist für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes. Die­ ser Vorbehalt, der für die anderen Kapitel des Titels III (Freizügigkeit, Niederlassungsrecht, Dienstleistungen) nicht gemacht ist, soll nachteilige Fol­ gen der Liberalisierung für Zahlungsbilanzen und Kapitalmärkte ausschlie­ ßen. Spekulations- und Fluchtkapital, das nicht zum Einsatz in Handel und Produktion bestimmt ist, soll an der Verkehrsliberalisierung nicht teilhaben6. Eine weitere Einschränkung des Liberalisierungsgrundsatzes ergibt sich aus Art. 73. Nach dieser Vorschrift, die (anders als Art. 226) auch nach Be­ endigung der Übergangszeit und notfalls zunächst ohne Gemeinschaftskom­ petenz der Kommission zur Anwendung kommt (Abs. II), können Schutz6 Wohlfarth u. a. Komm. 9 zu Art. 67.

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Bedeutung und Rechtsgrundlagen

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maßnahmen auf dem Gebiet des Kapitalverkehrs getroffen werden, wenn Kapitalbewegungen Störungen im Funktionieren des Kapitalmarktes zur Folge haben. Der Mitgliedstaat, der ohne Verfahren nach Abs. I (Ermäch­ tigung durch die Kommission) aus Gründen der Geheimhaltung oder Dring­ lichkeit nach Abs. II verfahren ist, kann aber von der Kommission zur Ände­ rung oder Aufhebung seiner Schutzmaßnahmen angewiesen werden. Nach Art. 69 hat der Rat die Richtlinienkompetenz zur schrittweisen Durchführung des Art. 67. b) Art. 68 ergänzt die Grundsatzbestimmung des Art. 67 in mehreren Richtungen. Abs. I hält die Mitgliedstaaten zu möglichst großzügiger Hand­ habung einer etwa noch stattfindenden Devisenkontrolle an. Abs. II beseitigt die Ausländer-Diskriminierungen zu Lasten der Marktbürger, die im natio­ nalen Recht des Kapitalmarkt- und Kreditwesens stattfinden. Abs. III soll verhindern, daß die Liberalisierung zur Anleiheaufnahme eines Mitglied­ staates für seinen öffentlichen Finanzbedarf in einen anderen führt und da­ mit den Anleihemarkt des in Anspruch genommenen Staates schwächt. Des­ halb wird hierüber eine Verständigung der beteiligten Staaten gefordert, bevor solche Anleihe aufgelegt oder untergebracht wird. Die Tätigkeit der Investitionsbank, die vielfach mittelbar zur Finanzierung von Mitgliedstaa­ ten beiträgt, darf dadurch indes nicht behindert werden. c) Während Art. 70 mit H ilfe einer Koordinierung der Devisenpolitik hinsichtlich des Kapitalverkehrs mit Drittländern (etwa entsprechend Art. 105 I für die allgemeine Wirtschaftspolitik) die gemeinschaftsschädliche Aus­ nutzung eines unterschiedlichen Liberalisierungsstandards zu verhindern sucht, ergänzt Art. 71 die Zielsetzung des Art. 67 durch zusätzliche Bindun­ gen: devisenrechtliche Stillhalteverpflichtung (Abs. I), Zusatzbereitschaft der Mitgliedstaaten zu weitergehender Liberalisierung über Art. 67, 69 hinaus (Abs. II), einschlägige Empfehlungskompetenz der Kommission (Abs. III). Art. 72, der die Berichterstattung der Mitgliedstaaten an die Kommission über Kapitalbewegungen im Verhältnis zu Drittländern vorsieht, unterstützt insbesondere die Zielsetzung des Art. 70 I (Koordinierung der Devisen­ politik). 5. F r e ih e it d e s Z a h lu n g s v e r k e h r s

6 Art. 106 EWGV, innerhalb der Vorschriften über die Zahlungsbilanz (Art. 104— 109) plaziert, stipuliert die sog. fünfte Freiheit des Zahlungs­ verkehrs der hier (36/4) umschriebenen Bedeutung. Sein Grundsatz (Abs. I) will sicherstellen, daß für eine gemeinschaftsrechtlich liberalisierte Leistung auch die zu ihrer Erbringung erforderliche Zahlung oder die der für sie ver­ einbarten Gegenleistung zulässig ist7. Die Mitgliedstaaten sind auch insoweit 7 Wohlfarth u. a. Komm. 1 zu Art. 106.

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Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs

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zu weitergehender Liberalisierung verpflichtet. Abs. II bis IV des Art. 106 dienen der Vervollständigung des Grundsatzes des Abs. I (hinsichtlich der die Zahlungen auslösenden Grundgeschäfte, der sog. ’insichtbaren Trans­ aktionen, etwa erforderlicher Ersatzlösungen bei Wegfall der Konvertibi­ lität). I I. S ta n d d e r D u r c h fü h r u n g 1. K a p ita lv e r k e h r

7

Die gemäß Art. 69 ergangene Erste Richtlinie zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs i. S. des Art. 67 vom 11. Mai 1960 (ABI. 921), geändert und ergänzt durch die Zweite Richtlinie vom 18. Dezember 1962 (ABI. 62), hat den bis dahin erreichten Liberalisierungsstand (in einem für die einzel­ nen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Ausmaß) konsolidiert. a) Die Erneuerung von Kapitalverkehrskontrollen ist seither nur unter den Voraussetzungen des Vertragsrechts (Art. 73, 108, 109) und nach den Regeln des Gemeinschaftsverfahrens zulässig. Soweit ein Mitgliedstaat über das Pflichtmaß hinaus liberalisiert hat, darf er autonom reduzieren, wenn auch nach Art. 71 (und Art. 6 der Ersten Richtlinie) solche Rückschritte tun­ lichst vermieden werden sollen. Da nach § 1 AWG in der Bundesrepublik auch der Kapitalverkehr grundsätzlich frei ist und Beschränkungen i. S. der §§ 22, 23 AWG nur in geringem Ausmaß bestehen, hat das deutsche Recht die Bestrebung des Art. 71 weitgehend verwirklicht. b) Seit 1962 sind weitere Fortschritte bei der Liberalisierung des Kapitalverkehrs nicht erzielt worden. Das erklärt sich daraus, daß Konjunktur-, Währungs- und Finanzpolitik weiterhin zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehören und diese um eine Beschränkung ihrer Kompetenzen besorgt sind, wenn ein völlig freier Kapitalverkehr ihre Investirions-, Regional-, Kapitalmarktpolitik und die Finan­ zierung ihrer öffentlichen Aufgaben beeinflussen könnte. Deshalb ist die Koordi­ nierung dieser Bereiche der Wirtschaftspolitik Voraussetzung für eine intensivere Verwirklichung des in Art. 67 erstrebten Ziels8.

c) Da Art. 67 ff. im wesentlichen auf Kontrollabbau und Ausräumung von Diskriminierungen gerichtet sind, würde aber auch ihre perfekte Voll­ ziehung noch nicht die völlige Freiheit des Kapitalverkehrs gewährleisten. Dies deshalb nicht, weil der Verflechtung der Kapitalmärkte zahlreiche Ab­ weichungen der nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Wege stehen, die — wiewohl als solche nicht diskriminierend — erst durch ihre Angleichung geeignete Verflechtungsvoraussetzungen schaffen würden (so z. B. Börsenzulassungsregelungen, Mündelsicherheitsvorschriften, Publizitäts­ regeln, Steuernormen und -sätze usw.). Erst solche Angleichung könnte den Aufbau eines europäischen Kapitalmarktes ermöglichen, der die nationalen 8 Gleske, in: Angleidiung des Rechts der Wirtschaft in Europa, KSE 11 (1971) 240 ff.

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Stand der Durchführung

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Kapitalmärkte integriert und bewirken würde, daß das „natürliche" (d. h. institutionell bedingte) Verharren der Zahlungsströme innerhalb der Wäh­ rungsgrenzen überwunden wird und Kapitalangebot und -nachfrage im Gemeinsamen Markt grenzenlos einander ergänzen9. d) Im Anschluß an den 1967 abgeänderten Entwurf einer dritten Richtlinie über den Kapitalverkchr hat die Kommission das Memorandum an den Rat vom 5. März 1969 über Notwendigkeit und Einzelheiten einer Aktion auf dem Gebiet des Kapi­ talverkehrs10 vorgelegt. Sie will der Abkapselung der einzelstaatlichcn Märkte ent­ gegenwirken, und zwar durch Aufhebung aller diskriminierenden Rechts- und Ver­ waltungsvorschriften bei der Zulassung von Emittenten anderer Mitgliedstaaten, bei der Börseneinführung von Wertpapieren und ihrem Erwerb, ferner durch Ge­ währleistung einer Mindest-Gegenseitigkeit bei der Erfüllung der devisenrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten sowie durch Harmonisierungsmaßnahmen (für Steuervorschriften, solche für institutioneile Anleger, für die Publizität über Wert­ papiere, für die Wertpapierarten, für das Recht der bankmäßigen Sicherheiten und Garantien). Die Kommission sieht auch in einer solchen Aktion nicht einen Selbst­ zweck, sondern ein Mittel zu größerer effektiver Mobilität des Kapitals, damit zur Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes.

2. Z a h lu n g s v e r k e h r

8 Zur Durchführung des Art. 106 sind die Richtlinien vom 31. Mai 1963 (ABI. 1609) und vom 30. Juli 1963 (ABI. 2240) ergangen. Auch sie dienen der Konsolidierung des erreichten Liberalisierungsstandards, ohne Kontrol­ len des Zahlungsverkehrs durch die Mitgliedstaaten auszuschließen, und der Anwendung des Art. 106 III über die sog. unsichtbaren Transaktionen. Fragwürdig geworden sind im Zusammenhang mit Art. 106 EWGV ins­ besondere zwei Komplexe, nämlich (a) die den Mitgliedstaaten im inter­ nationalen Währungssystem und gegenüber den Reservewährungen oblie­ genden Pflichten, und (b) die rechtliche Zuordnung des Zahlungsverkehrs mit Drittstaaten zu den Vertragsregeln über die Handels- und die Wirt­ schaftspolitik (Art. 105 — Art. 111, 113), die sich nach Koinpetenzzuweisung und Verfahren unterscheiden11. a) Die Liberalisierung des Zahlungsverkehrs wird letztlich bedingt durch das Verhalten der Mitgliedstaaten im Bereich der Währungspolitik. Ob und inwieweit ihnen insoweit Vertragserfüllungs- und Aufgaben erleichterungs­ pflichten i. S. des Art. 5 EWGV obliegen oder die Mitgliedstaaten hierin nationale Kompetenz und Freiheit international-rechtlicher Entschließung bewahrt haben, hängt insbesondere ab von den Integrationsfortschritten in der Währungspolitik. Nach den Gründungsintentionen des Vertrages zu­ nächst sicherlich als Attribut staatlicher Souveränität den Mitgliedstaaten 9 von der Groeben, Probleme europäischer Währungspolitik, Fs Schmölders 167 bis 182. 10 BullEG 5/1969. 11 Hierzu: Börner EuR 1966, 97; Nicolayscn EuR 1966, 159.

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Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs

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reserviert, kann ihr Verhalten in Fragen der Währungspolitik bei fortschrei­ tender Integration (wenigstens sektoral) unter teleologischer Vertragsaus­ legung auch die Grenzen des Art. 5 erreichen oder überschreiten, wenn das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes ernsthaft bedroht wird. Die Frage bedarf also einer Antwort dynamischer Interpretation (45/16). b) Ob der Zahlungsverkehr mit Drittländern zugleich den Vertragsregeln zur Handels- und zur Wirtschaftspolitik zu folgen habe, also den Koordi­ nierungskompetenzen der Gemeinschaft und den weitergehenden Kompeten­ zen der Art. 111 und 113 (Ratsbeschlüsse mit qualifizierter Mehrheit), ist zweifelhaft. Wenn Art. 105 (ohne echte Gemeinschaftskompetenz) nicht die gesamte Wirtschaftspolitik, sondern (arg. „Zahlungsbilanz“) von dieser nur eine Seite und folglich nur ihre Koordinierung betrifft, verbliebe es (für den Zahlungsverkehr und die Kompetenz zum Abschluß von Zahlungsabkom­ men) bei der eben nicht nur auf den Warenverkehr bezüglichen Anwend­ barkeit des Art. 113 IV über die Handelspolitik. Damit bestünde die Mög­ lichkeit, ein mitgliedstaatliches Veto zu überwinden.

§ 37 ÖFFENTLICHE UNTERNEHM EN UND FINANZMONOPOLE De Beaumont, L’aménagement des monopoles d’état français visés par l’article 37 du Traité de Rome (1969); Beck, Die Umformung der staatlichen Handelsmonopole in der EWG, Diss. Freiburg/Schweiz (1970); Catalano, Application des dispositions du Traité C. E.E. aux entreprises publiques, Fs Riese 133; Colliard, Les entreprises publiques et l’évolution du Marché commun, RevTrimDrEur 1965,1 ; Colliard, Le ré­ gime des entreprises publiques, DrCommEur Nr. 2149; Delion, Entreprises publiques et Communauté Economique Européenne, RevMC 1966,67; Deringer, The interpreta­ tion of article 90 (2) of the E .E .C . Treaty, CMLR 1964,129; Deringer, Die staatli­ chen Handelsmonopole nach Ablauf der Übergangszeit. Zur Auslegung und Anwen­ dung des Art. 37 EWGV, EuR 1971, 193 ; L’entreprise publique et la concurrence. Les articles 90 et 37 du Traité C. E. E. et leurs relations avec la concurrence. Semaine de Bruges 1968 (1969, Cahiers de Bruges N. S. 22); Die Entwicklung der öffent­ lichen Wirtschaft in der Europäischen Gemeinschaft in den sechziger Jahren, Hg. Europ. Zentrale der öffentl. Wirtsch. — CEEP — (1971); van der Esch, French oil legislation and the EEC Treaty, CMLR 1970, 36; van Ginkel, La notion juridique de „monopole national présentant un caractère commercial“ dans l’article 37 C. E. E., RevMC 1970, 238; Grussendorf, Zur Problematik des Artikels 90 EWGVertrag, WuW 1965, 383; Hack, Zur Auslegung des Artikels 90 II EWGV und dessen Bedeutung für die Elektrizitätswirtschaft, Diss. Mainz (1966); van Hecke, Government enterprises and national monopolies under the E. E. C. Treaty, CMLR 1966, 450; H uth, Die Sonderstellung der öffentlichen Hand im Bereich der Euro­ päischen Gemeinschaften, Diss. Hamburg (1964); Huth, Staatliche Handelsmono­ pole und EWG-Vertrag, WRP 1965, 428; Ipsen, öffentliche Unternehmen und Ge­ meinsamer Markt, NJW 1964, 2336; Joliet, Contributions à l’etude du régime des entreprises publiques dans la CEE, in: Annales de la Faculté de Droit de Liège 1 (1965) 23; Kaiser, Staatliche Handelsmonopole in der Dynamik des Gemeinsamen Marktes. Orientierung über aktuelle Rechtsprobleme, EuR 1967, 1; Maher, EWGKartellrecht und Energieversorgung. Die Bedeutung des Art. 90 für die Energie­ versorgung, WuW 1963, 203; Gert Meier, Die Umformung des deutschen Brannt­ weinmonopols durch Erhebung einer besonderen Ausgleichsabgabe auf eingeführ­ ten Branntwein?, AWD 1970, 498; Nicolay sen, Planeinsatz öffentlicher Unterneh­ men und EWG-Vertrag (Art. 90), in: Planung III (1968) 311 = Le secteur public dans le cadre d’un plan national, in: L’entreprise publique et la concurrence, Ca­ hiers de Bruges N. S. 22 (1969) 328; Nissen, Die Umformung der Handelsmono­ pole in der EWG, WuW 1963, 106; öffentliche Wirtschaft in Europa. Ergebnisse einer internationalen Studientagung in Brüssel (1962); Die Aufgaben der öffent­ lichen Unternehmen in der Wirtschaft des Gemeinsamen Marktes. Ergebnisse der internationalen Studientagung in Rom (1963); Die öffentlichen Unternehmen in der zweiten Stufe des Gemeinsamen Marktes. 3. Europäische Konferenz der öffent­ lichen Wirtschaft Berlin 1964 (1965); Pappalardo, Die Umformung der staatlichen Handelsmonopole (Art. 37 EWGV), WuW 1971, 235; Schindler, Public enterprises and the EEC Treaty, CMLR 7 (1970) 57; Reimer Schmidt, öffentliche Unterneh­ men als Instrument planender Verwaltung — rechtsvergleichende und curoparechtliche Aspekte, in: Planung III (1968) 291; Scholz, Wettbewerbsrecht und öffent­ liche Hand, ZHR 132 (1969) 97; Solari, L’impresa pubblica nel trattato istitutivo della Comunità Economica Europea (1965); Tavernier, Les marchés publiques dans la Communauté économique européenne, Diss. Lyon (1967); Turot, Les en­ treprises publiques en Europe (1970); Verloren van Themaat, De aanpassing van de

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öffentliche Unternehmen und Finanzmonopole

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staatshandelsmonopolies, SEW 1970, 423; Vygeny öffentliche Unternehmen im Wettbewerbsrecht der EWG. Ihre Stellung nach Art. 90 EWGV im Vergleich zu privaten Unternehmen (1967).

1 Im Bereich der Gemeinschaften wird die Wirtschaft nicht nur von Priva­ ten getragen und betrieben. Trägerschaft und Wahrnehmung liegen zum Teil, unterschiedlich nach Sektoren, unterschiedlich auch in den einzelnen Mitgliedstaaten, in der Hand öffentlicher Unternehmen. Die Gemeinschafts­ verträge haben diesen Bereich öffentlicher Wirtschaft durch öffentliche Unternehmen und Monopole auch rechtlich erfaßt, insbesondere in ihrer be­ sonderen Einfügung in die Wettbewerbsordnung. Das geschieht in Einzel­ regelungen der Verträge, nicht in der Bereitstellung eines geschlossenen Rechtsstatuts, und auch ohne einheitliche Terminologie für ihre national verschiedenen Erscheinungsformen1. Sie befassen sich mit öffentlichen Unter­ nehmen, öffentlichen Forschungszentren, mit Unternehmen, denen ausschließ­ liche oder besondere Rechte gewährt sind, mit Finanz- und Handelsmonopo­ len sowie mit Tätigkeiten, die dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlidier Gewalt verbunden sind, die aus Gründen der öffentlichen Ord­ nung (der Polizei) stattfinden oder Beschäftigung in der öffentlichen Ver­ waltung oder des öffentlichen Dienstes darstellen. So wird unterschiedlich angeknüpft an eine besondere Tätigkeit oder einen Aufgabenträger öffent­ licher Besonderheit. Zentralnorm der ganzen Thematik ist Art. 90 EWGV, dessen Erörterung daher im Mittelpunkt stehen muß.

I. Bedeutung 1. Entwicklung

2 Wirtschaft durch öffentliche Unternehmen in dem vom Gemeinschafts­ recht erfaßten Sinne hat in etwa mit der Jahrhundertwende eingesetzt2. Sie begann, als das neomerkantilistische „Gesetz der wachsenden Staatstätigkeit“ neben der alten Form der Konzessionsverwaltung mit öffentlichen Unter­ nehmen (insbes. den Eisenbahnen) vornehmlich in Energie- und Wrkebrswirtschaft neue öffentliche Träger der Daseinsvorsorge hervorrief und die Verwaltung selbst eigene Wirtschaftsunternehmung entwickelte. Staats- und Regiebetriebe, rechtsfähige Wirtschaftsanstalten (mit privatrechtlicher Funk­ tionswahrnehmung) und handelsrechtliche Kapitalgesellschaften staatlicher Beteiligung (sog. gemischt-wirtschaftliche Unternehmen) sind — nicht nur in Deutschland — ihre drei wichtigsten Erscheinungsformen. Mit ihnen und ihrer in Einzelzügen unterschiedlichen Rechtsverformung und -gestaltung in den Mitgliedstaaten hatte das Gemeinschaftsrecht zu rechnen, wenn es ihre Einfügung in die Wettbewerbsordnung regeln wollte. Es stand dabei vor 1 Vgl. Huthy Die Sonderstellung der öffentlichen Hand 2. 2 Huth 14.

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Bedeutung

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ähnlichen Schwierigkeiten wie das nationale Wettbewerbsrecht (so auch das deutsche GWB und UWG) bei der Grenzbestimmung ihrer Verbindlichkeit für die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand3. § 98 I GWB, die allgemein angenommene (wirtschaftspolitisch weniger empfindliche) An­ wendbarkeit des UWG auf diese, Art. 66 § 7 EGKSV und Art. 90 I EWGV stehen dabei grundsätzlich in einer Linie prinzipieller Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts auf öffentliche Wirtschaftsfunktionen.

2. P rivate und öffentliche W irtschaft

3 Die Unterscheidungslinien zwischen privater und öffentlidier Wirtschafts­ tätigkeit (etwa dem Verkehr, dem Banken- und Versicherungswesen, der Energieversorgung) verlaufen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaften nicht einheitlich, weder sektoral noch quantitativ. Das hat verschiedene, teils historisch-zufällige, jedenfalls nicht immer organisdi-planvolle Gründe. Sol­ che Gründe liefern auch die nationale verfassungsrechtliche Einlassung zur Eigentumsordnung, die Art. 222 EWGV, 83 EGKSV unberührt gelassen haben, und die nationale Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Wettbewerbs­ tätigkeit der öffentlichen Hand in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft. 4 a) Art. 90 EWGV und seine Parallelnormen nehmen einen Teilbereich der Ge­ samtwirtschaften in Anspruch. Dadurch gewinnt der ökonomische Befund einer „Arbeitsteilung“ zwischen privater und öffentlicher Wirtschaftstätigkeit auch juri­ stisch für die Frage ihrer gemeinschaftsrechtlichen Erfassung seine Bedeutung. Es gibt gewisse Bereiche, die in allen Staaten des Gemeinsamen Marktes ganz oder überwiegend gleichermaßen der öffentlichen Wirtschaft zuzurechnen sind. Das ist der Energiesektor und weithin das Verkehrswesen (einschl. Nadirichtenverkehr) sowie die Wasserwirtschaft; ferner in weitem, wenn auch national unterschiedli­ chem Umfang (mit Gefälle von West nadi Ost und Süd nach Nord) das Bankenund Versicherungswesen sowie Einzelbereiche der Grundstoffindustrie. 5 b) Was die Form der Wirtschaftstätigkeit angeht, so überwiegen in Frankreich und Italien direkte Gestaltungen, in der BRD und den Benelux-Staaten indirekte verschiedener Art. Nach dem 2. Weltkriege waren es in Frankreich und Italien Unternehmen der öffentlichen Hand, die die Einstellung des Staates zur Wirtschaft in ihrem Sinne aktivierten, während für die BRD zum Teil Rückzugserscheinungen feststellbar waren. Jedenfalls erklärt sich aus diesen Unterschiedlichkeiten, daß Rang, Wert und Notwendigkeit öffentlicher Wirtschaft bei der Errichtung des Ge­ meinsamen Marktes nicht einheitlich beurteilt worden sind4. Das hat insbes. die Formulierung des Art. 90 EWGV mitbcstimmt und bleibt bei seiner Exegese zu berücksichtigen. 6 c) Nach Wirtschaftszweigen und Volumen betrachtet, sind Erzeugung und Ver­ wertung der Atomenergie weithin verstaatlicht. Entsprechendes gilt (von der Trä­ gerform abgesehen) für den Schienenverkehr. In den anderen Verkehrszweigen be­ stehen große Unterschiede, so insbes. für die Seeschiffahrt (in Italien über 60 % 3 Dazu: Scholz ZHR 132 (1969) 97. 4 Dazu: Ipsen, Sozialisierungsabschluß, Fs Jahrreiß (1964) 115; ders.y Rechts­ fragen zur „Ausgliederung“ des Werbefernsehens. Zugleich als Beitrag zu den „Grenzen öffentlidier Wirtschaftstätigkeit“, NJW 1963, 2102. 42

Ipsen, Eur. Gcmcinschaftsrecht

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öffentliche Unternehmen und Finanzmonopole

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öffentlich, in Frankreich weithin unternehmerisch-staatlich, in den anderen Mit­ gliedstaaten privatwirtschaftlich betrieben). Kohleförderung und -handel sind in Frankreich und den Niederlanden direkt öffentlich beeinflußt, in der BRD und sonst überwiegend privat. Im Stahlsektor haben französische Nationalisierungen der Nachkriegszeit keinen Einfluß gehabt (anders Italien: Roheisen zu 87 %, Stahl zu 55 % verstaatlicht); sonst ist die Stahlerzeugung in der Hand der Privatw irt­ schaft. In der Elektrizitätswirtschaft ist die Stromverteilung weithin überall öffent­ lich beeinflußt (in der BRD zu 97 %), geringer die Erzeugung (in der BRD zu 62 °/o); ähnlich steht es mit der Gaswirtschaft. Banken und Versicherungswesen sind — intensiver als in der BRD — in Frankreich und Italien über die Zentralbanken öffentlich. Von den Monopolen haben die für Tabak und Zündhölzer in Frank­ reich und Italien den Charakter staatlicher Handels- und Produktionsmonopole, in Frankreich das für Kali, in der BRD das für Branntwein. Italien verfügt noch über 10 Staatsmonopole, Frankreich 7, die BRD deren 2 (außer Branntwein das für Zündhölzer). Die Benclux-Staaten kennen keine Monopole. Bei allen Mono­ polen muß gemeinschaftsrechtlich zwischen ihrem Fiskalcharakter als Finanzmono­ polen und ihrer Wirtschaftsfunktion unterschieden werden. 7 d) Im Volumen öffentlidier Wirtschaftstätigkeit steht unter den Mitgliedstaaten Italien an der Spitze; ihm folgen Frankreich (insbes. wegen seiner NachkriegsNationalisierungen), danach mit Abstand die BRD und die Benclux-Staaten. Die­ ser Befund ergibt, daß jede Vorzugs- und Nachteilsbehandlung öffentlicher W irt­ schaft durch das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten unterschiedlich berührt: Staaten mit ausgedehnter öffentlicher Wirtschaft werden hiervon intensiver erfaßt als die mehr privatwirtschaftlidi orientierten. Gemeinschaftsredit, das nur für die Privatwirtschaft gilt, ist in den Mitgliedstaaten quantitativ unterschiedlich an­ wendbar. Normen, die öffentliche und private Wirtschaft gleichmäßig betreffen, vermeiden als solche zwar alle Unterschiede, ignorieren aber die tatsächlich diffe­ rierenden strukturellen und sog. Startbedingungen im Wettbewerb.

8 e) Die Mitgliedstaaten sind über ihre eigene Eigentumsordnung nach Art. 222 EWGV, 83 EGKSV Herren geblieben, damit auch Herren der Ver­ teilung von Wirtschaftsfunktionen zwischen privater und öffentlicher Hand. Deshalb können sie die Tragweite des Art. 90 EWGV und seiner Parallel­ vorschriften national variieren5. Nur für die Handelsmonopole werden hierin durch Art. 37 EWGV teilweise Grenzen gesetzt. Die Mitgliedstaaten können durch den Einsatz öffentlicher Unternehmen Interventionsziele ver­ folgen und Wirtschaftsplanung betreiben. Dadurch haben sie die Chance, auch auf den Vollzug der Wirtschaftsverfassung der Gemeinschaften durch nationale Entscheidungen mittelbar Einfluß zu nehmen. 3. Plan-Einsatz öffentlicher Unternehm en 9 Diese Einflußmöglichkeit ist eine Folge der Tatsache, daß der PlanEinsatz öffentlicher Unternehmen, damit ihre Funktion als Instrument pla­ nender Verwaltung, im Gemeinsamen Markt im Wachsen begriffen ist6. Das lehrt nicht nur das französische Planification-Beispiel. Es geht dabei im Kern 5 Joliet, in: Annales de la Faculté de Droit de Liège 1 (1965) 45; Ipscn NJW 1964, 2338. 6 Nicolaysen, Planung III (1968) 311; R- Schmidt ebenda 291.

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Rechtsgrundlagen

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nicht um den Einsatz staatlicher, wesentlich prohibitiver, den Funktions­ schutz sichernder Staats aufsicht über öffentliche Unternehmen7. Es geht viel­ mehr um die Funktionalisierung des öffentlichen Unternehmens selbst im Rahmen des Vollzuges nationaler Wirtschaftsplanung und der Gemein­ schaftsverfassung, die als solche eine „partielle und spezielle Planungsver­ fassung“ darstellt. Darin liegt auch die Gefahr der Konfrontation zweier wirtsdiaftsrechtlicher Instrumente unterschiedlicher, möglicherweise nicht konkordanter Zielsetzungen. Der Planeinsatz öffentlicher Unternehmen wirft damit nicht nur Fragen national-rechtlicher Zulässigkeit und solche gemeinsdiaftsrechtlicher Vereinbarkeit auf, sondern auch die möglicher Kolli­ sionen zwischen Gemeinschafts- und nationalem Recht8. Dabei kommt der Einsatz öffentlicher Unternehmen im Planungsinstrumentarium in Betracht als Vorgang der Neuerrichtung oder der Übernahme bislang privater Wirt­ schaftsfunktionen, als Finanzierungsinstitute zur Investitionspolitik oder eigener Investitionslenkung, durch eigene Produktionsquotierung oder ihr gelenktes Marktverhalten inbes. in der Preisgestaltung, schließlich — insge­ samt — durch die Ausrichtung ihrer Wirtschaftstätigkeit auf Planziele. In allen Einsatzfunktionen öffentlicher Unternehmen im Rahmen nationa­ ler und supranationaler Planung bleibt ihre „doppelte Zweckhaftigkeit“ zu bedenken9: die Zielsetzung möglicher Gewinnmaximierung (die die private Wirtschaft prinzipiell kennzeichnet) und die dadurch bewirkte mittelbare Entlastung des öffentlichen Haushalts einerseits, andererseits die Zielsetzung öffentlicher Daseinsvorsorge oder sonstiger Wirtschaftspolitik intervenieren­ den und planenden Charakters.

I I . R e c h tsg ru n d la g e n I. E G K S V

10 Art. 80 EGKSV stellt für den montanrechtlichen Unternehmensbegriff ausschließlich auf die Ausübung einer Produktionstätigkeit auf dem Gebiet von Kohle und Stahl ab. Da hierbei nicht nach öffentlicher oder privater Unternehmensqualität zu unterscheiden ist, werden insoweit im Montan­ bereich auch spezifische Rechtsprlichten öffentlicher Unternehmen oder Pri­ vilegierungen zu ihren Gunsten nicht statuiert. Art. 66 § 7, der öffentliche und private Unternehmen gleichermaßen der Beherrschungskontrolle unter­ stellt, schafft insoweit keine Unterschiede. Art. 63 EGKSV auferlegt auch 7 So R. Schmidt Planung III (1968) 295 zutreffend gegen Stein, Wirtschaftsauf­ sicht (1967). 8 Unter diesem Aspekt: Mestmäcker, Die Vermittlung von europäischem und nationalem Redit im System unverfälschten Wettbewerbs (1969) 86—104 zu Art. 90E W G V ._ 9 Ipsen, Kollision und Kombination von Prüfungsvorschriften des Haushalts­ und Aktienrechts, JZ 1955, 598.

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öffentliche Unternehmen und Finanzmonopole

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den Mitgliedstaaten als „Käufern“ (bei Geschäftsabschlüssen der Organisa­ tionen der öffentlichen Hand) das Diskriminierungsverbot bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Fiskalische Beteiligung an der Bildung von Kartellen ist ebenfalls den Art. 65, 66 unterworfen10. Damit schließt der Vertrag eine Sonderstellung der öffentlichen Hand aus. Das auch die Mitgliedstaaten bin­ dende allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 4 b untersagt ihnen, ihre eigene öffentliche Wirtschaftstätigkeit gegenüber gleicher Tätigkeit privater Wirtschaftsträger zu bevorzugen. Das generelle Subventionsverbot (Art. 4 f), das Verbot der Transporttarif-Diskriminierung (Art. 70), die Pflicht, die Freizügigkeit für Kohle- und Stahlfacharbeiter herzustellen (Art. 69), gehen auch die wirtschaftende öffentliche Hand an. Allenfalls in der Handhabung des Art. 86 IV könnten die Mitgliedstaaten sich in tatsächlicher Beziehung eine besondere Behandlung bei der Kontrolle durch Gemeinschaftsorgane verschaffen.

2. E A G V

11 Im Bereich des EAGV ist die Frage einer Sonderstellung der im Unter­ nehmen wirtschaftenden öffentlichen Hand per se nicht aktuell11. Dies aus mehreren Gründen: wegen des Fehlens einer Wettbewerbsordnung, wegen der Existenz der Versorgungsagentur, schließlich wegen der weitgehenden Verstaatlichung der Atomwirtschaft. 3. E W G V

12 Im EWGV haben einige Regelungen periphere Bedeutung für die öffentlichen Unternehmen, andere prinzipiellen Rang. a) Im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 48) sind zugun­ sten der nationalen Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der öffentlichen Verwaltung Vorbehalte auch für öffentliche Wirt­ schaftsträger wirksam. An der Niederlassungsfreiheit (Art. 55) nehmen auch öffentliche Wirtschaftseinheiten teil. Entsprechendes gilt kraft Art. 66 für den Dienstleistungsverkehr12. In der Freiheit des Kapitalverkehrs sind Regiebetriebe der öffentlichen Hand beschränkt, weil (Art. 68 III) in einem anderen Mitgliedstaat zu zeichnende oder in den Verkehr zu bringende An­ leihen zu ihren Gunsten der Zustimmung dieses Staates bedürfen. b) Sekundärrechtlich ist im Verkehrssektor und hinsichtlich des Art. 90 II EWGV von Bedeutung die Ratsverordnung Nr. 1191/69 (ABI. L 156, 1) über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiete des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (48/22, 28). 10 Huth 239.

11 Hath 256.

12 Huth 300, 310, 315

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Art. 90 EWGV: öffentliche Unternehmen

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c) Für die Stellung der öffentlichen Unternehmen im Wettbewerb bildet Art. 90 EW GV die Grundnormy deren genaue Exegese geboten ist (37/13 bis 23). In ihm zielt Abs. II Satz 2 auf die Freiheit und Entwicklung des Han­ delsverkehrs und die Rolle der Finanzmonopole in ihrer Handelsfunktion. Die staatlichen Handelsmonopole als solche unterliegen dem Umformungs­ gebot des Art. 37 (37/24).

111. A r t . 9 0 E W G V : ö ffe n tlic h e U n te rn e h m e n

13 Art. 90, erst am Ende der Vertragsverhandlungen fixiert, ist keine Rege­ lung aus einem Guß und hat Kompromißcharakter13. Er erklärt sich vor­ nehmlich aus dem sektoral und quantitativ unterschiedlichen Befund öffent­ licher Unternehmenswirtschaft und der darin begründeten national unter­ schiedlichen Interessenlage. So motivierte französische Bemühungen, für Staatsbetriebe eine vollkommene Ausnahme von den Wettbewerbsregeln des Vertrages zu erwirken, hatten nur Teilerfolg. Die rechtliche Durchdringung des Art. 90 hat erst eingesetzt, als das Phä­ nomen öffentlicher Wirtschaftstätigkeit in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion bereits intensiv erörtert worden war. Dabei hat diese die lex lata des Art. 90 weithin ignorieren oder bagatellisieren zu können geglaubt. Diese Haltung wäre begründet und berechtigt gewesen, wenn Art. 90 sich auf die Grundsatzverpflichtung seines Abs. I beschränkte. Denn: „Die Grundlagen des Wettbewerbssystems der Gemeinschaften könnten infrage gestellt werden, wenn die Mitgliedstaaten in der Lage wären, das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb als solches zum Instrument staatlicher Wirtschaftspolitik zu machen. Eine solche Möglichkeit besteht, wenn die Mit­ gliedstaaten als Unternehmer handeln“14. Indes enthält Art. 90 II 1 eine nicht unwesentliche Einschränkung dieses Grundsatzes. Art. 90 wird also in seinem Gesamtgehalt zu würdigen sein.

1. S te llu n g im V e r tr a g

14 Sein Gesamtgehalt wird bereits deutlicher, wenn Art. 90 in seiner Stel­ lung im Vertrag geklärt wird. a) Art. 90 steht im Dritten Teil des EWGV: „Die Politik der Gemein­ schaft“, dort in Titel I: „Gemeinsame Regeln“, unter ihnen (neben Kapi­ tel 2: „Steuerliche Vorschriften“ und Kapitel 3: „Angleichung der Rechts­ vorschriften“) im Kapitel 1 mit der Überschrift „Wettbewerbsregeln“. Dieses Kapitel 1 umfaßt die Art. 85—94, die ihrerseits wieder in drei Abschnitte zerfallen: Art. 85—90 (Vorschriften für Unternehmen), Art. 91 (Dumping), 13 Dazu: Ipsen NJW 1964, 2337; Schindler CMLR 7 (1970) 57. 14 Mestmäcker, Die Vermittlung 86.

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öffentliche Unternehmen und Finanzmonopole

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Art. 92—94 (staatliche Beihilfen). Art. 91 und 92—94 sind i. e. S. diejenigen Wettbewerbsregeln, die sich mit Verfälschungen durch die Mitgliedstaaten befassen. Aber auch Art. 90 I, wiewohl in den Vorschriften für Unterneh­ men plaziert, befaßt sich mit dem wettbewerblichen staatlichen Verhalten. Deshalb erscheint jedenfalls dieser Abs. I des Art. 90 nicht systemgerecht eingefügt. b) Art. 90 wird aber auch insgesamt nicht zulänglich charakterisiert, wenn seine Einfügung gerade in die Wettbewerbsregeln als allein prägend ange­ sehen wird. Denn sein Regelungsgehalt überschreitet den Rahmen der Wett­ bewerbsregeln: seine Grundsätze beziehen sich auf den gesamten Vertrag. Die Anwendbarkeitserklärungen hinsichtlich der Wettbewerbsregeln sind lediglich Spezialverweisungen (arg. „insbesondere“), wenn auch solche vor­ rangiger Bedeutung15. Wortlaut und Inhalt des Art. 90 sowie die Begrün­ dung einer besonderen Kommissionskompetenz in seinem Abs. III geben der Vorschrift eigenständige Bedeutung. Sie übersteigt den Bereich der Wett­ bewerbsregeln. So bildet Art. 90 die Grundentscheidung des Vertrages über die Behandlung öffentlicher Unternehmen. c) Art. 90 erschöpft seine Bedeutung aber auch nicht in einer durch die Kontroll- und Sanktionskompetenz des Abs. III geschärften Wiederholung der mitgliedstaatlichen Pflichten aus Art. 5 II, nämlich alles zu unterlassen, was die Zielverwirklichung der Gemeinschaft gefährden könnte16. Art. 90 I faßt zwar den Herrn (den Mitgliedstaat), nicht den Knecht (sein öffentliches Unternehmen)17, und er verpflichtet — eben wie Art. 5 II — den Staat. Aber diese Spezifikation bindet die Staaten zugleich auch in den Mitteln wirtschaftlicher Betätigung. Diese müssen als solche mit den Wettbewerbs­ regeln vereinbar sein. Gebunden ist der Staat also nicht nur in der ZweckRespektierung seiner Wirtschaftstätigkeit. Daraus folgt, daß die Staaten die Zielverwirklichung des Vertrages nicht mit Hilfe einer öffentlichen Unter­ nehmenswirtschaft verfolgen dürfen, die als solche und prinzipiell den Wettbewerb auszuschließen bestimmt ist. Und da der Grundsatz des Abs. I, der die Staaten verpflichtet und ihre Maßnahmen, d. h. insbes. auch ihre normative Hoheitsentfaltung, als Tatbestandsmerkmal erfaßt, „selbständige Bedeutung“ hat18, setzt seine Anwendung nicht ein die Art. 85, 86 verletzen­ des Verhaltens der Unternehmen selbst voraus. Die Staaten sind aus Art. 90 I unmittelbar in Pflicht genommen, und ihre Maßnahmen sind am Vertrag, insbes. an den Art. 7, 85—94 zu messen.

15 Ipsen NJW 1964, 2337; Joliet 48. 16 Ipsen NJW 1964, 2338; Mestmäcker, Die Vermittlung 87. 17 Ipsen NJW 1964, 2338; zustimmend: Schindler CMLR 7 (1970) 59. 18 Mestmäcker, Die Vermittlung 89.

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Art. 90 EWGV: öffentliche Unternehmen

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2. V ie r B e g riffe ö ffe n tlic h e r U n te r n e h m e n

15 Art. 90 verwendet vier Unternehmenshegriffe: (1) das öffentliche Unter­ nehmen (ohne nähere Charakterisierung) in Abs. I 1. Alternative; (2) das privilegierte Unternehmen in Abs. I 2. Alternative; (3) das betraute Unter­ nehmen in Abs. II; (4) die Finanzmonopole in Abs. II. Zumal der EWGV — anders als der EGKSV — einen Oberbegriff des Unternehmens nicht kennt und in den Art. 85— 89 einen wettbewerblichen Unternehmensbegriff ge­ braucht19, der sich mit denen des Art. 90 nicht einheitlich deckt, ist die Er­ fassung und Abgrenzung innerhalb des Quartetts des Art. 90 nicht ohne Schwierigkeiten. 16 a) öffentliche Unternehmen i. S. der 1. Alternative des Abs. I, die Art. 90 nicht näher charakterisiert, sind nach seiner Intention solche, die potentiell staatlicher Einwirkung dahin ausgesetzt sind, sich als Marktteil­ nehmer den Wettbewerbsregeln zuwider zu verhalten. Die Intention des Art. 90 I will diese „Anfälligkeit" inhibieren und wendet sich an die Mit­ gliedstaaten, deren Einflußnahme auf die Unternehmensleitung zu besorgen ist. Deshalb kann es rechtlich nicht darauf ankommen, ob das mitgliedstaat­ liche Recht seinerseits das Unternehmen ausdrücklich als „öffentliches" quali­ fiziert20. Denn solche Selbst-Qualifikation würde den Mitgliedstaaten auto­ nome Exemtionen von Art. 90 ermöglichen. Sein Zweck gebietet, im Inter­ esse einheitlicher Gemeinschafts-Auslegung unabhängig von nationaler Rechtsgestaltung und materiell auf die staatliche Einwirkungsmöglichkeit abzustellen21. Sie kann sogar schon in den Rechtsakten bestehen, „welche die Sonderstellung konstituieren", so z. B. eben in der Verleihung von Aus­ schließlichkeitsrechten22. 17 b) Das öffentliche Unternehmen der 2. Alternative des Abs. I ist ein Unterfall desjenigen der 1. Alternative. Dies aus der Erwägung, daß die staatliche Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte an ein derart privilegiertes Unternehmen spezifische Anfälligkeiten gegenüber staatlicher Beeinflussung mit sich zu bringen pflegt. Als Ursache solcher spezifischen An­ fälligkeit ist also die mitgliedstaatliche Privilegierung anzusehen, die ihrerseits — den unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen entsprechend — verschiedenartig stattfinden kann und sich als solche dem Gemeinschafts­ recht entzieht. Ob solche Privilegierung aber als Tatbestandsmerkmal i. S. des Art. 90 I relevant ist, bestimmt sich wiederum nach den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts, das auf den materiellen Gehalt der jeweiligen Privile­ gierung abheben muß. 19 Nicolaysen, Planung III (1968) 316. 20 Dazu: Püttner, Die öffentlichen Unternehmen. Verfassungsfragen zur wirt­ schaftlichen Betätigung der öffentlidien Hand (1969) 286. 21 Pappalardo in: Quadri u. a. Komm. 5 zu Art. 90; Mestmäcker, Die Vermitt­ lung 90. 22 Nicolaysen, Planung III (1968) 315; Mestmäcker, Offene Märkte im System unverfälschten Wettbewerbs in der EWG, Fs Böhm 389.

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Hauptbeispiele solcher Privilegierungen sind sog. Beleihungen und Kon­ zessionierungen. Diese werden allein schon im deutschen Verwaltungsrecht — historisch, sektoral, wirtschaftspolitisch bedingt — höchst unterschiedlich qualifiziert und konstruiert. Sie befinden sich in ihrer rechtlichen Tragweite und Würdigung gerade jetzt in der Wandlung. In den Rechtsordnungen der anderen Mitgliedstaaten ist das Bild nicht einheitlicher, auch nicht eindeuti­ ger. Zur gemeinschaftsrechtlich maßgeblichen Qualifizierung solcher Privile­ gierungen kommt es also darauf an, ob diese nach dem jeweils zuständigen nationalen Recht die Befugnis begründen, sich dem allgemeinen Wettbe­ werbsrecht zu entziehen. Solche Befugnisse können ihrerseits „verliehen“ oder auch unmittelbar gesetzlich begründet werden (so z. B. durch gesetzliche Mindestpreisregelungen, durch Investitionsanordnungen usw.). Es obliegt der Kommission gemäß Art. 90 III, solche nationalen Befugnis-Einräumungen oder gesetzlichen Wettbewerbsbeschränkungen im Hinblick auf das Gemein­ schaftsrecht zu kontrollieren und gegebenenfalls durch Richtlinien oder Ent­ scheidungen zu beeinflussen. 18 c) Art. 90 II, aus französischer Initiative im Hinblick auf die services publics (und aus italienischer Unterstützung) herrührend, zielt auf die öffentlichen Funktionen der von ihm angesprochenen Unternehmen. Sie näm­ lich werden durch Abs. II adressiert, nicht — wie in Abs. I — die Mitglied­ staaten. Für den „gegenwärtigen Stand(e)“ der Integration hat der Gerichts­ hof dem Art. 90 II allerdings die Eignung abgesprochen, „individuelle Rechte zu begründen, die die nationalen Gerichte zu beachten haben“-·5. 19 aa) Art. 90 II sucht den Ausgleich zwischen dem Gemeinschaftsinter­ esse an voller Vertragserfüllung auch durch betraute öffentliche Unterneh­ men einerseits, dem anerkannten legitimen Interesse der Mitgliedstaaten an gemeinwirtschaftlicher Aufgabenerfüllung dieser Unternehmen andererseits. Konstruktiv und im Effekt kann Abs. II also wie eine sog. Bereichsausnahme entsprechend einer in Art. 85 III vorgesehenen wirken. Das geschieht in der Technik einer Legalbefreiung, ohne daß das in Abs. II anerkannte nationale Staateninteresse darauf angewiesen wäre, um die Gunst einer Kann-Befreiung gemäß Art. 85 III nachzusuchen2324. Das muß gefolgert werden aus dem Charakter des Art. 90 als eines Spezialstatuts der öffentlichen Unter­ nehmen. Das würde übersehen, wenn die wichtige Ausgleichsfunktion des Art. 90 II auf den Freistellungsmechanismus des Art. 85 III angewiesen bliebe. Daß diese Bereichsausnahme unter dem Vorbehalt der gemeinschafts­ konformen Entwicklung des Handelsverkehrs (Abs. II Satz 2) und auch 23 EuGH Rs 10/71, Urt. v. 14. 7. 1971, EuR 1972, 35 mit Anm. E m m e r i c h ; dessen Kritik („Verblüffung“) insbes. S. 44 ff. aaO.; vgl. auch Poletti DirScambiIntern 1971, 480. 24 Entsprechend: Hartmanny in: Der Wettbewerb zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor in der EWG (Art. 90 EWGV), Kolloquium Brüssel (März 1963) 123; kritisch: Mestmäcker, Die Vermittlung 102 mit Anm. 39, sowie — als Folge des vorerwähnten EuGH-Urt. — Emmerich EuR 1972, 4j ff., 46.

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Art. 90 EWGV: öffentliche Unternehmen

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seine Wahrung unter der Kommissionskontrolle nach Abs. III steht, sichert die Ausgleichsfunktion im Gemeinschaftsinteresse vor mitgliedstaatlichem Mißbrauch. Die Vorstellung der Bereichsausnahme führt also nicht zur pau­ schalen Freistellung ganzer Unternehmensbereiche oder zur Freistellung von sämtlichen Vertragsvorschriften wegen einer speziellen öffentlichen Aufgabe, die die Unternehmen wahrnehmen. Es kommt jeweils auf die Einzelaufgabe und ihre Funktion im Wettbewerb an25. 20 bb) Worin die Betrauung von Unternehmen „mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ besteht und zu sehen ist, inwieweit diese ihre Funktionserfüllung (nämlich „die Erfüllung der ihnen übertrage­ nen besonderen Aufgabe“) „rechtlich oder tatsächlich verhindert“ wird, falls die Vertragsvorschriften (insbesondere die Wettbewerbsregeln) auf sie An­ wendung finden, ist weder von den nationalen Rechtsordnungen einheitlich ηοώ vom Gemeinschaftsrecht seinerseits bestimmt. Aber sowohl die Frage der „Betrauung“ wie auch die der etwaigen „Funktionsverhinderung“ ver­ langen Antworten. Denn von ihnen hängt der Anwendungsbereich des Art. 90 ab. 21 cc) Worin die Betrauung mit Dienstleistungen von allgemeinem wirt­ schaftlichen Interesse, also die Funktionsausstattung besteht, ist streitig. Dies insbesondere dahin, ob sie nur hoheitlich herstellbar ist oder auch zivilrecht­ lich und vertraglich vermittelt werden kann. Im deutschen Recht ist diese Frage insbesondere für die Elektrizitätswirtschaft bedeutsam geworden, dort auch unter der rechtlich schwer bestimmbaren Kategorie der sog. Daseins­ vorsorge (so durch Versorgungsbetriebe und Verkehrsmittel), wenn diese (was eben nicht unbestritten ist) einem ausschließlich öffentlich-reditlidien Statut unterstünde. Betrauung und Funktionsausstattung in Art. 90 II sind auch nicht in wört­ licher Auslegung i. S. des Dienstleistungsbegriffs des Art. 60 EWGV oder (i. S. seiner französisch initiierten Entstehung) als service public des franzö­ sischen Rechtskreises zu bestimmen26. Andererseits kann eine Verweisung dieser Begriffsqualifikationen in die ausschließlich mitgliedstaatliche (indes gemäß Abs. III kontrollierbare) Kompetenz, also die im nationalen Recht feststellbare substantielle Betrauungs-Zuordnung zum öffentlichen (ohne Rücksicht auf die verwendete Rechtsverformung), gerechtfertigt werden: weil es eben das allgemeine wirtschaftliche, also das öffentliche Interesse der Mitgliedstaaten ist, das die Bereichsausnahme rechtfertigt27. Dieses öjfentliehe Interesse zielt in aller Regel auf die Funktionserfüllung der betrauten Unternehmen ohne Rücksicht darauf, ob sie marktwirtschaftlich-unterneh­ merisch vertretbar wäre. Deshalb darf diese Funktionserfüllung eben durch 25 Ebenso Büttner, Die öffentlichen Unternehmen (1969) 287. 20 Büttner 287 mit Anm. 16; Mestmäckery Die Vermittlung 96. 27 Ipsen NJW 1964, 2338; d e r s NJW 1963, 2104; ebenso Schindler, CMLR 7 (1970) 69, 70.

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öffentliche Unternehmen und Finanzmonopole

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die Anwendung der Wettbewerbsregeln weder rechtlich noch tatsächlich ver­ hindert werden. Das aber würde geschehen, wenn die Anwendung des Ge­ meinschaftsrechts die mitgliedstaatliche Gestaltung rechtlich verdrängen oder tatsächlich unmöglich machen würde. Die „soweit“-Voraussetzung sollte jedenfalls dann als erfüllt gelten, wenn die sonst gebotene Anwendung der Wettbewerbsregeln notwendig zu Beihilfe-Abgeltungen nach Art. 77 EWGV führen müßte (48/11). Im deutschen Recht stehen als betraute und funktionsqualifizierte Unternehmen vor allem in Frage solche der Energieversorgung, der Personenbeförderung, des Güterlinientransports, des Luftverkehrs und der öffentlich-rechtlichen Versicherung — sämtlich unter der Voraussetzung des Kontrahierungszwanges, der Betriebs- und Beförderungspflicht, des Versicherungs- und Annahmezwanges. Ihre Betrauung mit Diensten Öffentlichen Interesses ergibt sich aus den für sie maßgeblichen Rechts­ grundlagen.

22 dd) Nach Art. 90 II 2 darf die Ausnahmebehandlung die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht gemeinschaftsschädlich beeinträchtigen. Das ent­ spricht dem wirtschaftspolitischen Interesse der Gemeinschaft, wie es auch in Art. 85 III b zum Ausdruck kommt. Hier setzt sich das Gemeinschaftsinter­ esse also gegenüber dem in Abs. II Satz 1 anerkannten nationalen öffent­ lichen Funktionsinteresse im Konfliktfall durch. Die Konfliktentscheidung steht nach Abs. III wiederum der Kommission zu. 3.

K o m m is s io n s -K o n tr o lle

23 Die Kommissions-Kompetenz des Art. 90 III zur Kontrolle des Art. 90 ist lex specialis zu Art. 155. Sie ermächtigt die Kommission (nicht den Rat) zu Richtlinien und Entscheidungen an die Mitgliedstaaten (nicht die Unter­ nehmen). Sie ist nicht beschränkt auf den Erlaß rechtlich schwächerer Emp­ fehlungen. Die Kommission kann sich dabei auf ihr Auskunfts- und Prü­ fungsrecht nach Art. 213 EWGV berufen. Die Staaten haben demgegenüber vollen Rechtsschutz aus Art. 173 EWGV.

I V . F in a n z m o n o p o le

Ebenso wie für betraute Unternehmen, sieht Art. 90 II auch für Unter­ nehmen, die „den Charakter eines Finanzmonopols haben“, die Anwendbar­ keit der Wettbewerbsregeln vor, soweit dadurch die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben nicht verhindert wird. 1. D is p o s itio n ü b e r F in a n z m o n o p o le

24 a) Finanzmonopole (vgl. Art. 105, 106, 108 GG) sind geschaffen, um dem Staat bestimmte Einnahmequellen vorzubehalten (in der Bundesrepu-

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Finanzmonopole

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blik das Branntwein- und das Zündwarenmonopol, sonst insbes. Tabak­ monopole28). Ebenso wie nach Art. 90 i. Verb, mit Art. 222 EWGV grund­ sätzlich den Mitgliedstaaten die Entscheidung über Verstaatlichung oder Privatisierung sowie die Organisation des öffentlichen Sektors überlassen bleibt29, steht ihnen auch die Disposition über ihre Finanzmonopole zu. Dies indes nur in den Grenzen der Fiskalfunktion der Finanzmonopole, nicht hinsichtlich ihrer — gleichfalls denkbaren und gegebenen — Funktion als Lenkungsinstrument (speziell für den Handel). Denn insoweit unterliegen Monopole als Handelsmonopole dem Umformungsgebot des Art. 37 EWGV: es gilt (Art. 37 II) für alle staatlichen oder durch staatliche Übertragung zu Monopolfunktionen befähigten Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder Ausfuhr zwischen den Staaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt oder merklich beeinflußt. Und das Umformungsgebot zielt nach Art. 37 I dahin, jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Marktbürgern auszuschließen30. b) Die Kommission hat am 25. November und am 22. Dezember 1969 Empfeh­ lungen an Frankreich, Italien und die BRD gerichtet, in denen Maßnahmen zur Monopol-Umformung zwecks Ausschluß von Versorgungs- und Absatzdiskriminierungen vorgesehen sind31. Für Monopole fiskalisdien Charakters, also die Finanz­ monopole, werden Lösungen empfohlen, die der Ausnahmeregelung des Art. 90 II EWGV Redinung tragen. Für Monopole, die — wie das deutsche Branntwein­ monopol — Bedeutung für die Agrarpolitik haben, ist eine Zuordnung zum Markt­ ordnungsrecht erforderlich, für solche zwischenstaatlicher Verknüpfung (wie das Zündwarenmonopol auf Grund des Abkommens mit Schweden32) eine solche zu bestehenden Vertragsregelungen mit Drittstaaten. Aus diesen Gründen ist die durch Art. 37 EWGV gebotene Umformung noch nicht abgeschlossen und sind die Finanz­ monopole i. S. des Art. 90 II EWGV noch nicht einheitlich erfaßt.

2. D e u tsc h e F in a n z m o n o p o le 25 In der BRD hat das Zündwarenmonopol überwiegend Fiskalfunktion, das Branntweinmonopol (im Hinblick auf das höhere Gewicht der Branntweinsteuer 28 Übersicht bei: Pappalardo WuW 1971, 235; Wohlfarth u. a. Komm. 5 zu Art. 90; Püttner 164; Badura, Das Verwaltungsmonopol (1963) 337. Zur Entwick­ lung des Abbaues der Handelsmonopole für Tabakwaren in Frankreich und Italien vel. die Kommissionsantwort auf die Anfrage des Abg. Artzinzer v. 5. 10. 1971, ABI. 1971 C 108, 9. 29 Nicolaysen, Planung III (1968) 340. 30 Kaiser EuR 1967, 6; Deringer, Die staatlichen Handelsmonopole nadi Ablauf der Übergangszeit. Zur Auslegung und Anwendung des Art. 37 EWGV, EuR 1971, 193. 31 ABI. 1970 L 6, 13, 16; L 31, 1—26; hinsichtlich der Stellungnahmen der Mitgliedstaaten zu diesen Empfehlungen vgl. u. a. die Antwort der Kommission v. 28. 4. 1971 auf die schriftl. Anfrage Nr. 530/70 des Abg. Vredeling, ABI. 1971 C. 46, 7. 32 Dazu: Städter, Rechtsfragen des Zündwarcnmonopols (1953); Badura, Das Verwaltungsmonopol (1963) 236.

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gegenüber dem Gewinn der Monopolverwaltung) mehr die eines Instrumentes der Agrar- und Mittelstandspolitik. Insoweit ist es der Ausnahmebehandlung des Art. 90 II nicht teilhaftig geworden. Auf Grund des Gesetzes über die Erhebung einer besonderen Ausgleichsabgabe auf eingeführten Branntwein vom 23. Dezember 1970 (BGBl. I, 1878; Änd. v. 23. 12. 1971, BGBl. I, 2137) konnte die Bundesmonopol­ verwaltung für Branntwein die noch bestehenden mengenmäßigen Beschränkungen der Trinkbranntwein-Einfuhr aus Mitgliedstaaten aufheben33. Seine Vereinbarkeit mit Art. 12, 37 EWGV ist bezweifelt worden34. Die Monopol-Umgestaltung für Äthylalkohol hängt ab von der Einrichtung einer einschlägigen gemeinsamen M arkt­ organisation, da solcher landwirtschaftlichen und anderen Ursprungs nicht unter­ scheidbar ist35. Eine Ausnahmebehandlung des Zündwarenmonopols nach Art. 90 II EWGV kommt in Betracht.

33 Bekanntmachung v. 23. 12. 1970, BAnz. Nr. 243 v. 31. 12. 1970. 34 Meier AWD 1970,498; vgl. hierzu auch die Kommissionsantwort v. 28.4. 1971 auf die Anfrage Nr. 513/71 des Abg. Kriedemanny ABI. 1971 C 46, 5, in der die Vereinbarkeit der Ausgleichsabgabe mit Art. 37 IV EWGV vertreten wird, sowie Schmidt, Branntweineinfuhr und Branntweinmonopol-Umformung, AWD 1971 480; schließlich EuGH Rs 13/70 Rspr. XVI, 1089. 35 Pappalardo WuW 1971, 243. /

§ 3 8 SUBVENTIONEN, SONDERLASTEN, DUMPING Börner, Diskriminierungen und Subventionen, in: Zehn Jahre Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, KSE 1 (1965) 215; Börner, Dumping und Diskriminierung, Fs Hallstein 36; Colliard, Les pratiques du dumping, DrCommEur Nr. 2171; Eble, Grundsatzfragen der gemeinschaftlichen AntidumpingRegelung, AWD 1968, 288; Ehle-Meier, EWG-Warenverkehr. Außenhandel — Zölle — Subventionen (1971); Europäische Investitionsbank 1958—1968, Hg. Euro­ päische Investitionsbank; Everling, Die Regelungen des EWGV zur Abwehr von Dumping-Praktiken im Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, Betrieb 1960, 999; Gehring, Die Harmonisierung der staatlichen Ausfuhrbeihilfen gemäß Artikel 112 des EWG-Vertrages am Beispiel der Exportkreditversicherung, Diss. Köln (1968); Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen (1966); Winfried Grabitz, Das Dumping innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1966); Hochbaum, Das Diskriminierungs- und Subventionsverbot in der EGKS und EWG (1962); Ipsen, Verwaltung durch Subventionen, VVDStRL 25 (1967) 257; Käser, Darlehen der Europäischen Investitionsbank — Darlehen der Weltbank, EuR 1967, 289; Käser, Aufgaben und Ziele der Europäischen Investitionsbank (1970); Killmer, Die Europäische Investitionsbank, Diss. Frankfurt (1963); Koppensteiner, Das Subven­ tionsverbot im Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1965) ; Koppensteiner, Fragen der Kokskohlensubvention, AWD 1967, 373; Lauhereau, Die Schutzbestimmungen des EWG-Vertrages gegen Dumping-Praktiken in­ nerhalb des Gemeinsamen Marktes, ZfZ 1960, 7; Licari, The European Investment Bank, JournCommMarkStud 1970, 192; Mastropasqua, Le Marche Commun et la defense contre le dumping (1965); Menais, La Banque Européenne d’investissement (1968); Obernolte, Subventionen im gemeinsamen Markt. Sind vertragswidrige Bei­ hilfen zurückzugevvähren?, in: Europäische Wirtschaft 1961, 64; Ortmann, Die Er­ richtung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (1966) ; Roth, Staatliche Strukturhilfen im nationalen und übernationalen Recht, in: Zur Stellung der Mitgliedstaaten im Europarecht (1967, Hg. Bülck) 121; Rüber, Die Konkurrentenklage deutscher Unternehmer gegen wettbewerbsverzerrende Sub­ ventionen im Gemeinsamen Markt, NJW 1971, 2097; Seelmäcker, Die Agrarfinan­ zierung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Diss. Hamburg (1969); Servidio, Linee esegetiche degli articoli 92, 93 e 94 del Trattato di Roma, RivDirEur 1970, 173, 249; Steindorff, Sonderlasten und Subventionen im Gemeinsamen Markt der EGKS, WuW 1967, 633; Venceslai, Progetti di aiuto e communicazione nel quadro dell’esame preventivo di cui all’art. 93, 3 del Trattato di Roma, RivDirEur 1969, 257; Wockenfoth, Antidumping-Gesetzgebung in der EWG, AWD 1959, 77; 1960, 99; Zacher, Verwaltung durch Subventionen, VVDStRL 25 (1967) 308.

A . S u b v e n tio n e n 1

1 Das Gemeinschaftsrecht richtet an die Mitgliedstaaten das Verbot, ein­ zelne Marktbürger oder Gruppen von ihnen durch Subventionierung zu be­ vorzugen, weil dadurch die Gleichheit im Wettbewerb beeinträchtigt werden kann. Dieses Subventionsverbot ist eine Variante des Diskriminierungsver-

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Subventionen, Sonderlasten, Dumping

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botes (§ 30). Das Gemeinschaftsrecht geht also davon aus, daß die Mitglied­ staaten subventions-geneigt sind — und das mit guten Gründen. So hat eine Realanalyse für die Bundesrepublik erwiesen, daß der Etat­ aufwand der Subventionsverwaltung auch in seiner Eingrenzung auf die Wirtschaftssubventionierung i. e. S. erheblich ist und seine steigende Tendenz bislang nicht eingebüßt hat1. Die Wirtschaftssubventionierung ist hier ein wirtschaftswissenschaftlich und wirtschaftspolitisch ebenso wie verfassungs­ rechtlich anerkanntes Instrument des Wirtschaftsinterventionismus. Sie ist Interventionsmittel, auch ein solches von Planung und Planulismus12. Sie hat ihren unbestreitbaren Platz in den Gestaltungsformen, mit denen der Staat seine Verantwortung für das Funktionieren und das Wachstum einer Wirt­ schaft wahrnimmt, die selbst prinzipiell nicht staatliche, sondern private Wirtschaft ist. Es besteht im deutschen Recht Einmütigkeit darüber, daß die verfassungsrechtliche Staatszielbestimmung der Sozialstaatlichkeit, die das Angewiesensein auf staatliche Sozialgestaltung vorgefunden, nicht erst ge­ schaffen hat, die Erscheinung der Subventionierung erklärt, das öffentliche Subventionieren also in den Bereich öffentlicher Aufgabenerfüllung einbe­ zieht. Art. 109 II—IV GG liefert hierfür jetzt hinsichtlich der Haushalts­ wirtschaft den Verfassungsrahmen. Seine Einsetzbarkeit in der Funktion eines „politischen Mehrwertes“ zählt überdies, wie Erfahrung lehrt, zu jenen „über-legalen Prämien“, die der legale Machtbesitz auszahlt. Dieser primär innerpolitische Effekt kann, wie der Agrarsektor zeigt, auch im Integra­ tionsbereich von Belang sein. Die Subvention ist in vergleichbarer Weise auch in den anderen Mitglied­ staaten ein Instrument staatlicher Wirtschaftspolitik, ohne daß es auf quan­ titative oder sektorale Unterschiede oder gar solche ihrer Rechtsverformung ankäme. Von diesem Befund geht das Gemeinschaftsrecht aus. Es mußte deshalb den Tatbestand der Subventionierung begrifflich umfassend be­ schreiben und hierfür auf den Begriff der staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten „Beihilfe“ (Art. 92 I EWGV) abstellen, die Art. 4 c EGKSV neben den Subventionen nennt. Da das Gemeinschaftsrecht — anders als das nationale Redit — hinsichtlich der staatlichen Beihilfen und Subventionen an ihrer Auswirkung auf die Wettbewerbslage im Gemein­ samen Markt orientiert ist, erscheinen sie dort in einer anderen „Dimension“ als im staatlichen Recht3. Das erklärt auch, daß die speziell das deutsche 1 Ipsen VVDStRL 25 (1967) 259—264. — Ein bei der Kommission erstellter Bericht über „Die öffentliche Finanzhilfe an Unternehmen und ihre Verteilung nach Wirtsdiaftstätigkeiten" ist nicht veröffentlicht worden; vgl. Kommissionsantwort v. 21. 5. 1970 auf die Anfrage 451/69 des Abg. Vredelingy ABI. 1970 C 66, 1; vgl. auch die nach § 12 StabGes. v. d. BReg. zu erstattenden Subventionsberichte: 1. = BT-Drucks. V/2423, 2. = VI/391, 3. = VI/2994. 2 Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater (1956) 9; ders.y Rechtsfragen der Wirtschaftsplanung, in: Planung II (1966) 69, 76. 3 Dazu: Koppensteiner ZGesStW 127 (1971) 184; ders.y Das Subventionsverbot im Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohlç und Stahl.

