Ethik des antiken Platonismus: Der platonische Weg zum Glück in Systematik, Entstehung und historischem Kontext. Akten der 12. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 15. bis 18. Oktober 2009 in Münster 3515101586, 9783515101585

Platon (429/8 349/8 v. Chr.) begründete eine Philosophie, deren Nachwirkung die europäische Geistesgeschichte nachhaltig

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German Pages 333 [337] Year 2013

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Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
SEKTION 1: ETHIK ALS PHILOSOPHISCHE DISZIPLIN
IL POSTO DELL’ETICA NEL SISTEMADEL PLATONISMO
VON DER ANGLEICHUNG AN DIE TUGEND ZUR SELBSTAUFHEBUNG DER ETHIK – ETHISCHES HANDELN UND PHILOSOPHIE ZWISCHEN PLATON UND DEM PLATONISMUS
SEKTION 2: GRUNDLAGEN UND ZIELSETZUNG PLATONISCHER ETHIK
DIE THEORIE DER SEELE ALS VORAUSSETZUNG DER ETHIK BEI PLATON, APULEIUS, AUGUSTINUS, PROKLOS UND DIONYSIUS AREOPAGITA
THE HIERARCHY OF BEING AS FRAMEWORK FOR PLATONIC ETHICAL THEORY
TUGEND, FLUCHT UND EKSTASE
SEKTION 3: GÜTER- UND TUGENDLEHRE
MITTELPLATONISCHE LEHRE DE FINIBUS BEI STOBAIOS, ALKINOOS UND APULEIUS
THE NEOPLATONIC DOCTRINE OF THE GRADES OF VIRTUE
„DIE TUGEND IST HINREICHEND ZUR ERLANGUNG DER GLÜCKSELIGKEIT“: DIE STOISCHE AUTARKIE-FORMEL IM KAISERZEITLICHEN PLATONISMUS
INSEGNABILITÀ DELLA VIRTÙ E RUOLO DELLA PAIDEIA NEL MEDIOPLATONISMO: PLUTARCO, ALCINOO, APULEIO
SEKTION 4: MENSCHLICHES HANDELN UND FREIHEIT
PLATONS KONZEPT DES WILLENS IM MENON UND IM GORGIAS
MENSCHLICHES ENTSCHEIDEN UND HANDELN ZWISCHEN FREIHEIT UND DETERMINATION IM PLATONISMUS DER KAISERZEIT
DIE GLEICHZEITIGKEIT VON WÄHLEN UND NICHT-WÄHLEN. HANDLUNGSTHEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN BEI PLOTIN UND ANDEREN ANTIKEN PLATONIKERN
HILFE DER GÖTTER FÜR DAS GUTE LEBEN – DIE ROLLE DER RELIGIOSITÄT IN DER ETHIK DES ANTIKEN PLATONISMUS
TO WHAT EXTENT IS HUMAN ETHICAL ACTIVITY DETERMINED BY MATTER/BODY?
SEKTION 5: KONKURRENZ UND INTERAKTION – ZUR INTEGRATION FREMDER LEHRELEMENTE IN DER ETHIK DES PLATONISMUS UND ZUR AUSWIRKUNG PLATONISCHER ETHIK AUF POLITISCHES UND GESELLSCHAFTLICHES DENKEN
HELLENISTISCHE ELEMENTE IN DER PLATONISCHEN PRAEPARATIO PHILOSOPHICA DER KAISERZEIT
PREPARING PLATONOPOLIS – POLITICAL PHILOSOPHY IN MIDDLE PLATONISM
LITERATURVERZEICHNIS
INDICES
1. INDEX LOCORUM
2. INDEX RERUM ET NOMINUM
AUTORENVERZEICHNIS
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Ethik des antiken Platonismus: Der platonische Weg zum Glück in Systematik, Entstehung und historischem Kontext. Akten der 12. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 15. bis 18. Oktober 2009 in Münster
 3515101586, 9783515101585

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Christian Pietsch (Hg.) Ethik des antiken Platonismus

Philosophie der Antike Veröffentlichungen der Karl und Gertrud Abel-Stiftung Herausgegeben von Wolfgang Kullmann in Verbindung mit Jochen Althoff und Georg Wöhrle Band 32

ETHIK DES ANTIKEN PLATONISMUS Der platonische Weg zum Glück in Systematik, Entstehung und historischem Kontext Akten der 12. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 15. bis 18. Oktober 2009 in Münster herausgegeben von Christian Pietsch

Franz Steiner Verlag Stuttgart 2013

PHILOSOPHIE DER ANTIKE (ISSN 0943-5921)

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Redaktion: Prof. Dr. Wolfgang Kullmann, Bayernstr. 6, D-79100 Freiburg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN: 978-3-515-10158-5 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. © 2013 Franz Steiner Verlag, Stuttgart. Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz. Printed in Germany

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort.....................................................................................................................9 Sektion 1: Ethik als philosophische Disziplin Il posto dell’etica nel sistema del platonismo (Mauro Bonazzi, Mailand).........25 Abstract ..................................................................................................................33 Von der Angleichung an die Tugend zur Selbstaufhebung der Ethik – Ethisches Handeln und Philosophie zwischen Platon und dem Platonismus (Salvatore Lavecchia, Udine) ...........................................................................35 Abstract ..................................................................................................................45 Sektion 2: Grundlagen und Zielsetzung platonischer Ethik Die Theorie der Seele als Voraussetzung der Ethik bei Platon, Apuleius, Augustinus, Proklos und Dionysius Areopagita (Friedemann Drews, Rostock) ............................................................................49 Abstract ..................................................................................................................89 The Hierarchy of Being as Framework for Platonic Ethical Theory (John Dillon, Dublin) .........................................................................................91 Abstract ..................................................................................................................98 Tugend, Flucht und Ekstase: Zur oJmoivwsi~ qew/' in Kaiserzeit und Spätantike (Irmgard Männlein-Robert, Tübingen)...................................99 Abstract ................................................................................................................ 111 Sektion 3: Güter- und Tugendlehre Mittelplatonische Lehre de finibus bei Stobaios, Alkinoos und Apuleius (Filip Karfík, Fribourg) .....................................................................................115 Abstract ................................................................................................................129 The Neoplatonic Doctrine of the Grades of Virtue (Alessandro Linguiti, Siena) ...........................................................................131 Abstract ................................................................................................................140

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Inhaltsverzeichnis

„Die Tugend ist hinreichend zur Erlangung der Glückseligkeit“: die stoische Autarkie-Formel im kaiserzeitlichen Platonismus (Christian Tornau, Würzburg) .........................................................................141 Abstract ................................................................................................................158 Insegnabilità della virtù e ruolo della paideia nel medioplatonismo: Plutarco, Alcinoo, Apuleio (Franco Ferrari, Salerno) .....................................159 Abstract ................................................................................................................169 Sektion 4: Menschliches Handeln und Freiheit Platons Konzept des Willens im Menon und im Gorgias (Christoph Horn, Bonn) ...................................................................................173 Abstract ................................................................................................................190 aijtiva eJlomevnou – Menschliches Entscheiden und Handeln zwischen Freiheit und Determination im Platonismus der Kaiserzeit (Christian Pietsch, Münster)............................................................................191 Abstract ................................................................................................................218 Die Gleichzeitigkeit von Wählen und Nicht-Wählen. Handlungstheoretische Überlegungen bei Plotin und anderen antiken Platonikern (Matthias Perkams, Jena) ....................................................................................................219 Abstract ................................................................................................................236 Hilfe der Götter für das gute Leben – Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus (Christoph Helmig, Berlin) .............................237 Abstract ................................................................................................................257 To what extent is human ethical activity determined by matter/body? (Andrew Smith, Dublin)....................................................................................259 Abstract ................................................................................................................269 Sektion 5: Konkurrenz und Interaktion – Zur Integration fremder Lehrelemente in der Ethik des Platonismus und zur Auswirkung platonischer Ethik auf politisches und gesellschaftliches Denken Hellenistische Elemente in der platonischen praeparatio philosophica der Kaiserzeit (am Beispiel des ejpilogismov~ bei Plutarch) (Michael Erler, Würzburg) ..............................................................................273 Abstract ................................................................................................................281

Inhaltsverzeichnis

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Preparing Platonopolis – Political Philosophy in Middle Platonism (Dominic O’Meara, Fribourg) ...........................................................................283 Abstract ................................................................................................................290 Literaturverzeichnis .............................................................................................291 1. Index locorum ..................................................................................................306 2. Index rerum et nominum..................................................................................325 Autorenverzeichnis ..............................................................................................329

VORWORT Anlass, Zielsetzung, Struktur und Inhalt des Bandes Platon (429/8–349/8 v. Chr.) bildet wie kaum ein anderer Denker der Antike den Schnittpunkt philosophischer, theologischer und philologischer Interessen. In den letzten Jahrzehnten fand neben der Metaphysik Platons, die durch die Diskussion um die so genannte ‚Ungeschriebene Lehre‘ in neuem Licht erschien, vor allem die Ethik besondere Beachtung.1 Dies ist zum einen in dem vorrangigen Interesse der Moderne für ethische Fragestellungen begründet, zum anderen aber auch darin, dass Platons theozentrische, sich aus einer gegebenen Seinsordnung ableitende individuelle und gesellschaftliche Ethik auf die moderne, demokratisch orientierte Gesellschaft der Nachkriegszeit besonders provokant wirkte und zur Auseinandersetzung anregte. Die Geschichte des antiken Platonismus nach Platon konnte ein derartig breites öffentliches Interesse hingegen nicht hervorrufen. Dieser Befund steht in Kontrast zu der Tatsache, dass der für die weitere geistesgeschichtliche Entwicklung Europas vom Platonismus ausgehende Impuls zumindest bis zum Ende des Mittelalters nicht von den Schriften Platons selbst ausging, sondern von derjenigen Gestalt platonischen Denkens, die durch den Mittel- und Neuplatonismus sowie durch die – von christlichen Specifica abgesehen – sachlich und methodisch stark platonisch geprägte christliche Patristik vermittelt wurde. Zwar hat sich die Erforschung des kaiserzeitlichen Platonismus in den zurückliegenden Jahrzehnten intensiviert, doch konzentrierte sich das wachsende Forschungsinteresse vor allem auf die der Metaphysik zuzurechnenden Fragen der Prinzipienlehre, Theologie und Ontologie.2 Weitaus weniger Berücksichtigung fand dagegen die Ethik. Wenngleich dort für partielle Bereiche durchaus umfangreiche Untersuchungen vorliegen, etwa bei der Frage nach der Zielsetzung menschlichen Lebens im Sinne der oJmoivwsi~ qew/',3 fehlen für andere Bereiche wie etwa für die Frage nach den spezifischen Grundlagen und Voraussetzungen ethischen Philosophierens, etwa in der Psychologie, oder für die Frage nach dem Verhältnis von

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Beispielshalber seien genannt Irwin (1995); Bobonich (2002); Benson (2006) 323–400; Heinaman (2003); Migliori/Napolitano Valditara/del Forno (2004); Carone (2005); Brinker (2008). Das zeigen die zahlreichen Arbeiten vor allem zu den zentralen Autoren des Neuplatonismus Plotin und Proklos, wie z.B. von Horn (1995); Halfwassen (1992); Schäfer (2002); Beierwaltes (1966, 1985). – Zum Mittelplatonismus (insgesamt und zu einzelnen Autoren): Dörrie/Baltes (1996, 1998, 2008); Hirsch-Luipold (2005). – Zur spätantiken Philosophie im Ganzen: Kobusch/Erler/Männlein-Robert (2002). Zum Beispiel Beierwaltes (2002) 121–151; Armstrong (2004) 171–182; Baltzly (2004) 298– 321; Lavecchia (2006).

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Vorwort

Freiheit und Determination im menschlichen Handeln4 noch immer weitgehend Darstellungen, die übergreifend die wesentlichen Positionen und Entwicklungen des Platonismus darstellen. Über diese Lücken in Detailbereichen hinaus fehlt aber bisher auch noch eine umfassende, systematische Behandlung der platonischen Ethik im Ganzen, in der die Teilbereiche der Ethik ausgeleuchtet und untereinander in Beziehung gesetzt werden. Nur durch eine solche systematisch-sachlich vorgehende, zugleich aber auch historisch-kritisch abgesicherte Zusammenführung der für die Ethik des kaiserzeitlichen Platonismus konstitutiven Aspekte können Genese und Funktion des ethischen Denkens im Platonismus sowohl in seinen Teilen wie auch als komplexes Ganzes adäquat zur Darstellung gebracht werden. Das in der Forschung bisher verstreut Geleistete muss zusammengeführt und die weitere Forschung muss im Blick auf dieses Darstellungsziel mit gezielten Impulsen versehen werden. Hierfür können nach den erwähnten intensivierten Arbeiten zur platonischen Metaphysik und Theologie inzwischen die Voraussetzungen als besonders gut gelten, das Projekt einer umfassenden Darstellung der auch von ihren Bedingungen her erfassten Ethik des Platonismus in Angriff zu nehmen. Angesichts der komplexen Forschungslage, aber auch der Weite des Forschungsgebietes platonischer Ethik entstand der Gedanke, eine interdisziplinäre und internationale Tagung zur ‚Ethik des Platonismus‘ zu veranstalten. In ihr sollten nicht nur die verschiedenen Epochen und Sachgebiete platonischer Ethik, sondern auch der Sachverstand kundiger Kollegen zusammengetragen werden. Methodisch sollte bei der Bearbeitung der einzelnen Themen die historische Entwicklung der jeweils behandelten Facette durch die Geschichte des antiken Platonismus hindurch einerseits mit der systematischen Einordnung dieser Facette in den Gesamtkontext ethischen Denkens im Platonismus andererseits verbunden werden. Aus diesem Grunde wurden die Themen der Vorträge nicht völlig freigestellt, sondern mussten im Rahmen einer vorgegebenen Systematik gewählt werden. Die Tagung selbst diente dazu, nicht nur vorgefertigte Positionen nebeneinander zu stellen. Die Vorträge sollten ihre endgültige Gestalt als kohärente Facetten eines Ganzen erst durch die wechselseitige Interaktion erhalten. Dabei waren es folgende Themenbereiche, die das Grundraster der Tagung vorgaben: – – – –

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Sektion 1: die Einbettung der Ethik in den Gesamtrahmen platonischer Philosophie, aus dem sich der spezifische Zuschnitt der Ethik ergibt; Sektion 2: die anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen menschlichen Handelns; Sektion 3: die Lehre von den Zielsetzungen menschlichen Handelns (Güterund Eudaimonielehre); Sektion 4: die sich aus der Struktur der menschlichen Seele ergebenden Aktmöglichkeiten (Handlungstheorie) sowie speziell deren Vollendungsformen (Tugendlehre);

Nach der unzureichenden Arbeit von Dihle (1985) kommt es erst in jüngster Zeit zu umfassenderen Darstellungen, etwa bei Eliasson (2008); Müller (2009); Müller/Hofmeister Pich (2010).

Vorwort



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Sektion 5: Konkurrenz und Integration: der Umgang des Platonismus mit konkurrierenden philosophischen Lehren sowie die Auswirkungen platonischer Ethik auf das zeitgenössische politische Denken.

Die Tagung fand vom 15.-18.10.2009 an der Universität Münster statt. Ihre Vorträge ergaben den vorliegenden Band. In Sektion 1 Ethik als philosophische Diszi­ plin berichtet zunächst Mauro Bonazzi (Mailand) in seinem Beitrag Il posto dell’etica nel sistema del platonismo über die Stellung der Ethik innerhalb der platonischen Philosophie. Es zeigt sich, dass die Differenzierung der verschiedenen philosophischen Disziplinen und ihre Stellung innerhalb des Ganzen viel diskutiert waren. Dabei spiegelt sich in den verschiedenen Einteilungen der Philosophie und in der Stellung der Ethik darin die Entwicklung des Platonismus nach seinem Wiederaufleben im 1. Jh. v. Chr. wider. Bereits in Antiochos von Askalon (140–68 v. Chr.) sieht Bonazzi einen Platoniker, der die Einteilung Ethik – Physik – Logik zwar von den Stoikern übernahm, sie aber platonisierte. Denn während in der Stoa die Reihenfolge der einzelnen Disziplinen ohne Bedeutung war und daher variierte, war sie bei Antiochos invariabel. Dies könnte als Korrektur der Stoa gemeint sein in dem Sinne, dass erst der Platonismus zu einer verlässlichen Einteilung gefunden habe, in der er jeder Disziplin – und vor allem der Ethik – ihren genuinen Platz zuweisen kann. Spätere Platoniker benutzten freilich Einteilungen, die den Besonderheiten des Platonismus noch besser gerecht wurden. Alkinoos (2. Jh. n. Chr.) etwa verwendete eine – von Aristoteles (386–323 v. Chr.) inspirierte – Unterteilung der Philosophie in theoretische – praktische – dialektische Philosophie, in der nicht nur methodisch die platonische Dialektik berücksichtigt wurde, sondern auch durch die ‚Theorie‘ der Bedeutung der metaphysisch-theologischen Dimension des Platonismus Rechnung getragen wurde. Beschrieben die bisherigen Einteilungen das Verhältnis der philosophischen Disziplinen von der sachlichen Warte aus, so trat in späteren Einteilungen der pädagogische Aspekt stärker in den Vordergrund. Die Abfolge der Disziplinen legte nun die jeweilige Stellung einer Disziplin bei der Einführung eines Zöglings in die Philosophie fest. Die Ethik erhielt dabei die Aufgabe einer Vorbereitung für die theologische Zielsetzung der philosophischen Ausbildung. So folgte etwa bei Theon von Smyrna († 132 n. Chr.) auf die als Reinigung vorgesehenen mathematischen Wissenschaften an zweiter Stelle die aus Logik, Ethik und Physik bestehende Initiation und schließlich als Ziel die (theologische) ‚Schau‘ (Epoptik). Bei Proklos (412–480 n. Chr.) rückte die Ethik schließlich sogar noch vor die Logik. Die Einteilung der Philosophie bildete nun den philosophischen Cursus ab, der auch in der Auswahl der im Unterricht gelesenen Texte mit ethischen Einführungswerken (Encheiridion des Epiktet [ca. 50–125 n. Chr.]) begann und über die aristotelischen Pragmatien und ausgewählte platonische Dialoge zuletzt bei der Theologie Platons im Parmenides endete. Nach der Klärung der Stellung, die die Ethik im Gesamtkontext der philosophischen Disziplinen einnahm, fragt der Beitrag von Salvatore Lavecchia (Udine) Von der Angleichung an die Tugend zur Selbstaufhebung der Ethik. Ethisches Han­ deln und Philosophie zwischen Platon und dem Platonismus nach der philosophischen Begründung bzw. Begründbarkeit platonischer Ethik. Hier sieht er in der

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Vorwort

Entwicklung von Platon zum Neuplatonismus zwar keine grundsätzliche Wandlung, aber doch eine Akzentverschiebung, die eine Begründung der Ethik erschwert habe. Von Platon werde nämlich, so Lavecchia, die Aufgabe des Philosophen als eine genuin ethische gesehen, insofern der intelligible Bereich nicht nur die Vorbilder (Ideen) menschlicher ethischer Tugenden umfasst habe, sondern auch mit dem Guten selbst als dem höchsten und zugleich schöpferischen Prinzip und Inbegriff neidlos guten Handelns identifiziert worden sei. Das Gute selbst handelt gewissermaßen auch selbst in seiner Prinzipienfunktion gut, d. h. es verhält sich in ethisch optimaler Weise. Die Angleichung des handelnden Menschen an das göttliche, der erschaffenen Welt kausal zugewandte, ihr gegenüber als relational verstandene Prinzip als der höchsten Tugend besteht in der analogen Umsetzung dieser Eigenschaft im Handeln des Menschen. Die von Platon geforderte ‚Angleichung an Gott‘ (oJmoivwsi~ qew/)' ist somit ihrem Wesen nach ethischer Natur. Diese enge Analogie bedeutet eine starke ontologische Aufwertung der Ethik. Dies änderte sich jedoch nach Lavecchias Auffassung von Plotin (205–270 n. Chr.) an dadurch, dass das göttliche Prinzip nicht mehr als ein relationales Gutes, sondern als arelationales Eines ohne unmittelbare ethische Implikationen verstanden worden sei. Das Eine besitze seine Charakteristik gerade in seiner völligen Transzendenz gegenüber jedem Handeln und somit auch gegenüber Tugenden und Ethik überhaupt. Indem dieses arelationale Prinzip als Ziel der von der Seele zu leistenden Angleichung bestimmt worden sei, sei die Begründung der Möglichkeit und des Sinnes von Ethik schwieriger geworden. Dass dies nicht zu einer Auflösung der Ethik führte, liege daran, dass der beschriebene Gegensatz der neuplatonischen Konzeption zu Platon nicht radikal, sondern nur eine Akzentverschiebung gewesen sei. Trotz der starken Betonung des arelational Einen seien, wie etwa die neuplatonische Hochschätzung der sozialen Fähigkeiten am Beispiel des Sokrates (469–399 v. Chr.) zeige, doch auch die demiurgischen, sozialen Aspekte im Verhalten des Weisen – und somit in der geforderten Angleichung an Gott – nicht unberücksichtigt geblieben. Nach der Verortung der Ethik als philosophischer Disziplin und der Begründung ihrer Möglichkeit befasste sich Sektion 2 mit Grundlagen und Zielsetzung platoni­ scher Ethik. Ein unbestrittenes Hauptmerkmal antiker ethischer Philosophie besteht darin, dass von fast allen Philosophenschulen die Glückseligkeit (eujdaimoniva) einhellig als Ziel menschlicher Bestrebungen und somit auch als Ziel der im Sinne einer Realisierungshilfe fungierenden Philosophie betrachtet wurde. Doch wie diese Zielbestimmung inhaltlich zu füllen ist, darüber bestand kein Konsens. Daher stellt sich zunächst Friedemann Drews (Rostock) in seinem Beitrag Die Theorie der Seele als Voraussetzung der Ethik bei Platon, Apuleius, Augustinus, Proklos und Dionysius Areopagita die Frage nach den psychischen Voraussetzungen des Handelns, d. h. danach, wie die menschliche Seele als das Subjekt des Handelns nach platonischer Auffassung strukturiert ist, wie diese Struktur begründet wird und welche Aktmöglichkeiten sich für die Seele daraus ergeben. Drews kann zeigen, dass die bereits von Platon selbst vorgenommene Differenzierung der Seele in drei Seelenteile nicht nur faktisch konstatiert wurde, sondern mit dem Anspruch philo-

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sophischer Begründbarkeit versehen war. Denn Platon führte in der Politeia nicht nur widerstreitende Seelenaktivitäten auf unterschiedliche seelische Vermögen (‚Teile‘) zurück – auf logistikon (Vernunft), thymos (engagierte Durchsetzungskraft) und epithymia (Begehren), sondern benannte mit dem Widerspruchsaxiom auch das diese Unterscheidung legitimierende, ja erzwingende Erkenntniskriterium. Das optimale Verhältnis der drei seelischen Teile zueinander folgt aus der Feststellung, dass die Findung der für alle jeweils optimalen Aktivität eine Erkenntnisleistung bildet. Daher ist nur das logistikon als der vernünftige Teil der Seele fähig, das jeweils angemessene Maß der Tätigkeit auch der anderen Teile zu beurteilen. Doch ist diese Leitung der übrigen Seelenvermögen und mithin der Seele als ganzer durch die Vernunft nicht als Despotie eines Teiles über die anderen zu sehen, sondern als eine Führung, die auch die anderen Seelenteile zu ihrer Bestform gelangen lässt. Platonisches Denken kann somit, anders als die Stoa, Emotionen, wenn sie von der Vernunft geleitet sind, als sinnvollen eigenen Bereich psychischer Aktivität akzeptieren, ohne deshalb die Einheit der Seele aufgeben zu müssen, die durch die harmonisierende Wirkung der Vernunft gewährleistet wird. Wie die innerpsychischen Interaktionen im Einzelnen aussehen, welche Bedeutung dies für die Ethik hat, aber auch wie konstant in seinen Aussagen dieser Bereich der Ethik im kaiserzeitlichen Platonismus vertreten wurde, zeigt Drews anschließend anhand einer breiten Auswahl platonischer Autoren heidnischer und christlicher Provenienz: Apuleius (um 123 – nach 170 n. Chr.), Augustinus (354–430 n. Chr.), Proklos (412– 480 n. Chr.) und Dionysius Areopagita (um 500 n. Chr.). Auf der beschriebenen harmonischen Einheit der Seele unter Führung der Vernunft beruht also die Eudaimonie. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die platonische Eudaimonie-Konzeption benannt. Doch was als letztes Ziel menschlichen Handelns bestimmt wird, durch dessen Erlangung die Bedingungen für Eudaimonie als erfüllt angesehen werden, ist nicht nur abhängig von der jeweils vertretenen Psychologie und der analytischen Bestimmung der Aktmöglichkeiten, über die die Seele verfügt. Was als letztlich erstrebenswert betrachtet wird, hängt ab von der Antwort auf die Frage, was primär als wirklich angesehen wird, d. h. davon, wie der Mensch die ihn umgebende Gesamtwirklichkeit einschätzt, deren Teil er ist. Die Lehre von den menschlichen Zielsetzungen bzw. Gütern ist daher abhängig von den physischen bzw. im Falle des Platonismus von den metaphysischen Prämissen. The Hierarchy of Being as Framework for Platonic Ethical Theory lautet hierzu der Beitrag von John Dillon (Dublin). Der wesentliche Unterschied zu den nicht-metaphysischen Philosophien des Hellenismus liegt darin, dass ein Bereich der Transzendenz angenommen wird, auf den sich die Bemühungen vorrangig richten. Der Bereich innerweltlichen Lebens mit seiner Interaktion menschlicher Individuen und entsprechend mit eigenen Gütern und Zielen wird dagegen nicht geleugnet, doch ist die moralische Bewährung hier nur von sekundärer Bedeutung und besitzt allenfalls vorbereitenden Charakter. Die Wendung weg von einer innerweltlichen Zielsetzung zu einer transzendenten bezeichnet mithin den entscheidenden Wendepunkt. Dillon zeigt, dass Antiochos von Askalon (140–68 v. Chr.) – der erste, der sich wieder auf dogmatische Aussagen der Alten Akademie zu stützen versuchte – diese Wendung noch nicht deutlich leistete. Er bestimmte die Zielsetzung mensch-

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lichen Verhaltens im Gefolge der Stoa noch als ‚gemäß der Natur leben‘, wobei immerhin denkbar ist, dass durch ‚Natur‘ bereits auch der intelligible Bereich mitbezeichnet war. Von Eudoros (1. Jh. v. Chr.) an änderte sich dies, da nun die auf Platon zurückgreifende Formulierung von der ‚Angleichung an Gott‘ das Leitbild abgab. Der Mittelplatonismus geriet hier jedoch in Schwierigkeiten, die – wie auch in etlichen anderen Problembereichen – erst vom Neuplatonismus befriedigend gelöst werden konnten. Denn wenn ‚Angleichung an Gott‘ nicht nur die Überwindung des Irdischen überhaupt, sondern bereits im irdischen Leben die analoge Gestaltung menschlichen Verhaltens bedeuten sollte, wie konnte dann eine Gottheit Vorbild sein, deren Aktivität jenseits menschlichen Verhaltens lag? Erst Plotin konnte durch die Annahme einer gestuften Tugendordnung und, in ihrem Rahmen, einer intelligiblen Tugendebene, die gleichsam in ontologischer Differenz das kausale Urbild menschlicher Tugenden bildete, eine Lösung finden. Die Einbettung des Menschen in eine Wirklichkeit nach platonischem Verständnis hat Folgen für den konkreten Vollzug der geforderten ‚Angleichung an Gott‘. Dies bildet den Gegenstand des Beitrags von Irmgard Männlein-Robert (Tübingen) Tugend, Flucht und Ekstase: Zur oJmoivwsi~ qew/' in Kaiserzeit und Spät­ antike. Diese theologische Konzeption, die eine volle Realisierung menschlicher Glückseligkeit erst in der Transzendenz sah, musste die irdisch-körperliche Existenz als einen Zustand begreifen, dem kein eigentlicher, sondern nur ein transitorischer Wert zugeschrieben werden konnte und der daher letztlich zu überwinden war. Die Bemühung um ‚Angleichung an Gott‘ implizierte die ‚Flucht‘ weg von den spezifischen Bedingungen der in den Körper eingebundenen Seele. Gleichwohl führte dies bei Platon nicht zur Bedeutungslosigkeit menschlich-innerweltlichen Verhaltens, war doch die ethische Vervollkommnung Voraussetzung für den Aufstieg zur Schau des Guten (Politeia) und für die Befreiung der Seelen aus dem Zwang zur Wiedergeburt (Phaidon). Beide Komponenten, die innerweltliche wie die transzendente, spielten in der Entwicklung dieses Lehrstücks im späteren Platonismus eine Rolle, freilich, wie Männlein-Robert zeigt, mit unterschiedlicher Gewichtung. Während im Mittelplatonismus der ethisch-didaktische Aspekt überwog, hingegen der theologische Aspekt der ‚Flucht‘ völlig fehlt, erscheint bei Plotin (205–270 n. Chr.) fast ausschließlich die theologische Seite. Schon von den Zeitgenossen wohl als zu einseitig empfunden, wurde die Auffassung Plotins von Porphyrios (233–301/5 n. Chr.) mit der früheren, ethischen Auffassung verbunden. Der solchermaßen sich sowohl kontemplativ als auch lebenspraktisch an Gott angleichende ‚göttliche Mensch‘ (qei`o~ ajnhvr) wurde von da an zum Leitbild des platonischen Philosophen. Sektion 3 Güter­ und Tugendlehre leistet nach der generellen Zielbestimmung menschlichen Handelns durch Eudaimonie den systematisch nächsten Schritt, indem sie nach den konkreten Inhalten bzw. Gütern fragt, auf deren Erlangung bzw. Besitz die Eudaimonie nach platonischer Auffassung beruht. Der Beitrag von Filip Karfík (Fribourg) Mittelplatonische Lehre de finibus bei Stobaios, Alkinoos und Apuleius setzt an diesem Punkt die Beschreibung des konkreten Vollzugs der ‚Angleichung‘ fort. Ethische Vervollkommnung, die die Eudaimonie bewirkt, besteht

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im Erreichen bestimmter Ziele bzw. Güter. Während in der hellenistischen Philosophie als Güter vom Epikureismus die Lust, von der Stoa die Tugend im Sinne des moralisch Schönen und von Antiochos von Askalon (140–68 v. Chr.) die Tugend zusammen mit Gütern des Körpers und äußeren Gütern genannt wurde, lässt sich ab der Mitte des 2. Jh.s n. Chr. bei den von Stobaios (5. Jh. n. Chr.) für diese Zeit bezeugten Lehren sowie bei Alkinoos (2. Jh. n. Chr.) und Apuleius (um 123 – nach 170 n. Chr.) auch eine genuin platonische Güterlehre beobachten. Das menschliche Lebensziel wird dabei in eine Hierarchie von Gütern eingeordnet, an deren Spitze ein transzendentes, mit Gott identifiziertes Gut steht. Diese Hierarchie ist dreistufig. Vom höchsten transzendenten Gut hängen durch Partizipation die Güter des Menschen ab: zunächst göttliche Güter, d. h. die vier Kardinaltugenden, durch die die Seele zur vollen Verwirklichung ihres Wesens findet, dann aber auch die körperlichen und die äußeren Güter, die nur insofern als Güter zählen, als sie im Sinne der Tugend gebraucht werden. Die Erreichung dieser gestuften Güter wird als Erfüllung des Auftrags zur ‚Angleichung an Gott‘ verstanden. Der Mensch leistet dank seiner Vernunft im Bereich der innerweltlichen Lebensvollzüge etwas zur weltverwaltenden göttlichen Vernunft Analoges. Der Gedanke der von Platon als ‚Flucht‘ bezeichneten und bei Plotin (205–270 n. Chr.) zum dominanten Aspekt avancierten Weltüberwindung und der allenfalls vorbereitenden Rolle der innerweltlichen Tugenden hat in diesen frühen Formen platonischer Güterlehre noch keine Bedeutung. Die Tugenden im Sinne vollendeter Seelen- oder Charakterzustände bilden die habituelle Voraussetzung für das Erreichen der glücksrelevanten Güter. Von ‚Tugenden‘ muss, wie Alessandro Linguiti (Siena) in seinem Beitrag The Neoplatonic Doctrine of the Grades of Virtue darlegt, vor allem im Platonismus in einer sehr differenzierten Weise gesprochen werden. Es gibt Tugenden auf ebenso vielen Ebenen, wie es Grade an Lebensvollzügen gibt. Bereits Aristoteles (386–323 v. Chr.) ordnete den politischen Tugenden dianoetische Tugenden über. Diese Unterscheidung gab den Grundrahmen vor, dessen sich später Plotin (205–270 n. Chr.) bediente. Plotin ordnete die politischen Tugenden, die er in Anlehnung an Platon als die vier Kardinaltugenden bestimmte, dem Leben der Seele im Körper zu. Von ihnen unterschied er die ‚höheren‘, ebenfalls mit den Namen der Kardinaltugenden bezeichneten kognitiven Tugenden, die in der Ausrichtung der Seele auf den Intellekt bestehen. Der Weg der Seele soll mit Hilfe von Reinigungen von den politischen zu den höheren Tugenden führen unter Überwindung der Inkorporation. Diese Zweiteilung der Tugendordnung wurde in der nachfolgenden Geschichte des Platonismus noch weiter differenziert bzw. durch Einfügung zusätzlicher Tugendstufen erweitert. Schon Porphyrios (233–301/5 n. Chr.) sah den Vorgang der Reinigung selbst bereits als Tugendleistung an und fügte daher zwischen die politischen und die höheren, kontemplativen Tugenden die kathartischen Tugenden ein, während er das Schema gleichzeitig nach oben durch die paradigmatischen Tugenden des die Seele bereits transzendierenden Intellekts erweiterte. Dieses Viererschema wurde später vor allem über Jamblich (um 240/5–320/5 n. Chr.), Proklos (412–480 n. Chr.), Marinos (um 440 – nach 486 n. Chr.) und Damaskios (um 462 – nach 538 n. Chr.) zu einem siebenstufigen Schema ausgebaut, das in dieser Form eine nachhaltige Rezeption im Mittelalter erfuhr.

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Bekanntermaßen hatte Aristoteles die Glücksbedingung primär in der Fähigkeit zu vollendetem Handeln gesehen, das auf einem durch den Besitz von Tugenden im Sinne vollendeter Handlungsdispositionen optimal ausgebildeten Charakter beruhte. Aristoteles (386–323 v. Chr.) hatte darüber hinaus die bloß innerliche Disposition ohne eine sich in äußerem Handeln manifestierende Aktualisierung als noch nicht hinreichend angesehen, könnte doch so auch der tugendhafte Schläfer ebenso glücklich sein wie der tugendhaft Handelnde. Darüber hinaus hatte Aristoteles schließlich aber auch den körperlichen und äußeren Gütern eine Rolle als zwar minderen Gütern, aber doch auch als conditiones sine quibus non der Eudaimonie zugewiesen. Dagegen radikalisierte später die Stoa den Glücksanspruch des Weisen zu einer absoluten Autarkie der Tugend im Sinne der optimalen inneren Disposition zum Glück. Da stellt sich die Frage nach dem Stellenwert, den der Platonismus im Rahmen dieser Diskussion der Tugend beim Erreichen der Eudaimonie zumaß. Ihr geht Christian Tornau (Würzburg) in seinem Beitrag „Die Tugend ist hinreichend zur Erlangung der Glückseligkeit“: die stoische Autarkie­Formel im kaiserzeitli­ chen Platonismus nach. Zwischen den beiden Polen des Aristoteles und der Stoa war die Position Platons und der nachfolgenden Akademie jedenfalls schon in der Antike selbst nicht leicht erkennbar und bot keine Handhabe für eine Positionierung. Die interne Suche nach der platonischen Position spiegelt sich terminologisch wider in der unterschiedlichen Adaption entweder der aristotelischen – etwa bei Plutarch (um 45–125 n. Chr.) – oder der stoischen Formulierung – etwa bei Alkinoos (2. Jh. n. Chr.) oder Attikos (2. Jh. n. Chr.). Die für den späteren Platonismus seit Plotin (205–270 n. Chr.) selbstverständliche Aussage von der Autarkie der Tugend erwies sich in der Frühphase des wiederauflebenden Platonismus noch keineswegs als selbstverständlich. Vielmehr stand die stoische Formulierung zunächst durchaus in Konkurrenz zu aristotelischen Formulierungen. Zugleich bedeutete die letztendliche Durchsetzung der stoischen Formulierung nicht zwingend eine sachliche Stoisierung des Platonismus, sondern eher umgekehrt eine Platonisierung der stoischen Formulierung bzw. ihre Einbettung in einen platonisch-metaphysischen Kontext. Die ethischen Tugenden sind mit der Regelung der emotionalen Seelenteile befasst bzw. bestehen in der optimalen Handlungsdisposition zu klugem, beherrschtem, tapferem und gerechtem Verhalten. Bereits früh stellte sich daher die Frage, wie tugendhaftes Verhalten erzeugt werden kann, d. h. ob Tugenden durch Belehrung, also als ein Wissen, oder ob sie nur durch Gewöhnung bzw. Erziehung vermittelt werden können. Während Sokrates (469–399 v. Chr.) – und mit ihm Platon – Wissen und tugendhaftes Handeln in eins setzte, scheint Aristoteles (386–323 v. Chr.) die Gegenposition der Vermittlung durch Gewöhnung und Erziehung vertreten zu haben. Daraus ergab sich für den kaiserzeitlichen Platonismus, der vor allem in seiner neuplatonischen Phase von einer weitgehenden Identität der Lehraussagen beider Philosophen vor allem auf dem Gebiet der Ethik ausging, die auf den ersten Blick schwierige Aufgabe, die in diesem Punkt allem Anschein nach gegensätzlichen Standpunkte miteinander zu vereinbaren. Franco Ferrari (Salerno) kann in seinem Beitrag Insegnabilità della virtù e ruolo della Paideia nel Medioplato­ nismo: Plutarco, Alcinoo, Apuleio zeigen, dass die Integration der aristotelischen

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Sicht in die platonische Ethik nicht erst im Neuplatonismus, sondern bereits im Mittelplatonismus geleistet wurde. So bieten die Handbücher von Alkinoos (2. Jh. n. Chr.) und Apuleius (um 123 – nach 170 n. Chr.) sowie die Moralia Plutarchs (um 45–125 n. Chr.) in dieser Frage die aristotelische Position. Gleichwohl kann nicht von einer aristotelischen Kehrtwende gegen einen vermeintlich ursprünglichen Intellektualismus Platons gesprochen werden, zeigt doch die aristotelische Position – und damit auch der von ihr geprägte Mittelplatonismus – deutlich, dass die ethischen Tugenden zwar nicht selbst als unmittelbare Akte der Vernunft, aber doch als durch die Führung der Vernunft bestimmt aufgefasst wurden. Umgekehrt lässt sich schon für Platon zeigen, dass der Aspekt der – freilich durch Vernunft geleiteten – Gewöhnung und Erziehung beim Erwerb guter, tugendhafter Charaktereigenschaften mitbedacht wurde. Der Ausgleich beider Seiten – Gewöhnung bzw. Erziehung unter Führung der Vernunft – ist somit prinzipiell bereits bei Platon gegeben. Da die aristotelische Position sich so nur als konsequente Fortsetzung verstehen lässt, beruht die mittelplatonische Integration der aristotelischen Ethik nicht auf dem epigonalen Wunsch nach Harmonisierung, sondern auf einem in Platon und Aristoteles selbst liegenden sachlichen Fundament. Sektion 4 Menschliches Handeln und Freiheit behandelt einen besonders komplexen Teil der Ethik, was seinen Ausdruck in der großen Zahl der hier zugeordneten Beiträge findet. Dieser Bereich umfasst die Frage nach den Voraussetzungen und Implikationen des Handelns, d. h. nach der auf eigenem, freiem Willen beruhenden Eigenverantwortlichkeit einerseits und den nicht selbst zu verantwortenden Determinanten von Willen und Handeln andererseits sowie nach einer Handlungstheorie. Aus diesem Grunde schien es sinnvoll, die von Platon selbst gebotenen Grundlagen einmal gesondert und für sich zu betrachten. Dies leistet Christoph Horn (Bonn) in seinem Beitrag Platons Konzept des Willens im Menon und im Gorgias. Beide Dialoge zeigen deutlich die grundsätzliche Ausrichtung des Willens (bouvlhsi~) auf das Gute. Diese seelischem Streben immanente Tendenz, immer nur nach dem Guten zu streben, erweist sich als a priori gegebenes und bei jeder Handlung immer schon vorausgesetztes Prinzip des Handelns schlechthin. Dem Umstand, dass Menschen durchaus auch immer wieder und gezielt Schlechtes tun, wird dabei von Platon durchaus Rechnung getragen, denn unter dem erstrebten ‚Guten‘ ist das dem Handelnden vorteilhaft Erscheinende zu verstehen. So kann es im Einzelfall zu einer Diskrepanz zwischen dem objektiv Vorteilhaften und dem nur subjektiv als vorteilhaft Erscheinenden kommen. Letztlich beruht objektiv schlechtes Handeln immer auf Täuschung. In diesem Sinne kann Platon sagen, niemand handle freiwillig und wissentlich schlecht. Handeln hat eine intellektualistische, d. h. an ein kognitives Erfassen des Handlungsziels gebundene Prägung. Dieses Verständnis des Willens als eines immer auf das Gute ausgerichteten Strebens, wie es der Menon bietet, wird durch den bei Platon ebenfalls, etwa im Gorgias, vorhandenen andersartigen Gebrauch von bouvlhsi~ nicht aufgehoben. Denn wenn dort mit bouvlhsi~ das rationale, am Objektiven orientierte Streben nach dem Guten bezeichnet wird, so dass das faktisch immer wieder vorhandene Streben nach Schlechtem dann nicht als bouvlhsi~ bezeichnet werden kann, so ist damit nicht bestritten, dass die Strebens-

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tendenz der Seele immer auf gut Erscheinendes zielt. Bestritten wird lediglich, dass der Strebende dies im prägnanten Sinne als Schlechtes ‚will‘. Vielmehr zielt er nur deshalb darauf ab, weil er es – fälschlich – für das hält, was er eigentlich will, nämlich für das, was aus rationalem Blickwinkel gesehen das für ihn objektiv Beste und daher eigentlich zu Wählende ist, weil es der generellen Strebenstendenz auf das Gute hin am meisten gerecht wird. Die natürliche, rationale Strebenstendenz nach dem objektiv Guten kann durch falsches Meinen überlagert werden, so dass das fälschlich für gut Gehaltene als Handlungsziel gewählt wird. Dem grundsätzlich jedoch immer gegebenen rationalen Streben nach dem objektiv Guten zum Durchbruch zu verhelfen, d. h. dem Wählenden die wahren Handlungsziele aufzuzeigen, eben darin besteht Aufgabe und Leistung der Philosophie. Der Beitrag von Horn zeigte, dass der Wille nicht voraussetzungslos ist. Handeln beruht auf bestimmten Prinzipien und Determinanten, die der Handelnde nicht nach Belieben wählen kann. Christian Pietsch (Münster) stellt sich daher in seinem Beitrag aijtiva eJlomevnou. Menschliches Entscheiden und Handeln zwischen Freiheit und Determination im Platonismus der Kaiserzeit die Frage, ob und in welchem Umfang es in platonischem Denken Freiheit geben kann. Ihre Beantwortung entscheidet darüber, wie menschliches Handeln zu bewerten ist, ja ob es sich überhaupt bewerten lässt. Platon sah die Notwendigkeit zu einer systematischen Diskussion, wie sie sich später entwickelte, offenbar noch nicht. Weder die Entscheidungsfreiheit als Wahl der inneren Einstellung noch die Handlungsfreiheit als deren Umsetzung nach außen wurden zu seiner Zeit bestritten. Allerdings sah Platon die Freiheit durch eine Reihe von nicht durch das Individuum zu verantwortenden Determinanten eingeschränkt. Als Prinzip des Handelns gilt die grundsätzliche Ausrichtung auf das Gute, die jede Einzelhandlung motiviert und letztlich zum transzendenten Guten als letztem Ziel streben lässt. Die Tendenzen menschlichen Handelns werden also in die Theozentrik Platons eingeordnet. Neues Gewicht erhält die Freiheitsdebatte nach dem Wiederaufleben des Platonismus im 1. Jh. v. Chr. in der Auseinandersetzung mit der Stoa, die nur die (innere) Entscheidungsfreiheit, nicht aber die nach außen gewandte Handlungsfreiheit akzeptierte. Die Diskussion konzentrierte sich daher zunächst im Mittelplatonismus auf die Handlungsfreiheit. Während die Stoa die durchgängige Determination der Natur vertrat, postulierte die Gegenseite Kontingenz, die die äußeren Ereignisabläufe offen und somit beeinflussbar sein lässt. Menschliches Handeln kann so zur Ursache neuer Ereignisketten werden. Allerdings wurde durch diese menschliche Eigenkausalität ungewollt die umfassende göttliche Providenz fraglich. Erst der Neuplatonismus vermochte ein umfassendes und ausgewogenes Gesamtkonzept zu entwickeln. Nunmehr wurde die Providenz Gottes als Instanz herausgestellt, die menschliches Handeln mit einschließt, indem sie deren positive und negative Folgen optimal in das Gesamtgefüge aller Abläufe einpasst. Freiheit wird dabei nicht primär in der Freiheit der Wahl als solcher, sondern in der Fähigkeit gesehen, das zu erlangen, was jeder Handelnde eigentlich will: das jeweils Gute bzw. letztlich das transzendente Gute selbst. An die Frage nach der dem Handeln zugrunde liegenden Freiheit schließt sich die Frage nach dem Handeln selbst bzw. nach der platonischen Handlungstheorie an. Der Begriff der Handlung (pra'xi~) erweist sich, so zeigt Matthias Perkams

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(Jena) in seinem Beitrag Die Gleichzeitigkeit von Wählen und Nicht­Wählen. Hand­ lungstheoretische Überlegungen bei Plotin und anderen antiken Platonikern, als ein komplexer, voraussetzungsreicher Begriff. Er impliziert den Begriff des Willens, für den Perkams Bewusstsein und Spontaneität als Kriterien festlegt. Zusätzlich impliziert der Handlungsbegriff der Platoniker rationale Aspekte – so ist etwa für Plotin (205–270 n. Chr.) die pra'xi~ werthaft und systematisch klar von der qewriva abhängig. Zugleich umfasst Handeln außer den kognitiven Aspekten aber auch Strebemomente, die nicht aus der in sich selbst ruhenden qewriva stammen können. In welcher Weise sich nun das Streben an der qewriva orientiert, ist Sache der persönlichen Wahl. Hier, also der eigentlichen, äußeren Handlung vorausgehend, liegt das Moment der Freiheit, während die äußeren Handlungen lediglich Folgen der vorgängigen Entscheidung sind. Ob die Entscheidung vernunftgemäß oder vernunftwidrig getroffen wird, liegt – zumindest im Zustand der Inkorporation der Seele – an der jeweiligen Charakterstruktur des Einzelnen. Damit resultiert Handlung – und dies gilt für die Handlungstheorie im Platonismus auch bereits vor Plotin, wie Perkams anhand von Plutarch (um 45–125 n. Chr.) zeigen kann – zumindest nicht aus einem Willen im skizzierten, modernen Verständnis spontanen, d. h. indeterminierten Entscheidens. Damit ist eines der beiden von Perkams festgelegten Kriterien von Willen nicht gegeben. Spontaneität ist allenfalls dort möglich, wo die Seele ohne Bindung an den Körper entscheidet, d. h. bei der Entscheidung zur Abwendung vom Guten und dem nachfolgenden ‚Fall‘ der Seele in den Körper. Doch da diese Wendung zum Schlechten für Plotin gerade nicht rational ist, erfüllt eine Entscheidung dieser Art nach Perkams diesmal das andere genannte Kriterium für Freiheit nicht, die Bewusstheit. Dieses Ergebnis regt zu der Überlegung an, ob die Schwierigkeiten, auf den unterschiedlichen Handlungsebenen (Seele im Körper bzw. Seele allein) im Platonismus ein einheitliches, kohärentes Konzept vom Willen zu finden, möglicherweise darauf zurückzuführen sind, dass moderne Willenskonzepte keine passenden Such- und Bestimmungskriterien dafür liefern, wann der Sachverhalt des freien Willens erfüllt ist. Dass Handeln im Verständnis der Platoniker nicht im neuzeitlichen Sinne als spontan gelten kann, haben die bisherigen Beiträge dieser Sektion hinreichend deutlich werden lassen. Worin die der prinzipiellen Entscheidungs- und Handlungsfreiheit gegenüber äußeren Determinanten zu sehen waren, hatte besonders der Beitrag von Pietsch zu zeigen versucht. Eine wichtige Facette dieser Determination wird angesichts der Theozentrik platonischen Denkens von der Frage thematisiert, welcher Einfluss den Göttern im Entscheiden und Handeln der Menschen zukommt, ein Einfluss, der im Sinne der Grundaussagen Platons zur Theologie (tuvpoi peri; qeologiva~) immer als ein guter, helfender aufzufassen ist. Diesem Thema geht Christoph Helmig (Berlin) in seinem Beitrag Hilfe der Götter für das gute Leben – Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus nach. Dass Hilfe von göttlicher Seite für die Menschen erforderlich ist, darüber gab es seit Platon Konsens, wie allein schon die zahlreichen Gebete in seinen Dialogen zeigen. Doch bei der Bestimmung der Formen, in denen diese Hilfe sich vollzieht, gab es Verschiebungen in der weiteren Geschichte des Platonismus. Helmig unterscheidet zwischen drei Formen göttlicher Hilfe: Hilfe durch Handreichung/Einmischung,

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durch Ermöglichung und durch Vermittlung. Mit der ersten Form der Hilfe ist ein individueller, gezielter Eingriff in ansonsten sich anders vollziehende Abläufe gemeint. Hierin sieht Helmig die problematischste, von Platon selbst nicht autorisierte Form göttlicher Intervention. Hilfe durch Ermöglichung im Sinne der von göttlicher Seite her geschaffenen (natürlichen) Bedingungen, die eine Annäherung an Gott erlauben und deren Nutzung letztlich, seiner persönlichen Eignung entsprechend, jedem Menschen möglich ist, sowie durch – etwa von Dämonen geleistete – vermittelte Hilfe dagegen sind bei Platon selbst bereits gut nachweisbar. Der spätere Platonismus weist alle drei Arten göttlicher Hilfe auf, wie zahlreiche mittelund neuplatonische Texte zeigen. Dabei wird die problematische erste Form direkter Eingriffe sachlich dadurch entschärft, dass sie als eine uneigentliche, eher aus didaktischen Gründen verwendete Art des Sprechens über gerechtes göttliches Handeln bezeichnet wird. Auch die – von den drei Arten bedeutendste – Hilfe durch Ermöglichung wird fortgeführt, erweitert im späten Neuplatonismus freilich um den Aspekt der Theurgie, in dem zusätzliche, dem Menschen rational nicht zugängliche, zeichenhafte göttliche Hilfen, so genannte Symbola, den Überstieg von der menschlichen Ratio zum Göttlichen ermöglichen. Wenngleich Helmig im Rahmen des kaiserzeitlichen Platonismus im Detail nur die ersten beiden Formen von Hilfe bespricht, kann jedoch die bleibende Bedeutung der Hilfe durch Vermittlung gerade angesichts der immer differenzierteren Triadenstruktur der neuplatonischen Metaphysik vermutet werden. Nicht nur Wille bzw. Entscheidung schließen vorgängige Determinanten ein. Auch der Bereich des (äußeren) Handlungsvollzugs weist eigene Determinanten auf. Er ist durch die Zusammensetzung von Form und Materie bestimmt. Die Seele als die Form bildet durch Wirkung auf die Materie den Körper als physische Entität aus, deren äußere Handlungen sie verursacht. Andrew Smith (Dublin) thematisiert in seinem Beitrag To what extent is human ethical activity determined by matter/ body?, inwiefern die Seele nicht nur aktives Prinzip der innerweltlichen Handlungsvollzüge ist, sondern umgekehrt auch beeinflusst wird durch die Materie. Die platonische Position erweist sich als differenziert. Einerseits kann die Beherrschung der Materie für die individuellen Seelen eine erhebliche Schwierigkeit bedeuten. Andererseits jedoch besitzt die Seele die Freiheit, die Schwierigkeiten zu überwinden. Ob sie sich von der Widerständigkeit der Materie bestimmen und in Affekte und Passivität gegenüber den äußeren Ereignissen hineindrängen lässt, liegt letztlich bei ihr selbst. Wenn das rationale psychische Selbst, wie vor allem Plotin (205– 270 n. Chr.) betont, bei Orientierung an der Vernunft von den körperlichen, äußeren Umständen unberührt bleibt, so bedeutet dies jedoch nicht, dass der Mensch sich von einer eigenen Einwirkung auf eben diese Abläufe zurückhalten sollte. Vielmehr kann die rationale Seele dem Körperbereich als aktives Prinzip gegenübertreten. In Sektion 5 Konkurrenz und Interaktion – Zur Integration fremder Lehrelemente in der Ethik des Platonismus und zur Auswirkung platonischer Ethik auf politisches und gesellschaftliches Denken wurde schließlich die Frage nach dem Blick der Platoniker gleichsam nach außen gestellt. Dieser Bereich, der gut ein eigenes Tagungsthema abgäbe, konnte nur ansatzweise durch Beispiele behandelt werden. In den

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Aspekt philosophischer Konkurrenz und Interaktion führt Michael Erler (Würzburg) mit seinem Beitrag Hellenistische Elemente in der platonischen praeparatio philosophica der Kaiserzeit (am Beispiel des ejpilogismov~ bei Plutarch) ein. Zwar wird vor allem die Stoa in den meisten Beiträgen dieses Bandes als ständig präsenter Gegenpol der platonischen Lehrentwicklung sichtbar,5 doch wurde die Interaktion des Platonismus mit anderen Schulen bisher noch nicht gesondert thematisiert. Zwar ist sie in den nicht-stoischen Philosophien weniger evident, doch kann, wie Erler für den Epikureismus zeigt, auch hier von einer Integration einzelner Aspekte in die platonische Ethik gesprochen werden. Dies wurde den Platonikern dadurch erleichtert, dass sie die hellenistische Philosophie als Weiterführung einzelner, isolierter und dadurch unausgewogener Teilstücke der Philosophie Platons ansehen konnten. Daher wurde der ‚Rückimport‘ bestimmter Lehrstücke, die in den Platonismus integrierbar waren, möglich. Dies galt besonders für den Bereich der Ethik, da das Verständnis von der Aufgabe der Philosophie als einer Sorge um die Seele gemeinsame Überzeugung war. Wie ein solcher Rückgriff auf ein epikureisches Lehrstück aussehen und dieses dann ein Teil der platonischen ‚praeparatio philosophica‘ werden konnte, zeigt Erler anhand des so genannten ‚Epilogismos‘. Er war eine Methode zur Überprüfung von Ansichten oder Meinungen auf ihre möglichen, d. h. positiven oder negativen, Folgen anhand empirischer Beispiele. So konnten Ansichten und Meinungen im Vorgriff, bevor sie handlungswirksam wurden, auf ihre möglichen Vor- oder Nachteile überprüft und entsprechend als richtig bzw. falsch erkannt und dann entweder beibehalten oder aufgehoben werden. Interaktionen der Platoniker gab es jedoch nicht nur mit anderen philosophischen Richtungen. Platoniker waren umgeben von einer Gesellschaft, in der sie lebten. Dass sie sich dem gesellschaftlich-sozialen Aspekt des irdischen Lebens nicht verschlossen, zeigt beispielhaft das Engagement Plotins (205–270 n. Chr.) für Waisenkinder. Es wäre falsch, dem kaiserzeitlichen Platonismus ein Desinteresse an politischer Philosophie zuzuschreiben. Dem stand allein schon das eminent politische Interesse Platons entgegen, aber auch die Bestimmung der Politik als Teil der praktischen Philosophie durch Aristoteles. Zwar gilt der Politik sicher nicht das primäre Interesse der transzendenzorientierten mittel- und neuplatonischen Philosophie. Aber die Bewährung im irdischen Leben im Rahmen einer politischen Gemeinschaft wurde, wie das praktische Leben überhaupt, als eine – wenngleich mindere, indirekte – Form der Nachahmung Gottes verstanden, wie sie den Bedingungen des körperlichen Daseins entsprach. Daher hatte die politische Philosophie einen festen Platz in den philosophischen Diskussionen des antiken Platonismus, wie der Beitrag von Dominic O’Meara (Fribourg) Preparing Platonopolis. Political Philosophy in Middle Platonism zeigen kann. Dabei spielte der Mittelplatonismus offenbar eine vorbereitende Rolle, da dort der genaue systematische Ort der Politik innerhalb der praktischen Philosophie noch nicht verbindlich geklärt war. So wurde dort vor allem das Verhältnis der Politik zu den übrigen Teilen der praktischen Philosophie Ethik und Ökonomik bzw. die Angemessenheit dieser Unterteilung diskutiert. 5

Zum Verhältnis von Platonismus und Stoa auch Bonazzi/Helmig (2007b).

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Tagungen und Tagungsbände können ohne vielfältige Hilfe nicht gelingen. So war es auch hier. Vielfältig ist daher auch der Dank des Herausgebers. Unbedingt genannt werden muss die Karl und Gertrud Abel-Stiftung, vertreten durch die Kollegen Herrn Prof. Dr. Drs. h. c. Wolfgang Kullmann (Freiburg) und Herrn Prof. Dr. Jochen Althoff (Mainz). Durch ihre großzügige und unkomplizierte Förderung wurde nicht nur die Aufnahme des Tagungsbandes in die Reihe ‚Philosophie der Antike‘ ermöglicht, wodurch ideale Publikationsvoraussetzungen für den Tagungsband geschaffen wurden. Eine große und unverzichtbare Hilfe bestand auch in der Bereitstellung des weitaus größten Teils der finanziellen Basis für die Durchführung der Tagung. Weiter flossen – das sei ebenfalls dankbar hervorgehoben – auch Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Rektorates der Westfälischen Wilhelms-Universität sowie des Fachbereichs 8 (Geschichte/Philosophie) in die Finanzierung ein. Dass es dem Herausgeber ein besonderes Bedürfnis ist, auch den Tagungsteilnehmern bzw. den Autoren dieses Bandes mit allem Nachdruck ein ganz herzliches Dankeschön zu sagen, versteht sich von selbst. Sie haben der sachlichen Systematik zuliebe die thematischen Vorgaben des Herausgebers, oft aber auch eine weite Anreise und einen viertägigen Tagungsverlauf sowie schließlich auch die aufwendige, mit viel redaktioneller Korrespondenz verbundene Erstellung der Endfassungen ihrer Beiträge klaglos und mit großer Kooperationsbereitschaft auf sich genommen. Dominic O’Meara war darüber hinaus so hilfsbereit, die englischen Abstracts, wo nötig, sprachlich zu verbessern. In Danksagungen ist der Schluss ein besonderer Ehrenplatz. Ganz besonders herzlich ‚Danke‘ gesagt sei daher an dieser Stelle denen, oi{ moi kednovtatoi kai; fivltatoiv eijsin aJpavntwn (nach Homer, Ilias 9, 586). Gemeint sind meine Hilfskräfte Frau Britta Gerloff, Frau Lena Plescher und Frau Sarah Oedingen, mein (damaliger) Assistent, Herr Prof. Dr. Robert Kirstein (jetzt Tübingen) und sein Nachfolger, Herr Martin Menze. Durch die lange, enge Zusammenarbeit vom Beginn der ersten Planungen über die Tagung bis zur Vollendung dieses Bandes ist viel persönliche Verbundenheit herangewachsen. Ohne das nie ermüdende Engagement und ohne die große Sorgfalt dieser treuen, unentbehrlichen und liebenswerten Helfer wären weder die Tagung noch der Band möglich gewesen. Christian Pietsch (Münster) im Oktober 2011

SEKTION 1: ETHIK ALS PHILOSOPHISCHE DISZIPLIN

IL POSTO DELL’ETICA NEL SISTEMA DEL PLATONISMO* Mauro Bonazzi, Mailand 1. La tassonomia è stata una passione costante per i filosofi greci. In età ellenistica e imperiale, ma anche prima a partire da Aristotele almeno, grande attenzione è stata riservata a classificazioni e sistemazioni: classificazioni di scuole, liste di successioni, catalogazioni di opere costituiscono un aspetto distintivo della filosofia in un’epoca sempre più marcata dalla pratica dell’insegnamento. Tra tutte, la classificazione forse più importante riguardava la filosofia e le sue parti: si tratta di un tema molto dibattuto e a proposito del quale restano numerose testimonianze divergenti. Del resto, diversamente da quanto potrebbe apparire a prima vista, questo tipo di classificazione non dipendeva soltanto da interessi scolastici o eruditi. Al contrario, essa non solo serviva a veicolare la propria idea di filosofia, ma funzionava anche come strumento polemico nei confronti di colleghi e avversari – e il gusto per la polemica è un’altra passione dominante dei filosofi greci. Data l’importanza della questione, non è dunque un caso che anche i platonici se ne siano occupati. Più precisamente, sembra di poter rilevare che, nella tradizione platonica, due fossero le classificazioni principali, una prima che divideva la filosofia in etica, fisica, logica e una seconda in etica, logica, fisica, epoptica. Obiettivo specifico di questo contributo è il ruolo dell’etica: in entrambi i casi l’etica occupa la prima posizione, ma, come cercherò di mostrare, nelle due classificazioni questa posizione ha un significato diverso, un’analisi comparata dei due modelli permetterà di chiarire quale potesse essere l’importanza dell’etica nel platonismo e quale il suo posto nel sistema filosofico. Cominciamo dalla prima classificazione, la più tradizionale, ma non per questo la meno interessante. Come noto, infatti, la tripartizione in etica, fisica, logica risale ai secoli ellenistici, prima cioè della ripresa in senso sistematizzante del (medio) platonismo. Questa classificazione di fatto serve ad articolare il discorso epicureo, e soprattutto stoico: in tutta probabilità essa fu per la prima volta formulata e adottata sistematicamente proprio da questi ultimi, presumibilmente fin da Zenone.1 Tra * 1

Ringrazio Thomas Bénatouïl, che ha letto una prima versione di questo testo. Per ulteriori spunti ringrazio poi i partecipanti all’incontro di Münster, in particolare John Dillon e Franco Ferrari. Il che non esclude che ci fossero stati degli antecedenti per questa specifica tripartizione, quale ad es. Senocrate, come osservato ad es. da Thiel (2006) 240–242. Nonostante l’importanza del suo contributo per la tripartizione del discorso filosofico, però, qualche problema comunque rimane: in particolare, risulta problematico che egli potesse ridurre tutta la trattazione metafisica e teologica nella sola ‘fisica’ – una categoria che invece si adatta perfettamente agli stoici, “che risolvevano tutta la metafisica e tutta la teologia nella fisica”, Isnardi Parente (1982) 310.

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i platonici o in testimonianze concernenti il platonismo questa tripartizione è molto diffusa: la ritroviamo in Cicerone, Eudoro, Attico, Alcinoo, Apuleio, Diogene Laerzio, Agostino.2 La testimonianza congiunta di Cicerone e Agostino conferma che il primo ad applicarla fu Antioco di Ascalona, che non è certo il padre del platonismo, ma che comunque giocò un ruolo importante nella sua rinascita. Che Antioco riprendesse teorie dello stoicismo non è certo una sorpresa. Ma queste riprese non fanno di lui uno stoico mascherato, come spesso gli è stato imputato, tanto dai suoi avversari antichi quanto da alcuni studiosi moderni.3 Antioco è e rimane un platonico, e il suo rapporto con lo stoicismo segue una strategia più sottile di quello che può sembrare a prima vista: non la semplice e pedissequa ripresa, bensì una riappropriazione che mira allo stesso tempo a dimostrare la superiorità del platonismo sullo stoicismo.4 Un primo punto fondamentale per cogliere il senso della posizione di Antioco è la contestualizzazione storica in cui la tripartizione viene inserita: nel momento stesso in cui adotta la teoria stoica, Antioco ha cura di sottolineare che in realtà non si tratta di una classificazione stoica: la tripartizione risalirebbe infatti a Platone per essere poi definitivamente articolata dai suoi successori accademici e peripatetici. Potrebbe anche darsi il caso che Antioco non fosse stato il solo a rivendicare la centralità di Platone in questo periodo:5 ma è un fatto che il modo in cui Antioco si appropria della tripartizione comporta una subordinazione dello stoicismo, che viene presentato come il segmento finale di una lunga storia. Un segmento certamente importante, ma la cui importanza è data dall’appartenenza ad una tradizione più antica, e il cui valore risiede non in contributi originali, bensì nel grado di fedeltà rispetto a questa tradizione. La contestualizzazione cronologica non è il solo indizio che serve a ricostruire la strategia di Antioco. La testimonianza congiunta di Cicerone e Agostino ci informa infatti che Antioco ordinò il discorso filosofico secondo una sequenza precisa: etica, fisica, logica.6 Presa isolatamente, questa sequenza potrebbe sembrare poco rilevante. Ma l’ordine della classificazione acquista maggior interesse quando si considera che esso è seguito anche da quasi tutti gli altri platonici: per quanto possiamo verificare la stessa sequenza è adottata non solo da Antioco (vale a dire

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Una seconda difficoltà dipende dall’uso del termine logikov~, un termine tipicamente stoico, che difficilmente può essere usato per descrivere la dialettica dei platonici, cfr. Hadot (1979) 206 f. L’importanza di Senocrate si spiega piuttosto come parte del tentativo di Antioco di accreditare il platonismo come la prima scuola filosofica che abbia introdotto questa tripartizione, vedi oltre. Cic., ac. 19; Eud., fr. 1 Mazzarelli (ap. Stob. Anth. II 44 W. H.); Attic., fr. 1 des Places (ap. Eus., PE II, p. 6, 19-8,4 Mras); Apul., Pl. I 187; D. L. III 56; August., C. D. VIII 4. Cfr. in particolare Cic., Luc. 69. 132. 137; S. E., P. I 235; Numen., fr. 28 des Places; August., C. Ac. III 41 e C. D. XIX 3; tra i moderni, si veda Görler (1994). Cfr. ad es. Donini (1982) 81; per un’analisi più approfondita del platonismo di Antioco, rimando a Bonazzi (2009) e Bonazzi (2012). A questo proposito cfr. l’accurata analisi di Baltes (1996) 205–231. Tra i non platonici un parallelo interessante si ritrova in Posidonio, cfr. frr. 87 f., 91 Kidd con il commento ad locc. Ma è tutt’altro che scontato che il rinvio a Platone che si legge in S. E., M. VII 16 (= Posid., fr. 88 Kidd) vada riferito a Posidonio. Cfr., oltre ai passi citati, anche Cic., Leg. I 58–62 con Boyancé (1971) 128.

Il posto dell’etica nel sistema del platonismo

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Cicerone e Agostino), ma anche da Eudoro e Attico, mentre è solo Alcinoo a seguire un ordine diverso.7 Ora, si tratta di una semplice casualità o questa scelta risponde ad una strategia precisa? E se è questo secondo caso, quale è il significato della posizione di primo piano riservata all’etica? È rispondendo a queste domande che si possono chiarire la posizione di Antioco e il suo rapporto con gli stoici. Circa la prima domanda, anche se non si può escludere completamente il fattore della casualità, alcuni indizi sembrano suggerire che l’ordine della tripartizione non era accidentale. Da un punto di vista generale, come già osservato, non va sottovalutato che queste classificazioni avevano grande importanza per gli antichi ed erano oggetto di ampie discussioni:8 data questa rilevanza, è ragionevole ipotizzare che l’invarianza della classificazione fosse il risultato di una decisione e non la semplice risultante di una tradizione testuale capricciosa. Ma se è così, un confronto con lo stoicismo diventa interessante: mentre i platonici sembrano adottare una tripartizione fissa, gli stoici si distinguono invece proprio perché secondo loro la tripartizione non segue un ordine fisso, con l’obiettivo di sottolineare l’interdipendenza delle singole parti l’una con l’altra:9 è rispetto alle variazioni stoiche che la costanza dei platonici è significativa. Se si considera l’importanza dello stoicismo per Antioco, se si considera insomma che la classificazione platonica riprendeva quella stoica, questo scarto diventa interessante, e può essere probabilmente ricondotto ad una divergenza di fondo, oppure, forse meglio, ad un tentativo di Antioco di correggere gli stoici. Questa ipotesi guadagna in interesse e consistenza, se si chiarisce un altro punto preliminare, individuando che tipo di classificazione è qui in discussione. In un 7

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La medesima sequenza (etica, fisica, logica) si trova inoltre in Sen., Ep. 89,9; Quint., Inst. I, pr. 16 (iusto, aequo ac bono – causis naturalibus – verborum proprietas et differentia); Greg. Nyss., Vit. Moys. II 115. Barnes (1989) 82 n. 109 osserva che a fin. V 9, dove si tratta di Antioco (anche se il riferimento è curiosamente sempre ai peripatetici), si trova una sequenza fisica, logica, etica, e questo smentirebbe l’idea che Antioco seguisse invece l’ordine etica, fisica, logica. Ora, è chiaro che non si deve pretendere che tutte le volte che veniva introdotta la tripartizione la si citasse nell’ordine giusto: bisogna anche considerare il contesto delle menzioni. Così mentre ac. 19 ha un valore programmatico (in discussione è la filosofia e le sue divisioni), fin. V 9 è un passo di transizione, la cui funzione è introdurre la discussione etica sul fine: il che spiega la posizione finale riservata all’etica. Se poi si volesse invece attribuire un valore più sostanziale anche a questo passo, non si potrebbe fare a meno di osservare che in esso è chiaramente la parte etica ad avere maggiore importanza. Come cercherò di mostrare, anche nell’altra sequenza l’obiettivo era quello di sottolineare l’importanza della parte etica. L’ordine delle classificazioni di Apuleio, Pl. I 187 f. e Diogene Laerzio III 56 dipende da ragioni cronologiche – chi fossero stati primi ad introdurre le singole discipline – con l’obiettivo di celebrare in Platone colui che aveva portato a perfezione l’organizzazione del sistema filosofico: i due passi non sono dunque particolarmente utili per stabilire il valore intrinseco delle singole discipline e la loro disposizione reciproca. Cfr. Boyancé (1971). Cfr. ad es. Goldschmidt (1969) 60–67, Long/Sedley (1987) I 160–162. Esemplare a questo proposito è P. Hadot (1979) 201: un sistema come quello stoico “s’interesse moins à la spécificité qu’à la solidarité entre les parties: il cherche à saisir les corrispondances ou les passages qui les relient pour mieux montrer l’unité systématique de la philosophie”; 208–212: il sistema stoico si caratterizza per “une continuité dynamique” e per “une interpénétration réciproque entre les parties”.

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fondamentale articolo pubblicato qualche anno fa, Pierre Hadot aveva mostrato che le diverse classificazioni, nonostante le somiglianze apparenti, non erano in realtà tutte sovrapponibili allo stesso modo. Più precisamente, si dovrebbe distinguere tra classificazioni ‘formali e ‘pedagogiche’: le prime semplicemente presentano le discipline che costituiscono il discorso filosofico, evidenziandone eventualmente le gerarchie interne, mentre le seconde articolano le discipline in un percorso formativo.10 Nel caso dello stoicismo abbiamo testimonianze a proposito di entrambe queste classificazioni, e nel caso delle classificazioni ‘formali’ quella che emerge è una situazione fluida: manca un accordo condiviso su quale potesse essere la parte più importante, e l’accento sembra piuttosto cadere sull’interdipendenza delle discipline tra di loro. E nel caso dei platonici? Di nuovo la sinteticità delle testimonianze rende difficile una risposta certa. Ma nel caso di Antioco e di Eudoro almeno, sembra chiaro che si tratta di una classificazione ‘formale’, non ‘pedagogica’: il problema è presentare i costituenti del sapere, non articolarli in un percorso formativo. E questo sembra confermare la divergenza rispetto allo stoicismo: perché è forte la tentazione che la scelta di adottare un ordine fisso e gerarchicamente articolato si ponesse in polemica (esplicita o implicita) con la mancanza (teorica o di fatto) di un ordine stabilito e condiviso in campo stoico. Ma per capire in che senso bisogna prima rispondere alla seconda domanda: quale sarebbe nella tripartizione la parte più rilevante? Nel suo fondamentale articolo, Hadot aveva suggerito che la parte più rilevante fosse la logica, vale a dire la terza disciplina della sequenza, nella misura in cui riprendeva la dialettica, che aveva costituito il cuore della filosofia secondo Platone. In linea di massima, questo ragionamento è sicuramente ben motivato: la dialettica era fondamentale per Platone, e la scelta di riservare maggiore importanza all’ultimo membro di una serie è ben attestata, e ne vedremo presto degli esempi. Ma l’ipotesi viene meno, se consideriamo la testimonianza a proposito di cui siamo meglio informati, quella di Antioco appunto (cfr. in particolare Cic., ac. 19): la logica di cui si tratta non è tanto la dialettica platonica, quanto quello che gli stoici intendevano per ‘logica’, vale a dire il problema del criterio, lo studio del linguaggio, la logica in senso stretto e la retorica. Tutte materie importanti, ma non certamente le più importanti: la logica, insomma, si occupa della conoscenza e del discorso umano, non è la scienza che indaga le realtà supreme.11 Al contrario, è più ragionevole che maggiore importanza fosse riservata alla disciplina che occupava il primo posto, l’etica: la disciplina che si occupava delle scelte di vita (de vita et moribus), o più precisamente de bene vi­ vendo.12 Evidentemente tutte le discipline sono importanti: ma l’etica, la disciplina 10 11 12

Hadot (1979) 201–223: 213–215. Del resto è lo stesso Hadot (1979) 208. 212, a sottolineare la differenza tra la ‘logica’ platonica e quella stoica. Un’altra testimonianza interessante è Cic., Luc. 29 (dove si parla sempre di Antioco): “due sono le cose che maggiormente importano in filosofia, il giudizio di verità e l’obiettivo ultimo (fi­ nem) dei beni: nessuno può essere saggio, se ignora l’inizio (initium) della conoscenza o il termine (extremum) del desiderio, se non sa da dove cominciare e dove bisogna arrivare”. Anche se la struttura del passo è diversa, è chiaro che l’etica è la meta finale; cfr. anche August., c. acad. III 37 (dove dialettica è da intendersi nel senso stoico).

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che tratta della felicità, lo è di più. E questo conferma l’ipotesi che la sequenza di Antioco non fosse casuale ma rispondesse ad una precisa strategia: sottolineare la preminenza della dimensione etica e pratica del platonismo. Difendendo la sua sequenza, Antioco poteva così ribadire questa convinzione. Ed è qui che si potrebbe rintracciare uno spunto polemico contro gli stoici, che, sebbene a loro volta avessero sottolineato l’importanza dell’etica, non le avevano concesso il giusto rilievo nella classificazione: l’imposizione di un ordine fisso alla tripartizione stoica servirebbe così a correggere quella che poteva sembrare un limite dello stoicismo, che non aveva affermato chiaramente questa superiorità. Una strategia sottile, se si considera che anche per gli stoici l’etica era fondamentale! Così facendo, dunque, e attribuendo la sequenza a Platone e ai suoi successori immediati, Antioco poteva rivendicare ancora una volta la superiorità del platonismo, la filosofia che ha saputo dare il giusto ordinamento alle parti della filosofia, e all’etica su tutte. La continua rivendicazione delle meritorie imprese civili e politiche compiute da allievi dell’Accademia – che troviamo non solo in Antioco, ma ad es. anche in Plutarco –13 vale come conferma storica della superiorità teorica della filosofia di Platone e dei suoi allievi.14 Questa era probabilmente la posizione di Antioco, ed è ragionevole che fosse anche quella di Eudoro, che a sua volta sembrerebbe essersi appropriato di concetti e dottrine stoiche per riadattarli poi ad un contesto filosofico diverso, quello del platonismo.15 Nel caso di Attico, per quanto rimanga probabile che la sequenza dipendesse dalla classificazione di Antioco, è difficile dire quanto egli fosse consapevole della sottile polemica intessuta nei confronti degli stoici: è significativo comunque osservare che Attico era a sua volta un platonico interessato ad un confronto con lo stoicismo. Ma la scarsità di informazioni a nostra disposizione rende più difficile ricostruire le motivazioni di questi due autori, sempre che ve ne fossero state. 2. Prima di passare al secondo tipo di classificazione delle discipline filosofiche adottato dai platonici, conviene soffermarsi velocemente su quella di Alcinoo, che segue la stessa tripartizione seguita da Antioco, ma secondo un ordine diverso.16 In realtà, piuttosto che di una sequenza soltanto, sarebbe più corretto parlare di due sequenze diverse: 1) nel capitolo terzo, esplicitamente dedicato alle parti della filosofia, la classificazione prevede una distinzione in teoretica, pratica e dialettica, che, al di sotto di una patina terminologica aristotelizzante (la distinzione teoretico/ pratico) e platonizzante (l’impiego di ‘dialettico’) riprende la solita tripartizione in fisica, etica, logica. Come hanno osservato numerosi studiosi, anche questa classificazione dipende da interessi ‘formali’ e non ‘pedagogici’,17 con l’obiettivo di esal13 14 15 16 17

Cfr. ad es. Cic., fin. V 7, e Plut., Adv. Col. 1026 A-E. Su Antioco, cfr. ora anche Bénatouïl (2009) 11–24. Cfr. Bonazzi (2007). Tra gli studi più completi si segnalano Hadot (1984) 73–80, Moraux (1984) 449–453, Whittaker (1990) 78–81, Dillon (1993) 57–60. In particolare, cfr. Hadot (1984) 73.

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tare la dimensione teoretico-contemplativa della filosofia.18 2) Nel seguito del manuale, tuttavia, la trattazione delle diverse sezioni segue un ordine diverso: logica, fisica, etica. Come conciliare queste due diverse sequenze, sempre che ve ne sia bisogno? Sicuramente non ipotizzando che la seconda sequenza segua un ordine pedagogico, perché in tal caso risulterebbe che al vertice del sistema si troverebbe in un caso, nel primo, la parte teoretica (in altre parole, la fisica) e nell’altro, nel secondo, quella pratico/etica. Una spiegazione più convincente fa invece riferimento alla dimensione teologica, che caratterizza tanto la parte teoretica/fisica quanto quella pratica/etica: l’obiettivo della prima è la contemplazione delle cose immobili, prime e divine, mentre culmine dell’etica è la conoscenza del sommo bene e l’assimilazione al dio. In entrambi i casi, quello che conta è la dimensione teologica. Sia come sia, una analisi anche superficiale delle ambiguità di Alcinoo serve a evidenziare una questione decisiva: vale a dire che la tripartizione canonica in etica, fisica, logica non riusciva a soddisfare alcuni degli elementi fondanti della filosofia del platonismo. Un primo problema, cui si è fatto cenno ma che non è questa la sede per analizzare, è la diversa concezione di dialettica. Ma in realtà la difficoltà principale è proprio quella che abbiamo appena rilevato, la mancanza di uno spazio appositamente dedicato alla dimensione divina. Naturalmente, con questo non si vuole affermare che per gli stoici o per platonici come Antioco, Eudoro e Attico la trattazione del divino non costituisse una parte fondamentale della filosofia – tutto al contrario.19 Ma la teologia immanentista stoica ben si adattava a quella tripartizione. Tutto diverso è invece il caso del trascendentismo platonico: comprimere nella parte fisica la trattazione del divino non poteva non essere percepito come un’operazione riduttiva. Questa insoddisfazione spiega l’adozione da parte di Alcinoo di una terminologia alternativa, più sensibile all’aristotelismo. E di qui si chiariscono le ragioni della progressiva diffusione di un secondo tipo di classificazione, che ritroviamo accennato in Plutarco, sistematicamente sviluppato in Teone di Smirne, e che s’imporrà presso i neoplatonici. Si tratta di una divisione in (logica), etica, (logica), fisica, epoptica (la doppia menzione della logica, come si vedrà, dipende dal fatto che alla logica sarebbe stata attribuita una posizione diversa).20 L’adozione del linguaggio dei misteri non è certo una novità distintiva della sola filosofia di epoca imperiale: in questo caso come in tanti altri, è evidente il debito rispetto a Platone,21 e non va trascurato il fatto che anche Crisippo se ne era servito per spiegare le tappe della progressione filosofica.22 Ma, come vedremo, la ripresa da parte dei platonici è segno di importanti cambiamenti, che riguardano anche il ruolo e il posto dell’etica.

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Cfr. Whittaker (1990) 79 n. 28 su Alcin., Did. 3, 153,25–30. Accanto ad altri testi più noti, cfr. anche Cic., Leg. I 25 con Tarrant (2007) 420–422. Per quanto riguarda gli stoici, in riferimento alla classificazione delle parti della filosofia cfr. poi Crisippo in SVF II 42 (da Plut., De Stoic. rep. 1035 A–B). A proposito di questa classificazione rimane fondamentale Hadot (1979) 218–223. Cfr. Symp. 209 e-210 a e Phdr. 250 b f. con il commento di Riedweg (1987). Cfr. supra n. 19.

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Mentre Plutarco si limita a segnalare la differenza che corre tra fisica ed epoptica,23 condividendo dunque le medesime intenzioni di Alcinoo, è a Teone che dobbiamo rivolgerci per vedere come si articolava la divisione del sistema filosofico nella sua interezza.24 Riprendendo la terminologia dei misteri, Teone articola il percorso di formazione filosofica in 5 passaggi: la purificazione (le scienze matematiche), l’iniziazione (telethv): lo studio della logica, della politica – vale a dire dell’etica –25 e della fisica) e l’ejpopteiva, la conoscenza del vero essere; a questo sarebbe poi seguita la legatura e l’imposizione delle corone, che per Teone corrisponde all’accesso allo stadio di insegnante e infine la felicità. In questa occasione non è necessario approfondire tutte le particolarità di questa classificazione.26 Piuttosto, è interessante un confronto con lo schema appena analizzato di Alcinoo, per rilevare convergenze e divergenze. Di fatto si tratta di due schemi di classificazione differenti (quello di Alcinoo è di tipo ‘formale’ quello di Teone di tipo ‘pedagogico’), che perseguono comunque lo stesso obiettivo: esaltare la contemplazione delle realtà eterne e divine. E a differenza di Alcinoo, in Teone questo obiettivo trova una sistematizzazione adeguata: mentre nel primo la teologia non gode ancora di uno statuto autonomo, ma compare come sottogruppo della parte teoretica (che, come già osservato, corrisponde sostanzialmente alla sezione ‘fisica’ della divisione di Antioco e degli stoici), nel secondo il discorso teologico è ormai qualcosa di diverso, autonomo e separato rispetto alle altre parti della filosofia: la sua superiorità è ormai esplicita. Ma la testimonianza di Alcinoo gioca comunque un ruolo importante per comprendere le ragioni che hanno condotto a questa celebrazione della superiorità del discorso teologico. Come si ricava chiaramente dalla terminologia impiegata (la distinzione teoretico/pratico con le sue ulteriori articolazioni in teologia, fisica, matematica, e etica, economia, politica), accanto all’evidente influenza platonica bisogna considerare anche l’influenza di Aristotele. Senza dubbio, l’anelito verso il divino è un elemento decisivo della filosofia di Platone. Ma, nel concreto, è importante sottolineare con P. Hadot che uno spunto importante proviene proprio da Aristotele ed è reso possibile dalla crescente assimilazione tra aristotelismo e platonismo:27 in fondo era stato proprio Aristotele a ordinare tutte le parti della filosofia in uno schema gerarchico che faceva culminare tutto il sapere umano nella scienza teoretica più importante, la teologia.28 In questo senso è esemplare un passo di Clemente di Alessandria, che riprende la medesima classificazione di Teone, elencando nell’ordine etica, fisica e epoptica, e identificando esplicitamente quest’ultima non solo con la dialettica platonica (che è evidentemente distinta dalla logica/ dialettica stoica) ma anche la metafisica aristotelica.29 23 24 25 26 27 28 29

De Iside 382 D; in quanto alla teologia (che equivale alla epoptica di de Iside) cfr. anche De def. or. 410 B. Theo Sm., Exp. rer. math. 14,17–16,2 Hiller. Così opportunamente Hadot (1979) 218, seguito da Hadot (1984) 73. Per un’analisi cfr. Hadot (1984) 69–73. Hadot (1979) 219. Met. 1025 b-1026 a, 1064 a 1–b 6. Clem. Al., Strom. I, 176,1–3, p. 108,24 ss. Stählin-Früchtel.

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Il parallelo aristotelico permette di verificare il punto di divergenza principale di questo schema classificatorio rispetto alla tripartizione prima analizzata che divideva la filosofia in etica, fisica, logica: la posizione di superiorità della teologia comporta il predominio della prospettiva teoretica rispetto a quella pratica (senza per questo negare che l’epoptia produca anche una trasformazione interiore).30 E questo cambiamento di prospettiva si traduce, per così dire, in un progressivo declassamento dell’etica, che viene relegata ad uno stadio preparatorio. Il carattere preparatorio dell’etica verrà poi progressivamente accentuato nel corso del tempo. Se in Teone la politica/etica viene dopo la logica, in Proclo – in un passo che ben sintetizza la posizione dei neoplatonici– è vero piuttosto il contrario. È l’etica che precede la logica: l’etica è una purificazione dell’anima, mentre la logica è un esercizio che prepara allo studio del mondo sensibile e, una volta che si siano compresi i limiti del mondo sensibile, alla contemplazione delle realtà eterne e divine.31 Anche in questo caso, va comunque osservato, i neoplatonici non fanno che riprendere e approfondire sistematicamente spunti del platonismo precedente, come mostra un interessante passo di Origene, che anticipa la medesima divisione di Proclo: l’etica assicura una purificazione preliminare dell’anima, la fisica ci rivela la vanità del mondo sensibile, mentre l’epoptica dischiude all’anima purificata la contemplazione delle realtà divine.32 Il compito di purificare, che in Teone spettava alle scienze matematiche, è ora di pertinenza dell’etica.33 L’importanza e la diffusione di questo schema sono difficili da sottovalutare. Questa classificazione si trova infatti alla base di importanti dottrine, in particolare quella delle virtù34 ed è il presupposto che giustifica l’intero percorso di lettura dei dialoghi platonici: prima si tratta di studiare i dialoghi etici (Alcibiade, Gorgia, Fedone), poi quelli logici (Cratilo e Teeteto) e fisici (Sofista e Politico), per culminare poi in quelli teologici (Fedro, Simposio, Filebo). Significativamente il secondo ciclo, quello più importante, non prevedeva che lo studio di due dialoghi, uno fisico, il Timeo, uno teologico, il Parmenide.35 Per di più esso serve anche a spiegare i criteri editoriali seguiti nella pubblicazione di opere quali ad esempio le Enneadi di Plotino: la prima enneade tratta di problemi etici, la seconda e la terza di fisica, mentre la quarta, la quinta e la sesta guidano alla conoscenza delle realtà divine. Di fatto non è azzardato concludere che è su questa classificazione che si articola il sistema neoplatonico. E, per azzardare una conclusione di carattere più generale, è indubbio che questo secondo tipo di classificazione permette di trattare del pro30 31 32 33 34 35

Un discorso analogo vale del resto anche nel caso di Alcinoo, cfr. Whittaker (1990) 79 n. 28. Procl., Theol. Plat. I 2, 10,11–11,26 Saffrey/Westerink. Orig., In Cant. prol. 75,6–23 Baehrens. Cfr. anche Alcin., Did. 182,8–12. Un altro parallelo interessante, in riferimento ai dialoghi platonici, è Alb., Prol. 150,13–151,14. Per quanto riguarda invece il ruolo delle scienze matematiche secondo i neoplatonici, non resta che rinviare allo studio classico di O’Meara (1989). Cfr. ad es. Porph., Sent. 32. Cfr. ad es. Prol. in Plat. phil. 24–26 con il commento di Westerink (1990) LXVII–LXXIV. Più in generale, si potrebbe osservare che la stessa sequenza spiega l’intero cursus studiorum neoplatonico: all’inizio si leggevano testi etici come il Manuale di Epitteto e i Versi aurei pitagorici per una purificazione preliminare; successivamente si passava poi allo studio della logica (i trattati aristotelici) per culminare nella vera filosofia, ovverosia i dialoghi di Platone.

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blema teologico – un problema fondamentale per Platone e il platonismo – in modo più adeguato. Ma l’appiattimento sulla dimensione teoretica, che in qualche modo ne deriva, quanto è fedele alla filosofia di Platone e alla sua insistenza sull’importanza dell’impegno etico e politico? Ecco un problema di difficile soluzione, su cui i platonici antichi e moderni non hanno smesso di discutere, e che ben mostra le tensioni interne al pensiero di Platone. ABSTRACT Among ancient Platonists there appear to be two different classifications of the philosophical disciplines: one, probably first supported by Antiochus of Ascalon, according to the sequence ethics, physics and logic; the other, later endorsed by Proclus and the Neoplatonists, following the order ethics, logic, physics, theology. In both cases, ethics occupies the first position. But for Antiochus this means that ethics is the most important part of philosophy and its culmination. In the case of the neoplatonists, on the other hand, the first position implies a preliminary role: indeed, the theological interpretation of Platonism reduces the importance of ethics, whose main role is now to purify and to prepare the pupils for the real teachings to follow. Remarkably, this latter classification does not depend only on Plato, but also on Aristotle, who first organized philosophy in a hierarchical structure culminating in what he called first philosophy and which was later regarded as his theology.

VON DER ANGLEICHUNG AN DIE TUGEND ZUR SELBSTAUFHEBUNG DER ETHIK – ETHISCHES HANDELN UND PHILOSOPHIE ZWISCHEN PLATON UND DEM PLATONISMUS Salvatore Lavecchia, Udine 0) AKZENTVERSCHIEBUNGEN Betrachtet in ihrer Beziehung zu Platons Philosophie offenbart sich die Geschichte des Platonismus häufig als eine Geschichte von Akzentverschiebungen.1 Durch diese Akzentverschiebungen erlebt Platons philosophische Sprache in manchen Fällen tiefgreifende Verwandlungsprozesse, die je nach Interpretationsrichtung als besonders anregend bzw. aufregend wahrgenommen werden. Ausgehend von Platon soll hier gezeigt werden, dass die Reflexion über das Verhältnis zwischen ethischem Handeln und Philosophie ein Gebiet darstellt, wo sich die genannten Verwandlungsprozesse als markant zu erkennen geben. Durch die folgenden Ausführungen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Verortung des ethischen Handelns im Platonismus oft nicht die gleiche zu sein scheint wie bei Platon. Dabei soll hervorgehoben werden, dass die Beziehung zwischen Ethik und höchster Erkenntnis durch die jeweilige Prinzipienphilosophie stark geprägt wird. Einer Prinzipienphilosophie, die dem Prinzip einen starken relationalen Charakter beimisst, entspricht nämlich eine radikale Einheit von Erkennen und ethischem Handeln; einer Prinzipienphilosophie, die hinsichtlich des Prinzips das Nicht-Relationale betont, entspricht dagegen ein Rangunterschied zwischen Erkenntnis und Ethik. In dem zweiten Fall wird die Funktion der Ethik bzw. der Tugend innerhalb des Philosophierens von einer konstitutiven zu einer instrumentalen heruntergestuft. 1) PLATON: TUGEND ALS ZIEL DES PHILOSOPHIERENS In Platons Politeia wird der Philosoph als jemand charakterisiert, der sich, sofern irgendwie möglich, in Worten und Taten vollkommen nach dem Vorbild und Maßstab der Tugend richtet und somit an die Tugend angleicht (a[ndra … ajreth/`' 1

Die Akzentverschiebungen, auf die im Folgenden hingewiesen wird, hätten die jeweiligen Vertreter des Platonismus selbstverständlich nicht als solche, sondern eher als Explikationen von Platons Philosophie wahrgenommen. In der hier vorgeschlagenen Darstellung wird es sich jedenfalls nicht darum handeln, den Blickwinkel des jeweils betrachteten Platonikers zu rechtfertigen bzw. zu kritisieren, sondern lediglich um den Versuch, einen wichtigen Aspekt der Geschichte des Platonismus zu beleuchten, der eine gewisse Spannung mit einer substantiellen Dimension von Platons Philosophie zu implizieren scheint.

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pariswmevnon kai; wJmoiwmevnon mevcri tou' dunatou' televw~ e[rgw/ te kai; lovgw/ Resp. 498 e 3 f.). Das Vorbild, nach dem sich der Philosoph richtet, wird nun mit der Welt der Ideen identifiziert (Resp. 500 c 2–5), an deren Leben sich der Philosoph durch Nachahmung angleicht (tau'ta mimei'sqaiv te kai; o{ti mavlista ajfomoiou'sqai 500 c 5). So offenbaren sich die Ideen als Inbegriff bzw. als höchste Hypostasen der Tugend. Nicht zufällig wird ihr gegenseitiges Verhältnis als höchste Manifestation der Gerechtigkeit charakterisiert (ou[t∆ ajdikou'nta ou[t∆ ajdikouvmena uJp∆ ajllhvlwn 500 c 3 f.). Darauf, dass die höchste Manifestation der Tugend in der Ideenwelt zu verorten ist, wird auch im Phaidros hingedeutet: Im überhimmlischen Ort wohnen sowohl die Wissenschaft wie auch die Gerechtigkeit und die Besonnenheit an sich (Phdr. 247 d 5–7).2 Die gerade betrachteten Stellen zeigen, dass, wenn das Ziel des Philosophen in der Angleichung an die Ideenwelt besteht, die Tugend (ajrethv) bzw. das Handeln nach dem Guten sich demzufolge als Substanz des Lebens erweist, das der Philosoph nach Erlangung jenes Ziels führt. Deswegen ist die Angleichung an Gott (oJmoivwsi~ qew/)' , von Platon mit dem tevlo~ des Philosophen identifiziert, engstens mit der Tugend verbunden (Phd. 69 b 3–c 7; Resp. 500 c 9–d 1 und 613 a 4–b 3; Tht. 176 b 1–3 und b 8–c 4; Leg. 716 c-d 4).3 Das Leben der Götter, an dessen Lauf die Seele des Philosophen sich anschließen will, ist nämlich untrennbar von der Tugend; denn jenes Leben schöpft die eigene Nahrung eben aus dem überhimmlischen Ort (Phdr. 247 c 3–e), wo, wie angedeutet, die Urbilder der Tugend wohnen. Expliziter ausgedrückt: Angleichung an Gott bedeutet letztendlich Angleichung an die höchste Tugend, an die Tugend, die als Substanz der Ideenwelt betrachtet werden darf. Aus Platons Perspektive kann es nicht überraschen, wenn Tugend als etwas Konstitutives nicht nur in Bezug auf das Ziel des Philosophen, sondern auch in Bezug auf die höchste Manifestation des Seins (das heißt in Bezug auf die Ideenwelt) betrachtet wird. Denn das Sein ist für Platon Abbild von einem Prinzip, das als das Gute bezeichnet und damit, wie wir gleich sehen werden, mit dem Urgrund und der Substanz der Tugend identifiziert wird. Was heißt nun für Platon ‚gut sein‘? Eine klare Antwort gibt uns der Timaios an der Stelle, die auf den Grund für die kosmogonische Tätigkeit des Demiurgen hinweist. Jene Tätigkeit wird dadurch begründet, dass der Demiurg gut ist und sich deswegen als vollkommen neidlos (a[fqono~) offenbart; folglich will er, dass alle Dinge soweit wie möglich an seiner Natur teilhaben und ihm ähnlich werden bzw. dass alle Dinge gut werden (Tim. 29 e 1–30 a 2). Umso mehr wird das Gute an sich, das Prinzip aller Dinge, die gerade 2

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Eine ausführliche Interpretation der kurzen Charakterisierung vom überhimmlischen Ort im Phaidros findet sich bei Schwabe (2001), mit weiterführender Bibliographie. Die Hypostasierung von Gerechtigkeit und Besonnenheit in Phdr. 247 d 6 erlaubt uns, eine Hypostasierung der Tugend an sich in Resp. 498 e 3 f. anzunehmen; selbstverständlich wäre die entsprechende Hypostase mit der höchsten Idee zu identifizieren, das heißt mit der Idee des Guten. In Bezug auf Funktion und Wesen der oJmoivwsi~ qew/' in Platons Philosophie erlaube ich mir, auf meine Untersuchungen hinzuweisen: Lavecchia (2005) und Lavecchia (2006), beide mit ausführlicher Bibliographie.

Von der Angleichung an die Tugend zur Selbstaufhebung der Ethik

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erwähnte Eigenschaft des Demiurgen zeigen; das Gute wird nämlich an sich diffu­ sivum sui sein.4 Das Gute erweist sich somit als eminent relationales Prinzip, das sich bedingungslos in jeder Dimension des Seins offenbaren will. Darauf scheint Platon in der Politeia hinzudeuten, wo die Kausalität der Idee des Guten nicht auf die intelligible Welt beschränkt, sondern bis in die sichtbare Welt als wirksam empfunden wird (Resp. 517 b 7–c 5). Die Idee des Guten wird demzufolge mit einer kausalen Tätigkeit verbunden, die im Timaios vom Demiurgen geübt wird. Nicht zufällig wird der Demiurg im Timaios mit dem höchsten Intelligiblen identifiziert (Tim. 37 a 1 tw'n nohtw'n ajeiv te o[ntwn a[risto~),5 was auf seine Identität mit der Idee des Guten hinzuweisen scheint.6 Der eminent manifestative bzw. demiurgische Charakter des Prinzips in Platons Philosophie verortet den Urgrund der Tugend, und somit jedes ethischen Handelns, im Bereich des Prinzips selbst. Auf diese Verortung weist der Philebos explizit hin, wo die Tugend eine Einheit mit der Schönheit bildet (Phlb. 64 e 5–7), das heißt mit derjenigen Ur­Idee, die das Manifestative des Guten am deutlichsten offenbart. In diesem Rahmen wird verständlich, warum die Schau des Schönen in Diotimas Rede mit der Zeugung der wahren Tugend zusammenfällt (Symp. 211 e 4–212 a 7). Wenn der Philosoph am Ende seines Wegs dem Schönen an sich begegnet, begegnet er nämlich der Selbstoffenbarung des Guten;7 das heißt, der Philosoph erlebt im Schönen an sich das diffusivum sui, das Neidlose an sich. Da nun diese Begegnung die Angleichung an ihr Ziel impliziert, wird der Philosoph vor und nach dieser Begegnung dem Guten ähnlich sein. Deshalb wird er in der Politeia als neidlos bezeichnet (a[fqonon … o[nta Resp. 500 a 5). Der Philosoph ist neidlos wie der Demiurg, weil er gut ist.8 Infolgedessen besteht seine Tugend nicht im Untätigsein, sondern in der Fürsorge, in der ejpimevleia um die anderen Menschen, genauso wie bei den Göttern.9 Wie Sokrates mit dem eigenen Leben urbildlich zeigt, ist der Philosoph filavnqrwpo~ (Euthyphr. 3 d 7), wiederum ähnlich den Göttern (vgl. Leg. 713 d 6). 4

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Auf das diffusivum sui des Guten weist die Analogie mit der Sonne in der Politeia urbildhaft hin (Resp. 506 d 6–509 b 10): Wie die Sonne vom Ergießen des eigenen Lichts nicht getrennt werden kann, so ist das Gute von der eigenen Offenbarungskraft untrennbar. Zur Neidlosigkeit als Charakteristikum des Guten bei Platon siehe Milobenski (1964) 27–58. Nach Tim. 29 a 6 ist der Demiurg a[risto~ tw'n aijtivwn. Zur vermutlichen Identität des Demiurgen mit der Idee des Guten siehe Stumpf (1869) 232– 243; Zeller (1889) 707–718; van Litsenburg (1954) 192–199; Diano (1973) 164–173; Benitez (1995) 126–130; Lavecchia (2005b) 14–19; Lavecchia (2006) 110–118 und 217–223 (mit weiterer Bibliographie). Zur Identität des Demiurgen mit dem intelligiblen Urbild des Weltalls bzw. mit dem höchsten intelligiblen Wesen vgl. Menn (1995) 6–13; Perl (1998); Enders (1999) 158 f.; Halfwassen (2000) 50–62; Schwabe (2001) passim; Ferrari (2003); Karfík (2004) 127– 138; Ferrari (2008) 98–102 (mit weiterer Bibliographie). Zur Gleichsetzung des Demiurgen mit dem Guten in der Geschichte des Platonismus vgl. Opsomer (2005) passim. Auf die Identität des Guten mit dem Schönen deutet Platon an mehreren anderen Stellen hin: Resp. 505 b 3; 508 e 4–6; 509 a 6 f.; Cri. 48 b 8–10; Charm. 160 e 12–161 a 1; Ly. 216 d 2–3; Hp. mai. 295 b 7–297 d 1; Prot. 358 b 5 f.; Gorg. 475 a 1–b 2, 477 a 1–4; Men. 77 b 6–e 4; Phdr. 246 e 1; Alc. I 115 a 1–116 c 6; Phlb. 65 a 1–5. Zur Neidlosigkeit des Philosophen bei Platon siehe Lavecchia (2006) 249–252 (mit weiterführender Bibliographie). Vgl. Leg. 900 c 8–901 a 10, wo den Göttern die ajrgiva vehement abgesprochen wird.

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Er stellt sich neidlos und im Überfluss den anderen Menschen zur Verfügung, um sie zur Erkenntnis und zur Tugend zu führen.10 Von der Gefangenschaft in der Höhle befreit, empfindet er Mitleid für die Gefangenen (ejleei'n Resp. 516 c 6); so will er in die Höhle hinabsteigen (516 e 3–517 a 7), damit die Gefangenen sich befreien und an der göttlichen Tugend teilhaben, an die er sich angeglichen hat. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einheit von Erkenntnis und ethischem Handeln als Kern von Platons Philosophie. Diese Einheit findet ihre Wurzel im relationalen Charakter des Prinzips. Als diffusivum sui ist das Gute sich selbst manifestierende Kraft, die sich neidlos schenkt und folglich bedingungslos erkennbar macht. Deswegen ist die Idee des Guten das leuchtendste bzw. das evidenteste von allen Wesen (Resp. 518 c 9 tou' o[nto~ to; fanovtaton), das heißt die Wurzel jeder Erkennbarkeit und Erkenntnis (Resp. 508 e-509 a 5). Erkennbarkeit und Erkenntnis fußen auf einer neidlosen Tat der Selbstoffenbarung vonseiten des Prinzips, das heißt auf der Tat, die als Urgrund und Urbild der Tugend bzw. jedes ethischen Handelns betrachtet werden darf. Demzufolge ist wahre Erkenntnis und Erkennbarkeit in Platons Perspektive immer, sozusagen, als ethische Tatsache, als produktive Relation zum Guten zu sehen, die Tugend nicht nur voraussetzt, sondern auch als konstitutiven Grund des eigenen Wesens enthält und offenbart.11 2) ARISTOTELES UND DIE MENSCHLICHKEIT DER TUGEND Was geschieht nun nach Platon? Eine wichtige Akzentverschiebung im Verhältnis zwischen Philosophie und Ethik wird schon durch Aristoteles bewirkt. Ich möchte mich kurz auf sie konzentrieren, denn häufig wird sie in der Geschichte des Platonismus prägend sein. Für Aristoteles ist Tugend im eigentlichen Sinne allein mit dem Menschen, und nicht mit den Göttern verbunden. Dasjenige, was bei den Göttern der Tugend entspricht, ist ehrwürdiger als die Tugend (E. N. VII 1, 1145 a 25 f. timiwvteron ajreth'~).12 Demzufolge ist die eujdaimoniva für Aristoteles etwas, das Tugend und Ethik transzendiert. Sie besteht nämlich in der Tätigkeit des nou'~, die den Menschen den Göttern ähnlich macht (E. N. X 7 f.);13 diese Tätigkeit ist aber vollkommen auf sich bezogen bzw. impliziert keine Wahl, das heißt keine Bewegung, wie dagegen die Tugend.14 Denn Urbild dieser Tätigkeit ist der Unbewegte Beweger, 10 11

12 13 14

In Bezug auf Sokrates vgl. Apol. 33 a 8 oujdeni; pwvpote ejfqovnhsa und Euthyphr. 3 d 7 f. uJpo; filanqrwpiva~ … o{tiper e[cw ejkkecumevnw~ panti; ajndri; levgein ktl. Für eine Vertiefung dieses zentralen Aspekts von Platons Philosophie siehe auch Festugière (1950) 373–447 passim; Krämer (1959) passim; Lavecchia (2006) 278–284 (mit weiterführender Bibliographie). Die Einheit von Erkenntnis und Ethik tritt besonders deutlich in Platons Begriff der sofiva hervor; dazu vgl. Lavecchia (2009). Vgl. M. M. II 5, 1200 b 13–17 … oujk e[stin qeou' ajrethv: oJ ga;r qeo;~ beltivwn th`~ ajreth`~ ktl. Zum Ideal der Angleichung an das Göttliche bei Aristoteles vgl. Sedley (1997). Zur Beziehung zwischen Tugend und Wahl vgl. z. B. E. N. II 4, 1106 a 3 f. aiJ d∆ ajretai; proairevsei~ tine;~ h] oujk a[neu proairevsew~. Die Wahl wird von Aristoteles als Ursprung ei­ ner Handlung bzw. einer Bewegung betrachtet (E. N. VI 2, 1139 a 31).

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dessen Leben durch vollkommene Bezogenheit auf sich selbst charakterisiert ist und deswegen jede Form von Relationalität, und somit jede ethische Konnotation auszuschließen scheint (vgl. Met. XII 7 und 9). Das heißt, im Unterschied zu Platon wurzelt die ajrethv für Aristoteles nicht im Bereich des Prinzips. Dagegen wird sie als etwas wahrgenommen, das den höchsten Bereich des Seins nicht betreffen kann. Sie ist gewiss, wie bei Platon, wesentliche Voraussetzung für die Erkenntnis jenes Bereichs, sie bildet jedoch nicht mehr die Substanz des Lebens, das der Philosoph als Ziel des eigenen Wegs betrachtet. Das Leben, das durch die höchste Form der Erkenntnis, durch die sofiva geprägt ist, das göttliche Leben, liegt nämlich für Aristoteles, wie schon angedeutet, jenseits der Tugend.15 3) TUGEND ALS SELBSTAUFHEBUNG DER ETHIK? MITTEL- UND NEUPLATONISCHE WEGE ZUM PRINZIP a) Alkinoos, Numenios, und das auf sich bezogene Prinzip Die gerade skizzierte aristotelische Perspektive wird mehr oder weniger direkt das Verhältnis zum ethischen Handeln im Platonismus beeinflussen.16 Das möchte ich jetzt durch zwei bedeutende Beispiele zeigen, beginnend mit Alkinoos’ Didaskalikov~, dem in diesem Kontext ein paradigmatischer Charakter beigemessen werden kann. Für Alkinoos ist der erste Gott ein vollkommen transzendentes, unsagbares Prinzip, das den gleichen nicht­relationalen Charakter wie das Eine in der Ersten Hypothese von Platons Parmenides zeigt (Did. X 164,31 und 165,5–16).17 Diesem Gott werden die Konnotationen von Aristoteles’ unbewegtem Beweger zugeschrieben: Er ist ein nou'~, dessen Tätigkeit im auf sich selbst bezogenen, nicht-relationalen Denken besteht (X 164,23–31; vgl. Aristot., Met. XII 9). In diesem eminent aristotelischen Horizont erfährt das Ziel des Philosophierens bzw. die Angleichung an Gott eine einschränkende Charakterisierung. Für Alkinoos besteht die Angleichung einerseits, wie bei Aristoteles, in der Tätigkeit des nou'~, in der Kontemplation des Göttlichen (Did. II 153,5–9); andererseits wird sie aber, ausgehend von Platon, eng mit der Tugend verbunden (vgl. XXVIII); insofern kann sie jedoch nur 15

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Die höchste Form des Wissens, die sofiva, ist in Aristoteles’ Perspektive von jeder Form der Handlung, der pra'xi~, radikal zu unterscheiden; siehe diesbezüglich die paradigmatischen Charakterisierungen der sofiva und des sofov~ in Met. I 1 f.; E. N. VI 7 und X 7, 1177 a 27–b 24. Vgl. demgegenüber die starken ethischen Konnotationen der sofiva, die Platon z. B. in Resp. 443 c 9–444 a 2 und Leg. 689 d 4–e 2 hervorhebt. Zu Aristoteles’ Begriff der sofiva vgl. Berti (1965) 97–118, 149–175; Chen (1976). Selbstverständlich darf nicht vergessen werden, dass auch explizit antiaristotelische Positionen die Geschichte des Platonismus prägen. Als vorbildhaft kann Attikos betrachtet werden, der sich in Bezug auf einige Grundfragen der Ethik gegen Aristoteles vehement polemisch ausdrückt (vgl. bes. Attic., frr. 2 und 3 des Places). Zur Transzendenz des Ersten Gottes bei Alkinoos vgl. Abbate (2002), mit weiterführender Bibliographie. Zur Unsagbarkeit des ersten Prinzips im Mittelplatonismus siehe die in Calabi (2002) gesammelten Aufsätze.

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Angleichung an den himmlischen, nicht an den überhimmlischen Gott sein. Denn der überhimmlische Gott hat keine Tugend bzw. er ist, genau wie Aristoteles’ Götter, besser als die Tugend (XXVIII 181,43–45).18 Die Trennung des Prinzips vom Bereich der Relationalität ist noch expliziter bei Numenios. Obwohl die Fragmente seines Werks keinen direkten Hinweis auf das hier behandelte Thema beinhalten, sind sie für unsere Diskussion nicht irrelevant. Denn seine Anschauung vom Prinzip setzt im Verhältnis zu Platon eine Ak­ zentverschiebung voraus, die, basierend auf aristotelischen Begriffen, Platons Perspektive in Bezug auf die ethischen Implikationen der Prinzipienphilosophie umzukehren scheint. Der erste Gott ist für Numenios ein aristotelisch geprägter nou'~,19 der, vollkommen auf sich selbst bezogen (fr. 11, 11–12 des Places), untätig, ajrgov~ ist (fr. 12, 13 des Places).20 Deswegen wird er, im Gegensatz zu Platons nou'~, von jeder demiurgischen Konnotation getrennt (fr. 12, 1–3).21 Es ist besonders interessant, dass das Prinzip bei Numenios mit einer Eigenschaft verbunden wird, eben mit der ajrgiva, die Platon in den Nomoi als sowohl mit der Natur der Götter wie mit der Tugend im Allgemeinen unvereinbar charakterisiert (vgl. Pl. Leg. 900 c 8–901 a 10). b) Zur Deckungsgleichheit des Guten mit dem Einen im Neuplatonismus: Ist Ethik noch begründbar? Wie die Übernahme aristotelischer Begriffe zur Verschiebung von Platons Standpunkt bezüglich ethischer Fragen führt, können wir bei Plotins Reflexion über den ethischen Hintergrund des Philosophierens beobachten. ∆Arethv wird von Plotin als unverzichtbare Voraussetzung für ein authentisches Philosophieren betrachtet. Ohne Tugend ist nämlich keine wahre Dialektik möglich, und Dialektik ist der wertvollste Teil der Philosophie (vgl. Enn. I 3 [20] 6).22 18 19 20

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22

tevlo~ … ejxomoiwqh'nai qew/' … mh; tw/' … uJperouranivw/, o}~ oujk ajreth;n e[cei, ajmeivnwn d∆ ejsti; tauvth~. Zum Hintergrund dieser Stelle vgl. Whittaker/Louis (1990) ad loc.; Dillon (1993) ad loc.; Tarrant (2007). Vgl. auch Krämer (1964) 69 f. ajrgo;n ei\nai e[rgwn sumpavntwn. In fr. 15 des Places wird das Leben des Ersten Gottes als paradoxe Einheit von Ruhe und angeborener Bewegung charakterisiert (th;n prosou'san tw/' prwvtw/ stavsin fhmi; ei\nai kivnhsin suvmfuton, fr. 15, 8 f.), die die Entstehung und das Fortbestehen der Welt erklärt. Mehr als die Präsenz einer relationalen Dimension im höchsten Prinzip könnte diese Vorstellung, wie eine Vorwegnahme von Plotinischen Begriffen, eine paradoxe, arelatio­ nale Überfülle des Ersten Gottes implizieren, die sich, unabhängig von und jenseits jeder Relationalität, als höchste Form der Tätigkeit bzw. der Bewegung manifestiert. Nach fr. 21 des Places (Procl., in Tim. I 303,27–304,7 Diehl) hätte Numenios den Demiurgen des Kosmos auch mit dem Ersten Gott identifiziert. Diese Inkongruenz mit fr. 12 könnte entweder auf eine Ungenauigkeit vonseiten des Berichtenden (Proklos) (Dillon [1977] 367) oder auf eine retractatio von Numenios zurückgeführt werden (Opsomer [2005] 69–71). Für eine Einführung in Numenios’ Vorstellungen über den Demiurgen vgl. jetzt Opsomer (2005) 66–73 (mit weiterführender Bibliographie). Dazu siehe Catapano (1995) 175–177.