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Subventionen — Rechtsgrundlagen

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Subventionsrecht belastenden wesentlichen Rechtsprobleme für das Gemein­ schaftsrecht durchweg nicht gestellt sind, nämlich die Fixierung zulässiger öffentlicher Subventionsinteressen, der Hoheitscharakter der Subventionie­ rung mindestens in ihrer ersten Stufe, ihre Ermächtigungsgrundlagen und Verfassungsgrenzen, Gestaltungsformen und Rechtsschutz-Gewährleistun­ gen4. Im folgenden steht „Subvention“ statt und neben Beihilfe, da der deutsche juri­ stische Sprachgebrauch sich durchgängig dieses Terminus bedient und der Ausdruck „Beihilfe“ in der deutschen Rechtssprache einen anderen Platz (nämlich im öffent­ lichen Dienstrecht) einnimmt5. Indes ist die Verwechslungsgefahr gering, da der kranke Beamte von seinem Dienstherrn schwerlich „subventioniert“ wird und die von gemeinschaftsrechtlich erheblichen Beihilfen Bedachten keine Beamten zu sein pflegen.

I. R e c h ts g r u n d la g e n 1. E W G V

2 Einzelregelungen des EWGV, die Subventionen betreffen, dienen i. S. des Art. 3 f der Errichtung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Verfälschungen schützt. a) Sie haben folgerichtig ihren Standort in Abschnitt 3 des Kapitels 1: Wettbewerbsregeln — Art. 92—94. Von ihnen enthält Art. 92 I ein Beihilfe­ verbot, Abs. II die Kennzeichnung der zulässigen, weil mit dem Gemein­ samen Markt vereinbaren Beihilfen, Abs. III den Katalog derjenigen Bei­ hilfen, die nicht per se mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, indes als vereinbar angesehen werden können. Art. 93 I, II begründet die Kontroll- und Sanktionskompetenz der Kommission zur fortlaufenden Über­ prüfung mitgliedstaatlicher Beihilferegelungen, zur verbindlichen Feststel­ lung der Unvereinbarkeit oder mißbräuchlichen Anwendung von Beihilfen und zur Entscheidung über ihre Aufhebung oder Umgestaltung. Abs. II be­ fugt die Kommission oder einen betroffenen Mitgliedstaat — wegen mög­ licher Eilbedürftigkeit in Abweichung von Art. 169, 170 — zur unmittel­ baren Anrufung des Gerichtshofs, falls der Beihilfe gewährende Staat der Kommissionsentscheidung nicht nachkommt. Unter außergewöhnlichen Um­ ständen (besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten) kann der Rat die Kommissionsentscheidung auf Antrag des gewährenden Mitgiiedstaates für einzelne Beihilfen in Abweichung von Art. 92 und Regelungen gemäß Art. 94 korrigieren. Seit Ablauf der Übergangszeit und Auslauf des Art. 226 kann das von besonderer Bedeutung sein6. Art. 93 III sichert die rechtzeitige 4 Vgl. Ipsen und Zacher VVDStRL 25 (1967) 257, 308. 5 Hans J. W olff, Verwaltungsrecht III 2. Aufl. (1967) 215; d e r s Verwaltungs­ recht II 3. Aufl. (1970) 473. 0 Speziell zum Beihilferecht im Rahmen des Schutzklausel-Systems vgl. MällerHeidelbergy Schutzklauseln im Europäischen Gemeinschaftsrecht (1970) 276—291.

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Subventionen, Sonderlasten, Dumping

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Unterrichtung und Kontrollwahrnehmung der Kommission vor mitglied­ staatlichen Beihilfemaßnahmen. Nach Art. 94 hat der Rat die Kompetenz zum Erlaß von Durchführungsverordnungen zu den Art. 92, 937. b) Sonderregelungen über Beihilfen in einzelnen Wirtschaftsbereichen ent­ halten Art. 42 (landwirtschaftliche Erzeugnisse), Art. 77, 80 (Verkehr). c) Nicht in diesen Zusammenhang gehören Beihilfen und Zuschüsse, die nach Art. 125 EWGV vom Europäischen Sozialfonds für die dort genannten Zwecke auf Antrag eines Mitgliedstaates gewährt werden können. Das gilt auch für die Finanzierungsaufgaben der Europäischen Investitionsbank nach Art. 130 EWGV. Hier treten Gemeinschaftseinrichtungen selbst subventio­ nierend auf (zur Frage eigener Gemeinschaftskompetenzen zur Subventio­ nierung: 38/14—20). 2. E G K S V

3 Anders als das EWG-Recht, enthält Art. 4 EGKSV ein absolutes, allge­ meines und unmittelbar wirkendes Beihilfe- und Subventionsverbot, das auch dem Art. 70 IV (Unterstützungstarife) zugrunde liegt. Es rechtfertigt sich daraus, daß es von den Verhältnissen des bereits hergestellten Gemein­ samen Marktes für Kohle und Stahl ausgeht. Ob Art. 67, der die Wett­ bewerbsmaßnahmen eines Mitgliedstaates unter Gemeinschaftskontrolle stellt, auch solche in Gestalt von Subventionen und Beihilfen erfaßt, ist strei­ tig geworden8. Er bezieht sich insbes. auf solche, die Produktionskosten (nidit Ertrag und Einkommen) beeinflussen, also vornehmlich Steucrregelungen. 3. E A G V

4 Hilfen, die die Kommission nach Art. 6 a—c EAGV zur Förderung der Durchführung der Forschungsprogramme in Gestalt von finanziellen Hilfen (nicht aber als Subventionen), der Lieferung von Stoffen, der Zurverfügung­ stellung von Anlagen, Ausrüstungen oder Fachpersonal gewähren kann, ge­ hören ebenfalls nicht in den hier behandelten Zusammenhang. Auch hier tritt die Gemeinschaft selbst finanziell oder finanzwertig fördernd auf. Die von Art. 6 a gedachte Unterscheidung zwischen finanziellen Hilfen und Subventionen ist — jedenfalls nach deutschen Rechtsvorstellungen — schwer vollziehbar, es sei denn, daß hier unter Subvention nur der verlorene Zu­ schuß gemeint sein soll oder aber — was sinnvoller wäre, tatbestandlich im Rahmen von Forschungsverträgen aber kaum in Betracht kommen dürfte — solche Finanzhilfe, die i. S. des Art. 92 I eine Wettbewerbsverfälschung im zwischenstaatlichen Handel bewirkt. 7 Übersicht über die Durchführung bei Ipsen VVDStRL 25 (1967) 271 mit Anm. 32. 8 GötZy Recht der Wirtschaftssubventionen 221 ; EuGH Rs 30/59 R s p r . VII, 46.

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Subventionen — Begriffe und allgemeine Regeln

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I I . B e g riffe u n d a llg e m e in e R e g e ln 1. B e g riffe

5 Einen einheitlichen Subventions- oder Beihilfebegriff kennt das Gemein­ schaftsrecht nicht. Außerdem ist für die begriffliche Eingrenzung zu beden­ ken, daß das Gemeinschaftsrecht — und insbes. der EWGV — staatliche Maßnahmen der Wirtschaftsförderung nicht einheitlich und nur gerade sub specie subventionis erfaßt. Seine Kontroll- und Sanktionsregelungen betref­ fen gesondert und unterschiedlich staatliche Förderungsaktivität gegenüber der Wirtschaft jeweils im Zusammenhang mit den zur Herstellung des Ge­ meinsamen Marktes wirksamen Gemeinschaftszielen über die Errichtung der Zollunion, den Abbau der mengenmäßigen Beschränkungen, die Steuern — und eben die Kontrolle der Beihilfen9. Ebenso wie im deutschen Recht, wo deshalb zwischen offenen und verdeckten Subventionen unterschieden wird, bedarf es jeweils der Prüfung, ob eine Maßnahme staatlicher Wirtschafts­ förderung Beihilfecharakter i. S. des spezifischen Gemeinschafts-Subventions­ rechts hat oder nicht. Die Entscheidungskompetenz der Kommission nach Art. 93 II EWGV hat auch deshalb großes Gewicht. Ihre Prüfungsbefugnis gestattet, bei der Beurteilung einer Beihilferegelung alle den Wettbewerb und den Handel betreffenden und tatsächlichen Begleitumstände zu berück­ sichtigen, darunter auch die Finanzierungsweise als integrierenden Bestand­ teil der Beihilferegelung. Und die Vereinbarkeit einer Besteuerungs-Rege­ lung mit Art. 95 EWGV schließt keineswegs aus, daß sie beihilferechtlich zu beanstanden ist. In diesem Sinne kommt den Art. 92 ff. EWGV geradezu eine Funktion der Lückenschließung zu, um durch Kombination mehrerer, isoliert nicht zu beanstandender Maßnahmen versuchte Umgehungspraktiken der Mitgliedstaaten zu verhindern10. Da der Vertrag nach Art. 90 II EWGV nicht gilt „für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind“, soweit die Anwendung der Wettbewerbsregeln „die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhin­ dert“, ist es auch mit seiner Hilfe möglich, die finanzielle Abgeltung der durch „Indienstnahme“ erwachsenden Kosten vom Subventionsbegriff zu scheiden. Diese Frage hat besondere Bedeutung für die Abgeltung bestimm­ ter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistun­ gen, die Art. 77 EWGV als mit dem Vertrag vereinbare „Beihilfen“ be­ zeichnet. Weil solche Leistungs-Abgeltungen für gemeinwirtschaftliche Dienste der Deutschen Bundesbahn geraume Zeit in der deutschen Praxis und in der Haushaltswirtschaft einem Vulgärbegriff der Subventionierung zugeordnet worden sind, war vorübergehend ein schiefes Bild über ihre 9 Götz 121. 10 EuGH Rs 47/69 Rspr. XVI, 487 = EuR 1971, 136 mit Anm. Scheuing. 43

Ipscn, Für. Gcmcinschaftsrccht

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Subventionen, Sonderlasten, Dumping

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Finanzlage und den Charakter der Bundesfinanzleistungen für sie entstan­ den. Daß hier jetzt in der deutschen Praxis säuberlich differenziert wird, ist auch der gemeinschaftsrechtlichen Entwicklung zu verdanken, obwohl Art. 77 mit der „Beihilfe“-Bezeichnung für solche Abgeltungen und ihrer nahelie­ genden Identifizierung mit dem Subventionsbegriff dazu nicht gerade bei­ getragen hat (48/28). 6 a) Der Subventionsbegriff des EGKSV ist schon deshalb kategorischer als der des EWGV, weil im Montanrecht alle Beihilfekompetenzen auf Ge­ meinschaftsinstanzen übergegangen sind und ihre nationale Wahrnehmung als im Sinne des Art. 5 II 3 EGKSV vertragswidrig verboten ist (da der rationellsten Verteilung der Produktion auf dem höchsten Leistungsstand und normalen Wettbewerbsbedingungen zuwiderlaufend)11. Gegenüber der mitgliedstaatlich möglichen Vielfalt von Qualifikationen und Erscheinungs­ formen ist die montanrechtlich noch zulässige also gemeinschaftsrechtlich­ einheitlich geprägt. Das Verbot nationaler Subventionierung richtet sich nicht nur gegen positive Leistungen, sondern gegen alle „Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, welche ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleich­ stehen“12. 7 b) Nach Art. 92 ff. EWGV ist begriffswesentlich, daß die Subvention (1) eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte ist, daß sie (2) ein wirtschaftliches Unternehmen oder einen Produktionszweig begünstigt, daß (3) durch diese Begünstigung eine Wettbewerbsverfälschung auf dem Ge­ meinsamen Markt bewirkt wird oder eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten droht. aa) Staatliche oder aus staatlichen Mitteln stattfindende Gewährung setzt nicht voraus, daß die Mittel durch den staatlichen Haushalt bereitgcstellt werden. Denn da Art. 92 den Staat als den letztlich für die Beihilfe Verant­ wortlichen fassen will, genügt es, daß die Finanzierung, wüewohl von der Wirtschaft (und eben nicht vom Staat) aufgebracht, durch staatliche Ab­ gabenregelung geregelt wird. Es kommt also auf die staatliche Mitwirkung am Finanzierungssystem an. bb) Das Finanzierungssystem als solches kann die Beihilfe kennzeichnen, indem es etwa den Umfang der Beihilfe vom Ertrag einer der Wirtschaft auferlegten Abgabe abhängig macht und seinerseits störend einwirkt auf den zwischenstaatlichen Handel, so durch Förderung der heimischen Industrie gegenüber der der anderen Mitgliedstaaten, deren Einfuhren in den sub­ ventionierenden Mitgliedstaat derselben Abgabe unterworfen werden. cc) Obwohl Art. 92 I EWGV auf die Beeinträchtigung des zwischen­ staatlichen Handels abstellt, genügt (im Sinne des Art. 85 I EWGV), daß 11 EuGH Rs 30/59 Rspr. VII, 43. 12 Ebenda 42.

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Subventionen — Begriffe und allgemeine Regeln

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die Beihilfe zur Beeinträchtigung geeignet ist13, wobei es auf die „Spürbar­ keit“ nicht ankommt und (zur Vermeidung von Umgehungen) auch gering­ fügige Beihilfen relevant sein können. dd) Steuerrechtliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten mit Subventionie­ rungseffekt unterfallen als solche den Art. 92—94 nicht, weil sie in Art. 95 ff. — der Systematik des Vertrages entsprechend — gesondert behandelt werden. Indes ist auch eine, an sich nach Art. 95 EWGV zulässige, Regelung zur Abgabenerhebung daraufhin zu prüfen, ob die durch sie geschaffene Finanzierungsweise in Verbindung mit der aus der Abgabe gespeisten Bei­ hilfe den Art. 92, 93 genügt14. 8 c) Die Anwendung des Gemeinsdiafts-Subventionsrechts wird erleichtert, wenn das nationale Recht die Subventionsverwaltung durch verkündete Rechtssätze ausgcstaltet und damit transparent macht. Davon sind die nationalen Rechtsordnun­ gen indes weit entfernt, auch die deutsche. Auch sie ist noch weithin in Form einer nach Vcrwaltungsrichtlinien verfahrenden Fondsverwaltung organisiert. Ihre Ver­ gesetzlichung ist aus verschiedenen Gründen schwerlich zu erwarten, erscheint ver­ fassungsrechtlich auch nidit geboten1516. Art. 93 III EWGV stellt diese Lage in den Mitgliedstaaten in Rechnung und erstreckt ihre Unterrichtungspflicht deshalb auf alle Vorhaben und Maßnahmen der Subventionierung ohne Rücksicht auf ihre Rechtsverformung.

2. I r r e le v a n te B e ih ilfe n

9

Es bedeutet keine rechtsbegriffliche Eingrenzung der Subvention, wenn Art. 92 II die dort genannten Beihilfen (soziale Verbrauchersubventionen, Schadensbeihilfen anläßlich Naturkatastrophen u. dgl., Wirtschaftsbeihilfen für die durch die Teilung Deutschlands betroffenen Gebiete, Zonenrand­ gebiete, Berlin) ohne besondere Zulassung als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar bezeichnet. Sie werden wegen ihrer fehlenden Gemeinschaftsrele­ vanz geduldet. Entsprechendes gilt für diejenigen, die als mit dem Gemein­ samen Markt vereinbar angesehen werden können, und zwar kraft allge­ meiner Zulassung durch Ratsverordnung nach Art. 94 oder kraft Einzel­ zulassung durch Kommission oder Rat nach Art. 93 II. Das sind nach Abs. III solche für unterentwickelte Gebiete (Süditalien), für wichtige Vorhaben gemeinsamen europäischen Interesses (Landgewinnung, Europastraßen) oder zur Behebung beträchtlicher Störungen im Wirtschaftsleben eines Mitglied­ staates sowie zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder -gebiete (Regionalpolitik, Standortpolitik), die einen Entwicklungs­ rückstand aufzuholen bezwecktie(32/7, 8). 13 EuGH Rs 3/58 Rspr. VI, 411. 14 Vgl. die vom EuGH Rs 47/69 Rspr. XVI, 487 = EuR 1971, 136 entwickel­ ten Auslcgungsgrundsätze; dazu Anm. S c b e u i n g (139—145) ; ferner: G ö t z , Recht der Wirtschaftssubventionen (1966) 121. 15 I p s c n VVDStRL 25 (1967) 289. 16 R o t h , in: Zur Stellung der Mitgliedstaaten im Europarecht 139. 43*

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Subventionen, Sonderlasten, Dumping

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3. V e r b o ts g r u n d s a tz d e s E G K S V

10 Die weitestgehende Regel des Subventionsrechts enthält Art. 4 c EGKSV mit seinem Verbotsgrundsatz absoluter und unmittelbarer Wirk­ samkeit (auch auf nur einen nationalen Teilmarkt). Sie gehört nach Art. 2 EGKSV zu den Konstitutionsprinzipien des Kohle- und Stahlmarktes17 und darf selbst im Wege der kleinen Vertragsrevision nach Art. 95 III EGKSV nicht angetastet werden. Ihr kommt materiell-rechtlicher, nicht lediglich kompetenzregelnder (nämlich die mitgliedstaatliche Subventionskompetenz auf die Gemeinschaft verlagernder) Charakter zu. Danach ist jede Subven­ tionierung der Mitgliedstaaten ausgeschlossen. Deshalb — und weil der EGKS selbst eine ausreichende Subventionierungskompetenz abgeht — hat sich diese starre Konzeption des EGKSV in der Krise des Kohleüberschusses als unzulänglich und energiepolitisch verfehlt erwiesen. Die Einführung eines Systems gemeinschaftlicher Beihilfen in der Entscheidung der Hohen Behörde Nr. 3/65 vom 17. Februar 1965 (ABI. 480; jetzt Kommissionsent­ scheidung Nr. 3/71 vom 22. 12. 1970, ABI. 1971 L 3, 7) hat de facto das Verbot unterlaufen (49/9).

4. R e le v a n te E W G -B e ih ilfe n

11 Ein ebenso weitgehendes allgemeines materielles Subventionsverbot ver­ gleichbarer Art enthält Art. 92 I EWGV nicht. Er vermeidet den Verbots­ ausspruch und stellt auf Unvereinbarkeit ab. Außerdem bezieht sich der Vorbehalt anderweitiger Regelung in Abs. I mit der Zulassung von Beihilfen für die Landwirtschaft (Art. 42, 43), der Verkehrsbeihilfen (Art. 74, 75) und der von Kommission und Rat nach Art. 92 III als vereinbar erachteten Beihilfen tatsächlich auf alle Subventionserscheinungen, die für den zwi­ schenstaatlichen Handel im Gemeinsamen Markt bedeutsam sein können. Ob Subventionen letztlich unvereinbar — weil gemeinschaftsschädlich — sind, bestimmt sich mithin nicht ex lege kraft allgemeiner Normierung, sondern nach den subventionspolitischen Entscheidungen der zur Kontrolle zuständi­ gen Gemeinschaftsorgane. Nur die spezifische Dimension mitgliedstaatlicher Subventionierung, die den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigt, er­ scheint dem Gemeinschaftsrecht relevant. Diese Dimension steht in Frage, wenn Subventionen die Handelsbedingungen in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft (vgl. die Formulierung in Art. 92 III c). Sie ist relevant, wenn die Subvention durch ihren Begünstigungs­ effekt für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb im zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigend verfälscht oder zu verfäl­ schen droht (Art. 92 I). Subventionen nur innerstaatlicher oder solche von Wirksamkeit nur gegenüber Drittstaaten sind also gemeinschaftsrechtlich 17 Götz 217.

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Subventionen — Kontrollkompetenzen und -verfahren

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irrelevant. Verhindern will das Gemeinschaftsrecht im Grunde also — ebenso wie gemäß Art. 85 hinsichtlich wettbewerbsbeschränkender Vereinbarun­ gen —, daß Subventionen mißbraucht werden, um die Wirkungen des Zollund Kontingentabbaues mit anderen Mitteln auszugleichen. Nachdem dieser mit dem Ende der Übergangszeit erreicht wurde, ist die gemeinschaftsrecht­ liche Subventionskontrolle in ihrer Bedeutung also gestiegen18. Dasselbe ist der Fall in den Bereichen, in denen — wie in Verkehr und Landwirtschaft — eine gemeinsame Politik Platz greift.

111. K o n tr o l lk o m p e t e n z e n u n d - v e r fa h r e n 1. K o n tr o l le

12 Die den Gemeinschaftsorganen — Kommission und Rat — in Art. 93 EWGV zugewiesenen Kontrollkompetenzen zielen auf Überprüfung, Prä­ vention und Repression. Im EGKS-Recht mit seinem allgemeinen Subven­ tionsverbot überwiegt die Präventionskompetenz und die Überwachung von Vertragsverletzungen durch verbotene Subventionierung. Sie ist insbeson­ dere zur Anwendung gekommen hinsichtlich der als Subventionen wirksa­ men Unterstützungstarife, die nach Art. 70 IV EGK5V per se gemäß Art. 4 c verboten, aber ausnahmsweise und auf Zeit genehmigungsfähig sind, wenn sie mit den Grundsätzen des Vertrages in Einklang stehen. Diese Kom­ petenz hat eine eigene Tarifpolitik der Kommission (vorher der Hohen Be­ hörde) ermöglicht. Ihre Handhabung ist in den zahlreichen Prozessen um deutsche und französische Unterstützungstarife behandelt worden. Ihre Ent­ scheidungen durch den Gerichtshof haben zur Klärung des Diskriminierungs­ und Subventionsverbotes ebenso beigetragen wie zur Deutung der Gemein­ schaftskompetenzen in der Verkehrspolitik (Art. 70 EGKSV, Art. 79, 80 EWGV) (48/39, 40). a) Die Überprüfung kraft Dauerkompetenz nach Art. 93 I bezieht sich auf alle in den Mitgliedstaaten bestehenden Beihilferegelungen. Sie geht aus von einer bestehenden und verbleibenden Subventionierungszuständigkeit der Mitgliedstaaten. Sie vollzieht sich in Zusammenarbeit zwischen der Kommission und allen Mitgliedstaaten (also nicht nur dem subventionieren­ den allein). Sie zielt primär auf eine Verhandlungsverständigung aller Be­ teiligten im Interesse fortschreitender Entwicklung und des Funktionierens des Gemeinsamen Marktes. Hierzu obliegt der Kommission, zweckdienliche Maßnahmen (auch als Empfehlungen i. S. von Art. 189 V EWGV) vorzu­ schlagen, die erforderlichenfalls Inhalt ihrer Entscheidung i. S. von Art. 93 II werden können. Ihre Entscheidungskompetenz wirkt in diesem Sinne vor ihrer Ausübung gegenüber den Mitgliedstaaten stimulierend; ihr Einsatz bleibt subsidiär. 18 Götz 103.

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b) Dieser Kompetenz zur fortlaufenden Überprüfung entspricht nach Art. 93 III eine Präventionskontrolle der Kommission, um zu verhindern, daß ein Mitgliedstaat eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Sub­ vention einführt oder eine bestehende so umgestaltet, daß sie unvereinbar wird. Um ihre Wahrnehmung zu ermöglichen, hat der Mitgliedstaat die Kommission so rechtzeitig vorher zu unterrichten, daß sie sich zu diesem Vorhaben äußern kann. Nimmt die Kommission Unvereinbarkeit an, setzt sie ihr Verfahren in gleicher Weise fort wie nach dem Scheitern einer Ver­ handlungs-Verständigung im Rahmen fortlaufender Überprüfung, d. h. im streitigen Verfahren gemäß Art. 93 II, ohne daß der Mitgliedstaat seinerseits seine beabsichtigte Maßnahme durchführen dürfte. Das Recht vorläufigen Vollzuges steht ihm also nidit zu. c) Nach Art. 93 II verfügt die Kommission — gegenüber bestehenden und beabsichtigten Subventionsregelungen (vgl. Art. 93 II 2) — über eine (variable) Repressionskompetenz, nämlich die Befugnis, ihre Aufhebung, Umgestaltung oder die Untersagung ihrer Einführung anzuordnen, wenn diese Regelungen nach Art. 92 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind oder mißbräuchlich angewandt werden. d) Die Sonderkompetenz des Rates nach Art. 93 II UA 3 kann die Repres­ sionskompetenz der Kommission in ihrer Wirksamkeit schwächen oder durchbrechen. Mit ihrer Hilfe kann der Rat die strengere Kontrollpolitik der Kommission „durchkreuzen"19. Er kann nämlich auf Antrag eines Mit­ gliedstaates einstimmig Subventionen zulassen, wenn außergewöhnliche Um­ stände diese rechtfertigen. Wiewohl im Sinne einer Schutzklausel wirksam, besteht diese Ratskompetenz auch nach dem Ende der Übergangszeit. Ihrer mißbräuchlichen Handhabung sollte das Erfordernis der Einstimmigkeit ent­ gegenwirken. e) Alle den Gemeinschaftsorganen zustehenden Kompetenzen im Subven­ tionswesen sind zwar vertragsrechtlich gebunden und keinesfalls solche nur Subventionären Ermessens, wie dies für die staatliche Subventionszuteilung in der Bestimmung von Prioritäten und der Bemessung von Kontingentie­ rungen, für Rangierung und Dosierung in Betracht kommt20. Indes verwen­ det das Gemeinschafts-Subventionsrecht mit Begriffen und Maßstäben wie Wettbewerbsverfälschung oder ihrer Drohung, Beeinträchtigung des zwi­ schenstaatlichen Handels, Erforderlichkeit zum Ausgleich von Nachteilen, Rechtfertigung durch außergewöhnliche Umstände, ebenso mit dem der zweckdienlichen Maßnahmen solche Maßstäbe, die den Kompetenzinhabern in concreto mindestens Beurteilungsspielräume, z. T. auch Ermessen einräu­ men. Insofern sind dann auch der gerichtlichen Prüfung von Subventions­ entscheidungen Grenzen gesetzt21. 19 G ö t z 114. 20 I p s e n VVDStRL 25 (1967) 283. 21 Auch hierauf dürfte es zurückzuführen sein, daß- der EuGH sich auf die

Subventionen — Kontrollkompetenzen und -verfahren

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2.

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K on tro llverfa h ren

13 Das K o n tro llve rfa h re n ist im Anfangsstadium auf die Zusammenarbeit zwischen Kommission und Mitgliedstaaten abgestellt und strebt tunlichst multilaterale Verständigung an. Es geht in ein streitiges Verfahren über, wenn diese ausbleibt und auch eine Fristsetzung der Kommission gegenüber den Beteiligten erfolglos bleibt. a) Die (zu begründende) Kommissionsentscheidung gegenüber dem in Be­ tracht kommenden Mitgliedstaat, seine Subventionsregelung aufzuheben, umzugestalten oder ihre beabsichtigte Einführung zu unterlassen, ergeht kraft supranationaler Gemeinschaftskompetenz gegenüber der in ihrer Zu­ ständigkeit zur Subventionierung nicht zweifelhaften nationalen Hoheit22. Diese Regelung dient der Durchsetzung des Gemeinschaftsinteresses und der Verhinderung eines Subventions-„Handels“ unter den Mitgliedstaaten. Ob sie einen solchen im Rat nachholen können, hängt von der Handhabung der Ratskompetenz nach Art. 93 II UA 3 ab (38/12). b) Es entspricht der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens, daß der Mit­ gliedstaat Gelegenheit zur fristbemessenen Äußerung erhält, bevor die Kom­ mission im Sinne ihrer Feststellung über die Vertragswidrigkeit der Subven­ tionsregelung entscheidet. Intensität und Umfang der Entscheidungsbegrün­ dung können sich nach dem Informationsstand richten, der sich für den Mit­ gliedstaat aus dem Vorverfahren ergeben hat (24/25). c) Kommt der von der Entscheidung unmittelbar betroffene Mitgliedstaat ihr innerhalb der festgesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission und jeder andere betroffene Staat in Abweichung von Art. 169, 170 EWGV den Gerichtshof unmittelbar anrufen, d. h. ohne Erfordernis vorheriger Stellung­ nahme und ohne vorherige Befassung der Kommission. Sie erübrigen sich nach dem Verfahrensablauf. Der von der Entscheidung unmittelbar betrof­ fene Mitgliedstaat kann diese mit der Nichtigkeitsklage anfechten. Die Unternehmen selbst, die die Subventionierung angeht, haben keine Klag­ befugnis23. Denn die Kommissionsentscheidung hat lediglich die staatliche Subventionsregelung zum Gegenstand. Sie regelt nur die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, betrifft indes nicht die Unternehmen individuell24. Untcrsudiung der abstrakten Eigenschaften der Bcihilfcregelung beschränkt und Feststellungen über die durch sie ausgelösten effektiven Beeinträchtigungen unter­ läßt. Auch er operiert also mit gewissen Vermutungen über die Subvcntionsqualität der Regelung, wie dies vom Subventionsausschuß des GATT als sachgemäß bezeich­ net worden ist; vgl. Scheming EuR 1971, 143 mit Anm. 16. 22 Jaenicke, Der übernationale Charakter der Europäischen Wirtschaftsgemein­ schaft, ZaöRVR 19 (1958) 188, 196; Götz 114. 23 Zur Frage der Klagbefugnis des Konkurrenten eines Subventionsbegünstigten vgl. Nicolaysen EuR 1 9 7 0 , 1 6 7 , dort Anm. 1 1 — 13 auch zur Rechtslage nach den mitglicdstaatlichen Rechtsordnungen; zum deutschen Recht vgl. Scholz, Wirtschafts­ aufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz ( 1 9 7 1 ). 24

Götz

116 .

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I V . G e m e in s c h a fts -S u b v e n tio n ie r u n g

14 öffentliche Subventionierung ist der Sache und dem Zweck nach Wahr­ nehmung von Wirtschaftspolitik. Sie setzt die Disposition über öffentlidie Subventionsmittel voraus. Gemeinschafts-Subventionierung steht daher nur in Frage, wenn und soweit die Gemeinschaften wirtschaftspolitische Zustän­ digkeiten besitzen oder erlangen und ihnen Eigenmittel zur Verfügung ste­ hen. Damit sind, soweit die Integration (wie im Agrarsektor mit dem Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, VO 17/64 v. 5. 2. 1964, ABI. 58623, oder mit der Investitionsbank) nicht bereits zu Erschei­ nungen gemeinschaftseigener Subventionierung fortgeschritten ist, für das Problem der Beschaffung von Subventionsmitteln und der Kontrolle ihrer Bewirtschaftung prinzipielle Verfassungs- und Strukturfragen der Gemein­ schaften gestellt. So erklärt sich, daß solche Probleme im Agrarsektor aus Verfassungsgründen zur Krise führten und ihre grundsätzliche Lösung in der Haager Konferenz vom Dezember 1969 zutreffend als Verfassungsfort­ schritt qualifiziert worden ist. An dieser Subventionsthematik kann sich ins­ besondere auch die Integrationsfrage der Währungshoheit entzünden2526, mehr noch die der Stellung des Parlaments und seiner Zuständigkeit zur Budgetkontrolle, folglich auch die seiner unmittelbaren Wahl. Gegenwärtig bietet das Vertragsrecht folgende Ansätze und Variationen gemeinschaftseigener Subventionierungen:

1. L a n d w ir ts c h a ft

15 Der Ausrichtungs- und Garantiefonds (Art. 40 IV EWGV, VO 25 v. 4. 4. 1962, ABI. 991, VO 17/64 v. 5. 2. 1964, ABI. 586) ist Teil des EWGHaushalts und dient der gemeinsamen Finanzierung des Landwirtschafts­ förderungsprogramms. In der Endphase des Gemeinsamen Marktes wird der Fonds aus den Abschöpfungseinnahmen gebildet, die auf sämtliche Dritt­ landeinfuhren von Marktordnungsgütern erhoben werden. Leistungen aus der Abteilung Ausrichtung des Fonds dienen der Finanzierung klassischer Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung und Agrarmarktförderung. Lei­ stungen aus der Abteilung Garantie finanzieren die Erstattungen bei Aus­ fuhren in Drittländer und marktregelnde Interventionen (Preisausgleich gegenüber höheren Weltmarktpreisen, Deckung von Interventionskosten für 25 Dazu O r t m a n n , Die Errichtung des Europäischen Ausrichtungs- und Garan­ tiefonds für die Landwirtschaft; S e e l m ä c k e r , Die Agrarfinanzierung der Euro­ päischen Wirtschaftsgemeinschaft. 26 Bezeichnend die Wendung des Bundesernährungsministers H ö c h e r l im Rat am 1. 7. 1966, Beihilfen „beinflußten das Haushaltsrecht und berührten klassische (!) Staatsaufgaben, die . .. weiterhin im Einflußbereich der Nationalstaaten bleiben müßten“ ; vgl. FAZ Nr. 150 v. 2. 7. 1966 S. 3; I p s e n VVDStRL 25 (1967) 273 Anm. 32. /

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Gemeinschafts-Subventionierung

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Stützungskäufe). Die ziffernmäßige Begrenzung der aus dem Garantiefonds zu leistenden Zahlungen war wesentlicher Streitpunkt zwischen empfangen­ den und leistenden Mitgliedstaaten (47/28 ff.).

2. S o z i a l f o n d s

16 Zweck des Europäischen Sozialfonds (Art. 123 ff. EWGV) ist die Ver­ besserung der Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitskräfte im Gemeinsa­ men Markt. Die Fondsmittel-Zuteilungen sollen innerhalb der Gemeinschaft die berufliche Verwendbarkeit, die örtliche und berufliche Freizügigkeit der Arbeitskräfte fördern. Die Besonderheit dieses Subventionierungssystems liegt darin, daß der Sozialfonds nicht unmittelbar an die individuell Begün­ stigten leistet, sondern sich mit einem Anteil an den mitgliedstaatlichen Kosten zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Arbeitsmarktes betei­ ligt. Deshalb bedarf es jeweils mitgliedstaatlichen Antrages auf Kostenmitübernahme (Art. 125 I EWGV). Näheres über die Subventionsvoraus­ setzungen und -bedingungen regeln Art. 125 II ff. und die gemäß Art. 127 erlassenen Durchführungsvorschriften. Der Sache nach handelt es sich also um Subventionierung nicht Privater, sondern zwischen Finanzmassen (51/10).

3. I n v e s titio n s b a n k

17 Zweck der Europäischen Investitionsbank (Art. 129 ff. EWGV, Satzung gemäß Art. 129 III als solche nach Art. 239 Vertragsbestandteil) ist ihr Beitrag zur ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Gemeinsamen Marktes im Interesse der Gemeinschaft27. Hierzu gewährt die Bank unter Einschaltung des Kapitalmarktes und Verwendung ihrer Eigenmittel ohne Verfolgung eines Erwerbszweckes Darlehen und Bürgschaften zur Finanzie­ rung wirtschaftlicher Vorhaben. Näheres regelt u. a. Art. 18 ihrer Satzung: Darlehen an private oder öffentliche Unternehmen für Investitionsvorhaben in den europäischen Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten, soweit Mittel anderer Quellen zu angemessenen Bindungen nicht verfügbar sind. Nach Art. 18 IV der Satzung kann die Bank auch Bürgschaften für Anleihen übernehmen. Art. 19, 20 a.a.O. regeln die Darlehenszinsfragen, die Bürg­ schaftsprovisionen, die Kreditkontrolle und -Überwachung.

27 Killmer, Die Europäische Investitionsbank; Menais, La Banque Européenne d’investissement; Käser, Aufgaben und Ziele der Europäischen Investitionsbank; ders. EuR 1967, 289; Licari JournCommMarkStud 1970, 192.

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Subventionen, Sonderlasten, Dumping

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4. E A G V

18 Im Bereich des EAGV werden Subventionierungen durch die Gemein­ schaft zugunsten einzelner und von Unternehmen sowie für gemeinsame Unternehmen ermöglicht. a) Nach Art. 6 a—c EAGV können Leistungen an Personen und Unter­ nehmen zur Förderung der der Gemeinschaft übermittelten Forschungspro­ gramme gewährt werden. Partner solcher Forschungsverträge können nur Mitgliedstaaten, Personen oder Unternehmen gemäß Art. 196, 198 EAGV (Art. 6 i. Verb, mit Art. 5) sein. Da Art 6 a im Gegensatz zu finanziellen Hilfen Subventionen ausdrücklich ausschließt, nach lit. b und c andererseits Naturalsubventionen zuläßt, dürfte das Vertragsrecht hier — in Abwei­ chung von sonstiger Begriffsverwendung — unter Subventionen nur ver­ lorene Zuschüsse verstehen, die gemeinhin ebenfalls als solche verstanden werden. b) Daß der EAG insbesondere die Förderung ihrer gemeinsamen Unter­ nehmen i. S. des Art. 45 obliegt, erklärt sich aus ihrer Gemeinschaftsfunk­ tion. Das ermöglicht Art. 48 I EAGV i. Verb, mit Anhang III zum EAGV. Die in ihm genannten Vergünstigungen können (im Interesse flexibler Rege­ lung und zur Verhinderung wettbewerbsverfälschender Vorzugsstellung ge­ genüber ähnlichen Unternehmen in der Gemeinschaft) auch nur teilweise ge­ währt werden. Die Subventionsentscheidung obliegt einstimmiger Beschluß­ fassung des Rates. Nach ihr ist jeder Mitgliedstaat alsdann in seinem Bereich zu ihrer Gewährung verpflichtet. Die Vergünstigungen bestehen in: Erleich­ terungen für Grunderwerb und Enteignungsverfahren, Abgabenbefreiungen, Zoll- und Devisenerleichterungen, Sicherung der Freizügigkeit für die Be­ diensteten. Die Förderung besteht also überwiegend nicht in üblichen Sub­ ventionsleistungen, sondern in Privilegierungen in der Rechtsbehandlung und in solchen Hilfen, die das nationale Recht mittelbare Subventionierun­ gen nennen würde. Da die Erbringung dieser Förderung Sache der Mitglied­ staaten ist, handelt es sich de iure nicht um gemeinschaftseigene Subventio­ nierung i. e. S., sondern um eine gemeinschaftseigene, die Mitglicdstaaten bindende Subventionierungskompetenz. So erklärt sich auch das Erfordernis der Einstimmigkeit der Ratsentscheidung. 5. E G K S V 19 Der Struktur des von Beginn an vollzogenen gemeinsamen Kohle- und Stahlmarktes, dem intensiveren Interventionscharakter seiner Verfassung und der Besonderheit der Finanzierung durch die Montanumlage entspre­ chend, hat der EGKSV eine breite Skala gemeinschaftseigener Subventions­ verfahren bereitgestellt und praktiziert. a) Nach Art. 5 II EGKSV stellt die Gemeinschaft den Unternehmen Finanzierungsmittel für ihre Investitionen zur Verfügung und beteiligt sie

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Gemeinschafts-Subventionierung

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sich an den Lasten der Anpassung. Unter Rückgriff auf Art. 95 EGKSV sind den Unternehmen der Kohleindustrie zwecks Zielverfolgung gemäß Art. 5 seit 1959 Kredite und Zuschüsse zur Vermeidung und Überbrückung von Absatzschwierigkeiten gewährt worden (Haldenfinanzierung, in ihrer Funktion zur Vermeidung von Nachteilen für die Arbeitnehmer, im Effekt den Wiederanpassungsmaßnahmen i. S. von Art. 56 EGKSV vergleichbar)28. b) Das Schwergewicht der montanrechtlichen Subventionsverwaltung hat von Beginn an in ihrer Finanzhilfe für Investitionsprogramme gelegen. Art. 54 EGKSV unterscheidet zwischen Krediten und Anleihegewährleistun­ gen für Montan-Unternehmen i. S. des Art. 80, also solchen, die der Gemein­ schaft unterfallen, und anderen (auch Nicht-Montanunternehmen) für die Finanzierung von Arbeiten und Einrichtungen, die unmittelbar und in erster Linie dazu beitragen, die Produktion zu steigern, die Gestehungskosten zu senken oder den Absatz von Montanerzeugnissen zu erleichtern. Für die Kreditierung dieser Art sind besondere sachliche Voraussetzungen und jeweils einstimmige Ratsentscheidungen erforderlich. Das Bewilligungsverfahren folgt weithin der sog. Zweistufentheorie29. Für die Subventionierung der erstgenannten Art verfügt die Kommission gemäß Art. 54 III—VI i. Verb, mit Art. 47 über eine besondere Kompetenz zur Investitionskontrolle hoher Interventions- und Lenkungsintensität, die insbes. auch repressiv wirken kann. Eine nach Abs. V als Entscheidung i. S. von Art. 14 ergehende nega­ tive Stellungnahme der Kommission hinsichtlich eines Investitionsprogramms eines Unternehmens gilt als (mit Geldbuße sanktionierbares) Verbot, zu sei­ ner Durchführung andere als Eigenmittel zu verwenden, also als Verbot der Inanspruchnahme auch des Kapitalmarktes. Wegen seiner Tragweite genießt das Unternehmen hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz gemäß Art. 33 II. c) Nach Art. 55 § 2 b und c EGKSV kann die Kommission nach Anhö­ rung des Beratenden Ausschusses und mit Zustimmung des Rates Mittel aus den Umlagen oder unentgeltlichen Zuwendungen zur Förderung der techni­ schen und wirtschaftlichen Forschung bewilligen, also als Kredite oder ver­ lorene Zuschüsse. Sie ist hierbei nicht an Montanunternehmen als Empfänger gebunden, wohl aber bei Zuwendungen aus Anlagemitteln in ihrer Höhe (Art. 55 § 2 c i. Verb, mit Art. 50 § 2). d) Nach Art. 56 EGKSV kann die Kommission in Industriezweigen und zugunsten von Unternehmen subventionieren (durch Kreditierung, Verbür­ gung, verlorenen Zuschuß) im Interesse der Arbeitnehmer, deren Wieder­ beschäftigung als Folge von Rationalisierungsmaßnahmen Anpassungs­ schwierigkeiten hervorgerufen hat. Unter den dort detailliert bezeichneten unterschiedlichen Voraussetzungen kommt Subventionierung in Betracht, 28 Dazu: Wittig, Die Sicherung der Anleihegläubiger der Montanunion (1964) 58. 29 Wittig 43; Ipsen VVDStRL 25 (1967) 274 Anm. 32; Börner, Die Entschei­ dungen der Hohen Behörde (1965) 18.

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Subventionen, Sonderlasten, Dumping

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wenn die beteiligten Regierungen der Mitgliedstaaten dahingehende An­ träge stellen und sich u. U. an der Anpassungshilfe paritätisch beteiligen.

6.

S u b v e n tio n s -L a s tv e r te ilu n g

20 a) Es entspricht allgemeiner Erfahrung der Subventionsverwaltung, daß sie Subventionierung Privater aus dem Haushalt des Trägers der be­ willigenden Finanzmasse mit anteiliger Subventionierung aus Mitteln eines anderen öffentlichen Haushalts zu kombinieren versteht, wenn solche Ein­ wirkungsmöglichkeiten zwischen den Finanzmassen und ihren Trägern be­ stehen. Das ist herkömmlich der Fall zwischen Bundesstaat, Gliedstaaten und Gemeinden. Solche Kombinationen der Subventions-Lastverteilung hat folgerichtig auch das Gemeinschaftsrecht vorgesehen und entwickelt. b) Hiervon zu unterscheiden ist die Kompetenz der Gemeinschaft, die Mitgliedstaaten ihrerseits zu Subventionierungen zu veranlassen, ohne selbst Subventionierung vorzunehmen. Hierbei nimmt die Gemeinschaft eine Funktion der Subventionspolitik wahr, deren Durchführung und Finanzie­ rung den Mitgliedstaaten obliegt. Eine Rechtsgrundlage hierzu kann die EWG aus Art. 235 EWGV herleiten, die EGKS aus Art. 95 I, II EGKSV. Im Montanrecht liegt darin eine Überspielung des absoluten Subventions­ verbotes des Art. 4 c EGKSV30 (38/10).

B . S o n d e r la s te n

21 Sonderlasten31 sind Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die sich fühlbar auf die Wettbewerbsbedingungen und als solche gemeinschaftswidrig aus­ wirken. Das Gemeinschaftsrecht hat sich ihrer nur im Montanbereich ange­ nommen: Art. 4 c i. Verb, mit der Spezifizierung in Art. 67, und zwar im Sinne eines allgemeinen Sonderlastenverbotes strengen Charakters. Sie sind — wiederum als Erscheinungen einer Diskriminierung — von solchen Be­ lastungen zu unterscheiden, die ein Mitgliedstaat auf Grund allgemeiner wirtschaftspolitischer Erwägungen allgemein und gleich auferlegt und deren Auferlegung den Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich nicht verwehrt ist. Eine Sonderlast liegt dann vor, wenn sie die Produktionskosten von Erzeu­ gern vergleichbarer Lage so beeinflußt, daß Verzerrungen bei der Verteilung der Produktion entstehen, die ihrèrseits nicht von einer Veränderung der 30 Vgl. Entscheidung 3/65 der Hohen Behörde v. 17. 2. 1965 (ABI. 480), mit Wirkung ab 1. 1. 1971 Kommissionsentscheidung 3/71 v. 22. 12. 1970 (ABI. 1971 L 3, 7); Götz 233. 31 Steindorff WuW 1967, 633; Boulouis, A nnFrD rlnt 1956, 441; Daig JZ 1958, 204, 238; Deringer, Zur Auslegung des Montanvertrages, WuW 1956, 725. — Aus der Rechtsprechung des EuGH: Rs 7 u. 9/54 Rspr. II, 60; Rs 12/57 Rspr. IV, 503; Rs 14/59 Rspr. V, 471 ; Rs 30/59 Rspr. VII, 7. ,

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Sonderlasten, Dumping

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Produktivität herrühren. Sie entstehen z. B. also nicht, wenn Lasten auf Grund gemeinsamer finanzieller Einrichtungen ungleich verteilt werden, so­ fern dies auf objektiv festgesetzten Tatbestandsmerkmalen beruht. Die Son­ derlast kann also auch aus ihrem Kontrastcharakter zur Subvention ge­ deutet werden. Die der Kommission gegenüber schädlichen Auswirkungen mitgliedstaat­ licher Sonderlast-Auferlegung zustehenden Kompetenzen umschreibt Art. 67 § 2. Sie kann danach innerhalb des Mitgliedstaates Beihilfen zulassen, bei Auswirkungen in anderen Mitgliedstaaten diesen ausgleichende Maßnahmen empfehlen.

C . D u m p in g

22 Dumping32 ist — nach der GATT-Definition seines Art. VI 1 — die einen Wirtschaftszweig des Importlandes schädigende Einfuhr von Erzeug­ nissen eines Landes in den Markt eines anderen zu einem geringeren Preis als ihrem normalen Wert, also die Verwendung eines unter dem vergleich­ baren Inlandpreis liegenden Exportpreises. Dumping kann die Funktion des zwischenstaatlichen Handels, die internationale Arbeitsteilung zu fördern, zum Schaden des Importlandes stören. Deshalb hat Art. 91 EWGV seine Praktizierung — ob durch staatliche Subventionierung oder private Preis­ unterbietung — insbesondere für die Übergangszeit unter Gemeinschafts­ kontrolle und schützende Gegenmaßnahmen (Einfuhrbeschränkung, Zölle, Mindestpreisregelungen) stellen müssen. Nach der Beseitigung von Schutz­ zoll- und Kontingentierungsmaßnahmen sind Dumpingpraktiken, die zu ihnen ein geeignetes Korrelat bilden können, ohne wirtschaftliche Funktion und deshalb für den Vertrag nicht mehr relevant. Sog. „soziales Dumping“, d. h. Preisunterbietung auf Grund niedrigerer Arbeitskosten, ist nicht Dumping i. S. des Art. 91, ebensowenig solches im Handelsverkehr mit Drittstaaten; insoweit ist Art. 113 anwendbar33.

32 Winfried Grabitz, Das Dumping innerhalb der Europäischen Wirtschafts­ gemeinschaft (1966); Börner Fs Hallstein 36; Mastropasqua, Le Marche Commun et la defense contre le dumping; Everling Betrieb 1960, 999; Laubereau ZfZ 1960, 7; Eble AWD 1968, 288; Colliard DrCommEur Nr. 2171; Wockenfothy Anti­ dumping-Gesetzgebung in der EWG, AWD 1959, 77; 1960, 99; zur deutschen Wirtschafts- und Rechtslage: Pankow, Die gegenwärtige Bedeutung von Dumping­ einfuhren und außenwirtschaftlichen Marktstörungen für die Wirtschaft der BRD (1970). 33 Wohlfahrt u. a. Komm. 1 zu Art. 91.

39 RECHTSANGLEICHUNG Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa. Intern. Kongr. Köln März 1969, KSE 11 (1971); Aubin, Zum Aufbau des Tatbestandes in Art. 101 des Ver­ trages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Fs Riese 245; Beuve-Mery, Les applications des articles 100, 101 et 102 du Traité de la C. E. E. de 1958 à 1970, RevTrimDrEur 1970, 303; Ermacora, Probleme der europäischen Rechtsvereinheitlichung, ZeitschrRVergl 1967, 129; Glaesner, Probleme der euro­ päischen Rechtsangleichung, in: Die Entwicklung eines europäischen Gemeinschafts­ rechts (1963) 53; von der Groeben, Die Politik der Europäischen Kommission auf dem Gebiet der Rechtsangleichung, NJW 1970, 359; Hallstem, Angleichung des Privat- und Prozeßrechts in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, RabelsZ 28 (1964) 211; L’harmonisation dans les Communautés (1968); Houin, Rechtsangleichung in der EWG am Ende der Übergangszeit, in: Angleichung, KSE 11 (1971) 778; Ipsen, Richtlinien-Ergcbnisse, Fs Ophüls 67; Kreplin, Die Richtlinie als Instru­ ment zur Rechtsangleichung nach Art. 100 EWGV, NJW 1965, 467; Leconrt-Chevallier. Chances et malchances de l’harmonisation des législations européennes, Recueil Dalloz 1963 Chronique 273; Lecourt-Chevallier, Comment progresse le rapprochement des législations européennes?, Recueil Dalloz 1965 Chronique 147; Gert Meier, Der Gemeinsame Markt nach Beendigung der Übergangszeit, NJW 1970, 969; Möhring, Rechtsvereinheitlichung und Rechtsgarantien im EWG-Bereich, NJW 1965, 2225; Neri, Les actes des organes de la C. E. E. en tant que moyen du rapprochement, in: Angleichung, KSE 11 (1971) 199; Rodicre, L’harmonisation des législations européennes dans le cadre de la CEE, RevTrimDrEur 1965, 336; Schwartz, Zur Konzeption der Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschafts­ gemeinschaft, Fs Hallstein 474; Seidel, Aktuelle Probleme der Rechtsangleichung gemäß Art. 100 EWGV, EuR 1967, 202; Seidel, Die Rechtsangleichung zur Her­ stellung des gemeinsamen Marktes und der Wirtschaftsunion, in: Einführung 207; Seidl-Hohenveldern, Rechtsakte der Organe der EWG als Mittel der Angleichung, in: Angleichung, KSE 11 (1971) 170; Semini, La CEE. Harmonisation des législa­ tions (1971); Strauß, Fragen der Rechtsangleichung im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften (1959); Verloren van Ehemaat, Die Rcchtsangleichung als Integra­ tionsinstrument, Fs Ophüls 243; Zweigert, Les principes généraux du droit des Etats membres, DrCommEur Nr. 1198; Zweigert, Grundsatzfragen der europäischen Rechtsangleichung, ihrer Schöpfung und Sicherung, Fs Dölle II 401.

Die Tätigkeit der Gemeinschaft i. S. des Art. 2 EWGV umfaßt nach Art. 3 h auch „die Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, so­ weit dies für das ordnungsmäßige Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist“. Rechtsangleichung, als solche und derart nach Konzeption, Zuständigkeitsausweisung und Mittelausstattung nur im EW GV organisiert, ist danach ein Instrument zur Herstellung und Funktionssicherung des Ge­ meinsamen Marktes. Sie wird „von den Institutionen der Gemeinschaft nicht als l’art pour l’art betrieben“, und sie ist zum ersten Mal „nicht dem Zufall, dem freien Spiel der ungebundenen völkerrechtlichen Verständigung anheim­ gegeben“1. 1 Hallstein, RabelsZ 28 (1964) 214.

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Zielsetzung und Rechtsgrundlagen

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I. Z ie ls e tz u n g u n d R e c h tsg ru n d la g e n

Der Vertrag setzt die Rechtsangleichung als Instrument zur Funktions­ sicherung des Gemeinsamen Marktes ein. Deshalb werden ihre Ziele durch seine Merkmale und die schrittweise Annäherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten bestimmt, wie Art. 2 EWGV sie als Aufgabe der Gemein­ schaft umschreibt.

1. D y n a m is c h e F u n k tio n

1 Der Gemeinsame Markt ist gekennzeichnet durch die Zollunion mit ge­ meinsamem Außenzolltarif, die vier Freiheiten des Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehrs und das System unverfälsditen Wettbe­ werbs. Er wird außerdem geprägt durch eine gemeinsame Landwirtschafts-, Verkehrs- und Außenhandelspolitik sowie eine koordinierte Wirtschafts­ politik der Mitgliedstaaten. Die Zielsetzung der vertraglichen Rechtsanglei­ chung als Sicherung des ordnungsmäßigen Funktionierens des so begriffenen Gemeinsamen Marktes stellt der Rechtsangleichung eine insgesamt dyna­ misch konzipierte, nicht a priori fixierte Aufgabe. Denn der Gemeinsame Markt duldet in der Herstellung gemeinsamer Politiken und der Koordinie­ rung der mitgliedstaatlichen Wirtschaftspolitik nicht Beharrung. Er fordert Entwicklung. 2. R e c h ts g r u n d la g e n

Dieser Charakterisierung entsprechen diejenigen Vertrags Vorschriften, die Angleidiungsaufgaben in ihren Zielsetzungen umschreiben oder solche aus den Zusammenhängen der Gemeinschaftsaufgaben erkennen lassen. 2 a) Die allgemeinen und Grundsatzregeln über die Rechtsangleichung in Art. 100— 102 bilden als Kapitel 3 — nach den Wettbewerbsregeln des Kapitels 1 (Art. 85—94) und den Steuerlichen Vorschriften des Kapitels 2 (Art. 95—99) — einen Komplex innerhalb der Gemeinsamen Regeln, die für die „Politik der GemeinschaftC £ gelten. Daß die Rechtsangleichung, die in der Reditsharmonisierung der indirekten Steuern auf Grund der Sonder­ kompetenz des Art. 99 innerhalb dieses Normenkomplexes entsprechend wirken soll, derart als M ittel der Gemeinschaftspolitik erscheint, verknüpft ihre Zielsetzung mit der Errichtung des Marktes, seinem Funktionieren und der Politik der Gemeinschaft schlechthin. Schon hieraus folgt, daß Rechtsan­ gleichung nicht nur im Abbau, sondern auch gestaltend zur Wirkung kommen kann oder erforderlichenfalls so wirken muß. Art. 100 bis 102 dienen — unterschiedlich nach ihren Anwendungsvoraussetzungen, ihrer Stoßrichtung, ihren Organzuständigkeiten und Mittelzuweisungen — der Unterbindung von Funktionsstörungen, der Beseitigung spezifischer Wettbewerbsverzer-

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Rechtsangleichung

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rungen und ihrer Verhinderung. Der Vollzug der Rechtsangleichung über­ höht diese ihre Wirkung kraft ihres „Funktionswandels“, der sich aus einer Zuständigkeitsverlagerung auf die Gemeinschaft ergibt2 (39116). aa) Nach Art. 100 erläßt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kom­ mission Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwal­ tungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errich­ tung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. Die Ver­ sammlung und der Wirtschafts- und Sozialausschuß werden zu solchen Richt­ linien gehört, deren Durchführung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren eine Änderung von gesetzlichen Vorschriften zur Folge haben würde. bb) Nach Art. 101 tritt die Kommission mit den betreffenden Mitglied­ staaten in Beratungen ein, wenn sie feststellt, daß vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Staaten die Wettbewerbs­ bedingungen auf dem Gemeinsamen Markt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist. Dabei kommt es auf den objektiven Tatbestand einer Verzerrung an. Ob der Mitgliedstaat verfäl­ schen oder die Verzerrung hervorrufen wollte, ist unerheblich. Gelingt die Beseitigung in dieser Weise nicht, so erläßt der Rat mit qualifizierter Mehr­ heit auf Kommissionsvorschlag die erforderlichen Richtlinien. Kommission und Rat können auch alle sonstigen, vertraglich vorgesehenen zweckdien­ lichen Maßnahmen treffen. cc) Ein Mitgliedstaat, der Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zu erlas­ sen beabsichtigt, von denen die Verursachung einer Verzerrung i. S. des Art. 101 zu befürchten ist, hat sich nach Art. 102 I mit der Kommission ins Benehmen zu setzen. Sie empfiehlt nach Beratung mit den Mitgliedstaaten den beteiligten von ihnen die zur Vermeidung der Verzerrung geeigneten Maßnahmen. Art. 102 II zieht die Folgerungen aus der Nichtbefolgung solcher Kommissionsempfehlungen. 3 b) Besondere Rechtsangleichungsregeln sind denjenigen Vertragsvor­ schriften eingeordnet, die zur Errichtung der Zollunion, zur Gestaltung der gemeinsamen Handelspolitik und zur Herstellung der vier Freiheiten er­ gangen sind. aa) Nach Art. 27 hatten die Mitgliedstaaten schon vor E nde der ersten Stufe die erforderliche Angleichung ihrer Rechts- und V erw altungsvorschrif­ ten auf dem Gebiet des Zollwesens zur Vorbereitung der Zollunion vorzu­ nehmen (29/9 ff.). bb) Die Angleichung des Außenhandelsrechts im Interesse der Gestaltung der gemeinsamen Handelspolitik ist vorgesehen in den Art. 111 — 113. cc) Der Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitskräfte, der Niederlas­ sungsfreiheit der Selbständigen, der Freiheit des Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs dienen Angleichungsgebote in den Art. 49, 54, 56, 57, 63, 69. 4 c) Abgesehen von der konstruktiven Bedeutung, die die Angleichung des 2 Seidel, in: Einführung 217.

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Zielsetzung und Rechtsgrundlagen

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Außenhandelsrechts für die Gestaltung der gemeinsamen Handelspolitik hat, kommt der Rechtsangleichung entsprechende Wirkung zu im Bereich der Verkehrspolitik, der Agrarpolitik sowie der Politiken in Angelegenheiten der Konjunkturbeeinflussung, des Währungswesens und der sozialen Siche­ rung. Die Vertragsermächtigungen zu dahingehender Rechtsangleichung fin­ den sich in Art. 75 (Verkehr), 43 II (Landwirtschaft), 103 III (Konjunktur­ politik), 106 II, III (Währungswesen) und 117, 118 (Sozialpolitik). In die­ sen Bereichen kommt der Rechtsangleichung ebenfalls überwiegend die Auf­ gabe der Funktionssicherung des Gemeinsamen Marktes zu; in der Sozial­ politik rechnet Art. 117 dagegen eher umgekehrt mit seiner Wirksamkeit als Antrieb für Fortschritte der sozialen Sicherung, so daß hier die Rechtsan­ gleichung weniger Funktionsinstrument als vielmehr Auswirkung des Ge­ meinsamen Marktes sein dürfte3. 5 d) Die Anwendung der allgemeinen und der speziellen Vertragsvor­ schriften zur Rechtsangleichung wirft praktisch bedeutsame Auslegungsfra­ gen auf. aa) Art. 3 h sieht die Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften — gleichrangig neben den anderen in Art. 3 genannten — als Tätigkeits­ bereich (als „Agende“) der Gemeinschaft vor, „soweit dies für das ordnungs­ mäßige Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist“. Art. 100 bis 103 im Kapitel 3 der für die Politik der Gemeinschaft insgesamt ge­ meinsamen Regeln wiederholen den Maßstab der „Erforderlichkeit“ nicht. Sie umschreiben dagegen selbst die auf den Gemeinsamen Markt bezogene Eigenart jener Vorschriften, die sie als angleichbar und angleichungsbedürftig ansehen. Diese Eigenart äußert sich in ihrer unmittelbaren Auswirkung auf Errichtung und Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, ihrer Verfälschungs- und (effektiven oder potentiellen) Verzerrungswirkung für die Wettbewerbsbedingungen. Aus dieser Zuordnung und Wortgebung sind Fol­ gerungen gezogen worden, die die Tragweite und Bedeutung der Rcchtsangleichung in unzutreffender Weise verkürzen4. „Erforderlich“ i. S. des Art. 3 h ist einmal schon nicht, wie behauptet wor­ den ist, als Ermächtigungs£escArtfw&«wg mit restriktiver Auswirkung auf Art. 100— 103 zu verstehen. Denn der Agenden-Katalog des Art. 3 liefert seinerseits überhaupt nicht Ermächtigungsgrundlagen zum Handeln der Ge­ meinschaftsorgane, weshalb er auch keine Erm'iäitigungseinschränkung an­ ordnen kann. Er stellt lediglich eine Aufgaben-Beschreibung der Gemein­ schaft als solcher dar, für die die Handlungsermächtigung der Gemeinschaftsorgane (arg.: „nach Maßgabe dieses Vertrages“) den jeweils anwendbaren Vertragsvorschriften zu entnehmen ist — hier also allgemein den Art. 100 bis 103, speziell den genannten Sondervorschriften. Zum anderen könnte 3 Seidel 216; Schwartz Fs Hallstein 485. 4 So Seidl-Hohenvelderny in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa (Kölner Tagung 1969) KSE 11 (1971) 170. 44

Ipscn, Eur. Gemeinschaftsrecht

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Rechtsangleichung

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die „Erforderlichkeit" in Art. 3 h auch nicht den Sinn einer — quasi polizei­ rechtlich verständlichen — Ermächtigungs-Eingrenzung in bezug auf Art. 100—103 haben mit der Folge, daß die Gemeinschaftsorgane nur zu jenen lediglich notwendigen Maßnahmen befugt wären, die zur Gefahrenahwehr für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes eben gerade „erforderlich" seien. Im Sinnzusammenhang des Art. 3 h mit den Art. 100— 103 und der ratio aller Rechtsangleichungspolitik, die der Gemeinschaft aufgegeben ist, kann „erforderlich" nur positiv und konstruktiv als für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes nützlich und förderlich begriffen werden5. Das schließt selbstverständlich gefahrenabwehrende oder -beseitigende Maßnah­ men nicht aus, sondern bezieht sie ein. Insofern ist die billigenswerte Fest­ stellung6, Rechtsangleichung im Gemeinschaftsrecht sei nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, durchaus geeignet, ihre Nützlichkeit und Förderlichkeit für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes als solchen her­ vorzuheben. Sie ist andererseits aber zugleich geeignet, auch Grenzen ihres Einsatzes zu erkennen, ihre Entbehrlichkeit nämlich in jenen Bereich des Wirtschaftsrechts und seiner grenzüberschreitenden Sachverhalte, in denen Funktionen des Gemeinsamen Marktes nicht in Frage stehen. Der Rechts­ angleichungsaufgabe und ihrer Verfolgung nach Art eines selbstzweckbezo­ genen Perfektionismus sind also durchaus Grenzen gesetzt. bb) Das gilt insbesondere für Tendenzen, das gesamte Wirtschafts- (oder jedenfalls in ihm das H andelsrecht durch Vereinheitlichung anzugleichen, weil dies der „Weiterentwicklung" des Gemeinsamen Marktes nützlich sei7. Nützlichkeit und Förderlichkeit der Rechtsangleichung sind jedenfalls immer „eingebunden" in seine vertraglich fixierten Merkmale. Sie wirken aber nicht darüber hinaus. Daraus folgt, daß die vertraglich eingeräumten Organbe­ fugnisse zur Rechtsangleichung, insbesondere die zum Richtlinien-Erlaß, rechtlich auf diese Grenzen verwiesen sind. Darüber hinausreichende, zur Weiterentwicklung nützlich erscheinende Rechtsangleichungen bleiben dem Abschluß entsprechender Abkommen der Mitgliedstaaten Vorbehalten. Allen­ falls bietet Art. 235 („um im Rahmen des Gemeinsamen Marktes eines ihrer — der Gemeinschaft — Ziele zu verwirklichen") die Handhabe zu neu­ artiger Gemeinschafts-Rechtsschöpfung, die als solche über die Aufgabe der Rechtsangleichung hinausgeht8. 5 Ipsen gegen Seidl-Hohenveldern in der Diskussion auf der Kölner Tagung vom März 1969, in: Angleichung 222; vgl. dort audi Everling 220 und Mattbies 219; Hinweise hierauf auch bei Zuleeg DVBl. 1969, 654. 6 Schwanz Fs Hallstein 486. 7 So insbes. Lecourt und Chevallier, Recueil Dalloz 1963 Chronique 276—277; 1965 Chronique 147; vgl. Schwartz Fs Hallstein 485. 8 Vgl. hierzu den Kommissions-Vorschlag einer — auf Art. 235 EWGV zu stüt­ zenden — Verordnung des Rates über das Statut für Europäische Aktiengesell­ schaften vom 30. 6. 1970 (ABI. 1970 C 124, 1 = BullEG Sonderbcilage zu Nr. 8/1970); zum Problem: Gerickey Allgemeine Rechtsetzungsbefugnisse nach Art. 235 EWGV (1970).

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Rechtsangleichungs-Materien

3 9 /5 -6

cc) Weil die allgemeinen Rechtsangleichungsregeln der Art. 100—102 und die speziell anwendbaren sich teilweise in der Bestimmung des von ihnen geschützten Rechtsgutes überschneiden (etwa die Freiheit des Wettbewerbs hier, die vier Freiheiten dort), stehen allgemeine und spezielle Regelungen insoweit nicht in der üblichen Zuordnung des Vorrangs der Spezialnorm vor der Generalnorm. Soweit die Spezialregelungen zur Zollunion und zu den vier Freiheiten zur Sicherung unverfälschten Wettbewerbs nidit ausreichen, sind daher Art. 100, 101 zusätzlich anwendbar9.

II. Rechtsangleichungs-M aterien 1. Program m e

6 Welche Rechtsmaterien der Angleichung zugänglich oder unterworfen sind, ergibt sich aus ihrer Zielsetzung. Nach ihr haben die Gemeinschafts­ organe, insbesondere die Kommission, Angleichungsprogramme entwickelt, in denen die Angleichungsgegenstände, die Motive und die Zeitfolge der Angleichung bezeichnet sind. Ein am 16. Juni 1965 vor dem Parlament angekündigtes allgemeines Programm für die Rechtsangleichung hat die Kommission bislang nicht vorgelegt10. Indes hat ihr Mitglied von der Groeben dem Parlament am 27. November 1969 einen münd­ lichen Bericht über die Rechtsangleichung gegeben11. Einzelprogramme12 sind u. a. enthalten in der Denkschrift der Kommission über das Aktionsprogramm der Ge­ meinschaft für die Zweite Stufe vom 24. Oktober 196213, ihrem Aktionsprogramm auf dem Gebiet der Zollgesetzgebung vom 10. Oktober 196314, ihrer „Initiative 1964“ vom 30. September 196415, der Entscheidung des Rates vom 13. Mai 1965 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften des Verkehrsrechts16, den Pro­ grammen der Kommission vom 8. Februar und vom 26. Juni 1967 für die Steuer­ harmonisierung17, dem Memorandum der Kommission über die Notwendigkeit und die Modalitäten einer Aktion auf dem Gebiet des Kapitalverkehrs vom 5. März 9 Schwartz Fs Hallstein 480. 10 In ihrer Antwort vom 7. 4. 1967 auf die Anfrage Nr. 53 des Abg. Deringer hatte die Kommission noch der Hoffnung Ausdruck gegeben, dieses Programm „in einiger Zeit“ unterbreiten zu können (ABI. 1967, 1313). 11 Verhandlungen des Eur. Pari. Nr. 119, Sitzungen vom 24. bis 28. 11. 1969, 155—162, 166. In diesem Bericht wird offengelassen (S. 162), ob seine Konkreti­ sierung in einem Rechtsangleichungs-Programm noch erforderlich sei. Der Bericht ist mit geringfügigen Änderungen und Kürzungen unter dem Titel „Die Politik der Europäischen Kommission auf dem Gebiet der Rcchtsangleichung“ in NJW 1970, 359 abgedruckt. 12 Zu ihnen sowie zu Motiven und Zeitfolge der Angleichung: von der Groeben NJW 1970, 359. 13 Dok KOM (62) 300. 14 Vgl. 7. Gesamtbericht EWG Nr. 18; vgl. auch das Allgemeine Programm für die Angleichung des Zollrcchts von Ende April 1971. 15 Dok KOM (64) 400. 16 ABI. 1965, 1500. 17 Bull EWG Sonderbeilage zu Nr. 8/1967. Ar

Rechtsangleichung

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196918 und dem Allgemeinen Programm des Rates zur Beseitigung technischer Hemmnisse im Warenverkehr vom 28. Mai 196919.

Der zuständige Ausschuß des Parlaments20 und dieses selbst21 haben zum Zweiten Gesamtbericht der Kommission über das Jahr 1968 beanstandet, daß die Rechtsangleichungsaktivität von Rat und Kommission trotz aller Fortschritte der Dynamik der Integration und der gebotenen Einheitlichkeit des Vorgehens nicht gerecht werde. Die Beanstandung kann nur ins Licht rücken, wie umfangreich, kompliziert, politisch-anfällig und -belastet die Aufgabe der Rechtsangleichung ist. 2. M a te r ie n k a ta lo g Die von der Angleidiung erfaßten Rechtsmaterien ergeben sich im ein­ zelnen aus den (seit 1965 jährlich durch Fortschreibung ergänzten) Tabellen, die in den jährlichen Gesamtberichten der Kommission enthalten sind. Die von Anfang 1958 bis Ende 1969 durchgeführten Angleichungsarbeiten sind in einer Übersichts-Tabelle enthalten22. Ihre Systematik gleicht derjenigen in den Gesamtberichten und gliedert sich nach: 7

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.

Zollrecht — Außenhandelsrecht Freizügigkeit der Arbeitnehmer Niederlassungsrecht und Dienstleistungsverkehr Kapitalverkehr Wettbewerb und freier Warenverkehr Sozialrecht Landwirtschaft Verkehrsrecht

Den umfänglichsten Materienkatalog enthält die Gruppe V: Wettbewerb und freier Warenverkehr. Sie reicht vom Thema der technischen Handels­ hemmnisse über Post- und Fernmelderecht, gewerblichen Rechtsschutz und Gesellschaftsrecht bis zum Steuerrecht. 3 . V e rw irk lic h u n g

8 Bis zum 31. Dezember 1970 hat die Gemeinschaft auf dem Gebiet der Rechts­ angleichung 88 Richtlinien, 10 Entscheidungen, 22 Empfehlungen und 3 Entschlie18 Vgl. Bull EWG Nr. 5/1969, 23 sowie die Ratsentschließung in ABI. 1969 C 139, 37. i» ABI. 1969 C 76, 1. 20 Bericht Corona im Namen des eingesetzten Redaktionsausschusscs, EurParlSitzDok 1969—70 Dok. 66 v. 24. 6. 1969, 18. 21 Vgl. die Aussprache des Parlaments zum vorgenannten Bericht (Verhandlun­ gen Nr. 116, Sitzungen vom 30. 6. bis 4. 7. 1969, 133) sowie die Entschließung vom 2. 7. 1969 (ABI. C 97, 45). 22 „Gemeinschaftliche Maßnahmen zur Rechtsangleichung — 1958—1969“ (Bull EG Sonderbeilage zu Nr. 6/1970); ergänzende Angaben für das Jahr 1970 im 4. Gesamtbericht S. 59. /

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Kriterien, Mittel und Gang der Rechtsangleichung

39/8-11

ßungen erlassen, außerdem 38 Richtlinien zur Gleichbehandlung von In- und Aus­ ländern bei der Niederlassung und beim Dienstleistungsverkehr. Am 31. Dezember 1969 lagen dem Rat Entwürfe für 78 Richtlinien, 5 Entscheidungen und 2 Empfeh­ lungen zur Rechtsangleichung vor, während bei der Kommission zum gleichen Zeit­ punkt noch 87 Richtlinien, 1 Empfehlung und 20 Angleichungsmaßnahmen noch nicht näher bestimmter Rechtsform in Vorbereitung waren. Im Jahre 1970 hat die Kommission 33 Richtlinienvorschläge zur Rechtsangleichung fertiggestellt und dem Rat unterbreitet23.

4. M itg lie d s ta a tlic h e A u s f ü h r u n g

9 Die von den Mitgliedstaaten zur Ausführung der Rats-Richtlinien erlassenen Angleichungsvorschriften werden ebenfalls in tabellarischen Übersichten der Kom­ mission erfaßt. Diese Übersichten gleicher Systematik der bezeidmeten Art (39/7) weisen die mitgliedstaatlichen Maßnahmen im einzelnen nach, und zwar nach Art, Publikation und Fundstelle. Die lückenlose Übersicht für die bis zum 30. Juni 1967 getroffenen nationalen Maßnahmen zur Ausführung der bis zum 31. März 1966 ergangenen Ratsrichtlinien24 ist bislang noch nicht fortgeschrieben worden.

5. V e r f a h r e n s - T a b e ile n

10 Zur Anwendung der Art. 101, 102 stattfindende Bcratungs- und etwaige Sanktionsverfahren der Gemeinschaftsorgane in bezug auf nationale Rechtsnormen oder Reditsetzungsvorhaben werden entsprechend tabellarisdi ausgewiesen. Die Tabelle informiert auch über den jeweiligen Stand ihrer Behandlung durch die Gemeinschaftsorgane25.

III.

K r i t e r i e n , M i t t e l u n d G a n g d e r R e ch tsa n g leich u n g

1. K r ite r ie n

11 Nach welchen Kriterien die Rechtsangleichung zu verfolgen ist, hängt von der Funktionserheblichkeit der einzelnen Rechtsmaterie für den Ge­ meinsamen Markt ab, vom jeweiligen Stand der einschlägigen nationalen Rechtsregelungen und der Eignung und Verhältnismäßigkeit der vertraglich verfügbaren Angleichungsmittel, das erstrebte Angleichungsziel zu verwirk­ lichen. a) Es entspricht der Konzeption der Generalklausel in Art. 100, die für die Vergemeinschaftung erforderlichen Rechtsstrukturen in aller Regel zwei­ stufig durch Angleichung der existierenden mitgliedstaatlichen Regelungen bereitzustellen26. Die Angleichung erfolgt also primär nicht durch Schaffung 23 Vgl. zu allem die Angaben im 4. Gesamtbericht (1970) 58 und im 3. Gesamt­ bericht (1969) 97. 24 Bull EG Sondcrbeilagc zu Nr. 5/1968 S. 46—54. 23 Ebenda S. 21 ff. sowie 4. Gesamtbericht (1970) 70. 20 Schivartz Fs Hallstein 505; von der Groeben NJW 1970, 362.

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Rechtsangleichung

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neuen Gemeinschaftsrechts, das sich seinerseits den nationalen Rechtsrege­ lungen verdrängend substituiert. Diese Regel schließt indes nicht aus, daß Richtlinien-Angleichung im Effekt solche Verdrängung und Ersetzung herbeifiihrt. Das geschieht, wenn die Richtlinie den Erlaß einer loi uniforme vorsieht oder zur Erzielung hinreichender Richtlinien-Ergebnisse bis zur letzten Detailregelung Vordringen muß. Sie schließt aber auch die einstufige Normierung der Materie durch neues Gemeinschaftsrecht nicht aus, und dies insbesondere dann nicht, wenn es in einzelnen Mitgliedstaaten an anglei­ chungsfähigen Regelungen überhaupt fehlt27. Denn „Rechtsangleichung“ be­ deutet im Wortsinne nicht notwendig „Angleichung“ an existentes nationa­ les Recht. Aber: „Damit soll keineswegs einer zunehmenden Verdrängung des innerstaatlichen Rechts durch unmittelbar anwendbares Gemeinschafts­ recht das Wort geredet werden. In der Mehrzahl der Fälle ist es nämlich auch aus der Sicht der Gemeinschaft nicht zweckmäßig, Normkomplexe aus ihrer Einbettung in den Zusammenhang der Gemeinschaft zu transponie­ ren.“28 Zwischen anerkennenswerter Kontinuität der Rechtsentwicklung, be­ währter historisch-organischer Verknüpfung innerhalb der nationalen Rechtsordnung einerseits, der Funktionsbedingtheit angeglichener nationaler und selbst verdrängender gemeinschaftsrechtlicher Regelung für den Ge­ meinsamen Markt andererseits ist jeweils abzuwägen. Maßgeblich sollte sein: „Die geographische Verbreitung einer Regel, ein prozentualer Anteil der verschiedenen nationalen Systeme und ähnliches wären unsachliche Er­ wägungen. Was zählt, ist allein die Güte der Lösung, gemessen an den Be­ dingungen und Notwendigkeiten eines neuen, großen, modernen Rechts­ raumes.“29 b) „Rechtsangleichung ist nicht gleichzusetzen mit unvollkommener Rechtsvereinheitlichung.“30 Deshalb hängt die Intensität der Rechtsanglei­ chung von den Zielsetzungen und den Funktionserfordernissen des Gemein­ samen Marktes ab, nicht von dem Bestreben, aus der Addition der vorhan­ denen nationalen Regelungen eine kalkulierte Mittelregelung („arithmeti­ sches Mittel“) zu gewinnen. Vertragsgemäße Angleichung könnte daher sogar auch darin bestehen, eine einzelne fortschrittliche, funktions-optimale natio­ nale Regelung durch Richtlinien-Gebot in allen anderen Mitgliedstaaten ein­ zuführen. Was die Wissenschaft von der Rechtsvergleichung in ihren moder­ nen Erkenntnissen „wertender Vergleichung“ zu dieser Thematik hervorge­ bracht hat31, ist mit Nachdruck auch zur erforderlichen und nützlichen Rechtsangleichung im Sinne des Art. 3 h EWGV zu verwerten. 27 And. Ans. Seidl-Hohenveldern, These 9 seines Referats auf der Kölner Ta­ gung, in: Angleichung 196. 28 von der Groeben NJW 1970, 362; vgl. auch Verloren van Themaat Fs Op" hüls 243. 29 Hallstein RabelsZ 28 (1964) 231. 30 von der Groeben NJW 1970, 361. 31 Zweigert DrCommEur Nr. 1203. /

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Kriterien, Mittel und Gang der Rechtsangleichung

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2. M i t t e l 12 H auptm ittel der Rechtsangleichung ist die Richtlinie, ausnahmsweise die Verordnung (Art. 43 II, 49), die Empfehlung (Art. 27) und die Stel­ lungnahme (Art. 118). Komplementärmittel ist das völkerrechtliche Abkom­ men der Mitgliedstaaten, worauf Art. 220 sie für wesentliche Materien ver­ weist. Art. 51, 75, 99, 111, 113, 117 sehen Rechtsangleichung ohne be­ stimmte Mittelzuweisung vor, so daß die zuständigen Gemeinschaftsorgane nach den allgemeinen Handlungsregeln unter Mittelwahl verfahren können. Soweit den Gemeinschaftsorganen mehrere Angl eichungsmittel verfügbar und sie insoweit vertragsrechtlich nicht gebunden sind, kommt es für die Mittelwahl auf seine Eignung und seine Verhältnismäßigkeit an — beide in Relation zur Verwirklichung des Angleichungszieles. a) Vorrangig angewendetes, hierfür spezifisch geeignetes und bereits er­ probtes Angleichungsmittel ist die Richtlinie (Art. 189 III). Ihre Anwendung bedeutet eine Zweistufigkeit des Angleichungsvorgangs: den Erlaß der Richt­ linie als Gemeinschafts-Rechtsakt, ihren Vollzug durch Rechtsakt der Mit­ gliedstaaten (21/27—30). Hinsichtlich des zu erreichenden Zieles (ihrer ange­ strebten „Ergebnisse“) ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, verbindlich. Sie überläßt den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel. aa) Die mitgliedstaatliche Verbindlichkeit erstreckt sich auf alle inner­ staatlichen Stellen, also nicht nur die normsetzenden und exekutiven, son­ dern auch die nationalen Gerichte. Dabei haben die Gerichte Art. 177 zu beachten. bb) Die Verbindlichkeit äußert sich primär in der Bindung der nationalen Rechtsetzungsorgane, weil ihnen die „Umsetzung“ der Richtlinie in nationa­ les Recht obliegt. Diese Bindung wird durch primäre und einmalige Umset­ zung nicht konsumiert und nicht gelöst. Sie besteht weiterhin derart, daß die nationalen Rechtsetzungsorgane auch in ihrer künftigen Rechtsetzung durch die Richtlinie gebunden bleiben. Die gegenteilige Auffassung32 würde den erstrebten und durch Umsetzung erreichten Angleichungseffekt alsbald wie­ der zur Disposition der Mitgliedstaaten stellen und diesen potentiellen Auf­ lösungsprozeß dann wiederum dem gemeinschaftsrechtlichen Kontrollmechanismus des Art. 102 unterwerfen — eine Konsequenz, die dem Ziel der Rechtsangleichung und der Sicherung ihrer Ergebnisse zuwiderliefe. Ob die hier gebilligte Auffassung der fortwirkenden Richtlinien-Verbindlichkeit ge­ genüber den nationalen Rechtsetzungsorganen zu einem „Funktionswandel“ der Rechtsangleichung im Sinne einer Kompetenzverlagerung führt und die­ ser vertragsrechtlich gerechtfertigt erscheint, bleibt zu prüfen (39/16). ·'*- So Seidl-Hobenveldern, Thesen 12, 15 seines Referats auf der Kölner Tagung 1969, in: Angleichung 196 f.; wie hier: von der Groehen NJW 1970, 362.

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cc) Es ist anerkannt, daß die Richtlinie erforderlichenfalls das zu errei­ chende Angleichungsziel bis in Einzelheiten normativ fixieren kann33, so daß die nationale Umsetzung sich letztlich in der Rezeption der Richtlinie er­ schöpfen müßte. Insofern schließt Art. 189 III eine Angleichung durch die Uniformität von Ziel, Mitteln und Formen nicht aus34. Die Praxis hat ge­ zeigt, daß die Zielkonzeption als solche oft nicht genügt, sondern detaillier­ ter materieller Ausformung in Rechtssätzen bedarf, so z. B. im Zollrecht, im Recht der Freizügigkeit, der Niederlassung, im Arznei- und Lebensmittel­ recht, im Recht der öffentlichen Aufträge und der Betriebssicherheit — ins­ gesamt also Normenkomplexen überwiegend öffentlichen Rechts. dd) Ob und inwieweit eine derartige Angleichungsperfektion auch im Zivilrecht geboten und dort etwa durch Richtlinien im Typ einer loi uni­ forme (oder einer solchen als Modell-Anlage) erreicht werden kann und darf, ist umstritten und bislang gemeinschaftsrechtlich nicht erprobt3536. b) Speziell in Bereichen des zivilen Wirtschafts- und Handelsrechts, auf die z. T. im Art. 220 verwiesen wird, hat sich erwiesen, daß die Rechts­ angleichung im engeren Sinne (also eine Angleichung existierender nationaler Rechtsregelungen) den Zielvorstellungen des Gemeinsamen Marktes nicht gerecht werden kann. aa) Art. 220 nennt hierunter die Beseitigung der Doppelbesteuerung, die Anerkennung (Art. 58 II) und Sitzverlegung von Gesellschaften, die grenz­ überschreitende Verschmelzung von Gesellschaften, die gegenseitige Aner­ kennung und Vollstreckung von richterlichen Entscheidungen und Schieds­ sprüchen. Weitere Rechtsmaterien dieser Komplementär-Beziehungen sind das Gesellschaftsrecht und der gewerbliche Rechtsschutz (Patent-, Muster-, Markenrecht). Die Gesamtberichte der Kommission und die genannten Tabellen (39/7}9 f.) informieren auch über die in diesen Rechtsmaterien zu­ stande gekommenen oder in der Vorbereitung begriffenen Abkommen. Auf der Grundlage von Art. 220 EWGV haben die Mitgliedstaatcn gemeinsam bislang zwei Übereinkommen abgeschlossen: am 29. 2. 1968 dasjenige über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen™, am 27. 9. 1968 dasjenige über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gericht­ licher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen37. Beide sind mangels Ratifi33 Ipsen Fs Ophüls 71 mit Nachweisen in Anm. 15. 34 Schwanz Fs Hallstein 506; Zweigert Fs Dölle II, 411. 35 Dazu: Schwartz Fs Hallstein 506. 36 Sonderbeil, zum BullEG 2/69, 5. Dazu: Beitzke, Zur Anerkennung von Han­ delsgesellschaften im EWG-Bcreich, AWD 1968, 91; Gessler, Europäisches Gcsellschaftsrecht am Scheideweg?, Betrieb 1969, 1001; Goldman, Bericht zu dem Über­ einkommen (1968); Cerexhe, La reconnaissance mutuelle des sociétés et personnes morales dans la CEE, RevMC 1968, 578. 37 Sonderbeil. zum Bull EG 2/69, 17. Dazu: Jenard-Bericht (1969); Nagel, Dic Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile unter westeuropäischen Staa­ ten — eine Zwischenbilanz, Betrieb 1969, 2323; Elabscheid, Rechtsstreit und Voll­ streckung, in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa (Kölner Tagung 1969) KSE 11 (1971) 649; Arnold, Das EWG-Gerichtsstands- und VollstreckungsÜbereinkommen vom 27. 9. 1968, AWD 1969, 89; L’efficacia delle sentenzc stra-

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kation durch sämtliche sechs Vertragspartner noch nicht in Kraft getreten. Für die künftige Auslegung der Übereinkommen haben die Mitgliedstaaten am 3. 6. 1971 eine an Art. 177 EWGV orientierte Vorabentscheidungskompetenz des Gerichtshofs begründet38. — Die zunächst gleichfalls unter dem Gesichtspunkt von Art. 220 EWGV in Angriff genommenen Arbeiten zur Schaffung einer Europäischen Aktien­ gesellschaft haben sich mittlerweile zu dem Kommissionsvorschlag einer — auf Art. 235 EWGV zu stützenden — Verordnung über das Statut für Europäische Aktien­ gesellschaften vom 30. 6. 197039 verdichtet. — An dem Entwurf eines Überein­ kommens über grenzüberschreitende Fusionen arbeitet ein Sachverständigenausschuß der Regierungen seit 196 540. Im Hinblick auf n a t i o n a l e Fusionen von Aktien­ gesellschaften hat die Kommission am 16. 6. 1970 eine Richtlinie zur Koordinie­ rung der Schutzbestimmungen im Sinne des Art. 58 II EWGV vorgeschlagen41. — Für eine Konvention über ein europäisches Patenterteilungsverfahren, an der sich voraussichtlich 19 europäische Staaten beteiligen werden, ist der zweite Vorentwurf Ende April 1971 fertiggestellt worden; gleichfalls im zweiten Entwurf liegt seit Herbst 1971 die Konvention für ein europäisches Gemeinschaftspatent vor, an der sich nur die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beteiligen können42. — Schließlich ist erarbeitet der Vorentwurf eines Übereinkommens über Konkurse, Vergleiche und konkursähnliche Verfahren43. niere nelle conventioni multilaterali dell’Aja e della CEE (1969); G o l d m a n , Un traité fédérateur, RevTrimDrEur 1971, 1. 38 Vgl. die entsprechenden Protokolle der Regierungen der Mitgliedstaaten in der Sonderbeil, zum BullEG Nr. 7/71 sowie BullEG Nr. 7/71, 9. 30 ABI. 1970 C 124, 1 = BullEG Sondcrbeil. zu Nr. 8/1970. Flierzu: N i s s e n , Die europäische Handelsgesellschaft, Diss. Hamburg (1969); A n d r é , Europäisches Gesellschaftsrecht, in: Einführung 247; B ä r m a n n , Europäische Integration im Gescllschaftsrecht (1970); K r o g m a n n , Die Koordinierung des Gesellschaftsrechts nach dem EWGV, Diss. Bonn (1970); L u t t e r und S i l c h e r , Empfehlen sich für die Zu­ sammenfassung europäischer Unternehmen neben oder statt der europäischen Han­ delsgesellschaft und der internationalen Fusion weitere Möglichkeiten der Gestaltung auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts?, Gutachten f. d. 48. DjTag 1970, Bd. I Teil H, Bd. II Teil R; v a n R y n , RevTrimDrEur 1971, 563; D u b o i s , Eine wirt­ schaftliche Interessengemeinschaft („Groupement d’intérêt économique“ — WiG —) auf europäischer Ebene?, WuW 1971, 327; zu ihr auch Plan der Kommission: VWD Europa Nr. 214/71 v. 4. 12. 1971 1/1 und G u y é n o t RevMC 1971, 422; S a n d e r s , The European Company on its way, CMLR 8 (1971) 29; V e r l o r e n v a n T h e m a a t , De Europese naamloze vennootsdhap, SEW 1971, 231. Zur Mitbestim­ mungsfrage in diesem Zusammenhang vgl. 51/27 ff. 40 Kommissionsantwort vom 8. 5. 1971 auf die Anfrage Nr. 8/71 des Abg. V r e d e l i n g , ABI. C 50, 10. 41 ABI. 1970 C 89, 20. — Zum Thema: G o l d m a n , La fusion des sociétés de capitaux relevant de législations nationales différentes, in: Angleichung 289; S a n ­ d e r s , Zusammenfassung von Kapitalgesellschaften über die Grenze, ebenda S. 311; S o n n e n b e r g e r , Der Vorentwurf eines Abkommens über die internationale Fusion, Die AG 1969, 381; M e y e r - L a d e w i g , Der Kommissionsvorschlag für eine Dritte Richtlinie des Rates zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Nationale Fusion) BB 1970, 1517; L u t t e r , DJTag-Gutachten. 42 B e i e r , Stand und Aussichten der europäischen Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes, in: Angleichung 491; S c h w a b , Die Vereinheitlichung des Rechts der gewerblichen Schutzrechte, in: Einführung 263; D e m a r c t , Justification et problèmes d’élaboration d’un droit européen des brevets, RevTrimDrEur 1970, 215; A l c x a n d e r - S u u r m o n d SEW 1972, 131; v a n E m p e l , CMLR 1972, 13; zu den e r s t e n Vorentwürfen außerdem H a e r t e l , v a n B e n t h e m und S a v i g n o 7 i , GRUR/Ausl. 1970, 95, 102, 122 sowie T e t z n e r JZ 1970, 607. 43 VWD Europa Nr. 38/72 v. 22. 2. 1972 1/1 ; B l c u t g e AWD 1971, 451; G a n s h o f CahDrEur 1971, 146.

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bb) Der Abschluß von Abkommen nach Art. 220 EWGV steht den Mit­ gliedstaaten zweifellos kraft ihrer völkerrechtlichen Vertragsschließungs­ kompetenz zu. Insoweit würden ihnen gemeinschaftsrechtliche Besonderhei­ ten oder Qualitäten nicht zukommen. Andererseits verweist Art. 220 die Mitgliedstaaten auf diesen Angleichungsweg, und daß das von ihnen ver­ folgte Angleichungsziel sich nicht nur anläßlich ihrer gemeinsamen Mitglied­ schaft in der EWG stellt, sondern selbst ein solches der Gemeinschaft ist, prägt ihre Abkommen gemeinschaftsrechtlich: „Denn materiell ergänzen sie den EWGV, was in Art. 220 zum Ausdruck kommt; sie werden nur ge­ schlossen, weil und soweit es die Errichtung und das Funktionieren des Ge­ meinsamen Marktes erfordern; sie dienen den Zielen des EWGV und ihrer Verwirklichung; sie werden zwischen denselben Staaten geschlossen wie der EWGV; wie bei diesem handelt es sich nicht um zwei-, sondern um mehr­ seitige Verträge; sie haben die gleiche räumliche Geltung wie der EWGV; sie besitzen die gleiche allgemeine und unmittelbare Geltung wie der EWGV; sie werden im Rahmen der Organe der EWG ausgehandelt und unterzeich­ net.“44 Deshalb sollten solche Abkommen durch ihre Bezeichnung als „Ge­ meinschaftsabkommen“ auch in ihrer Benennung von anderen, nicht gemeinschafts-bezogenen Abkommen, an denen Mitglieder der Gemeinschaft beteiligt sind, abgehoben werden.

3. G a n g

13 Die Zahl und Bedeutung der Angleichungs-Grundlagen des Vertrags­ rechts, der bisher ergangenen und der in Vorbereitung befindlichen Rechts­ angleichungsmaßnahmen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Gang der Rechtsangleichung — dem Ductus und der Dynamik der Integra­ tion zuwider — weder zügig genannt werden noch sich unbehindert der Gangart bedienen kann, die das Vertragsrecht vorsieht. Das hat verschie­ dene Gründe. Sie sind teilweise solche, die auch sonst und allgemein den Wil­ lensbildungsmechanismus der Gemeinschaftsorgane stören oder belasten. Zum Teil erklären sie sich aus dem Wesen jeder Rechtsangleichung, und hier spe­ zifisch einer solchen, die zwar regelmäßig (wegen erforderlicher Einstimmig­ keit des Ratsbeschlusses) nicht gegen den erklärten mitgliedstaatlichen Willen stattfindet, gleichwohl aber im Zugzwang der Vertragserfüllung gemein­ schaftsrechtlich aktiviert wird und, einmal beschlossen, meist auch mitglied­ staatlicher Durchführung bedarf. a) Rechtsangleichung bedeutet für die Mitgliedstaaten im Effekt — unter­ schiedlich nach Intensität und Zahl der Vorgänge, weil vom jeweiligen natio­ nalen Normen-Standard und -Beitrag zur Erreichung des Angleichungsziels abhängig — mehr oder minder tiefgreifende Einwirkungen auf den Bestand 44

Schwanz

Fs H a lls te in 5 0 4 .

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ihrer geltenden, souverän geschaffenen Rechtsordnung. Rechtsangleichung ist also ein permanenter Prozeß von „Souveränitätspreisgaben“, und dies — weil eben Einwirkung auf die Normsetzung — weithin im Bereich der Legis­ lative, also derjenigen Gewalt, die national primär demokratisch legitimiert ist und aus diesem Grunde noch empfindlicher reagiert auf supranationale Interventionen als die nur rechts anwendenden Gewalten der Exekutive und Rechtsprechung. b) Die Pflicht der Mitgliedstaaten zur Vertragserfüllung durch Befolgung von Angleichungsrichtlinien bedeutet regelmäßig nicht nur Hinnahme von Gemeinschaftsakten mit Folgepflichten, sondern aktive Teilnahme an ihrer Verwirklichung durch „Umsetzung“. Soweit das — wie auf Grund dahin­ gehender innerstaatlicher Ermächtigungen weithin in Frankreich, Italien, teilweise in Belgien — im Wege exekutiver Durchführungsverordnungen ge­ schieht45, wird die gemeinschaftsrechtliche Folgepflicht weniger eingreifend empfunden als dort, wo die nationale Umsetzung parlamentarischer Ge­ setzgebung bedarf46. So wird etwa in der BRD, wo nur einzelne gemein­ schaftsbezogene Sonderermächtigungen dieser Art bestehen und Art. 80 I GG hierfür allgemein nicht anwendbar ist47, ein Bundestagsgesetz zur Durch­ führung einer EWG-Richtlinie jedenfalls solange als Stachel im parlamen­ tarisch-demokratischen Verfassungsgefüge empfunden, wie eine parlamenta­ rische Konsentierung der Richtlinie durch das Straßburger Parlament fehlt und dieses auf ein Anhörungsrecht verwiesen bleibt. Daß „die Kommission ihre Gesamtpolitik auf dem Gebiet der Rechtsangleidiung vor dem Parla­ ment zu verantworten“ hat48, trifft zweifellos zu. Das reicht im Blickfeld nationalstaatlich orientierter Konsensbedürfnisse aber nicht aus, dem Richtlinien-Angleichungs-Zwang das Stigma exekutiver Herkunft zu nehmen. c) In diesen beiden Gründen liegen wesentliche Ursachen dafür, daß das vertraglich geordnete Zusammenwirken zwischen vorschlagsberechtigter Kommission und gebunden-entscheidungsberechtigtem Rat — über die sonst allgemein bemerkbaren Hemmungen noch hinausgehend — gerade auf dem Gebiet der Rechtsangleichung spezifischen Schwierigkeiten ausgesetzt ist. Das Initiativrecht der Kommission und die — erfahrungsgemäß durchaus ge­ meinschaftsförderliche Anhörungsbeteiligung des Parlaments — haben sich als nicht ausreichend erwiesen, um in der Vielzahl der Fälle notwendig ein­ stimmiger Angleichungsentscheidungen die zentripetalen Tendenzen im Rat 45 Zuleeg, Recht 304; allgemein hierzu: Sohier und Mégret, Le rôle de l’exécutif national et du législateur national dans la mise en oeuvre du droit communautaire, in: Droit communautaire et droit national (Semaine de Bruges 1965) 107. 40 Ob das erforderlich ist, bestimmt das nationale Verfassungsredit, nicht das Gcmcinschaftsrecht. In der BRD bestimmt sich auch nach seinem Verfassungsredit, ob cs der Durdfführung durch Bundes- oder Landesrechtsetzung bedarf; vgl. Ipsen Fs Hallstein 260; Zuleeg, Recht 311. 47 Vgl. für das Agrarrecht: G ötz, Europäisches Gemeinschaftsrecht und deut­ sches Recht. Die Getreidemarktorganisation als Beispiel, JZ 1963, 265. 48 von der Groeben NJW 1970, 364, auch zum Folgenden.

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zu überwinden. Das war insbesondere dann der Fall, wenn förmliche, lang­ jährig vorbereitete Richtlinienvorschläge der Kommission in den (auch mit nationalen, weisungsgebundenen Beamten beschickten) Arbeitsgruppen des Rates erörtert und oft wesentlich abgewandelt wurden, ohne daß der Rat zu einer politischen Grundentscheidung über das „Ob“ und die Substanz des unveränderten Kommissionsvorschlages gefordert worden wäre oder sich sua sponte dazu entschlossen hätte. Die allgemeine institutioneile Besorgnis, daß das originär vertraglich statuierte Zusammenwirken von Kommissionsinitia­ tive und Ratsentscheidung durch den mitgliedstaatlich orientierten admini­ strativen „Unterbau“ des Rates „unterlaufen“ wird, steigert sich im Bereich der Rechtsangleichung zu einer ernsten Vollzugssorge für wesentliche Ver­ tragsziele. Sie ist um so begründeter, als in wichtigen Materien die Rechts­ angleichung gerade als ein wesentliches Instrument der Gemeinschaftspoli­ tik40 fungieren soll, wie dies die Art. 100 und 101 als „allgemeine Regeln“ über „die Politik der Gemeinschaft“ vorsehen.

I V . F olg en d e r R e ch tsa n g leich u n g f ü r d i e N o r m i e r u n g s k o m p e t e n z

14 Ob der Erlaß einer Rechtsangleichungsrichtlinie oder jedenfalls ihr mit­ gliedstaatlicher Vollzug Folgen hat für die mitgliedstaatlichc Kompetenz, eine im Bereich der Angleichungsmaterie bisher zustehende Normierungs­ befugnis wahrzunehmen, hängt von der der Richtlinie zugedachten Bin­ dungswirkung und der Stufen-Qualität der innerstaatlichen Vollzugsrege­ lungen ab.

1. N a t i o n a l e U m s e t z u n g

15 Die vom Mitgliedstaat im Zuge der Richtlinien-Umsetzung erlassenen Rechtsnormen sind solche des nationalen Rechts, nicht des Gemeinschaftsrechts4950. Daß sie sich inhaltlich — auch bis zum Wortlaut — mit der Richt­ linie „decken“ können, hebt diese Unterscheidung nach dem Geltungsgrund nicht auf und bewirkt auch weder „mutation“ noch „dédoublement“. Die 49 Rechtsangleichung = Instrument der Gemeinschaftspolitik — und nicht Er­ scheinung einer „Aufsichtsgewalt der Gemeinschaftsorgane", wie Carton, Euro­ päische Organisationen 2. Aufl. (1967) 186/187 sie sachlich und sprachlich ganz ab­ wegig zu charakterisieren versucht. 50 Ipsen Fs Ophüls 78; Zuleeg, Recht 326; Zieger, Das Grundrcchtsproblem in den Europäischen Gemeinschaften (1970) 44; Meier, Gemeinschaftsrecht und mit­ gliedstaatliches Gemeinrecht, EuR 1970, 330; nicht ohne V/iderspruch abweichend: Constantinesco. Die unmittelbare Anwendbarkeit von Gemcinschaftsnormcn und der Rechtsschutz von Einzelpersonen im Recht der EWG (1969) 23 Anm. 22 — andererseits 78: „gemeinschaftsrcchtlich in ihrem Inhalt, aber national in ihrer Form“. Der Widerspruch liegt z. T. an mangelnder Unterscheidung zwischen der Richtlinie als solcher und dem nationalen Ausführungsakt.

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Folgen der Rechtsangleichung für die Normierungskompetenz

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nationale Ausführungsnorm wird nicht „vergemeinschaftet“ und auch nicht zum rechtlichen Zwitter. Anders als beim Erlaß von Gemeinschaftsverord­ nungen, die im Mitgliedstaat als Normen nichtstaatlichen Rechts die dort geltende Rechtsmasse „verdoppeln“, führt die Richtlinie zur Anreicherung oder Veränderung nur durch die Entstehung neuen nationalen Rechts. Nach Quellenherkunft und Rechtsform bleibt hier auch im Falle der Rechtsanglei­ chung die Einheit des Binnenrechts formal also gewahrt, obwohl die sub­ stantielle Wandlung, die dieses eben durch die Angleichung erfährt, auf der Verfolgung von Gemeinschaftszielen beruht und ihnen dient. Der Mitglied­ staat wendet seine Hoheitsbefugnisse an im Dienst der gebundenen Erfül­ lung von Gemeinschaftsaufgaben. Durch die „Umsetzung“ von Richtlinien, die sich zwecks Rechtsangleichung an alle Mitgliedstaaten richten, entsteht derart „allgemeines Recht“.

2. „ S p e r r w i r k u n g “

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Infolgedessen gilt insoweit für die nationale Ausführungsregelung das nationale „Normregime“, also z. B. hinsichtlich der Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit und ihrer gerichtlichen Anfechtbarkeit51. Fraglich bleibt, ob das fortan auch gilt hinsichtlich der bis zu ihrem Erlaß bestehenden mitglied­ staatlichen Kompetenz zur Normierung der fraglichen Materie. Wenn das „Gebrauchmachen“ der gemeinschaftsrechtlichen Angleichungskompetenz (auf Grund Art. 100, 101 oder der Spezialnormen des Vertrages) durch den Rat im Wege des Richtlinienerlasses sog. „Sperrwirkung“ äußerte nach Art des Art. 72 II GG (dort im Falle der Wahrnehmung konkurrierender Ge­ setzgebungskompetenz durch den Bund gegenüber der Landesgesetzgebungs­ kompetenz), würde eine mitgliedstaatliche Normierungskompetenz an der Änderung des Durchführungsrechts und der Abweichung von ihm gehindert sein. Das würde die bisher angenommene Verbindlichkeit der Richtlinien im Sinne einer Umsetzungspflicht der Mitgliedstaaten um ihre Sperrwirkung zu Lasten nationaler Normierungskompetenz im Bereich der Angleichungs­ materie überhöhen. Die weitere Folge wäre, falls die nationale Regelungs­ kompetenz gesperrt wäre, eine zwangsläufig entsprechende „Anreicherung“ der Gemeinschaftskompetenz. Sie würde sich im Bereich der Angleichungs­ materie aus einer (vertragsrechtlich im wesentlichen auf das Mittel der Richt­ linie beschränkten) Angleichungs-Zuständigkeit in eine gemeinschaftsrecht­ liche Normierungskompetenz verwandeln, die auf das Mittel der Verord­ nung als das fortan geeignetste verweist. Diese Konsequenzen sind in der Sache selbst bereits zutreffend bezeichnet worden52: „Mit jeder Rechts51 Dazu: Meier EuR 1970, 332. 52 Seidel, in: Einführung 217; entsprechend: Meier EuR 1970, 326, 332; ders. NJW 1970, 973; Verloren van Themaat Fs Ophüls 252. — Die Rechtsprechung des EuGH kann im gleichen Sinne verstanden werden: vgl. Rs 9/70 Rspr. XVI, 825;

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angleichungs-Richtlinie geht somit — faktisch — Gesetzgebungshoheit von den Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft über . . . Aus der Rechtsanglei­ chung mit einer rein instrumentalen Zielsetzung wird im Zuge der Durch­ führung der Rechtsangleichung eine Gesetzgebungskompetenz mit einer echten gesetzgebungspolitischen Funktion. Der Funktionswandel, der mit der Durchführung der Rechtsangleichung eintritt, ist unausweichlich.“ Dem ist im Ergebnis im Sinne einer faktischen Sperrwirkung beizupflichten, so daß Verfahren nach Art. 102 de facto insoweit nicht mehr in Betracht kommen könnten* 53. Allerdings bewirkt dieser Funktionswandel nicht, was an sich mittelkonform wäre, daß in angeglichenen Materien deshalb statt der ver­ traglich ausdrücklich vorgesehenen Richtlinie fortan der Erlaß von Verord­ nungen zulässig wäre. Die faktisch „zugewachsene“ Gemeinschaftskompe­ tenz darf auch wiederum nur durch das Mittel der Richtlinie wahrgenom­ men werden.

Rs 17/67 Rspr. X III, 592; Rs 40/69 Rspr. XVI, 69; Rs 72/69 u. 74/69 Rspr. XVI, 427 u. 451. 53 And. Ans. Seidl-Hohcnveldem, Thesen 12, 15 seines Referats auf der Kölner Tagung 1969, in: Angleichung 196 f.; nicht eindeutig: Zuleegy Recht 331 mit der An­ nahme, die Voraussetzungen der „Aufhebung“ der nationalen Ausführungsvorschrift seien „dem staatlichen Redit zu entnehmen“, indes könne die Interpretation der Ausführungsnorm ergeben, daß ihre Gültigkeit von der „des zugrunde liegen­ den Gemeinschaftsredits abhängig sein soll“. /

§ 40 STEUERRECHT A l b e r s , Die Harmonisierung der Steuern im Gemeinsamen Markt, Wirtschafts­ dienst 1968, 141; B e r t h o l d , Die Steuerharmonisierung gemäß dem EWG-Vertrag (1968) ; B i e h l , Ausfuhrland-Prinzip, Einfuhrland-Prinzip und Gemeinsamer MarktPrinzip. Ein Beitrag zur Theorie der Steuerharmonisierung (1968); D o s s e r - H a n , Taxes in the EEC and Britain. The problem of harmonisation (1968); E b e n t h e u e r , Die Harmonisierung des Steuerrechts, in: Einführung 237; E h l e , Auslegungspro­ bleme der steuerrechtlichen Vorschriften (Art. 95—98) des EWG-Vertrages, NJW 1967, 1689; E i c h e l b e r g , Fortentwicklung der Harmonisierung der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) in den Europäischen Gemeinschaften im Rahmen der Integrations­ politik, ZfZ 1970, 353; Fiscale harmonisatie in de EEG (1966); F i s c h e r , Flarmonisierung der Steuergesetzgebung in der EWG, NJW 1968, 321; G a n s e r - W i l h e l m i , Harmonisierung der Steuersysteme in der EWG (1958); v o n d e r G r o e b e n , Die Be­ deutung der Steuerangleichung für die europäische Integration (1968); H a f e r k a m p , Die europäische Steuerharmonisierung, EurGem 6/1971, 9; H e s s e , Methoden und Möglichkeiten, die Steuern unter solche Gesichtspunkte neu zu gliedern, die sich bei der Harmonisierung der Steuersysteme der Mehrwertsteuer der EWG ergeben (1970); v a n H o u t t e , Les dispositions fiscales, DrCommEur Nr. 2184; H u t c h i n g s und C a r d y n , Le rapprochement des systèmes fiscaux en Europe, in: Angleichung des Rechts der Wirtschaft in Europa, KSE 11 (1971) 515, 527; K e m p f y Euro­ päische Mehrwertsteuer (1968); M e n n e l , Die Steuersysteme in den sechs Mitglied­ staaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelszone und in den Vereinigten Staaten von Amerika (1965); M e t z e y Steuerharmonisierung in einer Wirtschaftsgemeinschaft (1969); M o n t a g n i e r , Le rapprochement des fiscalités européennes, in: Annales de la Faculté de Droit de Lyon (1970) 97; P r o u z e t , L’application territoriale du système commun de T. V. A. (Mehrwertsteuer), RevMC 1971, 294; R e g u l (Hg.), Steuern und Zölle im Gemeinsamen Markt (1962 ff. 4 Ordner); R e i n d l , Die Problematik der Harmoni­ sierung der direkten Steuern in der EWG unter spezieller Berücksichtigung der Körperschaftssteuer, Diss. Zürich (1968); S e s s a - V i t a l i , La politica fiscale della CEE (1969) ; S e u f f e r t , Zum Fortgang der europäischen Steuerharmonisierung, Fs Alex Möller (1968) 81; v a n d e n T e m p e l , Körperschaftssteuer und Einkommensteuer in den Europäischen Gemeinschaften (1971); V o g e l a a r , Steucrharmonisicrung in der Europäisdien Gemeinschaft, AWD 1970, 198; W ä g e n b a u r , Das Verbot steuerlicher Diskriminierung nach dem EWG-Vertrag im Lichte der Rechtsprechung des Ge­ richtshofs, EuR 1969, 20; Z e i t e i , Probleme der Steuerharmonisierung im Gemein­ samen Markt, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik (1965) 68.1

1 Innerhalb der Gemeinsamen Regeln über die Politik der Gemeinschaft {nach Kapitel 1 mit den Wettbewerbsregeln und vor Kapitel 3 zur Anglei­ chung der Rechtsvorschriften) enthält Kapitel 2 mit den Art. 95—99 EWGV steuerliche Vorschriften. Von ihnen ist Art. 99 eine Sondernorm zur Harmo­ nisierung des Rechts der indirekten Steuern. Sie ist in Intention und Gegen­ stand im Zusammenhang mit den allgemeinen Regeln über die Angleichung

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Steuerrecht

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der Rechtsvorschriften in Art. 100— 102 ( § 3 9 ) zu sehen. Denn auch Rechts­ harmonisierung ist ein Vorgang zur Angleichung1. Art. 95—98 enthalten Vorschriften über Ausgleichsmaßnahmen im grenzüberschreitenden Waren­ verkehr innerhalb des Gemeinsamen Marktes. Er ist zwar nach Herstellung der Zollunion am 1. Juli 1968 ( 2 9 1 9 f f . ) nicht mehr Wirkungsbereich natio­ naler Zollpolitik. Er ist indes noch nicht-harmonisierter Steuerpolitik der Mitgliedstaaten ausgesetzt, die innere Grenzkontrollen erforderlich macht. Obwohl Art. 99 nur die Harmonisierung der indirekten Steuern vorsieht, steht auch die Harmonisierung direkter Steuern in Frage, und zwar in ihren den Wettbewerb betreffenden Wirkungen. Das gilt vornehmlich für die Kapitalbeschaffung der Unternehmen, für ihre Umstrukturierung und Kon­ zentration, ihre Sitzwahl und die ihrer Niederlassungen, für die Freizügig­ keit von Dienstleistungen oder Arbeitskräften, die für sie erbracht werden oder tätig sind. Insoweit stehen deshalb die allgemeinen Regelungen der Art. 100 und 101 als Angleichungsgrundlage zu Gebote. Auch für Real­ steuern, die in der BRD Kommunalsteuern sind, kann die Harmonisierung bedeutsam werden. Zur Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft, die zu einer Wettbewerbsbenachteiligung führen kann, ver­ pflichtet Art. 220 die Mitgliedstaaten zu Verhandlungen, um die steuerliche Rechtsstellung ihrer Staatsangehörigen in den anderen Mitgliedstaaten sicherzustellen12. Steuerharmonisierung, die zwangsläufig eine Einschränkung der Finanz­ hoheit der Mitgliedstaaten bewirkt, gehört zu den Maßnahmen, die für die erste Stufe zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion (also bis Ende 1973) nach der Entschließung des Rates und der in ihm vereinigten Regierungsvertreter vom 9. Februar/22. März 1971 erforderlich und vor­ gesehen sind. Ihrer bedarf es auch, um die (teilweise) Eigenfinanzierung der Gemeinschaft aus Mehrwertsteuereinnahmen von 1975 an zu ermöglichen ( 1 8 / 1 2 ) . Die in der BRD vorbereitete Steuerreform ist, wie dies im Auftrag an die Reformkommission formuliert wurde, darauf angelegt, „die Harmonisicrur.gsbcsrrebtmgcn innerhalb der EWG zu berücksichtigen“.

1 2

v a n H o u t t e DrCommEur Nr. 2194. F i s c h e r NJW 1968, 321; Berichte

von M i l l a r g (JZ 1969, 807) und Grabitz (EuR 1970, 79) über die Arbeitssitzung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Europarecht auf der Tagung für Rechtsvergleichung 1969 in Regensburg: Die Har­ monisierung der Unternehmensbesteuerung im Gemeinsamen M arkt; Haferkamp EurGem 6/1971, 9; E b e n t h e u e r , in: Einführung 237; V o g e l a a r AWD 1970, 198. — Übersicht der bilateralen Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteue­ rungen innerhalb der Gemeinschaft und Darstellung ihrer Anwendungsmodalitäten nach Steuerarten in der Kommissionsantwort v. 8. 6. 1971 auf die Anfrage Nr. 1/71 des Abg. S p ê n a l e (ABI. 1971 C 62, 3).

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Staatliche Abgabenhoheit und Wettbewerb

40/2-3

/. S ta a tlic h e A b g a b e n h o h e i t u n d W e t t b e w e r b im G e m e in s a m e n M a r k t 1. G r u n d s a t z

2 Grundsätzlich hat das Recht des EWGV die Finanz- und Steuerhoheit der Mitgliedstaaten zunächst nicht berührt. Nur die Zölle, denen Protektions- und Ertragszweck zukommt, sind mit der Herstellung der Zollunion und der Einführung des Gemeinsamen Außenzolltarifs von der Vergemein­ schaftung erfaßt. Indes mußte der Vertrag sich auch solcher mitgliedstaat­ licher Abgaben annehmen, die als Kostenfaktoren für die Erzeugung die Wettbewerbslage im zwischenstaatlichen Warenverkehr beeinflussen kön­ nen3. Der Abbau derart wirkender Abgabengrenzen ist indes — anders als der Abbau der Zollgrenzen — nicht ebenfalls in zeitgestuften Planschritten und detailliert vorgesehen. Dies deshalb nicht, weil die Abgabenhoheit die Substanz nationalstaatlicher Finanzhoheit tangiert, weil sie zunehmend über ihre Funktion zur Deckung des nationalen Finanzbedarfs hinaus als Lenkungs- und Stcuerungsmittel der Wirtschaftspolitik dient, weil schließlich in Steuer- und Abgabensystemen und -praktiken besonders tiefgreifende Unterschiede zwischen den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen bestehen. Hieraus ergeben sich die Maßstäbe einer Steuerharmonisierung: „Das Ziel ist eine Steuerharmonisierung in einem Maße, das die Finalität des Gemein­ samen Marktes erfordert. Die Steuerharmonisierung muß sich also darauf beschränken, diejenigen Ziele anzustreben, die sich die Gemeinschaft für die jeweilige Integrationsstufe gesteckt hat. Doch damit nicht genug. Den Mit­ gliedstaaten ist eine hinreichende budgetäre Manövriermasse zu erhalten; sie dürfen nicht mehr als notwendig daran gehindert werden, mit den Mit­ teln des Steuerrechts außerfiskalische Zielsetzungen zu verfolgen.“4 2. S y s t e m a n g l e i c h u n g 3 Die Ausschaltung oder Milderung von Beeinflussungen der Wettbewerbs­ lage durch nationale Abgabenregelungen mußte von der Tatsache ausgehen, daß alle Mitgliedstaaten auf Einfuhrwaren Ausgleichsabgaben erheben, um sie hinsichtlich ihrer Abgabenbelastung den im Inland produzierten entspre­ chenden Waren gleichzustellen. Sie mußte ebenso erkennen, daß die Mit­ gliedstaaten ihre Ausfuhrwaren von den Abgaben befreien, die bei Verbleib im Inland anfallen würden, und für sie solche Abgaben rückvergüten, die in ihren Preis eingegangen sind. So ist allerseits ein gebräudrliches Pdickvergütungssystem auf Verbrauchs- und Umsatzsteuern entstanden. Rückver­ gütung und Ausgleichsabgabe sind in dieser ihrer Wirkung auch als Instru­ mente staatlicher Ausfuhrförderung und zum Schutz der heimischen Pro­ duktion eingesetzt worden. 3 Woblfarth u. a. Komm. Vorbcm. 1 vor Art. 95. 4 Haferkamp, EurGem 6/1971, 9. Ipscn, iùir. Gcmeinschafîsrccht

40/3-4

Steuerrecht

7G6

Die Grenzen derart zulässiger Einfuhrbelastung und Ausfuhrentlastung waren international bereits im G ATT-Art. III 2 und im Ratsbeschluß der OEEC vom 14. Januar 1955 fixiert, als die einschlägigen Regelungen des EWGV ergingen56. Seine Art. 95 bis 98 gestatten grundsätzlich auch weiter­ hin die Anwendung solcher Ausgleichsmaßnahmen im Warenverkehr, was im Steuerstreit in der Montanunion noch streitig gewesen war0. Zwischen der Belastung der Warenpreise nicht nur mit indirekter (insbes. U m satzsteuer, sondern auch mit überwälzbaren direkten Steuern einerseits, der nationalen Disposition über den Wechselkurs andererseits besteht Zusammenhang und mögliche Rückwirkung. Deshalb kann die Beseitigung von Wettbewerbs­ verzerrungen letztlich nur dann gelingen, wenn die nationalen Steuersysteme und -belastungen einander angeglichen werden.

3. R ech tsg ru n d la g en

4 Was Art. 95 bis 98 EWGV insoweit regeln, vermag diesen Angleichungs­ effekt allerdings nicht hinreichend herzustellen. Art. 95, 96 verbieten den Mitgliedstaaten, Einfuhrwaren höher zu belasten und Ausfuhrwaren durch Rückvergütung höher zu entlasten als gleichartige inländische Waren steuer­ lich belastet sind. Das dient ersichtlich dem Zweck zu verhindern, daß mit Hilfe der Zollunion beseitigte Zollbelastungen oder vertraglich verbotene Beihilfen als sonstige Abgaben beibehalten werden. Da den Mitgliedstaaten danach zwar eine höhere, nicht aber eine niedrigere Importbesteuerung oder geringere Rückvergütungsentlastung verwehrt ist, können sie auch ohne förmliche Wechselkursänderung auf solche Weise Währungspolitik betreiben, ohne daß der Mechanismus des Art. 107 II praktiziert wrerden müßte. Der Abbau der Zollgrenzen innerhalb der Gemeinschaft bewirkt wegen der weiteren Zulassung von Ausgleichsabgaben nicht gleichermaßen auch den Abbau der Steuergrenzen. Deshalb setzt die Elerstellung binnenmarktgleicher Verhältnisse im Gemeinsamen Markt die intensive Steuerharmonisierung gemäß Art. 99 voraus, und dies über den Kreis der indirekten Steuern hin­ aus7. Auch zwischen bestimmten Maßnahmen der Rechtsangleichung im übrigen und dem Gebot zur Steuerharmonisierung bestehen Zusammen­ hänge, so bei der Koordinierung der nationalen Gesellschaftsrechte nach 5 V/oblfarth u. a. Komm. Vorbcm. 4—6 vor Art. 95. 6 Es ging um die Behandlung der Umsatzsteuern im grenzüberschreitenden Wa­ renverkehr. Die Entscheidung der Hohen Behörde Nr. 30/53 (ABI. 110) erklärte nach gutachterlicher Erörterung das Prinzip des Bestimmungslandes als maßgeblich. Das entsprach der bisherigen Handhabung, während die BRD das Prinzip des Ur­ sprungslandes hatte angewendet wissen wollen. Das Gutachten hatte auf die Erheb­ lichkeit der jeweiligen Wechselkurse abgestellt. 7 Deshalb ist der Unterschied der mitgliedstaatlichen Steuersysteme ein Hinder­ nis der Harmonisierung. So sind in der BRD die Steuereinnahmen überwiegend solche aus direkten, in Frankreich dagegen aus indirekten Steuern. Harmonisierung kann nur auf ein „Nachgeben“ aller Mitgliedstaaten hinzielen.

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Gemeinschaftskompetenzen und -aufträge

40/4-5

Art. 54 III g EWGV, bei Abkommen über die gegenseitige Anerkennung, die grenzüberschreitende Fusionierung und die Sitzverlegung von Gesell­ schaften nach Art. 220 III und im Falle der Kreation einer europäischen Handelsgesellschaft8.

I I . G e m e i n s c h a f t s k o m p e t e n z e n u n d - a u f tr ä g e 1. G l e i c h b e h a n d l u n g s g e b o t e

5

Art. 95, 96 und 97 I enthalten an die Mitgliedstaaten gerichtete, zur Gleichbehandlung verpflichtende Rechtssätze. Sie sind nach einem dem inter­ nationalen Wirtschaftsrecht schon vor-vertraglich bekannten Prinzip des Bestimmungslandes gestaltet: die Einfuhrware wird im Ursprungsland ent­ lastet und im Bestimmungsland den dort geltenden Steuersätzen unter­ worfen. a) Durch diese Rechtssätze sind zunächst eindeutig die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet. Ihre Befolgung steht unter der Sanktion des Art. 169, der die Kommission befugt, bei ihrer Nichtbeachtung letztlich den Gerichtshof wegen Vertragsverletzung anzurufen. b) Darüber hinaus hat (über Art. 97 I, der auf die Grundsätze der Art. 95, 96 verweist) die Anwendung des Art. 95 zu der Frage geführt, ob der einzelne Marktbürger sich im eigenen Interesse auf die gemeinschaftsrecht­ liche Verpflichtung seines Staates berufen kann, seine Normierungskompe­ tenz nur unter Beachtung des Art. 95 wahrzunehmen. Dies deshalb, weil der Marktbürger die Kommission zum Verfahren nach Art. 169 nicht zu zwin­ gen vermag, wenn sie sich weigert, es aus eigener Initiative einzuleiten9. Die Frage ist bejaht worden. Im Vorlageverfahren nach Art. 177 hat der Ge­ richtshof entschieden, daß Art. 95 sich nicht nur an die Mitgliedstaaten wen­ det, sondern rechtlich unmittelbar auch gegenüber dem Marktbürger wirkt. Das außerordentlich bedeutsame Lütticke-Urteil vom 16. Juni 196610 hat klargestellt, daß Art. 95 I (audi in seinen Abs. II und III) letztlich von den nationalen Gerichten, die der Marktbürger anrufen kann, durchzusetzen ist, wenn die nationale Normsetzung insoweit versagt. Obwohl Art. 97 I, der auf die Grundsätze des Art. 95 verweist, offenbar (anders als Art. 12 mit seiner Stillhalteverpflichtung) den Mitgliedstaaten einen Regelungsspielraum zur Erfüllung seines Diskriminierungsverbotes beläßt, setzt der Gerichtshof 8 Fischer NJW 1968, 325. — Hierzu: 39/12. 0 Bandilla, Das Klagrecht der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaf­ ten gegen Durchgriffsakte (1965) 100. 10 Rs 57/65 Rspr. XII, 258 = EuR 1966, 356 mit Anm. Ipscn; dazu auch: Constantinesco, Die unmittelbare Anwendbarkeit von Gemeinschaftsnormen und der Rechtsschutz von Einzelpersonen im Recht der EWG (1969) 102, 131. — Zum Schadenersatzanspruch der Firma Lütticke wegen angeblich vertragswidriger Un­ tätigkeit der Kommission in diesem Zusammenhang vgl. EuGH Rs 4/69 Rspr XVII, 325 = EuR 1971, 370. 45 *

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Steuerrecht

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hier die nationale Gerichtsbarkeit zum Integrationsvollzug ein. Die Bedeu­ tung dieser Rechtsprechung reicht über den Anwendungsbereich der steuer­ lichen Vorschriften weit hinaus und wirft grundsätzliche Fragen des Voll­ zuges des Gemeinschaftsrechts auf (5/64). 2. A rt. 9 7 I I E W G V

6 Nach Art. 97 II konnte die Kommission geeignete Richtlinien oder Ent­ scheidungen an den betreffenden Mitgliedstaat richten, wenn dieser, noch nach dem System der kumultativen Mehrphasen-Umsatzsteuer verfahrend, für Ausgleichsabgaben und Rückvergütungen höhere Durchschnittssätze fest­ legte, als dies nach den Grundsätzen der Art. 95 und 96 zulässig war11. Mit der Einführung des Mehrwert-Umsatzsteuersystems in den Mitgliedstaaten (1. 1. 1972, Italien später) hat Art. 97 II seine Bedeutung verloren.

3. A r t . 9 8 E W G V

7 Nach Art. 98 kann der Rat (regelmäßig durch Entscheidung) gegenüber einem Mitgliedstaat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehr­ heit und befristet genehmigen, daß dieser für andere Abgaben als Umsatz­ steuer, Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern Entlastungen und Rückvergütungen bei der Ausfuhr, Ausgleichsabgaben bei der Einfuhr an­ wendet. Solche Genehmigung kann im Effekt einer Maßnahme i. S. des Art. 108 I zur Behebung von Zahlungsbilanzschwierigkeiten gleichkommen und gleicht daher der Zustimmung zu einer indirekten Teil-Abwertung. Ihre Durchführung müßte die Festlegung des Begriffs des Warenursprungs vor­ aussetzen, um die aus Drittländern stammenden Waren von den Erzeugnis­ sen der Mitgliedstaaten zu unterscheiden. Denn sonst würden die Regelun­ gen des GATT und der OEEC (40/3) verletzt werden. Praktisch ist Art. 98 ohne Bedeutung geblieben12. 4. R e c h tsh a rm o n isie ru n g

8 Der der Kommission zur Prüfung, dem Rat zur einstimmigen Entschei­ dung in Art. 99 überantwortete Auftrag zur Harmonisierung der Rechts­ vorschriften über Umsatzsteuer, Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern einschließlich der Ausgleichsmaßnahmen für den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten soll dem „Interesse des Gemeinsamen Mark­ tes“ dienen, also der Beseitigung von Wettbewerbsverfälschungen mit Mit­ teln der Abgabenhoheit13. 11 Zum Beurteilungsspielraum der Kommission im Rahmen von Art. 97 II EWGV vgl. EuGH Rs 4/69 Rspr. XVII, 325 = EuR 1971, 370. 12 F i s c h e r NJW 1968, 323; W o h l f a r t h u. a. 3 zu Art. 98. 13 v a n H o u t t e DrCommEur Nr. 2194.

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Steuerliche Gemeinschaftsmaßnahmen

4 0 /8 -9

a) Der Prüfungsauftrag der Kommission ist zeitlich nicht befristet, gleich­ wohl mehr als ein unverbindlicher Hinweis auf ein erstrebtes und zu ver­ folgendes Gemeinschaftsziel. In diesem Sinne hat die Kommission denn auch Initiativen entfaltet und Ratsentscheidungen herbeigeführt, ohne daß die Erledigung des Auftrages bereits greifbar wäre. b) Harmonisierungsentscheidungen des Rates, die — der Aufgabe der Angleichung entsprechend — nur in Gestalt von Richtlinien in Betracht kommen, bedürfen nach Art. 99 der Einstimmigkeit, zumal ihre Durchfüh­ rung nationale Gesetzgebungsakte erforderlich macht. Indes läßt Art. 99 II die Vorschriften der Art. 100 und 101 (über die Rechtsangleichung) aus­ drücklich unberührt. Deshalb können Harmonisierungsrichtlinien zur Be­ seitigung von Wettbewerbs Verzerrungen gemäß Art. 101 II seit Beginn der zweiten Stufe vom Rat auch mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden, und dies eben auch im steuerlichen Bereich des Art. 99. c) Die Steuerharmonisierung ist erforderlich, um Wettbewerbsverzerrun­ gen durch Angleichung der mitgliedstaatlichen Steuersysteme und außer den schon gefallenen Zollgrenzen auch die Steuergrenzen innerhalb des Gemein­ samen Marktes zu beseitigen. Erst diese doppelte Grenzaufhebung macht den Gemeinsamen Markt zum Binnenmarkt. Aber auch in ihm werden Aus­ gleichsmaßnahmen im grenzüberschreitenden Warenverkehr erst dann ganz entbehrlich, wenn auch die Steuersätze angeglichen sind. Angesichts der nach Steuersystemen und Steuersätzen bestehenden nationalen Unterschiede und der Fragwürdigkeit eines wirtschaftspolitisch eindeutig optimalen Steuer­ systems liegt in der Erfüllung des Harmonisierungsauftrages des Art. 99 eine besonders komplexe, langwierige Aufgabe. Das wird durch den Überblick über die bislang getroffenen Maßnahmen und den Kreis der noch für erfor­ derlich gehaltenen bestätigt (4019— 15).

111.

S te u e rlic h e G e m e in s c h a fts m a ß n a h m e n

1. U m s a tz s te u e r

9

a) Bei Inkrafttreten des EWGV wurde die Umsatzsteuer in allen Mit­ gliedstaaten außer in Frankreich nach dem System der kumulativen Mehr­ phasensteuer erhoben. Art. 97 entspricht dieser Ausgangslage. Nach diesem System werden Waren und Dienstleistungen auf jeder Stufe nach dem Ent­ gelt besteuert. Die Steuerbelastung ist Kostenelement und wird im Preis auf den Abnehmer abgewälzt, so daß die Belastung sich in Stufen kumuliert. Verringerung der Herstellungs- und Vertriebsstufen verkürzt die Belastung des Verbrauchers, ist also Anreiz zur Betriebskonzentration. Sie ist damit zugleich mögliche Ursache für unterschiedliche Belastung gleicher Waren und für Berechnungsschwierigkeiten beim Vorbelastungs-Ausgleich im grenz­ überschreitenden Verkehr, damit für Wettbewerbsverzerrungen. Demgegen-

40/9-11

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über ist das Mehrwertsteuersystem wettbewerbsneutral und kein Stimulans zur Konzentration. Es ist wegen der Überwälzbarkeit der Steuer letztlich auf den Verbraucher kein Kalkulations- und nur für den Endverbraucher ein Preiselement. Für Ausgleichsmaßnahmen ist es ohne Schwierigkeit trans­ parent und bestimmbar. Dieses System ist daher (unter Verwertung der französischen Erfahrungen) auf Kommissionsvorschlag nach Rats-Richtlinien von 1967, 1969 und 197114 in fünf der sechs Mitgliedstaaten zum 1. Januar 1972 eingeführt worden. Mit dieser Einführung (in der BRD bereits seit dem 1. Januar 1968, in Italien bis spätestens 1. Juli 1972) ist der Geltungs­ bereich der Art. 95—97 zwangsläufig eingeengt worden. 10 b) Die weitere Harmonisierung erfordert eine Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen und den Abbau der Steuergrenzen innerhalb der Gemeinschaft, um derart die Besteuerung von Einfuhren und die steuerliche Entlastung von Ausfuhren im Handelsverkehr innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu beseitigen. Endziel ist die Angleichung der national unterschied­ lichen Mehrwertsteuersätze (nach ihrer Zahl) und letztlich eine etwaige An­ näherung nach ihrer Höhe15. 2. S p e zie lle V erb ra u ch ssteu ern 11 Ihre Harmonisierung bereitet wegen ihres unterschiedlichen Anteils in den Steuersystemen der Mitgliedstaaten und der differenzierenden Bedeu­ tung der nationalen Finanzmonopole (37/24, 25), auch wegen der vonein­ ander abweichenden Verbrauchsgewohnheiten besondere Schwierigkeiten. Die Umgestaltung der Finanzmonopole nach Art. 37, in deren Monopolpreisen der Verbrauchssteueran teil erweisbar werden müßte, würde ihre Erzeugnisse dem Verkehr im Gemeinsamen Markt öffnen und dem Wettbewerb unter­ werfen16. In diesem Bereich zielen die Harmonisierungsvorschläge der Kom­ mission zweistufig zunächst auf die Angleichung der Anwendungsbereiche, der Bemessungsgrundlagen und der Erhebungsmodalitäten. Sie befassen sich insbesondere mit den Steuern auf Tabakwaren17, Alkohol und Mineralöl18. Da es in den Mitgliedstaaten insgesamt 26 besondere Verbrauchssteuern gibt und gemeinschaftsrechtlich nur solche relevant sind, die einen spürbaren Ein­ fluß auf den Handel haben, wird ein Teilbereich, dessen Grenzausgleichung für den Handel nicht erforderlich erscheint, unterschiedlich bestehen bleiben können. 14 E r s te R ic h t lin ie v . 1 1 . 4 . 1 9 6 7 (A B I . 1 3 0 1 ) ; Z w e i t e R ic h t l i n i e ( S t r u k t u r un d A n w c n d u n g s m o d a lit ä t e n d e s g e m e in s a m e n M e h r w e r t s t e u e r s y s t e m s ) v . 1 1 . 4 . 1 9 6 7 (A B I. 1 3 0 3 ) ; D r i t t e R ic h t li n ie ( E in f ü h r u n g d e r M e h r w e r t s t e u e r in d e n M it g lie d ­ s t a a t e n ) v . 9 . 12 . 1 9 6 9 (A B I . L 3 2 0 , 3 4 ) ; V i e r t e R ic h t l i n i e ( E i n f ü h r u n g in I ta lie n ) v . 2 0 . 12 . 1 9 7 1 (A B I . L 2 8 3 , 4 1 ) . — D a z u : Fischer N J W 1 9 6 8 , 3 2 3 ; Kempf, E u r o ­ p ä is c h e M e h r w e r ts te u e r ( 1 9 6 8 ) , Z f Z 1 9 7 0 , 3 5 3 . 15 Haferkamp , E u r G e m 6 / 1 9 7 1 , 1 0 . 10 van Houtte D r C o m m E u r N r . 2 2 0 4 . 17 G e ä n d . R ic h t li n ie n v o r s c h la g v . 2 0 . 1 1 . 1 9 7 0 ( A B I . 1 9 7 1 C 4 , 2 2 ) . 18 R ic h t li n ie n v o r s c h la g v . 2 8 . 1 2 . 1 9 7 0 (A B I . 1 9 7 1 G 1 4 , 2 5 ) . '

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Steuerliche Gemeinschaftsmaßnahmen

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3. I n d ir e k te S te u e r n a u f K a p ita la n s a m m lu n g e n

12 Entsprechend der Entschließung des Rates und der Regierungsvertreter vom 9. Februar/22. März 1971 zielt die Harmonisierung der Gesellschafts­ steuer19, der Wertpapiersteuer, der Steuern auf Einkünfte aus Schuldver­ schreibungen auf den Aufbau eines europäischen Kapitalmarktes. Fragen des sog. Quellenabzuges und der Doppelversteuerung (von Dividenden als Ge­ sellschaftsgewinn und als Aktionäreinkommen) sind hier zu lösen. Ergangen ist die Richtlinie des Rates vom 17. Juli 196920 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital. Auf diesem Gebiet steht die Harmonisierung vor einer schwierigen Aufgabe. Denn das Gemeinschafts­ interesse zielt auf intensive Anpassung, während die Mitgliedstaaten hier unterschiedliche, außerhalb der eigentlichen Steuerpolitik liegende (auch ge­ sellschaftspolitische) Ziele verfolgen21.