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In dieser Perspektive ist jede höhere Erkenntnis bzw. jede Erkenntnis des Göttlichen ohne Tugend unmöglich (II 9 [33] 15,24 ff.; bes. 26–27 und 38–40). Wie für Platon besteht die höchste Form der Tugend auch für Plotin in der Angleichung an Gott (I 2 [19] 1).23 Im Unterschied zu Platon, und auf einer Linie mit Aristoteles, ist das Urbild, an das sich der Mensch angleicht, der höchste Intellekt (nou'~) und die intelligible Welt, der Tugend gegenüber jedoch transzendent. Während in Platons Politeia kovsmo~ und tavxi~ als wesenhafte Qualitäten der intelligiblen Welt betrachtet werden (Resp. 500 c 2–5), spricht Plotin jener Welt die gleichen Qualitäten sowie die ajrethv im Allgemeinen ab (I 2 [19] 1,40–50). Die intelligible Welt ist Ursprung und Urbild der Tugend (ibid. 46–50), liegt jedoch, wie für Aristoteles, jenseits der Tugend (vgl. I 2 [19] 3,31; 6,14–18;24 7,1–6). Aristoteles’ Anschauung von einem vollkommen auf sich selbst bezogenen Intellekt wird von Plotin übernommen25 und vertieft auch im Hinblick auf ihre ethischen Implikationen.26 So liegt Plotins nou'~ deswegen jenseits der Tugend, weil er an sich jenseits vom Bereich der Handlung bzw. vom Bereich der Ethik lebt. Denn Handlung (pra'xi~) würde eine Beziehung zu etwas außerhalb vom nou'~ implizieren, was der vollkommenen Einheit des nou'~ mit sich selbst widersprechen würde (Enn. V 3 [49] 6,28 ff.). Die Welt des nou'~ ist somit die Welt der absoluten Ruhe (hJsuciva: vgl. V 3 [49] 7,13–15 und VI 8 [39] 5,34 ff.), der absoluten Handlungslo­ sigkeit. In diesem Rahmen kann das Ziel der Philosophie allein durch eine paradoxe Selbstaufhebung der Ethik erreicht werden. Jenes Ziel besteht nämlich in der Einung mit der noetischen Welt, die zur Erfahrung des Prinzips bzw. zum Urbild jeder Ruhe führen soll. Tugend findet demzufolge ihren tiefsten Sinn darin, dass das Subjekt durch das gerechte Handeln die vollkommene, handlungslose Ruhe der Kontemplation erreicht (vgl. III 8 [30] 6,1–14).27 Qua Handlung impliziert Tugend Relation, und Relation impliziert ihrerseits Beziehung zu und Beeinflussung durch einen Gegenstand, der außerhalb des Subjekts liegt. Das Ziel des Philosophierens ist für Plotin aber etwas, das vom Subjekt die höchste Bezogenheit auf sich selbst, die höchste Freiheit, und deswegen die Aufhebung jeder Relation bzw. jeder Handlung einschließlich jeder Form der Tugend fordert.28 Denn das Prinzip, dem der Philosoph begegnen will, ist das Urbild 23 24 25

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Zum Ideal der Angleichung an Gott in Plotins Philosophie vgl. Beierwaltes (1985) 123–154 passim; Catapano (1995) 48–51; Beierwaltes (2002) 138–149; siehe auch den Kommentar zu Plot. I 2 [19] 1–3 in Catapano (2006) 71–132 passim. Über diese zwei Stellen vgl. Catapano (2006) 104 und 187 („Ciò che gli dèi non possiedono, per Plotino, non è una virtù qualitativamente pari a quella umana, ma la virtù tout court“). Trotz aller Kritik an Aristoteles bildet die aristotelische Perspektive einen wichtigen Hintergrund von Plotins nou'~-Begriff. Vgl. die umfangreichen Betrachtungen bei Szlezák (1979) passim. Über Plotins nou'~-Begriff im Allgemeinen siehe auch Andolfo (2002) und Emilsson (2007). Über Kontinuität und Wandel zwischen Aristoteles und Plotin im Bereich der Ethik vgl. Catapano (1995) 62–78. Zu dieser Dimension von Plotins Philosophie vgl. auch die anregenden Ausführungen von Catapano (1995) 62–70. Paradigmatisch sind in dieser Hinsicht die Aussagen von IV 4 [28] 43 f. Da Handlung immer Beziehung (Relation) zu einem Gegenstand impliziert, wird jede Handlung bzw. ihr Subjekt,

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jeder Bezogenheit auf sich, das jenseits jeder Relationalität liegt (vgl. VI 8 [39] 8). Der sofov~, der die Schau des Einen und mit ihr die eujdaimoniva erreicht hat, wird nun zum Abbild der Arelationalität vom Prinzip: Sein Selbst und sein Willen handeln nicht, sondern sind vollkommen auf sich selbst bzw. auf das Eine konzentriert (I 4 [46] 11).29 Das, was beim sofov~ in Relationen bzw. in Handlungen involviert ist, ist nämlich nicht identisch mit seinem wahren Selbst, das, auch beim höchsten körperlichen Leiden, immer in Einheit mit sich und mit dem Prinzip lebt (I 4 [46] 13; vgl. IV 4 [28] 44,16–24). Die Paradoxie von Plotins Ideal liegt darin, dass der sofov~ gerade durch die eigene Arelationalität fähig wird, wahrhaft produktive Relationen in der Welt zu bewirken (vgl. III 8 [30] 4,31–43). Gerade seine Arelationalität wird ihn nicht zu einer Weltflucht drängen: Er wird nicht die Erde verlassen, weil seine eujdaimoniva durch keinen Zustand des irdischen Lebens gestört werden kann (vgl. I 4 [46] 9 ff. passim); so wird er einfach ein Leben führen, das der wahren Tugend entspricht.30 Vielleicht wird er sich sogar der politischen Tätigkeit widmen, wie Minos (Enn. VI 9 [9] 7,16–28). Derjenige, der viel geschaut hat, wird aber diese Tätigkeit für unwürdig halten und mit dem Blick nach oben gerichtet bleiben wollen (ibid. 26– 28).31 Die wahre sofiva ist für Plotin diejenige, in der das Subjekt die vollkommene Bezogenheit auf sich selbst bewahrt.32 Obwohl die sofiva der intelligiblen Welt Ursprung und Urbild jeder produktiven Tätigkeit ist (vgl. V 8 [31] 4 f.), transzendiert sie jede ethische Perspektive. Denn das Wesen jener Welt ist identisch mit ihrer Tätigkeit, ohne Trennung von Innen und Außen, ohne Handlung (ibid.) bzw. ohne Wahl (VI 8 [39] 17,5–9). Die Natur der höchsten sofiva ist nämlich die höchste Manifestation des Einen, das jede Unterscheidung zwischen selbstbewusstem Sein, produktiver Tätigkeit und Tätigkeit bewirkendem Willen transzendiert (vgl. VI 8

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sowohl im Bereich des sozialen Lebens wie im Bereich der Natur, immer von ihrem Gegenstand magisch beeinflusst werden; unbeeinflussbar ist nur etwas, das vollkommen auf sich selbst bezogen ist (IV 4 [28] 43,16–20). Frei von jedem Einfluss ist nur derjenige, der sich der Kontemplation widmet. Allein Kontemplation ist nämlich unverzauberbar (movnh … hJ qewriva ajgohvteuto~ IV 4 [28] 44,1), weil sie die vollkommene Einheit des Subjekts mit sich selbst (das heißt seine Arelationalität im Verhältnis zur Welt) voraussetzt; denn sie transzendiert jede Handlung, einschließlich der schönen bzw. tugendhaften Handlungen (ta;~ kala;~ legomevna~ pravxei~ IV 4 [28] 44,18 f.), und deshalb verhindert sie, dass das Subjekt vonseiten der Natur, der Menschen und der niedrigen Bestandteile seiner eigenen Seele beeinflusst wird (vgl. IV 4 [28] 44). Vor diesem Hintergrund erweist sich als selbstverständlich, dass Tugend, qua Handlung, nicht mit dem Guten an sich verbunden werden kann (siehe IV 4 [28] 44,25 ff. und I 8 [51] 6,19 f.). Zum Begriff der eujdaimoniva in Plot. I 4 vgl. Schniewind (2003) sowie den Kommentar von Mc Groarty (2006). Vgl. Schniewind (2003) 185–189. 191–195. Siehe insbesondere die Interpretation von Plat., Tht. 176 a 8–b 1 in Plot. I 8 [51] 6,9–13. h] kai; ta; politika; oujk a[xia auJtou' nomivsa~ ajei; ejqevlei mevnein a[nw, o{per kai; tw/' polu; ijdovnti gevnoito a]n pavqhma. Zu Plotins Begriff der sofiva vgl. Beierwaltes (1985) 53–64 (bes. 62–64) und Beierwaltes (2001) 45–53.

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[39] 7; 13; 20–21).33 Das Eine ist deswegen Urgrund der sofiva, weil es an sich Produktion (poivhsi~), das heißt seinserzeugende Tätigkeit ist (VI 8 [39] 20),34 bzw. weil es, das Gute an sich, an sich neidlos und somit diffusivum sui ist (V 4 [7] 1,34–36).35 Das Eine ist, in anderen Worten, die höchste Vollkommenheit, die aus der eigenen Überfülle unmittelbar ein Abbild von sich selbst zeugt (V 4 [7] 1,23 ff.; vgl. V 2 [11] 1,7–9). Das Prinzip ist aber allein deswegen so, wie es ist, weil es vollkommen auf sich selbst bezogen ist (vgl. VI 8 [39] 13; 16 f.) und weil seine Bezogenheit auf sich selbst eben seinsbewirkende Vollkommenheit bzw. Neidlosig­ keit impliziert. Das Eine ist an sich vollkommen frei, sowohl von sich selbst wie vom Sein; folglich strebt es nichts an, das es brauchen würde; darum kann es etwas schaffen, das außerhalb von ihm besteht (VI 8 [39] 19,12 ff.).36 In diesem Rahmen offenbart sich das Plotinische Eine als ein Prinzip, das mit der gleichen Radikalität die höchste Selbstaffirmation sowie die bedingungsloseste Selbstnegation bzw. Relationalität impliziert. Dieses Prinzip wäre aber an sich jen­ seits des Einen und des Vielen: Es wäre letztendlich das Gute Platons, das, als eminent diffusivum sui, wegen seiner radikalen Neidlosigkeit in sich selbst die eigene Selbstnegation bzw. das Prinzip der Andersheit (die unbestimmte Zweiheit) setzt und somit nicht als kongruent mit dem Einen zu betrachten ist.37 In Bezug auf Platon deuten drei Tatsachen auf diese Nicht-Kongruenz bzw. auf den Vorrang des Guten über das Eine hin: 1) In seinen Schriften bezeichnet Platon das Prinzip immer als das Gute; 2) wenn der Hauptgegenstand der a[grafa dovgmata bezeichnet wird, verwendet die indirekte Überlieferung immer den Ausdruck Über das Gute;38 3) das vollkommen arelationale Eine-Eine, das die Konnotation des Guten (wie jede andere Konnotation) von sich ausschließt, wird im Parmenides dezidiert als Unmöglichkeit betrachtet (Plat., Parm. 142 a 6–8).39 33

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Zu Recht betont G. Leroux, dass der Wille des Einen nicht als ethischer Wille, der eine Wahl impliziert, sondern als rein metaphysischer Wille betrachtet werden soll: „La volonté de l‘Un signifie non pas que l‘Un c‘est choisi ou qu‘Il a délibéré de se produire, mais qu‘Il se veut éternellement de manière non accidentelle“ (Leroux [1990] 50; vgl. im Allgemeinen ibid., 23–89). Diese Tätigkeit, die von der pra'xi~ deutlich unterschieden werden soll, ist in Plotins Perspektive als nicht relational zu betrachten, denn sie bleibt stets auf sich selbst bezogen. Über dieses Thema vgl. Arnou (1972) 18. 21. 50; Catapano (1995) 68 f.; dazu siehe auch Leroux (1990) 327–335 (Kommentar zu VI 8 [39] 13). Über das Eine als diffusivum sui in Plotins Philosophie siehe Kremer (1987) 998–1017. Vgl. bes. 18 f. poihvsa~ tauvthn (scil. th;n oujsivan) e[xw ei[asen eJautou', a{te oujde;n tou' ei\nai deovmeno~. Über diesen Aspekt von Platons Prinzipienphilosophie vgl. Lavecchia (2010) 29–41, mit weiterführender Bibliographie. Selbstverständlich soll damit nicht bestritten werden, dass Platon das Gute mit dem höchsten Einen identifiziert hat; denn auf diese Identifizierung weisen explizit einige Testimonia über die a[grafa dovgmata und implizit eine grundlegende Schrift wie die Politeia hin (vgl. Krämer (1959) 471–478 und Krämer (1997)). Die genannte Identifizierung impliziert aber nicht, dass das Eine das Gute ausschöpft; wäre das Gute nämlich nur das Eine, dann wäre seine seinsbe­ wirkende Kraft nicht erklärbar (siehe Lavecchia [2010] 17–20). Dazu vgl. Berti (1971); Krämer (1982) 200–202; Migliori (1990) 218–222; Ferrari (2004) 112 f.

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Plotin und die Neuplatoniker vollziehen nun die wichtigste Akzentverschiebung im Verhältnis zu Platon dadurch, dass sie, gestützt gerade auf die Charakterisierung des Einen-Einen in Platons Parmenides (137 c 4–142 a 8), immer mehr bezüglich des Prinzips die Konnotationen des an sich arelationalen Einen hervorheben und diesen Konnotationen immer wieder den Vorrang einzuräumen scheinen.40 Das an sich relationale Gute wird somit immer mehr zum auf sich selbst bezogenen Einen bzw. wird als kongruent mit dem arelationalen Einen von Platons Parmenides empfunden.41 Wegweisend empfindet Plotin das Gute nicht mehr als vorrangigste Konnotation des Prinzips, sondern als deckungsgleich mit dem Einen (vgl. V 3 [49] 11,23–25). Diese Deckungsgleichheit wird später durch Proklos paradigmatisch vertreten werden,42 wobei Proklos Platons Perspektive dadurch umzukehren scheint, dass er die Kausalität des Prinzips nicht mit dem Guten, sondern mit dem Einen explizit verbindet (Theol. Plat. III 2, 7,21 f. S.–W.; vgl. II 6, 40,25– 27 und 41,5 f. S.–W.).43 Vor diesem Horizont ergibt sich die folgende Grundfrage: Wie kann Ethik bzw. ethisches Handeln schlüssig begründet werden, wenn man von einem arelationalen Prinzip bzw. von einem Ziel der Philosophie ausgeht, das in der Einung mit einem arelationalen bzw. handlungslosen Prinzip besteht? Die Schwierigkeiten, die mit dieser Frage zusammenhängen, sind die gleichen, die die Deduktion des Seins aus einem solchen Prinzip betreffen.44 Plotin und die Neuplatoniker scheinen sich dieser Schwierigkeiten bewusst zu sein. Auf dieses Bewusstsein weist zum Beispiel der paradoxe Begriff der Überfülle hin, der die Arelationalität des Einen mildert45. Die Verbindung des Neuplatonismus zur Dimension der Relationalität wird jedoch am klarsten durch das Idealbild des sofov~ offenbar, das einige Neuplatoniker voraussetzen. Wie Proklos prägnant zeigt, wird jenes Idealbild durch Sokrates verkörpert,46 der sich nicht nur dem kontemplativen Leben widmet, sondern, dem 40 41

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Vgl. die treffenden Bemerkungen in Steel (1991) 18 f. Selbstverständlich impliziert diese Kongruenz nicht, dass man „die Namen des Einen und des Guten als austauschbare Platzhalter“ behandeln darf; denn sie stehen „für zwei Arten der Relation, als die der Bezug des Seins zu seinem Prinzip beschreibbar ist“ (Tornau [2006] 201). Gerade die Tatsache, dass „die neuplatonische Philosophie des Guten“ jedoch Züge trägt, „die nicht auf die Metaphysik des Einen reduzierbar sind“ (ibid.), weist andererseits auf die Schwierigkeit hin, die Deckungsgleichheit des arelationalen Einen aus der Ersten Hypothese des Par­ menides mit dem Guten der Politeia befriedigend zu begründen. Vgl. Beierwaltes (2007) 85–108; Cürsgen (2007) 53–59. Außerdem empfindet Proklos das Eine und nicht das Gute als die ehrwürdigste Bezeichnung des unsagbaren Prinzips: vgl. in Parm. VII 510,22. 28 f. 43 f. Steel und Steel (1991) 18 sowie Anm. 54. Die Deckungsgleichheit des Einen mit dem Guten, von der die Neuplatoniker ausgehen, würde eigentlich die Inhärenz des Seins im Einen-Guten implizieren (vgl. Kremer [1966] 194–197). Diese Inhärenz wird aber von den Neuplatonikern nicht angenommen, denn für sie bleibt das Eine-Gute an sich stets ein überseiendes Prinzip. Ein Zeichen dieses Bewusstseins ist auch die Tatsache, dass die Kluft zwischen dem Einen und dem Sein durch vermittelnde Prinzipien überbrückt wird, die den Übergang vom absoluten Einen zur Vielheit des Seins bzw. der Seienden begründen sollen. In dieser Hinsicht darf Proklos’ Theologie als paradigmatisch betrachtet werden; dazu vgl. Abbate (2008) 185–204. Zur wichtigen Präsenz von Sokrates in der Ethik des Neuplatonismus vgl. Erler (2002).

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Demiurgen ähnlich, von Neidlosigkeit und Gutes bewirkendem Willen getragen, auch die Fürsorge um andere Menschen auf sich nimmt (vgl. Procl., in Alc. 125– 126,6 Cr.). Denn, wie Proklos uns erklärt, der sofov~ ist ja bewundernswert, wenn er schweigt, weil er sich dem Geschlecht der unerkennbaren Götter angleicht; er ist aber noch bewundernswerter, wenn er redet, da er Abbild desjenigen wird, welches das Göttliche offenbart (in Alc. 166,7–17 Cr.).47 Mögen die Neuplatoniker als Ziel der Philosophie die Einung mit der abgründigen Stille des Prinzips angestrebt haben, mögen einige von ihnen zur Aufhebung der Ethik durch die Mystik des Schweigens gekommen sein – die Neidlosigkeit, das diffusivum sui des Guten, übte auf sie trotzdem eine unbesiegbare Faszination aus. Gerade diese Faszination darf wohl als die Kraft betrachtet werden, die dem Platonismus trotz allen Akzentverschiebungen die Nähe zu seinem Ursprung bewahrte: Die Nähe zur philosophischen Perspektive von Sokrates und Platon. ABSTRACT For Plato the goal of philosophy consists in assimilation to the supreme paradigm of virtue, that is to the divine nature of the intelligible beings (cf. Resp. 500 c 2–7). Differently from Plato, in the history of Platonism virtue is often no longer considered as the substance of the ideal pursued by the philosopher: virtue remains an important prerequisite for the attainment of that ideal, but the goal of philosophy is often perceived as something which transcends ethics. This article intends to show that this divergence could be explained with a different conception with regard to the cause of all things: by Plato that cause is primarily conceived as a relational reality, as the supreme Good, considered as root and archetype of virtue, whereas after Plato it is more and more experienced as a non­relational One radically transcending any notion of action and making therefore problematic any foundation for ethics and virtue.

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Vgl. bes. 12 f. kai; fqeggovmeno~ e[ti meizovnw~ qauvmato~ a[xio~ tw/' ejkfantorikw/' tou' qeivou proseikavzwn eJautovn.

SEKTION 2: GRUNDLAGEN UND ZIELSETZUNG PLATONISCHER ETHIK

DIE THEORIE DER SEELE ALS VORAUSSETZUNG DER ETHIK BEI PLATON, APULEIUS, AUGUSTINUS, PROKLOS UND DIONYSIUS AREOPAGITA Friedemann Drews, Rostock 1. DIE SEELE – NUR EINE SPEKULATION? DIE GÜLTIGKEIT DES WIDERSPRUCHSAXIOMS IN DER EMPIRISCHEN WIRKLICHKEIT ALS VORAUSSETZUNG FÜR PLATONS SEELENTHEORIE Als „schwierig“ bezeichnet Sokrates im vierten Buch der Politeia die Frage, ob wir „mit diesem Selbigen die einzelnen Dinge tun oder mit drei [sc. verschieden] Seienden, mit einem jeden ein anderes: [sc. ob wir] mit einem Verschiedenen lernen, uns aber mit einem Anderen von den in uns [sc. Seienden] ereifern, wiederum mit einem bestimmten Dritten nach den mit Nahrung und Fortpflanzung zusammenhängenden Lüsten begehren und dem, was mit diesen verschwistert ist, oder mit der Seele als ganzer das jeweils Einzelne von diesen tun, wann immer wir es in Angriff nehmen. Dieses wird es sein, was schwierig zu definieren ist auf eine der vernünftigen Rede (logos) angemessene Weise.“1 Tovde de; h[dh calepovn, eij tw/' aujtw/' touvtw/ e{kasta pravttomen h] trisi;n ou\sin a[llo a[llw/: manqavnomen me;n eJtevrw/, qumouvmeqa de; a[llw/ tw'n ejn hJmi'n, ejpiqumou'men d∆ au\ trivtw/ tini; tw'n peri; th;n trofhvn te kai; gevnnhsin hJdonw'n kai; o{sa touvtwn ajdelfav, h] o{lh/ th/' yuch/' kaq∆ e{kaston aujtw'n pravttomen, o{tan oJrmhvswmen. tau't∆ e[stai ta; calepa; diorivsasqai ajxivw~ lovgou (Resp. 436 a 8–b 3).

Die Tatsache, dass der platonische Sokrates gleich zweimal die „Schwierigkeit“ der skizzierten Frage unterstreicht, ist auffällig und wohl kein Zufall. Vordergründig erscheint nur die Alternative ‚seelische Einheit oder Vielheit‘ als möglich: Ließe sich die Frage zugunsten einer der beiden Möglichkeiten entscheiden, dann wäre der Fall simpel. Nun aber spricht Sokrates von einem chalepon, einer mühsamen Aufgabe, und zieht zur Auflösung dieser Disjunktion eine ‚Spielart‘ des Widerspruchsaxioms als heuristisches Kriterium heran: Ein Selbiges würde nicht gemäß demselben und in derselben Relation zugleich Entgegengesetztes tun oder erleiden wollen; entstünde dieser Eindruck, wäre dies nur der Beleg dafür, dass es sich nicht um ein Selbiges, sondern Verschiedenes handelte.2 Mit diesem Begründungskriterium lässt Platon Sokrates dasselbe voraussetzen, was als allgemeine platonische Erkenntnisvoraussetzung gilt: Wird tatsächlich Bestimmtes erkannt, so handelt es sich um ein Eines, Etwas und Seiendes.3 Platon folgt dem parmenideischen „Wahr1 2 3

Alle Übersetzungen stammen, wenn nicht anders angegeben, vom Verfasser (FD). Dh'lon o{ti taujto;n tajnantiva poiei'n h] pavscein kata; taujtovn ge kai; pro;~ taujto;n oujk ejqelhvsei a{ma, w{ste a[n pou euJrivskwmen ejn aujtoi'~ tau'ta gignovmena, eijsovmeqa o{ti ouj taujto;n h\n ajlla; pleivw (Resp. 436 b 8–c 1, ebenso 436 e 8–437 a 1). Resp. 476 a-477 a, Tht. 188 e, Soph. 237 d-e.

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heitspfad“ des „Seins“, von dem als Seiendes nicht – wie gewisse „DoppelköpfigZwiespältige“ in ihrer Ratlosigkeit meinen – gedacht werden könne, es sei zugleich nicht, ohne dass Seiendes zu Nicht-Seiendem, damit aber ‚Sein‘ mit ‚Nicht-Sein‘ identisch würde und streng genommen nicht einmal diese absurde Identitätsbehauptung mehr aufrecht erhalten werden könnte.4 So unumstößlich das theoretische Kriterium aber in sich steht, so schwierig ist seine präzise Anwendung: Denn wenn, wie Sokrates im Folgenden argumentieren wird, die Seele tatsächlich, insofern sie Seele ist, eine sein, aber zugleich, insofern sie Seele ist, vielheitlich sein können soll, dann scheint zunächst nichts näher zu liegen als eben Parmenides’ Einwand, dass hier mit doppelköpfiger amêchaniê ‚gearbeitet‘ werde. Wenngleich keineswegs suggeriert werden soll, die Frage nach Parmenides’ ‚Sein‘ (eon) könne einfach auf derselben Ebene wie die nach der platonischen Seele erörtert werden,5 so wendet Platon doch Parmenides’ Seins-Unterscheidung für seine Seelentheorie an und entgeht – gerade dadurch – zugleich dessen Vorwurf der sophistischen Zwiespältigkeit, da Platons differenzierte Auflösung der vordergründigen Aporie ‚seelische Einheit vs. Vielheit‘ darin bestehen wird zu zeigen, in welcher Hinsicht die menschliche Seele als eine, in welcher Hinsicht als vielartig gelte – die Schwierigkeit besteht also in der Unterscheidung dieser Aspekte. Den bisher scheinbar ‚rein theoretischen‘ Erwägungen, die doch das praktische Thema der Ethik zum Ziel haben sollen, gibt im Folgenden Platon selbst durch Sokrates eine erste praktische (An-)Wendung des Widerspruchsaxioms, indem er zeigt, wie man es gerade nicht anwenden dürfe, und durch diese negative Eingrenzung den heuristischen Wert des Axioms offenbart: Ein stehender Mensch, der Kopf und Hände bewege, sei eben nicht als selbiger (autos), d. h. in derselben Hinsicht, zugleich in Ruhe und Bewegung, sondern ruhe in einer Hinsicht und bewege sich in einer anderen.6 Mit dieser scheinbar naiven Feststellung gelingt es Platon nicht nur, die konkrete und sachangemessene Anwendung des Widerspruchsaxioms aufzuzeigen, sondern er umgeht zugleich den (vielleicht vor allem modernen) Vorwurf, hier bloß theoretisch, fern der empirischen Wirklichkeit Spekulationen über die Seele anzustellen: Auch die ‚reine‘, positivistische Empirie, dies zeigt das simple Beispiel, setzt das Kriterium des Nicht-Widerspruchs voraus, sonst könnte man eben nicht einmal entscheiden, ob der besagte Mensch sich in Ruhe oder Bewegung befinde oder ein sich drehender Kreisel stehe (auf einem Punkt) oder sich bewege (kreisförmig um seine eigene Achse).7 Die Verletzung des Widerspruchsaxioms, 4 5

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Parmenides, frr. 2 und 6. Dass Parmenides’ ‚Seins-Offenbarung‘ kaum simplifizierend einer ‚monolithischen‘ Weltwirklichkeit das Wort reden dürfte, geht aus seinen Unterscheidungen zwischen den verschiedenen Bereichen ‚Wahrheit‘ und ‚Meinung‘ (fr. 1,29 f.), zwischen dem unbewegten ‚Sein‘ und der Kosmogonie (also dem Werden der äußerlichen Welt, fr. 10–12), und der verschiedenen „Mischung“ in der körperlich-geistigen Konstitution der Menschen hervor (fr. 16). Eij gavr ti~ levgoi a[nqrwpon eJsthkovta, kinou'nta de; ta;~ cei'rav~ te kai; th;n kefalhvn, o{ti oJ aujto;~ e{sthkev te kai; kinei'tai a{ma, oujk a]n oi\mai ajxioi'men ou{tw levgein dei'n, ajll∆ o{ti to; mevn ti aujtou' e{sthke, to; de; kinei'tai (Resp. 436 c 9–d 1). Resp. 436 d-e.

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dies setzt Sokrates für die weitere Diskussion nun fest, würde aber bedeuten, dass alles „aufgelöst“, also nichts mehr sicher und als es selbst denkbar wäre.8 2. PLATONS BESTIMMUNG DREIER SEELENTEILE UND IHRER HIERARCHIE AUF DER BASIS DES WIDERSPRUCHSAXIOMS Nachdem die allgemeine Gültigkeit des Widerspruchsaxioms als homologoumenon für die folgende Erörterung zugrunde gelegt worden ist, leitet Platons Sokrates ab, dass das Begehren (epithymia) nach Speise und Trank sowie deren Ablehnung ein bestimmter Akt der Seele sei, insofern sie etwas begehrt (oder nicht begehrt), was dem leiblichen Wohl dient. Denn es sei „die Seele des Begehrenden, die nach dem strebe, was sie begehrt.“9 Diese Bestimmung Platons ist deshalb argumentativ wesentlich, weil einerseits für ihn wie für Aristoteles der menschliche Körper nicht autark von sich aus lebendig ist, sondern seine Lebendigkeit dem ihm eigenen immateriellen Prinzip ‚Seele‘ verdankt.10 Andererseits wird hier zugleich deutlich, dass nach Platon bereits der nach sinnlicher Nahrung und entsprechendem Genuss begehrenden Seele eine bestimmte Form des Strebens/Wollens sowie deren Gegenteil, des Ablehnens, zukommt: Die Seele des Durstenden, insofern sie nach etwas Trinkbarem begehre, „will“ (bouletai) und „strebt“ (oregetai) nach nichts anderem als danach zu trinken.11 Von dem Begehr-Vermögen (epithymêtikon) unterscheidet Platon ein anderes Vermögen der Seele (logistikon): das zu wissenschaftlich-rationaler Erkenntnis (epistêmê). Sokrates beginnt mit wiederum der empirischen Alltagserfahrung entnommenen Beispielen, der Bau- und Heilkunst.12 Das logistikon ist deshalb von dem epithymêtikon verschieden, weil es im Unterschied zu letzterem nicht auf eine Befriedigung mit dem Leib verbundener Bedürfnisse (Hunger, Durst) und Lüste 8

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… oJmologhvsante~, ejavn pote a[llh/ fanh/' tau'ta h] tauvth/, pavnta hJmi'n ta; ajpo; touvtou sumbaivnonta lelumevna e[sesqai (Resp. 437 a 7–9). Zur umfassenden Diskussion des platonisch-aristotelischen Widerspruchsaxioms und der platonischen Hypothesis des BestimmtSeins (vgl. Phd. 100 a-b) s. Schmitt (2003) 215–269. oi|on ajei; th;n tou' ejpiqumou'nto~ yuch;n oujci; h[toi ejfivesqai fhvsei~ ejkeivnou ou| a]n ejpiqumh'/', h] prosavgesqai tou'to o} a]n bouvlhtaiv oiJ genevsqai, h] au\, kaq∆ o{son ejqevlei tiv oiJ porisqh'nai, ejpineuvein tou'to pro;~ auJth;n w{sper tino;~ ejrwtw'nto~, ejporegomevnhn aujtou' th'~ genevsew~; (Resp. 437 c 1–6). Denn nicht alle Körper sind belebt; der spezifische Unterschied der Belebtheit geht gemäß Platon und Aristoteles aber letztlich nicht auf ein bestimmtes körperliches Organ (‚Herz‘, ‚Gehirn‘ etc.), sondern auf ein vom Körperlichen verschiedenes, immaterielles Prinzip ‚Seele‘ zurück. Vgl. zu Platon: Bernard (1998) 1–29. Vgl. Aristoteles, De an. II 1 f., 412 a-413 b. S. dazu Bernard (1988) 9–22; Pietsch (1992) 214 f. Tou' diyw'nto~ a[ra hJ yuchv, kaq∆ o{son diyh/', oujk a[llo ti bouvletai h] piei'n, kai; touvtou ojrevgetai kai; ejpi; tou'to oJrma'/ (Resp. 439 a 9–b 1). Dass deshalb die platonische Seelenkonzeption nicht mit der modernen Dreiteilung ‚Verstand, Gefühl, Wille‘ parallelisiert werden kann, vielmehr den platonischen drei Seelenteilen jeweils ein bestimmtes Strebe-, Erkenntnis- und Gefühlsvermögen zukomme, erörtern Schmitt (2003) 283–306 sowie van Ackeren (2003) 202. Resp. 438 c-e.

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(etwa das Begehren nach schmackhafter Speise, nach dem Hören angenehmer Musik, nach Sexualität etc.)13 zielt, sondern mit dem Erschließen und Durchdringen eines bestimmten Sachverhalts, also mit rationalem Wissen, verbunden ist und sein will, etwa mit dem Wissen darüber, was Gesundheit ist und wie und wodurch einem Kranken Gesundung zuteil werden kann, also der Arztkunst (iatrikê). Beide Vermögen der Seele haben also gemeinsam, dass sie nach etwas (gleichwohl Grundverschiedenem) streben, darin aber mehr oder weniger dem Körperlichen verbunden sind: Während das epithymêtikon letztlich ein direktes ‚Haben-Wollen‘ von etwas konsumierbarem Materiellen ist,14 wendet sich das logistikon etwas Begreifbarem zu, welches als es selbst nicht materieller Natur ist, auch wenn es in Verbindung zum Körperlichen steht wie die Arztkunst. Letztere, so der platonische Sokrates, sei qua Arztkunst aber nicht ‚krank‘ oder ‚gesund‘ in demselben Sinn, wie ein Kranker krank ist, sondern ein begriffliches Wissen (epistêmê) um Krankheit und Gesundheit.15 Gemäß dem Widerspruchsaxiom, dass etwas Bestimmtes als solches genau dieses und nichts anderes ist, sind also beide Seelenvermögen bzw. -teile voneinander verschieden. Damit wird nun bereits deutlich, inwiefern die schwierige Ausgangsfrage eben nicht mit einem simplen Entweder-Oder beantwortet werden konnte: Beide Seelenteile streben nach etwas Bestimmtem und gehören insofern zu derselben Seele ei­ nes Menschen, denn auch ein Arzt strebt ja nicht nur qua Arzt mit seinem logistikon nach medizinischem Wissen, sondern begehrt als Mensch mit einem epithymêtikon bestimmte leibliche Güter, die er für sein körperliches Wohlbefinden benötigt oder verlangt. Beides ist also Teil seines Menschseins, beides geht auf die eine Ursache seiner Lebendigkeit, die Seele, zurück. Insofern hat ein Arzt nach Platon nicht einfach ‚zwei Seelen in seiner Brust‘ (sonst wären es zwei völlig separate Menschen), sondern die eine Seele des Menschen verfügt über verschiedene Vermögen bzw. ‚Seelenteile‘. Dass beide Vermögen miteinander in einem bestimmten Wechselspiel stehen, erläutert Sokrates wieder an einem konkreten Beispiel, dass die begehrende Seele, insofern sie aktual nach Trank begehrt, nicht sich selbst als eine genau dieses begehrende an diesem Begehren hindern könne – dies würde sonst dem Widerspruchsaxiom zuwiderlaufen und die begehrende Seele begehrte in Wirklichkeit gar nichts, wäre also nicht sie selbst, nämlich begehrend.16 Da es nun aber vorkomme und zumindest grundsätzlich dem Menschen möglich sei, sich über ein Begehren in ihm selbst hinwegzusetzen, müsse dieses „Zurückziehen“ (anthelkein) auf ein anderes Vermögen, welches nicht dürstet, zurückgehen, welches aber nicht völlig bezugslos zum epithymêtikon sein könne, denn sonst könnte es dieses nicht „zurück13 14 15 16

Resp. 439 d. Resp. 442 a 7 f. Resp. 438 e. So scheint mir Platons Argumentation zumindest gemeint zu sein: Es geht Platon hier nicht um mehrere, einander widerstreitende Begierden auf der Ebene der epithymia (wiewohl auch dies mit Platons Seelenkonzeption durchaus vereinbar wäre), sondern um ein kategorial von epithy­ mia verschiedenes Streben nach dem, was statthaft, gerecht und angemessen ist – deshalb schreibt er dieses Streben einem spezifischen anderen Seelenteil, dem logistikon, zu.

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ziehen“. Sokrates vergleicht das Begehrende der Seele mit einem Tier17 (welches von einem Menschen ebenfalls zurückgehalten werden kann). Beide, das Begehrende und das Hindernde, seien in derselben Seele, aber als etwas Verschiedenes,18 das Hindernde (kôlyon) entstehe aber aus einem logismos, also einem rationalen Denkakt, und gehe so auf das logistikon zurück,19 welches, wie das Beispiel zeigt, gemäß Platon grundsätzlich über dem Begehrvermögen steht und die menschliche Seele spezifisch von einer tierischen unterscheidet. Hier wird also ersichtlich, dass das logistikon nicht nur einer ‚reinen Vernunfterkenntnis‘ dienen, sondern auch in ganz praktischer Hinsicht ethisch relevante Handlungsentscheidungen treffen soll,20 welche sich nicht nur auf es selbst – das logistikon –, sondern auch auf das epithymêtikon und die Seele als ganze beziehen. Die bisherige Seelentheorie wäre also dual (nicht im strengen Sinne dualistisch, sonst hätten epithymêtikon und logistikon keine Verbindung), wenn nicht Sokrates im Folgenden erneut anhand eines der praktischen Lebenswelt entnommenen Beispiels geltend machen würde, dass der thymos, mit „welchem wir uns ereifern“,21 einen dritten Seelenteil darstelle (hierarchisch zwischen den beiden erstgenannten): Er habe nämlich gehört, dass ein Mann namens Leontios mit sich selbst im Zwiespalt gewesen sei, ob er sich die bei einem Scharfrichter liegenden Leichname anschauen oder sich widerwillig von ihnen abwenden wolle.22 Der Konflikt verläuft, so Sokrates, hier nicht zwischen epithymêtikon und logistikon, sondern zwischen der begehrenden Schaulust des ersteren und der Scham des thymos, dem allgemein das Sich-Ereifern zukomme, welches – analog dazu, dass es nicht nur eine, sondern viele Begierden und nicht nur epistêmê von einer, sondern von vielen Wissensgegenständen gibt – in verschiedener Form seine Ausprägung finden kann (z. B. als Zorn, Mut, Neid, Scham23). An dieser Stelle wird in besonderer Weise greifbar, dass, wie Arbogast Schmitt herausgearbeitet hat, Platons thymos nicht als „Vorform unseres Willensbegriffs“ missverstanden werden darf,24 denn sonst könnte ja für Platon kein Willenskonflikt zwischen der epithymia und dem thymos entstehen. Der systematische Grund, weshalb Platon grundsätzlich einen dritten Seelenteil annimmt, besteht darin, dass zum einen gemäß dem Widerspruchsaxiom die Begierde in Leontios nicht in derselben Hinsicht darauf drängen und nicht darauf drängen kann, dass er die Leichname sehen will. Das, was ihn zurückhält, kann aber auch nicht in dem oben bestimmten Sinn Teil des logistikon sein – das schamvolle 17 18 19 20 21 22 23 24

Oujkou'n ei[ potev ti aujth;n ajnqevlkei diyw'san, e{teron a[n ti ejn aujth'/ ei[h aujtou' tou' diyw'nto~ kai; a[gonto~ w{sper qhrivon ejpi; to; piei'n; ouj ga;r dhv, famevn, tov ge aujto; tw/' aujtw/' eJautou' peri; to; aujto; a{m∆ a] tajnantiva pravttoi (Resp. 439 b 3–6). Tiv ou\n, e[fhn ejgwv, faivh ti~ a]n touvtwn pevri; oujk ejnei'nai me;n ejn th/' yuch/' aujtw'n to; keleu'on, ejnei'nai de; to; kwlu'on piei'n, a[llo o]n kai; kratou'n tou' keleuvonto~; (Resp. 439 c 5–7). \Ar∆ ou\n ouj to; me;n kwlu'on ta; toiau'ta ejggivgnetai, o{tan ejggevnhtai, ejk logismou', ta; de; a[gonta kai; e{lkonta dia; paqhmavtwn te kai; noshmavtwn paragivgnetai; (Resp. 439 c 9–d 2). Vgl. van Ackeren (2003) 141 f. 181. 193. 197. To; de; dh; tou' qumou' kai; w/| qumouvmeqa povteron trivton, h] touvtwn potevrw/ a]n ei[h oJmofuev~; (Resp. 439 e 3 f.). Resp. 439 e-440 a. Vgl. Büttner (2000) 370. Schmitt (2003) 284 f. 305 f.

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Sich-Abwenden ist als solches ja nicht Teil eines genuin rationalen Denkprozesses oder gar Inhalt einer wissenschaftlichen Tätigkeit. Das Empörende des thymos tut sich für Platon vielmehr als ein dritter Seelenteil zwischen den erstgenannten auf. Das Argument für diese Dreiteilung findet der platonische Sokrates erneut in der Lebenserfahrung: Man könne oft beobachten (aisthanometha), dass jemand von Begierden gegen sein rationales Denken (logismos) bezwungen werde und dann schimpfe, sich ereifere (thymoumenos); gerade in dieser ‚Dreierkonstellation‘ zeige sich dann häufig, dass der aufwallende thymos ein Verbündeter der Ratio (logos) werde.25 Anders als nach moderner Auffassung versteht Platon also das Sich-Ereifernde in der Seele nicht als ein ‚bloßes Gefühl‘, welches mit der Rationalität nichts gemein hätte, sondern spricht dem thymos durchaus eine Verbindung zur Ratio zu, wodurch sich erneut die Einheit der Seele in ihren Teilen zeigt. Eben dieser auf rationaler Einsicht beruhende Konnex zwischen thymos und logistikon wird an dem nächsten Beispiel ersichtlich: Sokrates sagt, ebenso werde jemand, der einem andern Unrecht getan habe und seinetwegen nun Hunger leide, ob des Hungers viel weniger Zorn empfinden, weil er weiß, dass er selbst unrecht gehandelt habe.26 Die Nicht-Befriedigung der epithymia wird in einem solchen Fall von dem Gerechtigkeitsempfinden des thymos gleichsam billigend in Kauf genommen, weil die Scham über das eigene Unrecht stärker ist. Jedoch sei jemand, der zu Unrecht zu leiden meint, in seinem thymos so lange aufgebracht, bis er entweder sein (von ihm angenommenes) Recht durchgesetzt habe, sterbe oder – wie ein Hund von seinem Hirten – von der Ratio „zurückgepfiffen“ und „besänftigt“ werde.27 In einem solchen Fall besteht also die Möglichkeit, dass gleichsam ‚die Pferde des thymos mit einem durchgehen‘ und es nur sehr schwer möglich ist, einer solchen Gefühlswallung Herr zu werden. Aus allen drei Beispielen wird ersichtlich, weshalb der thymos als der dritte Seelenteil für Platon über der epithymia, aber unterhalb des logistikon steht, welches ihn mittels rationaler Einsicht in angemessene Schranken weisen kann und soll; erneut wird der thymos als der zweitniedrigste Seelenteil auf eine Stufe mit der Seele eines Tieres gesetzt.28 Diese Hierarchie sieht Platon zumindest grundsätzlich so gegeben, sofern eine alles in allem ‚gute Ordnung‘ in der Seele herrscht. Wesentlich ist aber, dass Sokrates zumindest in einem Halbsatz einräumt, dass gerade der thymos, wenn er schlecht erzogen sei, sich nicht mehr im Interesse der Gerechtigkeit ereifert und dem logistikon beisteht, sondern „verdorben“ werden bzw. sein kann29 und sich dann von der Ratio, der er naturgemäß beistehen würde, lossagt. 25 26 27

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Oujkou'n kai; a[lloqi, e[fhn, pollacou' aijsqanovmeqa, o{tan biavzwntaiv tina para; to;n logismo;n ejpiqumivai, loidorou'ntav te auJto;n kai; qumouvmenon tw/' biazomevnw/ ejn auJtw/', kai; w{sper duoi'n stasiazovntoin suvmmacon tw/' lovgw/ gignovmenon to;n qumo;n tou' toiouvtou; (Resp. 440 a 8–b 4). Resp. 440 c. Tiv de; o{tan ajdikei'sqaiv ti~ hJgh'tai; oujk ejn touvtw/ zei' te kai; calepaivnei kai; summacei' tw/' dokou'nti dikaivw/ kaiv, dia; to; peinh'n kai; dia; to; rJigou'n kai; pavnta ta; toiau'ta pavscein, uJpomevnwn kai; nika/' kai; ouj lhvgei tw'n gennaivwn, pri;n a]n h] diapravxhtai h] teleuthvsh/ h] w{sper kuvwn uJpo; nomevw~ uJpo; tou' lovgou tou' par∆ auJtw/' ajnaklhqei;~ prau>nqh';/ (Resp. 440 c 7–d 3). Vgl. auch Resp. 441 b. … kai; ejn yuch/' trivton tou'tov ejsti to; qumoeidev~, ejpivkouron o]n tw/' logistikw/' fuvsei, eja;n mh; uJpo; kakh'~ trofh'~ diafqarh';/ (Resp. 441 a 2 f.).

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Platons Seelenlehre verdankt sich der argumentativen Herkunft nach keiner irrationalen Spekulation, sondern bezieht sich auf konkrete Erfahrungen aus der Lebenswelt und analysiert diese mit Hilfe des Widerspruchsaxioms.30 Der Grundunterschied zu vor allem modernen Denkweisen besteht gleichwohl darin, dass lebendige Körper nach Platon nicht sich selbst (‚evolutiv‘) Lebendigkeit verleihen, sondern die empirisch wahrnehmbare Materie grundsätzlich nicht selbst belebt ist, sondern als lebendige Materie (z. B. als menschlicher oder tierischer Leib oder als Pflanze) ein von ihr verschiedenes Lebensprinzip hat. Vor allem die Seelenteile Begierde und Zorn, aber auch das Denken stehen in einem direkten Wechselspiel mit der leiblichen Konstitution eines Menschen31: Sokrates spricht ja in seinen anschaulichen Beispielen nicht über entleibte Seelen, sondern bezieht sich dabei immer auf konkrete, emotional und intellektuell plausible Erfahrungen des menschlichen Alltags, so dass bei allem rationalen Anspruch zugleich ein Wert auf die gefühlsmäßige Nachvollziehbarkeit gelegt wird.32 Das Zusammenspiel in der Hierarchie der Seelenteile epithymêtikon – thymos – logistikon gleicht nach den Worten des Sokrates dem einer Stadt,33 so wie in den Büchern 8 und 9 der Politeia die Staatsverfassungen mit bestimmten Seelenverfassungen korrespondieren und von Platon analog bestimmt werden. Für den Stellenwert von Platons Seelenlehre ist es vermutlich weniger entscheidend, ob sich bei weiterer Differenzierung mittels derselben Methode noch andere Seelenteile ermitteln ließen34 (verschiedene Arten von Begierden35 und Ereiferungsformen wie der 30 31 32

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Eine sehr viel genauere Diskussion von Platons Seelenkonzeption unter Einbeziehung der verschiedenen Deutungen in der Wirkungs- und Forschungsgeschichte bietet Büttner (2000) 18– 127. Vgl. unten im Zusammenhang mit Apuleius’ Doxografie die leibliche Verortung der Seelenteile gemäß dem Timaios. Gerade in diesem Zusammenhang wird erkennbar, dass die platonische Rationalität nicht rationalistisch oder weltfremd ist – sonst würde Sokrates nicht immer wieder auf konkrete Lebenssituationen rekurrieren. Gleichwohl bleibt die Beziehung zwischen Ratio und Gefühl gerade aus moderner Sicht ein nicht leicht zu klärendes Problem. Man könnte z. B. fragen, ob nicht die Fähigkeit zur Empathie ein mit thymos und logistikon zwar in Verbund stehendes, aber dennoch von ihnen zu unterscheidendes seelisches Vermögen darstellen könnte. Resp. 440 e 10, 441 c 5. Das Argument weiterer „subdivisions“ innerhalb der Seele gemäß dem Widerspruchsaxiom wird geltend gemacht von Bobonich (2002) 248. Dass es verschiedene Formen von Begierden und nicht nur eine gibt, widerspricht jedoch nicht, sondern bestärkt eher Platons Postulat eines epithymetischen Seelenteils, welches verschiedene Arten von Begehrlichkeit umfasst. Umgekehrt steht eine Perspektive, welche die beiden unteren Seelenteile stärker zusammenfasst, nicht notwendig im Widerspruch zur Dreierteilung der Politeia: „From this perspective both those with appetitive tendencies and those with thumos tendencies can be considered to belong to the same class, in a way that is perfectly compatible with other more complex psychological distinctions. […] The point, I take it, is that those who indulge the lower parts of the soul share some similar traits – from an epistemological point of view“ (Sheffield [2006] 235). Dass die Rede von den drei Seelenteilen nicht unbedingt als „vollständige Psychologie“ anzusehen, sondern für den „Zusammenhang von Seelenordnung, Handlungsentscheidung und Wissen von Bedeutung“ ist, unterstreicht van Ackeren (2003) 143. Weitere Differenzierungen innerhalb des epithymêtikon setzt Platon insofern an späterer Stelle selbst voraus, als die (zu den Seelenverfassungen grundsätzlich analogen) Staatsformen Olig-

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Furcht als korrespondierender Teil des Muthaften, ferner das Vermögen zur Liebe36). Entscheidend ist hingegen für Platon, dass das Miteinander und Aufeinander-bezogen-Sein bestimmter grundsätzlicher Vermögen in der menschlichen Seele diese als eine Einheit in der Vielheit konstituiert37 und so die „schwierige“ Ausgangsfrage auf differenzierte Weise beantwortet. Für Platon gehören alle drei Seelenteile konstitutiv zum seelischen Ganzen,38 zur einen Person dazu: Weder wird die Einheit der Seele bestritten noch diese Einheit nur im obersten Seelenteil, dem logistikon, angesetzt, so dass die unteren Seelenteile als nicht zum ‚eigentlichen Selbst‘ dazu gehörig gelten würden.39

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archie, Demokratie, Tyrannis alle von der Begierde geleitet sind – „ihre Differenzierung muß auf vorher nicht herausgearbeiteten Unterscheidungen innerhalb der Begierde beruhen“ (Bernard [1998b] 30). Dass die Seelenteile einander lieben sollen (philia) und insofern ein Vermögen der Liebe impliziert ist, zeigt Resp. 442 c 10–d 1. Zur intelligiblen Liebe vgl. unten Augustinus sowie Dionysius über den Eros der Engel. – Im Timaios ordnet Platon Freude, Kummer als dem Eros (und allgemein der Sinneswahrnehmung) verbundene Gefühle zu; Furcht verortet Platon im Zusammenhang mit dem thymos (oJpovte dh; swvmasin ejmfuteuqei'en ejx ajnavgkh~, kai; to; me;n prosivoi, to; d∆ ajpivoi tou' swvmato~ aujtw'n, prw'ton me;n ai[sqhsin ajnagkai'on ei[h mivan pa'sin ejk biaivwn paqhmavtwn suvmfuton givgnesqai, deuvteron de; hJdonh/' kai; luvph/ memeigmevnon e[rwta, pro;~ de; touvtoi~ fovbon kai; qumo;n o{sa te eJpovmena aujtoi'~ kai; oJpovsa ejnantivw~ pevfuke diesthkovta, Tim. 42 a 3–b 1). Dazu, dass ein unbezwingbarer thymos furchtlos sei, vgl. Resp. 375 b; zum Zusammenhang von Tapferkeit und Furcht s. Resp. 429 a-430 c. Dazu, dass jedem der drei Seelenteile eine bestimmte Art der Lust zukomme, vgl. Resp. 580 d. […] kai; pantavpasin e{na genovmenon ejk pollw'n, swvfrona kai; hJrmosmevnon […] (Resp. 443 e 1 f.) – Vgl. Büttner (2000) 27. Die Seelenteile sollen gemäß Platon das Wesen der menschlichen Seele erkennen helfen und nicht nur Formen der akrasia erklären, vgl. jedoch Bobonich (2002) 241: „If partitioning is not needed to explain the occurrence of akratic action, then its costs are not counterbalanced by any benefits.“ Anders jedoch die Darstellung von Bobonich (2002) 254: „The Republic’s partitioning theory commits Plato to denying the unity of the person. Specifically, it commits him to denying that there is a single ultimate subject of all a person’s psychic states and activities. […] It is especially difficult to see how the parts can register the fact that they are communicating.“ Der letzte Einwand geht insofern an Platons Position vorbei, als sich das Miteinander der Seelenteile nicht als eine Kommunikation völlig separierter Personen (wie in einer Diskussion) vollzieht, sondern es ja gerade eine Seele in ihren verschiedenen Bestrebungen ist, um die es Platon geht (vgl. van Ackeren [2003] 139 f.), d. h. der innere Seelendialog kann nicht am Bewusstseinskriterium gemessen werden (‚jetzt spricht der thymos, dann die epithymia‘), sondern vollzieht sich gemäß Platon vermutlich sehr viel stärker unbewusst; trotzdem ist es für Platon eben gerade nicht unerklärlich, warum ein Mensch mit verschiedenen Strebeformen, Lüsten, Gedanken in seinem Innern umgeht oder kämpft – deshalb werden ja die drei Seelenteile von ihm postuliert. Daher ist auch der Einwand, der Mensch könne gemäß seinem logistikon gar nichts dafür, dass die unteren Seelenteile etwas anderes wollten als dieses, und könne deshalb nur ihrem Treiben passiv zuschauen („[…] it seems to undermine the idea that the person is responsible for actions resulting from the lower parts winning out“, Bobonich [2002] 255 f.; „She seems to be left as a passive spectator of the competition of her own desires“, ibd. 257), unberechtigt und gleicht eher der Lehre von der apatheia des stoischen Weisen (s. u. Kap. 4). Platons Rede von der idealen Seelenordnung zielt ja darauf, die verschiedenen Seelenteile untereinander in Harmonie zu bringen und jedem sein Recht einzuräumen – dies kann nur gelingen, wenn das logisti­ kon ‚Zugang‘ und ‚Kontakt‘ zu thymos und epithymia hat.

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Die harmonische Einheit der Seele in ihren Teilen ist jedoch nicht als ein immer schon gegebenes Faktum einfach vorhanden, sondern resultiert – wie die Beispiele zeigen – im günstigsten Fall durch ethische Anstrengung aus einer bestimmten inneren Ordnung, wenn der betreffende Mensch „in Selbstbeherrschung sich selbst Freund ist“ und die drei Seelenteile miteinander „wie in einem Dreiklang in eine Harmonie bringt.“40 Die im besten Sinne ‚gute Kooperation‘ der einzelnen Teile untereinander ist für Platon dann als reale innerseelische Gerechtigkeit erreicht, wenn jeder Seelenteil das ihm Naturgemäße tut.41 Sie muss also immer wieder gepflegt oder auch errungen werden, wie das Beispiel des ‚Zurückpfeifens‘ des sich von der Ratio zu emanzipieren drohenden thymos oder auch die Möglichkeit der schlechten Erziehung desselben zeigt. Hieran wird die ethische Aufgabe, die sich aus der Seelentheorie ergibt, ersichtlich, dass eine ‚Diktatur‘ (katadoulôsasthai) in der Seele durch entweder den thymos oder die epithymia nach Platon unbedingt vermieden werden soll,42 da nur das logistikon wirklich sachlich erfassen könne, was für das Ganze und die Teile der Seele gut ist,43 und so als Quelle ethischer Tugenden fungieren kann.44 Damit ist Platons Seelenhierarchie also keine ‚Tyrannis der ratio‘, die der epithymia und dem thymos aufoktroyiert würde, sondern der Herrschaftsanspruch der ratio verdankt sich ausdrücklich dem Umstand, dass sie am besten für die unteren Seelenteile – also in ihrem eigenen Interesse – urteilen und sorgen und somit einem „innerseelischen Krieg“45 vorbeugen könne. Platon intendiert für eine geordnete Seele also keine Verneinung ihrer unteren Seelenteile, 40

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To; dev ge ajlhqev~, toiou'tovn ti h\n, wJ~ e[oiken, hJ dikaiosuvnh ajll∆ ouj peri; th;n e[xw pra'xin tw'n auJtou', ajlla; peri; th;n ejntov~, wJ~ ajlhqw'~ peri; eJauto;n kai; ta; eJautou', mh; ejavsanta tajllovtria pravttein e{kaston ejn auJtw/' mhde; polupragmonei'n pro;~ a[llhla ta; ejn th/' yuch/' gevnh, ajlla; tw/' o[nti ta; oijkei'a eu\ qevmenon kai; a[rxanta aujto;n auJtou' kai; kosmhvsanta kai; fivlon genovmenon eJautw/' kai; sunarmovsanta triva o[nta, w{sper o{rou~ trei'~ aJrmoniva~ ajtecnw'~, neavth~ te kai; uJpavth~ kai; mevsh~ […] (Resp. 443 c 9–d 7). Zur inneren Harmonie vgl. auch Gorg. 482 b-c. Mnhmoneutevon a[ra hJmi'n o{ti kai; hJmw'n e{kasto~, o{tou a]n ta; auJtou' e{kaston tw'n ejn aujtw/' pravtth/, ou|to~ divkaiov~ te e[stai kai; ta; auJtou' pravttwn. Kai; mavla, h\ d∆ o{~, mnhmoneutevon. Oujkou'n tw'/ me;n logistikw'/ a[rcein proshvkei, sofw'/ o[nti kai; e[conti th;n uJpe;r aJpavsh~ th'~ yuch'~ promhvqeian, tw'/ de; qumoeidei' uJphkovw/ ei\nai kai; summavcw/ touvtou; (Resp. 441 d 12–e 6); Oujkou'n touvtwn pavntwn ai[tion o{ti aujtou' tw'n ejn aujtw'/ e{kaston ta; auJtou' pravttei ajrch'~ te pevri kai; tou' a[rcesqai; Tou'to me;n ou\n, kai; oujde;n a[llo. “Eti ti ou\n e{teron zhtei'~ dikaiosuvnhn ei\nai h] tauvthn th;n duvnamin h} tou;~ toiouvtou~ a[ndra~ te parevcetai kai; povlei~; (Resp. 443 b 1–5); Resp. 433 a; Tim. 90 c 6 f. Vgl. Klopfer (2008) 50. Resp. 441 e-442 b. Sofo;n dev ge ejkeivnw/ tw/' smikrw/' mevrei, tw/' o} h\rcevn t∆ ejn aujtw/' kai; tau'ta parhvggellen, e[con au\ kajkei'no ejpisthvmhn ejn auJtw/' th;n tou' sumfevronto~ eJkavstw/ te kai; o{lw/ tw/' koinw/' sfw'n aujtw'n triw'n o[ntwn (Resp. 442 c 5–8). Vgl. Manuwald (2009) 32. 35. „Die Einheit der Tugenden wird von Sokrates auf das Wissen und die Führung des Logistikon zurückgeführt, durch die Seelenteile und die Struktur der Seele ergeben sich unterschiedliche weitere Tugenden“ (Manuwald [2009] 33). Da das logistikon nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf das Wohl der ganzen Seele bedacht sein soll, folgt aus der Rede, jeder Seelenteil möge sein spezifisches Werk verrichten, nicht, dass das „Individuum“ nicht „als Ganzes gerecht sein“ kann, „sondern nur seine Teile“ (vgl. aber van Ackeren [2003] 146). Von einem solchen innerseelischen Krieg und dessen innerer Selbst-Überwindung als „bestem aller Siege“ spricht Platon in den Nomoi (Kajntau'qa, w\ xevne, to; nika'n aujto;n auJto;n pasw'n nikw'n prwvth te kai; ajrivsth, to; de; hJtta'sqai aujto;n uJf∆ eJautou' pavntwn ai[scistovn te a{ma kai;

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wie dies von einem stoischen Weisen46 verlangt würde, sondern meint, dass ein guter Mensch sowohl thymos wie auch Milde besitzen müsse.47 Zugleich wird die Tugendlehre, wie der Zusammenhang zeigt, von Platon nicht als ein ‚sittliches Ideal‘ gesetzt, welches man pflichtgemäß zu erfüllen habe, sondern ausdrücklich mit der Erkenntnis des Guten, also einem einzusehenden Warum und Wozu des ethischen Handelns rational begründet.48 Wenngleich Platons sowohl am Widerspruchsaxiom wie an der Lebenserfahrung orientierte Bestimmung der Seele eine innere Konsistenz zeigt, bleibt aus heutiger Sicht jedoch die Frage, ob ‚Unordnung in der Seele‘ platonisch gesehen tatsächlich nur auf schlechte Erziehung (trophê) oder einen inneren Seelenkampf, in dem die einzelnen Teile gegeneinander um die Herrschaft ringen,49 zurückzuführen ist oder ob darüber hinaus Formen einer defizienten Seelenordnung ohne eigenes (oder anderer) Verschulden aufgrund von Krankheit (z. B. Depression, Psychose, Schizophrenie) innerhalb des platonischen Systems denkbar erscheinen. Zunächst könnte man Platon zugute halten, dass er sich im Rahmen der grundsätzlichen Ableitung seiner allgemeinen Seelenlehre nicht zu solchen höchstens am Einzelfall zu prüfenden Phänomenen äußert, die sich der allgemeinen Beurteilung von außen entziehen. Eine einfache Antwort, dass auch Krankheiten auf eine selbst verschuldete ‚Unordnung‘ zurückgingen, wäre wohl unangebracht, weil dies nicht ohne den konkreten Lebenshintergrund des einzelnen Menschen zu entscheiden ist. Zwar lässt Platon Sokrates gegen Ende des vierten Buchs der Politeia „alle Schlechtigkeit“ auf einen inneren Streit um die Herrschaft in der Seele zurückführen,50 parallelisiert daraufhin die Ungerechtigkeit der Seele mit leiblicher Krankheit,51 um schließlich explizit festzustellen, dass die „seelische Tugend eine bestimmte Gesundheit, Schönheit und Wohlverfasstheit der Seele, die Schlechtigkeit aber Krankheit, Hässlichkeit und Schwäche“ sei.52 Möglicherweise meint Platon damit aber gar keine im modernen Sinne psychischen Krankheiten: Ihm geht es ja um eine seelische Krankheit, die der Seele selbst zuzuschreiben ist, während psychische Krankheiten wie Depression etc. für Platon vielleicht nicht allein die Seele als Ursache derselben betreffen, sondern eher ein krankhaftes Wechselspiel zwischen Leib und Seele und insofern ‚psychosomatische‘ Ursachen hätten.

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kavkiston. tau'ta ga;r wJ~ polevmou ejn eJkavstoi~ hJmw'n o[nto~ pro;~ hJma'~ aujtou;~ shmaivnei, Leg. 626 e 2–5). Zur Diskussion dieses stoischen Ideals vgl. unten die Abschnitte zu Apuleius und Augustinus. Dio; dh; qumoeidh' prevpein kai; pra/'ovn famen eJkavstote ei\nai dei'n to;n ajgaqovn (Leg. 731 d 4–5), ebenso Resp. 375 c 1–376 c 6. Diese Erkenntnis des Guten verlangt Platon zumindest von den Wächtern seines Staats, die nur dann gute, d. h. vollendete Wächter seien, wenn sie um das Gute des Gerechten und Schönen wissen (Oi\mai gou'n, ei\pon, divkaiav te kai; kala; ajgnoouvmena o{ph/ pote; ajgaqav ejstin, ouj pollou' tino~ a[xion fuvlaka kekth'sqai a]n eJautw'n to;n tou'to ajgnoou'nta, Resp. 506 a 4–6). Resp. 444 b 1–5. toiau't∆ a[tta oi\mai fhvsomen kai; th;n touvtwn tarach;n kai; plavnhn ei\nai thvn te ajdikivan kai; ajkolasivan kai; deilivan kai; ajmaqivan kai; sullhvbdhn pa'san kakivan (Resp. 444 b 6–8). Resp. 444 d. Vgl. Klopfer (2008) 53. ∆Areth; me;n a[r∆, wJ~ e[oiken, uJgiveiav tev ti~ a]n ei[h kai; kavllo~ kai; eujexiva yuch'~, kakiva de; novso~ te kai; ai\sco~ kai; ajsqevneia (Resp. 444 d 13–e 2). Vgl. van Ackeren (2003) 207.

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Anlass zu dieser Interpretation bietet der Timaios, dessen skopos diese naturwissenschaftlich-medizinische Dimension umfasst,53 während die Politeia die Frage nach der Gerechtigkeit umkreist und die allgemeine Seelenlehre in diesem Kontext zu sehen ist. Im Timaios spricht Platon von bestimmten Erkrankungen, die den Bereich von Depression und Manie betreffen, und führt diese nicht auf eine Unordnung der Seelenteile an sich, sondern auf „scharfen, salzigen Schleim“ zurück, der in verschiedener Ausprägung an verschiedenen Orten im Körper seelische Leiden wie Missmut, Trübsal, Übermut oder Feigheit und sogar Vergessen und einen Verlust der Lernfähigkeit verursache.54 Diese psychischen Krankheiten nähmen, so Platon, unter ungünstigen äußeren Bedingungen weiter zu und man werde unter solchen Umständen unfreiwillig schlecht, wenngleich – und hier zeigt sich, dass eine ethische Komponente dennoch erhalten bleibt – man alles daran setzen solle, durch Erziehung, Aktivität und Wissen diese Übel zu fliehen bzw. ihnen entgegenzuwirken.55 Umgekehrt führe eine zornanfälligere Seele dazu, dass der Leib krank werde und mit viel Feuer angefüllt sei, wofür dann häufig ärztlicherseits eine falsche Ursache vermutet würde.56 Platon nimmt also ein komplexes, psychosomatisches Wechselverhältnis zwischen Seele und Leib an und ‚verordnet‘ beiden nach Möglichkeit die entsprechende Bewegung durch Denken und Sport als Therapie.57 Wie oben bereits ersichtlich, führt Platon die Explikation der inneren Teile der menschlichen Seele immer in Rückbindung an lebensnahe Beispiele durch und verknüpft so seine Seelentheorie unmittelbar mit ethischen Fragestellungen. Im Fol53

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Platon sagt z. B. im Timaios, dass bestimmte Laster der Seelen keine „freiwilligen“ Ursachen haben und nicht zu Recht getadelt würden, sondern auf die schlechte Konstitution des Körpers und ein „erziehungsloses Aufwachsen“ zurückzuführen seien (kai; scedo;n dh; pavnta oJpovsa hJdonw'n ajkravteia kai; o[neido~ wJ~ eJkovntwn levgetai tw'n kakw'n, oujk ojrqw'~ ojneidivzetai: kako;~ me;n ga;r eJkw;n oujdeiv~, dia; de; ponhra;n e{xin tina; tou' swvmato~ kai; ajpaivdeuton trofh;n oJ kako;~ givgnetai kakov~, panti; de; tau'ta ejcqra; kai; a[konti prosgivgnetai, Tim. 86 d 5–e 3). Hierin scheint mir ein Beleg greifbar zu sein, dass bestimmte Leiden, die modern vielleicht entweder als ‚psychisch‘ oder ‚rein körperlich‘ eingeordnet werden, für Platon auf – prägnant verstanden – ‚psychosomatische‘ Ursachen, also Körper und Seele, zurückgehen. In diesem Zusammenhang spielt Platons Lehre davon, dass niemand freiwillig fehlgehe, offenbar eine entscheidende Rolle. kai; pavlin dh; to; peri; ta;~ luvpa~ hJ yuch; kata; taujta; dia; sw'ma pollh;n i[scei kakivan. o{tou ga;r a]n h] tw'n ojxevwn kai; tw'n aJlukw'n flegmavtwn kai; o{soi pikroi; kai; colwvdei~ cumoi; kata; to; sw'ma planhqevnte~ e[xw me;n mh; lavbwsin ajnapnohvn, ejnto;~ de; eiJllovmenoi th;n ajf∆ auJtw'n ajtmivda th/' th'~ yuch'~ fora/' summeivxante~ ajnakerasqw'si, pantodapa; noshvmata yuch'~ ejmpoiou'si ma'llon kai; h|tton kai; ejlavttw kai; pleivw, prov~ te tou;~ trei'~ tovpou~ ejnecqevnta th'~ yuch'~, pro;~ o}n a]n e{kast∆ aujtw'n prospivpth/, poikivllei me;n ei[dh duskoliva~ kai; dusqumiva~ pantodapav, poikivllei de; qrasuvthtov~ te kai; deiliva~, e[ti de; lhvqh~ a{ma kai; dusmaqiva~ (Tim. 86 e 3–87 a 7). pro;~ de; touvtoi~, o{tan ou{tw~ kakw'~ pagevntwn politei'ai kakai; kai; lovgoi kata; povlei~ ijdiva/ te kai; dhmosiva/ lecqw'sin, e[ti de; maqhvmata mhdamh/' touvtwn ijatika; ejk nevwn manqavnhtai, tauvth/ kakoi; pavnte~ oiJ kakoi; dia; duvo ajkousiwvtata gignovmeqa: w|n aijtiatevon me;n tou;~ futeuvonta~ ajei; tw'n futeuomevnwn ma'llon kai; tou;~ trevfonta~ tw'n trefomevnwn, proqumhtevon mhvn, o{ph/ ti~ duvnatai, kai; dia; trofh'~ kai; di∆ ejpithdeumavtwn maqhmavtwn te fugei'n me;n kakivan, toujnantivon de; eJlei'n (Tim. 87 a 7–b 8). Tim. 88 a. Tim. 88 d 1–89 a 8, 89 e, 90 c 6 f.; vgl. Tht. 153 c 3 f.

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genden soll nun weder der weitere Fortgang der Diskussion der Politeia und Platons Parallelisierung bestimmter Seelenverfasstheiten mit ihren analogen Staatsverfassungen58 noch Platons Tugendlehre im Allgemeinen59 noch das Verhältnis der Seelenteillehre der Politeia zu anderen Platon-Dialogen60 im Mittelpunkt stehen, sondern der Blick über Platon hinaus auf seine geistigen Nachfolger und damit – bei lediglich exemplarischer Heranziehung einiger Platoniker – auf die Geschichte des Platonismus gelenkt werden unter systematischem Bezug auf das bisher Erörterte. 3. PLATONISCHE SEELENLEHRE UND ETHISCHE KONSEQUENZEN BEI APULEIUS (DE PLATONE UND METAMORPHOSEN) In seinem doxografischen Werk De Platone et eius dogmate (Pl.) beschreibt Apuleius Platons besagte Dreiteilung der Seelenvermögen aus der Politeia und ordnet ihr unter Bezugnahme auf den Timaios (69 c ff.) jeweils bestimmte Körperregionen zu: Der beste Seelenteil (rationabilis = logistikon), welcher nach Platon ja die Herrschaft innerhalb der Seele ausüben soll, befinde sich im Kopf, das Zornartige (iras­ centia61 – thymos) im Herzen, die Begierde (cupido – epithymia) im unteren Bauchbereich,62 damit sie, möglichst weit vom Sitz der Weisheit entfernt, den höchsten Seelenteil nicht bei dessen Herrschaft zum Wohle aller Seelenvermögen (cunctorum saluti) störe.63 58

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Diesbezüglich verweise ich auf den Aufsatz meines Lehrers Wolfgang Bernard (1998b) 27–33. Der Seelenverfassung unter der Herrschaft des Intellekts entspricht als Staatsform die Aristokratie, derjenigen unter Herrschaft des Sich-Ereifernden (dem Ehrsüchtigen) die Timokratie, derjenigen unter Herrschaft der Besitzgier (dem Geldgierigen) die Oligarchie, derjenigen unter Herrschaft verschwenderischer, nicht-notwendiger Begierden die Demokratie, derjenigen unter Herrschaft verbrecherischer Begierden die Tyrannis. Vgl. auch die Zusammenfassung bei Apuleius, Pl. II 126,23 f.; 139,11–140,5; 144,12–145,11 Moreschini, ebenso Klopfer (2008) 71–73, Ricken (2004) 69, sowie Schweidler (2004) 40–43. Zur Entwicklung und gleichwohl nachweisbaren inneren Konsistenz und Einheit von Platons Tugendlehre innerhalb seiner Dialoge vgl. Manuwald (2009) 34 f.: „Wenn im Protagoras und im Laches die Tugend insgesamt als Wissen bezeichnet wird und dort für das richtige Handeln auf das Wissen des Guten und Schlechten abgehoben wird, dürfte das Äquivalent das Logistikon in der Politeia sein.“ S. in ähnlicher Weise van Ackeren (2003) 208. Eine ausgewogene Diskussion, inwiefern z. B. die Lehre von den drei Seelenteilen mit dem Symposion vereinbar ist oder nicht, bietet Sheffield (2006) 227–239: „[…] the presence of a twofold classification of desiring agents in the Symposium does not rule out tripartition“ (236); „It may be the case simply that Socratic desire is the only item on the evening’s agenda [sc. in the Symposium], and not that it is the only item on the cards“ (239). An späterer Stelle umschreibt Apuleius den thymos mit den Begriffen excandescentia, irritabi­ litas und iracundia (Pl. I 109,6. 10). at enim cum tres partes animae ducat esse, rationabilem, id est mentis optumam portionem, hanc ait capitis arcem tenere, irascentiam vero procul a ratione ad domicilium cordis deduc­ tam esse obsequique eam in loco respondere sapientiae, cupidinem atque appetitus, postremam mentis portionem, infernas abdominis sedes tenere (Pl. I 103,7–12). relegatam vero idcirco longius a sapientia hanc partem videri, ne importuna vicinitas rationem consulturam desuper cunctorum saluti in ipsa cogitationum utilitate turbaret (Pl. I 103,14–17).

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Seelische Gesundheit, Kraft und Schönheit werde dann erreicht, wenn die ratio die ganze Seele regiere, die zwei niederen Seelenteile ihr gehorchen und Zorn und Begierde untereinander in Eintracht (concordantes) nichts erstreben, was die ratio für unnütz hält.64 Die harmonische Übereinstimmung, von der Apuleius spricht, entspricht exakt Platons Rede von der symphonia und Einmütigkeit (homodoxôsi) der Seelenteile untereinander als Grundlage für eine gelingende Ethik.65 Durch die Ausgeglichenheit (aequabilitas) der Seelenteile werde auch der Körper von keiner Störung betroffen.66 Die Gesundheit des Menschen sei dann vollkommen, wenn Seele und Körper gleich stark seien67 und das Wohlbefinden des letzteren nicht durch überschüssige Nahrung gefährdet werde.68 Damit zeigt sich auch gemäß Apuleius’ Meinung, dass Platons Seelenlehre nicht rationalistisch oder körperfeindlich ist,69 sondern dem gemeinsamen Wohl von Leib und Seele verpflichtet ist und die gute Ordnung der Seele zugleich Keim der Gesundheit für den Leib ist. Krankheit, Schwäche und Hässlichkeit seien dagegen das Resultat, wenn die Seelenteile ohne Ordnung (incompositae) und unausgewogen (inaequales) seien und entweder die Begierden Zorn und ratio sich unterwürfig machten oder wenn trotz Beschwichtigung der Begierden (seitens der Vernunft) ein entbrennender Zorn die ratio besiege.70 Als erstes Beispiel führt Apuleius für die Krankheit des Geistes 64 65 66 67 68 69

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sed tunc animanti sanitatem adesse, vires, pulchritudinem, cum ratio totam regit parentesque ei inferiores duae partes concordantesque inter se iracundia et voluptas nihil appetunt, nihil commovent, quod inutile esse duxerit ratio (Pl. I 109,8–11). Tiv dev; swvfrona ouj th/' filiva/ kai; sumfwniva/ th/' aujtw'n touvtwn, o{tan tov te a[rcon kai; tw; ajrcomevnw to; logistiko;n oJmodoxw'si dei'n a[rcein kai; mh; stasiavzwsin aujtw';/ (Resp. 442 c 10–d 1). eiusmodi ad aequabilitatem partibus animae temperatis corpus nulla turbatione frangitur (Pl. I 109,12 f.). at enim hominem tunc esse perfectum, cum anima et corpus aequaliter copulantur et inter se conveniunt sibique respondent, ut firmitas mentis praevalentibus corporis viribus non sit infe­ rior (Pl. I 110,6–9). Pl. I 110,9–14. Wenn Apuleius (Pl. II 134,14–135,2) im Anschluss an Platons Phaidon (65 a 1 f.) davon spricht, der Philosoph solle danach trachten, die Seele aus der Gemeinschaft mit dem Körper zu lösen, so widerspricht das insofern nicht dem oben Gesagten, als er damit erstens meint, dass der Geist und die geistigen Güter platonisch gesehen durchaus über dem Körperlichen stehen, und zweitens, dass in der Perspektive des Todes die Trennung von Leib und Seele in den Blick gerät, auf die man sich zu Lebzeiten vorbereiten soll. Dieses Vorbereiten beinhaltet aber eben nicht, dass im Irdischen das Leibliche radikal verachtet werden soll. Vielmehr soll der irdische Mensch als Einheit von Seele und Leib sich um das Wohl beider kümmern (s. o.). Dennoch geht es um eine sachgerechte Einschätzung leiblicher und seelisch-geistiger Güter gerade angesichts der Vergänglichkeit des Materiellen und somit angesichts des Todes. Dass im Platonismus allgemein nicht undifferenziert von einer Flucht aus der wahrnehmbaren Welt gesprochen werden sollte (vgl. Platon, Tht. 176 a-e), vielmehr auf zu differenzierenden Ebenen verschiedene Ausformungen bestimmter Tugenden, die mehr oder weniger dem Körperlichen verbunden sind, als erreichbar gelten, zeigt im Zusammenhang mit Plotin und Porphyrios Thiel (1999) 95–100. alioquin invehit aegritudinem atque invalentiam et foeditatem, cum incompositae et inaequales inter se erunt, cum irascentiam et consilium subegerit sibique subiecerit cupiditas aut cum dominam illam reginamque rationem obsequente licet et pacata cupidine ira flagrantior vicerit (Pl. I 109,13–18). S. ebenso Pl. II 114,8 f.

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die Dummheit (stultitia) an, welche sich entweder als Unerfahrenheit oder Wahnsinn zeige.71 Erstere gehe auf Überheblichkeit (iactatio) zurück, wenn man ein Wissen zu haben vorspiele, über welches man nicht verfüge.72 Dieser Fehler wird durch Ehrsucht hervorgerufen, wenn das Zornartige überschießt und sich an die Spitze der Hierarchie der Seelenteile setzen will – die Folge ist „Frechheit“ (audacia).73 Wahnsinn (insania, furor) sei hingegen eine Folge der sinnlichen Unbeherrschtheit,74 wenn also die Begierden das seelische Leben bestimmen, was zu Geiz (avaritia) und zügelloser Ausschweifung (lascivia) führe.75 Als positive Bestimmung und praktische Zielsetzung ethischen Handelns betrachtet Apuleius im Sinne Platons die Tugend, virtus (bzw. aretê), die als bester habitus bzw. als beste hexis der Seele zu Ruhe und Beständigkeit führe, zur Übereinstimmung von Worten und Taten des Tugendhaften sowohl mit sich selbst als auch mit anderen.76 Um dies zu erreichen, muss, wie gesagt, die ratio die Herrschaft innerhalb der Seelenstadt einnehmen.77 Dies führt nun aber gerade nicht zu dem bloßen Gegenteil der Schlechtigkeit, so dass Zorn und Begierden radikal ausgeschaltet wären (wie dies z. B. der stoische Weise anstreben soll)78, sondern zu einer guten und (ge-)rechten Mitte, die das Zuviel und Zuwenig ‚temperiert‘, so dass sowohl ein ungesunder Mangel an Zorn wie auch dessen ebenfalls ungesundes Übermaß ausgeglichen werden: Die Tapferkeit (fortitudo) sei die rechte Mitte zwischen Frechheit und Furchtsamkeit, die ein Übermaß und Mangel an Selbstbewusstsein vermeide. Dabei koinzidiere nur diese tugendhafte Mitte nach Platon zugleich mit der höchsten, weil besten Verwirklichungsstufe (summitas) des thy­ mos.79 Ein Zuviel käme einem Zuwenig an Maßhaftigkeit gleich.80 Deutlich erkennbar wird in diesem Kontext, dass Tugend platonisch gesehen keine völlig losgelöste moralische Bestimmung an sich ist, sondern die Gutheit bzw. gute Verwirklichung des jeweiligen Vermögens bedeutet. 71 72 73 74 75 76 77 78 79

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sed aegritudinem mentis stultitiam esse dicit eamque in partes duas dividit. Harum unam im­ peritiam nominat, aliam insaniam vocat (Pl. I 109,18–20). S. ebenso Pl. II 115, 2 f. et imperitiae morbum ex gloriosa iactatione contingere, cum eorum, quorum ignarus est, doc­ trinam aliquis scientiamque mentitur (Pl. I 109,20–110,2). Pl. II 115,7. furorem vero pessima consuetudine et libidinosa vita solere evenire hancque insaniam nomi­ nari (Pl. I 110,2–4). Pl. II 115,12–14. sed virtutem Plato habitum esse dicit mentis optime et nobiliter figuratum, quae concordem sibi, quietem, constantem etiam eum facit cui fuerit fideliter intimata, non verbis modo sed factis etiam secum et cum ceteris congruentem (Pl. II 115,15–18). Pl. II 115,19–116,2. Zu diesem stoischen Ideal vgl. unten das Ende des Abschnitts zu Apuleius und den Anfang des folgenden zu Augustinus. hinc et medietates easdem virtutes ac summitates vocat, non solum quod careant redundantia et egestate, sed quod in meditullio quodam vitiorum sitae sint. fortitudo quippe circumsistitur hinc audacia, inde timiditate: audacia quidem confidentiae fit abundantia, metus vero vitio deficientis audaciae (Pl. II 116,8–13). S. ebenso Pl. II 117,10–13. Dies entspricht – christlich gewendet – der Ursünde des Teufels, der als gut geschaffener Engel gerade seine Maßhaftigkeit verfehlt, indem er selbst Gott sein will und dadurch seine eigene Gutheit qua Engel verliert. Vgl. dazu im Zusammenhang mit Augustinus Drews (2009) 127 f.

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Die positive Funktion, die Tugend,81 des thymos, insofern er sich im Sinne der Gerechtigkeit ereifert, liegt in der Umsetzung des Gerechten bzw. dessen, was im Sinne der Gerechtigkeit durch Gesetze festgelegt sei.82 Hieran wird erkennbar, warum Platon dem thymos die Erkenntnisweise der rechten Meinung (doxa83) zuordnet: Das meinungshafte Wissen, wie es sich in allgemein formulierten Gesetzen zeigt, entspricht dem mittleren Seelenteil,84 die sachlich-rationale Unterscheidung des Gerechten setzt das Differenzieren zwischen gut und schlecht voraus, welches nach Platon nur der ratio bzw. dem logistikon zukommt.85 Genau Letzteres folgt auch gemäß Apuleius aus der besten seelischen hexis für das höchste Seelenvermögen, die ratio, die sich der Weisheit (sapientia),86 d. h. den „göttlichen und menschlichen Dingen“, zuwenden können solle und zugleich Klugheit (prudentia) ausübe als Unterscheidung zwischen Gutem und Schlechtem und deren Mitte.87 Für den dritten Seelenteil, die immer mit einer sinnlichen Wahrnehmung verbundenen Begierden,88 folge die Enthaltsamkeit (abstinentia) als ethisches Gut.89 Es könnte so scheinen, als wenn der Begriff, den Apuleius hier wählt, eine moralistische Ver81

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Die folgende Erörterung der Tugend eines jeden Seelenteils entspricht derjenigen Plotins: h] oujk eu[logon tav~ ge politika;~ legomevna~ ajreta;~ e[cein, frovnhsin me;n peri; to; logizovmenon, ajndrivan de; peri; to; qumouvmenon, swfrosuvnhn de; ejn oJmologiva/ tini; kai; sumfwniva/ ejpiqumhtikou' pro;~ logismovn, dikaiosuvnhn de; th;n eJkavstou touvtwn oJmou' oijkeiopragivan ajrch'~ pevri kai; tou' a[rcesqai (I 2 [19] 1,16–21). in ea vero parte quae iracundior habeatur fortitudinis sedes esse et vires animae nervosque ad ea implenda quae nobis severius agenda legum imponuntur imperio (Pl. II 117,10–13). Vgl. Resp. 429 c 1, 430 b 3. Büttner (2000) 33 spricht treffend von dem thymos als einer „praktische[n] Durchsetzungskraft“ dessen, was ihm vom logistikon „anempfohlen“ wird. Vgl. ebenso: „Bei den ‚gewöhnlichen‘ Menschen wird die von der Natur angelegte andreia und sôphrosynê erst dann zur Tugend ohne negative Erscheinungen, wenn sie über die Vermittlung der alêthês doxa, zumindest indirekt, an das Wissen angebunden ist“ (Manuwald [2009] 43, ähnlich 33). S. ferner van Ackeren (2003) 143. Sheffield (2006) 232 macht im Zusammenhang mit Tim. 77 a-c darauf aufmerksam, dass auch „animals are said to have doxa“. Kai; ajndrei'on dh; oi\mai touvtw/ tw/' mevrei kalou'men e{na e{kaston, o{tan aujtou' to; qumoeide;~ diaswvzh/ diav te lupw'n kai; hJdonw'n to; uJpo; tw'n lovgwn paraggelqe;n deinovn te kai; mhv (Resp. 442 b 11–c 3). Zu den Kardinaltugenden bei Platon vgl. Resp. 428 a 8 ff., Phd. 69 b 1–3. Vgl. Ricken (2004) 68–70. virtutes omnes cum animae partibus dividit et illam virtutem, quae ratione sit nixa et est spec­ tatrix, diiudicatrix omnium rerum, prudentiam dicit atque sapientiam. quarum sapientiam di­ sciplinam vult videri divinarum humanarumque rerum, prudentiam vero scientiam esse intelle­ gendorum bonorum et malorum, eorum etiam quae media dicuntur (Pl. II 117,4–10). Vgl. Ricken (2004) 69 zu den den Seelenteilen jeweils zugeordneten Erkenntnisvermögen (epi­ thymia – Wahrnehmung, thymos – Meinung, logistikon – begriffliche Sacherkenntnis). Im Kontext bei Platon selbst spricht sich van Ackeren (2003) 145 dagegen aus, die Tugend der Besonnenheit einem einzelnen Seelenteil (etwa der epithymia) zuzuordnen. Jedoch muss auch bei einer direkten Assoziation einer Tugend mit einem einzelnen Seelenteil immer der Bezug zum Ganzen der Seele mit in Rechnung gestellt werden. Auch der thymos strebt nicht nach Tapferkeit, ohne dass das logistikon darum weiß, was gerecht und weshalb in welcher Situation was eine tapfere Handlung ist, sondern ist vielmehr auf die Leistung des rationalen Seelenteils angewiesen, so dass nur ein gutes Zusammenspiel der einzelnen Vermögen im Ganzen der Seele diese zur Aktualisierung ihrer spezifischen Leistungen führen kann.

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engung insinuierte;90 im Folgenden präzisiert er jedoch sofort, dass damit die „Wendung der Begierde (libido) zur Mitte bzw. Mäßigung (mediocritas)“ gemeint sei und die „Akte der Begierde durch Vernunft und Maßhaltung (modestia) gezügelt“ würden.91 Die vierte Tugend, die Gerechtigkeit (iustitia) sei zunächst als Gut innerhalb der Seele mit dem gerade beschriebenen Ideal zugleich verwirklicht, wenn sie sich über alle Seelenvermögen verteile, indem jedes seiner ihm gemäßen Aufgabe nachkomme.92 Diese Aktualisierung des Gerechten sei zugleich auch Ursache der Treue bzw. Zuverlässigkeit (fidelitas) und des Wohlwollens (benevolentia).93 Zweitens werde (wohl verstanden als Folge der innerseelischen Gerechtigkeit) Gerechtigkeit den Göttern gegenüber als Heiligkeit bzw. Frömmigkeit (hosiotês, religiositas) verwirklicht94 und drittens als politische ‚Verteilungsgerechtigkeit‘ öffentlicher Mittel sowie als Überwachung der Maße (Gewichte etc.) und der gerechten Würdigung und Ehrung von Verdiensten für das Allgemeinwohl.95 Die platonische Tugendlehre und die Herstellung der innerseelischen Ordnung ist, wie oben bereits erwähnt, kein Automatismus, sondern jeder Mensch soll sie immer wieder neu zu erlangen suchen. Damit ist der ethische Auftrag formuliert und das Ziel, nach welchem im eigenen Interesse des Menschen gestrebt werden soll; zugleich wird ein anderer Aspekt tangiert – der der Willenstheorie. Dieser Aspekt ist sachlich unmittelbar damit verknüpft, dass jeder Seelenteil das für ihn selbst und die ganze Seele Gute im Sinne eines gelingenden Lebens erstreben soll, denn auch das Wollen jedes einzelnen Seelenteils geht platonisch immer auf etwas Gutes. Apuleius führt dazu Folgendes aus: „Aber das Gutsein (virtus) sei [sc. nach Platon] frei und liege bei uns und sei für uns durch den Willen (voluntas) erstrebbar; Verfehlungen (peccata) aber seien nicht weniger frei und lägen auch bei uns, dennoch aber nehme man sie nicht durch Willen (voluntas) auf sich. Denn jener, der die virtus schaut, wird, sobald er in seinem Intellekt völlig erkannt hat (intellexerit), dass sie gut ist und sich durch Gefälligkeit auszeichnet, sie unter allen Umständen ergreifen wollen und sie um ihrer selbst willen als verfolgenswert einschätzen; wie ebenso jener, der wahrnimmt, dass Fehler nicht nur Schändlichkeit dem Ansehen zufügen, sondern schädlich und geradezu von Nachteil sind, wie kann er sich freiwillig einer Gemeinschaft mit ihnen anschließen? Aber wenn er Schlechtes solcher Art weiter verfolgt und glaubt, ihr Ertrag sei ihm von Nutzen, stürzt er sich – vom Irrtum getäuscht und von einem Trugbild des Guten freilich erregt, jedoch unwissend – jäh in das Übel.“ sed virtutem liberam et in nobis sitam et nobis voluntate appetendam; peccata vero esse non minus libera et in nobis sita, non tamen ea suscipi voluntate. namque ille virtutis spectator 90 91

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Vgl. auch zuvor der Begriff pudicitia (Pl. II 111,9). tertia pars mentis est cupidinum et desideriorum, cui necessario abstinentia comes est, quam vult esse servatricem convenientiae eorum quae natura recta pravaque sunt in homine. ad placentiam, ad mediocritatem libido flectitur actusque voluptarios ratione huius dicit ac mode­ stia coerceri (Pl. II 117,13–18). per has tres animae partes quartam virtutem, iustitiam, aequaliter dividente‹m› s‹e› scien­ tiamque, causam esse dicit ut unaquaeque portio ratione ac modo ad fungendum munus oboe­ diat (Pl. II 117,18–118,1). Pl. II 118,3 f. Pl. II 118,5–10. Pl. II 118,9–23.

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cum eam penitus intellexerit bonam esse et benignitate praestare, ad eam affectabit profecto et sectandam existimabit sui causa; ut item ille, qui senserit vitia non solum turpitudinem existi­ mationi invehere, sed nocere alio pacto fraudique esse, qui potest sponte se ad eorum consor­ tium iungere? sed si eiusmodi mala pergit ac sibi usuram eorum utilem credit, deceptus errore et imagine boni sollicitatus quidem, ‹in›sciens vero ad mala praecipitatur (Pl. II 122,9–20).

Das Wollen als Akt der Willensfreiheit des rationalen Seelenteils ist platonisch – und Apuleius zeigt in De Platone in aller Deutlichkeit, dass er dieser Prämisse folgt96 – an dem in höchstem Maße Seienden orientiert, also an dem Guten: Denn nur dieses ist aus platonischer Sicht ontologisch primär, weil alles Seiende nur dann wirklich es selbst ist, wenn es nicht auf mangelhaft-defizitäre, sondern auf gute Weise verwirklicht ist. Verfehlungen, Willens- und Handlungsakte sind zwar nach Apuleius‘ Lehre nicht weniger der eigenen Entscheidung anheim gegeben und insofern auf bestimmte Weise auch als frei zu bezeichnen. Jedoch handelt es sich nicht um die genuine Form des eigentümlichen Wollens, das Apuleius terminologisch platonisch-aristotelisch als die voluntas bzw. boulêsis bezeichnet,97 da analog zum vollkommen Seienden, das dem Kriterium der Gutheit genügt, auch das Wollen in seiner vollkommenen Verwirklichung genau diesem Kriterium standhalten muss, um wirklich es selbst, d. h. voluntas bzw. boulêsis zu sein. Denn der Wille ist immer auf das Objekt hin orientiert, das er als gut und als Erfüllung seines freien Strebens erkennt; vollkommener Wille ist also freies Wollen, vollkommene Willensfreiheit aber orientiert sich an dem, was tatsächlich frei macht, also an dem, was nicht nur scheinbar frei, sondern der Sache nach frei ist und so das freie Streben nach Gutem zur Erfüllung kommen lässt, weil es von sich selbst her gut und frei machend ist. Allgemein für den Platonismus und speziell für Apuleius gilt daher, dass das Wollen im eigentümlichen und höchsten Sinne als rational-intellektives Wollen an dem orientiert ist, was nicht nur scheinbar, sondern tatsächlich gut ist, andernfalls handelt es sich um eine defizitäre Verfallsform des Wollens. Die Schwierigkeit liegt darin zu unterscheiden zwischen dem, was tatsächlich gut ist und sich als solches erweisen wird, und dem, was hingegen nur scheinbar gut ist. Vor diesem Hintergrund gilt auch für Apuleius, dass man nicht durch Wollen im eigentümlichen Sinne (voluntas) Fehler begeht bzw. Schlechtes sowie Böses erstrebt und tut.98 Die platonische These, dass niemand freiwillig einen Fehler begeht, führt weg von einem abstrakten Freiheitsbegriff, der nur in Willkür besteht, hin zu einem inhaltlich gefüllten Freiheitsbegriff. 96 97 98

Pl. II 112,3–15. Genauer zu dem Folgenden s. Drews (2009) 468–474. Vgl. Aristoteles, De an. III 9, 432 b 5 f. Keiner begeht gemäß dieser Lehre insofern freiwillig Übel, sondern tut dies höchstens deshalb, weil er es irrtümlicherweise für etwas Gutes hält; würde man diesen Irrtum durchschauen und die schlimmen Konsequenzen des Übels erkennen, würde man es nach platonischer Lehre gar nicht erst tun. Die voluntas (boulêsis) ist platonisch das Wollen auf rationaler Basis, deshalb kann Apuleius auch sagen, dass man das Schlechte nicht durch den Willen erstrebe, sondern in einer privativen Form des Willens wolle (ebenso Pl. II 129,8–10). Vgl. Proklos: et enim hec [sc. mala] ignorantia sui ipsorum nature agimus, bonum desiderantes (Proklos, De mal. III 49, 93, 8–10). Vgl. Platon, Men. 77 d 7–e 4; Prot. 345 d 9–e 4; Gorg. 488 a 3; Tim. 86 e; Resp. 413 a, 589 c 6; Leg. 731 c 2 f., 860 d 1 f. Vgl. Aristoteles, E. E. 1223 b 6 f.; Rhet. 1369 a 2–7.

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Diese Erkenntnis hat nach Apuleius eine direkte ethische Konsequenz: Gerade weil das höchste Gut intelligibler Natur ist, sei es notfalls auch besser, selbst zu leiden als anderen Schaden zuzufügen,99 denn Schaden erleide man mit dem geringeren Gut, dem Leib, während der Geist unbeschadet bleibe.100 Diese Schlussfolgerung mag zunächst befremdlich wirken,101 da es ja auch seelische Leiden gibt und ein Körper ohne Seele zumindest platonisch betrachtet kein Empfindungsvermögen besitzt. Es gilt hier mutatis mutandis wohl dasselbe wie oben im Zusammenhang mit den psychischen Krankheiten, die platonisch nicht als rein seelische, sondern eher als psychosomatische Leiden zu klassifizieren wären. Analog meint die Rede von dem durch Leiden unbeschadeten Geist kaum, dass man das dem Leib zugefügte Leid nicht seelisch empfinde (dies betrifft vielmehr den ‚psychosomatischen‘ Bereich), sondern dass der Geist, insofern er als geistiges Vermögen – jedenfalls prinzipiell-grundsätzlich – unabhängig vom Körper sein Sein hat, letztlich keinen Schaden davonträgt. Genau dies würde er aber tun, wenn die geistige Aktivität ganz darauf gerichtet wäre, selbst anderen Schaden zuzufügen.102 Die Leitlinie, lieber zu leiden als selbst Leid zu verursachen, steht also im Zusammenhang mit Platons These, dass Geist bzw. Seele das Wertvollste des Menschen sind, in welchem „niemand das größte Übel freiwillig aufnehmen“ wolle.103 Die Gefahr des Bösen resultiert ursächlich nicht aus der Materie, an der sie sich zeigt, sondern aus der Seele, insofern sie ihre ethische Orientierung verliert und vom Guten abfällt.104 Ein anschauliches Beispiel dafür ist der Protagonist Lucius aus Apuleius’ Roman, den Metamorphosen. Denn Apuleius’ Roman zeigt nicht nur dieselbe Lehre bzgl. Providenz, fatum und Daimonologie wie in seinen theoretischen Werken,105 sondern nimmt speziell auch auf die oben zitierte Willenstheorie aus De Platone Bezug, so dass Forschungsmeinungen, die Metamorphosen enthielten nichts ernst zu nehmendes Philosophisches106 und Apuleius sei gar nicht auf philosophische 99 Vgl. Schweidler (2004) 25–28. 100 idcircoque peius est ‹nocere› quam noceri, quod enim his rebus nocetur quae sunt viliores, corporis et externis, quae vel imminui possunt vel fraudibus interire, illaesis potioribus, quae ad ipsam attinent animam (Pl. II 129,11–15). 101 Möglicherweise liegt hier eine stoische Beeinflussung (vgl. Cicero, Tusc. V 73) vor durch den Gedanken der radikalen Trennung zwischen leitendem Seelenteil und Körper. Vgl. Reiner (1967) 266. – Dazu, dass es aus platonischer Perspektive „beim Aufstieg des Philosophen nicht darum gehen darf, die Seele gänzlich aus ihrer Verbindung mit dem Körper zu lösen, sondern nur darum, ihre vornehmliche Ausrichtung auf den Körper zu überwinden“, s. Thiel (1999) 98. 102 sed nocere longe peius esse ex eo intelligi potest, quod animis bonis eo vitio pernicies infertur plusque sibi obest qui alium cupit perditum quam illi nocet, adversum quem talia machinatur (Pl. II 129,15–18). 103 yuch; d∆, wJ~ ei[pomen, ajlhqeiva/ gev ejstin pa'sin timiwvtaton: ejn ou\n tw/' timiwtavtw/ to; mevgiston kako;n oujdei;~ eJkw;n mhv pote lavbh/ (Leg. 731 c 5–7). 104 Dass die Ursache für das Böse letztlich in einer Abkehr der Seele von ihrem Gut besteht, wird auch im Neuplatonismus so gelehrt, etwa von Augustinus und Proklos, vgl. Drews (2009) 105– 143. 315–322. 105 Vgl. Drews (2009) 538–557. 573–603. 106 „The problem for a self-promoting sophistic intellectual in writing fictional narrative is that of how to keep the spotlight on himself when not talking about himself“ (Harrison [2000] 232). „La presenza di elementi di comicità in scene per altri versi di carattere solenne o comunque

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Inhalte aus bzw. verstehe diese gar nicht, weil er nur ein sophistisches Interesse an Selbstdarstellung und rhetorischer Brillanz habe,107 nicht haltbar sind. Der Protagonist Lucius, sensationslüstern und begierig auf Magie, schlägt am Anfang des Romans alle Warnungen vor der Gefährlichkeit magischer Künste in den Wind, was alsbald dazu führt, dass er in einen Esel verwandelt wird.108 Apuleius beschreibt im zweiten Buch Lucius’ Entscheidung wie folgt: „Aber ich – neugierig sowieso– hatte kaum das lang ersehnte Wort von der magischen Kunst gehört, da war ich so weit davon entfernt, mich vor [sc. der Hexe] Pamphile in Acht zu nehmen, dass ich obendrein sogar Anstalten machte, mich freiwillig (volens) einem solchen Unterricht für einen hohen Preis109 anheim zu geben und geradezu mit einem Kopfsprung direkt in den Abgrund zu stürzen (praecipitare). Kurz, eilend und geistesabwesend befreie ich mich von ihrer [sc. Byrrhenas] Hand wie von einer Art Kette, rufe noch schnell ‚Tschüss!‘ und, ab durch die Mitte, sause ich zu Milos Gehöft. Und während ich einem Wahnsinnigen gleich aufs Tempo drücke, sage ich [zu mir]: ‚Los, Lucius, wach auf und sei ganz bei dir selbst! Du hast die ersehnte Gelegenheit und, wie es deinem lang gehegten Verlangen entspricht, kannst du dein Herz mit einer Fülle wunderlicher Geschichten laben. Vertreibe die knabenhaften Furchtsamkeiten – die Sache selbst vor Augen greife tüchtig an […]!‘“ At ego curiosus alioquin, ut primum artis magicae semper optatum nomen audivi, tantum a cautela Pamphiles afui, ut etiam ultro gestirem tali magisterio me volens ampla cum mercede tradere et prorsus in ipsum barathrum saltu concito praecipitare. festinus denique et vecors animi manu eius velut catena quadam memet expedio et „salve“ propere addito ad Milonis hospitium perniciter evolo. ac dum amenti similis celero vestigium „age“, inquam, „o Luci, evigila et tecum esto. habes exoptatam occasionem: ex voto diutino poteris fabulis miris exp­ lere pectus. aufer formidines pueriles, comminus cum re ipsa naviter congredere […]“ (Met. II 6,1–5).

Apuleius lässt Lucius nicht nur seine Freiwilligkeit betonen, mit der er sich ins Unglück stürzt, sondern auch in schillernden Farben seine besessene Hast hin zum ‚Objekt der Begierde‘ beschreiben, die in dem Witz gipfelt, dass Lucius (als das erlebende Ich) sich sogar noch zur Wachsamkeit auffordert – also in seiner verblendeten Geistesabwesenheit scheinbar in besonderer Umsicht auf (Magie-)Erfolg be‚serio‘ è un dato di fatto che non avrebbe senso negare: questa peraltro è una caratteristica costante delle Metamorfosi, non limitata all’ultimo libro. Tuttavia, l’unica conclusione sicura che possiamo trarre da questa promiscuità sconfina nel’ovvio: Apuleio ha scritto un romanzo e non un catechismo isiaco o un trattato filosofico […]“ (Graverini [2007] 64). 107 „He [sc. Apuleius] gives the impression […] of conveying in a rather amateurish way a doctrine the complexities of which he does not quite follow“ (Dillon [1977] 326). „Nowadays no one would turn to him for philosophy, unless as the unwitting transmitter of a genuine philosopher’s ideas“ (Tatum [1979] 105). „Apuleius seems to have been blinded to the logical development of his theme by the glitter of his own rhetoric“ (Sandy [1997] 105). 108 Auch dies ist aus platonischer Sicht kein Zufall, wenn man an die Warnung des Sokrates denkt, dass Menschen, die ihr Leben nur zur Befriedigung bestimmter Begierden geführt hätten, zu Eseln oder ähnlichen Tieren würden (Phd. 81 e). Insofern ist der Einwand von Bobonich (2002) 255 unberechtigt, dass die unteren Seelenteile mit dem eigentlichen Menschen gar nichts zu tun haben und ihm fremd sind: Die platonische Reinkarnationstheorie deutet eher darauf hin, dass ein bestimmter seelischer Habitus dazu führen kann, dass der Mensch zum Tier wird, gerade weil der Mensch solche Anlagen in seiner Seele als etwas zu ihm Gehöriges bereits besitzt. 109 Damit ist Lucius’ Verwandlung in den Esel gemeint.

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dacht ist. Inwiefern entspricht dies nun aber den platonischen Lehren aus De Pla­ tone? Die Antwort ist einfach: Lucius ist das ‚perfekte‘ Gegenbild zu dem, was Apuleius theoretisch für richtig hält. Er orientiert sich in seinem eigen-willigen, freien Entschluss nicht an dem, was aus rationalen und ethischen Gründen gut für ihn sein könnte, sondern an seinem blinden Verlangen nach magischer Sensation – d. h. er folgt uneingeschränkt seiner epithymia und ist vom furor besessen, dieses begehrte Scheingut zu erhaschen. Damit bestätigt er die Theorie aus De Platone, dass auch Verfehlungen ursächlich auf die Verantwortung des wollenden Subjekts zurückgehen. Und Lucius bestätigt zugleich, dass es sich bei diesem Akt des Wollens nicht um eine voluntas bzw. boulêsis im platonischen Sinn handelt, denn er richtet sich bewusst nicht nach einem rational Guten,110 sondern ist selbst „geistesabwesend“ und fühlt sich dennoch „ganz bei sich selbst“ und berechtigt, alle Furcht aus seiner Seele zu vertreiben – sein thymos obwaltet zügellos, in ihm herrscht die reine auda­ cia. Bezeichnend ist schließlich, dass er sich kopfüber in den Abgrund stürzt – dasselbe Wort, praecipitare, gebraucht Apuleius in De Platone für den vom Irrtum Besessenen, der einem trügerischen Gut nachjagt und sich ins Übel, ad mala, stürzt. Denselben ‚Absturz‘ (praecipitavit) erleidet Psyche in der in die Haupthandlung eingebetteten Erzählung Amor und Psyche: Ihre vor Neid glühenden111 und schmeichlerisch-heimtückischen112 Schwestern – die man durchaus mit den zwei niederen, sich hier emanzipierenden Teilen der Seele (es geht ja um die Geschichte von ‚Psyche‘) identifizieren könnte113 – flößen Psyche Furcht vor ihrem für sie unsichtbaren Liebhaber (Amor) ein und überreden sie, sie solle ihn des Nachts heimlich umbringen. In dem Moment, als die Überredung der Schwestern von Psyche Besitz ergreift, beschreibt Apuleius, dass sie ihren Halt verliert und „sich kopfüber in die Tiefe des Unglücks stürzt.“114 Die (Anti-)Übereinstimmung zwischen dem, was Apuleius als Platoniker für richtig hält, und dem, was Lucius und Psyche (mehr oder weniger aus eigenem Antrieb) tun, kann kein Zufall sein. Sie korrespondiert mit dem allgemeinen Aufbau des Romans, dass Lucius zunächst alles tut und denkt, was Apuleius selbst für falsch hält (z. B. glaubt Lucius an das vorherbestimmte fatum im stoischen Sinne, während Apuleius genau dies für falsch erachtet115). Im elften Buch des Werks wird Lucius im Zuge seiner Wiedervermenschlichung und seiner Isis-Initiationen allmählich dann seine früheren Meinungen widerlegt finden; nachdem er sich ein Jahr lang als Esel dem planlosen Walten des Schicksals oder des Zufalls ausgesetzt sah, 110 111 112 113

Non sponte grassari malitiam multis modis constat (Pl. II 129,5). Met. V 17,1. Met. V 14,3; 15,1. Beide werden als furiae beschrieben (Met. V 12,3). Besonders die Reden der Schwestern zeigen erstere von beiden als Verkörperung des Neides und der Begierde nach Psyches Schätzen (Met. V 9,2–8), die zweite als Manifestation der übertriebenen Sucht nach eigener Geltung sowie der Angst, selbst zu kurz zu kommen, und der Rache (Met. V 10). 114 Tunc Psyche misella, utpote simplex et animi tenella rapitur verborum tam tristium formidine: extra terminum mentis suae posita prorsus omnium mariti monitionum suarumque promissio­ num memoriam effudit et in profundum calamitatis sese praecipitavit […] (Met. V 18,4 f.). 115 Met. I 20,3 und Pl. I 101,14–103,5. Zu den Stellen vgl. Drews (2009) 457. 589–594.

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gelangt er am Ende als Jünger der Isis in den Bereich der am Guten orientierten, „sehenden“ Providenz.116 Im Rahmen der ethischen Orientierung und dem willentlichen Streben nach Gutem weist Apuleius in De Platone darauf hin, dass nur die immateriellen Güter, insofern sie als sie selbst genossen werden, immer gut sind,117 während äußere Güter nur für die Weisen, welche gemäß der ratio und maßhaft leben, gut, für die „Dummen“, die deren [sc. guten] Gebrauch nicht kennen, aber schlecht seien.118 Auch Gesundheit, Kräfte und Schmerzfreiheit des Körpers sowie Reichtum seien platonisch betrachtet „nicht einfach (simpliciter) Güter; denn ohne Gebrauch nützten sie nichts, bei schlechtem Gebrauch seien sie sogar schädlich.119 Apuleius macht hier ganz deutlich, dass der schlechte Gebrauch ein unsachgemäßer und widernatürlicher ist und das Gute zum Schlechten „verkehrt“ (converterit). Es gebe also im äußerlich-materiellen Bereich keine Güter schlechthin,120 aber auch das vermeintlich Schlechte sei nicht unbedingt per se schlecht: Ein Armer z. B., der sich mit seiner Armut auf rechte Weise arrangiere, werde nicht nur keinen Nachteil erleiden, sondern auch leichter andere Dinge entbehren können, so dass Armut kein „Übel an sich“ sei.121 Ähnlich ist für Apuleius’ platonisches Verständnis Lust (vo­ luptas) weder ein absolutes Gut noch einfach ein Übel;122 eine ehrenwerte Lust solle man nicht meiden, eine schändliche hingegen schon.123 Sorge und Mühe seien ebenfalls nur dann berechtigt und gut, wenn sie dem natürlichen Wesen und der Tugend, also dem Guten entsprächen.124 116 Met. XI 15, dazu Drews (2009) 580 ff. Während Lucius das Kriterium des Guten zu Beginn des Romans bewusst ausblendet (quod bonum felix et faustum itaque, licet salutare non erit, Photis illa temptetur, Met. II 6,8), wird ihm in einer Vision kurz vor Ende des Werks das Gute im Rahmen einer weiteren Initiation verheißen (quod felix itaque ac faustum salutareque tibi sit, animo gaudiali rursum sacris initiare deis magnis auctoribus, Met. XI 29,5) – vorausgesetzt man deutet dies nicht als Ironie. 117 bonorum igitur alia eximia ac prima per se ducebat esse [sc. Plato] […]. prima bona esse deum summum mentemque illam quam nou'n idem vocat; secunda ea, quae ex priorum fonte profluerunt, esse animi virtutes, prudentiam, iustitiam, pudicitiam, fortitudinem (Pl. II,111,4– 9). 118 […] illa quae nominamus externa, quae sapientibus et cum ratione ac modo viventibus sunt sane bona, stolidis et eorum usum ignorantibus esse oportet mala (Pl. II 112,1–3). 119 Corporis sanitatem, vires, indolentiam ceteraque eius bona extraria, item divitias et cetera, quae fortunae commoda ducimus, ea non simpliciter bona nuncupanda sunt. nam si quis ea possidens usu se abdicet, ea illi inutilia erunt; si quis autem eorum usum converterit ad malas artes, ea illi etiam noxia videbuntur (Pl. II 123,10–15). 120 unde colligitur simpliciter bona haec dici non oportere (Pl. II 123,16–124,1). 121 […] et qui recte pauperie sua utitur, non solum nihil capiet incommodi, verum ad tollenda ce­ tera melior atque praestantior fiet. si igitur nec habere pauperiem neque eam ratione regere contrarium est, paupertas per se malum non est (Pl. II 124,4–8). 122 Vgl. auch Pl. II 128,12–14. 123 Voluptatem vero neque bonum esse absolute neque simpliciter malum, sed eam, quae sit hone­ sta nec pudendis rebus sed gloriosis actibus veniat, non esse fugiendam, illam vero, quam aspernetur natura ipsa turpi delectatione quaesitam, vitari oportere censebat (Pl. II 124,9–13). Das Hässliche und Schändliche ist dem Schönen und damit dem Guten entgegengesetzt und deshalb zu meiden (Pl. II 125,3–5). 124 sollicitudinem et laborem, si naturabiles essent et ab ipsa virtute descenderent et essent pro

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Ein einfach ethisches Gut ist hingegen die Freundschaft, die Apuleius als reziproke Übereinstimmung und gegenseitige Liebe zwischen Freunden beschreibt: Ein Freund sei darauf aus, dass dem ihm Befreundeten dasselbe Gut wie im selbst zuteil werde.125 Während freundschaftliche Gleichheit aus Ähnlichkeit aufgrund von gleichförmiger Liebe zustande komme, entstünden die Laster der Feindschaft aus Missgunst und unähnlichen Gewohnheiten und unterschiedlichen Lebensweisen und entgegengesetzten Anlagen.126 Apuleius’ ethische Lehre zeigt gerade am Ende von De Platone stoische Einflüsse, wenn er von dem Ideal des Weisen spricht,127 der frei von aller Unbeherrschtheit und Affekten sein soll.128 Diese Synthese aus platonischem und stoischem Gedankengut ist gerade in der Ethik jedoch kein Einzelfall129 und erscheint im Hinblick auf die Praxis in gewisser Weise möglich.130 Trotzdem nimmt Apuleius diese Integration stoischer Bestandteile als Platoniker vor: So besteht für den sapiens, der erkannt hat, dass seine höchste und eigentliche Glückseligkeit nicht von Äußerem abhängig ist, diese autarke Glückseligkeit der beata vita nicht darin, dass er sich innerlich von einem äußerlich durchdeterminierten Fatum abkehrt, weil nur so die Möglichkeit von Freiheit bewahrt werden könne.131 Denn Apuleius widerspricht dezidiert der stoischen Annahme, dass alles, Gutes und Böses gleichermaßen, dem Schicksal zuzuschreiben sei.132 Dass in Apuleius’ Platon-Interpretation der sapiens gleichwohl wie der stoische Weise fähig sein soll, alles bereitwillig zu erleiden,133 liegt nicht darin, dass alles Äußerliche sowieso vom Fatum vorherbestimmt ist, sondern in dem Vorsatz begründet, die wahrhaft seiende, intelligible Idee der Ge-

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aliqua praeclara administratione susceptae, appetibiles ducebat esse, sed si adversum natu­ ram turpissimarum rerum causa gignerentur, malas intestabilesque esse (Pl. II 124,13–17). Amicitiam ait sociam eamque consensu consistere reciprocamque esse ac delectationis vicem reddere, quando aequaliter redamat. hoc amicitiae commodum provenit cum amicus eum, quem diligit, pariter ac se cupit prosperis rebus potiri (Pl. II 125,6–10). aequalitas ista non aliter provenit, nisi similitudo utroque parili caritate conveniat. […] inimi­ citiarum autem vitia gignuntur ex malivolentia per dissimilitudinem morum et distantiam vitae et sectas atque ingenia contraria (Pl. II 125,10–15). Pl. II 132,5 ff. nec angetur carissimis orbatus affectibus, vel quod ex se omnia sunt apta, quae ad beatitudi­ nem pergunt, vel quod decreto et lege rectae rationis interdicitur eiusmodi adflictatio […] (Pl. II 136,3–6). Vgl. z. B. die Einbeziehung der stoischen Ethik vermittels Epiktets Encheiridion durch den Neuplatoniker Simplikios im Rahmen der spezifisch politischen, neuplatonisch gesehen also niedrigsten Verwirklichungsformen tugendhaften Strebens. S. dazu Thiel (1999) 94. 101 f. Dass Überschneidungen verschiedener Weltanschauungen gerade im ethischen Bereich gefunden werden können, wird in unserer Zeit nicht zuletzt auch für den interreligiösen Dialog nutzbar gemacht, vgl. das maßgeblich von Hans Küng inaugurierte Projekt Weltethos, auch wenn die moderne Betonung dieser Gemeinsamkeiten mitunter Religionen auf das ‚PragmatischEthische‘ zu reduzieren droht. „[…] dann bleibt dem [sc. stoischen] vernünftigen Menschen nur die willentliche Ergebung in das Geschick und die Freiheit des Bewußtseins, sich mit der Vernunft des Ganzen zu identifizieren“ (Forschner [1995] 113). quare nec omnia ad fati sortem arbitratur [sc. Plato] esse referenda (Pl. I 101,16 f.). Zur Stelle vgl. Drews (2009) 589 f. ad omnia perpetienda sit paratus (Pl. II 134,4 f.).

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rechtigkeit im Wahrnehmbaren möglichst aktiv zu verwirklichen,134 gemäß der es auch nach Platon selbst für die Seele besser ist, Schlechtes zu erleiden als es zu verursachen.135 Zudem obliegt gemäß Apuleius anders als nach stoischer Lehre dem Weisen kein Recht, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen.136 Ferner unterscheidet Apuleius nicht nach stoischer Art einfach zwischen Weisen und Unweisen, sondern nimmt für die meisten Menschen explizit eine Mittelstellung an.137 4. DIE VIELEN VOLUNTATES DER SEELE: EINE KRITIK AM IDEAL DES STOISCHEN WEISEN, DER ETHISCH ANGEMESSENE GEBRAUCH ÄUSSERER GÜTER UND DIE ORIENTIERUNG AUF DAS SUMMUM BONUM BEI AUGUSTINUS Eine Kritik an dem – aus platonischer Sicht überzogenen – Ideal des stoischen Weisen, der allen Affekten seine Zustimmung (adsensus) entziehen und ihnen gegenüber in apatheia verharren soll, findet sich bei Augustinus im neunten Buch von De civitate Dei.138 Der Kirchenvater greift eine Geschichte aus den Atticae noctes des 134 Zum Praxisbezug der Gerechtigkeit und zu der von den Philosophenkönigen geforderten em­ peiria bei Platon vgl. Resp. 484 d. 135 S. o. Anm. 100. Vgl. Platon: Su; a[ra bouvloio a]n ajdikei'sqai ma'llon h] ajdikei'n; Bouloivmhn me;n a]n e[gwge oujdevtera: eij d∆ ajnagkai'on ei[h ajdikei'n h] ajdikei'sqai, eJloivmhn a]n ma'llon ajdikei'sqai h] ajdikei'n (Gorg. 469 b 12–c 2). Nach platonischer Position ist also keineswegs gesagt, dass freiwilliges Erleiden in jedem Fall schon die ethisch beste Entscheidung ist (Sokrates sagt ja, er will grundsätzlich weder Unrecht tun noch es erleiden), denn man muss in gleicher Weise mit der Verhaltens- und Handlungsmöglichkeit rechnen, Unrecht verhindern zu können (anstatt es zu erleiden), ohne dabei ungerecht zu handeln gezwungen zu sein. Nur bei der Alternative, notwendig entweder Unrecht zu erleiden oder es selbst tun zu müssen, entscheidet sich Sokrates für die Option des Erleidens. Apuleius schlussfolgert daher, dass der Weise Unrecht weder beginnen noch zurückgeben soll (hunc talem non solum inferre sed ne referre quidem oportet iniuriam, Pl. II 133,6 f.). 136 Pl. II 137,16–138,3. 137 Sed apprime bonos et sine mediocritate deterrimos paucos admodum rarioresque et, ut ipse ait [sc. Plato], numerabiles esse, eos autem qui nec plane optimi nec oppido deterrimi sint sed quasi medie morati, plures esse (Pl. II 131,9–12). Anders als nach stoischer Einteilung (vgl. Plutarch, Stoic. Rep. 1048 E 2–8; Cicero, Parad. IV; Pohlenz [1948] 153 f.) sind für Apuleius die Unweisen nicht einfach ‚krank‘ oder ‚wahnsinnig‘, sondern das Schlechte (z. B. Ungerechtigkeit) ist eine aegritudo mentis (Pl. II 129,5–7). Der Unterschied ist nicht gering, denn für ‚Gesundsein‘ gilt hier nicht das Kriterium eines realistischerweise nicht für alle Menschen gleichermaßen erreichbaren absoluten Maßes an Weisheit, sondern das Abwägen einer ungerechten Folge aus praktischem Handeln, insoweit diese gemäß dem jeweiligen Wissensstand erkennbar war (je höher dieser aktual ist, umso weniger wahrscheinlich ist der Fehler der platonisch gesehen letztlich unfreiwillig begangenen Ungerechtigkeit). Es wird also nicht ein ‚Weisheitsmaß‘ unterschiedslos an alle Menschen angelegt, sondern der für einen Menschen jeweils mögliche Erkenntnis- und Handlungsraum berücksichtigt, gemäß welchem z. B. Unrecht erkennbar und vermeidbar ist. Wird dieser Möglichkeitsraum nicht ausgeschöpft oder sogar intentional Unrecht begangen, handelt es sich um das, was Apuleius eine „Krankheit des Geistes“ nennt. 138 In eo libro [sc. Stoici Epicteti] se legisse dicit A. Gellius hoc Stoicis placuisse, quod animi visa,

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Aulus Gellius139 auf: Ein stoischer Philosoph richtet angesichts eines drohenden Unheils (Schiffbruch) seine ganze Kraft auf sein seelisches Bewusstsein, das trotz und gerade angesichts des potentiellen Leids, welches er selbst, aber auch andere zu erleiden drohen, in Unerschütterlichkeit verharren soll; er ist also vor allem mit sich selbst beschäftigt und damit, sich innerlich von den äußerlichen Vorgängen zu distanzieren und seine moralische Weisheit in stoischer Tapferkeit zu verteidigen. Er darf sein eigenes körperliches Leid, das er notwendigerweise erleidet, wie Augustinus sagt, gar nicht als seines ansehen, sondern soll als Stoiker dies als etwas Äußeres von sich weisen, sich also von seinen seelischen Empfindungen als Teil seines eigenen Ichs trennen, um sein ‚wahres Ich‘ zu retten. Dies gelingt dem Stoiker in der von Augustinus paraphrasierten Geschichte nicht,140 so dass Augustinus ein Kapitel später anmerkt, wie viel ehrenvoller es doch gewesen wäre, wenn dieser Stoiker lieber vom Mitleid um einen rettungsbedürftigen Mitmenschen ‚irritiert‘ worden wäre als durch die nicht gänzlich unterdrückbare Furcht vor einem Schiffbruch.141 Im Unterschied zur stoischen Lehre142 lehnt Augustinus selbst angemessene Affekte – insofern sie der angemessenen ratio folgen – nicht ab, die schließlich auch Jesus gehabt und ohne Sünde dort, wo sie angebracht waren, zugelassen habe.143 Platonisch betrachtet konstituiert gerade die Vielheitlichkeit der verschiedenen Seelenteile – also inklusive der Emotionen, Begierden etc. – das personale Ich eines Menschen; wenn Augustinus viele verschiedene seelische Regungen und vo­ luntates in sich selbst findet, die alle zu seinem Ich gehören,144 nimmt er, auch wenn das voluntative Element stärker betont ist, eine ähnlich vielschichtige Persönlichkeitsstruktur an wie Platon in seiner Seelenlehre.

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quas appellant phantasias nec in potestate est utrum et quando incidant animo, cum veniunt ex terribilibus et formidabilibus rebus, necesse est etiam sapientis animum moveant, ita ut paulis­ per vel pavescat metu, vel tristitia contrahatur, tamquam his passionibus praevenientibus men­ tis et rationis officium; nec ideo tamen in mente fieri opinionem mali, nec adprobari ista eisque consentiri. Hoc enim esse volunt in potestate idque interesse censent inter animum sapientis et stulti, quod stulti animus eisdem passionibus cedit atque adcommodat mentis adsensum; sa­ pientis autem, quamvis eas necessitate patiatur, retinet tamen de his, quae adpetere vel fugere rationabiliter debet, veram et stabilem inconcussa mente sententiam (civ. IX 4, 373,3–18). S. ferner civ. XIV 8 (Seiten- und Zeilenangaben nach Dombart-Kalb [1993]. Gell. XIX 1. Nam profecto si nihili penderet eas res ille philosophus, quas amissurum se naufragio sentie­ bat, sicuti est vita ista salusque corporis: non ita illud periculum perhorresceret, ut palloris etiam testimonio proderetur (civ. IX 4, 373,31–374,1). Nam et misericordiam Stoicorum est solere culpare; sed quanto honestius ille Stoicus miseri­ cordia perturbaretur hominis liberandi quam timore naufragii (civ. IX 5, 375,7–9). Zur Abgrenzung Augustins vom Ideal des stoischen Weisen vgl. Pollmann (1996) 129; Nussbaum (1999) 70 f.; Brachtendorf (2005) 160. Sed cum rectam rationem sequantur istae affectiones, quando ubi oportet adhibentur, quis eas tunc morbos seu vitiosas passiones audeat dicere? Quam ob rem etiam ipse Dominus in forma servi agere vitam dignatus humanam, sed nullum habens omnino peccatum adhibuit eas, ubi adhibendas iudicavit (civ. XIV 9, 22,15–21). conf. VIII 5,10 und 10,23.

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Ethisch problematisch bis gefährlich sind nach Augustinus unkontrollierte Begierden, da diese unkontrollierbar zu werden und so den Menschen mit der Kette einer nicht mehr vermeidbaren, notwendigen Gewohnheit gefangen zu nehmen drohen. Dies entspricht der Sache nach dem, was Platon als Diktatur der niederen Seelenteile beschreibt, wenn diese das Denken und Handeln eines Menschen dominieren. Der nach Platon vorzubeugenden Unordnung in der Seele entspricht bei Augustinus der „verkehrte Wille“, der von dem „Feind“ gefangen genommen ist.145 Wenn Augustinus in seiner autobiografischen Rückschau der Confessiones feststellt, dass zu seinem zerrissenen Ich sowohl der schlechte Wille als auch der Wille, welcher den ersten als schlecht missbilligt, gehört, und hinzufügt, dass er den schlechteren mehr erlitten als gewollt habe, so meint er damit nicht, dass er einfach – gemäß dem stoischen Ideal – dem schlechten Willen die Zustimmung entzieht: Denn Augustinus sagt eindeutig, dass er es selbst war, der aus eigenem Wollen dorthin gekommen ist, wohin er – gemäß dem besseren, aber schwächeren Willen – nicht wollte. Der Kirchenvater sieht also keine Entlastungsmöglichkeit darin, dass er sich innerlich einfach von den Leidenschaften distanziert. Vielmehr gehören sie zu ihm.146 Der erneuerte Wille, korrespondierend mit der boulêsis, dem rationalen Willen des leitenden Seelenteils bei Platon, ist in der beschriebenen Situation unterlegen. Gerade in dieser existentiellen Zerrissenheit sieht sich Augustinus angewiesen auf Gottes Hilfe und Gnade,147 die den ‚freien Willen‘ wieder zu sich selbst befreit.148 Resultieren auch für Augustinus aus verselbständigten, nicht mehr rational kontrollierbaren Begierden erhebliche Nachteile für die betreffende Seele, so wäre 145 Velle meum tenebat inimicus et inde mihi catenam fecerat et constrinxerat me. Quippe ex vo­ luntate perversa facta est libido, et dum servitur libidini, facta est consuetudo, et dum consue­ tudini non resistitur, facta est necessitas. Quibus quasi ansulis sibimet innexis – unde catenam appellavi – tenebat me obstrictum dura servitus (conf. VIII 5,10). 146 Voluntas autem nova, quae mihi esse coeperat, ut te gratis colerem fruique te vellem, deus, sola certa iucunditas, nondum erat idonea ad superandam priorem vetustate roboratam. Ita duae voluntates meae, una vetus, alia nova, illa carnalis, illa spiritalis, confligebant inter se atque discordando dissipabant animam meam. Sic intellegebam in me ipso experimento id quod lege­ ram, quomodo „caro concupisceret adversus spiritum et spiritus adversus carnem“, ego qui­ dem in utroque, sed magis ego in eo, quod in me approbabam, quam in eo, quod in me impro­ babam. Ibi enim magis iam non ego, quia ex magna parte id patiebar invitus quam faciebam volens. Sed tamen consuetudo adversus me pugnacior ex me facta erat, quoniam volens quo nollem perveneram (conf. VIII 5,10 f.). 147 „Der Kirchenvater vertritt die Ansicht, daß sich die Ausrichtung aller Persönlichkeitsaspekte auf Gott – sofern es jemandem überhaupt gelingt, seine Strebenstendenzen in dieser Weise zu vereinheitlichen – zwangsläufig gegen die irrationalen Seelenteile durchsetzt. Eine Vereinheitlichung des Willens soll freilich nur mittels der göttlichen Gnade möglich sein“ (Horn [1999] 187). 148 Vide ista, domine, misericorditer et libera nos iam invocantes te, libera etiam eos qui nondum te invocant, ut invocent te et liberes eos (conf. I 10,16); Nec ideo liberum arbitrium non habe­ bunt, quia peccata eos delectare non poterunt. Magis quippe erit liberum a delectatione pec­ candi usque ad delectationem non peccandi indeclinabilem liberatum (civ. XXII 30, 632,13– 16). Zu Augustins Unterscheidung zwischen dem liberum arbitrium und dem arbitrium libera­ tum vgl. corrept. 13,42; dazu, dass der erste Mensch nicht­sündigen konnte, der zweite, erlöste Mensch aber sündigen nicht können wird, s. corrept. 12,33.

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– ähnlich wie bei Platon – es doch zu kurz gegriffen, wenn man daraus eine vorschnelle, generelle Verurteilung des begehrlichen Seelenteils ableiten wollte. Vielmehr lässt sich wie schon bei Apuleius auch für Augustinus zeigen, dass der rechte Gebrauch bestimmter Güter darüber entscheidet, ob diese noch ‚Güter‘, also etwas Gutes, oder bereits ‚Ringe innerhalb der Kette der fesselnden Gewohnheit‘ sind. So ist bereits für den frühen Augustinus in De libero arbitrio z. B. Gold und Silber nichts Schlechtes bloß, weil es habgierige Leute gebe, ebenso wenig der Wein wegen der Säufer und die weibliche Schönheit wegen der Huren und Ehebrecher;149 vielmehr verwende z. B. der Arzt das Feuer auf gute und der Giftmischer das Brot auf schlechte Weise.150 Von den aufgezählten Dingen ist nichts von sich selbst her schlecht, sondern nur der, der sie in einen schlechten Kontext stellt.151 Die vergänglichen schönen Dinge sollen den Menschen jedoch nicht beherrschen, sondern von ihm beherrscht werden, damit so der Weg zum unvergänglichen, göttlichen Summum bonum und der Liebe zur höheren, rein intelligiblen Schönheit offen bleibt152 – sonst ist eine Erfüllung des Glückseligkeitsstrebens nicht möglich, weil das Verlangen nach vergänglichen Gütern immer auf die Über­ windung dieses Bedürfnisses zielt und in sich selbst vergänglich und nicht anhaltend ist: Der Hunger zielt darauf, nicht zu hungern, das sexuelle Verlangen darauf, es nicht zu haben, bis es erneut entsteht,153 d. h. die Begierde nach Vergänglichem kommt nie zu einem umfassenden Zielpunkt, in dem das Erstrebte ohne Ende genossen wird, sondern nur zu einer Überwindung auf Zeit. Schlechtes und böses Handeln geht für Augustinus zwar immer zurück auf Begierde (libido, cupiditas).154 Gleichwohl ist nicht jede, sondern nur eine bestimmte, in einem schlechten Kontext stehende Begierde schlecht und sogar verbrecherisch: So würden Menschen natürlicherweise ein furchtloses Leben begehren und seien darin zunächst auch nicht zu tadeln.155 Der entscheidende Unterschied besteht in 149 Dass auch von Augustinus her Sexualität nicht undifferenziert pejorativ einzustufen ist, zeigt Brachtendorf (2005) 159–164. Genauer zur Problematik der verkehrten Begierden s. Drews (2009) 16–24. 150 […] num aut argentum et aurum propter avaros accusandum putas aut cibos propter voraces aut vinum propter ebriosos aut muliebres formas propter scortatores et adulteros atque hoc modo cetera, cum praesertim videas et igne bene uti medicum et pane scelerate veneficum?“ (lib. arb. I 113). 151 […] manifestum non rem ullam, cum ea quisque male utitur, sed ipsum male utentem esse ar­ guendum (lib. arb. I 114). Ac per hoc qui perverse amat cuiuslibet naturae bonum, etiamsi adipiscatur, ipse fit in bono malus et miser meliore privatus (civ. XII 8, 523,21–23). 152 Sensibilia dicimus, quae visu, tactuque corporis sentiri queunt; intellegibilia, quae conspectu mentis intellegi. Nulla est enim pulchritudo corporalis sive in statu corporis, sicut est figura, sive in motu, sicut est cantilena, de qua non animus iudicet. Quod profecto non posset, nisi melior in illo esset haec species, sine tumore molis, sine strepitu vocis, sine spatio vel loci vel temporis (civ. VIII 6, 330,21–27). Zum amor intelligibilis pulchritudinis vgl. civ. V 13, 217,28; zur rationabilis pulchritudo, civ. XXII 30, 631,6; zur intelligiblen Salbung und Schönheit Christi s. civ. XVII 16, 238,14–19. 153 vera rel. 283. Vgl. Platon, Resp. 583 b-584 c. 154 Clarum est enim iam nihil aliud quam libidinem in toto malefaciendi genere dominari (lib. arb. I 21). 155 Certe enim bonum cupit, qui cupit vitam metu liberam, et idcirco ista cupiditas culpanda non

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dem richtigen Gebrauch bzw. in der richtigen Anwendung dieses Wunsches: Gute, d. h. ethisch respektable Menschen würden die Sehnsucht nach einem furchtlosen Leben dadurch erstreben, dass sie „ihre Liebe von den Dingen, die man ohne die Gefahr ihres Verlustes nicht besitzen kann, abwenden; die Schlechten aber versuchen alle Hindernisse fortzuschaffen, um sich dem Genuss dieser Dinge in Sicherheit hinzugeben, und führen deshalb ein lasterhaftes und verbrecherisches Leben, das besser als ‚Tod‘ bezeichnet wird.“ verum hoc interest, quod id boni appetunt avertendo amorem ab his rebus, quae sine amittendi periculo nequeunt haberi; mali autem, ut his fruendis cum securitate incubent, removere im­ pedimenta conantur et propterea facinorosam sceleratamque vitam, quae mors melius vocatur, gerunt (lib. arb. I 30).

Augustinus verurteilt also lediglich falsche Begierden,156 wenn Menschen irrtümlicherweise – aufgrund einer das Wollen bedingenden Erkenntnisvoraussetzung, die für Augustinus von der Forschung jedoch oft bestritten wird157 – vergängliche Güter so begehren, als wären sie unvergänglich. Aus diesem Irrtum erwächst dem naturgemäßen Streben nach Gutem laut Augustinus eine Fehlorientierung, die dann eine verbrecherische Tendenz annimmt, wenn ohne das Wissen um tatsächlich Unvergängliches das Vergängliche verabsolutiert wird und daraus ein unangemessenes Streben entsteht, selbst möglichst viele vergängliche Güter in maßloser Weise genießen zu wollen: Diese selbst verursachte Maßlosigkeit schadet nicht nur der eigenen Seele und bereitet ihr Schmerz,158 sondern führt zwangsläufig zu Überschneidungen, indem fremde Güter unrechtmäßigerweise für den eigenen ‚Lustbedarf‘ erstrebt werden. Letztlich führe dies sogar zum Tod, da ein Leben, das in solchen, aus unangemessenem Wollen entstehenden Verengungen befangen ist, sich nicht mehr frei entfalten kann und ohne die Beziehung zum Summum bonum und Quell des Guten, also zu Gott, sich selbst verliert und stirbt. ‚Die Guten‘, die laut Augustinus diesem Erkenntnisfehler in ihrer Lebensweise nicht unterliegen, wenden sich dagegen in ihrer Liebe zum Unvergänglichen dem tatsächlich Unvergänglichen zu und somit ihre (erste) Liebe von denjenigen Dingen ab, die früher oder später dem Verlust zum Opfer fallen werden. Augustinus empfiehlt daher, dass man auch die zeitlichen Güter von Gott selbst erbitten solle, um bei ihrem Genuss die größere Schönheit Gottes nicht aus dem Blick zu verlieren. Denn das höchste Gut, das zur tatsächlichen beatitudo führt, ist für ihn nicht körperlich-veränderlicher Art und

est; alioqui omnes culpabimus amatores boni (lib. arb. I 24). 156 Vgl. civ. XIV 7–9. 157 Es handelt sich tatsächlich um einen Erkenntnisfehler, wenn etwas, das von sich selbst her dem Vergehen und somit auch der Verlustmöglichkeit unterworfen ist, so begehrt wird, als sei es etwas Unvergängliches. Somit zeigt sich auch für Augustinus ein Zusammenhang zwischen Wollen und Erkennen hinsichtlich des Guten, der jedoch bestritten wird von: Dihle (1982) 125. 129; O’Daly (1987) 6; Horn (1996) 116. 119; Peetz (1997) 83. Zur Diskussion des augustinischen Willensbegriffs und seiner Abgrenzung gegen stoisierende Interpretationen vgl. Drews (2009) 387–402. 158 Ubi autem potest esse cupiditas, profecto etiam dolor potest (civ. XXI 3, 491,4 f.).

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somit nichts Zeitliches, weshalb auch ein Körper nicht von sich selbst her glückselig sein könne.159 Hier wird erkennbar, dass wie für Platon das Streben nach Gutem auch für Augustins gelingende Ethik erstens qua Tugendlehre theologisch zentriert bzw. prinzipiiert gedacht werden muss160 und zweitens hinsichtlich ihres ultimativen und universalen Ziels nicht auf Praxis allein beschränkt sein kann, sondern – qua Ethik – theoretische Tugenden (im Sinne der platonischen theôria, die sich dem wahrhaft Seienden und insofern Göttlichen zuwendet) mit einschließt, wie dies auch für andere Platoniker nachweisbar ist.161 Im Hinblick auf eine gelingende Ethik und ein – platonisch ja damit in unmittelbarem Zusammenhang stehendes – Staatsleben führt Augustinus in De civitate Dei aus, dass „auf dieser Erde deshalb die Herrschaft der Guten nicht so sehr jenen selbst wie dem menschlichen Zusammenleben allgemein nützt. Die Herrschaft der Schlechten aber schadet in größerer Weise den Regierenden selbst, die ihren Geist verwüsten durch die größere Ungebundenheit bei ihren Verbrechen; diesen aber, die ihnen als Sklaven unterworfen sind, schadet nichts außer ihre eigene Ungerechtigkeit. […] Daher ist der Gute, auch wenn er Sklave ist, frei; der Schlechte aber, auch wenn er regiert, ist ein Sklave nicht irgendeines Menschen, sondern, was schwerer wiegt, so vieler Herren, wie viel Laster er hat.“ In hac ergo terra regnum bonorum non tam illis praestatur quam rebus humanis; malorum verum regnum magis regnantibus nocet, qui suos animos vastant scelerum maiore licentia; his autem, qui eis serviendo subduntur, non nocet nisi propria iniquitas. […] Proinde bonus etiamsi serviat, liber est; malus autem etiamsi regnet, servus est, nec unius hominis, sed, quod est gravius, tot dominorum, quot vitiorum (civ. IV 3, 150,5–14).

159 […] adsentior peccata omnia hoc uno genere contineri, cum quisque avertitur a divinis vere­ que manentibus et ad mutabilia atque incerta convertitur. Quae quamquam in ordine suo recte locata sint et suam quandam pulchritudinem peragant, perversi tamen animi est et inordinati eis sequendis subici quibus ad nutum suum ducendis potius divino ordine ac iure praelatus est (lib. arb. I 116). Sed si neglectis [sc. bonis] melioribus, quae ad supernam pertinent civitatem, ubi erit victoria in aeterna et summa pace secura, bona ista sic concupiscuntur, ut vel sola esse credantur vel his, quae meliora creduntur, amplius diligantur: necesse est miseria consequatur et quae inerat augeatur (civ. XV 4, 63,26–31). […] vitamque etiam ipsam temporalem minime paenitendam, in qua eruditur [sc. familia summi et veri Dei] ad aeternam, bonisque terrenis tamquam peregrina utitur nec capitur (civ. I 29, 46,9–12). et tamen in cuncta haec adipiscenda non est egrediendum abs te, domine, neque deviandum a lege tua (conf. II 5,10). […] quae temporaliter exoptat bona infima atque terrena vitae huic transitoriae necessaria et prae illius vitae sempiternis beneficiis contemnenda, non tamen nisi ab uno Deo expectare consuescit, ut ab illius cultu etiam in istorum desiderio non recedat (civ. X 14, 424,30–425,4). Nulla autem corpora, quantum ad sese adtinet, vel beata possunt esse vel misera, quamquam beatorum aut miserorum corpora possint esse (lib. arb. III 90). 160 In diesen Kontext gehört auch Augustins bekannte uti­frui-Unterscheidung – nur das höchste Gut, Gott selbst, soll „genossen“, alle anderen (vergänglichen) Güter nur „verwendet“ werden im Hinblick auf das höchste Gut. Vgl. dazu Pollmann (1996) 128 ff. – Zur Unterscheidung von Gütern, die um ihrer selbst willen, um ihrer selbst und eines anderen willen oder nur um eines anderen willen erstrebt werden, vgl. Platon, Resp. 357 b-c. 161 Zur Unterscheidung politischer und theoretischer Tugenden bei Plotin und Porphyrios vgl. Thiel (1999) 96–100.

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Mit dieser Parallelisierung zwischen der ethischen Verfasstheit innerhalb einer Seele und der Staatsform steht Augustinus auf platonischem Boden, da auch in der Politeia die Seele eines Tyrannen wie die ihm entsprechende Staatsform, die Tyrannei, als im höchsten Maße „unfrei, arm, niemals satt, gefangen, mit sich selbst verfeindet und unglücklichste von allen“ beschrieben wird.162 Ähnlich wie oben im Zusammenhang mit Apuleius’ Willenstheorie festgestellt werden konnte, dass es aus platonischer Perspektive notfalls besser sei, selbst zu leiden als anderen Schaden zuzufügen, weil das höchste Gut des Menschen sein geistiges (Denk-)Vermögen und als solches vor allem anderen zu schützen sei, schlussfolgert auch Augustinus: „Besser also ist es, dass ein Mensch uns besiegt als Neid oder irgendein anderes Laster.“ Melius est ergo ut homo nos vincat quam invidentia vel quodlibet aliud vitium (vera rel. 242).

Denn ein dem Menschen eigenes vitium wie Missgunst schadet dem Menschen unmittelbar selbst, insofern er sich selbst einen seelischen Schaden zufügt, während die äußere Herrschaft eines Menschen über einen anderen zwar keineswegs zu bagatellisierende Leiden bedeuten kann, der Mensch aber – zumindest prinzipiell – seine eigene Seele auch dann noch zu schützen vermag. In diesem Sinn kann ein Sklave aus platonischer Perspektive seelisch tatsächlich freier sein als ein Tyrann. Allerdings muss bei diesen sehr leicht missverständlichen Ausführungen immer der Kontext, in dem dies gesagt wird, mit bedacht werden – sonst könnte genau hier die Gefahr einer zynischen Perversion entstehen, die unterdrückten und leidenden Menschen einredete, sie sollten sich nicht beklagen, da sie ja für ihre eigene Freiheit innerlich selbst verantwortlich seien. Eine solche Perversion kann von der platonischen Systematik her jedoch nie intendiert sein. 5. DER SELBSTVERSCHULDETE FALL DER SEELE UND DAS ZIEL IHRER INNEREN HARMONIE: INTELLEKTIVER WILLE ALS VORAUSSETZUNG UND SEELISCHE WAHL ALS VERMITTLUNGSINSTANZ DES GUTEN BEI PROKLOS Der zuletzt angesprochene Gedanke, dass letztlich der Einzelne selbst Verantwortung dafür trägt, ob er an seiner Seele Schaden nimmt oder nicht, berührt einen grundsätzlichen Punkt der platonischen Seelenlehre und der auf ihr fußenden Ethik: Wie Platon davon ausgeht, dass die Seele sich selbst Leid zufügt, wenn thymos oder/und epithymêtikon die Herrschaft über das logistikon übernehmen und so die Instanz, die allein entscheiden können soll, was sowohl für die einzelnen Teile der Seele wie auch für sie als ganze gut ist, ‚überwältigen‘, so hat auch Apuleius am Beispiel des Lucius aus den Metamorphosen anschaulich illustriert, wohin eine solche Unordnung der Seele führt: in einen „Abgrund“ und – jedenfalls im Falle des Lucius – in eine ‚Vereselung‘. Es ist leicht, diesen Befund rein moralisch (miss-) zuverstehen, denn dieser grundsätzliche Aspekt erklärt in der platonischen Seelen162 Resp. 577 c-579 c; 352 a.

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theorie mehr als eine ‚abstrakte Moral‘: Es geht um die prinzipielle Situation des Menschen und deren ontologische Bedingungen.163 Oben wurde bereits erörtert, dass Platon nicht ohne begründungstheoretische Voraussetzungen überhaupt das Sein der Seele mit ihrer Binnendifferenzierung voraussetzt. Dass der Wille immer auf ein ihm gut Erscheinendes aus ist, wie im Zusammenhang mit Apuleius exemplarisch gezeigt wurde, ist innerhalb der platonischen Systematik kein Zufallsbefund, vielmehr ist das Gute selbst (bei Augustinus: das Summum bonum, bei Platon: die Idee des Guten) für das Seiende konstitutiv. Die grundsätzliche Schwierigkeit liegt im Konsens aller Platoniker darin, das Gute zu erkennen164 bzw. geringere Güter als geringere anzuerkennen und nicht mit höheren, vor allem nicht mit dem eigentlichen Guten, das nur das Eine-Gute, also Gott selbst ist, zu verwechseln. Innerhalb dieser platonischen Grundannahmen entfaltet sich sowohl gelingendes wie verfehltes ethisches Handeln – und nicht nur die Christen sprechen von peccata, sündhaften Verfehlungen, sondern auch ein heidnischer Platoniker wie Apuleius.165 Wenngleich christlich gesehen die sinnliche Welt nicht grundsätzlich etwas ist, welches im Vergleich zur geistigen Welt besser zu fliehen ist – dem Christentum geht es ja nicht nur um die Befreiung der immateriellen Seele, sondern um die Auferstehung eines (gleichwohl verwandelten)166 Leibes, also um eine dem ursprünglichen Schöpfungsakt entsprechende leibliche Wirklichkeit167 –, so besteht doch über diese Divergenzen hinweg zwischen heidnischem und christlichem Platonismus dahingehend Konsens, dass die ‚derzeitige‘ condition humaine im Vergleich 163 Eine Trennung zwischen Moralphilosophie und Ontologie, wie Ricken (2004) 11 sie im Hinblick auf die drei großen Gleichnisse der Politeia voraussetzt, scheint mir mit der platonischen Systematik im Widerspruch zu stehen. 164 „Unsere Wahl [sc. von etwas Bestimmtem] setzt das Urteil voraus, daß die Alternative, für die wir uns entscheiden, die bessere ist. […] Folgt aber aus ihr, daß wir uns auch tatsächlich immer für das Gute oder Bessere entscheiden? Das würde voraussetzen, so Platons Kritik, daß wir wissen, was das Gute ist. Genau das sei jedoch nicht der Fall“ (Ricken [2004] 14, mit dem Hinweis auf Resp. 505 d-506 a). Unverständlich erscheint Rickens folgende Schlussfolgerung: „Obwohl die Seele alles um des Guten willen tue, sei sie bezüglich des Guten ratlos und nicht imstande, hinreichend zu erfassen, was es ist (505 d 11–e 2). Diese Aporie hat offensichtlich ihren Grund im Guten selbst“ (Ricken, ibd., 15, meine Kursive). Wie oben im Folgenden skizziert, kann nicht das Gute selbst (wegen seiner transzendenten Überwesentlichkeit, wie Ricken meint) Grund für den Mangel dieser Aporie sein (das würde der Gutheit des Guten widersprechen); der Grund für die Aporie kann nur in den erkennenden Seelen liegen, die sich vom Guten abgewendet haben – andernfalls würde nicht zuletzt die Intention des Höhlengleichnisses völlig ins Leere laufen, die ja darauf zielt, dass sich die Menschen mit ihrer ganzen (!) Seele umwenden und zum Guten bekehren (vgl. Ricken selbst, ibd., 20). 165 S. o. zu Pl. II 122,9–20. 166 Vgl. Paulus, 1 Kor 15,42–49. Die oben aufgeworfene Frage zu den Unterschieden zwischen ‚reinem Platonismus‘ und ‚platonischem Christentum‘ kann in diesem Rahmen selbstverständlich nicht gebührend und mit entsprechender Differenzierung diskutiert werden. Der grundsätzliche Unterschied scheint mir aber so, wie oben skizziert, greifbar, wenngleich auch nach Platon die Seele wohl nicht nur einen Leib, sondern verschiedene Leiber hat (zum Austernleib vgl. Resp. 611 d), so dass ein polarer Dualismus zwischen ‚immaterieller Seele‘ und ‚materiellem Leib‘ letztlich zu kurz greift. – Zur neuplatonischen Körperlehre s. Bernard (1997) 61–68. 167 Vgl. allgemein zur Problematik: Kobusch (2009) 493–510.

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mit dem christlichen Paradies und der platonischen eigentlichen Heimat des Menschen im Intelligiblen einem wie auch immer genau gearteten Abfall des Menschen von seinem ursprünglichen Guten, also einer grundsätzlichen und sehr folgenreichen ethischen Verfehlung, geschuldet ist. In diesem Kontext stehen auch Proklos’ folgende Worte: „Denn auch für sie [sc. die Seele] ist das Böse und die Schwachheit wegen ihrer selbst, da für sie ja deshalb, weil sie hinabsteigt, die Form des sterblichen Lebens entsteht, die Schwachheit aber sogar, bevor sie das Werden erlost. Denn nicht auf andere Weise vollzieht sich der Fall von dort [sc. aus dem Bereich des Intelligiblen] als durch Schwachheit und durch das Unvermögendsein zur Schau [sc. des Intelligiblen]. […] Eine gemäß sich selbst [sc. bestimmte] Ursache für das Schlechte ist freilich auf gar keine Weise anzusetzen.“ Et enim huic malum et debilitas propter ipsam, quoniam et descendenti quidem ipsi cooritur mortalis species vite, debilitas autem et ante sortiri generationem: non enim aliter qui inde casus quam debilitate et per impotentem esse ad speculationem. […] Unam quidem utique secundum se malorum causam nullatenus ponendum (De mal. III 46, 90,4–9 und 47, 91,3 f.).168

Von Proklos her wird also ersichtlich, dass die Schwierigkeit, eine gesunde und harmonische Ordnung innerhalb der menschlichen Seele zu erreichen, einen letztlich weitaus umfassenderen Grund hat, als dies zunächst erscheinen mag. Der Abstieg der Seele aus ihrer intelligiblen Heimat in die materielle Welt der sinnlichen Wahrnehmbarkeit bringt eine Schwächung der rational-intellektiven Kraft der Seele mit sich, aus der Böses resultieren kann. Auch hier liegt aber, wie oben im Zusammenhang mit Augustinus und Apuleius bereits skizziert, die Ursache für das Schlechte nicht in der materiellen Welt und in der Materie169 – insofern ist auch für einen Nicht-Christen wie Proklos das Wahrnehmbare nicht per se etwas Schlechtes – sondern in der menschlichen Seele selbst: Gefährlich ist das eigene Fehlverhalten, welches aus einer inneren Disharmonie der Seelenteile seinen Anfang nimmt. Es ist also aus dieser Perspektive gar kein Wunder, dass die Herrschaft des logistikon sehr häufig gleichsam ‚gefährdet‘ ist und eher thymos oder epithymia in einem Menschen dominieren. Platons Rede von der seelischen Harmonie unter Leitung der ratio verdankt sich nicht einem weltfremden Idealismus, sondern benennt gerade aufgrund der schwierigen Grundbedingungen umso mehr eine ethische Zielvorgabe: In diesem Sinne ist die periagôgê, die Umwendung der Seele im Höhlengleichnis weit mehr als ein Erkenntnisproblem einer abstrakt verstandenen Rationalität. Vielmehr geht es für Proklos darum, dass die menschliche Willensfreiheit in spezifischer und vollkommener Weise auf das Geistig-Intelligible hin aktualisiert und von dort her Gutes für die ganze Seele, welches nur das logistikon zu erkennen vermag, gewonnen wird.170 In dieser Weise unterscheidet Proklos ähnlich wie Apu168 Seiten- und Zeilenangaben nach den Les Belles Lettres-Ausgaben von Isaac (1977, 1979, 1982). Ausführlicher zum Folgenden s. Drews (2009) 320–341. 169 Vgl. dazu genauer Drews (2009) 317–322. 170 Nur die Ratio kann für sich selbst und für die übrigen Seelenteile das spezifische und allgemeine Gut erfassen, vgl.: „Die Seele, in der das Streben nach Gewinn, Sex oder Ruhm dominiert, kann das, wonach der rationale Seelenteil strebt, nicht anerkennen, und da dieser Teil

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leius zwischen einer tatsächlichen boulêsis/voluntas, die auf Intelligibles, welches seinem Wesen nach gut ist, zielt, und einer bloßen „Wahl“: „Denn nicht dasselbe, sagen die Alten, sei Wahl und Wille, sondern dieser beziehe sich nur auf Gutes, die Wahl aber auf sowohl Gutes wie Nicht-Gutes.“ Non enim idem dicunt [sc. antiqui] electionem et voluntatem, sed hanc quidem esse boni solum, electionem autem bonorumque similiter et non bonorum (Procl., prov. XI 57, 77,8–10).171

Während eine boulêsis/voluntas im prägnanten Sinn dem Intellekt zukomme, spricht Proklos den Körpern qua Körpern sogar die verminderte Entscheidungsform der electio ab: „Wahlfreiheit (electio) aber ist bei ihnen [sc. den Körpern] nicht, weshalb du auch sagen kannst, dass das Notwendige und [sc. das Sein] ohne Willensfreiheit den Körpern, aber nicht etwas bestimmtes Besseres den Körpern [sc. eigen ist]. […] Und deshalb bleibt alles intellekthaft Seiende allein unter der Providenz, alles Körperliche aber auch unter Notwendigkeit.“ […] electio autem in hiis non est, propter quod et corporum proprium dices utique esse le ne­ cessarium et sine electione, sed non aliquid melius adhuc corporibus. […] Et propter hec omne quidem intellectualiter ens sub providentia perseverat solum, omne autem quod corporaliter ‹et› sub necessitate (Procl. prov. III 13, 38,25–39,40).

Hier könnte es so scheinen, als ob Proklos im Bereich des Körperlich-Materiellen einem stoischen Determinismus das Wort rede. Dass dies nicht so ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang der platonischen Seelenlehre und Proklos’ Schicksalsbegriff: Proklos ist der Meinung, dass weder die wahrnehmende Seele in ihrer direkten Verbundenheit mit dem Körperlichen (da sie nur mittels der Wahrnehmungsorgane wahrnehmend tätig sein kann) noch die thymetische und begehrende Seele in ihrem auf Körperliches gerichteten Streben172 im eigentümlichen und umfassenden Sinne frei ist, sondern gemäß der körperlichen Existenz nur ein partikuläres Wollen und Wählen hat. Daraus folgt aber, dass auch im sinnlich-materiellen Bereich kein vollständig durchdeterminiertes Schicksal im stoischen Sinne waltet und nur eine reine Innerlichkeitsfreiheit möglich wäre, sondern dass auch hier ein bestimmter freier Handlungs- und ethischer Verantwortungsspielraum bleibt: Anders als der stoische sieht sich der platonische Weise nicht einmal im Bereich des Körperlichen einer nicht herrscht, kann dieser Umstand selber nicht erkannt werden und bleibt unkorrigiert“ (van Ackeren [2003] 209). 171 Ebenso: Malum autem omnibus involitum dicimus, et malum videtur bonum esse eligentibus ipsum: anima enim nulla cognoscens malum eligeret utique, sed fugeret (De Prov. XI 57, 77,17–20); Est ergo, ut summatim dicatur, electio potentia rationalis appetitiva bonorum vero­ rumque et apparentium, ducens ad ambo animam, propter quam ascendit et descendit et peccat et dirigit (De Prov. XI 59, 78,1–4); natum est autem le in nobis non esse activum solum, sed et electivum secundum se aut eligens agere cum aliis; et peccare ipsum dicimus et dirigere prop­ ter electionem […] (De Prov. VI 36, 58,9–59,12). 172 Sed corporibus pro organis utitur omnis virtus sensitiva et cum hiis operatur circa propria sensibilia, oculis, auribus, aliis omnibus simul mota et compatiens. Quid autem, iram et concu­ piscentiam? Sed vides quod et hec sepe cooperantur cum corporeis partibus, corde et epate, et neque hec pura sunt a corporibus […]. Appetitivas autem virtutes quod cum sensu operentur omnes, ut estimo, cognoscimus: quid enim utique irascetur insensibilium? (De Prov. IV 16, 40,4–15).

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lückenlosen Kausalkette ‚gegenüber‘, von der er sich bestenfalls bewusst distanzieren können soll (die Schwierigkeit, eine solche Ethik in die Praxis umzusetzen, wurde oben mit Augustinus erläutert). Denn Proklos’ Verständnis von Schicksal und Notwendigkeit beinhaltet, dass dieses der Providenz der geistig-intelligiblen Wesen unterstellt (und nicht ihr übergeordnet) ist; analog unterliegt auch der Körper eines Menschen, obwohl er zu einem gewissen Grad notwendig-limitierenden Bedingungen (z. B. den Bedürfnissen nach Nahrung, Schlaf) untergeordnet ist, nicht einer generellen Schicksalshaftigkeit, sondern kann – gerade weil er beseelter Körper ist – dank der durch die Seele vermittelten Fürsorge173 Anteil an einer begrenzten Freiheit erlangen, da das Gute immer von dem jeweils Höheren an das nächst Niedrigere vermittelt werde.174 Das logistikon ist ja platonisch nicht völlig bezugslos zu allem Leiblichen, sondern soll den ihm unterstellten Seelenteilen das für sie Gute einräumen und zukommen lassen. Körpern an sich kommt qua Körpern zwar keine electio, sondern Notwendigkeit zu, insofern sie aber beseelt sind und als solche partikulären Anteil an der Freiheit, die im Bereich des Rationalen und Intellektiven herrscht, empfangen, sind sie den Begrenzungen der Notwendigkeit ein Stück weit enthoben. Der Mensch ist nach Proklos’ Position über seine „inneren Wahlentscheidungen und Strebeformen vollkommen Herr, über die, die nach außen hin geschehen, aber [sc. ist er Herr] zusammen mit vielen anderen und mächtigeren [sc. Herren].“175 D. h. aber, dass der Mensch äußerlich eben auch Herr und nicht nur vom Schicksal bestimmt ist176 – sonst wäre niemand zu tadeln oder zu loben,177 weil man über nichts mehr entscheiden könnte.178

173 Der Vermittlungsgedanke, gemäß welchem dem jeweils Geringeren vom dem ihm gegenüber Höheren etwas Gutes zuteil wird, zeigt, dass die platonisch intendierte innere Hierarchie der Seele keine Zwangsherrschaft sein kann – sonst könnte sie nicht im Dienste des zu vermittelnden Guten stehen. Proklos macht denn auch einen prinzipiellen Unterschied zwischen einer göttlichen Herrschaft im Sinne des Guten, welchem sich die dienenden Wesen gemäß ihrer boulêsis (!) freiwillig ergeben, und dem bloßen „Machtausüben“, welches so oft im menschlichen Bereich vorherrsche (“Allo~ ou\n oJ th'~ despoteiva~ ejkei' trovpo~ kai; ouj toiou'to~ oi|o~ oJ th'~ hJmw'n ejpikrateiva~, ejpei; kai; oJ th'~ douleiva~ e{tero~: aujtoi; ga;r oiJ qeoi; prosavgousin eJautou;~ toi'~ eJautw'n aijtivoi~, kai; ei[per pou a[lloqi hJ ejqelodouleiva ejsti;, kai; ejn ejkeivnoi~: kata; bouvlhsin gavr ejsti toi'~ uJfeimevnoi~ hJ tw'n teleiotevrwn ejpikravteia, in Parm. 943,4– 9). 174 Si igitur ei quidem que sursum anime [sc. anime rationali] bonum secundum intellectum – ante ipsam enim intellectus – et irrationali secundum rationem – unicuique enim ex proxime meliori le bene –, corpori autem rursum le secundum naturam […] (De mal. IV 55, 101,8–102,13). 175 Ubi autem alibi dicemus quam in nostris interius electionibus et impetibus? Horum enim solo­ rum nos domini; hiis autem que extra factis cum aliis et pluribus et potentioribus (Procl. prov. VI 35, 57,3–6). 176 Non enim erat le in nobis eorum que extra dominans, sed cooperans (Procl. prov. XI 55, 76,3– 5). 177 Et propter hec ergo et in hiis que fiunt hos quidem laudamus, hos autem vituperamus (Procl. prov. VI 35, 58,10–12). 178 alii autem vociferantur necessitatem, consepelientes cum hiis que non in ipsis quod in ipsis et omnia habentes non in ipsis (Procl. prov. XI 61, 80,20–23).

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In der ethischen Konsequenz ergibt sich, dass ein rationales Wissen, welches von den Einschränkungen der Wahrnehmungserkenntnis befreit worden ist hin zu einer tatsächlichen Sacherkenntnis, das menschliche Handeln innerhalb der nicht durchdeterminierten wahrnehmbaren Welt trotz ihrer Einschränkungen zu einer größeren Freiheit führen kann: Wer eine bestimmte Erkenntnis davon hat, was Schönheit, Glückseligkeit, Gerechtigkeit wesensmäßig sind, wird ihre Verwirklichungen im menschlichen Leben nicht nur ihrem äußeren Schein nach beurteilen, sondern einen freien Blick darüber erlangen wollen, ob dem, was als ‚gerecht‘ ausgegeben wird, tatsächlich eine gerechte Handlung zugrunde liegt bzw. inwiefern auch in der von den Zwängen der Notwendigkeit nicht freien Welt dennoch Freiheit verwirklicht werden kann. 6. ETHISCHE SELBSTBESTIMMUNG UND MANGEL AN GUTEM? ODER MENSCHLICHE SELBSTFINDUNG VON GOTT HER NACH DIONYSIUS AREOPAGITA Wie zu Beginn des letzten Kapitels bereits erläutert, besteht unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit ein prinzipieller theologisch-philosophischer Konsens unter Platonikern, dass grundsätzlich der Mensch in irgendeiner Form selbst für seinen Mangel an Gutheit und Güte Verantwortung trage. Auch der platonische Christ, der sich hinter den Werken des unter dem Namen Dionysius vom Areopag in der Geistesgeschichte präsenten Autors verbirgt, sieht die Verantwortung dafür, dass Menschen nicht das Göttliche in seinem intelligiblen Licht zu schauen vermögen, eindeutig auf Seiten des Menschen selbst: „Wenn nun die selbstwählende Willensfreiheit (authairetos autexousiotês) der intellektbegabten [sc. Wesen] sich vom intelligiblen Licht entfernt und durch Liebe zur Schlechtigkeit die ihr natürlicherweise für das Erleuchtetwerden eingesäten Vermögen schließt, dann ist sie [sc. diese selbstbestimmte Willensfreiheit bzw. sind die Geschöpfe in ihrer Willensfreiheit] getrennt von dem ihr gegenwärtigen Licht, welches nicht [sc. von sich aus] entfernt ist, sondern ihr entgegenleuchtet, die sie kurzsichtig ist und sich abwendet von dem ihr auf gutartige Weise Zulaufenden: Sei es, dass sie nun vielleicht versuchen wird, die Grenzen des ihr maßvoll gegebenen [sc. für sie] Sichtbaren zu überspringen und den Strahlen, die über die ihr gemäße Schau hinausgehen, frech entgegenzublicken – das Licht wird außer dem Licht-Gemäßen nichts bewirken, sie aber, die sich dem Vollkommenen auf unvollkommene Weise entgegenwirft, wird wohl das [sc. ihr] Nicht-Eigentümliche (anoikeia) nicht erreichen, das [sc. ihr gegebene und für sie] Maßvolle wird sie aber wegen ihrer selbst verfehlen (apoteuxetai), weil sie gegen die Ordnung in ihrem Denken hochmütig ist (hyperphronousa). Ansonsten ist, wie ich sagte, das göttliche Licht auf gut-wirkende Weise immer durch intellekthafte Gesichte entfaltet und ist in ihnen, indem es präsent ist, um empfangen zu werden, und immer in höchster Bereitschaft (he­ toimotaton) zur Gott angemessenen Anteilgabe an dem [sc. ihm] Eigentümlichen. In [sc. analoger] Nachahmung dazu wird auch der göttliche Hierarch zu einem abbildhaften Repräsentanten (apotypoutai), indem er seine lichtartigen Strahlen der gotterfüllten Unterweisung neidlos zu allen hin entfaltet und höchst bereit ist (hetoimotatos), den hinzutretenden [sc. Initianden] in Gott nachahmender Weise (theomimêtôs) zu erleuchten, und weder Neid noch unheiligen Zorn hat wegen der früheren [sc. Gottes-]Ferne (apostasia) oder Unmäßigkeit, sondern gotterfüllt immer die Herzutretenden durch seine Licht-Lenkungen (phôtagôgiai) nach hierarchischer Art

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erleuchtet, und zwar gemäß der guten Ordnung, Stellung und Analogie des maßvollen Verhältnisses eines jeden in Relation zu dem Heiligen.“ Eijt∆ ou\n ajpostaivh tou' nohtou' fwto;~ hJ tw'n noerw'n aujqaivreto~ aujtexousiovth~ kakiva~ e[rwti summuvsasa ta;~ fusikw'~ ejnesparmevna~ aujth/' pro;~ to; fwtivzesqai dunavmei~, ajphvrthtai tou' parovnto~ aujth/' fwto;~ oujk ajpostavnto~ ajll∆ ejpilavmponto~ aujth/' muwpazouvsh/ kai; ajpostrefomevnh/ prostrevconto~ ajgaqoeidw'~: ei[te tou' metrivw~ aujth/' doqevnto~ oJratou' tou;~ o{rou~ uJperphdh'sai kai; pro;~ ta;~ uJpe;r th;n kat∆ aujth;n o[yin aujga;~ ajntwph'sai tolmhrw'~ ejpiceirhvsoi, to; me;n fw'~ ejnerghvsei para; ta; fwto;~ oujdevn, aujth; de; toi'~ teleivoi~ ajtelw'~ ejpibavllousa tw'n me;n ajnoikeivwn oujk a]n ejfivkoito, tou' metrivou de; ajkovsmw~ uJperfronou'sa di∆ eJauth;n ajpoteuvxetai. Plhvn, o{per e[fhn, ajgaqourgikw'~ ajei; tai'~ noerai'~ o[yesi to; qei'on h{plwtai fw'~ e[nestiv te aujtai'~ ajntilabevsqai parovnto~ aujtou' kai; ajei; pro;~ qeopreph' tw'n oijkeivwn metavdosin o[nto~ eJtoimotavtou. Pro;~ tauvthn oJ qei'o~ iJeravrch~ ajpotupou'tai th;n mivmhsin ta;~ fwtoeidei'~ aujtou' th'~ ejnqevou didaskaliva~ aujga;~ ajfqovnw~ ejpi; pavnta~ aJplw'n kai; to;n prosiovnta fwtivsai qeomimhvtw~ eJtoimovtato~ w]n ouj fqovnw/ oujde; ajnievrw/ th'~ protevra~ ajpostasiva~ h] ajmetriva~ mhvnidi crwvmeno~, ajll∆ ejnqevw~ ajei; toi'~ prosiou'si tai'~ aujtou' fwtagwgivai~ iJerarcikw'~ ejllavmpwn ejn eujkosmiva/ kai; tavxei kai; ajnalogiva/ th'~ eJkavstou pro;~ ta; iJera; summetriva~ (De eccl. hier. 74,15–75,9).179

Dionysius legt hier nicht nur einen wesentlichen ‚theologischen Grundstein‘ hinsichtlich der Frage, wie es dazu kommt, dass nur einige Menschen das göttliche Licht sehen können: Das hochmütige Denken, welches sich abwendet von dem ihm gegenwärtigen Licht, das Nicht-Akzeptieren des eigenen Wesens in seiner ihm wesensgemäßen Gutheit und auch das Mehr-Sein-Wollen in der Verkennung des eigenen Gutseins führen immer zu einer Minderung des Lichts (und als Resultat davon: auch des eigenen Seins). Vielmehr solle jeder, wie Dionysius später erklärt, zu dem, welches für ihn in seiner Natur sichtbar (horaton) ist, „hinauflaufen“ (anatrechein) und dieses als „heilige Gabe aus der Hochwendung (ananeusis) zum Licht“ empfangen,180 also von seinem Erkenntnisvermögen in dem ihm vorgegebenen Rahmen angemessenen Gebrauch machen, auf dass er weiter nach oben geführt werde (anachthênai) von den Führenden, die für ihn gemäß seinem Erkenntnisstand zuständig sind. In der oben übersetzten Passage wird ferner erkennbar, wie das göttliche Licht von sich selbst aus nur Licht ist und keinen anderen Akt (energeia) als das Leuchten kennt. Dieses nicht sinnlich, sondern geistig aufzufassende Licht Gottes führt Dionysius an dieser zentralen Stelle, die Gottes immer bestehende Präsenz dem Menschen gegenüber beschreibt, aber dessen wechselhafte Lebens- und Erkenntnishaltung für ein Ausbleiben seines Lichts verantwortlich macht, als paradeigma für das Wesen und wesensmäßige Handeln des Hierarchen an. D. h., das ins AbbildhaftÄußerliche tretende Göttliche, welches in den priesterlichen, hierarchischen Handlungen und Riten sinnlich aufscheint, wird gerade an diesem theologisch besonders

179 Seiten- und Zeilenangabe nach Suchla (1990) und Heil/Ritter (1991). Genauer zur Stelle s. Drews (2011) 118 f. 180 ∆All∆ ei[per eujtaxiva~ ejsti;n ajrch; to; qei'on iJera'~, kaq∆ h}n eJautw'n ejpignwvmone~ oiJ iJeroi; nove~, oJ pro;~ to; oijkei'on th'~ fuvsew~ oJrato;n ajnatrevcwn ejn ajrch/' mevn, o{sti~ potev ejstin, aujto;~ o[yetai kai; tou'to lhvyetai prw'ton ejk th'~ pro;~ to; fw'~ ajnaneuvsew~ iJero;n dw'ron (De eccl. hier. 75,10–13).

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wichtigen Punkt von Dionysius in seiner Abhängigkeit von dem (von sich selbst her) nicht-bildhaften Intelligiblen dargestellt und dadurch theologisch zentriert. Daraus folgt für den hier interessierenden Zusammenhang dreierlei: Erstens wird der Hierarch, der Oberpriester oder Bischof, in seiner Bereitwilligkeit und durch sein den Menschen zugewandtes, „neidloses“ Anteilgeben an Göttlichem bzw. das vermittelnde Öffnen von Zugängen zum Göttlichen als ein Vorbild ethischen Verhaltens vorgezeichnet. Zugleich wird deutlich, dass, wie oben zu Beginn bei Platon festgestellt werden konnte, dieses tugendhafte Verhalten zweitens weder von dem Menschen autark hervorgebracht noch drittens ihm einfach als moralischer Maßstab zur Erfüllung von außen vorgesetzt wird. Wenngleich es falsch wäre, Dionysius’ Hierarchen undifferenziert als Maßstab für Menschen überhaupt zu nehmen, so lässt sich an ihm für die platonische Begründungstheorie ethischen Handelns Folgendes exemplarisch festhalten: In seinem beispielhaft guten Verhalten wird der Hierarch zu einem Repräsentanten, einem lebenden Abbild (apotypoutai) des göttlichen Lichts. Es ginge an der inneren Intention der Texte des Dionysius vorbei, wenn man den Hierarchen als bloße ‚Marionette Gottes‘ missverstehen wollte. Von der Systematik her, die hier nicht weiter expliziert werden kann, ist eindeutig, dass der Hierarch nicht seine eigene innere Freiheit verliert und von außen determiniert wird, vielmehr impliziert das Abbildwerden des Göttlichen für Dionysius höchste geistige Aktivität, die der Hierarch – modern gesprochen – subjektiv zu leisten hat, sonst liefe die gotterfüllte Unterweisung (entheos didaskalia) ins Leere.181 In der Zuwendung und eigenen Konzentration hin zum Göttlichen verliert der Hierarch (wie mutatis mutandis auch die Initianden) nicht die Subjektivität, sondern gewinnt sie als Hierarch erst, indem er sich selbst vom Göttlichen bestimmen lässt. Dieser Aspekt ist deshalb von Bedeutung, weil modernem Denken umgekehrt gerade die willentliche Autonomie als Erweis wahrer Subjektivität gilt: „Wir möchten uns das Gesetz unseres Willens selber geben können.“182 „Ferner entwirft der sich in dieser Weise selbst bestimmende Wille als seine Wollensinhalte immer bestimmte Zwecke, die, in einer Hierarchie angeordnet, im höchsten Zweck gründen; dieser muß als ethischer letztlich aufgrund des Selbstseins der Personen gesetzt werden; er macht dann auch den sittlichen Charakter der ihm untergeordneten Zwecke aus.“183

Dass der Mensch als individuelles Selbst den Grund ethischen Handelns aus sich selbst heraus setzen will, ist nicht erst eine ‚moderne Errungenschaft‘, sondern bis zu einem gewissen Grad auch schon in der antiken Philosophie der Stoa vorgezeichnet, insofern der stoische Weise in völliger Autarkie auch sein moralisches Gesetz in sich selbst hervorbringt (wenngleich für die Stoa der sich durch alle Materie ziehende göttliche Logos die Maxime ist, dem es „gemäß der Natur“ zu folgen

181 Zu dem von Dionysius intendierten Erkenntnisweg vgl. auch das Ende des obigen Abschnitts. Die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Kirchlichen Hierarchie versuche ich in einer eigens diesem Werk gewidmeten Studie herauszuarbeiten: Drews (2011). 182 Bieri (2001) 423. 183 Düsing (2009) 11.

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gilt).184 Dionysius würde nicht verneinen, dass der Mensch nicht ohne eigene Erkenntnisaktivität ein bestimmtes Leben als das für ihn gute findet und insofern selbstbestimmt die Suche danach aufnehmen soll. Das Kriterium dafür, dass ihm etwas als gut erscheint, setzt er nach Dionysius aber nicht selbst, ebenso wenig wie die Gutheit bestimmter, nicht vom Menschen erschaffener Güter das Produkt einer menschlichen Setzung sind, sondern sich als etwas Gutes – letztlich – einer Beziehung zum Kriterium des Gutseins und platonisch genauer: zum Guten selbst verdanken aufgrund der Anteilhabe an Gutheit. Dieser Aspekt greift den dritten oben genannten Punkt auf, dass der ethische Maßstab dem Menschen nicht völlig äußerlich oder fremd ist. Vielmehr besteht – unbewusst oder bewusst – immer schon eine bestimmte Entsprechung zwischen dem Kriterium des Wollens, dass es auf etwas Gutes ausgerichtet ist, und dem göttlichen Guten selbst, das sich neidlos dem Menschen darbietet, wenn er sich auf Zugänge zu ihm einlässt. Diese Entsprechung bietet ethisch den Vorteil, dass sich das ethisch Gebotene an demselben Maßstab, nach welchem sich auch menschliches Wollen letztlich immer schon richtet, orientiert – dem Gut-Sein. Dieses aber ist einseh- und nachvollziehbar, so dass aufgrund des letztlich selben Kriteriums das ethisch Empfohlene nicht als etwas zwar pflichtgemäß, aber eigentlich nur mit Widerwillen Geschuldetes erscheint, sondern der Ausrichtung menschlichen Willens entspricht. Insofern und nur deshalb können göttliches Sein und menschliches Wollen zueinander finden. Dionysius ist sich aber darüber im Klaren, dass diese ideale Entsprechung nicht immer schon ‚funktioniert‘, sondern, wie der Beginn der oben übersetzten Passage zeigt, zunächst gerade das Ausbleiben des Göttlichen aufgrund der menschlichen Abwendung vom Guten die menschliche Situation kennzeichnet, so dass die Gefahr, dass diese – wohl eher im paradiesischen Zustand realisierte – Entsprechung ausbleibt und gleichsam von den Menschen ausgeschlagen wird, weitaus größer und realitätsnäher erscheint, als dass sie gebannt würde. Dass das Kriterium, nach dem sich Willensformen richten, auch wenn sie von einem Summum bonum im theologischen Sinn nichts wissen wollen,185 eigenartigerweise mit diesem korres184 Vgl. zur stoischen Ethik und ihrer Rezeption bei Immanuel Kant: „Die stoische Ethik-Auffassung, wie sie sich in Grundzügen auch bei Cicero findet, hebt Kant gegenüber der Platonischen nun u. a. deshalb hervor, weil sie in der Autarkie des Weisen eine autonome, nicht mystischtheologische Ethik-Begründung liefert“ (Düsing [2009b] 152). „Hinsichtlich der autonomen, nicht theonomen Begründung der Ethik entwickelt Kant teilweise die stoische ethische Lehre weiter […]“ (ibd., 153). „Kant spricht in der späten Preisschrift von 1793 von ‚selbstgemachten‘ Sinngehalten der Ideen, die damit aber nicht etwa – wie bei Feuerbach – als anthropologische Illusionen anzusehen sind, sondern als vernunftnotwendige Konstitutionsgehalte; anders als bei Platon liegen diese Ideen nicht als ewige dem Denken vor, sondern werden durch die Vernunft in Freiheit konstituiert; und sie haben keine objektiv-transzendente, sondern nur subjektiv-immanente Bedeutung, nämlich für die praktische Vernunft und den menschlichen Willen, der eine Welt, in der Sittlichkeit und Glückseligkeit harmonieren, d. h. der das höchste Gut anstrebt“ (ibd., 153). „Darin [sc. in einer idealen ethischen Gemeinschaft] sind, so wird vorgestellt, die Personen vereinigt, die in wechselseitiger Anerkennung miteinander ihre reine voluntative Selbstbestimmung ausüben“ (ibd., 155). 185 Als Beispiel sei hier auf die Figur des Satan in John Miltons Paradise Lost verwiesen, welcher – als gefallener Engel – trotzdem noch in seinem Streben nach Bösem dem Kriterium des Gu-

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pondiert, könnte man unter christlichem Blickwinkel gleichsam als ein ‚prälapsarisches, paradiesisches Relikt‘, platonisch als Vorstufe einer (erst noch zur vollen Entfaltung zu aktualisierenden) anamnesis, der Wiedererinnerung an vorgeburtlich Geschautes, einstufen. Die Rückführung des vom Guten Abgefallenen durch Verähnlichung und Einung zu Gott hin ist nach Dionysius das Ziel aller „Hierarchie“,186 jeder „heiligen Ordnung“.187 Hierarchisches Denken und Handeln in diesem Sinn vollzieht sich „in Gott nachahmender Weise“ (theomimêtôs), wie oben gesagt wurde. Prinzip aller Hierarchie und alles Heiligen ist der Mensch gewordene Gott188 Jesus, der als höchster, göttlichster und überseiender Intellekt „durch den zu ihm ausgespannten und uns zu ihm emporhebenden Eros unsere vielen Verschiedenheiten zusammen einfaltet und zum einsartigen und göttlichen Leben vollendet.“189 Einung des Verschiedenen hatte sich als Ziel wie als Problem bereits am Anfang der hier vorgenommenen Überlegungen im Kontext der Seelenlehre Platons gezeigt: Die ganze Seele mit ihren verschiedenen drei (Grund-)Teilen ist nur eine, wenn sowohl der herrschende wie die sich dieser Herrschaft im Sinne des Guten unterordnenden Seelenteile thymos und epithymêtikon darin übereinstimmen, dass das logistikon herrschen soll, welches allein das Gute sowohl für das Ganze wie für die Teile der Seele im Blick hat.190 Die Gefahr, dass die innere Einheit aus der Seele verloren geht, wenn thymos und epithymia die Herrschaft an sich reißen und für seelischen Zwiespalt sorgen, ist jedoch groß. Dem Ziel der Erkenntnis, was Einheit aus Vielem ist und wie sie erreicht werden kann, dient, wie gerade gesehen, auch der skopos der dionysischen Hierarchien. Zum Abschluss soll deshalb ein Blick darauf geworfen

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ten insofern nicht entkommen kann, als er das Böse als sein Gut verstehen will: So farewell Hope, and with Hope farewell Fear, / Farewell Remorse: all Good to me is lost; / Evil be thou my Good (PL IV 108–110a). Natürlich ist dies nur als ein subjektives und nicht tatsächliches Gut zu verstehen, trotzdem zeigt sich in begründungstheoretischer Hinsicht, dass es auch dem Satan (jedenfalls bei Milton) nicht gelingt, sich vollends von der Bestimmung durch das Gute zu trennen, sosehr er dies auch anstrebt. Vgl. dazu Drews (2009) 717–719. Ei[rhtai toivnun hJmi'n iJerw'~, wJ~ ou|tov~ ejsti th'~ kaq∆ hJma'~ iJerarciva~ skopov~: hJ pro;~ qeo;n hJmw'n wJ~ ejfikto;n ajfomoivwsiv~ te kai; e{nwsi~ (De eccl. hier. 68,16 f.). Vgl. zum Hierarchie-Begriff bei Dionysius: „Zentral für das dionysische Hierarchieverständnis ist, dass er nicht an eine starre Ämterhierarchie denkt […]. [sc. Der Hierarch] ist kein Herrscher, der über Untertanen gebietet; vielmehr erscheint er als die Erfüllung der Hierarchie“ (Stock [2008] 117). „Hierarchie ist somit nach dem Verständnis des Areopagiten zuerst ein heiliges, das heißt: ein auf das Göttliche hin ausgerichtetes Gefüge“ (Kaltenbrunner [1996] 603); „Hierarchie leitet das Heilige nach unten und das Untere aufwärts zum Heiligen“ (ibd., 608 f.); „Hierarchie als hiera archê bedeutet, daß alles Seiende sich auf einen es transzendierenden Grund bezieht“ (ibd., 610). Zum Inkarnationsgedanken bei Dionysius vgl. De eccl. hier. 91,8–20; 101,19–102,4; 93,14–18; epist. 3, 159,2–6. […] kai; aujto;~ ∆Ihsou'~, oJ qearcikwvtato~ nou'~ kai; uJperouvsio~, hJ pavsh~ iJerarciva~ aJgiasteiva~ te kai; qeourgiva~ ajrch; kai; oujsiva kai; qearcikwtavth duvnami~, […] hJmw'n te tw/' pro;~ aujto;n ajnateinomevnw/ kai; hJma'~ ajnateivnonti tw'n kalw'n e[rwti sumptuvssei ta;~ polla;~ eJterovthta~ kai; eij~ eJnoeidh' kai; qeivan ajpoteleiwvsa~ zwh;n […] (De eccl. hier. 63,11–64,6). Platon, Resp. 442 c 5–d 1.

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werden, wie Dionysius besonders die unteren platonischen Seelenteile in einer von der Intellekterkenntnis aus erzielten Einheit bei den Engeln verwirklicht sieht. Dionysius widmet sich besonders der Frage, wie denn in der Heiligen Schrift das Thymetische und Epithymetische von göttlich-engelhaften Wesen ausgesagt werden könne, in denen innere Unordnung nicht anzunehmen sei, weil dies dem intellekthaften Wesen widerspreche. Gemäß der oben kurz angedeuteten Einfaltung der auseinander zu brechen drohenden Vielheit ist für Dionysius ein wesentliches (Teil-)Ziel hierarchischen Denkens, äußere Symbolrede und -handlungen als sie selbst ernst zu nehmen und gerade auf diesem Wege das in ihnen symbolisch eingefaltete göttliche Intelligible wenigstens ansatzweise zu erkennen. Letzteres stecke weder eins zu eins in dem Symbol, sondern sei durch so genannte „unähnliche Ähnlichkeiten“ in ihnen per analogiam ins Äußerliche verlagert, weshalb der Erkenntnisprozess umgekehrt diesen Rückweg gehen müsse, denn der menschliche Erkenntnisweg könne nicht beim Intellekthaften, sondern müsse bei dem leichter erkennbaren Sinnlichen seinen Anfang nehmen:191 „Es gilt nun aus all diesem die schönen Schauungen (theôriai) intellekthaft nach-zu-denken (epinoêsai)192 und aus dem Materiellen die so genannten unähnlichen Ähnlichkeiten den intelligiblen und intellekthaften Wesen nachzubilden, da das Intellekthafte auf andere Weise dasjenige hat, was dem Wahrnehmbaren auf verschiedenartige Weise zugeteilt ist. Denn auch der thymos entsteht den irrationalen Wesen aus einem leidenschaftlichen Antrieb und ihre thymosartige Erregung (kinêsis) ist voll aller Irrationalität, aber bei den intellekthaften Wesen muss man auf andere Weise das Thymetische intellekthaft begreifen (ennoêsai), insofern es, wie ich glaube, ihre mannhafte Rationalität offenbart und die unermüdliche (Erkenntnis-)Haltung (hexis) in den Formen193 des gottartigen und unveränderlichen Fest-Gegründet-Seins (hidry­ sesin). Genauso sagen wir, dass die epithymia zwar bei den irrationalen Wesen eine bestimmte unumsichtige und materieverhaftete leidenschaftliche Anhaftung (prospatheia) ist, die aus der angeborenen Bewegung (kinêsis) oder Gewohnheit194 in den der Veränderung unterliegenden Wesen zügellos entsteht, sowie die irrationale Überwältigung (epikrateia) durch das körperliche Verlangen,195 welches das ganze Lebewesen zu dem gemäß der sinnlichen Wahrnehmung Begehrbaren wegstößt; wann immer wir aber die unähnlichen Ähnlichkeiten den intellekthaften Wesen umlegen und eine epithymia um sie herum gestalten werden, muss man sie intellekthaft begreifen als göttliche Liebe (eros) der Rationales (logos) und Intellekt (nous) transzendierenden Immaterialität und als unbeugsames und unnachgebliches Streben nach der auf überseiende Weise heiligen und leidenschaftslosen Schau und nach der bei jener reinen und höchsten Lichtheit und unsichtbaren und Schönes erschaffenden Pracht (euprepeia) auf seiende Weise ewigen und intelligiblen Gemeinschaft.“ [Estin ou\n ejk pavntwn aujtw'n ejpinoh'sai kala;~ qewriva~ kai; toi'~ nohtoi'~ te kai; noeroi'~ ejk tw'n uJlaivwn ajnaplavsai ta;~ legomevna~ ajnomoivou~ oJmoiovthta~, eJtevrw/ trovpw/ tw'n noerw'n 191 Vgl. De eccl. hier. 67,16–68,15. 192 ‚Nachdenken‘ ist hier im wohl ursprünglichen Sinn gemeint: einem Gedanken nachfolgen und ihn sich so zu Eigen machen. 193 Das Wort ‚Formen‘ ist hier ergänzt, um dem Plural von hidrysesin Rechnung zu tragen – der Singular ‚Fest-Gegründet-Sein‘ würde fälschlich suggerieren, dass es nur eine (‚monolithischreduktionistische‘) Ausprägung von hidrysis gäbe, was Dionysius offensichtlich nicht meint. 194 Vgl. der Sache nach oben Augustins Rede von der „Kette der Gewohnheit“. 195 Ich vermeide die wörtliche Übersetzung „die Überwältigung des körperlichen Verlangens“, weil dies im Deutschen passivisch als Genitivus obiectivus missverstanden werden könnte (als ob das Verlangen überwältigt würde, was vom Zusammenhang her nicht gemeint sein kann).

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Friedemann Drews ejcovntwn a} toi'~ aijsqhtoi'~ eJteroivw~ ajponenevmhtai. Kai; ga;r oJ qumo;~ toi'~ me;n ajlovgoi~ ejx ejmpaqou'~ oJrmh'~ ejggivnetai kai; pavsh~ ajlogiva~ ejsti;n ajnavplew~ hJ qumoeidh;~ aujtw'n kivnhsi~, ajll∆ ejpi; tw'n noerw'n eJtevrw/ trovpw/ crh; to; qumiko;n ejnnoh'sai, dhlou'n wJ~ oi\mai th;n ajrrenwpo;n aujtw'n logiovthta kai; th;n ajmeivlikton e{xin ejn tai'~ qeoeidevsi kai; ajmetabovloi~ iJdruvsesin. ÔWsauvtw~ ejpiqumivan me;n ei\naiv famen ejpi; tw'n ajlovgwn ajperivskeptovn tina kai; provsulon ejx ejmfuvtou kinhvsew~ h] sunhqeiva~ ejn toi'~ ajlloiwtoi'~ ajkratw'~ ejgginomevnhn prospavqeian kai; th;n a[logon th'~ swmatikh'~ ojrevxew~ ejpikravteian a{pan to; zw/'on wjqouvsh~ ejpi; to; kat∆ ai[sqhsin ejpiqumhtovn, o{tan de; ta;~ ajnomoivou~ oJmoiovthta~ toi'~ noeroi'~ peritiqevnte~ ejpiqumivan aujtoi'~ periplavswmen, e[rwta qei'on aujth;n ejnnoh'sai crh; th'~ uJpe;r lovgon kai; nou'n aju>liva~ kai; th;n ajklinh' kai; ajnevndoton e[fesin th'~ uJperousivw~ aJgnh'~ kai; ajpaqou'~ qewriva~ kai; th'~ pro;~ ejkeivnhn th;n kaqara;n kai; ajkrotavthn diauvgeian kai; th;n ajfanh' kai; kallopoio;n eujprevpeian aijwniva~ o[ntw~ kai; nohth'~ koinwniva~ (De cael. hier. 13,24–14,16).

Gemäß den unähnlichen Ähnlichkeiten versteht Dionysius, wenn im Hinblick auf die göttlich-intelligiblen Wesen von epithymia und thymos die Rede ist, dies nicht als ein irrational-leidenschaftliches Begehren bzw. Sich-Ereifern wie bei körperlichen Lebewesen. Göttlicher thymos sei vielmehr als intellekthafte Tapferkeit zu verstehen, epithymia als göttliche Liebe zum Intelligiblen. Bei den Engeln sieht Dionysius also das platonische Ideal, dass die menschliche Seele innere Einheit durch die Herrschaft der ratio / des logistikon erlangen soll, auf noch viel höhere Weise realisiert, so dass dort thymos und epithymia ganz vom göttlichen Intellekt durchdrungen und mit ihm geeint sind.196 Dabei sei es gemäß dem menschlichen Erkenntnisweg so, dass menschliche epithymia und thymos auf Göttliches übertragen würden und so erst in einem zweiten Erkenntnisschritt diese göttlichen Formen von epithymia und thymos transformiert als Formen göttlicher (Trans-)Rationalität begriffen werden könnten. Der Sache nach seien aber diese göttlich-leidenschaftslosen epithymia und thymos primär und die beste Realisierung des Begehrlichen und Aufwallenden, von der die menschlichen Formen des Begehrens und Sich-Ereiferns nur ein entferntes, weil der Sache nach sekundäres „Echo“ (apêchêma) darstellten.197 Entscheidend ist daher, dass für Dionysius diese ursprünglich-göttlichen Formen von epithymia und thymos, die bei den Menschen als verschiedene Seelenteile auseinander treten, sogar im Göttlichen – wenn auch in anderer, „unähnlich-ähnlicher“ Form – ihr eigenes Recht haben: Hier zeigt sich aus theologischer Perspektive, weshalb auch im Menschlichen epithymia und thymos gemäß der platonischen Auffassung von Seele und Ethik nicht radikal negiert werden sollen (etwa im Sinne 196 Das Problem der gefallenen Engel kann hier nicht mehr erörtert werden. Zu den schlecht gewordenen Seelenteilen der abgefallenen Dämonen s. ferner De div. nom. 171,17 f. Dass Dionysius allgemein die platonisch-aristotelische Lehre von den Seelenteilen und Seelenarten – denkende, wahrnehmende, vegetative Seele etc. – übernimmt, zeigt De div. nom. 192,16 f. sowie De div. nom. 210,14–19. 197 ∆All∆ eij mh; th'~ tou' lovgou katestocazovmeqa summetriva~, kai; ta;~ kata; mevro~ tw'n eijrhmevnwn zw/vwn ijdiovthta~ kai; pavsa~ ta;~ swmatika;~ aujtw'n diaplavsei~ ejfhrmovsamen a]n oujk ajpeikovtw~ tai'~ oujranivai~ dunavmesi kata; ta;~ ajnomoivou~ oJmoiovthta~, to; me;n qumoeide;~ aujtw'n eij~ th;n noera;n ajndreivan h|~ ejstin e[scaton oJ qumo;~ ajphvchma, th;n de; au\ ejpiqumivan eij~ to;n qei'on e[rwta, kai; sullhvbdhn eijpei'n pavsa~ ta;~ tw'n ajlovgwn zw/vwn aijsqhvsei~ te kai; polumereiva~ eij~ ta;~ aju?lou~ tw'n oujranivwn oujsiw'n nohvsei~ kai; eJnoeidei'~ dunavmei~ ajnavgonte~ (De cael. hier. 57,23–58,4).

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einer stoischen apatheia). Das menschliche Ideal der innerseelischen Einheit durch die Herrschaft des Rationalen hat vielmehr sein göttliches Urbild in der göttlichen (Über-)Rationalität, in welcher epithymia und thymos vom (trans-)rationalen Licht ganz durchflutet und geeint sind – von dort, aus dem Göttlichen, kommt gemäß dem dionysischen Hierarchie-Verständnis den Menschen die heilige, harmonische Ordnung vermittelt durch Jesus als Prinzip aller Hierarchie zu. Die angelologische Metaphysik zeichnet ein ethisches paradeigma für den Menschen,198 denn gemäß Platons Höhlengleichnis gilt: „Die gesamte Seele mit ihren drei Vermögen muss sich umdrehen“,199 d. h. zu dem – in ihrem ureigensten Interesse – Guten bekehren. Die hymnische Sprache, mit der Dionysius die himmlischen Formen von epithymia und thymos besingt, lässt vielleicht am besten erahnen, warum Platon am Ende des neunten Buchs der Politeia davon spricht, dass für die beste Verfassung der Seele (und analog des Staates200) „ein Urbild (paradeigma) im Himmel aufgestellt“ sei.201 Erlangt die menschliche Seele die Schau dieses Urbilds und der Ideen und wird selbst auf bestimmte Weise den von Dionysius beschriebenen Engeln gleich,202 dann stellt sich (auch von Platon her) die Ausgangsfrage neu, ob sie viel- oder einartig ist.203 ABSTRACT Plato designs his doctrine of the soul which comprises three cognitive or appetitive activities (epithymia­thymos­logistikon) by applying the principle of non-contradiction to certain forms of human behaviour. A just cooperation of the three activities demands that, on the one hand, each of them gets its own right and, on the other hand, the logistikon assumes the command of the soul as a whole. Later on the Middle Platonist Apuleius takes over Plato’s doctrine of the soul. Although human misbehaviour is based on freedom of will and action, nobody who really knows the good will deliberately choose what is wrong. The church father Augustine shows 198 Dass der erste Nutzen theologischen und metaphysischen Denkens ethischer Natur ist, wird auch bei Dionysius’ Erörterung der Mysterienhandlungen deutlich, etwa am Anfang der Überlegungen zur Eucharistiefeier, wo der erste Nutzen der Psalmgesänge und Schriftlesungen in einer didaskalia enaretou zôês, einer Unterweisung über das tugendhafte Leben bestehe (vgl. De eccl. hier. 81,19–21). 199 Ricken (2004) 20 mit dem Verweis auf Resp. 518 c 8 (oi|on eij o[mma mh; dunato;n h\n a[llw~ h] su;n o{lw/ tw/' swvmati strevfein pro;~ to; fano;n ejk tou' skotwvdou~, ou{tw su;n o{lh/ th/' yuch/' ejk tou' gignomevnou periaktevon ei\nai, e{w~ a]n eij~ to; o]n kai; tou' o[nto~ to; fanovtaton dunath; gevnhtai ajnascevsqai qewmevnh, Resp. 518 c 6–10). Vgl. ferner van Ackeren (2003) 199. 208 sowie Erler (2004) 57. 200 Zur platonischen Parallelität von Seele und Staat vgl. Bernard (1998b), Schweidler (2004), Klopfer (2008) 51. 71, Ricken (2004) 69. 201 ∆All∆, h\n d∆ ejgwv, ejn oujranw/' i[sw~ paravdeigma ajnavkeitai tw/' boulomevnw/ oJra'n kai; oJrw'nti eJauto;n katoikivzein (Resp. 592 b 2 f.). Vgl. zur Stelle van Ackeren (2003) 211. 202 Im Hinblick auf den christlichen Kontext bei Dionysius sei erinnert an die Jesus-Worte aus Mt 22,30. 203 kai; tovt∆ a[n ti~ i[doi aujth'~ th;n ajlhqh' fuvsin, ei[te polueidh;~ ei[te monoeidhv~, ei[te o{ph/ e[cei kai; o{pw~ (Resp. 612 a 3–5). Vgl. van Ackeren (2003) 140.

that the innate striving to choose the good does not imply the Stoic belief in fate. A righteous Stoic sage could even miss the good. The Neoplatonist Proclus exposes as ethical aim the renewed striving of the soul towards the good in order to gain an external freedom even in the realm of the sensible world, as well. Dionysius Areopagita proves in his doctrine of the angels that even the angels do have a sort of thymos and epithymia shaped, however, completely by the intellect, the ‚indefatigable love‘ of God, and the Intelligible. The greater unity among the souls of the angels that is established according to Dionysius possibly corresponds with the fact that according to Plato “in heaven there is placed an archetype (paradeigma)” of the best condition of the soul.

THE HIERARCHY OF BEING AS FRAMEWORK FOR PLATONIC ETHICAL THEORY John Dillon, Dublin It has of course always been the case, from the time of Plato himself – if not that of Socrates – that Platonist ethical theory has been tied to a conception of the structure of reality, to wit, that there is a realm of true Being, presided over by a cosmic Intellect or rational World Soul, the contents of which is a matrix of Forms, of which the physical realm of Becoming is a (necessarily imperfect) copy, or projection. The aim of human striving, the telos (in later terminology), consists in freeing ourselves as much as possible from physical concerns and passionate attachments while in the body, and a constant effort to develop that part of ourselves (sc. the rational soul) which most resembles the realm of true Being and its presiding Intellect, which may be termed God. To that extent, the aim of human striving may be described as being ‚assimilation to God‘ (homoiôsis theôi), and this is properly achieved by the practice of the virtues, or of Virtue as a whole. I trust that this rather bald account of Platonic ethical theory does not introduce any serious distortion into the situation as we may assume it to have obtained for the duration of the Old Academy – that is, down to about 275 B.C. (though, under the third Scholarch, Polemon, there may already have occurred a shift in emphasis, as we shall see in a moment). Thereafter, two complications arose, which between them cover the next two centuries or so. The first is the turn to skepticism initiated by Arcesilaus, and carried on, with various modifications, down to the time of Philo of Larisa in the early part of the first century B.C., during which, if the Academy had a position on the telos, we have no clear view as to what it might have been.1 The second results from the return to dogmatism initiated by Antiochus of Ascalon in the 80’s B.C., where Antiochus, to all appearances, adopts as a telos the Stoic formulation of ‘life in accordance with Nature’ (cf. Cic., fin. II 34), a doctrine which he has no hesitation in attributing at least to Polemon, last head of the Old Academy, as well as to Aristotle: “And this is the fountain-head from which one’s whole theory of goods and evils must necessarily flow. Polemon, and also before him Aristotle, held that the primary objects were the ones that I have just mentioned (sc. good health, sound mind, comfortable surroundings). Thus arose the doctrine of the Old Academy and of the Peripatetics, maintaining that the end of goods (te­ 1

The New Academics Arcesilaus and Carneades would seem to have propounded a telos of eu­ daimonia, ‘happiness’ or, more accurately ‘flourishing’ (Sextus Empiricus, M. VII, 158. 166), only with the proviso that this was based on no more than probability (to pithanon). It is attainable by epokhê, ‘withholding of assent to impressions’, which may or not be taken as compatible with ‘assimilation to God’, or indeed with ‘living in concordance with Nature.’

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John Dillon los agathôn) is to live in accordance with nature, that is, to enjoy the primary gifts of nature’s bestowal with the accompaniment of virtue.”

This telos, as has often been noted, differs in no way from the Stoic one, except in respect of its relative upgrading of the goods of the body and external goods, and so does not, on the face of it, direct the individual to any realm of reality beyond the physical – though Antiochus may conceivably have thought that it did; it depends on how close to Stoicism he really was. Certainly, if he was at all justified in projecting such a formulation as ‘life according to Nature’ back onto Polemon – as I am on record as suggesting that he may have been2 – then this formulation of the telos need not exclude reference to a higher level of reality, if physis may be taken to refer to the nature of things in general, which for any Platonist worthy of the name must include a ‘higher’ realm of True Being. Indeed, if we take into account an interesting passage from Cicero’s De Legibus (I 25),3 we can see an explicit connection being made, in a context exhibiting strong Antiochian traits,4 between man and God through the practice of virtue. Cicero has just been asserting (I 23) that reason (ratio, logos) is something that humans share with God, so that following the law of nature, which is an expression of divine Reason, also implies following God: Iam vero virtus eadem in homine ac deo est, neque alio ullo in genere praeterea; est autem virtus nihil aliud nisi perfecta et ad summum perducta natura: est igitur homini cum deo simi­ litudo. (I 25) “Further, virtue is the same in man as in God, and in no other species apart from that.5 Yet virtue is nothing else than one’s nature made perfect and brought to a peak (of excellence): it constitutes therefore a likeness of man with God.”

As Tarrant remarks (loc. cit.), this last sentence can just as well be – and normally has been – rendered, “there is therefore a likeness of man with God”, but in fact, as he maintains, in the context, either rendering conveys the same message, that the practice of the virtues, like the obedience to natural law mentioned previously, does not just bring us into concordance with Nature, but constitutes an assimilation of man to God. There would not therefore necessarily be so radical a distinction between the Antiochian telos of ‘concordance with Nature’ and the later Platonist formula of ‘assimilation to God’.6 2 3 4 5 6

See Dillon (2003) 160–165. Recently discussed by Tarrant (2007) 421–424 in his most useful article ‘Moral goal and Moral Virtues in Middle Platonism’. Cf. Dillon (1977) 80. This presumably is not to deny that other animals may exhibit ‘natural’ virtues of one sort or another; simply that such virtues, lacking rationality as they do, have nothing in common with God. I would therefore be inclined to modify my position as presented in Dillon (1977) e.g. 122 f., in the light of this passage from the De Legibus, for the appreciation of the significance of which I am indebted to Harold Tarrant. One might add that the fact that Philo of Alexandria – an eclectic thinker, to be sure, but not mindlessly so – is prepared to adopt both formulations of the telos at various points (‘likeness to God’, e.g at Fug. 63, ‘concordance with nature’ e.g. at Dec. 81) is a further indication that the latter can be interpreted in terms of the former.

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However this may be, with the next generation of Platonists, represented by Eudorus of Alexandria7, the formulation of the telos is revised in a more overtly other-worldly, or ‘vertical’ direction, as opposed to the more apparently ‘horizontal’, Stoicizing one of Antiochus. In fact, Eudorus seems to be the first, in later times,8 to revive the formula derived from Plato’s Theaetetus 176 b: ‘assimilation to God in so far as that is possible (oJmoivwsi~ qew/' kata; to; dunatovn), though with what seems to be an interesting modification, as we shall see. The text in Stobaeus is as follows (II 49,8 ff.): Swkravth~, Plavtwn taujta; tw/' Puqagovra/, tevlo~ oJmoivwsin qew/'. Safevsteron d∆ aujto; dihvrqrwse Plavtwn prosqei;~ to; “kata; to; dunatovn”: fronhvsei d∆ ejsti; movnw~ dunatovn, tou'to d∆ h\n to; kat∆ ajrethvn. ejn me;n ga;r tw/' qew/' to; kosmopoihtiko;n kai; kosmodioikhtikovn: ejn de; tw/' sofw/' bivou katavstasi~ kai; zwh'~ diagwghv. o{per aijnivxasqai me;n ”Omhron eijpovnta “kat∆ i[cnia bai'ne qeoi'o”. “Socrates and Plato agree with Pythagoras that the telos is ‘assimilation to God’. Plato, however, defined this more clearly by adding ‘according as is possible’, and it is only possible by means of wisdom, that is to say, in accordance with virtue. For it is the role of God to create the cosmos and to administer the cosmos, while the role of the wise man is the establishment of a life-style and the conduct of a life – something that seems to be hinted at by Homer when he says, ‘he followed in the footsteps of the goddess’ (Od. V 193; VII 38).”

There are various notable aspects of this passage. First is the explicit linking of Plato (and Socrates!), not with Aristotle and the Stoics, as would have been the tendency of Antiochus, but with Pythagoras. Such a connection would not, of course, have been alien to the tendencies of either Speusippus or Xenocrates, but does represent a deviation from that of Antiochus. Then, there is the expression kata; to; dunatovn, which, in the mouth of Socrates in the Theaetetus, pretty plainly constituted a modest disclaimer of the possibility of complete homoiôsis with God, but which for Eudorus becomes rather a specification of precisely that faculty within us in virtue of which we can become like God, to wit, the intellect – taking phronêsis to represent intellectual activity. This, it must be said, is not an entirely unreasonable interpretation of the Greek, in view of the immediately following sentence in Plato’s text: oJmoivwsi~ de; divkaion kai; o{sion meta; fronhvsew~ genevsqai; but nonetheless it would seem that modern interpreters are almost certainly correct in taking kata; to; dunatovn as a modest disclaimer, and that what we are seeing here is an example of a scholastic tendency, dominant much later, in the Neoplatonic period, but also, plainly, manifesting itself already in the 7

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That is to say, if we can accept, as I would still maintain (cf. Dillon [1977] 116), that the series of problêmata set out by Arius Didymus (ap. Stob., Anthol. II 45,7 ff.) following on his account of the ethical section of Eudorus’ Diairesis tou kata philosophian logou, which he tells us was presented problêmatikôs, still represents Eudoran doctrine. This assumption has been challenged by Göransson (1995), though without adequate justification, it seems to me – like much else in that curious book. We cannot, I think, be sure that this formulation was ever adopted in any formal way as a definition of the purpose of life in the period of the Old Academy, simply because the idea of defining a telos as such does not seem to predate the Stoics, but on the other hand, as we have seen, Antiochus is determined to credit Polemon with a prefiguration of the Stoic telos, so we must recognize the possibility.

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first century B.C., in accordance with which every utterance of the divine Plato is given its full semantic weight, regardless of the idiomatic probabilities. The manner of our homoiôsis with God is now developed in an interesting way, the wise man’s9 establishment of a life-style (katastasis biou) being assimilated to God’s creation of the cosmos, and his maintenance of his life (zôês diagôgê)10 to God’s administration of the cosmos – Arius (or Eudorus?) in the process employing two jaw-breaking compounds, the latter of which, kosmodioikhtikov~, is attested nowhere else.11 Presumably the ‘establishment of a life-style’ denotes the adoption of a life according to virtue, which involves bringing one’s life to order out of disorder, that being analogous to God’s organizing of a cosmos out of chaos (whether pre-existent or not).12 Arius/Eudorus now goes on (ap. Stob. II 49,16 ff.) to distinguish three modes in which Plato presents the telos, corresponding to the three divisions of philosophy first laid down (at least explicitly) by Xenocrates, physics, ethics and logic. The ‘physical’ mode is discerned at the end of the Timaeus (90 a-d), where indeed, in 90 d in particular, all the key terms are employed: sunepovmenon … ejxomoiw'sai … tevlo~ – this last being the only place in which telos is used by Plato in this connection.13 It is deemed ‘physical’, presumably, as being presented in the context of an exposition of the structure of the universe – the Timaeus, of course, being accorded the subtitle physikos in the edition of Thrasyllus. For Eudorus, the properly ‘ethical’ version of the telos is presented in Republic X 613 a,14 where Socrates states, in the context of asserting the happiness of the just man: “For the gods never neglect anyone who is prepared to devote himself to becoming just and, by practising virtue, to assimilate himself to God as much as is humanly possible” (ouj ga;r dh; uJpov ge qew'n pote ajmelei'tai o}~ a]n proqumei'sqai ejqevlh/ divkaio~ givgnesqai kai; ejpithdeuvwn ajreth;n eij~ o{son dunato;n ajnqrwvpw/ oJmoiou'sqai qew/'.). Once again, this is in accord with the classification followed by Thrasyllus, the Republic being classed as politikos, ‘politics’ being a subdivision of ethics. 9 10 11 12

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We may note that here only the sophos is to be compared to God, not every man; but that is fair enough, since the comparison is based on the practice of virtue. The distinction between bios and zôê is presumably to be interpreted in this way. We may leave aside, in the present context, whether this comparison does or does not imply a commitment to a doctrine of temporal creation. I think that it does not; but it does indicate that the Demiurge of the Timaeus is to be identified as the supreme deity. The final element in the passage, the adducing of a proof-text from Homer, in the form of the description of Odysseus’ following in the footsteps of Calypso in Book V of the Odyssey, and, perhaps more significantly, Athena (disguised as a little girl), in Book VII, need not concern us at present, though it is a useful early indication of the allegorization of Homer in a Platonist, rather than a Stoic, mode. We may note also the phrases, in 90 b f., kaq∆ o{son mavlista dunato;n qnhtw/' givgnesqai, and kaq∆ o{son d∆ au\ metascei'n ajnqrwpivnh/ fuvsei ajqanasiva~ ejndevcetai, which provide evidence, if such were needed, of the essentially cautionary sense of kata; to; dunatovn at Tht. 176 b. Wachsmuth plumps rather for the passages IX 585 b f., and X 608 c ff., but with less plausibility – though they are not irrelevant to the overall theme. Another interesting passage, it must be said, is VI 490 a f., where we find mention of the appropriate part of the human soul striving towards, not God precisely, but Truth, viz. the realm of Forms.

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Lastly, the Theaetetus passage is presented as the telos from a ‘logical’ perspective, presumably because here the argument for fleeing this realm of existence and assimilating oneself to God is based on the premiss that in this realm “there must always be some element opposed to the good” (uJpenantivon ti tw/' ajgaqw/' ajei; ei\nai ajnavgkh) – and perhaps because the dialogue was viewed in Eudorus’ day as being concerned primarily with logic and epistemology (its characterization in Thrasyllus’ edition is peirastikos). This slightly odd division of modes, as it may seem to us, is stimulated, no doubt, by a scholastic concern for completeness. The divine Plato must be seen to have propounded the telos in all of the three recognized areas of philosophical enquiry – not, we may note, in the order favoured by Antiochus (cf. Cic., ac. 19), which was Ethics, Physics, and Logic, but in that originally propounded by Xenocrates (cf. Sextus, Against the Logicians I 16): Physics, Ethics, Logic. Such, then, is the situation as regards the relation of ethical theory to the structure of reality at the beginning of the Middle Platonic period. We may turn now to the distinguished Platonist Plutarch of Chaeronea, active in the decades immediately before and after the turn of the first century A.D. For Plutarch, the telos is unequivocally homoiôsis theôi, as we can observe from a notable passage of his de sera numinis vindicta (550 DE), put into the mouth of his brother Timon, in which certain distinctive features are introduced into the doctrine: ajlla; skopei'te prw'ton, o{ti kata; Plavtwna pavntwn kalw'n oJ qeo;~ eJauto;n ejn mevsw/ paravdeigma qevmeno~ th;n ajnqrwpivnhn ajrethvn, ejxomoivwsin ou\san aJmwsgevpw~ pro;~ auJtovn, ejndivdwsi toi'~ e{pesqai qew/' dunamevnoi~. kai; ga;r hJ pavntwn fuvsi~ a[takto~ ou\sa tauvthn e[sce th;n ajrch;n tou' metabalei'n kai; genevsqai kovsmo~, oJmoiovthti kai; meqevxei tini; th'~ peri; to; qei'on ijdeva~ kai; ajreth'~. kai; th;n o[yin aujto;~ ou|to~ ajnh;r ajnavyai fhsi; th;n fuvsin ejn hJmi'n, o{pw~ uJpo; qeva~ tw'n ejn oujranw/' feromevnwn kai; qauvmato~ ajspavzesqai kai; ajgapa'n ejqizomevnh to; eu[schmon hJ yuch; kai; tetagmevnon ajpecqavnhtai toi'~ ajnarmovstoi~ kai; planhtoi'~ pavqesi kai; feuvgh/ to; eijkh/` kai; wJ~ e[tucen, wJ~ kakiva~ kai; plhmmeleiva~ aJpavsh~ gevnesin. ouj gavr ejstin o{ ti mei'zon a[nqrwpo~ ajpolauvein qeou' pevfuken h] to; mimhvsei kai; diwvxei tw'n ejn ejkeivnw/ kalw'n kai; ajgaqw'n eij~ ajreth;n kaqivstasqai. “Consider first that God, as Plato says, offers himself to all as a pattern of every excellence, thus rendering human virtue, which is in some way or other an assimilation to himself, accessible to all who can ‘follow God’. Indeed, this was the origin of the change whereby universal nature, disordered before, became a ‘cosmos’, through assimilation and participation, after a fashion, in the form and excellence associated with the divinity. The same philosopher says further that nature kindled vision in us so that the soul, beholding the motions of the heavenly bodies and wondering at the sight, should grow to accept and cherish all that moves in stateliness and order, and thus come to hate discordant and errant passions, and to shun the aimless and haphazard as source of all vice and jarring error; for man is fitted to derive from God no greater blessing than to become settled in virtue through copying and aspiring to the beauty and the goodness that are his.”

As I say, there are a number of features of this manifesto worth noting. First of all, Plutarch gives a more personal slant to the process of assimilation to God by stating that ‘God offers himself as a pattern’, whereas in the central Theaetetus passage the emphasis is rather on the necessity of our own efforts at homoiôsis, no mention being made of divine activity. Even at 176 e, where there is mention of a paradeigma – or rather two paradeigmata, a divine one and a godless one – the paradeigma is

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just standing there; there is no emphasis on its being put there. We can observe here, therefore, I think, a greater stress being placed by Plutarch on God’s agency than is present in the text of Plato. Then, we can see Plutarch introducing into the scenario his own doctrine of pre-cosmic chaos, with the implication that not only the individual human soul, but also the world soul (alias universal nature), is being drawn by God into likeness with himself.15 This is a further extension of the original concept of homoiôsis theôi as presented by Plato, though one that he doubtless would have approved, providing as it does a cosmic backdrop to the application of it to the individual. Lastly, there is the linking of the homoiôsis­doctrine with the description in the Timaeus (45 b; 47 a-c) of the bestowal upon mortals of the faculty of sight by the Young Gods (though here Plutarch attributes this to Nature), which has the purpose of bringing to order the disorderly impulses of our souls. Here again, there is nothing with which Plato would have any quarrel, but the whole passage provides evidence of the degree of systematization of Platonic doctrine that had taken place over the intervening centuries.16 We can gather from the evidence of Plutarch, then, that the linking of ethical doctrine with a theory of a hierarchy of being has been significantly strengthened and systematized by the latter part of the first century A.D. Let us turn next to Alcinous’ Didaskalikos, or Handbook of Platonism, to see how things stand in the midsecond century. With Alcinous, I think we can see that there comes to the fore a certain tension inherent in the ideal of homoiôsis theôi which had been obscured hitherto, even in Plutarch, and which is nicely expressed by Julia Annas, in her most useful, and to some extent ground-breaking, study, Platonic Ethics, Old and New. She is worth quoting at some length (pp. 63 f.): “The idea of virtue as becoming like God can be interpreted in different ways, and Plato shows no awareness of the differences. Nor do the Middle Platonists; Alcinous, for example, puts various passages together as though they obviously supported a single idea. Before being condescending, however, we should reflect that the difference between these positions is apparent to us because we find the idea of becoming like God strange, and therefore probe the contexts where we find it in order to discover how to interpret it. To Plato and ancient Platonists, on the other hand, the idea that becoming virtuous is becoming like God, and the associated idea that becoming like God or the divine is living in a way that identifies oneself with one’s reasoning, were clearly both intuitively obvious and emotionally compelling – two features that might explain why we do not find more sensitivity to the different forms the idea takes … 15

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There is also a nice passage in the Life of Dion 10,2 (drawn attention to by De Lacy and Einarson ad loc.), where Plutarch portrays Dion as trying to induce Dionysius II to submit himself to the instruction of Plato, “in order that his character might be regulated by the principles of virtue, and that he might be conformed to that divinest and most beautiful model of all being, in obedience to whose direction the universe issues from disorder into order” – once again giving a cosmic dimension to homoiôsis theôi. There is also interesting evidence, once again adduced by De Lacy and Einarson, of Plutarch’s use here, not only of the Timaeus itself, but of the pseudo-Pythagorean treatise of Timaeus Locrus, On the Nature of the World 50, 219 Marg, since Plutarch’s use of ajnavyai and of uJpo; qeva~ tw'n ejn oujranw/' feromevnwn echoes TL’s ta;n me;n o[yin aJmi'n to;n qeo;n ajnavyai eij~ qevan tw'n wjranivwn, and not anything in the Timaeus.

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Part of the reason for this may be an indeterminacy here in the idea of God. If becoming like God is living according to your reason, then it need imply no more than a very ordinary, indeed traditional practice of virtue, understood as rational activity. God here is just reason, understood as the divine in us, with no implication that reason is actually different from what we already supposed it to be, namely something which can guide practice as well as theory. But if becoming like God is actually a flight from the mix of good and evil in our world, then God is being thought of rather differently, as something perfectly good outside human experience and not to be characterized in human terms, but which nonetheless it makes sense for humans to try to emulate.”

Now Annas here, it seems to me, is putting her finger on a most important point of tension within the concept of homoiôsis theôi. The tension does not, indeed, seem to be recognized in the thinkers whom we have been examining up to this, but Annas is, I think, not being quite fair to Alcinous.17 Alcinous does certainly seem to reflect, at least, some degree of speculation along these lines by contemporary Platonist thinkers. How, people must have asked, does the practice of the four cardinal virtues bring us closer to a God who cannot be supposed to exercise, or have any need of, these virtues, at least in the form familiar to us? Plotinus, a century later, in Ennead I 2, deals with this problem by postulating a system of levels of virtue,18 and granting the gods paradigmatic equivalents of ‘purificatory’ (kathartikai) levels of the four virtues, but there is really no sign of such a solution among Platonists of the Middle Platonic period. Alcinous’ solution is as follows (28, 181,36–45): Pote; me;n dh; to; tevlo~ oJmoiwqh'nai qew/' levgei, pote; d∆ e{pesqai, wJ~ oJpovtan ei[ph/, oJ me;n dh; qeov~, wJsper oJ palaio;~ lovgo~, ajrchvn te kai; teleuth;n kai; ta; touvtoi~ eJxh'~: pote; de; ajmfovtera, wJ~ oJpovtan fh/`, th;n de; qew/' eJpomevnhn te kai; eijkasmevnhn yuch;n kai; ta; touvtoi~ eJxh'~. kai; gavr toi th'~ wjfeleiva~ ajrch; to; ajgaqovn, tou'to de; ejk qeou' h[rthtai: ajkovlouqon ou\n th/` ajrch/` to; tevlo~ ei[h a]n to; ejxomoiwqh'nai qew/', qew/' dhlonovti tw/' ejpouranivw/, mh; tw/' ma; Diva uJperouranivw/, o}~ oujk ajreth;n e[cei, ajmeivnwn d∆ ejsti; tauvth~. “Sometimes he (sc. Plato) says that the end is to liken oneself to God, but sometimes that it consists in following him, as when he says (Leg. IV 715 e): ‘God who, as old tradition has it, holds the beginning and the end,’ etc.; and sometimes both, as when he says (Phdr. 248 a): ‘The soul that follows and likens itself to God’, and so on. For certainly the beginning of advantage is the good, and this is dependent on God; so, following on from this beginning, the end would be likening oneself to God – by which we mean, obviously, the god in the heavens, not, of course, the god above the heavens, who does not possess virtue, being superior to this.”

This solution to the problem, of course, is only available if one is able to postulate a distinction between a god ‘in the heavens’ and a god ‘above the heavens’, and that does not seem to have been open to Eudorus, for whom the supreme deity seems still be a Timaean Demiurge-figure.19 Indeed, before the second century, there is little sign of a hierarchy of divinities or principles in the Platonist system.20 Plu17 18 19 20

She actually recognizes this, albeit somewhat grudgingly, just below, when she says: “A Platonist like Alcinous is vaguely aware of a difficulty here, which emerges in a worry as to which God a virtuous person is likened to.” (p. 64) I have discussed this topic in Dillon (1983). This despite a distinction which he is reported as making (ap. Simpl., in Phys. 181,10 ff. Diels) between a supreme One and a Monad partnering a Dyad. I do not wish here to count a Logos or a World Soul as a secondary divinity, though they do

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tarch, admittedly, toys at various places in his works with a secondary divinity,21 but it is a rather more ambiguous figure than what I am in search of here, and he does not bring it into connection with his treatment of the telos. Only really with Numenius, probably a contemporary of Alcinous in the later second century, do we find a clear distinction between a primary and a secondary God, only the latter of whom is directly concerned with the administration of the world (e.g. frr. 12. 15 des Places) but on the other hand we do not know that he related this to his specification of the telos, simply because, sadly, we have no information as to Numenius’ ethical doctrines – though it is more or less certain that he would have adopted the telos of homoiôsis theôi. The tension therefore remains largely unresolved in the Middle Platonic period, although Alcinous has certainly identified the problem of being assimilated to the hyperouranios theos. What is concealed here, but comes out clearly in Plotinus’ treatment of the subject, is the primarily self-centred nature of Platonist ethics, which is concerned specifically with the subordination of the passions to the reason, and the extrication of the individual from all ties to the material world. To criticize this from a Judaeo-Christian perspective, however, is hardly relevant, it seems to me, to our present purposes. ABSTRACT It has of course always been the case, from the time of Plato himself – if not that of Socrates – that Platonist ethical theory has been tied to a conception of the structure of reality, to wit, that there is a realm of true Being, presided over by a cosmic Intellect or rational World Soul, the contents of which is a matrix of Forms, of which the physical realm of Becoming is a (necessarily imperfect) copy, or projection. The aim of human striving, the telos (in later terminology), consists in freeing ourselves as much as possible from physical concerns and passionate attachments while in the body, and a constant effort to develop that part of ourselves (sc., the rational soul) which most resembles the realm of true Being and its presiding Intellect, which may be termed God. To that extent, the aim of human striving may be described as being an assimilation to God (homoiôsis theôi), and this is properly achieved by the practice of the virtues, or of Virtue as a whole. The present essay surveys the history of Platonism, from the Old Academy to the end of the second century A.D., taking in the figures of Polemon, Antiochus, Eudorus, Plutarch and Alcinous, with the aim of seeing how the concept of the telos develops during this period.

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serve, importantly, as intermediaries, as for instance in the system of Philo of Alexandria. I am thinking primarily of the curious appearance of the figure of Dionysus, as opposed to Apollo, in the De E apud Delphos (394 A), who takes on something of the characteristics of a sublunary demiurge.

TUGEND, FLUCHT UND EKSTASE: ZUR oJmoivwsi~ qew`/ IN KAISERZEIT UND SPÄTANTIKE Irmgard Männlein­Robert, Tübingen Das letzte Ziel (Telos)1 liegt für alle antiken philosophischen Haireseis in der Eudaimonia. Worin aber Eudaimonia besteht und wie man sie erreichen kann, darüber gibt es unter den Philosophenschulen keinen grundlegenden Konsens. Das von Platon formulierte Telos der ‚Angleichung an Gott‘ (oJmoivwsi~ qew/') ist vor allem seit dem Hellenismus verbreitet. Sie findet sich bei Stoikern (z. B. Poseidonios) und Epikureern, gelingt freilich dem Ideal nach auf unterschiedliche Weise, basierend auf der jeweiligen Doktrin.2 Die Platoniker in Kaiserzeit und Spätantike beschreiben das Telos der Eudaimonia als homoiôsis theôi, die sie dezidiert auf Platon zurückführen und für die eigene Hairesis reklamieren. Das Telos der homoiôsis theôi wird an mehreren Stellen in Platons Œuvre mehr oder weniger explizit, fast immer von Sokrates oder anderen normativen Figuren in den Dialogen formuliert. Die wichtigsten einschlägigen Stellen sind bekannt: Tht. 176 a 8–b 2 (dio; kai; peira'sqai crh; ejnqevnde ejkei'se feuvgein o{ti tavcista. fugh; de; oJmoivwsi~ qew/' kata; to; dunatovn),3 Resp. X 613 a 7–b 1 (ouj ga;r dh; uJpov ge qew'n pote ajmelei'tai o}~ a]n proqumei'sqai ejqevlh/ divkaio~ givgnesqai kai; ejpithdeuvwn ajreth;n eij~ o{son dunato;n ajnqrwvpw/ oJmoiou'sqai qew/),4 Tim. 90 d 1–7 ([sc. e{kaston dei'] tw/' katanooumevnw/ to; katanoou'n ejxomoiw'sai kata; th;n ajrcaivan fuvsin, oJmoiwvsanta de; tevlo~ e[cein tou' proteqevnto~ ajnqrwvpoi~ uJpo; qew'n ajrivstou bivou prov~ te to;n parovnta kai; to;n e[peita crovnon)5 und Leg. IV 716 a-d. Die homoiôsis theôi hat bei Platon wohl nicht den Rang einer expliziten Doktrin, vielmehr handelt es sich um ein grundsätzliches Konzept, das entsprechend dem jeweiligen Dialogkontext einmal mehr ethische, ein andermal mehr metaphysisch-theologische Relevanz hat. Übereinstimmend mit John Dillon konstatierten auch David Sedley, Julia Annas, Daniel C. Russell und Dirk Baltzly6 für Platon eine Spannung zwischen dem ethi1 2 3 4 5

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Immer noch einschlägig und nützlich ist Döring (1893). Merki (1952) 2. 15; Erler (2002b) 159–181; zur Vorgeschichte Roloff (1970) v. a. 198–206. „Deshalb muss man auch versuchen, möglichst schnell von hier nach dorthin zu fliehen. Flucht aber bedeutet Angleichung an Gott so weit als möglich.“ „Denn niemals wird doch der von den Göttern vernachlässigt, der sich anstrengen will, gerecht zu werden und sich in Übung der Tugend Gott angleichen will – soweit das einem Menschen möglich ist.“ „Jeder muss das Denkende dem Gedachten ähnlich machen entsprechend der ursprünglichen Natur, muss dabei das Ziel des besten Lebens haben, das den Menschen von den Göttern als bestes in Aussicht gestellt ist, und zwar sowohl für die gegenwärtige Zeit als auch für die danach.“ Dillon (1996); Sedley (1999); ders. (1997); Annas (1999) v. a. 52–71; Russell (2004) 245 (bezieht den Philebos zur Linderung der spirituellen Spannung mit ein); Baltzly (2004) 298 f.

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schen Ideal der moralischen Gutheit (Arete) und einem spirituellen Ideal der Distanzierung von der Welt (Flucht). Diese Spannung fällt allem Anschein nach bei den kaiserzeitlichen Platonikern bis weit ins 3. Jh. n. Chr. kaum ins Gewicht, da der vor allem im Theaitet formulierte Fluchtgedanke stets von Ausführungen zur Arete und ihren Manifestationsformen überlagert wird:7 So dominiert etwa in der von Stobaios (II 7,3 f., 49,8–50,10 W.) benutzten, in der älteren Forschung dem frühen Mittelplatoniker Eudoros zugeschriebenen Doxographie A8 zum Telos sowie im methodisch eng verwandten Didaskalikos des Alkinoos zunächst die Frage, welchem Gott man sich laut Platon angleichen solle und in welchem Verhältnis dieser Gott zur Tugend denn stehe. Der von Platon im Theaitet formulierte, im Kontext der oJmoivwsi~ qew/' stehende Fluchtgedanke spielt hier keine Rolle: Die fughv wird in der Doxographie A nicht einmal erwähnt, bei Alkinoos nur im Theaitet-Passus mitzitiert, aber nicht erläutert (Intr. 28, 181 H, 56–57 W.-L.). Dieselbe Akzentuierung allein auf Tugend finden wir im Kontext von oJmoivwsi~ qew/-' Darstellungen bei Apuleius (Pl. II 23), in popularphilosophischer Form bereits bei Plutarch (De sera nu­ minis vindicta 5, 550 C-E)9 sowie bei Maximos von Tyros (orr. 13 und v. a. 26) – nirgends ein Wort von Flucht. Mit Albinos’ Prologos (Intr. 5, 149,21–150,12 H. = 314 ff. Reis) sowie in der Expositio Theons von Smyrna (Exp. 14,18–16,2 Hiller) schieben sich dann wohl seit dem 2. Jh. n. Chr. zunehmend Fragen der Praktikabilität des homoiôsis theôi-Konzeptes in den Vordergrund.10 Im Rahmen eines didaktisch strukturierten Cursus für philosophische Adepten wird ein klarer anagogischer Duktus sichtbar, dessen Ziel die homoiôsis theôi darstellt. Bislang dominieren die Erfordernisse des kaiserzeitlichen sog. ‚Schulplatonismus‘: Es geht darum, die philosophischen Lehren Platons, die im Rekurs auf seine Schriften gewonnen werden, in lehr- und lernbarer Form zu präsentieren. In diesem Kontext gerinnt auch die Platonische homoiôsis theôi zur griffigen Handbuchformel, fast immer verkürzt auf Gottesfrage und Tugendaspekt. Nur am Rande sei hier auf die nicht wenigen mittelplatonischen doxographischen Peri; tevlou~-Schriften verwiesen, die uns zumeist nur dem Titel nach bekannt sind (Plutarch; Galen; Longin).11 Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die mittelplatonischen Philosophen Platons homoiôsis theôi von konkurrierenden hellenistischen Telos-Konzeptionen abgrenzen und ausdifferenzieren mussten, und das war vor allem aufgrund der klaren Konzentration von Stoa und Kepos auf eine praktikable Ethik in Fragen der Tugend(-lehre) besonders notwendig.12

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Z. B. so auch in Plat., Phd. 67 c 6–d 2 (Katharsis als cwrivzein der Seele vom Körper); ebd. 80 e 2 ff. So mit Göransson (1995) 186–196. Fundiert dazu Helmig (2005). In einem Cursus mit dem Endziel der homoiôsis theôi sind jeweils fünf Stufen erkennbar; dabei liegt das Hauptgewicht auf der kathartischen Funktion der Tugenden und der Mathemata. Z. B. von Plutarch (Lamprias-Katalog Nr. 221) oder Longin. Dazu Dörrie/Baltes (1993) 88–91. 329 f.; zu Plutarch siehe Becchi (1996); zum erhaltenen umfangreichen Prooimion von Longins Peri; tevlou~-Schrift siehe Männlein-Robert (2001) 167–232. Tarrant (2007).

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Ziemlich genau mit Plotin ist ein erster Wendepunkt zu konstatieren:13 Nach einer Phase der dogmatischen Abgrenzung von anderen Haireseis verschiebt sich seit etwa Mitte des 3. Jh.s n. Chr. das platonische Fragen- und Interessenspektrum hinsichtlich der homoiôsis theôi. Neuplatonischen Philosophen wie z. B. Plotin, Porphyrios, Iamblich, Proklos und Marinos geht es nicht mehr um eine didaktisch griffige Kurzpräsentation dieses geläufigen platonischen Telos, vielmehr finden wir jetzt unterschiedliche, sehr differenzierte Interpretationen der platonischen Angleichung an Gott in ihren Reihen: So bedingen etwa divergierende Seelenlehren oder metaphysisch-theologische Überzeugungen sowie die unterschiedliche Wertschätzung theurgischer Praktiken durchaus neue, transformierte Konzepte der homoiôsis theôi – auch wenn nach wie vor die Frage nach ihrer Praktikabilität und Umsetzbarkeit eine wichtige Rolle spielt.14 Im Folgenden interessieren aus dem gesamten homoiôsis theôi-Komplex vor allem zwei grundsätzliche Fragen: Wer kann den kaiserzeitlich-spätantiken Platonikern zufolge die homoiôsis theôi nach Platon überhaupt leisten und wie kann er sie leisten? Hinsichtlich der Frage, wem überhaupt eine ‚Angleichung an Gott‘ gelingen kann, zeichnen sich nach einer Lektüre der einschlägigen Texte folgende Möglichkeiten ab: Wir sehen einen Rückgriff auf die mythische Figur des Odysseus als zeitloses Paradeigma etwa bei Maximos von Tyros (or. 26), wo Odysseus als Verkörperung innerweltlicher platonischer Arete dient, aber auch bei Plotin (I 6), der Odysseus als ‚anthropologische‘ Chiffre einsetzt. Weiterhin finden wir den Rückgriff auf eine nicht historisch-individualisierte, vielmehr zeitlose philosophische Ideal- und Modellfigur, die z. B. Plotin wiederholt als ‚Spoudaios‘ (als ‚platonischen Weisen‘) beschreibt (z. B. I 4).15 Bislang nicht erfolgt, m. E. aber vielversprechend wäre ein umfassender Abgleich spätantik-platonischer homoiôsis theôi-Interpretationen mit dem zeitgenössisch spätantiken Diskurs um ‚göttliche Männer‘ (qei'oi a[ndre~) und Heilige.16 Mit Blick auf diesen Kontext ist zum einen der Rückgriff auf große Philosophen aus alter Zeit, auf die Gründerväter des Platonismus, Pythagoras und Platon, festzustellen, die schon fast mythische Qualität haben. Anhand der Lebensbeschreibung dieser ‚göttlichen Männer‘ wird die Verankerung der Philosophie im Leben sowie zugleich das platonische Telos der homoiôsis theôi beispielhaft vorgeführt (z. B. Apuleius, De Platone; Porphyrios, Vita des Pythago­ 13

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Die Bedeutung Plotins für die platonische Ethik lässt sich ermessen z. B. an der aufwendigen Widerlegung seines zeitgenössischen Complatonicus Longin mit dem Titel Peri; tevlou~, gerichtet gegen Plotin und dessen Adepten Amelios, datiert etwa 265–268 n. Chr. Longin hat aller Wahrscheinlichkeit nach bereits Kenntnis von Plot. I 2, I 6 und eventuell auch von I 4. Sein enormer Aufwand einer Widerlegung Plotins und Amelios’ wird am erhaltenen dihairetisch und aufwendig konzipierten Prooimion seiner Schrift sichtbar, dazu Männlein-Robert (2001) 197– 218. Dazu van den Berg (2003). Siehe dazu Schniewind (2003). Nach wie vor einschlägig ist Bieler (1967); vgl. auch du Toit (1997) und van Uytfanghe (1988) und ders. (2001). Zu Recht mahnt Lavecchia (2006) 293 und 418 Anm. 6 das Fehlen einer solchen einschlägigen Untersuchung an – ich hoffe, in absehbarer Zeit eine solche vorlegen zu können.