4. D i r e k t e S te u e r n

13 Ihre in den Auftrag des Art. 99 nicht einbezogene Harmonisierung ist erforderlich, soweit sie in ihren wettbewerbsrelevanten Elementen Einfluß haben auf die Kapitalbeschaffung der Unternehmen, ihre Umstrukturierung, Konzentrationsvorhaben, Sitz- und Niederlassungssitz-Wahl und die Frei­ zügigkeit ihrer Dienstleistenden und Arbeitskräfte. Die Kommission hat hier­ für das Programm für die Harmonisierung der direkten Steuern vom 7. Februar/23. Juni 1967 aufgestellt22. Es zielt unter Rangeinstufungen und Priori­ täten für die wettbewerbsrelevanten Steuerfaktoren auf Systemveränderungen zwecks Harmonisierung23. Sie würden insbesondere auch das Steuerrecht der BRD wesentlich berühren, und zwar für den Kapitalverkehr, für die Um­ strukturierung und Konzentration von Unternehmen, für die steuerliche Be­ handlung von Investitionen24. Der Plan der Errichtung einer Europäischen Handelsgesellschaft (39/12) wirft ebenfalls Steuerprobleme auf, deren ab ovo harmonisierte Lösung die Kommission zu berücksichtigen für erforder­ lich hält. 10 H i e r z u v g l . d e n K o m m i s s i o n s v o r s c h l a g f ü r e in e R ic h t lin ie b e tr . d ie F e s t­ s e t z u n g g e m e in s a m e r S ä t z e d e r G e s e lls c h a f t s s t e u c r (A B I . 1 9 7 1 C 3 4 , 1 ). 20 A B I . 1 9 6 9 L 2 4 9 , 2 5 . 21 Haferkamp , E u r G e m 6 / 1 9 7 1 , 1 1 . 22 D o k . S E K ( 6 7 ) 3 8 5 e n d g . u n d 1 4 8 0 e n d g . = S o n d e r b e ila g e z u m B u ll E W G 8 /1 9 6 7 . 2:1 Ebentheuer in : E i n f ü h r u n g 2 4 2 ; Fischer N J W 1 9 6 8 , 3 2 4 . 24 V g l. d ie z w e i M e m o r a n d e n d e r K o m m is s io n v . 5. 3. 1 9 6 9 z u m K a p it a lm a r k t u n d s e in e n s t e u e r li c h e n F r a g e n ( B u ll E G 5 / 1 9 6 9 , 2 3 ) , d ie d e m R a t a m 1 6 . 1. 1 9 6 9 v o n d e r K o m m i s s i o n u n t e r b r e i t e t e n V o r s c h lä g e fü r R ic h t lin ie n ü b e r d a s g e m e in ­ s a m e S t e u e r s y s t e m f ü r F u s io n e n , S p a l t u n g e n u n d d ie E in b r in g u n g v o n U n t e r n e h m e n s t e ile n , d ie G e s e l l s c h a f t e n v e r s c h ie d e n e r M i t g lie d s t a a t e n b e tr e f f e n (A B I. 1 9 6 9 C 3 9 , 1) s o w i e ü b e r d a s g e m e in s a m e S t e u e r s y s t e m fü r M u t t e r - u n d T o c h t e r g e s e ll­ s c h a f t e n v e r s c h ie d e n e r M i t g l i e d s t a a t e n (A B I . C 3 9 , 7 ). Z u d e n R id it lin ie n v o r s c h lä g e n : Sass A W D 1 9 7 0 , 5 3 3 ; Prym in : D i e A k t i e n g e s e l l s c h a f t 1 9 7 1 , 2 6 3 .

4 0 /1 4 -1 5

Steuerrecht

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R e a lste u e rn

5.

14

Sow eit auch ihre H arm onisierung erforderlich erscheint, um bei ihrer u re terhaltung als Ertragssteuern neben den Einkommensteuertypen grenzüberschreitende E)iskriminierungswirkungen auszuschließcn, entstehen ür ie B R D besondere V erfassungsfragen der föderalen Ordnung und der G aiantie oer kom m unalen Selbstverw altung. D enn die Realsteuern bilden in ei deutschen Finanzverfassung ein wesentliches Elem ent der Landes- und K om m unalzuständigkeiten.

6. D o p p e lb e s te u e r u n g e n

^ E)er von der Kommission eingesetzte Steuer- und Finanzausschuß (sog. Neumark-Ausschuß) hat in seinem Bericht von 1962 die Ansicht vertreten, im Gemeinsamen Markt solle die Steuerveranlagung im Wohnsitzstaat zen­ tralisiert werden25*. Diesem Fernziel, dessen Erreichung intensivste Anglei­ chung des Steuerrechts voraussetzt, streben zunächst zweiseitige Doppel­ besteuerungsabkommen gemäß Art. 220 zu20. Die Kommission hat die Initia­ tive ergriffen, um multilaterale Regelungen herbeizuführen. Solange solche Abkommen die Doppelbesteuerung nicht verhindern, wird der Marktbürger sich auf die unmittelbare, ihm günstige Anwendbarkeit des Art. 220 nicht berufen können. Denn die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs den Art. 12 und 95 zugedachte derartige Wirkung wohnt dem Art. 220 nicht inne, da er allenfalls Verhandlungspflichten der Mitgliedstaaten statuiert, nicht i. S. des Art. 169 sanktionierte Folgepflichten27.

25 Fischer N J W 1 9 6 8 , 3 2 5 . 2β Ü b e r s ic h t : A B I . 1 9 7 1 C 6 2 , 3 . 27 I m E r g e b n is e b e n s o : van Houtte D r C o m m E u r N r . 2 2 0 5 .

Siebter Teil RECHTSSTELLUNG DES MARKTBÜRGERS

§41 GRUNDRECHTE Badura, B e w a h r u n g u n d V e r ä n d e r u n g d e m o k r a t is c h e r u n d r e c h tss ta a tlic h e r V e r ­ f a s s u n g s s t r u k t u r in d e n in t e r n a t i o n a l e n G e m e in s c h a f t e n , V V D S t R L 2 3 ( 1 9 6 6 ) 3 4 ; Burghardt, D i e E ig e n t u m s o r d n u n g e n in d e n M i t g l i e d s t a a t e n u n d d e r E W G V — Z u r A u s l e g u n g v o n A r t . 2 2 2 E W G V ( 1 9 6 9 ) ; Erler, D a s G r u n d g e s e t z u n d d ie ö f ­ f e n t lic h e G e w a l t i n t e r n a t i o n a l e r S t a a t e n g e m e in s c h a f t e n , V V D S t R L 18 ( 1 9 6 0 ) 7 ; Eschery D i e G e l t u n g d e r E u r o p ä is c h e n M e n s c h e n r e c h t s k o n v e n t i o n g e g e n ü b e r d e n d r e i E u r o p ä is c h e n G e m e i n s d i a f t e n , D i s s . S a a r b r ü c k e n ( 1 9 6 4 ) ; Fuß, D i e E u r o p ä is c h e n G e m e in s c h a f t e n u n d d e r R e c h t s s t a a t s g e d a n k e ( 1 9 6 7 ) ; Gorny, V e r b in d lic h k e it d er B u n d e s g r u n d r e c h t e b e i d e r A n w e n d u n g v o n G e m e in s c h a fts r e c h t d u rch d e u tsc h e S t a a t s o r g a n e ( 1 9 6 9 ) ; von der Groebeny Ü b e r d a s P r o b l e m d e r G r u n d r e c h te in d er E u r o p ä is c h e n G e m e i n s c h a f t , F s H a l l s t e i n 2 2 6 ; Herpersy D i e s ta a tlic h e V e r f ü g u n g s ­ m a c h t ü b e r G r u n d r e c h t e a u f d e r B a s is d e s A r t . 2 4 A b s . 1 G G , b e h a n d e lt a m B e i­ s p ie l d e s A r t . 8 6 E A G V , D i s s . K ö l n ( 1 9 6 5 ) ; Kleinmanny V e r f a s s u n g s b e s c h w e r d e g e g e n d e u t s c h e G e s e t z e , d ie e u r o p ä is c h e s G e m e in s c h a fts r e c h t t r a n s f o r m ie r e n , N J W 1 9 6 9 , 3 5 5 ; Krämer , D a s R e c h t d e r e u r o p ä is c h e n I n t e g r a t io n s g e m e in s c h a f t e n u n d d ie d e u t s c h e n G r u n d r e c h t e , D i s s . K i e l ( 1 9 6 2 ) ; Kropholler, D i e E u r o p ä is c h e n G e ­ m e in s c h a f t e n u n d d e r G r u n d r e c h t s s c h u t z , E u R 1 9 6 9 , 1 2 8 ; Dietrich Küchenhoffy G r u n d r e c h te u n d e u r o p ä is c h e s S t a a t e n g e m e in s c h a f t s r e c h t , D Ö V 1 9 6 3 , 1 6 1 ; Lam­ bach, P r o b l e m e e in e r B i n d u n g d e r n a c h A r t . 2 4 I d e s G r u n d g e s e t z e s d e n E u r o ­ p ä is c h e n G e m e i n s c h a f t e n ü b e r t r a g e n e n H o h e i t s g e w a l t a n d ie G r u n d s ä t z e d e s d e m o ­ k r a t is c h e n R e c h t s s t a a t s , in s b e s o n d e r e a n d ie G r u n d r e c h te , D is s . M ü n c h e n ( 1 9 6 4 ) ; Lecheier, D i e a ll g e m e i n e n R e c h t s g r u n d s ä t z e in d e r R e c h ts p r e d iu n g d es E u r o p ä is c h e n G e r ic h t s h o f s , D i s s . E r l a n g e n / N ü r n b e r g ( 1 9 6 7 ) ; Lccheler, D e r E u r o p ä is c h e G e r ic h ts ­ h o f u n d d ie a l l g e m e i n e n R e c h t s g r u n d s ä t z e ( 1 9 7 1 ) ; Joachim Martens, D i e r e c h t s s ta a t­ lic h e S t r u k t u r d e r E u r o p ä is c h e n W ir t s c h a f t s g e m e in s c h a f t , E u R 1 9 7 0 , 2 1 0 ; von Mei­ bom, D e r E W G - V e r t r a g u n d d ie G r u n d r e c h te d e s G r u n d g e s e t z e s , D V B l . 1 9 6 9 , 4 3 7 ; Menzel, V e r f a s s u n g s r a n g f ü r d ie N o r m e n d e r E u r o p ä is c h e n M e n sc h e n r e c h ts ­ k o n v e n t i o n n a c h d e m R e c h t d e r B u n d e s r e p u b lik D e u ts c h la n d ? , F s G u g g e n h e im 5 7 3 ; Meyer-Lindenberg, D i e M e n s c h e n r e c h te im V ö lk e r r e c h t , B e r D t G e s V ö R 4 ( 1 9 6 1 ) 8 4 ; Partsch, D i e R e c h t e u n d F r e ih e it e n d e r E u r o p ä is c h e n M e n s c h e n r e c h t s k o n v e n t io n ( 1 9 6 6 ) ; Pcscatore, L e s d r o it s d e P h o m m e e t l ’in t é g r a t i o n e u r o p é e n n e , C a h D r E u r 1 9 6 8 , 6 2 9 ; Pescatore, D i e M e n s c h e n r e c h te u n d d ie e u r o p ä is c h e I n t e g r a t io n , I n t e g r a ­ t io n 1 9 6 9 , 1 0 3 ; Pescatore, F u n d a m e n t a l r ig h ts a n d fr e e d o m s in th e s y s te m o f th e E u r o p e a n C o m m u n i t i e s , A m J C o m p L 1 9 7 0 , 3 4 3 ; Pescatore, T h e p r o t e c t io n o f h u m a n r ig h ts in t h e E u r o p e a n C o m m u n i t i e s , C M L R 1 9 7 2 , 7 3 ; Rupp, D i e G r u n d r e c h te u n d d a s E u r o p ä is c h e G e m c in s c h a f t s r e c h t , N J W 1 9 7 0 , 3 5 3 ; Scholz, D e r in n e r s ta a tlic h e S c h u tz d e s S t a a t s b ü r g e r s in d e r B R D g e g e n ü b e r H o h e i t s a k t e n d e r ü b e r s ta a tlic h e n e u ­ r o p ä is c h e n G e m e i n s c h a f t e n , D i s s . W ü r z b u r g ( 1 9 6 2 ) ; Schwaiger, Z u m G r u n d r e c h ts ­ s c h u tz g e g e n ü b e r d e n E u r o p ä is c h e n G e m e in s c h a f t e n , N J W 1 9 7 0 , 9 7 5 ; Spanner, E W G - R e c h t u n d G r u n d r e c h t s s c h u t z , B a y V e r w B l . 1 9 7 0 , 3 4 1 ; Stcndardi, II s o g g e t t o p r iv a t o n e l l ’o r d i n a m e n t o c o m u n i t a r i o e u r o p e o ( 1 9 6 7 ) ; Thieme, D a s G r u n d g e s e t z u n d d ie ö f f e n t l i c h e G e w a l t i n t e r n a t i o n a l e r S t a a t e n g e m e in s c h a f t e n , V V D S t R L 18 ( 1 9 6 0 ) 5 0 ; Torrelli, L ’i n d i v i d u e t le d r o i t d e la C o m m u n a u t é é c o n o m iq u e e u r o ­ p é e n n e ( 1 9 7 0 ) ; Valenti, A s p e t t i d e l l a t u t e l a d e g li in t e r e s s i d e i p r iv a t i n e l d ir it t o c o m u n it a r io , R i v D i r E u r 1 9 6 7 , 1 1 7 ; Wengler, G r u n d r e c h ts m in im u m u n d Ä q u i v a le n z d e r G r u n d r e c h t s s c h u t z s y s t e m e , J Z 1 9 6 8 , 3 2 7 ; Ziegler, D a s G r u n d r e c h ts p r o b le m in d e n E u r o p ä is c h e n G e m e i n s c h a f t e n ( 1 9 7 0 ) ; Zuleeg, F u n d a m e n t a l r ig h ts a n d th e la w o f th e E u r o p e a n C o m m u n i t i e s , C M L R 1 9 7 1 , 4 4 6 .

Grundrechte

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Das Gemeinschaftsrecht und in seiner Anwendung ergehende Hoheitsakte können den Bereich individueller Freiheit der Marktbürger berühren, zu dessen Gewährleistung und Schutz im nationalen Verfassungsrecht Grund­ rechte bestehen. Das Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten hat den Grund­ rechtsschutz unterschiedlich nach Form und Intensität ausgestaltet. Er hat in der BRD in Art. 1—19 GG und in weiteren Rechtsschutzgewährleistungen eine besonders hervorgehobene und durch perfekte Rechtsweggarantien sanktionierte Ausprägung erfahren. Er ist überdies durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vervollkommnet und zusätzlich dimensioniert worden (Wertordnung, Drittwirkung). Hierin steht die BRD im Kreis der Mitgliedstaaten an der Spitze eines verfassungsrechtlich akzentuierten „Grundrechts-Bewußtseins“. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, daß der Frage des Grundrechtsschutzes des Marktbürgers im Bereich des Gemein­ schaftsrechts und seiner Anwendung in deutscher Theorie und Rechtspre­ chung eine ungewöhnliche Bedeutung zugemessen worden ist, wie das — von gewissen, aber weniger intensiven Erscheinungen entsprechender Art in Ita­ lien abgesehen — im übrigen in den anderen Mitgliedstaaten nicht festge­ stellt werden kann. Ein weiterer Grund für dieses besondere deutsche „Enga­ gement“ liegt darin, daß die Grundrechts-Thematik in der BRD als Test­ frage gestellt worden ist für die Verfassungsgrenzen der Integrationsgewalt des Art. 24 I GG und für die Rangordnung zwischen Gemeinschafts- und nationalem Recht. Angesichts dieser Situation ist es geboten, die Grund­ rechts-Thematik zunächst nach ihrer Bedeutung einzugrenzen, ihre Entwick­ lung zu kennzeichnen und in ihren übergreifenden Zusammenhängen zu plazieren.

I. B e d eu tu n g d es G ru n d re c h tssc h u tze s — E n tw ic k lu n g se in e r F o rd eru n g — Z u s a m m e n h a n g m it d e m R e c h ts s ta a ts p r in z ip 1. B e d eu tu n g

1 Daß der Grundrechtsschutz der Marktbürger im Geltungs- und Anwen­ dungsbereich des Gemeinschaftsrechts vornehmlich und am intensivsten in der deutschen Theorie und Rechtsprechung für bedeutsam gehalten worden ist, erklärt sich nicht aus der nächstliegenden und legitimen Ursache: dieses Engagement ist weder im deutschen Schrifttum noch in der Rechtsprechung dadurch entstanden, daß gegenüber deutschen Staatsangehörigen Gemein­ schaftsnormen oder Gemeinschaftsakte besonders zahlreich oder gravierend als Rechtsbeeinträchtigungen in Erscheinung getreten wären, die, am deut­ schen Grundrechtssystem gemessen, als evidente Grundrechtsverletzungcn hätten empfunden werden können. Von einer aus der Wirklichkeit der Inte­ grationserfahrung drückenden Last von Grundrechtsverletzungen kann schlechterdings nicht die Rede sein. Es gibt bis in die jüngste Zeit hinein um­ fangreiche und monographische Untersuchungen, die mit Nachdruck und

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Bedeutung, Entwicklung, Zusammenhänge der Grundrechtsthematik 4 1 /1 -2

Pathos die grundrechtliche Schutzlosigkeit des deutschen Marktbürgers ge­ genüber der öffentlichen Gemeinschaftsgewalt beklagen und hieraus weit übergreifende dogmatische und rechtspolitische Folgerungen ziehen, ohne auch nur zu erwägen, geschweige denn differenziert zu prüfen, welche Nor­ men des Gemeinschaftsrechts unmittelbar oder im Falle ihrer Anwendung durch Gemeinschaftsakt deutsche Grundrechtspositionen auch nur tangieren könnten1. Methodisch nicht weniger spekulativ indes verfahren andere Untersuchungen, die die Normen und Äußerungen der Gemeinschaftsgewalt zwar nicht in die Grenzen gerade der deutschen Grundrechtsordnung ver­ weisen wollen, andererseits aber grundrechtlich gleichwohl unbesorgt zu die­ ser Folgerung gelangen ohne Darlegung der rechtsstaatlichen Freiheitsver­ bürgungen und -Sicherungen, die dem Gemeinschaftsrecht selbst innewoh­ nen und deren Wirksamkeit seine Entbindung von nationalen Grundrechten rechtsstaatlich erst vertretbar machen kann. Die Mängel dieser Betrachtungsweise liegen darin, daß sie die Grundrechtsfrage losgelöst und distanziert vom Gemeinschaftsrecht und seiner tat­ sächlichen oder potentiellen Wirksamkeit zu beantworten suchen. Sie ist eben lediglich spekulativ orientiert an der Vorstellung, eine nidit-deutsche Hoheitsgewalt, deren Verfassung einen den Art. 1— 19 GG entsprechenden Grundrechtskatalog nicht besitze, könne im Schutzbereich der deutschen Grundrechte gegenüber deutschen Grundrechtsträgern belastend wirksam werden. Eine zutreffende Erörterung setzt demgegenüber voraus, daß die mögliche Grundrechtsrelevanz von Normen und Akten der Gemeinschaftsgewalt sub­ stantiell umschrieben (41/4— 14) und der rechtsstaatlidi-grundrechtliche Ge­ halt des Gemeinschaftsrechts sichtbar gemacht wird (41/15—24). 2. E n tw ic k lu n g d e r F o r d e r u n g

2

Zutreffend ist im Hinblick gerade auf die deutsdie Auseinandersetzung zur Grundrechtsthematik gefragt und geantwortet worden: „Was ist von derartigen Diskussionen zu halten, die offensichtlich für die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Zusammenhalt des europäischen Gemein­ schaftsgebäudes nicht ohne Gefahr sind? Zunächst ist festzuhalten, daß in der Gemeinschaftspraxis bislang kein ernsthaftes Problem des Menschen­ rechtsschutzes aufgetreten ist. Die Diskussionen über diese Frage waren des­ halb rein theoretisch; aber allein die Tatsache, daß Diskussionen geführt werden, droht die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu erschüttern.“2 Diese Erkenntnis deckt die Ursachen für die auffällige deutsche Interes­ siertheit am Grundrechtsthema, die sicherlich auch aus dem allgemein ge1 Rupp N J W 1 9 7 0 ; Gornyy V e r b i n d l i c h k e i t d e r B u n d e s g r u n d r e c h t e ; d a z u tis c h : Ipsen, V e r f a s s u n g s p e r s p e k t i v e n 2 2 ; Martens E u R 1 9 7 0 , 2 3 0 . 2 Pescatore I n t e g r a t i o n 1 9 6 9 , 1 0 9 , 1 2 6 .

k r i­

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Grundrechte

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steigerten deutschen Grundrechtsbewußtsein gespeist wird, allerdings noch nicht hinreichend auf. Sie reichen zeitlich zurück bis in den Anfang der 50er Jahre. In der deutschen Grundrechts-Diskussion zum Gemeinschaftsrecht prolongiert sich bis heute eine verfassungsrechtliche Auseinandersetzung um die Auslegung und Tragweite des Art. 24 I GG und die deutsche Teilnahme an supranationaler Integration. Diese hat mit dem Streit um die EVG und dem Kampf um den Wehrbeitrag eingesetzt und Fortgang erfahren, obwohl sie in ihren Kernfragen seither verfassungstheoretisch und in der Verfas­ sungswirklichkeit erledigt worden ist. Die Grundrechtsdiskussion ist — weit über ihr durchaus begründetes rechtsstaatliches Anliegen hinaus — deshalb einmal ein verspätetes Nachhutgefecht um den Einsatz der Integrations­ gewalt, andererseits zugleich aber auch eine Präventivaktion gegen den Fortgang der funktionellen Wirtschaftsintegration ohne simultane Aufrich­ tung einer europäischen Bundesstaatlichkeit. Die Stadien dieser Diskussion und ihre rechtspolitischen Stoßrichtungen können das verdeutlichen. a) Im — gerichtlich nicht ausgetragenen — Verfassungsstreit um den „Wehrbeitrag“ und den Beitritt der BRD zur EVG war das Postulat struk­ tureller Kongruenz und Homogenität zwischen dem Grundgesetz und der Verfassung der Integrationsgemeinschaft auch auf den — hier interessieren­ den — grundrechtlichen Schutz der individuellen Freiheitssphäre bezogen worden3. Dieses Erfordernis ist dann — bis heute immer wieder zur Geltung gebracht — auf die Fundamentalentscheidung des Grundgesetzes zum Grund­ rechtsschutz reduziert worden mit der einschränkenden These, die Gemein­ schaftsgewalt sei jedenfalls an den Gehalt des Art. 79 III GG, damit an die Grundsätze der Art. 1 und 20 GG, zu binden4. Das Homogenitätserfordernis wird mit der in der Wirkung vergleichbaren, nur anders konstruierenden Auffassung entbehrlich, die Gemeinschaftsgewalt sei jedenfalls an die Schranken der in den Mitgliedstaaten übereinstimmend geltenden Grund­ rechte als „ungeschriebenes Verfassungsrecht der Staatengemeinschaft“ ge­ bunden5. Erst einer diese Dualismen überwindenden ganzheitlichen, gcmcinschaftsimmanenten Betrachtungsweise gelingt es dann, das Gemeinschaftsrecht aus den Begrenzungen nationaler Grundrechtsverbürgungen zu lösen. Sie ver­ weist die rechtsstaatliche Eingrenzung der Gemeinschaftsgewalt in das Gemeinschaftsrecht selbst und erkennt, daß diese Eingrenzung eine notwendig einheitliche, nicht national differierende sein kann6. Denn wenn die Gemein­ schaftsgewalt als solche in ihrer „unantastbaren Eigenart, in der Gemein­ schaft ganzheitlich und einheitlich zu gelten“7, im begründeten Individual3 A r t. 3 § 1 E V G V h a t t e ü b r ig e n s v o r g e s e h e n , d ie G e m e i n s c h a f t h a b e b e i ih ren E in g r if f e n „ d ie s ta a ts b ü r g e r lic h e n R e c h te u n d d ie G r u n d r e c h t e d e s e i n z e l n e n “ zu w ahren. 4 Erler V V D S t R L 18 ( I 9 6 0 ) 43. 5 Thieme e b e n d a 53. 6 Badura V V D S t R L 2 3 (1 9 6 6 ) 1 0 2 ; Ipsen e b e n d a 1 3 5 ; Ziegler, D a s G r u n d r e d it s p r o b le m in d e n E u r o p ä is d ie n G e m e in s c h a f t e n 9 ; Pescatore I n t e g r a t i o n 1 9 6 9 , 1 1 0 . 7 Ipsen, B e n s h e im - R e f e r a t 2 1 . /

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interesse beschränkt wird, kann auch solche Beschränkung nur einheitlich gelten, nicht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat differenziert wirken, soweit die nationalen Grundrechtsverbürgungen sich voneinander unterscheiden. Obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 18. Oktober 196 78 in seinen tragenden Erwägungen den Vorgang der Vergemeinschaf­ tung nach Art. 24 I GG verfassungsrechtlich nicht in Zweifel zieht, die Ge­ meinschaften als selbständige und unabhängige Träger originärer öffentlicher Gewalt, ihre autonome Rechtsordnung, ihre Supranationalität, ihr einheit­ liches Rechtsschutzsystem und damit insgesamt den fortschrittlichen Stand­ punkt der deutschen Theorie anerkennt, hat es hinsichtlich des Grundrechts­ schutzes einen Vorbehalt stipuliert, und zwar im Rückgriff auf das jetzt auf die Grundrechtsthematik begrenzte Homogenitätspostulat. Wiewohl die ge­ naue Exegese des Beschlusses erweist, daß das Gericht hiermit etwas „reser­ vieren“ will, was nach seiner eigenen Argumentation nicht reservierbar ist, hat es mit seinem Homogenitäts-Vorbehalt im Grundrechtsbereich jener deutschen Diskussion neue Nahrung zugeführt. b) Diese deutsche Grundrechtsdiskussion, die die Gemeinschaftsgewalt im Sinne der Art. 1— 19 GG kraft deutschen Verfassungsrechts begrenzt und gebunden sehen will, versucht nicht nur verspätet, den Integrationsschritt als solchen in Frage zu stellen oder in verfassungsrechtlicher Schwebe zu halten. Sie will auch präventiv den Fortschritt der funktionellen Integration verhindern oder hemmen. Dies deshalb, weil sie, wenn überhaupt, eine wei­ tere Öffnung deutscher Staatlichkeit zu supranationaler Ordnung nur in der Gestaltung europäischer Bundesstaatlichkeit nach dem grundgesetzlichen Modell zu sehen vermag. Verfassungspolitisch beruht das auf dem Postulat, die Konstitutionsprinzipien des Nationalstaates modellhaft einzusetzen, unter ihnen das des parlamentarisch-demokratischen Regierungssystems, sei­ nes Konsensprinzips und — was hier interessiert — auch seines Systems der Gewaltenteilung und grundrechtlicher Freiheitsverbürgung. Indem die kon­ stitutionelle Gewährleistung des liberalen Grundrechtssystems als Struktur­ element vorgegeben, unabdingbar, unersetzlich und maßgeblich erscheint, verstellt sich eine derartige Grundrechtsdiskussion aber den Blick für die Frage, ob die funktionelle Vergemeinschaftung nicht anderer Gestaltungs­ formen rechtsstaatlicher Sicherungen der individuellen Freiheit bedarf und — vor allem — über sie im geltenden Gemeinschaftsrecht nicht schon ver­ fügt. Ihre Ignorierung, Verleugnung oder Abwertung bedeutet daher nicht nur de lege lata eine verfassungsrechtliche Verzeichnung der bestehenden Zuordnung zwischen Gemeinschaftsgewalt und Marktbürger, sondern zu­ gleich de lege ferenda eine präventive Verkürzung der im Gemeinschafts­ recht enthaltenen rechtsstaatlichen Entwicklungschancen. 8 BVerfGE 22, 293 = EuR 1968, 134 mit Anm. lpsen\ vgl. auch BVerfGBeschluß vom 9. 6. 1971 — ZBvR 225/69 — EuR 1972, 51 mit Anm. Ipsen.

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Grundrechte

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c) Da die deutschen Grundrechte Verfassungsrang haben und ihre Ver­ letzung durch Normenkontrolle und Verfassungsbeschwerde verfassungsge­ richtlich geprüft wird, kann die Beantwortung der Frage, ob die Gemein­ schaftsgewalt durch sie begrenzt und an sie gebunden ist, auch vom Inhalt der Rangordnung zwischen Gemeinschafts- und nationalem Recht abgeleitet werden. Denn wenn Gemeinschaftsrecht allem nationalen Recht schlechthin im Rang vorgeht, entfiele logisch die Verletzbarkeit nationaler Grundrechte durch Gemeinschaftsgewalt. Wenn der Gemeinschaftsvorrang als nur gegen­ über dem einfachen nationalen Gesetz wirksam gilt, bleibt die nationale Grundrechtsgewährleistung gemeinschaftsfest, soweit Gemeinschaftsrecht die nationale gesetzliche Grundrechtsbeschränkbarkeit nicht überschreitet. Und elementarer Grundrechtsschutz i. S. des Art. 79 III GG bleibt rechtslogisch jedenfalls dann wirksam gegenüber der Gemeinschaftsgewalt, wenn der sonst gebilligte Vorrang des Gemeinschaftsrechts diese letzte Homogenitätsgrenze respektieren muß. So erklärt sich, daß die deutsche Erörterung der Grundrechtsthematik weithin stattfindet in der Einbettung in die Rang- und Kollisionsfrage (hierüber § 10)9. Mit der (hier vertretenen) Annahme des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch vor nationalem Verfassungsrecht ist die Grund­ rechtsthematik, wiewohl rechtslogisch ausgeräumt, indes in ihrer Substanz nicht erledigt. Denn sie hat ihr eigenes Gewicht. d) Der Vergleich der Verfassungen der sechs Mitgliedstaaten im Hinblick auf ihren integrationsrelevanten Grundrechtsgehalt10 zeigt, daß Gleichheits-, Eigentums-, Vereinigungs- und Koalitionsrecht, Berufsfreiheit, Gleichberechti­ gung von Mann und Frau sowie der Rechtsschutz Ausgestaltungen erfahren haben, die in wesentlichen Zügen kommensurabel sind. Dem vorrangigen Interesse an der Grundrechtsthematik in der BRD stehen die anderen Mit­ gliedstaaten nach, insbesondere Frankreich und die Benelux-Staaten. Die italienische Rechtsprechung ist vornehmlich der Frage nachgegangen, ob die gemeinschaftsrechtlichen Recbtsschutzgzrantien denen der italienischen Ver­ fassung gleichwertig sind, und zwar mit durchweg bejahendem Ergebnis. In den anderen nationalen Gerichtsbarkeiten ist das Thema, soweit ersichtlich, nicht aktuell geworden11.

3. R e c h ts s ta a ts p r in z ip

3 Die Annahme des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht kann die Grundrechtsthematik nur rechtslogisch, formal und vorder­ gründig entschärfen. Ihre Eingrenzung auf das der Gemeinschaftswirklich9 Beispiele: Wagner, Besdilußrecht 252; Gorny, Verbindlidikeit der Bundesgrund­ rechte 21—134. 10 Vergleichende Übersiditen bei Pescatore, Integration 1969, 128—134. 11 Pescatore 108/109.

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Gemeinschaftsrelevante Grundrechtsbereiche

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keit adäquate Maß — durch empirische Ermittlung möglicher Kollisions­ tatbestände und durch Klarstellung der grundrechtswirksamen inneren Ge­ meinschaftsstrukturen und Handlungsprinzipien — kann die legitime Sorge um Freiheitsverkürzung wesentlich verringern. Das begründete Anliegen, im nationalen Verfassungsrecht gewährleistete Grundrechtsgarantien durch ihre Öffnung gegenüber öffentlicher Gemeinschaftsgewalt rechtsstaatlich nicht zu entblößen, bedarf dieser doppelten Überprüfung, und dies auch zur Auf­ bereitung künftiger Verfassungsentscheidungen und -gestaltungen der Ge­ meinschaften und zur Klärung, ob die gemeinschaftsimmanenten Mechanis­ men rechtsstaatlicher Freiheitssicherung im Ansatz funktionieren und aus­ reichen.

I I . G e m e i n s c b a f t s r e l e v a n t e G ru n d re ch tsb er eic h e

4 Aus der Ziel- und Aufgabenbegrenzung der funktionellen Wirtschafts­ integration folgt, daß bestimmte, für das nationale Verfassungsrecht rele­ vante Grundrechtsbereiche indifferent sind gegenüber möglicher Beeinträch­ tigung durch Gemeinschaftsgewalt. Das gilt — nach den Bereichsbestimmun­ gen des deutschen Grundrechtskatalogs umschrieben — vom Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit12 sowie von der Freiheit der Person (Art. 2 II), von Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4), vom Recht der freien Meinungsäußerung und der Freiheit von Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5), von den Schutzbereichen der Art. 6 und 7 (Ehe, Familie, uneheliche Kinder, Schulwesen)13, von der Versammlungsfreiheit (Art. 8), der Freizügigkeit im Bundesgebiet (Art. 11), dem Schutzbereich des Art. 16 (Ausbürgerung, Auslieferung, Asylrecht), des Art. 17 (Petitionsrecht), des Art. 103 II (Rückwirkungsverbot für Strafgesetze) und des Art. 104 (Rechts­ garantien bei Freiheitsentziehung)14. Für andere Grundrechtsbereiche, denen Irrelevanz im Gemeinschaftsrecht attestiert worden ist15, bleibt nähere Prü­ fung geboten (Art. 10: Brief-, Post-, Fernmeldegeheimnis, Art. 13: Unver­ letzlichkeit der Wohnung, Art. 103 III: Verbot des ne bis in idem für all­ gemeine Strafgesetze). 12 Die nach Art. 30 II c EAGV vorgesehenen Grundsätze für die ärztliche Über­ wachung der Arbeitskräfte mit möglichem Untersuchungszwang halten sich im Rah­ men des Art. 2 II 3 GG; vgl. Krämer, Das Recht der europäischen Integrations­ gemeinschaften und die deutschen Grundredite 100. 13 Art. 10—12 der Freizügigkeits-VO Nr. 1612/68 v. 15. 10. 1968 (ABI. L 257, 2), die die Diskriminierung der Arbeitnehmer auf Grund ihrer Staatsangehö­ rigkeit beseitigt, erweitern hinsichtlich der Arbeitnehmer-Familien die Grundrechts­ wirkungen des Art. 6 GG; zu den entsprechenden Vorschriften der zuvor gelten­ den Freizügigkeits-VO Nr. 38/64 (ABI. 965) vgl. von der Groeben Fs Hallstein 238. 14 Zur gemeinschaftsrechtlichen Irrelevanz der Art. 4—8, 11, 16, 17, 103 II, 104 GG vgl. Krämer 110—113, 148, 151, 152. 15 von der Groeben Fs Hallstein 229; Zieger 13. 46 Ipscn, Eur. Gemeinschaftsrecht

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Grundrechte

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Gemeinschaftsrelevanz kommt im übrigen vornehmlich denjenigen Grund­ rechtsbereichen zu, in denen der Marktbürger sich wirtschaftlich entfaltet oder die Wirtschaftsfreiheit ihre Respektierung voraussetzt: Wirtschafts­ freiheit i. S. des Art. 2 I GG, Gleichheit (Art. 3 I, II), Vereinigungsfreiheit (Art. 9), Berufsfreiheit (Art. 12 I), Brief-, Post-, Fernmeldegeheimnis (Art. 10), Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13), Freiheit des Eigentums (Art. 14), Rechtsweggewährleistung (Art. 19 IV), ne bis in idem-Gebot (Art. 103 III). Ihre etwaige Gefährdung steht — unterschiedlich berührt durch denkbare Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts und seiner Anwen­ dung — um so eher und intensiver in Frage, je umfassender und tiefgreifen­ der planende, intervenierende und kontrollierende Maßnahmen vom Ver­ tragsrecht zugelassen sind. Ihrer Struktur nach gilt das im Gefälle primär vom EAGV, danach vom EGKSV, 'weniger im EWGV-Bereich, dort sektoral untersdiiedlich und vorwiegend erst kraft Sekundärrechts.

1. W ir ts c h a f ts f r e ih e it

5 Die Wirtschaftsfreiheit ist als ein durch Art. 2 I GG gewährleistetes Grund­ recht zu begreifen, das sich nicht in der Addition oder Einzelausprägung der dekli­ niert gewährleisteten wirtschaftserheblichen Einzelgrundrechte (des Eigentums, der Berufsfreiheit, Vertragsfreiheit und der Freiheit von Vergemeinschaftung) erschöpft. Gegenüber hoheitlich-öffentlicher Einwirkung, wie sie kraft deutschen öffentlichen oder kraft Gemeinschaftsrechts in Frage steht, schützt Art. 2 I GG die Wirtschafts­ freiheit als unternehmerische Dispositionsfreiheit. Sie wirkt nicht nur vermögens­ wertig, sondern eigenständig aus dem Wesensgehalt des privaten Wirtschaftens über Ob und Wie der wirtschaftlichen Disposition, über Unternehmerinitiative und Un­ ternehmerentscheidung16. Soweit hierdurch nicht unmittelbar grundrechtliche Eigentumsbefugnisse berührt werden, deren Schutz Art. 14 GG gewährleistet, ist diese Wirtschaftsfreiheit ein­ geschränkt im Bereich des EAGV durch Anzeige-, Anbietungs- und Ablieferungs­ gebote (Art. 16, 41 ff.; 57 II, 62), im Hinblick auf Rohstoffversorgung durch das Versorgungsmonopol der Agentur für Erze, Ausgangs- und besondere spaltbare Stoffe (Art. 52 ff., 57 ff.), ferner durch Preisfestsetzungen (Art. 68 III, 69). Darin liegende Beschränkungen der Vertragsfreiheit gehen über die nach Art. 2 I GG zu­ gelassenen nicht hinaus17. 16 Ipsen, Rechtsfragen der Wirtschaftsplanung, Planung II (1966) 96; ders., Ge­ setzliche Bevorratungspflicht Privater. Erläutert am Modell des Gesetzes über Min­ destvorräte an Erdölerzeugnissen vom 9. September 1965 (BGBl. I, 1217), AöR 90 (1965) 430; hieran ist mit Nachdruck festzuhalten, auch nachdem BVerfGE 30, 292 sich in einer starren und exklusiven Zuordnung der Elemente der Wirtschaftsfrei­ heit nur zu den Art. ‘12 und 14 GG selbst den Weg verschlossen hat, gesetzliche Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit an Art. 2 I GG zu messen und dabei den Prinzipien der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gerecht zu werden. Auf diese Weise werden gesetzliche Freiheitsbeschränkungen durch Indienstnahme zu öffentlichen Aufgaben ohne finanzielle Abgeltung ermöglicht, die unentgeltlich aufzuerlegen eben weder erforderlich noch verhältnismäßig ist, und dies einfach deshalb, weil sie, fälschlich dem Art. 14 GG zugeordnet, nach seinem Verständnis durch das Gericht mit dem Vermögen nicht das Eigentum treffen. 17 Krämer 99.

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Gemeinschaftsrelevante Grundrechtsbereiche

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Im EGKSV können vergleichbare Wirkungen ausgehen von Lohn-, Preis- und Quotenfestsetzungen (Art. 60 ff., 68), von der Investitionskontrolle (Art. 54), der Einflußnahme auf Produktion und Verteilung (Art. 58 ff.). Mindestpreisfestsetzun­ gen gestattet auch Art. 44 EWGV im Agrarsektor. Das Kartellrecht der Art. 85 ff. EWGV, 65 ff. EGKSV ermöglicht ein System hoheitlicher Einwirkungen auf die Entfaltung der Wirtschafts- und Vertragsfreiheit. Seine Ausgestaltung durch das Sekundärrecht hat bewirkt, daß Ermessensbefugnisse der Gemeinschaftsinstanzen in ähnlicher Weise eingegrenzt worden sind wie durch die Regelungen des GWB, das seinerseits ebenfalls vom Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt bestimmt wird. Auch hier stehen Grundrechtsbeeinträchtigungen, die die durch Art. 2 I GG zu­ gelassenen überschreiten, nicht in Frage. Daß zahlreiche Gemeinschaftsakte unter möglicher Sanktionierung durch Zwangs­ gelder und Bußen (z. B. Art. 47 EGKSV) stehen und Unternehmen der Kohleund Stahlindustrie der Umlagepflicht nach Art. 49 EGKSV unterworfen sind (sol­ che i. S. des EAGV möglicherweise nach Art. 173 EAGV), kann ihre wirtschaft­ liche Dispositionsfreiheit durch Auferlegung von Geldleistungspflichten beschrän­ ken. Soweit sie grundrechtlich nicht dem Art. 14 GG unterfällt, kann sie als Be­ schränkung der Wirtschaftsfreiheit gemessen werden, geht über die Grenzen des Art. 2 I GG indes nicht hinaus.

2. G le i c h h e it 6 Der allgemeine Gleichheitssatz — Gleichheit vor dem Gesetz i. S. des Willkür­ verbots (Art. 3 I GG) — findet im positiven Gemeinschaftsrecht keinen allgemei­ nen Ausdruck, indes in allen Bereichen vielfältige Spezifizierung (§ 30). Das natio­ nale verfassungsrechtliche Willkürverbot wird durch sie gemeinschaftsrechtlich in­ tensiviert und überhöht. Daß Berufung auf das Willkürverbot im wirtschaftlichen Bereich höheren Freiheitsschutz vermitteln könnte als diejenige auf das jeweils kon­ kret anwendbare Diskriminierungsverbot des Gemeinschaftsrechts, erscheint jeden­ falls im Bereich der Eingriffsverwaltung ausgeschlossen. Auch in der Leistungsver­ waltung der Gemeinschaften können konkretisierte Diskriminierungsverbote die Gleichheit in der „Zuteilung“ intensiver gewährleisten als die Berufung auf das allgemeine Willkürverbot. Das gilt etwa im Bereich der Subventionsverwaltung weitesten Sinnes, so für Anpassungshilfen, Ausgleichszahlungen, Investitionsförde­ rungen (Art. 56, 58, 54 EGKSV), für Anpassungshilfen nach Art. 123 EWGV, Investitionsförderung durch die Europäische Investitionsbank (Art. 130 EWGV), ebenso für die finanzielle Investitionsförderung von Forschungs-, Schürfungs- und Anlagevorhaben nach Art. 6, 46, 70 EAGV. Das Gebot der Geschlechter-Gleichbehandlung des Art. 3 II GG wiederholt sich substantiiert in Art. 119 EWGV als eine von den Mitgliedstaaten übernommene Vertragspflicht. Seine unmittelbare Wirksamkeit zugunsten der einzelnen Arbeit­ nehmer ist zu bejahen (30/11). Im übrigen wirken die Diskriminierungsverbote des Gemeinschaftsrechts — vielfältiger als die Gleichheitssätzc des GG — in zahlreichen Ausgestaltungen audi gegenüber privater Wirtschaftsmacht Dritter. Sie besitzen insoweit also sog. Drittwirkung (30/10,11) und tragen dadurch dazu bei, die Wirtsdiaftsfreiheit und die Berufsfreiheit des einzelnen zu intensivieren, so z. B. durch Art. 4 b und d i. Verb, mit Art. 3 b. Sollte im gemeinschaftsrechtlichen Wirkungsbereich des Gleichheitssatzes bei An­ wendung von Ermessensbefugnissen hingegen ungerechtfertigt differenziert werden, liegt hierin in aller Regel ein Ermessensmißbrauch, weil damit „ein anderes Ziel verfolgt worden ist, als (das handelnde Gemeinschaftsorgan) rechtmäßigerweise 46 '

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Grundrechte

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verfolgen durfte“18. Dieser Rechtsmangel kann materiellrechtlich und prozessual vom Betroffenen geltend gemacht werden. Das gilt auch, falls aus Gründen diskri­ miniert würde, die Art. 3 III GG ausschließt, und zwar in Vergleichspaarungen, die (Abstammung, Rasse, Herkunft, Glauben, politische Überzeugung) im Wirt­ schaftsrecht der Gemeinschaften realiter allerdings ohne Interesse und ohne Rele­ vanz sind und deshalb Rechtskonflikte schwerlich auslösen können.

3. V erein ig u n g sfre ih eit

7 Die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG, insbes. die Koalitionsfreiheit seines Abs. III, ist für das Gemeinschaftsrecht ein Schutzgut erstrebter europäischer Di­ mensionierung unter dem Gleichheitsgebot des Art. 7 EWGV. Das Durchführungs­ recht zu Art. 48—51 über die Freizügigkeit der Arbeitskräfte hat dieses Gebot ver­ wirklicht, ohne damit die Koalitionsfreiheit der Staatsangehörigen beeinträchtigen zu können. Soweit das Gemeinschafts-Kartellrecht — außer der Wirtschaftsfreiheit — auch die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 III GG berührt, gehört es zu den poten­ tiellen Gefährdungsbereichen. Wenn Art. 48 EGKSV die Freiheit der Unternehmen zur Bildung von Verbän­ den (wegen des Kartellverbotes der Art. 65, 66) hervorhebt, ihre Tätigkeit nach Abs. I Satz 2 aber von der Vereinbarkeit mit dem Vertrage und Sekundärrccht abhängig macht, so steht diese Eingrenzung allenfalls ihrer Aktivität, nicht ihrer Existenz entgegen. Sanktionen gegen Verstöße sind nicht vorgesehen. Die nicht aus­ drücklich statuierte Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer wird, wie Art. 18 1 EGKSV über den Beratenden Ausschuß erweist, als selbstverständlich vorausgesetzt19.

4. B riefg eh eim n is

Das Briefgeheimnis des Art. 10 GG könnte berührt werden, wenn das allge­ meine Auskunftsrecht der Kommission nach Art. 213 EWGV, 47 I EGKSV, 187 EAGV, das ein Einsicht und Prüfung einbeschließendes Nachprüfungsrecht umfaßt (vgl. speziell hierfür Art. 82 II EAGV), gegenüber dem Schriftwechsel vor Post­ aufgabe geltend gemacht werden würde. Die für Einsichtnahmen und Prüfungen erforderliche gesetzliche Grundlage deutschen Rechts findet sich im Wirtschaftsbereidi z. B. in § 46 I 2 G WB, § 36 I 1 OWiG, § 44 I 3 AWG, §§ 162 X, XI, 171 II, 193 I AO20. Unter Berufung auf das Auskunftsrecht stattfindende Eingriffe in das Briefgeheimnis müßten an Hand dieser Regelungen gemessen werden. Im gegenständlichen Zusammenhang mit dem Auskunftsrecht der Gemeinschaf­ ten, das das Briefgeheimnis berühren könnte, steht das etwaige Auskunftsverwei­ gerungsrecht eines Betroffenen, soweit er sich sonst der Gefahr der Sclbstbezichtigung aussetzt. Hier kommt eine Berufung auf Art. 2 I GG in Betracht21.

8

18 EuGFI Rs 2/57 Rspr. IV, 136; Krämer 106. 19 Scholz, Der innerstaatliche Schutz des Staatsbürgers 65; Kramer 111. 20 Dazu: Oehler, Postgeheimnis, in: Neumann-Nipperdey-Scheuner, Die Grund­ rechte II (1954) 609; Iianebuth, Das Auskunftsrecht im europäischen Wirtschafts­ recht (1967) 270, 273. 21 Zieger 55 mit Anm. 257; Würdinger, in: Würdinger-Woblfartb, Das Aus­ kunftsrecht gegenüber Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüssen innerhalb internationaler Gemeinschaften (1964) 20; Wohlfarth ebenda 42, 83. Die Aus­ sprache hierzu (a.a.O. 67 ff.) hat ergeben, daß die Frage praktisch lösbar ist.

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Gemeinschaftsrelevante Grundrechtsbereiche

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5. B e r u f s f r e i h e i t

9

Im grundrechtlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) als solcher können sich die Gemeinschaftsregelungen zur Herstellung der vier Freiheiten (§§ 34—36) nicht im Sinne möglicher Zusatzbeschränkungen zu den nadi deutschem Recht zugelassenen auswirken22. Sie äußern sich vielmehr in der durch Art. 7 EWGV angezeigten Dimension zur Ausräumung mitgliedstaatlicher Beschränkun­ gen aus Gründen der Staatsangehörigkeit und zur Inländergleichbehandlung der Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten. Hier verwandelt das Gemeinschafts­ recht also ein Deutschen-Grundrecht, ohne es für Deutsche zu verkürzen, in ein europäisches Grundrecht der Marktbürger. Art. 220 EWGV wirkt in gleicher Rich­ tung, ebenso Art. 221 aaO.

6. U n v e r l e t z l i c h k e i t d e r W o h n u n g

10 Die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG), zu der auch zu Geschäfts­ zwecken benutzte Räume zählen, kann berührt werden, wenn Gemeinschaftsmaß­ nahmen der Sicherheitsüberwachung und Inspektion nach Art. 77 ff., 81, 83 EAGV und solche der Kontrolle nach Art. 86 IV EGKSV Wohnungen und Geschäftsräume von Personen betreffen, die sich beruflich mit überwachungspflichtigen oder kon­ trollierten Stoffen, Ausrüstungsgegenständen oder Anlagen beschäftigen. Indessen handeln die Kontrollbeamten der EGKS jeweils in den Grenzen des nationalen Rechts, die EAG-Inspektoren deshalb auf gesetzlicher Grundlage, weil der EAGV, der in deutsches Recht transformiert worden ist, hierfür die nach Art. 13 GG erfor­ derliche Grundlage gibt.

7. E i g e n t u m 11 a) Art. 222 EWGV, 83 EGKSV lassen die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaatcn unberührt. Hierdurch wird aber nur das Verhältnis der Mitglicdstaaten zu den Gemeinschaften geregelt, und zwar im Sinne einer Kompetenzabgrenzung. Rechtsschutzwirkungen zugunsten des einzelnen Marktbürgers, also als Abwehr­ und Freiheitsrecht-Gewährleistung gegenüber der öffentlichen Gemeinschaftsgewalt, die ihr Eigentum berührt, kommt diesen Regelungen nicht zu; sie sind nicht gemeinschaftsrechtlichc individuelle Eigentumsgewährleistungen. Deshalb bleibt das Eigentum als verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht anfällig gegenüber Einwir­ kungen des Gemeinschaftsrechts23. Diese Anfälligkeit ist indes keine größere als die gegenüber Wirtsdiaftsinterventionen und sonstigen Beschränkungsmaßnahmen deutschen Rechts. Nach der zu Art. 14 GG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über zuläs­ sige gesetzliche Eigentumsbeschränkungen und die Grenzen des Enteignungsschutzes ist das Eigentum gegenüber Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts in nicht höhe­ rem Maße anfällig als gegenüber solchen des deutschen Rechts. So erklärt sich, daß bislang denn auch kein Fall praktisch oder sonst ersichtlich geworden ist, in dem ein Bedürfnis nach deutscher Grundrechtsgewährleistung gegenüber öffentlicher Ge­ meinschaftsgewalt akut geworden wäre. Soweit Berufungen auf Art. 14 GG gegen22 Krämer 114. 23 Burghardt, Die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaatcn und der EWGV 71, 104; Quadri u. a. Komm. 6 zu Art. 222; and. Ans. Krämer 120 („relative Ga­ rantie“).

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Grundrechte

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über Gemeinschaftsmaßnahmen stattgefunden haben und der Gerichtshof solche Überprüfung bislang aus seiner Sicht hat ablehnen müssen24, war es evident oder bei Prüfung an Hand des Art. 14 GG unschwer erkennbar, daß die fragliche Ein­ wirkung auch nadi deutschen Grundrechtsmaßstäben nicht zu beanstanden gewe­ sen wäre. 12 b) In Intensität ist diese Frage vertieft worden im Hinblick auf Art. 86, 57 ff., 52 ff., 14 ff. EAGV. Nach diesen Regelungen steht der Gemeinschaft das Eigentum an den besonderen spaltbaren Stoffen zu, die von einem Mitgliedstaat, einer Person oder einem Unternehmen erzeugt oder eingeführt werden und der Sicherheitsüberwachung unterliegen. Sie räumen der Gemeinschaft ein Bezugsrecht an allen Erzen und Ausgangsstoffen und ein Versorgungsmonopol sowie das Recht auf Zwangslizenzierungen an Patenten, Patentanmeldungen und Gebrauchsmustern ein25. Die Regelung beruht auf Intentionen, die dem Art. 15 GG vergleichbar sind. Für die Grundrechtsprüfung bleibt beachtlich, daß das unbeschränkte Nutzungs- und Verbrauchsrecht der Besitzer nach Art. 87 gewährleistet ist und Art. 89 EAGV in der Führung des Finanzkontos durch die Agentur eine Entschädigungs­ regelung bereitgestellt hat. Auch bleibt zu bedenken, daß bei Inkrafttreten des EAGV deutsches Privateigentum an Kernbrennstoffen nicht existierte26. Daß Art. 91 EAGV für die Ordnung des Eigentums an anderen Objekten auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, hat zwar auch nicht die Funktion einer gemeinschafts­ rechtlichen Grundrechtsgewährleistung, sondern — ebenso wie Art. 222 EWGV, 83 EGKSV — die einer (partiellen) Kompetenzabgrenzung zwischen der EAG und den Mitgliedstaaten. Ihrer bedarf es indessen auch nicht, um die eigentumswirk­ samen Regelungen des EAGV nach den Maßstäben des Grundgesetzes als dem deutschen Recht konform anzusehen. Denn nach zutreffender Auffassung handelt es sich bei Art. 86 EAGV um den Vorgang einer Überführung in Gemeineigentum, · und zwar von Stoffen, die ihrerseits soldier Überführung i. S. des Art. 15 GG zu­ gänglich sind (Naturschätze, Produktionsmittel). Daß als ihr künftiger Träger mit der EAG eine nidit-deutsche Organisation vorgesehen ist, wird durch Art. 24 I GG ermöglicht. Am Zustand der „Sozialisierungsreife“ der spaltbaren Stoffe, am öffent­ lichen Interesse an ihrer Vergemeinschaftung (vgl. nur § 1 Ziff. 2, § 5 Atomgesetz vom 23. Dezember 1959, BGBl. I, 814), an der Voraussetzung gesetzlicher Rege­ lung der Vergemeinschaftung (eben durch die transformierten EAGV-Vorschriften) bestehen keine Zweifel, so daß insoweit die Voraussetzungen des Art. 15 GG er­ füllt sind. Erfüllt ist aber letztlich auch die Voraussetzung, wonach die Entschädi­ gungsregelung dem Art. 14 III 3, 4 GG entsprechen muß. Das ergibt sich aus Art. 88, 89 EAGV über die Entschädigungsbuchungen des Finanzkontos und daraus, daß dem betroffenen Eigentümer, der nur das juristische Eigentum an die EAG als „Sicherungseigentümerin“ verliert, die wirtschaftliche Eigentumsnutzung verbleibt27. Die sonstigen, Art. 14, 15 GG gegenständlich berührenden EAGV-Regelungen (insbes. Art. 16 ff. über Zwangslizenzierungen, Art. 30, 31 über Grundformen für Gesundheitsschutz, Art. 52 ff. über das Bewirtschaftungssystem der Vcrsorgungs24 Z. B. EuGH Rs 18/57 Rspr. V, 89; Rs 36—38, 40/59 Rspr. VI, 885: in dieser Sache hatte Generalanwalt Lagrange (940) trotz der Annahme, der EuGH sei zur Anwendung mitgliedstaatlicher Grundrechtsverbürgungen nicht befugt, unterstri­ chen, auch nach ihren Maßstäben sei die Klägerin nicht betroffen: „Auch wenn man den Eingentumsbegriff sehr weit faßt, so kann von einem Eingriff in das Eigentum durdi die Hohe Behörde nicht gesprochen werden.“ Die Klägerin hatte einen Ein­ griff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch Entscheidungen gemäß Art. 65 EGKSV behauptet. 25 Dazu: Scholz 72; Krämer 123 . 26 Zieger 55 Anm. 257. 27 Krämer 139; Errera-Symon-van der Meulen-Vernaevey Euratom, Analyse et Commentaires du Traité (1958) 163; Catalano, Manuel 231.,

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Individuelle Freiheitsverbürgungen des Gemeinschaftsrechts

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agentur, Art. 79 über Kontrollen und Überwachungen und Art. 80 über die zwangs­ weise Hinterlegung von spaltbarem Material) sind weit überwiegend solche Be­ schränkungen, die auch nach Art. 14 I GG gesetzlich zulässig sein würden. Allein das Zwangslizenzierungsverfahren (Art. 17, 22) verläßt den Gesetzesvorbehalt i. S. des Art. 14 I 2 GG, genügt indes als Enteignung allen Anforderungen des Art. 14 III GG, zumal der Rechtsweg vor die ordentlichen Gerichte eröffnet bleibt, und dies vor deutschen Geriditen auch gegen die EAG (Art. 91, 185, 155 EAGV)28. 8. R e c h t s w e g g e w ä h r l e i s t u n g

13 Die Garantie des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Ge­ walt durch Art. 19 IV GG ist — bis auf die Ausnahme des Art. 19 IV 3 zu Art. 10 II 2 GG (Brief-, Post-, Fernmeldegeheimnis-Beschränkungen aus Staatsschutz­ gründen)29 — lückenlos. Der gemeinschaftsrechtlich eröffnete Gerichtsschutz gegen Gemeinschaftsakte ist unvollkommen (43144). Hier kann das deutsche Grundrecht durch die öffentliche Gemeinschaftsgewalt berührt sein. Indes hat sich erwiesen, daß das Vorlageverfahren nach Art. 177 EWGV auch dem deutschen Kläger vor deut­ schen Gerichten Möglichkeiten eröffnet, die behauptete Grundrechtsverletzung auf der Ebene gemeinschaftseigener Grundrechte zur Entscheidung des Gerichtshofs zu bringen (43/48 ff.). 9. N e b is in i d e m

14 Ob das Gemeinschaftsrecht und seine Anwendung dieses Grundrecht, das mehrmalige Bestrafung wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Straf­ gesetze verbietet (Art. 103 III GG), verletzt hat, ist im Zusammenhang mit Kartcllrcchts-Bußgeldverfahren des Bundeskartellamtes und der Kommission akut ge­ worden. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Ahndung der­ selben Tat im Straf- und Disziplinarverfahren vergleichbar30, hat der Gerichtshof entschieden31, daß das Prinzip ne bis in idem hierdurch nicht verletzt wird. Der Bundesgerichtshof32 teilt diese Auffassung (2619).

H L I n d i v i d u e l l e F r e i h e i t s v e r b ü r g u n g e n d e s G em e in sch a ftsrec h ts

15 Nach der Bereichs-Eingrenzung möglicher Grundrechtsberührungen, die das Gemeinschaftsrecht und seine Anwendung hervorrufen können, und ihrer Vergleichung mit den nach deutschem Verfassungsrecht unbedenklich zugelassenen Auswirkungen kann eine Art Kontrastierung klären, in wel­ chen Bereichen das Gemeinschaftsrecht selbst individuelle Freiheitsverbür­ gungen enthält oder durch Kompetenzbegrenzung der Gemeinschaften solche des nationalen Redits ausdrücklich respektiert. Denn soweit der Marktbür28 Krämer 141, 145. 29 Dazu BVerfGE 30, 1. 30 BVerfGE 21, 378, 391; Mcstmäcker, Parallele Geltung von Verbotsnormen des deutschen und des europäischen Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen, BB 1968, 1297. 31 Rs 14/68 Rspr. XV, 1 = EuR 1969, 147 mit Anm. H ootz; zur Anrechnung einer in den USA verhängten Geldstrafe auf ein von der Kommission festgesetztes Bußgeld vgl. Rs 7/72, ABI. 1972 C 24, 2. 32 BGHSt 24, 54 = AWD 1971, 82 mit Anm. Reinhart.

Grundrechte

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ger sich gegenüber der Gemeinschaftsgewalt auf solche Verbürgungen zu berufen vermag, fehlt es schon am Bedürfnis eines nationalen Grundrechts­ schutzes, und eine vom Gemeinschaftsrecht ohnehin respektierte nationale Grundrechtssicherung beläßt ihm den Rechtsschutz seiner Verfassung. Daß gemeinschaftsrechtliche Freiheitsverbürgungen sich — abweichend von solchen der Verfassungen und speziell von Art. 1 bis 19 GG mit dem Aktualitätsgebot des Art. 1 III GG — teilweise in Zielbestimmungen und Programmsätzen finden, degradiert sie nicht zu grundrechtlich minder rele­ vanten Programmen, mit denen nationale Verfassungen Staatsziele verkün­ den oder gesetzgeberische Aktivität verheißen33. Denn Ziel- und Programm­ bestimmungen der Verträge sind zugleich — anders als solche von Staaten mit ihrer grundsätzlichen Omnipotenz der Staatsgewalt — Eingrenzungen der öffentlichen Gemeinschaftsgewalt und damit Kompetenzbeschränkungen, die im Interesse des einzelnen wirken.

1. W i r ts c b a f ts f r e ih e it

16 Die im Wirtschaftsverhalten wirksame Freiheit, die Art. 2 I GG all­ gemein als Wirtschaftsfreiheit34 vermittelt, ist gemeinschaftsrechtlich in den vertraglichen Zielbestimmungen angelegt und vielfältig konkretisiert. Die Freiheiten des Wettbewerbs, des Waren- und Kapital Verkehrs, der Nieder­ lassung und Dienstleistungen, der Arbeitnahme sind konstituierende Ele­ mente des Genieinschaftsrechts35. Die in ihren unmittelbar anwendbaren Vertrags Vorschriften und im durchführenden Sekundärrecht wirkende Libe­ ralisierung ist zwar, dem Wesen der Integration und des Gemeinsamen Marktes entsprechend, primär nicht auf zusätzliche Freiheitsvcrmittlung zu­ gunsten des Marktbürgers gerade gegenüber seiner Staatsgewalt angelegt. Ihre Wirkungstendenz zielt eindeutig auf die Grenziiberwindung zwischen den Mitgliedstaaten, die Aufhebung der Unterscheidung nach der Staats­ angehörigkeit (Art. 7, 220, 221 EWGV) im zwischenstaatlichen Wirtschafts­ verkehr, insgesamt also auf eine Gemeinschaftsdimensionierung der Wirt­ schaftsfreiheit. Damit ist aber eine gemeinschaftsrechtliche Verkürzung des nationalstaatlich gewährten Freiheitsbereichs grundsätzlich weder bezweckt noch bewirkt, ihre Bewahrung vielmehr eindeutig vorausgesetzt und jeden­ falls nicht in Frage gestellt, weil nur ihre ungeschmälerte Erstreckung nach dem Prinzip der Inländergleichbehandlung den Vertragszielen gerecht wird. 2. G leich h eit 17 Die Konkretisierungen des Gleichheitssatzes, insbesondere in seinen Aus­ gestaltungen als Diskriminierungsverbot, entfalten im Gcltungs- und AnZieger 35 Zieger

33

30 . 28 ;

34 V g l. A n m . 1 6 . 1969, 118.

Pescatore, Integration

/

7 29

Individuelle Freiheitsverbürgungen des Gemeinschaftsrechts

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wendungsbereich des Gemeinschaftsrechts vielfache Wirkungen30: für das Recht der Zölle, Steuern und mengenmäßigen Beschränkungen, der Versorgungs- und Absatzbedingungen im Bereich von Handelsmonopolen, von Kartellen und marktbeherrschenden Unternehmen, in der Agrarmarktorga­ nisation, der Organisation des Kohle- und Stahlmarktes und der Kernener­ gie für das Verhältnis zwisdien Erzeugern und Verbrauchern, für das Recht des Kapitalverkehrs, im Montanbereich für Preise, Lieferungsbedingungen, Beförderungstarife usw. Das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern im Rahmen seiner Drittwirkung die Markt­ bürger untereinander mit Schutzwirkung gegenüber privater Wirtschafts­ macht, im Gemeinschaftsarbeitsrecht Arbeitgeber und Gewerkschaften, dies speziell auch als Gebot der Geschlechtergleichbehandlung.