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ras; Iamblich, Vita Pythagorica). Zum anderen finden wir aber auch zeitgenössische Philosophen, die von ihren Schülern postum als nachahmungswürdige Beispiele gelingender homoiôsis theôi, als qei'oi a[ndre~ im platonischen Sinne, in literarisch-philosophisch stilisierten Biographien (oder besser: Hagiographien) verewigt werden (erhalten sind z. B. die Vita Plotini des Porphyrios, Eunapios’ Vitae sophistarum et philosophorum, die Vita Procli des Marinos sowie die Vita Isidori des Damaskios).17 Exemplarisch soll im Folgenden die Lebensbeschreibung Plotins‚ die sein Schüler Porphyrios verfasst hat, herausgegriffen (II.) und mit Blick auf die Umsetzung der homoiôsis theôi-Interpretation durch Plotin selbst untersucht werden (I.). I. Worin besteht nun Plotin zufolge die ‚Angleichung an Gott‘?18 Dabei soll weniger seine Tugendlehre akzentuiert, als vielmehr der m. E. besonders relevante Aspekt der Flucht,19 der den der ‚Ekstase‘ integriert, in den Mittelpunkt gestellt werden, da er für Plotins homoiôsis theôi in theoretischer wie praktischer Hinsicht eine konstituierende Rolle spielt. Bereits in seiner ersten Schrift (I 6: Über das Schöne) kommt Plotin gegen Ende seiner Darlegung einige Male auf die homoiôsis theôi zu sprechen: Die zunächst durch die bürgerlichen (kleineren), dann vor allem durch die – hier nur kurz genannten – sog. kathartischen (größeren) Tugenden20 gereinigte Seele soll sich an den Gott, den transzendenten Nous, angleichen: „Und deshalb sagt man auch ganz richtig, dass gut und schön werden für die Seele ‚dem Gott gleich werden‘ ist, da von dort [ejkei'qen, sc. vom Nous] das Schöne herrührt“ (I 6,6).21 Nötig ist daher (ebd. 8) die Abwendung des Menschen vom sinnlich Schönen und die Hinwendung zur Schönheit des Nous, also nach innen.22 „So lasst uns in die geliebte Heimat fliehen“ (feuvgwmen dh; fivlhn ej~ patrivda, ebd. 8): Mit dieser zitathaften Anspielung auf einen formelhaften Vers aus Homers Ilias23 illustriert Plotin poetisch die soeben geschilderte Wendung, Flucht nach innen. Anhand der homerischen Schlüsselfigur Odysseus entschlüsselt er, was das eigentlich für eine ‚Flucht‘ ist, wohin und wie sie gehen soll. Trotz aller sinnlichen Attraktivität etwa einer Kirke oder Kalypso wendet Odysseus sich von diesen ab, macht sich auf den Heimweg nach Ithaka, von wo er aufgebrochen ist (in seine patriv~). ‚Flucht‘ fungiert bei Plotin als homerisch-platonische Chiffre für die Heimreise der Seele zum Nous, für die mystische Wendung nach innen (ebd. 9). Sicherlich intendiert sind die etablierten Assoziationen mit der Figur des Odysseus, der schier unendliche Mühen 17 18

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Die Vita Alypii des Iamblich ist leider nicht erhalten (vgl. Eunap. vit. soph. V, 3, 5). Ethik, Metaphysik und Theologie sind bei Plotin eigentlich nicht voneinander zu trennen (Werkeinteilung und Zuschreibung der Schriften I 6, I 2 und I 4 zu den ‚vorwiegend ethischen‘ Schriften ist dem Systematisierungswillen des Editors Porphyrios entsprungen, siehe ders. Plot. 24). Gritti (2006). Vgl. Plat., Phd. 69 a-e. Siehe auch ebd. 9 (genevsqw dh; prw'ton qeoeidh;~ pa'~ kai; kalo;~ pa'~, eij mevllei qeavsasqai qeovn te kai; kalovn): Hier wird eine oJmoivwsi~ nw/' als Bedingung für die Schau Gottes erkennbar. Vgl. Porph., Marc. 10–20 (der Nous als Tempel des Gottes, der bereitet werden soll). Il. II 140 und IX 27: feuvgwmen su;n nhusi; fivlhn ej~ patrivda gai'an (verba Agamemnonis).

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ertragen, erhebliche Hindernisse überwinden und außerordentliche Anstrengungen meistern muss, bis er allein, als Einzelner, sein Ziel erreicht. Wie bereits Platon im Phaidon und im Theaitet, beschreibt auch Plotin mit ‚Flucht‘ die Ablehnung herkömmlicher Ziele und Wünsche wie die Inakzeptanz des momentanen Aufenthaltsortes und der aktuellen Lebensform und formuliert so die dringende Bemühung, zum Ursprung zurückzukehren. Plotins nicht nur in diesem Essay, sondern auch in anderen Schriften so häufiger Rekurs auf die ‚Flucht‘ der Seele nachhause spiegelt eine dynamische, ganzheitliche und ständige Neuausrichtung in eine bestimmte Richtung wider (nach innen bzw. oben). Durch die Kombination des platonischen Flucht-Motivs aus Phaidon und v. a. Theaitet mit der Homerallegorese24 wird Plotins ‚Fluchtplan‘ freilich ausgesprochen konkret und plastisch (bei Platon wird nur der Weg von ‚hier nach dort‘ angedeutet). Die mühevolle, langwierige Katharsis der Seele (erreicht v. a. durch die kathartischen Tugenden) vollzieht sich auf dem von Plotin so klar vorgezeichneten Fluchtweg in Richtung auf Gott hin, so dass sich eine klare Dominanz des Fluchtaspektes für seine homoiôsis theôi-Interpretation bereits in seiner frühesten Schrift nicht verkennen lässt. Die intensivste Auseinandersetzung Plotins mit der Platonischen homoiôsis theôi ist seine Enneade I 2 (Peri; ajretw'n), eine Art Kommentar zu Platons Theaitet 176 b.25 Zu Beginn setzt sich Plotin kritisch mit anderen, offenbar kursierenden Forschungsmeinungen auseinander:26 So lehnt er die Auffassung ab, nach welcher der Gott, an den man sich angleichen solle, die ‚Weltseele‘ sei. Die Diskussion unter den Mittelplatonikern über die Frage, ob der Gott ejpouravnio~ (also: die Weltseele) sei oder ob es sich um einen transzendenten Gott (uJperouravnio~ qeov~) handle, wird uns aus Texten wie etwa der Doxographie A aus Stobaios II 7 (s. o.) sowie aus Alkinoos’ Didas­ kalikos (28, s. o.) oder Apuleius (s. o.) kenntlich.27 Für Plotin ist der Gott, an den man sich angleichen soll, hier der transzendente Nous (der, sich selbst transzendierend, sich mit dem absolut Transzendenten, dem Hen, vereint). Im Folgenden erörtert er erneut den Fluchtgedanken, anders als in I 6 jedoch sehr systematisch-philosophisch und nicht in poetischen Bildern. Aufschlussreich ist hier (I 2,3–5) seine Umdeutung der Wendung aus dem Theaitet (176 b) und Modellierung nach dem Phaidon (65 c 7–10; 80 e 2 ff.), wenn er die homoiôsis theôi als ‚Trennung der Seele vom Körper soweit als möglich‘ fasst (to; cwrivzein ajpo; swvmato~ ejpi; povson dunatovn, ebd. 5).28 Sodann erläutert Plotin (ebd. 6) das Verhältnis der vier bürgerlichen (kleineren) Tugenden (Resp. IV 430 c) zu den gleichnamigen, bereits in I 6 24 25 26 27 28

Vgl. Plot. I 6,8 zum o. g. Passus: aijnittovmeno~ dokei' moi. Entsprechend der konventionellen mittelplatonischen Kommentierungspraxis zieht auch Plotin Textstellen aus dem ganzen Œuvre Platons, hier etwa aus Phaidon und Staat, als unterstützende Belege heran. Grundlegend ist der Kommentar von Catapano (2006). Die Schrift I 2 dürfte für Anfänger und Einsteiger, das ethische Thema als entsprechende Grundlegung konzipiert sein; vgl. dagegen Harder (1956) 559, der sie eher als esoterische Schrift für einen engeren Schülerkreis ansieht. Dazu Dillon (1996) 317. Die homoiôsis theôi liegt, wie er ausführt (ebd. 3,19 ff.) im noei'n und im ajpaqhv~-Sein, dazu auch Merki (1952) 19. Am Rande sei erwähnt, dass Plotin sich zwar intensiv mit der Flucht ‚von hier nach dort‘ beschäftigt, dass er Selbstmord jedoch aufgrund der seelischen Ungeordnetheit dabei ablehnt (z. B. Enn. I 9).

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erwähnten ‚größeren/höheren‘, kathartischen Tugenden bildhaft durch das analoge Verhältnis von materiellem und gedachtem Haus (vgl. I 6,3). Die aufsteigende Differenzierung in bürgerliche und kathartische Tugenden ist die erste Reihe von Tugendgraden, die dann v. a. seit Porphyrios (Sent. 32 L.), Iamblich und den späten Neuplatonikern immer weiter verfeinert werden.29 Es sind nach Plotin diese kathartischen Tugenden, die uns prinzipiell befähigen, die Seele vom Körper zu trennen. Der Bios des entsprechend gereinigten ‚Weisen‘ (des spoudai'o~) wird durch das Bestreben, nicht nur ohne Fehler, sondern ‚ein Gott zu sein‘ charakterisiert (Plot. I 2,6 f.). Durch die folgende Beschreibung des ‚fehlerhaften‘ Menschen, der in Anlehnung an den Phaidros (246 e 5 f.) als ‚Gott und Daimon‘, also in Begleitung eines Zwischenwesens lebt, wird der ‚Gott‘ als Chiffre für den transzendenten Nous kenntlich.30 Der ‚Spoudaios‘ soll sich also allein dem göttlichen Nous gleich machen durch Theoria (Schau) der im Nous begründeten höheren Tugenden, im Sinne der Schau von Paradeigmata. Auch wenn er gelegentlich, wenn es die Umstände erfordern, entsprechend den bürgerlichen (niederen) Tugenden handelt, ‚sondert er sich ganz und gar soweit als möglich‘ (o{lw~ kata; to; dunato;n cwrivzwn) vom Leben nach der bürgerlichen Tugend ab, wählt vielmehr das Leben der Götter: Ihnen, nicht guten Menschen, will er gleich werden (eJlovmeno~ to;n [bivon] tw'n qew'n: pro;~ ga;r touvtou~, ouj pro;~ ajnqrwvpou~ ajgaqou;~ hJ oJmoivwsi~, I 2,7).31 Konstatierten Dillon, Annas, Russell und Baltzly (s. o.) bereits mit Blick auf Platons homoiôsis theôi eine Spannung zwischen ethischem und spirituellem Ideal, lässt sich nun bei Plotin eine sehr deutliche Verschiebung in Richtung des spirituellen Ideals beobachten. Richard Harder sprach sogar von einem „Frontwechsel in der Ethik“,32 da die Tugenden bei Plotin nur noch auf ihren Träger, nicht mehr aber auf die Mitmenschen bezogen seien. Ähnlich schreibt John Dillon Plotins Ethik allein für den spätantiken weltentsagenden Weisen Relevanz zu,33 während Werner 29

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Eine solche Differenzierung findet sich so bei Platon nicht, obwohl sich auch im Phaidon Distinktionen finden, dazu Dillon (1996) 322. Siehe z. B. Porph., Sent. 32, der eine vierfache Differenzierung vornimmt: 1) bürgerliche/politische Tugenden, 2) kathartische Tugenden, 3) theoretische Tugenden (Sent. 32, 27,2–28,5), 4) paradigmatische Tugenden (Sent. 32, 28,6–29,7); Baltzly (2006) und ders. (2004) 303 f. betont die Multiplikation der Tugenden/Tugendgrade hier; siehe auch Iamblich, Peri; ajretw'n (verloren, siehe aber Fragmente bei Damaskios, In Phd. 1,138–151): Iamblich stellt über die Reihe des Porphyrios noch weitere Tugenden: 1) natürliche, 2) ethische, 3) politische, 4) kathartische, 5) theoretische, 6) paradigmatische, 7) hieratische, dazu O’Meara (2003) 44 ff. Zur Beurteilung theurgischer Praktiken vgl. Iambl., Myst. I 12 (sie ermöglichen eine Vereinigung der Seele mit dem Göttlichen) und dagegen Porph., De regr. fr. 2 Bidez. Zur Rolle und Bedeutung der weiteren Ausdifferenzierung der Tugendgrade bei Marinus und Damaskios siehe Schissel von Fleschenberg (1928); Blumenthal (1984); O’Meara (2006). Er ist ja ein Gott von denen, die dem Ersten nachfolgen, siehe ebd. und Plat., Phdr. 246 e 4 ff. In diesen Kontext fügt sich stimmig Plotins Bemerkung aus Enn. I 4 (Peri; eujdaimoniva~, c. 16), wonach Eudaimonia in einem gewöhnlichen diesseitigen Leben nicht möglich sei. Harder (1956) 560. Dillon (1996) 318: Plotin bietet keine praktische Ethik, die einen gemeinen Mann führen und anleiten könnte, sondern Ethik für den spätantiken Weisen; ganz ähnlich Annas (1999) 70; Baltzly (2004) 302 f. akzentuiert das Potential der extrem metaphysischen Ethik Plotins, den platonischen Philosophen von jeglichen menschlichen Kontexten zu distanzieren.

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Beierwaltes34 den gegen Plotin erhobenen Vorwurf der ‚Weltlosigkeit‘ durch den Hinweis auf die unaufhebbare gegenseitige Durchdringung ethischer und metaphysischer Grundsätze Plotins eindrucksvoll zu widerlegen sucht. Die faktische Aussparung jeglicher praktischer Details im Kontext seiner Ausführungen über die bürgerlichen und praktischen Tugenden hat v. a. Andrew Smith35 plausibel erklärt: Demnach reguliert die ständige Bezogenheit der Seele auf den Nous gleichzeitig das praktische Leben der eingekörperten Seele mit, d. h. in die Übung kathartischer Tugenden sind die bürgerlichen Tugenden bereits selbstverständlich impliziert (Plot. I 2,7).36 Auch wenn die bislang konstatierte Spannung zwischen praktischer und spiritueller Ethik dadurch gemildert wird und das immer gefühlte Manko eines greifbaren Praxisbezugs Plotins hier erklärt werden kann, bleibt es doch bestehen.37 Eine gewisse Exklusivität des plotinischen homoiôsis theôi-Modells kann nicht verleugnet werden (vgl. Plot. VI 9,11,45–51: das Telos als ‚Flucht des Einsamen zum Einsamen‘ (fugh; movnou pro;~ movnon); seine Anspielung auf Odysseus, der, in einer Gruppe aufgebrochen, als Einziger heimkehrt).38 Und eben diese unbestreitbare Schräglage einer extrem intellektualisierten und individualisierten Ethik wird, so meine These, ‚aufgefangen‘ oder kompensiert von Porphyrios, der in seiner Programmschrift Vita Plotini seinen Lehrer zum vorbildlichen Philosophen platonischer Prägung erhebt, und das nicht zuletzt in ethischer Hinsicht. II. Und damit komme ich zum zweiten Abschnitt: Werfen wir einen Blick auf die sog. Vita Plotini (Peri; tou' Plwtivnou bivou kai; th'~ tavxew~ tw'n biblivwn aujtou' – ‚Über das Leben Plotins und die Ordnung seiner Schriften‘), mit der Porphyrios seine Ausgabe sämtlicher Schriften Plotins einleitet. Wie seiner artifiziell systematisierten Gruppierung der Plotinschriften nach Enneaden, so verleiht Porphyrios auch der seiner Edition vorangestellten Vita Plotini eine ethisch-metaphysisch-religiöse Sinnstruktur. Er setzt den platonischen Philosophen Plotin dabei als qei'o~ ajnhvr in Szene und wendet entsprechende hagiographische Typoi und Topoi auf ihn an – mitunter auch in plakativem Kontrast zur Konvention. Ich skizziere:39 Auch Plotin ist, wie andere qei'oi a[ndre~, als philosophischer Lehrer tätig, nachdem er sich als Schüler einem ganz besonderen Philosophen verschrieben hat. Er pflegt eine aufopferungsvoll-asketische Lebensweise, körperliche Gebrechen werden märtyrergleich ertragen. Er gebietet über außergewöhnliche psychische wie intel34 35 36

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Beierwaltes (2002). Smith (1999). Jetzt nachdrücklich vertreten bei Song (2009) 26. 30 f. Euree Song versucht zu zeigen, dass nach Plotin die bürgerlichen Tugenden nicht als Vorstufen der Tugend aufzufassen seien, sondern als erste Stufe der Angleichung an Gott soziale und politische Dimensionen miteinschließen. Sie vertritt die These, dass Plotins Ethik der Selbstvervollkommnung durch Selbstvergöttlichung neben der Selbstsorge auch die Sorge um andere einfasst, verweist zum Beleg jedoch wiederholt auf die Vita Plotini des Porphyrios, ohne zu berücksichtigen, dass dieser Text dessen eigener Autorintention geschuldet ist. Das ging schon den damaligen Zeitgenossen Plotins so, vgl. die Kritik Longins an der Ethik Plotins, Männlein-Robert (2001) z. B. 206. In Enn. I 4,16 verweist Plotin selbst die Eudaimonia in den Bereich des Transzendenten. Ausführlicher in Männlein-Robert (o. J.).

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lektuelle Energie und Dynamik. Seine Arete ist vorzüglich. Er hat übersinnliche Fähigkeiten, die er jedoch nicht planvoll einsetzt (dagegen beweisen bekanntlich nachplotinische qei'oi a[ndre~ wie z. B. Iamblich und Proklos durchaus theurgische Begabung). Plotin nimmt Sterben und Tod als Befreiung der Seele vom quälenden Körper ohne jeden Widerstand gelassen an. Nicht seine Geburt, wohl aber sein Tod gerät durch ein Orakel in den Fokus, und dieses Orakel dokumentiert als göttliche Instanz, gleichsam aus göttlichem Mund, den göttlichen Status dieses Philosophen. Porphyrios illustriert dabei stets anhand der Person Plotins das spezifische Verhältnis eines Platonikers zum Göttlichen. Die soeben skizzierte Typologie eines ‚holy man‘ verzahnt Porphyrios eng mit biographischen Informationen über Plotin, mit der Genese seiner Schriften, aber auch eigenen autobiographischen Bemerkungen, mit denen er sich somit dauerhaft als bedeutender Schüler ins ‚Leben‘ seines philosophischen Lehrers einschreibt.40 Aus einer Fülle von Bildern, Szenen und Impressionen der Vita Plotini greife ich jetzt einige, mit Blick auf Plotins Ethik besonders relevante heraus, die in engstem Zusammenhang mit seiner homoiôsis theôi-Lehre zu sehen sind und im Übrigen auch seine literarische Stilisierung als qei'o~ ajnhvr wesentlich mitbedingen. Plotin wird beschrieben als ruhiger, geduldiger und liebenswürdiger Mensch,41 dessen Eigenschaften eng mit denen des Plotin’schen Spoudaios konvergieren (z. B. Enn. I 4,12: i{lew~, h{suco~, diavqesi~ ajgaphthv, hJduv). Außerdem wird er – modern gesprochen – als sehr sozial dargestellt: So nimmt er in seine Schule im Haus der Gönnerin Gemina (eigentlich eher eine Lebens- und Philosophiergemeinschaft) z. B. zahlreiche Waisenkinder auf, die er großzieht und deren Vermögen er verwaltet (Plot. 9). Unter seinen zahlreichen Schülern sind viele politisch Aktive, z. B. Senatoren.42 Und trotz dieses ‚Lebens‘ täglich um ihn herum versteht es Plotin, so Porphyrios nachdrücklich, sich gleichzeitig auf Intellekt und Intellektuelles zu konzentrieren sowie sich Personen, Gesprächen und Dingen um ihn herum zu widmen (z. B. Plot. 8,19 ff.: sunh'n ou\n kai; eJautw/' a{ma kai; toi'~ a[lloi~ […] th;n pro;~ eJauto;n prosoch;n oujk a[n pote ejcavlasen […] ejpistrofh; pro;~ to;n nou'n). Hier wird die eigenwillige Ianusköpfigkeit der Plotin’schen Ethik konkret geschildert. In diesem Kontext sei an die programmatischen Ultima Verba Plotins erinnert, die er dem Arzt Eustochios mitgeteilt haben soll (ebd. 2). Ungeachtet der Diskussion um die Lesart uJmi'n oder hJmi'n43 geht es in jedem Fall darum, wie es heißt, ‚das Göttliche im Menschen zum Göttlichen im All hinaufzuheben‘ (ebd.: to;n ejn uJmi'n/hJmi'n qeo;n ajnavgein pro;~ to; ejn tw/' panti; qei'on). Hier klingt Plotins eigenwillige (z. B. von Iamblich und Proklos kritisierte) Lehre an, nach der die in den Körper abgestiegene menschliche Seele zu ihrem oben im Nous verbliebenen Teil zurückstrebt.44 Das 40 41 42 43 44

Männlein-Robert (2002). Porph., Plot. 9. 13. 23. Dazu auch Smith (1999) 228. Allerdings bringt Plotin Zethos und v. a. Rogatianus davon ab, weiterhin Politik zu machen, Porph., Plot. 7. Zur Diskussion stehen – vereinfacht – a) mit uJmi'n ein Imperativ an Eustochios und die anderen Schüler oder b) mit hJmi'n eine Selbstaussage Plotins im Akt des Sterbens. Ausführlich zur Diskussion D’Ancona Costa (2002). Siehe z. B. auch Plot. IV 8,8,2 ff.: ouj pa'sa oujd∆ hJ hJmetevra yuch; e[du, ajll∆ e[sti ti aujth'~ ejn tw/'

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Streben der abgestiegenen, eingekörperten Seele nach oben entspricht der Fluchtbewegung, wie sie uns aus dem homoiôsis theôi-Konzept Plotins bereits bekannt ist. Porphyrios zeigt hier also, wie der seit langem schwer kranke Plotin diese letzte Rückführung seiner Seele zum Göttlichen, die Trennung der Seele vom Körper und somit die lebenslang intendierte Angleichung an Gott, im Akt des Sterbens selbst vollzieht.45 Sehen wir uns jetzt Plotins Verhältnis zur Götterwelt an: Die ungewöhnliche, göttliche Art Plotins führt uns Porphyrios (Plot. 10) anhand einer Episode vor Augen, in der ein gewisser Olympios aus Ägypten, wie Plotin ein Schüler des Ammonios, magisch-theurgische Angriffe gegen seinen Kommilitonen unternimmt (ajstrobolh'sai, mageuvsa~). Plotin lenkt diese jedoch kraft der Dynamis seiner Seele auf den Urheber zurück. Als Grund für diese Fähigkeit verweist Porphyrios auf die ‚geburtsbedingte‘ Außergewöhnlichkeit Plotins (ebd.: kata; gevnesin plevon ti e[cwn para; tou;~ a[llou~). Diese erläutert er sogleich in der folgenden Szene (ebd.), in der ein ägyptischer Priester Plotins eigenen Daimon im Isis-Tempel in Rom beschwört. Erschienen sei damals nicht ein gewöhnlicher, sondern ein ungleich göttlicherer Daimon. Der spontane Makarismos Plotins durch diesen Priester erweist einmal mehr seine göttliche Art. Wie Porphyrios weiter betont, habe Plotin sein göttliches Auge fortwährend auf diesen Daimon gerichtet und ständigen Kontakt mit seinem persönlichen inneren Gott gepflegt. Der Vorfall sei Plotin Anlass zur Schrift Peri; tou' eijlhcovto~ hJma'~ daivmono~ (‚Über den Daimon, der uns erloste‘, Enn. III 4) gewesen. Nicht ganz, aber besser erklärt sich so Plotins radikale Ablehnung jeglicher Opfer und ritueller Tempelbesuche, die offenbar Amelios und Porphyrios einigermaßen irritierte (Plot. 10: ejkeivnou~ dei' pro;~ ejme; e[rcesqai, oujk ejme; pro;~ ejkeivnou~ –‚ die Götter sollen zu mir kommen, nicht ich zu ihnen‘). Insgesamt fügen sich alle Episoden aus diesem Kapitel zu einer stimmigen Illustration von Plotins Verständnis einer rein innerlichen Annäherung an den transzendenten Gott zusammen. Geradezu als Kommentar dazu liest sich ein Passus aus der in etwa gleichzeitig wie die Vita Plotini verfassten Schrift De abstinentia (II 45,2–4). Dort beschreibt Porphyrios die innerliche und äußerliche Hagneia (Heiligkeit) von qei'oi a[ndre~, welche Schutz gegen ‚Zauberer‘ (goaiv) bietet, die schlechte Daimonen aufrufen. Eine derartige Heiligkeit muss, Porphyrios zufolge, als Signum eines göttlichen Mannes gelten, der sich den richtigen Gedanken über das Göttliche angeglichen hat (ebd.: oJmoioumevnou tai'~ peri; tou' qeivou ojrqai'~ dianoivai~), der sich durch geistige Opfer (noera/' qusiva)/ geheiligt hat, und der mit reiner, leidenschaftsloser Seele und Leichtigkeit des Körpers dem Gott entgegengeht. Sowohl in der Vita Plotini als auch in De abstinentia spiegelt sich eine zeitgenössische Diskussion zwischen Porphyrios und seinem Complatonicus Iamblich von Chalkis über die Bewertung theurgischer Praktiken wider (De mysteriis). Der 45

nohtw/' ajeiv, ausführlich D’Ancona Costa (2002). Der körperlich zwar kranke, seelisch jedoch auf dem Heimweg befindliche Philosoph Plotin braucht den Arzt Eustochios (der sowieso erst spät kommt) nicht zur Heilung. Plotins negatives Verhältnis zum Körper ist Thema der bildhaften Eingangsepisode der Vita Plotini. Er braucht ihn allein zur Übergabe seines in die Ultima Verba gefassten programmatischen Vermächtnisses, so Männlein-Robert (o. J.).

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Philosoph Plotin repräsentiert bei Porphyrios programmatisch einen Platonismus ohne Theurgie (ohne ‚Zauberei‘), in dessen Rahmen sich die menschliche Seele selbst dem Göttlichen angleichen und annähern muss. Iamblich dagegen favorisiert eine Vereinigung der Seele mit dem Göttlichen durch theurgisch-magische Rituale (Myst. 184,2–14; I 12): Theurgisch-rituelle Handlungen sind dabei zu verstehen als Abbildungen göttlicher Ordnung und göttlichen Tuns, d. h. als Werke eines Gottes, die aber durch einen Menschen ausgeführt werden. Nur sehr wenige, in Körper herabgestiegene Seelen sind dazu befähigt, so Reinigung und Rettung, swthriva der Seele vom Körper zu bewirken. Theurgie verstanden als Soteriologie ist nun, Iamblich zufolge, die konkrete Ausformung des platonischen Telos der Angleichung an Gott.46 Diese kann nur durch göttliches Entgegenkommen und nicht mehr, wie bei Plotin, durch diskursives Denken und Wendung nach innen, durch lebenslang mühevolle Angleichung an Gott erlangt werden.47 Diese Angleichung an Gott, die der göttliche Plotin Porpyhrios zufolge zu leisten vermag, dokumentiert sich am eindringlichsten im Apollon-Orakel der Vita Plo­ tini, das auf Anfrage des Amelios über den Verbleib der Seele des verstorbenen Plotin Kunde gibt (Plot. 22). In dem poetischen Text, den Porphyrios bietet, wird die Daimonisierung der Seele Plotins nach ihrer Trennung vom Körper in zahlreichen poetischen und philosophischen Bildern geschildert.48 In unserem Kontext interessiert im Folgenden vor allem die ausführliche Poetisierung der Ekstasen Plotins: Diese ließen ihn bereits damals, zu Lebzeiten ‚oft‘ (pollavki(~)), wie es zweimal im Orakel heißt (ebd. Vers 34 f.), in die Sphäre des Göttlichen ‚emporschnellen‘. Der Vorgang der Ekstasis wird somit als plötzliche, dynamische Bewegung der Separierung vom bisherigen Ort erkennbar (skaivrein ebd. Vers 31). Das lässt sich leicht zur Flucht in Bezug setzen, die Plotin in seinen Ausführungen zur ‚Angleichung an Gott‘ beschrieben hatte. Es handelt sich demnach bei den Ekstasen Plotins um Kontakte seiner Seele mit dem Göttlichen, bei denen ihm das Ziel (skopov~) seiner intensiven intellektuellen Bemühungen aufschien. Die als häufig betonten Ekstasen dürfen, so hier die These, als kurzzeitige Fluchten von ‚hier nach dort‘ gelten.49 Das ist natürlich nicht jedem beliebig möglich: Neben göttlicher Protektion werden ebenso seelische Reinheit, lebenslanges Bemühen und mühevolle Anstrengung des Philosophen als Voraussetzungen benannt. Es ist eben dieser Aspekt der Ekstasen Plotins, den Porphyrios in seiner anschließenden kommentierenden Erläuterung des Apollon-Orakels herausstellt (Plot. 23): Er unterstreicht nachdrücklich Plotins unablässiges Bemühen, zum geliebten Göttlichen zu gelangen (ajei; speuvdwn pro;~ to; qei'on, ou| dia; pavsh~ th'~ yuch'~ h[ra, ebd.). Dabei konkreti46 47

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George (2002); siehe auch den Beitrag von A. Linguiti in diesem Band. Ausführlicher bei Shaw (1993) 116: „in other words, to become a god the theurgist had to remain a man.“ Differenziert wird zwischen a) materiellen Seelen, b) mittleren, also theurgischen und c) noetischen Seelen. Von den Letzteren gibt es sehr wenige; sie sind nur deshalb in den Körper herabgestiegen, um Rettung, Reinigung und Perfektionierung der Welt zu bewirken. Dillon (1996) vergleicht sie mit den buddhistischen Bodhisattvas. Beispiele sind für Iamblich Pythagoras und Orpheus, dazu Shaw (1993) 122. Die Rettung der Seele ist bei Iamblich prinzipiell nun ohne Befreiung der Seele vom Körper möglich. Dazu z. B. Goulet (1982). Vgl. dagegen O’Meara (1974) und ders. (2010) 52–54.

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siert er auch den Gott, dem sich die Seele Plotins bei ihren häufigen Aufschwüngen angenähert habe: Es ist der absolut transzendente, den Nous selbst transzendierende, eine Gott.50 Der poetische ‚Skopos‘ aus dem Orakel wird nun ins Philosophische übersetzt: Das ‚Telos‘ Plotins war die Annäherung51 an das über dem Intelligiblen (dem Nous) stehende gestaltlose Eine, kurz: Gott. Während das (dialektische) Denken in seinem Aufstiegsweg nur bis zum Nous gelangen kann, ist ein vollständiger Aufstieg der Seele, die Henosis, zu Lebzeiten nur im Akt des ekstatischen Aufschwungs möglich.52 Fast pedantisch registriert Porphyrios für die Phase seiner engen Schülerschaft, die Jahre 263 bis 268 n. Chr., vier gelungene ekstatische Vereinigungen (Henoseis) Plotins. Die eine Ekstase, die dem 67-jährigen Porphyrios dem eigenen Zeugnis zufolge gelungen ist, beweist, dass dies prinzipiell auch anderen möglich ist, stellt aber zugleich die Überlegenheit des ‚göttlichen‘ Plotin auch in dieser Hinsicht vor Augen. Die homoiôsis theôi ist nach Plotins eigenen Erörterungen zwar ein lebenslanges Projekt und wird letztlich erst mit der endgültigen Trennung der Seele vom Körper beim Tod des Menschen möglich, doch gibt es durchaus zu Lebzeiten die Möglichkeit der ‚kleinen‘ ‚Flucht von hier nach dort‘, der punktuell gelingenden Ek-Stasis der Seele, ihrer Angleichung und Einswerdung mit dem Gott, die – freilich in ihrer unendlichen Ausprägung – als Ziel (Telos) allen Philosophierens fungiert.53 Sowohl das Apollon-Orakel als auch Porphyrios’ Bemerkungen über Plotins Ekstasen sind eng auf Plotins eigene Referenz über seine Vereinigungen mit Gott zu beziehen. Diese schildert er in seiner relativ frühen Enneade IV 8,1,1–7 (Peri; th'~ eij~ ta; swvmata kaqovdou th'~ yuch'~) in einem gleichsam autobiographischen Introitus: pollavki~ ejgeirovmeno~ eij~ ejmauto;n ejk tou' swvmato~ kai; ginovmeno~ tw'n me;n a[llwn e[xw, ejmautou' de; ei[sw […] kai; tw/' qeivw/ eij~ taujto;n gegenhmevno~ […] uJpe;r pa'n to; a[llo nohto;n ejmauto;n iJdruvsa~ (‚Oft, wenn ich aus dem Körper aufwache in mich selbst, und außerhalb der anderen Dinge bin, gelange ich hinein in mein Selbst […] und eins geworden bin ich mit dem Göttlichen […], nachdem ich mich nun befinde über allem übrigen Geistigen‘).54 Indem Plotin seine Ekstase präsentisch formuliert, betont er das Enthobensein aus Körper, Zeit und Raum und akzentuiert deren Wiederholungscharakter. Dabei macht die seelische Ekstasis ihrerseits in geraffter Form den erstmaligen Abstieg der Seele in den Körper rückgängig. Nachdrücklich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Plotin die Angleichung an Gott zum einen als Prozess einer mühevol50 51 52 53 54

Vgl. auch die Paraphrase des o. g. Plotinpassus bei Porph., Plot. 23,3,7–12: pollavki~ ejnavgonti eJauto;n eij~ to;n prw'ton kai; ejpevkeina qeo;n […] ejfavnh ejkei'no~ oJ qeo;~ oJ mhvte morfh;n mhvte tina; ijdevan e[cwn, uJpe;r de; nou'n kai; pa'n to; nohto;n iJdrumevno~. Porph., Plot. 23,15 f.: tevlo~ ga;r aujtw/' kai; skopo;~ h\n to; eJnwqh'nai kai; pelavsai tw/' ejpi; pa'si qew/,' vgl. Orac. Chald. fr. 121,96 des Places; Plot. V 1,5,3. Zintzen (1983) 314. Vgl. auch konkretere Fluchten und Fluchtversuche im Leben Plotins, z. B. nach der Zerschlagung von Gordians Feldzug (Plot. 3); Anachoresis nach Platonopolis (ebd. 12); Anachoresis auf das Landgut des Kastrikios (ebd. 2). Bereits in Platons Phaidros (249 c-d) wird der Philosoph, der sich gewöhnlicher menschlicher Bestrebungen enthält, als Ek-Statiker beschrieben, seine Ekstase als gleichbedeutend mit Gottesgemeinschaft oder -gefolgschaft betrachtet (ebd.: ejxistavmeno~ de; tw'n ajnqrwpivnwn spoudasmavtwn kai; pro;~ tw/' qeivw/ gignovmeno~ […] ejnqousiavzwn).

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len Flucht der Seele vom Körper weg, zum anderen als punktuelle55 Vorwegnahme des Telos in der Ekstasis beschreibt. Voraussetzung der gelingenden Ekstasis ist die kontinuierliche Besinnung auf die Noushaftigkeit der Seele durch Wendung zu sich selbst, nach innen, nach oben zum Göttlichen (Epistrophe; Anodos; vgl. bereits Plat., Resp. VII 518 d; 521 c). Wir stellen also mit Blick auf Plotin eine sehr differenzierte Invertierung des alten Fluchtgedankens aus dem Theaitet (aber auch Phai­ don) fest, die nicht zuletzt aufgrund ihrer ekstatischen Komponente eine eigentümlich vorweggenommene Angleichung und Einswerdung mit dem Gott bereits zu Lebzeiten zulässt. Doch werfen wir noch einen Blick auf Porphyrios, der nicht nur in der Vita Plotini seinen Lehrer als philosophisch-platonisches Paradeigma stilisiert56 und in seiner extremen Eigenart gegen Kritiker zu verteidigen sucht. Auch in anderen, ebenfalls späteren Schriften ergänzt und präzisiert Porphyrios die Plotin’sche Philosophie, indem er großes Gewicht gerade auf die praktischen Aspekte der von Plotin selbst gelebten, in seinen Schriften jedoch nicht expliziten Ethik legt: Zu nennen wären hier etwa die Abhandlungen Ad Marcellam (z. B. 13; 16–18) und die Sententiae (z. B. 32), vor allem aber De abstinentia.57 Hier wird die kaum als ethi­ sches Konzept wahrnehmbare Plotin’sche homoiôsis theôi wieder klar zum ethi­ schen Telos: Vor allem sein großes Kathartik- und Askese-Konzept in De abstinen­ tia (Peri; ajpoch'~) ist eine differenzierte Interpretation des Plotin’schen FluchtGedankens. In eindringlichen Appellen wird Askese als Disziplinierung des Körpers und seiner Bedürfnisse durch die Seele, als Reinigung der Seele durch Konditionierung des Körpers (etwa vegetarische Diät oder Agrhypnia), und überhaupt: als notwendige und machbare religiöse Praxis protreptisch beschworen, durch die eine Angleichung an Gott möglich werden kann. Es bleibt festzuhalten, dass Plotins eigenwillige Auslegung der homoiôsis theôi Platons in ihrer Abweichung von den bislang im ethischen Kontext üblichen doxographischen Normen bereits von den Zeitgenossen in ihrer Exklusivität wahrgenommen wird. Daher ist Plotins Schüler Porphyrios bemüht, mit seiner Vita Plotini einige Schlaglichter auf den Alltag, das konkrete Leben sowie die Lebensführung des Philosophen Plotin zu werfen, der sich über das ‚Leben im Körper‘ schämt (vgl. Plot. 1), für den das letzte Ziel der Eudaimonia im Einen jenseits des Nous gegründet ist und die Flucht dorthin als ethischer und metaphysischer Grundgedanke gelten muss. Der zeitgenössische Augenzeuge dokumentiert somit Plotin als einen Philosophen, dessen Philosophie mit der eigenen praktischen Lebensführung kohärent ist. Das darf als ambitionierter Versuch des Porphyrios gewertet werden, den gerade in den Plotinschriften stets zu spürenden Ruch der weltfernen Exklusivität, 55

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Siehe auch Hadot (1987) 3–27; vgl. dagegen O’Meara (1974) 244, der den Eingang von IV 8 nicht als Beschreibung eines wiederholbaren resp. wiederholten, zählbaren mystischen Aktes, sondern als einen kontinuierlichen Habitus interpretiert, der den Zustand der Seele vor der Einkörperung generell schildert. O’Meara (1974) 240. Z. B. Abst. II 43,1–2, dann v. a. ebd. 43,3 (interpretierende Paraphrase der homoiôsis theôi, die ejk yuch'~ e[k te tw'n ejktov~ erfolgen müsse, d.h. also: in der Seele und in den äußeren Umständen, d. h. der gelebten Praxis); Abst. III 26 f., v. a. 27,1 und 5.

Tugend, Flucht und Ekstase: Zur oJmoivwsi~ qew`/ in Kaiserzeit und Spätantike

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der Weltflucht zu bannen. Es ist also Porphyrios, der das alte homoiôsis theôi-Konzept Platons in seiner wohl singulären Ausformung durch Plotin mit dem zeitgenössischen Diskurs um qei'oi a[ndre~ verbindet. Grundlegende Gedanken der Philosophie Plotins sind dabei zu bildhaften Anekdoten und szenischen Episoden umgeformt.58 Zu sehen ist hier eine Transformierung des Plotin’schen ‚Spoudaios‘ in einen qei'o~ ajnhvr, wenn Plotin selbst als ‚göttlicher Mensch‘ mit übermenschlichen Qualitäten geschildert wird. Somit verkörpert in Porphyrios’ hagiographisch überformter Programmschrift der Philosoph Plotin selbst das Ideal seines eigenen ho­ moiôsis theôi-Konzeptes. Porphyrios’ Complatonicus Iamblich wird dieses intentiöse Modell nur wenig später auf den ‚göttlichen‘ Pythagoras, Marinos auf seinen Lehrer, den ‚göttlichen‘ Proklos, Damaskios auf seinen Lehrer, den ‚göttlichen‘ Isidoros übertragen. In allen Fällen wird sich jedoch das Gewicht der spirituellen Komponente der homoiôsis theôi erheblich verringern und die innerweltliche moralethische Relevanz dieses Glückskonzeptes unter den späteren Neuplatonikern an Bedeutung gewinnen. ABSTRACT The Platonists of the early imperial period had to distinguish Plato’s homiôsis theôi from competing telos-conceptions, especially in respect of the doctrine of virtue. Furthermore they had to differentiate it in a Platonic way. So ‘assimilation to God’ becomes an ethical formula that could be easily taught and learned in the philosophical curriculum of Middle Platonism. Yet beginning with Plotinus the Neoplatonists show some changes of this concept. They stress the real practicability of an ‘assimilation to God’. In virtue of the philosophical conduct of life of paradigmatic ideals like Plato and Pythagoras, but also of exemplary philosophers of their own days like Plotinus, ‘assimilation’ is the object of literary elaboration. Plotinus’ concept of homoiôsis theôi recommends the first time since Plato the intention of flight from the physical to the transcendent world, an effort that is described in Plotinus’ work in a spiritual and mystical manner, in his curriculum vitae written by Porphyry, however, by means of many anecdotes. The moment of ecstasy as a form of short-time assimilation to God plays a prominent role in Plotinus. Thus Plotinus is included by Porphyry into the contemporary debate about ‘holy men’, being an example of how far even in lifetime ‘assimilation to God’ is to be realized.

58

Z. B. Porph., Plot. 1 entspricht genau Plot. I 2,7 (Ende): man soll sich nicht guten Menschen angleichen (diese Ähnlichkeit wäre wie ‚Bild vom Bild‘), sondern sich auf die Angleichung an das Urbild konzentrieren.

SEKTION 3: GÜTER- UND TUGENDLEHRE

MITTELPLATONISCHE LEHRE DE FINIBUS BEI STOBAIOS, ALKINOOS UND APULEIUS Filip Karfík, Fribourg I. AUSKLANG DER HELLENISTISCHEN DEBATTE DE FINIBUS Wenn wir nach einer mittelplatonischen Formulierung der Lehre von den Gütern im Sinne einer Abhandlung peri; telw'n oder de finibus suchen, finden wir nicht viel an überlieferten Texten. Bekanntlich präsentiert Cicero in seinem gleichnamigen Buch hauptsächlich drei Schulmeinungen, die es zu seiner Zeit in dieser Frage gab: die epikureische, die stoische und die peripatetische, wobei die letztgenannte eigentlich eine Art Konsensus zwischen den Lehren der alten Akademie und des Peripatos darstellen soll, wie ihn Ciceros Lehrer Antiochos von Askalon vertrat. Während die Epikureer das höchste Gut in der Lust und die Stoiker in der Tugend bzw. dem moralisch Schönen sahen, war bei Antiochos die Auseinandersetzung mit der altstoischen These von zentraler Bedeutung, nach der das höchste Gut in der Tugend allein besteht. Um diese These zu schwächen, berief sich Antiochos auf die alte Akademie und die Peripatetiker, die nach seinem Verständnis für die Erlangung des höchsten Gutes, das sehr wohl in der Tugend bzw. dem moralisch Schönen zu sehen ist, nichtsdestoweniger auch den sogenannten primären Naturgütern (prima natu­ rae) bzw. neben den Gütern der Seele auch den Gütern des Körpers und den äußeren Gütern eine Bedeutung zugestanden haben.1 Eine spezifisch platonische Lehre vom höchsten Gut, die nicht nur von der epikureischen und altstoischen, sondern zugleich auch von der peripatetischen zu unterscheiden wäre, kommt im Zusammenhang dieser Debatte nicht zum Vorschein.2 Platon selbst wird von Cicero in diesem Zusammenhang lediglich als die gemeinsame Quelle der im Grunde übereinstimmenden Lehren der alten Akademiker von Speusipp bis Polemon sowie der beiden großen Peripatetiker Aristoteles und Theophrast erwähnt. Die bei Cicero festgehaltene Alternative zwischen epikureischer, stoischer und altakademisch-peripatetischer Auffassung war offensichtlich noch zwei Jahrhunderte später, in der Antoninenzeit zumindest in der Form von Popularphilosophie lebendig, wie die Reden des Maximos von Tyros bezeugen: Das höchste Ziel des Lebens kann entweder in der Lust oder in der Tugend gesucht werden (Or. 29–33), und man kann argumentieren entweder für das einzige Gute, das keine Abstufungen 1 2

Vgl. Cic., fin. II 34; V 14. 21. 34. 68; ac. I 19–21; II 131. 134. 139. Zur Definition des tevlo~ durch Antiochos und Cicero und deren doxographischen Hintergrund vgl. Giusta (1964) 84– 89. 101–112; Lévy (1992) 337–376. Zu Antiochos vgl. neuerdings Sedley (2012). Zur Absenz einer spezifisch platonischen Bestimmung des höchsten Guten in dieser Debatte vgl. Lévy (1990) 50–65; ders. (1992) 341 f., Anm. 17, und 356.

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zulässt, d. h. in der Tugend allein besteht, oder aber für unterschiedliche Stufen der Güter – der Seele, des Körpers und des Schicksals – sowie für die damit verbundene These, dass die Glückseligkeit im Zusammenkommen dieser Güter besteht (Or. 39 f.). Spätestens zur gleichen Zeit, zu der Maximos von Tyros schrieb, d. h. um die Mitte des 2. Jhs., begegnet uns allerdings auch eine Lehre de finibus, die distinktiv platonische Züge trägt. Handfest greifbar ist sie in der Schrift De Platone et eius dogmate des Apuleius von Madaura, die eine zusammenfassende Darstellung von Platons Philosophie darbietet und um 150 n. Chr. geschrieben wurde,3 sowie beim Verfasser des Didaskalikos, eines kurz gefassten Handbuchs der platonischen Philosophie, dessen Entstehungsdatum leider unbekannt bleibt.4 Beide Darstellungen von Platons Lehre stimmen nicht zuletzt in den der Ethik gewidmeten Abschnitten weitgehend überein. Diese Überschneidungen, die bisweilen wörtlich sind, gaben schon vor mehr als hundert Jahren Anlass zur Frage nach einer gemeinsamen Quelle der beiden Autoren. Aufgrund der Identifizierung des näher nicht bekannten Alkinoos, den die Handschriften als den Verfasser des Didaskalikos angeben, mit dem Platoniker Albinos,5 die in der Forschung lange Zeit als anerkannt galt, wurden die Übereinstimmungen zwischen dem Didaskalikos und Apuleius’ De Platone auf die Lehre des Platonikers Gaios zurückgeführt.6 In der neueren Forschung hat man allerdings sowohl die Identifizierung des Alkinoos mit Albinos als auch die Hypothese einer Gaios-Schule, zu der neben Albinos auch Apuleius gehörte, meistens verlassen.7 Alternativ käme eine von Gaios unabhängige Formulierung der platonischen Lehre in Betracht, auf die sich sowohl Alkinoos als auch Apuleius beziehen.8 Bei der unsicheren Datierung des Didaskalikos bietet für eine solche Lehre nur die Schrift des Apuleius einen datierbaren terminus ante quem. Elemente einer spezifisch platonischen Auffassung vom höchsten Lebensziel und einer entsprechenden Klassifikation der Güter finden sich allerdings auch in der Anthologie des Johannes Stobaios. Der betreffende Abschnitt (Anth. II 7,1–4b, p. 37,15–57,12 Wachsmuth)9 galt lange Zeit als ein Exzerpt aus Areios Didymos, den man mit dem Alexandrinischen Philosophen und Freund des Augustus Areios iden3 4 5 6 7

8 9

Zur Frage der Chronologie von Apuleius’ Schriften vgl. Hijmans (1987), bes. 413–415. Zur Autorschaft und Datierung des Didaskalikos vgl. Whittaker/Louis (1990) VII–XIII; Dillon (1993) IX–XIII; Summerell/Zimmer (2007) IX–XI. Vgl. Freudenthal (1879), bes. 292–302. Vgl. Sinko (1905); zur Geschichte der Hypothese vor und nach Sinko vgl. Moreschini (1978) 55–59. Die Identifizierung wurde durch Giusta (1960/61) 167–194 in Zweifel gezogen. Die Absage an sie setzte sich allerdings erst mit der neuen kritischen Ausgabe von Whittaker (s. oben die Anm. 4) durch; vgl. auch ders. (1987), bes. 81–110. Zur Hypothese der sog. Gaios-Schule vgl. Dillon (1977) 266–340. Zu beiden Hypothesen kritisch Göransson (1995); siehe jedoch Baltes (1996) 91–111 (aufgenommen in ders. [1999] 327–350). Vgl. Moreschini (1978) 65. Es handelt sich um die sogenannte „Doxographie A“ nach Hahm (1990) 2935–3055 und 3234– 3243; zur Einteilung des doxographischen Materials in Anth. II 7 siehe 2945: Doxographie A = Anth. II 7, p. 37,18–57,12; Doxographie B = Anth. II 7, p. 57,13–116,18; Doxographie C = Anth. II 7, p. 116,19–152,25. Zur inhaltlichen Analyse der Doxographie A vgl. neuerdings van der Meeren (2011).

Mittelplatonische Lehre de finibus bei Stobaios, Alkinoos und Apuleius

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tifizierte und somit auch chronologisch genau verorten zu können glaubte.10 Da sich der Autor dieses Abschnittes auf ein Werk über die Einteilung der Lehre der Philosophie des Eudoros von Alexandrien bezieht (ebd. 7,2, p. 42,7–45,6 W. = Fr. 1 Mazzarelli), eines platonischen Philosophen, der um 50 v. Chr. in Alexandrien wirkte, nahmen einige Forscher an, dass auch der darauffolgende doxographische Passus (ebd. 7,3a-4b, p. 45,11–57,12) auf diesen letzteren zurückgeht.11 Die neuere Forschung hat allerdings zu einer vorsichtigeren Beurteilung des Stobaischen Exzerptes geführt:12 Es steht nämlich nicht fest, (1) dass (Areios) Didymos mit dem Augustus-Freund Areios identisch ist, (2) dass der in Frage stehende Teil der ethischen Doxographie bei Stobaios von (Areios) Didymos stammt, (3) dass dieser Teil der Doxographie auf Eudoros zurückgeht.13 Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass alle drei Hypothesen gelten, es kann aber auch sein, dass keine gilt oder dass nur eine oder zwei gelten. Somit ist die chronologische Einordnung dieses Materials, das unter den Voraussetzungen (1–3) oder (1–2) oder (2–3) oder nur (3)14 eine in die zweite Hälfte des ersten Jhs. v. Chr. zu datierende spezifisch platonische Ethik zu erschließen erlaubte, nicht gesichert.15 Mit Sicherheit kann man nur sagen, dass Eudoros von Alexandrien zu dieser Zeit eine Schrift verfasst hat, die eine detaillierte Gliederung des ethischen Teiles der Philosophie darbot. Nach dieser Gliederung sollte der erste Teil der Ethik, nämlich die Wertbetrachtung (qewriva th'~ kaq∆ e{kaston ajxiva~), an erster Stelle über die Ziele und die sogenannten Lebenszwecke (peri; tw'n skopw'n kai; tw'n legomevnwn telw'n tou' bivou), darunter wiederum an 10

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12 13 14 15

Vgl. Diels (1879) [editio iterata 1929] 69–88; Moraux (1973) 259–271; Kahn (1983) 3–13; Inwood (1989) 345–347; Hahm (1990) 2975–3047. Während Diels ein doxographisches Werk – die ejpitomhv – des Areios Didymos postulierte, setzt Hahm zwei Werke voraus: die ejpitomhv, auf der Stobaios’ Bericht über die stoische und peripaptetische Ethik beruht (die Doxographien B und C in Hahms Bezeichnung) und ein peri; aiJrevsewn, auf das die thematisch organisierte Doxographie A zurückgehen würde; eine andere Hypothese schlug Giusta vor, siehe die folgende Anmerkung. Zu Areios Didymos als Quelle des Stobaios vgl. neuerdings Gouvinat (2011). Dass ein einziges doxographisches Werk des Areios Didymos, das eine Art „Vetusta Placita di etica“ darstellte, in seinem Aufbau der diaivresi~ des Eudoros von Alexandrien folgte und seinerseits eine einheitliche Quelle der späteren Doxographien zur Ethik ist, einschließlich der unterschiedlich organisierten ejpitomaiv aus ihm, ist eine These, die dem monumentalen Werk von Giusta (1964/67) zugrunde liegt; siehe auch ders. (1986) 97–132. Dillon (1977) 121–126 glaubt aus der Stobaischen Doxographie A (Anth. II 7, p. 37,15–57,12) die Ethik des Eudoros von Alexandrien rekonstruieren zu können. Mazzarelli nimmt Passagen aus diesem Teil von Stobaios’ Doxographie für seine Sammlung der Eudoros-Fragmente in Anspruch, vgl. ders. (1985) 197–209. 535–555, die Frr. 25–32. Zu Eudoros’ Stellung in der Geschichte des antiken Platonismus vgl. Bonazzi (2005) 115–160. Vgl. Göransson (1995) 183–226; siehe dazu Inwood (1995); Baltes (1996) 108 f. (= [1999] 346–348); Mansfeld/Runia (1996) 241; Bremmer (1998) 154–160. Vgl. Lévy (1990) 54 f.; Bonazzi (2011). Dass (3) ohne (2) und (1) gelten würde, ist am wenigsten wahrscheinlich. Auch wenn (1–3) nicht gelten würden, sodass es keinen festen terminus ante quem vor Stobaios selbst gäbe, gilt Eudoros als terminus post quem. Argumente für die Datierung der Doxographie A in die zweite Hälfte des ersten Jhs. auch ungeachtet der Hypothesen (1–3) bei Hahm (1990) 2979 f.

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erster Stelle über Gutes und Schlechtes (peri; ajgaqw'n kai; kakw'n), handeln (ebd. 2, p. 43,1–5).16 Mag die auf das Eudoros-Exzerpt unmittelbar folgende Doxographie bei Stobaios auf Eudoros selbst oder auf jüngere Quellen zurückgehen, beinhaltet sie zweifellos Elemente einer Auffassung des tevlo~ und der Güter, die distinktiv platonische Züge trägt. Zu nennen sind insbesondere die folgenden: (1) Die Bestimmung des Lebenszieles als Angleichung an Gott (oJmoivwsi~ qew/)' , die Pythagoras, Sokrates und Platon gemeinsam und bereits von Homer angedeutet worden sein soll (Anth. II 7,3f, p. 49,8–50,10). Die zitierten Referenzstellen bei Platon sind der Theaitetos (176 b), der Timaios (90 a-d), die Politeia (wahrscheinlich 613 a-b) sowie das vierte Buch der Nomoi (716 a). Die platonische Einschränkung der oJmoivwsi~ qew/' durch das kata; to; dunatovn wird als Angleichung durch die Vernunft (fronhvsei) bzw. der Tugend nach (kat∆ ajrethvn) gedeutet: was im Menschen für die Lebensverfassung und Lebensführung verantwortlich ist, soll dem entsprechen, was bei Gott die Weltordnung erschafft und verwaltet. Der zu befolgende Gott ist als ein intelligibler Ordnungsstifter aufzufassen (Anth. II 7,3f, p. 49,12 f.). Gleichzeitig wird die Mannigfaltigkeit von Platons Aussagen über das Lebensziel betont, durch die eine und dieselbe Lehre zum Ausdruck gebracht werden soll, nämlich dass to; tevlo~ in dem Leben nach der Tugend bzw. in dem Besitz und dem Gebrauch der vollkommenen Tugend besteht (ebd. 3f, p. 49,11 f. und p. 50,1–6). Durch diese Bestimmung wird Platons Auffassung des Lebensziels in Einklang mit der des Aristoteles gebracht (ebd. 3g, p. 50,11–51,17). (2) Die Aufteilung der Güter in menschliche und göttliche nach dem ersten Buch der Nomoi. Der entsprechende Text wird durch die Quelle des Stobaios in extenso zitiert (ebd. 4a, p. 54,12–55,4 = Plat., Leg. 631 b 6–d 2).17 Nach diesem sind unter die menschlichen Güter, die von geringer Bedeutung sind, Gesundheit, Schönheit, körperliche Kraft und Reichtum zu zählen; unter die göttlichen Güter zählen die vier Kardinaltugenden: Vernunft, Besonnenheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit (frovnhsi~, meta; nou' swvfrwn yuch'~ e{xi~ [d. h. swfrosuvnh], dikaiosuvnh, ajndreiva). Diese Zweiteilung wird mit der Dreiteilung der Güter in die Güter der Seele, des Körpers und die äußeren Güter (vgl. Plat., Leg. 697 b 2–6, 743 e 3–6, 870 b 2–6; Arist., E. N. I 8, 1098 b 12–16) verglichen, wobei die göttlichen Güter mit den Gütern der Seele und die menschlichen Güter mit den Gütern des Körpers und den äußeren Gütern gleichgesetzt werden (Anth. II 7,4a, p. 55,7–10). (3) Die These, wonach Gutes lediglich im sittlich Schönen, d. h. in der Tugend, besteht, sodass anderes, d. h. die Güter des Körpers sowie die äußeren Güter, lediglich kraft der Partizipation an der Tugend gut sein können: Nichts ist gut, was nicht an der Tugend teilnimmt (ebd. p. 55,22–56,7: movnon me;n to; kalo;n 16 17

Vgl. Dörrie/Baltes (1996) 4–10 und 209–214. Die Zitation ist lückenlos, weicht allerdings im Detail sprachlich von der handschriftlichen Überlieferung des Corpus Platonicum ab.

Mittelplatonische Lehre de finibus bei Stobaios, Alkinoos und Apuleius

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ajgaqovn: kaqovti tw'n o[ntwn oujde;n ajgaqovn, eij mhv ti metalavboi th'~ ajreth'~ ktl.). (4) Die Bestimmung des Guten als der Idee selbst, die mit der transzendenten Gottheit identisch ist (ebd. p. 55,14 f.: tajgaqo;n th;n ijdevan aujth;n ajpofaivnetai, o{per ejsti; qei'on kai; cwristovn; vgl. Plat., Resp. 505 a, 509 b). Diese Bestimmung wird bei Stobaios an der Spitze einer fünfgliedrigen Einteilung der Güter „nach der Art“ erwähnt, wobei die übrigen Arten die folgenden sind: das aus Vernunft und Lust Zusammengesetzte; die Vernunft an sich selbst; das aus den Wissenschaften und Künsten Zusammengesetzte; die Lust an sich selbst. Die Einteilung des Guten „nach der Art“ wird neben die Einteilungen „nach der Gattung“ (göttliche und menschliche Güter) und „nach dem Ort“ (Güter der Seele, des Körpers und äußere Güter) gestellt, wobei alle drei auf das erste Buch der No­ moi und den Philebos zurückgeführt werden. Überblicken wir die Darstellung der platonischen Lehre de finibus in der Stobaischen Doxographie, so springt ihre theologische Verankerung in die Augen. Das Leben nach der Tugend, das als höchstes Lebensziel auch der Stoa und des Peripatos galt, wird betont als Angleichung an Gott aufgefasst, der mit dem intelligiblen Weltstifter und Weltlenker identifiziert wird; die Zweiteilung der Güter in göttliche und menschliche nach den Nomoi hebt nachdrücklich die Abhängigkeit der menschlichen Güter von den göttlichen Gütern hervor; die Idee des Guten ist als das Göttliche und Transzendente schlechthin bezeichnet. Diese theologisierenden Motive bilden zwar in dem Stobaischen Exzerpt keineswegs eine systematische Einheit. Gegenüber der Debatte um den Anteil der primären bzw. körperlichen und äußeren Güter an der höchsten Glückseligkeit bei Antiochos von Askalon, in der Platon – wie auch Sokrates – kein dogmatischer Standpunkt zugeschrieben war, tritt in der Stobaischen Doxographie eine am Programm der Angleichung an Gott orientierte Auffassung von Platons Ethik zum Vorschein, die Platon – wie auch Sokrates – mit Pythagoras verbindet und die die platonische Formel der oJmoivwsi~ qew/' kata; to; dunatovn zur Ausdeutung des pythagoreischen Gebotes e{pou qew/' sowie des homerischen Ausspruches kat∆ i[cnia bai'ne qeoi'o macht.18 Ist der theologische Aspekt auch in den entsprechenden Darstellungen des Alkinoos und des Apuleius von zentraler Bedeutung, weisen diese im Unterschied zur Stobaios-Quelle nicht die pythagoreisierende Tendenz aus. Es ist somit wahrscheinlich, dass die Stobaios-Quelle – möglicherweise Eudoros – eine pythagoreisierende Richtung innerhalb des Mittelplatonismus repräsentiert, der Alkinoos und Apuleius nicht unmittelbar verpflichtet sind.19 Abgesehen von diesem Unterschied teilen jedoch Alkinoos und Apuleius mit der Stobaios-Quelle alle unter den Punkten (1–4) erwähnten Lehren.

18 19

Zu der pythagoreisierenden Strömung im Mittelplatonismus vgl. Whittaker (1987) 117–121. Vgl. Baltes (1996) 110 f. (= [1999] 349 f.)

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II. ALKINOOS 1. Die Hierarchie der Güter Im Didaskalikos des Alkinoos sind der Darstellung der platonischen Ethik die Kapitel XXVII–XXXIII gewidmet.20 Darunter behandeln das Kapitel XXVII die Hierarchie der Güter und das Kapitel XXVIII das menschliche Lebensziel. Alkinoos beginnt mit der Unterscheidung zwischen dem „ehrwürdigsten und höchsten Guten“ (timiwvtaton kai; mevgiston ajgaqovn, 179,35 f.) einerseits und „unserem Guten“ (hJmevteron ajgaqovn, 179,39 f.) andererseits. Während er das erstere unter Berufung auf Platons Timaios (28 c 4 f.) als schwierig auffindbar und nur wenigen mitteilbar präsentiert, stellt er fest, dass das letztere, wenn man in Platons Schriften genau nachschaut, im Wissen und Beschauen des ersten Guten (ejn th/` ejpisthvmh/ kai; qewriva/ tou' prwvtou ajgaqou', 179,41) besteht. Das erste Gute identifiziert er wiederum mit dem ersten Gott und Intellekt (qeovn te kai; nou'n to;n prw'ton, 179,42).21 Somit sind sowohl das „höchste“ als auch „unser“ Gut klar angegeben: Gott als Intellekt einerseits und das auf ihn bezogene Wissen bzw. Schauen andererseits. Alles andere, was von den Menschen als gut bezeichnet wird, erhält diese Benennung nur dadurch, dass es auf die eine oder andere Weise an dem ersten Guten teilhat (tw/' oJpwsou'n metevcein ejkeivnou tou' prwvtou kai; timiwtavtou, 180,2–4). Dies gilt an erster Stelle für die in uns befindlichen Intellekt und Vernunft (nou'n kai; lovgon, 180,6 f.), die alleine die Ähnlichkeit mit dem ersten Gott und Intellekt erreichen (ejfiknei'sqai aujtou' th'~ oJmoiovthto~, 180,6). Sie sind unser Gut (to; hJmevteron ajgaqovn, 180,7), denn in ihnen vollzieht sich in uns das Wissen und Schauen des ersten Guten. Aufgrund dieser naturgemäßen Ähnlichkeit kommen unserem Guten auch andere Prädikate des ersten Guten wie schön, ehrwürdig, göttlich, liebenswürdig und ausgewogen (kalo;n … kai; semno;n kai; qei'on kai; ejravsmion kai; suvmmetron, 180,7 f.) zu. Dagegen sind alle anderen Dinge, die gemeinhin als gut bezeichnet werden, wie Gesundheit, Schönheit, Kraft, Reichtum, nur für sich genommen (kaqavpax, 180,12), nicht gut, sondern heißen so nur, insofern von ihnen aufgrund der Tugend Gebrauch gemacht wird (th'~ ajpo; th'~ ajreth'~ crhvsew~, 180,12 f.). Getrennt von ihr sind sie bloße Materie (u{lh) und werden sogar zum Übel (pro;~ kakou' ginovmena), wenn man sie schlecht gebraucht (toi'~ fauvlw~ … crwmevnoi~, 180,13–15; vgl. Plat., Leg. II 661 a 5–d 4). Ihre Partizipation am ersten Guten beruht also nicht auf einer naturgemäßen Ähnlichkeit, wie es bei Intellekt und Vernunft der Fall ist, sondern wird ihnen durch die Tugend vermittelt. Im Unterschied zu Intellekt und Vernunft heißen diese Dinge, die sowohl zu Gütern als auch zu Übeln werden können, „sterbliche Güter“ (qnhta; … ajgaqav, 180,15 f.). Die Unterscheidung zwischen zwei Arten der Güter, die nur kraft der Partizipation am ersten Guten „Güter“ genannt werden, setzt Alkinoos im Folgendem mit der Unterscheidung zwischen menschlichen und göttlichen Gütern in Verbindung, wie sie im ersten Buch von Platons Nomoi vorgenommen wird (vgl. Leg. I 631 b 20 21

Zitiert wird nach der Ausgabe Whittaker/Louis, s. oben Anm. 4. Vgl. ebd. X 164,20–31 (Identifizierung mit dem ersten Intellekt) und X 164,36–38 (Identifizierung mit dem Guten). Siehe dazu den Kommentar Dillons (1993) XVII, 106. 165–167.

Mittelplatonische Lehre de finibus bei Stobaios, Alkinoos und Apuleius

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6 f.: dipla' de; ajgaqav ejstin, ta; me;n ajnqrwvpina, ta; de; qei'a). Dabei identifiziert er die „menschlichen“ mit den soeben genannten „sterblichen“ Gütern und fasst die „göttlichen“ Güter als die Tugenden auf, wie es auch in der zitierten Nomoi-Stelle der Fall ist, wo vier „menschlichen“ Gütern (uJgiveia, kavllo~, ijscuv~, plou'to~) als „göttliche“ Güter die vier Kardinaltugenden gegenübergestellt werden (frovnhsi~, meta; nou' swvfrwn yuch'~ e{xi~ [d. h. swfrosuvnh], dikaiosuvnh, ajndreiva, vgl. Leg. I 631 c 1–d 1). Die Gleichsetzung der göttlichen Güter mit den Tugenden bekräftigt Alkinoos durch die Thesen, (i) dass er die Glückseligkeit (eujdaimonivan) lediglich mit den göttlichen Gütern verbindet (180,16–18), (ii) dass die Tugend zur Glückseligkeit ausreicht (th;n ajreth;n aujtavrkh pro;~ eujdaimonivan, 180,40 f.), (iii) dass nur das sittlich Schöne gut ist (movnon … to; kalo;n ajgaqovn, 180,39 f., 181,7) und (iv) dass die Tugenden um ihrer selbst willen gewählt werden (ta;~ ajreta;~ … di∆ auJta;~ aiJretav~, 181,5 f.). Während Alkinoos den Unterschied zwischen den göttlichen und den mensch­ lichen Gütern hervorhebt, tritt die ursprüngliche Distinktion zwischen dem ersten und höchsten Guten einerseits und unserem Guten bzw. all den Gütern, die es nur kraft der Partizipation an dem ersten Guten gibt, andererseits in den Hintergrund. Dies geht sogar so weit, dass Alkinoos die menschlichen Güter im Unterschied zur ejpisthvmh tou' prwvtou (180,41 f.) nun als Güter „durch Partizipation“ schlechthin bezeichnet (ta; de; kata; metochvn, 180,43), während er zuvor die ejpisthvmh kai; qewriva tou' prwvtou ajgaqou' (179,41) ebenfalls als gut „durch eine Art Partizipation“ auffasste (tw/' oJpwsou'n metevcein, 180,2–4). Dies darf uns allerdings nicht über das Gesamtschema von Alkinoos’ Darlegung hinwegtäuschen, in dem es drei Ebenen zu unterscheiden gilt: 1. das erste und höchste Gute, das gleichbedeutend mit dem ersten Gott und Intellekt ist; 2. das an ihm partizipierende Gute in uns, das in unserem Wissen und Beschauen des Guten besteht und das wiederum mit unserem Intellekt und unserer Vernunft sowie mit den vier Kardinaltugenden gleichbedeutend ist und auch als göttliche und selige Güter bezeichnet werden kann; 3. die sterblichen oder menschlichen Güter, die an und für sich keinen eigenen Wert haben und die nur dann zu Gütern werden, wenn sie durch die Tugend in Gebrauch genommen werden, genauso wie sie im Gegenteil zu Übeln werden, wenn sie – getrennt von der Tugend (cwrisqevnta … tauvth~ sc. th'~ ajreth'~, 180,13) bzw. vom Wissen des ersten Guten (cwri;~ tauvth~ th'~ ejpisthvmh~ sc. tou' prwvtou, 181,14 f.) – schlecht gebraucht werden. Auch die Nomoi-Stelle, auf die sich Alkinoos ausdrücklich bezieht (180,9–11 und 180,43–181,2), unterscheidet übrigens diese drei Ebenen, indem sie festlegt, dass der Gesetzgeber in seinen Vorschriften die menschlichen Güter auf göttliche, die göttlichen Güter aber wiederum auf den führenden Intellekt (eij~ to;n hJgemovna nou'n, Leg. 631 d 5) beziehen soll. Eben diese Formulierung der Nomoi mag das Vorbild der dreistufigen Hierarchie der Güter gewesen sein, der wir bei Alkinoos begegnen.

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Als eine Konsequenz dieser Grundsätze (oi|~ pa'sin ajkovlouqon, 181,19) führt dann Alkinoos die Bestimmung des tevlo~ als oJmoivwsi~ qew/' kata; to; dunatovn ein. Er hebt die Mannigfaltigkeit hervor, in der diese Bestimmung bei Platon vorkommt (181,20–41): als das Gerecht- und Frommwerden nach dem Theaitetos 176 a-b, als Gerechtsein nach der Politeia 613 a-b, als Besonnen- und Gerechtwerden nach dem Phaidon 82 a-b; als Angleichung an Gott nach dem Theaitetos 176 a-b, als Nachfolge Gottes nach den Nomoi 715 e oder als beides nach dem Phaidros 248 a. An die beiden letztgenannten Stellen schließt sich eine Überlegung über das Verhältnis zwischen dem Nutzen (wjfevleia), dem Guten (to; ajgaqovn) und Gott (qeov~) an (181,42 f.): das Gute ist einerseits die ajrchv des Nutzens, hängt aber andererseits selbst von Gott ab. Folgt man also der ajrchv, wird das tevlo~ in der Angleichung an Gott bestehen. Mit diesem kann aber nach Alkinoos nicht der transzendente Gott (Zeu'~ uJperouravnio~) gemeint sein, sondern lediglich der innerweltliche Gott (qeo;~ ejpiouravnio~), d. h. der Intellekt, der dem Weltall bzw. der Weltseele innewohnt (181,44 f.; vgl. 164,18–27. 164,40–165,4. 169,35–41).22 Der Grund dafür liegt darin, dass der transzendente Gott keine Tugend besitzt, weil er in seinem Gutsein selbst die Tugend übertrifft. Somit besteht das tevlo~ als Angleichung an Gott nicht darin, dass der Mensch dem ersten Gott ähnlich würde, nämlich dem mit dem Guten identifizierten ersten Intellekt, sondern darin, dass er durch die Erlangung der Tugend bzw. der Tugenden einem Gott ähnlich wird, der selbst tugendhaft ist. Das Ähnlichkeitsverhältnis besteht darin, dass der Mensch analog dem nachzuahmenden Gott durch sein Wissen und seinen Intellekt das erste Gute erschaut und dadurch die Tugend erlangt. In der dreistufigen Hierarchie der Güter, mit der Alkinoos arbeitet, kommt also dem menschlichen tevlo~ nicht auf der höchsten, dem ersten Gott und Intellekt vorbehaltenen Stufe sein Platz zu, sondern auf der zweiten Stufe, wo die göttlichen Güter hineingehören, die an dem ehrwürdigsten und höchsten Guten partizipieren. 2. Das Streben nach dem Guten Der Besitz der „göttlichen und seligen“ Güter (toi'~ qeivoi~ te kai; makarivoi~, 180,17 f.) kommt lediglich den wahrhaft philosophischen Seelen zu (ta;~ tw/' o[nti filosovfou~ yucav~, 180,18 f.), die eben deswegen von Platon als „voll von großen und bewundernswerten Gütern“ bezeichnet werden (megavlwn te kai; qaumasivwn … ajnamevstou~, 180,18 f.; vgl. Platon, Symp. 215 a 7–b 3 und 216 d 5–217 a 2). Allerdings unterscheidet Alkinoos im Sinne des platonischen Phaidon (66 b-67 b) zwischen dem Zustand dieser Seelen vor und nach ihrer Loslösung vom Körper: Nach ihr werden sie zu den Weggefährten der Götter, die die Ebene der Wahrheit erschauen (Phdr. 248 b 6), während sie zeit ihres Lebens, d. h. solange sie an den Körper gebunden bleiben, nach solchem Wissen lediglich streben (ejfivento th'~ ejpisthvmh~ aujtou' sc. tou' th'~ ajlhqeiva~ pedivou, 180,22 f.). Der entsprechenden Be22

Vgl. dazu Baltes (1996) 101 f. (= [1999] 338–340); Dillon (1993) 173 f.; Dörrie/Baltes/Pietsch (2008) 323–328.

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schäftigung (th;n ejpithvdeusin), die sie jeder anderen vorziehen, entspringt ihre Fähigkeit (dunatou;~ givnesqai, 180,27), sich vom Verlangen nach der gesamten vernünftigen Natur ergreifen zu lassen (ejporevxasqai th'~ tou' logikou' panto;~ fuvsew~, 180,27 f., vgl. Resp. 486 a 5 f.). Der Erweckung dieser Fähigkeit verdanken die Seelen nach der Trennung vom Körper die Gemeinschaft mit den Göttern sowie die Schau der Wahrheit. Das Vorziehen der auf die Wahrheit ausgerichteten Beschäftigung setzt indessen voraus, dass sich die Seele von den körperlichen Dingen abwendet, die sie zuerst für das wahrhaft Seiende hält, dann aber im Sinne von Po­ liteia VII 514 a-517 e als bloße Schatten zu entdecken und wegen ihres Täuschungscharakters zu verachten lernt. So befindet sich die philosophische Seele, solange sie im Körper bleibt, gleichsam erst auf dem Wege aus der Dunkelheit ans Licht (th'~ ejk tou' zovfou ajnovdou … eij~ to; kaqaro;n fw'~ proelqovnta~, 180,32 f.). Sie ist noch nicht in vollem Besitz der „göttlichen“ Güter. Sie vollzieht erst einen Übergang (metabaivnonta~) von den menschlichen bzw. sterblichen Gütern zu den göttlichen und seligen, indem sie das Körperliche verachtet und nach dem wahrhaft Göttlichen und Schönen strebt. Erst nach der Loslösung von dem Körper wird ihr Streben nach der Schau des wahrhaft Göttlichen und Schönen (th'~ … touvtwn qewriva~ … o[rexin, 180,38 f.) durch diese Schau selbst ersetzt. III. APULEIUS 1. Die Hierarchie der Güter Apuleius bietet im zweiten Buch von De Platone et eius dogmate,23 das der Darstellung der Ethik (moralis philosophiae, 219) gewidmet ist, eine vergleichbare Klassifizierung der Güter an, die er Platon zuschreibt (quae de hoc Plato senserit, ebd.). Nach dem überlieferten Text (220) unterscheidet der Madaurier zwischen den „hervorragenden und ersten“ Gütern (eximia ac prima), die „durch sich selbst“ (per se) gut sind, und anderen Gütern (cetera), die „durch Gebot“ oder „durch Unterricht“ (per praeceptionem … fieri) zu Gütern werden. Ist der überlieferte Text korrekt, sind die Güter, die per praeceptionem zu Gütern werden, wahrscheinlich mit der auch bei Apuleius herangezogenen Nomoi-Stelle in Verbindung zu setzen, wo von den prostavxei~ (631 d 3) des Gesetzgebers die Rede ist, welche sich auf die menschlichen Güter beziehen. Sachlich allerdings entspräche dieser Kategorie der Güter viel besser die für diese Stelle vorgeschlagene Konjektur per participationem anstatt von per praeceptionem:24 wie bei Alkinoos wären dies die Güter, die nur „durch Teilhabe“ an den ersten Gütern gut werden. Ähnlich wie Alkinoos unterscheidet auch Apuleius des Weiteren zwischen zwei Arten der „hervorragenden und ersten“ Güter, die er nicht nur als bona per se (220), sondern auch als simplicia bona (221), absolute bona (235), simpliciter bona (237) 23 24

Der Text wird zitiert nach der Ausgabe von Moreschini (1991), die Nummerierung nach der Oudendorp’schen Ausgabe. Konjektur von La Penna, vgl. Beaujeu ad loc. (1973) 281; Moreschini (1978) 100 f.; Dillon (1993) 167 f.

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bestimmt. Es sind einerseits der höchste Gott und Intellekt (deum summum men­ temque illam, quam nou'n idem vocat, 220), andererseits die Tugenden der Seele (animi virtutes, ebd.; vgl. 238: virtus), die aus dem höchsten Gott und Intellekt herausfließen (ea, quae ex priorum fonte profluerunt, 220; vgl. 235: virtutes, quarum beatitas fructus est). Dies sind die vier Kardinaltugenden, die in dieselbe Reihenfolge bzw. hierarchische Ordnung gesetzt werden wie in der Nomoi­Stelle (631 c 1–d 1), auf die sich auch Apuleius bezieht: prudentia, continentia (auch pudicitia genannt), iustitia, fortitudo (220). Der Nomoi­Stelle entspricht dann auch, dass alle diese Güter als göttlich (divina) bezeichnet und den menschlichen (hominum) Gütern gegenübergestellt werden (220).25 Wie bei Alkinoos kommen diesen Gütern die Charakteristika des um sich selbst willen zu Wählenden (sui gratia … appe­ tenda, 235) und des moralisch Schönen (solum … quod honestum est, bonum, 238) zu. Die menschlichen Güter sind bei Apuleius ähnlich wie in der Stobaios-Quelle in zwei Arten aufgeteilt: in diejenigen, die den Bedürfnissen des Körpers entsprechen (quae cum corporis commodis congruunt, 221; quaecumque corporis, 235), und jene, die man „äußere“ nennt (bona … externa, 220; quaecumque … fortunae, 235; bona extraria; fortunae commoda, 237). Für die menschlichen Güter gilt wie bei Alkinoos, dass sie nicht von sich aus gut sind, sondern es nur dann werden, wenn von ihnen entsprechender Gebrauch (usus, 237) gemacht wird. Dies formuliert Apuleius so, dass diese Güter nur für diejenigen gut sind, die weise sind und im Einklang mit Vernunft und Mäßigkeit leben (sapientibus et cum ratione ac modo viventibus, 221). Für die Unvernünftigen (stolidis, ebd.) dagegen, die nicht wissen, wie mit diesen Gütern umzugehen ist (eorum usum ignorantibus, ebd.), bzw. sie zu schlechten Zwecken verwenden (si quis … eorum usum converterit ad malas artes, 237), werden sie zu Übeln (mala, 221; noxia, 237). Im Großen und Ganzen finden wir also bei Apuleius dieselbe dreistufige Hierarchie der Güter wieder, die wir bei Alkinoos sahen: 1. den höchsten Gott und Intellekt 2. die Tugenden der Seele 3. zwei Arten menschlicher Güter: 3a. Güter des Körpers 3b. äußere Güter 2. Das Streben nach dem Guten Weicht Apuleius’ Lehre von der Hierarchie der Güter im Wesentlichen nicht von der des Verfassers des Didaskalikos ab, bietet der Madaurier eine etwas anders gestaltete Darstellung vom Verhältnis der menschlichen Seele zu den Gütern. Apuleius setzt bei der Bestimmung des ersten Guten (bonum primum, 221) als des liebens­ und begehrenswerten (amabile et concupiscendum, ebd.; vgl. Did. 25

Zur Kritik einer alternativen Analyse des Textes vgl. Beaujeu, a. a. O.

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180,8: ejravsmion) an. Dieser Charakter des ersten Guten wird – wohl in Anlehnung an die Diotima-Rede in Platons Symposion – dahingehend gedeutet, dass die rationalen Seelen nach der Schönheit des ersten Guten streben (pulchritudinem … appe­ tunt, 221), indem die Natur in ihnen das Verlangen nach ihm entzündet (natura duce instinctae ad eius ardorem, ebd.). Dieses natürliche Verlangen nach dem ersten Guten scheint allen rationalen Seelen eigen zu sein. Nicht alle sind jedoch im Stande (queunt, ebd.) bzw. haben die Fähigkeit (facultatem, ebd.; vgl. Did. 180,27: dunatou;~ givnesqai), das erste Gute zu erlangen. Diejenigen, die es nicht vermögen, richten ihre Aufmerksamkeit nach den menschlichen Gütern. Diese sind sekundär und können nicht als für viele oder alle Menschen gleich gut gelten (nec commune multis est nec omnibus similiter bonum, 221). Während es eine natürliche Verwandtschaft (natura duce cognatio quaedam, 222) zwischen den wahren Gütern und dem vernünftigen Seelenteil (animae portioni[s] quae cum ratione consentit, ebd.) gibt, ist das Gute, das mit dem Körper oder mit äußeren Dingen verbunden ist, ein scheinbares (quod uideatur bonum, ebd.) und akzidentelles (accidens, ebd.) Gut. Allgemein gilt, dass jedes Verlangen und jeder Handlungsantrieb sich nach einem Guten richtet. Dieses kann jedoch entweder wahr oder scheinbar sein: wahr, wenn es ein der Vernunftseele verwandtes Gut ist, scheinbar, wenn es ein mit dem eigenen Körper oder mit äußeren Dingen verbundenes ist. Die bei Apuleius hervorgehobene Lehre von der natürlichen Verwandtschaft (cognatio) der Vernunftseele mit den wahren Gütern entspricht seiner Auffassung der Tugenden der Seele als Ausflüssen des ersten Guten, d. h. des höchsten Gottes und Intellekts (ea [sc. bona], quae ex priorum [sc. bonorum] fonte profluerunt, esse animi uirtutes, 220), und findet ihr Gegenstück in Alkinoos’ Lehre von der – offensichtlich ebenfalls naturgemäßen – Ähnlichkeit (oJmoiovth~) zwischen Intellekt und Vernunft in uns und dem ersten Guten, d. h. dem ersten Gott und Intellekt (vgl. Did. 180,5–7). In der Frage, inwieweit die menschlichen Seelen das Gute, nach dem sie streben, auch tatsächlich erlangen, gibt es dagegen zwischen Alkinoos und Apuleius einen sichtbaren Unterschied. Apuleius spricht nicht von der prinzipiellen Unmöglichkeit, vor dem Tode, d. h. vor der Loslösung der Seele vom Leibe, der Wahrheit ansichtig zu werden. Im Gegenteil, der Weise erlangt zusammen mit der Tugend auch die Glückseligkeit. Dementsprechend fasst Apuleius das philosophische Leben nicht als ein Streben auf, das erst nach dem Tode erfüllt wird, sondern – der stoischen Lehre folgend (vgl. SVF III 539) – als das plötzliche Erreichen der Vollkommenheit (repente fieri perfectum, 248), die den Weisen bereits in seinem hiesigen Leben aus der Zeit heraustreten lässt (esse quodammodo intemporalem, ebd.). Die Loslösung der Seele des Weisen vom Körper besiegelt gleichsam diesen gottähnlichen Zustand durch ihre Rückkehr in die Gemeinschaft der Götter (sapientis anima remigrat ad deos et pro merito vitae purius castiusque transactae hoc ipso usu deorum se condicioni conciliat, 249; vgl. 255). Mit dieser Auffassung des philosophischen Lebens geht einher, dass Apuleius zwischen drei Gruppen von Menschen unterscheidet: den Weisen (sapientes), die die wahren Güter erlangen (221; 247–255), den Unvernünftigen (stolidi), denen der Weg zu den wahren Gütern verschlossen bleibt, weil sie die körperlichen und die

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äußern Güter vorziehen (221; vgl. 242 f.), und den mittelmäßig Gesitteten (medie morati), die weder die höchsten Güter erlangen noch die schlimmsten Übel verüben (246 f.). Darüber, zu welcher Gruppe der eine oder andere Mensch gehört, entscheidet die Natur (natura, vgl. die Wendungen natura duce und natura imbutus) bzw. die Veranlagung (ingenium) des jeweiligen Individuums (221 f.): Kein Mensch wird als vollkommen gut oder vollkommen schlecht geboren (neque absolute ma­ lum nec bonum nasci), sondern jedem ist sowohl eine Neigung zum Guten als auch eine Neigung zum Schlechten angeboren (ad utrumque proclive ingenium).26 Jeder trägt in sich von Geburt an gleichsam Samen des Guten und des Schlechten (semina … quaedam utrarumque rerum), von denen durch die Erziehung die einen oder die anderen mehr entwickelt werden können. Daraus ergeben sich drei Arten von Veranlagung: die höchste und hervorragende (praestans und egregium), die niedrigste und schlechteste (deterrimum pessimumque) und die nach beiden Seiten hin gemäßigte und mittlere (ex utroque modice temperatum medium). Diese Lehre schreibt Apuleius ausdrücklich Platon zu. Sie findet eine gewisse Entsprechung bei Alkinoos (Did. 183,17–37) und scheint somit eine gemeinsame Quelle vorauszusetzen, welche die peripatetische Tugendlehre mit stoischen Motiven verband.27 Obschon Apuleius bekräftigt, dass nach Platon sowohl die Tugend als auch die moralischen Fehler frei in unserer Macht stehen (virtutem liberam et in nobis sitam … peccata vero esse non minus libera et in nobis sita, 236; vgl. 248, 252) – wenn auch nur die Tugend, nicht aber die Fehler, Gegenstand unseres Wollens ist (virtu­ tem … voluntate appetendam, peccata … non … suscipi voluntate, ebd.) –, führt ihn die Lehre von den drei Arten von Veranlagung und der entscheidenden Rolle der Erziehung in ihrer Entwicklung zu einer Typologie der Menschen, in der dem völlig schlechten Menschen (pessimus, 242 f.) der vollkommene Weise (perfecte sapien­ tem, 247–255) gegenübersteht, wobei die Mitte zwischen diesen zwei nur selten vorkommenden Extremen die mittelmäßig Gesitteten (medie morati, 246 f.) bilden. Allein der vollkommene Weise hat Zugang zu den göttlichen, d. h. einzig wahren Gütern. Der schlechteste Menschentypus dagegen greift ausschließlich nach den menschlichen, d. h. scheinbaren Gütern, die in seinen Händen zu Übeln werden. Die meisten, die mittelmäßig gesittet sind, „gehen den mittleren Weg zwischen Lob und Tadel“: manchmal lädt sie ihr Vernunftvermögen ein, das Gute und Tugendhafte zu verfolgen, manchmal verleiten sie ihre Begierden zu unsittlichen Taten. Diese Typologie, besonders aber das von Apuleius gemalte Bild des absolut tugendhaften Menschen (247–255), macht klar, dass der Philosoph bei ihm im Unterschied zu Alkinoos nicht als ein unterwegs befindlicher Wahrheitsliebhaber, sondern als der vollkommene stoische Weise aufgefasst ist, der das höchste Gut in all seinem Tun und Trachten bereits fest in der Hand hält (248).28 Während Alkinoos ein Kapitel über das tevlo~ des menschlichen Lebens unmittelbar an die Darstellung der Hierarchie der Güter anschließt und erst dann die Tu26 27 28

Vgl. Alkinoos, Did. 183,17–37. Zu den möglichen Quellen dieser Lehre – in Frage kommt vor allem Antiochos von Askalon, vgl. Moreschini (1978) 104 f.; zu der Lehre von den semina virtutis im Kontext der Lehre von den prima naturae vgl. Magnaldi (1991) 13–32. Zu den stoischen Zügen des Weisen bei Apuleius vgl. Moreschini (1978) 121 f.

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genden behandelt, schließt bei Apuleius das dem finis gewidmete Kapitel die Darstellung des vollkommenen Weisen ab, die in dem Aufbau des zweiten Buches von De Platone et eius dogmate erst nach der Beschreibung der Laster und Tugenden und nach der Darstellung des völlig schlechten und des mittelmäßig gesitteten Menschen folgt. Dem entspricht, dass Apuleius über das Ziel der Weisheit (sapien­ tiae finis, 252) redet. Dieses besteht wie in der Stobaios-Quelle und bei Alkinoos in der Nachfolge und Nachahmung Gottes (sapientem quippe pedisequum et imitato­ rem dei dicimus et sequi arbitramur deum, 253).29 Der Weise gelangt zu einem den Göttern eigenen Lebensvollzug (ad deorum actus, 252), indem er ihn durch seine eigene Lebensführung imitiert (aemulatione vitae, ebd.). Das bedeutet nach Apuleius, dass er Gott nicht nur in seiner theoretischen Aktivität (non solum in per­ spectandi cognitione), sondern auch im praktischen Handeln folgt (verum etiam agendi opera sequi eum convenit), denn auch der höchste Gott (summus deorum) betrachtet nicht nur alles durch sein Denken, sondern es obliegt ihm auch die Sorge um die Verwaltung des Alls (253). In diesem Sinne unterscheidet Apuleius gleichsam zwei Stufen von Glückseligkeit: eine, die eintritt, wenn eine vorzügliche Veranlagung die Kontrolle über das menschliche Handeln ausübt (cum ingenii nostri praesentia tutamur quae perficimus, ebd.), und eine andere, die eintritt, wenn der Weise das vollkommene Leben erreicht und sich allein der Kontemplation widmet (cum ad perfectionem vitae nihil deest atque ipsa sumus contemplatione contenti, ebd.). Die gemeinsame Quelle beider Arten von Glückseligkeit ist freilich die Tugend. Die Güter des Körpers und die äußeren Güter dagegen tragen zur Glückseligkeit nicht bei, sondern werden selbst erst durch die Tugend gut. Wie ersichtlich ist Apuleius’ Deutung des tevlo~ als Nachahmung und Nachfolge Gottes etwas anders pointiert als die des Alkinoos. Vor allem scheint Apuleius in diesem Kontext, wie auch in seiner Theologie, nicht scharf zwischen dem transzendenten und dem weltregierenden Gott zu unterscheiden,30 sondern schreibt sowohl die kontemplative als auch die weltordnende Aktivität einem einzigen sum­ mus deorum zu (253). Folglich bezieht sich auch die Nachahmung bzw. die Nachfolge eben auf diesen höchsten Gott, dem man einerseits durch das Ausüben der Tugenden im Handeln, andererseits durch die kontemplative Aktivität ähnlich wird. Analog dem höchsten Gott verbindet der vollkommene Weise beides in einem. Auch hierin scheint Apuleius mehr der stoischen Auffassung verpflichtet zu sein, in der der höchste Gott mit der Weltseele und die Tugend im Menschen mit der Tugend in Gott identisch sind. IV. ZUM ABSCHLUSS Werfen wir zum Abschluss einen Blick zurück auf die Zeit zwischen Cicero und Apuleius, stellen wir fest, dass man von einer spezifisch platonischen Lehre de fini­ bus sprechen kann, die frühestens zur Zeit des Eudoros von Alexandrien ihre dis29 30

Vgl. Moreschini (1978) 124–127. Vgl. dazu Dörrie/Baltes/Pietsch (2008) 341–349.

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tinktiven Züge zu erhalten begann und spätestens zur Zeit des Apuleius von Madaura mehr oder weniger fixiert war. Ihre Hauptmerkmale sind die folgenden: – –





– –

Das menschliche Lebensziel wird in eine Hierarchie der Güter hineingesetzt, auf deren Spitze ein höchstes transzendentes Gut steht, das mit Gott identifiziert wird. Die Hierarchie der Güter ist grundsätzlich dreistufig: Vom höchsten transzendenten Gut hängen die göttlichen Güter und von diesen die menschlichen Güter ab. Die göttlichen Güter kommen den Tugenden bzw. den Gütern der Seele, die menschlichen den Gütern des Körpers und den äußeren Gütern gleich. Der hierarchischen Ordnung der Güter liegt das Partizipationsverhältnis zugrunde: Die göttlichen Güter sind gut durch die Partizipation am höchsten transzendenten Gut, die menschlichen Güter durch Partizipation an den göttlichen Gütern. Die göttlichen Güter, d. h. die vier Kardinaltugenden: Vernunft, Besonnenheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit, hängen vom höchsten transzendenten Gut in einer Weise ab, die sie wesenhaft gut macht. Die Güter des Körpers und die äußeren Güter sind dagegen nur insofern als Güter zu betrachten, als sie von der Tugend in Gebrauch genommen werden. Ist dies nicht der Fall, sind sie überhaupt nicht als gut zu betrachten. Für den Menschen liegt das Gute ausschließlich im sittlich Schönen, d. h. in der Tugend bzw. der Vernunft. Diese ist für die Seligkeit ausreichend. Die Güter des Körpers und die äußeren Güter tragen zur Seligkeit nicht bei. Das menschliche Lebensziel ist die Angleichung an Gott der Möglichkeit nach, d. h. durch die dem Menschen innewohnende Vernunft bzw. durch die Tugend. Der nachzuahmende Gott ist mit der weltverwaltenden göttlichen Vernunft zu identifizieren.

Dies sind die wichtigsten Punkte, die der Lehre de finibus in der Stobaios-Quelle, bei Alkinoos und bei Apuleius gemeinsam sind. Im einzelnen sind sie bei ihnen – oder ihren Quellen – unterschiedlich ausgeführt oder akzentuiert. Insbesondere können hier und da stärker pythagoreische, peripatetische oder stoische Motive hervortreten. Trotzdem kann man von einer platonischen Lehre de finibus sprechen, die nicht mit der peripatetischen oder der stoischen zu verwechseln ist. Dadurch hebt sie sich deutlich von der durch Cicero belegten Lehre des Antiochos von Askalon ab, der die Stoa und den Peripatos auf einen gemeinsamen altakademischen Ursprung zurückzuführen unternahm. Auch wenn manches in den späteren Darstellungen der platonischen Ethik auf Antiochos zurückgehen mag, in der für Antiochos wichtigen Frage der Rolle der Güter des Körpers und der äußeren Güter bzw. der primären Naturgüter bezogen die Platoniker nach ihm eine Position, die es zwar erlaubt, diese Güter aufgrund des Partizipationsgedankens in die Hierarchie der Güter aufzunehmen, die jedoch nichtsdestoweniger die altstoischen Thesen der Autarkie der Tugend für die Glückseligkeit und der grundsätzlichen Indifferenz der körperlichen und der äußeren Güter unterstreicht. In dieser Hinsicht gibt es wohl mehr Kontinuität zwischen der hier behandelten „mittel“-platonischen Lehre de fi­

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nibus und den stark stoischen Zügen der Ethik Plotins als mit der auf die Harmonisierung von Stoa und Peripatos orientierten Ethik des Antiochos von Askalon. ABSTRACT A survey of different views about ‘ends’ offered by Cicero in his De finibus does not mention a specifically Platonic doctrine as against a Peripatetic one. The doctrine of Antiochus of Ascalon referred to by Cicero deliberately harmonizes Old Academic and Peripatetic views. The basic choice between an Epicurean, a Stoic and an Antiochean view on ends seems to have prevailed in popular philosophy until the time of Maximus of Tyrus. A distinctively Middle Platonic stand on this issue is to be found only in Alcinous’ Didaskalikos XXVII–XXVIII, in Apuleius’ De Platone et eius dogmate II 219–255, and in John Stobaeus’ Anthologium II 7,1–4b (pp. 37,15– 57,12 Wachsmuth). The doctrine referred to by Stobaeus may be traced back to Eudorus of Alexandria (frr. 25–32 Mazzarelli) but this attribution is not certain. Since the exact date of the Didaskalikos cannot be specified either, the earliest securely datable witness of this doctrine is Apuleius. The paper examines all three accounts and establishes the main tenets of a Middle Platonic view on ends common to them. These tenets are the following: The goal of human life is situated within a threefold hierarchy of goods, i. e. the transcendent Good, divine goods and human goods. Divine goods are the four cardinal virtues, also qualified as goods of the soul. Human goods are the goods of the body, also qualified as external goods. Divine goods are good by participation in the supreme, transcendent Good; human goods are good by participation in divine goods. The former participation is an essential one, while the latter is not, i.e. divine goods can only be good while things which can become human goods if used by virtue can also become evils if used by vice. The goal of human life consists in acquiring divine goods while human goods contribute nothing to happiness. This goal is also qualified as “assimilation to god as far as possible”. The god to whom man assimilates himself in acquiring wisdom or virtue is not the transcendent Good but the immanent ruling principle of the world.

THE NEOPLATONIC DOCTRINE OF THE GRADES OF VIRTUE Alessandro Linguiti, Siena 1. The origin of the doctrine: Plotinus. A plurality of virtues, or kinds of virtue, almost inevitably implies a hierarchical order. Let us consider, for instance, the hierarchy of virtues described in Plato’s Laws: “And wisdom, in turn, has first place among the goods that are divine, and rational temperance of soul comes second; from these two, when united with courage, there issues justice, as the third; and the fourth is courage” (I 631 c 5–d 1; transl. Bury). Consider too the priority Aristotle assigns to dianoetical virtues over ethical ones – and to wisdom above all other dianoetical virtues – in book VI of his Nicomachean Ethics; or again, the distinction between perfect virtues and natural ones drawn in Alcinous’ Didascalicus (chap. 30) and Apuleius’ De Platone et eius dogmate (II 6).1 When it comes to the Neoplatonic system – or hierarchy – of virtues, reference is usually made to the specific doctrine of the grades of virtue that was initially developed by Porphyry in Sentence 32. Here the philosopher puts forth an interpretation – in certain regards a very personal one – of the teachings contained in the Plotinian treatise On Virtues, the second treatise of the first Ennead and the nineteenth according to the chronological order.2 To begin with, let us examine what Plotinus says about virtues in Enneads I 2 [19]. Typically enough, his reasoning here unfolds from the exegesis of Platonic passages, in this case mainly from the Theaetetus, the Phaedo and the fourth book of the Republic (many expressions and short extracts, especially from the first two dialogues, are quoted verbatim).3 Plotinus aims to harmonize the statements occurring in these three passages – no easy task – starting from Theaetetus 176 a-c, which he quotes at the very beginning of his treatise On Virtues. This is the wellknown section in Plato’s dialogue where Socrates argues that while evils cannot exist in the world of the gods, they are ineradicable from our own. For this reason – Socrates suggests – we ought to flee upwards to the divine world by becoming as similar to God as possible. To accomplish this goal, we must become righteous, pious and wise by shunning wickedness and pursuing virtue: for in no way can God 1 2 3

See Dillon (1983) 92 f. and Whittaker (1990) 143 f., n. 485 on Alcin., Did. 29, 183,15 f. The multifarious connections between the Sentences and the Enneads are well explored by Schwyzer (1974) 221–252 and D’Ancona (2005) 139 ff. For a compared analysis of Sentence 32 and Enneads I 2 [19] on the grades of virtue, see sect. 2 below. See Tht. 176 a-c; Phd. 67 e-69 d, 81 e-82 b; Resp. IV 427 e-434 c, 442 b-443 b. Clearly, Plotinus also makes many other (explicit) references to Plato: see Catapano (2006b) 31–37, who especially underlines the importance of Phdr. 246 e-247 a and, above all, Prm. 132 d-133 a (on this last passage, see n. 5 below).

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be unrighteous.4 Starting from Plato’s suggestion that we must become like gods through virtue, Plotinus sets off on his enquiry on the nature of virtues to examine whether these are present in God and how assimilation to God (oJmoivwsi~ qew/') can be accomplished. It is not worth examining here the metaphysical and theological implications of Plotinus’ speculations (although these are arguably even more important than the ethical ones).5 For the purpose of this paper, we only need to bear in mind that in the course of his treatise Plotinus rejects the possibility that God – the final goal of all our efforts towards ethical improvement – can be assigned all the virtues necessary for human moral ascent, which include the “civic” or “political” (politikaiv)6 virtues on one hand, and the “superior” (meivzou~) and eminently cognitive ones on the other. To describe civic virtues, which oversee the various parts (or faculties) of the soul, Plotinus – as already mentioned – draws inspiration from book IV of Plato’s Republic. These four civic virtues are of course “practical wisdom (frovnhsi~) which has to do with discursive reason, courage (ajndreiva) which has to do with the emotions, balanced control (swfrosuvnh) which consists in a sort of agreement and harmony of passion and reason, justice (dikaiosuvnh) which makes each of these parts agree in minding their own business where ruling and being ruled are concerned”.7 It is through the practice of this kind of virtues that a human being can start assimilating himself to God: civic virtues curb desires and passions, and in doing so impose limit and measure on the soul; the more one is provided with “measure”, the more he/she will approach the Good and morally improve.8 Plato himself, according to Plotinus, attests to the existence of virtues superior to the civic when he speaks of virtues as “purifications”.9 Insofar as they effect an inner detachment from the body and earthly concerns, “purificatory” or “cathartic” virtues must necessarily differ from civic virtues, which serve to restrain desires and manifest in the sphere of social interaction. The very idea of “flight” from the world that is pleaded for in the Theaetetus as a necessary condition for becoming godlike, clearly refers to an ethical level different from that of civic virtues, viz. a

4 5

6 7 8 9

For bibliographical references on the idea of oJmoivwsi~ qew/' in the Platonic tradition, see Catapano (2006) 79. This point has been stressed by Catapano (2006b) 14 f.; (2006c) 34–37. The crucial problem raised by the Parmenides is an eminently metaphysical one, for it concerns the true nature of the mutual participation or similarity which according to Plato exists between ideal models and sensible copies. Plotinus resolutely points to the ontological difference between the two: participated Forms (or, rather, Forms as causal principles of participation) and the sensible objects that participate in them are homonymous, in the sense that they are not predicated of the same quality in the same way. On these grounds, Plotinus can on the one hand bypass the problems connected to the “Third Man”, and on the other conclude – as we shall soon see – that the Forms of the virtues present in God, i. e. in the Being-Intellect, are not virtues as commonly understood. “Civic” is probably a better translation than “political”; on this see Catapano (2006b) 9 n. 3. Plot. I 2 [19] 1,16–21; transl. Armstrong, slightly modified. See Plot. I 2 [19] 2,13–26. See Plot. I 2 [19] 3,8 and 10 f.; 7,9.

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higher level.10 The importance assigned to purification in Enneads I 211 should not lead us to believe that Plotinus regards superior virtues as kaqavrsei~, either as a whole or individually. What Plotinus maintains, rather, is that superior virtues presuppose a process of purification as a necessary condition for their own existence – but more on this later. Superior virtues possess a specifically cognitive character. These virtues allow human beings to free themselves from the body, enjoy a vision of the ideal Forms and share the perfect spiritual life of the hypostatic Intellect, which is perfectly divine.12 In this way, the goal of oJmoivwsi~ qew/' is attained. By and large, superior virtues consist in the exercise of qewriva. Still, Plotinus speaks of “virtues” in the plural: for even at this level mention is made of the four traditional civic virtues – a distinction that will be preserved in all later versions of the doctrine of the grades of virtue. These four virtues, however, here acquire a different meaning, one strictly related to qewriva: “Wisdom, theoretical and practical (sofiva me;n kai; frovnhsi~), consists in the contemplation of that which Intellect contains […]. So the higher justice (dikaiosuvnh hJ meivzwn) in the soul is its activity towards Intellect, its selfcontrol (swfronei'n) is its inward turning to Intellect, its courage (ajndreiva) is its freedom from affections, according to the likeness of that to which it looks […]”.13 Finally, the question as to whether there are any virtues in God is given a prompt negative answer by Plotinus: the Being-Intellect clearly contains the ideal patterns of all virtues (that is, their Forms), which nevertheless cannot be considered virtues in a proper sense.14 All that is crucial to our enquiry in Enneads I 2 [19] is neatly summed up by Giovanni Catapano: “Le virtù sono di due tipi e due soltanto: le virtù politiche e le virtù superiori. Le virtù politiche sono “misure” (mevtra) dell’anima, che moderano il suo attaccamento al mondo dei corpi; le virtù superiori invece presuppongono il distacco da questo mondo e la conversione al trascendente, e dispongono stabilmente l’anima nella contemplazione del divino, anzi sono questa contemplazione stessa in atto, nella misura in cui essa è consapevole e voluta. Virtù civili e virtù superiori rappresentano due gradi diversi di “assimilazione a un dio” (oJmoivwsi~ qew/)' , uno imperfetto, l’altro perfetto: le virtù politiche rendono simile a un dio 10 11 12 13

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See Plot. I 2 [19] 3,1–11. A long section of the Enneads is devoted to this matter: Plot. I 2 [19] 3,10–6,11. See Plot. I 2 [19] 3,19–22; 6,23–27. Plot. I 2 [19] 6,12–27; transl. Armstrong. At line 12 the term frovnhsi~ is missing from the mss., but can safely be restored on the basis of a parallel in Porphyry; see Catapano (2006) 185 f. In Plotinus, frovnhsi~ and fronei'n almost invariably possess a ‘cognitive’ or ‘intellectual’ meaning: see Sleeman/Pollet (1980) 1087; Catapano (1995) 52 and n. 26. 70–78; and, for instance, Plot. I 4 [46] 9,17–19; I 6 [1] 6,6–13; I 8 [51] 15,6–9; III 6 [26] 6,16 f. For the analogous use Porphyry makes of these terms, see Brisson-Flamand (2005) 632. As wisdom, courage, temperance and justice are seen to possess a different meaning depending on what stage of ‘life’ they operate in (a distinctively Neoplatonic notion), the Aristotelian distinction between ethical and dianoetical virtues plays little part in Neoplatonic formulations of the doctrine of the grades of virtue (see Catapano [2006b] 10). See Plot. I 2 [19] 2,3 f.; 6,11–7,3 where Plotinus answers the query put forth in the first chapter of the treatise. Aristotle’s God too has no ethical virtues; cf. E. N. X 8, 1178 b 8–18.

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perché portano ordine nell’anima e le impediscono di essere totalmente travolta da false opinioni, passioni e desideri; le virtù superiori invece perché le permettono di vivere come gli dèi, nella serenità dell’attività contemplativa. Il divino però non ha né le une né le altre; esso, in quanto Intelletto che eternamente contempla se stesso, costituisce soltanto il modello di cui le virtù (specialmente le superiori) sono “imitazione” (mivmhma)”.15 2. The fixing of the quadripartite scheme: Porphyry. The conceptual framework of the doctrine of the grades of virtue, as it occurs in various forms in late Antiquity and the Middle Ages, was first established by Porphyry in Sentence 32. Porphyry explicitly distinguishes four kinds16 of virtues, corresponding to four different kinds of human beings. These rank in the following ascending order: civic or active virtues, which belong to the political man and consist in moderating one’s passions; purificatory virtues, which belong to the person who is moving towards contemplation and consist in gaining impassibility; the virtues which look towards the Intellect and consist in the intellectual activity of the soul; and finally paradigmatic virtues, which belong to the Intellect as distinct from the soul and consist of the very essence of the Intellect. According to the above-mentioned doctrine, each of the four fundamental virtues (wisdom, courage, temperance and justice) acquires a different meaning according to which of the four levels it is situated on.17 While much indebted towards Plotinus’ treatise On Virtues,18 Sentence 32 diverges from it in two remarkable ways: 1) the paradigms of virtues existing in the Intellect are here said to constitute virtues themselves; and 2) two kinds of virtues superior to the political are identified in the human soul: those of he who is moving towards contemplation and those of he who has fully attained it. As far as the first point is concerned, Porphyry explicitly speaks of ajretai; paradeigmatikaiv in three passages of his Sentence: p. 28,6; p. 29,9; p. 31,8 Lamberz. Plotinus, as previously noted, had instead refused to regard the ideal patterns of virtues as virtues in themselves.19 As for the second point, Porphyry lists two intermediate classes of virtue between the civic and the paradigmatic (or exemplary or even archetypal) – in an ascending order: the purificatory virtues and those of the Intellect. Through “purificatory” virtues (26,1; 27,1. 8; 30,8; 31,6. 9), or “purifications” (24,2. 7. 9), the soul frees itself from the body and its passions, and becomes ready to engage in contemplation. These virtues belong to the soul which is purifying itself or has already 15 16 17

18 19

Catapano (2006b) 20 f. As explained in Saffrey/Segonds (2001) lxix n. 2, in this context the word generally used by authors is gevno~ (but Olympiodorus and Psellus also employ baqmov~). The third stage, that of intellectual virtues, for example, is structured as follows: “wisdom, both theoretical and practical (sofiva me;n kai; frovnhsi~), consists in the contemplation of the contents of intellect; justice (dikaiosuvnh) is the fulfilling (by each part of the soul) of the role proper to it in following upon intellect and directing its activity towards intellect; moderation (swfrosuvnh) is the internal conversion (of the soul) towards intellect; and courage (ajndreiva) is detachment from the passions through which the soul assimilates itself to that towards which it turns its gaze, which is itself free from passions” (Sent. 32, 27,9–28,4; transl. Dillon). See above, n. 2. See above, p. 133 and n. 14.

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done so, and is thus free to move on to contemplation (22,14 f.). Hence, they are once improperly referred to as “contemplative” virtues (25,9). Above these, at the third level, we find the virtues of the Intellect (31,7–8), which belong to the perfectly contemplative man (23,1). These correspond to the intellectual activity of the soul (27,8–9), which is to say to the soul that is permanently turned towards the Intellect and “filled with it” (29,10–11). To sum up: while ambiguous expressions on Plotinus’ part have led some scholars to underplay the divergences between his theory of virtues and that of Porphyry,20 a careful reading of the Enneads – and particularly the fourth chapter of Enneads I 2 – clearly suggests that Plotinus dismissed the idea that purifications might constitute virtues in themselves. In his view, the soul must undergo purification before it is capable of uniting with incorporeal and divine entities, which are akin to its true nature. Purification, then, is nothing but the conversion of the soul from the sensible realm to the intelligible, whereas true virtue consists in the soul’s contemplative union with the intelligible itself.21 It follows that at most superior virtues represent “purifications” in the sense that they can only reside in a soul which has already been purified. For Plotinus, therefore, no separate level of “purificatory” virtues exists distinct from superior virtues.22 3. Later developments of the doctrine of the grades of virtue. If the previous analysis is correct, it was Porphyry, and not Plotinus, who first established the quadripartite scheme of virtues (comprising the civic or political, purificatory or purgative, contemplative or theoretical, and paradigmatic or exemplary) that was destined to influence several philosophers in late Antiquity and the Middle Ages, including Thomas Aquinas and Bonaventure.23 The evolution of the doctrine of the grades of virtue in Greek Neoplatonism down to Michael Psellus and beyond has been the object of many detailed studies (although more work perhaps remains to be done on the Latin tradition in particular). The results of this research have excellently been summed up by H. D. Saffrey and A. Ph. Segonds in the introduction to their edition of Marinus’ Vita Procli.24 Here the two scholars provide a “very complete presentation of the evidence”,25 including a list of twenty-four ancient and medieval sources relevant to the present enquiry.26 20 21 22 23 24 25 26

See esp. Westerink (1976) 117 (commenting on in Phd. 8, § 2–3); Saffrey/Segonds (2001) lxxvii n. 1; Vorwerk (2001) 39–42. See esp. Plot. I 2 [19] 4,15–20. Once more, I agree with Catapano (2006b) 15–20 (with an extensive discussion of previous studies) and – before him – Dillon (1983). See Thom. De Aq., Summa theol. I–II, q. 61 art. 5; Q. disp. De virtutibus card., art. 4, ad septimum (cf. van Lieshout [1926] 164–180); Bonav., Hexaëm., coll. VI, 24–32 ed. maior; cf. van Lieshout (1926) 159–163. Saffrey/Segonds (2001) lxix-c. O’Meara (2006) 75 n. 4. The primary sources are of course the two texts we have been dealing with so far: 1) Plot. I 2 [19] and 2) Porph., Sent. 32. These are followed in chronological order by: 3) Macr., in Somn. Scip. I 8,3–10; 4) Synes., ep. 140; 5) Synes., Dion 9; 6) Hierocl., in CA, proem, p. 6,19–21; 7) Procl., In R. I, pp. 12,25–13,6; 8) Procl., In Alc. 96,7–16; 9) Marin., Procl.; 10) Ammon., in Int.,

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The first thing we learn from an examination of these sources is that in postPorphyrian Neoplatonism three new entries were added to the list of grades of virtue: natural (or physical) virtues and moral (or ethical) ones at the bottom of the hierarchical order; and theurgical virtues (also called “hieratical” or even “enthusiastic”) at the top. Natural and moral virtues, which were ranked before the political, are mentioned by Proclus for the first time in his Commentary on Plato’s Alcibia­ des. This text, along with later works by Marinus and Damascius, reveals that Neoplatonists conceived of natural and moral virtues in a way not dissimilar from that of Aristotle: the former are considered inborn and linked to one’s temperament; the latter as due to one’s habits and education.27 Still, as might be expected, these philosophers preferred to invoke Plato’s authority: First among virtues are the natural virtues, which we have in common with the animals and which are inextricably linked with the bodily temperament and frequently clash with each other; either they belong mainly to the animate body, or they are reflexes of reason when not impeded by temperamental disorder, or they may be due to routine acquired in a previous life. Plato discusses them in the Statesman and in the Laws.28 Above them are the ethical virtues, which we acquire by habituation and by a sort of true opinion; they are the virtues of well-bred children and are also found in certain animals; being beyond the influence of temperament they do not clash with each other. Plato deals with them in the Laws. They belong to reason and to the irrational faculties simultaneously.29

The first philosophers to mention theurgical virtues were Marinus and Damascius. The latter, however, called them “hieratical”, whereas Psellus, many centuries later, referred to them as the “enthusiastic” virtues.30 Aside from these terminological divergences, what matters is the fact that these philosophers all agreed that theurgical virtues are located in the divine part (qeoeidev~) of the human soul and are higher than those belonging to the level of Being: for they conjoin the human soul with entities which are situated beyond Being.31 These virtues – Marinus reports32

27 28 29 30 31

32

p. 135,12–32; 11) Phlp., in Cat. pp. 141,25–142; 12) Dam., in Phd. I §§ 138–144; 13) Simp., in Epict. proem 78–104; 14) Olymp., In Phd. 1 §§ 4,9–5,9; 8, § 2 f.; 15) Olymp., In Grg., proem 6 f., p. 6,1–21; 16) Olymp., In Alc. 4,15–5,9; 30,4–9; 155,3–7; 159,3–5; 177,21–22; 215,1–12; 222,4–223,3; 17) Anon., Proleg. ad Plat. Phil. 26,30–44; 18) Elias, Proll. 7, pp. 19,30–20,15; 19) David, Proll. 12, pp. 38,32–39,13; 20) Pseudo-Elias, in Isag. 14,24 f.; 21) Psell., Peri; ajretw'n, Philos. Minora II, Opusc. 32, pp. 109–111; 22) Psell., JErmhneiva eij~ to; rJhto;n th'~ Klivmako~, Theologica I, Opusc. 30,54–64; 23) Psell., de omn. doct. §§ 66–74, p. 43–47 Westerink (§§ 48–55, PG 122, coll. 717–724); 24) Eustr., in EN I, pp. 109,19–110,4. Two relevant passages from the Nicomachean Ethics are referred to in Saffrey/Segonds (2001) lxxxiv: II 1, 1103 a 14–18 and VI 13, 1144 b 1–9, 30–37. Dam., In Phd. I § 138; transl. Westerink; the Platonic passages referred to are Resp. 306 a 5–308 b 9 and Leg. XII 963 c 3–e 9. Dam., In Phd. I § 139; transl. Westerink. Damascius’ reference is to Plato, Leg. III 653 a 5–c 4. For the identity of manikh; ajrethv and qeourgikh; ajrethv in Psellus, see Saffrey/Segonds (2001) xcii f., n. 4. See Dam., In Phd. I § 144: “Lastly, there are the hieratic virtues, which belong to the Godlike part of the soul; they correspond to all the categories mentioned above, with the difference that while all others are existential, these are unitary. This kind, too, has been outlined by Iamblichus, and discussed more explicitly by Proclus” (transl. Westerink, slightly modified). See Marin., Procl. §§ 26–33.

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– come into play in the interpretation of Chaldean and Orphic texts, in the performance of theurgical rites and supernatural acts, and in the evocation of daemons and gods. A full list of the seven grades of virtues (natural, moral, political, purificatory, theoretical, paradigmatic, and hieratical) is only provided by Marinus (Vita Procli), Damascius (in Platonis Phaedonem I §§ 138–144) and Psellus (De omnifaria doc­ trina §§ 66–74). Marinus (who must have inspired Psellus) places paradigmatic virtues at the top of the hierarchy, cursorily describing them as virtues that are even “superior to the theurgical”.33 To tell the truth, the status of paradigmatic virtues after Porphyry is somewhat unclear; but before tackling this point, it is worth examining the specific contribution to the doctrine of the grades of virtue made by the major exponents of Neoplatonism after Porphyry. Iamblichus undoubtedly played a prominent role in defining the Neoplatonist system of virtues,34 albeit one that is difficult to precisely evaluate. No indisputable conclusions can be drawn on the matter from Iamblichus’ extant works. Von Albrecht’s claim that Iamblichus’ De Vita Pythagorica contains clear references to all seven grades of virtue is widely contested.35 The most significant work of Iamblichus for the purposes of the present enquiry would appear to be his lost treatise On Virtues, which Damascius refers to when dealing with paradigmatic virtues.36 Later reports suggest that it was Iamblichus who first introduced the idea of natural and moral virtues on the one hand, and of theurgical on the other. For sure, it was Iamblichus who fixed the canon of the Platonic dialogues, that is: the right order in which twelve of Plato’s dialogues were to be read in the Neoplatonic School.37 The anonymous Prolegomena to Plato’s philosophy list the sequence of natural, moral, political, purificatory and contemplative virtues in precisely this order. It is very likely, therefore – although it needn’t necessarily be the case – that this sequence goes back to the philosopher who first established the canon, namely Iamblichus. As far as the theurgical virtues are concerned, the prominent role played by Iamblichus in defining them is attested by Marinus:

33 34 35 36

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See Marin., Procl. § 3,1–7: “If we may classify virtues as physical, moral and political first, and then purifying, theoretic and theurgical, – not to mention the higher superhuman ones – we may begin with the physical virtues which are born with us” (transl. Guthrie, slightly modified). See in particular Dillon (1987) 862–909, esp. 902–904. See von Albrecht (2002) 255–274, and, contra, George (2002) 303 f. and n. 5; 313 f. and n. 41; Lurje (2002) 244–247. See Dam., In Phd. I § 143: “Archetypal virtues are those of the soul when it no longer contemplates the intelligence (contemplation involving separateness), but has already reached the stage of being by participation the intelligence that is the archetype of all things; therefore these virtues too are called ‘archetypal’, inasmuch as virtues belong primarily to intelligence itself. This category is added by Iamblichus in his treatise On Virtues” (transl. Westerink). Cf. also Westerink (1976) 117: “It must have been Iambl. in his Peri; ajretw'n who lengthened the scale both downwards and upwards”. See Anon., Prol. ad Plat. Phil. 26,13–43. On the canon of Iamblichus, see O’Meara (1989) 97–99.

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Alessandro Linguiti Thus imbued with the divine Oracles, Proclus achieved the highest of the virtues which the divine Iamblichus has so magnificently called the “theurgical”.38

Similar evidence had already been provided by Damascius.39 The full and explicit codification of the seven grades of virtue was probably Proclus’ achievement: evidence for this can be found in Damascius, who credits Proclus with having dealt with the hieratical virtues more explicitly (safevsteron) than Iamblichus.40 In addition, Proclus was also the first to describe the virtues which come after the purificatory as qewrhtikaiv.41 In his Vita Procli, Marinus makes striking and systematic use of the doctrine of the grades of virtue for biographical and – so to speak – hagiographical purposes: Marinus presents his master Proclus as excelling in every kind of virtue (except paradigmatic virtues, or – more correctly – the virtues that come before the hieratical ones) and always prominently displaying it. Much the same could be said of Damascius’ Vita Isidori. Indeed, the biographies of fifth-century pagan intellectuals mainly served to illustrate the philosophical ascent through the Neoplatonic grades of virtue.42 Damascius and Olympiodorus are important sources for the information they provide about their predecessors and for the personal touch they added to the doctrine of the grades of virtue. 4. Some ambiguous points. From a historical and philosophical point of view, the most debated issues surrounding to the Neoplatonic doctrine of virtue are probably the following three: the conceptual differences between Plotinus and Porphyry regarding the various grades of virtue; the peculiar way in which Plotinus envisages the relation between lower virtues and higher; and the status of paradigmatic virtues, and the terms used to describe them. The first topic was discussed at some length in the second section of the present paper. As noted there, both similarities and divergences can be found between Plotinus’s doctrine of virtue and that of Porphyry, and I am personally more inclined to agree with those scholars who stress the differences.43 A more general question regards the contrasting ways in which Plotinus and Marinus illustrate the relation among the various grades of virtue. Enneads I 2 [19] often stresses the separation – if not opposition – between lower virtues – that is, civic ones – and higher virtues, which have to do with contemplation and are the only ones that make oJmoivwsi~ qew/' possible. Plotinus emphasizes the discontinuity between the two groups of virtues by arguing that when higher virtues come into play it is almost impossible to activate the lower ones.44 Marinus, on the contrary, 38 39 40 41 42 43 44

Marin., Procl. § 26,20–23; transl. Guthrie, slightly modified. See above, n. 31. See above, n. 31. See Procl., In R. I p. 13,5. See Blumenthal (1984) and O’Meara (2006). It is worth adding that Porphyry, in his letter Ad Marcellam, would seem to share Plotinus’ view that the Forms of virtues are not virtues themselves. This stands in remarkable contrast to what is stated in Sentence 32 (see Zambon [2002] 305). See esp. Plot. I 2 [19] 3,1–11; 6,11; 7,20–31.

The Neoplatonic Doctrine of the Grades of Virtue

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wishes to show that Proclus’ happiness is due to the fact that he possessed and simultaneously exercised all virtues – natural, moral, political, purificatory, contemplative, and theurgical.45 It seems as if Marinus and probably the vast majority of later Neoplatonists were influenced by the Aristotelean pattern of ordered series, where superior items enclose inferior ones without annihilating them. Plotinus instead appears to lay stress on the opposition between superior and inferior in his treatment of virtue, as he does when addressing other philosophical issues (such as the relation between intelligible and sensible, spiritual and corporeal, or intellective and sensible knowledge). I would therefore suggest that in dealing with virtues Plotinus distances himself from all those conceptions – inspired by Aristotle – which tended to underemphasise the gaps existing among the different levels of reality.46 In moving towards a conclusion, I would like to examine the main problems concerning paradigmatic (or exemplary or even archetypal) virtues. As previously mentioned, Plotinus and Porphryry agreed that in the hypostatic Intellect ideal models of virtue exist, but disagreed as to whether these constitute virtues in themselves (at any rate, this is what emerges from a comparison between Enneads I 2 [19] and Sentence 32).47 Among philosophers who came after them, the first to explicitly mention paradigmatic virtues was Macrobius, who most probably did so under the influence of Porphyry. Macrobius writes (Somn. Scip. I 8,10): quartae [scil. vir­ tutes] sunt quae in ipsa divina mente consistunt, quam diximus nou'~ vocari, a quarum exemplo reliquae omnes per ordinem defluunt. Marinus later made a fleeting mention of paradigmatic virtues in his Vita Procli, without assigning them any specific name. Marinus speaks of virtues higher than the theurgical, and which transcend the human condition.48 Damascius and Oympiodorus dwelt on this same topic at length and explicitly used the term paradeigmatikaiv. Still, their accounts are far from unambiguous. Damascius states that paradigmatic virtues are situated at an intermediate level between contemplative virtues and hieratical ones, and that they are typical of human souls stably settled in the Intellect.49 According to Olympiodorus, by contrast, the paradigmatic virtues are simply identical to the theurgical.50 Exemplary virtues are thus characterised in three different ways which cannot 45 46

47 48 49 50

See Catapano (2006) 43. I cannot adduce textual evidence for this. All I am arguing is that Plotinus shows a sort of Platonic radicalism in his doctrine of virtues, which points to transcendence by opposing what is superior to what is inferior. This view, I guess, cannot easily be reconciled with the predominant approach adopted by later Neoplatonists, who always sought to harmonise Plato and Aristotle (on Plotinus’s eccentric position in the history of Platonism, see esp. Saffrey [1990] and Saffrey [2000]). Psellus, on the other hand, seemingly following in Iamblichus’ footsteps, argues for a degree of discontinuity between the intelligible realm and the sensible in his doctrine of the grades of virtue. According to his view, the human soul makes qualitatively different uses of the various kinds of virtue, depending on whether it is embodied or disembodied (see Psell., de omn. doct. § 72; I thank Dominic O’Meara for having drawn my attention to this point). See above p. 138 and n. 43. See Marin., Procl. § 3,4–6. See Dam., In Phd., I, § 143, quoted above, n. 36. See Olymp., In Phd., 8 § 2. 12–20 and the comments in Saffrey/Segonds (2001) xciv–xcv.

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Alessandro Linguiti

easily be harmonized with one another: as divine virtues (Macrobius and Marinus); as virtues possessed by souls that have become identical to the Intellect (Damascius); and as virtues equivalent to the theurgical (Olympiodorus). In addition, Damascius states that these virtues were introduced for the first time by Iamblichus51 – a rather surprising statement, considering that the expression ajretai; paradeigmatikaiv is already clearly attested in Porphyry’s Sentence 32, a text Damascius could hardly have ignored. Outstanding scholars such as A. J. Festugière, L. G. Westerink, H. D. Saffrey and A.Ph. Segonds have sought to explain these incongruities away, but the various solutions they proposed, however sharp and subtle, cannot be regarded as conclusive.52 ABSTRACT The conceptual framework of the doctrine of the grades of virtue, as it has variously been formulated in late Antiquity and the Middle Ages, was first developed by Porphyry in Sentence 32. Unlike Plotinus, Porphyry regarded the paradigmatic Forms of virtues existing in the Being-Intellect as virtues in themselves, and conceived of purifications as distinct and autonomous kinds of virtue. After Porphyry, it was presumably Iamblichus who extended the hierarchy of virtues to include seven grades: natural, moral, civic, purificatory, theoretical, paradigmatic, and hieratical. Plotinus had stressed the separation – if not opposition – between lower virtues and higher: the former he saw as affecting embodied souls, and the latter as being contemplative in nature and exclusively present in purified souls. Later Neoplatonists, by contrast, would seem to have emphasised the continuity and mutual influence existing among the various degrees of virtues.

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See again Dam., In Phd., I, § 143, quoted above, n. 36. These problems are discussed in Saffrey/Segonds (2001) xciii–xcviii.

„DIE TUGEND IST HINREICHEND ZUR ERLANGUNG DER GLÜCKSELIGKEIT“: DIE STOISCHE AUTARKIE-FORMEL IM KAISERZEITLICHEN PLATONISMUS Christian Tornau, Würzburg Der Begriff der Glückseligkeit oder Eudaimonie (eujdaimoniva) steht von Anfang an im Zentrum antiker ethischer Reflexion.1 Er bezeichnet das Ziel (tevlo~) oder höchste Gut (summum bonum), um dessentwillen alle anderen Güter erstrebt werden, das aber selbst nicht um eines anderen willen erstrebt wird, einen vollkommenen (tevleio~) und sich selbst genügenden (aujtavrkh~) Zustand, der gleichbedeutend mit einem guten, objektiv gelingenden Leben ist.2 Diese Bestimmung, über die unter antiken Ethikern weitgehend Einigkeit besteht, ist freilich rein formaler Art. Der Streit der Schulen entzündet sich an der Frage, worin das Glückseligkeit garantierende höchste Gut konkret besteht, d. h. welches Gut oder welche Güter man besitzen muß, damit das eigene Leben als gut oder gelingend angesehen werden kann. Hier zeigt sich schon früh eine charakteristische Spannung.3 Aristoteles definiert die Eudaimonie als „Aktivität der Seele im Sinne vollkommener Tugend (ajrethv)“,4 findet die Bedingungen für die Glückseligkeit also – mit deutlicher Wendung gegen die landläufige Auffassung von körperlichem Wohlergehen und sozialem und materiellem Erfolg als Voraussetzungen eines gelingenden Lebens – im Menschen selbst und seinem (moralisch) richtigen Handeln gemäß einer entsprechenden inneren Disposition. Die zentrale Bedeutung der ajrethv oder virtus für die Glückseligkeit ist auch in der nacharistotelischen Diskussion weitgehend Konsens. Doch bleibt daneben der Anspruch der körperlichen und äußeren Güter unabweisbar, d. h. die natürliche Intuition, daß ein Leben unter schwerem körperlichem Leiden, in materieller Bedürftigkeit und sozialer Isolation kaum als glückselig betrachtet werden kann.5 Aristoteles weist die These, daß für den tugendhaften Weisen der Besitz körperlicher und äußerer Güter ohne jede Relevanz sei, noch ohne ausführ1 2 3 4 5

Für wertvolle Hinweise danke ich Walter Mesch (Münster). Vgl. Arist., E. N. I 5, 1097 a 25–b 16. Zu den Grundannahmen antiker eudaimonistischer Ethik vgl. bes. Annas (1993) 27–46; außerdem Holte (1981); Linguiti (2000) 11–76. Annas nennt die divergierenden Tendenzen passend „the intuitive requirement“ und „the theoretical pull“ (Annas [1993] 365). E. N. I 13, 1102 a 5 f.: ∆Epei; d∆ ejsti;n hJ eujdaimoniva yuch'~ ejnevrgeiav ti~ kat∆ ajreth;n teleivan. Vgl. 1100 b 10. Es kommt also auf die Gewichtung innerhalb der traditionellen, schon bei Platon bezeugten Dreiteilung der Güterwelt in innere oder seelische, körperliche und äußere Güter (ta; ejktov~) an. Vgl. Plat., Leg. V 743 e; Arist., E. N. I 8, 1098 b 12–14; Wacht (1986). Die Gültigkeit dieser Dreiteilung wird unter Berufung auf das stoische Paradoxon o{ti movnon to; kalo;n ajgaqovn bestritten; vgl. auch Cic., Tusc. V 24.

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lichere Begründung als kontraintuitiv und absurd zurück.6 In der hellenistischen Philosophie rückt dieselbe These dagegen ins Zentrum der ethischen Schuldiskussion, seitdem die Stoiker sie energisch verfechten und theoretisch begründen.7 Schon Zenon scheint hierfür die paradoxe Formel geprägt zu haben, daß „die Tugend hinreichend ist zur Erlangung der Glückseligkeit“ (o{ti hJ ajreth; aujtavrkh~ pro;~ eujdaimonivan).8 In der stoischen ethischen Theorie folgt dieser Satz aus dem Prinzip, daß die Tugend (ajrethv) oder das moralisch Richtige (kalovn, honestum) nicht nur das höchste, sondern das einzige Gut ist; es ist mit Werten wie Gesundheit, Reichtum oder sozialer Anerkennung inkommensurabel, denen infolgedessen das Prädikat „Güter“ abzusprechen ist. Zenons Autarkie-Formel ist somit die eudaimonistische Wendung des anderen großen stoischen Paradoxons, „daß nur das ethisch Wertvolle ein Gut ist“ (o{ti movnon to; kalo;n ajgaqovn).9 Das Ergebnis ist das auch außerhalb der Stoa attraktive Ideal des von allen äußeren Gütern und Einflüssen unabhängigen stoischen Weisen. Scharfen Widerspruch findet die stoische Auffassung im hellenistischen und kaiserzeitlichen Peripatos, der unter Rückgriff auf Aristoteles den Anspruch der körperlichen und äußeren Güter verteidigt. Bei Alexander von Aphrodisias erweist sich als Kern der Differenz das unterschiedliche Tugendverständnis: Im Gegensatz zu dem verinnerlichten, auf äußeren Erfolg, ja sogar auf äußere Betätigung nicht angewiesenen Tugendbegriff der Stoa betrachtet Alexander die Aktivierung (ejnevrgeia) der als Disposition (e{xi~) verstandenen Tugend als das Entscheidende, und hierfür sind Objekte und Werkzeuge erforderlich.10 Eine vermittelnde Stellung nimmt Antiochos von Askalon ein. Entsprechend seinem Programm, Stoa und Peripatos als im Grundsätzlichen übereinstimmende Abkömmlinge der Alten Akademie zu erweisen, akzeptiert er sowohl die stoische Autarkie-Formel als auch die prinzipielle Vergleichbarkeit der Tugend mit den körperlichen und äußeren Gütern. Das Ergebnis ist die Unterscheidung mehrerer Stufen der Glückseligkeit: Für das glückliche Leben (vita beata) ist die Tugend hinreichend, doch für das absolut glückliche Leben (vita beatissima) sind zusätzlich die wichtigsten körperlichen und äußeren Güter erforderlich.11 Der ethische philosophische Diskurs des Hellenismus und der frühen Kaiserzeit stellt sich also wesentlich als eine Debatte zwischen Stoa und Aristotelismus 6 7

8 9 10 11

Die relevanten Stellen (E. N. I 3, 1095 b31–1096 a 2; I 9, 1099 a 31–b 7; I 11, 1100 b 22–1101 a 8; VII 14, 1153 b 14–25) bespricht Annas (1993) 364–384. Zur stoischen Position: Annas (1993) 388–411. Theophrast, der in seiner verlorenen Schrift περi; εujδαιμονivας die aristotelische Position anscheinend mehr oder weniger wiederholte, war offenbar scharfer Polemik von stoischer oder stoisch beeinflußter Seite (Antiochos?) ausgesetzt (Cic., Tusc. V 24 f. = Fortenbaugh [1992] 320; Annas [1993] 385–388). SVF I 187. Beide werden häufig zusammen zitiert (SVF III 29–45; 49–67). Cicero eröffnet mit ihnen als den Hauptparadoxa seine Paradoxa Stoicorum. Alex. Aphr. de an. mant. 159–168 Bruns (o{ti oujk aujtavrkh~ hJ ajreth; pro;~ eujdaimonivan); vgl. Sharples (2008) 215–223. Zu Antiochos und zum kaiserzeitlichen Peripatos: Annas (1993) 412–425; Görler (1994); Fladerer (1996); Karamanolis (2006) 44-84, bes. 72–80. Mit der Unterscheidung von Glückseligkeitsstufen setzt sich Antiochos natürlich in Widerspruch zu dem Grunderfordernis an die Eudaimonie, vollkommen und autark zu sein (vgl. oben Anm. 2).

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um die Frage der Autarkie der Tugend und der Bedeutung der äußeren Güter dar. Es ist nicht leicht, den Ort des Platonismus in dieser Diskussion zu bestimmen.12 Die These von der Autarkie der Tugend (wir sprechen im folgenden kurz von der „Autarkiethese“) kommt – jedenfalls in der stoischen Formulierung o{ti hJ ajreth; aujtavrkh~ pro;~ eujdaimonivan – in Platons Dialogen nicht vor und ist auch für die Alte Akademie nicht sicher bezeugt.13 Die skeptische Akademie äußert sich naturgemäß nicht in positiver Weise zum Thema. Antiochos findet die Autarkiethese in der soeben skizzierten hybriden Form in den ihm vorliegenden Zeugnissen über die Alte Akademie und über Aristoteles wieder.14 Spätestens seit dem 1. Jh. n. Chr. nimmt der Platonismus die Autarkiethese für Platon selbst in Anspruch. Die Positionen im Mittelplatonismus variieren dabei freilich in charakteristischer Weise. Alkinoos zitiert die stoische Formel wörtlich und gibt sie als platonisch aus, betrachtet also den stoischen Tugendrigorismus als einen genuinen Bestandteil platonischen Philosophierens. Gleiches gilt für Attikos, der in Aristoteles’ vermeintlicher Bestreitung der Autarkiethese und seiner Betonung der Relevanz der Zufallsgüter (tw'n ejk th'~ tuvch~) einen der Hauptwidersprüche zu Platon sieht.15 Auf der anderen Seite protestiert Plutarch im Namen der natürlichen Intuition scharf gegen die stoische Güterlehre; ein ausdrückliches Zitat der stoischen Autarkieformel findet sich in seinem unzweifelhaft echten Werk nicht, auch wenn er im asketischen Kontext bisweilen Sympathie für das Ideal der absoluten Selbstgenügsamkeit erkennen läßt.16 Im Bereich der Doxographie finden sich bis ins 3. Jh. n. Chr. vermittelnde, an die Ethik des Antiochos erinnernde Positionen. Plotin schließlich nimmt in der Schrift I 4 [46], die bereits mit ihrem – zwar nicht von Plotin selbst stammenden, aber treffend 12 13

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Das Verhältnis von Platonismus und Stoa hat jüngst einiges Interesse in der Forschung gefunden; vgl. z. B. Bonazzi/Helmig (2007), ebd. bes. Bonazzi (2007). Die Formulierung der pseudoplatonischen Definitiones (411 a 3: Qeo;~ zw/'on ajqavnaton, au[tarke~ pro;~ eujdaimonivan) bringt lediglich die formale Anforderung der Selbstgenügsamkeit an die Eudaimonie in einem theologischen Kontext zum Ausdruck, mit der starken stoischen These hat sie zunächst nichts zu tun. Hier muß immer mit Rückprojektion gerechnet werden. Ein gutes Beispiel bietet Arist. E. N. I 11, 1100 b 22–1101 a 8, wo Antiochos in der stilistisch bedingten Variation der Adjektive eujdaivmwn und makavrio~ vielleicht einen Hinweis auf die von ihm unterschiedenen zwei Stufen der Glückseligkeit gesehen hat (Annas [1993] 383; Karamanolis [2006] 77). Vgl. unten zu Klemens von Alexandria. Attic., fr. 2,9–17 des Places: Kai; prw'tovn g∆ ajpo; tou' koinou' kai; megivstou kai; kuriwtavtou th;n pro;~ Plavtwna parallagh;n ejpoihvsato, mh; thrhvsa~ to; mevtron th'~ eujdaimoniva~ mhde; th;n ajreth;n aujtavrkh pro;~ tou'to sugcwrhvsa~, ajll∆ ajpolisqw;n th'~ dunavmew~ th'~ kata; th;n ajreth;n kai; hJghsavmeno~ aujth/` prosdei'n tw'n ejk th'~ tuvch~, i{na meta; touvtwn e{lh/ th;n eujdaimonivan: eij d∆ ejf∆ eJauth'~ lhfqeivh, wJ~ ajduvnaton kai; oujk ejfikto;n th'~ eujdaimoniva~ memyavmeno~. Babut (1969) 334–355 mit einer Fülle von Belegen. Ein Zitat der stoischen Formel findet sich, soweit ich sehe, nur in De vita et poesi Homeri 136. Bezeichnend für Plutarchs Haltung ist Pericl. 16,7: ouj taujto;n d∆ ejsti;n oi\mai qewrhtikou' filosovfou kai; politikou' bivo~, ajll∆ oJ me;n ajnovrganon kai; ajprosdeh' th'~ ejkto;~ u{lh~ ejpi; toi'~ kaloi'~ kinei' th;n diavnoian, tw/' d∆ eij~ ajnqrwpeiva~ creiva~ ajnameignuvnti th;n ajreth;n e[stin ou| gevnoit∆ a]n ouj tw'n ajnagkaivwn movnon, ajlla; kai; tw'n kalw'n oJ plou'to~, w{sper h\n kai; Periklei', bohqou'nti polloi'~ tw'n penhvtwn. Hier ist die stoische Position der Vita contemplativa und die peripatetische der Vita activa zugeordnet.

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gewählten – Titel „Über die Glückseligkeit“ (peri; eujdaimoniva~) auf die hellenistische Debatte verweist, zugunsten der stoischen Seite Stellung; freilich begnügt er sich nicht mit einer bloßen Wiederholung der stoischen Autarkiethese, sondern gibt ihr eine platonisch-metaphysische Begründung und integriert sie damit in sein platonisches System. Der schon im Mittelplatonismus erkennbare Anspruch, daß die These der Autarkie der Tugend für die Erlangung der Glückseligkeit zwar in der Formulierung stoisch, der Sache nach aber platonisch ist, wird von Plotin – nach Ansätzen bei Alkinoos – argumentativ eingelöst. Damit ist dem späteren Neuplatonismus die Richtung vorgegeben. In der Spätantike ist die Autarkiethese bei christlichen wie nichtchristlichen Autoren intellektuelles Gemeingut.17 Man kann sich das mit der fortdauernden Anziehungskraft des Ideals des stoischen Weisen, aber auch mit der Aneignung der stoischen These durch den Platonismus, d. h. durch die einzige verbleibende philosophische Richtung der Spätantike erklären. Wie dem auch sei: Vor dem Hintergrund der hellenistischen und noch der frühkaiserzeitlichen Debatte ist die Präsenz der Formel, „daß die Tugend hinreichend ist zur Erlangung der Glückseligkeit“, im kaiserzeitlichen Platonismus keine Selbstverständlichkeit. Im folgenden sollen daher einige Stationen auf ihrem Weg von einer stoischen zu einer platonischen Autarkiethese näher ins Auge gefaßt werden. 1. Es steht außer Frage, daß der platonische Sokrates der Frage, „wie man zu leben hat“ (Gorg. 492 d) und „wer glücklich ist und wer nicht“ (ebd. 472 c-d), höchste Wichtigkeit beimißt, ebenso, daß er die landläufig-traditionelle Bindung der Eudaimonie an körperliche und äußere Güter wie Gesundheit, Reichtum und gesellschaftlichen Erfolg zu erschüttern versucht. Schwerer zu beantworten und in der modernen Forschung umstritten ist die Frage, ob Platon bereits eine mit der stoischen These vergleichbare Autarkiethese vertreten hat.18 Manche Gesichtspunkte scheinen in diese Richtung zu deuten: So fordert in der Politeia Glaukon mit dem Gedankenexperiment vom gefolterten und geblendeten Gerechten (Resp. II 361 e-362 a), der nach der Meinung der nichtphilosophischen Mehrheit fraglos unglücklich ist, Sokrates zum Widerspruch heraus, und die in der Politeia mit höchster Sorgfalt entwickelte Deutung der Tugend als einer von äußeren Umständen unbeeinflußten inneren Verfaßtheit bzw. als Wissen vom wahren Seienden dient jedenfalls auch der Revision dieser scheinbar unwiderleglichen vorphilosophischen Intuition (vgl. Resp. X 608 b; 612 a-b). In der Tat ist in der späteren platonischen Tradition das Gedankenexperiment des Glaukon im Sinne der Autarkiethese gelesen worden,19 und im Horizont der hellenistischen Debatte lag es jedenfalls nahe, es mit Aristoteles’ wegwerfender Behandlung des Paradoxons von der Glückseligkeit des Weisen auf dem Rad (E. N. VII 14, 1153 b 19–21) zu kontrastieren.20 Dennoch wird man nicht sagen können, daß die Abwertung der körperlichen und äußeren Güter im deutlich auf die Stoa vorausweisenden Sinne ein Hauptanliegen der Politeia ist. Ähnlich verhält es sich mit der Argumentation des Euthydemos und der 17 18 19 20

Vgl. z. B. Ph., Ebr. 200; Clem. Al., Strom. IV, 52,1–3 (mit Zitat von Plat., Resp. II 361 e); Greg. Naz., ep. 32 = SVF III 586; Lilla (1971) 69–72. Zu Augustinus vgl. Tornau (2006b) 254–262. Einen guten Überblick über die moderne Diskussion bietet Schriefl (2009). Z. B. von Klemens von Alexandria, s. o. Anm. 17. Vgl. auch Alcin. Did. 27, 181,9–14. Vgl. z. B. Attic., fr. 2,82–87; 108–125 des Places.

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Nomoi, nach der die körperlichen und äußeren Güter nicht per se gut sind, sondern es erst durch den richtigen Gebrauch, d. h. durch die Tugend, werden, sich bei falschem, d. h. ungerechtem Gebrauch aber als die größten Übel erweisen (Euthd. 280 b-282 d; Leg. II 661 a-c). Im Euthydemos ergibt sich daraus, daß einzig Weisheit (sofiva) und Torheit als Gut bzw. Übel gelten können, während die äußeren Güter per se weder gut noch schlecht sind. Die Stoiker scheinen dieses Argument im Sinne ihrer Indifferenz-Theorie so gewendet zu haben, daß die Möglichkeit des guten oder schlechten Gebrauchs es verbietet, den äußeren Gütern das Prädikat „gut“ zuzuerkennen.21 Doch handelt es sich hier um eine isolierte Stelle; insgesamt zeigt Platon keine Neigung, diesen Gütern das Prädikat „gut“ prinzipiell abzuerkennen oder ausführlich für oder gegen ihre Relevanz für die Eudaimonie des Weisen zu argumentieren. Die Dialoge bieten so zwar eine Reihe von Ansatzpunkten für eine Autarkiethese; da Platon die für die hellenistische Debatte charakteristische Frage nach dem Stellenwert der äußeren Güter aber in dieser Form nicht stellt, darf auch keine bündige und konsistente Antwort darauf von ihm erwartet werden.22 2. Nicht erst die moderne Forschung, sondern schon die antiken Leser hatten Mühe, Platons Position in der hellenistischen Eudaimoniedebatte gleichsam nachträglich zu bestimmen. Große Bedeutung kommt hier, wie es scheint, dem Wandel in der Beurteilung Platons durch die Stoiker zu. Chrysipp scheint Platon noch dafür kritisiert zu haben, daß er körperliche Güter wie die Gesundheit als „gut“ bezeichnet, ihm also die Autarkiethese abgesprochen zu haben (SVF III 157 bei Plut., Stoic. rep. 1040 D; wohl mit Blick auf Leg. I 631 c; II 661 d, vielleicht auch Euthd. 281 a).23 Dagegen argumentierte Antipater von Tarsos breit für das Vorliegen beider stoischer Tugend-Paradoxa bei Platon (SVF III Antipater 56).24 Auch wenn dies in erster Linie eine ad hominem-Argumentation gegen Karneades’ Kritik an der stoi-

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D. L. VII 102 f. = SVF III 117. Interessant ist die Kritik des Simplikios aus platonischer Perspektive: hJmw'n legovntwn tina; ajgaqa; mh; eujqu;~ ajgaqou;~ poiei'n, oi|on ta;~ dunavmei~, ai|~ e[stin eu\ kai; kakw'~ crh'sqai (ajgaqh; me;n ga;r hJ ejf∆ eJkavtera duvnami~, ajgaqo;n de; ouj poiei', eij mh; to; eu\ crwvmenon aujth/`) oiJ Stwi>koi; tou'to ajnairou'nte~ „pa'n, fasiv, to; ajgaqo;n ajgaqou;~ poiei'“ (in Ph. 1167,23–27 = SVF III 80). Zum Verhältnis des stoischen Arguments zum Euthydemos vgl. Annas (1993b). Es ist ohnehin fraglich, ob das im protreptischen Kontext geäußerte, bewußt provokative Argument des Euthydemos, das sogar die Mißbrauchbarkeit von Tapferkeit (ajndreiva) und Selbstbeherrschung (swfrosuvnh) ins Auge zu fassen scheint (281 c), interpretatorisch zu sehr belastet werden sollte. Vgl. Annas (2008). ejn de; toi'~ pro;~ Plavtwna kathgorw'n aujtou' dokou'nto~ ajgaqo;n ajpolipei'n th;n uJgiveian, ouj movnon th;n dikaiosuvnhn fhsi;n ajlla; kai; th;n megaloyucivan ajnairei'sqai kai; th;n swfrosuvnhn kai; ta;~ a[lla~ ajreta;~ aJpavsa~, a]n h] th;n hJdonh;n h] th;n uJgiveian h[ ti tw'n a[llwn, o} mh; kalovn ejstin, ajgaqo;n ajpolivpwmen. a} me;n ou\n rJhtevon uJpe;r Plavtwno~, ejn a[lloi~ gevgraptai pro;~ aujtovn … Man wüßte gern, wie Plutarch Platon verteidigt hat (der Querverweis gilt einem verlorenen Werk, vgl. Cherniss [1976] 471); die Inanspruchnahme der Autarkiethese für Platon im Stil des Attikos oder Alkinoos ist unwahrscheinlich, vgl. Anm. 16. ∆Antivpatro~ me;n ou\n oJ Stwi>kov~, triva suggrayavmeno~ bibliva peri; tou' „o{ti kata; Plavtwna movnon to; kalo;n ajgaqovn”, ajpodeivknusin o{ti kai; kat∆ aujto;n aujtavrkh~ hJ ajreth; pro;~ eujdaimonivan, kai; a[lla pleivw parativqetai dovgmata suvmfwna toi'~ Stwi>koi'~ (Clem. Al., Strom. V 97,6; Text und Kommentar bei Dörrie/Baltes (1990) 72 f. 316 f.

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schen Ethik gewesen sein sollte,25 war damit doch die Idee eines „stoischen“ Platon geboren. Die Relevanz dieser Tatsache für die Geschichte des Platonismus läßt sich an Ciceros Tusculanen (bes. Buch V) ablesen. Cicero argumentiert hier für das starke Verständnis der Autarkiethese (Tusc. V 1: virtutem ad beate vivendum se ipsa esse contentam) und gegen ihre Abschwächung durch Antiochos’ Unterscheidung von vita beata und vita beatissima, mit der eine – wenn auch eingeschränkte – Relevanz der äußeren Güter anerkannt ist; diese Position identifiziert er wie Antiochos selbst als altakademisch-peripatetischen Konsens (Tusc. V 30: veteribus illis, Aris­ toteli Speusippo Xenocrati Polemoni; vgl. V 39 etc.; Xenocr., frr. 241–249 Isnardi; Speus., frr. 102–107 Isnardi). Ihr stellt er die seines Erachtens konsequentere stoische Position gegenüber; den Standardeinwand des Antiochos, daß die Stoiker Spätlinge und lediglich verbale Neuerer seien, wehrt er ab, indem er die stoische Autarkiethese über die Alte Akademie hinweg auf Platon selbst zurückführt (Tusc. V 34–36).26 Damit ist, sicher gegen Antiochos’ eigenes Platonverständnis, zwischen Platon und die sich von ihm ableitende Tradition ein Keil getrieben und sind die Stoiker als die wahren Platoniker – genauer gesagt, Platon als Stoiker avant la lettre – erwiesen.27 Cicero begründet seine philosophiehistorische Konstruktion mit einer auf den Mittelplatonismus vorausweisenden Argumentationstechnik mit zwei Platonzitaten (Gorg. 470 d-471 a und Mx. 247 e-248 a);28 die Argumentationsfigur dürfte aber stoischer Provenienz sein (Antipater?), zumal in Ciceros Darlegung in Tusc. V genuin platonische Elemente sonst ganz fehlen. Im 1. Jh. v. Chr. konkurrieren in der Autarkiefrage also ein „stoischer“ und ein „antiochisch-altakademischer“ Platon. Beide Deutungen wirken im Mittelplatonismus fort, bevor im Neuplatonismus die Entscheidung zugunsten der stoischen Leseweise erfolgt – präziser ausgedrückt: bevor die stoische These ihrerseits in den Platonismus integriert und „platonisiert“ wird. Ciceros entschiedenes Eintreten für die Autarkiethese dürfte übrigens im lateinischen Bereich deren universale Akzeptanz in Kaiserzeit und Spätantike befördert haben. Ein Indiz dafür bietet Apuleius, der in seinem Porträt des platonischen Weisen dessen Selbstgenügsamkeit mit einer – freilich weder als Cicero- noch als Pla25

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So Baltes in Dörrie/Baltes (1990) 317, Anm. 1; Dillon (1993) 169. An der Klemens-Stelle ist von Karneades keine Rede, doch bezeugen Plutarch, Numenios und Diogenes Laertios, daß Antipater unter starkem argumentativem Druck des Karneades stand (SVF III Antipater 5; 6; 7; 59). Zu dieser Stelle: Lefèvre (2008) 154 f.; 246 f. Vgl. bes. Tusc. V 34: Et si Zeno Citieus, advena quidam et ignobilis verborum opifex, insinuasse se in antiquam philosophiam videtur, huius sententiae gravitas a Platonis auctoritate repetatur, apud quem saepe haec oratio usurpata est, ut nihil praeter virtutem diceretur bonum. Die abwertende Charakterisierung Zenons, die Antiochos’ von Cicero bei anderer Gelegenheit bekanntlich gern übernommenes Zenon-Bild wiedergibt, fungiert hier mit höchster rhetorischer Raffinesse als ironisches Antiochos-„Zitat“; hieraus dürfte sich die gelegentlich monierte (vgl. Lefèvre [2008] 155 mit Anm. 57) Grobheit der Formulierung erklären. Ebd. 36: Ex hoc igitur Platonis quasi quodam sancto augustoque fonte nostra omnis manabit oratio. Vgl. Görler (1974) 199. An diese und ähnliche Stellen dürfte Cicero auch denken, wenn er die stoischen Paradoxa als besonders „sokratisch“ einstuft (Luc. 136; parad. pr. 4). Die Berufung auf Sokrates hat hier sicher keinen antiplatonischen Charakter.

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ton-Zitat markierten – wörtlichen Übernahme aus der Menexenos­Übersetzung von Tusc. V 36 beschreibt (Apul., Pl. II 22,252).29 Cicero hatte einen engen Zusammenhang zwischen der Autarkiethese und der stoischen Apatheialehre hergestellt (was der Sache nach durchaus bedenkenswert ist, in der griechischen Diskussion, soweit wir sehen, aber selten geschehen ist; vgl. Tusc. V 12–19); Apuleius hebt abweichend von der im Mittelplatonismus mehrheitlich vertretenen Metriopathielehre30 die Apathie des platonischen Weisen hervor und verleiht diesem damit einen ciceronisch-stoischen Zug. 3. Die klarste und offenbar bewußt erfolgende Inanspruchnahme der stoischen Autarkiethese für Platon im Mittelplatonismus findet sich bei Alkinoos in dem den Abschnitt über die Ethik eröffnenden Eudaimonie-Kapitel des Didaskalikos (Alcin., Did. 27, 179,35–180,16; 180,39–41):31 To; me;n dh; timiwvtaton kai; mevgiston ajgaqo;n ou[te euJrei'n w/[eto ei\nai rJa/vdion ou[te euJrovnta~ ajsfale;~ eij~ pavnta~ ejkfevrein: […] to; mevntoi hJmevteron ajgaqovn, ei[ ti~ ajkribw'~ aujtou' ta; suggravmmata ajnalavboi, ejtivqeto ejn th/` ejpisthvmh/ kai; qewriva/ tou' prwvtou ajgaqou', o{per qeovn te kai; nou'n to;n prw'ton prosagoreuvsai a[n ti~. Pavnta ga;r ta; oJpwsou'n par∆ ajnqrwvpoi~ ajgaqa; nomizovmena tauvth~ uJpelavmbane tugcavnein th'~ prosrhvsew~ tw/' oJpwsou'n metevcein ejkeivnou tou' prwvtou kai; timiwtavtou, o{nper trovpon kai; ta; glukeva kai; ta; qerma; kata; metousivan tw'n prwvtwn th;n ejpwnumivan e[cein: movna de; tw'n ejn hJmi'n ejfiknei'sqai aujtou' th'~ oJmoiovthto~ nou'n kai; lovgon, dio; kai; to; hJmevteron ajgaqo;n kalo;n ei\nai kai; semno;n kai; qei'on kai; ejravsmion kai; suvmmetron kai; †daimonivw~ proskalouvmenon. Tw'n de; legomevnwn uJpo; tw'n pollw'n ajgaqw'n, oi|on uJgieiva~ kavllou~ te kai; ijscuvo~ kai; plouvtou kai; tw'n paraplhsivwn mhde;n ei\nai kaqavpax ajgaqovn, eij mh; tuvcoi th'~ ajpo; th'~ ajreth'~ crhvsew~: cwrisqevnta ga;r tauvth~ u{lh~ movnon ejpevcein tavxin, pro;~ kakou' ginovmena toi'~ fauvlw~ aujtoi'~ crwmevnoi~: e[sq∆ o{te de; aujta; kai; qnhta; wjnovmazen ajgaqav. […] oi|~ sunw/dovn ejsti to; levgein aujto;n movnon ei\nai to; kalo;n ajgaqovn, kai; th;n ajreth;n aujtavrkh pro;~ eujdaimonivan. Das wertvollste und höchste Gut sei, so meinte er, weder leicht zu finden noch sei es sicher, es allen mitzuteilen, wenn man es gefunden habe (vgl. Plat., Tim. 28 c)32 […]; unser Gut dagegen 29

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Nec angetur carissimis orbatus adfectibus, vel quod ex se omnia sunt apta quae ad beatitudi­ nem pergunt, vel quod decreto et lege rectae rationis interdicitur eiusmodi adflictatio … ut qui in se reponit omnia nec cuiusquam absentia virtutis esse indigens potest. Vgl. Cic., Tusc. V 36: ‘Nam cui viro’ inquit ‘ex se ipso apta sunt omnia, quae ad beate vivendum ferunt, nec suspensa aliorum aut bono casu aut contrario pendere ex alterius eventis et errare coguntur, huic op­ tume vivendi ratio comparata est … neque enim laetabitur umquam nec maerebit nimis, quod semper in se ipso omnem spem reponet sui.’ Vgl. Alcin., Did. 30, 184,20–36; 32, 186,14–24; Plut., Virt. mor. 444 B-D; 446 D; 449 B und die Schrift De virtute morali insgesamt; Beaujeu (1973) 301. Daß gerade Alkinoos, der die stoische Autarkiethese explizit für Platon in Anspruch nimmt (s. u.), daneben ohne philosophische Bedenken für die Metriopathie plädieren kann, ist ein starkes Indiz für Ciceros Originalität in dieser Frage und dafür, daß die Abweichung bei Apuleius sich tatsächlich durch ciceronischen Einfluß erklärt. Die Hypothese, daß Alkinoos mechanisch kompiliert hat, ist in diesem Fall weit weniger ökonomisch. Vgl. zu diesem Kapitel: Whittaker/Louis (1990) 135–137; Dillon (1993) 165–171. Eine deutsche Übersetzung bei Summerell/Zimmer (2007) 55. 57. Eine Übersetzung und Kommentierung von 179,35–180,15 unter dem Gesichtspunkt der philosophischen Theologie bieten Dörrie/Baltes/Pietsch (2008) 215–217. Parallelen zu Apul., Pl. II 1,219–221 und II 12,237 verzeichnet Göransson (1995) 160–164. Alkinoos’ übliche Gleichsetzung des Demiurgen mit der Idee des Guten der Politeia; vgl. Dör-

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Christian Tornau setzte er – wenn man seine Schriften genau durchsieht33 – in dem Wissen und der Schau des ersten Guten an, das man Gott und den ersten Geist nennen kann. Denn alles, was bei den Menschen in irgendeiner Weise als gut gilt, erhält nach seiner Auffassung diesen Titel dadurch, daß es in irgendeiner Weise an jenem ersten und höchsten [Gut] teilhat, so wie süße und warme Dinge ihre Bezeichnung im Sinne der Teilhabe an dem primär [Süßen bzw. Warmen]34 haben.35 Von dem, was in uns ist, erreichen nur der Geist und die Vernunft die Ähnlichkeit mit ihm (= dem ersten Guten);36 darum ist auch unser Gut schön,37 ehrwürdig, göttlich, begehrenswert und wohlproportioniert …38 Von den Dingen dagegen, die von den meisten Menschen als gut bezeichnet werden, wie z. B. Gesundheit, Schönheit, Körperkraft, Reichtum und Ähnliches, sei, kurz gesagt, kein einziges gut, wenn ihm nicht die Nutzung seitens der Tugend zuteil werde.39 Ohne diese haben sie ja nur den Rang einer Materie40 inne, und sie schlagen denen, die

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rie/Baltes/Pietsch (2008) 592. Wahrscheinlich Resp. VI f., vgl. unten Did. 27, 181,7–18 (Whittaker/Louis [1990] 135). kata; metousivan tw'n prwvtwn: der Plural wohl wegen der zwei Beispiele; es gibt ja jeweils nur ein primär Warmes (das Feuer) oder Süßes. Die Unterscheidung von „primär“ und „sekundär“ Gutem auch bei Eudoros, Stob. II 55,22– 56,7 Wachsmuth (dort auch die Zuweisung der Maxime movnon to; kalo;n ajgaqovn an Platon): Movnon me;n to; kalo;n ajgaqovn: kaqovti tw'n o[ntwn oujde;n ajgaqovn, eij mhv ti metalavboi th'~ ajreth'~, w{sper oJ dalo;~ kai; oJ sivdhro~ tou' purov~, ou| cwri;~ oujde;n aJplw'~ qermovn: meta; d∆ a[llwn ajgaqw'n tw'n trivwn genw'n, o{son meteivlhfen aujth'~ ta; duvo, ta; swmatika; su;n toi'~ ejktov~. ÔW~ ga;r th'~ selhvnh~ ajfwvtisto~ me;n hJ oujsiva kaq∆ auJthvn, metalhvyei de; th'~ hJliakh'~ aujgh'~ fwtivzetai, ou{tw~ oujde;n o} mh; metevcei th'~ ajreth'~ ajgaqovn. Der Gedanke der Anähnlichung an Gott (oJmoivwsi~ qew/'); vgl. Alcin., Did. 2, 152,30–153,15 = Dörrie/Baltes (2002) 62–64. Vgl. Plat., Tim. 87 c 4 f.: pa'n dh; to; ajgaqo;n kalovn, to; de; kalo;n oujk a[metron. Das ist nicht äquivalent mit der stoischen These, daher muß Alkinoos einen Umkehrschluß ziehen. Ich lasse die m. E. unheilbare Korruptel daimonivw~ proskalouvmenon unübersetzt (Vorschläge bei Whittaker/Louis [1990] 53. 136; Dörrie/Baltes/Pietsch [2008] 218). Summerell/Zimmer übernehmen Witts Konjektur daimovniovn pw~ kalouvmenon und übersetzen: „irgendwie ‚daimonisch‘ genannt wird“. Baltes vermutet einen Bezug zu der etymologisierenden Bestimmung von eujdaivmwn in Plat., Tim. 90 c und schreibt: daimonivw~ kalouvmenon, „werde auf geradezu göttliche Weise bezeichnet“ (Dörrie/Baltes/Pietsch [2008] 218 f. 594 f.). Grundtexte: Plat., Leg. I 631 b-c; II 661 a-d; Euthd. 280 b-282 d. Vgl. Did. 27, 180,41–181,5. th'~ ajpo; th'~ ajreth'~ crhvsew~: Die Worte ajpo; th'~ stehen nur zur Vermeidung eines doppelten th'~ statt des subjektiven Genetivs; zu umständlich die Übersetzung von Dörrie/Baltes/Pietsch (2008): „es sei denn, der Einsatz der Tugend ist mit ihrer Anwendung verbunden“. Die Wendung ist nicht platonisch (vgl. aber Euthd. ebd.); vgl. Arist., E. N. V 3, 1129 b 31 (dort objektiver Genetiv); Cic., ac. I 21 (Antiochos): vitae autem (id enim erat tertium) adiuncta esse dice­ bant quae ad virtutis usum valerent; ib. 22: itaque omnis illa antiqua philosophia sensit in una virtute esse positam beatam vitam, nec tamen beatissimam nisi adiungerentur etiam corporis et cetera quae supra dicta sunt ad virtutis usum idonea. Häufig in doxographischen Abrissen der aristotelischen Teloslehre (D. L. V 30: Tevlo~ de; e}n ejxevqeto crh'sin ajreth'~ ejn bivw/ teleivw/; vgl. Stob. II 50,11 f.; II 130,18 f. Wachsmuth), aber ähnlich auch Platon zugeschrieben (ebd. II 50,5 f., zitiert unten Anm. 49). Vgl. Annas (1993) 414. Äußere Güter als Material für die Nutzung durch die Tugend: stoisch, vgl. Epict., Diss. I 29,1– 4: Oujsiva tou' ajgaqou' proaivresi~ poiav, tou' kakou' proaivresi~ poiav. tiv ou\n ta; ejktov~; u|lai th/` proairevsei, peri; a}~ ajnastrefomevnh teuvxetai tou' ijdivou ajgaqou' h] kakou'. pw'~ tou' ajgaqou' teuvxetai; a]n ta;~ u{la~ mh; qaumavsh/. ta; ga;r peri; tw'n uJlw'n dovgmata ojrqa; me;n o[nta ajgaqh;n poiei' th;n proaivresin, strebla; de; kai; diestrammevna kakhvn. tou'ton to;n novmon oJ qeo;~ tevqeiken kai; fhsivn „ei[ ti ajgaqo;n qevlei~, para; seautou' lavbe“.

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sie schlecht gebrauchen, zum Schlechten aus. Bisweilen nennt er sie auch „sterbliche Güter“.41 […] Damit harmoniert, daß er sagt, daß einzig das Schöne gut ist und daß die Tugend hinreichend ist zur Erlangung der Glückseligkeit (= SVF III 29–37 und 49–67).

Alkinoos behauptet, daß beide Tugend-Paradoxa der Stoa mit dem „System“ Platons, d. h. mit seiner Lehre vom Guten und Schönen, konsistent sind (oi|~ sunw/dovn ejsti to; levgein aujto;n movnon ei\nai to; kalo;n ajgaqovn, kai; th;n ajreth;n aujtavrkh pro;~ eujdaimonivan, Did. 27, 180,39–41). Im Gegensatz zu der bei Cicero greifbaren Stoisierung Platons nimmt Alkinoos aber eine Platonisierung der stoischen Ethik vor, was sich an seiner Neuinterpretation des Begriffs des Schönen und – in Abhängigkeit hiervon – der Tugend zeigt. Das Schöne ist bei Alkinoos nicht mehr, wie für die Stoiker, ausschließlich das moralisch Richtige (honestum). Er vertritt vielmehr einen doppelten Begriff des Guten und des Schönen,42 wobei zwischen dem primären und dem sekundären Guten ein Ableitungsverhältnis besteht: Das Gute und Schöne an sich ist Gott und das wahre Seiende, d. h. die von Alkinoos ja als Gedanken Gottes verstandenen platonischen Formen;43 gut und schön im abgeleiteten Sinne ist unsere Erkenntnis und Kontemplation des wahren Guten und Schönen, während alle übrigen Güter erst durch den richtigen Gebrauch zu Gütern werden (180,9–16 nach Leg. II 661 a-d; Euthd. 280 b-282 d). Indem er die körperlichen und äußeren Güter vom Bereich des Guten (im primären wie im sekundären Sinne) ausschließt, kann Alkinoos das Schöne und das Gute als koextensiv erweisen und so aus Tim. 87 c („das Gute ist schön“) per Umkehrschluß das erste stoische Paradoxon („nur das Schöne ist gut“) gewinnen, aus dem dann in traditioneller Weise das zweite Paradoxon mit der eigentlichen Autarkiethese folgt. Die Tugend, die allein die Glückseligkeit garantiert, interpretiert Alkinoos unter Berufung auf die Politeia strikt als kontemplative Tugend, d. h. als das Wissen von Gott und dem Seienden. Damit knüpft er zwar auch an den Tugend-Intellektualismus der Stoa an, doch wird der Gegenstand des Tugend-Wissens klar im Sinne platonischer Metaphysik gedeutet. Ein stoischer Traditionsbestandteil ist die unplatonische Formulierung, daß die äußeren und körperlichen Güter lediglich die indifferente „Materie“ für den rechten Gebrauch durch die Tugend seien: Hier zeigt sich deutlich, daß Alkinoos die Passagen des Euthydemos und der Nomoi über den rechten Gebrauch der äußeren Güter im Sinne der stoischen Indifferenztheorie verstanden wissen will. 4. Während Alkinoos den hellenistischen „stoischen“ Platon zumindest teilweise gleichsam re-platonisiert, lebt in manchen mittelplatonischen doxographischen Einträgen der Platon des Antiochos fort, wie etwa in dem knappen Eintrag des Diogenes Laertios zur platonischen Ethik (D. L. III 78): Peri; de; ajgaqw'n h] kakw'n toiau'ta e[lege: tevlo~ me;n ei\nai th;n ejxomoivwsin tw/' qew/'. th;n d∆ ajreth;n aujtavrkh me;n ei\nai pro;~ eujdaimonivan, ojrgavnwn de; prosdei'sqai tw'n peri; sw'ma pleonekthmavtwn, ijscuvo~, uJgieiva~, eujaisqhsiva~, tw'n oJmoivwn: kai; tw'n ejktov~, oi|on plouvtou kai; eujgeneiva~ kai; dovxh~. oujde;n de; h|tton eujdaivmona e[sesqai to;n sofovn, ka]n tau'ta mh; parh/`.

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Nicht wörtlich, vgl. aber Plat., Leg. I 631 b (Whittaker/Louis [1990] 53 im Apparat). Vgl. dazu den doxographischen Text bei Clem. Al., Strom. II 131,2, der allerdings die bei Alkinoos folgende metaphysische Begründung nicht enthält. Alcin., Did. 10, 164,7–166,14 = Dörrie/Baltes/Pietsch (2008) 102–104. 56–64. 88 f.

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Christian Tornau Über Güter und Übel äußerte Platon sich folgendermaßen. Das Endziel sei die Anähnlichung an Gott (Plat., Tht. 176 b etc.). Die Tugend sei hinreichend für die Glückseligkeit, sie bedürfe aber der körperlichen Vorteile als Werkzeuge, der Körperkraft, Gesundheit, guter Wahrnehmungsfähigkeit usw.; und auch der äußeren Güter, wie Reichtum, Adel und guter Ruf. Nichtsdestoweniger werde der Weise auch dann glückselig sein, wenn diese Dinge nicht vorhanden seien.

Diogenes nimmt zunächst die Autarkiethese in ihrer stoischen Formulierung für Platon in Anspruch, qualifiziert sie aber sogleich unter Verwendung aristotelischer Terminologie dahingehend, daß die Tugend „zusätzlich“ der körperlichen und äußeren Güter „bedürfe“ (prosdei'sqai),44 und schließt mit dem Hinweis, daß der Weise dennoch auch ohne diese Güter glückselig sei. Das ist klar eine Zusammenfassung der auf verschiedene Eudaimoniegrade hinauslaufenden Kompromißlösung des Antiochos (vita beata – vita beatissima).45 Die Zusammenfassung des Diogenes hat offenkundig die Funktion, Platons Antwort auf die hellenistische Frage nach der Bedeutung der äußeren Güter für die Glückseligkeit zu geben; und da Platon diese Frage nicht gestellt hat, wäre auch Diogenes’ bzw. Antiochos’ Antwort nur mit einiger interpretatorischer Mühe aus den Dialogen zu gewinnen. Inwieweit diese veränderte Perspektive eine Verfälschung ist, sei dahingestellt. Interessanter mag die Frage erscheinen, wann dieser Perspektivwechsel eingetreten ist: Ist die Eudaimonielehre des Antiochos im Grundzug bereits diejenige der Alten Akademie gewesen (H. J. Krämer),46 oder setzt sie die hellenistische Debatte zwischen Stoa und Peripatos und damit die radikale Formulierung und theoretische Begründung der Autarkiethese durch die Stoiker voraus (J. Annas)?47 Aufschluß verspricht die bei Klemens von Alexandria erhaltene Doxographie über die Glückslehren der Akademiker Speusipp, Xenokrates und Polemon (Clem.

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Vgl. Arist., E. N. I 9, 1099 a 31–b 2: faivnetai d∆ o{mw~ kai; tw'n ejkto;~ ajgaqw'n prosdeomevnh, kaqavper ei[pomen: ajduvnaton ga;r h] ouj rJa/vdion ta; kala; pravttein ajcorhvghton o[nta. polla; me;n ga;r pravttetai, kaqavper di∆ ojrgavnwn, dia; fivlwn kai; plouvtou kai; politikh'~ dunavmew~; E. N. VII 14, 1153 b 16–21: oujdemiva ga;r ejnevrgeia tevleio~ ejmpodizomevnh, hJ d∆ eujdaimoniva tw'n teleivwn: dio; prosdei'tai oJ eujdaivmwn tw'n ejn swvmati ajgaqw'n kai; tw'n ejkto;~ kai; th'~ tuvch~, o{pw~ mh; ejmpodivzhtai tau'ta. oiJ de; to;n trocizovmenon kai; to;n dustucivai~ megavlai~ peripivptonta eujdaivmona favskonte~ ei\nai, eja;n h/\ ajgaqov~, h] eJkovnte~ h] a[konte~ oujde;n levgousin. Vgl. z. B. Cic., Tusc. V 22: quae scripsit etiam Antiochus locis pluribus, virtutem ipsam per se beatam vitam efficere posse neque tamen beatissimam; deinde ex maiore parte plerasque res nominari, etiamsi quae pars abesset, ut vires, ut valetudinem, ut divitias, ut honorem, ut glo­ riam, quae genere, non numero cernerentur; item beatam vitam, etiamsi ex aliqua parte clau­ deret, tamen ex multo maiore parte optinere nomen suum. Krämer (1971) bes. 217, Anm. 132; 230, Anm. 179; ders. (2004). Krämer findet bei Aristoteles und in der Alten Akademie eine der hellenistischen nicht unähnliche Diskussion um die Autarkiethese, die als sokratisch und (wie später bei Antiochos) als „Minimallösung“ gegolten habe (Krämer [2004] 53. 120). Grundsätzlich optimistisch hinsichtlich der meist aus Cicero (d. h. in der Regel von Antiochos) stammenden Nachrichten über die altakademische Ethik ist auch Dillon (2003). Annas (1993) 385–388; 431 f.: Hatte Aristoteles die Autarkiethese noch mit Berufung auf die natürliche Intuition kurz abwehren können, so war das nach ihrer theoretischen Begründung durch die Stoa nicht mehr möglich.

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Al., Strom. 2, 133,4–7 = Speus., fr. 101 Isnardi [fr. 77 Tarán] + Xenocr., fr. 232 Isnardi + Polemon, fr. 123 Gigante): (4) Speuvsippov~ te oJ Plavtwno~ ajdelfidou'~ th;n eujdaimonivan fhsi;n e{xin ei\nai teleivan ejn toi'~ kata; fuvsin e[cousin h] e{xin ajgaqw'n, h|~ dh; katastavsew~ a{panta~ me;n ajnqrwvpou~ o[rexin e[cein, stocavzesqai de; tou;~ ajgaqou;~ th'~ ajoclhsiva~. ei\en d∆ a]n aiJ ajretai; th'~ eujdaimoniva~ ajpergastikaiv. (5) Xenokravth~ te oJ Kalchdovnio~ th;n eujdaimonivan ajpodivdwsi kth'sin th'~ oijkeiva~ ajreth'~ kai; th'~ uJphretikh'~ aujth/` dunavmew~. (6) ei\ta wJ~ me;n ejn w|/ givnetai, faivnetai levgwn th;n yuchvn: wJ~ d∆ uJf∆ w|n, ta;~ ajretav~: wJ~ d∆ ejx w|n wJ~ merw'n, ta;~ kala;~ pravxei~ kai; ta;~ spoudaiva~ e{xei~ te kai; diaqevsei~ kai; kinhvsei~ kai; scevsei~: wJ~ d∆ w|n oujk a[neu, ta; swmatika; kai; ta; ejktov~. (7) oJ ga;r Xenokravtou~ gnwvrimo~ Polevmwn faivnetai th;n eujdaimonivan aujtavrkeian ei\nai boulovmeno~ ajgaqw'n pavntwn, h] tw'n pleivstwn kai; megivstwn. dogmativzei gou'n cwri;~ me;n ajreth'~ mhdevpote a]n eujdaimonivan uJpavrcein, divca de; kai; tw'n swmatikw'n kai; tw'n ejkto;~ th;n ajreth;n aujtavrkh pro;~ eujdaimonivan ei\nai. (4) Speusipp, der Neffe Platons, sagt, daß die Glückseligkeit die vollkommene Disposition in Bezug auf die naturgemäßen Dinge ist oder das Haben der guten Dinge,48 ein Zustand, nach dem zwar alle Menschen Begehren tragen; doch die Guten zielen auf die Störungsfreiheit. Die Tugenden dürften [demnach] das die Glückseligkeit Herstellende sein.

(5) Xenokrates von Chalkedon bestimmt die Glückseligkeit als Besitz der spezifischen [menschlichen] Tugend und der ihr dienenden Mittel.49 (6) Sodann nennt er offenbar als dasjenige, worin sie entsteht, die Seele, als dasjenige, wodurch sie entsteht, die Tugenden, als dasjenige, woraus sie als aus ihren Teilen entsteht, die wertvollen Handlungen, die trefflichen Dispositionen, Anlagen, Bewegungen und Verhältnisse, und als dasjenige, ohne welches sie nicht entsteht, die körperlichen und äußeren Güter. (7) Denn sein Schüler Polemon möchte offenbar, daß die Glückseligkeit das hinreichende Vorhandensein aller Güter sei, oder der meisten und wichtigsten. Er vertritt jedenfalls die Lehrmeinung, daß es ohne Tugend niemals Glückseligkeit geben kann und daß die Tugend auch ohne die körperlichen und äußeren Güter hinreichend für die Glückseligkeit ist.

Diese Doxographie folgt auf eine partiell mit Alkinoos übereinstimmende,50 die Autarkiethese aber nicht ausdrücklich thematisierende Erklärung des Glücksbegriffs bei Platon selbst als „Anähnlichung an Gott“ (II 132,1–133,3) und ist ihrerseits ganz auf die Frage der Autarkie ausgerichtet. Der Text enthält Randbemerkungen des Klemens oder (eher) seiner Quelle und hellenistisch-kaiserzeitliche philosophische Terminologie, so daß das authentisch-altakademische Material kaum zu isolieren ist.51 Speusipp bestimmt nach Klemens das Glück allgemein als e{xi~, als 48 49

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Das Wortspiel mit e{xi~ ist unübersetzbar. Dillon versucht es so: „a perfect state in the area of what is natural, or the state of [possession of] goods“ (Dillon [2003] 65). Die Übersetzung ist nicht ganz befriedigend; worauf es ankommt, ist jedenfalls das Miteinander von Besitz der Tugend und den Mitteln ihrer praktischen Umsetzung. Der Sache nach entspricht das ganz Aristoteles’ Auffassung, daß Glückseligkeit die Aktivierung einer Disposition (e{xi~ = Xenokrates’ kth'si~) ist. Vgl. die von Areios Didymos (?) Platon zugeschriebene aristotelisierende Eudaimonie-Definition: kth'si~ a{ma kai; crh'si~ th'~ teleiva~ ajreth'~ (Stob. II 50,5 f. Wachsmuth; vgl. oben Anm. 39). Vgl. oben Anm. 42. Vgl. bes. ajoclhsiva (II 133,4), ein Terminus, der ansonsten mit der Doxographie des hellenistischen Peripatos assoziiert ist (vgl. Annas [1993] 413); vgl. weiter oben bei Klemens selbst ajoclhvtw~ (II 127,3 = Hieronymos von Rhodos, fr. 13 und Diodoros, fr. 4 Wehrli) sowie Iamb., De an., Stob. I 383 Wachsmuth = Hieronymos, fr. 12 Wehrli; Cicero übersetzt ajoclhsiva mit indolentia (fin. II 19 = Hieronymos, fr. 9a Wehrli) oder vacuitas doloris (ebd.; fin. V 14 = Hie-

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das „Haben“ der naturgemäßen Güter oder die richtige Haltung dazu; die Bestimmung des Strebensziels der „Guten“ als „Störungsfreiheit“ verrät Kenntnis von Speusipps antihedonistischer Ethik;52 die gelegentlich zu findende Annahme, daß der Terminus ajoclhsiva selbst auf Speusipp zurückgeht,53 entbehrt angesichts von dessen Bezeugung in hellenistischen doxographischen Texten jedoch der Grundlage.54 Der letzte Satz des Eintrags über Speusipp (II 133,4: ei\en d∆ a]n aiJ ajretai; th'~ eujdaimoniva~ ajpergastikaiv) ist – wie die zurückhaltende Formulierung im Optativ zeigt – wahrscheinlich ein Interpretament des Doxographen, in dem sich dessen vorrangiges Interesse an der Autarkiefrage spiegelt. Vermutlich soll Speusipp damit der stoisch-rigorosen Richtung zugeordnet werden; die Annahme, daß eine Stufenlösung im Stil des Antiochos gemeint ist (Tugend führt per se zur vita beata, aber erst in Verbindung mit der „Störungsfreiheit“ zur vita beatissima),55 kann nicht völlig ausgeschlossen werden, überlastet aber tendenziell den Text. Xenokrates definiert Glück als Besitz der Tugend zuzüglich der ihr dienenden Mittel; das stimmt sachlich exakt mit Diogenes’ Platon-Referat und mit dem hellenistischen Verständnis der aristotelischen Ethik überein und dokumentiert insofern nur den von Antiochos postulierten altakademisch-peripatetischen Konsens. Anders als bei Diogenes fehlt aber jede aristotelische Terminologie; die Rede vom „Besitz“ (kth'si~) erinnert eher an Platons Euthydemos.56 Xenokrates‘ Ethik ist mit Hilfe einer bemerkenswerten Variation der „Präpositionen-Metaphysik“ formuliert,57 deren Anwendung auf die Ethik singulär ist. Es wäre attraktiv, hierin authentisches Material aus Xenokrates zu sehen, wenn nicht die Methode, philosophische Prinzipien kompakt in Form präpositionaler Umschreibungen zu benennen, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Errungenschaft der hellenistischen Doxographie wäre.58 Die Formulierung des Klemens läßt überdies vermuten, daß er hier kein Referat, sondern ein Interpretament gibt (II 133,6 faivnetai levgwn analog zum Optativ im Schlußsatz zu Speusipp). Der Eintrag über Polemon schließlich enthält wörtlich die stoische Autarkiethese und ist begleitet von einem Interpretament, das die Glückskonzeption

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ronymos, fr. 8c Wehrli). Peripatetischen Klang hat auch uJphretikh'~ (2, 133,5), das mit den o[rgana bei Diogenes zusammengehört; vgl. Plut., Virt. mor. 444 C-D: ouj ga;r a{pasan ajreth;n mesovthti givnesqai rJhtevon: ajll∆ hJ me;n ajprosdeh;~ tou' ajlovgou kai; peri; to;n eijlikrinh' kai; ajpaqh' nou'n sunistamevnh sofiva kai; frovnhsi~ aujtotelhv~ tiv~ ejstin ajkrovth~ tou' lovgou kai; duvnami~, h/| to; qeiovtaton ejggivnetai th'~ ejpisthvmh~ kai; makariwvtaton, hJ d∆ ajnagkaiva dia; to; sw'ma kai; deomevnh th'~ paqhtikh'~ w{sper ojrganikh'~ uJphresiva~ ejpi; to; praktikovn. Plutarchs gegen den stoischen Intellektualismus gerichtete Schrift hat manche Berührungspunkte mit Aristoteles und Alexanders Polemik o{ti hJ ajreth; oujk aujtavrkh~ pro;~ eujdaimonivan; vgl. oben Anm. 10 und Karamanolis (2006) 115–123. Vgl. Krämer (1971) 204 f. mit Anm. 85; (2004) 27 f.; Isnardi Parente (1980) 350; Dillon (2003) 66 f. Isnardi Parente (1980) 350; Dillon (2003) 66. Vgl. Anm. 51. So Krämer (2004) 27; Isnardi Parente (1982) 349. Vgl. bes. 280 d 4–7: Dei' a[ra, e[fhn, wJ~ e[oiken, mh; movnon kekth'sqai ta; toiau'ta ajgaqa; to;n mevllonta eujdaivmona e[sesqai, ajlla; kai; crh'sqai aujtoi'~: h] oujde;n o[felo~ th'~ kthvsew~ givgnetai. Vgl. Dörrie/Baltes (1996) 110–114. Vgl. Dörrie/Baltes (1996) 381 f.; Dillon (2003) 141 f.

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der Alten Akademie in der Formulierung des Antiochos bietet (II 133,7: th;n eujdaimonivan aujtavrkeian ei\nai … ajgaqw'n pavntwn, h] tw'n pleivstwn kai; megivstwn; vgl. Antiochos bei Cic., ac. I 22; fin. IV 15).59 Zumindest für Polemon kann also gesagt werden, daß Klemens’ Doxographie lediglich Antiochos’ Bild der altakademischen (und aristotelischen) Ethik und seine Sichtweise auf die Ethikgeschichte wiedergibt. Das heißt nicht, daß in ihr kein genuin altakademisches Material verarbeitet ist oder daß die altakademische Ethik damit nicht grundsätzlich richtig beschrieben wäre. Freilich gibt auch eine solche Auffassung Rätsel auf: Wen trifft Aristoteles’ Polemik gegen die Autarkiethese an Stellen wie E. N. VII 14, 1153 b 16–23,60 wenn er sich in der Ethik mit der Alten Akademie grundsätzlich einig ist – etwa Platon selbst? Und wie muß man sich die Platon-Interpretation der Alten Akademie vorstellen – im Sinne der eigenen gemäßigten Version der Autarkiethese oder im Sinne einer rigoroseren Konzeption, von der man dann bewußt abgewichen wäre? Eine mögliche Lösung wäre, die aristotelische Polemik ganz auf Außenseiterpositionen wie die der Kyniker zu beziehen;61 in diesem Fall wäre die Autarkiethese in einer mit der stoischen Formulierung vergleichbaren Form im 4. Jh. v. Chr. von ernstzunehmenden Philosophen (zu denen Aristoteles Platon und die Alte Akademie sicher gezählt hat) überhaupt noch nicht diskutiert worden, und die von Antiochos beeinflußten oder direkt auf ihn zurückgehenden Zeugnisse müßten als reine Rückprojektionen der hellenistischen Debatte betrachtet werden. Wie dem auch sei: Die Doxographien des Klemens und Diogenes beweisen, daß die Integration der Autarkiethese im stoischen Verständnis in den Platonismus bis ins 3. Jh. n. Chr. hinein keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist und das „antiochische“ Platonbild noch gleichberechtigt neben dem „stoischen“ steht. Das ändert sich mit Plotin. 5. Plotins Schrift I 4 [46] Über die Glückseligkeit kann als ganze als Stellungnahme in der stoisch-peripatetischen Debatte um die Autarkiefrage gelesen werden. Wie die Stoa verfolgt Plotin das Anliegen, den Weisen (spoudai'o~), d. h. den Besitzer der vollkommenen Tugend, als unabhängig von allen äußeren Gütern und unbe59

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Antiochos bei Cic., ac. I 22: Ita tripertita ab his inducitur ratio bonorum. atque haec illa sunt tria genera quae putant plerique Peripateticos dicere. id quidem non falso; est enim haec par­ titio illorum; illud imprudenter, si alios esse Academicos qui tum appellarentur alios Peripate­ ticos arbitrantur. communis haec ratio, et utrisque hic bonorum finis videbatur, adipisci quae essent prima in natura quaeque ipsa per sese expetenda aut omnia aut maxima; ea sunt autem maxima, quae in ipso animo atque in ipsa virtute versantur. itaque omnis illa antiqua philoso­ phia sensit in una virtute esse positam beatam vitam, nec tamen beatissimam nisi adiungeren­ tur etiam corporis et cetera quae supra dicta sunt ad virtutis usum idonea. In Cic., fin. IV 15 wird dieselbe Ethik Xenokrates und Aristoteles zugeschrieben (Dillon [2003] 138 bespricht die Stelle daher im Kapitel über Xenokrates); allein diese Tatsache legt nahe, daß wir es bei Klemens nicht mit spezifischem Material über Polemon, sondern mit der Rekonstruktion des Antiochos zu tun haben, der an einer präzisen Unterscheidung zwischen den Vertretern der Alten Akademie kein Interesse hatte. Zitiert oben Anm. 44. So die ältere Forschung, vgl. z. B. Dirlmeier (1956) 504: „An Kynisches zu denken liegt wegen der Zugespitztheit nahe.“ Im Kontext argumentiert Aristoteles freilich gegen den Antihedonismus des Speusipp (1153 b 4 f.; vgl. Dirlmeier [1956] 503).

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troffen von äußeren Schicksalsschlägen zu erweisen (vgl. die traditionellen Exempla von den Schicksalen des Priamos und dem Stier des Phalaris, I 4,5,6 f. und 13,7), und er bezeichnet das Leben des Weisen ausdrücklich als selbstgenügsam für die Glückseligkeit (I 4,4,23–25: Aujtavrkh~ ou\n oJ bivo~ tw/' ou{tw~ zwh;n e[conti: ka]n spoudai'o~ h/\, aujtavrkh~ eij~ eujdaimonivan kai; eij~ kth'sin ajgaqou'). Plotin gibt der hellenistischen Idealfigur des Weisen jedoch ein neues, platonisches Gesicht.62 Die stoische Auffassung der allein glücksrelevanten Tugend als vollkommener Vernunft (teleivwsi~ lovgou) wird zitiert und akzeptiert, aber nicht einfach für Platon reklamiert; vielmehr diagnostiziert Plotin bei den Stoikern ein Begründungsdefizit, das mit Hilfe der platonischen Metaphysik zu beheben ist (I 4,2,31–55; diese Methode des Umgangs mit der stoischen Ethik ist implizit schon bei Alkinoos präsent, wird von Plotin aber erstmals explizit reflektiert). Dieses Programm ist vor allem in dem zentralen Kapitel I 4,4 durchgeführt:63 (1) Eij me;n ou\n th;n teleivan zwh;n e[cein oi|ov~ te a[nqrwpo~, kai; a[nqrwpo~ oJ tauvthn e[cwn th;n zwh;n eujdaivmwn. Eij de; mhv, ejn qeoi'~ a[n ti~ to; eujdaimonei'n qei'to, eij ejn ejkeivnoi~ movnoi~ hJ toiauvth zwhv. ∆Epeidh; toivnun fame;n ei\nai kai; ejn ajnqrwv(5)poi~ to; eujdaimonei'n tou'to, skeptevon pw'~ ejsti tou'to. Levgw de; w|de: o{ti me;n ou\n e[cei teleivan zwh;n a[nqrwpo~ ouj th;n aijsqhtikh;n movnon e[cwn, ajlla; kai; logismo;n kai; nou'n ajlhqinovn, dh'lon kai; ejx a[llwn. ∆All∆ a\rav ge wJ~ a[llo~ w]n a[llo tou'to e[cei; ]H oujd∆ e[stin o{lw~ a[nqrwpo~ mh; ouj kai; (10) tou'to h] dunavmei h] ejnergeiva/ e[cwn, o}n dh; kaiv famen eujdaivmona ei\nai. ∆All∆ wJ~ mevro~ aujtou' tou'to fhvsomen ejn aujtw/' to; ei\do~ th'~ zwh'~ to; tevleion ei\nai; ]H to;n me;n a[llon a[nqrwpon mevro~ ti tou'to e[cein dunavmei e[conta, to;n de; eujdaivmona h[dh, o}~ dh; kai; ejnergeiva/ ejsti; tou'to kai; meta(15)bevbhke pro;~ to; aujtov, ei\nai tou'to: perikei'sqai d∆ aujtw/' ta; a[lla h[dh, a} dh; oujde; mevrh aujtou' a[n ti~ qei'to oujk ejqevlonti perikeivmena: h\n d∆ a]n aujtou' kata; bouvlhsin sunhrthmevna. Touvtw/ toivnun tiv pot∆ ejsti; to; ajgaqovn; ]H aujto;~ auJtw/' o{per e[cei: to; de; ejpevkeina ai[tion tou' ejn aujtw/' kai; a[llw~ (20) ajgaqovn, aujtw/' paro;n a[llw~. Martuvrion de; tou' tou'to ei\nai to; mh; a[llo zhtei'n to;n ou{tw~ e[conta. Tiv ga;r a]n kai; zhthvseie; Tw'n me;n ga;r ceirovnwn oujdevn, tw/' de; ajrivstw/ suvnestin. Aujtavrkh~ ou\n oJ bivo~ tw/' ou{tw~ zwh;n e[conti: ka]n spoudai'o~ h/\, aujtavrkh~ eij~ eujdaimonivan kai; eij~ kth'sin (25) ajgaqou': oujde;n gavr ejstin ajgaqo;n o} mh; e[cei. ka]n spoudai'o~ h/\ codd. HS1: kai; spoudai'o~, h/| Harder, HS2 Wenn der Mensch in der Lage ist, das vollkommene Leben zu besitzen, dann ist derjenige Mensch, der dieses Leben hat, glückselig. Wenn nicht, dann müßte man die Glückseligkeit bei den Göttern ansetzen, wenn es allein bei diesen ein derartiges Leben gibt. Da wir nun aber behaupten, daß es die besagte Glückseligkeit auch bei den Menschen gibt, müssen wir untersuchen, wie das möglich ist. Ich meine das so: Daß der Mensch ein vollkommenes Leben besitzt, weil er nicht nur die Fähigkeit der sinnlichen Wahrnehmung hat, sondern auch das rationale Denken und den wahren Geist, ist auch aufgrund anderer Überlegungen klar. Aber hat er es so, daß er [, der es hat], von diesem [, das er hat], verschieden ist? Nein; er ist ja überhaupt kein Mensch, wenn er nicht auch dies entweder der Möglichkeit oder der Verwirklichung (Aktivität) nach hat; der letztere ist es ja, den wir als glückselig bezeichnen. Aber werden wir sagen, daß die besagte vollkommene Form des Lebens in ihm ist als ein Teil von ihm? Eher, daß der andere [= der erstere] Mensch dies als einen Teil besitzt, insofern er es nur der Möglichkeit nach besitzt, während der bereits glückselige Mensch, der dies auch der Verwirklichung (Aktivität) nach ist und zu eben demselben übergegangen ist, dies ist. Das Übrige liegt ihm nunmehr lediglich [äußerlich] bei; man kann es wohl nicht einmal als Teil von ihm ansetzen, weil es ihm 62 63

Vgl. dazu Schniewind (2003). Zu diesem Text: Linguiti (2000) 107 f.; Schniewind (2003) 115–136; McGroarty (2006) 83–95.

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ohne sein Wollen beiliegt. Zu ihm gehören würde es nur, wenn es gemäß seinem Willen mit ihm verbunden wäre.64 Was also ist für diesen das Gute? Nun: er selbst, aufgrund eben desjenigen Guten, das er [in sich] hat. Das jenseitige Gute dagegen ist Ursache des Guten in ihm und in einem anderen Sinne gut, und es ist ihm auf andere Weise gegenwärtig.65 Der Beweis dafür, daß dies66 der Fall ist, ist, daß derjenige, der in diesem Zustand ist, nichts anderes sucht.67 Was sollte er denn auch noch suchen? Von den geringeren Dingen ja sicher nichts, und mit dem Besten ist er zusammen. Wer das Leben (zwhv) in dieser Weise besitzt, hat also ein sich selbst genügendes Leben (bivo~); und wenn er spoudaios ist, dann genügt er sich selbst zur Glückseligkeit und zum Besitz des Guten;68 denn es gibt nichts Gutes, das er nicht hat.

Plotin setzt an bei der aristotelischen Gleichsetzung von Eudaimonie und gutem Leben (eu\ zh'n) und folgert, daß der Ort des guten Lebens nur das primäre und wahre Leben auf der Stufe des transzendenten Geistes (nou'~) sein kann. Damit erhebt sich die Frage, ob dieses Leben dem Menschen überhaupt zugänglich ist. Plotin antwortet, daß das Leben des Geistes und damit die Glückseligkeit zum Wesen des Menschen selbst gehört, und zwar entweder potentiell (dunavmei) oder aktualisiert (ejnergeiva)/ . Im letzteren Fall – wenn ein Mensch das in ihm (zunächst nur latent) präsente geistige Leben für sich aktualisiert und seine Aktivität ganz auf diese Stufe verlegt hat – ist der Mensch nichts anderes mehr als rein geistiges und damit glückseliges Leben; alles Körperliche ist dann nur noch äußerer, ihm selbst nicht zugehöriger Zusatz. Wenn nun das geistige Leben das Glück ist und der Mensch eins mit dem Geist ist, dann bedarf er zur Glückseligkeit keines Gutes mehr, das er nicht selbst ist. Folglich erfüllt der neuplatonische Weise (spoudai'o~),69 dessen Einssein mit dem Geist zugleich die höchste Vollendung der Tugend bedeutet,70 die stoische Forderung der Autarkie. Die Grundlage dieser Glückskonzeption ist offenkundig Plotins Lehre vom „nicht herabgestiegenen Seelenteil“ und die daraus resultierende Anthropologie des doppelten (einerseits rein geistigen, andererseits psychophysischen) Menschen.71 64

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perikeivmena, sunhrthmevna: hier mehr oder weniger synonym. Es handelt sich um Plotins bekannte doppelte Anthropologie, nach der der lebende Körper unserem wahren Selbst (der Vernunftseele) als ein Anderer, Fremder anhängt. In Plotins Ethik kommt viel darauf an, welche Haltung der wahre Mensch zu diesem „Partner“ annimmt, d. h. ob er sich an ihn verliert oder weitgehend von ihm frei machen kann (vgl. I 4,16,3–9; VI 4,15,32–40). Die Differenzierung zwischen dem menschlichen („unsrigen“) Guten und dem Guten ejpevkeina th'~ oujsiva~ (Plat., Resp. VI 509 b) erinnert an die Doppelung des Guten bei Alkinoos (Did. 27) und an parallele Stellen bei Eudoros (Stob. II 55,22–56,7 Wachsmuth) und Klemens (Strom. II 131,2). Zur Gegenwart des Einen-Guten bei uns vgl. bei Plotin bes. VI 9,7,1–5; 8,24–36; zur besonderen Bedeutung von „gut“ mit Bezug auf das Eine: VI 7,19–25, bes. 25,24–32; V 5,13. Daß der Glückselige das Gute in sich hat (Rückgriff auf 18 f.). Vgl. VI 5,12,14–16 über die Einheit des Selbst mit dem Nous. Zum kth'si~-Begriff vgl. die oben besprochenen Doxographien des Speusipp und Xenokrates bei Klemens (Strom. II 133,4 f.). Der Satz Plotins liest sich so, als stelle er sich auf die stoische Seite und betrachte Glückseligkeit als ein reines „Haben“, eine innere Disposition; tatsächlich steuert er aber einen Mittelkurs, weil die Einheit mit dem Geist für ihn Aktivität (ejnevrgeia) ist. Plotin sagt nicht ausdrücklich, daß der Weise der vollkommen Tugendhafte ist, doch liegt das in der Tradition des Begriffs (vgl. Schniewind [2003] 29–47). Vgl. bes. Plot. I 2,6–7. Vgl. VI 4,14 f.; Linguiti (2000) 43–52; ders. (2001); Tornau (2009) 333–360.

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Die Anwendung dieser Anthropologie auf die Eudaimoniefrage in I 4,4 ist aber auch (im Sinne des Programms von I 4,2) darauf berechnet, befriedigende Antworten auf die charakteristischen Streitfragen der hellenistischen Schuldiskussion zu finden. So war es ein häufiger, insbesondere von Antiochos vorgetragener Einwand gegen die Stoiker, daß sie mit der Autarkiethese lediglich das Glück der Seele, nicht aber das des aus Seele und Körper bestehenden Menschen berücksichtigten (Cic., fin. IV 28 etc.). Dieser Kritik begegnet Plotin, indem er die Identität des glücklichen Menschen mit dem Geist betont (I 4,4,12–17). Die Konsequenz ist freilich, daß der „zweite“, psychophysische Mensch allenfalls anständig, aber nicht weise und mithin auch nicht glückselig sein kann (I 4,16,1–6); daraus ergibt sich der plotinische ethische Imperativ, sich schon zu Lebzeiten möglichst von dem Körpermenschen zu lösen. Mit der Anwendung der Potenz-Akt-Unterscheidung auf die Glücksfrage (I 4,4,12–17) wiederum begegnet Plotin dem peripatetischen Einwand gegen die Stoa, daß Tugend lediglich Disposition (e{xi~, kth'si~) sei, die sich erst durch Tätigkeit und Gebrauch (ejnevrgeia, crh'si~) realisiere und insofern auf äußere Dinge angewiesen sei (Alex. Aphr., De an. mant. 159,28 f.): Das Leben auf der Ebene des Geistes ist per se ejnevrgeia, Besitz und Gebrauch des Guten sind hier eins. Auf die mittelplatonische Unterscheidung von absolutem und menschlichem Gut (Gott/ Formen und Tugend, vgl. Alcin., Did. 27) greift Plotin zurück, wenn er das im geistigen Leben bestehende Gut des Weisen von dem seinstranszendenten Guten/Einen selbst unterscheidet (I 4,4,19 f.). Wegen der Seinstranszendenz kann das glückssichernde Gut bei ihm indessen nicht, wie bei Alkinoos, in der Kontemplation des absoluten Guten bestehen. Glück ist für Plotin die Seins- und Selbstkontemplation des Weisen auf der Geist-Ebene; auch wenn die ausführliche metaphysische Analyse des Guten in VI 7,19–36 strebenstheoretische Elemente aufnimmt72 und in einer Beschreibung der unio mystica als absoluter Erfüllung der Strebungen der menschlichen Seele gipfelt,73 spielt die Einswerdung mit dem Einen in Plotins Eudaimonielehre keine Rolle und wird auch nicht mit dem Adjektiv eujdaivmwn beschrieben.74 6. Mit dieser Stellungnahme hat Plotin dem späteren Neuplatonismus die generelle Richtung in der Autarkiefrage vorgegeben (vgl. z. B. Porph., in Ti. fr. 7 Sodano = Procl., in Ti. I 56,15–24;75 Procl., in Prm. 1014,12–16 Steel76). Ausführlichere 72 73 74 75

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Vgl. z. B. VI 7,25,16–32; 27,26–28. Vgl. VI 7,34,21–27. Umgekehrt fehlen die für die Schrift VI 7 und für Plotins Lehre vom Guten zentralen erotischen Elemente in der Eudaimonielehre von I 4. Vgl. Tornau (2006c). Porfuvrio~ me;n ou\n luvei th;n ajporivan levgwn, o{ti ta;~ e{xei~ aiJ ejnevrgeiai teleiou'sin ouj movnon aiJ pro; tw'n e{xewn, ajlla; kai; aiJ ajp∆ aujtw'n proi>ou'sai: […] i{na ou\n teleivan o[ntw~ qewrhvsh/ th;n politeivan oJ Swkravth~, ajpaitei' kai; kinoumevnhn aujth;n eij~ polemika;~ pravxei~ tw/' lovgw/ qeavsasqai kai; ajgwnizomevnhn pro;~ a[lla~, kai; e[oikev, fhsi, dia; touvtwn ei\nai dh'lo~ ouj th;n e{xin th'~ ajreth'~ kaq∆ auJthvn, ajlla; th;n ejnergou'san aujtavrkh pro;~ eujdaimonivan tiqevmeno~. Trotz stoisierender Ausdrucksweise ist deutlich, daß Porphyrios, wie schon Plotin, dem peripatetischen Vorwurf entgehen will, dem bloßen „Haben“ der Tugend Vorrang vor ihrer Aktivierung einzuräumen. Proklos wirft ihm im Folgenden nicht ganz zu Unrecht Import peripatetischen Gedankenguts in die Timaios­Exegese vor. oi|on […] eij me;n ajqavnato~ hJ yuchv, sumfua' zwh;n e[cei, hJ ajreth; aujth'~ aujtavrkh~ ejsti; pro;~

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ethische Diskussionen finden sich allerdings selten. Der Sache nach können die späteren Neuplatoniker Plotins metaphysische Begründung nicht vollständig übernehmen, weil sie die Lehre vom nicht herabgestiegenen Seelenteil ablehnen. Eine andere Differenz hängt damit zusammen. Gegenüber Plotin und Porphyrios ist der Kanon der neuplatonischen Tugendgrade später um die sog. hieratischen oder theurgischen Tugenden erweitert, durch die man den Kontakt mit den göttlichen Henaden oder sogar dem Einen selbst erreicht.77 Nach der Logik der Autarkiethese wäre demnach – anders als bei Plotin – erst die Henosis mit dem absoluten Transzendenten die wahre Glückseligkeit; zugleich zeigt sich die Tendenz, analog zur Stufung der Tugend auch unterschiedliche Eudaimoniegrade anzunehmen. Dies ist jedenfalls der Duktus der Proklosvita des Marinos, die für ihren Protagonisten nacheinander den Besitz jeder einzelnen Tugendstufe nachweist und so seine vollkommene Eudaimonie deutlich macht. Erkennbar wird es vor allem im zweiten Kapitel, wo Marinos Proklos sowohl die – offenbar kontemplativ aufzufassende – Glückseligkeit des platonischen Weisen als auch, mit deutlich stoisierender Formulierung, das gelingende Leben im Sinne der sich selbst genügenden Tugend zuschreibt;78 und er erkennt sogar ein an den äußeren Gütern orientiertes, vorphilosophisches Glücksverständnis an, auch wenn er es für die Eudaimonie des Proklos nicht für relevant hält.79 Eine solche Stufung ist freilich schwer mit dem Prinzip der Vollkommenheit der Eudaimonie in Einklang zu bringen (schon die Stufenlösung des Antiochos hatte hier ihren neuralgischen Punkt gehabt);80 vielleicht ist dies der Grund, aus dem in den zahlreichen spätneuplatonischen Behandlungen der Tugendgrade die Glücksthematik merkwürdig unterbelichtet bleibt. Läßt sich aus diesen Beobachtungen eine folgerichtige Entwicklung hin zu einer neuplatonischen Autarkiethese ablesen? Zwar belegen die doxographischen Zeugnisse das Fortwirken der Vorstellung des Antiochos von platonischer Ethik bis weit in die Kaiserzeit. Handbuchliteratur ist jedoch tendenziell konservativ; sobald das Bedürfnis der Fundierung ethischer Aussagen im platonischen Transzendenzdenken entstand – wovon bei Antiochos bekanntlich noch nichts zu spüren ist –, hat man offenbar begonnen, eine Affinität von Platonismus und stoischem Autarkie-

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eujdaimonivan, kai; tau'ta me;n aujth/` sumbhvsetai pro;~ eJauthvn: pro;~ de; ta; a[lla to; crh'sqai aujtoi'~ wJ~ ojrgavnoi~ ktl. Steel im Apparat verweist statt auf die stoische Autarkieformel auf Def. 411 a. Doch zeigt die Antithese von Autarkie und o[rgana, daß auch bei Proklos noch die stoisch-peripatetische Debatte den Horizont abgibt; sie wird freilich in für Proklos typischer Weise dadurch platonisiert, daß mit Hilfe der pros hauto/pros ta alla­Systematik eine Synthese beider Positionen gelingt. Sollte hier in der Nachfolge des Alkinoos und Plotins die Autarkiethese bereits als genuin platonisch aufgefaßt sein, so daß an dieser Stelle letztlich nicht Stoa und Peripatos, sondern Platon und Aristoteles harmonisiert werden? Vgl. Marin., Procl. 26,1–23 Saffrey/Segonds; Dam., in Phd. I 144; Saffrey/Segonds (2002) XCI–XCVIII. Marin., Procl. 2,5–10: kai; ga;r oi\mai aujto;n eujdaimonevstaton gegonevnai ajnqrwvpwn tw'n ejn makrw/' tw/' e[mprosqen crovnw/ teqrulhmevnwn, ouj kata; movnhn levgw th;n tw'n sofw'n eujdaimonivan, eij kai; ta; mavlista tauvthn diaferovntw~ ejkevkthto, ou[q∆ wJ~ aujtw/' ta; th'~ ajreth'~ ei\cen aujtavrkw~ pro;~ eujzwi?an. Vgl. dazu Saffrey/Segonds (2002) 65 f. Marin., Procl. 2,10–16 und dazu Saffrey/Segonds (2002) 67 f. Vgl. oben Anm. 11.

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denken zu empfinden. Das kündigt sich bei Alkinoos an und tritt mit großer Deutlichkeit bei Plotin hervor, bei dem Platons Gedanke, daß der wahre Mensch der innere Mensch ist (Resp. IX 589 a-b), zum Grundgedanken des Platonismus wird; es kann letztlich nicht verwundern, daß im Rahmen dieses plotinischen Innerlichkeitsdenkens auch der verinnerlichte stoische Tugendbegriff verwendungsfähig ist und einen systematischen Ort erhält. Plotins ethisches Programm der Dissoziation des wahren Selbst von allem Nichtzugehörigen einschließlich der eigenen psychophysischen Existenz81 liegt hinsichtlich seiner Radikalität auf einer Linie mit manchen Äußerungen Marc Aurels, auch wenn diese anders begründet sind.82 Stoisches Autarkiedenken wird bei Plotin zwar in platonisches Autarkiedenken transformiert. Dennoch behält die plotinische Ethik ein gewisses stoisches Kolorit, zumal noch weitere stoische Theorieelemente, wie die Apatheia-Lehre (I 2,5–6) und das Paradoxon von der Irrelevanz der zeitlichen Dauer für die Glückseligkeit (I 5), in sie aufgenommen sind.83 ABSTRACT The Hellenistic debate between Stoics and Peripatetics concerning the central ethical notion of happiness or the perfect life (εὐδαιμονία) especially arose from their diverging views on the corporeal and external goods. The Stoics denied them any relevance whatsoever, a position that was condensed in the famous paradox that „virtue is self-sufficient for happiness“. The Peripatetics of the Hellenistic and imperial age acknowledged a minimal but undeniable importance of the external and corporeal goods for the perfect life. How exactly Platonism is related to these positions is difficult to determine. Opposing the Academico-Peripatetic consensus postulated by Antiochus of Ascalon, Cicero at one point claims that Plato himself had endorsed the Stoic paradox, making him, as it were, a Stoic avant la lettre. Among the Middle Platonists, Alcinous actually quotes the idea that virtue is self-sufficient for happiness as Platonic, but does so in the framework of a thoroughly Platonic understanding of virtue. By contrast, some doxographical accounts of the same period basically attribute to Plato and the Old Academy the position of the Hellenistic Peripatos, which presumably reflects Antiochus’ view of the history of Platonism. Plotinus was the first to fit the theory of self-sufficiency coherently into Platonism by giving it a foundation in Neoplatonic metaphysics. In his view the wise man whose virtue is self-sufficient for happiness is he who has become identical with the highest, undescended part of his soul and, ultimately, with the intelligible world. For the later Neoplatonists, who rejected the doctrine of the undescended soul, the Plotinian solution was clearly unacceptable. Other than the well-known doctine of the degrees of virtue, the notion of happiness does not figure very prominently in later Neoplatonic texts. 81 82 83

Vgl. außer I 4 vor allem die Schrift III 2 f. Vgl. z. B. M. Aur. IV 3; V 26; VI 32; VII 16; XII 3. Vgl. auch VI 8,5 und dazu Eliasson (2008) 201 f.

INSEGNABILITÀ DELLA VIRTÙ E RUOLO DELLA PAIDEIA NEL MEDIOPLATONISMO: PLUTARCO, ALCINOO, APULEIO Franco Ferrari, Salerno 1. Uno degli aspetti che caratterizzano la filosofia platonica a partire dal I secolo a.C. consiste indubbiamente nello sforzo di innestare alcune importanti concezioni aristoteliche nel cuore del platonismo. La costruzione del platonismo sistematico deve molto all’apporto dell’aristotelismo, e non c’è dubbio che il principio che stabilisce l’agreement tra Platone e Aristotele1 nacque nell’ambito del platonismo pre-plotiniano, per poi trovare piena realizzazione con gli autori successivi a Porfirio. Se tutto ciò è vero in generale, se cioè, fatte salve alcune significative eccezioni (la più importante delle quali è senza dubbio rappresentata da Attico), i platonici si servirono con una certa ampiezza di concezioni aristoteliche nel loro sforzo di costruire una dottrina filosofica sistematica, non c’è dubbio che il settore della filosofia dove il principio dell’accordo tra Platone e Aristotele fu presupposto e utilizzato in maniera più massiccia fu l’etica e in generale la filosofia morale (con la psicologia ad essa connessa).2 L’etica medioplatonica viene infatti solitamente interpretata non solo come il tentativo di integrare alcuni motivi aristotelici nell’ambito di una concezione che rimane nelle sue linee direttrici ‘platonica’, ma addirittura come lo sforzo di proporre una teoria che si presenta come platonico-aristotelica, e nella quale il contributo di Aristotele sembra assolutamente decisivo, sia dal punto di vista della terminologia, sia dal punto di vista dell’impianto teorico complessivo. In effetti la conciliazione di Aristotele con Platone sembra nel campo dell’etica molto meno problematica di quanto si presenti nel campo della metafisica, e in particolare della teologia, o della politica. Sia la concezione tripartita dell’anima con l’implicito riconoscimento, comune ai due autori, della inevitabilità delle passioni, sia la connessa proposizione dell’ideale della metriopavqeia, sia, infine, l’ammissione della superiorità del bivo~ qewrhtikov~ nei confronti di quello praktikov~, concorrono indubbiamente a definire un quadro teorico abbastanza omogeneo, e comunque suscettibile di essere interpretato in termini unitari. Non c’è dubbio, tuttavia, che in almeno un punto di rilevanza etica la concezione platonica e quella aristotelica sembrano divergere in modo piuttosto significativo: si tratta per la precisione del tema della insegnabilità della virtù. Mentre nei dialoghi platonici, soprattutto in quelli cosiddetti ‘socratici’, emerge continuamente 1 2

Per citare il titolo di Karamanolis (2006) 1–43. Donini (1982) 111–113.

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il motivo della identità tra virtù (ajrethv) e conoscenza (ejpisthvmh), dal quale consegue la convinzione che la virtù, appunto in quanto sapere, risulti anche insegnabile, Aristotele, da parte sua, teorizza una concezione secondo la quale la virtù (etica) non è scienza, e dunque non si produce nell’uomo in virtù dell’insegnamento, ma si ingenera in forza dell’abitudine (e[qo~). Per quei filosofi medioplatonici che consideravano l’etica di Aristotele come simile a quella platonica e in ogni caso con essa conciliabile, il tema dell’insegnabilità della virtù costituiva, potenzialmente, se non una vera e propria sfida, quantomeno un problema. Del resto, se l’etica medioplatonica rappresentò una reazione al radicalismo stoico, di quest’ultimo bisognava mettere in discussione anche l’equivalenza di origine socratica tra virtù e conoscenza. Non tutti lo fecero, soprattutto non lo fecero esplicitamente. Ma non c’è dubbio che la conciliazione tra Platone e Aristotele passò anche attraverso una presa di distanza dal socratismo implicito in questa tesi. Il fatto è, come vedremo, che questa ‘presa di distanza’ venne largamente anticipata proprio da Platone, nei cui scritti non mancano affermazioni che giustificano quella convergenza tra platonismo e aristotelismo che fu alla base della filosofia pratica di autori come Plutarco, Alcinoo e Apuleio, vale a dire di quei platonici che si mostrarono più inclini a seguire il motto di Antioco, secondo cui Plato … reliquit perfectissimam disciplinam, Peripateticos et Academicos nominibus dif­ ferentes re congruentes (apud Cic., Ac. I 15). 2. Il tema dell’insegnabilità della virtù viene affrontato da Platone in numerosi dialoghi, ma è oggetto in particolare del Protagora e del Menone. In quest’ultimo scritto si trova la formulazione più diretta del problema, dal momento che, proprio in apertura, Menone domanda se la virtù (ajrethv) sia insegnabile (didaktovn) oppure, non essendo tale, sia raggiungibile tramite esercizio (ajskhtovn), oppure ancora, non essendo né insegnabile né raggiungibile per mezzo dell’esercizio, si ingeneri negli uomini per natura o in qualche altro modo (Men. 70 a). La risposta platonica — o meglio ‘socratico-platonica’ — a questo interrogativo è nota, e parte dalla tesi che la virtù sia conoscenza o comunque presupponga il sapere, il quale finisce spesso per rappresentare, almeno nei dialoghi socratici, la condizione necessaria e insieme sufficiente per il conseguimento della virtù.3 La tesi dell’identità tra virtù e conoscenza è destinata a giocare un ruolo importante anche nell’ambito della filosofia ellenistica, e in particolare nello stoicismo, di cui costituisce uno degli assunti fondamentali. Essa non rappresenta, come vedremo, l’unico punto di vista ricavabile dagli scritti platonici, ma non c’è dubbio che un lettore di questi ultimi difficilmente poteva permettersi di ignorarla. Con certezza si può subito osservare che questa non fu la soluzione avanzata da Aristotele, la cui concezione etica assunse come presupposto proprio la rottura 3

Sulla tesi dell’insegnabilità della virtù nei dialoghi ‘socratici’ di Platone cfr. Giannantoni (2005) 257–312. Sull’intellettualismo presente nei dialoghi cfr. Irwin (1995) passim.

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dell’identità tra virtù e conoscenza stabilita da Socrate. Non è questa la sede per discutere in dettaglio le ragioni che indussero Aristotele a respingere questa identità, anche se naturalmente non si può tacere che un ruolo importante dovette venire giocato dall’analisi del fenomeno della ajkrasiva, che secondo Aristotele costituirebbe un’evidenza fenomenologica e dunque un elemento controfattuale decisivo in sfavore dell’identità tra virtù e sapere.4 Naturalmente Aristotele non sostiene che la virtù in quanto tale sia del tutto impermeabile alla conoscenza; tuttavia la sua trattazione sembra largamente ruotare intorno al principio formulato nel II libro dell’Etica Nicomachea, in cui dice che “riguardo alle virtù il sapere conta poco o nulla, mentre gli altri elementi hanno non poca influenza e anzi, al contrario, hanno pieni poteri” (E. N. II 3, 1105 b 2–4). Per Aristotele le virtù non sono ejpisth'mai, ma rappresentano un gevno~ a[llo gnwvsew~, ossia un altro genere di conoscenza, differente dalla scienza. In realtà, l’aspetto più importante per la nostra discussione consiste nella celeberrima distinzione, formulata all’inizio del II libro dell’Etica Nicomachea, tra virtù della parte intellettiva dell’anima e virtù del carattere, ossia della parte irrazionale e affettiva dell’anima. Il primo tipo di virtù, cioè la virtù dianoetica, si produce, cioè si origina e si accresce, grazie all’insegnamento (ejk didaskaliva~), e richiede esperienza e tempo (ejmpeiriva~ dei'tai kai; crovnou), mentre la virtù etica si ingenera ejx e[qou~, cioè a partire dall’abitudine (E. N. II 1, 1103 a 14–18). Secondo Aristotele le virtù etiche attengono alla sfera irrazionale dell’anima (to; a[logon), la quale è però naturalmente disposta a seguire il comando della ragione. Nel II libro dell’Etica Eudemia questa distinzione viene formulata nel modo più esplicito: Poiché, inoltre, le virtù intellettuali sono connesse alla ragione, tali virtù sono proprie della parte razionale, cioè di quella parte dell’anima che possiede la ragione atta a comandare, mentre le virtù etiche sono proprie della parte che è sì irrazionale, ma che per natura è capace di seguire la parte razionale (E. E. II 1, 1220 a 8–11).

Secondo Aristotele i fattori che intervengono nel processo di acquisizione della virtù morale, ossia della virtù relativa alla parte affettivo-irrazionale dell’anima, sono essenzialmente l’abitudine e la ragione, la quale costituisce però una sorta di elemento esterno a questa sfera psichica. Egli spiega che il carattere (h\qo~) si sviluppa grazie al ruolo giocato dall’abitudine (e[qo~), come la vicinanza dei due nomi in un certo senso indica. Esso rappresenta una caratteristica (poiovth~) della parte irrazionale dell’anima, la quale è però in grado di ajkolouqei'n tw/' lovgw/, cioè di seguire la ragione (E. E. II 2, 1220 a 38–b 7). Dal punto di vista teorico generale l’attribuzione delle virtù etiche alla sfera della funzione irrazionale ed affettivo-emotiva dell’anima comporta una drastica riduzione della componente epistemica, e il riconoscimento che la loro formazione non attiene alla dimensione dell’insegnamento, ma a quella dell’abitudine ed eventualmente dell’esercizio. Un quadro teorico di questo tipo dovette essere presente a tutti i filosofi platonici che, a partire dal I secolo a.C., si proposero di costruire l’edificio del platoni4

Sulla critica aristotelica all’etica socratica cfr. Giannantoni (1990) 307–13.

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smo sistematico. Vediamo come esso venne innestato all’interno dell’etica medioplatonica, il cui tratto caratteristico sembra consistere nel tentativo di reagire al rigorismo etico e al radicalismo morale degli stoici. 3. Sebbene l’interesse dei filosofi medioplatonici fosse rivolto prevalentemente a temi di carattere metafisico, teologico e cosmologico, non mancano significative testimonianze relative a riflessioni di argomento etico. Accanto a Plutarco, molte delle cui opere ‘morali’ rappresentano uno straordinario esempio di ‘etica applicata’, vale la pena menzionare Alcinoo e Apuleio, autori di opere espositivo-manualistiche in cui venivano presentati in forma condensata i fondamenti generali della filosofia platonica. Proprio il carattere manualistico di questi scritti consiglia di iniziare la nostra analisi da Alcinoo e Apuleio, attivi nel II secolo d. C., dunque di poco posteriori a Plutarco. Non è questa la sede per discutere la vexatissima quaestio dei rapporti di affinità e forse di dipendenza da una o più fonti comuni tra il Didascalicus di Alcinoo e il De Platone et eius dogmate di Apuleio, un tempo considerati derivati dall’insegnamento della ‘Scuola di Gaio’, caduta negli ultimi decenni in disgrazia.5 Resta il fatto che i due trattati presentano significative analogie, che nella sezione etica (II libro del De Platone) appaiono particolarmente evidenti, rendendo molto verisimile l’ipotesi della dipendenza da fonti comuni, utilizzate talora in maniera autonoma dai due autori.6 La sezione che qui interessa concerne la classificazione delle virtù e il tema della loro insegnabilità. La presentazione più chiara e ordinata si trova in Alcinoo, il quale dipende in maniera molto evidente da una serie di assunti apparentemente di matrice aristotelica. Dopo avere definito la virtù come diavqesi~ yuch'~ teleiva kai; beltivsth (182,16) e averla contrapposta alla condizione di vizio, egli presenta la distinzione fondamentale interna alla sfera delle virtù nei seguenti termini: Bisogna ammettere che tra le virtù alcune sono principali, altre secondarie: principali sono quelle che appartengono alla parte razionale dell’anima e grazie alle quali anche le altre conseguono la loro perfezione; secondarie sono quelle che appartengono alla parte passiva. Queste ultime, in effetti, producono delle belle azioni seguendo la ragione, ma non quella che si trova in esse (perché non la possiedono), ma quella che la saggezza trasmette loro, dal momento che esse nascono dall’abitudine e dall’esercizio. E considerato che non esiste né conoscenza né tecnica in nessuna altra parte dell’anima se non in quella razionale, le virtù della parte passiva non sono insegnabili, dal momento che non sono né tecniche né conoscenze (Did. 183,37–184,5).

Il ragionamento di Alcinoo appare abbastanza chiaro e coerente. Egli distingue due tipi di virtù, le une ‘principali’ (prohgouvmenai), le altre ‘secondarie’, cioè che vengono dopo (eJpovmenai). Le virtù principali appartengono alla parte razionale 5 6

L’ultimo rappresentante dell’ipotesi della comune dipendenza del Didascalicus e del De Pla­ tone dalla ‘scuola di Gaio’ è stato Moreschini (1978) 133–191. L’ipotesi della derivazione dei due manuali da Gaio è stata definitivamente confutata da Whittaker (1987) 83–110. Göransson (1995) 157–181.

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dell’anima (to; logistikovn) e grazie ad esse giungono a compimento anche le altre, ossia quelle secondarie, le quali appartengono invece alla parte passiva, cioè affettiva, dell’anima (to; paqhtikovn). Le virtù secondarie realizzano azioni belle seguendo la ragione (kata; lovgon), la quale però non si trova in esse ma proviene dalla frovnhsi~, ossia dalla virtù pratica appartenente alla parte razionale dell’anima. Per Alcinoo la collocazione delle virtù secondarie nella sfera psichica passiva e affettiva le rende irriducibili alle tecniche e alle conoscenze (mhvte tevcnai mhvte ejpisth'mai), e dunque ne comporta la non insegnabilità (oujc uJpavrcousi didaktaiv); esse si ingenerano nell’anima per mezzo dell’abitudine e dell’esercizio (ejx e[qou~ ejgginovmenai kai; ajskhvsew~), proprio come aveva sostenuto Aristotele. Secondo Alcinoo, comunque, la parte razionale risulta decisiva anche per l’acquisizione delle virtù relative alla sfera irrazionale, la quale dunque non sembra possedere una finalità autonoma.7 Egli dunque, da una parte, riconosce che l’ambito affettivo non è riducibile alla dimensione epistemica, ma dall’altra, ne sottolinea la mancata autosufficienza. Come si vede, il ragionamento di Alcinoo presuppone l’assunzione dei fondamenti generali dell’etica aristotelica: a) la distinzione tra la parte razionale e quella affettiva dell’anima; b) l’assegnazione a ciascuna parte di un particolare genere di virtù: quella dianoetica alla parte razionale e quella etica alla parte affettiva; c) il riconoscimento che, non essendo scienza, la virtù secondaria non è insegnabile, ma si ingenera essenzialmente grazie all’abitudine e all’esercizio. Del resto Alcinoo nell’indicare i fattori che concorrono al raggiungimento della condizione perfetta, consistente nell’assimilazione a Dio, aveva menzionato 1) la natura, 2) il carattere e l’esercizio, e 3) l’educazione, concedendo in questo modo piena cittadinanza anche a elementi extra-intellettuali (Did. 182,3–8).8 L’esposizione contenuta nel II libro del De Platone di Apuleio si presenta più complessa e forse più confusa, ma lo schema teorico complessivo sembra analogo a quello sviluppato da Alcinoo. Anche Apuleio presuppone la distinzione aristotelica tra virtù dianoetiche e virtù etiche, e su questa base afferma che solo le prime sono insegnabili: [Platone] considera suscettibili di essere insegnate e studiate le virtù che attengono alla parte razionale dell’anima, ossia la sapienza e la saggezza; quanto a quelle che resistono agli elementi viziosi, in ragione del loro ruolo di rimedio, ossia il coraggio e la temperanza, esse sono certamente razionali, ma mentre le prime due sono considerate tecniche, le altre le chiama virtù se sono perfette; se invece sono semiperfette, ritiene che non debbano essere definite tecniche, sebbene non le consideri del tutto estranee alle tecniche (Virtutes eas doceri et studeri posse arbitrabatur, quae ad rationabilem animum pertinent, id est sapientiam et prudentiam; et illas, quae uitiosis partibus pro remedio resistunt, id est fortitudinem et continentiam, rationabiles quidem esse, sed superiores uirtutes pro disciplinis haberi, ceteras, si perfectae sunt, uirtutes appellat; si semiperfectae sunt, non illas quidem disciplinas uocandas esse censet, sed nec in totum existimat disciplinis alienas: De Platone II 234).

Anche Apuleio si serve della distinzione aristotelica tra le virtù che appartengono alla parte razionale dell’anima e quelle che si riferiscono alla sfera affettiva per 7 8

Su questo punto ha richiamato l’attenzione Annas (1999) 124 sq. Su questo passo cfr. Dillon (1996b) 300.