3. Eigentum

18 Im Bereich des Eigentumsschutzes und der Eigentumsgewährleistung bedient sich das Vertragsrecht der EWG und der EGKS des Mittels der voll­ ständigen mitgliedstaatlichen Kompetenzbewahrung hinsichtlich der Eigen­ tumsordnung, das Recht der EAG mit Ausnahme des vergemeinschafteten Eigentums an den besonderen spaltbaren Stoffen. Auf diese Weise bleibt die mitgliedstaatliche Eigentumsgewährleistung institutionell gemeinschaftsrechtlich respektiert. Art. 36 EWGV (im Rahmen der Liberalisierungsvorschriften für den Warenverkehr) beläßt den Mitgliedstaaten speziell die Kompetenz zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums. Punktuell wird damit statuiert, was den Konstitutionsprinzipien der Verträge zugrunde liegt: die Anerkennung des Privateigentums als Rechtsinstitut und als Indi­ vidualrecht, und dies im EAGV auch, soweit Vergemeinschaftung stattfindet, da das Vertragsrecht die wirtschaftliche Eigentumsbefugnis beläßt oder im Falle ihrer Entziehung angemessen entschädigt. 4. A ndere Bereiche

19

Andere Grundrechtsbereiche werden in Einzelregelungen gemeinschafts­ rechtlich anerkannt: das Koalitionsrecht (Art. 118 I EWGV, Art. 48 I EGKSV), das Petitionsrecht (Art. 48 II EGKSV), der Schutz des Geschäfts­ und Berufsgeheimnisses (Art. 214 EWGV, 194 EAGV, 47 II, IV EGKSV). 5. Rechtsschutz

20

Den gerichtlichen Rechtsschutz gegen Rechtsbeeinträchtigung durch Akte der Gemeinschaftsgewalt sichert im Rahmen seiner Zulässigkeitsgren­ zen das Rechtsschutzsystem der Verträge einschließlidi des Vorabentscheine Zieger 26; Pescatore Integration 1969, 118.

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Grundrechte

7 30

dungs-Instituts (43/22 ff.y 48 ff. ). Das rechtsstaatliche Prinzip der Haftung für rechtswidrige Gemeinschaftsakte findet in Art. 215 EWGV, 118 EAGV, 34 EGKSV seinen Ausdruck. Dabei verweisen Art. 215 EWGV, 188 EAGV auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mit­ gliedstaaten gemeinsam sind (§ 2 7 ).

6.

V e rg le ich s-F o lg e ru n g e n

21 Wenn im Vergleich dieser dem Gemeinschaftsrecht eigenen Freiheits­ verbürgungen mit dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes formal und inhaltlich ein rechtsstaatliches Gefälle vom Staat zur Gemeinschaft und sogar eine Gemeinschaftsherrschaft „ohne Grundrechte“ behauptet wird, bleiben gewichtige und entscheidende Gesichtspunkte außer Betracht. a) Es trifft schon im Ansatz nicht zu, die „durch das primäre Gemein­ schaftsrecht begründete Herrschaft . . . sei Herrschaft ohne Grundrechte“37, und dies deshalb, weil die Gemeinschaftsorgane ihre Legitimation nur und ausschließlich aus der durch den Vertrag verfaßten Gemeinschaftsordnung bezögen und dieser keinen Grundrechtskatalog enthalte. Diese Argumentation ist doppelt verfehlt: die Gemeinschaftsorgane han­ deln aus vertragsrechtlicher Legitimation, die ihrerseits durch die demokra­ tische Gewalt der Mitgliedstaaten begründet und permanent-mittelbar be­ stätigt wird. Und nicht darauf kommt es an, ob das Vertragsrecht das Grundrechts-Katalog-Modell des Grundgesetzes nachahmt, sondern allein auf seinen substantiell-grundrechtlichen Gehalt. Es trifft diesen Kern der Dinge, wenn der Gerichtshof in seinem bedeutsamen Urteil vom 12. Novem­ ber 1969 in der Rs 29/6938 von den „in den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung . . . enthaltenen Grundrechten der Person“ ge­ sprochen hat, „deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat“ (41122). Der Gerichtshof anerkennt damit eine den Marktbürger unmittelbar gegenüber der öffentlichen Gemeinschaftsgewalt schützende Grundrechtsgewährieistung des Gemeinschaftsrechts selbst. Er schließt damit gegenüber seiner früheren Judikatur, in der er die Berufung des Marktbürgers auf seine nationalen Grundrechte als für ihn irrelevant erklärt hatte39, eine Lücke. Seine Begriin37 So Rupp NJW 1970, 354. 38 Rspr. XV, 419 = EuR 1970, 39 mit Anm. Ehlermann; ganz entsprechend EuGH Rs 11/70 Rspr. XVI, 1125 = AWD 1971, 181 mit Anm. Rittstieg = DVBl. 1970, 614 mit Anm. Meier. Der EuGH stellt auch hier fest: „Denn die Be­ achtung der Grundrechte gehört zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wah­ rung der Gerichtshof zu sichern hat. Die Gewährleistung dieser Rechte muß zwar von den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten getragen sein, sie muß sich aber auch in die Struktur und die Ziele der Gemeinschaft einfügen.“ — Vgl. auch EuGH Rs 25/70 Rspr. XVI, 1161 = EuR 1971, 145 mit Anm. Ehlermann S. 250. 39 So z. B.: EuGH Rs 18/57 Rspr. V, 89; Rs 1/58 Rspr. V, 43; Rs 12/63 Rspr. IX, 187; Rs 40/64 Rspr. XI, 295. /

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Individuelle Freiheitsverbürgungen des Gemeinschaftsrechts

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dung folgt der schon früher genutzten Erwägung, „elementare Rechtsprin­ zipien zu beachten, die auch in Bestimmungen der nationalen Verfassungen ihren Ausdruck finden“40. Die neue Rechtsprechung hebt die Grundlegung der allgemeinen Rechtsgrundsätze in den gemeinsamen Verfassungsüberliefe­ rungen der Mitgliedstaaten hervor, betont zugleich aber die Notwendigkeit ihrer Einfügung in die Struktur und Ziele der Gemeinschaft. Das führt mit Recht zu einer integrationsgemäßen Grundrechtsinterpretation. b) Das Postulat, hinreichender Grundrechtsschutz sei allein nach Art des grundgesetzlichen Katalogmodells gewährleistet und gegenüber der Gemein­ schaftsgewalt nicht gesichert, da das Vertragsrecht solchen Katalog nicht enthalte, verkennt die Zielsetzungen der Integration und die Strukturen ihres Rechtes. Sie sind — adäquater und fortschrittlicher als die des Grund­ gesetzes — ausgeprägt orientiert an der Aufgabe öffentlicher Daseins- und Wachstumsvorsorge ausgleichender Sozialgestaltung. Ihr gegenüber tritt die Funktion liberalen Grundrechtsschutzes, die das Grundgesetz prinzipiell kennzeichnet, zurück. Deshalb konnte das Gemeinschaftsrecht sie in ähn­ licher Weise, nur in umgekehrter Richtung, auf eine Funktion verweisen, die die liberale Grundrechtsordnung des Grundgesetzes aus den Maßstäben der Sozialpflichtigkeit empfängt4142^ 1/24). c) Es dürfte sich aus mangelnder Vertrautheit mit dem Gemeinschafts­ recht und seiner „Gemeinschaftswirklichkeit“ erklären, daß die im Integra­ tionsrecht typische und adäquate Betrachtungsweise verkannt bleibt. Dort wird nämlich nicht — anders als im deutschen Verfassungsrecht — die Vor­ stellung höherrangiger Grundrechtsgewährleistung auf konkrete Sach­ bereiche und Konfliktsituationen deduktiv zur Anwendung gebracht. Es er­ klärt sich strukturell und funktionell, daß die Wirksamkeit des Gemein­ schaftsrechts in seiner konkreten Anwendung vielmehr primär gemessen wird an denjenigen rechtsstaatlichen Handlungsmaßstäben, die das Verwaltungs­ recht der Mitgliedstaaten übereinstimmend entwickelt und dem Gemein­ schaftsrecht zugrunde gelegt hat. „Der Interessenausgleich zwischen der öffentlichen Gewalt und dem wird grundsätzlich auf der Ebene des Verwaltungsrechts gesucht“, also in seinen objektiven Grund­ sätzen^2. Das entspricht der Grundanlage des Vertragsrechts, das die Hand­ lungsbefugnisse der Gemeinschaftsorgane nicht „von oben her“ verfassungs­ rechtlich, sondern „von der Quelle“ her nach dem Prinzip der begrenzten Zuständigkeiten einschränkt (41/23). d) Inwieweit die Durchführung des Gemeinschaftsrechts durch Rechts­ anwendung und Verwaltungsvollzug deutscher Behörden sowie durch Erlaß deutscher Ausführungsregelungen die Berufung auf deutsche Grundrechte 40 So Generalanwalt Roemer Rs 18/57 Rspr. V, 163. 41 So zutreffend: Zieger 58. 42 Zieger 41; zur Wandlung objektiver Verfassungsprinzipien zu subjektiven Rechten und Konvergenz der Entwicklung in den Staaten und den Gemeinschaften vgl. Bülck VVDStRL 23 (1966) 123.

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Grundrechte

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gegenüber Gemeinschaftsrecht ermöglicht, ist gesondert zu prüfen (41125 bis 28).

e) Ob darüber hinaus auch allgemeine Regeln des Völkerrechts oder solche des Vertrags Völkerrechts, aus denen die Gemeinschaften selbst und — oder nur — ihre Mitgliedstaaten in der Gewaltausübung gegenüber einzelnen beschränkt sind, zusätzlichen grundrechtsartigen Schutz gewähren, bleibt ebenfalls zu erörtern (41129, 30).

IV. ln den allgemeinen G rundsätzen der Gem einschaftsrechtsordnung enthaltene G rundrechte In dieser Präzision erstmalig hat der Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. November 1969434von den „in den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung .. . enthaltenen Grundrechten der Person“ ge­ sprochen, „deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat“. 1. Allgemeine Rechtsgrundsätze 22 Es gehört zu den methodisch gesicherten und allgemein anerkannten Mitteln der Rechtserkenntnis und der Rechtsfortbildung, daß der Gerichts­ hof sich auf ungeschriebene „allgemeine Rechtsgrundsätze“ beruft (5/'17 bis 22). Im Zusammenhang mit der Grundrechtsthematik und deshalb, weil Grundrechtsgewährleistungen gegenüber Beeinträchtigungen durch die öffent­ liche Gewalt regelmäßig solche der nationalen Verfassungen gegenüber Maß­ nahmen der Staatsgewalt sind, stehen hier primär solche allgemeinen Rechts­ grundsätze in Frage, die Bestandteil der in den Mitgliedstaaten herrschen­ den gemeinsamen Rechtsüberzeugungen sind und dort Verfassungsrang be­ sitzen41. Sie haben ihre intensivste Verdichtung insoweit erlangt, als sie für die Grundrechtsthematik in den mitgliedstaatlichen Verfassungen positiviert worden sind. In dieser Weise könnte nach den Grundrechten als gemeinsdiaftsrechtlich allgemeinen Rechtsgrundsätzen gefragt werden, die (im Sinne der Formulierung des Art. 215 II EWGV) „den Rechtsordnungen der Mit­ gliedstaaten gemeinsam sind“. Der rechtsvergleichcnde Überblick45 hierüber erweist, daß — vom Grund­ rechtsstandard des Grundgesetzes aus betrachtet — in allen gemeinschafts­ rechtlich relevanten Grundrechtsbereichen (4 1 /4 — 14) mit der einzigen Aus­ nahme des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) von einem mitglied­ staatlich durchaus vergleichbaren Grundrechtsniveau gesprochen werden kann. Das gilt insbesondere für das Gleichheitsgrundrecht, das Eigentum, die 43 Vgl. Anm. 38. 44 Hierzu: Kropholler EuR 1969, 135; zur Methode: Zieger 34. 43 Pescatore, Integration 1969, 103. /

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Allgemeine Grundsätze der Gemeinschaftsreditsordnun«

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Vereinigungsfreiheit, den Rechtsschutz. Hinsichtlich der Berufsfreiheit ist allein Art. 11 VI der luxemburgischen Verfassung dem Art. 12 I GG ver­ gleichbar. Da der Grundrechtsschutz durch das Gemeinschaftsrecht, dem Prinzip der Funktionssicherung entsprechend, nur ein in allen Mitgliedstaa­ ten gleichmäßig wirksamer zu sein vermag, kann bereits mit der Methode vergleichender Eruierung gemeinsamer Grundrechtsgrundsätze zur Inhalts­ erfüllung des Gemeinschaftsrechts, also nach Art des Art. 215 II EWGV verfahrend, ein befriedigender grundrechtlicher Standard fixiert werden. Er würde, wie die Vergleichung (mit Ausnahme eben zur Berufsfreiheit des Art. 12 I GG) erweist, auch nicht an jenem Mangel leiden, der die Ver­ gemeinschaftung eines gemeinsamen grundrechtlichen Minimumstandards zum „Asyl der verschiedenen Mängel der einzelnen Rechtsordnungen“48 machen müßte. Wenn die Rechtsprechung des Gerichtshofs also fortan in dieser an den nationalen Verfassungspositivierungen orientierten Methode allgemeine Grundrechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts eruieren und sichern würde, müßte integrationsrelevanten Grundrechtseinwirkungen der Gemeinschaftsgewalt durchweg bereits begegnet sein. Obwohl in dieser Methode ein Berufsfreiheitsrecht nicht eruiert werden könnte, entsteht ein grundrechtlicher Verlust für deutsche Marktbürger jedenfalls insoweit nicht, als Gemeinschaftseinwirkungen die nach Art. 12 I GG zulässigen Einschränkungen nicht überschreiten. Im übrigen bliebe zu bedenken, ob aus der zwischenstaatlichen beruflichen Freizügigkeit, die das Vertragsrecht gewährleistet, nicht auch auf eine gemeinschaftsrechtliche Frei­ zügigkeitsgewährleistung als solche geschlossen werden muß. Sie würde die Gemeinschaftsgewalt daran hindern, die Berufsfreiheit intensiver zu be­ schränken als irgendein nationales Verfassungsrecht — und so insbes. Art. 12 I GG — dies überhaupt zuläßt. Das liefe konstitutionell-methodisch auf die für das schweizerische Verfassungsrecht verwendete Lückenschließung47 hin­ aus und würde rechtsvergleichend der wertenden Methode entsprechen. Denn darin läge die „beste“ Lösung48, die die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit auch in den Mitgliedstaaten optimal realisiert. 2. V e r w a ltu n g s r e c h ts - G r u n d s ä tz e 23 Wirkungen eines gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes erwach' sen außerdem aus der Anwendung anderer allgemeiner Grundsätze, die die 40 Hcldrich, Art. 215 Abs. 2 des Vertrages über die EWG — Ein Irrweg zu europäischer Rcchtseinheit, JZ 1960, 685. 47 Giacometti, Die Freiheitsrechtskataloge als Kodifikation der Freiheit, ZSchwcizR 74 (1955) 165; Zieger 34. 48 Zweigert, Grundsatzfragen der europäischen Rechtsangleichung, ihrer Schöp­ fung und Sicherung, Fs Dölle II (1963) 417: ders., Der Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, RabelsZ 28 (1964) 610; Dölle, Bemerkungen zu Art. 17 des Einheitsgesetzes über den Internationalen Kauf beweglicher körperlicher Gegenstände, Fs Ficker (1967) 144.

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Grundrechte

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Rechtsprechung des Gerichtshofs unter weitgehender Anerkennung im Schrifttum bislang bereits als Bestandteil der in den Mitgliedstaaten herr­ schenden gemeinsamen Rechtsüberzeugungen erkannt und zur Anwendung gebracht hat. Diese Grundsätze sind überwiegend solche objektiven Rechts auf der „Ebene des Verwaltungsrechts“49, die die Gemeinschaftsgewalt in ihrer reflexartigen Schutzwirkung für den Marktbürger im Effekt nicht anders binden als Grundrechte. Ersichtlich hat sich insoweit der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts und der Stil des Verwaltungsrechtsschutzes in Frankreich ausgewirkt. Zu diesen Grundsätzen gehören50 das Prinzip der Gesetzmäßigkeit, der Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des venire contra factum proprium, das Gebot der Wahrung wohlerworbener Rechte in der Zulassung des Widerrufs von Verwaltungsakten, der Grund­ satz der Verhältnismäßigkeit und das Ubermaßverbot, der Grundsatz der Rechtssicherheit, das Prinzip der Gleichheit bei Auferlegung öffentlicher Lasten, der Rechtssatz des ne bis in idem, das Erfordernis rechtlichen Gehörs, des Begründungszwanges, der geordneten Rechtspflege, der Haftung für außervertragliche Schadenszufügung, der Unzulässigkeit der Rechtsverweige­ rung. Es handelt sich insgesamt also um Grundsätze, die in speziellen Ziel­ richtungen jeweils „die öffentliche Gewalt der Gemeinschaft unter das Ge­ rechtigkeitsprinzip stellen“51. Soweit diese Grundsätze, wiewohl auf der Ebene des Verwaltungsredits wirksam, als Spezifikationen von Verfassungs­ rechtssätzen, insbes. des Rechtsstaatsprinzips nach deutschem Verständnis, selbst Verfassungsrang besitzen, gewährleisten sie zugunsten des deutschen Marktbürgers grundrechtsgleichen Schutz. 3. G ru n d re c h ts-A u sle g u n g

24 Die Antinomie zwischen grundrechtlichem Freiheitsschutz, wie er im Grundrechtskatalog des Grundgesetzes weithin in liberaler Tradition for­ miert worden ist, und anspruchsbegründenden und gewährende Zuteilung verlangenden Sozialrechten hat in der Formel vom sozialen Rechtsstaat keine Lösung gefunden, sondern einen Verfassungsauftrag gestellt. Das er­ weist sich immer deutlicher mit der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Sozialordnung52. Erklärlich aus ihrer wirtschafts- und sozialbezogenen Auf­ gabenstellung, sind die Gemeinschaften primär mit Funktionen der Sozial­ gestaltung befaßt und insoweit mehr Leistungsträger als Organisationen mit Eingriffsbefugnissen. Ihr Handlungsinstrumentarium ist daher vornehmlich 49 Fuß, Die Europäischen Gemeinschaften und der Rechtsstaatsgedanke 38; Zie­ ger 39. 50 Pescatore, Integration 1969, 115 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuletzt: EuGH Rs 11/70 Rspr. XVI, 1125 — AWD 1971, 181 mit Anm. Rittstieg == DVBl. 1970, 614 mit Anm. Meier; Rs 25/70 Rspr. XVI, 1161 = EuR 1971, 145 mit Anm. Ehlermann S. 250. 51 Zieger 40. 52 Vgl. Suhr, Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit,''Der Staat 9 (1970) 67.

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Allgemeine Grundsätze der Gemeinschaftsrechtsordnung

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nicht auf potentielle Eingriffe in Freiheit und Eigentum gerichtet, die zu gewährleisten die urtümliche Grundrechtsfunktion ausmacht. Ihr funktio­ nelles Schwergewicht ist vielmehr auf die „Sicherung der Gleichheit ver­ lagert“53, wie dies den sozialen Rechtsstaat kennzeichnet. So sehr die liberale Grundrechtsordnung des Grundgesetzes sozialstaatlicher Komplemente, ihre Interpretation der Verbreiterung und Vertiefung der Sozialstaatscntscheidung bedarf54, wird die Wirtschafts- und Sozialgestaltung des Gemein­ schaftsrechts mit ihrer Verbreiterung sozialer Gleichheit bedingt durch kor­ respondierende rechtsstaatliche Freiheitssicherungen. Denn die Verträge set­ zen hierin im Vergleich zum Grundgesetz unterschiedliche Schwerpunkte, und sie haben einen grundsätzlich anderen Ausgangspunkt als das Grund­ gesetz bezogen. Die Mitgliedstaaten, unter ihnen die BRD, haben kraft Art. 24 I GG die Vergemeinschaftung als Gestaltungsprinzip verfassungsrechtlich zugelassen und angewendet. Dieses bildet für die Auslegung der nationalen Grund­ rechte deshalb einen ebenfalls beachtlichen Maßstab. Wenn mit der Recht­ sprechung des Bundesverfassungsgerichts55 angenommen wird, die Verfassung sei als materiale Einheit zu begreifen, in der tradierte und neue Verfassungs­ prinzipien als in einer „Wertordnung“56 verbunden sind, bestimmt diese auch die Verfassungsinterpretation. Für eine solche Auslegung kann dann aber auch das Integrationsprinzip nicht ignoriert werden. Das bedeutet: in Kol­ lisionsfällen zwischen öffentlicher Gemeinschaftsgewalt und deutschen Grund­ rechtsgewährleistungen hat ihre Auslegung jedenfalls auch zu beachten, daß die Gemeinschaftsgewalt zur Verwirklichung von Integrationszielen agiert. Soweit diese von den Gemeinschaftsorganen in ihren Handlungen respektiert werden, ihre Akte also gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden sind, ver­ dient eine Auslegung etwa betroffener deutscher Grundrechtsverbürgungen den Vorzug, die die Wirkungen der Gemeinschaftsakte nicht behindert, also das Prinzip der Funktionsfähigkeit beachtet. Dieser Auslegungsgrundsatz sollte sowohl für nationale Gerichte wie auch für den Gerichtshof57 beachtlich sein. Auch indem der Gerichtshof Sozialbindungen bei der Abwägung zwi­ schen öffentlichen und privaten Interessen beachtet und damit gemeinschafts­ rechtliche Zielverwirklichungen ermöglicht, wirkt er bereits in dieser Rich­ tung58. 53 Ipsen, G l e i c h h e i t , in : N e u m a n n - N i p p e r d e y - S c h e u n e r , D i e G r u n d r e c h te I I (1954) 174. 54 Ipsen, Enteignung und Sozialisierung, VVDStRL 10 (1952) 74. 35 Vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, 4. Aufl. (1970) 4. 58 Diese Anführung soll keine Gefolgschaft gegenüber der „Wertordnungs“-Methode bedeuten, deren Rechtfertigung genauer Überprüfung schwerlich standhält. Es geht hier nur darum, wenn „Werte“ — oder was sonst immer — der Verfas­ sungsinterpretation zugrunde gelegt werden, jedenfalls den „Wert* des Integra­ tionsprinzips nicht zu ignorieren. 57 EuGH Rs 32/65 Rspr. XII, 483 = EuR 1966, 338 mit Anm. Koenigs. 58 lpsen NJW 1964, 340; Belege aus der Rechtsprechung bei Zieger 41.

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Grundrechte

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V . G ru n d re ch tssc h u tz b e i m itg lie d s ta a tlic h e r Durchführung d e s G e m e in sc h a ftsre c h ts 1. U n tersch eid u n g en

25 Innerstaatlich wirksames Gemeinschaftsrecht wird entweder von natio­ nalen Behörden im Einzelfall angewendet (durch Verwaltungsvollzug oder Gerichtsentscheidung), ohne daß es hierzu der Vermittlung nationaler Norm­ setzung bedarf; oder das Gemeinschaftsrecht wird durch Erlaß nationaler Rechtsnormen auf seiner Grundlage ausgeführt59. Akte des Gemeinschafts­ rechts sind nicht immer als in diesem Sinne anzuwendende oder auszufüh­ rende unterscheidbar, da sie gleichzeitig Entscheidungsgrundlage für den Ein­ zelfall und Anlaß zu nationaler Ausführungsregelung sein können. In bei­ den Fällen werden nationale Instanzen tätig zur Durchführung von Ge­ meinschaftsrecht. Ob und in welcher Weise der einzelne vor nationalen Gerichten geltend machen kann, bei nationaler Durchführung von Gemeinschaftsrecht in Grundrechten betroffen zu sein, hängt prozessual ab von der Art des an­ wendenden oder ausführenden Rechtsaktes, der seine Betroffenheit herbei­ führt. Materiell-rechtlich ist danach zu unterscheiden, ob der Betroffene die Verletzung nationaler Grundrechte geltend machen kann oder solcher grund­ rechtsgleichen Rechte, die sich unmittelbar aus dem Gemeinschafts vertrags­ recht ergeben sowie (in der Formulierung des Gerichtshofs) der „in den all­ gemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung . . . enthaltenen Grundrechte". 2. G eg en V e r w a ltu n g s a k te 26 Gegenüber dem deutschen Verwaltungsakt, der in zutreffender An­ wendung einer Rechtsnorm des Gemeinschaftsrechts ergeht, ist die Geltend­ machung der Verletzung deutscher Grundrechte ausgeschlossen. In Betracht kommt die Berufung darauf, die gemeinschaftsrechtliche Norm sei unver­ einbar mit grandrechtsgleichen Rechten des Vertragsrechts oder mit den in den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung enthaltenen Grundrechten. Der angerufene deutsche Verwaltungsrichter ist nicht befugt, die Gemeinschaftsrechtsnorm am Maßstab der deutschen Grundrechte zu prüfen. Deshalb ist das Vorlageverfahren gemäß Art. 100 I GG nicht anzu­ wenden. Er hat aber die Befugnis, das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 177 Ib EWGV einzuleiten, und zwar mit der Vorlagefrage an den Gerichtshof, ob die Gemeinschaftsrechtsnorm, in deren zutreffender Anwen­ dung der angefochtene Verwaltungsakt erging, mit den im Vertrag oder in den allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung enthaltenen Grundrechten vereinbar, also gültig sei60. 59 Zuleeg, Recht 47. 60 Ehlermann EuR 1970, 45; Meier NJW 1967, 1209; ders. NJW 1969, 388.

737 3.

Mitgliedstaatliche Durchführung des Gemeinschaftsrechts

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G e g e n A u s fü h r u n g s n o r m e n

27 Gegenüber deutscher Ausführungsregelung als solcher zu Gemeinschafts­ recht — in Form von Gesetzen oder Rechtsverordnungen — stellt das deut­ sche Recht (von der Verfassungsbeschwerde abgesehen) Rechtsmittel in der Regel nicht zur Verfügung. Ihre Unvereinbarkeit mit Grundrechtsgewähr­ leistungen kann nur geltend gemacht werden im Zuge der Anfechtung von Verwaltungsakten, die auf ihrer Grundlage ergehen. a) Stellt diese Grundlage ein Bundesgesetz dar, kommt auch hier das Vor­ lageverfahren gemäß Art. 100 I GG nicht in Betracht, wenn das Gesetz die gemeinschaftsrechtiiche Ermächtigung eingehalten und diese mit dem Ver­ tragsrecht vereinbar ist. Denn das auf der Ermächtigungsgrundlage des Ge­ meinschaftsrechts zu seiner Ausführung ergangene deutsche Gesetz hat wegen der Gemeinschaftszuständigkeit im Regelungsgegenstand und der durch Ge­ meinschaftsermächtigung begrenzten deutschen Ausführungszuständigkeit Wirksamkeit nur in den Grenzen der Gemeinschaftsregelung, muß insoweit aber auch seine Wirksamkeit beanspruchen, und dies auch gegenüber dem Grundgesetz. Das folgt aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor natio­ nalem Recht. Wenn das deutsche Gesetz also, wie behauptet, die Grund­ rechtssphäre verletzt, verbleibt demgegenüber nur die Berufung auf die ge­ meinschaftsrechtlichen (vertraglichen oder allgemeinen) Grundrechtsverbür­ gungen. Das Prozeßgericht hat also nicht nach Art. 100 I GG, sondern nach Art. 177 EWGV zu verfahren. b) Stellt die Grundlage für den Verwaltungsakt eine Rechtsverordnung des Bundes dar, kommt das Vorlageverfahren gemäß Art. 100 I GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohnehin nicht in Betracht. Denn hier ist dem Prozeßgericht überlassen, die Vereinbarkeit der Rechts­ verordnung mit der Ermächtigungsgrundlage zu prüfen. Da für die das Ge­ meinschaftsrecht zutreffend ausführende deutsche Rechtsverordnung hinsicht­ lich ihrer beanspruchten und begrenzten Wirksamkeit — eben im Pvahmen der Gemeinschaftsermächtigung — dasselbe gilt wie für ein ausführendes Bundesgesetz, ist auch hier das Verfahren nach Art. 177 EWGV eröffnet, damit die Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechten.

V. Insbesondere gegen G esetze 28 a) Gegen deutsche Gesetze ist nach Art. 93 I Nr. 4 a GG i. Verb, mit § 93 II BVerfGG binnen eines Jahres seit ihrem Inkrafttreten die Verfas­ sungsbeschwerde wegen Grundrechtsverletzung zugelassen. Gegen ein Bun­ desgesetz, das auf der Grundlage von Gemeinschaftsrecht zu seiner Aus­ führung ergangen ist und von ihm gedeckt wird, ist die Verfassungs­ beschwerde wegen Verletzung der in Art. 93 I Nr. 4 a GG genannten -4~’ Ipscn, Ei:r. GcmcinsJinftsrccht

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Grundrechte

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Grundrechte indessen nicht zulässig81. Die Gründe sind dieselben, die dem Vorlageverfahren gemäß Art. 100 I GG entgegenstehen. Denn wenn das deutsche Ausführungsgesetz die Beeinträchtigung eines dieser Grundrechte kraft hinreichender Ermächtigung zuließe, würde es damit dem Ausfüh­ rungsauftrag des Gemeinschaftsrechts entsprechen, das seinerseits Vorrang im Mitgliedstaat gegenüber nationalem Recht verlangt. Da die Verfassungs­ beschwerde als außerordentliches Rechtsmittel auch gegen Gesetze nur zuge­ lassen ist wegen etwaiger Verletzung deutscher Grundrechte, ist das Bundes­ verfassungsgericht auch nicht zur Einleitung des VorabentscheidungsVerfah­ rens gemäß Art. 177 EWGV befugt6162. Auch das würde nämlich voraussetzen, daß das Verfassungsbeschwerdeverfahren als solches zulässig ist. Das be­ deutet also, daß der betroffene Marktbürger gegen Ausführungsgesetze zum Gemeinschaftsrecht unter den genannten Voraussetzungen Verfassungs­ beschwerde nicht erheben kann und darauf verwiesen bleibt, im Falle ihrer Anwendung durch Verwaltungsakt die Pvechtsmittel des Verwaltungsstreit­ verfahrens anzuwenden. b) Für die Annahme, die Verfassungsbeschwerde gegen deutsche Ausfüh­ rungsgesetze zum Gemeinschaftsrecht sei unzulässig, spricht letztlich auch dasjenige Argument, mit dem das Bundesverfassungsgericht63 die Zulassung der Verfassungsbeschwerde gegen EWG-Verordnungen (von Rat oder Kom­ mission) abgelehnt hat. Denn danach sind beschwerdefähige Akte der „öffentlichen Gewalt" nur Akte der staatlichen, deutschen, „an das Grund­ gesetz gebundenen“ öffentlichen Gewalt. Eben diese Bindung aber geht dem deutschen Ausführungsgesetz wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts ab. Dieses stellt seinerseits andere Bindungen her, innerhalb deren der deut­ sche Ausführungsgesetzgeber handelt. Zvvar hat das Bundesverfassungs­ gericht für die Eingrenzung seiner Zuständigkeit betont, hierfür sei „allein die formale Qualifikation des Organs entscheidend, das den angegriffenen Akt erlassen hat“. Indes würde in der Anwendung dieses Kriteriums ein Eingriff in den Vorrang des Gemeinschaftsrechts liegen. Es mag hierin be­ gründet sein, daß das Gericht es dahingestellt gelassen hat, ob eine Verfas­ sungsbeschwerde zulässig sein würde gegen deutsche Rechtsvorschriften mit einem dem Gemeinschaftsrecht identischen Inhalt. Denn nach seinem Formal­ kriterium hätte es auch solche Verfassungsbeschwerde zulassen müssen64. Die praktische Tragweite der hier erörterten Frage sollte nicht über­ schätzt werden, obwohl das deutsche Ausführungsrecht zum Gemeinschafts­ recht auch in Gesetzesform an Umfang zunimmt. In Betracht kommen in 61 And. Ans. („wohl") Kropholler EuR 1969, 143 Anm. 111; bei Zuleeg 341 ff. ist diese Frage nicht erörtert. 62 And. Ans. Kleinmann NJW 1969, 357. Im praktisdien Ergebnis sind die Ab­ weichungen unerheblich. 63 BVerfGE 22, 293 = EuR 1968, 137 mit Anm. Ipsen. 64 Dazu: Schlenzka, Die Europäischen Gemeinschaften und die Verfassungen der Mitgliedstaaten (1967) 39; Kleinmann NJW 1969, 355; Kropholler EuR 1969, 142.

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Völkerrechtliche Grundrechtsbindungen der Gemeinschaftsorgane 41 /2 8 -2 9

erster Linie Gesetze zur Ausführung von Agrarmarktrecht, die teilweise Regelungen der EWG-Verordnungen wiederholen65.

V I . V ö lk e r r e c h tlic h e G r u n d r e c h ts b in d u n g e n d e r G em e in sc h a ftso rg a n e 1. M e n s c h e n r e c h ts k o n v e n tio n

29 »Die Auseinandersetzungen über die Privilegierung des europäischen Gemeinschaftsrechts lassen erkennen, daß hier — mit versdiiedener Begrün­ dung — vom Vorrang der Vertragsnormen ausgegangen wird.“66 Dieser Vorrang des Gemeinschaftsrechts (nicht nur des Primärrechts der Gemeinsdiaftsverträge, sondern auch des Sekundärrechts) vor dem nationalen Recht beruht darauf, daß ihm mit dem „Integrationshebel“ der Verfassungen, in der BRD des Art. 24 I GG, im Interesse der Funktionsfähigkeit der Gemein­ schaften und zur Sicherung seiner einheitlichen Geltung in allen Mitglied­ staaten, die in Art. 189 II EWGV ihren Ausdruck findet, dieser Vorrang eingeräumt worden ist. Das gilt für die allgemeinen Regeln des Völker­ rechts, die nach Art. 25 GG den Gesetzen vorgehen, jedenfalls hinsichtlich des Grundgesetzes selbst nicht. Denn hierfür stehen Gemeinschaftsinteressen der Funktionsfähigkeit nicht in Frage. Auch ist in Art. 25 GG ein „Integra­ tionshebel“ zur Vergemeinschaftung deutscher Hoheitsrechte nicht bereit­ gestellt. Deshalb hat sich, wer früher diese Auffassung zu Art. 25 GG als „staatsrechtlicher Saulus“ vertrat67, auch nicht in einen „europarechtlichen Paulus“ gewandelt68, wenn er heute den Vorrang des europäischen Gemein­ schaftsrechts vertritt. Und deshalb kann unter Berufung auf den Gemein­ schaftsvorrang auch kein gleichartiger Vorrang der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) angenommen werden mit der Folge, ihre Gewährleistungen innerhalb der Gemeinschaften vermöchten als Grundrechtsbindungen der Gemeinschaftsorgane gegenüber den Markt­ bürgern zu wirken. a) Die am 3. September 1953 in Kraft getretene MRK vom 4. November 1950 ist mit Ausnahme von Frankreich, das sie aber ebenfalls unterzeichnet hat, von allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaften ratifiziert worden. Zwei­ fellos liegt darin, zumal die Nicht-Ratifizierung durch Frankreich keine prinzipielle Ablehnung bedeutet69, die Verlautbarung gemeinsamer grund­ rechtlicher Wertvorstellungen in allen Mitgliedstaaten70. Indes besitzt die MRK — ebensowenig wie die im Jahre 1948 von der Vollversammlung der 63 Beispiele bei Kleinmann NJW 1969, 356. 66 Mcnzely Fs Guggenheim (1968) 603. 67 Nämlich: Ipsen, Grundgesetz und richterlidie Prüfungszuständigkeit, DVBl. 1949, 490. 68 Wie Menzel 599 glaubt annehmen zu können. 69 Kropholler EuR 1969, 133. 70 Fuß, Die Europäischen Gemeinschaften und der Rechtsstaatsgedanke 37. 47 *

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Grundrechte

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Vereinten Nationen angenommene programmatische „Universelle Deklara­ tion der Menschenrechte“71 — nicht die Kraft, die Gemeinschaftsorgane unmittelbar zu binden. Denn die MRK ist nach ihrer Satzung auf den Bei­ tritt aus dem Kreis derjenigen Völkerrechtssubjekte beschränkt, die Staaten sind72. Zu ihnen gehören die Gemeinschaften nicht. b) Die Mitgliedstaaten, unter ihnen die BRD, die die MRK ratifiziert haben, waren bei Gründung der Gemeinschaften auch nicht derart durch sie gebunden, daß ihre Übertragung von Hoheitsrechten, damit die „Ausstattung“ der Gemeinschaftsorgane mit Gemeinschaftsgewalt, mit einer „völkervertraglichen Hypothek“ belastet worden wäre73. Diese Folgerung verkennt ebenfalls die Eigenständigkeit des Gemeinschaftsrechts und der Ge­ meinschaftsgewalt. c) Auch Art. 234 EWGV, Art. 105 EAGV (anders der vor Inkrafttreten der MRK geschlossene EGKSV) können die unmittelbare Geltung der MRK in den Römischen Gemeinschaften nicht rechtfertigen. Zwar werden danach die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten aus vorher mit dritten Ländern geschlossenen Übereinkünften nicht berührt. Indessen haben die der MRK angehörenden Mitgliedstaaten einen Vorbehalt zu ihren Gunsten nicht stipuliert. Da Frankreich insoweit ungebunden ist, kann auch ein stillschweigen­ des Einverständnis aller Mitgliedstaaten zugunsten unmittelbarer Geltung der MRK im Gemeinschaftsrecht nicht angenommen werden74. d) Dieses negative Ergebnis kann um so eher hingenommen werden, als dem etwa betroffenen Marktbürger verfahrensrechtliche Durchsetzungsmög­ lichkeiten der MRK ohnehin nicht zur Verfügung stehen würden. Denn hierzu hätte es der Unterwerfung der Gemeinschaftsorgane unter die Indi­ vidualbeschwerde bedurft. Daran fehlt es. Ein Rechtsweg zum Gerichtshof würde insoweit nicht eröffnet sein. M ateriellreditliäi würden die Gewähr­ leistungen der MRK, die nicht speziell auf die Wirtschaftstätigkeit der Ge­ meinschaften zugeschnitten sind, überdies keinen gleich- oder gar höherran­ gigen Schutzstandard liefern als die im Gemeinschaftsrecht vertraglich und allgemein wirksamen Gewährleistungen.

2. Allgem eine Regeln des Völkerrechts 30 Daß die allgemeinen Regeln des Völkerrechts von der Existenz und Anerkennung eines elementaren Mindeststandards an Menschenrechten aus­ gehen, und zwar im Sinne der Bindung nicht nur souveräner Staatsgewalt, sondern auch nichtstaatlich verfaßter öffentlicher Gewalt, wie sie in den Ge71 UNYB 1948/49, 535. 72 H. M.: Kropholler EuR 1969, 134; Pescatore Integration 1969, 121; Partscb, Die Rechte und Freiheiten der europäischen MRK 67; Zuleeg AöR 94 (1969) 637. 73 Zieger 19 Anm. 71 gegen von der Heydte VVDStRL 18 (1960) 83. 74 Kropholler EuR 1969, 133. /

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Völkerrechtliche Grundrechtsbindungen der Gemeinschaftsorgane

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meinschaften wirksam ist, entspricht der herrschenden Auffassung75. Indes reicht dieser Standard kaum hinaus „über den Grundsatz der Achtung und Schutzwürdigkeit der menschlichen Persönlichkeit und eines allgemeinen Willkürverbotes . . . , speziell in der Form des Verbots . . . , nach Rasse, Geschlecht, Sprache und Religion zu diskriminieren“76. Eine gewisse Präzisierung erfährt dieser Standard durch Art. 3 der Sat­ zung des Europarates, dem alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaften ange­ hören: „Jedes Mitglied des Europarates erkennt den Grundsatz der Vor­ herrschaft des Rechts und den Grundsatz an, daß jeder, der seiner Hoheits­ gewalt unterliegt, der Menschenrechte und Grundfreiheiten teilhaftig wer­ den soll.“ Zwar wird hierdurch formal eine Grundrechtsbindung der Ge­ meinschaftsorgane selbst nicht hergestellt. Indes vermag der Grundsatz über­ all dort mindestens subsidiär und als Auslegungsprinzip das Handeln aller Gemeinschaftsorgane einschließlich des Gerichtshofs zu bestimmen, wo es in Ermangelung positivierter Vertragsregeln auf die Ermittlung allgemeiner und ungeschriebener Grundrechtsgewährleistungen ankommt77. Mit ihrer Hilfe mag auch der Weg zur Fixierung eines partikulären Gewohnheitsrechts im Gemeinschaftsbereich eröffnet oder schon beschritten sein, das sich an Art. 3 a.a.O. und dem Inhalt der MRK orientiert78.

75 B e le g e b e i Zieger 22. 76 Zieger 23. 77 Pescatore Integration 1969, 121; Zieger 23. 70 Meyer-Lindenberg BerDtGesVöR 4 (1961) 105; Wengler JZ 1968, 329 Anm. 12* and. Ans. Badura VVDStRL 23 (1966) 84.

§ 42 PFLICHTEN DES MARKTBORGERS Hanebuthy Das Auskunftsrecht im europäischen Wirtschaftsrecht. Rechtsgrund­ lagen und Handhabung (1967); Porten de la Morandicre, Les pouvoirs d’informa­ tion de la Communauté, RevMC 1971, 300, 391, 435; Robloty La Communauté et les entreprises. Droits et devoirs des entreprises de la Communauté — sanctions, Actes off. IV (1958) 19; S c h e r m e r S y Het toezicht door de Commissie op de naleving der verdragsverplichtingen door lid-staten en particulieren, in: De rcchtsorde der Europese Gemeenschappen tussen het internationale en het nationale recht (1966) 135; Torelli, L’individu et le droit de la Communauté économique européenne (1970); Würdinger und Wohlfarthy Das Auskunftsrecht gegenüber Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüssen innerhalb internationaler Gemeinschaften (1964).

1 Soweit das Gemeinschaftsrecht Rechte des einzelnen Marktbürgers be­ rührt, mußte sich die Frage stellen, ob sie nach seinem nationalen Verfas­ sungsrecht als Grundrechte besonders gewährleistet sind und auch gegenüber der Gemeinschaftsgewalt besonderen Schutz beanspruchen können. Das Ge­ meinschaftsrecht räumt auch selbst Rechte ein. Das geschieht durch positive Regelungen in Einzelfällen ausdrücklich (z. B. in Art. 48 III EWGV: Recht des Arbeitnehmers auf Arbeitnahme), ist in anderen durch die Rechtspre­ chung des Gerichtshofs im Wege der Auslegung entnommen worden (so zuerst zu Art. 12 EWGV, Rs 26/62 Rspr. IX, 1). Solche Erscheinungen haben in jenem Sinne aber keine vergleichbare grundrechtliche Relevanz. Sie kann indes entstehen, wenn das Gemeinschaftsrecht Pflichten des Markt­ bürgers derart begründet, daß dadurch der nach nationalem Verfassungs­ recht grundrechtlich gewährleistete Freiheitsbereich berührt wird. Hier gel­ ten dann die Erkenntnisse, die für seine Respektierung auch durch das Ge­ meinschaftsrecht gewonnen worden sind (§41). Durch diese besondere Problematik nicht belastet ist im übrigen die Frage, in welchen Zusammenhängen, Erscheinungsformen und Ausgestaltungen das Gemeinschaftsrecht sonst Pflichten des Marktbürgers (des einzelnen, von Unternehmen) statuiert, wem und zu wessen Gunsten sie ihm auferlegt sind, wie die Pflichterfüllung überwacht und erforderlichenfalls sanktioniert wird.

/. Begriff, Rechtsgrundlagen, Einteilung 1. Begriff

2 Gemeinschaftspflichten des Marktbürgers sind ihm gemeinschaftsrecht­ lich auferlegte Verhaltensanforderungen (zu einem Tun, Dulden oder Unter-

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Begriff, Rechtsgrundlagen, Einteilung

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lassen). Ob Normen des Gemeinschaftsrechts ein solches Verhalten abver­ langen, ist ihrem Wortlaut oder, soweit erforderlich, ihrer Auslegung zu entnehmen. Dabei ist insbesondere erheblich, ob die Norm unmittelbar ge­ genüber dem Marktbürger anwendbar (im Sinne des Durchgriffs) und voll­ ziehbar ist oder vorerst, um diese Wirkung auszulösen, mitgliedstaatlicher Durchführungsregelung bedarf. Hierfür sind entsprechende Maßstäbe und Auslegungsgrundsätze anzuwenden, wie zur Klärung der Frage, ob Gemein­ schaftsnormen dem einzelnen Rechte verschaffen. Daß die Norm sich aus­ drücklich nur an die Mitgliedstaaten zu richten scheint, schließt danach eine solche Durchgriffswirkung nicht aus (5/61). Wie Normen, die ausdrücklich die Mitgliedstaaten verpflichten, zugleich Rechte des einzelnen begründen können, mögen Normen, die ausdrücklich berechtigen, zugleich den einzelnen verpflichten. Wie der Gerichtshof festgestellt hat1, es entspreche dem Sinn der Gemeinschaftsverträge, dem einzelnen bei klaren und eingeschränkten Staatenverpflichtungen Rechte einzuräumen, erscheint es ebenso sinnvoll, solche Pfliehtbegründungen des einzelnen anzunehmen, wenn das Gemein­ schaftsrecht klare und uneingeschränkte Staatenberechtigungen herstellt: hier wird eben gemeinschaftsrechtlich eine Veränderung der in den Mitglied­ staaten geltenden Rechtsordnung zu Lasten des einzelnen bewirkt. Derselbe Schluß ist indes nicht gerechtfertigt, wenn eine Pflicht von Gemeinschafts­ recht ausschließlich den Mitgliedstaaten auferlegt wird. Denn hier bedarf es mitgliedstaatlicher Durchführungsregelung, um die Verpflichtung auf die einzelnen zu erstrecken2.

2. Rechtsgrundlagen

3

Pflichtbegründende Normen des Genieinschaftsrechts können solche des Vertrags- und des Sekundärrechts sein. Wenn es zur Pflichtbegründung zu­ nächst durchführender mitgliedstaatlicher Normsetzung bedarf, entsteht die Verpflichtung zwar kraft nationalen Rechts, indes zulässigerweise nur dann und insoweit, als die nationale Norm durch das Gemeinschaftsrecht gedeckt ist. Das zu überprüfen und erforderlichenfalls zu sanktionieren, ist Sache des vom pflichtigen Marktbürger angerufenen nationalen Gerichts. Dieses kann (oder muß) bei Auslegungs- oder Gültigkeitszweifeln an der gemeinschafts­ rechtlichen Rechtsgrundlage die Vorabentscheidung des Gerichtshofs herbei'führen. Ohne solche Zweifel hat es der vom Gemeinschaftsrecht nicht ge­ deckten nationalen Norm die Anwendung zu versagen, die Verpflichtung also zu verneinen. 1 EuGH Rs 26/62 Rspr. IX, 24; Rs 6/64 Rspr. X, 1274; Rs 57/65 Rspr. XII, 267; Zuleeg, Recht 181. — Es handelt sich um „eine gemeinschaftsrechtlich bewirkte Veränderung der in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsordnung“ ; vgl. Ipsen EuR 1966, 359. 2 Zuleeg, Recht 188.

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Pflichten des Marktbürgers

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3. E in te ilu n g

Eine Bestandsaufnahme aller Gemeinschaftsrechtsnormen nach den in ihnen begründeten Pflichten des Marktbürgers steht hier nicht in Frage. Nach Bedeutung und Vorkommen sind gewisse Gruppierungen zu erkennen: 4 a) Pflichten zu einem Tun werden in solchen Normen begründet, die zur Ermöglichung oder Erleichterung von Organaufgaben eine Mitwirkung des Marktbürgers erfordern. 5 aa) Das ist z. B. der Fall bei der Auferlegung von Pflichten zur Aus­ kunftserteilung an die Kommission (Art. 213 EWGV, 187 EAGV, und zwar im Rahmen und nach näherer Bestimmung durch den Rat3; Art. 47 I EGKSV in unmittelbarer Anwendbarkeit). Im Anwendungsbereich des EAGV sind einzelne Auskunftspflichten ferner vorgesehen in den Art. 4— 11, 12—29, 40—44 (insbes. 41), 77— 85, insbes. 91, 101— 106 (insbes. 104 II) sowie in Art. 194. Im Anwendungsbereich des EGKSV sind außerdem ein­ schlägig: Art. 46 III 5, 48 III, IV, 54 III, 65 III, 66 IV, 80, 86 IV. Aus­ kunftsverlangen dürfen sich nur beziehen auf Tatsachen, nicht auf Meinun­ gen oder Werturteile. Sie müssen zumutbar und zur Erfüllung der Aufgaben der Kommission erforderlich sein. Sie allein ist auch auskunftsberechtigt4. 6 bb) Ein Tun verlangen auch solche pflichtbegründenden Normen, nach denen Meldungen oder Anzeigen zu erstatten oder Anträge zu stellen sind, deren Bescheidung es bedarf, um die Vereinbarkeit bestimmten Marktver­ haltens mit dem Gemeinschaftsrecht zu klären, das Verhalten transparent zu machen oder andere Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auszulösen. Das gilt z. B. für die Behandlung von Investitionsvorhaben nach Art. 40 ff. EAGV und Art. 54 ff. EGKSV. Kommissionsfeststellungen nach Art. 54 V EGKSV, wonach die Finanzierung eines angemeldeten Programms oder eines danach vorgesehenen Betriebes vertragswidrige Subventionen, Bei­ hilfen, Schutzmaßnahmen oder Diskriminierungen mit sich bringen würde, haben zur Folge, daß das Unternehmen zur Programmdurchführung nur eigene Mittel verwenden darf. Investitionsvorhaben, die nach Art. 41 EAGV fristgemäß anzuzeigen sind, werden von der Kommission hinsichtlich der Vertragsziele erörtert (Art. 43). Anders als nach Art. 54 IV EGKSV bedarf die Veröffentlichung von Investitionsvorhaben gemäß Art. 44 EAGV der Zustimmung der Beteiligten. Nach Art. 2 der VO Nr. 17 erläßt die Kommission Negativatteste, wo­ nach kein Anlaß zum Einschreiten gegen Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen gemäß Art. 85 I, 86 EWGV besteht, auf Antrag des be­ teiligten Unternehmens. Will dieses die Unbedenklichkeit attestiert erhalten, ist es verpflichtet, die Attesterteilung zu beantragen. Indem es so verfährt, 3 Dazu Hanebuth, Das Auskunftsrecht 29—30 (Verzeichnis der Sekundärrechts­ quellen); Würdinger-Wohlfarth, Das Auskunftsrecht 12, 13; Tomuschat AöR 95 (1970) 625. 4 Wohlfarth u. a. Komm. 5 zu A r t. 213. ,

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Begriff, Rechtsgrundlagen, Einteilunj

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erfüllt es also eine Pflicht gegen sich selbst, eine Obliegenheit, um die Ver­ tragsgemäßheit seines Marktverhaltens verbindlich zu klären. Entsprechen­ des gilt nach Art. 4 a.a.O., um eine Freistellungs-Erklärung gemäß Art. 85 III EWGV zu erwirken. 7 cc) Andere gemeinschaftsrechtliche Pflichten zum Tun zielen auf die Er­ bringung finanzieller Leistungen. Im Montanbereich zählt hierzu die Haupt­ verpflichtung der Unternehmen zur Entrichtung von Umlagen auf die Er­ zeugung von Kohle und Stahl nach Art. 49, 50 EGKSV. Nach Art. 87 II a EWGV können bei Verstößen gegen Wettbewerbsregeln Geldbußen und Zwangsgelder verhängt werden (hierzu Art. 172 EWGV). Art. 47 III, 54 VI, 64 ff. EGKSV ermöglichen entsprechende Sanktionen, durch die finanzielle Leistungspflichten begründet werden. 8 dd) Andere Verpflichtungen zum Tun sind dadurch gekennzeichnet, daß sie den Marktbürger zu einem positiven Verhalten nicht gegenüber Gemein­ schaftsorganen, sondern gegenüber anderen Marktbürgern anhalten (Anbietungs-, Abnahmepflichten im Rahmen der Agrarmarktordnungen; Liefer­ pflichten). Zwangslizenzierungen gemäß Art. 17 ff. EAGV betreffen zwar auch die Rechtsbeziehungen zwischen Marktbürgern und wirken pflichtbegründend, finden indes statt durch Vermittlung von Akten zuständiger Gemeinschaftsorgane. b) Pflichten zur Duldung bestehen dort, wo der Marktbürger gemein­ schaftsrechtlich gehalten ist, Handlungen von Gemeinschaftsorganen hinzu­ nehmen. 9 aa) Im Zusammenhang mit Auskunftspflichten stehen solche, Nachprü­ fungen der Kommission zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben zu dulden (Art. 213 EWGV, 187 EAGV, 47 I EGKSV). Insgesamt können sie stattfinden in der Wahrnehmung verschiedenartiger „wirtschaftspolizeilicher“ Funktionen, und zwar solcher Wettbewerbs-, gewerbe-, sicherheits- oder ge­ sundheitspolizeilicher Art5. Sie können zielen auf Einsicht, Besichtigung, letztlich auf Durchsuchung. Das Gemeinschaftsrecht nennt sie in wechselnder Terminologie Nachprüfungen, Kontrollen, Überwachungen oder Überprü­ fungen. Es ist nicht anzunehmen, daß solche zu duldenden Maßnahmen jeweils nur subsidiär und auskunfts-abhängig sind, also zeitlich und inhalt­ lich an ein vorausgegangenes Auskunftsersuchen geknüpft sind6. Denn das Vertragsrecht skandiert in dieser Weise nicht. Indes ist jeweils das Prinzip der Erforderlichkeit der Maßnahme zu beachten. 10 bb) Duldungspflichten bestehen auf Grund und im Rahmen von Rats­ oder Kommissionsentscheidungen, die eine Zahlung auferlegen und als solche vollstreckbare Titel sind (Art. 192 EWGV, 164 EAGV, 92 EGKSV). Ent5 Hanehuth 248. — Pflichten dieser A rt erwachsen nicht nur aus wirtschaftspolizeilichen Aufsichtsgesichtspunkten. Auch solche wirtschzhspolitiscber Aufsichts­ interventionen können vom Gemeinschaftsrecht begründet werden; hierzu: Ipsen, in: Würdinger-W ohlfarth, Das Auskunftsrecht 55. 6 Dazu Hanehuth 253.

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Pflichten des Marktbürgers

sprechendes gilt von den Urteilen des Gerichtshofs (Art. 187 EWGV, 159 EAGV, 44 i. Verb, mit Art. 92 EGKSV). Die Vollstreckung findet nach dem Zivilprozeßrecht der Mitgliedstaaten statt.

II. Pflicbten-Träger 1. Allgemeines

11

a) Soweit das pflichtbegründende Gemeinschaftsrecht den PflichtenTräger hinreichend deutlich kennzeichnet, sind (abgesehen von den den Mit­ gliedstaaten obliegenden, hier nicht zu behandelnden Pflichten) die Marktbür­ ger als Individuen und als Unternehmen, die Verbände oder Zusammenschlüs­ se von einzelnen oder Unternehmen zu unterscheiden (42/13— 16). Dabei macht die Kennzeichnung des Individuums als des pflichtigen Marktbürgers in der Regel rechtlich keine Schwierigkeiten. Die Pflichtigkeit des Individuums als Marktbürger trifft diesen weit überwiegend in seiner Qualität als Unter­ nehmer. Aber auch in anderer Eigenschaft kann er pflichtig werden, so z. B. auskunftspflichtig als Arbeitnehmer gemäß Art. 118 II EWGV in Fragen des Arbeitsrechts und der Sozialpolitik, wenn Auskünfte der Unternehmen oder der Mitgliedstaaten nicht ausreichen. Da das Montanrecht auf Unternehmen abstellt (Art. 80 EGKSV) und Art. 196 EAGV Personen und Unternehmen unterscheidet, ist hierfür nähere Bestimmung erforderlich (42/13— 15). 12 b) Soweit das Gemeinschaftsrecht zuläßt, daß seine Ausgestaltung nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch den Marktbürger verpflichtend er­ faßt7, hängt die Inpflichtnahme auch des Marktbürgers davon ab, ob die Gemeinschaftsnorm die Verpflichtung nach Zweck und Zusammenhang sowie in einer durch Auslegung feststellbaren, hinreichend deutlichen Adressierung erkennbar macht. Für die Zweckermittlung kommt es primär auf die jeweils in Frage stehenden Gemeinschaftsziele an. Aus rechtsstaatlichen Gründen spricht jedenfalls keine Vermutung für die Inpflichtnahme auch des Markt­ bürgers. Und soweit ausdrücklich nur die Mitgliedstaaten in Pflicht genom­ men sind, ist die Inpflichtnahme des Marktbürgers aus gleichen Gründen ausgeschlossen8.

2. Unternehmen Der Begriff des in Pflicht genommenen Unternehmens richtet sich — unter­ schiedlich nach den drei Verträgen, teilweise auch nach den in ihnen jeweils geregelten Materien — nach dem Regelungsgegenstand und -zweck der pflichtbegründenden Normen. 7 Zur etwa nur subsidiären Inanspruchnahme des Marktbürgers: Ipsen, in: Würdinger-Wohlfarthy Das Auskunftsrecht 56.

8 Im Ergebnis ebenso: Zuleegy Recht 187.

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Pflichten-Träger

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13 a) Der EWGV kennt keinen einheitlichen Unternehmensbegriff, da er — anders als die beiden anderen Verträge — auf die Vielfalt möglicher Teilhabe am Markt abstellt. aa) Art. 85 I bestimmt seinen Unternehmensbegriff nicht, sondern setzt ihn voraus, und zwar als zum Vertragsschluß befähigten Rechtsträger (ohne Rücksicht auf die Rechtsform), nicht nur als Wirtschaftseinheit. Ob der Kon­ zern als Wirtschaftseinheit gleichermaßen wie das Unternehmen pflicht­ gebunden ist, entscheidet sich nach Sinn und Zweck der pflichtbegründenden Norm. bb) Art. 92 I erklärt staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Bei­ hilfen, die den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen, als mit dem Ge­ meinsamen Markt unvereinbar, wenn sie (u. a.) durch die Begünstigung be­ stimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Auch hier gilt als in Pflicht genommenes Unternehmen, das sich der Beihilfe-Annahme zu enthalten hat, ein solches i. S. des Art. 85 I9. cc) Adressaten der nach Art. 79 I zu begründenden Pflicht, gleiche Frach­ ten und Beförderungsbedingungen anzuwenden und Diskriminierungen zu unterlassen, sind Verkehrsunternehmen. Das sind alle Rechtsträger, die sich mit der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Gütern befassen einschließlich der als Sondervermögen organisierten staatlichen Eisenbahn­ gesellschaften. Auf ihre Rechtsform kommt es also auch hier nicht an10. 14 b) Nach Art. 196 b EAGV ist Unternehmen i. S. des Vertrages, also auch Pflichten-Träger, jedes Unternehmen oder jede Einrichtung, die ihre Tätigkeit ganz oder teilweise in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet wirtschaftlicher Betätigung ausübt, das in dem entsprechenden Kapitel des Vertrages bezeichnet ist. Ob sie eine öffentlich-rechtliche oder privat-rechtliche Stellung hat, ist unerheblich. 15 c) Art. 80 EGKSV liefert eine nach dem Regelungsgegenstand diffe­ renzierende Legaldefinition des Unternehmens i. S. des Vertrages: Unter­ nehmen, die innerhalb der in Art. 79 I genannten Gebiete eine Produktions­ tätigkeit auf dem Gebiet von Kohle und Stahl ausüben. Was die Art. 65 und 66 sowie die zu ihrer Anwendung erforderlichen Auskünfte (und die ihretwegen erhobenen Klagen) angeht, so sind Unternehmen i. S. des Ver­ trages ferner diejenigen Unternehmen und Organisationen, die gewerbs­ mäßig eine Vertriebstätigkeit ausüben mit Ausnahme des Verkaufs an Haus' haltungen oder an Kleingewerbetreibende. Die pflichtbegründenden Regelungen wenden sich also nicht an die wirt­ schaftlichen Produktionseinheiten, die als solche in den Mitgliedstaaten keine Rechtsfähigkeit besitzen, und das Vertragsrecht verleiht ihnen auch nicht eine solche. Adressaten sind also die einzelstaatlichen Rechtssubjekte (natür­ liche oder juristische Personen). „Der Unternehmensbegriff ist insofern als 9 Zu den Rechtsfolgen der Pflichtverletzung: Zuleeg, Recht 203. 10 Wohlfarth u. a. Komm. 2 zu Art. 78.

Pflichten des Marktbürgers

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stellvertretender Rechtsbegriff zu werten.“11 Mehrere Konzerngesellschaften verschiedener Rechtspersönlichkeit bilden daher selbst dann nicht ein Unter­ nehmen, wenn sie wirtschaftlich zur Einheit zusammengefaßt sind12.

3.

V e rb ä n d e

16 Als Pflichtige können vom Gemeinschaftsrecht audi Verbände (Wirt­ schafts-, Berufs verbände) in Anspruch genommen werden, so nach Art. 213 EWGV, 187 EAGV zu Auskünften. Art. 48 IV EGKSV statuiert diese Aus­ kunftspflicht der Unternehmensverbände ausdrücklich hinsichtlich ihrer Tätigkeit. Nach Abs. III a.a.O. soll sich die Kommission zur Erleichterung ihrer Aufgaben der Erzeugerverbände bedienen.

I I I . A u s M a r k tb ü r g e r -P flic h te n B e re c h tig te

Aus Pflichten, die das Gemeinschaftsrecht dem Marktbürger auferlegt, können die Gemeinschaften, Mitgliedstaaten oder D ritte berechtigt sein.

1. G em e in sch a ften

17 Soweit die pflichtbegründende Norm des Gemeinschaftsrechts ein Ge­ meinschaftsorgan befugt, ein bestimmtes Verhalten des Marktbürgers zu for­ dern, ist die Gemeinschaft aus der Norm berechtigt. Es hängt vom Inhalt der Pflicht ab, von welchem Gemeinschaftsorgan und in welcher Weise ihre Erfüllung geltend gemacht wird. Im wichtigen Bereich der Auskunftsverpflichtungen und der Durchführung von Nachprüfungen sind besondere Inspekteure eingesetzt, deren Tätigkeit auf Dienstverhältnis oder privatrechtlichem Vertragsverhältnis beruhen kann. 18 a) In zahlreichen Kontrollvorschriften geht das Gemeinschaftsrecht davon aus, daß die Gemeinschaftsorgane durch ihre eigenen Bediensteten tätig werden, so in Art. 14 II VO (EWG) Nr. 11, Art. 14 I VO (EWG) Nr. 17; Art. 81 I, 82 I, II EAGV; Art. 86 IV EGKSV. Solche Inspekteure und Kontrolleure sind tätig im Steinkohlenbergbau und in der Eisen- und Stahl­ industrie, in der Sicherheitsüberwachung und für den Gesundheitsschutz des EAGV, im EWG-Bereich zur Kontrolle der Kartelle, Monopole und Dumpingpraktiken. 11 Peter Ulmer, Der Unternehmensbcgriff im EGKSV (1960) 139. 12 Die Rechtsprechung zum montanrechtlichen Unternehmensbegriff (EuGH Rs 42 u. 49/59 Rspr. VII, 109) ist trotz ihrer allgemeinen Formulierungen aber unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, daß es um Abgrenzungskriterien im Streit um den sog. „Konzernschrott“ ging; Hanehuth 89.

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Aus Marktbürger-Pflichten Berechtigte

4 2 /1 9 -2 2

19 b) Das Gemeinschaftsrecht läßt es teilweise zu, daß Private mit der Durchführung von Nachprüfungen beauftragt werden, so in Art. 14 II VO (EWG) Nr. 11 (Sachverständige), Art. 47 I 2 EGKSV (vornehmen „las­ sen“)13, Art. 1, 2 EGKS-Entscheidung Nr. 14/64 (Beauftragte). Der beauf­ tragte Private ist nicht befugt, aus der Pflichtnorm erwachsene Hoheitsbe­ fugnisse auszuüben und Sanktionen zu verhängen. Er hat Nachprüfungen nur in den Grenzen seines Auftrages durchzuführen. Rechtsschutz, Geheim­ nisschutz, Haftungsschutz des Pflichtigen dürfen durch die Beauftragung eines Privaten mit Nachprüfungen nicht beeinträchtigt werden. 2. M itgliedstaaten

20 Das Gemeinschaftsrecht kann in unterschiedlicher Weise Pflichten des Marktbürgers begründen, die zu erfüllen ihm gegenüber einem Mitgliedstaat obliegt14 — seinem eigenen oder einem anderen gegenüber. Dann ist der Mitgliedstaat aus der Pflichtennorm berechtigt. 21 a) Wer als Einführer landwirtschaftlicher Erzeugnisse zur Zahlung von Abschöpfungsbeträgen auf Grund einer Agrarmarktregelung verpflichtet ist, schuldet einem Mitgliedstaat. Daß Abschöpfungen schrittweise Gemein­ schaftseinnahmen werden (18/12), kann hieran ändern. Entsprechendes gilt in anderen Fällen vergleichbarer Pflichtbegründungen. Ihre Durchsetzung zu verlangen, ist der Mitgliedstaat unter Einsatz seiner Organe und unter An­ wendung seines Verwaltungsverfahrensrechts befugt, soweit das Gemein­ schaftsrecht es nicht geregelt hat. Nach seinem Recht bestimmt sich auch die Abwicklung, so z. B. die Erstattung von Überzahlungen15. 22 b) Gegenüber einem Mitgliedstaat zu erfüllende Pflichten des Markt­ bürgers können dadurch begründet werden, daß Gemeinschaftsrechtsnormen „den Anwendungsbereich von Vorschriften für das Verhältnis der Mitglied­ staaten zu den Gewaltunterworfenen ausdehnen“16. Das geschieht etwa durch Koordination des Sozialversicherungsrechts der Mitgliedstaaten für Wanderarbeiter (Art. 12 der VO-EWG-Nr. 3 v. 25. 9. 1958, ABI. 561). Auch Art. 194 I UA 2 EAGV wirkt in diesem Sinne, da er nationale Straf­ rechtsnormen gemeinschaftsrechtlich ausdehnt, damit Verhaltenspflichten ge­ genüber einem Mitgliedstaat kraft Gemeinschaftsrecht begründet17. 13 EuGH Rs 18/62 Rspr. IX, 595: Darin liegt keine „Übertragung“ der Befug­ nisse des Gemeinschaftsorgans. Erforderlich ist nur, daß die mit der Nachprüfung beauftragte Person geeignet und unvoreingenommen ist (596). 14 Zuleeg, Recht 205. 15 Zulecg, Recht 205; Ulmer, Das Verbot der steuerlichen Diskriminierung von Einfuhrwaren in Art. 95 des EWG-Vertrags und seine Auswirkungen auf das nationale Abgabenrecht, AWD 1966, 281. 10 Zuleeg, Recht 206. 17 BGHZ 17, 121 hat an der Vereinbarkeit dieser Regelung mit Art. 103 II GG keine Zweifel geäußert.