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sostenere che le prime, in quanto ‘arti’ (disciplinae), risultano insegnabili, mentre le seconde si ingenerano anche grazie all’intervento di altri fattori. Le virtù conoscitive sono le virtù dianoetiche di Aristotele, vale a dire la sapientia e la prudentia, corrispondenti evidentemente alla sofiva e alla frovnhsi~. Quindi aggiunge, in maniera poco chiara, che le altre virtù, ossia quelle che appartengono alla parte irrazionale dell’anima e che sembrano rappresentare una sorta di principio di resistenza nei confronti della passione insita in quell’elemento psichico, sono sì razionali, ma evidentemente non in senso pieno e perfetto. Ciò dovrebbe significare che l’elemento razionale che in qualche misura queste virtù incorporano non appartiene ad esse, ma deriva da una fonte esterna, che non dovrebbe essere azzardato individuare nella prudentia, cioè nella frovnhsi~. Un’ipotesi di questo tipo si fonda evidentemente sulla presunta corrispondenza tra il brano di Apuleio e quello di Alcinoo menzionato sopra, dove l’aspetto razionale delle virtù secondarie era fatto derivare dalla frovnhsi~. Meno facilmente comprensibile si presenta la distinzione tra virtù perfette e ‘virtù’ semiperfette, ma è probabile che le prime siano da identificarsi con le virtù etiche quando sono accompagnate dalla ragione (proveniente dall’esterno), mentre le seconde siano le stesse virtù etiche quando vengono generate solo in virtù di fattori extra-razionali, quali l’abitudine e l’esercizio. In realtà Apuleio aveva già accennato a una classificazione delle virtù in perfec­ tae e inperfectae. Egli osservava che le virtù sono imperfette quando si originano beneficio solo naturae, cioè in virtù del solo intervento della natura, oppure sorgono solis disciplinis, vale a dire in virtù del solo insegnamento o dell’impegno, oppure ancora magistra ratione discuntur, cioè vengono insegnate dalla ragione; viceversa le virtù risultano perfette quando si producono da tutti questi fattori, cioè dalla natura, dall’impegno e dalla ragione (De Platone II 228).9 Non è facile stabilire se le due classificazioni siano sovrapponibili, anzi qualche dubbio in proposito sembra lecito avanzare, così come non dovrebbe essere azzardato ipotizzare un uso non del tutto consapevole delle fonti da parte di Apuleio. Per gli scopi di questa indagine è tuttavia sufficiente osservare che il significato complessivo della classificazione di Apuleio non dovrebbe risultare molto differente da quello del Didascalicus. Esso consiste nell’affermazione della tesi che le virtù inferiori, cioè quelle della parte passiva ed affettiva dell’anima, non sono razionali in se stesse, ma in quanto dipendono dalla ragione che viene loro trasmessa dalla prudentia, cioè dalla saggezza. In altre parole, le virtù della parte inferiore dell’anima partecipano della ragione in quanto ne accettano il comando (il principio aristotelico dell’ajkolouqei'n tw/' lovgw/), sebbene in se stesse non siano veramente razionali. Apuleio, esattamente come Alcinoo, afferma che tali virtù non sono arti (disciplina = tevcnh o ejpisthvmh), cioè conoscenze, e dunque non possono venire acquisite unicamente per mezzo dell’insegnamento, ma presumibilmente anche attraverso l’abitudine e l’esercizio.10 9 10

Cfr. Göransson (1995) 167 sq.; Dillon (1996) 331 sq.; Gombocz (1997) 113 sq. e Tarrant (2007) 427 sq. Si veda la discussione in Beaujeu (1973) 293, § 234, nota 3; cfr. anche Göransson (1995) 169 sq.

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In un simile contesto acquista rilevanza un’osservazione contenuta all’inizio del capitolo 3 del II libro del De Platone. Qui Apuleio accenna in forma cursoria all’importanza dell’educazione nella formazione della virtù in generale. Egli spiega infatti che, quando nasce, l’uomo ha in sé semina sia del bene che del male e spetta all’educazione fare emergere quelli del bene (quae educationis disciplina in partem alteram debeant emicare: II 223).11 Si tratta di un richiamo importante perché attribuisce un ruolo decisivo all’educazione nel conseguimento della virtù. Resta il fatto che la natura trattatistica e in qualche misura ‘dogmatica’ del De Platone e del Di­ dascalicus non lascia spazio all’esposizione delle strategie educative che dovrebbero, per mezzo dell’abitudine e dell’esercizio, consentire l’insorgere delle virtù secondarie o etiche. Quanto emerso finora induce a osservare che nella manualistica platonica del II secolo d.C. l’etica aristotelica appare largamente presente, senza dare luogo ad alcun problema di conciliazione. In particolare la distinzione tra virtù insegnabili (perché ‘conoscitive’) e virtù non insegnabili (in quanto non assimilabili a conoscenze e a tecniche), e la tesi secondo cui queste ultime risultano acquisibili per mezzo dell’esercizio e dell’abitudine, vengono integrate nel cuore dell’etica platonica senza sostanziali problemi. 4. La philosophia moralis di Plutarco, e dunque anche la sua posizione nei riguardi del ruolo della paideia, non è contenuta in una manuale, ma è consegnata all’insieme dei suoi scritti ‘morali’, che rappresentano una parte consistente dei Moralia. Si tratta di opere tra loro diverse per genere e per destinazione, che proprio per questo possono talora dare l’impressione di contenere posizioni non del tutto conciliabili se non apertamente contraddittorie. Sarebbe tuttavia sbagliato non ravvisare la presenza di un disegno unitario che percorre i molti scritti dedicati alla formazione morale dell’individuo. Si tratta di un progetto che mira, attraverso una serie di precetti e norme comportamentali, a promuovere la formazione di un individuo rispettabile, in grado di esercitare il controllo nei confronti della sfera irrazionale e dunque di svolgere nel migliore dei modi i compiti che la sua collocazione sociale richiede.12 Per comprendere il significato degli scritti plutarchei di argomento morale è necessario tenere presente i fondamenti generali della teoria etica e psicologica di questo autore. Essi si riducono a pochi punti, i quali possono venire circoscritti nel contestuale rifiuto del monismo psicologico e del radicalismo morale degli stoici, ai quali Plutarco contrappone rispettivamente una psicologia tripartita di matrice platonica e l’ideale della metriopavqeia.13 11 12 13

Dillon (1996b) 329 e Göransson (1995) 164. A questo tema è dedicato il recente volume di van Hoof (2010), che è ricco di osservazioni intelligenti e spesso brillanti, che ne fanno un punto di riferimento fondamentale per lo studio dell’‘etica pratica’ plutarchea. Per una presentazione dell’etica e della psicologia di Plutarco rinvio a Ferrari (2008b).

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L’atteggiamento plutarcheo di fronte alla questione della insegnabilità della virtù può apparire a prima vista oscillante. Da una parte, egli sembra riprendere la tesi socratico-platonica dell’identità tra virtù e conoscenza e la conseguente convinzione che la virtù sia insegnabile, alla stregua di qualsiasi altra tecnica; dall’altra parte, molti dei suoi scritti di argomento etico sono percorsi dal tentativo di indirizzare verso la virtù per mezzo di una strategia educativa fondata sull’abitudine, sull’esercizio e sull’assunzione di comportamenti e abiti esteriori, dunque attraverso una metodologia sostanzialmente estranea alla conoscenza e al sapere.14 Una certa adesione da parte di Plutarco alla concezione dell’insegnabilità della virtù emerge nel frammento del trattato An virtus doceri possit, che nella edizione di Barigazzi viene considerato parte di un più ampio trattato dedicato appunto a questo tema.15 Il frammento inizia proprio formulando la questione. Afferma dunque Plutarco: “Siamo soliti deliberare intorno alla virtù, e restare nel dubbio se si possa insegnare il comportamento saggio, giusto e a vivere bene (Peri; th'~ ajreth'~ bouleuovmeqa kai; diaporou'men eij didaktovn ejsti to; fronei'n to; dikaiopragei'n to; eu\ zh'n)” (An virt. 439 A). La risposta plutarchea a questo interrogativo è chiaramente positiva. Per argomentarla egli si serve di una strategia tipicamente ‘socratica’, consistente nel richiamo al modello delle tecniche: dal momento che noi non abbiamo difficoltà a considerare insegnabili non solo molte tecniche (come la musica, la danza, l’ippica, la medicina), ma anche determinati comportamenti sociali, sarebbe assolutamente assurdo negare l’insegnabilità alla forma più importante di sapere, ossia la virtù. Per Plutarco risulta ridicolo colui che sostiene che la sola saggezza non sia insegnabile (440 B). In verità in questo frammento la posizione di Plutarco sembra oscillare tra la tesi che la virtù in generale risulti insegnabile e la tesi che ad essere insegnabile sia solo la virtù suprema, ossia la frovnhsi~ (440 B). In questo secondo caso, la sua posizione sarebbe perfettamente in linea con quella di Alcinoo e Apuleio e risulterebbe dunque omogenea alla tendenza conciliatoria del medioplatonismo filo-aristotelico. Accanto a queste riflessioni di ordine teorico, troviamo nel corpus plutarcheo numerosi trattati consacrati alla cura effettiva delle passioni (pavqh), le quali sono concepite come yucikai; novsoi (Cup. div. 524 D-E).16 I principali scritti che sviluppano la Heilung der Seele sono il De cohibenda ira, il De curiositate, il De invidia et odio, il De vitando aere alieno, il De cupiditate divitiarum, il De vitioso pudore, il De laude ipsius, e il De garrulitate. In essi le passioni sono viste come manifestazioni della Grenzverletzung,17 ossia dell’infrazione dei limiti imposti dalla ragione. È probabile che tutte queste passioni costituiscano differenti manifestazioni di un’unica malattia, individuabile nella filautiva, ossia nell’eccessivo amore di sé. La terapia che Plutarco propone è sempre la stessa e risulta ampiamente incentrata 14 15 16 17

Questo aspetto ha indotto a qualificare i Moralia plutarchei nei termini di una Seelenheilung, per usare la formula che dà il titolo al libro di Ingenkamp (1971). Si veda più recentemente Gill (2006) 232–236. Barigazzi (1993) 29–43. Becchi (2005) 385. Ingenkamp (1971) 131–136.

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intorno all’abitudine e all’esercizio, secondo un modello aristotelico, ripreso dagli autori platonici di età imperiale. In uno di questi scritti Plutarco espone i fondamenti della strategia educativa che dovrebbe portare al controllo delle passioni. A questo schema generale egli sembra effettivamente attenersi in tutti gli scritti ‘terapeutici’. Si tratta di una strategia che si articola in due punti: Noi possiamo vincere le passioni mediante il giudizio e l’esercizio, ma il giudizio ha la precedenza. Nessuno infatti si esercita ad evitare e sradicare dall’anima ciò che non rappresenta per lui un motivo di sofferenza. Noi detestiamo le passioni solo quando con la ragione ci rendiamo conto dei danni e del disonore che ci arrecano. […] Cosicché il primo rimedio e il primo farmaco per la cura di tale passione consistono nel riflettere sulle conseguenze ignominiose e dolorose che da essa possono nascere (Garr. 510 C-D).

Il metodo terapeutico evocato da Plutarco prevede due fasi distinte: a) il giudizio (krivsi~), consistente in una vera e propria riflessione (ejpilogismov~), che dovrebbe indurre ad allontanare dall’anima (ejqivzetai feuvgein kai; ajpotrivbesqai th'~ yuch'~) ciò verso cui si prova repulsione, e b) l’esercizio (a[skhsi~), che si articola in una serie di precetti il cui rispetto dovrebbe abituare l’individuo a controllare le singole passioni.18 Plutarco si attiene a queste indicazioni programmatiche negli altri scritti consacrati alla terapia dell’anima. Nel De curiositate, ad esempio, egli riconosce all’abitudine un ruolo decisivo nell’allontanamento della passione e nell’assunzione di un pieno autocontrollo (ejgkravteia): mevgiston mevntoi pro;~ th;n tou' pavqou~ ajpotroph;n oJ ejqismov~ (Curios. 520 D). Del resto a causare la stessa repulsione razionale che si prova di fronte a un determinato vizio intervengono anche aspetti emotivi, come la vergogna e il disprezzo sociale cui ci si espone se si assume un certo comportamento. I trattati dedicati alla cura delle passioni presentano la medesima struttura: a una sezione ‘critica’ nella quale viene messa in luce la nocività del pavqo~, segue una sezione ‘terapeutica’, in cui si suggeriscono i comportamenti che possono avviare verso la moderazione della passione e l’acquisizione della virtù. La terminologia utilizzata richiama il motivo dell’esercizio e dell’abitudine. Nel caso della curiosità, per esempio, Plutarco, dopo avere stabilito il principio per cui l’abitudine (ejqismov~) risulta della massima efficacia per liberarsi da questo vizio e conseguire l’autocontrollo, indica una serie di norme pratiche, come l’allontanarsi dagli assembramenti, l’evitare di curiosare nelle case altrui, addirittura il dilazionare la lettura di una lettera a noi indirizzata. Ma gli esempi di questo genere sono moltissimi e tutti i trattati ‘morali’ sono ricchi di aneddoti e indicazioni comportamentali, che dovrebbero contribuire all’assunzione di un habitus opposto al vizio che si intende frenare. In questo senso i Moralia plutarchei costituiscono veramente l’attuazione di una grandiosa terapia dell’anima, che assume i caratteri di una paideia fondata sull’abitudine e sull’esercizio. Del resto Plutarco, proprio nel suo trattato di filoso18

Sul carattere programmatico di questo passo del De garrulitate ha scritto cose fondamentali van Hoof (2010) 47–65. Sulla nozione di a[skhsi~ in Plutarco si veda Alesse (2005).

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fia morale più impegnativo, il De virtute morali, sembra teorizzare il ruolo dell’abitudine nel processo di acquisizione della virtù etica e lo fa in una maniera non dissimile da Alcinoo e Apuleio, e che richiama la posizione aristotelica. Egli spiega infatti che la moralità è una qualità della parte irrazionale (poiovth~ tou' ajlovgou h\qo~) e viene così chiamata perché la parte irrazionale acquisisce questa qualità grazie all’abitudine (e[qo~: Virt. mor. 443 C). Anche Plutarco assume dunque la distinzione aristotelica tra virtù della parte razionale e virtù della parte affettiva, nella cui acquisizione gioca un ruolo decisivo l’abitudine. Egli aggiunge che l’assunzione dell’ethos avviene sì in virtù dell’abitudine, ma quando la parte irrazionale viene plasmata dalla ragione (uJpo; tou' lovgou plattovmenon). Ciò dovrebbe significare che la ragione gioca un ruolo decisivo anche nell’acquisizione della virtù etica effettuata per mezzo dell’abitudine. Una simile tesi riprende in qualche modo la concezione aristotelica secondo la quale la parte irrazionale dell’anima risulta comunque incline, dunque disponibile, a seguire il comando della ragione (ajkolouqei'n tw/' lovgw/). In realtà il quadro teorico non sembra differente da quello descritto a proposito dei trattati dedicati alla cura delle passioni: al giudizio razionale segue l’assunzione di un comportamento virtuoso ottenuta per mezzo dell’abitudine. Se la riflessione morale di Plutarco parte dall’assunto della inestirpabilità delle passioni, il quale si fonda sul rifiuto del monismo psicologico degli stoici e sull’adesione alla tripartizione dell’anima platonico-aristotelica, la sua ‘etica pratica’ prende la forma di un’articolata paideia, finalizzata al controllo delle passioni, e finisce per configurarsi come una vera e propria tevcnh bivou. Il riconoscimento del ruolo che esercizio e abitudine giocano nel conseguimento della virtù etica lo avvicina al medioplatonismo aristotelizzante, di cui i manuali di Alcinoo e Apuleio rappresentano i prodotti più tipici. 5. Sarebbe tuttavia sbagliato considerare il richiamo alla funzione che ragione e abitudine, ma anche esercizio, svolgono nella costruzione della moralità come l’espressione di un punto di vista medioplatonico estraneo al pensiero di Platone. In realtà, già nell’autore dei dialoghi si trova un riconoscimento esplicito dell’importanza di questi fattori nella formazione di un tipo di virtù differente da quella puramente intellettuale. Platone sembra avere anticipato la distinzione aristotelica tra virtù intellettuali e virtù collegate in qualche misura alla sfera affettiva e irrazionale dell’anima. Il conseguimento di queste ultime appare in lui connesso all’abitudine e all’esercizio. Questo è vero non solo nei dialoghi in cui viene esposta o presupposta la classica tripartizione dell’anima, ma anche in opere solitamente considerate come espressione dell’intellettualismo socratico. Il caso più interessante si trova probabilmente nel Fedone, dove Socrate a proposito del destino che attende le anime non filosofiche si chiede se anche tra queste altre anime non sono le più felici e non vanno nel migliore dei luoghi quelle che si sono dedicate alla virtù ordinaria e politica, quella che appunto chiamano temperanza e giustizia, e che è il risultato di abitudine ed esercizio, senza filosofia e intelletto? (Phd. 82 a-b).

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In questo modo egli riconosce l’esistenza di virtù di natura non intellettuale, alle quali si perviene senza l’intervento della filosofia, ossia della conoscenza (a[neu filosofiva~ kai; nou'). Socrate accenna alla virtù dhmotikh; kai; politikhv, ossia alla temperanza e alla giustizia (swfrosuvnh kai; dikaiosuvnh), le quali nascono a partire dall’abitudine e dall’esercizio (ejx e[qou~ te kai; melevth~). Si tratta di due delle virtù fondamentali descritte nella Repubblica, cioè virtù alle quali possono accedere anche uomini misurati, appartenenti al ceto dei militari e forse anche dei produttori.19 La medesima distinzione tra virtù intellettuali e virtù ‘morali’ si trova, come è facile attendersi, nella Repubblica. Nel VII libro, al termine dell’esposizione dell’immagine della caverna, Platone afferma a proposito delle ‘altre virtù’, altre cioè rispetto alla facoltà suprema dell’anima, ossia l’intelletto, che esse sono abbastanza simili a quelle del corpo e che insorgono e[qesi kai; ajskhvsesin, cioè per mezzo dell’abitudine e dell’esercizio (Resp. 518 d-e). All’interno del mito di Er, infine, Platone, rimprovera l’anima di quell’individuo, il quale, dopo avere trascorso una vita caratterizzata da un rapporto estrinseco con la virtù, alla quale egli ha aderito per abitudine ma senza filosofia (e[qei a[neu filosofiva~), sceglie la vita del tiranno, appunto perché nella vita precedente ha assunto un comportamento virtuoso senza avere aderito ad esso con l’intelligenza (619 c-d). Anche nelle Leggi si trovano numerose affermazioni che comportano una distinzione tra le virtù intellettive e quelle di natura comportamentale. Queste ultime sono soggette ad un processo educativo al quale non sono estranei l’esercizio e l’abitudine. La conclusione che si può trarre da queste considerazioni è che la compenetrazione tra etica platonica ed etica aristotelica, sviluppata da Plutarco, Alcinoo e Apuleio, viene largamente anticipata proprio dai due grandi maestri della filosofia greca. Le tesi principali dell’etica medioplatonica relativamente alla questione dell’insegnabilità della virtù, alla distinzione tra virtù intellettive (insegnabili) e virtù affettive inerenti alla parte passiva ed irrazionale dell’anima (acquisibili per mezzo di esercizio e abitudine), e alla funzione della paideia nel processo di controllo delle passioni e di assunzione delle virtù etiche, sono già contenute nei dialoghi platonici e da Aristotele furono solo approfondite. Ciò conferma ancora una volta la natura squisitamente ‘platonica’ del medioplatonismo, ossia il fatto che le sintesi operate ricorrendo a concezioni provenienti da altre scuole rinviano in ultima analisi a posizioni di matrice platonica, che le altre scuole si sono limitate a esplicitare. ABSTRACT A typical feature of some Platonic authors from the first century B.C. onwards consists in the attempt to integrate Aristotelian elements into Platonic philosophy. This attempt seems to be immediately successful in the fields of ethics and of psychology. According to Aristotle, the ethical virtues belong to the irrational function of 19

Sull’importanza di questo passo del Fedone per la definizione di un’etica relativa alle virtù ordinarie, ossia non filosofiche, si trovano osservazioni eccellenti in Erler (2007) 70 sq.

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the soul and in this context habit and exercise are surely more important than knowledge and wisdom. This position can be found in Middle Platonic authors such as Alcinous and Apuleius. Both assert that there are two kinds of virtue, namely the primary (which belongs to the rational part of the soul) and the secondary (which belongs to the irrational part of the soul). In order to attain these secondary virtues habit and exercise are very important elements. A very similar position can be found in Plutarch, whose Moralia can be considered as a great project to educate man (a therapy for the soul). According to Plutarch, vices cannot be extirpated from men, because they are the manifestations of the irrational parts of the soul and for this reason cannot be eliminated; but education can help to moderate them. In this context habit and exercise are the most important instruments in order to educate men. But if we analyse some passages of Plato (from the Phaedo and the Republic), we can find a similar position, namely, a position according to which there are two kinds of virtues, primary (intellectual) and secondary (ethical) and, in order to reach the higher, education, habit and exercise are fundamental elements.

SEKTION 4: MENSCHLICHES HANDELN UND FREIHEIT

PLATONS KONZEPT DES WILLENS IM MENON UND IM GORGIAS Christoph Horn, Bonn Einen wichtigen Ausgangspunkt der Moralphilosophie Platons bilden Reflexionen zum Begriff des Wollens, Begehrens oder Strebens. Es liegt nahe anzunehmen, dass er diese Überlegungen zur Fundierung eines teleologischen Eudämonismus anstellt. Unter einem ‚teleologischen Eudämonismus‘ verstehe ich einen bestimmten Typ von Moralphilosophie, den man in der älteren Philosophiegeschichte häufig antreffen kann. Prominente Beispiele dafür finden sich bei Aristoteles, bei den Stoikern und bei Thomas von Aquin. Die gemeinte Konzeption ist dadurch charakterisiert, dass sie menschliches Handeln exakt im Vokabular des Wollens, Begehrens oder Strebens formuliert, zudem in Begriffen von Gütern, Mitteln und Zwecken und letzten Zielen. Mit anderen Worten, Moralphilosophien dieses Typs besitzen eine bestimmte handlungstheoretische Basis. Zu einem pointiert entwickelten teleologischen Eudämonismus gehören die folgenden sieben Behauptungen: [1] Jede Handlung eines Akteurs ist stets auf ein Ziel oder einen Zweck gerichtet. [2] Mit jedem Ziel oder Zweck strebt ein Akteur nach einem (wirklichen oder vermeintlichen) Gut. [3] Ziele oder Zwecke differenzieren sich nach der Antithese von instrumentellen und intrinsischen Gütern; erstere werden (gewöhnlich und zugleich vernünftigerweise) um letzterer willen gewählt. [4] Dabei ergeben sich mehr oder minder lange Zielketten, denn einzelne Handlungen sind (in der Mehrzahl der Fälle) in größere Mittel-Zweck-Abfolgen integriert. [5] Jede Handlung eines Individuums gehört in letzter Konsequenz einem Güteroder Zweck-Kontinuum an, welches das gesamte Leben des betreffenden Individuums einschließt. [6] Dieses Güter-Kontinuum richtet sich auf einen umfassenden letzten Zweck. [7] Der umfassende Zweck besteht im Glück oder gelingenden Leben. Die systematisch provokativsten Behauptungen sind vielleicht die Thesen [1] und [6]; ich bezeichne sie als die These von der Zweckorientierung jeder Einzelhand­ lung sowie als die These von der Summierung der Einzelzwecke eines Individuums zu einem Gesamtzweck. Im Folgenden soll es aber insbesondere um Behauptung [2] gehen, die ich die These von der Güterbindung jedes Strebens nennen möchte. Zugegebenermaßen entwickelt Platon nirgends die Thesen [1–7] zusammenhängend. Aber einzeln und auch in gewissen Verbindungen erscheinen sie bei Platon durchaus. Mir jedenfalls scheint die Behauptung richtig, dass er in vielen seiner

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moralphilosophischen Äußerungen offen oder verdeckt von Hintergrundannahmen ausgeht, die in die Richtung eines teleologischen Eudämonismus weisen. Dazu gehören auch einige seiner Äußerungen zum Begriff des Wollens, wie ich hier zu zeigen versuche. Bei Platon wird Wollen (bouvlesqai, bouvlhsi~) im relevanten Sinn besonders in zwei Dialog-Passagen ausführlicher diskutiert: in Menon 77 a-78 e und in Gorgias 466 a-468 e. An beiden Stellen wird, wie mir scheint, grundsätzlich die Überlegung [2] verteidigt: Platons Meinung zufolge bedeutet ‚etwas wollen‘ so viel wie ‚etwas Gutes wollen‘. Jeder Akteur versucht notwendig, mit jeder seiner Handlungen etwas für ihn Gutes zu erreichen. In der scholastischen Theoriesprache des Mittelalters ausgedrückt, erstreben wir alles immer nur unter der Perspektive seines Gutseins (nihil appetimus nisi sub ratione boni). Dennoch sagen die beiden Passagen nicht einfach dasselbe. Und sie enthalten auch offenkundig mehr als nur [2]. Im vorliegenden Beitrag möchte ich untersuchen, was in den beiden Texten präzise behauptet wird und wie sie sich zueinander verhalten. 1. DER WILLENSBEGRIFF IM MENON (77 A-78 E) Die These [2] scheint prima facie nicht sehr provokativ zu sein, weil – so die einfachste Lesart – mit dem Erstrebten ja sowohl das wirklich Gute wie das vermeintlich Gute gemeint sein kann und weil ‚gut‘ hier ‚vorteilhaft für den Akteur‘, nicht ‚moralisch gut‘ meint. Platon muss hier also weder behaupten, jeder Akteur erstrebe stets etwas objektiv Gutes, das eine Gute, noch gar, jeder erstrebe etwas moralisch Gutes. Platon lässt seinen Sokrates im Menon (77 b-78 b) dennoch mit einigem Aufwand für These [2] argumentieren. Im betreffenden Passus schlägt Menon, die namensgebende Dialogfigur, im Gespräch mit Sokrates vor, man solle unter Tugend (ajrethv) so viel verstehen wie „sich am Schönen zu erfreuen und seiner fähig zu sein“ (caivrein toi'~ kaloi'si kai; duvnasqai: 77 b 3). Es handelt sich im Dialogverlauf um den dritten Definitionsvorschlag, den Menon unterbreitet. Im weiteren Text wird dieser Vorschlag von Sokrates kritisch untersucht. Dazu reformuliert er ihn mit den Worten, Tugend sei „Gutes zu wollen und dessen fähig zu sein“ (hJ ajreth; bouvlesqaiv te tajgaqa; kai; duvnasqai: 78 b 3 f.). Sokrates ersetzt also den Ausdruck caivrein durch bouvlesqai (zunächst durch ejpiqumei'n) und ta; kalav durch tajgaqav; beides ist für unseren Zusammenhang nicht weiter problematisch.1 Interessant ist nun, wie er dafür argumentiert, dass das erste Element von Menons Definitionsversuch, nämlich das Wollen des Guten, keinen Bestandteil einer überzeugenden Tugenddefinition bilden könne, weil es sich beim Wollen des Guten um etwas handle, das ohnehin auf alle Menschen zutreffe. Sokrates’ Argument ist somit folgendes: Da Tugend eine Eigenschaft weniger Leute sei, während alle Menschen das Gute wollten, könne das Wollen des Guten formal betrachtet keinen relevanten Definitionsbestandteil der Tu1

Zu dieser Substitution vgl. Hobbs (2000) 220–227. Schwierig wäre die Ersetzung nur, wenn das kalovn in der Wortbedeutung ‚moralisch Schönes‘ den Nutzen anderer in den Mittelpunkt stellen würde; dann würde es keineswegs so selbstverständlich erstrebt werden wie das für den Akteur Gute (ajgaqovn). Vgl. auch Gorg. 474 d 1.

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gend bilden. Die These [2] wird also an der vorliegenden Stelle eher indirekt und instrumentell entwickelt. In welchem Sinn gilt nun dem Menon zufolge, dass jeder das Gute will? In einem ersten Klärungsversuch fragt Sokrates, ob Menon glaube, manche Leute erstrebten Schlechtes, andere hingegen Gutes, oder ob er glaube, alle verlangten nach Gutem (77 b 7–c 1). Aus Unverständnis lehnt Menon den zweiten Flügel der Alternative ab; er hält es für evident, dass manche Akteure schlechte Ziele verfolgten. Daraufhin führt Sokrates die Dichotomie von Meinen und Wissen ein, indem er fragt: Wollen manche das Schlechte, in der Meinung, es sei gut, oder verfügen sie (sc. wenn sie Schlechtes wollen) über ein Wissen um seine Schlechtigkeit (77 c 3–5)? Offensichtlich hält Sokrates selbst Letzteres für ausgeschlossen. Während Sokrates das Wollen des Schlechten als ein Wissensdefizit hinstellen möchte, beharrt Menon darauf, es gebe ein wissentliches Wollen des Schlechten. Erst als Sokrates das Wollen des Schlechten zunächst mit dem Wollen des Schädlichen (o{ti blavptei) gleichsetzt, sodann mit dem Wollen des Jämmerlichen (ajqlivou~) und schließlich mit dem Wollen des eigenen Unglücks (kakodaivmona~) (77 d 2–78 a 8), gibt Menon auf: Er konzediert, dass niemand einen Schaden erleiden, jämmerlich oder unglücklich sein will. Niemand will das (für ihn selbst) Schlechte (oujdei;~ bouvlesqai ta; kakav: 78 b 1 f.). Wenn dies aber zugegeben wird, dann, so Sokrates, gilt im Umkehrschluss, dass jeder für sich stets etwas Gutes will. Folglich kann das Wollen des Guten keinen relevanten Definitionsbestandteil der Tugend bilden; denn niemand zeichnet sich darin vor allen anderen aus. Dominic Scott (2006) hat These [2] in seinem Menon-Kommentar als ‚psychological eudaimonism‘ bezeichnet: Danach verteidigt Platon die Überzeugung, jeder Akteur besitze den fundamentalen Wunsch, Unglück zu vermeiden.2 Gleichzeitig wendet er gegen diese These ein, Wünsche könnten sich durchaus auf Schlechtes richten; dies zeige sich an den Phänomenen Willensschwäche (jemand wählt nicht die ihm bekannte und verfügbare bestmögliche Option, sondern eine schlechtere) und Beherrschtheit (jemand wählt zwar die bessere oder beste Option, steht aber unter dem Eindruck einer spürbaren Versuchung durch eine weniger gute). Nach Scott liefert Platon erst mit der Seelenteilungslehre aus Politeia IV und dem damit verbundenen Eingeständnis, man könne sich Schlechtes wünschen (nämlich mit dem irrationalen Seelenteil) plausiblere Antworten auf dieses Problem. Doch Scotts Diskussion scheint mir nicht angemessen. Die These von der Güterbindung jedes Strebens ergibt nach meiner Auffassung einen wesentlich besseren Sinn, wenn man ihr ein handlungstheoretisches Fundament zuschreibt, nicht nur ein psychologisches. Denn so betrachtet wird sie durch den Hinweis auf Willensschwäche oder Beherrschtheit keineswegs relativiert. Dies ergibt sich aus einem systematischen Argument: Weder in Handlungen aus Willensschwäche (z. B. unklugerweise zu viel Alkohol zu konsumieren) noch in Fällen von Beherrschtheit (z. B. bei morbider Todessehnsucht, etwa der Versuchung, sich von einer Aussichtsplattform in die Tiefe zu stürzen) werden die Handlungsoptionen vom Akteur, der mit ihnen kon2

Scott (2006) 51: „… everyone has a fundamental desire to avoid misery …”

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frontiert ist, als schlechterdings unattraktiv eingeschätzt. Vielmehr existiert ein – wenn auch noch so punktueller – Blickwinkel, unter dem diese Optionen als verlockend erscheinen. Wenn der Akteur sich für sie entscheidet, wählt er mithin auch diese Optionen nicht aus der Perspektive ihres Schlechtseins, sondern um irgendwelcher attraktiver Teilaspekte willen (so unausgewogen und unüberlegt sein Urteil letztlich auch sein mag). Mithin handelt es sich sogar in diesen Fällen um die Orientierung an etwas aspektweise Gutem; und solches kann als Handlungsoption durchaus attraktiv scheinen. Ausgeschlossen bleibt damit, dass es unter dem Aspekt seines Schlechtseins gewählt wird. Zwar kann es ohne Weiteres der Fall sein, dass der Akteur die gewollte Handlungsoption nicht insgesamt für attraktiv hält – sondern eben nur aspekthaft. (Was Willensschwäche und Todessehnsucht hierbei kennzeichnet, ist ihre relativ deutliche Irrationalität: In beiden Fällen würden wir urteilen, dass das Moment des Guten, das durch sie erreicht werden kann, weit hinter dem Anteil an Schlechtem zurückbleibt, den man sich gleichzeitig durch sie einhandeln würde.)3 Aber These [2] wird durch sie nicht in Frage gestellt; sie wird vielmehr bestätigt. These [2] ist hierbei als gütersubjektivistische Behauptung zu verstehen: Was immer ein Akteur anstrebt, er muss es subjektiv für gut halten. Was mir noch wichtiger scheint als dieser systematische Einwand gegen Scott, ist die für Platons Dialoge – gerade für die der Frühperiode – charakteristische sokratische These, dass niemand freiwillig schlecht ist oder Schlechtes tut. Diese These gehört nicht nur zu den grundlegenden Überzeugungen des historischen Sokrates. Wir stoßen auf sie auch in zahlreichen späteren platonischen Schriften.4 Bemerkenswerterweise wird sie an keiner Stelle anders als zustimmend angeführt. Sprechen wir von der Unfreiwilligkeitsthese. Bekanntlich handelt es sich bei ihr um eines der drei Paradoxa, mit denen Sokrates das landläufige Moralverständnis und die philosophische Moraltheorie seiner Zeitgenossen herausforderte.5 Neben der Unfreiwilligkeitsthese gehören zu diesen drei Provokationen auch die Überzeugungen ‚Tugend ist Wissen‘ und ‚Alle Tugenden bilden eine Einheit‘. In der Summe begründen sie eine Auffassung, die man als moralischen Intellektualismus bezeichnet. Dem Intellektualismus zufolge ergibt sich das angemessene oder richtige Handeln einer Person präzise aus ihrer vernünftigen Einsicht. Das bedeutet: Jemandes Einsicht garantiert sein individuelles Gutsein und gutes Handeln, und dies sowohl im Sinn einer notwendigen als auch im Sinn einer hinreichenden Bedingung. Die Pointe des sokratischen Intellektualismus besteht darin, dass es in jedermanns Hand liegt, ob er oder sie sich durch eine konsequente Vernunftorientierung von verfehltem Handeln frei macht oder nicht. Denn jedem soll seine Vernunft unmittelbar zugänglich sein; wer sie aber vollständig aktiviert, vermag damit sowohl prudentielles Fehlhandeln zu vermeiden, nämlich Willensschwäche (ajkravteia, ajkrasiva), 3 4 5

Einen Akteur, der in seiner Selbst- oder Fremdschädigung darüber hinausginge, würden wir mit Sicherheit als pathologischen Fall ansehen. Apol. 25 e, Hp. min. 376 b, Prot. 345 d-e, 352 b ff., 358 c-e, Gorg. 468 c-e, 509 e, Men. 77 b ff., Resp. II 382 a, III 413 a, IV 444 a ff., IX 589 c, Soph. 228 c 7 f., Tim. 86 d-e, Leg. IX 860 d 1 u. ö. Dass es sich ursprünglich um eine These des Sokrates handelt, ergibt sich u. a. aus Aristoteles’ Behandlung in Nikomachische Ethik III 7 sowie VII 3.

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als auch moralisches Fehlhandeln auszuschließen, d. h. Unrechttun (ajdikiva). Der Grund, weswegen Platon so sehr an der These von der Unfreiwilligkeit des Fehlhandelns gelegen ist, scheint mithin sein Versuch zu sein, am moralischen Intellektualismus des Sokrates festzuhalten. Heißt das nun, dass sich hinter den Ausführungen von Menon 77 a-78 e doch mehr verbirgt als [2], also mehr als die subjektivistische These von der Güterbindung jedes Strebens? Um dies zu klären, lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf Platons frühe Behandlung der Unbeherrschtheit im Protagoras. Beim Menon handelt es sich ja um einen Dialog, der der späteren Frühperiode Platons entstammt. Einerseits gleicht er in der Fragestellung den frühen Definitionsdialogen, etwa dem Laches, Charmides oder Euthyphron, andererseits enthält er bereits die metaphysische Epistemologie der ajnavmnhsi~-Konzeption – wenn auch noch nicht die Ideentheorie des Phaidon. Was die chronologische Folge der platonischen Schriften anlangt, kann man also annehmen, dass Menon und Protagoras in geringem zeitlichen Abstand zueinander verfasst sind. Das führt zu der Frage nach der dortigen Behandlung der Willensschwäche (352 a-358 d). Platon lässt seinen Sokrates folgende Ansicht zum Phänomen der Willensschwäche entwickeln: Angenommen, jemand weiß, dass eine Handlungsoption X besser als die Option Y ist; dann folgt, dass er X auch eher will als Y. Wenn er aber X eher will als Y, dann ergibt sich, dass er auch X eher wählt als Y. Entscheidet er sich nun trotzdem für Y, dann, so Sokrates sinngemäß, bedeutet diese Entscheidung, dass sein Vernunftvermögen (hJgemonikovn) versagt hat. Genauer gesagt ist es dann der Verheißung irgendwelcher nahe liegender Vergnügungen erlegen. Das Versagen des Vernunftmoments gegenüber Lust oder Unlust wird also darauf zurückgeführt, dass sich der Unbeherrschte nicht im Besitz einer ‚Messkunst‘ (metrhtikh; tevcnh) befindet. In Fällen, in denen jemand „sich selbst unterliegt“, werde nämlich unverständigerweise eine im Augenblick verlockende, aber langfristig schädliche Lust gewählt, oder es werde eine kurzzeitig lästige, auf lange Sicht aber vorteilhafte Unlust gemieden. Demgegenüber empfiehlt der platonische Sokrates eine angemessene zeitübergreifende Kalkulation: Wer der momentanen Lust erliegt oder ein kleines Übel meidet, dem fehlt es an vorausschauender, abwägender Einsicht. Er handelt seinem eigenen wohlverstandenen Interesse zuwider. Im Protagoras heißt es resümierend: „Niemand wendet sich freiwillig dem Schlechten zu und demjenigen, das er für schlecht hält“ (358 c f.). Auch wer falsch handelt, tut also nur, was er als richtig ansieht. Er irrt sich, aber es liegt keine Eigenaktivität irrationaler Kräfte vor; auch eine böse Absicht ist dabei nicht im Spiel. Eine wichtige Stelle bei der Zurückweisung von Willensschwäche lautet (Protagoras 352 d 4–7): „Weißt du nun, dass die breite Menge von Menschen mir und dir nicht glaubt, sondern behauptet, dass viele das Beste erkennen (gignwvskonta~ ta; bevltista) und es dennoch nicht tun wollen (oujk ejqevlein pravttein), obwohl es ihnen möglich wäre, sondern anderes tun.“

Unterstellt wird hier unzweifelhaft, dass eine solche Auffassung unhaltbar ist. Platon lässt seinen Sokrates in dem zitierten Passus also die These vertreten, die breite Menge liege falsch mit ihrer Meinung, es gebe Handlungsoptionen, die von Akteuren klar als bestmögliche oder bestverfügbare erkannt, aber nicht gewollt würden.

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Es sei vielmehr ausgeschlossen, dass jemand das Beste erkennt, es aber willentlich ablehnt. Bereits einige Seiten zuvor heißt es im selben Dialog (Protagoras 345 d 9–e 3): „Ich nämlich meine dies, dass keiner der weisen Männer annimmt, dass irgendeiner der Menschen freiwillig falsch handle und das Schlechte oder Üble tue; vielmehr wissen sie, dass alle, die das Schlechte und das Üble tun, dies unfreiwillig tun.“

Platons Vorgehen bei der Ablehnung der Willensschwäche im Protagoras lässt Zweifel daran aufkommen, ob mein systematischer Einwand gegen Scott überhaupt nötig war. Unterstellt man eine grundsätzliche Affinität der Positionen von Menon und Protagoras, so wirkt die Annahme plausibler, auch im Menon werde die Existenz von Willensschwäche implizit bestritten. Dann aber wird auch fraglich, ob These [2] tatsächlich einen gütersubjektivistischen Sinn hat. Denkbar ist es auch, dass bereits der Willensbegriff des Menon, nicht erst der des Gorgias, auf einer intellektualistischen Basis interpretiert werden muss. Interessanterweise ist der Menon auch der Dialog, in dem werkchronologisch erstmals die Unterscheidung von Wissen (ejpisthvmh) und Meinung (dovxa) eingeführt wird. Wir sahen sie ja bereits in unserer Passage über den Willen am Werk (Menon 77 c). In 98 a bezeichnet Platon die Kenntnis des richtigen Weges nach Larisa als ejpisthvmh und unterscheidet sie auch dann von einer bloßen Meinung, wenn diese Meinung richtig ist (ojrqh; dovxa). Der grundlegende Unterschied zwischen einem Wissen und einer richtigen Meinung besteht demnach darin, dass Meinungen flüchtig und unbeständig seien, Wissen dagegen dauerhaft („festgebunden“). Wissen und Meinen gelten für Platon mithin auch dann als prinzipiell unterschiedliche epistemische Leistungen, wenn sie im Ergebnis – der Kenntnis des Weges nach Larisa – denselben Inhalt besitzen. An mehreren Stellen seiner mittleren und späteren Dialoge bringt Platon die starke Unterscheidung von ejpisthvmh und dovxa ins Spiel, besonders in Politeia V, 474 b-480 a.6 Der Wissende, so könnte Platon annehmen, ist konstant am Guten orientiert, während dies für den Meinenden nicht gilt, zumindest nicht in dauerhafter Weise. 2. DER WILLENSBEGRIFF IM GORGIAS Kommen wir damit zu der einschlägigen Gorgias-Passage. Platon lässt seinen Gesprächsführer Sokrates dort eine merkwürdig wirkende Festlegung vornehmen. Ihr zufolge soll der Ausdruck ‚Wollen‘ (bouvlesqai) für das Streben nach einem Gut reserviert sein, welches zugleich als etwas vernünftigerweise Wertvolles anzusehen ist. Ist das nur eine andere Version von These [2]? Oder handelt es sich um eine andere Behauptung als die These von der Güterbindung des Strebens? Und ist die Gorgias-These dann mit [2] vereinbar? Was hier auch immer zutrifft, klar ist, dass Platon hiermit mehr als eine arbiträre Festlegung formulieren möchte. Es geht ihm nicht nur um Terminologie, um eine definitorische Festlegung des Ausdrucks bouvlesqai. Vielmehr verfolgt er das Ziel nachzuweisen, dass nur wahre Güter ge6

Die wichtigsten weiteren Stellen sind: Gorg. 454 d, Tht. 201 a-c, Phlb. 37 e f. und Tim. 51 d f.

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wollt werden können. Nennen wir dies die These von der intellektualistischen Res­ triktion des Willens (TIRW). TIRW wirkt nun sowohl der Sache nach wie im Vergleich zum Menon befremdlich: Weshalb sollte ich nicht auch etwas für mich Schlechtes oder Schädliches wollen können, solange ich nur glaube, es handle sich um ein Gut? Unstrittig ist zumindest so viel: Ob etwas unter die Beschreibung fällt, ein solches vernünftiges oder wahres Gut zu sein, kann nach Platon nur von demjenigen beurteilt werden, der über wahres Wissen verfügt. Allein der Wissende vermag solche Güter zu identifizieren. Wenn dagegen jemand etwas aufgrund einer oberflächlichen Einschätzung, einer bloßen Meinung und eines falschen Anscheins ausführt, dann ergibt sich dem Gorgias zufolge die Konsequenz, dass die Handlung auf ein Übel zielt; und in diesem Fall kann von einem Wollen keine Rede sei. Der solchermaßen auf das Streben nach dem Guten, welches sich als wahr identifizieren lässt, festgelegte Willensbegriff beruht erneut deutlich auf der epistemologischen Gegenüberstellung von Wissen (ejpisthvmh) und Meinung (dovxa). Etwas zu wollen soll stets das Wissen um den Gütercharakter des Handlungsziels implizieren. Passen These [2] und TIRW überhaupt zusammen? Nach subjektivistischer Lesart von [2] kann man Schlechtes wollen, solange man nur glaubt, es sei gut; nach TIRW kann man Schlechtes nicht wollen, sondern lediglich arbiträr präferieren. Die beiden Thesen stehen somit in einem spürbaren Spannungsverhältnis zueinander: These [2] behauptet, dass jeder Akteur in seiner praktischen Deliberation notwendig glaubt, sein Handlungsziel sei etwas für ihn Gutes. Was immer er durch Handeln auch zu erreichen versucht, er muss es, insoweit er es anstrebt, für ein Gut halten. These [2] lässt hierbei die Möglichkeit offen, dass sich der Akteur täuscht. TIRW dagegen beruht auf der weitergehenden These, man könne keineswegs von jedem Akteur behaupten, dass er überhaupt etwas wolle; denn nur wer sich über das Gutsein seines Handlungsziels nicht täuscht, will etwas. Man sieht zunächst nicht, warum Letzteres der Fall sein sollte. Gemäß These [2] existieren Akteure, die sich beim Wollen täuschen, nach TIRW dagegen nicht. Wer sich in seiner Güterannahme täuscht, strebt nach nichts Gutem und will folgerichtig gar nichts. Schauen wir uns TIRW etwas genauer an. Platon entfaltet den fraglichen restriktiven Willensbegriff, indem er seinen Sokrates den Vorwurf an die Adresse gewisser intellektuell unzulänglicher Personen richten lässt – gemeint sind sophistische Redner und tyrannische Regenten –, sie täten nicht das, was sie wollten, sondern immer nur das, wozu sie augenblicklich eine unreflektierte Neigung verspürten. Wirkliches Wollen beruht demnach auf Einsicht, während die Befolgung von arbiträren Präferenzen nur zu Übeln führen könne. Der entscheidende Textausschnitt lautet wie folgt (Gorgias 466 d 6–e 2): „Ich behaupte nämlich, mein Polos, dass die Rhetoren und Tyrannen in den Städten am wenigsten Macht besitzen […]. Denn sie tun, um es pointiert auszudrücken, nichts von dem, was sie wollen; sie führen vielmehr aus, was immer ihnen gerade das Beste zu sein scheint.“

Ergibt es Sinn, von Personen oder Personengruppen zu sagen, dass sie „nichts von dem tun, was sie wollen“? Die Behauptung, jemand tue unter Umständen nichts von dem, was er will, wirkt irritierend. Wir tun uns leichter damit zu behaupten, dass jemand nicht will, was er soll oder was für ihn ratsam ist, nicht jedoch, dass

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jemand nicht tut, was er will. Platons Ausdrucksweise basiert darauf, dass er den Ausdruck Wollen für eine rationale Präferenzhaltung reserviert und gegen eine Entscheidung zugunsten spontaner Wünsche absetzt. In unsere Theoriesprache übersetzt: Differenziert wird zwischen dem, was jemand überlegtermaßen präferieren müsste, d. h. einem wohlüberlegten Handlungsziel, und seinen kontingenten Wünschen, die sich immer dann durchsetzen, wenn sein praktisches Deliberieren nicht hinreicht oder sich nicht durchsetzt. Das wirkt so, als ob der Wille in jemandem auch dann als Tendenz zum objektiven Guten präsent wäre, wenn sich der Betreffende dessen gar nicht bewusst ist; oder aber er ist sich der Tendenz zwar bewusst, negiert sie aber willkürlich.7 Jedoch, warum sollte man nur rational ausweisbare Wünsche als Wollen im vollen Wortsinn gelten lassen? Zwar würden wir in unserem aktuellen Sprachgebrauch jemandem, der etwas äußerst Unvernünftiges vorhat, z. B. etwas Selbstschädigendes oder allzu Risikoreiches, ebenfalls vorhalten, er könne dies unmöglich ernsthaft wollen; aber damit räumen wir bereits ein, dass er es wenigstens irgend­ wie will. Entschuldigt sich jemand im Nachhinein mit den Worten, er habe dies oder jenes nicht gewollt, so meint der Betreffende natürlich nicht, er habe nichts von dem getan, was er eigentlich will, vielmehr entschuldigt er sich für eine nicht-intendierte Handlungsfolge. Dennoch möchte ich eine Interpretation vorschlagen, mit der sich These [2] und TIRW als miteinander vereinbar erweisen. Um dies zeigen zu können, muss ich die Gorgias-Stelle noch etwas eingehender erläutern. Der relevante Passus Gorgias 466 a-468 e bildet eine argumentative Einheit, die von zwei Beweiszielen bestimmt ist. Sie werden explizit benannt (466 d 5 ff.): Einmal soll gezeigt werden, dass Rhetoren und Tyrannen (allgemein gesprochen: Personen ohne echtes Wissen) keine wirkliche politische Macht besitzen, weil es sich bei Macht um etwas Gutes (im Sinn von: Vorteilhaftes) handelt. Sodann geht es um den Nachweis, dass Rhetoren und Tyrannen nicht das tun, was sie wollen, weil der Begriff des Wollens ausschließlich auf das Streben nach einem wirklichen Gut angewandt werden kann. Die erste Argumentation besitzt die Form einer reductio ad absurdum: Sokrates greift Polos’ Behauptung auf, Macht zu haben sei für diejenigen, die sie besitzen, ein Gut. Die Behauptung wird durch den Nachweis widerlegt, dass die, von denen Polos faktisch annimmt, sie besäßen Macht, eben Rhetoren und Tyrannen, mit dem, 7

Das von Platon gemeinte Wollen lässt sich veranschaulichen, wenn man an eine Person denkt, die ihre rationale Autonomie durch massive Manipulation oder durch Drogeneinfluss eingebüßt hätte. Unterschriebe eine solche Person einen für sie nachteiligen Vertrag, dann würden sicherlich auch wir urteilen, hier liege keine wirkliche Willensäußerung der betreffenden Person vor. Grundsätzlich würden auch wir zugestehen, dass das Wollen einer Person an bestimmte Rationalitätsstandards gebunden ist. Niemand kann beispielsweise wollen, Napoleon oder ein Regenwurm zu sein, sei es, weil dies unmöglich, sei es, weil es unattraktiv ist. Vielleicht könnte er es ‚wünschen‘, aber die Semantik von ‚wollen‘ unterstellt gewisse Sinnbedingungen, darunter Realisierbarkeit und Wünschbarkeit. Platon geht noch einen Schritt weiter: Er sagt nicht, eine solche Person verfüge nicht über ihren Willen, sondern sie befolge ihren Willen nicht. Augenscheinlich impliziert seine Begriffsverwendung nicht eine sogenannte Geschmackstheorie des Wünschens, sondern das, was man in der jüngeren Debatte eine Wahrnehmungstheorie nennt.

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was sie vermögen – nämlich nach Gutdünken zu töten, zu rauben und zu vertreiben – über kein Gut verfügen. Folglich können sie auch keine Macht haben. Im Einzelnen geht Sokrates wie folgt vor: Wenn Machtbesitz nach Polos’ Definition so viel bedeute, wie dass jemand tun könne, was ihm gerade richtig scheint, dann müsse jeder zugeben, dass es mitunter zu einem Selbstmissverständnis kommen könne: Der Betreffende hält dann etwas Unüberlegtes für richtig und schädigt sich daher selbst. Dieser Fall tritt tatsächlich ein, wenn jemand keinen Verstand hat (nou'n mh; e[cwn: 466 e 10). Nun sind aber Rhetoren (und erst recht Tyrannen) keineswegs im Besitz echten Wissens, sondern verfügen allenfalls über eine schmeichlerische Pseudo-Wissenschaft. Also halten sie tatsächlich Unüberlegtes für richtig und schaden sich mithin selbst. Somit besitzen sie mit ihrer Fähigkeit, Beliebiges zu tun, kein Gut. Folglich handelt es sich bei dieser Fähigkeit nicht um Macht.8 Die zweite und für unsere Zwecke entscheidende Argumentation kreist um den Willensbegriff: Gezeigt werden soll, dass der Ausdruck ‚Wollen‘ (bouvlesqai) für das Streben nach wahren Gütern reserviert werden muss (TIRW). Hierzu verteidigt Sokrates die Überzeugung, dass jemand nicht dasjenige will, was der Betreffende gerade tut (o} a]n pravttwsin eJkavstote: 467 c 6), sondern das, um dessentwillen er tut, was er tut (ou| e{neka pravttousin tou'q∆, o} pravttousin: 467 c 6 f.). Drei Beispiele sollen illustrieren, wann Personen nicht das wollen, was sie unmittelbar tun: nämlich wenn sie Medizin einnehmen (favrmaka pivnonte~: 467 c 7), zur See fahren (plevonte~: 467 d 1) oder andere Geschäfte (gemeint ist: andere als Seehandel) betreiben (to;n a[llon crhmatismo;n crhmatizovmenoi: 467 d 1 f.). Alle drei Fälle zeigen die gleiche Struktur, nämlich dass die betreffenden Personen vorübergehend Unangenehmes oder Gefährliches tun, um damit auf längere Sicht etwas anderes, etwas für sie Gutes oder Wertvolles, zu erreichen. Sie nehmen das vorläufige Tun des Unangenehmen oder Gefährlichen nur hin, um auf diese Weise etwas noch Besseres dafür zu bekommen: Entscheidend ist also der jeweilige letzte Handlungszweck (ou| e{neka), d. h. in den vorliegenden Fällen Gesundheit und Reichtum. Es ist allein dieser Zweck, von dem man sagen kann, dass er gewollt wird. Zur Präzisierung des Gedankens nimmt Sokrates eine Einteilung in drei Klassen vor: in Güter (ajgaqav), Übel (kakav) und Weder-Gutes-noch-Schlechtes (ou[te ajgaqo;n ou[te kakovn: 467 e 1–3). Zu den Gütern gehören Weisheit, Gesundheit und Reichtum, zu den Übeln ‚das Gegenteil‘ (gemeint sind also offenbar Dummheit, Krankheit und Armut) und zum ‚Mittleren‘ (ta; metaxuv: 468 a 5) Sitzen, Gehen, Laufen und zur See fahren sowie Steine und Holz. Er behauptet nun, dass zwischen den genannten Klassen nur folgende Beziehung angemessen ist: nämlich das Mittlere um des Guten willen zu wählen. Angewandt auf das Verhalten von Rhetoren und Tyrannen in der Polis: Wer einen anderen tötet, ihn vertreibt oder beraubt, müsste dies um eines Gutes willen wollen. Denn generell gilt, dass Wollen sich nur auf Gutes richten kann. Wenn sich aber jemand auf etwas Schlechtes richtet, dann will der Betreffende dies nicht, auch wenn es ihm irrtümlich richtig zu sein scheint.

8

Vgl. die Analyse des Arguments bei Penner (1991).

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Folglich tun Tyrannen und Rhetoren mit solchen Handlungen nur, was ihnen gut zu sein scheint, es ist aber nicht der Fall, dass sie sie wirklich wollen.9 Die erste der beiden referierten Argumentationen, die den Machtbesitz von Unwissenden in Frage stellt, scheint mir grundsätzlich korrekt zu sein. Zugleich ist sie unaufregend und wenig weiterführend: Sie beruht auf der Beweisidee, dass eine Fähigkeit nur gut sein kann, wenn sie Gutes hervorbringt: eine gute Fähigkeit muss die Fähigkeit zu etwas Gutem sein.10 Die zweite Argumentation, die den intellektualistischen Willensbegriff einführt, wirkt hingegen einerseits irgendwie bestechend, andererseits recht problematisch. Es scheint zwar einleuchtend, dass es irrational wäre, wenn jemand beim Handeln vorläufige Ziele – also dasjenige, was er um eines anderen Zieles willen tut – für so wertvoll halten würde, dass er außer Acht ließe, worauf die betreffende Handlung in letzter Konsequenz zielt. Soweit erinnert sie an die ‚Messkunst‘ (metrhtikh; tevcnh), also den hedonistischen Kalkül, aus Pro­ tagoras 356 d 4. Zwischenziele, so Platon, sollte man vernünftigerweise nur als Mittel zu einem wertvollen Ziel betrachten, nicht jedoch als Endziele. Platon trifft sicher einen richtigen Punkt, wenn er auf ein mögliches Selbstmissverständnis beim Handeln aufmerksam macht: Ein Akteur könnte irrigerweise das gewählte Mittel an sich schätzen, nicht aber überlegen, wohin dessen Einsatz schließlich führt. Platons zweite Argumentationslinie wirkt wesentlich unklarer: Man fragt sich zunächst, ob das Argument eigentlich deskriptiv oder normativ zu verstehen ist. Eine von beiden Lesarten ist auszuschließen. Nun kann Platon wohl kaum die Möglichkeit anzweifeln, dass jemand den abschließenden Zweck seines Handelns unbesonnenerweise missachtet; was er nur meinen kann, ist, dass ein solches Verhalten inadäquat ist. Ein Akteur kann faktisch etwas nicht besonders Wertvolles oder gar etwas Schlechtes ans Ende einer Kette von Teilhandlungen setzen, aber es wäre unklug von ihm, dies zu tun. Einen akzeptablen Sinn erhält Platons Argumentation erst dadurch, dass man sie als Konfrontation unseres faktischen Handelns mit einer normativen Voraussetzung, einer Sinnbedingung des Handelns interpretiert: Handlungen sollen rationalerweise auf etwas Gutes oder Wertvolles hin orientiert sein. Jedoch gibt es auch sachliche Bedenken gegen die zweite Argumentationslinie. Zunächst kann man an Platon die Frage richten, ob wir stets etwas um einer anderen Sache willen tun sollten. Jemand kann doch auch einfach etwas für ihn direkt Wertvolles tun, etwa Musik hören oder Zärtlichkeiten austauschen. Nicht jede Handlung muss aus einer Kette von verschiedenen Teilhandlungen bestehen, die aufeinander folgen und in ein abschließendes Ziel einmünden; vielmehr sind manche Handlungen unmittelbar sinnvoll und zielen auf nichts Weiteres ab. Bekanntlich bringt Aristoteles’ pra'xi~-Begriff genau dies zum Ausdruck, dass jemand etwas tut, das unmittelbar wertvoll oder selbstzwecklich ist. Platon ist jedoch diesem Bedenken, soweit ich sehe, deswegen nicht ausgesetzt, weil er sich von vornherein auf den Fall beschränkt, dass es mehrere Kettenglieder gibt (vgl. ejavn tiv~ ti pravtth/ …: 467 d 9 10

Für eine präzise Rekonstruktion des Arguments vgl. Ostenfeld (2007) 109 f. Ostenfeld (2007) 111 wirft zudem das Problem auf, dass Sokrates allenfalls zeigt, dass Rhetoren und Tyrannen keine Macht hätten, wenn sie sich täuschen sollten, aber nicht beweist, dass sie sich tatsächlich (oder notwendigerweise) täuschen.

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6 f.). Sodann lässt sich einwenden, dass die Mittel, die jemand zu einem Zweck gebraucht, zwar für sich genommen etwas Mittleres oder Schlechtes sein mögen (nicht nur Mittleres, wie 468 a 5 f. suggeriert; man kann auch schlechte Mittel zu etwas Gutem einsetzen, wie dies ja etwa für Platons eigenes Beispiel von der Unannehmlichkeit der Einnahme von Medikamenten gilt), dass aber jeder Akteur sie zumindest in gewisser Weise wertschätzen muss: Er kommt nicht umhin, sie als irgendwie geeignet und tauglich sowie als irgendwie hinnehmbar und erträglich aufzufassen. (Man gewinnt hier fast den Eindruck, Platon spreche zwischendurch von moralischen bzw. unmoralischen instrumentellen Handlungen.) Dieser Einwand ist zutreffend, setzt aber das Argument nicht außer Gefecht, wonach man das Ziel rationalerweise höher schätzen muss als das Mittel, das man zu seiner Erlangung einsetzt. Und schließlich kann man noch einwenden, dass jemand das Zwischenziel oder Mittel auch bereits für sich schätzen kann: Wenn jemand z. B. als Restaurantkritiker arbeitet, kann er zunächst einmal Spaß am Essen haben und in der Konsequenz auch noch Geld und Ruhm damit verdienen. Auch dieser Punkt ist berechtigt, hebt aber Platons Pointe (‚Man darf über der Wertschätzung der Zwischenziele den höheren Wert des Endziels nicht vergessen‘) keineswegs auf.11 Wirklich gravierend scheinen mir allerdings die Einwände gegen die gütertheoretische Dreiteilung zu sein, die Platon seinen Sokrates vornehmen lässt. Offenbar erhebt Platon den Anspruch, dass die gemeinte Dreiteilung vollständig ist. In Wahrheit ist sie aber ziemlich undurchsichtig; man versteht im Grunde nicht einmal, was hier überhaupt eingeteilt werden soll: Sind es Handlungsziele, Handlungen oder Gegenstände wie diejenigen, welche von Akteuren beim Handeln instrumentell gebraucht werden? Die Nennung der Güter Weisheit, Gesundheit und Reichtum spricht für das Erste, die Nennung einiger der ‚mittleren Dinge‘ wie Sitzen, Gehen, Laufen und zur See fahren für das Zweite und die Nennung der – ebenfalls als Mittleres bewerteten – neutralen Objekte wie Steine und Holz für das Dritte. Warum soll nur Mittleres, nicht aber Schlechtes (oder sogar Gutes) zur Erlangung von Gutem instrumentalisiert werden? Hat denn Platon nicht eben selbst behauptet, dass Medikamente einnehmen, zur See fahren und Geschäfte machen unangenehme und schlechte Dinge sind, die dennoch zum eigenen Vorteil praktiziert werden? Er bleibt uns im Text Antworten auf diese Fragen schuldig. In dieselbe Richtung weist ein abschließendes Bedenken. Es ergibt sich daraus, dass man nicht ohne Weiteres versteht, welche begriffliche Distinktion hinter der Dreiteilung steht: Ist es die zwischen intrinsischen Gütern und instrumentellen Gütern oder die zwischen ambivalenten und nicht-ambivalenten Gütern? Der Sachzusammenhang scheint die erste Distinktion zu erfordern: Was Platon im Kontext ausdrücken möchte, ist ja, dass am Ende von zielorientierten Handlungsketten ein Gut stehen muss, um dessentwillen man alles andere ausführt. Dem Wortlaut der Stelle nach scheint es sich dagegen um die Einteilung von eindeutig oder konstant Gutem, eindeutig oder konstant Schlechtem und demjenigen zu handeln, was entweder gut oder schlecht ausfallen kann. Die Klasse des Mittleren meint nicht das 11

Im geschilderten Fall ist das Essen zugleich ein abschließendes Ziel und ein Mittel für ein weiteres Ziel.

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Indifferente, sondern das Ambivalente, welches am Guten oder am Schlechten teilhaben kann (467 e 7 f.). Man gewinnt den Eindruck, dass die zwei Distinktionen hier einigermaßen unglücklich durcheinander geraten. Die Stelle enthält noch eine bislang unerwähnt gelassene Ambiguität. Platon erläutert das Wollen des Guten, also These [2], einerseits so, wie sie uns im Menon formuliert schien, nämlich als gütersubjektivistische Behauptung: Wenn jemand zu Fuß geht, so tut er dies in der Meinung, dies sei gut, und wenn er stehen bleibt, so meint er ebenfalls, dies sei gut für ihn. Scheinbar geht es dabei um einen rein individuellen Nutzen. Allerdings fällt er dabei am Ende in eine objektivistische Sprache (468 b 1–4): „Weil wir das Gute (to; ajgaqovn) verfolgen, gehen wir, wenn wir gehen, weil wir glauben, es sei besser, und umgekehrt stehen wir, wenn wir stehen, um desselben willen, nämlich des Guten (tou' ajgaqou').“

Und fast direkt anschließend heißt es in klarer objektivistischer Redeweise (468 b 7 f.): „Um des Guten willen (e{nek∆ a[ra tou' ajgaqou') tun also diejenigen alle diese Dinge [sc. jemanden töten oder berauben], die sie tun?“

Damit erscheint die Argumentation als uneindeutig. Im ersten Zitat ist plötzlich von einem einzigen Guten, nicht mehr von verschiedenen, subjektiven Gütern die Rede. Im zweiten Zitat wird gar nicht unterschieden zwischen dem, was ein Akteur lediglich für gut hält, und dem, was wirklich gut ist. Die entscheidenden Fragen bleiben somit noch unbeantwortet: Wie sind These [2] und TIRW jeweils für sich zu verstehen? Und wie verhalten sie sich zueinander? Sind der Willensbegriff des Menon und der des Gorgias identisch oder verschieden? Vielleicht ist es ja generell verkehrt, die Formulierungen von [2] bei Platon subjektivistisch zu interpretieren. 3. PLATON ÜBER WOLLEN, GÜTER UND GLÜCK Platons bouvlhsi~ aus Gorgias 466 d-e hat eine bemerkenswerte Rezeptionsgeschichte erfahren. Der hier erstmals formulierte intellektualistische Willensbegriff bildet das philosophisch maßgebliche Konzept bis hin zur Spätantike, bis weit ins Mittelalter und sogar darüber hinaus bis Kant. Wichtige Belegstellen finden sich z. B. in den pseudo-platonischen Definitionen, wo bouvlhsi~ als o[rexi~ eu[logo~ oder als o[rexi~ meta; lovgou bestimmt wird (413 c 8 f.) oder bei Aristoteles in der Rhetorik sowie der Topik.12 Auch im Rahmen seiner Seelenteilungskonzeption unterscheidet Aristoteles zwischen drei Formen von Streben: die bouvlhsi~ soll nur dem rationalen Teil zukommen, während Begehren (ejpiqumiva) sowie Zorn oder

12

In Rhetorik I 10, 1369 a 2–4 heißt es: „Es ist aber das Wollen ein Streben nach Gutem – keiner nämlich will etwas, wenn er nicht meint, dass es gut sei […].“ Insgesamt Rhet. I 10, 1368 b 36–1369 a 4 und Top. IV 5, 126 a 12–14.

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Mut (qumov~) dem irrationalen Teil zugewiesen werden.13 Auch die Stoa setzt Platons strebenstheoretischen Intellektualismus fort: Wollen (bouvlhsi~) heißt auch hier, etwa bei Chrysipp, soviel wie rationales Streben (o[rexi~ eu[logo~), steht also für eine in jedem Akteur vorhandene vernünftige Grundtendenz, die beim Weisen vollständig realisiert ist; es handelt sich bei der bouvlhsi~ um eine der drei von den Stoikern positiv bewerteten Emotionen (eujpavqeiai).14 Derjenige Stoiker, der den ausgedehntesten Gebrauch vom Begriff des Willens macht, ist sicherlich Seneca. Unter Wille (voluntas) versteht er zunächst die seelische Ausrichtung, die eine Handlung moralisch richtig macht und die ihrerseits auf die grundsätzliche Verfassung (habitus) der Seele zurückgeht; dieser „reine und gute“ Wille wird nahe an den Tugendbegriff herangerückt.15 Auch in den Schriften Plotins steht Wollen im emphatischen Wortsinn für ein rationales, natürliches und objektives Streben und dieses wiederum bedeutet: ‚etwas Gutes wollen‘ oder zumindest ‚etwas scheinbar Gutes (ein fainovmenon ajgaqovn) wollen‘.16 Eine an Platons Intellektualismus erinnernde Wortverwendung des Verbs qevlein erscheint schließlich bei Paulus: Danach verfügen wir Menschen über ein ursprünglich auf Gutes gerichtetes Wollen; im Unterschied zur platonischen Vorstellung soll uns dieses Wollen aber ohne die Unterstützung Gottes unzugänglich sein.17 Von allen diesen Quellen beeinflusst, hat insbesondere die mittelalterliche Scholastik ihren Begriff der voluntas als appetitus rationalis bestimmt – im Unterschied zum Willen als einem freien Dezisionsvermögen, der mit dem Begriff des liberum arbitrium bezeichnet wurde. Erst die frühmoderne, Hobbes’sche Rationalitätskonzeption verbindet sich demgegenüber ausschließlich mit einem dezisionistischen Willensbegriff und einer Geschmackstheorie des Wollens: Demnach wird etwas nicht deswegen gewollt, weil es objektiv gut ist, vielmehr ist es gut, weil es subjektiv und arbiträr gewollt wird. Exemplarisch sei eine markante Stelle aus dem Leviathan zitiert, in welcher Hobbes den scholastischen Willensbegriff, nämlich den intellektualistischen Platons, mit Nachdruck zurückweist (Leviathan, 1. Teil, 6. Kap, 53): „Die Definition des Willens, welche gewöhnlich von der Scholastik gegeben wird, dass er (nämlich) ein vernünftiges Streben (Rational Appetite) sei, taugt nichts. Denn wäre dies so, dann könnte es keine freiwillige Handlung (Voluntary Act) geben, die vernunftwidrig wäre. Denn eine freiwillige Handlung ist eine solche, die aus dem Willen hervorgeht, und keine andere.“

Hobbes zieht in seiner lakonischen Kritik die platonische Vorstellung vom Willen als einer rationalen Strebenstendenz kaum noch ernsthaft in Betracht. Der Wille kann für ihn nichts anderes als ein subjektiv freies und objektiv zurechnungsfähiges Dezisionsvermögen sein. Denn erst der Wille verstanden als ein Dezisionsvermögen macht für ihn begreiflich, wie es freiwillige und d. h. schuldhafte Handlungen geben kann. Zudem ist für Hobbes dasjenige, worauf sich jemandes freier Wille 13 14 15 16 17

De an. III 9, 432 b 5–7; vgl. 433 a 23–25. SVF III 173 und 431 f. Ep. 95,57 und Ep. 92,3. Enneade VI 8 [39] 3,1–5. Zum intellektualistischen Willensbegriff Plotins vgl. näherhin Horn (2007). Röm 7,15. 18–21 und Gal 5,13–18.

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rationalerweise richtet, sein wohlverstandener, prudentiell erwogener Vorteil. Ein solcher strategisch-rationaler Hedonismus unterscheidet sich von dem metaphysischen Lustprinzip, das Eudoxos in seiner Strebenskonzeption im Sinn hatte. Doch so maßgeblich der intellektualistische Willensbegriff des Gorgias auch in der Begriffs- und Theoriegeschichte gewirkt haben mag: bei Platon selbst wird er nicht konsequent durchgehalten. Ich führe zunächst zwei Belegstellen an, die in dieselbe Richtung weisen, dann aber auch einige Gegenbelege. Zunächst zur Passage Charmides 167 e. Im Kontext geht es dort um die Idee eines selbstbezüglichen Wissens, d. h. eines Wissens, das sich nicht nur auf alle anderen Wissensgehalte, sondern auch auf sich selbst richten kann (hJ eJauth'~ kai; tw'n a[llwn ejpisthmw'n ejpisthvmh: 166 e 6). Das Besondere dieser selbstreflexiven Form von ejpisthvmh wird daran erläutert, dass es beispielsweise kein entsprechendes Wahrnehmen des Wahrnehmens gebe. Ferner sei es unmöglich, dass sich ein Begehren nicht auf den Gewinn von Lust (hJdonhv), sondern auf ein weiteres Begehren richte. Dann heißt es (Charmides 167 e 4–9): „Auch gibt es keinen Willen (bouvlhsi~), so meine ich, der etwas anderes als ein Gut (ajgaqovn) will (bouvletai), sondern der sich selbst und die anderen Willensregungen wollte (boulhvsei~ bouvletai). – Folgerichtig nein. – Möchtest du aber behaupten, dass es irgendeine derartige Liebe (e[rw~) gibt, dass sie sich auf etwas anderes als auf Schönes (kalou') richtet, nämlich vielmehr auf sich selbst und die anderen Liebesregungen? – Ich nicht, sagte er.“

Modern gesprochen, hat Wissen unter den ‚intentionalen‘ Vermögen die Besonderheit der Selbstreflexivität, anders als der Wille, der stets auf ein Gut gerichtet ist. Die Stelle erweckt den Eindruck, als würde hier geradezu eine schulinterne Selbstverständlichkeit abgefragt, etwas, das keiner weiteren Erläuterung bedarf: Jede bouvlhsi~, so die als Trivialität aufgefasste Formel, richtet sich immer schon auf ein ajgaqovn, und ebenso gilt, dass jeder e[rw~ nach einem kalovn strebt. Zu bedenken ist, dass der Charmides mit Sicherheit früher entstanden ist als Menon und Gorgias; und dennoch wird jener begriffliche Erklärungsbedarf, der in den beiden späteren Dialogen explizit erfüllt wird, in ihm einfach übergangen. Hierin scheint mir ein gutes Indiz zugunsten einer proleptischen Komposition der Dialoge (im Sinn von Charles Kahn) beim Thema einer handlungsteleologischen Ethik zu liegen. Das würde dafür sprechen, dass Platon ein relatives festgefügtes Bündel von Thesen zu diesem Thema verfügt hätte, auf die er bei Bedarf immer wieder zurückgriff. In den Nomoi heißt es an einer Stelle des V. Buchs, man müsse „überlegen, welche Lebensformen wir von Natur aus wollen.“18 Die Formulierung klingt eindeutig intellektualistisch. Ein Gegenbeispiel findet sich jedoch im III. Buch der Nomoi. Dort geht es um die Frage, ob man Gebete an die Götter adressieren darf, die dem Eigenwillen des Betenden folgen, ohne dass dieser Wille an der Vernunft (frovnhsi~) orientiert ist. Dies wird verworfen; Platon lässt den Gesprächspartner Megillos bestätigen, dass eine Orientierung des Willens an der Vernunft für jedes angemessene Gebet unverzichtbar ist, weswegen man primär um Einsicht beten sollte (Leg. III 687 e 5–9): 18

In Leg. V 733 d 3 f.: dei' dianoei'sqai poivou~ [sc. bivou~] fuvsei boulovmeqa.

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„Ich begreife, was du sagen willst. Du scheinst mir nämlich zu behaupten, nicht darum dürfe man beten und darauf dringen, dass alles dem eigenen Wollen (th/` eJautou' boulhvsei) gehorcht, ohne dass das Wollen (bouvlhsin) deshalb umso stärker der eigenen Einsicht (th/` eJautou' fronhvsei) folgt; sondern darum habe ein Staat und jeder Einzelne von uns zu beten und darum zu ringen: dass er Vernunft hat.“

Der Wille wird hier nicht als ein Streben nach dem Guten aufgefasst, sondern als die arbiträre Ausrichtung eines Akteurs an Zielen, die ihm wünschenswert scheinen. Doch zurück zu Platons Menon sowie Gorgias.19 Ich war oben bei der Frage stehen geblieben, wie sich der intellektualistische Willensbegriff des Gorgias verstehen und wie er sich mit dem prima facie subjektivistischen Willensbegriff des Menon vereinbaren lässt. Eine einfache Lösung läge im Hinweis auf die Uneinheitlichkeit des platonischen Sprachgebrauchs. Beide, die intellektualistische und die subjektivistische Wortverwendung, tauchen in den Dialogen wiederholt auf; Platon könnte mit ein und demselben Begriff einfach Verschiedenes sagen wollen. Diese Deutung ist sicher möglich, aber sie ist nicht gerade attraktiv, weil Platon mit bouvlhsi~ und bouvlesqai in Menon und Gorgias grundlegende theoretische Überlegungen verbindet und dann die Frage bliebe, ob diese einheitlich oder uneinheitlich konzipiert sind. Nochmals, was für Platons Behandlung des Willensbegriffs entscheidend ist, ist seine Überzeugung, es sei die Vernunft, die im Gegensatz zum bloßen Meinen das objektiv Gute zu identifizieren vermag. Dies wird an folgender Frage deutlich, die Sokrates an Polos richtet (Gorgias 466 e 9–11): „Glaubst du also, dass es ein Gut sei, wenn jemand tut, was ihm das Beste zu sein scheint (dokh/` aujtw/' bevltista ei\nai), auch wenn er keine Vernunft hat (nou'n mh; e[cwn), und nennst du dies große Macht haben?“

Platons intellektualistisches Willensverständnis aus dem Gorgias lässt sich mithin durch zwei konstitutive Merkmale charakterisieren. Erstens interpretiert Platon jemandes Wollen so, als ergebe es sich direkt daraus, dass der Vernünftige oder Wissende eindeutig wahrnimmt, und zwar etwas objektiv Wertvolles wahrnimmt. Man kann dies als den Wahrnehmungsaspekt der intellektualistischen Konzeption bezeichnen. Zweitens handelt es sich bei dem, was das Subjekt wahrnimmt, um eine im Akteur automatisch auftretende rationale Strebenstendenz; etwas Gutes wahrzunehmen, impliziert eo ipso, dass sich darauf mein Wollen richtet. Nennen wir dieses Merkmal den internalistischen Aspekt eines solchen Modells. Dieser Willensbegriff ist, soweit ich sehe, bislang am klarsten von W. Wieland diagnostiziert worden: Das wahre Wollen Platons ist nicht wie bei Freud das begehrliche Wünschen, das durch eine rationale Instanz verdrängt wird, sondern umgekehrt das vernünftige, das durch begehrliche Wünsche verdeckt wird.20 Beide Momente setzen offenkundig 19 20

Unklar scheint mir, ob die Stelle Resp. IX 577 d 10 f. der Gorgias-Passage ähnlich ist oder nicht. Dort heißt es: „Tut also die sklavische und tyrannische Polis am wenigsten, was sie will?“ (Oujkou'n h{ ge au\ douvlh kai; turannoumevnh povli~ h{kista poiei' a} bouvletai;). Vgl. Wieland (1982) 279: „Die als Subjekt des wahren, wenngleich durch Selbsttäuschungen zumeist verstellten Willens fungierende Seele ist bei Platon gerade nicht jenem Tiefenbereich zugeordnet, dessen Dynamik einer Zensur zum Opfer fällt und deswegen die Ebene des Be-

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voraus, dass es sich beim Willen um eine einzige und kohärente sowie bei allen rationalen Individuen identische Strebenstendenz handelt. Sollte dies Platons Auffassung sein (und m. E. ist dies tatsächlich der Fall), dann läge für moderne Philosophen u. a. eine Irritation darin, dass hier implizit die Möglichkeit einer rationalen Präferenzpluralität bestritten wird; was Platon abzulehnen scheint, ist, dass wir rationalerweise äußerst unterschiedliche Wünsche besitzen und verfolgen können. Trotzdem glaube ich, dass genau dies Platons Willensbegriff ist, sowohl im Menon als auch im Gorgias. Zwar ist die ältere Auffassung, Platon artikuliere hier ein quasi-neuplatonisches Modell des ‚Strebens nach dem wahren Guten‘ oder ein Modell des ‚wahren Wollens‘ bisweilen in grundsätzlicher Form attackiert worden.21 Eine solche Attacke wirkt jedoch vor dem Hintergrund der zentralen These des Gorgias, niemand wolle Unrecht tun,22 ebenso zum Scheitern verurteilt wie vor dem Hintergrund des Platonischen Lysis und der Politeia. Platon unterscheidet zweifellos zwischen dem Guten als dem wohlverstandenen Objekt des Wollens und solchen nicht durch ein Wollen fundierten Wünschen, deren Attraktivität auf einem Selbstmissverständnis beruht. Wie lässt sich dafür argumentieren, dass These [2] im Menon, also die These von der Güterbindung jedes Handelns, keinen subjektivistischen Sinn zu haben braucht? Nur gemäß einer subjektivistischen Lesart scheint die These alle Menschen einschließen zu können, während TIRW nur die Wissenden zu meinen scheint. Dass alle Menschen das Gute und damit letztlich das Glück wollen, ist aber explizit Platons Auffassung. Betrachten wir dazu zwei Stellen, an denen explizit davon die Rede ist, dass alle Menschen das Glück wollen bzw. nach dem für sie Guten streben: Euthydemos 278 e 3–279 a 4 und Symposium 204 e 1–205 a 8. Die erste Passage lautet: „Wollen wohl wir Menschen alle glücklich sein? Oder gehört schon diese Frage zu dem, wovor mir gerade bange war, dem Lächerlichen? Denn unverständig ist es ja wohl, dergleichen auch nur zu fragen; denn welcher Mensch wollte nicht glücklich sein? – Gewiss keiner, antwortete Kleinias. – Gut, sprach ich. Nun aber weiter. Da wir glücklich sein wollen, wie können wir es denn? Etwa wenn wir viele Güter hätten? Oder ist dies noch einfältiger als jenes? Denn auch das ist deutlich genug, dass es sich so verhält.“

In der zitierten Passage spielt es eine wichtige Rolle, dass sich Sokrates davor fürchtet, sich durch die Erwähnung des Satzes ‚Alle Menschen wollen glücklich sein‘ lächerlich zu machen. Nun kann man sich sowohl lächerlich machen, indem man etwas Abwegiges behauptet, als auch dadurch, dass man etwas allzu Selbstver-

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wusstseins gar nicht erreicht. Das wahre Wollen ist gerade umgekehrt ein vernünftiges Wollen, auch wenn es als solches dem in gängigen Meinungen und Vorurteilen befangenen Handelnden zunächst gar nicht bewusst wird.“ Einen solchen Angriff hat Kevin McTighe (1984) ausführlich begründet. McTighe versucht zu zeigen, dass das Argument an dieser Stelle mehrfach fehlerhaft sei und aus diesem und weiteren Gründen von Platon nicht vertreten worden sein könne. McTighes Deutung ist jedoch u. a. deswegen ausgeschlossen, weil an der relevanten Gorgias-Stelle unmöglich vom „scheinbar Guten“ die Rede sein kann; vgl. Vlastos (1991) 152, Anm. 84. Vgl. Gorgias 509 e 5 f.: […] hJnivka wJmologhvsamen mhdevna boulovmenon ajdikei'n […].

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ständliches vorbringt. Im vorliegenden Fall ist sicherlich von Letzterem auszugehen. „Wenn aber jemand z. B., sprach Diotima, indem er an die Stelle des Schönen das Gute einsetzte, fragen würde: Nun denn, Sokrates, es begehrt der Begehrende das Gute – in welcher Hinsicht begehrt er es? – Danach, dass es ihm zuteilwerde, antwortete ich. – Und wie lässt sich derjenige kennzeichnen, dem Güter zuteilwerden? – Dies weiß ich schon leichter zu beantworten, sagte ich: Er wird glücklich sein. – Denn durch den Besitz von Gütern, sagte sie, sind die Glücklichen glücklich, und es bedarf keiner weiteren Frage mehr von der Art ‚Weshalb will der Glückliche glücklich sein?‘; vielmehr scheint das Antworten einen Endpunkt (telos) erreicht zu haben. – Du triffst das Richtige, sagte ich. – Glaubst du nun, dass dieser Wille und dieses Verlangen allen Menschen gemeinsam ist und dass alle immer das Gute besitzen wollen, oder wie meinst du das? – Genau so, erwiderte ich, dass es allen gemeinsam ist.“

Folgt aus der Tatsache, dass alle Menschen glücklich sein wollen, dass dasjenige, was sie für ihre wichtigsten Wünsche halten, auch wirklich mit ihrem wohlverstan­ denen Wollen übereinstimmt? Ich denke, diese Folgerung wäre ebenso verkehrt wie die zweifellos absurde Meinung, dass dasjenige, was Menschen für ihr Glück hal­ ten, mit ihrem tatsächlichen Glück identisch sein müsste. Ebenso wie jemandes Vorstellung vom glücklichen Leben (etwa als ein Leben der tyrannischen Machtausübung) falsch sein mag, kann auch seine Meinung darüber, worauf sich seine Strebenstendenz richtet, in die Irre gehen. Zwar besitzt der Betreffende dann immer noch einen Willen, nämlich eine rationale Strebenstendenz, die sich auf das Gute richtet, aber er verfehlt sie durch sein arbiträres Wünschen ebenso, wie er sich bezüglich des Guten und damit des Glücks täuscht. Nach meiner These ist es dieser Punkt, der Platons Menon und den anderen Passagen, die vom Wollen des Guten oder des Glücks handeln, zugrunde liegt. Dazu eine abschließende Passage aus Politeia VI. Sie zeigt, dass Platon der Meinung ist, dass das Gute für den Akteur in einem objektiven Sinn zu erstreben ist. Die Stelle lautet (Resp. VI 505 d 5–9): „Wie nun? Ist es nicht auch klar, dass von Gerechtem und Schönem viele nur den Schein wählen, auch wenn es nicht (wirklich) ist, und diesen tun und erwerben und scheinen wollen? Gutes als etwas Scheinbares zu erwerben genügt hingegen niemandem, vielmehr suchen sie das wahre Gute, den Schein verachtet hier aber jeder.“

Nach Platons Überzeugung sind zwar viele Menschen in ihrem Verlangen nach Gerechtigkeit oder Schönheit mit dem Schein zufrieden; es genügt ihnen, gegenüber anderen so zu erscheinen, als verhielten sie sich moralisch. Beim Erwerb des Guten begnügt sich dagegen niemand mit dem Schein, vielmehr sucht jeder nach dem wirklich Guten. Anders gesagt, Platon meint, dass jeder Mensch über eine konstante rationale Strebenstendenz verfügt, die auf das eine objektive Gute ausgerichtet ist. Diese Tendenz in sich wahrnehmen und ihr zu folgen, ist die Aufgabe des philosophischen Wissens.

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ABSTRACT Both in the Meno and in the Gorgias Plato uses striking and demanding variants of the notion of the will. While defending in the first text the theory that nobody is able to want anything other than what is good for himself, in the other text he is taking pains to prove that the expression ‘to want’ is, in the strict sense of the word, reserved for the will of the good. Both of these theories are obviously not identical. In the present essay I will discuss their exact relation. They will both be shown to be in line with the concept of a ‘teleological eudaimonism’, i. e. a theory of action that is the foundation of Plato’s moral philosophy.

aijtiva eJlomevnou – MENSCHLICHES ENTSCHEIDEN UND HANDELN ZWISCHEN FREIHEIT UND DETERMINATION IM PLATONISMUS DER KAISERZEIT Christian Pietsch, Münster Die Diskussion, inwiefern menschliches Entscheiden und Handeln als frei oder determiniert anzusehen sei, ist seit der Antike bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Gerade in neuerer Zeit hat sie etwa durch Heisenbergs Entdeckung der mikrophysikalischen Indeterminiertheit einerseits1 oder durch die Ergebnisse der modernen Hirnforschung andererseits2 in beide Richtungen neue Nahrung erhalten. Dass bereits in der antiken Philosophie wesentliche Grundoptionen durchdacht wurden, zeigt nicht zuletzt die platonische Lösung, die im Folgenden thematisiert werden soll. Dabei soll das bekannte Wort Platons, dass, wer eine Wahl trifft, dafür auch verantwortlich sei,3 den Ausgangspunkt bilden. Denn es billigt, wie die antike Philosophie überhaupt, dem Menschen die Fähigkeit zu eigenständiger Entscheidung in einer in ihren Details noch genauer zu bestimmenden Weise zu. Einen extremen Determinismus im Sinne einer durchgängigen, allumfassenden und prinzipiell vollständig berechenbaren (physischen und psychischen) Fixierung, wie er in der Moderne im Anschluss an Laplace vertreten wurde, kannte die Antike nicht.4 Die Differenzen innerhalb der grundsätzlichen Zubilligung von Freiheitsmöglichkeiten begannen vielmehr dort, wo es um die genaue Bestimmung der Möglichkeiten und Grenzen von Freiheit ging. Dabei lassen die antiken Zeugnisse – wie auch heute noch üblich – am Phänomen ‚Freiheit‘ zwei unterschiedliche Aspekte erkennbar werden: zum einen die Möglichkeit einer ungehinderten inneren Willensbildung, die meist als Willensfreiheit bezeichnet wird, hier aber Entscheidungsfreiheit genannt werden soll, da die Wahl zwischen unterschiedlichen Optionen das entscheidende Moment an ihr ist, zum anderen die Möglichkeit zur ungehinderten Umsetzung der Entscheidung nach außen, im Folgenden als Handlungsfreiheit bezeichnet.5 Dass Platon und die Platoniker beide Formen der Freiheit annahmen, ist in der 1 2 3 4 5

Seebaß (1993); Seebaß (2004) 60–70. Zum Stand der kontroversen Debatte s. Geyer (2004); Johst (2007). Plat., Resp. 617 e 4: aijtiva eJlomevnou. Zum Begriff des Determinismus und der Möglichkeit seiner sachlichen Legitimation s. Keil (2007) 15–49. Zur Unterscheidung und Definition der beiden Freiheitsweisen s. Seebaß (2004) 62 (zur Willens- oder Entscheidungsfreiheit): „Ist ein Mensch nicht gehindert, sein Wollen … ‚wesensgemäß‘ zu entwickeln, gilt er als willensfrei“; 61 (zur Handlungsfreiheit): „ein Mensch genau dann bzw. in dem Maße frei …, in dem er handeln kann, wie er will“; Keil (2007) 1–6. Ganz ähnlich im antiken Platonismus z. B. Plot. VI 8 [39] 1,27–30 (Zusammenfassung beider

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Forschung nicht umstritten. Schwieriger – und durchaus umstritten – ist jedoch das genaue Verhältnis zwischen der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit einerseits und den nicht der eigenen Verfügbarkeit unterliegenden Determinanten, die die prinzipiell zugestandene Freiheit einschränken, andererseits. Denn Freiheit im Sinne absoluter Autonomie – „als Vollzugsmodus einer sich selbst entwerfenden Existenz“ – wie es der Erwartungshaltung neuzeitlicher Philosophie entspricht, nahm der antike Platonismus weder als Möglichkeit an noch hielt er sie für ein erstrebenswertes Ziel.6 Für manchen Interpreten liegt angesichts der Verbindung von auf den ersten Blick gegenläufigen Elementen der Verdacht nahe, dass es Platon – und platonischem Denken überhaupt – nicht gelungen sei, ein in sich schlüssiges Konzept von Freiheit zu entwickeln: 1. So stellt etwa Rosenberger zur Entscheidungsfreiheit fest: „Freiheit nach Platon gerade dann, wenn sich der Mensch von der Vernunft bestimmen läßt“. Einen Widerspruch sieht Rosenberger darin insofern, als die Bindung der Freiheit an die Vernunft die Eigenständigkeit der Entscheidung und damit die eigene moralische Leistung aufhebe. Die Entscheidung orientiert sich an der Erkenntnis des Richtigen, d. h. an einem Maßstab, den der Handelnde nicht selbst setzt. Rosenberger konstatiert daher, dass Platon zwar offenkundig Freiheit postuliere. Offen bleibe aber die Frage, „wo genau diese Selbstbestimmung des Menschen sich vollzieht, wo er mithin frei entscheidet und wo seine genuine Verantwortung für Tugendhaftigkeit anzusetzen ist.“7 2. Widersprüchlich erscheint aber auch die platonische Vorstellung von der Handlungsfreiheit als der Umsetzung der innerlich getroffenen Entscheidung nach außen. Platon habe, so Rosenberger, einerseits eine strikte Naturnotwendigkeit angenommen, die gerade keinen Raum für Freiheit des Menschen biete. Andererseits habe er keine Form von menschlicher Innerlichkeit entwickelt, die an der bloßen Intention Genüge findet, also die Wirkung nach außen nicht braucht, um frei zu sein. Freiheit müsse sich stattdessen im Rahmen der Natur zeigen, doch diese sei determiniert. Naturnotwendigkeit und Freiheit scheinen bei Platon unvermittelt nebeneinander behauptet zu werden. „Naturnotwendigkeit wird angenommen (Timaios 46 d), eine denkerische oder begriffliche Vermittlung von Freiheit und Determination fehlt aber.“8 Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden darzustellen, wie weit einerseits die eigene menschliche Kompetenz im Entscheiden und Handeln reicht bzw. inwiefern sie – in der gängigen antiken Terminologie – etwas ‚bei uns‘ Liegendes (to; ejf jhJmi'n) ist9 und inwiefern sie andererseits nicht durch sie selbst konstituierten inneren und

6 7 8 9

Aspekte): wJ~ touvtou ejsomevnou a]n ejf∆ hJmi'n, o} … pravxaimen a]n boulhqevnte~ oujdeno;~ ejnantioumevnou tai'~ boulhvsesin; 1,34 (Handlungsfreiheit); 6,26–31 (Entscheidungsfreiheit). Beierwaltes (1977) 89. Rosenberger (2006) 24. Rosenberger (2006) 25 f. Der philosophische Terminus des ejf∆ hJmi'n bezeichnet seit Aristoteles die menschliche Fähig-

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äußeren Bedingungen unterliegt bzw. nur im Zusammenspiel mit anderen Determinanten entscheiden und handeln kann. Diese systematische Perspektive soll zugleich verbunden werden mit einer historischen. Denn es lässt sich zeigen, wie sich die sehr differenzierte Position, die am Ende der Antike in der Thematik von ‚Freiheit und Determinismus‘ erreicht war, von den noch wenig systematischen Äußerungen Platons ausgehend in der Folgezeit durch die Auseinandersetzung mit den im Hellenismus neu aufkommenden Philosophien, vor allem mit der Stoa, und in der sukzessiven Überwindung argumentativer Lücken schrittweise herausgebildet hat. I: PLATON In Platons Texten findet sich keine geschlossene, systematische Behandlung dieses Themas. Weder die Freiheit menschlichen Entscheidens (1) noch ihre Umsetzung im Rahmen der physischen und sozialen Welt (2) wurden zu seiner Zeit grundsätzlich bestritten. Ihre Möglichkeit war in der philosophischen Diskussion noch nicht zum Problem geworden.10 Das blieb im Wesentlichen so bis zum Beginn des Hellenismus.11 Dennoch findet sich bei Platon eine Reihe von Stellen, die sich diesem Thema zuordnen und sich sachlich auch in einen Zusammenhang bringen lassen. Sie zeigen, dass Platon bei grundsätzlicher Anerkenntnis menschlicher Entscheidungs- und Handlungsfreiheit doch auch einschränkende Faktoren beteiligt sah, insofern also eine Position vertrat, die sich in heutiger Begrifflichkeit als kompatibilistisch bezeichnen ließe. Diese Stellen bilden den Hintergrund der späteren, systematischen Diskussion im Platonismus.

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keit zur eigenursächlichen Initiierung von Handlungsabläufen und damit auch zu Handlungsentscheidungen, z. B. E. N. III 7, 1113 b 20 f.: w|n kai; aiJ ajrcai; ejn hJmi'n, kai; aujta; ejf∆ hJmi'n kai; eJkouvsia. Der Begriff der ejleuqeriva hat dagegen einen politisch-sozialen Bedeutungsschwerpunkt im Sinne der Abwesenheit von Fremdherrschaft oder -bestimmtheit und hat sich daher erst spät (im Neuplatonismus) zu einem mit ejf∆ hJmi'n gleichwertigen philosophischen Terminus entwickelt. Vgl. Meier (1975), Bobzien (1998b) 135. Gleichwohl konnten beide Begriffe synonym verwendet werden, so z. B. Plot. VI 8 [39] 5,33: to; ejleuvqeron kai; to; ejf∆ hJmi'n; VI 8 [39] 6,6. Morrow (1950) 160 f.; Sharples (1983) 4. Aristoteles thematisiert in E. N. III zwar bereits ausführlich die Aspekte, die beim Zustandekommen einer Entscheidung (proaivresi~) eine Rolle spielen. Die Möglichkeit von Handlungsfreiheit im Sinne der prinzipiell gegebenen Möglichkeit zur Umsetzung der Wahlentscheidung in das natürliche oder soziale Umfeld wird dagegen nicht eigens etwa aus dem zugrunde liegenden kontingenten Naturverständnis heraus nachgewiesen, sondern vorausgesetzt, z. B. E. N. III 1, 1110 a 17 f.: w|n d jejn aujtw/' hJ ajrchv, ejp jaujtw/' kai; to; pravttein kai; mhv. Das bedeutet freilich nicht, dass Aristoteles diesen Nachweis von den Voraussetzungen seines Denkens aus nicht hätte erbringen können – spätere Aristoteliker und Platoniker konnten seinem Werk durchaus die argumentativen Mittel dazu entnehmen. Es bedeutet nur, dass die Notwendigkeit der Rechtfertigung von Handlungsfreiheit noch nicht, wie in der späteren Auseinandersetzung mit der Stoa, als so dringend angesehen wurde, dass Aristoteles sich zu systematischen Ausführungen veranlasst sah.

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Um mit der Entscheidungsfreiheit (1) zu beginnen, die sich im Inneren der Seele vollzieht: Die Seele ist bei Platon das Prinzip überhaupt jeder sinnvollen, zielgerichteten Lebensaktivität. Sie wird bezeichnet als „das sich selbst Bewegende“, als „Quelle und Prinzip der Bewegung von allem, das bewegt wird“.12 Spezifisch im Menschen wird sie zur Ursache der Entscheidungsfindung. Platon ist durchaus von der Selbständigkeit, aber auch von der Selbstverantwortlichkeit ihrer Entscheidungen überzeugt, wie die Annahme postmortaler Belohnung oder Bestrafung der Seele belegt.13 Sie besitzt Autonomie, aber nicht in einem absoluten, sondern bedingten Sinn. Menschliches Entscheiden vollzieht sich immer innerhalb eines Rahmens vorgegebener Determinanten, auf deren Gültigkeit das Individuum keinen Einfluss hat. Von ihnen seien hier beispielshalber einige aufgeführt. Da sind zunächst Determinanten, die in der Seele als solcher, von ihrer eigenen Natur her wirksam sind (1.1). Dazu zählt ihre Erschaffung durch den Demiurgen, der die Seelensubstanz aus dem Identischen, dem Verschiedenen und dem Sein zusammenmischt (Tim. 35 a-b). Diese Mischung konstituiert die Seele als ein Mittleres zwischen Seiendem und Werdendem mit der für sie spezifischen, sukzessiven Aktivitätsweise. Weiter ist die Inkorporation der Einzelseelen offenbar unvermeidlich.14 Durch die Verbindung mit dem Körper wird die Seele ohne eigenes Zutun starken Affekten ausgesetzt. Diese lassen sich zwar beherrschen, verleihen aber dennoch der körpergebundenen Lebensform eine spezifische Qualität.15 Die inkorporierte Seele ist mit Grundaktivitäten ausgestattet, die sich jeweils aus ihrem vernünftigen, muthaften und begehrenden Seelenteil ergeben (Resp. 436 a ff.). Es tritt hinzu die axiomatische Ausrichtung der Seele auf das Gute im Sinne des Vorteilhaften, Vollendenden als Handlungsziel.16 Diese seelische Tendenz gipfelt im Wunsch nach weitest möglicher Angleichung an Gott als das Gute selbst (oJmoivwsi~ qew/)' 17. Dies impliziert z. B. die Ansicht Platons, dass sich niemand freiwillig, d. h. wissentlich, gegen das Gute entscheiden und das Schlechte wählen kann.18 Schließlich lässt sich jede Seele bildhaft gesprochen einem der ihr pränatal beigemischten Metalle Gold, Silber oder Bronze zuordnen. Dadurch soll die von Geburt an vorhan12 13 14 15 16

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Phdr. 245 c; Leg. 893 b-896 b; Pietsch (2003) 303 f.; Brinker (2007) 253; Cürsgen (2007b) 121. Phd. 113 d 1–114 c 8; Resp. 614 b 2–616 b 1; Leg. 904 a 6–905 c 4. Plat., Tim. 42 a 3 f.: ejx ajnavgkh~. Plat., Tim. 42 a-b; Dörrie/Baltes (2002) 251 f. Plat., Euthyd. 278 e-282 a, v. a. 278 e-279 a: tiv~ ga;r ouj bouvletai ajnqrwvpwn eu\ pravttein; – Oujdei;~ o{sti~ ou[k, e[fh oJ Kleiniva~; Gorg. 499 e-500 a: … tevlo~ ei\nai aJpasw'n tw'n pravxewn to; ajgaqovn, kai; ejkeivnou e{neka dei'n pavnta ta\lla pravttesqai ajll∆ oujk ejkei'no tw'n a[llwn; s. auch Lys. 216 c-220 b; Men. 77 c-e; Symp. 205 e-206 a; Resp. 412 e-413 a; 505 a-b. Plat., Tht. 176 a-b. Vgl. Lavecchia (2006) 27–184 sowie in diesem Band Männlein-Robert. Plat., Prot. 345 d, 358 c-d; Gorg. 488 a; Men. 78 b. Sie bleibt in der Folgezeit das Grundaxiom platonischer (und aristotelischer) Handlungstheorie, so etwa Arist., E. N. I 1, 1094 a 1–3: pa'sa tevcnh kai; pa'sa mevqodo~, oJmoivw~ de; pra'xiv~ te kai; proaivresi~, ajgaqou' tino;~ ejfivesqai dokei': dio; kalw'~ ajpefhvnanto tajgaqovn, ou| pavnt∆ ejfivetai; Plot. VI 8 [39] 35 f.: to; ejleuvqeron kai; to; ejp∆ aujtw/' ti~ zhtei' tou' ajgaqou' cavrin; Boeth., cons. III p. 2 § 2–4: id autem est bonum quo quis adepto nihil ulterius desiderare queat. quod quidem est omnium summum bonorum cunctaque intra se bona continens … liquet igitur esse beatitudinem statum bonorum omnium congregatione perfectum. hunc … diverso tramite mortales omnes conantur adipisci.

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dene Eignung der Individuen für eine je unterschiedliche Lebensführung und damit auch Gesellschaftsschicht erklärt werden (Resp. 415 a). Neben solchen natürlichen, für jede menschliche Seele gleichermaßen gültigen Determinanten gibt es weiter solche, die der Seele nicht wesenhaft und nicht immer, sondern nur individuell eigen sind (1.2). Besonders wichtig ist hier die charakterbedingte pränatale Wahl des Lebensloses (Resp. 617 d-621 b). Die Seelen erhalten vor ihrer Inkorporation die Gelegenheit, unter allen denkbaren irdischen Lebensläufen selbst ihre Wahl zu treffen. Sie tun dies in den meisten Fällen unüberlegt und ohne Rücksicht auf die negativen Folgen, die eine verfehlte Wahl für sie selbst haben wird. In seltenen Fällen dagegen entscheiden sie sich, wie etwa die Seele des Odysseus, erst nach gründlicher Überlegung. Schon bei dieser pränatalen Entscheidung ist die Seele insofern nicht völlig frei, als sie gemäß den charakterlichen Tendenzen entscheidet, die sie in der vorhergehenden Inkorporation erworben hat. Noch weniger frei ist sie in dem dieser Entscheidung folgenden irdischen Leben, auf dessen Grundsituation sie keinen Einfluss mehr hat. Analog zu diesem Bericht über die Wahl des Lebensloses ist die im Phaidros als ‚Satzung der Adrasteia‘ bezeichnete Regelung, nach der sich die Qualität des irdischen Lebenslaufes nach der Qualität des in der vorgeburtlichen Existenz Geschauten richtet.19 Zusätzlich zu diesen Vorgaben kann das individuelle Verhalten der Menschen innerhalb des irdischen Lebens aber auch durch kontingente gesellschaftliche oder historische Einflüsse positiv oder – meistens – negativ beeinflusst werden. So kann positiv etwa die Ausbildung zum Philosophenkönig nur dann gelingen, wenn die Rahmenbedingungen eines platonischen Idealstaates mit einer entsprechenden Erziehung gegeben sind (Resp. 521 c-541 a), oder können die geistigen Höhlenbewohner nur dann befreit werden, wenn es Mitmenschen gibt, die zur philosophischen Fürsorge für die mental Gefesselten bereit sind (Resp. 519 c-d). Negativer Einfluss dagegen liegt in der schwer vermeidbaren Verführung gerade intelligenter Menschen durch die Schmeichelei ihrer Umgebung vor (Resp. 494 a-495 b). Die menschliche Entscheidungsfreiheit ist nach Platon also aufgrund von Determinanten, die unmittelbar in der Seele bzw. auf die Seele wirken – die naturbedingten generellen sowie die charakterlich und/oder sozial bedingten individuellen – niemals frei im Sinne der Voraussetzungslosigkeit. Die Fähigkeit des Menschen zur selbst zu verantwortenden Wahl (aijtiva eJlomevnou) kann nach Platons Verständnis ihren Platz nur in den Grenzen der genannten Determinanten haben. Wirklich frei wird sie beim Gebrauch dieser Fähigkeit zur Wahl aber erst, wenn sie – im Sinne ihrer axiomatischen Ausrichtung auf das Gute – in der Lage ist, das für sie wirklich Vorteilhafte zu erkennen und ihre Entscheidung darauf festzulegen. Dies wird möglich, wenn innerhalb ihrer internen Struktur das für sie als menschliche Seele am meisten spezifische Vermögen, der vernunfthafte Teil (logistikovn), die Führung über die Seele insgesamt erhält.20 Indem die Seele sich dadurch den höchsten möglichen Grad an Vollendung verschafft, erreicht sie, was sie selbst für sich am meisten wünscht. Indem sie erreicht, was sie will, ist sie frei.21 19 20 21

Plat., Phdr. 248 c 2–249 d 3. Platon beschreibt dies in der Seelenlehre von Resp. 427 c 6–445 b 8, v. a. 441 e 4–442 b 4. Dass Platon dies so sieht, zeigen etwa seine Ausführungen über den Tyrannen Resp. 571 a

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Von der durch seelische Determinanten eingeschränkten Entscheidungsfreiheit zu unterscheiden ist die Fähigkeit zur Umsetzung der seelischen Entscheidung nach außen in die physische und soziale Umwelt hinein, die Handlungsfreiheit (2). Sie führt zur eigenursächlichen Initiierung neuer Ereignisketten, da Platon die Außenwelt keiner strikten Notwendigkeit unterworfen sah.22 Diese Sicht musste von ihm als ‚vorstoischem‘ Denker noch nicht eigens begründet werden. Dennoch ist die prinzipiell der Einflussnahme zugängliche natürliche und soziale Umwelt des Menschen nach Platons Auffassung ebenfalls durchaus nicht frei von Determinanten, auf die der Handelnde selbst keinen Einfluss hat. In diesem Bereich nahm Platon Determinanten an, die die aus bestimmten Entscheidungen resultierenden Handlungen eines Individuums in einen größeren Kontext stellen. Gemeint sind das ‚Schicksal‘ (eiJmarmevnh/fatum) und die ‚göttliche Vorsehung‘ (provnoia/providentia). Platon thematisierte freilich auch diese Determinanten nie in systematischer Form. Über das ‚Schicksal‘ lässt sich so viel erkennen, dass Platon damit übergeordnete, innere Gesetzmäßigkeiten meint, nach denen sich in der raumzeitlichen Welt die biologischen Abläufe des körperlichen Lebens vollziehen, in das die Seele als Prinzip der Lebensaktivität involviert ist. Platon verdeutlicht das etwa an den Notwendigkeiten, von denen jede individuelle menschliche Seele nach ihrer Erschaffung betroffen ist wie von der Integration in einen menschlichen Körper, der Annahme eines bestimmten Geschlechtes und der Erfahrung eines von Emotionen begleiteten Lebens.23 Deutlicher wird der Begriff der göttlichen Fürsorge oder Providenz (provnoia oder ejpimevleia), allerdings ohne explizite Abgrenzung von der eiJmarmevnh. Mit ‚Fürsorge‘ ist die umfassende, von göttlicher Warte aus vorgenommene Aufsicht

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1–588 a 11. Der Tyrann ist trotz seiner scheinbaren Allmacht aufgrund der Unordnung seiner Seele in Wahrheit der unfreiste (devdetai oJ tuvranno~, 579 b 3 f.) und der unglücklichste aller Menschen (ajqliwvtaton, 580 c 3) und daher am wenigsten dazu in der Lage, sich das zu verschaffen, was er sich wirklich wünscht; s. auch 444 e 7–445 b 8. Zur Freiheit, sofern sie auf der richtigen Ordnung der Seelenteile beruht, bereits Pohlenz (1955) 94–102; s. in diesem Band Drews. Der Begriff der ‚Notwendigkeit‘ (ajnavgkh), mit dem Platon das Verhalten der Materie in Tim. 48 a beschreibt, bezeichnet keine deterministische Naturgesetzlichkeit. Vielmehr sind die Eigenbewegungen und -tendenzen der Elementarkörper damit gemeint, die aus sich heraus keine kosmischen Strukturen zu bilden in der Lage sind, sondern von der strukturierenden Kompetenz des Demiurgen im Blick auf die Ideen als funktionale Leitbilder zu komplexen Strukturen verbunden werden müssen. Die Aufnahme der von den Ideen in die Materie gelegten Bestimmtheit ist daher nicht einfach. Die Materie widersetzt sich der Formung (feuvgei, 49 e 2), nimmt die vernunfthafte Bestimmtheit nur unter großen Schwierigkeiten auf (metalambavnon de; ajporwvtata ph/` tou' noerou', 51 a 7–b 1) und lässt sich nur schwer ‚fangen‘ (dusalwtovtaton, 51 b 1). Der Demiurg muss daher Überredungskunst anwenden (peiqwv, 48 a 2–5). Die ‚Notwendigkeit‘ stellt daher ein für die rationale Formung der Welt zwar unabdingbares, aber sich ihr zugleich stets aufs Neue widersetzendes Element dar. Durch seine Präsenz kommen eigene, der vollen Durchsetzung vernunfthafter Weltgestaltung widerstrebende Tendenzen in die Welt, die sich aber, da die körperliche Welt nicht ohne Materie bestehen kann, nicht vermeiden lassen. Vgl. Morrow (1950). Tim. 41 e 2 f.: novmoi eiJmarmevnoi; vgl. 89 b 8; 89 c 5 f.; Leg. 873 c 4; 904 c 6–9.

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über die nachgeordnete Wirklichkeit gemeint, so etwa im Timaios (30 c 1, 44 c 7) die optimale Ordnungsleistung des Demiurgen für die von ihm geschaffene Weltseele oder in den Nomoi (899 d-905 c) die umfassende Fürsorge der Götter (= Weltseele) für die menschlichen Belange.24 Vor allem die Stelle aus den Nomoi zeigt, dass die Entscheidungen und Verhaltensweisen der individuellen Seelen innerhalb der übergreifenden Zusammenhänge weder vollständig frei noch vollständig determiniert sind. Die übergreifenden Zusammenhänge bilden vielmehr einen flexiblen Rahmen. Sie umfassen die Fülle menschlicher Lebenssituationen, in denen jeweils unterschiedliche Entscheidungen möglich sind. Unter Wahrung des gesamten Rahmens erhalten die menschlichen Seelen – als Belohnung oder Strafe – den Platz zugewiesen, der für sie jeweils angemessen ist. Providenz und Schicksal – göttlicher Plan und seine innerweltliche Umsetzung – integrieren menschliches Verhalten. Dabei ist die göttliche Planung in der Wahrung des Ganzen nicht abhängig von der Entscheidung der Seelen, gibt aber alternativen Entscheidungen und den zugehörigen Folgen für die individuellen Seelen Raum. Die Wahrung des Weltlaufs im Ganzen schließt freie menschliche Entscheidungen nicht aus, weil sie ihrer moralischen Qualität entsprechend dem göttlichen Gesamtplan in optimaler Weise eingepasst werden. Das Schicksal macht auf diese Weise das menschliche Handeln zur Mitursache des Geschehens. II: HELLENISTISCHE PHILOSOPHIE In dem zurückliegenden Abschnitt wurde unterschieden zwischen der im Inneren der Seele angesiedelten Entscheidungsfreiheit einerseits und der nach außen in die physische und soziale Umgebung des Menschen gewendeten Handlungsfreiheit. Platon hält, wie zu sehen war, Freiheit in beiderlei Hinsicht für gegeben, jedoch so, dass die Entscheidungen des Individuums sowie deren Auswirkungen zumindest auch Elemente implizieren, für die es nur indirekt oder gar überhaupt nicht verantwortlich ist, bzw. dass Entscheidungen und Handlungen des Individuums durch fremde Faktoren beeinflusst oder gar verhindert werden können. Daher liegt das Glück des Weisen nicht vollständig in seiner Hand, ja prinzipiell stellt die Lebensweise der Seele in einem Körper selbst unter optimalen Bedingungen nicht ihre höchste mögliche Verwirklichung dar. Man kann von einer bedingten bzw. partiellen Freiheit sprechen. Wirklich autonom kann die Seele erst nach der Lösung vom Körper sein, die daher auch das letzte Ziel alles Philosophierens bildet. Vom dritten Jahrhundert v. Chr. an kam es zu einer Umorientierung. Die neu aufkommenden, materialistischen Philosophien des Hellenismus, die die klassischen Philosophien verdrängten, sahen die Lebenswirklichkeit ganz auf die irdische Existenz beschränkt. Die von Platon und Aristoteles angenommenen immateriellen, aber die Materie formenden Entitäten – als Ideen oder Formen bezeichnet (ijdevai, ei[dh) – wurden aufgegeben. Die Materie wurde dadurch zum eigentlichen Träger der Wirklichkeit aufgewertet. Die aus ihr gebildeten Substanzen unterlagen 24

Pietsch (2002) 102–113.

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derselben Determination wie ihre Grundelemente. Wenn sie von dieser Voraussetzung aus den Menschen einen Weg zum Glück weisen wollten, dann mussten sie den Nachweis erbringen, dass vollkommenes Glück in diesem Rahmen wirklich erreichbar ist. Und tatsächlich versprachen die hellenistischen Schulen genau dies: die absolute Vollendung des Weisen in diesem irdischen Leben, die zudem vollständig der Verfügung des Individuums anheim gestellt war.25 Als die konsequenteste und populärste Form der Verinnerlichung muss die Stoa gelten, mit der sich daher auch der spätere Platonismus besonders intensiv auseinandergesetzt hat. Konsequenterweise wurde dort der Weise so konzipiert, dass er seine Vollendung frei von äußeren und inneren Determinanten ganz aus dem eigenen Selbst heraus erreichen konnte. Es musste ein Bereich etabliert werden, in dem der Entscheidungsträger frei von Determinanten war, die sich seinem Einfluss entzogen. Die Stoa fand diesen Bereich in der Seele als dem menschlichen Inneren, und zwar genau an dem Punkt, wo die Ratio über die Zulässigkeit einer durch die sinnliche Wahrnehmung gebotenen Vorstellung (fantasiva) und des von ihr erzeugten Impulses zu einer bestimmten Handlungsweise (oJrmhv) zu entscheiden hat.26 Hier sind zwar Fehlurteile möglich, je nachdem ob die Zustimmung (sugkatavqesi~) nach rationalen Kriterien und eingehender Prüfung der sinnlichen Vorstellung erteilt bzw. verweigert wird oder nicht. Aber die Entscheidung darüber – und damit die moralische Verantwortung – liegt ganz bei dem jeweiligen Individuum selbst. Hier besteht ein Bereich der Autonomie.27 Dagegen wurde die Außenwelt als voll determiniert verstanden. Hier waren menschlichem Handeln keinerlei Eingriffsmöglichkeiten gegeben. Alles, auch der gesamte äußere Ablauf der menschlichen Existenz, unterlag einem strikten, kausal vollständig determinierten, naturgesetzlichen Schicksal (eiJmarmevnh/fatum).28 25 26

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Hossenfelder (1995) 29–39. SVF III 169 (40,17–19 von Arnim): omne rationale animal nihil agit, nisi primum specie ali­ cuius rei inritatum est, deinde impetum cepit, deinde adsensio confirmavit hunc impetum; vgl. auch SVF II 844. 974 (283,16–21 von Arnim); III 169. 171. 177 von Arnim; Stöppelkamp (2011) 71–99. SVF I 61 von Arnim: Zeno ad haec quae visa sunt et quasi accepta sensibus assensionem ad­ iungit animorum: quam esse vult in nobis positam et voluntariam; vgl. SVF II 974 (282,23–25 von Arnim); 981 (286,13 f.); vgl. Görler (1977), v. a. 90 f.; Krämer (1977) 248 f.; Forschner (1981) 104–113. Vgl. Forschner (1981) 98–104; Kullmann (2010) 38–48. Der Mensch kann nur dann im Sinne eigener Entschlüsse nach außen hin handeln, wenn die aus ihnen resultierenden Handlungen sich exakt in den ohnehin vom Schicksal festgelegten Ablauf fügen (s. Nem., nat. hom. 35 [Morani]). Zu Unrecht deuten Keil (2007) 26–28 und ähnlich bereits Long (1971) und Krämer (1977) 248 die von den Stoikern behauptete Schicksalsunterworfenheit im Bereich des Handelns als eine lediglich hypothetische Notwendigkeit, insofern diese von der Erfüllung weiterer, außermenschlicher Bedingungen abhängig sei. Wie bei einem Zylinder, der zwar des äußeren Anstoßes bedarf, dann aber so rollt, wie es seiner eigenen Natur entspricht, so liege auch beim Menschen die primäre Ursache in der eigenen, selbst verantworteten Natur des Handelnden, während das Schicksal gleichsam als äußerlicher Anstoß nur eine ‚mithelfende‘ Ursache darstelle. In diesem Falle hätte der Handelnde, sofern er Ursache seines inneren Zustandes ist, die Entscheidung zwischen an sich unterschiedlich frei Wählbarem. M. E. schließen jedoch Stellen wie der stoische Vergleich des Weltlaufes mit einem aufgerollten Seil, dessen Windun-

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Diese Auffassung wurde legitimiert durch eine strikt deterministische Physik, die alle physikalischen Abläufe als Folge eindeutig zuzuordnender, notwendiger Ursachen verstand. Dabei war das Verhältnis zwischen deterministischer Physik und Leugnung von Freiheit sehr wahrscheinlich nicht so, dass es zu einer Leugnung von Freiheit erst aufgrund der deterministischen Physik gekommen wäre. Vielmehr dürfte umgekehrt gerade der Wunsch, Freiheit im Bereich des Handelns aufzuheben, der Grund für die gezielte Auswahl einer deterministischen Physik gewesen sein. Nur so ließ sich – in einer nur scheinbar widersprüchlichen Weise – das Ziel der Etablierung absoluter Freiheit erreichen. Denn nach Auffassung der klassischen Philosophien war der Bereich des Handelns keineswegs schlechthin, sondern nur bedingt frei und wies, wie zu sehen war, eine Reihe von Determinanten auf, die die menschliche Wahl nur einen neben anderen Faktoren sein ließen. So waren Wahlmöglichkeiten erstens nicht immer gegeben und implizierten zweitens dort, wo sie gegeben waren, keine Erfolgsgarantie für die getroffene Entscheidung. Die deterministische Physik dagegen erlaubte es, diesen ganzen – zumindest von der Warte absoluter Freiheitserwartungen aus gesehen – unklaren, aus Freiheit und Determination gemischten Bereich aus der Diskussion zu eliminieren. Man konnte sich dadurch auf das menschliche Innere beschränken als auf einen Bereich, der physikalischen Zwängen sehr viel weniger oder auch gar nicht unterworfen schien, die menschliche Entscheidung zur einzigen Determinante werden ließ und damit die gewünschte Autonomie garantierte. Die Stoa schränkte also den Raum möglicher Freiheit massiv ein, garantierte aber umgekehrt dafür in dem verbliebenen Freiheitsraum absolute Freiheit – falls der Einzelne bereit war, seinen Freiheitsanspruch auf diesen Bereich zu beschränken. Um dafür eine Bereitschaft zu erzeugen längst festliegen und nur in den Augen des menschlichen Betrachters beim Abwickeln immer wieder neu scheinen (Cic., div. I 127), selbst die geringste Beeinflussbarkeit der äußeren Ereignisse definitiv aus. Tatsächlich soll das durch Cicero, fat. 43, überlieferte Testimonium des Chrysipp, dem das Kegel-Beispiel entnommen ist (SVF II 974 [283,24–34 von Arnim]), nur ein Bild für die innere Entscheidungsfreiheit bzw. Willensbildung abgeben. Diese ist nach Chrysipps Auffassung tatsächlich nur sekundär determiniert, nämlich durch Ursachen, die lediglich als condiciones sine quibus non im Sinne eines äußeren Anlasses fungieren (adiuvantes et proximae), nicht aber als eigentliche Ursachen (perfectae et principales) der durch sie provozierten Entscheidung. Denn eine Entscheidung bezieht sich immer auf eine durch die Sinne erzeugte Vorstellung (visum), die eine bestimmte Verhaltensweise suggeriert. Eine solche Vorstellung kommt zustande gemäß den natürlichen Kausalmechanismen. In ihrer Entscheidung aber, ob dem durch die Vorstellung suggerierten Handlungsimpuls zu folgen ist oder nicht, ist die Ratio autonom und wird so zur eigentlichen Ursache der inneren Willenshaltung. Was Chrysipp durch die Abkoppelung der sugkatavqesi~ von der durchgängig fixierten Ereignisabfolge der Natur zu vermeiden versucht, ist ein umfassender Determinismus, der auch die Ratio – und damit die Willensbildung – des Menschen determinieren würde. Vgl. Forschner (1981) 96 f.; Bobzien (1998) 301–313. Allerdings widersprach der Versuch, der Ratio ein nicht-determiniertes Refugium zu verschaffen, nach platonischer Ansicht den eigenen stoischen Voraussetzungen. Auch die sugkatavqesi~ bzw. der von ihr ausgehende Impetus (oJrmhv) wurde als Teil eines deterministischen Gesamtsystems angesehen und daher auch selbst als determiniert aufgefasst; so von Nem., nat. hom. 35 (Morani) hin; vgl. auch Gould (1974). Doch selbst eine kausal autarke sugkatavqesi~ ändert an der vollständigen kausalen Determination der Außenwelt nichts; vgl. Pohlenz (1955) 137 f.; Forschner (1981) 109 f.

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gen, suggerierte die Stoa, der Weise sei auf die Außenwelt und ihre Güter gar nicht angewiesen, da dieser ganze Bereich für das Glück des Individuums nicht die mindeste Bedeutung besitze (ajdiavfora). Für das Glück von Bedeutung ist für den Stoiker nur die innere Vervollkommnung, die ajrethv, die in der rational begründeten Zustimmung in den vom Schicksal festgelegten Lauf der Welt besteht. Im ersten Jahrhundert v. Chr. kam es zu einem Wiederaufleben der platonischen, aber auch der aristotelischen Philosophie, die vor allem im Bereich von Physik und Ethik platonisch gelesen und zur systematischen ‚Auffüllung‘ des Platonismus verwendet wurde.29 Für beide wurde die Stoa zum Hauptgegner, auch in der Auseinandersetzung um Freiheit und Determinismus. Die deterministische Physik der Stoa machte im Unterschied zur vorhellenistischen Zeit eine deutlich verstärkte Systematik, Vollständigkeit und Intensität der Diskussion erforderlich. In dieser Form ist diese Debatte ein Produkt des Aufeinandertreffens stoischer und platonisch-aristotelischer Natur-, Seelen- und Handlungskonzeptionen.30 Wie die Stoa aus dem Blickwinkel der Vertreter der nicht-deterministischen platonischen – und das bedeutete: einer weitgehend von den aristotelischen Pragmatien beeinflussten – Physik wahrgenommen wurde, zeigt deutlich der nachfolgende Text aus der Schrift ‚Über das Schicksal‘ des um 200 n. Chr. in Rom lehrenden Aristotelikers Alexander von Aphrodisias (De fato 191,30–192,8)31: Sie (die Stoiker) behaupten, dass dieser Kosmos hier einer sei, alles Seiende in sich enthalte und von einer Natur verwaltet werde, die Leben, Planung und Verstand besitze. Er nehme die ewige Lenkung des Seienden vor, die sich in Form einer bestimmten Verkettung und Ordnung vollziehe. Dabei werde das Vorangehende für das Nachfolgende zur Ursache und alles werde auf diese Weise miteinander verknüpft. Weder ereigne sich in ihm (dem Kosmos) etwas in der Weise, dass dem Ereignis, das als Ursache fungiert, nicht irgend etwas anderes nachfolgt (a), noch könne etwas Nachfolgendes in der Weise losgelöst sein von dem Vorhergegangenen, dass es nicht einem davon folge, als wäre es mit ihm verbunden (b). Vielmehr folge auf jedes Ereignis ein weiteres (a), denn es (das Nachfolgende) hänge von ihm (dem Vorhergehenden) als seiner Ursache notwendigerweise ab, und alles, was sich zutrage, habe etwas vor sich, an dem es angehängt sei als seiner Ursache (b).

Zunächst ist der grundsätzliche Hinweis wichtig, dass dieser Text die im Vergleich zu Platon veränderte Diskussionssituation dokumentiert. Durch die Natur- und Schicksalslehre der Stoa ist eine Gegenposition entstanden, mit der sich Platon in dieser Form noch nicht konfrontiert sah. Da die Stoa aber die Entscheidungsfreiheit – bei allen Differenzen – nicht bestritt, konzentrierte sich die Auseinandersetzung auf die offenkundig größte Differenz, d. h. auf die Frage nach der Handlungsfreiheit, und damit auf lediglich einen Ausschnitt der Gesamtthematik. Was die Aussagen des Textes im Einzelnen betrifft, so sieht die Stoa nach der Darstellung Alexanders den Kosmos als ein in sich geschlossenes Gebilde, das als ganzes bestimmt wird von einer ordnenden ‚Natur‘, die „Leben, Planung und Ver29 30 31

Pietsch (2005), v.a. 105 f. So Bobzien (1998b), wenngleich mit m. E. inakzeptabler Konstruktion der Entwicklungslinien von Platon und Aristoteles über den Mittelplatonismus und Alexander von Aphrodisias. Dass die Position des Aristotelikers Alexander auch als Fundierung der platonischen Physik bis in den Neuplatonismus hinein diente und damit genau im Duktus des hier verfolgten Gedankenganges liegt, zeigt besonders deutlich Nem., nat. hom. 33–43 (Morani).

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stand besitzt.“ Es ist dies nach stoischer Lehre eine weltimmanent und materiell gedachte göttliche Instanz, die feinste Substanz innerhalb des Kosmos, deren Ausfluss alles andere ist und die alles andere durchdringt.32 Sie initiiert und koordiniert alle Abläufe innerhalb dieser Welt. Sie alle sind in Form von Ursache und Wirkung einander eindeutig zugeordnet, so dass jedes Ereignis zwingend zur Ursache genau eines ganz bestimmten weiteren Ereignisses wird (a) und umgekehrt jedes Ereignis auf genau einer ganz bestimmten Ursache beruht (b). Die kausale Determination ist eindeutig und lückenlos. Der Ablauf der einzelnen Glieder dieser ‚Verkettung‘ der Ereignisse liegt vom ersten Glied der Kette an fest. Diese unabänderliche, menschlicher Einflussnahme vollständig entzogene Abfolge, die jede Kontingenz ausschließt, ist das, was von den Stoikern als ‚Heimarmene‘ – unter etymologischer Ableitung von ei[rein bzw. ei[resqai (‚aneinanderreihen‘)33 – bezeichnet wird. Freiheit gibt es nur im Inneren in der Haltung gegenüber den Abläufen, nicht jedoch im Sinne einer Handlungsfreiheit nach außen. Indem der Mensch die äußeren Ereignisse als für sein wahres Glück bedeutungslos erkennt – eben dies macht die Haltung des Weisen aus – und sich dem von der göttlichen Vernunft bestimmten Lauf der Welt widerspruchslos fügt, gewinnt der Mensch auch selbst den höchsten Grad an Rationalität. Da nur die Ratio den Menschen zum Menschen macht,34 findet er durch diese Übereinstimmung mit der göttlichen Planung35 und mit dem Weltlauf seine eigene Vollendung und damit sein höchstes Glück.36 Er lässt sich vom Schicksal führen. Hierzu aber entscheidet er sich selbst. Nur der Nicht-Weise begehrt gegen das Schicksal auf, das er doch nicht ändern kann und dem er auch gegen seinen Willen folgen muss: ducunt volentem fata, nolentem trahunt.37 Dass der stoische Weise sich überhaupt mit den äußeren Ereignissen befasst, hat seinen Grund nur darin, dass selbst der Bereich des an sich Bedeutungslosen wie Leben/Tod, Gesundheit/Krankheit, Schönheit/Hässlichkeit, Reichtum/Armut usw. doch noch rational feststellbare, werthafte Unterschiede aufweist, die die Tugend des Weisen zu Differenzierungen veranlasst. Der Weise nimmt Unterscheidungen zwischen Wählenswertem, Abzulehnendem und gänzlich Gleichgültigem vor, ohne dass dies für sein Glück Bedeutung hätte.38 Auch ist die Wahl zwischen diesen Dingen nicht mit dem Anspruch verbunden, am Lauf der Dinge etwas zu verändern. Vielmehr geht es wieder nur darum – das zeigen die überlieferten Beispiellisten von Indifferentem deutlich39 – gegenüber den Umstän32 33 34 35 36 37 38 39

SVF I 87 (24,31 f. von Arnim); II 1051 (310,24 f.). 1168 (335,25 f.). Vgl. Ps.-Plut., De fato 570 B: eiJmarmevnh te ga;r prosagoreuvetai wJ~ a]n eijromevnh ti~; SVF I 175 von Arnim; II 913 (265,5–7); II 914 (265,11–13). SVF III 343 (84,22 von Arnim): ratio, qua una praestamus beluis. SVF II 528 (169,28 f. von Arnim): koinwnivan uJpavrcein pro;~ ajllhvlou~ dia; to; lovgou metevcein; III 339 (83,5). SVF Aristo Chius I 356 (80,25 f. von Arnim); III 200 a (48,23 f.). Sen., epist. 107,11. Der Ursprung dieses Verses geht, wenn er auch in Senecas griechischer Vorlage, dem Kleanthes-Hymnus (SVF I 527 von Arnim), noch nicht enthalten ist, vermutlich doch auf Kleanthes zurück; vgl. Dahlmann (1977). SVF III 117–119 von Arnim, v. a. 118 (28,27 f.): ta; me;n . ∆En me;n ga;r qew/' to; kosmopoio;n kai; kosmodioikhtikovn: ejn de; tw/' sofw/' bivou katavstasi~ kai; zwh'~ diagwghv: o{per aijnivxasqai me;n {Omhron eijpovnta (ε 193) Ôkat∆ i[cnia bai'ne qeoi'o∆ Puqagovran de; par∆ aujto;n eijpei'n: {Epou qew/': dh'lon wJ~ oujc oJratw/' kai; prohgoumevnw/, nohtw/' de; kai; th'~ kosmikh'~ eujtaxiva~ aJrmonikw/.' Thesleff (1965) 238,1–8 (sogenannter Anonymus Photii; Photius, Codex 249, 438 b–441 b; aus einem „Leben des Pythagoras“, dessen Autor ungenannt bleibt).

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melevth qanavtou des Phaidon (81 a 1 f.).39 Die Art und Weise, wie der platonische Theaitet die Verähnlichung näher charakterisiert, macht aber deutlich, daß für Platon der ethische Aspekt (und nicht der jenseitsgerichtete, soteriologische) im Zentrum steht. Es ist weder möglich, daß das Schlechte zugrunde gehe, mein lieber Theodoros, – denn notwendigerweise ist etwas immer dem Guten gegenübergestellt, – noch befindet sich das Schlechte bei den Göttern. Vielmehr sucht es die sterbliche Natur und diesen Ort hier heim aus Notwendigkeit. Darum muß man versuchen, von hierher dorthin zu fliehen so schnell wie möglich. Die Flucht ist eine Verähnlichung an Gott gemäß dem Möglichen. „Verähnlichung“ wiederum meint, gerecht und fromm zu werden mit Verstand.40

Mit dem letzten Satz ist m. E. deutlich gesagt, wie Platon die Verähnlichung verstanden wissen möchte, nämlich gerecht und fromm (o{sion) zu werden mit Verstand. Der Zusatz „mit Verstand“ (meta; fronhvsew~) bezieht sich wohl auf die platonische Lehre, nach der die Tugenden eine Einheit bilden, und darauf, daß eine einzelne Tugend ohne den Verstand oder die praktische Vernunft nicht denkbar ist. Interessant für das Thema dieses Beitrages ist die Tatsache, daß auch die Frömmigkeit und also die Religion Bestandteil der Verähnlichung an Gott ist.41 Das wurde bisher m. E. nicht angemessen gewürdigt und kommt in der mittelplatonischen Dreiteilung der homoiôsis nach ihrem physikalischen, ethischen und logischen Aspekt gar nicht zur Sprache.42 homoiôsis ist also eine Annäherung an die Gottheit, die gleichzeitig eine richtige Haltung oder Einstellung dem Göttlichen gegenüber (Gottesfurcht) erfordert.43 Durch die Erwähnung des Adjektivs o{sio~ unterstreicht Platon aber auch, daß das Erreichen des telos richtigen Gottesdienst erfordert. Einen Hinweis auf die Wichtigkeit der richtigen Haltung dem Göttlichen gegenüber kann auch in den häufig anzutreffenden Zusätzen wie „kata; to; dunatovn“, „eij qevmi~ e[stin“, „aJmwsgevpw~“ gesehen werden. John Dillon hat mit Bezug auf den wohl verbreitetsten und schon bei Platon selbst im Zusammenhang mit der homoiôsis nachzuweisenden Ausdruck 39 40

41 42

43

Die exegetische Spannung, die sich durch die drei hauptsächlichen Deutungsmuster der ho­ moiôsis, nämlich als „Tugend“ (innerweltlich), „Flucht“ (jenseitsgerichtet) oder „Ekstase“ (henôsis) ergibt, ist von Männlein-Robert (in diesem Band) gut herausgearbeitet worden. Tht. 176 a 5–b 3: jAll∆ ou[t∆ ajpolevsqai ta; kaka; dunatovn, w\ Qeovdwre < uJpenantivon gavr ti tw/' ajgaqw/' ajei; ei\nai ajnavgkh < ou[t∆ ejn qeoi'~ aujta; iJdru'sqai, th;n de; qnhth;n fuvsin kai; tovnde to;n tovpon peripolei' ejx ajnavgkh~. dio; kai; peira'sqai crh; ejnqevnde ejkei'se feuvgein o{ti tavcista. fugh; de; oJmoivwsi~ qew/' kata; to; dunatovn: oJmoivwsi~ de; divkaion kai; o{sion meta; fronhvsew~ genevsqai. Vgl. Epin. 989 b 1 f., wo eujsevbeia interessanterweise die wichtigste Tugend ist: mei'zon me;n ga;r ajreth'~ mhdei;~ hJma'~ pote peivsh/ th'~ eujsebeiva~ ei\nai tw/' qnhtw/' gevnei. Die Stelle wird von Theon von Smyrna, Expos. 8,18–9,7 (Hiller) zitiert. Zu dieser Dreiteilung s. Stobaios, Anth. II 3 f., S. 49,8–25 (bes. 18–25) [Wachsmuth/Hense]: Ei[rhtai de; para; Plavtwni kata; to; th'~ filosofiva~ trimerev~, ejn Timaivw/ me;n (90 a–d) fusikw'~ (prosqhvsw de; kai; Puqagorikw'~), shmaivnonto~ ajfqovnw~ th;n ejkeivnou proepivnoian: ejn de; th/` Politeiva/ (IX 585 b ff.; X 608 c ff.) hjqikw'~: ejn de; tw/' Qeaithvtw/ (176 d–e) logikw'~: peripevfrastai de; kajn tw/' tetavrtw/ peri; Novmwn (716 a f.) ejpi; th'~ ajkolouqiva~ tou' qeou' safw'~ a{ma kai; plousivw~. Zu o{sio~ s. oben Fußnote 26.

Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus

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„kata; to; dunatovn“ von einem „modest disclaimer“ gesprochen.44 Das paßt sehr gut zu der hier vorgeschlagenen Interpretation. Das religiöse Element der homoiôsis, das besonderen Nachdruck auf die richtige Haltung dem Göttlichen gegenüber legt, weist auch darauf, daß wir uns als Menschen nicht überschätzen sollen. Damit wird gewährleistet, daß die Verähnlichung nicht sozusagen als Wetteifern mit dem Göttlichen mißverstanden wird. Als Menschen verähnlichen wir uns den Göttern, wissend, daß wir den Zustand der Gottähnlichkeit (wie nach Aristoteles den Zustand der Kontemplation), wenn überhaupt, nur für kurze Zeit erreichen können. Durch die homoiôsis werden wir sozusagen zu Göttern auf Zeit, auf kurze Zeit. – Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die homoiôsis-theôi-Passage im Theaitet keinen Hinweis darauf enthält, ob die Götter bei der Verähnlichung helfen oder nicht. Zumindest können sie als Finalursache der homoiôsis gelten. Die Betonung des religiösen Elementes im Aufstieg wird durch zahlreiche Texte aus der platonischen Tradition bestätigt. Im sogenannten Corpus Hermeticum spielt das Begriffspaar ajsevbeia und eujsevbeia eine zentrale Rolle. Der sogenannte Asclepius erklärt, „religionem bonitas sequitur“.45 Die fromme Seele wird daimoniva und qeiva genannt (Corpus Hermeticum 10,19). Interessant ist dabei vor allem, daß die eujsevbeia als Erkenntnis des Göttlichen definiert wird. Überhaupt gehen Gotteserkenntnis und Frömmigkeit Hand in Hand. Stellvertretend für viele andere Platoniker sei hier auf eine Stelle bei Theon von Smyrna hingewiesen, der vor dem Hintergrund von Tim. 90 a–d argumentiert, daß eujsevbeia auch Astronomiekenntnisse voraussetze.46 Dagegen ist ajsevbeia für die Menschen verderblich. Im Corpus Hermeticum ist die Gottlosigkeit sogar das größte Übel (megivsth kakiva, 16,11 [Festugière/Nock]). Eine originelle Idee findet sich bei dem Neuplatoniker Sallustios (De deis 18 [Nock]) zusammen mit einigen interessanten Bemerkungen zur platonischen Theologie (so wie die Götter nicht von unseren Ehrerweisungen profitieren, in gleicher Weise schadet ihnen auch die Gottlosigkeit nicht), nämlich die Identifizierung von Gottlosigkeit mit göttlicher Strafe: Gewiß ist auch die Tatsache, daß Gottlosigkeit sich an einigen Orten der Welt ausbreitet und daß das auch in Zukunft der Fall sein wird, es nicht wert, daß die Verständigen dadurch in Schrecken versetzt werden. Denn diese Dinge haben keinen Einfluß auf die Götter, wie auch die Ehrenbezeugungen ihnen offensichtlich nicht nützen (sc. wie wir in den Kapitel 14–16 bereits erläutert haben). […] Und daß es sich bei der Gottlosigkeit um eine Art von Strafe handelt, ist recht wahrscheinlich. Denn für diejenigen, die die Götter kennen und (gleichwohl) verachten, ist es vernünftig, daß ihnen im anderen Leben auch die Erkenntnis entzogen wird. Und diejenigen, die ihre Könige wie Götter verehrt haben, die wird ihre Strafe aus dem Kreis der (wahren) Götter vertreiben.47 44 45 46 47

Dillon (1996b) 123. Ps.-Apuleius, Ascl. 11 (Nock/Festugière). Theon von Smyrna, Expos. 8,18–9,7 (Hiller). Sallustios, De diis et mundo 18, 32,27–30 und 33,8–12 (Nock): Kai; mh;n oujde; to; ajqei?a~ periv tina~ tovpou~ th'~ gh'~ genevsqai pollavki~ de; u{steron e[sesqai a[xion taravttein tou;~ e[mfrona~. {Oti te oujk eij~ Qeou;~ givnetai tau'ta, w{sper oujde; aiJ timai; ejkeivnou~ wjfelou'sai ejfavnhsan. […] Kai; kolavsew~ de; ei\do~ ei\nai ajqei?an oujk ajpeikov~: tou;~ ga;r gnovnta~ Qeou;~

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Unklar bleibt dabei freilich, wie schon im Theaitet, welche Art von göttlicher Hilfe (nach unserer Dreiteilung) der Fromme erfährt. Das wird im Corpus Hermeticum auch nicht spezifiziert. Die Frömmigkeit, so scheint es, ist deshalb nützlich, weil sie zur Selbstvervollkommnung führt. Frömmigkeit ermöglicht es, tugendhafter zu werden, verschafft dem Frommen aber keine äußeren Güter wie Reichtum, Einfluß oder Ansehen, wohl aber innere Güter. Bevor ich, im letzten Teil meines Beitrages, zu den späteren Neuplatonikern komme, möchte ich mich etwas ausführlicher der Frage widmen, welche Art der göttlichen Hilfe bei der homoiôsis eine Rolle spielen könnte. Die bisher betrachteten Texte haben darauf, wie bemerkt, keine Antwort geben können. Exemplarisch soll im folgenden eine vielbesprochene Passage aus Plutarchs Schrift De sera nu­ minis vindicta („Über die späte Rache der Gottheit“) untersucht werden, in der sich eine bemerkenswerte mittelplatonische Variation der homoiôsis findet. Zu fragen ist, in welcher Form dort von göttlicher Hilfe die Rede ist. Bedenkt nun zuerst, daß sich nach der Lehre Platons (kata; Plavtwna) der Gott, indem er sich in die Mitte (ejn mevsw/ paravdeigma qevmeno~) stellt als ein Vorbild aller vollkommenen Dinge (pavntwn kalw'n), die menschliche Tugend, die eine gewisse Angleichung ist an ihn, denjenigen eingibt, die imstande sind, Gott zu folgen. Denn auch die Natur des Alls, an sich ungeordnet, empfing diesen Anstoß, sich zu wandeln und zum Kosmos zu werden durch eine gewisse Ähnlichkeit und Teilhabe an der Idee und sittlichen Vollkommenheit (ajrethv), die das Göttliche umgibt. Auch das Augenlicht, sagt dieser selbe Philosoph, habe die Natur in uns entzündet (th;n o[yin ajnavyai), damit unsere Seele durch den wunderbaren Anblick der sich bewegenden Himmelskörper daran gewöhnt werde, das ebenmäßig Gestaltete und Geordnete innig zu lieben, und sich mit Abscheu erfülle gegen die regellosen und schweifenden Leidenschaften und das Ziellose, dem Zufall Gehorchende fliehen lerne als den Ursprung jeglicher Schlechtigkeit und Maßlosigkeit (plhmmevleia). Denn keine größere Gabe kann der Mensch seiner Natur nach von Gott genießen, als durch beständige Nachahmung des Schönen und Guten in ihm zur sittlichen Vollkommenheit (eij~ ajrethvn) zu gelangen. Deshalb legt er auch den Verbrechern mit der Zeit und allmählich ihre Strafe auf, nicht weil er selbst fürchtet, er könne durch schnelles Strafen einen Fehler begehen oder seine Meinung noch nachträglich ändern, sondern weil er uns befreien möchte davon, zu strafen so ungestüm wie Tiere, und uns lehren möchte, nicht im Zorn […] die Strafe anzuwenden.48

48

kai; katafronhvsanta~ eu[logon ejn eJtevrw/ bivw/ kai; th'~ gnwvsew~ stevresqai: kai; tou;~ eJautw'n basileva~ wJ~ Qeou;~ timhvsanta~ e[dei th;n divkhn aujtw'n poih'sai tw'n Qew'n ejkpesei'n. Plutarch, De sera num. vind. 550 C–F: ajlla; skopei'te prw'ton, o{ti kata; Plavtwna pavntwn kalw'n oJ qeo;~ eJauto;n ejn mevsw/ paravdeigma qevmeno~ th;n ajnqrwpivnhn ajrethvn, ejxomoivwsin ou\san aJmwsgevpw~ pro;~ auJtovn, ejndivdwsi toi'~ e{pesqai qew/' dunamevnoi~. kai; ga;r hJ pavntwn fuvsi~ a[takto~ ou\sa tauvthn e[sce th;n ajrch;n tou' metabalei'n kai; genevsqai kovsmo~, oJmoiovthti kai; meqevxei tini; th'~ peri; to; qei'on ijdeva~ kai; ajreth'~. kai; th;n o[yin aujto;~ ou|to~ aJnh;r ajnavyai fhsi; th;n fuvsin ejn hJmi'n, o{pw~ uJpo; qeva~ tw'n ejn oujranw/' feromevnwn kai; qauvmato~ ajspavzesqai kai; ajgapa'n ejqizomevnh to; eu[schmon hJ yuch; kai; tetagmevnon ajpecqavnhtai toi'~ ajnarmovstoi~ kai; planhtoi'~ pavqesi kai; feuvgh/ to; eijkh' kai; wJ~ e[tucen, wJ~ kakiva~ kai; plhmmeleiva~ aJpavsh~ gevnesin. ouj ga;r e[stin o{ ti mei'zon a[nqrwpo~ ajpolauvein qeou' pevfuken h] to; mimhvsei kai; diwvxei tw'n ejn ejkeivnw/ kalw'n kai; ajgaqw'n eij~ ajreth;n kaqivstasqai. dio; kai; toi'~ ponhroi'~ ejn crovnw/ kai; scolaivw~ th;n divkhn ejpitivqhsin, oujk aujtov~ tina tou' tacu; kolavzein aJmartivan dediw;~ h] metavnoian, ajll∆ hJmw'n to; peri; ta;~ timwriva~ qhriw'de~ kai; lavbron ajfairw'n kai;

Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus

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Dieser Text, der eine der ausführlichsten mittelplatonischen Interpretationen der homoiôsis theôi darstellt, enthält eine ganze Reihe von interessanten Elementen. Der Kontext der Schrift – und das wird am Ende unserer Stelle deutlich – behandelt Fragen der Theodizee (im besonderen das Problem der als zu spät empfundenen Bestrafung schlechter Menschen). Die Passage selbst ist eine interessante Kombination aus Theaitetos 176 b und Timaios 45 b, 47 a–c und der homoiôsis­Stelle am Ende des Timaios, wobei deutlich ist, daß Plutarchs Bemerkungen hier deutlich über den Timaios hinausgehen. Da die Stelle im Beitrag von John Dillon bereits analysiert wurde, beschränke ich mich im folgenden auf die verschiedenen Ebenen der göttlichen Hilfe, die im Text eine Rolle spielen. Ausgehend von der vorgeschlagenen Dreiteilung, möchte ich argumentieren, daß der vorliegende Text alle drei Formen der göttlichen Hilfe beinhaltet. Der Text beginnt und endet mit einer überraschend aktiven Beschreibung der höchsten Gottheit: Gott präsentiere sich als Vorbild, gebe den ersten Anstoß oder, weil die Metapher ursprünglich eine musikalische ist, den ersten Einsatz (ajrch;n ejndidovnai) zur homoiôsis, er strafe die Verbrecher selbst. Aber auch die zweite Art der Hilfe (Hilfe durch Ermöglichung) ist nachzuweisen. Ausdrücklich sagt Plutarch, daß nur diejenigen den göttlichen Anstoß empfangen, die in der Lage sind, sich Gott zu verähnlichen. Schließlich erkennen wir die vermittelte Hilfe (vermittelte Ermöglichung) in der Entzündung des Augenlichtes durch die Natur, wobei die Natur die Rolle der jungen Götter des Timaios übernimmt. Wir haben schon mehrmals betont, daß die erste Art der Hilfe innerhalb der platonischen Theologie problematisch ist. Und doch finden wir vergleichbare Passagen auch bei Philon von Alexandria. Bei Philon erklärt sich das zum Teil aus seiner Exegese des Alten Testamentes. Im Falle von Plutarch liegt der Grund für die aktive Rolle, die er der Gottheit zuweist, an Charakter und Inhalt der Schrift, die deutlich protreptische Züge trägt.49 Gerade in antiken und spätantiken TheodizeeDebatten bekommt die höchste Gottheit häufig sehr personale Züge. Das gilt übrigens auch für Proklos’ insgesamt im Vergleich zu Plutarchs Schrift wesentlich metaphysischere Diskussion in seinem ersten opusculum (De decem dubitationibus), in dem der Neuplatoniker viele Argumente von Plutarch übernimmt.50 Es ist unmittelbar einleuchtend, warum besonders das Problem der Theodizee Platoniker dazu verleitet, in einer Weise von der Gottheit/dem Göttlichen zu sprechen, die strenggenommen nicht angemessen ist. Bereits Plutarchs Frage nach dem Grund für die späte Strafe der Gottheit impliziert die Vorstellung von einem strafenden Gott, einem Gott also, der sich einmischt. Die Frage nach der Gerechtigkeit

49

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didavskwn mh; su;n ojrgh/` […] a{ptesqai th'~ divkh~. Siehe dazu ausführlich Helmig (2005+2005b) und die Bemerkungen in Dörrie (1977). Zum protreptischen Charakter von De sera numinis vindicta s. Helmig (2005+2005b). Auch zahlreiche Reden des Maximos von Tyros enthalten ein deutlich protreptisches Element. Deutlich wird das häufig bereits im Titel: Ob man den Göttern Standbilder setzen soll (Rede 2); Ob man beten soll (Rede 5). Diese Schrift ist durch die englische Übersetzung und den Kommentar von C. Steel jetzt gut erschlossen (s. Steel [2007]).

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Gottes51 legt in gewisser Weise eine anthropomorphe Gottesvorstellung nahe: Warum greift Gott nicht rechtzeitig ein? Warum bestraft er nicht unmittelbar? Warum läßt er überhaupt zu, daß etwas Böses geschieht? Es ist eine der großen philosophischen Aufgaben Platons und des Platonismus, die Dialektik von der Unveränderlichkeit Gottes mit seiner Güte (ajgaqovth~) und Providenz zu vereinbaren; und es gibt gute Gründe dafür, anzunehmen, daß Platon seine abschließende Sicht der Dinge im zehnten Buch der Nomoi niedergelegt hat: Da aber eine Seele, die einem Leib, und zwar bald diesem, bald jenem zugeordnet ist, ständig alle möglichen Veränderungen durch sich selbst oder durch eine andere Seele erfährt, so bleibt dem Brettspieler keine andere Aufgabe mehr übrig, als den Charakter, der besser wird, an einen besseren Platz und den, der schlechter wird, an einen schlechteren zu versetzen, so wie es einem jeden von ihnen gebührt, damit er das ihm zukommende Geschick zugeteilt erhält.52

Unabhängig davon, wie die Figur des Gottes als Brettspieler hier genau zu deuten ist, wird deutlich, daß Platon in den Nomoi von einem Modell abgerückt ist, in dem die Seelen in einem mythischen Jenseitsgericht bestraft werden. Nach E. R. Dodds stellt sich die Situation sogar folgendermaßen dar: The law of cosmic justice is a law of spiritual gravitation; in this life and in the whole series of lives every soul gravitates naturally to the company of its own kind, and therein lies its punishment or its reward; Hades, it is hinted, is not a place but a state of mind.53

Eine solche, man könnte sagen, philosophisch geläuterte Strafpraxis, wie sie sich in der hier zitierten Interpretation von E. R. Dodds zeigt, hat den Vorteil, daß sie kein direktes Eingreifen des Gottes voraussetzt, denn die Seelen bestrafen sich entweder selbst oder erleiden die ihnen zukommende Strafe von anderen Seelen. Es gibt zahlreiche Anzeichen, daß Mittelplatoniker wie Philon und Plutarch in ihrer eigenen Philosophie der Theologie Platons, wie sie im zweiten Buch des Staa­ tes niedergelegt ist, gefolgt sind. Wie wir am Beispiel von Plutarchs Schrift De sera numinis vindicta gesehen haben, erklären sich Abweichungen von dieser Orthodoxie vor allem durch den Adressatenkreis. Das wird auch anhand von Philons Schrift Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod deus sit immutabilis – o{ti a[trepton to; qei'on) deutlich. Der Charakter dieses Werkes unterscheidet sich insofern von Plutarchs platonischer Theodizee, als es sich im Falle Philons um eine Exegese einer zusammenhängenden Passage der Genesis und damit um eine Exegese eines autoritativen Textes handelt. In der Beschreibung Gottes differenziert der Mittelplatoniker zwischen zwei Perspektiven.54 Die eine ist, Gott nicht als Menschen zu beschreiben (oujc wJ~ a[nqrwpo~ oJ qeov~, Num. 23,19), die andere, wie einen Men51 52

53 54

Leibniz, von dem der Ausdruck Theodizee (théodicée) stammt, erläutert seinen Neologismus folgendermaßen: „[…] Theodizee bedeutet die Lehre von der Gerechtigkeit Gottes.“ (s. Lorenz [1998] 1066). Platon, Leg. X 903 d 3–e 1, übersetzt von K. Schöpsdau und H. Müller: ejpei; de; ajei; yuch; suntetagmevnh swvmati tote; me;n a[llw/, tote; de; a[llw/, metabavllei pantoiva~ metabola;~ di∆ eJauth;n h] di∆ eJtevran yuchvn, oujde;n a[llo e[rgon tw/' petteuth/` leivpetai plh;n metatiqevnai to; me;n a[meinon gignovmenon h\qo~ eij~ beltivw tovpon, cei'ron de; eij~ to;n ceivrona, kata; to; prevpon aujtw'n e{kaston, i{na th'~ proshkouvsh~ moivra~ lagcavnh/. Dodds (1951) 221. Philon, Quod deus sit immutabilis 53 f.

Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus

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schen (wJ~ a[nqrwpo~). Dabei ist die zweite Perspektive strenggenommen nicht angemessen, kann aber zur Unterweisung der Menge benutzt werden (pro;~ th;n tw'n pollw'n didaskalivan). Dasselbe ließe sich über Plutarchs Schrift De sera numinis vindicta sagen. Interessanterweise war das Problem der späten Strafe der Gottheit im Platonismus sehr verbreitet. Ähnlich wie die im Volk verbreiteten Vorbehalte gegen ein gerechtes Leben, mit denen Glaukon und Adeimantos im zweiten Buch der Politeia Sokrates konfrontieren, muß das Problem der späten Strafe tief im Bewußtsein der damaligen Menschen verwurzelt gewesen sein. Neben der bereits erwähnten Bezugnahme auf Plutarchs Schrift durch Proklos finden sich auch im neuplatonischen Kompendium des Sallustios einige Argumente dafür, die Säumigkeit Gottes zu erklären (De diis et mundo 19). Wenn aber die Strafen weder für diese noch alle anderen Vergehen sofort auf die Taten folgen, darf man sich nicht wundern, weil nicht nur die Daimonen es sind, die die Seele bestrafen, sondern die Seele sich auch selbst belangt. Und weil die Seelen für alle Zeit fortbestehen, ist es nicht notwendig, dass sie in kurzer Zeit die gesamte Strafe büßen. Und weil menschliche Tugend existieren muß (, erfolgt die Strafe mit Verzögerung): Denn wenn diejenigen, die Verfehlungen begangen haben, die Strafen sofort ereilen würden, dann besäßen die Menschen keine Tugend, weil sie nur aus Furcht gerecht handelten. Bestraft werden die Seelen, wenn sie den Körper verlassen: Die einen irren hier auf der Erde umher, andere gelangen in bestimmte warme oder kalte Orte in der Erde, wieder andere werden von Daimonen in Schrecken versetzt. Alles ertragen sie mit dem nicht-rationalen Seelenteil, mit dem sie auch ihre Verfehlungen begangen haben. Durch diesen Seelenteil entsteht auch der schattenhafte Körper, der bei den Gräbern – und zwar besonders bei den Gräbern derjenigen, die ein schlechtes Leben gelebt haben – zu beobachten ist.55

5. DIE ROLLE DER RELIGIOSITÄT IM SPÄTEREN NEUPLATONISMUS Im späteren, d. h. nachporphyrianischen Neuplatonismus, läßt sich eine Tendenz beobachten dergestalt, daß das Ritual wieder größere Bedeutung bekommt. Gleichermaßen bekannt wie umstritten ist Damaskios’ Aussage aus seinem Kommentar zu Platons Phaidon, daß Plotin und Porphyrios Philosophie, Jamblich, Syrianos und Proklos dagegen Theurgie (wir können ergänzen: zum Erreichen des tevlo~) vorzogen. 55

Sallustios, De diis et mundo 19 (Nock): Eij de; mhde; touvtwn mhde; tw'n a[llwn aJmarthmavtwn eujqu;~ aiJ divkai toi'~ aJmarthvsasin e{pontai qaumavzein ouj dei', o{ti te ouj Daivmonev~ eijsi movnon oiJ kolavzonte~ ta;~ yucav~, ajlla; kai; aujth; eJauth;n uJpavgei th/` divkh/: kai; o{ti mevnousi to;n a{panta crovnon, oujk ejcrh'n ejn ojlivgw/ pavntwn tucei'n: kai; dia; to; dei'n ajnqrwpivnhn ajreth;n ei\nai. Eij ga;r toi'~ aJmarthvsasin eujqu;~ hjkolouvqoun aiJ divkai, fovbw/ dikaiopragou'nte~ a[nqrwpoi ajreth;n oujk a]n ei\con. Kolavzontai de; tou' swvmato~ ejxelqou'sai: aiJ me;n ejntau'qa planwvmenai, aiJ de; ei{~ tina~ tovpou~ th'~ gh'~ qermou;~ h] yucrouv~, aiJ de; uJpo; Daimovnwn tarattovmenai: pavnta de; meta; th'~ ajlovgou uJpomevnousi, meq∆ h|sper kai; h{marton: di∆ h}n kai; to; skioeide;~ sw'ma uJfivstatai o} peri; tou;~ tavfou~ kai; mavlista tw'n kakw'~ zhsavntwn oJra'tai.

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Christoph Helmig Daß die einen der Philosophie den Vorzug geben wie Porphyrios, Plotin und viele andere Philosophen, die anderen der Theurgie wie Jamblich, Syrianos, Proklos und alle Theurgen.56

Es ist in der Forschung bezweifelt worden, ob die von Damaskios vorgeschlagene Zweiteilung sinnvoll sei. Beispielsweise wurde argumentiert, daß für den späten Porphyrios das Ritual wesentlich wichtiger war als noch in seiner plotinischen Schaffensperiode. Ich möchte diese Forschungsdiskussion hier nicht bewerten, sondern zunächst davon ausgehen, daß Damaskios’ Dihairese sinnvoll ist. Zahlreiche Interpreten haben darauf hingewiesen, daß die Unterscheidung der zwei Gruppen durch eine unterschiedliche Psychologie begründet werden könnte. Während Plotin und Porphyrios annähmen, daß der höchste Teil der Seele nicht abgestiegen sei, werde der Aufstieg der Seele ab Jamblich, der die Psychologie Plotins kritisiert hat, problematisch. Daher die Notwendigkeit der Theurgie für Jamblich und die nachjamblicheischen Neuplatoniker. Es ist allerdings angebracht, Damaskios’ Einschätzung zu den zwei Lagern unter den Neuplatonikern angemessen zu qualifizieren, damit keine Mißverständnisse entstehen. Keinesfalls sollte der Text dazu verleiten, in den zwei Gruppen eine Unterscheidung zwischen Rationalisten und Schwärmern oder Mystikern zu sehen. Auch für Theurgen wie Proklos gilt, daß die Philosophie notwendiger Bestandteil des Aufstiegs bleibt.57 Im zweiten Buch seiner Schrift De Mysteriis erklärt Jamblich den Unterschied zwischen Philosophie und Theurgie folgendermaßen: Denn was hinderte diejenigen, die nur kontemplative Philosophie ausüben, daran, sich mit den Göttern in theurgischer henôsis zu vereinigen? Aber das entspricht so nicht der Wahrheit: Nur der Vollzug der geheimen Rituale, die jenseits jeder Erkenntnis dem Göttlichen gemäß durchgeführt werden, und die Kraft der nur von den Göttern gedachten, unaussprechlichen symbola ermöglichen (gemeinsam) die theurgische henôsis.58

Zentral für Jamblichs Argumentation ist eine Unterscheidung von Gotteserkenntnis und göttlicher Energiekraft, die so im frühen Neuplatonismus nicht nachzuweisen ist. Diese Unterscheidung impliziert, daß eine Erkenntnis z. B. der göttlichen Reinheit noch nicht bewirkt, daß der Erkennende auch selbst diese höchste Stufe der Reinheit erreiche. Genauer gesagt, es gibt keine bloße Erkenntnis dieser göttlichen Reinheit, weil sie die Aktivität des menschlichen Intellekts übersteigt: 56 57

58

Damaskios, In Plat. Phaid. I 172,1–3 (Westerink): {Oti oiJ me;n th;n filosofivan protimw'sin, wJ~ Porfuvrio~ kai; Plwti'no~ kai; a[lloi polloi; filovsofoi: oiJ de; th;n iJeratikhvn, wJ~ ∆Iavmblico~ kai; Suriano;~ kai; Provklo~ kai; oiJ iJeratikoi; pavnte~. Das zeigt sich unter anderem daran, daß in den neuplatonischen Tugendschemata die theurgischen Tugenden auf die kontemplativen bzw. paradigmatischen Tugenden folgen (vgl. die ausführliche Darstellung bei Saffrey/Segonds/Luna [2001], lxix–xcviii). Zum Verhältnis von Philosophie und Theurgie und zur Einheit der neuplatonischen Theurgie siehe jetzt Helmig/Vargas (2012). Jamblich, De Myst. II 11, 96,14–97,2 (des Places): ejpei; tiv ejkwvlue tou;~ qewrhtikw'~ filosofou'nta~ e[cein th;n qeourgikh;n e{nwsin pro;~ tou;~ qeouv~; nu'n d∆ oujk e[cei tov ge ajlhqe;~ ou{tw~: ajll∆ hJ tw'n e[rgwn tw'n ajrrhvtwn kai; uJpe;r pa'san novhsin qeoprepw'~ ejnergoumevnwn telesiourgiva h{ te tw'n nooumevnwn toi'~ qeoi'~ movnon sumbovlwn ajfqevgktwn duvnami~ ejntivqhsi th;n qeourgikh;n e{nwsin.

Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus

253

Göttliche Reinheit entsteht nicht durch das richtige Wissen wie die Reinheit des Körpers durch Enthaltsamkeit, sondern hat einen Grad von Einheit oberhalb des Wissens erreicht und ist von letzterem (gänzlich) gereinigt.59

Hier liegt ein zentraler Unterschied zum gnw'si~-Konzept des Corpus Hermeticum. Ferner setzt Jamblich voraus, daß für die Einung mit dem Göttlichen eine göttliche Aktivität notwendig sei. Daraus ergibt sich die zentrale Schwierigkeit: Da Menschen unter den Göttern stehen und sie daher nicht beeinflussen können, können die Götter nur durch sich selbst bewegt werden. Aus diesem Grund benutzt der Theurge göttliche symbola.60 Daher werden also die göttlichen Ursachen nicht in erster Linie von unserem Denken zur Tätigkeit veranlasst. Es ist vielmehr notwendig, daß unser Denken, alle besten Verfassungen unserer Seele und unsere (rituelle) Reinheit im Sinne von Hilfsursachen als Grundlage fungieren. Das aber, was den göttlichen Willen primär erweckt, sind die göttlichen Symbole (sunqevmata) selbst. Und so gerät das Göttliche (nur) durch sich selbst in Bewegung, und nimmt den Anstoß zu der ihm eigenen Wirksamkeit nicht aus etwas Unvollkommenerem in sich auf.61

Die Wichtigkeit der suvmbola (oder sunqevmata) für die neuplatonische Philosophie kann nicht überschätzt werden, denn sie sind die wesentlichen Elemente der Lehre vom organischen Zusammenhang der gesamten Wirklichkeit (sumpavqeia); und sie stellen sicher, daß dieser Zusammenhang bzw. die Verbindung von Göttlichem und Irdischem im Sein der Dinge verankert ist.62 Vor dem Hintergrund der Unterscheidung verschiedener Arten der Hilfe können die symbola als Hilfe durch Ermöglichung gedeutet werden. Denn, hervorgehend aus den Göttern, sind sie der Wirklichkeit immanent und können von dem Theurgen zur Verähnlichung an das Göttliche benutzt werden. Die seit Jamblich immer weiter verfeinerte Theorie der neuplatonischen Theurgie erlaubt es auch, eine besonders interessante Form der (göttlichen) Hilfe durch 59 60 61

62

Jamblich, De Myst. II 11, 98,10–13 (des Places): w{ste oujd∆ hJ kaqarovth~ hJ qeiva dia; th'~ ojrqh'~ gnwvsew~, w{sper hJ tou' swvmato~ dia; th'~ aJgneiva~, ajlla; kai; tou' gignwvskein ma'llon uJperhvnwtai au{th kai; ajpokekavqartai. Zu diesen symbola s. di Pasquale Barbanti (1983) 170–178 und (1998) 255–258, Shaw (1995) 48–50. 84 f. 162–228, van Liefferinge (1999) 34 f. 56 f. 160 f. 254–276, van den Berg (2001) 79–81, und schließlich Cohen (2008). Jamblich, De Myst. II 11, 97,11–19 (des Places): {Oqen dh; oujd∆ uJpo; tw'n hJmetevrwn nohvsewn prohgoumevnw~ ta; qei'a ai[tia prokalei'tai eij~ ejnevrgeian: ajlla; tauvta~ me;n kai; ta;~ o{la~ th'~ yuch'~ ajrivsta~ diaqevsei~ kai; th;n peri; hJma'~ kaqarovthta wJ~ sunaivtia a[tta prou>pokei'sqai crhv, ta; d∆ wJ~ kurivw~ ejgeivronta th;n qeivan bouvlhsin aujta; ta; qei'av ejsti sunqevmata: kai; ou{tw ta; tw'n qew'n aujta; uJf∆ eJautw'n ajnakinei'tai, uJp∆ oujdeno;~ tw'n uJpodeestevrwn ejndecovmenav tina eij~ eJauta; ajrch;n th'~ oijkeiva~ ejnergeiva~. S. dazu die zutreffenden Bemerkungen von Shaw (1995) 50: „Iamblichus’s use of material objects in theurgy and his praise of their divine power was a correlate to his critique of human intellectual power. Man’s incapacity to achieve union with the gods was made particularly evident in rites that employed insentient objects to achieve an experience that surpassed reason. The point, in short, was that theurgy is ‚divine action, not human‘ (DM 142,7) […].“ Andererseits betont Shaw m. E. zu sehr Jamblichs Kritik an der menschlichen Rationalität. Oben habe ich dagegen versucht, zu argumentieren, daß es sich eher darum handelt, die Grenzen dieser Rationalität aufzuzeigen. Jamblichs Ansatz steht der menschlichen Rationalität nicht entgegen, im Gegenteil; er übersteigt sie vielmehr.

254

Christoph Helmig

Ermöglichung zu illustrieren. Unter den zahlreichen verlorenen Schriften des Proklos befindet sich eine mit dem Titel Peri; ajgwgh'~.63 In seinem Proklosbuch interpretiert Rosán den Titel als „On How to live“.64 Tatsächlich verweist – und darauf hat bereits E. R. Dodds hingewiesen – ajgwghv auf die neuplatonische Theurgie, genauer, auf die Praxis der (Empor-)Führung (sc. zu den Göttern) und ist im Titel von Proklos’ Schrift synonym zu ajnagwghv gebraucht.65 In diesem Zusammenhang spricht Damaskios von „der emporführenden Anwesenheit der Götter“ (tw'n qew'n th;n ajnagwgo;n parousivan, In Phaed. II 155). H. Lewy hat argumentiert, daß ajnagwghv das wichtigste ‚Mysterium’ der Chaldäer war.66 In zwei Fragmenten (fr. 122 f.) wird gesagt, daß der Initiierte von Sonnenstrahlen emporgehoben wird. Wie bringt die Klasse der Engel die Seele dazu aufzusteigen? „Indem sie die Seele glänzend machen von Feuer …“ (sagt das Orakel). Das bedeutet, die Seele auf allen Seiten zu erleuchten und sie mit reinem Feuer anzufüllen, das ihr eine unabirrbare Ordnung und Kraft eingibt, aufgrund derer sie nicht in die Unordnung der Körper hinunterrauscht, sondern sich dem Licht der göttlichen Wesenheiten anschließt. (fr. 122, Majercik)67 […] und macht [die Seele] unvermischt hinsichtlich der Materie, „indem [Helios] sie durch den warmen Hauch leicht emporhebt.“68 (fr. 123, Majercik)69

Im folgenden möchte ich argumentieren, daß diese Art von göttlicher Emporführung durch die anagogische Wirkung des Lichtes (Photagogie) im Einklang mit der platonischen Theologie steht.70 Es ist deshalb zutreffend, hier von einer ermöglichten Hilfe (bzw. einer aktiven Ermöglichung) zu sprechen, weil die elevatorische Wirkung des göttlichen Lichtes an die Eignung (ejpithdeiovth~) des Rezipienten gekoppelt ist.71 Im Hinblick auf das oben Gesagte ist es besonders interessant zu beobachten, daß das Licht wie eine Handreichung der Gottheit aufgefasst werden 63 64 65 66 67

68 69 70 71

Eine Übersicht über Proklos’ erhaltene und verlorene Werke findet sich in Helmig/Steel (2011). Rosán (2009) 36. S. Dodds (1963) xiv. Zur ajnagwghv s. Lewy (2011) 487–489 (excursus VIII). hJ de; tw'n ajggevlwn meri;~ pw'~ ajnavgei yuchvn; „th;n yuch;n fevggousa puriv …“ (fhsiv) tou't∆ e[sti perilavmpousa aujth;n pantacovqen, kai; plhvrh poiou'sa tou' ajcravntou puro;~ o} ejndivdwsin aujth/` tavxin a[kliton kai; duvnamin, di∆ h}n oujk ejkroizei'tai eij~ th;n uJlikh;n ajtaxivan ajlla; sunavptetai tw/' fwti; tw'n qeivwn. Die Übersetzung ist, leicht modifiziert, aus Bergemann (2006) 313 entnommen. kai; ajmigh' poiei' pro;~ th;n u{lhn, tw/' „… pneuvmati qermw/' koufivzousa …“ kai; poiou'sa metevwron dia; th'~ ajnagwgou' zwh'~: to; ga;r Ôpneu'ma to; qermo;n∆ zwh'~ ejsti metavdosi~. Dazu ausführlich Bergemann (2006), dem das folgende viel zu verdanken hat. Zur bereits bei Platon nachzuweisenden Lichtmetaphysik vgl. Beierwaltes (1957) und (1977b). Zur Photagogie bei Plotin, s. VI 7 [38] 22 f. und Bergemann (2006) 297–299. S. dazu Plotin VI 4 [22] 11,1–9: ∆Alla; dia; tiv, ei[per o{lon pantacou', oujc o{lou pavnta metalambavnei tou' nohtou';; Pw'~ de; to; me;n prw'ton ejkei', to; de; e[ti deuvteron kai; met∆ ejkei'no a[lla; h] to; paro;n ejpithdeiovthti tou' dexomevnou ei'nai nomistevon, kai; ei\nai me;n pantacou' tou' o[nto~ to; o]n oujk ajpoleipovmenon eJautou', parei'nai de; aujtw/' to; dunavmenon parei'nai, kai; kaqovson duvnatai kata; tosou'ton aujtw/' ouj tovpw/ parei'nai, oi|on tw/' fwti; to; diafanev~, tw/' de; teqolwmevnw/ hJ metavlhyi~ a[llw~.

Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus

255

kann. Die Metapher der Handreichung ist aber vor dem Hintergrund der platonischen Theologie als dauernde Ermöglichung zu verstehen. Oh ich bitte euch, reicht mir eure Hand und weist mir, der ich danach begehre, die von Gott gewiesenen Wege. Ich aber werde das kostbare Licht beachten, denn durch es besteht die Möglichkeit, das Übel düsterer Geburt zu fliehen.72 Nahebei erscheint der Vater und er streckt seine Hände aus: Denn ein Lichtstrahl wird hervortreten und wird dir auf den Weg hinstrahlen und die geistige Ebene öffnen, den Ursprung der Schönheit.73

Besondere Bedeutung kommt der emporführenden Kraft des göttlichen Lichts in Jamblichs De Mysteriis zu; und auch Proklos weist des öfteren darauf hin. So, wie das Licht dem (erleuchteten) Luftraum zukommt, ohne sich mit ihm zu vermengen – und daß es sich tatsächlich so verhält, wird daraus klar, daß keine Spur von Licht in ihm zurückbleibt, wenn erst einmal die Lichtquelle verschwunden ist, während der Luft doch immer noch Wärme verbleibt, auch wenn die Wärmequelle beseitigt wurde – ganz ebenso erleuchtet auch das Licht der Götter, abgesondert und nur in sich allein verharrend (alles, wo sie weilen) und durchdringt alles, was existiert, obwohl in sich allein begründet. Und wahrlich, auch das sichtbare Licht bildet eine Einheit, in sich geschlossen, überall ganz ein und dasselbe, so daß es unmöglich ist, einen Teil davon für sich abzutrennen, rings zu umgrenzen oder von der Lichtquelle zu scheiden. Nach den gleichen Gesichtspunkten kann sich zwar das gesamte Weltall, da es teilbar ist, in Hinsicht auf das unteilbare Licht der Götter (das es in sich aufnimmt, in Regionen) spalten; das göttliche Licht selbst aber ist überall eins und völlig dasselbe, kommt allem, was daran Anteil haben kann, ungeteilt zu, erfüllt alles mit vollkommener Kraft, bringt alles durch seine unbegrenzte prinzipielle Überlegenheit in sich selbst zur Vollendung, schließt sich selbst überall mit sich selbst in eins zusammen und verbindet das Ende mit dem Anfang.74

72 73 74

Proklos, Hymnos an Hekate und Janos 8–10 (ed. Vogt), übersetzt von Bergemann (2006) 300, leicht modifiziert: naiv, livtomai, dovte cei'ra, qeofradeva~ te keleuvqou~ ∕ deivxatev moi catevonti. favo~ d∆ ejrivtimon ajqrhvsw, ∕ kuanevh~ o{qen e[sti fugei'n kakovthta genevqlh~. Synesios, Hymnos 9, 122–127 (Lacombrade), übersetzt von Bergemann (2006) 300, leicht modifiziert: oJ dev toi pevla~ fanei'tai ∕ genevta~, cei'ra~ ojregnuv~: ∕ proqevoisa gavr ti~ ajkti;~ ∕ katalavmyei me;n ajtarpouv~ ∕ petavsei dev toi nohto;n ∕ pedivon, kavlleo~ ajrcavn. Jamblichos, De Myst. I 9, 30,17–31,18 (des Places), übersetzt von Theodor Hopfner, leicht modifiziert (vgl. auch Bergemann [2006] 347 f.): ”Wsper ou\n to; fw'~ perievcei ta; fwtizovmena, ouJtwsi; kai; tw'n qew'n hJ duvnami~ ta; metalambavnonta aujth'~ e[xwqen perieivlhfen. Kai; w{sper ajmigw'~ pavresti tw/' ajevri to; fw'~ (dh'lon d∆ ejk tou' mhde;n ejn aujtw/' kataleivpesqai fw'~ ejpeida;n a{pax to; ejllavmpon ajnacwrhvsh/, kaivtoi qermovthto~ aujtw/' parouvsh~ ejpeida;n to; qermai'non ejkpodw;n ajpevlqh/), ou{tw kai; tw'n qew'n to; fw'~ ejllavmpei cwristw'~ ejn auJtw/' te monivmw~ iJdrumevnon procwrei' dia; tw'n o[ntwn o{lwn. Kai; mh;n tov ge fw'~ to; oJrwvmenon e{n ejsti sunecev~, pantacou' to; aujto; o{lon, w{ste mh; oi|ovn te ei\nai cwri;~ ajpotemevsqai ti aujtou' movrion mhde; kuvklw/' perilabei'n mhde; ajposth'saiv pote tou' parevconto~ to; fw'~. Kata; ta; aujta; dh; ou\n kai; oJ suvmpa~ kovsmo~ meristo;~ w]n peri; to; e}n kai; ajmevriston tw'n qew'n fw'~ diairei'tai. To; d∆ e[stin e}n kai; aujto; pantacou' o{lw~, ajmerivstw~ te pavresti pa'si toi'~ dunamevnoi~ aujtou' metevcein, pantelei' te dunavmei peplhvrwke pavnta, kai; ajpeivrw/ dhv tini th/` kata; aijtivan uJperoch/` sumperaivnei ta; o{la ejn auJtw/', sunhvnwtaiv te pantacou' pro;~ eJauto; kai; ta; tevlh tai'~ ajrcai'~ sunavptei.

256

Christoph Helmig Nichts anderes ist das Licht als eine Teilhabe am göttlichen Sein. Denn wie alles gut ist dadurch, dass es am Guten partizipiert und erfüllt wird von der von dort oben hervorgehenden Erleuchtung, so sind die im primären Sinn Seienden göttlich […] durch Teilhabe an dem Gott.75

Obgleich sich die Götter nicht verändern, emittieren sie dennoch in ununterbrochener Aktivität eine Art von Energie oder wirkender/wirksamer Kraft (in Form von noetischem Licht), die den Aufstieg gemäß der jeweiligen Eignung des Rezipienten ermöglicht. SCHLUSSWORT Ausgehend von einer Unterscheidung dreier Arten der göttlichen Hilfe im Platonismus (Hilfe durch Handreichung/Einmischung, vermittelte Hilfe, Hilfe durch Ermöglichung), konnte gezeigt werden, daß alle drei Arten in der platonischen Tradition eine Rolle spielen, obwohl die erste Art der Hilfe nicht mit der im zweiten Buch des Staates und anderswo (Phaidros, Timaios) niedergelegten platonischen Theologie im Einklang steht. Die Notwendigkeit einer göttlichen Hilfe ergibt sich aus der Struktur der Wirklichkeit und ihrer notwendigen Unvollkommenheit. Tugend allein ist vor diesem Hintergrund im Neuplatonismus nicht autonom. Die Annahme, daß göttliche Hilfe auch für den Philosophen notwendig sei, ist ein Merkmal, das die platonische Tradition von anderen antiken Philosophenschulen zu unterscheiden scheint. Primär wird göttliche Hilfe als Hilfe durch Ermöglichung gedacht. Teilhabe an der und Verähnlichung an die Gottheit hängen von der jeweiligen Eignung des Einzelnen bzw. der Einzelseele ab. Bereits in Platons Theaitet wird zudem deutlich, daß die homoiôsis die richtige Einstellung dem Göttlichen gegenüber voraussetzt, nämlich „gerecht und fromm zu werden mit Verstand“ (Tht. 176 b 2 f.). Damit bekommt die Verähnlichung eine deutlich religiöse Komponente. Es ist interessant zu beobachten, daß besonders in antiken und spätantiken Theodizeedebatten die Hilfe durch Einmischung/Handreichung eine wichtige Rolle spielt. Diesen Umstand kann man zu einem großen Teil – und so ist es auch von Platonikern selbst bereits gehandhabt worden – mit dem Adressatenkreis und der Intention eines Textes erklären.76 Das gilt sowohl für systematische Arbeiten als auch in der Exegese autoritativer Text wie des Alten Testaments, Homers und Platons. Somit können wir schließen, daß immer, wenn Platoniker von dieser direkten Art der göttlichen Hilfe sprechen, sie dies nur in uneigentlicher Weise tun, also göttliche Hilfe als Metapher für Vorgänge verwenden, die strenggenommen gar keine göttliche Intervention voraussetzen. Obwohl der Autor die Vorgaben der 75

76

Proklos, Theol. Plat. II 7, 48,14–19: Oujde;n ga;r a[llo ejsti; to; fw'~ h] metousiva th'~ qeiva~ uJpavrxew~: wJ~ ga;r ajgaqoeidh' pavnta givnetai tajgaqou' metalambavnonta kai; plhrouvmena th'~ ejkei'qen proi>ouvsh~ ejllavmyew~, ou{tw~ a[ra kai; qeoeidh' ta; prwvtw~ o[nta […] dia; th;n tou' qeou' metousivan ajpotelei'tai. Interessant ist hier vor allem Proklos’ Benutzung von Plutarchs Schrift De sera numinis vin­ dicta in seinem ersten, nur in lateinischer Übersetzung erhaltenen opusculum zur Vorsehung (De decem dubitationibus circa providentiam).

Die Rolle der Religiosität in der Ethik des antiken Platonismus

257

Theologie Platons kennt, spricht er auf uneigentliche Weise über die Götter/das Göttliche. Gleichzeitig ist das Argument von der uneigentlichen Rede insofern attraktiv, als es auch auf Platon selbst oder auf andere Autoritäten wie z. B. die Orphiker angewendet werden kann. Und ganz ohne Zweifel basiert die gesamte spätantike Homerallegorese auf dieser Annahme. Im späteren Neuplatonismus und vor allem in der philosophisch-theoretischen Fundierung der Theurgie wird deutlich, daß eine rein rationale Annäherung an das Göttliche auf Grenzen stößt. In diese Richtung geht vor allem ein zuerst bei Jamblich nachzuweisendes Argument, daß göttliche Reinheit (d. h. der Zustand der Göttlichkeit) nicht durch die richtige Erkenntnis verursacht werden könne (De Myst. II 11). Das impliziert, daß eine Erkenntnis des Göttlichen, entgegen einer verbreiteten mittelplatonischen Ansicht, noch nicht eine dem Erkenntnisgegenstand ähnliche Disposition im Erkennenden bewirke („Gleiches wird durch Gleiches erkannt.“). Eng damit verbunden ist ein weiteres Argument, das beinhaltet, daß rationale Erkenntnis von Gegenständen die selbst „überrational“ sind, d. h. jenseits der Rationalität stehen (das Eine im Gegensatz zum Intellekt) auch nicht mit Mitteln der Rationalität erfasst werden können. Eine Einung (henôsis) mit dem Göttlichen setzt einen höheren Grad an Einheit voraus als die Einheit von Erkenntnisobjekt und Erkenntnissubjekt (auf der Ebene des Intellekts). Im Gegensatz zur Hilfe durch Handreichung/Einmischung, ist die vermittelte Hilfe eng mit der Hilfe durch Ermöglichung verbunden und setzt diese voraus. Dennoch ist es sinnvoll die letztgenannten voneinander zu unterscheiden, insofern die absolute Unveränderbarkeit des Göttlichen Phänomene wie das Orakelwesen strenggenommen unmöglich machen.77 Mit der gesteigerten Bedeutung der göttlichen Transzendenz im Neuplatonismus im Vergleich zu der ihm voraufgehenden platonischen Tradition nimmt auch die Wichtigkeit der Hilfe durch Ermöglichung zu. Das habe ich oben durch zwei Beispiele aus der Theurgie veranschaulicht (Wirken des Theurgen durch symbola und das Phänomen der Photagogie). Insgesamt ergibt sich für den gesamten antiken Platonismus eine interessante Verknüpfung von eudaimonistischer Ethik und Religion, deren Facetten sich durch die Unterscheidung von drei Arten göttlicher Hilfe in besonderer Weise profilieren. ABSTRACT What role do the gods play in our striving after the good life? How do they help us to achieve this telos according to ancient philosophers? In Platonism, the question is even more pressing due to the fact that already for Plato himself the gods are immutable. However, in contrast to the Stoic ideal, according to which the sage is autonomous, there are several texts in the Platonic tradition that point to the importance of divine aid even for the philosopher. But in what sense can we, given the Platonic theology, really speak of divine aid? Distinguishing three kinds of divine 77

Vgl. dazu z. B. Proklos, Über die Vorsehung 37–39.

258

Christoph Helmig

aid (the ‘helping hand’, aid by means of mediation, aid through enabling), I argue that all three play a role in the historical development of Platonism. The first is prominent in debates on theodicy, but frequently it is made clear that talk of direct intervention is a rather metaphorical way of speaking about the divine. Daimons and other ‘Mittelwesen’, i. e. mediating helpers, explain important phenomena such as oracles, divine signs, and dreams. Of special importance is the last kind of aid, for it presupposes a special suitability on the part of the aided. In Neoplatonic theurgy (a kind of philosophical ritual), it is presupposed that the last step of the unification (e{nwsi~) can only be achieved because the gods ultimately enable the philosopher to ascend.

TO WHAT EXTENT IS HUMAN ETHICAL ACTIVITY DETERMINED BY MATTER/BODY? Andrew Smith, Dublin Some preliminary issues The issues concerned with the way matter may obstruct and even limit human freedom of activity find their most sophisticated consideration in later Platonism and particularly in Plotinus. A framework of ideas may be discerned in Plato but for the thought of many of the thinkers between Plato and Plotinus we have little evidence. This is not to say that they did not discuss and develop the topic, but they have left us for the most part only the broadest of generalisations. Whilst I will try to pursue the theme through the history of Platonism, I will begin by taking Plotinus as a guide to the range of problems and issues which arise from the theme. Matter and Body distinction: This is only implied in Plato and later stated more clearly by Aristotle. Plotinus provides us with the first discussion involving this distinction in the context of the influence of matter/body on the soul. But the issue may have been raised earlier as we gather from a remark of Iamblichus who distinguishes Numenius and Cronius who identified matter as a cause of evil to the soul from Harpocration who names bodies.1 What do we mean by human activity: either in this world or in the transcendent world? Neoplatonists locate true freedom in the transcendent (intelligible) world of Providence as opposed to an imperfect kind of freedom in this world. In this enquiry I will consider human activity as exercised in the embodied state and so limit the enquiry to the lowest level of virtue, that of the ‘civic virtues’. What kind of embodied human activities should be included in the discussion? Firstly I am going to exclude our epistemological activity. The question about the limitations imposed on our reason by the body belong to another discourse. In general one could say that Plotinus, at least, was quite optimistic in this regard and would maintain that in the end the external, though it may be a distraction, cannot of itself affect or constrain the inner or transcendent self and its intellectual activities at the highest level. Nor do I want to include all physical activity but only those activities which may be said to be the external manifestation of virtues. I have therefore excluded morally neutral considerations such as: I want to climb that mountain, but my legs are too weak. 1

Iamb., De an. 48,24–28 Finamore/Dillon (2002).

260

Andrew Smith

The sort of moral activities where matter/body seem to cause restrictions of some kind may be put under the following headings: 1. Restricting the scope of ethical activity. If I have nothing to give I cannot be generous through acts of giving (it cannot, of course, prevent my having a disposition to be generous) 2. The body may appear to be a cause of passions and thus be said to affect and therefore constrain the soul. 3. The body may distract the attention of the higher soul. This is strictly epistemological, but should be mentioned here in view of the pivotal role played by reason in determining moral or spiritual standing. 1 above applies only to the external manifestation of virtues as virtuous acts, but does not affect the intention. This is one aspect of perivstasi~ and it is dealt with by Plotinus in the Stoic way.2 2 is more complex. Plato comes dangerously close in the Timaeus to saying that the soul is affected by body. Plotinus attempts to avoid this as we will see. For him the physical element, for example in passions, is more properly seen as a manifestation at the physical level of an internal disposition that does not imply a change in the soul of the kind that could be caused by a physical object. Let us begin our enquiry by looking at the general evaluative context of embodiment as expressed in Plato’s Phaedo: So long as we keep to the body and our soul is contaminated with this imperfection, there is no chance of our ever attaining satisfactorily to our object, which we assert to be truth. In the first place, the body provides us with innumerable distractions in the pursuit of our necessary sustenance, and any diseases which attack us hinder our quest for reality. Besides, the body fills us with loves and desires and fears and all sorts of fancies and a great deal of nonsense, with the result that we literally never get an opportunity to think at all about anything. Wars and revolutions and battles are due simply and solely to the body and its desires. All wars are undertaken for the acquisition of wealth, and the reason why we have to acquire wealth is the body, because we are slaves in its service (douleuvonte~ th/` touvtou qerapeiva)/ 3 (Phd. 66 b 5–d 2).

Plato is here of course concerned more with the epistemological than the ethical constraints imposed by the body, but it is also clear that the behavioural failings occasioned by the body are the source of mental impediments. These ideas which form part of the negative presentation of the earthly life of the soul in the Phaedo are repeated endlessly by Platonists in their admonitions to escape from the corporeal world. In the Timaeus, which in other respects has a very positive view of the physical universe, Plato comes even closer to suggesting that the body has a directly negative affect on the soul: 2 3

For Stoics see the arrow analogy in Cic., fin. III 22 = SVF III 18. See also Phdr. 256 b 2 f.: doulwsavmenoi me;n w/| kakiva yuch'~ ejnegivgneto cited by Plotinus at I 8,4,7 f.

To what extent is human ethical activity determined by matter/body?

261

He who has the seed about the spinal marrow too plentiful and overflowing, like a tree overladen with fruit, has many throes, and also obtains many pleasures in his desires and their offspring, and is for the most part of his life deranged because his pleasures and pains are so very great; his soul is rendered foolish and disordered by his body; yet he is regarded not as one diseased, but as one who is voluntarily bad, which is a mistake. The truth is that sexual intemperance is a disease of the soul due chiefly to the moisture and fluidity which is produced in one of the elements by the loose consistency of the bones. And in general, all that which is termed the incontinence of pleasure and is deemed a reproach under the idea that the wicked voluntarily do wrong is not justly a matter for reproach. For no man is voluntarily bad, but the bad become bad by reason of an ill disposition of the body and bad education – things which are hateful to every man and happen to him against his will. (Tim. 86 c 3–e 3)

The ultimate test of whether something is in our power is the ascription to it of moral responsibility.4 The denial here of moral responsibility is striking, but must be seen in the context of the doctrine that no-one sins voluntarily cited towards the end of the passage. We will see later that Plotinus, too, ultimately invokes the application of reason as the final determinant of ethical behaviour. But Plato has, nevertheless, not engaged fully with the intricacies of the soul-body relationship and leaves problems for later generations to solve. The picture of a bodily incumbrance painted by Plato is taken up by subsequent Platonists. Unfortunately we are unable to say whether they went any further to analyse and refine the implications or simply employed it as a moral exhortation. Alcinous, for example, uses phraseology from the Phaedo (‘mortal rubbish’ 177,11, Symp. 211 e 3 and Phd. 66 c 3 f.). The effect on the soul is that it may become dizzy: Further, when the soul, through the intermediacy of the body, comes to exist in the sensible realm, it becomes ‘dizzy and is thrown into confusion’ and becomes, as it were, ‘drunk’, while when it ‘comes to be on its own’5 in the intelligible realm it comes to stability and enjoys calm. (177,25–29)

But it is not suggested that the body ‘causes’ this dizzyness. Alcinous does, however, distinguish between necessity and freedom, ascribing the former to this life and the latter to the contemplative life. We thus have here the introduction of the physical universe as a world of constraint for the activities of soul: For this reason such a state (i.e., contemplation which makes us like the divine) would be of priority, valuable, most desirable and most proper to us, free of [external] hindrance, entirely within our power, and cause of the end in life which is set before us. Action, on the other hand, and the active life, being pursued through the body, are subject to external hindrance, and would be engaged in when circumstances demand, by practising the transferral to human affairs of the visions of the contemplative life. (153,9–15)

The notion of external hindrance here introduces what I have classed as the less serious type of bodily restriction on the soul’s activities (1 above). It is associated with necessity, lack of freedom (see ch. 26 on Fate), but we might note that the attribute ‘within our power’ applied to contemplation is not explicitly denied of action. In fact the description of contemplation as an activity that is ‘entirely within our power’ could be taken to imply that action is not entirely outside our power. 4 5

See Plot. II 9,15,10–18. See Phd. 79 c 7–d 6.

262

Andrew Smith

In 172,3 he turns to Tim. 42 a ff. and gives an indication of the direction in which he (and Plato) might have resolved the issue we raised with regard to 86 c: [He told them] that affections connected with mortality would attach themselves to them from the body – in the first place sensations, and thereafter pleasure and pain, fear and anger. Souls which achieved dominance over these affections6 and were in no way constrained by them would live justly and return to their kindred star; while others who had been overcome by injustice would come on their second birth7 to the life of a woman, and, if they did not mend their ways at that stage, would come ultimately to the nature of a wild beast. The end of their toils would be the overcoming of those elements which attached themselves to them, and their return to their proper state. (172,11–19)

What is clear here is that it is possible for souls to overcome the affections to which they are exposed. Thus they are necessarily exposed to them but do not of necessity surrender themselves to them. Plotinus, too, accepts Plato’s warnings about the danger of body. With reference to Phd. 62 b 4 the body is interpreted as a chain and tomb.8 And throughout the Enneads there are many negative statements about the body and the restrictions it imposes. A broad response to such restrictions is provided in a metaphysical worldview which by distinguishing Providence and Fate can isolate bodily restrictions within the compass of Fate. But Plotinus also brings into play a series of other refinements. The first we will examine is the difference between Soul (including World Soul) and individual souls9: In the All all parts are naturally set in their appropriate place – and our individual bodies need a great deal of troublesome thought, since many alien forces assail them and they are continually in the grip of poverty10, and require every sort of help as being in great trouble.11

There is an important distinction here between the restrictive nature of what is encountered by Soul and what is encountered by the individual soul. The individual body intrinsically presents a greater obstacle (in fact does the world body present an obstacle at all to World Soul?). This difference is due to the fact that the world body is perfect and stable as a whole (it loses nothing and gains nothing Tim. 33 c 6 f.).12 6 7 8 9 10 11 12

Cf. Plat., Tim. 42 b 2: w|n eij me;n krathvsoien. deutevra/ genevsei, cited from Tim. 42 c 1. IV 8,3,3 f. See also Porph., Sent. 40 for the similarly negative interpretation of the Phaedo passage as referring to a prison. Plutarch also notes a difference between the human individual soul and the soul responsible for the movement of the heavens in the degree to which body presents an obstacle (De an. proc. 1026 E) but the latter is still affected. A word with strong metaphysical overtones. It ultimately refers to the story of ‘poverty’ and ‘plenty’ found in Plat., Symp. 203 b f. IV 8,2,10–14. This intrinsic difference is in IV 3,4,26 ff. seen as the difference between a great flourishing plant and a particular part which is rotten and full of maggots. However this lower part is not merely body but ensouled body. We might recall here the discussion in I 8 which traces evil back to matter but in fact transmitted through the matter plus form compound. So here we have not just lifeless body but ensouled body.

To what extent is human ethical activity determined by matter/body?

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The implication here is that the human body, as Plato says in Tim. 81 b ff., does fluctuate13 and this fluctuation is the cause of passions etc. Of course we may overcome these obstacles by serving (for our souls must of their nature be embodied) rather than being enslaved. The idea is neatly expressed by Synesius when he refers to his soul which has been sent down to earth as a servant but which has become a slave to matter.14 But the idea is already suggested in Plato (Phd. 66 d 1).15 MATTER AND BODY, HIGHER AND LOWER SOUL We now turn to two further distinctions which play an important role in elucidating the interaction of soul and body, the distinction of body and matter and of higher and lower soul. For the distinction of matter and body we may turn to Plot. I 8,4. where it is explained that it is the lower soul which is the contact point with body and through body with matter and thus with evil. Although for Plotinus the higher soul (reason) can separate itself from the lower or even control it, it is clear that, although he rejects the notion that any part of soul can be affected by something physical, he thinks that the higher soul, too, is in some way vulnerable but is less exposed and less directly related to body than the lower soul. In I 8,4,16 f. we have: First of all this kind of soul16 is not outside matter or by itself. So it is mixed with unmeasuredness and without a share in the form which brings order and reduces to measure, since it is fused with a body which has matter. And then its reasoning part, if that is damaged,17 is hindered in its seeing by the passions by being darkened by matter, and inclined to matter, and altogether by looking towards becoming, not being.

We will leave out of consideration for the moment the second part of this which refers to the corruption of the higher part of the soul. We know from III 6 that this is not meant in a strong sense, but is to be referred to the inner change occurring in soul which is the true determinant of its moral status. But what of the lower soul where the situation is different since it is ‘fused with a body’? III 6,2 would seem to 13

14 15 16

17

In so doing, he says, the individual body is only imitating the movements of the universal body. But, of course, the movements of the universal body are internal to itself (Plato is not contradicting what he has earlier said) whereas the individual body loses and gains in relation to what is outside itself in the universal body. Synesius, Hymn. 1,573 f. and De insomniis 159,14 f. Terzaghi. The idea may probably be traced back to Porphyry. See Smith (1974) 36 f. and Porph., Sent. 40, 51,16 Lamberz. See above n. 3. See also Procl., in Rem. II 99,1 f.; in Tim. I 34,4; Theol. Plat. V 25, 94,19 Saffrey/Westerink. This is the irrational part of soul: tou' ajlovgou th'~ yuch'~ ei[dou~ to; kako;n decomevnou I 8,4,8 f. This chapter makes clear that it is the embodied lower-soul which receives paqhvmata, while the rational element, though distracted (by its own weakness) is not affected. We note that these paqhvmata are described as ‘involuntary’ (ajkouvsia) which points us back to Tim. 86 d 7. The true seat of moral responsibility and free-choice is the rational soul. In what sense can the higher soul be ‘damaged’? Can this refer to physical impediments (see Fleet [1995] 101 on III 6,2,54) or rather to our free decision to look down rather than up?

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corroborate that the embodied soul (the lower soul with body) is a seat of affections in a way in which the higher soul is not. In an ethical context Plotinus refers in I 8,8,3 ff. to Tim. 86 e and argues that matter, rather than the form in the matter, is ultimately the cause of evil. Of course here we must remember that matter is not an active cause but rather cause in the sense of occasion for. He is careful to point out in the passage that matter does not bring anything to the combination of matter and form other than its formlessness, which diminishes the efficacy of the form in matter. But if someone says that we do not become evil because of matter – giving as a reason that ignorance is not caused by matter, nor are bad desires; even supposing that their coming into existence is caused by the badness of body, it is not the matter but the form that causes them, heat, cold, bitter, salt and all the forms of flavours, and also fillings and emptyings, and not just fillings, but fillings with bodies of a particular quality; and in general it is the qualified thing which produces the distinction of desires, and, if you like, of falsified opinions, so that form rather than matter is evil – he too will be compelled all the same to admit that matter is evil. For what the quality in matter does, it does not do when it is separate, as the shape of the axe does not do anything without the iron.

What is being rejected here is that form alone is a cause of evil. But it is still open for him to treat the body as an active cause or transmitter of distraction/evil to the soul insofar as it is a combination of matter and form. But if we turn to his treatise on impassibility we find a strong emphasis on the impassibility of all levels of the soul. Here the question of ethical behaviour is directly raised and the Platonic tripartite division of soul is introduced,18 though without entirely losing sight of the twofold division into higher and lower soul. While it is argued strongly that no part of the soul undergoes change as we understand it in the physical sense, there must be another kind of ‘change’ to account for moral progress or regression. But each part of the soul is the seat of different types of change. The reasoning soul may be subject to ‘folly’, the spirited part to fear, the appetitive to various desires. Whilst none of these is physical there is a strong distinction to be noted between the rational and the other two parts, the former being purely cognitive in its activities, while the latter are the seats of the emotions which have a more direct link with the external. And so, although the direct affect of the physical is denied for all levels of the soul, the rational soul is less involved in its operations than the lower soul and even when viewed as an initiator of external actions works through the lower soul. In the following passage he describes the active nature of the two lower parts of soul and notes the role played by external factors. It also picks up the problem presented by Plato in the Timaeus (the final lines of this passage are marked by HenrySchwyzer in their edition of Plotinus as a reference to the same passage in Plato). But how is the spirited part cowardly and then again brave? It is cowardly either by not looking to the reason, or by looking to the reason when it is in a bad state, or by a failure in its instruments, as when it is without its bodily weapons or they are decayed, or it is hindered from action, or it is not really stirred to action, but as if it was only lightly touched; and it is brave when the opposite happens. In these circumstances there is no intrinsic alteration or affection. And the desiring part when it acts by itself produces what is called unrestrained lust, for it does eve18

On the tripartite soul introduced in ethical contexts, see Blumenthal (1971) 21 f.

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rything by itself and the other parts of the soul are not present to it, whose function would be, if they were present, to master and direct it. If it saw the other parts it would be different, and would not do everything but might perhaps take a rest by looking, as far as it could, at the other parts. But perhaps most often what we call the vice of this part is a bad state of the body, and virtue the opposite, so that in either case nothing is added to the soul. (III 6,2,54–67)

It looks as if Plotinus’ interpretation of our Plato passage is to deny that Plato is making any suggestion that the soul itself is affected by the body. And this is, of course, Plotinus’ position as maintained throughout this particular treatise and elsewhere. Within the parameters of this theory he can suggest that a particular emotion (e.g. cowardice) may be dependent on external circumstances – the effectiveness/ suitability of the body. But emotions originate in the soul rather than the body: But shame occurs when there is a thought of something shameful in the soul; but the thought possesses, so to speak, the body – let us not be distracted by terminology – and the body is subject to the soul and not the same as something lacking in soul, and it is changed in respect of the blood, which is readily moved. The beginning of what is called fear is in the soul, but the pallor is the result of the withdrawal of the blood inwards. (III 6,3,11–16)

In moral activity, then, cause must be understood in two ways: 1. Soul proper (i.e. the higher soul) is a cause of action insofar as it is responsible for controlling or not controlling the lower soul; and the lower parts of soul, too, may be seen as cause of an action. 2. Physical body (or eventually matter) is a cause insofar as it presents the situation, stimulus and conditions for an action. Now the first of these aspects ensures that there is moral responsibility, for it is a soul (ultimately the higher soul) which acts, while the second does not impinge on the freedom of the soul, more particularly the rational soul, to act. But does this imply that since we are somehow sheltered from bodily affections we have no interest in trying to reduce in some way the physical factors which cause limitations? Yet, whilst stressing the importance of internal separation to aid the soul in its proper reasoning, he also adds that some kind of bodily purification might be relevant: But separating it could also mean taking away the things from which it is separated when it is not standing over a vital breath turbid from gluttony and sated with impure meats, but that in which it resides is so fine that it can ride on it in peace. (III 6,5,25–29)

Both the meaning and the significance of this passage have been disputed. Does it refer to the pneumatic body or just to the physical body, is it added as an unimportant afterthought to cater for those in the school who took very seriously the notion of a pneumatic body or is it a serious additional consideration? We might also suggest that Plotinus is in some way responding to Plato’s concern to keep body and soul in harmony by attending to bodily well-being.19 THE VALUE OF CIVIC VIRTUE IN PLOTINUS But if ethical actions are determined to a great extent in their outcome by physical constraints and if it is our own internal disposition rather than ensuing acts, if any, 19

See the end of Timaeus and the role of physical education in Republic.

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that is of primary importance, it would seem that ethical acts have in themselves no value. But in fact Plotinus argues that the status, and sometimes even the course, of external events is in fact determined by our own disposition. Let us examine this a little further. Now while the key to Plotinus’ solution to the problem of Fate for the individual may lie in that transcendent aspect of ourselves, he is also concerned about the value of the moral life lived in this world and with how we deal with the difficult circumstances in which we daily find ourselves. ‘Good and wise men do act and do noble actions by their own will’ he strongly declares at the end of the treatise on Fate.20 And yet in circumstances serious enough to impede normal moral activity Plotinus seems to have recourse solely to the transcendent life of the inner self. In one of the last treatises he composed before his death he envisages such difficult situations in an ascending scale of external pressures, for example the annihilation of one’s family, extreme physical pain and even the loss of consciousness.21 He imagines the ultimate form of torture and of human misery, being roasted alive in the bronze bull of the notorious tyrant of Akragas, Phalaris. His solution is to appeal to the inner man, for it is the inner man who is happy (faring well), whilst the outer man feels the pain (faring badly). It is the most extreme example of the workings of transcendence and the same principle may be used to explain how a man who is unconscious in his outer self may nevertheless be enjoying happiness (faring well) in his inner self. But these are not normal circumstances and only envisaged in an attempt to explore the nature of the human individual to its furthest limit. In more normal circumstances there is a clear link between the inner and outer man, for the good man is able to change and make use of the web of circumstances in which he finds himself and must yield to them only as a last resort and that too only if it is not wrong to do so.22 It is the weaker soul that gives in to external pressures. It is important to note that Plotinus rejects as a mark of free will the freedom to act immorally which is often taken as a mark of true moral freedom. Immoral behaviour is for him not something freely chosen but rather a state of the soul when it allows itself to become passive to the external. It is the mark of the stronger soul that it remains active in its dealing with the external world.23 And this active control comes from its use of reason. Only when reason is in control are we truly free. Plotinus is here being genuinely Platonic in the close alliance of moral activity and reason and, conversely, the association of immorality with ignorance. According to Plotinus, then, when our impulses are not controlled by reason ‘the soul is altered by external causes and so does something and drives on in a sort of blind rush.’24 And only when they are under the control of reason are they truly free: 20 21 22 23 24

III 1,10,11 f. I 4,7–13. See the commentary of McGroarty (2006) 117–176 on these chapters. III 1,8,17–20 ‘[the better soul] holds its own in these very same circumstances and changes them rather than is changed by them; so it alters some of them and yields to others if there is no vice in yielding.’ We may note the same insistence by Plotinus on the active rather than passive nature of senseperception. In this way the incorporeal soul is protected from being directly affected by the physical. III 1,9,4–6.

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When however in its impulse it has as director its own pure and untroubled reason, then this impulse alone is to be said to be in our own power and free; this is our own act, which does not come from somewhere else but from within from our soul when it is pure, from a primary principle which directs and is in control, not suffering error from ignorance or defeat from the violence of the passions, which come upon it and drive and drag it about, and do not allow any acts to come from us any more but only passive responses.25

And yet if the soul is passive to its passions and they are not truly its own freely chosen actions this is not to say that it is not responsible in some way for them. The immoral life may be defined in terms of being a prey to passions and externals acting on it as ‘necessities’ but it is ultimately responsible insofar as it has failed to control itself and has allowed itself to fall into this state. Plotinus alludes to this when he says that the soul may be ‘worse from itself and does not altogether have its impulses right or under control.’26 The true reality of the matter, according to Plotinus, is that external events have no truly negative value in themselves but rather only as conferred on them by our own disposition and what compulsion they manifest is only operative on the soul when it allows itself to be passive. It is this internal disposition or attitude which is the key to free will and moral empowerment. As human beings we have a double nature, an inner self and the outer man, a higher soul/intellect and a lower soul.27 It is by living the life of the inner self, that is the life of intellect, that we attain freedom from the constraints of the physical universe, but it is by the same means that we also attain the active control of our external lives. Not, of course, that we may not at times feel compelled by events, but because our disposition toward them is according to reason and therefore according to Providence we are not in opposition to them. We are not forced by Providence to act but rather it is we ourselves who act because our intellect is on the same level as Providence and, in a sense, identical with it. The opposite of this is the man who does not live the life of intellect and who therefore does not have available to him the illumination of intellect on his disposition to externals. He is passive rather than active, what happens to him is ‘fated’ rather than providential: The action which proceeds from the dissolute man is done neither by providence nor according to providence, but what is done by the chaste man is not done by providence, because it is done by the man himself, but is done according to providence.28

It is, Plotinus explains, rather like a sensible patient who accepts the doctor’s prescription which thus promotes his health (a natural state), compared with the man who rejects the doctor’s advice and does what is unhealthy (unnatural and ‘against the providence of the doctor’). Both have freely chosen.29 The status of external events is in fact determined and its course often shaped by our own disposition: 25 26 27 28 29

III 1,9,9–16. III 1,9,7–9. Armstrong (1983) 122 rightly points out that for Plotinus the essential dichotomy is not that of soul/body, disembodiment/embodiment, but higher and lower self; note to Ennead III 3,4. III 3,5,46–49. III 3,5 end. Plotinus is fond of the contrast natural/unnatural, health/illness. See V 8,11,25 f.

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Andrew Smith The beauty of Helen produced one effect on Paris, but Idomeneus was not affected in the same way.30

That is, they each reacted to the same external stimulus in different ways arising from different inner dispositions. Idomeneus did not run off with Helen, Paris did! Both actions were externally significant for themselves and others. Plotinus’ treatment of the soul-body invokes a subtle balance of factors, maintaining the impassibility of the human soul by according it the initiative in avoiding or becoming subject to the external, whilst at the same time admitting to the external the possibility of limiting the scope of the soul’s external realisation of its inner disposition but without affecting or determining the nature or disposition of the soul itself. In conclusion we note that the philosophical difficulties raised by the contiguity of soul and body in the individual continued to be a stimulus to debate. The later Neoplatonists invoked the concept of the soul’s pneumatic vehicle to aid their discussion. For Iamblichus and Proclus the difference between the way in which Soul and individual souls relate to bodies is linked to the nature of their pneumatic vehicle. Iamb., De an. (46,12–25 text; 47 trans., Finamore/Dillon [2002]): As for the acts of the bodily powers of the soul, Plato does not link them to the body in their essence, but says that they communicate with it by ‘conversion,’ and he frees the acts of the separated powers completely from any tendency towards bodies. So then the acts of universal and more divine souls are unmixed because of the purity of their essence, but those of individual souls immersed in matter are not unsullied to the same extent; and the acts of souls which are ascending and being freed from generation divest themselves of bodies for the future, while those of souls which are descending are entwined and interwoven with them in sundry ways. And those souls which are mounted upon pneumatic bodies of a uniform nature and which by means of them arrange calmly whatever they choose, from the start express their acts without any difficulty; but those who are sown in more solid bodies and imprisoned in them, are suffused, in one way or another, by the nature of these. Furthermore, the universal souls direct towards themselves the things which they administer, whereas the particular souls are themselves directed31 towards the objects of their care.

Soul and universal souls have a more refined vehicle; Iamblichus terms it aujtoeidhv~ as opposed to the more solid vehicles (sterewvtero~) of the souls at a lower level (De an. cited above, 46,20. 22); Proclus in his discussion of the issue in in Tim. II 81,21 ff. describes the higher vehicle as aujgoeidhv~. Thus the difficulty we have in dealing with the external world is explained by the nature of our own ‘body’. Proclus even goes so far as to ascribe sensation to souls at the world soul level. But the 30 31

III 3,5,41–43. This may be compared to Plotinus where in IV 3,4,25 th/` ejpistrofh/` tou' prosdeomevnou. But we should note that the meaning is quite different if we accept Armstrong’s translation as cited by Finamore/Dillon (2002) 131 in their commentary, ‘by the turning to them of that which needs their care’. This suggests that the external turns to soul and thus insulates the soul, which is the opposite of what Iamblichus intends. The turning of souls to body is the meaning of the Plotinus phrase if we take the genitive as objective as in Bréhier (1956) 69 ‘elles surveillent un corps qui exige toute leur attention’ and Theiler (1962) 175 ‘sie [wenden] sich hin […] zu ihm als einem, welcher der Fürsorge bedarf’.

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mode of ‘sensation’ of the universal souls is described as being ‘unitary’ rather than divided amongst different organs (pavsa~ e[con hJnwmevnw~ ta;~ aijsqhvsei~), thus effectively diminishing the ‘impact’ or disturbance factor of sense perceptions on this higher soul-body complex. ABSTRACT The framework for discussion is set by Plato, particularly in Timaeus 86 c 3–e 3 with its stress on the negative impact of body on soul. There is little surviving evidence as to how Platonists before Plotinus accounted in detail for the limiting effect of the corporeal on an incorporeal entity without endangering the latter’s ontological integrity. Plotinus is able to present a nuanced encounter with the problem in the light of his distinction between word soul and individual souls, body and matter, and higher and lower aspects of the individual soul, thereby safeguarding the soul (higher) whilst admitting corporeal affections in the lower soul; moreover our rational interpretation of bodily factors enable us to be correctly disposed to them and even at times to change them to our advantage.

SEKTION 5: KONKURRENZ UND INTERAKTION – ZUR INTEGRATION FREMDER LEHRELEMENTE IN DER ETHIK DES PLATONISMUS UND ZUR AUSWIRKUNG PLATONISCHER ETHIK AUF POLITISCHES UND GESELLSCHAFTLICHES DENKEN

HELLENISTISCHE ELEMENTE IN DER PLATONISCHEN PRAEPARATIO PHILOSOPHICA DER KAISERZEIT (AM BEISPIEL DES ejpilogismov~ BEI PLUTARCH) Michael Erler, Würzburg 1. HELLENISTISCHE INGREDIENZIEN IN DER PRAKTISCHEN ETHIK DES PLATONISMUS Die Philosophie der Kaiserzeit ist nicht zuletzt durch eine allmähliche Rückgewinnung der Transzendenz und ein Wiederauftreten des Platonismus gekennzeichnet und – damit verbunden – einer Jenseitsorientierung der Menschen, sowie dem Bemühen der Philosophen, die Seelen beim Streben nach Rückkehr in die transzendente Heimat zu unterstützen. Gleichwohl erwarteten Platoniker von der Philosophie ebenfalls eine Anleitung zum richtigen Leben.1 Die als ‚wahre Politik‘2 verstandene praktische Ethik des Sokrates behielt ihre Relevanz, so dass bezweifelt werden darf, ob man vom Platonismus der Kaiserzeit als einem Platonismus ohne Sokrates sprechen kann.3 Neben dem Exemplum der Sokratesfigur sollte auch die Lektüre der platonischen Dialoge zu moralischer Besserung und maßvollem Verhalten beitragen. Sogar Werke wie der Timaios werden bisweilen mit ethischer Intention gelesen, was – wie eine genaue Lektüre zeigen kann – Platons Absicht durchaus nicht fern gelegen haben mag.4 Es ist bemerkenswert, dass gerade im Bereich der praktischen Ethik bei den Platonikern eine große Offenheit und Bereitschaft zu beobachten ist, von Methoden und Techniken anderer konkurrierender Traditionen oder philosophischer Schulen zu profitieren, die – wie z. B. die Stoa oder der Epikureismus – einer Orientierung im Diesseits verpflichtet sind und ihre Philosophie als ars vitae verstehen. Bei ihnen, aber auch bei Aristoteles, wählen jene Platoniker, die in hellenistischer Ethik ursprüngliches platonisch-sokratisches Gedankengut bzw. zwischen Aristoteles und Platon Harmonie erkennen wollen, aus und transformieren und integrieren, was nützlich scheint.5 Selbst Plotin oder Porphyrios scheuten sich nicht, in praktischen Fragen auch bei Stoikern, ja sogar bei Epikureern Anleihen zu machen. Hellenistische Lehren treten zwar mit dem Aufkommen des Neuplatonismus in der Spätantike endgültig in den Hintergrund, so dass Kaiser Julian in einem Brief aus dem Jahr 363 n. Chr. sogar meint, die Mehrzahl der Schriften Epikurs und Pyrrhons sei von den Göttern vernichtet worden, 1 2 3 4 5

Vgl. Dörrie/Baltes (1996) 249 f. Vgl. Plat., Gorg. 521 d. Vgl. Bröcker (1966); anders zu Recht Beierwaltes (1995); vgl. Erler (2002). Vgl. zum Problem vorläufig Erler (2009). Vgl. die Beiträge in Fuhrer/Erler (1999); ebenso Erler (2000); vgl. Lakmann (1995) 26 mit Anm. 89.

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und der ehemalige Epikuranhänger Augustinus in einem Brief des Jahres 410 n. Chr. behauptet, Stoiker und Epikureer würden in den Rhetorenschulen keine Rolle mehr spielen.6 Doch sind derartige Bemerkungen übertrieben oder von Wunschdenken geleitet. Jedenfalls ist zu beobachten, dass die Lehre Epikurs selbst unter diesen für sie schwierigen Umständen des nun dominierenden Platonismus ihre Spuren hinterließ.7 Freilich ist hierfür genaues Hinsehen nötig. Denn die Herkunft entsprechenden Gedankengutes wird nicht immer offen benannt und als solches zu erkennen gegeben.8 Wenn z. B. Epikureisches als Element philosophischer praeparatio in das Curriculum integriert werden sollte, hüllte man es oft in ein platonisches Gewand und machte seine Herkunft nahezu unkenntlich. Jener Theosebios, der sich in der praktischen Ethik so stark an der Stoa und Epiktet orientierte, dass Damaskios den Platonverehrer zugleich als alter Epictetus bezeichnen konnte, ist eher ein Sonderfall.9 Freilich fand auch Simplikios nichts dabei, Epiktets Encheiridion zu kommentieren und als wichtige Stufe innerhalb des Platonischen curriculum jener praeparatio philosophica zu empfehlen, die dann in Boethius’ Consolatio philosophiae literarisch geworden ist.10 Auch das Personal in Plutarchs Dialogen zeigt, dass ein Bekenntnis zu Platons Schule einem freundschaftlichen Umgang mit Anhängern anderer philosophischer Schulen – sogar mit Epikureern – nicht abträglich sein musste. Es gab in der Tat trotz großer Gegnerschaft auch Affinitäten, welche vor allem Ethisches betrafen. Sogar die epikureische Lustlehre, welche aristotelisch verkleidet als Begleitphänomen jener geistigen Erkenntnis betrachtet wurde, die zur erstrebten Angleichung an Gott führen sollte, wurde bisweilen nicht völlig abgelehnt, wie noch der Philebos-Kommentar des Damaskios belegt.11 Aber auch schon früher, wie z. B. in manchen Traktaten Plutarchs, wird Orientierungshilfe für das Leben gegeben und werden Techniken von Affektbeherrschung thematisiert, die an hellenistische Vorbilder erinnern. Wie diese sieht auch der Platoniker Plutarch in Philosophie nicht zuletzt eine Hilfe, die allem im Leben Maß und Angemessenheit verleihen soll.12 Dies soll im Folgenden am Beispiel des ejpilogismov~ gezeigt werden, den man – obgleich seine methodische Entwicklung durch die Epikureer nicht übersehen werden sollte – mit Platon in Verbindung gebracht hat. Zunächst jedoch einige allgemeine Bemerkungen zur Rezeption hellenistischen Gedankengutes im Platonismus. Die Legitimation für ihre Aufgeschlossenheit gegenüber anderen philosophischen Traditionen, vor allem im Bereich praktischer Ethik, und für ihre Bereitschaft, diese Lehren zu rezipieren, zu transformieren und zu integrieren, suchten und konnten die Platoniker bei Platon selbst in seinen Dialogen finden.13 Die so6 7 8 9 10 11 12 13

Vgl. Iul., epist. 89 b; vgl. Aug., epist. 118,12. Vgl. Erler (2009b). Vgl. die wichtigen Beobachtungen von Baltes (2000), bes. 107 f. Vgl. Isid., fr. 109, p. 85,14–87,7 Zintzen. Vgl. Erler (1999). Vgl. Dam., in Plat. Phil., fr. 190, p. 88 ff. West. = Epic., fr. 416 Us. Vgl. Roskam (2005) bes. 220–363. Vgl. Erler (2009c), bes. 61–64.

Hellenistische Elemente in der platonischen praeparatio philosophica

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kratisch-platonische Auffassung von Philosophie als Sorge um die Seele bot späteren Schulen des Hellenismus ausgesprochen (Stoa) oder unausgesprochen (Epikureismus) durchaus methodische Anknüpfungspunkte für eigene theoretische Erwägungen und praktische Anwendungen. Diese sokratisch-platonische Filiation wiederum erleichterte es späteren Platonikern, ihrerseits auf Weiterentwicklungen durch konkurrierende Schulen zurückzugreifen – erkannten sie dabei doch ursprüngliche sokratische Ingredienzien wieder. Es sei beispielsweise an die Platonische Transformation des politischen Parrhesiebegriffes und seine Integration in die ‚wahre Politik‘ des Sokrates erinnert, wie sie der Gorgias thematisiert und die Dialoge allgemein vorführen. Diese Vorstellung von Philosophie als ‚wahrer Politik‘ antizipiert in leicht modifizierter Funktion das philosophisch-pädagogische Konzept epikureisch-praktischer Ethik,14 welches wiederum in der Kaiserzeit bei Platonischen, aber auch christlichen Autoren auf Interesse stößt. Hilfreich für die Legitimation einer Rezeption hellenistischer Methode war zudem jener Facettenreichtum der Dialoge, der bisweilen scheinbar unterschiedliche Auffassungen zur Sprache bringt. Diese wurden von späteren Interpreten aber alle auf Platon zurückgeführt, also nicht gegeneinander ausgespielt, sondern miteinander harmonisiert.15 Er konnte daher Interpreten verschiedener Provenienz als Angebot erscheinen und in vielfältigen Kontexten aufgegriffen werden. Es sei hier an die unterschiedliche Bewertung äußerer Güter bei der Diskussion der Eudaimoniefrage oder an die verschiedenen Seelenmodelle erinnert. Wenn z. B. im Phaidon oder Protagoras die Seele als reine ratio aufgefasst scheint und Sokrates im Phaidon auf dieser Grundlage angesichts des Unglücks eine antitragische, affektfreie, rein auf ratio basierende Haltung vorführt, dann konnte und wurde dies von den Stoikern als Antizipation ihrer ajpavqeia-Lehre verstanden, welche dann wiederum von späteren Platonikern als Rezeption Platonischer Vorstellungen durchaus ernstgenommen wurde; wenn andererseits in Dialogen, wie z. B. der Politeia, ein Seelenmodell geboten, durch Verhaltensweisen illustriert und positiv bewertet wird, bei dem Affekte in kontrollierter Form akzeptiert sind, dann legitimiert dies die Vorstellung von der metriopavqeia, wie sie sich bei Aristoteles, dann aber auch bei den Epikureern findet, denen es um eine Seelentherapie ging. Entsprechende Methoden wurden dann von späteren Platonikern aufgegriffen und für eigene Zwecke genutzt. Ein gutes Beispiel für die Anknüpfung des Platonismus an Vorstellungen hellenistischer Schulen ist jene oJmoivwsi~ qew/' als Zielvorgabe für Platons praktische Ethik, die laut diesem in einer Reinigung und Transformation des geistigen Selbst des Menschen besteht. Es sei daran erinnert, dass eine für das platonische oJmoivwsi~Konzept besonders wichtige Stelle im Timaios (90 b-d) für Aristoteles in der Niko­ machischen Ethik (1177 b 33) Anlass zu eigenen Überlegungen über ethische Zielvorgaben war. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass das an gleicher Stelle im Timaios angebotene Alternativprogramm einer Pflege des sterblichen Selbst hellenistische oder stoische Vorstellungen antizipierte.16 Diese alternative Vorgabe für 14 15 16

Vgl. Plat., Gorg. 521 d f.; vgl. Erler (2008). Vgl. Boys-Stones (2001), bes. 99–150. Vgl. zum oJmoivwsi~-Konzept Sedley (1997); erweiterte Version Sedley (1999); vgl. Erler (2002b).

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‚Seelentherapie‘ erlaubte es wiederum späteren Platonikern, die damit verbundenen Techniken der Pflege des sterblichen Selbst und der Lebensbewältigung im Diesseits als Weiterentwicklung platonischer Vorstellungen zu verstehen und zu übernehmen. Dies geschieht freilich nach Maßgabe einer ‚Hierarchisierung‘, welche durch die platonische Einschätzung von Diesseitigkeit und Jenseitigkeit und einer dadurch konditionierten Beurteilung von Tugend und Methoden der Selbstpflege bestimmt ist.17 Weil dies als Rahmenbedingung für die Rezeption fremden Gedankengutes und die Ethik der Kaiserzeit von genereller Bedeutung ist, hierzu wenige Bemerkungen. 2. ‚SCHWERE VÖGEL‘: REZEPTION HELLENISTISCHER UND INSBESONDERE EPIKUREISCHER PHILOSOPHIE IM PLATONISMUS18 In der Tat werden die hellenistischen Techniken praktischer Ethik im platonischen Kontext infolge der bei Platon veränderten Zielvorgabe – Pflege des unsterblichen Selbst statt einer Pflege des sterblichen Selbst – von einem Selbstzweck in der hellenistischen Tradition zu einer praeparatio platonica degradiert und untergeordnet. Als wichtige Rahmenbedingung fungiert hierbei Platons Unterscheidung gewöhnlicher Tugenden von den reinen, wirklich philosophischen Tugenden (Phd. 69 b, 82 a f.), deren Erwerb und Pflege unterschiedliche Techniken zugewiesen werden, wobei diejenigen hellenistischer Provenienz auf den Bereich des sterblichen Selbst, der gewöhnlichen Tugenden und der Bewältigung des Diesseits beschränkt bleiben. Diese von Platon vorgegebene Hierarchisierung der Tugenden spielt dann im kaiserzeitlichen Platonismus eine zunehmend wichtige Rolle,19 erleichtert die Rezeption und Integration nützlich erscheinender Elemente aus anderen philosophischen Kontexten. Es ist also kein Zufall, dass sich im kaiserzeitlichen Platonismus gerade auf dieser untergeordneten Stufe des platonischen Weges zu oJmoivwsi~ qew/' und Eudaimonie Ingredienzien nicht nur aristotelischer, sondern vor allem stoischer, aber auch epikureischer Vorstellungen finden. Eine funktionalisierende Integration des Gedankengutes dieser Schulen findet sich bei Mittelplatonikern wie Plutarch ebenso wie bei Plotin und späteren Platonikern. Dabei ist die Quellenfrage bisweilen ein Problem, und man wird auch mit der Integration allgemeinen philosophischen Bildungsgutes rechnen müssen, was z. B. anhand des Personals in Plutarchs Schriften manifest wird. Immerhin wurden Kenntnisse hellenistischer Philosophie nicht zuletzt in den Schulen vermittelt. In diesem Zusammenhang sollten auch Anpassungsbestrebungen an den kulturellen Kontext in Rom, jedenfalls was den kaiserzeitlichen Platonismus und seine Ethik angeht, nicht unberücksichtigt bleiben. Denn diese Anpassung führt zu besonderen Akzentuierungen im Bereich der praktischen Ethik, wie Macrobius’ Kommentar zum Somnium Scipionis zeigt, insofern 17 18 19

Vgl. Dihle (1966) 646–796, bes. 678 ff. Dieser Teil greift Überlegungen auf aus Erler (2009b), bes. 59 f. Vgl. Porph., Sent. 32; vgl. Thiel (1999).

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bei ihm römischen Vorstellungen entsprechend die platonische Abwertung der politikh; ajrethv gegenüber der theoretischen ausgeglichen wird.20 Für diese hierarchisch abwertende, aber nicht gänzlich ablehnende Haltung gegenüber hellenistischer – auch epikureischer – praktischer Ethik findet Plotin ein schönes Bild, wenn er nicht zuletzt mit Blick auf die starke Diesseitsorientierung bestimmter Schulen wie Stoa oder Epikureismus von ‚schweren Vögeln‘ spricht, ‚die zu viel von der Erde aufgenommen haben und nicht hoch fliegen können‘. Dennoch befanden sich seiner Ansicht zufolge sogar die Epikureer auf dem richtigen Weg, das gute Leben zu finden, haben freilich auf halbem Weg halt gemacht.21 Doch hindert das weder Plotin noch andere Neuplatoniker, sich bestimmter Vorstellungen jener ‚schweren Vögel‘ zu bedienen, vor allem wenn es um praktische Philosophie im Diesseits als Vorbereitung für das Jenseits geht. Dies gilt sogar für die epikureische Lustlehre.22 Lust spielt nämlich auch bei Plotin eine Rolle, freilich nur in katastematischer Form und als Begleitung des Guten. Porpyhrios scheut sich nicht, in einem Brief, in dem er seine Mutter Marcella zur Philosophie auffordert, neben platonischen auch epikureische Vorstellungen einfließen zu lassen. Noch für Damaskios wird jede naturgemäße Tätigkeit von katastematischer Lust begleitet. Auch in der neuplatonischen Gebetstheorie des Proklos, die als Teil praktischer Ethik angesehen wird, lassen sich epikureische Ingredienzien nachweisen. Proklos löst eine Aporie Platonischer Gebetstheorie, auf die schon der Epikureer Hermarchos hingewiesen hatte – man muss beten, damit man richtig beten kann –, indem er sich epikureischer Vorstellungen vom Gebet als Meditation bedient, bei dem das Gute kein von außen kommendes Ergebnis ist, sondern gerade im Vollzug des Gebetes, also in der Pflege des Selbst, besteht.23 Das Gebet wird damit – wie bei Epikur – zu einem Element der praeparatio philosophica des neuplatonischen philosophischen Curriculum, insofern sie als Technik der Affektkontrolle der Öffnung für eine weitere Belehrung dienen soll. Freilich gilt sie – anders als bei Epikur – bei den Platonikern nur als eine erste Stufe auf dem Weg zur oJmoivwsi~ qew/.' 3. EPIKUREISCHE METHODE IN PLUTARCHS PRAKTISCHER ETHIK Die Übernahme hellenistischer Techniken praktischer Lebensbewältigung wird besonders gut bei Plutarch deutlich. Das soll im Folgenden an einer Methode praktischer Affektbehandlung illustriert werden, die besonders im Epikureismus entwickelt und praktiziert wurde. Zwar scheint Plutarch im Umgang mit Epikurs Lehre wenig aufgeschlossen und souverän:24 Er vertritt als guter Kenner epikureischer Lehre Standpunkte, die mit Epikur unvereinbar sind, und nimmt bisweilen nur aus 20 21 22 23 24

Vgl. Zintzen (2000); vgl. zur Aufwertung politischer Tugenden auch im Platonismus O’Meara (2003). Vgl. Plot. V 9,1,1–16; vgl. O’Meara (1999), bes. 86 f. Vgl. O’Meara (2000), bes. 249. Vgl. Erler (2001). Vgl. Boulogne (2003); vgl. Roskam (2006/7).

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strategischen Gründen dessen Auffassung an, um ihm Selbstwiderspruch nachzuweisen.25 Seine Schriften illustrieren zudem, dass und wie gemeinsame Lektüre von Werken der Epikureer und ihre kritische Diskussion Bestandteil des Unterrichtes in seinem Kreise waren.26 Gleichwohl sind auch bei Plutarch gerade im ethischen Bereich Konvergenzen mit Techniken epikureischer Provenienz zu beobachten, die mit stoischen Vorstellungen konvergieren und möglicherweise schon zum Bestandteil einer Art ‚praktisch-ethischen Koine‘ im Platonismus geworden sind. Denn wie andere weiß auch Plutarch Epikur als Person und seiner Lebensführung durchaus positive Züge abzugewinnen: ‚Wenn sie (scil. Epikureer) völlig falsch lagen mit ihrer Meinung […] und ihrer Behauptung, es gebe niemanden, der weiser sei als Epikur, so darf man doch den bewundern, der eine solche Zuneigung auf sich zog.‘27 Im Folgenden soll die Anwendung einer praktischen Technik im Bereich der Behandlung von Affekten wie Zorn in einigen Schriften Plutarchs besprochen werden, der sogenannte ejpilogismov~.28 4. FALLSTUDIE: EPIKUREISCHER ejpilogismov~ BEI PLUTARCH 4.1 Epikureischer ejpilogismov~ als Methode praktischer Ethik Beim ejpilogismov~ handelt es sich um jene Technik praktischer Lebensbewältigung, die bei den Epikureern in der Erkenntnistheorie, aber auch in der praktischen Ethik eine gewisse Rolle spielte. Denn die epikureische Epistemologie gibt nicht nur Mittel und Wege an, um zuverlässige Informationen über den Bereich der Empirie und damit über die Grundlagen seiner Philosophie zu gewinnen. Sie kann ebenso zu einer Betrachtung der Natur verhelfen, welche dem Betrachtenden eine besondere Disposition verleiht, die megalofrosuvnh oder magnitudo animi.29 Zu den hierfür empfohlenen Verfahren (Lucr. IV 379–385) gehört der sogenannte ejpilogismov~. Schon die Wortbildung deutet an, dass es sich dabei um einen abwägenden Vernunftprozess (logismov~) unter Zugriff (ejpiv) auf empirische Fakten handelt. Zahlreiche Stellen bei Epikur und späteren Epikureern zeigen nun, dass der ejpilogismov~ auch im ethischen Kontext praktiziert wird: Im 28. Buch von De na­ tura30 führt Epikur aus, dass sich die Wahrheit einer Meinung oder eines Urteils aus Nutzen oder Schaden durch Verhaltensweisen ergibt, die auf eben dieser Meinung oder diesem Urteil gründen. Deshalb empfiehlt er, zur Beurteilung diese Verhal25 26 27 28 29 30

Vgl. Plut., frat. am. 16 = mor. VI 487 D = Epic. fr.178 Us. Vgl. Plut., Adv. Col. (mor. XIV 1107 D ff.); vgl. Non posse suaviter vivi secundum Epicurum (mor. 1086 C ff.). Vgl. Plut., frat. am. 16 = mor. VI 487 D. Vgl. zum ejpilogismov~ Arrighetti (1952); vgl. Schofield (1996); das Folgende orientiert sich an Erler (2003). Die Stoiker nannten diesen Zustand magnitudo animi, vgl. Stob. II 60,9 W.-H. (=SVF III 264 von Arnim); Sen., nat. I 6; ep. 117,19. Eine ähnliche Vorstellung liegt bei den Epikureern ohne Terminus zugrunde, vgl. Epic., Sent. Vat. 35; Lucr. III 14 ff.; Cic., Luc. 127. Vgl. Epic., nat. 28, fr. 13, col. VII sup. 13 – col. VIII inf. 14 (Sedley).