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3.

Pflichten des Marktbürgers

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D ritte

23 Ob gemeinschaftsrechtlich begründete Pflichten eines Marktbürgers in einer Art. „Drittwirkung“ (also „horizontal“) einen anderen Marktbürger berechtigen, und zwar zur Durchsetzung der Pflichterfüllung oder (bei Nicht­ erfüllung) zur Sanktionierung (durch Geltendmachung der Nichtigkeit eines Rechtsverhältnisses oder von Schadensersatzansprüchen), führt in einen wei­ ten und komplizierten Fragenkreis (dazu aus dem wichtigsten Fragenbereich der Diskriminierungsverböte: 30/9 ff.). Er läßt sich gegenständlich und kon­ struktiv durch einzelne Normenbeispiele veranschaulichen, ohne daß er hier in allen Zusammenhängen mit dem nationalen Zivilrecht, das insoweit dem Gemeinschaftsrecht Anwendungshilfe gibt, beantwortet werden könnte18. 24 a) Daß das Gemeinschaftsrecht die Rechtsbeziehungen zwischen den Marktbürgern normiert, ist Ausnahme, nicht die Regel. Soweit das gleich­ wohl geschieht, kann die Kontrolle dieser Gestaltungen, insbesondere die Erfüllung von gemeinschaftsrechtlich begründeten Marktbürgerpflichten ge­ genüber einem anderen Marktbürger, gemeinschaftsrechtlich geregelt und gesichert werden. Das ist dann der Fall, wenn — wie z. B. im Kartellrecht — Gemeinschaftsorgane Kontrollbefugnisse und -aufgaben zugewiesen erhal­ ten haben. Wo das Gemeinschaftsredit sich hinsichtlich der Kontrolle und Sanktionierung ausschweigt und deshalb solche durch Gemeinschaftsorgane nicht anzunehmen oder nicht wirksam sind, kann das Gemeinschaftsrecht' sich zu seiner Durchsetzung des Eigeninteresses des begünstigten Marktbür­ gers bedienen: dieser kann sich auf das Gemeinschaftsrecht berufen, um den nadi seinen Normen ihm gegenüber pflichtigen Marktbürger zur Pflichterfül­ lung anzuhalten. Im Rechtsstreit vor nationalen Gerichten können nämlich gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen und Berechtigungen von Marktbür­ gern untereinander Streitgegenstand sein. Auf diese Weise wird die Wirk­ samkeit des Gemeinschaftsrechts durch das Eigeninteresse von Marktbürgern aktiviert. Da Kontrollmechanismen der Gemeinsdiaftsorgane ohnehin nicht perfekt funktionieren, diese auch berechtigten Anlaß haben können, Tat­ bestände von Gemeinschaftsrecht-Verletzungen zu ignorieren oder jedenfalls nicht hoheitlich zu beanstanden und zu sanktionieren, bildet diese mögliche Mobilisierung marktbürgerlichen Eigeninteresses ein integrationsförderndes Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts. b) Das nationale Recht der Mitgliedstaaten kennt Blankeitnormen, die durch pflichtbegründende Normen des Gemeinschaftsrechts ausgefüllt wer­ den können. Das gilt für Regelungen, die — an Verbote, rechtswidriges Verhalten, Schutzgesetz-Verletzung anknüpfend — unterschiedliche Rechts­ folgen statuieren: Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, Entstehung von Scha­ densersatzansprüchen, von Unterlassungsansprüchen, von Kontrahierungs­ zwang. In diesem Bereich können die nationalen Gerichte die gemeinschafts18 Zum folgenden: Zuleeg, Recht 189—209.

75 ί

Aus Marktbürger-Pflichten Berechtigte

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rechtliche Auffüllung nationaler Blankettnormen und ihre Sanktionierung kraft nationalen Rechts nicht mit der Begründung verweigern19, das Ge­ meinschaftsrecht ermögliche die hoheitliche Kontrolle und Sanktionierung der pflichtbegründenden Gemeinschaftsnorm im Interesse des berechtigten Marktbürgers. c) Soweit das Gemeinschaftsrecht selbst die horizontalen Wirkungen sei­ ner Pflichtnormen im Verhältnis der Marktbürger zueinander ausdrücklich und abschließend regelt (wie in Art. 85 II EWGV, Art. 65 § 4 EGKSV: Nichtigkeit wettbewerbsbeschränkender Abreden) oder aber (so gemäß Art. 79 III EWGV i. Verb, mit Rats-VO v. 27. 6. 1960, ABI. 1121) privat­ rechtliche Wirkungen der gemeinschaftsrechtlichen Verbots Verletzung, also der Nichterfüllung der Pflicht, ausdrücklich ausschließty kommt eine Durch­ führung des Gemeinschaftsrechts mit Hilfe des nationalen Rechts nicht in Betracht. Das kann sich, soweit das Gemeinschaftsrecht sich ausschweigt, auch aus Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Pflichtnorm ergeben. Das wird z. B. angenommen für Art. 60 § 2 EGKSV: aus der pflichtwidri­ gen Nichtveröffentlichung der Preistafeln und Verkaufsbedingungen erwach­ sen Käufern und Mitbewerbern weder Rechte aus Kontrahierungszwang noch Schadensersatzansprüche. Ebensowenig sind Vertragsschlüsse auf Grund der nicht veröffentlichten Tafeln nichtig. d) Speziell im Anwendungsbereich von Diskriminierungsverboten und Gleichbehandlungsgeboten kann ihre Verletzung durch den Marktbürger, also die Nichterfüllung einer gemeinschaftsrechtlichen Pflicht gegenüber einem anderen Marktbürger, Rechtsfolgen haben, die das nationale Recht fiir die Erfüllung derartiger Tatbestände (Verletzung eines Schutzgesetzes: § 823 II BG3; Verletzung eines gesetzlichen Verbotes: § 134 BGB) vorsieht. Diese Folgen treten unabhängig davon ein, ob Gemeinschaftsorgane kraft ihrer Kontrollbefugnisse öffentlich-rechtliche Sanktionen herbeiführen (30/ 10,11). Die aus dem nationalen Recht letztlich zu ziehenden zivilrechtlichen Folgerungen kommen z. B. in Betracht für den Anwendungsbereich von Art. 7 EWGV nebst seinen Spezialisierungen sowie von Art. 46, 60 § 1, 70 I, II EGKSV.

19 Anders: BGHZ 30, 74.

§ 43 RECHTSSCHUTZ André, Beweisführung und Beweislast im Verfahren vor dem Europäischen Geriditshof (1966); André, Zur Rechtskraft und Gestaltungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Anfechtungsprozeß, EuR 1967, 97; Auby-Fromont, Untersuchung über den Rechtsschutz gegen Wirtschaftsverwaltungsakte im Recht der Mitglicdstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Kollektion „Studien“ der Kommission, Reihe Wettbewerb — Rechtsangleichung Nr. 12 (1971); Bandilla, Das Klagrecht der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften gegen Durchgriffsakte (1965); Basse, Das Verhältnis zwischen der Gerichtsbarkeit des Ge­ richtshofs der Europäischen Gemeinschaften und der deutschen Zivilgerichtsbarkeit (1967); Baumann, Die Nachprüfungsbefugnis des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gegenüber Würdigungen der wirtschaftlichen Gesamtlagc durch die Exekutivorgane der Gemeinschaften, Diss. Hamburg (1965); Bebr, Judicial remedy of private parties against normative acts of the European Communities. The role of exception of illegality, CMLR 1966, 7; Bebr, Recours en annulation et en carence, DrCommEur Nr. 868; Bcrri, The special procedures before the Court, CMLR 1971, 5; Bonifazi, Sulle competenze a titolo pregiudiziale délia Corte di Giustizia delle Comunità Europee, RivDirlnt 1964, 573; Brinkhorst-Schertncrs, Judicial remedies in the European Communities. A case book (1969); Catalano, Les voies de recours ouvertes aux per­ sonnes physiques ou morales contre les actes non réglementaires de la Commission de la C. E. E., SEW 1965, 525; Catalano, La protection juridictionelle indirecte dans le système des Traités de Rome, RevTrimDrEur 1966, 371; Chevallier, Com­ mentaire de l’article 177 du Traité C. E. E. à l’usage des juges et des justiciables français (1964); Chevallier, Compétence de la Cour de justice des Communau­ tés européennes pour statuer en interprétation du droit communautaire sur ren­ voie par une juridiction nationale (1966); Chevallier, La procedure devant la Cour de Justice, DrCommEur Nr. 1089; Cintura, L’objectivisme juridique et la Cour de Luxembourg. Nécessité d’un ordre public communautaire, RevTrimDrEur 1970, 272; Clever, Ermessensmißbrauch und détournement de pouvoir nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften im Licht der Rechtsprechung ihres Gerichts­ hofes (1967); Czasche, Die Untätigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof (1969); Däubler, Erweiterung des Rechtsschutzes gegen EWG-Verordnungcn durdi Drittwiderspruchsklage, AWD 1966, 172; Daig, Die Gerichtsbarkeit in der Euro­ päischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft mit ver­ gleichenden Hinweisen auf die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, AöR 83 (1958) 132; Daig, Zum Klagcrecht von Privatpersonen nach Art. 173 Abs. 2 EWG-, 146 Abs. 2 EAG-Vertrag, Fs Riese 187; Degenhardt, Die Auslegung und Berichtigung von Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (1969); Donner, Die Klagemöglichkeit privater Personen gegen Maßnahmen der Kommission, die an Mitgliedstaaten gerichtet sind, nach Art. 173 Abs. 2 EWG-Vertrag, Diss. Tübingen (1965); Donner, Les rapports entre la compétence de la Cour de Justice des Communautés européennes et les Tribunaux internes, Recueil J es Cours 1965, 1; Dumon, Questions préjudicielles, DrCommEur Nr. 948; Hhle, Nich­ tigkeitsklage privater Personen nach dem EWG-Vertrag, NJW 1963, 2193; Ehle, Die einstweilige Anordnung nach dem EWG-Vertrag, AV/D 1964, 39; Ehle, Klageund Prozeßrecht des EWG-Vertragcs mit Entscheidungssammlung (1966 iE, 2 Ord­ ner); Fernere, Le contrôle de la légalité des actes étatiques par la Cour de justice des Communautés européennes (1968); Fromont, L’inilucnce du droit français et

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Rechtsschutz

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Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften — neben Versamm­ lung, Rat und Kommission eines der vier Organe der Gemeinschaften — sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge. Seine Stellung innerhalb der Gesamtorganisation der Gemein­ schaften ergibt sich aus dieser Aufgabe (§§ 11, 15). In ihrem Rahmen nimmt er auch seine Zuständigkeit wahr als Verfassungsgericht zur Entscheidung von Feststellungsklagen zwischen Rat, Kommission und Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen Vertrags Verpflichtungen (9/64—78), zwischen Mit­ gliedstaaten wegen Verstoßes gegen Vertragsverpflichtungen (9/79—82) und zwischen Rat und Kommission über die Rechtmäßigkeit ihres Handelns (15/13). Seine Hauptaufgabe zum Rechtsschutz des Marktbürgers erfüllt er in verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeit und in seinen Vorabentscheidun­ gen auf Vorlage nationaler Gerichte. Seine verfassungsgerichtliche Zustän­ digkeit kann auch im Interesse des Individualrechtsschutzes wirksam werden, wenn ein Mitgliedstaat sich ihrer zu diesem Zweck bedient (43/44).

I. G rundsätze für Z u stän digkeit, V erfahren und Entscheidungsvollstreckung 1. Supranationaler Gerichtsschutz 1 Der Verwaltungsrechtsschutz des Marktbürgers gegen Akte vollziehen­ der Gewalt von Rat oder Kommission, für den der Gerichtshof zuständig ist, unterscheidet sich grundsätzlich von der Aufgabe internationaler Gerichte1. Das erklärt sich aus der Supranationalität der Gemeinschaften und ihrer Eigenart, Rechtsbeziehungen nicht nur zwischen sich und den AJitgliedstaaten, sondern „im Durchgriff“ auch unmittelbar zu den Marktbürgern her­ zustellen. Der Rechtsschutz ist in dieser Weise, ausgehend vom Recht des EGKSV, ausgestaltet worden vornehmlich unter dem Einfluß des französischen, aber D aig,

AöR 83 (1958) 150;

U le,

DJT-Gutachten 66.

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Zuständigkeit, Verfahren und Entscheidungsvollstreckung

4 3 /1 -5

auch des deutschen Verwaltungsprozeßrechts. Die Römischen Verträge haben den Rechtsschutz gegen Einzelakte fortentwickelt, den gegenüber Rechts­ vorschriften beseitigt. Seine Vereinheitlichung und Perfektionierung ist ge­ boten und wiederholt mit Recht gefordert worden, insbesondere zur Er­ weiterung der Klagbefugnisse des Marktbürgers. Sie sollte ein Anliegen der Fusionierung der drei Gemeinschaften sein, nachdem die Fusionierung der Organe sie noch nicht zum Anlaß genommen hat. 2. A ufgabe des G erichtshofs

2

Nach Art. 164 EWGV, 136 EAGV sichert der Gerichtshof die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge (Art. 31 EGKSV: und der Durchführungsvorschriften, was selbstverständlich ist und in Art. 173 EWGV, Art. 146 EAGV für die Nichtigkeitsklage denn auch zusätzlich klargestellt bleibt)2. 3 a) Danach obliegt dem Gerichtshof grundsätzlich die Prüfung der Rechtsanwendung, die der Ermessenshandhabung nur unter dem Rechtsgesichts­ punkt des Ermessensmißbrauchs. Soweit die Zuständigkeitsbestimmungen dies ausdrücklich zulassen, übt er ausnahmsweise auch Ermessenskontrolle. Die im deutschen Verwaltungsrecht so genannte „Ermessensüberschreitung“ erfüllt regelmäßig die Voraussetzungen der Vertragsverletzung, damit zu­ lässiger Rechtskontrolle. Ermessensmißbrauchskontrolle hat sich nach der Praxis des Gerichtshofs weitgehend als entbehrlich erwiesen3, da sich seine Prüfungsbefugnisse im Rahmen anderer Klaggründe aus Rechtsgründen als zur Entscheidung ausreichend erwiesen. Soweit der Gerichtshof Ermessen, darunter Zweckmäßigkeit oder Billig­ keit des Organhandelns prüft und beurteilt, ist auch er der Beachtung und Verfolgung der Vertragsziele und dem Gleichbehandlungsgebot verpflichtet. 4 b) Die Rechtswahrungs-Aufgabe des Gerichtshofs setzt ihm Grenzen in der Wahrnehmung seiner Zuständigkeiten und in der Methode seiner Rechts­ findung. Wie der Vergleich des Art. 95 EGKSV in seinem dreistufig zuläs­ sigen Verfahren zur Vertragsfortbildung und -änderung mit dem zweistu­ figen Verfahren der Art. 235, 236 EWGV, 203, 204 EAGV erweist4, ist auch der Gerichtshof außerstande, für sich autonom neue Zuständigkeiten in Anspruch zu nehmen. Indes obliegt ihm im Sinne aller richterlichen Funk­ tion, durch Auslegung des Rechts zu seiner Fortentwicklung beizutragen. Dem ist er in seiner Rechtsprechung gerecht geworden. 5 c) Die Aufgabe, das Recht zu wahren, bezieht sich auf das Gemeinschaftsrecht, nicht auf das nationale Recht. Das gilt auch, wenn Art. 215 EWGV, 188 EAGV auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze verweisen, die 2 D a i g , AöR 83 (1958) 150— 154. 3 C l e v e r , Ermessensmißbrauch und détournement de pouvoir nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften 150; U l e , DJT-Gutachtcn 23. 4 D a i g , AöR 83 (1958) 152.

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Rechtsschutz

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den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Denn diese wer­ den durch solche Verweisung „vergemeinschaftet“. Die häufige Klagberufung auf Grundrechte der mitgliedstaatlichen Verfassungen ist schon aus diesem Grunde verfehlt und deshalb vom Gerichtshof mit Recht nicht angenommen worden (41121). Im übrigen ergibt sich diese Folgerung auch aus dem Vor­ rang des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht (§ 10). 6 d) Daß der Gerichtshof in der Auslegung des Gemeinschaftsrechts spezi­ fischen Methoden — und nicht den für die Spruchpraxis internationaler Ge­ richtshöfe zu völkerrechtlichen Verträgen entwickelten — folgt, erklärt und rechtfertigt sich aus der Besonderheit des Gemeinschaftsrechts (5/71—82). 7 e) Die Zuständigkeit des Gerichtshofs ist im Verhältnis zur nationalen Gerichtsbarkeit eine ausschließliche. Das folgt aus Art. 183 EWGV, 155 EAGV. Soweit er nach den Verträgen zuständig ist, ist allein er zuständig, und soweit er danach keine Zuständigkeit besitzt, kann sie ihm — von Art. 181, 182 EWGV, 153, 154 EAGV, 42, 89 II EGKSV (auf Grund einer Schiedsklausel oder eines Schiedsvertrages) abgesehen — auch nicht über­ tragen werden. Indes sind die Gemeinschaften selbst grundsätzlich der natio­ nalen Gerichtsbarkeit nicht entzogen (vgl. nur Art. 211 EWGV, 185 EAGV), soweit sich aus dem Protokoll über ihre Vorrechte und Immunitäten (Art. 1, 2) nichts anderes ergibt. 3. Gerichtliche Verfahrensgarantien

8 Garantien des Verfahrens als eines gerichtlichen Verfahrens im überein­ stimmenden Verfassungsverständnis aller Mitgliedstaaten ergeben sich aus der Stellung der Richter des Gerichtshofs, seiner normierten Entscheidungs­ zuständigkeit und bestimmten Verfahrensregeln5. 9 a) Die sachliche und persönliche Unabhängigkeit der Richter beruht auf der Stellung des Gerichtshofs im Verhältnis zu den anderen Gemeinschafts­ organen und ihren Auswahlvoraussetzungen. Daß sie von den Regierungen und nur auf Zeit ernannt werden, erfüllt nicht die höchsten Anforderungen und sollte de lege ferenda überdacht werden, obwohl bislang Unabhängig­ keitszweifel nicht aufgekommen sind6. Ihre Unparteilichkeit ist durch In­ kompatibilitätsvorschriften (Art. 4 der Satzungen), ihre etwaige Ausschlie­ ßung vom Richteramt oder Selbstablehnung und (zulässige) Ablehnung durch eine Partei ebenfalls (Art. 16 EWG- und EAG-Satzung, Art. 19 EGKS-Satzung) gewährleistet. 10 b) Da der Gerichtshof regelmäßig als Plenum (anders in der erweiterten Zehnergemeinschaft, Art. 20 BeitrA) entscheidet und seine Kammerzustän­ digkeit für Personalprozesse jährlich festgelegt wird, ist das Prinzip des ge­ setzlichen Richters gewahrt. 5 Uley in: Gerichtsschutz gegen die Exekutive, Beiträge z. ausl. öff. Recht u. Völkerrecht 52 (1969) Bd. 2, 1193—1198. • Ule, DJT-Gutaditen 125. 7

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Zuständigkeit, Verfahren und Entscheidungsvollstreckung

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11 c) Das rechtliche Gehör der Parteien ist nach der einschlägigen Recht­ sprechung des Gerichtshofs, der in seiner Gewährleistung einen elementaren Rechtsgrundsatz erblickt7, präziser gesichert als nach positiven Verfahrens­ regeln (Art. 47 § 2 II, 46 § 3, 54 Verfahrensordnung), die von ihr ausgehen. Er ist nicht ausdrücklich verpflichtet, die Streitsache mit den Parteien tat­ sächlich und rechtlich zu erörtern. Er pflegt nach seiner Übung ein Rechts­ gespräch auch nicht oder nur sehr beschränkt zu führen, sondern verfährt überwiegend als schweigendes Gericht8. Das erfüllt nicht immer alle An­ forderungen rechtsstaatlichen Verfahrens in befriedigender Weise. 12 d) Der Gerichtshof unterliegt keinen ausdrücklichen Fristbindungen zur Prozeßerledigung. Der Konzentrationsgrundsatz des Art. 42 § 2 I VerfO wirkt aber in diesem Sinne: danach können neue Angriffs- oder Verteidi­ gungsmittel, die nicht in Klagschrift oder Klagbeantwortung enthalten sind, grundsätzlich im weiteren Verfahren nicht mehr vorgebracht werden. Neue Beweismittel können bei Begründung der Verspätung vorgebracht, neue An­ griffs- und Verteidigungsmittel nach Ermessen des Gerichts zugelassen wer­ den. Es wird allerdings nicht großzügig gehandhabt. Derartige Ausschluß­ wirkungen des Konzentrationsverfahrens und die (französischem Prozeß­ recht entnommene) strenge Trennung des Verfahrens in einen schriftlichen Teil (mit kurz bemessener Terminierung zum schriftlichen Vorbringen aus­ schließlich in Klage, Klagbeantwortung, Replik und Duplik) und die münd­ liche Verhandlung können darin unerfahrenen deutschen Prozeßbeteiligten Schwierigkeiten bereiten. Das gilt auch für die Verfahrensbeteiligung des Generalanwalts (Art. 166, 167 EWGV, 138, 139 EAGV, Art. 32 a, b EGKSV). Ihm obliegt, in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlußanträge zu den dem Gerichtshof unterbreiteten Rechtssadien in öffentlicher Sitzung zu stellen, um ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe zu unterstützen (15/7). Denn nicht selten zielen seine Schlußanträge auf weitere Aufklärung zur Sachlage, die die Parteien überraschen mögen. Damit können Fragen berührt werden, die auch nach dem Vorbericht des Berichterstatters vor der mündlichen Ver­ handlung und seiner Einlassung zu Beweiserhebungsfragen (zu der die Par­ teien sich nicht zu äußern vermögen) noch nicht aufgeworfen waren. 13 e) Im Verfahren genießen beide Parteien prozessuale Gleichberechti­ gung. Sie wird für arme Parteien durch mögliche Bewilligung des Armen­ rechts gewährleistet. Dieses kann ohne den sonst geltenden Anwaltszwang beantragt werden (§ 76 §§ 1, 2 VerfO, Art. 4 f. der zusätzlichen VerfO; Art. 17 II EWG- und EAG-Satzung, Art. 20 II EGKS-Satzung). 7 EuGH Rs 42 u. 49/59 Rspr. VII, 114: „Es würde gegen elementare Rechts­ grundsätze verstoßen, eine gerichtliche Entscheidung auf Tatsachen und Urkunden zu gründen, von denen die Parteien oder auch nur eine der Parteien keine Kenntnis nehmen und zu denen sie daher auch nicht Stellung nehmen konnten.“ 8 Zweigert, in: Zehn Jahre Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, KSE 1 (1965) 587.

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Rechtsschutz

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14 f) Die Verfahrensspracbe — eine der Amtssprachen des Gerichtshofs — wird grundsätzlich vom Kläger bestimmt, dem die Wahl zusteht (Art. 29 §§ 1, 2 VerfO); im Vorlageverfahren ist sie diejenige des vorlegenden Ge­ richts.

4.

P ro ze ß g ru n d sä tze

15 Die für das Verfahren vor dem Gerichtshof geltenden Prozeßgrund­ sätze ergeben sich im übrigen aus seiner Verfahrensordnung9. 16 a) Der Gerichtshof ermittelt den Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegen wird, ohne ausdrückliche Bindung an den Untersuchungs­ oder Verhandlungsgrundsatz überwiegend von Amts wegen ohne Bindung an Vorbringen oder Beweisanträge der Parteien. Die Anwendung des Unter­ suchungsgrundsatzes wird indes eingeschränkt durch den das Verfahren be­ stimmenden Konzentrationsgrundsatz, der verspätete Angriffs- und Ver­ teidigungsmittel grundsätzlich ausschließt10. Auch die Zulassung von Ver­ säumnisurteilen gegen den Beklagten schränkt den Untersuchungsgrundsatz ein, hat indes bislang praktisch keine Bedeutung gewonnen. Soweit der Ge­ richtshof nach ausdrücklicher Verfahrensregelung bestimmte Fragen von Amts wegen zu prüfen hat, wird dadurch die Herrschaft des Untersuchungs­ grundsatzes bestätigt. Das gilt nach Art. 92 VerfO für die Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen, z. B. seiner Zuständigkeit und der Zulässigkeit der Klage. In der Nachprüfung der Nichtigkeitsgründe bei einer Nichtig­ keitsklage neigt er dazu, Zuständigkeits-, Form- und Verfahrensmängeln ohne Rücksicht auf den Parteivortrag nachzugehen, materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgründen dagegen von Amts wegen nicht. 17 b) Für die Frage, in wessen Hand der Prozeßbetrieb liegt, hat sich das Verfahrensrecht des Gerichtshofs für den Amtsbetrieb entschieden. Er gilt z. B. für Zustellungen, Ladungen und Terminbestimmungen. 18 c) In der Frage, ob die Parteien Herren des Streitgegenstandes und damit über das Ganze des Verfahrens sind, hat sich das Verfahrensrecht für eine Art Offizialprinzip, den Verfügungsgrundsatz — und damit gegen den Verhandlungsgrundsatz — entschieden. So ist insbes. die Klageänderung aus­ geschlossen, während die Klagerücknahme zugelassen ist (Art. 78 VerfO), dies indes nicht zur außergerichtlichen Einigung der Parteien über Streit­ fragen aus Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen, da insoweit ein allgemeines Interesse an gerichtlicher Entscheidung angenommen wird. 19 d) Das Verfahren des Gerichtshofs folgt den Grundsätzen der Münd­ lichkeit, Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit (Art. 54 I VerfO; Art. 28 EWG-Satzung, Art. 29 EAG-Satzung, Art. 26 EGKS-Satzung). Beweis9 Hierüber: Ule, DJT-Gutachten 66—83. 10 Vgl. hierzu: Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel.

Klagearten

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aufnahmen können auch vor einer Kammer des Gerichtshofs oder dem Be­ richterstatter stattfinden (Art. 44 § 2, 45 § 3 VerfO). 20 e) Beweiswürdigungsregeln enthält das Verfahrensrecht des Gerichts­ hofs nicht. Deshalb ist vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung aus­ zugehen. 5.

V o l l s t r e c k u n g 11

21 Urteile des Gerichtshofs sind vollstreckbare Titel. Ihre Zwangsvoll­ streckung findet nach den Vorschriften des Zivilprozeßrechts (Art. 187, 192 EWGV, 159, 164 EAGV; 44, 92 EKGSV: des Verfahrensrechts) des Staates statt, in dessen Hoheitsgebiet sie erfolgt. Das gilt indes nur für Urteile, die eine Zahlung auferlegen (und nicht für solche, die hierzu Mit­ gliedstaaten verpflichten). Urteile auf Nichtigkeits- oder Untätigkeitsklagen sind also nur hinsichtlich der Kosten vollstreckbar. II. K la g ea rte n 1. Ü b e r b l i c k

22 Der Marktbürger findet vor dem Gerichtshof gerichtlichen Rechts­ schutz gegenüber der öffentlichen Gemeinschaftsgewalt, die durch ihre Maß­ nahme unter Verletzung des Rechts ihm gegenüber eine Pflicht geltend macht oder ein Recht verweigert, die unter Rechtsverletzung eine Maßnahme unter­ läßt oder die ihm durch rechtswidrige Vornahme oder Unterlassung einer Maßnahme Schaden zufügt. Dem Marktbürger stehen hierfür die Nichtig­ keits-, die Untätigkeits- und die Amtshaftungsklage zur Verfügung. 23 a) Von ihnen hat, wie die Erfahrung der Praxis lehrt, die Nichtigkeits­ klage die größte Bedeutung. Sie ist, da sie auf Nichtigerklärung der ange­ fochtenen Handlung gerichtet ist, eine Anfechtungsklage. Für ihre Zulässig­ keit müssen bestimmte Voraussetzungen der Betroffenheit des Marktbürgers erfüllt sein, die — insbes. auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hierzu — den Rechtsschutz eingrenzen. Eingrenzung seines Rechtsschutzes liegt auch darin, daß der Marktbürger — anders als ein Mitgliedstaat oder ein Gemeinschaftsorgan — selbst und unmittelbar Rechtsnormen, d. h. Ver­ ordnungen und allgemeine Entscheidungen, nicht anfechten kann (43/44). Indes vermag er mit der Anfechtungsklage gegen einen Einzelakt die inci­ dente Nachprüfung der Norm, auf die dieser gestützt wird, mit der Wir­ kung herbeizuführen, daß diese bei Fehlerhaftigkeit als Rechtsgrundlage des angefochtenen Einzelaktes unangewendet bleibt und der danach ohne Rechts­ grundlage, d. h. rechtswidrig ergangene Einzelakt für nichtig erklärt wird. Dieser incident wirksame Rechtsschutz kraft Rechtswidrigkeitseinrede kann die Begrenzung der Klagbefugnis des Marktbürgers teilweise ausgleichen (43/45—47). 11 Uley DJT-Gutachten

1 0 3 — 105.

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Rechtsschutz

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24 b) Da ein System gerichtlichen Rechtsschutzes unvollkommen bleibt, das nur gegen positives Tun, nicht auch gegen rechtswidriges Unterlassen der öffentlichen Gewalt wirksam ist, hat das Gemeinschaftsrecht von Beginn an auch die Untätigkeitsklage zugelassen. 25 c) Die auf Amtshaftung, d. h. Gemeinschaftshaftung gerichtete Scha­ densersatzklage zielt auf Wiedergutmachung des Schadens durch Gewährung einer Entschädigung (§27). 26 d) Nach Art. 185 EWGV, 39 I, II EGKSV haben Klagen grundsätz­ lich (anders als nach deutschem Recht) keine aufschieb ende Wirkung. Der Gerichtshof kann aber, wenn er es nach den Umständen für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen. Nach Art. 157 EAGV ist, abweichend hiervon, für Klagen gegen Organakte Suspensiveffekt vor­ gesehen, soweit der Vertrag dies ausdrücklich anordnet. 27 e) Nach Art. 186 EWGV, 158 EAGV, 39 III EGKSV kann der Ge­ richtshof in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen. Es bedarf hierzu des Parteiantrages. Die Anordnung darf der Entscheidung in der Hauptsache nicht vorgreifen. 28 f) Da der Gerichtshof stets in erster und letzter Instanz entscheidet, kennt sein Recht keine Rechtsmittel. Ob sich die Einführung einer zweit­ instanzlichen Gerichtsbarkeit empfiehlt, um einer zweiten Instanz die Ent­ scheidung von Rechtsfragen vorzubehalten, ist de lege ferenda erwogen worden und umstritten12.

2. N i c h t i g k e i t s - ( A n f e c h t u n g s k l a g e 29 a) Diese Klage ist zulässig gegen individuelle Entscheidungen und Empfehlungen i. S. des Art. 14 II, III EGKSV (also nicht gegen die dort genannten unverbindlichen Stellungnahmen) sowie gegen Entscheidungen i. S. der Art. 189 IV EWGV, 161 IV EAGV (also ebenfalls nicht gegen die in Art. 189 V EWGV, 161 V EAGV genannten unverbindlichen Empfeh­ lungen und Stellungnahmen). Das ergibt sich aus Art. 33 II EGKSV, 173 II EWGV, 146 II EAGV. Allgemeine Entscheidungen i. S. von Art. 14 II EGKSV und die ihnen entsprechenden Verordnungen der Art. 189 II EWGV, 161 II EAGV sind als Rechts normen für den klagenden Markt­ bürger unmittelbar nicht angreifbar (43/44). Sachurteils- und Zulässigkeitsvoraussetzung der Nichtigkeitsklage ist also primär, daß es sich bei der anzufechtenden Handlung um einen rechtliche Verbindlichkeit beanspruchenden Akt zur Regelung eines Einzelfalles han­ delt. Das ist seinem Inhalt, nicht seiner Formgebung zu entnehmen. Aus­ drückliche Bestätigung hierfür sind Art. 173 II EWGV, 146 II EAGV: die Klage kann danach auch gegen diejenigen Entscheidungen erhoben werden, 12 Zweigert KSE 1 (1965) 585; Geisseler ebenda 602.

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Klagearten

43/29-31

„die, obwohl sie als Verordnungen oder als eine an eine andere Person ge­ richtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betref­ fen". 30 b) Wer unter den Marktbürgern Klagbefugnis besitzt, bestimmt sich im EGKSV-Bereich nach der Art der Marktteilnahme als Unternehmen oder Verband, im Bereich der Römischen Verträge ohne Rücksicht hierauf allein nach der Betroffenheit. aa) Nach Art. 33 II EGKSV sind klagbefugt Unternehmen (Art. 80) und Verbände (Art. 48: Unternehmenszusammenschlüsse). Unternehmen sind da­ nach Kohle- und Stahlproduzenten, im Anwendungsbereich der Art. 65, 66 Großhandelsunternehmen. bb) Nach Art. 173 II EWGV, 164 II EAGV kann jede natürliche oder juristische Person zur Klage befugt sein. 31 c) Personale Klagbefugnis kann wahrnehmen, wer Adressat des Aktes oder in ihm bezeichnet ist, obwohl er nicht an ihn adressiert wurde (Art. 189 IV EWGV, 161 IV EAGV). In dieser Adressiertheit oder Bezeichnung liegt die Kennzeichnung des Marktbürgers als desjenigen, der durch den Akt betroffen ist. Fehlt es hieran, ist die Entscheidung insbesondere als Verord­ nung bezeichnet (und infolgedessen weder adressiert noch nach Betroffenen bezeichnet) oder aber an eine andere Person (als den Kläger) gerichtet, setzt seine Klagbefugnis voraus, daß er durch sie unmittelbar und individuell betroffen ist. Elierzu bedarf es also in Ermangelung äußerer Kennzeichnung des Nachweises materieller Betroffenheit i. S. der Unmittelbarkeit und der Individualität dieser Wirkung. aa) Unmittelbarkeit der Entscheidungswirkung liegt dann vor, wenn es zur Auslösung der Entscheidungswirkungen gegenüber dem Marktbürger mitgliedstaatlicher Vollziehung nicht mehr bedarf oder diese sich ohne Mög­ lichkeit gestaltender Ermessenshandhabung im technischen Vollzug erschöpft — was nicht engherzig begriffen werden sollte13. bb) Individuelle Betroffenheit setzt Allein- oder besonders schwere Be­ troffenheit des Klägers in seiner Besonderheit innerhalb einer Gruppe voraus. cc) Da die Rechtsprechung des Gerichtshofs intensiver auf das Merkmal individueller Betroffenheit als auf das der Unmittelbarkeit abstellt und diese unerörtert läßt, wenn es an jener fehlt, kommt dem Individualitäts­ merkmal vorrangige Bedeutung zu. Es wird dann angenommen, „wenn die Entscheidung den Kläger wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Um­ stände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten"14. Da hiernach die Klagbefugnis auch in Grenzfällen versagt werden kann, in denen die Verweisung auf Rechtsverfolgung vor nationalen Gerichten mit der Möglichkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem 13 Daig} AöR 83 (1958) 172. 14 EuGH Rs 38/64 Rspr. XI, 277, 284.

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Rechtsschutz

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Gerichtshof nicht befriedigt, sprechen rechtsstaatliche Gründe de lege ferenda für den Verzicht auf die Voraussetzungen unmittelbarer und individueller Betroffenheit1516. Audi das deutsche Verwaltungsprozeßrecht kennt sie nicht. Betroffenheit in rechtlich geschützten Interessen reicht hier aus und genügt zur Ausschaltung von Popularklagbefugnissen. 32 d) Die Klagfrist beträgt nach Art. 33 III EGKSV einen Monat, nach Art. 173 III EWGV, 146 III EAGV zwei Monate seit Zustellung (Bekannt­ gabe) oder Kenntniserlangung. Da das Gemeinschaftsrecht ein Verwaltungsvor-(Widerspruchs-)verfahren vor Klagerhebung nicht kennt, spricht das Rechtsschutzinteresse der Betroffenen de lege ferenda für eine einheitliche Zweimonats-Klagfrist. 33 e) Das Gemeinschaftsrecht läßt einheitlich (nach dem Vorbild des fran­ zösischen Rechts) vier Rügen als Klaggründe (sog. moyens) zu. Insgesamt umfassen sie die dem deutschen Verwaltungsprozeßrecht geläufige Klagevor­ aussetzung der Rechtswidrigkeit. Das wird durch die formalistische Enume­ ration der Klaggründe verdeckt, kann andererseits zur Gliederung der Klag­ begründung nützlich sein. Deshalb wird in der Praxis in der Regel auch danach verfahren, und der Gerichtshof pflegt danach seine Urteilsbegründungen zu disponieren. Daß Art. 33 II EGKSV die dort begrenzt zugelassene Klag­ befugnis gegen allgemeine Entscheidungen auf dem Klaggrund des Ermes­ sensmißbrauchs beschränkt (was Art. 173 II EWGV, 146 II EAGV ver­ ständlicherweise nicht voraussetzen), sollte de lege ferenda behoben werden. 34 aa) Unzuständigkeit16 ist fehlende Handlungsbefugnis des Gemein­ schaftsorgans oder der Gemeinschaft selbst. Unzuständig ist ein Gemein­ schaftsorgan zur Anwendung gerade der mit der Klage angefochtenen Art der Rechtshandlung auch dann, wenn das Vertragsrecht eine andere aus­ drücklich vorschreibt. Unzuständigkeit liegt auch bei Zuständigkeitsüber­ schreitung vor. 35 bb) Verletzung wesentlicher Formvorschriften kann sich aus Gemein­ schaftsrecht jeder Stufe ergeben, auch aus den für die Organe maßgeblichen Geschäftsordnungen. Zu ihnen zählen Nichtbeachtung der Willensbildungs­ regeln (Mehrheitserfordernisse, Beschlußfähigkeit), der Regeln über Begrün­ dung, Veröffentlichung, Zustellung, Beteiligung, Sprachenregelung. Die Grenze zwischen Form- und Verfahrensregeln ist flüssig, z. T. auch die zu Vertragsregeln, die ihrerseits eben solche der Form und des Verfahrens sein können. Die Differenzierung ist rechtlich ohne Belang, da ihre Verletzung jedenfalls durch einen der einschlägigen Klaggründe gedeckt wird. 36 cc) Klaggrund ist auch die Verletzung des Vertrages, also bindender Vorschriften der Verträge selbst, der zu ihnen ergangenen Protokolle, Durch­ führungsabkommen, Satzungen und des Sekundärrechts, nämlich der bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnormen. Soweit die Gemein15 Ule, DJT-Gutachten 21. 16 V/ohlfarth u. a. Komm. 6—9 zu Art. 173.

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Klagearten

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Schaftsorgane anerkanntermaßen und insbesondere nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen verpflichtet sind, kann auch ihre Verletzung gerügt werden. 37 dd) Der Klaggrund des Ermessensmißbrauchs ist — im Sinne des fran­ zösischen Rechts des détournement de pouvoir — nicht nur als zweck­ fremde Befugnisanwendung, sondern auch als Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch i. S. des deutschen Verwaltungsprozeßrechts zu be­ greifen. Die Eingrenzung dieses Klaggrundes kann erheblich sein für die Bemessung der dem Gerichtshof zustehenden Nachprüfungsbefugnis, die i. d. R. eine Ermessenskontrolle nicht zuläßt (43/38)17. 38 f) Art. 33 I 2 EGKSV hat es unternommen, in der Begrenzung der Nachprüfungsbefugnis des Gerichtshofs gegenüber wirtschaftspolitischen Maßnahmen einen Bereich nicht justiziablen, politischen Handlungsraums der Exekutive zu bestimmen, nämlich den exekutiver Würdigung der Ge­ samtlage, die sich aus den wirtschaftlichen Tatsachen oder Umständen ergibt und die ihrerseits zu der angefochtenen Rechtshandlung geführt hat. Nur insoweit, als die Kommission hierbei ihr Ermessen mißbraucht oder das Ge­ meinschaftsrecht offensichtlich verkannt hat, darf die Nachprüfung des Ge­ richtshofs sich auf die Kontrolle auch dieser Handlungen erstrecken. Dieser normative Versuch der Bestimmung eines gerichtsfreien politischen Handlungsraums der Exekutive ist von den Römischen Verträgen nicht wiederholt worden. Da der Gerichtshof grundsätzlich auf die Aufgabe der Rechtswahrung verwiesen ist und Ermessenskontrolle auch nach den Römi­ schen Verträgen die Ausnahme, nicht die Regel bildet, verbleibt es gleich­ wohl jedenfalls dabei, daß er die wirtschaftliche ,,ensemble“-Würdigung der Kommission nicht immer und schlechthin ignorieren und ihr die seinige sub­ stituieren darf. Denn wirtschaftliche Gesamtwürdigung ist und bleibt ein regelmäßig nicht nachvollziehbarer Vorgang wirtschaftspolitischer Einschät­ zung und Entschließung, der als solcher keinen Vorgang der Rechtsanwen­ dung bildet18. Andererseits wird die Grenze zur Rechtsanwendung über­ schritten und ihre Wahrung nachprüfbar, wenn die Kommission dabei unbe­ stimmte Rechtsbegriffe offensichtlich verkennt oder jene Grenze in vorwerfbarer Weise, d. h. schuldhaft außer acht läßt19. In drei Entscheidungen hat der Gerichtshof die Tragweite dieser Nachprüfungs­ begrenzung erwogen20. Da in allen Fällen offensichtliche Verkennung der Rechts17 Daig, AöR 83 (1958) 150, 174, 184. 18 Zu dieser Problematik allgemein zuletzt: Herb. Krüger, Die verfassungs­ gerichtliche Beurteilung wirtschaftspolitisdier Entscheidungen, DÖV 1971, 289; fer­ ner: Hoffmann und Scidl-Hohenveldern, Die Grenzen rechtlicher Streiterledigung im Völkerrecht und in Internationalen Organisationen, BerDtGesVöR 9 (1969), insbes. 25—28 sowie die Diskussion 123, 145 (Sckeuner), 127, 135 (Ophüls). 19 Dazu: Ule, DJT-Gutachten 24, 97—99 mit Nachweisen aus der Rechtspre­ chung; Matthics ZaöRVR 16 (1956) 427. 20 EuGH Rs 6/54 Rspr. I, 213; Rs 15 u. 29/59 Rspr. VI, 9; Rs 36—38 und 40/59 Rspr. VI, 885.

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Rechtsschutz

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läge und Ermessensmißbrauch zu verneinen waren, blieb die exekutive Gesamtwür­ digung unüberprüft.

39 g) Die erfolgreiche Nichtigkeitsklage führt zur Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtshandlung ex tune, ohne zugleich die vom beklagten Organ nach dem Urteil (und seinen Gründen) zu treffenden Maßnahmen zu ersetzen. Dies zu tun, obliegt dem Gemeinschaftsorgan (Art. 176 I EWGV, 149 I EAGV, 34 EGKSV). Seine Pflicht zur Schadensersatzleistung besteht unabhängig hiervon.

3.

U n tä tig k e its k la g e

40 Die — in den Verträgen nicht so benannte — Untätigkeitsklage 21 bietet Rechtsschutz gegen Untätigkeit der Gemeinschaftsorgane, wenn sie zur Tätigkeit rechtlich verpflichtet sind. Dieses Rechtsinstitut hat im EGKSV eine von den Römischen Verträgen in Einzelzügen abweichende Regelung gefunden. a) Art. 35 EGKSV läßt eine Art Nichtigkeitsklage zu, wenn die nach Art. 33 II EGKSV klagebefugten Unternehmen oder Verbände die Kom­ mission „damit befassen“22, eine ihnen pflichtgemäß obliegende Entschei­ dung oder Empfehlung zu erlassen. Die Klage ist zulässig binnen Monats­ frist und richtet sich gegen die dem zweimonatigen Schweigen der Kom­ mission zu entnehmende ablehnende Entscheidung. Entsprechendes gilt bei ermessensmißbräuchlicher Unterlassung von Ermessensakten gleicher Art. Die Klage zielt also auf Nichtigerklärung eines fingierten Ablchnungsaktes, nicht auf Vornahmeverpflichtung. Indes hat das Urteil für das beklagte Organ verpflichtende Wirkung. Ihre Sanktionierung liegt in der etwaigen Verpflichtung zum Schadensersatz. b) Nach Art. 175 III EWGV, 148 III EAGV kann jede natürliche oder juristische Person vor dem Gerichtshof „Beschwerde darüber führen“, daß ein Gemeinschaftsorgan es unter Vertragsverletzung unterlassen hat, einen verbindlichen Rechtsakt an sie zu richten. Die Beschwerdeführung in Form der Klagerhebung setzt voraus, daß das Organ zum Tätigwerden aufgefor­ dert worden war. Die Klage kann binnen zwei Monaten erhoben werden, wenn das Organ binnen zwei Monaten nach Aufforderung nicht Stellung genommen hat. Die Klage stellt eine Feststellungsklage dar. Damit erübrigt sich die Fiktion einer Ablehnungsentscheidung i. S. des Art. 35 III EGKSV. Urteilswirkung und -folgen entsprechen denen des EGKSV-Verfahrens (vgl. Art. 176 I, II EWGV, 149 I, II EAGV).

21 Ule, DJT-Gutachten 26—31; Daig, AöR 83 (1958) 177—180. 22 Zur Frist für die Befassung vgl. EuGH Rs 59/70 Rspr. XVII, 639 = EuR 1972, 47.

765 4.

Normenkontrolle

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B e s o n d e r e K la g e a r te n

41

Das Gemeinschaftsrecht stellt dem Marktbürger in besonderen Fällen besondere Klagearten2342zur Verfügung, die ihrer Natur nach ebenfalls Anfechtungs- oder Untätigkeitsklagen darstellen und insgesamt unbeschränkte Ermessensnachprüfung ermöglichen. 42 a) In dieser Weise können Zwangsmaßnahmen angefochten werden, nämlich finanzielle Sanktionen und die Feststellung von Zwangsgeldern. Der Gerichtshof ist zur Aufhebung ihrer Festsetzung und auch zu ihrer anderweitigen Festsetzung befugt (Art. 172 EWGV, 144 EAGV, 36 II EGKSV). Dabei kann mit der Klage zwar die Rechtswidrigkeit, d. h. die Nichtigkeit der die Zwangsmaßnahme stützenden Norm geltend gemacht und vom Gerichtshof incidenter geprüft werden, nicht aber die des unan­ fechtbaren Rechtsaktes selbst, dessen Durchsetzung die Zwangsmaßnahme dient. 43 b) Nach Art. 12 IV i. Verb, mit Art. 144 a EAGV kann ein Lizenz­ nehmer mit einer Gestaltungsklage beim Gerichtshof die Festsetzung ange­ messener Bedingungen für die Lizenzerteilung durch die Kommission be­ antragen. Er setzt anstelle der Kommission die ihm angemessen erscheinen­ den Bedingungen fest.

III. N orm en kon trolle 44 Anders als das deutsche Recht (mit der Verfassungsbeschwerde gegen Gesetze und der nach § 47 VwGO zulässigen abstrakten Normenkontrolle der Landesrechte) kennt das Gemeinschaftsrecht allgemein keine abstrakte Normenkontrolle 24 als Mittel des gerichtlichen I ndividualr eànssâmtzes. Sie steht nur Mitgliedstaaten, Rat und Kommission zu. Lediglich Art. 33 II EGKSV befugt solche Unternehmen und Verbände i. S. des Art. 48 zur Nichtigkeitsklage, die durch die Anwendung einer allgemeinen Entscheidung oder Empfehlung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwar­ ten haben. Diese Klagbefugnis ist aber an die Voraussetzung gebunden, daß der Rechtsakt dem Kläger gegenüber einen Ermessensmißbrauch darstellt, was er durch schlüssige Begründung darzutun hat. Andere Klaggründe sind hierfür nicht zugelassen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs25 hat den Ausnahmecharakter dieses Rechtsmittels durch seine Auslegung des Art. 33 II EGKSV unterstrichen. Die Römischen Verträge haben gänzlich davon Abstand genommen, es zuzulassen. Diese Reduzierung des Individualrechts­ schutzes ist mit Recht beanstandet worden26. Sie sollte de lege ferenda be­ hoben werden. 23 24

Ule, D JT-Gutachten 36—42; D a i g , AöR 83 (1958) 184—188. Ule , D JT-Gutachten 51—65.

25 EuGH Rs 8/55 Rspr. II, 226; Rs 9/55 Rspr. II, 366. 28 Ule y DJT Gutachten 57; Geisseler KSE 1 (1965) 600.

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Rechtsschutz

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Normenkontrolle mit dem Zweck des Individualrechtsschutzes findet also nur incidenter als sog. konkrete Normenkontrolle statt, indem der wegen eines Einzelaktes mit der Nichtigkeitsklage angerufene Gerichtshof die die­ sen Akt tragende Norm auf ihre Gültigkeit hin nachprüft. Daß der Mitgliedstaat eines betroffenen Marktbürgers ein abstraktes Normenkontrollverfahren beantragen kann, vermittelt ihm keinen Individualreditssdiutz. Denn der einzelne hat keinen Anspruch auf Klageerhebung seines Staates, zumal die Schutzpflicht des Staates gegenüber seinen Staats­ angehörigen mit staatlichen Interessen kollidieren und eine Klagepflicht der BRD auch nicht aus Art. 19 IV GG hergeleitet werden kann27. 1. In c id e n te N o r m e n k o n tr o lle

45 Die incidente (konkrete) Normenkontrolle, die dem deutschen Rechts­ schutzsystem nicht erst seit Art. 100 I GG selbstverständlich geworden ist, war innerhalb des Gemeinschaftsrechts positiv und ausdrücklich zuerst nur in Art. 36 III EGKSV anerkannt worden. Danach kann in einer Klage gegen die Festsetzung finanzieller Sanktionen und von Zwangsgeldern ge­ mäß Art. 33 I geltend gemacht werden, daß die wegen Nichtbefolgung der­ art sanktionierten Normen fehlerhaft sind. Der Gerichtshof hat in seiner Judikatur28 indes alsbald anerkannt, daß der dem Art. 36 III zugrunde liegende Rechtsgedanke allgemein anzuwenden ist. Art. 184 EWGV, 156 EAGV haben ihm dann positiv Ausdruck gegeben: „Ungeachtet des Ablaufs der in Artikel 173 Absatz 3 (EWGV; Art. 146 III EAGV) genannten Frist kann jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem es auf die Geltung einer Verordnung des Rates oder der Kommission ankommt, vor dem Gerichtshof die Unanwendbarkeit dieser Verordnung aus den in Artikel 173 Absatz 1 (EWGV; Art. 146 I EAGV) genannten Gründen geltend machen.“ 2. E in re d e d e r R e c h ts w id r ig k e it 46 Die durch die sog. Einrede der Rechtswidrigkeit geltend gemachte, aber auch von Amts wegen zu berücksichtigende Fehlerhaftigkeit und Unan­ wendbarkeit der beanstandeten Norm führt nicht — wie im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle — zu ihrer Nichtigerklärung oder Nichtig­ keitsfeststellung mit Wirkung für alle. Sie führt nur zu ihrer konkreten Nichtanwendung im Rechtsstreit der Parteien. Darin liegt der Rechtsschutz des Marktbürgers. Der Bestand der Norm im übrigen wird rechtlich durch die Entscheidung des Gerichtshofs nicht berührt. Folgetflicht en für den Normgeber entstehen nicht. Daß Folgerungen gezogen werden können und in der Regel gezogen werden, entspricht der Stellung des Gerichtshofs. 27 Bandilla, Das Klagrecht der Mitgliedstaaten 68, 99; dazu Bülow EuR 1966, SS. 28 EuGH Rs 9/56 Rspr. IV, 27; Rs 10/56 Rspr. IV, 67; Rs 15/57 Rspr. IV, 191; Rs 1/58 Rspr. V, 71; Rs 32 u. 33/58 Rspr. V, 314..

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Vorabentscheidungen

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3 . R ich tlin ie n - I n c id e n tp rü fu n g

47 Die Incidentprüfung ist vertragsrechtlich ausdrücklich nur für Ver­ ordnungen, nicht für Richtlinien vorgesehen. Ihre Erstreckung auf Richt­ linien im Wege analoger Anwendung (wie für Art. 173 II EWGV) ist er­ wägenswert29, zumal Anlaß besteht, „die unbefriedigende Einschränkung des Rechtsschutzes nach Art. 173 teilweise auszugleichen“. Da die Initiative der Mitgliedstaaten, ihnen zustehenden Rechtsschutz gegen Richtlinien in Anspruch zu nehmen, häufig „von politischen Überlegungen und Rücksicht­ nahmen mitbestimmt“ ist und vom Marktbürger nicht erzwungen werden kann (43/44), könnte die staatliche Unterlassung auch hier zur Duldung von „Abweichungen von Rechtsregeln (führen), die zugunsten der Gemeinschafts­ bürger eingeführt wurden“30. Zweifellos steht die eigenwillige Konstrukti­ vität der Richtlinie der Verwirklichung dieses Gedankens hinderlich im Wege. Um ihn zu realisieren, wäre also ein schöpferischer Entschluß jener Art erforderlich, wie ihn der Gerichtshof in der Rechtssache 26/623132gefaßt hat: die Annahme nämlich, daß zur neuen Rechtsordnung der Gemeinschaft, „deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Ein­ zelnen sind“, ebenfalls die Richtlinien zählen, und dies in ihrer Gestalt als solche, nicht in jener, die die Mitgliedstaaten ihnen durch innerstaatliche Verwirklichung ihrer Ergebnisse vermitteln. Es ist aber zweifelhaft, ob der Gerichtshof mit einer einschlägigen Fallgestaltung befaßt werden kann.

IV.

V o r e n ts c h e id u n g e n * 2

48 Art. 100 GG regelt das Verhältnis zwischen Prozeßgerichten, die in incidenter konkreter Normenkontrolle entscheidungserhebliche Rechtsvor­ schriften auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigen Normen prüfen, und den Verfassungsgerichten, denen im Interesse der Rechtseinheit insoweit eine Verwerfungskompetenz zusteht. In ähnlicher Weise hat das Gemeinschafts­ recht die Zuordnung der nationalen Gerichte zum Gerichtshof bestimmt. Es hat hierzu in Art. 177 EWGV, 150 EAGV das Rechtsinstitut der Vorab­ entscheidung entwickelt, nachdem Art. 41 EGKSV hierzu den Ansatz ge­ liefert hatte, der seinerseits wiederum deutschen Anregungen und Erfah­ rungen mit Art. 100 GG zu verdanken ist. 29 Ipscn, Richtlinien-Ergebnisse, Fs Ophüls 84 mit weiteren Nachweisen in Anm. 53; Ule, DJT-Gutachten 64. 30 Generalanwalt Roemer, Schlußanträge Rs 73 u. 74/63 Rspr. X, 47. 31 Rspr. IX, 25. 32 Ule, DJT-Gutachten 109—122; Schumann, ZZP 78 (1965) 77; Basse, Das Ver­ hältnis zwischen der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs der Europäischen Gemein­ schaften und der deutschen Zivilgerichtsbarkeit; Merchiers, Bericht über die Pro­ bleme der Anwendung von Art. 177 EWGV (Europ. Pari., Sitzungsdokumente 1969/1970, Dok. 94 v. 15. 9. 1969); Vorabentscheidungen (Art. 177 EWGV), 1958 bis 1968 (1968, Hg. EuGH).

4 3 /4 8 -5 0

Rechtsschutz

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Das Vorlage- und Vorabentscheidungsverfahren besteht darin, daß es dem Gerichtshof auf Vorlage nationaler Gerichte bestimmte Entscheidungen über das Gemeinschaftsrecht ermöglicht, dessen Anwendung vor nationalen Pro­ zeßgerichten konkret entscheidungserheblich wird. Solche Entscheidungen können der Auslegung des Vertragsrechts, der Gültigkeit und der Auslegung von Organhandlungen und der Auslegung von Satzungen der vom Rat ge­ schaffenen Einrichtungen dienen. Der Zweck des Rechtsinstituts ist ein zwei­ facher: es sichert die Einheitlichkeit in Auslegung und Anwendung des Ge­ meinschaftsrechts durch die nationalen Gerichte; es wirkt als Rechtsschutz­ einrichtung im Interesse des Marktbürgers. Diese Rechtsschutzfunktion, die erst bei Fortschritt der Integration praktisch geworden und ins Blickfeld ge­ treten ist, steht hier in Zusammenhang mit den anderen Rechtsschutzeinrich­ tungen im Interesse des Marktbürgers. Als Vorbild hat das 177er-Verfahren gedient für die Übereinkommen der Mit­ gliedstaaten vom Juni 1971 über die Auslegung ihrer beiden auf Art. 220 EWGV basierenden Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaf­ ten und juristischen Personen und über die gerichtliche Zuständigkeit und die Voll­ streckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (39112).

1. Vorlage-Initiative

49 Die Römischen Verträge (Art. 177 III EWGV, 150 III EAGV) ver­ pflichten diejenigen einzelstaatlichen Gerichte zur Vorlage beim Gerichtshof, deren Entscheidungen mit Rechtsmitteln des mitgliedstaatlichen Rechts nicht mehr angefochten werden können. Nach Art. 177 II EWGV, 150 II EAGV sind andere nationale Gerichte zur Vorlage berechtigt. Art. 41 EGKSV kennt nur eine Vorlagepfticht der nationalen Gerichte. Für die Frage der Unanfechtbarkeit der nationalen Gerichtsentscheidung, die für den Vorlage­ zwang maßgeblich ist, sollte es auf die konkrete, auf den Einzelfall be­ zogene Unanfechtbarkeit ankommen, nicht darauf, ob Entscheidungen des nationalen Gerichts allgemein unanfechtbar sind (v/ie die der obersten Bun­ desgerichtshöfe und der Verfassungsgerichte)33. Ob es sich jeweils um ein streitiges oder ein summarisches Verfahren vor dem nationalen Gericht han­ delt, sollte unerheblich sein34.

2. E n tsc h e id u n g se rh e b lic h k e it

50

Vorlage- und vorabentscheidungsfähig sind Rechtsfragen des Gemein­ schaftsrechts, die für das vorlegende nationale Gericht entscheidungserheblich

33 Ule , DJT-Gutachten 114 in Übereinstimmung mit der h. L. in der BRD; an­ ders die abstrakte Betrachtungsweise in den anderen Mitgliedstaaten; vgl. Tomu~ schaty Die gerichtliche Vorabentscheidung 43 mit Anm. 163. 34 So denn auch: VG Stuttgart Beschl. v. 18. 6. 1969; vgl. EuGH Rs 29/69 Rspr. XV, 419 = EuR 1970, 39 mit Anm. Ehlermanny dort insbes. 42.

Vorabentscheidungen

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sind und deren Beantwortung durch den Gerichtshof deshalb erforderlich ist. Ob das der Fall ist, hängt nicht von der Rechtsauffassung der Prozeßpar­ teien, die Vorlage folglich auch nicht von ihrem Antrag ab, ist vielmehr von Amts wegen zu prüfen und zu entscheiden. Gleichwohl sollte die auf Vorlage zielende Parteiinitiative beachtenswert sein. Ob der Geriditshof an das Vorlagethema ebenso gebunden ist wie an die Vorlage-Entscheidung als solche, müßte nach dem Wortlaut von Art. 177 II bejaht werden. Denn danach kommt es darauf an, ob das nationale Prozeßgericht die Vorlage­ entscheidung für erforderlich hält. Daß er die Vorlage als nach seiner Rechts­ auffassung entscheidungsunerheblich nicht zurückweisen kann, ist — anders als im Art. 100 GG - Vorlageverfahren zum Bundesverfassungsgericht — gerechtfertigt, weil die Frage der Entscheidungserheblichkeit vom nationalen Recht abhängen kann. Audi kann der Gerichtshof die Rechtszweifel, die das vorlegende Gericht zur Vorlage veranlassen, nicht als unbegründet oder durch frühere Vorabentscheidungen bereits geklärt ansehen. Wenn das vor­ legende Gericht allerdings eine Rechtsfrage als solche des nationalen Rechts qualifiziert, die der Gerichtshof als solche des Genieinschaftsrechts ansieht, muß dieser, wenn überhaupt im Vorlageverfahren mit der Sache befaßt, insoweit seine Qualifikation derjenigen des nationalen Gerichts substituieren können. 3. G e g e n s ta n d

51 Vorlage- und Vorabentscheidungsgegenstand ist nach Art. 41 EGKSV allein die Gültigkeit von Rats- oder Kommissionsbeschlüssen, nach den Römischen Verträgen auch die Auslegung von Organhandlungen, der Ver­ träge und der Einrichtungs-Satzungen. Im EWG- und EAG-Bereich ist damit das gesamte objektive Gemeinschaftsrecht aller Stufen in dieser Weise aus­ legungsfähig und sind alle sonstigen Organhandlungen der Gültigkeitsprü­ fung zugänglich, auf die Art. 41 EGKSV beschränkt ist. Nationale Rechts­ regeln oder Hoheitsakte können nicht Vorlage- und Vorabentscheidungs­ gegenstand sein. Ob mitgliedstaatliche Rechtsakte ihrerseits mit dem Ge­ meinschaftsrecht vereinbar sind, obliegt allein der Prüfung und Entscheidung der nationalen Gerichtsbarkeit35. 4. V e r fa h r e n

52 Das Verfahren zur Herbeiführung von Vorabentscheidungen bewirkt mit Aussetzung des Prozesses vor dem nationalen Prozeßgericht, Vorlage 35 EuGH Rs 100/63 Rspr. X, 1230; Rs 6/64 Rspr. X, 1268. — Zur Entschei­ dung der Inzidentfrage, ob eine innerstaatliche Norm des deutschen Rechts mit einer vorrangigen Gemeinschaftsnorm nicht vereinbar, deshalb unanwendbar ist, sind die jeweils zuständigen Gerichte berufen, nicht das Bundesverfassungsgericht kraft Anrufung mit der Verfassungsbeschwerde (BVerfG Beschl. v. 9. 6. 1971 — 2 BvR 225/69, EuR 1972, 51 mit Anm. Ipsen). 49

Ipsen, Eur. Gcmeir.schaftsrccht

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Rechtsschutz

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zum Gerichtshof, seinem Verfahren und dem abschließenden Fortgang des nationalen Prozesses eine Teilung und Verzögerung des nationalen Rechts­ streites. Die Zügigkeit, mit der der Gerichtshof bislang Vorlageverfahren zur Vorabentscheidung geführt hat (im Durchschnitt binnen 6 V2 Monaten), mildert diese Hemmungen. Das Gemeinschaftsrecht nötigt im übrigen zu ihrer Inkaufnahme, um die Einheitlichkeit seiner Auslegung und Anwen­ dung, damit seine Funktionsfähigkeit als Integrationsinstrument zu sichern. Sie liegt auch im Interesse des Rechtsschutz suchenden Marktbürgers.

5. W ir k u n g e n

53 Das Vertragsrecht regelt — anders als das deutsche Recht — nicht aus­ drücklich die der Vorabentscheidung zukommenden Rechtswirkungen. Dar­ aus, daß dem Gerichtshof die Befugnis zur Vorabentscheidung zusteht, ist zu folgern, daß das vorlegende nationale Gericht an diese gebunden ist36. „Gesetzeskraft“ kommt ihr nicht zu. Indes kann ihr Inhalt vorlageberech­ tigte nationale Gerichte weiterer Vorlageanlässe entheben, wenn der Ge­ richtshof sonst bestehende Rechtszweifel ausgeräumt hat.

6. P ra x is

54 Die Praxis des Gerichtshofs hat für den Rechtsschutz der Marktbürger eine kaum zu überschätzende Bedeutung erlangt. Das wurde erst ermöglicht, seitdem die nationalen Gerichte das Vorlageinstitut hinreichend zur Anwendung brachten. Das hing für nicht hierzu verpflichtete Gerichte von ihrer Bereitschaft zur Mitwir­ kung an der Integration ab, am Beginn nicht weniger auch von ihrer Vertrautheit mit dem Gemeinschaftsrecht. Die Statistik erweist, daß der Gerichtshof bis Ende 1971 in 125 von 144 anhängig gemachten (darunter 8 später wieder gestrichenen) Vorlagesachen entschieden hat, und zwar zunächst (seit Juli 1961) fast ausschließ­ lich auf Vorlage niederländischer Gerichte, bis im Jahre 1964 auch aus Italien vor­ gelegt wurde. Erst seit Februar 1965 haben auch deutsche Gerichte vorgelegt. Heute ist die BRD mit 48 % an intensivsten an Vorlageverfahren beteiligt; die Nieder­ lande (22 %), Belgien (10 %), Frankreich (10 %), Italien (7 %) und Luxemburg (3 %) folgen, wobei der Umfang der nationalen Gerichtsbarkeiten in Rechnung zu stellen bleibt. Ohne Verpflichtung hierzu haben nationale Gerichte 60 % der Vor­ lageverfahren zur Entscheidung gebracht. In der BRD liegt das Schwergewicht bei der Finanzgerichtsbarkeit (47 Vorlagen). Verwaltungsgerichte waren mit 11, Ar­ beitsgerichte mit 2 und Sozialgerichte mit 4 Verfahren beteiligt, die ordentlichen Gerichte mit 5 Verfahren. Von den obersten Gerichtshöfen der BRD haben bislang das Bundesverwaltungsgeridit, der Bundesfinanzhof, das Bundesarbeits- und das Bundessozialgericht vorgelegt.

36 Das BVerfG leitet die Bindungswirkung in seinem Beschluß vom 9. 6. 1971 (vgl. Anm. 35) aus Art. 24 I GG her.

Achter Teil RECHTSGRUNDLAGEN GEMEINSCHAFTLICHER WIRTSCHAFTS- UND SOZIALPOLITIK

§ 44 WIRTSCHAFTSPOLITIK A l b r e c h t , Planwirtschaftliche und marktwirtschaftliche Elemente in der EWG, EA 1965, 663; B a r r e , Die Grundlagen der Wirtschafts- und Währungsunion, BullEG 3/1970, 5; B a u m a n n , Mittelfristige Wirtschaftspolitik für die Europäischen Ge­ meinschaften (1969); B e r g , Auf dem Weg zu einer mittelfristigen Wirtschaftspolitik der EWG, Wirtschaftsdienst 1966, 489; B e r b e r s , Staatliche Autonomie und inter­ nationale Konjunkturpolitik, Fs Müllcr-Armack 243; B u r g a r d , Einige Bemerkun­ gen zu Art. 103 des EWG-Vertrages, ZGesStW 1966, 291; C a r t o u , Réflexions sur la politique économique dans la C. E. E., RevTrimDrEur 1965, 28; D e n t o n , Planning in the EEC. The mediumterm economic policy programme of the European Eco­ nomic Community (1967); v o n D o h n a n y i , Une politique économique européenne, in: Les problèmes de l’Europe (1970) 7; E v e r t i n g , Die Koordinierung der Wirt­ schaftspolitik in der EWG als Rechtsproblem (1964); E v e r t i n g , Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten in der EWG, in: Zur Stellung der Mit­ gliedstaaten im Europarecht (1967, Hg. Bülck) 1963; F a n tin i, Coordinazione e armonizzazione delle politiche economiche ncll’ambito della Comunità Economica Europca, RivStudiEur 1966, 37; F r ia u f , öffentlicher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969) 1; F r i a u f , Probleme der Durchführung europäischer Gemeinsdiaftsplanungen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Planung IV (1970) 41; F u ß , Rechtliche Aspekte einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik in der EWG, Inte­ gration 1969, 137; G ü n t h e r , Die ordnungspolitischen Grundlagen des EWG-Vertra­ ges, WuW 1963, 191; H ir s c h , Die französischen Planungsmcthoden und ihre Aus­ dehnung auf den gemeinsamen Markt (1962); I p s e n , Das Aktionsprogramm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für die Zweite Stufe, NJW 1963, 1713; K a n t z e n b a c h , Möglichkeiten und Grenzen der Konjunkturpolitik in der Euro­ päischen Wirtschaftsgemeinschaft (1959); K e e s , Zur Strategie europäischer Kon­ junkturpolitik, Integration 1970, 95; K o b b e r t , Mittelfristige Wirtschaftspolitik — eine neue Phase der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, EA 1965, 127; L a n n e s , Raison d’être et caractères de la politique économique à moyen terme, RevMC 1966, 833; L i s e i n - N o r m a n , Le transfert des objectifs de politique, économique des gouvernements nationaux à des autorités communautaires (1969); L o c h n e r , Was bedeuten die Begriffe Harmonisierung, Koordinierung und gemeinsame Politik in den Europäischen Verträgen?, ZGesStW 118 (1962) 35; G e r t M e ie r , Das Programm für die mittelfristige Wirtschaftspolitik der EWG (1966—1970), EuR 1967, 320; M o l i t o r , Die mittelfristige Wirtschaftspolitik in der EWG, in: Planung IV (1970) 129; M o r is s c n s , La politique économique de la Communauté économique euro­ péenne (1965); M o r i s s e n s , La cohérence de l’intégration des politiques économiques dans la Communauté économique européenne (1968); M ü l l e r - A r m a c k , Institutio­ nelle Fragen der europäischen Konjunkturpolitik, in: Wirtschaftspolitische Chronik (1958) 7; M ü l l e r - A r m a c k , Die Wirtschaftsordnung des Gemeinsamen Marktes, in: Wirtschaftspolitischc Chronik 1964, 7; N e u n r e i t h c r , Zwischenbilanz der mittelfristi­ gen Wirtschaftspolitik der EWG. Koordinierte Globalsteuerung mit leichter Hand, EA 1967, 53; N i z a r d , Le modèle économique européen, in: La décision dans les Communautés européennes (1969) 423; O u l è s , Les raisons de la planification éco­ nomique au niveau européen, Fs Riese 111; R a m b o w , Die Rechtsfragen einer ge­ meinsamen Wirtschaftspolitik, in: Einführung 107; R o t h , Dokumentation zur Koor­ dinierung der Konjunktur- und Strukturpolitik der Mitgliedstaaten in der EWG, in: Zur Stellung der Mitgliedstaatcn im Europarecht (1967, Hg. Bülck) 204; S ch e­ r e r , Die Wirtschaftsverfassung der EWG (1970); H e r b e r t S c h m i d t, Möglichkeiten

4 4 /1

Wirtschaftspolitik

774

und Wege zu einer europäischen Wirtschaftsverfassung (1964); Sergé, La coordina­ tion des politiques de conjoncture dans la CEE, in: Institutions communautaires et institutions nationales (1968) 207; Stammati, La politica economica comune delle Comunità europee, in: 4. Corso di Diritto e di Economia, Università di Ferrara (1966) 281; de Vergottini, Planificazione statale e interventi comunitari (1967); Waelbroeck, La politique économique, DrCommEur Nr. 2255; Wagner, öffent­ licher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969) 47.

1 Die Darstellung des Europäischen Gemeinschaftsrechts kann nicht — und soll nicht — zum Gegenstand haben, was Sache der Ökonomen ist: die Ermittlung und Beschreibung des wirtschaftlichen Zustandes der Gemein­ schaften, insbesondere der EWG, seit dem Ende der Übergangszeit und der Maßnahmen, die insgesamt wirtschaftspolitisch geboten erscheinen, um den nächsten Integrationsschritt zur Herstellung der Wirtschafts- und Wäh­ rungsunion zu tun. Hier sind lediglich die im Primärrecht der Verträge exi­ stierenden Rechtsgrundlagen für eine gemeinschaftliche Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie diejenigen sekundärrechtlichen und sonstigen Folgeakte zu umreißen, die gegenwärtig den verfügbaren Rechtsrahmen des Gemein­ schaftsrechts für weitere Integrationsakte bilden. Sie sind nach ihren Ziel­ setzungen, ihren Kompetenzzuweisungen und den bereitgestellten Hand­ lungsinstrumentarien zu beschreiben. Die Zeichnung des vorhandenen Rechts­ rahmens wird verdeutlichen, wo und inwieweit dieser Rahmen rechtspoli­ tisch Erweiterung verlangt. Die danach begrenzte Aufgabe der juristischen Darstellung wird veran­ schaulicht durch die knappe Skizzierung der Lage und der Ziele der Ver­ gemeinschaftung nach dem Ende der Übergangszeit, die Walter Hallstein im Jahre 1969 gegeben hat1: „In Wahrheit ist das Politikum von Anfang an gegenwärtig (schon in der Zoll­ union mindestens in Gestalt der Zollpolitik, d. h. eines wichtigen Teils der Handels­ politik), und erst recht stellt sich die Wirtschaftsunion wesentlich als Verschmelzung von Politiken dar. Im ganzen geht es bei ihr um drei Operationen: die Abschaf­ fung der Wirtschaftsgrenzen; die Herstellung gemeinschaftlichen Rechts; gemein­ same Politiken. Alle drei wurden und werden nebeneinander vorgenommen, nicht nacheinander. Alle drei sind heute notwendig, um das herbeizuführen, was man beabsichtigt: R e c h t s f r a g e n d e s A b k o m m e n s v o n J a u n d e , in : A f r i k a S p e c ­ t r u m , A s s o z i i e r u n g a f r ik a n is c h e r S t a a t e n a n d ie E u r o p ä is c h e n G e m e in s c h a f t e n ( 1 9 6 8 ) 1 7 ; Albrecbty D a s n e u e A s s o z i i e r u n g s a b k o m m e n v o n J a u n d e , in : V e r f a s s u n g u n d R e c h t in Ü b e r s e e 1 9 7 0 , 2 0 4 . 14 LochneTy R e c h t s f r a g e n 1 9 ; Everling Z a ö R V R 2 4 ( 1 9 6 4 ) 4 9 3 . 15 A B I . 1 9 6 0 , 1 4 2 9 .

5 3 /8 -1 1

Entwicklungshilfepolitik

968

der Gemeinschaft vom 29. Juli 196916. Es ist zur Durchführung des JaundeAbkommens II und des Ratsbeschlusses vom 29. September 1970 geschlos­ sen worden.

I I I . M a ß n a h m e n tm d O r g a n is a tio n d e r E n tw ic k lu n g s h ilfe

9 Die Maßnahmen der Entwicklungshilfe der Gemeinschaft sind nach Ziel­ setzung, Mitteln und Ausmaß geplant und zeitbemessen. Ihrem Plancharak­ ter entspricht ihre Anpassung an den Entwicklungsstand der Länder und Gebiete. Ihr Zeitmaß ist an der Zielsetzung orientiert, infolgedessen ein anderes für Griechenland und die Türkei, die das Ziel der Beitrittsfähigkeit verfolgen, als für die Jaunde-Länder mit ihrem Fünfjahres-Rhythmus. Die Organisation folgt dem Prinzip der Gleichberechtigung der Assozia­ tionspartner. Sie kennt für die institutionellen Beziehungen zur Gemein­ schaft als oberstes Organ einen Rat, der von einem Ausschuß unterstützt wird, eine Parlamentarische Konferenz und ein unabhängiges Schiedsgericht. Die Maßnahmen der Entwicklungshilfe betreffen in unterschiedlicher Funk­ tion den Warenverkehr und das für ihn geltende Zollwesen, die finanzielle und technische Zusammenarbeit und ihre Finanzierung, unterschiedlich auch Fragen des Niederlassungs- und Dienstleistungsrechts, des Zahlungs- und Kapitalverkehrs.

1 . L ä n d e r u n d G e b ie te in Ü b e r s e e

10 Für diesen Bereich stattfindende Entwicklungshilfe ist nach dem gegen­ wärtigen Stand ihrer Organisation und dem Inhalt ihrer Maßnahmen ge­ messen, im Jaunde-Abkommen II von 1969 beispielhaft umschrieben. An seinem Inhalt orientiert sich auch die Entwicklungshilfe für die noch nicht verselbständigten überseeischen Gebiete (7! 16). 11 a) Als Ziel dieser Politik bezeichnet die Vertragspräambel das Bestre­ ben, die Diversifizierung der Wirtschaft zu erleichtern und die Industriali­ sierung zu fördern, um das wirtschaftliche Gleichgewicht der Länder und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu festigen. In der Erweiterung des Handelsverkehrs wird ein Mittel zur Begünstigung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ebenso gesehen wie in finanziellen Maßnahmen und technischer Zusammenarbeit (Art. 1). Damit geht die Zielsetzung des Jaunde-Abkommens II über die des ersten Abkommens, das wesentlich den Warenverkehr förderte, hinaus. Hinsichtlich der vom Ratsbeschluß vom 29. September 1970 bezeichneten noch unselbständigen afrikanischen Ge­ biete hat diese neue Zielsetzung noch nicht die gleiche Intensität. 16 A B I . 1 9 6 9 L 2 8 2 , 4 7 = B G B l. 1 9 7 0 I I , 6 3 6 m i t F i n a n z r e g e l u n g d e s R a t e s f ü r d e n E E F v . 2 6 . 1. 1 9 7 1 (A B I . 1 9 7 1 L 3 1 , 1 ).

Maßnahmen und Organisation

969

5 3 /1 2 -1 3

12 b) In den Regelungen des Warenverkehrs (Art. 2— 16) ist das Prinzip gegenseitiger Liberalisierung des Handels aus entwicklungspolitischen Grün­ den abgeschwächt. So kann der Assoziierte Zölle beibehalten oder einfüh­ ren, die den Erfordernissen seiner Entwicklung entsprechen oder seiner Haushaltsfinanzierung dienen. Unter vergleichbaren Voraussetzungen sind auch mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen zulässig. In Legaldefinitionen des zu Art. 3 vereinbarten Protokolls Nr. 2 sind die Voraussetzungen für die Handhabung von Entwicklungs-Schutz- und Finanzzöllen und von Ent­ wicklungskontingenten definiert und ist im Streitfall hierfür die Entschei­ dung des Schiedsgerichts vorgesehen. Seine Entscheidung bindet die Ver­ tragsparteien. Die entwicklungspolitisch motivierten Schutzvorbehalte haben Zweifel an der Vereinbarkeit des Abkommens mit dem GATT hervorgerufen. Die Vor­ behalte dürften aber im Sinne seines Art. XVIII gerechtfertigt sein, der Ausnahmen von den Anforderungen an eine Freihandelszone im Interesse von Entwicklungsländern gestattet17. Vergleichbare Probleme werden sich einstellen, weil wegen des Beitritts Großbritanniens afrikanischen Common­ wealth-Ländern der Assoziierungs-Status des Jaunde-Abkommens einge­ räumt wird. Die EWG-Präferenzzone erhält damit eine Erweiterung, die vor allem auf amerikanische Bedenken stößt. 13 c) Das entwicklungspolitische Schwergewicht des Abkommens liegt in seinen Finanzhilfe-Regelungen. Im Sinne des Art. 132 EWGV wird die Finanzhilfe folgerichtig in Verbindung mit dem Internen Finanzierungs­ abkommen vom 29. Juli 1969 zum 3. Europäischen Entwicklungsfonds fort­ gesetzt. Für die Mittelaufbringung, die Hilfsformen und die Verwendung der Hilfe ist vorgesehen: a a ) D ie fü r d e n 3 . E E F v e r fü g b a r e n e i n h e i t e n w e r d e n n a c h e in e m

Gesamtmittel

v o n 9 0 0 M illio n e n R e ch n u n g s­

S c h lü s s e l v o n d e n M i t g l i e d s t a a t e n a u f g e b r a c h t ( p a r i ­

t ä t is c h z u 2 9 8 ,5 M i l l i o n e n v o n d e r B R D

u n d F r a n k r e ic h u n d z u 8 0 M i l l i o n e n v o n

B e l g i e n u n d d e n N i e d e r l a n d e n , w ä h r e n d I t a l i e n m i t 1 4 0 ,6 u n d L u x e m b u r g m i t 2 ,4 M i l l i o n e n b e t e i l i g t is t ) . D i e E u r o p ä is c h e I n v e s t i t i o n s b a n k b r i n g t 1 0 0 M i l l i o n e n R e c h ­ n u n g se in h e ite n li a r d e

fü r D a r le h e n s z w e c k e

R e c h n u n g s e in h e it e n

a u f. D ie

(g e g e n ü b er

800

G e s a m th ilfe

M illio n e n

nach

b e tr ä g t d a n a ch dem

1 M il­

J a u n d e -A b k o m -

m en I).

bb) Finanzhilfe (Art. 17 ff.) wird als Darlehen zu Sonderbedingungen gewährt (bis zu 40 Jahren Laufzeit, für 10 Jahre tilgungsfrei, unter mög­ licher Zinsvergütung um 2—3 % zum Zinssatz von 3 %). Die Gemeinschaft (nicht die Investitionsbank) kann nunmehr zur Bildung haftenden Kapitals beitragen, indem sie Eigenmittel von Unternehmen durch Beteiligung (Ak­ tien) verstärkt. Da weder die Kommission noch der EEF, sondern nur die Gemeinschaft rechtsfähig ist, muß diese als Beteiligungserwerber auftre17

Lochnery R e c h t s f r a g e n

24.

Entwicklungshilfepolitik

5 3 /1 3 -1 4

970

ten18. Als Empfänger der Hilfe kommen in Betracht: die Assoziierten; juri­ stische Personen dieser oder der Mitgliedstaaten, die nicht primär Erwerbs­ zwecke, sondern allgemeine Interessen verfolgen und staatlicher Aufsicht unterstehen; Erzeugerverbände; regionale und zwischenstaatliche Einrich­ tungen; Fachinstitute und evtl, industriell und kaufmännisch geführte Un­ ternehmen. Gemeinschaftshilfe wird als Mitfinanzierung gewährt. cc) Die Verwendung der Hilfe ist für vier Gruppen von Vorhaben zu­ lässig: (1) für Investitionen der Erzeugung und der Infrastruktur im Rah­ men von Entwicklungsplänen oder -programmen; (2) für technische Zu­ sammenarbeit im Zusammenhang mit Investitionen; (3) für technische Zu­ sammenarbeit allgemeiner Art; (4) als Verkaufs- und Vermarktungshilfe. Eine Produktionshilfe (wie nach dem Jaunde-Abkommen I) zur Anpassung der Vermarktungserfordernisse an die Welthandelspreise ist nicht erneuert worden. Für Ausnahmesituationen sind die Mittel eines Reservefonds zur Gewährung verlorener Zuschüsse verstärkt worden. dd) Die allgemeine Ausrichtung der finanziellen und technischen Zusam­ menarbeit obliegt dem Assoziationsrat, die Antragsprüfung der Gemein­ schaft im Benehmen mit den Assoziierten, ihre Bescheidung der Kommission nach Stellungnahme durch den (mitgliedstaatlich nach Finanzierungsanteil besetzten) EEF-Ausschuß („Fondsausschuß“). Bei Meinungsverschiedenhei­ ten entscheidet letztlich der Rat. Die Hilfszusage wird verbindlich mit Ab­ schluß des Finanzierungsabkommens, nicht schon mit Gemeinschafts­ beschluß19. Die Mittelverwendung wird von der Gemeinschaft kontrolliert. ee) Im wesentlichen sind die nach dem Jaunde-Abkommen II gehandhabten Hilfsverfahren auch für die unselbständigen Gebiete Frankreichs und der Niederlande anwendbar. Die Gesamthilfe für sie beträgt 82 Millionen Rechnungseinheiten. Sie kann hier auch zur Produktionsiörderung einge­ setzt werden. 14

d ) A u ß e r h a lb d e r im R a h m e n d e r A s s o z i i e r u n g v o r g e s e h e n e n E n t w i c k l u n g s h i l ­

f e n l i e g t d ie s o g .

EWG-Nahrungsmittelhilfe.

S ie h a t Z u s a m m e n h a n g m i t d e n A g r a r ­

ü b e r s c h ü ss e n d e r E W G u n d b e s t e h t in d e r B e r e i t s t e l l u n g v o n G e t r e i d e u n d M ilc h ­ e r z e u g n is s e n ( B u t t e r ö l u n d M a g e r m i lc h p u lv e r ) , k ü n f t i g a u c h v o n E ip r o d u k t e n , R e is u n d R e is v e r a r b e i t u n g s e r z e u g n i s s e n . D i e

N a h r u n g s m itte lh ilfe

d e m v o n d e n M it g l i e d s t a a t e n r a t i f i z i e r t e n u n d v o m kom m en

von

1 9 6 7 20 im

R ahm en

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zu n äch st a u f

R a t a n g e n o m m e n e n Ü b e r e in ­

I n te r n a tio n a le n

G e tr e id e -U b e r e in k u n ft v o n

1 9 6 7 21. D a s A b k o m m e n v o n 1 9 6 7 is t a b 1. J u li 1 9 7 1 d u r d i e in n e u e s Ü b e r e i n k o m ­ m e n ü b er N a h r u n g s m it te lh ilf e v o m

3 . M a i 1 9 7 1 22 e r s e t z t w o r d e n . M e h r e r e R a t s -

18 Albrecht, in : V e r f a s s u n g u n d R e c h t in U b e r s e e 1 9 7 0 , 2 1 7 ; D olly in : E i n f ü h r u n g 205. 19 Albrecht 2 1 8 . 20 B G B l. 1 9 6 9 I I , 7 2 0 = A B I . 1 9 7 0 L 6 6 , 2 5 ; R a t s b e s c h lu ß ü b e r d e n A b s c h lu ß V . 1 7 . 3 . 1 9 7 0 (A B I . 1 9 7 0 L 6 6 ,1 ) . 21 B G B l. 1 9 6 9 I I , 6 1 4 . D i e G e t r e i d e - U b e r e i n k u n f t u m f a ß t a u ß e r d e m d a s W e i z e n h a n d e l s - Ü b e r e i n k o m m e n ( B G B l. 1 9 6 9 I I , 6 1 8 = A B I . 1 9 7 0 L 6 6 , 2 ) . 22 N o c h n ic h t im A B I .

Maßnahmen und Organisation

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5 3 /1 4 -1 6

V e r o r d n u n g e n 23 r e g e ln d ie B e r e i t s t e l l u n g u n d F i n a n z i e r u n g d e r H i l f e . V e r p f lic h t u n ­ g e n z u r N a h r u n g s m i t t e l h i l f e i s t d ie E W G

fü r G e tr e id e lie fe r u n g e n

( a n d e r s a ls f ü r

B u t t e r ö l - L i e f e r u n g e n ) im R a h m e n d e r K e n n e d y - R u n d e e i n g e g a n g e n . M i t d ie s e n H i l f e n 24 s o l l e n z u g le ic h d ie N a h r u n g s m i t t e l v e r s o r g u n g d e r E n t w i c k ­ lu n g s lä n d e r u n d

d a s M a r k t g le ic h g e w ic h t d u r c h E n t l a s t u n g v o n

b e s s e r t w e r d e n . F ü r E x p o r t l ä n d e r l i e g t h ie r in

a u c h e in E r s a t z

Ü b ersch ü ssen v e r ­ f ü r Z u s ic h e r u n g e n

d e s M a r k t z u g a n g e s . D i e L a s t d e r H i l f e w i r d d u r c h ih r e g e m e in s c h a f t li c h e O r g a n i s a ­ t i o n a u f l e i s t u n g s f ä h i g e L ä n d e r v e r t e i l t . D i e L ie f e r u n g e n w e r d e n g e s c h e n k t o d e r in der W ä h ru n g

d e s E in fu h r la n d e s

n ic h t t r a n s f e r i e r t in

fin a n z ie r t, d essen

G e g e n w er tfo n d s

im

Z a h lu n g e n

E in fu h r la n d

zur

u n k o n v e r tie r t u n d

F in a n z ie r u n g

s o n s t ig e r

E n t w i c k l u n g s h i l f e v e r f ü g b a r w e r d e n . K ü n f t i g k o m m e n a u c h L ie f e r u n g e n a u f K r e ­ d it in

B etra ch t.

S o w e it

d ie

F in a n z ie r u n g

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M i t t e l v o n d e n M i t g l i e d s t a a t e n n a c h e in e m

G e m e in s c h a f t

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d ie

S c h lü s s e l a u f g e b r a c h t . I n e in e r A u s e i n ­

a n d e r s e t z u n g u m d ie K o m p e t e n z z u r V e r t e i l u n g d e r H i l f e , d ie z u g le ic h d ie A u ß e n ­ h a n d e ls - u n d

d ie E n t w i c k l u n g s h i l f e p o l i t i k

z e m b e r 1 9 6 8 p e r c o m p r o m is s iu m n a t i o n a l e

b e t r if f t , h a t e in R a t s b e s c h lu ß v o m

und

D e­

G e m e in s c h a f t s a k t i o n e n v o r g e s e h e n .

2. A fr ik a n is c h e r M itte lm e e r r a u m 15 Die auf Art. 238 EWGV beruhenden Assoziierungsabkommen der EWG mit dem Königreich Marokko vom 31. März 196925 und mit der Tunesi­ schen Republik vom 28. März 196926 (7/24) sind vorläufige Abkommen zur Vorbereitung endgültiger, die auch Entwicklungshilfe-Absprachen vorsehen sollen. Einzelne auf den Handelsverkehr bezügliche Regelungen der jetzt geltenden Abkommen haben insoweit bereits gewissen entwicklungspoliti­ schen Einschlag, als sie das Industrialisierungsinteresse dieser Länder durch Ausnahmen und Schutzvorkehrungen fördern. Sie zählen (darin dem JaundeAbkommen finanziell vergleichbar) zum System der Zollpräferenzen für Entwicklungsländer, soweit sie auf Erfordernisse der Entwicklung abstellen. 3. E u ro p ä isc h e A s s o z iie r te

16 Den Assoziierungsabkommen mit Griechenland (1961) und der Türkei (1963) (7122, 23) ist entwicklungshilfepolitisch gemeinsam, daß sie durch Finanzhilfe den Wirtschaftsaufbau, die Produktivität und die Industriali­ sierung fördern und durch degressive handelspolitische Zugeständnisse für Landesprodukte den Assoziierten in etwa zwei Jahrzehnten die Anpassung an den Gemeinsamen Markt ermöglichen. Hier hat die Entwicklungshilfe 23 G e t r e i d e m a r k t o r d n u n g v . 1 3 . 6 . 1 9 6 7 ( A B I . 1 9 6 7 , 2 2 6 9 ) , V O z u r F e s t le g u n g d e r K r i t e r i e n f ü r d ie B e r e i t s t e l l u n g v o n G e t r e i d e f ü r d ie N a h r u n g s m i t t e l h i l f e v . 1 7 . 2 . 1 9 6 9 (A B I . 1 9 6 9 L 4 1 , 2 ) m . Ä n d . v . 2 . 5 . 1 9 6 9 (A B I . 1 9 6 9 L 1 0 7 , 3 ) , v . 2 5 . 1 1 . 1 9 6 9 ( A B I . 1 9 6 9 L 2 9 8 , 8 ) , v . 1 3 . 1 0 . 1 9 7 0 (A B I . 1 9 7 0 L 2 2 8 , 1 ) ; V O e n z u r A u f ­ s t e l l u n g d e r G r u n d r e g e ln f ü r d ie L ie f e r u n g v o n M i l c h f e t t b z w . M a g e r m i lc h p u lv e r v . 1 7 . 7 . b z w . 1 6 . 9 . 1 9 6 9 (A B I . 1 9 6 9 L 1 7 9 , 1 4 b z w . L 2 3 7 , 1 ) ; V O b e t r . d ie g e ­ m e in s c h a f t lic h e F i n a n z i e r u n g d e r A u s g a b e n f ü r d ie D u r c h f ü h r u n g d e s Ü b e r e i n k o m ­ m e n s ü b e r d ie N a h r u n g s m i t t e l h i l f e v . 1 7 . 1 0 . 1 9 6 9 (A B I . 1 9 6 9 L 2 6 3 , 6 ) . 24 Z u r D u r c h f ü h r u n g d e r E W G - N a h r u n g s m i t t e l h i l f e s e i t 1 9 6 8 v g l . d ie Z a h l e n ­ a n g a b e n in : E u r o p . P a r l . / S i t z u n g s d o k u m e n t e 1 9 7 1 — 1 9 7 2 D o k . 9 0 / 7 1 v . 5 . 7 . 1 9 7 1 . 25 A B I . 1 9 6 9 L 1 9 7 , 3 . 2e A B I . 1 9 6 9 L 1 9 8 , 3 .

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Entwicklungshilfepolitik

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eindeutig das Endziel der Mitgliedschaft zur Gemeinschaft. Allerdings hat Griechenland durch seine eigene Verfassungsentwicklung inzwischen und einstweilen diese „finalité politique“ selbst suspendiert27. a) Auf Grund des dem Abkommen mit Griechenland beigefügten Ab­ kommens über das Finanzprotokoll28 sind — als Beispiel entwicklungspoli­ tischer Finanzhilfen — von den Mitgliedstaaten verbürgte Kredite der In­ vestitionsbank an den griechischen Staat und griechische Unternehmen vor­ gesehen. Aus Gemeinschafts-Haushaltsmitteln stehen Zinsvergütungen zur Verfügung. b) Als entwicklungspolitisch gestaltete Handelsregelung sieht das Ab­ kommen mit der Türkei beispielhaft vor, daß ihr für bestimmte Waren­ gruppen, die 40 % ihres Exportvolumens darstellen (Tabak, Weintrauben, Haselnüsse, Trockenfeigen), zollbegünstigte Kontingente eingeräumt sind. Ziel der Handels- und Zollregelung ist nach 12jähriger Übergangszeit, die verlängert werden kann, die Verwirklichung einer Zollunion zwischen der Türkei und der EWG. c) Daß vornehmlich für die Türkei (in geringerem Umfang für Griechen­ land) auch eine von der BRD, also mitgliedstaatlich eingeräumte Entwick­ lungshilfe besonderer Art wirksam wird, steht zur Gemeinschaftshilfe kraft Assoziierung nicht im Widerspruch, sondern ergänzt sie. Das ist die Be­ schäftigung von Gastarbeitern (1971: 600 000 Türken) in der BRD. Sie stär­ ken nicht nur das Devisenpotential des Assoziierten, sondern auch das Arbeits- und Kenntnis-, damit das Produktions- und Wirtschaftspotential. Denn technische Hilfe, die in Afrika aus Europa eingeführt werden muß, importieren die europäischen Assoziierten durch ihre eigenen, aus der BRD heimkehrenden Arbeitskräfte. 4. Entwicklungsländer allgemein 17 Einen weiteren Beitrag zur Entwicklung der Dritten Welt stellt die Inkraftsetzung allgemeiner Zollpräferenzen durch die Gemeinschaft zugun­ sten von 91 unabhängigen Ländern und weiteren von den Mitgliedstaaten oder von Drittländern abhängigen oder von diesen verwalteten Ländern und Gebieten dar. Diese Präferenzen gelten für gewerbliche Fertig- und Halbfertigwaren, landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse und best, unter den EGKSV fallende Eisen- und Stahlerzeugnisse mit Ursprung in den begünstigten Ländern und Gebieten. Die Vergünstigungen bestehen in der Eröffnung von Gemeinschaftszollkontingenten oder der Einräumung von Zollfreiheit oder Zollsenkungen. Mit sieben Verordnungen des Rates und zwei Beschlüssen der in ihm vereinigten Regierungsvertreter29 zunächst bis Ende 1971 eingeräumt, sind sie Ende 1971 verlängert worden30. 27 Hallstein , B u n d e s s t a a t 2 1 7 . 28 A B I . 1 9 6 3 , 3 5 2 . 29 A B I . 1 9 7 1 L 1 4 2 . 30 A B I . 1 9 7 1 L 2 8 7 ; L it e r a t u r v g l . V e r z e ic h n is

§ 29.

Neunter Teil PERSPEKTIVEN

§ 54 VERFASSUNGSPOLITIK 1 Wenn dieses Buch Leser findet, werden nicht wenige mit dieser „Verfas­ sungspolitik“ beginnen. Manche werden sich damit auch begnügen. Vor­ nehmlich wird das für seine Rezensenten gelten, und unter ihnen wiederum für jene, die nicht Juristen sind. Der Verfasser würde das bedauern. Denn § 54 sollte in den §§ 1—53 des Buches gleichsam „mitgelesen“ werden. Und § 54 ist in seinen Intentionen für den gedacht, der über den Inhalt der §§ 1—53 verfügt. Als Erwägung der „Verfassungspolitik“ ist dabei zu begreifen, was unter kritischer Diagnose des normativen und realen Befundes des Gemeinschafts­ rechts und des Integrationsprozesses in Frage steht und in zeitlich und poli­ tisch überschaubaren Grenzen für die weitere Entwicklung der Rechtsgestal­ tung geboten und realisierbar erscheint. Mit Überlegungen dieser Art wird nicht beansprucht, eine politische Theorie der Gemeinschaften zu entwikkeln. Das bedürfte mehr als juristischer Ausweisung. Hierzu fehlt es dem Verfasser am Vermögen noch mehr als ohnehin schon zu der auch nur rechtswissenschaftlich zulänglichen Gesamtdarstellung des Gemeinschaftsrechts (1/1). Versucht wird lediglich, einzelne Einsichten einer Verfassungsanalyse für eine — wie anders sollte es sein — vom Verfasser als Juristen gewon­ nene Perspektive zu nutzen, um den Fortgang der Vergemeinschaftung in ihrem Verfassungsrahmen zu deuten, also eine begrenzte und sich beschei­ dende Prognose zu stellen. Die gegliederte Thematik dieser Skizze zeigt, was § 54 entwerfen will; Grenzen von Perspektiven und Prognosen (I) werden hier nicht nur der Sinnperspektivität einer politischen Gemeinschaftstheorie gezogen, sondern mehr noch der Vorhersehbarkeit ökonomischer und allgemein politischer Entwicklungen. Sie aber eben bedingen alle Gemeinschaftstheorie. Damit stellen sich Methodensorgen und Erkenntnisschranken ganzer Wissenschafts­ disziplinen ein, auf die eine Gemeinschaftslehre ihrerseits angewiesen ist. Und daß diese Begrenztheit auch schon für das Vorfeld kritischer Bestands­ aufnahmen und ihrer Auswertungen gilt, kann am Beginn nicht klar genug hervorgehoben werden. Das Ziel (II) der Integration ist zwar in den Ver­ tragsbestimmungen normativ fixiert. Es ist indes im räumlichen und gesamt­ politischen „Kontext“ nach den Zwängen und Maßen zu überprüfen, die sich aus der Rolle eines vergrößerten Integrations-Europa in der Welt und aus den Funktionen eines öffentlichen Verbandes ergeben, der in wachsen-

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Verfassungspolitik

dem Umfang solche von Staaten der Industriegesellschaft übernimmt. Die Sache der Vergemeinschaftung (IV), der vergrößerte Raum wirksamer In­ tegration (V), ihr Maß in der Zeit (VI), ihre Verfahrensarten und institu­ tioneilen Mittel (VII) fragen nach Erprobung und Besserung bisheriger Rechtsgestaltung. Sie aber bestimmt und bemißt sich vorrangig nach dem Zustand der Menschen (III) in der Gemeinschaft, der Orientierung und Organisation ihrer Gruppen, nach ihrem Bewußtseinsstand und Gruppen­ verhalten, nach der Artikulierung ihrer Interessen und der Formierung ihrer Präger und Träger. „Die Menschen und die Gemeinschaften“ — dieses Thema wiederholt jenseits der Staaten, was „Staat und Gesellschaft“ bis­ lang der politischen Theorie als „Strukturelement der Staatlichkeit“ auf­ gegeben hat1. Von den „Menschen“ (III) spannt sich — zugleich verfas­ sungskritisch gegenüber geltendem Gemeinschaftsrecht und der Gemein­ schaftswirklichkeit sowie perspektivisch zu den Chancen und Grenzen der institutionellen Fortentwicklung — der Bogen zur politischen Substanz der Integrationsthematik: zur Frage der Konsentierung der Gemeinschafts­ gewalt und Legitimierung des Gemeinschaftswillens (VIII), zur Frage nach der adäquaten Gestaltform der Gemeinschaft naher und weiterer Zukunft (IX).

I. G r e n z e n v o n P e r s p e k ti v e n u n d P r o g n o s e n

2 Die Vergemeinschaftung ist ein auf Dauer angelegter Entwicklungspro­ zeß. Die Verträge kalkulieren nicht mit Ablaufterminen. Auch die fünfzig­ jährige Vertragsdauer des EGKSV kann schwerlich anders begriffen wer­ den. Die Zielbestimmungen der Verträge sind trotz komplexer Vielfalt ihrer Beschreibungen unzulänglich. Das gilt auch, perspektivisch gesehen, für den Entwurf eines Gemeinschafts-Regierungssystems, angemessener Verfahren, entwicklungsfähiger Institutionen und die Ausprägung letztlich gedachter Gestaltform. Vertrags immanent — und allein die Verträge sind einstweilen die den Gemeinschaften verfügbare Basis hierfür — vermögen diese sich selbst weder ein Handlungssystem noch eine Gestaltform der Zukunft zu entwerfen, geschweige denn zu gestalten. Daß ihre Mitgliedstaaten (graduell abgesehen von Frankreich), wiewohl dazu imstande, ihr eigenes überkom­ menes Regierungssystem trotz unvermeidlich anstehender Reformbedürftig­ keit prinzipiell ebensowenig in Frage stellen, ist für die Gemeinschaften kein Alibi. Denn sie zuerst — und nicht die Staaten — haben in ihrer un­ befangenen Neuartigkeit die verpflichtende Chance, wegen der ihnen über­ tragenen Verantwortung im Wirkungsbereich der Wirtschafts- und Sozial-

1 D i e s im S in n e d e r F r a g e s t e l lu n g b e i sc h a ft (1 9 7 1 ) 2 1 , 2 2 .

Forsthoff,

D e r S t a a t d e r I n d u s tr ie g e s e ll­

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Grenzen von Perspektiven und Prognosen

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politik für die Industriegesellschaft, in dem unsere nationalen Verfassungs­ strukturen verunsichert sind, neue, effektivere, adäquatere Methoden zu ent­ wickeln als die den Staaten aus dem 19. Jahrhundert überlieferten2. Und nicht dieses politische System der Staaten kann Modellanspruch für das der Gemeinschaften erheben, sondern es sind die Gemeinschaften, die ihrerseits katalysatorisch für die Verwandlung staatlicher Strukturen zu wirken ge­ eignet sind und in manchem bereits gewirkt haben3. Zwar sind die Staaten die Schöpfer der Gemeinschaften, ihre Regierungen disponieren im Rat letzt­ lich über die Gemeinschaftspolitik, die Staaten beanspruchen, im Rückgriff auf ihre Völkerrechtssubjektivität die Herren der Verträge zu bleiben. Aber diese Erkenntnis kann die Existenz der Gemeinschaften als ihrer Geschöpfe und die Realität ihrer Wirksamkeit nicht ausräumen. Und daraus eben folgt, daß ihnen Zukunftsverantwortung obliegt. Es gilt also, in Perspektiven einer Verfassungspolitik nach Mitteln und Formen zu fragen, die die Ge­ meinschaften in ihren pouvoirs constitués zu eigener Verfassungsevolution befähigen, obwohl die Staaten in sich den pouvoir constituant zu bewahren trachten. Soll das politische Gemeinschaftssystem im Telos der Integration entwikkelt werden, ohne sich in unbesehener Analogie zu staatlichen Strukturen und ihren Unzulänglichkeiten rezeptiv zu erschöpfen, bedarf es folgerich­ tiger Entwürfe. Sie müssen nationale Verfassungsdefizite vermeiden und zugleich beschreiben, wie die Gemeinschaften als Staaten überwindende, größere Funktionsträger öffentlicher Aufgaben optimal zu organisieren und zu legitimieren sein werden. In dieser Lage hat die wissenschaftliche Theorie aller zuständigen Diszi­ plinen ihre Aufgaben. Daß sie und ihr zugehörige empirische Forschung auch nur partiell schon ein „Stadium der Reifetc erlangt hätten4, kann schwer­ lich behauptet werden, mögen Theorie und Forschung über internationale Gemeinschaftsbildungen und regionale Integration allgemein sich auch eines besseren Zustandes erfreuen. Eine Skizzierung der zur Theorie der Gemein­ schaften unternommenen Bemühungen — nach wissenschaftlich unterschied­ licher Zuständigkeit, Methodik und Prognose-Intensität betrachtet — wird das erweisen. Dabei sind Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in beispielhaften Äußerungen zu berücksichtigen. 2 îpsen, V e r f a s s u n g s p e r s p e k t i v e n 2 0 . — V/arnecke, A m e r i c a n r e g i o n a l i n t e g r a ­ t i o n t h e o r ie s a n d t h e E u r o p e a n C o m m u n i t y , I n t e g r a t i o n 1 9 7 1 , 1 7 A n m . 4 0 v e r w e i s t a u f z w e i e n t s p r e c h e n d e F e s t s t e l l u n g e n v o n G örlitz , D e m o k r a t i e im W a n d e l ( 1 9 6 5 ) : » F ir s t, t h a t t h e r h e t o r ic o f t h e E u r o p e a n C o m m u n i t y u s e s 1 9 t h c e n t u r y c o n c e p t s w h ic h n o lo n g e r h a v e a n a d e q u a t e s o c i a l , e c o n o m i c a n d p o l i t i c a l b a s is in t h e p r e s e n t . S e c o n d , t h e C o m m u n i t y h a s f a i l e d t o r e c o g n i z e t h is a n o m a l y . “ 3 Neunreithery B e m e r k u n g e n z u m g e g e n w ä r t i g e n L e i t b i l d d e s E u r o p ä is c h e n P a r ­ la m e n t s , Z P a r l 1 9 7 1 , 3 4 3 . 4 S o Ritthergery W e s t e u r o p ä is c h e I n t e g r a t i o n — F o r t s c h r it t o d e r S t a g n a t io n ? , P o l V J S c h r 1 9 7 0 , 3 4 2 f ü r d ie S o z i a l - u n d W ir t s c h a f t s w is s e n s c h a f t e n .

62 Ipsen, Eur. Gemeinschaftsrecht

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Verfassungspolitik

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1. Z u s tä n d ig k e ite n u n d M e th o d e n z u r p o litis c h e n G e m e in s c h a fts th e o r ie

3 a) Politische Gemeinschaftstheorie ist auf das Zusammenwirken der Dis­ ziplinen angewiesen. Daran hat es bislang gefehlt, nicht zuletzt im deut­ schen Wissenschaftsbereich, und dort vor allem deshalb, weil Rechts- und Wirtschaftswissenschaften früher und intensiver sich ihres Gegenstandes an­ genommen haben als Politikwissenschaft und Soziologie. Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften hat, um ein Beispiel zu nennen, Hans R. Krämer den Versuch einer Systematik über „Formen und Metho­ den der internationalen wirtschaftlichen Integration“ (1969) unternommen. Seine Methodenlehre liefert Hilfen für die Begriffsbildung im EWGV, die Rechtsformen der Koordinierung und die Verbindung institutioneller Aus­ gestaltung und angewandter Integrationsmethode. In der Umfangsbeschrei­ bung der Integration werden mit Raum, Sektoren und erfaßten Staatsfunk­ tionen Elemente erfaßt, deren Verfassungsrelevanz für das geltende Ge­ meinschaftsrecht ebenso bedeutsam ist wie für seine kritische Analyse und rechtspolitische Fortentwicklung. Der Plan der Wirtschafts- und Währungsunion (45 f 17 ff.) hat zu einzel­ nen Vorschlägen notwendig erscheinender Verfassungsausgestaltung der Ge­ meinschaften, ihrer Institutionen und Verfahren geführt. Die Untersuchun­ gen von Hans Möller, insbesondere seine schon 1961 vorgelegte, aus der Erfahrung in der OEEC gewachsene Darstellung „Internationale Wirt­ schaftsorganisationen“ hat große Linien der „Zusammenschau“ gezeichnet, in der die Gemeinschaften einen besonderen Platz einnehmen. Den großen Entwurf einer Gemeinschaftsgestalt, die über aktuelle Anforderungen einer Wirtschafts- und Währungsunion hinausgreift, hat die Wirtschaftswissen­ schaft bislang indes nicht geliefert. Sie wird wohl auch mit Recht erklären dürfen, das gehöre nicht zu ihrem Beruf. 4 b) Öffentlich-rechtliche Monographien über das Beschlußverfahren im Gemeinschaftsrecht (Heinz Wagner, 1965) und über das Prinzip der „funk­ tionellen Integration“ (Andreas Sattler, 1967) haben über ihre eigentliche Thematik hinaus Elemente der politischen Gemeinschaftstheorie als Er­ kenntnisvoraussetzung oder -ertrag entwickelt. Zwei deutsche Staatsrechts­ lehrertagungen (Erlangen 1959, Kiel 1964) haben die Zuordnung der grundgesetzlichen Ordnung zur öffentlichen Gemeinschaftsgewalt und die Bewah­ rung und Veränderung demokratischer und rechtsstaatlicher Verfassungs­ struktur in den Gemeinschaften behandelt. Im Abstand von nur fünf Jah­ ren zwischen diesen kollektiven Bemühungen der deutschen Staatsrechts­ lehre liegt ein bedeutender Erkenntnissprung. Er hat von grundgesetzintro­ vertierter „Nabelschau“ zu einer dem neuen Integrationsstil und seinen katalysatorischen Rückwirkungen auf die nationale Verfassungsordnung aufgeschlossenen Einstellung geführt. In wichtigen Fragen hat diese Wen­ dung, unterstützt durch die Rechtsprechung des Luxemburger Gerichtshofs,

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Grenzen von Perspektiven und Prognosen

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sich in der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts, von dort in weiterer Rechtsprechung niedergeschlagen. Zur Frage einer fusionierten Gemeinschaft und zu ihren Verfassungsperspektiven ist in der deutschen Diskussion er­ wogen worden, ob die Demokratisierungsklausel des Art. 138 III EWGV in ihrem Assimilationsanspruch zur parlamentarischen Regierungsform der Staaten Glaubwürdigkeit und Realisierungschancen beanspruchen kann und der Verfassungsentwicklung durch ihre Normierung nicht vorschnell und allzu etatistisch präjudiziert worden ist5*. 5 c) Insgesamt sind diese Bemühungen der deutschen Staatsrechtslehre aber noch nicht in die größere Methoden- und Sachdiskussion eingebettet, die sich insbesondere aus amerikanischer Politik- und Wirtschaftswissenschaft anbietet. Daß die deutschen Sozialwissenschaften insoweit bis in die jüngste Zeit ebenso beziehungslos waren, hat noch ernstere Gründe: sie hatten die Vergemeinschaftung überhaupt nicht als Gegenstand ihrer Disziplin zur Kenntnis genommen. Noch Ende 1969 hatte Heinrich Schneider8 festgestellt: „Wollte man sagen, das Interesse der deutschen Politikwissenschaft an den Problemen der Integration sei vergleichsweise geringer (als das der deut­ schen Rechtswissenschaft), so wäre das eine sehr zurückhaltende Formulie­ rung. Die Integrationspolitik stand bisher noch nie auf der Traktandenliste einer wissenschaftlichen Plenartagung der Deutschen Vereinigung für Politi­ sche Wissenschaft.“ Sie ist dort auch bis Ende 1971 nicht erschienen, und der Münchener Weltkongreß der Politologen vom Frühherbst 1970 hat in seiner Arbeitsgruppe „Europäische Integration“ deutsche Referenten nicht in Er­ scheinung treten sehen. Hans-Peter Schwarz7 hat deshalb treffend von der Methodenlehre als von einem „Stiefkind der Integrationsforschung“ gespro­ chen, dabei als Stiefeltern primär die deutschen Sozialwissenschaften ge­ meint und mit seiner „Methodenkritik der europäischen Integration“ als erster nach Heinrich Schneider einen Methodenaufbau endlich fruchtbar be­ gonnen. 6 d) Diese Kritik stellt die gebotene Verbindung her zu den Integrations­ theorien amerikanischer Sozialwissenschaftler. Sie untersuchen die „Mög­ lichkeiten, Entwicklungsstufen und die Dynamik einer Integration von N a­ tionalstaaten zu größeren politischen Einheiten“ und beschreiben mit Funktions- und Strukturbegriffen Integrationsprozesse, deren Ablauf in der euro­ päischen Vergemeinschaftung zugleich empirische Anschauung, Überprüfung und perspektivische Aspekte liefert8. Es geht hier weder um die Darstellung 5 Ipsen, F u s i o n s v e r f a s s u n g 5 7 ; d a z u Wagner, S t a a t 9 ( 1 9 7 0 ) 2 6 7 ; Ipsen3 V e r f a s ­ s u n g s p e r s p e k t iv e n 1 4 ff . 0 Heinrich Schneider3 Z u r p o li t is c h e n T h e o r i e d e r G e m e in s c h a f t , I n t e g r a t i o n 1 9 6 9 , 2 3 ; z u r g le ic h e n F r a g e : Heinrich Schneider, F u n k t io n a lis m u s u n d e u r o p ä is c h e F r ie ­ d e n so r d n u n g , I n te g r a tio n 1 9 7 1 , 6 7 . 7 Hans-Peter Schwarz, E u r o p a f ö d e r i e r e n — a b e r w ie ? , F s E s c h e n b u r g 3 7 7 . 8 E in e k r itis c h e Ü b e r s ic h t l i e f e r t j e t z t Steven Warneckey A m e r i c a n r e g i o n a l i n t e ­ g r a t io n t h e o r ie s a n d t h e E u r o p e a n C o m m u n i t y , I n t e g r a t i o n 1 9 7 1 , 1 — 2 0 ; d o r t

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Verfassungspolitik

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dieser Integrationstheorien noch um ihre kritische Bewertung oder ihre spe­ zifische Eignung und Verwendung für eine Verfassungspolitik der Gemein­ schaften. Es geht sehr wohl aber um den gebotenen Hinweis, daß eine in Europa — und speziell auch auf deutscher Seite — betriebene Wissenschaft dieser Verfassungspolitik, und auch eine von Juristen betriebene, diese vorbildlich kollektiv unternommene Erforschung regionaler Integrations­ vorgänge nicht ignorieren oder a limine durch „Prozeßurteil“ ab weisen darf, wie dies bislang weithin der Fall war. Karl W. Deutsch*9 und seine Schule haben die Entstehung größerer, inte­ grierter Einheiten vornehmlich an Hand historischer Vorgänge analysiert und hieraus auf Gesetzlichkeiten des Integrationsprozesses zu folgern unter­ nommen. Auch die deutsche Verfassungsentwicklung bis zur Reichsgründung zählt hierbei zum Anschauungsmaterial. Aus historischer Vergleichung sind auch die Fallstudien von Etzioni10 gespeist. Während die gelungene ameri­ kanische Föderation zu den USA analysiert worden ist, sind, wie Schwarz11 zutreffend erinnert, gegenwartsbezogene Vergleichsanalysen zu den wich­ tigsten Staatsintegrationen des vorigen Jahrhunderts (Belgien, Schweiz, Deutschland, Italien, Kanada, Australien) und solchen unseres Jahrhunderts bisher nicht durchgeführt worden, wenn von Deutsch und seiner Schule abgesehen wird. Allein das schwer faßbare — und wohl auch so gewählte — Stichwort Pompidous von der „Konföderation“ sollte zur Deckung dieses Nachholbedarfs Anlaß geben (54/118). 7 Die auf Mitrany12*zurückgehende Theorie des supranationalen Funktio­ nalismus und ihre am Integrationsprozeß der EWG vollzogene empirische Überprüfung durch Haasn und Lindberg14 vermögen in der Methodik und Anm. 3, 7, 8, 14, 17, 20, 23, 27 die Einzelnachweise der wichtigsten einschlägigen Arbeiten von Lindberg, Scheingold, Haas, Hoffmann, Etzioni, Deutsch u. a., auf die verwiesen sei. Mit Taylor, International co-operation today. The european and the universal pattern (1971) befaßt sich kritisch Eva Senghaas-Knobloch, Integration 1971, 135. — Eine kritische Kurz-Analyse der Theorie der Konstitutionalisten, Funktionalisten und Neo-Funktionalisten stellt Heinrich Schneider an in: Integra­ tion 1971, 61 ff. anläßlich der Rezension von Gerda Zellentin, Intersystemare Be­ ziehungen in Europa (1970), deren Werk eine Anwendung des Funktionalismus auf ihre Fragestellung darstellt. — Über die im April 1969 in Madison (Wisconsin/ USA) abgehaltene Tagung amerikanischer Sozialwissenschaftler zum Thema ihrer Integrationsforschungen und ihren Ertrag in der Sammlung von Lindberg und Scheingold (Hg.), Regional integration: Theory and research, in: International Or­ ganization 24 (1970) 607—1020 (1971 unter gleichem Titel auch als Buch), berich­ tet Eva Senghaas-Knobloch in: Integration 1971, 75. 9 Karl W. Deutsch, Political Community at the international level (1954); ders·, Political Community and the north atlantic area (1957); ders., Edinger, M a c r i d i s , Merritt, France, Germany and the Western Alliance. A study of elite attitudes on European integration and world politics (1967). 10 Etzioni, Political unification (1965); ders.. The active society (1968) insbes. 554 ff.: Political Communities. 11 A.a.O. (Anm. 7) 377, 378. 12 Mitrany, A working peace system (1966). 13 E. B. Haas, Beyond the nation-state (1964); ders.. International integration, in: International Organization 15 (1961) 366 ff. 14 Lindberg, The political dynamics of european economic integration (1963).

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in ihrem perspektivischen Gehalt schlagartig zu erhellen, was in der kon­ tinentaleuropäischen Diskussion, insbesondere auch in der deutschen Staats­ rechtslehre15 hinsichtlich der Gemeinschaften und ihrer verfassungspolitischen Zukunft an Ansätzen und Gegensätzen erkennbar geworden ist: die Konstitutionalisten vermögen die endliche Gestaltform der Gemeinschaft mit zwangsläufigem Automatismus nur in der Föderation eines europäischen Bundesstaates zu sehen, weil die staatlichen Ordnungs- und Wertprinzipien sich kraft einer Art „Isonomie“-Wirkung in der Vergemeinschaft durch­ setzen müßten. Die Funktionalisten verschiedener Schattierungen erkennen dagegen in der graduellen Supranationalisierung bislang staatlicher Einzel­ funktionen öffentlicher Bedürfnisbefriedigung ohne staatliche Neuformie­ rung die adäquate Integrationsmethode. Ihnen ist die Entflechtung bislang staatlicher Funktionen und ihre integrierte Wahrnehmung in Entscheidungs­ organen wesentlich, deren Aktivitäten aus Sachzusammenhang im sog. spillover-Effekt weitere Funktionen dem Integrationsprozeß zuführen. Diese Variante des Neo-Funktionalismus kann auf Perioden ihrer Bewährung in der europäischen Vergemeinschaftung verweisen. Im Licht dieser Polarität zwischen Konstitutionalismus und Funktionalis­ mus kann die Demokratisierungsklausel des Art. 138 III EWGV, eben konstitutionalistisch begriffen, ebenso als unverbindliche „Verbeugung gegen­ über dem Zeitgeist“16 verstanden werden wie vielleicht jene Einfügung in die französische Regierungserklärung vom 9. Mai 1950, die die Montan­ union „die erste Etappe der europäischen Föderation“ nennt. Denn Monnet, der Kenner und Anhänger des M itrany-Funktionalismus, wollte damit mög­ licherweise „nur den europäischen Aufputz an einem Projekt im Sinne Mitranys“ gemeint wissen17. In der Sicht dieser Polarität, die der amerika­ nische Methodenstreit verdeutlicht, würden die Erlanger Staatsrechtslehrer­ tagung von 1959 — jedenfalls in ihren Referenten — und ebenso Andreas Sattlers Buch (trotz seines Titels von der „funktionellen Integration“) der Richtung der Konstitutionalisten zuzurechnen sein. Die „Kieler Welle“ der Staatsrechtslehrertagung von 1964 hat die deutsche Theorie zwar von man­ chen konstitutionalisierenden Fesseln emanzipiert. Aber ihr positiver Ansatz ist doch begrenzt geblieben (insbesondere in der Suche nach der Legitimie­ rung der Gemeinschaftsgewalt), und die „Grundbegriffe des Beschlußrechts“ von Heinz Wagner (1965)18 konnten trotz ihrer verheißungsvollen Einlei­ tung (insbes. S. 8 ff.) in ihrer verfassungspolitischen Perspektive nicht den Stand überwinden, den seine Diagnose der noch von de Gaulle bestimmten Gemeinschafts-Lage durchaus zutreffend erkannt hatte. Denn seine auf U. W. 15 Auf diese Zusammenhänge mit den Vorstellungen von Bülcky Ipsen und Kaiser weist Heinrich Schneider, Integration 1971, 67 Anm. 8 zutreffend hin. 16 Wagner Staat 9 (1970) 268. 17 So Schwarz a.a.Ö (Anm. 7) 419. 18 Dazu Heinrich Schneider, Integration 1971, 67 Anm. 8: eine „gescheite, gleich­ wohl problematisdie Habilitationsschrift“.

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Kitzinger gestützte Einsicht, es komme nicht darauf an, „aus Nationalstaa­ ten Super- oder Supranationalstaaten zu machen, sondern den National­ staat funktionell zu entflechten“ (S. 10), die Gemeinschaften seien „gemein­ same Instrumente der Staaten zur Bewältigung von Aufgaben, die weder im staatlichen Rahmen noch in den losen Formen früherer Bündnisse und Verträge gelöst werden können“ (S. 9), und seine wahrlich zutreffende Er­ kenntnis, Forderung für die Gegenwart sei „Bewahrung, Ausbau und opti­ male Weiterentwicklung der funktionellen Integration“ (S. 8/9), finden letztlich keine Entsprechung in den verfassungspolitischen Elementen seiner Darstellung. Nichts zeigt das deutlicher als seine insoweit gänzlich hetero­ gene Einlassung zur Frage des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts (S. 349: „ein unbedingter Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem mitglied­ staatlichen Recht ist rechtspolitisch nicht erwünscht“). 8 aa) Der internationale Funktionalismus als Handlungslehre19 ist inten­ diert als Methode der grenzüberwindenden Friedenssicherung in den Groß­ räumen der Industriegesellschaft. Er ist als Friedensstrategie ein Produkt der Nachkriegserfahrung und gewinnt in dem Maße größeren Wirkungsraum, in dem die Staaten als Umverteilungs- und Vorsorgeapparaturen Leistungs­ staaten, ihre Verwaltungen Leistungsverwaltungen werden. Sein Wirkungs­ gegenstand sind Funktionen, „gleichbedeutend mit solchen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und administrativen Aufgaben und Bedürfnissen, die sich durch transnationale Interaktion optimal regeln oder befriedigen lassen“20. Sie sind, schlichter formuliert, öffentliche Aufgaben nicht-mehr-staatlicher Wahrnehmbarkeit. Wesentlich hierfür ist folgendes: auch nach Auffassung der Funktionalismus-Theorie ist zur Ingangsetzung nicht-mehr-staatlicher Funktionswahrnehmung eine übereinstimmende politische Entscheidung der Staaten vorauszusetzen. Deshalb kann sich funktionelle Integration auf der konsentierenden Grundlage dieser politischen Entscheidung im Rahmen ver­ traglicher Regelungen weithin in technischer Selbstbestimmung vollziehen. So erklärt sich auch, daß die Frage der Gestaltformung des Funktionsver­ bandes kein primäres Anliegen dieser Theorie zu sein braucht: „form fol­ lows function.“ Das ist zwar eine recht abstrakte und abkürzende Denk­ figur, die im Zielansatz mehr den zu entflechtenden Staat als das Geflecht der Zukunftsform betrifft21. Aber sie hat die Kraft der Antithese zum Konstitutionalismus, der sich mit seinem Isonomie-Anspruch im Grunde hegemonial versteht. 19 Dazu Zellentin, Intersystemare Beziehungen in Europa (1970) 172 ff.; Bespre­ chung von Heinrich Schneider, Integration 1971, 61. 20 Zellentin 181. 21 Das wird von Heinrich Schneider, Integration 1971, 68, 69 kritisiert. Aber die Unbestimmtheit und Mehrdeutigkeit der Formel — „je nachdem, zu welchen For­ men funktionelle Verflechtungsmaßnahmen letztlich führen sollen“ — liegt eben in ihrem Gehalt selbst: Funktionalismus ist eine in diesem Sinne „offene“, d. h. der Endphase gegenüber nicht präjudizierende Methode, was sich aus der Zielbestim­ mung der Integration ergibt (54/124).

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Die nicht-mehr-staatliche Funktionalisierung öffentlicher Aufgaben, die Vergemeinschaftung eines Bereichs, kann zwangsläufig die gleichartige Funk­ tionalisierung anderer Bedürfnisbereiche bewirken und sich daraus mit wei­ terhin den Staaten verbleibenden Leistungsaufgaben auch verknüpfen. Des­ halb sehen Neofunktionalisten — über Mitranys technische Selbstbestim­ mung hinausgreifend — im spill-over-effect dieser Art die Chance und die Erwartung gradueller Politisierung der Gemeinschaft, damit in ihr eine neue „Existenzbedingung der Mitgliedstaaten“22. Aber: Ob das zur Rivalisierung zwischen ihnen und den Gemeinschaften, damit etwa zur Renationalisierung führt, oder ob die Gemeinschaften derart der Föderalisierung zuschreiten, vermögen weder Funktionalisten noch Neofunktionalisten zu beantworten, und wer als Jurist in ihrer Methode verfassungspolitisch denkt, tut recht darin, seinerseits solche Antwort zu verweigern. Die umfassende Analyse dieses Prozesses, die einer Antwort näher käme, steht noch aus. Sie zu lie­ fern, gehört primär in die Zuständigkeit der Wirtschaftswissenschaften und der Soziologie. Hierzu bedürfte es der Bestimmung geeigneter Indikatoren, unter deren Anwendung erst Wahrscheinlichkeitsmodelle regionaler Inte­ grationsprozesse entwickelt werden könnten23. In welcher Weise ökonomi­ sche und soziologische Disziplinen sich hieran gemeinsam versuchen, bleibt zu erörtern (54/10). 9 bb) Der Konstitutionalismus hat ersichtlich die Anfänge der Vergemein­ schaftung bestimmt und begleitet, soweit es um die politische Kennzeich­ nung ihrer Ziele in den Verträgen und ihre Wertbestimmung jedenfalls in der Bundesrepublik ging24. Konstitutionalismus will die Verbreitung einer bestimmten Regierungsform nicht nur als förderliches Friedenselement emp­ fehlen, sondern auch als Strukturprinzip regionaler Zusammenschlüsse und damit die Föderation als ihre Gestaltform. Hier gilt der Satz: „function follows form“, und dies unter der Vorstellung, Vergemeinschaftung verfolge das Ziel bundesstaatlicher oder ähnlicher Staatsbildung nach einer den Ver­ fassungsstrukturen und Regierungssystemen der Mitgliedstaaten homogenen Ausgestaltung. In diesem Sinne „konstitutionalistisch“ ist lange Zeit und unter den Nach­ wirkungen des Verfassungsstreites um den Wehrbeitrag gerade auch in der deutschen Lehre das Problem der strukturellen Homogenität zwischen Staats- und Gemeinschaftsverfassung erörtert worden. Obwohl als solches überwunden, wirkt es punktuell noch heute fort, so in der Vorrangfrage zwischen Gemeinschafts- und nationalem Recht und im Anspruch auf natio22 Zellentin 195; entsprechend Schwarz 417. 23 Pucbala, Entwicklung und Strukturen regionaler Integration, Integration 1970, 24 Zellentin 146, 181 (auch zum folgenden). Die Bemerkung 175 Anm. 105 a. E. („Die Europäischen Gemeinschaften wurden bei ihrer Gründung in der BRD als Durchgang zur staatlichen Souveränität und zur nationalen Wiedervereinigung pro­ pagiert“) verkennt in der Souveränitätsfrage völlig die Tragweite des Art. 24 I GG.

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nale Grundrechtsbehauptung gegenüber der Gemeinschaftsgewalt. Vor al­ lem aber wirkt es „unreflektiert“ fort im Postulat gerade parlamentarischdemokratischer Legitimierungsformen für die Organe der Gemeinschaften und ihre Willensbildung. Art. 138 III EWGV bildet hierfür den gemeinschaftsrechtlichen „Leertitel“. Die konstitutionalistische Methode fügt sich für das Endstadium der Inte­ gration in den angeblich unausweichlichen Zwang einer Föderalgestaltung der Gemeinschaft. Sie drängt auf tunliche Zeitbeschleunigung und Phasen­ verdichtung ohne kritische Vorprüfung ihrer außerrechtlichen Voraussetzun­ gen. Damit verkennt sie einen spezifischen Zug der Vergemeinschaftung und ihrer Verfassung, denn: Vergemeinschaftung ist ein grundsätzlich offe­ nes System25. Es stellt sich sowohl in seiner eigenen Wirkungskraft wie auch unter der Mitwirkung und dem Einfluß seiner Mitgliedstaaten künftigen Entwicklungen weit aufgeschlossener und zugänglicher dar als das Verfas­ sungssystem des insoweit immer noch „geschlossenen“ Nationalstaates. Konstitutionalismus ist schon deshalb eine der Vergemeinschaftung weniger adäquate Methode politischer Theorie. Denn sie wirkt per se konservie­ rend, und sie entbehrt des notwendig dynamischen Gehalts, den eine neuen Bedürfnissen und Aufgaben entsprechende Fortschrittlichkeit für die Legi­ timation von Entscheidungsträgern und ihr Entscheidungsverfahren verlangt. 10 d) Methoden der Analyse — diese als Voraussetzung und Grundlage aller auch verfassungspolitisch für relevant erachteten Prognostik und des­ halb für den insoweit unzuständigen Juristen unentbehrlich — sind für die europäische Integration zwar auch in ihren Mitgliedstaaten26, vornehmlich aber in den amerikanischen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften entwickelt und erprobt worden. Damit wurden wirtschaftliche und gesellschaftliche Pro­ zesse nicht nur als mit der politischen Integration korrespondierend durch­ leuchtet27. Die Deutung ihres Verlaufs und ihrer Richtung wurde zugleich zur Bestimmung des politischen Integrationsstandes und möglichen -fortschrittes nutzbar gemacht. Allerdings haben diese übergreifenden Analysen­ vergleiche auch Differenzen zwischen den Integrationszielen und ihrer Be­ wertung sowie über den „Stellenwert“ der Wirtschaftsintegration in einer europäischen Gemeinschaftspolitik sichtbar gemacht28, deren Unterdrückung und Verschweigung nur Schaden anrichtet. 25 Heinrich Schneider, Integration 1969, 35 unter Bezugnahme auf Hermann Heller, Staatslehre (1934) 55. 26 Beispielhaft: La décision dans les Communautés européennes. Grands collo­ ques européens de l’Association pour le développement de la science politique européenne (ADESPE), organisé par l’Institut d’Études politiques de Lyon (Novem­ ber 1966) (1969). 27 Schwarz Fs Eschenburg 383. 28 Daraus zieht Heinrich Schneider, Integration 1969, 27 die zutreffende Folge­ rung, die Vorstellungen der beteiligten Disziplinen über wirtschaftliche und politi­ sche Integration bedürften schon begrifflich vorgängiger Abstimmung. Dem dient hier die Befassung mit den Zielen (54/13 ff.) und der Sache (54/37 ff.) der Ver­ gemeinschaftung.

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Auf die Darstellungen und Anwendungen der amerikanischen Theorie kann nur verwiesen werden, um ihre verfassungspolitische Verwertbarkeit zu überprüfen, zumal sie sich teilweise auf ein weiteres Feld internationaler, auch intersystemarer Beziehungen erstrecken. So ist z. B. die Skala der von Karl W. Deutsch und seiner Schule verwendeten Ansätze und Mittel über­ aus breit: sie reicht von theoretischen Bezugsrahmen und Hypothesen, die mit Hilfe von Testverfahren, Datenermittlung oder qualitativen Beschrei­ bungen überprüft werden, bis zu Auseinandersetzungen um ihre Auslegung und Auswertung mit dem Ziel, vorausgeschätzte Integrationsabläufe zu be­ stimmen und ihre Resultate als politische Entscheidungshilfen anzubieten. Es muß dabei in der Beurteilungszuständigkeit nicht-juristischer Disziplinen verbleiben, Aussagekraft und Zuverlässigkeit etwa von Eliteninterviews, Repräsentativumfragen, Pressekommentaren o. dgl. zu bemessen. Für eine verfassungspolitische Theorie können allenfalls ihre Resultate zur Kenntnis genommen werden. Ob und wie sie relevant erscheinen, bleibt dann verfas­ sungspolitisch zu verantworten. Entsprechendes gilt von der Relevanz be­ stimmter Transaktionen (Touristenverkehr, Studentenaustausch, Briefver­ kehr usw.). Mit Güteraustausch, Kapitalverkehr, Binnenwanderung, Han­ delsverflechtung, Außenhandelsanteil, Bruttosozialprodukt bieten sich Meß­ zahlen und Meßinstrumente an, deren Zusammenfassung in einen Index of relative acceptance (RA-Index)29 Schlüsse auf Stand und Tendenzen des nicht nur wirtschaftlichen Integrationsprozesses gestattet. Diese diagnosti­ schen Mittel der Wirtschaftswissenschaften erscheinen verfassungspolitischer Bewertung eher eingängig als solche der engeren Sozialwissenschaften. Denn sie kommen dem juristischen Bedürfnis nach Berechenbarkeit und Überprüf­ barkeit entgegen. Den Bewertungs- und Erkenntniszielen einer Gemeinschaftslehre und einer Verfassungspolitik der Gemeinschaften kommen insbesondere auch solche Methoden näher, die aus ökonomischen Daten und Messungen auf Einzel­ züge und Elemente des Integrationsprozesses zu schließen versuchen. Das geschieht etwa, wenn aus der unterschiedlichen Disposition über Mittel des Bruttosozialprodukts mit H ilfe der Steuer- und Etathoheit der Mitglied­ staaten oder der Gemeinschaften auf die Kompetenzverteilung zwisdien nationalen und supranationalen Entscheidungs- und Kontrollinstanzen ge­ schlossen wird — und dies im Vergleich zur Ausnutzungsintensität vertrag­ lich stipulierter Handlungsermächtigungen oder Nationalvorbehalte. Ent­ sprechendes gelingt methodisch zulänglich beim Vergleich der Einzelsektoren praktischer Politik und der zu ihrer Wahrnehmung unterscheidbaren Zu­ ständigkeiten. 29 Dies eine auf Deutsch zurückgehende Formel, mit deren Hilfe dieser und seine Schule geringere Integrationswirkungen glauben feststellen zu müssen als etwa ledig­ lich an Hand der überkommenen Handelsstatistiken; hierzu: Heinrich Schneider, Integration 1969, 26; Rittberger PolVJSchr 1970, 346 ff. — Das Beispiel einer aus

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In dieser Weise verfahren Lindberg und Scheingold in „Europe’s wouldbe polity“ (1970), und zwar zusätzlich zu politologisch-soziologischen Me­ thoden der Bewußtseins-Diagnose der Marktbürger in ihrem Verhältnis zur Gemeinschaft, zum Nationalstaat und in ihrer Konsentierungsbereitschaft. Sie ermitteln derart Einsichten30 in Fortentwicklungen der Integration im Vertragsrahmen, in Integrationsrückschritte, in nur statisch-administrative Ausfüllung erreichter Integrationsstände, in Rückentwicklungen dieses Stan­ des unter Verletzung von Vertragsregeln oder Zielen sowie in das Auftreten qualitativ neuer Integrationsimpulse ohne bereits getroffene Vertragsent­ scheidungen. Solche Einsichten ermöglichen eine verfassungspolitisch erwä­ genswerte Bewertung der Vertragsanwendung, der Sekundärrechtsetzung, der Rechtsprechung, der Entscheidungspraxis und Verhaltensweisen von Rat und Kommission. In dieser Methode durchgeführte Fallstudien31 zur Agrarund Verkehrspolitik, zur Zollunion, zum Energie-(Kohle-)Sektor und zu den einschlägigen Krisenerscheinungen sind geeignet, die Vertragsgestaltun­ gen rechtspolitisch in ihrer Eignung oder Revisionsbedürftigkeit zu über­ prüfen. Mit der Infragestellung eines „permissive consensus“32, also einer zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Vergemeinschaftung im Bewußt­ sein der Betroffenen und der politischen Träger erforderlichen Bereit­ schaftshaltung, greift die sozio-ökonomische Methode, die diesen consensus zu ergründen sucht, auf die Verfassungsfrage des adäquaten Konsentierungsverfahrens über (54/100 ff.).

2. P ersp e k tive y i u n d P ro g n o s e n

In einer Kritik33 an der von Karl W. Deutsch geführten Integrationstheo­ rie und ihren Methoden heißt es abschließend, es wäre wissenschaftlich reizDaten der Wirtschaftsintegration gewonnenen Diagnose der Krisenlage der Gemein­ schaften zum Zweck juristischer Auslegungsfolgerungen über ihre Struktur und Dauerhaftigkeit hat K a i s e r , Das Europarecht in der Krise der Gemeinschaften, EuR 1966, 5 ff. gegeben. 30 Dabei operieren L i n d b e r g - S c h e i n g o l d (vgl. die Figur 4.3. The European Com­ munity Political System, S. 1 1 3 ) mit der Formel S. 1 1 4 : ds = f [S + Su) (dD -f dL)] + en, in der d = Veränderung, f = Funktion, S = System, Su = System­ unterstützung, D = Anforderung, L = Führerschaft, en = genereller Irrtums­ faktor bedeuten. Mit ihrer Hilfe wird versucht, in politischen Entscheidungsabläu­ fen aus dem „input“ politischer Anforderungen, politischer Unterstützung und Füh­ rung, dem Einsatz von Kompetenzbereichen und institutioneilen Befugnissen Ent­ scheidungsresultate zu ermitteln, die sich aus dem Zusammenwirken dieser Faktoren als „output“ ergeben. Diese Entscheidungsergebnisse werden näher bestimmt, und zwar danach, ob sie die Erfüllung grundlegender Vertragspflichten darstellen, sol­ che abbauen oder überziehen. Dabei erkennbare kreative Fortentwicklungen der Integration über grundlegende Vertragspflichten hinaus würden Paradcbeispiele des neofunktionalistischen Modells bilden; Verpflichtungsabbau durch Nichterfüllung bedeutet Integrationsrückschritt, Vertragserfüllung im nur noch administrativen Vollzug entspricht gleichgewichtiger Stabilität und wird der Integration als Prozeß bereits nicht mehr gerecht. 31 L i n d b e r g - S c h e i n g o l d 1 4 1 , 1 8 2 . 32 L i n d b e r g - S c h e i n g o l d 249. 33 R i t t b e r g e r PolVJSchr 1970, 342.

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voller gewesen, wenn er „eine unabhängige Meßkategorie für Integration entwickelt und diese dann, über eine längere Zeitspanne, in Beziehung zu RA-Indexwerten für verschiedene Transaktionsströme ebenso wie zu Wer­ ten, die die Interdependenz der Mitgliedstaaten ausdrücken, gesetzt hätte. Da vermutlich durch Transaktionen konstituierte Interdependenz und Dis­ kontinuität nicht ausreichen, um allein ein großes Maß an Varianz in der Integrationsvariablen zu erklären, wäre es ratsam, noch den Aspekt der Homogenität und Gleichheit, insbesondere bezüglich des Machtpotentials und des sozioökonomischen Entwicklungsstandes der Mitgliedstaaten, sowie den Grad der politisch-ideologischen Übereinstimmung unter den nationalen Führungsgruppen als zusätzliche erklärende Variablen einzuführen“. 11 a) Wer diese Methodenkritik und -empfehlung zur Integrationsana­ lyse34 hört, Analyse als Voraussetzung jeder Perspektive und Prognose er­ kennt und überdies die Gefahrenquellen richtig einschätzt, die im Gedanken­ schluß von Analyse zu Prognose liegen, wird die Verwertungsgrenzen jeder Perspektive und ihrer verfassungspolitischen Einsatzfähigkeit evident nen­ nen müssen. Kritische Zurückhaltung ist geboten und mit Redit wiederholt gefordert worden, und dies nicht nur (was allein hier interessiert) gegen­ über ihrer denkbaren Zuverlässigkeit und Verwertbarkeit für die Gemein­ schaftstheorie und ihre Verfassungspolitik. Skepsis stellt sich um so mehr auch ein, je länger der Zeitraum einer für verfassungspolitische Erwägungen verwertbaren Prognostik bemessen wird. Der Plan der Wirtschafts- und Währungsunion mißt mit einem Zeitraum von zehn Jahren. Das geht wirt­ schaftspolitisch über das Maß mittelfristiger Orientierung bereits hinaus, für deren Integrationsschritte Deutsch35 mit drei bis fünf Jahren einsetzt und zehn Jahre bereits einen langfristigen Prozeß nennt. Perspektiven der Ver­ fassungspolitik möchten und sollten mit größeren Zeitmaßen rechnen. Sie sehen sich in der zunächst als Wirtschaftsintegration fungierenden Ver­ gemeinschaftung aber kürzeren Phasen gegenüber, deren Ablauf und Aus­ wirkung ihrerseits erst Raum geben für die Normierung neuer, adäquater Zuständigkeiten und Entscheidungsverfahren. So ist die schrittweise Aus­ stattung des Parlaments mit Budgetbefugnissen im Haushaltsvertrag eines Jahrzehnts eine Seite, die Frage ihrer institutionellen Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Parlaments im Verfassungssystem der Gemeinschaf­ ten die andere Seite dieses Prozesses. Daraus ist zu folgern: wirtschaftsund sozialwissenschaftliche Perspektiven vermögen in ihren Zeitmaßen den 34 Ganz entsprechend kritisiert Warneckey Integration 1971, 1 ff . an amerikani­ schen Intcgrationstheorien, daß sie ahistorisch und apolitisch verknüpfte Funktions­ und Strukturbegriffe zur Beschreibung von Integrationsprozessen verwenden. Er fordert deshalb spezifische historische Inbeziehungnahme, und dies insbesondere auch zur Außenpolitik der Staaten, die ihrerseits integrationserheblich zu sein ver­ möge. 35 Vgl. den Bericht von Handley, Integration 1970, 321 über das Genfer Kol­ loquium vom 20. 6. 1970.

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prognostischen Bedarf verfassungspolitischer Gemeinschaftstheorie kaum be­ friedigend zu decken, und das wiederum nötigt zur Zurückhaltung in ihrer Verwertbarkeit. Wissenschaftlich liegt deshalb in der Tat nahe, was Katha­ rina Fockeu für mögliche europäische Optionen nach Den Haag festgestellt hat: „Es dürfte heute überhaupt verfrüht sein, mitten in einem dynamischen Entwicklungsprozeß der Gemeinschaft zu beschreiben oder festzulegen, wie sie in einem Endstadium — wenn es überhaupt ein Endstadium gibt — ein­ mal auszusehen habe.“ Indes: dem Politiker wird damit nicht die Passivität anempfohlen3637, und eine wissenschaftliche Gemeinschaftstheorie wird damit auch nicht der Aufgabe ledig, wenigstens die nächst überschaubaren Phasen der Entwicklung vorzudenken. 12 b) Ob Intuition, politischer Instinkt oder Ideologie bessere Motivatio­ nen und Triebkräfte einer Gemeinschaftspolitik liefern mögen, ist hier schwerlich zu erörtern. Für eine nach Rechts gest alt ung fragende Gemein­ schaftslehre und Verfassungspolitik verdient aber zweifellos jede Methode den Vorzug, die Erkenntnisse ohne Angewiesenheit auf solche Motivationen und Triebkräfte vermittelt — mag es sich nun letztlich als von Nutzen oder von Schaden erweisen, daß politische Gestaltung in aller Regel ohne sie nicht stattzufinden pflegt. In dieser Lage kann und darf eine Theorie der Gemeinschaftspolitik auch auf nur spärlichste Einsichten nicht verzichten, die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften selbst in anfechtbarer Methodik aus Integrationsanalysen für Perspektiven und Prognosen anzubieten ver­ mögen. Vorbehalte erleidet zwar jede interdisziplinäre Betrachtung. Sie ver­ trägt sie aber auch, weil jeder Verzicht auf eine „integrierte“ Gemein­ schaftslehre Anregungen und Kontrollen ausschlägt, die mindestens geprüft werden müssen. Das gilt z. B., wie zutreffend bemerkt worden ist38, für den Ansatz von Ernst Haas und Scbeuners Präföderalität der Gemeinschaften, für Lindbergs Funktionalismus-Kategorien und die hier den Gemeinschaf­ ten zugedachte Modellierung als Zweckverbände (8/27, 54/125). Jedenfalls trägt solche Modellvergleichung zwischen den Disziplinen dazu bei, eine „Entideologisierung der Forschungsansätze“ zu befördern — und das wäre schon Ertrag genug.

I I . D a s Z ie l 1. G e m e in sc h a ftszie le u n d S ta a ts z w e c k e

13 a) Die vertraglichen Rechtsgrundlagen der Vergemeinschaftung (28/1 bis 11) bestimmen ihre Zielsetzungen, ihre Aufgaben und die zur Zielver36 Europa-Politik nach Den Haag. Neubeginn in der europäischen Integration?, EA 1970, 278. 37 Das bemerkt Jansen, Integration 1970, 213 Anm. 20 hierzu mit vollem Recht. 38 Von Heinrich Schneider, Integration 1969, 35.

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Das Ziel

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wirklichung in der Aufgabenerfüllung einsetzbaren Mittel. „Ziele“ und „Aufgaben“ dieser Regelungen erfassen verschiedene Aspekte desselben Ge­ genstandes. Deshalb erlauben sie insgesamt Schlüsse auf die Komplexität des von den Verträgen begriffenen „Ziels“ der Integration an sich. Diese nor­ mierte „Zielbestimmung“ ist den in den Vertragspräambeln enthaltenen Aussagen über die zugedachte Zielsetzung zuzuordnen. Im EWGV erweist sich danach die Zielbestimmung der Wirtschaftsinte­ gration als Prozeß zum engeren Zusammenschluß der Völker, zur Förde­ rung ihrer Wohlfahrt, ihrer Freiheit und des Friedens. Der EAGV erstrebt mit seiner Zielnormierung friedlichen Fortschritt und Wohlstandsförderung der Völker. Dem EGKSV gilt die Vergemeinschaftung der Grundstoffindu­ strien als Beitrag eines organisierten Europa zur Weltfriedenssicherung, zur Wohlstandsförderung und als „erster Grundstein“ institutioneller Grund­ lagen einer weiteren und vertieften Gemeinschaft bislang entzweiter und rivalisierender Völker. Im Ziel-Zugriff der Präambeln bleiben die Römischen Verträge damit hinter dem Ansatz des EGKSV zurück, der in der organisierten Vertiefung der Gemeinschaft selbst sogar eine Richtungsweisung für ein den Gemein­ schaftsvölkern „gemeinsames Schicksal“ zu sehen glaubt. 14 b) Die Präambeldiktion der Verträge steht dem überlieferten Stil staatlicher Verfassungen in Wortwahl und Pathos nicht nach. Mit dem nüchternen Normengehalt der institutionellen und Verfahrensregelungen der Wirtschaftsintegration ist sie kaum zu vereinbaren. Der Zielgehalt der Präambeln ist aber auch sachlich unergiebig, soweit er anderes als Wohl­ stands-Fortschritt und Freiheit postuliert oder verheißt. Denn insoweit wie­ derholt er nur, was Wirtschaftsintegration nach Art der Verträge bewirkt: den Ausschluß nicht-friedlicher Mittelanwendung unter den Mitgliedstaaten, damit Sicherung des Binnen-Friedens der Gemeinschaften, soweit eben Ver­ träge dies zu tun vermögen. Ob die europäische Integration zur Weltfrie­ denssicherung beizutragen vermag, liegt außerhalb ihres Konzeptionsbereichs jedenfalls, soweit es um gemeinschaftszuständige Zielsetzung geht. Allein die Präambelvorstellung nach Art des EGKSV (vom organisierten Europa und einer Erweiterung und Vertiefung der Gemeinschaft durch weitere Institutionalisierung) liegt im Bereich eigener gemeinschaftspolitischer Ent­ wicklung. Daß die nachfolgenden Römisdien Verträge insoweit unverbind­ licher präambulieren, kann von skeptischer Einsicht ebenso zeugen wie von der politischen Konstellation zur Zeit des Vertragsschlusses. 15 c) Werden die Gemeinschaften als Mittel der von den Völkern der Mitgliedstaaten verfolgten Ziele und Zwecke, also instrumental begriffen, so proklamieren die Verträge und ihre Präambeln gleichwohl keine auf die Auflösung der Staaten gerichteten Ziele. Gemeinschafts-Instrumentalisie­ rung erscheint danach, soweit die Verträge sprechen, jedenfalls nicht, wie der liberalen Theorie zugedacht und der marxistischen Lehre wesentlich, als

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„Schritt auf einem Wege, durch dessen Beschreiten sich die Menschen der Staatlichkeit ihres Zusammenlebens überhaupt zu entledigen hoffen"39. An­ dererseits folgt aus dem instrumentalen Verständnis der Vergemeinschaf­ tung, daß sie einer Ziel- und Zweckbestimmung selbstverständlich nicht ent­ behren kann: selbst wenn es zutrifft40, daß Staat und Staatlichkeit der Zielund Zweckbestimmung unzugänglich sind, weil sie jedweder Aufgabe und Lage gerecht werden müssen, sind die Gemeinschaften zielbedürftig und ihrer Funktion entsprechend zielgebunden. Denn sie sind Einzel- oder Mehrzweck-Verbände, nicht Allzweck-Verbände, wie die Staaten noch ausschließ­ licher Zuständigkeit. In dieser Einsicht liegt auch die Bestätigung dafür, daß Wohlstands-Förderung und -Fortschritt, Freiheit und Friedenssicherung, wie die Vertragspräambeln sie umschreiben, keine geeigneten und adäquaten Zielbestimmungen gerade der Vergemeinschaftung zum Ausdruck bringen. Denn sie unterscheiden sich in nichts von denkbarer Staatszweckbestimmung. Dabei wird nicht übersehen, daß die Disposition über Leistung und Zutei­ lung gerade in der modernen Industriegesellschaft denjenigen anziehend macht, der sie besitzt — weshalb die Staaten ihre eigene Erhaltung fördern, indem sie und solange sie disponieren, und sie in Frage stellen, wenn sie die Disposition an die Gemeinschaften abtreten41. Aber gleichviel, wo disponiert wird: das Ziel der Aufgabenwahrnehmung bleibt dasselbe. 16 d) Es gibt viele Erwägungen, der europäischen Integration ein Endziel zu setzen: die Herstellung eines europäischen „Nationalismus“, eines euro­ päischen Machtzentrums innerhalb der Weltpolitik, eines ökonomisch ratio­ nal perfekten Funktionsapparates oder — nach Art einer noch nicht ge­ schriebenen Integrationsphilosophie — einer Institution zu optimal gesicher­ ter menschenwürdiger Lebensführung42. Das alles sind außervertragliche, allenfalls verfassungspolitische Spekulationen oder Entwürfe. Bislang er­ schöpft sich das Gemeinschaftsziel nämlich in der Einsetzung von Institu­ tionen und der Ingangsetzung von Verfahren43 zu optimaler Wahrnehmung nicht-mehr-staatlicher öffentlicher Aufgaben im weitesten Bereich des Wirt­ schaftlichen. Andere Ziele, die der Gemeinschaft verfolgbar erscheinen, kön­ nen nur die ihrer Staaten sein, die von ihren Institutionen und in ihren Verfahren aber nicht mehr zulänglich erreichbar sind. Nicht die öffentliche Aufgabe als solche also mutiert in der Integration, sondern die A rt ihrer Wahrnehmung. Ob empirische Politologie oder philosophische Politik-Theorie eine Ge­ meinschafts-Ziellehre zu entwickeln vermögen, die den Gemeinschaften 89 H e r b e r t K r ü g e r , Allgemeine Staatslehre 2. Aufl. (1966) 197. 40 So H e r b e r t K r ü g e r 256. 41 S c h w a r z Fs Eschenburg 307. 42 H e in r ic h S c h n e id e r , Integration 1969, 43; S c h w a r z Fs Eschenburg 428: „ab­ solute immaterielle Werte“. 43 D e u ts c h spricht — ganz ungegenständlich — von der „Entwicklung neuer Steuerungsmechanismen für die Regierungstätigkeit“ ; vgl. den Tagungsbericht von H a n d l e y y Integration 1970, 321.

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Eigenwert beimißt, steht dahin. Hier findet solche Entwicklung jedenfalls nicht statt. Die Verträge, die die gegenwärtige Integration tragen, können in ihrem Zielgehalt einstweilen nur begriffen werden als Instrumental-Nor­ mierungen zur besseren Erfüllung staatlich nicht mehr wahrnehmbarer öffentlicher Aufgaben44.

2. Z ie ls c h r itte 17 a) Die Organisation der Staaten der Industriegesellsdiaft, die die Ge­ meinschaften bilden, ist überfordert. Sie stehen vor der Alternative, ihre Staatlichkeit zu vermindern oder sich im Bereich des Organisatorisch-Funk­ tionellen zu ändern45. Die Vergemeinschaftung, die sie eingegangen sind, stellt eindeutig eine Entscheidung im Änderungs-Sinne dar: die Integration soll die Stabilisierung der Ordnung, die der Leistungsstaat gewährleistet, in den Integrations-Institutionen und -Verfahren besser darbieten als natio­ nale Wahrnehmung dies noch vermöchte. Ob das gelungen ist und weiterhin gelingen wird, hängt heute davon ab, ob die Voraussetzungen zur Aufrich­ tung der Wirtschafts- und Währungsunion erfüllt und die für ihre Verwirk­ lichung im nächsten Jahrzehnt erforderlichen Maßnahmen geschaffen wer­ den. Im Sinne jener Änderungs-Entscheidung ist es nur logisch, daß der Werner-Bericht sich in der Zielbeschreibung der Wirtschafts- und Währungs­ union mit dem Satz begnügt: „Sie soll es ermöglichen, Wachstum und Stabi­ lität in der Gemeinschaft zu sichern, den Beitrag der Gemeinschaft zum wirtschaftlichen und monetären Gleichgewicht in der Welt zu verstärken und aus der Gemeinschaft einen Stabilitätsblock zu machen.“46 Das so um­ schriebene nächste Gemeinschaftsziel erfordert bestimmte institutioneile und 44 Dazu einerseits H e i n r i c h S c h n e i d e r , Integration S c h w a r z Fs Eschenburg 427. 45 E s c h e n b e r g e r , Leistungsstaat und Demokratie (1969)

1969, 44 — andererseits

14. 46 Vgl. Abschnitt A unter VII. Schlußfolgerungen im sog. Werner-Bericht v. 8. 10. 1970, EA D 544; dazu S c h w e i z e r , in: Über die Zukunft der EWG (H g. Dietz, 1971) 21. — Auf die Unumkehrbarkeit solcher Zielsetzungen nach dem „Sozial­ gesetz ckr favorisierenden Irreversibilitäten“ weist E i c h e n b e r g e r a.a.O. 15 zutref­ fend hin, wenn einflußreiche Sozialgruppen vermeintlich oder wirklich Begünsti­ gung, Erleichterung oder Schutz erlangt haben; ebenso F o r s t h o f f , Der Staat der Industriegesellschaft (1971) 34. — Zur Frage, ob „das von der Mehrheit gewollte Konsumentenparadies" human ist und gestattet, auch immaterielle menschliche Be­ dürfnisse wieder zu wecken, vgl. E i c h e n b e r g e r 15 und G e r d a Z e l l e n t i n , Regieren für eine humane Welt — Innen- und außenpolitische Prinzipien, in: Genießen — Verteilen — Regieren, Planung für eine humane Welt (1970) 173, 175. — Für H e i n z K u b y in: Europa 1970. Bilanz und Zukunft der Europapolitik, Krisen­ management oder Emanzipationsstrategie 23, 57 ff. geht es — summarisch formu­ liert — um die „radikale Veränderung des Alltags" ( 5 4 / 3 1 ) , während R u p p , Die Dogmatik des Verwaltungsrechts und die Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, DVBl. 1971, 672 meint, eine zukünftige Generation werde „die Europäischen Ge­ meinschaften mehr am Stellenwert der Verwirklichung demokratischer Ideen, denn am Ertrag wirtschafts- und preispolitischer Einigungsformeln messen". So scheiden sich die Geister!

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Verfahrensentscheidungen, die die Gemeinschaft unter Aufrüstung ihrer Organe, Kompetenzen und Kontrollen instrumental aktivieren. Aber die Gemeinschaften werden damit nicht ihrerseits in Selbstzweck-Träger ver­ wandelt, deren Zwecke und Ziele sie von denen ihrer Mitgliedstaaten unter­ scheiden. 18 b) Gegenüber dem Ziel der Verwirklichung der Wirtschafts- und Wäh­ rungsunion ist das terminierte Ziel der Fusionierung der Verträge vertagt worden (6/41). Ob der Fusionierung im hier erwogenen Zusammenhang überhaupt selbständiger Zielcharakter zukommt, ist zweifelhaft. Die Ant­ wort hängt ab von der Ausgestaltung der Fusionierung. Nur wenn sie, über eine rechtstechnische Zusammenfassung der Verträge und Verschmelzung der drei Gemeinschaften hinausgehend, sich in einem Integrationsschritt voll­ zieht, der zugleich die Entwicklung zur Wirtschafts- und Währungsunion einschließt, könnte sie ziel-relevant stattfinden. Aber auch eine fusionierte Einheits-Gemeinschaft, die die institutioneilen und verfahrensmäßigen Aus­ gestaltungen zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion auf­ weist, wird damit nicht zum Selbstzweck-Träger anderer öffentlicher Auf­ gaben, als sie den vorher hierfür ausschließlich zuständigen Mitgliedstaaten oblagen. 19 c) Die Inangriffnahme des nächsten Zielschrittes einer Wirtschafts- und Währungsunion hat nicht ausgeschlossen, daß die Mitgliedstaaten der Ge­ meinschaften in dieser ihrer Gliedstellung außerhalb wirtschaftlich bestimm­ ter Leistungsverantwortung Ansätze zur gemeinsamen Verfolgung anderer Staatsaufgaben unternommen haben. Soweit das in der Absicht einer zwar nicht gemeinschaftsimmanenten, aber mit der Gemeinschaft verknüpften und aus der Gliedstellung der Staaten erwachsenden Fortentwicklung zur „poli­ tischen Union“ geschehen ist, geht der jüngste Anstoß auf die Haager Kon­ ferenz vom Dezember 1969 zurück. Wenn Ziffer 15 des Haager SchlußCommuniqués vom Endstadium der Vereinigten Staaten von Westeuropa spricht, gehört diese Formel zur politischen Programmatik, nicht zur Rechts­ verformung. Auf Grund eines Auftrages der Außenminister hatte der unter Vorsitz des Belgiers Davignon stehende Studienausschuß Vorschläge für regelmäßige außenpolitische Konsultationen gemacht. Sie haben zum Beschluß der Außen­ ministerkonferenz in Viterbo vom 29. Mai 1970 geführt, jährlich zweimal zu Konsultationen über alle wichtigen außenpolitischen Fragen zusammen­ zutreffen. Die darüber getroffene sog. Davignon-Vereinbarung ist am 27. Oktober 1970 abgeschlossen worden. Seither haben Konsultationskonfe­ renzen regelmäßig stattgefunden47. Ebenso wie das Parlament den Zusam47 Hierzu: Probleme der europäischen Einigung (IV). Neue Entwürfe für die politische Einigung und für den Ausbau der Europäischen Gemeinschaften, EA 1970, D 519; Bericht der Außenminister (Davignon-Bericht) v. 20. 7. 1970 betr. mögliche Fortschritte auf dem Gebiet der politischen Einigung, EA 1970, D 520;

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menhang zwischen der Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion und dem Ziel der politischen Einigung hervorgehoben hat*48, wird dies im Zwei­ ten Teil Ziffern I, V und im Vierten Teil Ziffer I der Vereinbarung betont: sofern die Arbeiten der Außenminister Auswirkungen auf die Tätigkeit der Gemeinschaften haben, wird die Kommission zur Stellungnahme aufgefor­ dert, und im Hinblick auf die neuen Mitgliedstaaten wird der Zusammen­ hang zwischen der Gemeinschaftszugehörigkeit und der Beteiligung an Tätigkeiten hervorgehoben, die Fortschritte auf dem Gebiet der politischen Einigung ermöglichen sollen. Der Zielgehalt selbst des Konsultationsverfahrens ist gegenständlich nicht beschrieben. Er ist letztlich nur auf eine Intensivierung der Solidarität der Mitgliedstaaten gerichtet. Ziffer I des Zweiten Teils bezeichnet als Ziele der Zusammenarbeit, „durch regelmäßige Unterrichtung und Konsultationen eine bessere gegenseitige Verständigung über die großen Probleme der inter­ nationalen Politik zu gewährleisten, die Harmonisierung der Standpunkte, die Abstimmung der Haltung und, wo dies möglich und wünschenswert er­ scheint, ein gemeinsames Vorgehen zu begünstigen und dadurch die Solidari­ tät zu festigen“. Wegen fehlender Sachorientierung und folglich auch jeder Terminierung von Zielvorstellungen erschöpft sich dieser Schritt, bezogen auf die allgemeine Zielsetzung der Integration, in der verfahrensmäßig organisierten Bereitschaft der Mitgliedstaaten, eine Harmonisierung der Außenpolitik anzustreben und hieran Gemeinschaftsorgane zu beteiligen, soweit ihre Zuständigkeit berührt wird. Elemente einer Verzielung zur „politischen Union“ werden durch dieses Verfahren nicht geliefert. Weder gemeinschaftsvertraglich noch im Verfah­ ren selbst, das die Beteiligung der Gemeinschaftsorgane minimalisiert, wer­ den Fortschritte zur politischen Vergemeinschaftung in verfassungspolitisch relevanter Weise gesichert49. Die außenpolitische Ausschließlichkeit StaatKonsultationen der Außenminister in München am 19. 11. 1970, am 13./14. 5. 1971 in Paris, am 5. 11. 1971 in Rom; am 6. 11. 1971 wurden in Bracciano die Vertreter der Beitrittsanwärter informiert: vgl. EA 1970 Z 258, 1971 Z 119, 1971 Z 247; Bull EG 12/1971, 23; vgl. auch den ersten der jährlich der Versammlung zu erstat­ tenden Berichte über die Entwicklung der Arbeiten für die politische Einigung, Verh. d. Eur. Pari. Nr. 139, Sitzungen 7.—11. 6. 1971, 168; H a n s e n y Politische Zusammenarbeit in Westeuropa. Der neue Ansatzpunkt des Luxemburger Berichts, EA 1971, 456; S c h u m a c h e r , Les termes utilisés pour exprimer la notion de forma­ tion d’un système politique européen, RevMC 1971, 329. 48 Vgl. EA 1970, D 519. 49 H a l l s t e i n , Das freie Europa muß mit einer Stimme sprechen, in: Die Welt Nr. 85 V. 13. 4. 1971 S. 4, stellt gegenüber der Konföderations-Initiative P o m p i ­ d o u s und ihrer Plazierung innerhalb der Gemeinschaftsentwicklung fest: „Das ist im wohltuenden Gegensatz zu der Art, wie man bei der erwähnten Konsultations­ praxis der Sechs (eben auf Grund der Davignon-Vereinbarung) — nicht zuletzt auch auf Betreiben der Bundesregierung — den organischen Zusammenhang mit der Europäischen Gemeinschaft peinlich vermieden hat.“ Soweit damit das Fehlen g e m e in s c h a f t s r e c h t l i c h e r Verknüpfung gemeint ist, trifft das zweifellos zu. Im glei­ chen Sinne: C a r s t e n s , Politische Führung (1971) 263. 63

Ipsen, Eur. Gemeinschaftsrecht

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lidier Zuständigkeit bleibt unberührt. Kein vertraglich erprobtes Verfahren der Integration findet Anwendung. Auch die Abrede zur „Harmonisierung“ außenpolitischer Standpunkte ist nicht verfahrensmäßig oder institutionell vertraglich eingebunden wie Harmonisierungs-Regelungen auf anderen Ge­ bieten, die die Verträge vorsehen. Für das gedachte und vorgegebene Ziel der politischen Union, das die Haager Konferenz genannt hat, kann die Davignon-Vereinbarung deshalb kein geeignetes Instrument darstellen. Integrationspolitisch steht sie auf einer Vor- oder Unterstufe, die sich von überlieferten Methoden außenpolitischen Verkehrs zwischen Staaten letztlich kaum unterscheidet. Nicht Integration, sondern Kooperation ist die Methode. Die verabredete Regelmäßigkeit der Konsultationen und die Beteiligung von Kommission und Parlament ändern hieran im Prinzip nichts. d) Es gehört zu den Bemühungen solcher Disziplinen, die wissenschaftlich mit den Voraussetzungen und den Strategien einer europäischen Friedens­ politik befaßt sind, hierin die Rolle und die Chancen der Wirtschaftsinte­ gration zu bestimmen50. Insbesondere geht es ihnen um die Faktoren und Strukturen der Staaten der Gemeinschaften und derjenigen des COMECON als Voraussetzungen einer etwaigen intersystemaren Annäherung. Ob tech­ nische, in diesem Sinne unpolitische und funktionelle Zusammenarbeit zwi­ schen den Gemeinschaften und den Ostblockstaaten friedenspolitisch relevant sein kann, ist aus der friedenssichernden Strukturierung der Gemeinschaften selbst nicht zu entnehmen. Denn in ihnen und zwischen ihren Gliedern be­ stehen grundlegende und die wirtschaftliche Integration erst ermöglichende politische Vorentscheidungen und Homogenitäten, an denen es intersystemar gerade fehlt. Daß die UdSSR die Gemeinschaften nicht anerkannt hat, ist äußerer Ausdruck der systemaren Diskrepanz51. Zu ihrer Überwindung existieren Zielsetzungen der Gemeinschaften nicht. Das findet seine Erklärung darin, daß die Außenpolitik nicht Integrations­ gegenstand geworden ist. Ob die intersystemare Lage der Gemeinschaften im Konsultationsverfahren der Außenminister Gegenstand der Erörterung oder Entscheidung werden kann, ist Sache der großen Außenpolitik, der Frage der europäischen Sicherheitskonferenz und weltpolitischer Entwick50 Hierzu zuletzt — und im deutschen Schrifttum grundsätzlich zuerst: Gerda Zellcntin, Intersystemare Beziehungen in Europa (1970); Besprechung von Hein­ rich Schneider, Integration 1971, 61, von Ipsen HPB 19 (1971) 217. — Vgl. ferner: La paix par la recherche scientifique, Kolloquium v. 5./6. 11. 1969 des Centre de Sociologie de la Guerre (Brüssel, 1970), dort S. 151 if.: Buchmann, La recherche de la paix par le régionalisme international. 51 Hallstein hat auf der 7. Internationalen Konferenz für internationale Pro­ bleme in Rockville am 9. 10. 1971 die Auffassung vertreten, die UdSSR wolle sich die Anerkennung der EWG „als Trumpfkarte für die geplante europäische Sidierheitskonferenz aufsparen“, obwohl bilaterale Wirtschaftsbeziehungen und indirekte Bindungen über die GATT-Mitgliedschaft einiger Ostblockstaaten bereits bestün­ den. Der Aufnahme von Rechtsbeziehungen zwischen EWG und COMECON stehe im übrigen entgegen, daß die Wirtschaftsorganisation des Ostblocks kein Reditssubjekt sei: vgl. FAZ Nr. 235 v. 11 . 10. 1971, 3.

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lungen. Die Gemeinschaften selbst sind insoweit impotent. Soweit die Wirt­ schaftsintegration intersystemar friedensbewahrende Wirkungen hervorzu­ bringen vermag52, treten sie nicht ein auf Grund vertraglicher Zielbestim­ mungen oder Zielschritte. Sie können allenfalls befördert werden im tech­ nischen Ablauf der Außenhandelsbeziehungen. Da die Handelspolitik nach Art. 113 EWGV grundsätzlich einheitlicher Gemeinschaftsgestaltung unter­ liegt (46/6), ermöglicht diese Zuständigkeit intersystemare Beziehungen, die ihrerseits friedensbewahrend wirken können. Ein außenpolitisch relevantes Eigengewicht hat das Vertragsrecht dem Präambelziel der Friedens Währung in diesem Zusammenhang aber nicht zugemessen. Es erscheint auch verfas­ sungspolitisch nicht realisierbar, solange die Gemeinschaften nicht Kompe­ tenzträger der Außenpolitik sind. 3 . Z ie lb e d a r f

20 a) Vergemeinschaftung ist ein Prozeß. Obwohl die Verträge unbefri­ stet oder — wie der EGKSV mit seiner fünfzigjährigen Dauer — jedenfalls politisch ohne Zeitgrenze angelegt sind, verlautbaren sie kein Endziel des Prozesses. Was insoweit der Integration, wenn auch vertragsrechtlich unaus­ gesprochen, zugrunde gelegt, von ihrem Verlauf erwartet und erhofft, von anderen wiederum stillschweigend ausgeschlossen worden ist, zählt jedenfalls nicht zum V erfassungsgegenstand der Gemeinschaften. Auch die Präambel­ wendungen des EGKSV, die am ehesten gegenständlich genannt werden können, beschränken sich auf die Vorstellung eines organisierten Europa, einer Erweiterung und Vertiefung der Gemeinschaft, die ihrerseits hierfür eine institutioneile Grundlage bilde. Auch sie bezeichnen Prozeßelemente, kein Endziel. Die Vergemeinschaftung gegenwärtiger Rechtsverformung zeichnet also kein Leitbild als Ziel, keinen anderen formierten Zielsinn des Integrationsprozesses als eben den seines Fortganges53. Gleiches gilt auch für den Beitrittsvertrag vom 22. Januar 1972. Das entspricht einer Deutung der Integration und ihres Prozeßcharakters, die es als ihrer „Natur“ zuwider erachtet, Integrationsziele von Beginn an auf einen Endzustand irgendwie gearteter Einheit oder Formgebung auszu­ richten, weil Integration als Verfahrensweise nicht-mehr-staatlicher, gemein­ schaftlicher Entscheidungsweisen und Aufgabenerledigung eine „offene“ Ord­ nung bezweckt. Ob die Gemeinschaftsverträge, die insoweit enthaltsam sind, alsbald oder demnächst einen Zielbedarf befriedigen müssen, hängt verfassungspolitisch also davon ab, ob die Vergemeinschaftung die ihr einstweilen gesetzten Ziele ohne rechtzeitige Fixierung eines Endziels weiterhin nicht sinnvoll zu 52 Dazu die Kritik von Heinrich Schneider, Integration 1971, 67 an Gerda Zellentin, Intersystemare Beziehungen 239, 240. 53 Dazu: Heinrich Schneider, Zur politischen Theorie der Gemeinschaft, Integra­ tion 1969, 30/31 unter Bezugnahme auf Lindberg. 63 *

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verfolgen vermag. Und bei jedem weiteren Zielschritt notwendiger Vertrags­ ergänzung — wie bei der Inangriffnahme der Wirtschafts- und Währungsunion — fragt sich von neuem, ob bei seiner Rechtsverformung eine gleich­ zeitige Endzielbestimmung notwendig oder ihre Unterlassung unschädlich oder gar geboten ist. Der Sdiuman-Plan und seine Juridifizierung im EGKSV waren ebenso wie eine erste Phase der Integration von der politischen Idee einer künftigen Föderalisierung begleitet. Diese Idee gehört — wenn auch in unterschied­ licher Nuancierung — zum Arsenal immer wiederholter Aktivitäten. Der Gedanke des Endziels europäischer Bundesstaatlichkeit zählt hierzu ebenso wie der einer höchst ambivalenten Konföderations-Idee. In Situationen be­ sonderer Bedeutung für die Integration — so während der großen Krisen und zuletzt vor der Beitrittsentscheidung des Britischen Unterhauses — hat die Endziel-Bestimmung eine wesentliche Rolle in der Argumentation und der Auseinandersetzung gespielt. Damit wurde im Meinungsstreit teilweise auch unterstellt, bereits der in den Verträgen rechtsverfaßte Integrations­ prozeß präjudiziere der Endzielbestimmung, obwohl das Vertragsrecht selbst sie ersichtlich nicht hergibt. 21 b) Keiner dieser Gesichtspunkte verdient Zustimmung: weder der eines gegenwärtigen gemeinschaftsvertraglichen Endziel-Bedarfs, noch der einer in den Verträgen bereits unausgesprochen enthaltenen Endziel-Präju­ dizierung. Das geltende Vertragsrecht, seine Institutionen und Verfahren sind den vertraglich fixierten und terminierten Nahzielen selbst genügende Regelungen. Sie sind verfassungspolitischer Fortschreibung durch Vertrags­ änderung zugänglich. Für die Wirtschafts- und Währungsunion wird es sol­ cher bedürfen. Einer Fortschreibung dieser Art würde auch eine Vertrags­ verformung dessen dienen können, was die Davignon-Vereinbarung be­ zweckt. Ein Art. 113 EWGV neuer Art könnte auch die Außenpolitik zum Gegenstand haben. Eine solche Fortschreibung von Integrationszielen und -schritten erscheint verfassungspolitisch adäquat und praktikabel, ohne hin­ sichtlich des Integrations-Endzieles mehr zu verlautbaren, als dies in den geltenden Verträgen geschieht: nämlich nichts zu verlautbaren. Aufgabe der Vertragsgestaltung nächster Phasen kann nur sein, unter Berücksichtigung der jeweiligen Zielverwirklichung etwa in der Technik des Art. 8 EWGV (22116) neue Ziele und Zielschritte zu stipulieren und die für ihre Erreichung erforderlichen institutioneilen und Verfahrensentscheidungen zu treffen. Jedenfalls heute — in dem Zeitpunkt, in dem die Wirtschafts- und Wäh­ rungsunion im Rahmen eines auf zehn Jahre bemessenen Integrationsschrit­ tes noch der Rechtsverformung bedarf und auf dem Gebiet der Außenpoli­ tik eine vertragsimmanente Zielsetzung noch nicht in Frage steht — ist ein vertragsrechtlich zu fixierender Endziel-Bedarf verfassungspolitisch nicht an­ zuerkennen. Schon 1960 ist die These vertreten worden: „Die europäische Integration entwickelt sich in Richtung auf verschiedene Einheiten, und so

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kann es für lange Zeiten weitergehen. Über das Endergebnis kann man nur Vermutungen anstellen; aber es mag nicht ganz abwegig sein, die Entstehung einer bislang unbekannten pluralistischen politischen Struktur vorherzu­ sagen. Eine derartige Struktur könnte den beteiligten Nationen sehr wohl gestatten, ihre Identität zu einem hohen Grade aufrechtzuerhalten, während sie gleichwohl in Organisationen zusammengeschlossen sind, die die natio­ nale Ebene transzendieren.“54 Das mag, das kann so sein und so werden. Es kann auch anders werden. Integration prozediert, und der Prozeß der Wirtschaftsintegration, der jetzt gerade zwei Jahrzehnte andauert, füllt in der Relation zu historischen Staatsbildungs- und Umformungsprozessen bislang erst einen minimalen Zeitraum. Aus diesem Grunde und wegen der beispiellosen Besonderheit ihres Vorganges spricht alles für die Offenhaltung ihres Endziels, für die einstweilige Enthaltsamkeit gegenüber einer jeden präjudizierenden Fixie­ rung eines solchen. Adäquat erscheint deshalb eine dialektische Verfassungs­ politik. Sie vollziehe sich im Wechsel zwischen nächst anliegender Zielbestim­ mung, Bereitstellung hierfür adäquater Institutionen und Verfahren, Ziel­ verwirklichung, Zielerneuerung und neuer Instrumentalisierung, bis letztlich eine Zielerneuerung in der Endzielbestimmung oder der Feststellung seiner Erreichung bestehen mag, wenn — so die EGKSV-Präambel — die Inte­ gration Grundlagen geschaffen haben wird, „die einem nunmehr allen ge­ meinsamen Schicksal die Richtung weisen können“. 22 c) Einer Verfassungspolitik, die außerhalb und jenseits der Aufgabe rechtlicher Gestaltung betrieben wird — ob von Politikern, Politologen, Publizisten oder wem sonst auch immer —, bleibt die Frage der Endziel­ bestimmung selbstverständlich überantwortet. Dazu ist hier aber nichts bei­ zutragen. Nur soweit die Frage der endlichen Gestaltform der Gemeinschaft als Einheits- und Strukturproblem ansteht, bleibt ihre Erörterung auch ein Anliegen juristisch engagierter Verfassungspolitik (54/118 ff.).

111.

D ie M en sch en

1. G e m e in s c h a ft o h n e G e m e in s c h a fts v o lk

23 Das Gemeinschaftsrecht verbreitert und erweitert die Gleichheit des Menschen in der Gemeinschaft gegenüber der öffentlichen Gewalt. Es för­ dert die Gleichbehandlung des ausländischen Marktbürgers mit dem Staats­ angehörigen des Mitgliedstaates. Gleichzeitig verbreitert und erweitert es 54 An diese These von Schocking und Anderson, Observations on the European Integration Process, Journal of Conflict Resolution 4 (1966) 388 hat Heinrich Schneider wiederholt (Integration 1969, 30/31; 1971, 68) und zutreffend erinnert. Sie ist auch heute noch begründet und für die „offene“ Vergemeinschaftung ver­ fassungspolitisch maßgebend.

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damit die Freiheit des Menschen in der Gemeinschaft, indem es freiheits­ hinderliche Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten niederlegt. Freizügigkeit und Freiheit der Arbeitnehmer sind die das Individuum am unmittelbarsten berührenden Auswirkungen dieser Art. Die anderen Freiheiten des Gemein­ samen Marktes und der Gleichheitssatz des Art. 7 EWGV erstrecken diese Wirkungen in weite Bereiche der Teilnahme an der Wirtschaft. Der Schutz der Gleichheit und der Freiheit im ökonomischen Bereich, den der Nationalstaat zu gewährleisten sucht, um gesellschaftliche Ungleichhei­ ten zu begrenzen und ihren Mißbräuchen zu wehren55, ist im Rahmen der Übertragung staatlicher Hoheitsrechte der öffentlichen Gemeinschaftsord­ nung überantwortet worden. Dadurch hat die Zuordnung von Staat und Gesellschaft, wegen der wachsenden Verflechtung staatlicher Funktionen mit gesellschaftlichen Abläufen in ihrer Unterscheidbarkeit in Frage gestellt, in der integrierten Ebene der mitgliedstaatlichen Vergemeinschaftung keine Veränderung erfahren. Denn der Marktbürger bleibt primär Glied der Ge­ sellschaft seines staatlichen Verbandes. Die Integration hat in ihrer normier­ ten Zielsetzung und Ausgestaltung keine gesellschaftliche Dimension56. Dem entspricht ihre geltende Rechtsverformung: die Menschen in der Gemein­ schaft sind weiterhin Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, ihre Gruppie­ rungen politischer Teilhabe weiterhin solche staatlicher Teilhabe, ihre Inter­ essen, Verhaltensweisen und Bewußtseinsgehalte solche, die auf das gesell­ schaftliche Leben in Staaten ausgerichtet sind, nicht auf die Gemeinschaft und die Willensbildung ihrer Organe, die Formierung öffentlichen Gemein­ schaftsinteresses, die Konsentierung öffentlicher Gemeinschaftsgewalt. Es trifft diesen Sachverhalt, wenn Art. 137 EWGV die Versammlung „aus Ver­ tretern der Völker der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten“ bestehend nennt. Zwar wird dem ausländischen Marktbürger im fremden Mitgliedstaat eine Stellung vermittelt, die ihn von der Geltung des aus Staatshoheit wir­ kenden Fremdenrechts ausnimmt. Er überwindet in seiner ökonomischen Funktion die Geschlossenheit des mitgliedstaatlichen, auf Staatsangehörig55 F o r s t h o f f , Der Staat der Industriegesellschaft (1971) 22. 56 Dazu: S c h w a r z Fs Eschenburg 414 unter Hinweis auf E r n s t B . H a a s , The Uniting of Europe (1958), „der den Blick auf die gesellschaftliche Dimension politi­ scher Integration gelenkt“ habe. Der Vorhalt mangelnder gesellschaftlicher Dimen­ sionierung der Integration hat — und dies eindeutig kritisch, wenn nidit feind­ selig — seine neue, g e s e l l s c h a f t s p o l i t i s c h e Zuspitzung erfahren, seitdem das Postulat der Demokratisierung im gesellschaftlichen Bereich zum „zielstrebigen Abbau der Privilegien auf allen Gebieten“ ( W . B r a n d t ) verfolgt wird; vgl. dazu (beispielhaft) einerseits: A g n o l i und B r ü c k n e r , Die Transformation der Demokratie (1967), ande­ rerseits: V. S c h r e n c k - N o t z i n g , Demokratisierung. Konfrontation mit der Wirklich­ keit (1972) . Speziell zur Wirtschaftsintegration ist aufschlußreich in diesem Zu­ sammenhang: Europa 1970. Bilanz und Zukunft der Europapolitik. Krisenmanage­ ment oder Emanzipationsstrategie. Neunzehntes Europäisches Gespräch (i. A. des DGB hgg. von K a r l B r a u k m a n n ), dort insbes. das Referat von H e i n z K u b y 23—44, 57—77.

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keit fußenden Anspruchs auf Bestimmung dessen, was für den Mitgliedstaat Nation bedeutet (9/140). Indes: die gemeinschaftsrechtliche Veränderung des Status der Staatsangehörigen im anderen Mitgliedstaat und die Muta­ tion aller Staatsangehörigen aller Mitgliedstaaten in Marktbürger vermag mit Mitteln des geltenden Gemeinschaftsrechts nichts zu ändern an der grundsätzlichen Zuordnung der Gesellschaft in den Gemeinschaftsstaaten zu diesen, und schon gar nicht im Sinne einer Formierung einer GemeinschaftsGesellschaft im Verhältnis zur Gemeinschaft, also imSinne einer gesellschaft­ lich integrierenden Europäisierung. Ob in der Folge gemeinschaftsrechtlicher Gleichheits- und Freiheitsverbürgung auch gesellschaftliche Bezüge und Strukturen europäisch integriert werden, ist mit den Mitteln rechtlicher Er­ kenntnis schwerlich zu bestimmen oder vorherzusagen. Disziplinen der Sozialwissenschaften sind insoweit um Aufklärung bemüht. Ihre Resultate können für rechtspolitische Folgerungen relevant werden, so auch in der Frage institutioneller Fortentwicklung der Versammlung, ihrer Wahl, ihrer Aufgabenausstattung (54/112— 114).

2. G ruppeninteressen und G ruppenorganisation

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In den für die Integration wesentlichen verfassungspolitischen Anlie­ gen kommt es weniger auf das Individuum und sein Einzelinteresse als viel­ mehr auf die Interessenlage von Gruppen und ihre Formierung, also auf Gruppenorganisation an. Ein Gesellschaftsmodell, das auf der „Addierung von Individuen“ beruht, entspricht nicht mehr der Erkenntnis, „daß heute die meisten Menschen in ihrem Bewußtsein der Gesellschaft nicht mehr un­ mittelbar, sondern nur noch auf dem Umwege über Gruppen- und Ver­ bandsbildungen angehören“57. Ein Integrationsprozeß, der primär die Sache „Wirtschaft“ zum Gegenstände hat und die Menschen als Teilhaber wirt­ schaftlicher Vorgänge erfaßt (54I38)y muß mit einem solchen Gruppen-Gesellschaftsmodell um so zwangsläufiger rechnen, als das ökonomische Inter­ esse in der modernen Industriegesellschaft per se und vorrangig gruppen­ orientierend und gruppenstiftend wirksam ist. Nach diesen Maßstäben kön­ nen die in den Mitgliedstaaten existenten Gruppierungen der Menschen in ihren Interessen und ihrem Organisationsstande integrationspolitisch unter­ schiedlich umschrieben und bewertet werden. 25 a) Dabei mag die höchste und primär existente Gruppierung der Men­ schen in der Gemeinschaft, nämlich die der in Staatsvölkern organisierten Na­ tionen., aus mehreren Gründen außer Betracht bleiben. Insoweit hat die Ge­ meinschaftsverfassung nämlich entschieden und in der Errichtung (und Er­ weiterung) der Gemeinschaften dahin befunden, daß die Staaten mit dem 57 Herzog, Allgemeine Staatslehre (1971) 69; Görlitz, Demokratie im Wandel (1969) 100.

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Element ihres Staatsvolkes bestimmte Hoheitsbefugnisse ihrer Organisation integrieren. Verfassungspolitisch kann mit Wirkung für die Staatsvölker eine Veränderung des Ubertragungsbereichs, der Institutionen und Verfah­ ren der Vergemeinschaftung und ihrer Konsentierungsweisen in Frage stehen, letztlich auch die Gestaltform der integrierten Einheit und damit die Auf­ lösung der Staatsvolk-Gruppierung — möglicherweise zur Formierung einer neuen politischen Einheit einer Europa-Nation. Indes liegt diese Endfrage außerhalb aller gegenwärtigen und bis auf weiteres anstehenden und inter­ essierenden Verfassungspolitik. Die Grundentscheidung der Vergemeinschaf­ tung, ihr gegenwärtiger Status und absehbarer Fortschritt gestatten nur, weiterhin die Staatsvolkgruppierung in verfaßten Nationalstaaten der Rechtsgestaltung derart zugrunde zu legen, wie sie in den Regelungen über die Stellung der Mitgliedstaaten zum Ausdruck kommt (9/1—63). Die An­ regung der Times zum 22. Januar 1972, dem Tag der Unterzeichnung der Beitrittsdokumente, die Integration durch Einführung einer europäischen Ge­ meinschaftsbürgerschaft zu fördern, war publizistisch effektvoll, gemein­ schaftspolitisch schlechthin irreal. Dagegen: wie es um den Staat und die Staatlichkeit dieser Gemeinschafts-Mitglieder selbst bestellt ist, kann aller­ dings weder für die Legitimität der Vergemeinschaftung selbst (54/100 ff.) noch für ihre künftige Gestaltform (54/118 ff.) außer Betracht bleiben. Weil dem so ist, stellt sich verfassungspolitisch auch nicht die Frage, ob mit Mitteln der Rechtsgestaltung eine Homogenisierung der Völker der Mit­ gliedstaaten zu einer europäischen Nation betrieben werden kann oder be­ trieben werden sollte. Der Integrationsprozeß vermag aus sich heraus zu wirken, um historische Gegensätze zwischen Mitgliedstaaten abzubauen (Deutsdiland — Frankreich), alte Allianzen zu erneuern (Frankreich — Großbritannien) oder wechselnde Koalitionen der Staaten zu ermöglichen, die historischer Erfahrung widerstreiten. Die Verfahrens- und Willensbil­ dungsregelungen der Verträge schließen solche Vorgänge nicht aus, wenn sie ihre Entfaltungsmöglichkeiten auch in Grenzen verweisen, die großen Krisen der Integration aber gerade beweisen, daß Staaten der Gemeinschaft sich gegen solche Grenzziehungen immer wieder aufbäumen. 26 In den Sprachregelungen der Verträge einerseits, ihrer praktischen Handhabung andererseits werden Faktoren wirksam, die in der Begriffs­ bestimmung von Volk und Nation seit jeher relevant waren und im Mit­ gliedstaat Belgien noch jüngst die Einheit der Staatlichkeit in Frage gestellt haben. Die Sprachen-Diskussion anläßlich des englischen Beitritts, die fran­ zösische Sorge um das Sprachenprivileg angesichts englisch-skandinavischen Sprachen-Einflusses in der Gemeinschaft58 illustrieren zusätzlich, daß die Menschen-Gruppierung in Nationen und nach ihren tragenden Merkmalen insoweit integrationsförderliche Impulse nicht erwarten läßt und solche 58 Dazu: Naßt Englands Aufbruch nach Europa. Ein erster Überblick über die Beitrittsverhandlungen (1971) 83/84.

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rechtspolitisch audi nicht dienstbar zu machen sind. Selbst die bisherige fak­ tische Vorherrschaft der französischen Sprache als Gemeinschaftssprache kann integrationspolitisch nicht positiv bewertet werden. 27 Religion, Rasse59, Kulturniveau, Geschichtsbewußtsein und andere Faktoren zur Völkergruppierung und Nation-Bildung dienlidier Art sind ebensowenig geeignet, integrationspolitisch zu wirken — es sei denn, im negativen Sinne. Aus der funktionellen Vergemeinschaftung von Staaten mit Staatsvölkern erfahren solche Haltungen, die innerstaatlich Treue, Loyalität oder Vaterlandsliebe genannt werden, im Zuge der Integration keine Über­ höhung. Von entsprechender „integrierter“ Haltung der Menschen der Mit­ gliedstaaten im Sinne wachsender Gemeinschafts-Loyalität oder „EuropaLiebe“ kann schlechterdings keine Rede sein. Insoweit dürften gerade auch Menschen, die ihrem Staat gegenüber Bindungen empfinden und solcher Regungen überhaupt fähig sind, im Verhältnis zur Gemeinschaft amorph geblieben sein — weshalb dieser Verhaltensfaktor verfassungspolitisch jeden­ falls nicht positiv in Rechnung zu stellen ist. Es ist deshalb auch müßig, sich von direkten Wahlen zur Versammlung eine sonderliche Aktivierung des Gemeinschaftsbewußtseins zu versprechen. Was insoweit mit modernen sozialwissenschaftlichen Methoden eruiert worden ist, sollte nicht überbewer­ tet und nur mit höchster Vorsicht in ein verfassungspolitisches Kalkül ein­ bezogen werden. 28 Insgesamt kann die Fortentwicklung des Gemeinschaftsrechts, soweit es um die Zuordnung des Individuums zur öffentlichen Ordnung geht, wei­ terhin nur mit Staatsvölkern der Mitgliedstaaten und mit einer Gesellschaft in ihnen rechnen, deren Bewußtseinslage sich an den Staaten orientiert60. Es bleibt Aufgabe sozialwissenschaftlicher Forschung zu ermitteln, ob diese 59 D a ß „ R a s se “ in n e r h a lb d er e u r o p ä isc h e n In te g r a tio n b isla n g k e in e R o lle sp ie lte , e r k lä r t sich aus d e m F e h le n so lc h e r E r sch ein u n g en , d ie d as Buch v o n Delbrücky D ie R a s se n fr a g e a ls P r o b le m d es V ö lk e r r e c h ts u n d n a tio n a le r R e c h tso r d n u n g e n (1 9 7 1 ) auch in ih rer so z io lo g is c h e n S p a n n w e ite ( 1 3 — 19) g esc h ild e r t h a t. O b d er B e itr itt G r o ß b r ita n n ie n s m it se in e r e in sc h lä g ig e n G e s e tz g e b u n g h ie r a n e tw a s ä n d e r n w ir d , b le ib t z u b e o b a c h te n . 60 D a z u : Schwarz F s E sch en b u rg 4 0 6 ; Zellentin , in : G e n ie ß e n — V e r te ile n — R e g ie r e n . P la n u n g fü r e in e h u m a n e W e lt (1 9 7 0 ) 1 8 6 ; Pucbala, I n te g r a tio n 1 9 7 0 , 1 6 8 ; Erler, D ie K r ise d er E u r o p ä isc h e n G e m e in sc h a fte n — E u ro p ä isch er B u n d e s­ sta a t o d e r E u r o p a d er V a te r lä n d e r ? (1 9 6 6 ) 2 5 /2 6 : „ E in so lch es eu rop äisch es S ta a ts ­ b e w u ß ts e in g ib t es a b er b is h e u te n ich t. . . . D a s eu ro p ä isc h e B e w u ß ts e in ist g e w iß e in B e w u ß ts e in eu r o p ä isc h e n k u ltu r e lle n E rb es u n d g e m e in sa m e r w ir tsc h a ftlic h e r V e r b u n d e n h e it, ab er es is t n o ch k e in B e w u ß ts e in g e m e in sa m e n p o litis c h e n V e r ­ tr a u e n s u n d S ic h -A n v e r tr a u e n s .“ D a s tr ifft z u , se lb st w e n n — m it Erler — u n te r ­ s te llt w e r d e n k a n n , d a ß es h e u te auch nur noch S ta ^ fs b e w u ß ts e in g ib t, w o r a n z u z w e if e ln v ie le r le i A n la ß b e ste h t; d a z u : Schmölders, D e r v e r lo r e n e U n te r ta n (1 9 7 1 ), d essen T y p o lo g ie d es S ta a tsb ü r g e r s n u r n o ch k e n n t: d e n ü b ersc h ä tzten , ü b e r fo r d e r ­ te n , ü b e r liste te n , liste n r e ic h e n , s c h litz o h r ig e n u n d a b tr ü n n ig e n S ta a tsb ü r g e r . D a d ie se E r k e n n tn isse aus sozialökonomischer V e r h a lte n sfo r sc h u n g e rw a c h sen sin d , m ü ssen sie g e r a d e auch fü r d ie T y p o lo g ie d es „ M a r k tb ü r g e r s“ b ea c h te t w e r d e n . E in e solche is t b is la n g n och n ich t e n tw ic k e lt w o r d e n , w a s w ie d e r u m n ich t d er Rechtswissen­ schaft a n z u la s te n ist.

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Verfassungspolitik

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Feststellung sich aus der Sache selbst oder aus einem Versagen der Integra­ tionspolitik und der für sie in den Staaten und in den Gemeinschaften Ver­ antwortlichen erklärt: ob nämlich von dem politisch bewußten Bürger, auf den es ankommt, in den Mitgliedstaaten nicht mehr gefordert worden sei, als Entscheidungen der Staatsleitung zu approbieren oder hinzunehmen, statt ihn selbst integrationsbewußt oder -nachdenklich vor solche Entschei­ dungen zu stellen81. 29 Ob dasselbe gilt für die Artikulierung und Orientierung gesellschaft­ licher Gruppeninteressen und ihre Gruppenorganisation, ist nicht mit gleicher Sicherheit zu beantworten und Gegenstand sozialwissenschaftlicher Diagno­ sen, deren Resultate verfassungspolitisch zu beachten sind616263. Solche Erwä­ gungen sind angestellt worden und zu bedenken hinsichtlich spezifischen Generationsverhaltens (54130), hinsichtlich eines besonderen Emanzipations­ bewußtseins bestimmter gesellschaftlicher Schichten in den Staatsvölkern der Gemeinschaft (54/31), hinsichtlich der Organisation von Wirtschaftsinter­ essen (54/32) und — im unmittelbaren Vorfeld zur geregelten politischen Repräsentation — hinsichtlich der Europäisierung der politischen Parteien (54/33). Was hierzu erkennbar ist, gestattet letztlich Rückschlüsse auf die Relevanz gesellschaftlicher Gruppierungen und ihre Wirksamkeit für die weiteren Aussichten des Integrationsprozesses (54/34—36). 30 b) Für alle weitere Exegese und Bewertung von gesellschaftlichen Gruppeninteressen und ihrer Organisation im Vorfeld politischer Willens­ bildung ist die Einlassung und Bewußtseinshaltung der Generationen von Belang. Es ist daher legitim, daß sozialwissenschaftliche Methodenanalysen und -kritiken83 dahingehenden empirischen Bemühungen ihre besondere Aufmerksamkeit gewidmet haben. Sie verdienen gleiche Aufmerksamkeit unter verfassungspolitischen Aspekten, selbst wenn in Rechnung gestellt wird, daß der Wechsel der jüngeren Generation in Gruppenorganisationen wirtschaftlicher oder politischer Art und in Berufsbindungen alsbald Be­ wußtseins- und Verhaltensveränderungen herbeiführen kann, die das Ana­ lyseergebnis beeinflussen. Die Kommission ist sich der Bedeutung der Frage bewußt geworden. Das von ihr vom 12.— 14 Juni 1970 veranstaltete Kollo­ quium „Die Jugend und die Europäische Gemeinschaft“64 hat nach ihrer 61 Z u solchen F r a g e ste llu n g e n : Kuby-Kitzmüller, T r a n s n a tio n a le W ir ts c h a fts p o li­ tik . Z u r p o litisc h e n Ö k o n o m ie E u r o p a s (1 9 7 0 ). 82 V g l. d ie W ü r d ig u n g d er U n te r su c h u n g e n v o n Ernst B. Haas b e i: Heinrich Schneider, I n te g r a tio n 1 9 6 9 , 2 9 ; Friedrich, I n te g r a tio n 1 9 7 0 , 2 3 0 ; Jansen, e b en d a 204. 63 V g l. e tw a : Rittberger, W este u r o p ä isc h e I n te g r a tio n — F o r tsc h r itt o d e r S ta g n a ­ tio n ? , P o lV J S c h r 1 9 7 0 , 3 4 2 ff. 64 „ D ie J u g e n d u n d d ie E u ro p ä isch e G e m e in sc h a ft“ , B r ü ssel 1 2 .— 1 4 . J u n i 1 9 7 0 , D o k u m e n te (H g . K o m m is s io n ); M itte ilu n g d er K o m m is s io n a n d e n R a t m it d en S c h lu ß fo lg e r u n g e n aus d em K o llo q u iu m , v . 2 4 . 6. 1 9 7 0 , D o k . S E K (7 0 ) 2 5 2 6 e n d g . (auch z u d en Z ita te n im T e x t) . A u f d e m K o llo q u iu m v e r tr a te n 2 6 0 T e iln e h m e r e tw a 2 0 0 O r g a n isa tio n e n . — In d er B e a n tw o r tu n g m eh r e r e r A n f r a g e n im P a r la ­ m e n t h a t sich d ie K o m m is sio n ü b er d ie A u s w a h lm e th o d e n z u r T e iln a h m e u n d m it

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Die Menschen

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Auffassung als „bedeutendstes Ergebnis . . . die Bestätigung des Wunsches der Jugend nach einer größeren Beteiligung an dem europäischen Einigungs­ werk (erbracht), dem künftig Rechnung getragen werden sollte“. Der Ver­ lauf des Kolloquiums und selbst die Zusammensetzung der beteiligten Dele­ gationen „aus den wichtigsten politischen, gewerkschaftlichen, bäuerlichen und studentischen Jugendorganisationen, die in den sechs Ländern legal tätig sind“, schließen indes doppelt begründete Skepsis nicht aus: einmal dahin, ob der Verlauf Schlußfolgerungen hinsichtlich der Haltung der euro­ päischen Jugend im allgemeinen zuläßt, weil die schweigende Mehrheit sich in dieser Weise gerade nicht repräsentiert und artikuliert; zum anderen des­ halb, weil die allgemein kritisch orientierte ideologische Einstellung dieser Generation gegenüber der „Industriegesellschaftlichkeit“ der staatlichen und ökonomischen Strukturen und die verbreitete Annahme ihrer technokratisch­ undemokratischen Perfektionierung in den Gemeinschaften rational erfor­ derliche Erwägungen der Verfassungspolitik verdrängt oder behindert. Aus diesen Gründen sieht sich eine Verfassungspolitik der Gemeinschaften in der Einschätzung der jungen und jüngeren Generation solchen Problemen, denen der mitgliedstaatliche Willensbildungsprozeß gerade in den größeren Mit­ gliedstaaten gegenübersteht, in erhöhter Intensität ausgesetzt. Nur in dem Maße, in dem sie mitgliedstaatlich bewältigt werden, kann auch eine ge­ meinschaftliche Verfassungspolitik damit rechnen, daß diese Probleme nicht gerade integrationshemmend wirksam werden65. Staatsverdrossenheit und antistaatliche Haltung derart ideologischer Begründung, wie sie gegenwärtig wirksam sind, werden als Entstaatlichungstendenzen keineswegs gerade der Vergemeinschaftung Antrieb geben, sondern sie eindeutig zu hemmen wis­ sen, weil „sich jetzt in der Generation der Zwanzigjährigen eine Opposition gegen die Idee der europäischen Einigung zu formieren beginnt. Die An­ hänger der Europa-Idee werden sich daher künftig nicht nur gegenüber Verfechtern der unverminderten nationalen Souveränität zu verteidigen haben, sondern auch gegen die wachsende Gruppe jener, die im Namen eines