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tensweisen zu betrachten und auf Nützlich- bzw. Schädlichkeit hin zu untersuchen. Eben dieses Verfahren nennt Epikur ejpilogismov~. Es findet sowohl im ethischen Bereich bei der Überprüfung moralischer Vorstellungen, die unmittelbar zu einer Handlung führen (dovxa praktikhv), Anwendung, wie auch im Bereich der Theorie (dovxa qewrhtikhv). Aber ebenso könnten, wie Lukrez eindrücklich vorführt, Fehlurteile über die a[dhla epikureischer Physiologie zu nachteiligem Verhalten führen.31 Wesentliches Merkmal der als ejpilogismov~ bezeichneten Prüfungsmethode ist also ihr Bezug auf empirische Fakten. Sie steht für ein Verfahren, bei dem es um richtige Entscheidungen und eine Wahl geht, die für Handlungen grundlegend und für das Ziel, Lust und Zufriedenheit zu gewinnen, entscheidend ist. Es geht darum, aus empirisch beobachtbaren Verhaltensweisen Rückschlüsse auf die Qualität des Urteils zu ziehen, das zu dieser Verhaltensweise führt. Deshalb wird oft gefordert, man solle sich bestimmte Phänomene vor Augen halten, um Meinungen oder Empfindungen beurteilen zu können. Dabei muss es sich nicht notwendig um eine unmittelbare Erfahrung handeln,32 hilfreich ist auch der in der Erinnerung gespeicherte Erfahrungsschatz. Mit dem ejpilogismov~ lernen wir also eine Prüfungsmethode kennen, die zur Beurteilung von Meinungen und Affekten dient. Dieses Verfahren wird nun von Epikureern in praktisch-ethischen Traktaten angewandt, wie etwa von Philodem in seiner Schrift De ira. Dort erläutert dieser, dass die üblen Folgen des Affektes in physiologischer Hinsicht und im Verhalten einen Schock (frivkh) hervorrufen und Anlass für eine angemessene Bewertung des Affektes sein sollen. Denn die von Zorn Befallenen sind sich der Gefahren oft nicht bewusst, haben sie völlig vergessen oder die Folgen nicht einem ejpilogismov~ unterzogen, wie Philodem betont, d. h. sie haben die empirisch nachweisbaren Konsequenzen des Zorns nicht als Material für eine angemessene Bewertung des Affektes genutzt und infolgedessen nichts gegen ihn unternommen. Deshalb muss man sich die nachteiligen Wirkungen des Affektes vor Augen halten.33 Unter Rekurs auf Phänomene – sei es in der Physiognomie, sei es im Verhalten – wird also eine Bewertung des Affekts, d. h. eine richtige Meinung über ihn ermöglicht. In einer vorbereitenden Funktion ist Schrecken als notitia peccati oder contritio cordis und damit als initium salutis34 aufgrund des Lustkalküls gerechtfertigt. Es geht darum, empirisch wahrnehmbare Symptome des Affekts aufzuzählen und für seine Beurteilung fruchtbar zu machen. Und eben dies wird in Philodems De ira vorgeführt, wo Schaden (blavbh) und Schande (aijscuvnai) als Folgen des Affekts aufgezählt werden. ‚Beurteilung einer reinen Form des Affekts mit Blick auf seine empirischen Folgen‘: Dies wurde von Philodem als Vorbereitung für die Therapie angesprochen und dies führt er im Traktat über den Zorn – aber auch anderswo – vor.

31 32 33 34

Vgl. z. B. Lucr. IV 1037 ff. Vgl. Sent. Vat. 35; vgl. zum Verfahren Tsouna (2003). Vgl. Philod., De ira, col. 3 ff. Indelli, bes. col. 3,6–25; col. 4,4 ff. Vgl. Sen., epist. 28,9 = Epic., fr. 522 Us. Zur contritio cordis vgl. Schmid (1957).

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4.2. ejpilogismov~ bei Plutarch Was die Epikureer in Traktaten diskutieren, wird nun vom Platoniker Plutarch in einigen seiner Abhandlungen über Probleme praktischer Ethik nicht nur aufgegriffen, sondern auch thematisiert. Denn therapeutische Schriften aus dem platonischen Kontext, wie Plutarchs De cohibenda ira oder De garrulitate, weisen bemerkenswerte Parallelen auf und zeigen, dass die ‚epikureische Methode‘ Tradition gebildet hat. Vor allem Ingenkamp hat diese Schriften einer eingehenden Analyse unterzogen und mit Platon in Verbindung gebracht.35 Dabei scheint mir aber auch der Zusammenhang mit den Techniken der hellenistisch-praktischen Ethik, z. B. derjenigen Epikurs, hilfreich zu sein. Deshalb seien einige ergänzende Bemerkungen erlaubt: Auch Plutarch geht es nämlich um eine Heilung. Wie Philodem verlangt er als Vorstufe der eigentlichen Affekttherapie, den vom Affekt Befallenen in Schrecken zu versetzen.36 In zwei Schritten soll anschließend der jeweilige Affekt behandelt werden: Zunächst geht es um eine richtige Beurteilung und Bewertung (krivsi~), dann folgt die eigentliche Therapie.37 Denn nur wer Unwillen empfindet, ist geneigt, das zu meiden oder aus der Seele abzustreifen, worüber er sich ärgert. Unwillen als Voraussetzung für die Therapie empfindet aber nur, wer den Schaden erkennt, der aus dem zu beurteilenden Affekt erwächst. Auch für Plutarch besteht der sittlich-psychologische Effekt des ejpilogismov~ im Widerwillen gegen den Affekt. Er wird als ein erster Schritt zur Heilung angesehen, gehört aber noch nicht zur eigentlichen Therapie. Nur derjenige, der sich beständig die empirisch beobachtbaren, schlimmen Folgen des Affekts ‚Geschwätzigkeit‘ vor Augen führt, beginnt die Lust am vielen Reden zu verlieren.38 Wie bei Philodem soll also auch bei Plutarch Unwille unter beständigem Hinweis auf empirisch feststellbare, nachteilige Folgen des zu beurteilenden Affektes bewirkt werden. Auch Plutarch spricht von Schaden und Schimpf, welche ein Verhalten hervorrufen, das auf dem Affekt beruht, wobei Beispiele aus der Erfahrungswelt, aber auch aus der Literatur herangezogen werden. Und auch Plutarch nennt dieses Verfahren ejpilogismov~. Er verwendet es in einer Funktion, die Epikur in De natura für die Beurteilung praktischer Tüchtigkeit empfiehlt und die Philodem in De ira anwendet. Es geht um ein Repetitorium von Nachteiligkeits- bzw. Schadenserwägungen,39 wozu auch standardisierte ejpilogismov~-Erwägungen gehören können. Auch hierfür finden wir Beispiel in Philodems De ira oder in der Schrift Ad contubernales. Plutarch sieht in diesem ejpilogismov~ einen wichtigen Teil der krivsi~.40 Auch seiner Meinung zufolge kann erst dann, wenn das Wesen des Affekts erkannt, in seinen Folgen erfasst und im Hinblick auf sie bewertet ist, die eigentliche Therapie folgen. Die Parallelität der Methode zu Epikurs ejpilogismov~ wird vollends in Plutarchs De cohibenda ira deutlich. Dort berichtet Fundanus von Schäden als Folge des 35 36 37 38 39 40

Vgl. Ingenkamp (1971) bes. 99 ff.; ders. (2000). Vgl. Plut., garr. 15 = mor. VI 510 C; vgl. dazu Beardslee (1978). Vgl. Plut., garr. 16 = mor. VI 510 C-D. Vgl. ib. Vgl. Plut., garr. 23 = mor. VI 514 E. Vgl. Philod., De ira, col. 7 Indelli.

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Affekts ‚Zorn‘ und nennt derartige Hinweise auf empirische Daten ejpilogismov~. Auch Plutarch sieht den Nutzen eines derartigen Verfahrens darin, mittels empirisch beobachtbarer Folgen des Affekts Unwillen und Furcht zu erwecken.41 Ingenkamp hat dieses Verfahren des Platonikers Plutarch mit Bemerkungen Platons in der Politeia in Verbindung zu bringen versucht und auf dessen Ausführungen über die kathartische Wirkung von Unwillen und Furcht in den Nomoi verwiesen, die in der Tat Sokrates’ Gesprächspartner angesichts der Aporie befallen.42 Dies sind tatsächlich interessante Bezugspunkte und mögen später dazu dienen, die Methode als platonisch zu legitimieren. Jedoch passen sie eigentlich nicht zu der empirisch orientierten Methode, die Plutarch heranzieht. Zudem sollte nicht übersehen werden, dass der Begriff ejpilogismov~ und das mit ihm verbundene Konzept eines empiriebezogenen Kalküls weder bei Platon noch bei Aristoteles als eigene Methode zu finden sind, sondern erst bei Epikur zu einem wichtigen Terminus seiner Erkenntnistheorie werden. Schließlich war darauf hinzuweisen, dass das durch ihn bezeichnete Verfahren bei den Epikureern eben die Funktion erfüllt, die Plutarch dem Konzept zuschreibt. Es liegt daher nahe, dass der Platoniker Plutarch sich eines Mittels epikureischer praeparatio philosophica bedient. Offenbar ist ihm dieser Zusammenhang durchaus bewusst. Denn in der Consolatio ad uxorem43 setzt er als bekannt voraus, dass das Glück von richtigen ejpilogismoiv, die in einen ausgeglichenen Gemütszustand münden, abhängt, und bedient sich bei der Formulierung epikureischen Kolorits. Aus epikureischer praeparatio philosophica wird somit eine praeparatio platonica. Wir erkennen hier im platonischen Kontext der Kaiserzeit also ein Element hellenistischer praktischer Ethik, die in dem oben skizzierten Sinne ihre Legitimation durch einen möglichen Rekurs auf Platon findet. Derartiges lässt sich gerade in der praktischen Ethik der Platoniker wiederholt finden. Auf das im Epikureismus angewendete pädagogische Konzept der Parrhesie, welches offensichtlich der platonischen Transformation des politischen Begriffs in ein therapeutisches Konzept, z. B. im Gorgias, folgt und dann im paganen Platonismus wie in christlichem Kontext eine wichtige Rolle spielt, haben wir bereits hingewiesen. Es lohnt sich, nicht nur bei Plutarch eine derartige Spurensuche im Kontext praktischer Ethik zu machen. ABSTRACT The philosophy of the imperial period is not least characterized by successive discovery of transcendency, by revival of Platonism, striving towards the other world, and the effort of the philosophers to back the human souls in trying to return to their transcendent homeland. Nevertheless Platonists expected philosophy to give guid41 42 43

Vgl. Plut., coh. 5–6 = mor. VI 455 E; 7–8 = mor. VI 456 E f; vit. pud. 8 = mor. VII 532 C; vgl. Ingenkamp (1971) 102 ff. Vgl. Ingenkamp (1971) 89 ff.; vgl. Plat., Leg. 646 e; vgl. die kathartische Wirkung der Ratlosigkeit Apol. 23 c; Hp. mai. 286 d 2–4. 292 a-b; Tht. 168 a 2–7; Soph. 230 b 8–c. Vgl. Plut., cons. 9 = mor. VII 611 A.

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ance to a good earthly life, as well. So Socrates’ ethical philosophy understood as true politics remained important. It is remarkable that in the very realm of Platonic ethical philosophy can be observed the willingness to benefit from other schools like those of the Stoics or of Epicurus who conceived their philosophy as ars vitae in this world. The sources of those ideas, however, were not always revealed. In this essay at first will be given the borderlines by making some general remarks about the reception of hellenistic influence on Platonism. Afterwards using the example of Plutarchus will be shown in outlines how guidance of life could not least be given by techniques of emotional control, that remind of hellenistic patterns.

PREPARING PLATONOPOLIS – POLITICAL PHILOSOPHY IN MIDDLE PLATONISM Dominic O’Meara, Fribourg On reading the above title the reader might legitimately object to the implication that the Platonists of the first centuries A.D. (whom we name ‘Middle’ Platonists) simply prepared the way, that they were simply a Vorbereitung for Neoplatonism, in the present case precursors of the project of founding ‘Platonopolis’, a city organized “according to Plato’s laws”, conceived but never realized by Plotinus.1 However, even such an approach may have its uses (we have evoked above an important book by Willy Theiler2). And to the extent that the Platonists of late Antiquity, before and after Plotinus, show a continuity of school tradition in which Plotinus appears as somewhat exceptional, it seems reasonable to regard the later (Neo-) Platonists as continuing in various respects the work of Middle Platonism, so much so that they can even be of use in bringing out and explaining aspects of Middle Platonism which would otherwise remain neglected or unclear. It is thus for this heuristic reason that I propose, in the following pages, to discuss political philosophy in Middle Platonism by approaching it from the point of view of a reconstruction of political philosophy in Neoplatonism that I have attempted in an earlier work.3 It is my hope that this procedure will be of use, not only in identifying and organizing what evidence we can find for political philosophy in Middle Platonism, but also in understanding it. In this paper I will not attempt to provide an exhaustive account, but will limit myself to the study of some exemplary texts, in particular the handbooks of Alcinous and Apuleius. A further provocation in the title of this paper is perhaps the mention of ‘political philosophy’. Without seeking to justify this expression in relation to what it might mean today, I will simply speak of ‘political philosophy’ as it was so named and understood by Middle Platonists, how they defined it, what its place was among the philosophical sciences, what they believed its purpose and contents were. 1. The integration of a division (of Aristotelian origin) of the philosophical sciences into theoretical and practical sciences (of which the latter include ethics, economics and politics) in the systematization of Platonic doctrine in Middle Platonism in1 2 3

Porph., Plot. 12. Theiler (1930). O’Meara (2003).

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volved the presentation of Platonic doctrines for each of these sciences, including politics.4 The Aristotelian division could be combined with the Hellenistic division of philosophy (more common in the period) into ethics, physics and logic5 in such a way that ethics, as concerning practical philosophy, included the three practical sciences of the Aristotelian division. An example of this is provided by Alcinous’ Handbook of Platonism, ch. 3.6 We can find other witnesses to the Aristotelian division in Middle Platonism, for example in Albinus’ Prologue (ch. 6), which refers to theological, physical, ethical, political and economic matters (151,1–2). In later Neoplatonism the Aristotelian division of the sciences came to dominate, probably due in large part to Iamblichus’ systematization of the philosophical curriculum.7 However, while following the Aristotelian division of the sciences, later Neoplatonists also report, in their introductions to philosophy, that Platonist philosophers criticized the validity of the division of the practical sciences into ethics, economics and politics.8 These critics claimed, among other things, that the division is merely quantitative (the three sciences concerning the individual, the household and the state) and therefore not a division into truly different sciences. There is one practical science, whether it applies to one or more individuals. These same critics, we are told, wished to replace the Aristotelian division with another, derived from Plato himself (in the Gorgias 464 b), the division of political science into legislative science and judicial science. The later Neoplatonists who inform us about these critics also attempted to reconcile in various ways and thus harmonize the Aristotelian and Platonic divisions which the critics wished to oppose. These critics are not named, but we might wonder if they date to an earlier period, since much of the material used by the later Neoplatonists in this context is inherited through a long-standing scholastic tradition. Might the debate have its ultimate roots in Middle Platonism? Although it is hard to be sure about this, one might at least note that the handbook On Plato and his Doctrine attributed to Apuleius assigns (I 3, 187) the Hellenistic division of philosophy to Plato (philosophia naturalis, rationalis, moralis) and, when dealing with moral philosophy (II 1 ff.), introduces (II 8–9, 231–233) the passage from Plato’s Gorgias (464 b) where ‘political’ science is distinguished from rhetoric and divided into the legislative and the juridical (legalis, iuridicialis). What then is the relation between moral and political philosophy in Apuleius? The relation is not discussed as such in the text, but it seems that political philosophy 4

5 6 7 8

By speaking of an ‘Aristotelian’ division I wish to avoid attributing it to Aristotle himself, although it can be derived for the most part from his works and characterized ancient editions of his works. If Aristotle calls the science developed in the E. N. ‘political science’, he refers elsewhere to the ‘ethical works’ (Met. 981 b 25–27) and distinguishes between political and economic science in the E. E. 1218 b 13 f. For more on the Aristotelian background to this division and its appropriation in Middle Platonism, cf. Moraux (1984) 452; Dörrie/Baltes (1996) 215; Reis (2007) 106 f., who also suggests that the Middle Platonic curricula evolved in the context of competition with Aristotelian schools. On this division see Bonazzi’s paper in this volume. Dörrie/Baltes (1996) 10–12. References given in O’Meara (2003) 54–55. References in O’Meara (2003) 56.

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concerns not only a community of individuals, but also the individual soul (II 9, 232). It thus looks as if moral and political philosophy are not seen as separate branches of practical philosophy, but tend to coalesce. We are thus not far from the position of the critics mentioned by later Neoplatonists, even if we do not find an explicit rejection of the Aristotelian division of practical philosophy. But if political philosophy is just a part, and not the whole of practical philosophy, how is it then distinguished from the other parts? Atticus, a Platonist very critical as we know of Aristotelianizing tendencies in Platonism, explains the distinction as if it were indeed merely quantitative, concerning different numbers of people, and as if there were just one practical science: The first [part] of philosophy makes each of us fine and good and improves whole households for the best and indeed orders the whole people by means of an outstanding constitution and the most accurate laws.9

However, Alcinous’ Handbook explains the distinction between parts slightly differently: Of practical philosophy, one [part] is concerned with the care of morals (h[qh), another with the administration of the household, another with the state and its preservation (ch. 3).

The distinction, as formulated here, may not simply be quantitative, but suggests different sorts of activities: care (ejpimevleia), administration (prostasiva) and preservation of the state (swthriva). It is Aristotle’s own view that domestic ‘rule’ is different from political rule (Pol. I 7). Alcinous provides later in his Handbook (ch. 34) another description of political virtue: Politics, then, is a virtue which is both theoretical and practical which chooses to render a state good, happy, of like mind and concordant. It exercises a directive role, and has as subordinate to it the sciences of war and generalship and the administration of justice. Politics concerns itself with a vast array of subjects, but above all the question of whether or not one should make war.10

2. It is noted elsewhere in this volume11 that the question of the division of philosophy into parts and the ordering of these parts was not merely a matter of didactic approach: it also involved fundamental issues concerning the nature, emphases and orientation of philosophy. The primacy given in the Aristotelian division to the theoretical sciences (and among them to metaphysics or ‘theology’) in relation to the practical sciences (and logic) served to express in Platonism the primacy of the life of qewriva, of knowledge of transcendent divine causes, a sharing in divine felicity which constituted for Platonists the goal (tevlo~) of philosophy. If the divinization of man can be considered to be the aim of most Greek philosophical schools, 9 10 11

Fr. 1,2 des Places. I cite the English translation by Dillon (1993), slightly modified. Dillon (1993) 208 refers us for this passage to Plato’s Statesman 303 d-305 e. Bonazzi.

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the form it took in Platonism, as “assimilation to god as far as possible” (Tht. 176 a-c),12 related specifically to Platonists’ conceptions of the divine (as transcendent, immaterial, consisting of different ontological grades), of human nature and of what this nature is capable. In general we may say that philosophy, for Platonists, was strongly directed to the attaining of a transcendent divine life by the highest, divine element in man, reason. This seems to be what is achieved in (or through) the highest part of theoretical science, ‘theology’. But what then are the functions of the other, lower parts of philosophy, in particular the practical sciences and among them political philosophy? If all philosophy is directed to assimilation to the divine, and political science is part of philosophy (albeit a subordinate part), then it would seem to follow that political science must have some function in this assimilation. Albinus in his Pro­ logue does tell us that both the theoretical and the practical life (and so consequently the theoretical and practical sciences) are directed to “assimilation to god” (151,3 f.), but he does not elaborate on this, and we must look elsewhere for further information. Apuleius suggests (I paraphrase the passage) that the sage will emulate the divine life in his life (II 23, 252 f.). This means that he will manifest virtues: justice, piety, prudence (a text close to Tht. 162 b 1–2). Thus he will follow what is approved by gods and men, not only in his knowledge, but also in his action. Apuleius seems to be pointing to the following idea: by leading a practical life characterized by the virtues, the sage leads a life which images divine life. Apuleius also tells us that the life of god is not only a life of knowledge, but also a life of providential action: so the sage is divine-like not only through knowledge, but also in acting, acting, we may infer, in some way providentially. From this passage it seems clear then that practical philosophy is assimilation to god in that it involves virtues which are imitations of divine life and in that it imitates the providential action of divine being.13 In Alcinous’ Handbook (ch. 2) the explanation of the relation between the theoretical and the practical life is somewhat different. While stressing the superiority of the theoretical life as a goal, Alcinous has this to say of the practical life: Action (pra'xi~), on the other hand, and the practical, being pursued through the body, can be subject to external hindrance, and would be engaged in when things demand it, by practising in relation to human morals (h[qh) what is seen in the theoretical life. For the good man (spoudai'o~) will enter upon public life (ta; koinav) whenever he sees it being conducted badly … considering as necessitated by circumstances (peristatikav)14 serving as a general, or on a jury … while he would reckon best in the sphere of action, and primary on that level, such activities as lawgiving, and the establishment of constitutions, and the education of the young. It is proper, then … for the philosopher by no means to abandon contemplation, but always to foster and develop this, turning also (kaiv) to the practical life as something which follows (wJ~ eJpovmenon).15 12 13 14 15

See the papers by Lavecchia and Männlein-Robert in the present volume. In describing political science earlier, at II 8, 232, Apuleius already mentions a providentia … civilibus rebus. Compare Plot. I 2,7,19–21. Translation from Dillon (1993), modified.; the first lines are in Dörrie/Baltes (2002) 62–64.

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The practical life arises from the necessities of corporeal existence and can be guided by “what is seen” in the theoretical life, by which Alcinous probably means the transcendent Forms functioning as models. The good or wise man will enter politics, as Plato had suggested (Resp. 347 b-c), to prevent bad governance. He will exercise various functions, preferring legislation and education, and doing this as consequent on, and subordinate to, his contemplative life. Our two authors thus consider that the practical life and the practical virtues that it can develop (hence the need for practical philosophy) constitute a subordinate form of assimilation to the divine, in that such a life, if virtuous, imitates transcendent realities and is thus an imitation of the divine. It is a life imposed by corporeal existence and subject to hindrance and circumstances. The good man will want to become involved in political life for various reasons: negative, to prevent bad rule, positive, as imitating the providential rule exercised by the gods, assimilating himself in this way also to divine life. He will prefer legislation and education, and his action will (in some sense) be a ‘consequence’ (eJpovmenon) of his theoretical life, perhaps in the sense that his action depends on the inspiration, the models or guidelines for political action provided by the theoretical life. All of these ideas will be taken up again by Plotinus and by later Neoplatonists.16 But what seems to be missing – looking back on Middle Platonism from the perspective of Plotinus – is the idea that the practical virtues (Plotinus names them the ‘political’ virtues) are required as a stage in bringing the soul to higher virtues and to a greater assimilation to the divine.17 Plotinus’ scale of virtues (the ‘political’ and the higher virtues) gives new importance to the dynamic process whereby soul can move from lower to higher levels of life; it shows how we can become the wise man (spoudai'o~) of whom Alcinous speaks. In describing the ‘political’ virtues, Plotinus has in mind the inner republic of the soul, but beginning with Porphyry, these virtues are understood by later Neoplatonists as also concerning the outer republic, the political community.18 It is said repeatedly by modern scholars that this is a Roman touch. But is Porphyry more Roman than Plotinus? After all, both psy­ chê and polis are concerned by the virtues described in Plato’s Republic which Plotinus names as ‘political’. 3. In Plato (and in Aristotle) we can say that the polis was seen in a moral light, as the context in which citizens could be educated in the virtues and attain a good life, or be corrupted in their youth and destroy (and be destroyed) through the chaos of their desires. The polis should therefore be both the source of moral education and the place of a moral and good life. How then should the polis be organized so as to achieve these ends as far as possible? 16 17 18

On practical virtue as image of divine life cf. O’Meara (2003) 41, and 78, on the philosopher as imitating divine providence. On the scale of virtues see Linguiti’s paper in the volume. Cf. O’Meara (2003) 44–49.

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The moral aspect of Plato’s political projects was clear to Middle Platonists, and can be felt already in the definition Apuleius provides (II 24, 255–256) of a civitas: A civitas is a community of many men in which some are rulers, others subordinate, consonantly joined to each other, providing benefit and assistance to each other, moderating their functions by the same laws, which are just. And this city will be one, within the same walls, such that the minds of its inhabitants will be given to wanting and rejecting the same things.

This is not a descriptive definition covering all known political communities: it refers to a good city, what a city should be, and the passage continues as an account of the ideal city of the Republic. The definition itself goes back ultimately to Plato and mentions two key features of Plato’s concept of a good state: consonance (sumfwniva) and being of one mind (oJmovnoia).19 Our Middle Platonic handbooks do not omit, in the sections concerning practical philosophy, to summarize, more or less adequately, aspects of the various cities, ideal or corrupt, elaborated in Plato’s Republic and Laws.20 The relation between the good city of the Republic and that of the Laws is described by Alcinous as the relation between a ‘non-hypothetical’ and a ‘hypothetical’ city (Handbook, ch. 34). The good city of the Republic seems to be ‘non-hypothetical’ in the sense that it is not limited by certain preconditions such as being at war, or being situated in a specific area (rural, coastal, etc.), or being made up of citizens with particular natures, conditions which characterize the ‘hypothetical’ city of the Laws. This distinction between ‘non-hypothetical’ and ‘hypothetical’ cities seems to be ultimately inspired by the distinction made in the Laws (739 b-c) between a divine city (of the gods or of children of the gods), a second best city (that sketched in the Laws) and a third best.21 There is thus a gradation in the ideal or good states sketched by Plato, and Alcinous identifies the third best city as the ‘emended’ city of Plato’s Letters.22 With this we might compare the way Apuleius relates the city of the Republic to that of the Laws (II 25, 258–259): And indeed he [Plato] wants this city [of the Republic], conceived by him to be a constructed image (figmentum) of truth, as an example. There is also another excellent and just city, also constructed in form and as example, not however lacking in clarity (evidentia), but having already some content (substantia).

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Beaujeu (1973) 305 refers to the (Pseudo-Platonic) Definitions 413 e, 415 c, but the Republic (II–IV) provides enough background to the definition. On oJmovnoia and sumfwniva in the Re­ public see 430 e 3, 432 a 7, 442 c 10–d 1. On Cicero’s definition of the res publica, cf. NeschkeHenschke (2003) 25. Summaries of the Republic and Laws are given in Alcinous ch. 34 and in Apuleius (much more extensive) II 24–27, 255–261. Dillon (1993) 206 (however the city of gods or of children of the gods cannot be simply identified as the ideal city of the Republic). This reappears in later Neoplatonism, in the anonymous Prolegomena to Plato’s Philosophy 26,45–58 (English translation in Dillon [1993] 205), on which see Westerink (1990) 77, n. 226; O’Meara (2003) 92.

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As the following lines in Apuleius make clear, the latter city is that of the Laws, in which a ruler has to work with preconditions, a territory, citizens, in order to fill it with good laws and morals. Between describing the non-hypothetical city of the Republic and the hypothetical city of the Laws, Alcinous inserts a list, in descending order of value, of five constitutional types: the aristocratic (where the ‘best’ rule), the timocratic, the oligarchic, the democratic and the worst, the tyrannical. This list applies to the city of the Republic (the rule of the philosopher-kings) and to the stages of increasing decadence of the city described in the dialogue (Book VIII). But what of the ‘hypothetical’ city of the Laws which Alcinous summarizes after giving his list of five types? Apuleius (II 27, 261) mentions three types of city, naming only two (aristocracy and democracy, the third seems to be oligarchy), and then describes the city of the Laws as a well-tempered mix of the three (ex tribus … temperatus). From this we might infer that the best constitution for a hypothetical city is the mixed constitution of the city of Plato’s Laws. The theory of a mixed constitution is not rare in texts of the Roman imperial period and can also be found, for example, in the Pseudo-Pythagorean literature.23 4. In reading these Middle Platonic handbooks, as they give us potted versions of Plato’s Republic and Laws (with sprinklings from the Gorgias and the Statesman), we might feel that it is all just empty Lehrbetrieb, turning on itself, with no relevance to, or interest in, the real political situation of the Roman empire.24 Since the division of philosophy includes political philosophy, then – imagine ourselves as Middle Platonic teachers! – we must cover it, whether it interests us or not, producing gobbets taken from the relevant dialogues of Plato. Be that as it may, perhaps in the fairly peaceful and prosperous conditions of the second century A.D., when strong municipal governments in the Greek East developed a high standard of living and when philosophers enjoyed considerable prestige, these summaries of Plato’s political works might not have appeared so irrelevant. Plotinus could still plan a Platonopolis in the third century,25 even as economic and political conditions got considerably worse. In the following centuries, as the imperial administration became more and more militarized and Christianized, it must indeed have seemed to the later (pagan) Neoplatonists that their progressive marginalization and exclusion made Plato’s projects for a good state into little more than a dream.26 Yet even under threat in Athens in the fifth century, Pro23 24 25 26

See O’Meara (2003) 105. Beaujeu (1973) 306 f. refers to Cicero and Polybius. Cf. Beaujeu (1973) 304, n. 2. See above note 1; in seeking from the emperor Gallienus a grant of land for a city for those who would live according to Plato’s laws, Plotinus was following Plato’s own example, who, according to Diogenes Laertius (III 21), sought a similar grant from Dionysius the younger. See Dam., in Phil. 171,5–7.

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clus could still exercise political influence.27 And if this became impossible, the philosopher could go into exile, or retreat (hiding behind a wall until the storm passed, to cite an image from the Republic (496 d 7–8) that appealed to the later Neoplatonists Olympiodorus and Simplicius), a retreat to the community of his household and philosophical friends, where he could exercise the political virtues, in himself, in his “inner republic”, and with others,28 as Plotinus had done.29 ABSTRACT In this paper I discuss the treatment of political philosophy in selected Middle Platonic sources, in particular in Alcinous and Apuleius. The way in which political philosophy features in standard divisions of philosophy is discussed, as are the ways in which political philosophy is thought to differ from the other practical sciences (ethics and economics), and the legitimacy of such divisions of practical philosophy. Also discussed are: the relation between political philosophy (as a practical science) to theoretical science and to the overall goal of ‘assimilation to the divine’; the content of political philosophy, a Platonic definition of the state in Apuleius, the relation between the good cities of Plato’s Republic and Laws, according to Middle Platonists, and types of constitutions including mixed constitutions.

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INDICES 1. INDEX LOCORUM Albinos Introductio (ed. Hermann) 5, 149,21–150,12 (= 314 ff. Reis) 6, 151,1–2 284 6, 151,3 f. 286

100

Alexander von Aphrodisias De anima liber cum Mantissa (ed. Bruns) 159–168 142 A. 10 159,28 156 De fato (ed. Bruns) 2–6 (166,1–171,15) 207 A. 59 14 (183,28 f.) 208 A. 61 20 204 A. 49 22 (191,30–192,8) 200 24 204 A. 49 26 204 A. 49 30 (200,24–27) 209 A. 64 31 (202,10 f.) 205 A. 52 Quaestiones (ed. Bruns) 70,1 f 207 A. 60 Alkinoos (ed. Whittaker/Louis) 39, 96, 100, 103, 116, 120, 129, 147, 162, 164 f., 203, 221 2 202 A. 42, 286 2, 152,30–153,15 148 A. 36 2, 152,33–153,2 222 A. 16 2, 153,3–5 222 A. 16 2, 153,5–9 39 2, 153,15–24 223 A. 19 3 284 f. 3, 153, 25–30 30, 221 A. 13, 221 A. 18 10, 164,7–166,14 149 A. 43 10, 164,18–27 122 10, 164,20–31 120 A. 21 10, 164,23–31 39 10, 164, 31 39 10, 164,40–165,4 122 10, 165,5–16 38 14 203

14, 169,35–41 122 23 203 24 203 24, 177,11 261 25, 177,25–29 261 26 204 A. 49 26,1 f. 203 A. 46 26, 179,3–10 224 A. 27 27 155 A. 65, 156, 203 27, 179,35 f. 120 27, 179,35–18,15 147 A. 31 27, 179,35–180,16 147 27, 179,39 f. 120 27, 179,41 120 f. 27, 179,42 120 27, 180,2–4 120 f. 27, 180,5–7 125 27, 180,6 f. 120 27, 180,7 120 27, 180,7 f. 120 27, 180,8 124 f. 27, 180,9–11 121 27, 180,12 120 27, 180,12 f. 120 27, 180,13. 121 27, 180,13–15 120 27, 180,15 120 27, 180,16–18 121 27, 180, 17 f. 122 27, 180, 22 f. 122 27, 180, 27 123, 125 27, 180, 32 123 27, 180, 38 f. 123 27, 180,39 f. 121 27, 180,39–41 147, 149 27, 180,40 f. 121 27, 180,41 f. 121 27, 180,41–181,5 148 A. 39 27, 180,43 121 27, 180,43–181,2 121 27, 181,5 f. 121 27, 181,7 121 27, 181,7–18 147 A. 33

1. Index locorum 27, 181,9–14 144 A. 19 27, 181,14 f. 121 28 203 28, 181,19 122 28, 181,20–41 122 28, 181,36–45 97 28, 181,42 f. 122 28, 181,43–45 40 28, 181,44 f. 122 28, 182,3–8 163 28, 181,56–57 100 29, 183,15 f. 131 A. 1 30, 183,17–37 126, 126 A. 26 30, 183,37–184,5 162 30, 184,20–36 147 A. 30 32, 186,14–24 147 A. 30 34 285, 288, 288 A. 20 Ammonios Hermeiou In Aristotelis de Interpretatione commentarius (ed. Busse) 135,12–32 135 f. A. 26 Anonymi Prolegomena ad Platonis Philosophiam (ed. Westerink) 24–26 32 A. 35 26,30–44 136 A.26 26,13–43 137 A. 37 26,45–58 288 A. 22 Antipater SVF III 5 146 A. 25 SVF III 6 146 A. 25 SVF III 7 146 A. 25 SVF III 56 145 SVF III 59 146 A. 25 Apuleius Metamorphoses (ed. Helm) 66, 77 I 20,3 68 A. 115 II 6,1–5 67 II 6,8 69 A. 116 V 9,2–8 68 A. 113 V 10 68 A. 113 V 12,3 68 A. 112 V 14,3 68 A. 112 V 15,1 68 A. 112 V 17,1 68 A. 111 V 18,4 f. 68 A. 114 XI 15 69 A. 116 XI 29,5 69 A. 116

307

De Platone et eius dogmate (ed. Moreschini) 60, 65 f., 68–70, 101, 116, 123, 131, 162 A. 5, 163, 165, 224 I 3,187 26 A. 2, 284 I 3, 187 f. 27 A. 7 I 12,205–207 (101,14–103,5) 68 A. 115 I 12,205 (101,16 f.) 70 A. 132 I 13,207 (103,7–12) 60 A. 62 I 13,207 (103,14–17) 60 A. 63 I 18,216 (109,6. 10) 60 A.61 I 18,216 (109,8–11) 61 A. 64 I 18,216 (109,12 f.) 61 A. 66 I 18,216 f. (109,13–18) 61 A. 70 I 18,217 (109,18–20) 62 A. 72 I 18,217 (109,20–110,2) 62 A. 72 I 18,217 (110,2–4) 62 A. 74 I 18,217 f. (110,9–14) 61 A. 68 II 1 ff. 284 II 1–24,219–255 129 II 1,219 f. (111,4–9) 69 A. 117 II 1,219–221 147 A. 31 II 1,219 123 II 1,220 123–125 II 1,220 (111,9) 64 A. 90 II 1–2,221 123–126 II 1–2,221 (112,1–3) 69 A. 118 II 2,221 f. (112,3–15) 65 A. 96 II 2,222 125 II 4,225 (114,8 f.) 61 A. 70 II 4,225 f. (115,2 f.) 62 A. 71 II 4,226 (115,7) 62 A. 73 II 4,227 (115,12–14) 62 A. 75 II 5,227 (115,15–18) 62 A. 76 II 5,227 (115,19–116,2) 62 A. 77 II 5–6,228 164 II 5,228 (116,8–13) 62 A. 79 II 6 131 II 6,228 (117,4–10) 63 A. 87 II 6,228 f. (117,10–13) 63 A. 82 II 6,229 (117,13–18) 64 A. 91 II 7,229 (117,18–118,1) 64 A. 91 II 7,229 (118,3 f.) 64 A. 93 II 7,229 f. (118,5–10) 64 A. 94 II 7,229 f. (118,9–23) 64 A. 95 II 8–9,231–233 284 II 8,232 286 A. 13 II 9,232 285 II 9,234 163 II 9–10,235 123 f. II 11,235 f. (122,9–12) 224 A. 23 II 11,235 f. (122,9–20) 65, 78 A. 165 II 11,236 126 II 11–12,237 123 f.

308 II 12,237 147 A.31 II 12,237 (123,10–15) 69 A. 119 II 12,237 (123,16–124,1) 69 A. 120 II 12,237 (124,4–8) 69 A. 121 II 12,237 f. (124,9–13) 69 A. 123 II 12,238 (124,13–17) 70 A. 124 II 12–13,238 124 II 13,238 (125,3–5) 69 A. 123 II 13,238 (125,6–10) 70 A. 125 II 13,238 f. (125,10–15) 70 A. 126 II 15,240 (126,23 f.) 60 A. 58 II 16,242 f. 126 II 16,242 f.(128,12–14) 69 A. 122 II 17,243 (129,5) 68 A. 110 II 17,243 f.(129,5–7) 71 A. 137 II 17,244 (129,8–10) 65 A. 98 II 17,244 (129,11–15) 66 A. 100 II 17,244 (129,15–18) 66 A. 102 II 18–19,246 f. 126 II 19,246 f. (131,9–12) 71 A. 137 II 19–24,247–255 125 f. II 20,247 (132,5 ff.) 70 A. 127 II 20,248 125 f. II 20,248 (133,6 f.) 71 A. 135 II 20–21,249 125 II 21,249 (134,4 f.) 70 A. 133 II 21,249 f. (134,14–135,2) 61 A. 69 II 22,252 147 II 22,252 (136,3–6) 70 A. 128 II 22–23,252 126 f. II 23 100 II 23,252 f. 286 II 23,253 127 II 23,253 f. (137,16–138,3) 71 A. 136 II 24–25,255 125 II 24,255–256 288 II 24,256 f. (139,11–140,5) 60 A. 58 II 25,258–259 288 II 27,261 289 II 28,262 f. (144,12–145,11) 60 A. 58 Aristo Chius SVF I 356, 80,25 f. 201 A. 36 SVF III 200 a, 48,23 f. 201 A. 36 Aristoteles Ars rhetorica 184 I 10, 1368 b 36–1369 a 4 184 A. 12 I 10,1369 a –4 184 A. 12

Indices Metaphysica I 1 f. 39 A. 15 I 1, 981 b 25–27 284 A. 4 V 1, 1025 b–1026 a 31 A. 28 X 7, 1064 a 1–b 6 31 A. 28 XII 7 38 XII 9 38 De anima 224, 227 II 1 f., 412 a–413 b 51 A. 10 III 9, 432 b 5 f. 65 A. 97 III 9, 432 b 5–7 185 A. 13, 224 III 9, 433 a 1–9 227 III 9, 433 a 23–25 185 Ethica Eudemia 227 I 20, 1218 b 13 f. 284 A. 4 II 2, 1220 a 38–b 7 161 II 7, 1223 a 36–b 2 227 II 10, 1227 a 36–b 5 233 A. 56 VII 2, 1236 a 3–10 233 A. 56 Ethica Nicomachea 136 A. 27, 161, 275, 284 A. 4 I 1, 1094 a 1–3 194 A. 18 I 3, 1095 b31–1096 a 2 142 A. 6 I 5, 1097 a 25–b 16 141 A. 2 I 8, 1098 b 12–14 141 A. 5 I 8, 1098 b 12–16 118, 214 A. 83 I 9, 1099 a 31–b 2 150 A. 44 I 9, 1099 a 31–b7 142 A. 6 I 11, 1100 b 22–1101 a 8 142 A. 6, 143 A. 14 I 13, 1102 a 5 f. 141 A. 4 II 1, 1103 a 14–18 136 A. 27, 161 II 1, 1220 a 8–11 161 II 2, 1104 b 21–1105 a 1 233 A. 56 II 3, 1105 b 2–4 161 II 4, 1106 a 3 f. 38 A. 14 III 1–2, 1110 b 9–17 233 A. 56 III 1–3 230 III 1, 1110 a 17 f. 193 A. 11 III 6 215 A. 89 III 7 176 A. 5, 204 A. 49 III 7, 1113 b 20 f. 193 A. 9 V 3, 1129 b 31 148 A. 39 VI 2, 1138 a 31 38 VI 7 39 VI 13, 1144 b 1–9, 30–37 136 VII 1, 1145 a 25 f. 38 VII 3 176 A. 5

1. Index locorum VII 14, 1153 b 4 f. 153 A. 61 VII 14, 1153 b 14–25 142 A. 6 VII 14, 1153 b 16–21 150 A. 44 VII 14, 1153 b 16–23 153 VII 14, 1153 b 19–21 144 X 7 f. 38 X 7, 1177 a 27–b 24 39 A. 15 X 8, 1178 b 8–18 133 A. 14 X 8, 1178 b 25–27 242 A. 24 Magna Moralia II 5, 1200 b 13–17 Politica I 7 285 VII 1, 1323 a 24–26 Topica 184 IV 5, 126 a 12–14

28 A. 12

214 A. 83

184 A. 12

Arius Didymus apud Stob. II 45,7 ff. 93 A. 7 apud Stob. II 49,16 ff. 94 Atticus (ed. des Places) fr. 1 26 A. 2 fr. 1,2 285 A. 9 fr. 2 39 A. 16 fr. 2,82–87 144 A. 20 fr. 2,108–125 144 A. 20 fr. 2,9–17 143 A. 15 fr. 3 39 A. 16 Augustinus Hipponensis Confessiones (ed. Skutella) 73 I 10,16 73 A. 148 II 5,10 76 A. 159 VIII 5,10 72 A. 144, 73 A. 145 VIII 10,23 72 A. 144 Contra academicos (ed. Green) III 37 28 A. 12 De correptione et gratia (ed.Boyer) 12,33 73 A. 148 13,42 73 A. 148 De civitate dei (ed. Dombart/Kalb) 71,76 I 29, 46,9–12 76 A. 159 IV 3, 150,5–14 76

309

V 13, 217,28 74 A. 152 VIII 4 26 A. 2 VIII 6, 330,21–27 74 A. 152 X 14, 424,30–425,4 76 A. 159 IX 4, 373,3–18 72 A. 138 IX 4, 373,31–374,1 72 A. 140 IX 5, 375,7–9 72 A. 141 XII 8, 523,21–23 74 A. 151 XIV 9, 22,15–21 72 A. 143 XV 4, 63,26–31 76 A. 159 XVII 16, 238,14–19 74 A. 152 XIV 7–9 75 A. 156 XIV 8 72 A. 138 XXI 3, 491,4 f. 75 A. 158 XXII 30, 631,6 74 A. 152 XXII 30, 632,13–16 73 A. 148 De libero arbitrio (ed. Green) 74 I 24 75 A. 155 I 30 75 I 113 74 A. 150 I 114 74 A. 151 I 116 76 A. 159 III 90 76 A. 159 De vera religione (ed. Green) 242 77 283 74 A. 153 Epistularum corpus (ed. Goldbacher) 118,12 274 A. 6 Aulus Gellius Noctes Atticae (ed. Marshall) 71 XIX 1 72 A. 139 Boethius De consolatione philosophiae (ed. Moreschini) 213, 274 III p. 2 § 2–4 194 A. 18 IV p. 1–2 215 A. 89 IV p. 6 § 11–13 211 A. 69 IV p. 2 213 V p. 2–3 213 A. 77 Bonaventura (ed. Quaracchi) Hexaemeron coll. VI, 24–32 ed. maior 135 A. 23 Calcidius In Platonis Timaeum (ed. Waszink)

310

Indices

150 205 A. 51 160 f. 204 A. 49 188,10–20 205 A. 52 189 209 A. 66

De legibus 92 I 58–62 26 A. 6 I 25 30 A. 19

Chrysippus SVF II 42 30 A. 19 SVF II 974, 283,24–34 199 A. 28 SVF III 173 185 A. 14 SVF III 431 f. 185 A. 14

Paradoxa Stoicorum (ed. Plasberg) 142 A. 9 pr. 4 146 A. 28 IV 71 A. 137

Cicero Academica (ed. Plasberg) I 15 160 I 19 26 A. 2, 28, 95 I 19–21 115 A. 1 I 21 148 A. 39 I 22 153, 153 A. 59 II 29 28 A. 12 II 69 26 A. 3 II 127 278 A. 29 II 131 115 A. 1 II 132 26 A. 3 II 134 115 A. 1 II 136 146 A. 28 II 137 26 A. 3 II 139 115 A. 1 De divinatione (ed. Ax) I 127 199 De fato (ed. Ax) 29 205 A. 52 30 205 A. 52 40 204 A. 49 43 199 A. 28 De finibus (ed. Moreschini) 115, 129 II 19 151 A. 51 II 34 91, 115 A. 1 III 22 260 A. 2 IV 15 153 IV 28 156 V 7 29 A. 13 V 14 115 A. 1, 151 A. 51 V 21 115 A. 1 V 34 115 A. 1 V 68 115 A. 1

Timaeus (ed. Ax) 52 244 A. 33 Tusculanae disputationes (ed. Pohlenz) V 146 V 1 146 V 12–19 147 V 22 150 A. 45 V 24 141 A. 5 V 24 f. 142 A. 7 V 30 146 V 34 146 A. 26 V 36 146 f. V 34–36 146 V 73 66 A. 100 Cleanthes Hymnus in Iovem SVF I 527 201 A. 37 Clemens von Alexandria Stromateis (ed. Stählin/Früchtel) I 176,1–3 31 A. 29 II 127,3 151 A. 51 II 131,2 149 A. 42, 155 A. 65 II 132,1–133,3 151 II 133,4 151 A. 51, 152 II 133,4 f. 155 A. 68 II 133,6 152 II 133,4–7 150 f. II 133, 7 153 IV 52,1–3 144 A. 17 V 97,6 145 A. 24 Damaskios In Platonis Phaedonem (ed. Westerink) I 138–144 136 A. 26, 137 I 138–151 104 A. 29 I 139 136 A. 29 I 143 137 A. 36, 139 A. 49, 140 A. 51 I 144 136 A. 31, 157 A. 77 I 172,1–3 252 A. 56

1. Index locorum In Platonis Philebum (ed. van Riel) 274 171,5–7 289 A. 26 fr. 190, p. 88 ff. (Westerink) 274 A. 11 Vitae Isidori reliquiae (ed. Zintzen) 102, 138 fr. 109, p. 85,14–87,7 274 A. 9 David Prolegomena Philosophiae (ed. Busse) 12, pp. 38,32–39,13 136 A. 26 Diogenes Laertios (ed. Marcovich) III 56 26 A. 2 III 78 149 V 30 148 A. 39 VII 102 f. 145 A. 21 X 133 f. 204 A. 49 Dionysius Areopagita De coelesti hierarchia (ed. Heil/Ritter) 13,24–14,16 87 f. 57,23–58,4 88 A. 197 De divinis nominibus (ed. Suchla) 171,17 f. 88 A. 196 192,16 f. 88 A. 196 210,14–19 88 A. 196 De ecclesiastica hierarchia (ed. Heil/Ritter) 84 A. 181 63,11–64,6 86 A. 189 67,16–68,15 87 A. 191 68,16 f. 86 A. 186 74,15–75,9 83 75,10–13 83 A. 180 81,19–21 89 A. 198 91,8–20 86 A. 188 93,14–18 86 A. 188 101,19–102,4 86 A. 188 Epistulae (ed. Heil/Ritter) 3, 159,2–6 86 A. 188 Elias Prolegomena Philosophiae (ed. Busse) 7, pp. 19,30–20,15 136 A. 26 Epiktet Encheiridion (ed. Boter) 11, 70 A. 129, 274

Dissertationes (ed. Schenkl) I 29,1–4 148 A. 40 Epikur De natura (ed. Sedley) 278, 280 28, fr. 13 col. VII sup. 13–col. VIII inf 14 278 A. 30 Fragmenta (ed. Usener) fr. 178 278 A. 25 fr. 416 274 A. 11 fr. 522 279 A. 34 Sententiae (Gnomologium Vaticanum Epicureum) (ed. Arrighetti) 35 278 A. 29, 279 A. 32 Eudoros (ed. Mazarelli) fr. 1 26 A. 2 frr. 25–32 117 A. 11 Eunapios Vitae sophistarum et philosophorum (ed. Giangrande) 102 V 3,5 102 A. 17 Euripides Phoenissae (ed. Murray) 19 205 Gregor von Nazianz Epistulae (ed. Gallay) 32 144 A. 17 Gregor von Nyssa De vita Moysis (ed. Murusillo) II 115 27 A. 7 Hierocles Platonicus (ed. Köhler) In Carmen Aureum pr., p.6,19–21 135 A. 26 Homer Ilias (ed. Monro/Allen) II 140 102 A. 23 IX 27 102 A. 23 Odyssea (ed. Allen) 94 A. 12 V 193 93, 245 A. 37 VII 38 93

311

312 Iamblich De anima (ed. Finamore/Dillon) 151 A. 51 46,12–25 268 46,20 268 46,22 268 48,24–28 259 A. 1 De mysteriis (ed. des Places) 107, 252, 255 I 9, 30,17–31,18 255 A. 74 I 12 104 A. 29 I 12, 184,2–14 107 II 11 257 II 11, 96,14–97,2 252 A. 58 II 11, 97,11–19 253 A. 61 II 11, 98,10–13 253 A. 59 III 17, 142, 7 253 A. 62 De vita Pythagorica (ed. Nauck) 102, 137 Iulianus Apostata (ed. Bidez) Epistulae 89 b 274 A. 6 Lukrez (ed. Diels) III 14 ff. 278 A. 29 IV 379–385 278 IV 1037 ff. 279 A. 31

Indices 26,1–23 157 A. 77 26,20–23 138 A. 38 Maximus Tyrius Dissertationes/Orationes (ed. Koniaris) 2 249 A. 49 5 249 A. 49 5 244 A. 29 8,7 241 8,7 (145–155) 241 A. 18 8,8 (156–161) 240 A. 12 13 100 13,5 (164,5–8) 205 A. 52 26 100 f. 29–33 115 38,6 (132–138) 242 A. 23 39 f. 116 Nemesius Emesius De natura hominis (ed. Morani) 33–34 200 A. 31 35 198 A. 28 35 199 A. 28 37 211 A. 70 f. 38 205 A. 51 40 203 A. 43 Novum Testamentum (ed. Nestle-Aland) Secundum Matthaeum 22,30 89 A. 202

Macrobius In Ciceronis Somnium Scipionis (ed. Willis) 276 I 8,3–10 135 A. 26 I 8,10 139

1. Epistula ad Corinthios 15,42–49 78 A. 166

Marcus Aurelius (ed. Dalfen) IV 3 158 A. 82 V 26 158 A. 82 VI 32 158 A. 82 VII 16 158 A. 82 XII 3 158 A. 82

Epistula ad Romanos 7,15 185 A. 17 7,18–21 185 A. 17

Marinos Vita Procli (ed.Saffrey/Segonds) 102, 135, 135 A. 26, 137–139 2,5–10 157 A. 78 2,10–16 157 A. 79 3,1–7 137 A. 33 3,4–6 139 A. 48 14–16 290 A. 27 26–33 136 A. 32

Epistula ad Galatas 5,13–18 185 A. 17

Numenios (ed. des Places) fr. 11, 11–12 40 fr. 12 40 A. 21, 98 fr. 12, 1–3 40 fr. 12, 13 40 fr. 15 98 fr. 15, 8 f. 40 A. 20 fr. 21 40 A. 21 Olympiodoros In Platonis Alcibiadem (ed. Westerink) 4,15–5,9 136 A. 26

313

1. Index locorum 30,4–9 136 A. 26 155,3–7 136 A. 26 159,3–5 136 A. 26 177,21–22 136 A. 26 215,1–12 136 A. 26 222,4–223,3 136 A. 26 In Platonis Gorgiam (ed. Westerink) proem. 6 f., p. 6,1–21 136 A. 26 In Platonis Phaedonem (ed. Westerink) 1, 4,9–5,9 136 A. 26 1, 143 139 A. 49 8, 2 139 A. 50 8,2–3 135 A. 20 8, 2 f. 136 A. 26 8, 12–20 139 A. 50

Philodemus Ad contubernales (ed. Angeli) 280 De ira (ed. Indelli) 279 f. col. 3 ff. 279 A. 33 col. 3,6–25 279 A. 33 col. 4,4 ff. 279 A. 33 col. 7 280 A. 40 Philoponos In Aristotelis Categorias commentarium (ed. Busse) 141,25–142 136 A. 26

Oracula Chaldaica fr. 121,96 (ed. des Places) 109 A. 51 frr. 122 f. (ed. Majercik) 254

Platon Alcibiades maior 32 115 a 1–116 c 6 37 A. 7 131 b–c 214 A. 83

Origenes Commentarium in Canticum canticorum Prologus (ed. Baehrens) 75,6–23 32 A. 32

Apologia 23 c 281 A. 42 25 e 176 A. 4 33 a 8 38 A. 10

Contra Celsum (ed. Marcovich) II 20 205 A. 52

Charmides 177, 186 160 e 12–161 a 1 166 e 6 186 167 e 4–9 186 167 e 186

Parmenides (ed. Diels/Kranz) fr. 1,29 f. 50 A. 5 fr. 2 50 A. 4 fr. 6 50 A. 4 fr. 10–12 50 A. 5 fr. 16 50 A. 5 Paulus, s. Novum Testamentum Philo Alexandrinus De decalogo (ed. Cohn) 81 92 A. 6 De ebrietate (ed. Wendland) 200 144 A. 17 De fuga et inventione (ed. Wendland) 63 92 A. 6 Quod deus sit immutabilis (ed. Wendland) 250 53 f. 250 A. 54

37 A. 7

Cratylus 32 Crito 48 b 8–10

37 A. 7

De re publica (Politeia) 13 f., 43 A. 38, 44 A. 41, 55 A. 34, 59 f., 60 A. 59, 78 A. 163, 94, 103 A. 25, 131 f., 144, 147 A. 32, 149, 170, 188, 240 A. 13, 242, 244, 250, 265 A. 19, 275, 281, 287–290 306 a 5–308 b 9 136 A. 28 347 b–c 287 352 a 77 A. 162 357 b–c 76 A. 160 361 e 144 A. 17 361 e–362 a 144 375 b 56 A. 36

314 375 c 1–376 c 6 58 A. 47 379 a 5 f. 238 379 b–c 245 A. 34 379 c 2–7 242 A. 22 380 c 6–9 238 A. 10 382 a 176 A. 4 383 a 1–5 239 A. 11 412 e–413 a 194 A. 16 413 a 65 A. 98, 176 A. 4 415 a 195 427 c 6–445 b 8 195 A. 20 427 e–434 c 131 A. 3 428 a 8 ff. 63 A. 86 429 a–430 c 56 A. 36 429 c 1 63 A. 83 430 b 3 63 A. 83 430 c 103 430 e 3 288 A. 19 432 a 7 288 A. 19 433 a 57 A. 41 436 a ff. 194 436 a 8–b 3 49 436 b 8–c 1 49 A. 2 436 c 9–d 1 50 A. 6 436 d–e 50 A. 7 436 e 8–437 a 1 49 A. 2 437 a 7–9 51 A. 8 437 c 1–6 51 A. 9 438 c–e 51 A. 12 438 e 51 A. 15 439 a 9–b 1 51 A. 11 439 b 3–6 53 A. 17 439 c 5–7 53 A. 18 439 c 9–d 2 53 A. 19 439 d 52 A. 13 439 e–440 a 53 A. 22 439 e 3 f. 53 A. 21 440 a 8–b 4 54 A. 25 440 c 54 A. 26 440 c 7–d 3 54 A. 27 440 e 10 55 A. 33 441 a 2 f. 54 A. 29 441 b 54 A. 28 441 c 5 55 A. 33 441 d 12–e 6 57 A. 41 441 e–442 b 57 A. 42 441 e 4–442 b 4 195 A. 20 442 a 7 f. 52 A. 14 442 b–443 b 131 A. 3 442 b 11–c 3 63 A. 85 442 c 5–8 57 A. 43 442 c 5–d 1 86 A. 190 442 c 10–d 1 56 A. 36, 61 A. 65, 288 A.19

Indices 443 b 1–5 57 A. 41 443 c 9–444 a 2 39 A. 15 443 c 9–d 7 57 A. 40 443 e 1 f. 56 A. 37 444 a ff. 176 A. 4 444 b 1–5 58 A. 49 444 b 6–8 58 A. 50 444 d 58 A. 51 444 d 13–e 2 58 A. 52 444 e 7–445 b 8 196 A. 21 474 b–480 a 178 476 a–477 a 49 A. 3 484 d 71 A. 134 486 a 5 f. 123 490 a f. 94 A. 14 491 b–492 a 242 A. 23 492 a 242 A. 23 494 a–495 b 95 496 d 7–8 290 498 e 3 f. 36, 36 A. 2 500 a 5 37 500 c 2–5 36, 41 500 c 2–7 45 500 c 3 f. 36 500 c 5 36 500 c 9–d 1 36 505 a 119 505 a–b 194 A. 16 505 b 3 37 A. 7 505 d–506 a 78 A. 164 505 d 5–9 189 505 d 11–e 2 78 A. 164 506 a 4–6 58 A. 48 506 d 6–509 b 10 37 A. 4 508 e 4–6 37 A. 7 508 e–509 a 5 38 509 a 6 f. 37 A. 7 509 b 119, 155 A. 65 514 a–517 e 123 516 c 6 38 516 e 3–517 a 7 38 517 b 7–c 5 37 518 c 6–10 89 A. 199 518 c 8 89 A. 199 518 c 9 38 518 d 110 518 d–e 169 519 c–d 195 521 c 110 521 c–541 a 195 571 a 1–588 a 11 195 f. A. 21 577 c–579 c 77 A. 162 577 d 10 f. 187 A. 19

1. Index locorum 579 b 3 f. 196 A. 21 580 c 3 196 A. 21 580 d 56 A. 36 583 b–584 c 74 A. 153 585 b f. 94 A. 14 589 a–b 158 589 c 176 A. 4 589 c 6 65 A. 98 592 b 2 f. 89 A. 201 608 b 144 608 c ff. 94 A. 14 611 d 78 A. 166 612 a–b 144 612 a 3–5 89 A. 203 613 a 94 613 a 4–b 3 36 613 a 7–b 1 99, 245 613 a–b 118, 122 614 b 2–616 b 1 194 A. 13 617 d–621 b 195 617 e 214 A. 81 617 e 4 191 A. 3 617 e 5 245 A. 34 619 b 7–c 6 215 A. 89 619 c–d 169 Epinomis 980 c 9–d 3 244 A. 29 989 b 1 f. 246 A. 41 Epistulae 288 Euthydemus 278 e–279 a 194 A. 16 278 e–281 e 214 A. 86 278 e–282 a 194 A. 16 278 e 3–279 a 4 188 280 b–282 d 145, 145 A. 21, 148 A. 39, 149 280 d 4–7 152 A. 56 281 a 145 281 c 145 A. 21 Euthyphro 177, 244 3 d 7 37 3 d 7 f. 38 A. 10 13 c 6 243 14 e 9–15 a 4 244 A. 30 Gorgias 17, 32, 178 f., 184, 186–188, 190, 240 A. 13, 242, 275, 281, 289

315

454 d 178 A. 6 464 b 284 466 a–468 e 174, 180 466 d–e 184 466 d 5 ff. 180 466 d 6–e 2 179 466 e 9–11 187 466 e 10 181 467 b–468 e 216 A. 92 467 c 6 181 467 c 6 f. 181 467 c 7 181 467 d 1 181 467 d 1 f. 181 467 d 6 f. 182 f. 467 e 1–3 181 467 e 7 f. 184 468 a 5 181 468 a 5 f. 183 468 b 1–4 184 468 b 7 f. 184 468 c–e 176 A. 4 469 b 12–c 2 71 A. 135 470 d–471 a 146 472 c–d 144 474 d 1 174 A. 1 475 a 1–b 2 37 A. 7 477 a 1–4 37 A. 7 482 b–c 57 A. 40 488 a 194 A. 18 488 a 3 65 A. 98 492 d 144 499 e–500 a 194 A. 16 509 e 176 A. 4 509 e 5 f. 188 A. 22 521 d 273 A. 2 521 d f. 275 A. 14 Hippias maior 286 d 2–4 281 A. 42 292 a–b 281 A. 42 295 b 7–297 d 1 37 A. 7 Hippias minor 376 b 176 A. 4 Laches 60 A. 59, 177 Leges 119, 136, 169, 244 f., 250, 281, 288–290 624 a 1–5 245 A. 35 626 e 2–5 58 A. 45

316 631 b 149 A. 41 631 b–c 148 A. 39 631 b 6–d 2 118 631 b 6 f. 120 f. 631 c 145 631 c 1–d 1 121, 124 631 c 5–d 1 131 631 d 3 123 631 d 5 121 646 e 281 A. 42 653 a 5–c 4 136 A. 29 661 a–c 145 661 a–d 148 A. 39, 149 661 a 5–d 4 120 661 d 145 687 e 5–9 186 689 d 4–e 2 39 A. 15 697 b 2–6 118 713 d 6 37 715 e 122 716 a 118 716 a–d 99 716 c–d 4 36 716 c 1–d 4 243 A. 28 731 c 2 f. 65 A. 98 731 c 5–7 66 A. 103 731 d 4–5 58 A. 47 733 d 3 f. 186 A. 18 739 b–c 288 743 e 141 A. 5 743 e 3–6 118 860 d 1 176 A. 4 860 d 1 f. 65 A. 98 870 b 2–6 118 873 c 4 196 A. 23 888 c 6 f. 244 A. 29 893 b–896 b 194 A. 12 899 d–905 c 197 900 c 8–901 a 10 37 A. 7, 40 903 d 3–e 1 250 A. 52 904 a 6–905 c 4 194 A. 13 904 c 6–9 196 A. 23 905 d 3 f. 244 A. 29 906 a 2–7 242 A. 21 963 c 3–e 9 136 A. 28 Lysis 188 216 c–220 b 194 A. 16 216 d 2–3 37 A. 7

Indices Menexenus 147 247 e–248 a

146

Meno 17, 160, 177 f., 184, 186–190 70 a 160 77 a–78 e 174–178 77 b ff. 176 A. 4 77 b–78 b 174 77 b 3 174 77 b 6–e 4 37 A. 7 77 b 7–c 1 175 77 c 178 77 c–e 194 A. 16 77 c 3–5 175 77 d 2–78 a 8 175 77 d 7–e 4 65 A. 98 78 b 194 A. 18, 216 A. 92 78 b 1 f. 175 78 b 3 f. 174 78 d 214 A. 86 98 a 178 Parmenides 11, 32, 44 A. 41, 132 A. 5 132 d–133 a 131 A. 3 134 e 4–8 238 A. 6 137 c 4–142 a 8 44 142 a 6–8 43 Phaedo 14, 32, 103, 103 A. 25, 104 A. 29, 110, 131, 169 A. 19, 170, 177, 260, 275 62 b 4 262 65 a 1 f. 61 A. 69 65 c 7–10 103 66 b–67 b 122 66 b 5–d 2 260 66 c 3 f. 261 66 d 1 263 67 c 6–d 2 100 A. 7 67 e–69 d 131 A. 3 69 a–e 102 A. 20 69 b 276 69 b 1–3 63 A. 86 69 b 3–c 7 36 79 c 7–d 6 261 A. 5 80 e 2 ff. 100 A. 7, 103 81 a 1 f. 246 81 e 67 A. 108 81 e–82 b 131 A. 3 82 a f. 276

1. Index locorum 82 a–b 122, 168 82 e–83 a 215 A. 90 100 a–b 51 A. 8 113 d 1–114 c 8 194 A. 13 118 a 7–8 243 A. 25 Phaedrus 32, 195, 245, 256 245 c 194 A. 12 246 e–247 a 131 A. 3 246 e 1 37 A. 7 246 e 4 ff. 104 A. 30 246 e 5 f. 104 247 c 3–e 36 247 d 5–7 36 247 d 6 36 A. 2 248 a 122 248 b 6 122 248 c 2–249 d 3 195 A. 19 249 c–d 109 A. 54 250 b f. 30 A. 21 256 b 2 f. 260 A. 3 279 b 8–c 3 243 A. 25 Philebus 32, 99 A. 6, 119 37 e f. 178 A. 6 39 e 10 f. 243 64 e 5–7 37 65 a 1–5 37 A. 7 Politicus 32, 136, 289 303 d–305 e 285 A. 10 Protagoras 60 A. 59, 160, 177 f., 275 345 d 194 A. 18 345 d–e 176 A. 4 345 d 9–e 3 178 345 d 9–e 4 65 A. 98 352 a–358 d 177 352 b ff. 176 A. 4 352 d 4–7 177 356 d 4 182 358 b 5 f. 37 A. 7 358 c–d 194 A. 18 358 c–e 176 A. 4 358 c f. 177 Sophista 32 228 c 7 f.

176 A. 4

317

230 b 8–c 281 A. 42 237 d–e 49 A. 3 Symposium 32, 60 A. 60, 222, 237, 239 f. 193 a 7–b 1 243 A. 27 193 c 8–d 5 238 A. 7 202 d 12–203 a 1 238 A. 7 203 a 1–4 238 A. 6 203 b f. 262 A. 10 204 e 1–205 a 8 188 205 e–206 a 194 A. 16 209 e–210 a 30 A. 21 211 e 3 261 211 e 4–212 a 7 37 215 a 7–b 3 122 216 d 5–217 a 2 122 Theaetetus 32, 100, 110, 131 f., 244 f. 153 c 3 f. 59 A. 57 162 b 1–2 286 168 a 2–7 281 A. 42 176 a–b 122, 194 A. 17 176 a–c 131, 131 A. 3, 286 176 a–e 61 A. 69 176 a 5–b 3 246 A. 40 176 a 6 241 A. 19 176 a 8–b 1 42 A. 30 176 a 8–b 2 99 176 b 93, 94 A. 13, 95, 103, 118, 150, 244, 245 A. 37, 249 176 b 1–3 36 176 b 2 f. 256 176 b 8–c 4 36 176 e 95 188 e 49 A. 3 201 a–c 178 A. 6 Timaeus 32, 59, 94; 94 A. 11, 96 A. 16, 103, 241, 244, 244 A. 31, 249, 256, 260, 264, 265 A. 19, 273 27 c 1–d 4 243 A. 25 28 c 147 28 c–29 a 208 A. 62 28 c 4 f. 120 29 a 5 f. 244 A. 31 29 a 6 37 A. 5 29 e 1–30 a 2 36 30 c 1 197 33 c 6 f. 262 35 a–b 194

318 37 a 1 36 41 e 2 f. 196 A. 23 42 a ff. 262 42 a–b 194 A. 15 42 a 3 f. 194 A. 14 42 a 3–b 1 56 A. 36 42 b 2 262 A. 6 42 c 1 262 A. 7 42 d 3 f. 245 A. 34 42 e 240 44 c 7 197 45 b 96, 249 46 d 192 47 a–c 96, 244, 249 48 a 196 A. 22 48 a 2–5 196 A. 22 48 e 2–52 d 1 202 A. 40 49 a 6 202 A. 41 49 e 2 196 A. 22 50 c 2 202 A. 41 51 a 1–b 2 202 A. 40 51 a 7–b 1 196 A. 22 51 b 1 196 A. 22 51 d f. 178 A. 6 52 a 8 202 A. 41 52 b 1 202 A. 41 69 c ff. 60 77 a–c 63 A. 84 81 b ff. 263 86 c 262 86 c 3–e 3 261, 269 86 d–e 176 A. 4 86 d 5–e 3 59 A. 53 86 d 7 263 A. 16 86 e 65 A. 98, 264 86 e 3–87 a 7 59 A. 54 87 a 7–b 8 59 A. 55 87 c 149 87 c 4 f. 148 A. 37 88 a 59 A. 56 88 d 1–89 a 8 59 A. 57 89 b 8 196 A. 23 89 c 5 f. 196 A. 23 89 e 59 A. 57 90 a–d 94, 118, 247 90 b f. 94 A. 13 90 b–d 275 90 c 148 A. 38 90 c 6 f. 57 A. 41, 59 A. 57 90 d 1–7 99 Plotin Enneaden (ed. Henry/Schwyzer)

Indices 32, 131 A. 2, 262 97, 101 A. 13, 102 A. 18, 103, 103 A. 26, 131, 131 A. 2, 133 f., 135 A. 26, 138 f. I 2,1 41 I 2,1,16–21 63 A. 81, 132 A. 7 I 2,1–3 41 A. 23 I 2,1,40–50 41 I 2,2,3 f. 133 A. 14 I 2,2,13–26 132 A. 8 I 2,3,1–11 133 A. 10, 138 A. 44 I 2,3–5 103 I 2,3,8 132 A. 9 I 2,3,10–6,11 133 A. 11 I 2,3,10 f. 132 A. 9 I 2,3,19–22 133 A. 12 I 2,3,19 ff. 103 A. 28 I 2,3,31 41 I 2,4 135 I 2,4,15–20 135 A. 21 I 2,5 103 I 2,5–6 158 I 2,6 103 I 2,6–7 155 A. 70 I 2,6,11 138 A. 44 I 2,6,11–7,3 133 A. 14 I 2,6,12–27 133 A. 13 I 2,6,23–27 133 A. 12 I 2,6 f. 104 I 2,6,14–18 41 I 2,7 104 f., 111 A. 58 I 2,7,1–6 41 I 2,7,9 132 A. 9 I 2,7,19–21 286 A. 14 I 2,7,20–31 138 A. 44 I 3,6 40 I 4 42 A. 29, 101, 101 A. 13, 102 A. 18, 143, 153, 156 A. 74, 158 A. 81 I 4,2 156 I 4,2,31–55 154 I 4,4 154, 156 I 4,4,12–17 156 I 4,4,19 f. 156 I 4,4,23–25 154 I 4,5,6 f. 154 I 4,7–13 266 A. 21 I 4,9 ff. 42 I 4,9,17–19 133 A. 13 I 4,11 42 I 4,12 106 I 4,13 42 I 4,13,7 154 I 4,14 f. 155 A. 71 I 4,16 104 A. 31, 105 A. 38 I2

1. Index locorum I 4,16,1–6 156 I 4,16,3–9 155 A. 64 I 5 158 I 5,10,15–23 223 A. 18 I 6 101, 101 A. 13, 102, 102 A. 18, 103 I 6,3 104 I 6,6 102 I 6,6,6–13 133 A. 13 I 6,8 102, 103 A. 24 I 6,9 102, 102 A. 21 I 8 262 A. 12 I 8,4 263 I 8,4,7 f. 260 A. 3 I 8,4,8 f. 263 A. 16 I 8,4,16 f. 263 I 8,6,9–13 42 A. 30 I 8,6,19 f. 42 A. 28 I 8,8,3 ff. 264 I 8,15,6–9 133 A. 13 I 9 103 A. 28 II 3 210 II 9,2,4–11 232 A. 54 II 9,15,10–18 261 A. 4 II 9,15,24 ff. 41 II 9,26–27 41 II 9,38–40 41 III 1 210 III 1,8 f. 206 A. 54 III 1,8,9–20 214 A. 83 III 1,8,17–20 266 A. 22 III 1,9,4–6 266 A. 24 III 1,9,7–9 267 A. 26 III 1,9,9–16 267 A. 25 III 1,10,11 f. 266 A. 20 III 2 210 III 2 f. 158 A. 81 III 2,4 235 III 2,4,36–44 225 A. 28 III 2,10,18 f. 215 A. 88 III 2,15,42 f. 214 A. 85 III 3 210 III 3,4 267 A. 27 III 3,5,1–3 210 III 3,5,41–43 268 A. 30 III 3,5,46–49 267 A. 28 III 3,5,52–54 267 A. 29 III 4 107 III 6 263 III 6,2 263 III 6,2,54 263 A. 17 III 6,2,54–67 265 III 6,3,11–16 265 III 6,5,25–29 265

III 6,6,16 f. 133 A. 13 III 8 223 A. 21 III 8,4,31–36 223 A. 17 III 8,4,31–43 42 III 8,4,36–39 224 A. 22 III 8,5,34–6,2 222 A. 15 III 8,6,1–14 41 IV 3,4,25 268 A. 31 IV 3,4,26 ff. 262 A. 12 IV 4,43 f. 41 A. 28 IV 4,43,16–20 42 A. 28 IV 4,44 42 A. 28 IV 4,44,1 42 A. 28 IV 4,44,16–24 42 IV 4,44,18 f. 42 A. 28 IV 4,44,25 ff. 42 A. 28 IV 8 110 A. 55, 234 IV 8,1,1–7 109 IV 8,2,10–14 262 A. 11 IV 8,3,3 f. 262 A. 8 IV 8,4 234 IV 8,4,1–3 233 A. 58 IV 8,4,31–35 232 A. 54 IV 8,5,16–24 224 A. 25 IV 8,8 232 A. 54 IV 8,8,2 ff. 106 A. 44 IV 8,8,22 233 A. 57 V 1 234 V 1,1,1–9 233 A. 55 V 1,5,3 109 A. 51 V 1,1,22–35 234 A. 60 V 2,1,7–9 43 V 3,6,28 ff. 41 V 3,7,13–15 41 V 3,11,23–25 44 V 4,1,23 ff. 43 V 4,1,34–36 43 V 5,13 155 A. 65 V 8,4 f. 42 V 8,11,25 f. 267 A. 29 V 9,1,1–16 277 A. 21 V 9,1,16–22 214 A. 83, 215 A. 87 VI 4,11,1–9 254 A. 71 VI 4,15,32–40 155 A. 64 VI 5,12,14–16 155 A. 67 VI 7 156 A. 74 VI 7,19–25 155 A. 65 VI 7,19–36 156 VI 7,22 f. 254 A. 70 VI 7,25,16–32 156 A. 72 VI 7,25,24–32 155 A. 65 VI 7,27,26–28 156 A. 72 VI 7,34,21–27 156 A. 73

319

320 VI 8 219 A. 2, 225 A. 31, 229–232 VI 8 225 VI 8,1,27–30 191 A. 5 VI 8,1,27–33 224 A. 22, 229 A. 40 VI 8,1,33–42 230 A. 41 VI 8,1,34 192 A. 5 VI 8,2,1–16 230 A. 42 VI 8,2,10 231 A. 47 VI 8,2,16–30 230 A. 43 VI 8,2,30–37 230 A. 44 VI 8,3,1–5 185 A. 16 VI 8,3,2–10 231 A. 47 VI 8,3,5–21 230 A. 43 VI 8,3,21–26 230 A. 44 VI 8,4,1–11 230 A. 45 VI 8,4,11–15 230 A. 46 VI 8,5 158 A. 83 VI 8,5,33 193 A. 9 VI 8,5,34 ff. 41 VI 8,6,3–22 231 A. 49 VI 8,6,6 193 A. 9 VI 8,6,26–29 234 A. 59 VI 8,6,26–31 192 A. 5 VI 8,6,36–38 234 A. 59 VI 8,6,36–41 231 A. 50 VI 8,6,41–43 234 A. 59 VI 8,6,41–45 231 A. 51 VI 8,7 42 f. VI 8,8 42 VI 8,13 43, 43 A. 34 VI 8,13 ff. 216 A. 91 VI 8,16 f. 43 VI 8,17,5–9 42 VI 8,19,12 ff. 43 VI 8,20 43 VI 8,20–21 43 VI 8,35 f. 194 A. 18 VI 9,7,1–5 155 A. 65 VI 9,7,16–28 42 VI 9,7,26–28 42 VI 9,8,24–36 155 A. 65 VI 9,11,45–51 105 Plutarch Adversus Colotem (ed. Pohlenz) 1026 A–E 29 A. 13 1107 D ff. 278 A. 26 An virtus doceri possit (ed. Barigazzi) 166 439 A 166 440 B 166

Indices Consolatio ad uxorem (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 281 611 A 281 A. 43 De animae procreatione in Timaeo (ed. Hubert) 1026 E 262 A. 9 De cohibenda ira (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 166, 280 455 E 281 A. 41 456 E f. 281 A. 41 De cupiditate divitiarum (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 166 524 D–E 166 De curiositate (ed. Paton/Pohlenz/Sieveking) 166 520 D 167 De defectu oraculorum (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 410 B 31 A. 23 417 C–D 240 A. 13 De E apud Delphos (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 394 A 98 A. 21 De fraterno amore (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 487 D 278 A. 25, 278 A. 27 De garrulitate (ed. Paton/Pohlenz/Sieveking) 166, 167 A. 18, 280 510 C 280 A. 36 510 C–D 167, 280 A. 37 f. 514 E 280 A. 39 De invidia et odio (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 166 De Iside (ed. Nachstädt/Sieveking/Titchener) 382 D 31 A.23 De laude ipsius (ed. Paton/Pohlenz/Sieveking) 166

1. Index locorum De sera numinis vindicta (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 248, 249 A. 49, 250 f., 256 A. 76 550 C–E 100 550 C–F 248 A. 48 550 D–E 95 f. De Stoicorum repugnantiis (ed. Pohlenz) 1035 A–B 30 A. 19 1040 D 145 1048 E 2–8 71 A. 137 De virtute morali (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 147 A. 30, 168, 221, 226 f. 441 C–D 226 A. 32 441 D–442 C 226 A. 33 442 C–443 C 226 A. 34 443 C 168 444 A–B 226 A. 35 444 B–D 147 A. 30 444 C–D 152 A. 51 445 A–446 E 227 A. 36 446 D 147 A. 30 447 D–E 227 A. 37 448 B–C 227 A. 38 449 B 147 A. 30 449 B–C 228 A. 39 De vitando aere alieno (ed. Hubert/Pohlenz/ Drexler) 166 De vitioso pudore (ed. Paton/Pohlenz/ Sieveking) 166 532 C 281 A. 41 Dio (ed. Ziegler) 10,2 96 A. 15 Non posse suaviter vivi secundum Epicurum (ed. Pohlenz) 1086 C ff. 278 A. 26 Pericles (ed. Ziegler) 16,7 143 A. 16 Polemon (ed. Gigante) fr. 123 151 Porphyrios Ad Marcellam (ed. des Places)

138 A. 43, 277 10–20 102 A. 22 13 110 16–18 110 De abstinentia (ed. Bouffartigue/Patillon) 107, 110 II 40 240 A. 13 II 43,1–2 110 A. 57 II 43,3 110 A. 57 II 45,2–4 107 III 26 f. 110 A. 57 III 27,1 110 A. 57 III 27,5 110 A. 57 De regressu animae (ed. Bidez) fr. 2 104 A. 29 In Platonis Timaeum (ed. Sodano) fr. 7 156 Peri tou eph’ hêmin fr. 270 Smith 203 A. 44 fr. 271,16–20 Smith 213 A. 78 fr. 271,16–38 Smith 209 A. 66 Sententiae ad intelligibilia ducentes (ed. Lamberz) 131 A. 2 32 32 A. 34, 104, 110, 131, 131 A. 2, 134, 135 A. 26, 138 A. 43, 139 f., 276 A. 19 32, 22,14 f. 135 32, 23,1 135 32, 24,2 134 32, 24,7 134 32, 24,9 134 32, 25,9 135 32, 26,1 134 32, 27,1 134 32, 27,2–28,5 104 A. 29 32, 27,8 134 32, 27,8–9 135 32, 27,9–28,4 134 A. 17 32, 28,6 134 32, 28,6–29,7 104 A. 29 32, 29,9 134 32, 29,10–11 135 32, 30,8 134 32, 31,6 134 32, 31,7–8 135 32, 31,9 134

321

322 32, 31,8 134 40 262 A. 8 40, 51,16 263 A. 14 Vita Pythagorae (ed. des Places) 101 f. Vita Plotini (ed. Henry/Schwyzer) 102, 105, 105 A. 36, 106 f., 110 f. 1 110, 111 A. 58 2 106, 109 A. 53 3 109 A. 53 7 106 A. 42 8,19 ff. 106 9 106, 106 A. 41, 290 A. 29 10 107 12 109 A. 53, 283 A. 1 13 106 A. 41 22 108 23 106 A. 41, 108 23,3,7–12 109 A. 50 23,15 f. 109 A. 51 24 102 A. 18 Poseidonios (ed. Kidd) fr. 87 f. 26 A. 5 fr. 88 26 A. 5 fr. 91 26 A. 5 Proklos De decem dubitationibus circa providentiam (ed. Isaac) 249, 256 A. 76 De malorum subsistentia (ed. Isaac) III 46, 90,4–9 79 III 47, 91,3 f. 79 III 49, 93,8 –10 65 A. 98 IV 55, 101,8–102,13 81 A. 174 IV–V 55–60 240 A. 13 De providentia (ed. Isaac) 211, 211 A. 69 III 10–14 211 III 10,24–27 211 A. 71 III 13,2–8 211 A. 70 III 13, 38,25–39,40 80 III 14,5–7 211 A. 72 IV 15–26 216 A. 93 IV 16, 40,4–15 80 A. 172 IV 24,1–26,8 213 VI 35, 57,3–6 81 A. 175 VI 35, 58,10–12 81 A. 177

Indices VI 36,1–6 214 A. 81 VI 36,1–7 214 A. 84 VI 36, 58,9–59,12 80 A. 171 VII 37–39 257 A. 77 XI 55,3–5 214 A. 84 XI 55, 76,3–5 81 A. 176 XI 57–60 213 XI 57,15–27 213, 213 A. 79 XI 57,17–21 215 A. 89 XI 57, 77,8–10 80 XI 57, 77,17–20 80 A. 171 XI 59,7 f. 214 A. 82 XI 59,8 f. 214 A. 80 XI 59, 78,1–4 80 A. 171 XI 61, 80,20–23 81 A. 178 XII 62,1–63,10 211 A. 73 XII 62,2–8 212 A. 74 XII 63,1–7 209 A. 65 XII 64,1–4 212 A. 75 XII 64,1–65,4 211 A. 73 XII 64,5–9 212 A. 76 XII 65,1 f. 213 A. 77 XII 65,15–19 211 A. 73 Hymni (ed. Vogt) VI 8–10 255 A. 72 In Platonis Alcibiadem (ed. Segonds) 136 96,7–16 Cr. 135 A. 26 125–126,6 Cr. 45 166,7–17 Cr. 45 166,12 f. Cr. 45 A. 47 In Platonis Parmenidem (gr.) (ed. Steel) IV 943,4–9 81 A. 173 V 1014,12–16 156 In Platonis Parmenidem (lat.) (ed. Steel) VII 510,22 44 A. 43 VII 510,28 44 A. 43 VII 510,43 44 A. 43 In Platonis Timaeum (ed. Diehl) I 34,4 263 A. 15 I 56,15–24 156 I 303,27–304,7 40 A. 21 II 81,21 ff. 268 In Platonis Rem Publicam (ed. Kroll) I 12,25–13,6 135 A. 26 I 13,5 138 A. 41 II 99,1 f. 263 A. 15

1. Index locorum Theologia Platonica (ed. Saffrey/Westerink) 44 A. 45 I 2, 10,11–11,26 32 A. 31 II 6, 40,25–27 44 II 6, 41,5 f. 44 II 7, 48,14–19 256 A. 75 III 2, 7,21 f. 44 V 25, 94,19 263 A. 15 Psellus Peri aretôn (ed. O’Meara) Philos. Min. II, Opusc. 32,109–111 A. 26

136

Hermêneia eis to rhêton tês klimakos (ed. Gautier) Theolog. I, Opusc. 30,54–64 136 A. 26 De omnifaria doctrina (ed. Westerink) 48–55 136 A. 26 66–74 136 A. 26, 137 72 139 A. 46

Quintilian Institutio Oratoria (ed. Winterbottom) I pr. 16 27 A. 7 Sallustios De diis et mundo (ed. Nock) 18 247 18, 32,27–30 247 A. 47 18, 33,8–12 247 A. 47 19 251, 251 A. 55 Seneca Epistulae (ed. Reynolds) 28,9 279 A. 34 89,9 27 A. 7 92,3 185 A. 15 95,57 185 A. 15 107,11 201 A. 37 117,19 278 A. 29 Naturales quaestiones (ed. Gercke) I 6 278 A. 29

Ps.-Apuleius Asclepius (ed. Nock/Festugière) 11 247 A. 45

Sextus Empiricus Adversus Logicos (ed. Mutschmann) I 16 95

Ps.-Elias In Porphyrii Isagogen (ed. Westerink) 14,24 f. 136 A. 26

Adversus Mathematicos (ed. Mutschmann) VII 16 26 A. 5 VII 158 91 A. 1 VII 166 91 A. 1

Ps.-Platon Definitiones (ed. Burnet) 411 a 157 A. 76 411 a 3 143 A. 13 412 e 14 243 413 c 8 f. 184 413 e 288 A. 19 415 c 288 A. 19

323

Simplikios In Aristotelis Physica (ed. Diels) 181,10 ff. 97 A. 19 1167,23–27 145 A. 21 In Epicteti Enchiridion (ed. Hadot) proem. 78–104 136 A. 26

Ps.-Plutarch De vita et poesi Homeri (ed. Kindstrand) 136 143 A. 16

Speusippos (ed. Isnardi) frr. 102–107 146 fr. 101 151

De fato (ed. Paton/Pohlenz/Sieveking) 569 D–F 205 A. 50 570 A 205 A. 51 570 B 201 A. 33 570 C 205 A. 53, 206 A. 55 570 C–E 206 A. 54 570 E 205 A. 53, 207 A. 57

Stobaios (ed. Wachsmuth-Hense) I 383 151 A. 51 II 3 (=49,8–18) 245 A. 37 II 3 f. (49,8–25) 246 A. 42 II 7 103, 116 A. 9 II 7 (=37,18–57,12) 116 A. 9 II 7 (=57,13–116,18) 116 A. 9 II 7 (=116,19–152,12) 116 A. 9 II 7,1–4b (=37,15–57,12) 116, 117 A. 11, 129

324 II 7,2 (42,7–45,6) 117 II 7,2 (43,1–5) 118 II 7,3 f. 100, 103 II 7,3 f. (49,8–50,10) 118 II 7,3 f. (49,12 f.) 118 II 7,3 f. (49,11 f.) 118 II 7,3 f. (50,1–6) 118 II 7,3a–4b (45,11–57,12) 117 II 7,3g (50,11–51,17) 118 II 7,4a (54,12–55,4) 118 II 7,4a (55,7–10) 118 II 7,4a (55,14 f.) 119 II 7,4a (55,22–56,7) 118 II 44 26 A. 2 II 45,7 ff. 93 A. 7 II 49,8 ff. 93 II 49,8–50,10 100 II 49,16 ff. 94 II 50,5 f. 148 A. 39, 151 A. 49 II 50,11 f. 148 A. 39 II 55,22–56,7 148 A. 35, 155 A. 65 II 60,9 278 A. 29 II 130,18 f. 148 A. 39 II 131,2 155 A. 65 Stoicorum Veterum Fragmenta (ed. v. Arnim) I 61 198 A. 27 I 87, 24,31 f. 201 A. 32 I 153, 41,24 207 A. 58 I 175 201 A. 33 I 175, 44,31 f. 206 A. 56 I 175, 44,31–34 207 A. 58 I 187 142 A. 8 I 356, 80,25 f. 201 A. 36 I 527 201 A. 37 II 42 30 A. 19 II 304, 111,31 207 A. 58 II 528, 169,28 f. 201 A. 35 II 528, 169,30–35 207 A. 58 II 844 198 A. 26 II 913, 265,5–7 201 A. 33 II 914, 265,11–13 201 A. 33 II 924 206 A. 56 II 928–933, 267,31–268,19 207 A. 58 II 939, 270,21 f. 206 A. 56 II 940, 271,6–10 209 A. 63 II 941, 20 f. 205 A. 52 II 943, 271,42–272,15 209 A. 63 II 945, 273,25 f. 207 A. 58 II 956 205 A. 52 II 957 205 A. 52 II 974, 282,23–25 198 A. 27 II 974, 283,16–21 198 A. 26

Indices II 974, 283,24–34 199 A. 28 II 981, 286,13 f. 198 A. 27 II 1021, 305,16 f. 207 A. 58 II 1051, 310,24 f. 201 A. 32 II 1168, 335,25 f. 201 A. 32 III 5 146 A. 25 III 6 146 A. 25 III 7 146 A. 25 III 18 260 A. 2 III 29–37 149 III 29–45 142 A. 9 III 49–67 142 A. 9, 149 III 56 145 III 59 146 A. 25 III 80 145 A. 21 III 117 145 A. 21, 201 A. 39 III 117–119 201 A. 38 III 118, 28,27 f. 201 A. 38 III 127 201 A. 39 III 157 145 III 169 198 A. 26 III 169, 40,17–19 198 A. 26 III 171 198 A. 26 III 173 185 A. 14 III 177 198 A. 26 III 200 a, 48,23 f. 201 A. 36 III 264 278 A. 29 III 339, 83,5 201 A. 35 III 343, 84,22 201 A. 34 III 431 f. 185 A. 14 III 539 125 III 586 144 A. 17 Synesios von Kyrene Dion (ed. Lamoureux/Aujoulat) 9 135 A. 26 De insomniis (ed. Terzaghi) 159,14 f. 263 A. 14 Epistulae (ed. Garzya/Roques) 140 135 A. 26 Hymni (ed. Lacombrade) 1, 573 f. 263 A. 14 9, 122–127 255 A. 73 Theo Smyrnaeus Expositio rerum mathematicarum (ed. Hiller) 8,18–9,7 246 A. 41, 247 A. 46 14,17–16,2 31 A. 24 14,18–16,2 100

2. Index rerum et nominum Thomas Aquinas (ed. Leon.) Summa theologiae I–II, q. 61 art. 5 135 A. 23

Vetus Testamentum Numeri (ed. Rahlfs) 23,19 250

Quaestiones disputatae de virtutibus cardinalibus Art. 4, ad septimum 135 A. 23

Xenocrates (ed. Isnardi) frr. 225–230 240 A. 13 fr. 232 151 frr. 241–249 146 fr. 24 f. (ed. Heinze) 240 A. 13

Timaeus Locrus De natura mundi et animae (ed. Marg) 50, 219 96 A. 16

325

2. INDEX RERUM ET NOMINUM Affekte/Affektfreiheit: (Aristoteles) 161, (Epikureismus) 279, (Plutarch) 167, (Stoa) 275 Affinität Platonismus – Stoa: 157 f Albinos: 100, 116, 286 Alexander von Aphrodisias: 142, 200, 207 f, 210 Alkinoos: 29, 31, 39, 97, 100, 103, 116, 119–123, 131, 143, 147–149, 151, 162 f, 202–209, 210, 221–224, 284–289 Allegorese: 103 Akademie: (Alte) 115, 142 f, 150 A. 46, 153, (Jüngere) 143 Amelios: 101 A. 13, 107 f ajnavgkh: s. Notwendigkeit Angleichung an Gott: (Alkinoos) 39 f, 122, (Aristoteles) 38 A. 13, (Mittelplatoniker) 247–249, 285 f, (Neuplatoniker) 36, 91–98, 99–111, 285 f, (Platon) 99, 122, 194, 245–247, (Plotin) 41, 132, (Proklos) 215, (Stobaios, Doxographie) 118 f, (aus hellenistischer Philosophie rezipiert) 275 f a[nodo~: s. Aufstieg Antiochos von Askalon: 26–33, 91 f, 115 f, 119, 129, 142 f, 146, 150 Antipatros von Tarsos: 145 Antrieb: (Plutarch) 226 Apuleius: 26, 60–71, 100, 103, 116, 119, 123–127, 131, 146 f, 163–165, 224, 284, 287–289 Areios Didymos: 93 A. 7, 94, 116 f, 151 A. 49 ajrethv: s. Tugend Aristoteles: 31, 38, 91, 118, 131, 133 A. 13, 139, 150 A. 46, 151 A. 49, 153, 173, 222–226, 230, 259, 273–276 Arkesilaos: 91

Askese: 110 Asklepios: 247 Attikos: 26, 29, 30, 39 A. 16, 143, 285 Aufstieg: 110 Augustinus: 26, 71–77, 274 aujtavrkeia: s. Autarkie Autarkie: (allgemein) 141–158, (Platon) 144 f, (platonisch) 145–158, (Stoa) 142 f Begehren/Begehrlichkeit: (Apuleius) 60–71, (Aristoteles) 224, (Augustinus) 74 f, (Dionysios Areopagites) 87–89, (Platon) 51–60, 184 f, (Plotin) 230 Begründbarkeit von Ethik: 44 Beherrschtheit: (Plutarch) 167 (das) Böse: (Apuleius) 66, (Augustinus) 79, (Maximos von Tyros) 241 Boethius: 213, 274 Bonaventura: 135 bouvlhsi~: s. Wille Chaldäer: 137 Charakter: (Aristoteles) 161, (Plutarch) 226 Chrysippos: 30, 145, 185, 199 A. 28 Cicero: 26, 115, 146 f Corpus Hermeticum: 247 cupido/libido: s. Begehren/Begehrlichkeit Damaskios: 102, 104 A. 29, 111, 136, 138, 140, 251, 274, 277 Demiurg: 37, 147 A. 32 Diogenes Laërtios: 26, 149 f, 152 Dionysios Areopagites: 81–89 ejgkravteia: s. Beherrschtheit eiJmarmevnh: s. Schicksal (das) Eine: (Plotin) 42–22 Einswerdung: 108 f, (als Glückseligkeit) 157 eJkouvsion: s. Freiwilligkeit electio: s. Entscheidung/Wahl

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Indices

(to;) e{n: s. (das) Eine Engel: (Dionysios Areopagites) 87–89 Entscheidung/Wahl: (Proklos) 80 f, 214, (Bewusstsein und Spontaneität der) 219–236, (Freiheit der) 191–218 Entschlossenheit/psychischer Impetus: (Aristoteles) 224, (Apuleius) 60–71, (Dionysios Areopagites) 87–89, (Platon) 51–60, 184 f, (Plotin) 230 e{nwsi~: s. Einswerdung Epiktetos: 70 A. 129, 274 Epikuros: 278, 280 Epikureismus: 274–281 (to;) ejf∆ hJmin: s. Freiheit Epilogismos: 167, 278–281 ejpiqumiva/ejpiqumhtikovn: s. Begehren/ Begehrlichkeit ejpistrofhv: 110 Erziehung: (Plutarch) 159–170 Ethik – Stellung in Philosophie: 25–33, 222 Eudämonismus: 173, 237 eujdaimoniva: s. Glückseligkeit Eudoros von Alexandria: 26, 30, 93 f, 100, 117 f, 127, 148 A. 35 Eunapios: 102 eujsevbeia: s. Frömmigkeit h\qo~: s. Charakter fatum: s. Schicksal Freiheit: (Mittelplatonismus) 202–209, (Neuplatonismus) 210–216, (Platon) 193–197, (Proklos) 81 f, 191–218, (Stoa) 198–202, (Handlungs-/Entscheidungsfreiheit) 291 ff Freiwilligkeit: 229 f Freundschaft: (Apuleius) 70 Frömmigkeit/Gottlosigkeit: 247 f Gaios: 116, 162 Galenos: 100 Glückseligkeit: (allgemein) 141–158, (Alkinoos) 121, (Antiochos von Askalon) 142, (Aristoteles) 38, 141 f, (Epikureer) 99, (Neue Akademie) 91 A. 1, (Plotin) 42, 110, 153–156, (Polemon) 152 f, (Sokrates) 144, (Speusippos) 151, (Stoa) 99, 142, (Xenokrates) 152, (Eudaimonie-Grade) 157 Gott/Götter: (allwissend) 208 f, 211–216, (allmächtig) 207, (Erster Gott) 40 A. 20 f, 120, (Zweiter Gott) 122, (Gott und Tugenden) 132 A. 5, 134 A. 14, (Helfer der Menschen) 237–258, (höchstes Gut) 124, (strafend) 247–251, (Vorbild) 242 Güterlehre: (allgemein) 115, 142, (Bedeutung äußerer Güter) 150, (Einteilung der Güter)

118–121, 123–127, 142, 214 f, (höchstes Gut/summum bonum) 71, 74 f, 78, 85, 115, 119, 155 (das) Gute: (als Handlungsziel) 126, 174 f, 184, 188 f, 194 f, 203, 213, (als ontologisches Prinzip) 35–38, 43 f, 78, 81, 149 Handlung: (Begriff) 221–225, (rationale/ irrationale Komponenten) 226–229 Handlungstheorie: (platonisch) 219–236, (Stoa) 198 f Hermarchos: 276 Hierarchie: (Dionysios Areopagites) 86, (ontologisch im paganen Platonismus) 91–98 Hobbes: 185 Homer: 94 A. 12, 102, 118 Iamblichos: 101 f, 104, 106, 108 A. 47, 111, 137, 140, 251–255 Ideen/Ideenwelt: (allgemein) 36, (Idee des Guten) 36–38, (Identität der Idee des Guten mit dem Schönen) 37 Integration hellenistischer Lehren in Platonismus: 273–290 Intellekt: (Aristoteles) 39, (Alkinoos)120, (Plotin) 41 Intellektualismus: (platonisch) 176 f, 187 f, 220, 232, (stoisch) 240 f irascentia: s. Entschlossenheit Isidoros: 111 Iulianos (Apostates): 273 Karneades: 91, 145 Klemens von Alexandria: 31, 150 f Kontingenz: 202 f, 207, 209, 211–213 Kynismus: 153 A. 61 lovgo~/logistikovn: s. Vernunft Longinos: 100 f, 105 A. 37 Lucretius: 278 f Macrobius: 138, 140, 276 Marinos: 101 f, 104 A. 29, 111, 135–140, 157 Materie: (Bedeutung für Ethik) 259–265 Maximos von Tyros: 100 f, 115, 241 Metriopathie: 147, 159, 165, 275 Naturgesetzlichkeit: 196 A. 22 Notwendigkeit: (Platon) 196 A. 22, 241, (Proklos) 81 f nou`~: s. Intellekt Numenios: 40 Odysseus: 94 A. 12, 101 f, 105 Olympiodoros: 138, 140, 290 oJmoivwsi~ qew':/ s. Angleichung an Gott o[rexi~: s. Streben Origines: 32 oJrmhv: s. Antrieb

2. Index rerum et nominum Orpheus: 108 A. 47 Orphik: 137 paideiva: s. Erziehung pavqo~: s. Affekte Parmenides: 49 f Paulus: 185 Peripatos: 142 Philodemos von Gadara: 279 f Philon von Alexandria: 250 Philon von Larissa: 91 Philosoph: (Eigenschaften/Aufgaben) 37 f, 223 Philosophie – System/Einteilung: (Ethik, Logik, Physik) 25–29, (Logik, Physik, Ethik) 30, (Physik, Ethik, Logik) 94, 284, ([Logik] Ethik, (Logik) Physik, Epoptik) 30, (theoretisch, praktisch, [dialektisch]) 29, 221 f, 285 f, (politisch) 283–290, (praktische Philosophie unterteilt in Ethik, Ökonomik, Politik) 284 Philosophie – Therapie/ars vitae: 167, 273, 280 Platon: (Freiheitsbegriff) 193–197, 226, (stoisch umgedeutet) 149, (Übereinstimmung mit Aristoteles) 157 A. 76, 159 f, 273, (Theologie) 237–240 Platonopolis: 283, 289 Plotin: 40, 76 A. 161, 97, 101–111, 129, 131–134, 138 f, 143, 153–156, 210, 221–225, 229–235, 251, 260–269, 273, 287, 289 f Plutarch: 29, 30, 31, 95 f, 100, 143, 165–168, 226–229, 249, 274, 280 f, (Pseudo-) 203 Polemon: 91 f, 115, 146, 150 f Polis: (als Ort guten Lebens) 287–289, (Verfassungsformen) 289 Porphyrios: 76 A. 161, 101 f, 104–109, 131, 134–138, 156 A. 75, 209, 213, 251, 273, 277, 287 Poseidonios: 99 praeparatio philosophica: 274, 277, 281 pra`xi~: s. Handlung proaivresi~: s. Entscheidung/Wahl Proklos: 32, 44 f, 77–82, 101, 106, 111, 136, 138 f, 156 A. 75, 157 A. 76, 211–213, 249, 251, 277 provnoia: s. Vorsehung/Fürsorge Psellos: 135, 137, 139 A. 46 Pythagoras: 101, 108 A. 47, 111, 118, 226 (pars) rationabilis: s. Vernunft Schicksal: (Alexander von Aphrodisias) 200–202, (Alkinoos) 204–209, (Apuleius) 68, 70, (Mittelplatonismus) 203–208,

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(Neuplatonismus) 210–216, (Platon) 196, (Stoa) 201 Seele/Seelenteile: (Alkinoos) 162 f, (Apuleius) 60–71, 163–165, (Aristoteles) 160–162, (Platon) 51–60, (Plutarch) 165, 226, (Proklos) 77–82, (Stoa – keine Seelenteile) 226, (höhere – niedere) 265–269, (nicht herabgestiegener Seelenteil bei Plotin) 155, (Verhältnis Seele – Körper) 61, 260–269 Simplikios: 145 A. 21, 290 Skeptizismus: 91 Sokrates: 37, 44, 49, 51–60, 93, 118, 131, 144, 168, 174–189, 273, (Daimonion) 245 sofiva/sofov~: s. Weisheit/Weiser Speusippos: 115, 146, 150–152 spoudai`o~: s. Weisheit/Weiser Stobaios: 103, 116 f Streben: 184, 229–235 Syrianos: 251 Systematisierung der Lehrinhalte: 207 Telos/Telos-Lehre: (Alkinoos) 122, (Antiochos von Askalon) 92, (Apuleius) 123–127, (Plotin) 110, (platonisch) 91–98, 127 f, 285, (stoisch) 92 qei`o~ ajnhvr: 101, 105 f, 111 Theodizee: 207, 244 f Theologie: 30, 31 Theon von Smyrna: 30, 31, 32, 100 Theophrast: 116 Theurgie: 108, 137, 251–257 Thomas von Aquin: 135, 173 qumov~: s. Entschlossenheit/psychischer Impetus Tugend/Tugendlehre: (Alkinoos) 162 f, (Plotin) 76 A. 161, (Plutarch) 165–168, (Porphyrios) 76, A. 161, (Lehrbarkeit) 159–170, (Tugendgrade) 104, 131–140, 157, 162 f, (Verhältnis zu Erkenntnis) 160–169, (Voraussetzung für Freiheit) 215 f, (Voraussetzung für Glückseligkeit) 141–158 Unbewegter Beweger: 38 Verfassungsformen: (analog zu Seelenteilen) 60 A. 58 Vernunft: (Apuleius) 60–71, (Dionysios Areopagites) 87–89, (Platon) 51–60, (Verhältnis zu Tugend) 160–165, 168, 176 f, (Verhältnis zu Handlung) 226, 230, 265–269 Voluntarismus: 220 voluntas: s. Wille Vorsehung/Fürsorge: (Mittelplatonismus) 207 f,

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Indices

(Neuplatonismus) 210–216, (Platon) 196 f, (Plotin) 267, (Proklos) 81, (Stoa) 207 Weisheit/Weiser: (Apuleius) 125–127, (Aristoteles) 39 A. 15, (Marinos) 157, (Platon) 241, (Platoniker allgemein) 111, (Plotin) 42, 104, 106, 155, (Proklos) 45, 80 f, (stoisch) 71 f, 142, 198, 240 Widerpruchsaxiom: 49–60

Wille: (Alkinoos) 221–224, (Apuleius) 64–66, (Augustinus) 71–77, (Platon) 173–189, (Plotin) 185, 221–236, (Proklos) 77–82, (Stoa) 185 Xenokrates: 94, 146, 150–152 Xenophanes: 237 Zenon: 25, 142

AUTORENVERZEICHNIS Bonazzi, Mauro Mauro Bonazzi è ricercatore e professore aggregato di storia della filosofia antica presso l’Università degli Studi di Milano. Si è occupato della storia del platonismo, con particolare riferimento all’Academia ellenistica e al medioplatonismo. Tra le sue pubblicazioni si segnalano Academici e platonici. Il dibattito antico sullo scet­ ticismo di Platone (2003) e una recente edizione del Menone di Platone (2010). Ha anche curato diversi volumi sul platonismo, tra cui Platonic Stoicism. Stoic Platon­ ism. The Dialogue between Stoicism and Platonism in Antiquity (2007 con Christoph Helmig) e The Origins of the Platonic System. Platonisms of the Early Empire and their Philosophical Contexts (2009 con Jan Opsomer). Dillon, John John Dillon is Regius Professor of Greek (Emeritus), at Trinity College Dublin. He has written extensively in the area of the Platonic tradition. His works include Iam­ blichi in Platonis Dialogos Commentariorum Fragmenta (1973, republished as Iamblichus, The Platonic Commentaries, 2010); The Middle Platonists (1977, 2nd ed. 1996); Alcinous: The Handbook of Platonism (1992); and The Heirs of Plato: A Study of the Old Academy (2003). Drews, Friedemann Privatdozent Dr. Friedemann Drews, geboren 1977, studierte Latinistik, Gräzistik, Vergleichende Sprachwissenschaft (Indogermanistik) und Anglistik an den Universitäten Rostock und Newcastle upon Tyne (GB). Nach der Promotion bei Frau Prof. Dr. Christiane Reitz (Heinrich Schliemann-Institut für Altertumswissenschaften, Universität Rostock) im Jahre 2007 mit der Dissertation Menschliche Willensfrei­ heit und göttliche Vorsehung bei Augustinus, Proklos, Apuleius und John Milton (erschienen 2009) arbeitet er seit dem Frühjahr 2009 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am selben Institut in der Gräzistik (Lehrstuhl Prof. Dr. Wolfgang Bernard). Dort wurde er 2010 im Fach ‚Klassische Philologie‘ habilitiert mit der Habilitationsschrift Methexis, Rationalität und Mystik in der ‚Kirchlichen Hierarchie‘ des Dionysius Areopagita (erschienen 2011) und einem Vortrag zur Augustinus-Rezeption bei Sophie Scholl. Erler, Michael Michael Erler (* 1953), Studium der Klassischen Philologie und Philosophie ab 1973 in Köln und London (University College). 1977 Promotion (Köln), 1985 Habilitation (Konstanz), 1987/8 Junior Fellow Center for Hellenic Studies, Washington D.C., 1990 Fellow Institute for Advanced Studies, Edinburgh, 1989 Professor (C 3) für Klassische Philologie (Schwerpunkt Latein) in Erlangen, 1992 o. Profes-

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sor für Klassische Philologie (Schwerpunkt Griechisch) in Würzburg. Monographien: Sammelbände und Aufsätze zu Proklos, Platon, Epikur, Epikureismus. Forschungsschwerpunkte: Griechische und römische Philosophie (Platonismus, Epikureismus), Drama, hellenistische Dichtung, griechische Literatur der Kaiserzeit. Buchveröffentlichungen (Auswahl): Der Sinn der Aporien in den Dialogen Platons (1987). Epikur – Die Schule Epikurs – Lukrez, in: Die Philosophie der Antike, Band 4,1 (1994). Römische Philosophie, in: Einleitung in die lateinische Philologie. Hg. v. F. Graf (1997). Platon. (2006). Platon, in: Die Philosophie der Antike Band 2,2 (2007). Ferrari, Franco Franco Ferrari (* 1964) ist Ordinarius für Philosophie an der Universität Salerno. Er studierte in Pavia, Turin, San Marino und Bern und war Alexander von Humboldt-Stipendiat an der Universität Münster, wo er am Projekt Der Platonismus in der Antike unter der Leitung von Matthias Baltes mitwirkte. Gegenwärtig ist er Mitglied des Editorial Board der International Plato Studies. Er beschäftigt sich vorrangig mit Platons Denken und dessen Rezeption in der Antike. Unter anderem wurden von ihm herausgegeben: Dio, idee e materia. La struttura del cosmo in Plutarco (1995); die textkritische Ausgabe mit Übersetzung und Kommentar zu Plutarchs De animae procreatione in Timaeo (2002); Platone, Parmenide (2004); I miti di Platone (2006); Platone, Teeteto (2011). Zusammen mit I. Männlein-Robert besorgte er den Abschnitt zu Mittelplatonismus und Neupythagoreismus in der Neuauflage von Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie. Helmig, Christoph Christoph Helmig (*1973) ist Juniorprofessor für Klassische Philologie (mit dem Schwerpunkt Spätantike) und kooptierter Juniorprofessur für Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach Studien in Münster und am Trinity College Dublin wurde er an der Katholieke Universiteit Leuven mit einer Arbeit zur Epistemologie des Neuplatonikers Proklos promoviert. Forschungsschwerpunkte sind die antike Philosophie im Allgemeinen und insbesondere der Neuplatonismus und die griechischen Aristoteleskommentatoren. Wichtigste Veröffentlichung: Forms and Concepts – Concept Formation in the Platonic Tradition. A Study on Proclus and his predecessors, Berlin 2011. Horn, Christoph Geb. 1964, Studium der Philosophie, der Klassischen Philologie und der Theologie, Promotion mit einer Arbeit über Plotin, ist Professor für Philosophie an der Universität Bonn. Arbeitsschwerpunkte: Philosophie der Antike und Praktische Philosophie der Gegenwart. Publikationen: Plotin über Sein, Zahl und Einheit, Stuttgart/ Leipzig 1995. Augustinus, München 1995. Antike Lebenskunst, München 1998. Politische Philosophie, Darmstadt 2003. Grundlegende Güter, Frankfurt a.M. (im Erscheinen). Herausgebertätigkeit: Augustinus, De civitate dei, Berlin 1997. (mit Ch. Rapp): Wörterbuch der antiken Philosophie, München 2002. (mit N. Scarano): Philosophie der Gerechtigkeit. Texte von der Antike bis zur Gegenwart, Frankfurt

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a.M. 2002. (mit D. Schönecker): Groundwork for the Metaphysics of Morals, Frankfurt a.M. 2006. (mit C. Mieth und N. Scarano): Kant. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Frankfurt a.M. 2007. (mit Ada Neschke): Politischer Aristotelismus. Die Rezeption der aristotelischen ‚Politik‘ von der Antike bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart/Weimar 2008. (mit J. Müller und J. Söder): Platon-Handbuch, Stuttgart 2009. (mit Guido Löhrer): Gründe und Zwecke, Frankfurt a.M. 2010. Platon, Symposion, Berlin 2011 (‚Klassiker Auslegen‘, Bd. 39). Karfík, Filip Filip Karfík, Professor für antike Philosophie an der Universität Fribourg. Veröffentlichungen: Plotins Metaphysik der Freiheit (auf Tschechisch 2002); Die Besee­ lung des Kosmos. Untersuchungen zur Kosmologie, Seelenlehre und Theologie in Platons Phaidon und Timaios (2004); Aufsätze zu Platon, antiker Philosophie und der Philosophie des 20. Jh. Mitherausgeber der Proceedings of the Symposuim Pla­ tonicum Pragense: The Republic and the Laws of Plato (1998), Plato’s Phaedo (2001), Plato’s Protagoras (2003), Plato’s Parmenides (2005), Plato’s Theaetetus (2008), Plato’s Sophist (2011). Lavecchia, Salvatore Salvatore Lavecchia (1971) wurde promoviert in Klassischer Philologie an der Scuola Normale Superiore von Pisa. Nach Forschungsaufenthalten in London, München, Oxford und Tübingen ist er jetzt Professor für Geschichte der Antiken Philosophie an der Università degli Studi von Udine. Er veröffentlichte Monographien zu Pindar (Pindari Dithyramborum Fragmenta [2000]) und Platon (Una via che conduce al divino. La ‚homoiôsis theôi‘ nella filosofia di Platone [2006]); Oltre l’Uno ed i Molti. Bene ed Essere nella filosofia di Platone (2010) sowie Aufsätze zur Griechischen Lyrik, zu Platon und zur Geschichte der Griechischen Religion. Linguiti, Alessandro Alessandro Linguiti (PhD 1989) has been Associate Professor of the History of Ancient Philosophy at the Department of Philosophy and Social Sciences of the University of Siena since 2001. He is a former fellow (1997–1998) of the Center for Hellenic Studies in Washington D.C., and has been a member of the Academia Platonica Septima Monasteriensis founded by M. Baltes since 2002. Main publications: Anonymous, Commentary on the Parmenides, in: Corpus dei papiri filosofici greci e latini, III (1995) 63–202; Dottrina delle idee nel neoplatonismo, in: F. Fronterotta – W. Leszl (ed.): Eidos­Idea. Platone, Aristotele e la tradizione platonica (2005) 247–261; Plotin, Traité 36 (I 5) (2007); Proclo, Teologia Platonica, a cura di M. Casaglia e A. Linguiti (2007); Physis as Heimarmene: On some fundamental principles of the Neoplatonic philosophy of nature, in: R. Chiaradonna-F. Trabattoni (edd.): Physics and Philosophy of Nature in Greek Neoplatonism (2009) 173– 188.

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Männlein-Robert, Irmgard Irmgard Männlein-Robert (* 1970) studierte zunächst die Fächer Griechisch, Latein und Germanistik für das Lehramt an Gymnasien an der Universität Würzburg sowie am University College, London und am Royal Holloway College, Egham/ Surrey (1989–1996). Nach einem Promotionsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes erfolgte im Jahre 2000 die Promotion im Fach Klassische Philologie mit der Dissertation Longin, Philologe und Philosoph. Eine Interpretation der erhaltenen Zeugnisse an der Universität Würzburg (preisgekrönt von der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung, Würzburg). Es folgte eine Stelle als Wissenschaftliche Assistentin für Gräzistik am Institut für Klassische Philologie der Universität Würzburg (2000–2006), schließlich 2005 die Habilitation mit der Arbeit Stimme, Schrift und Bild: Zum Verhältnis der Künste in der hellenistischen Dichtung (erschienen 2007). Seit 2006 ist I. Männlein-Robert Ordentliche Professorin für Griechische Philologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. O’Meara, Dominic Dominic O’Meara promovierte bei Pierre Hadot, Paris (Sorbonne) und ist Professor emeritus am Departement der Philosophie der Universität Freiburg (Schweiz). Er interessiert sich für die Philosophie der Spätantike und ihre Rezeption im mittelalterlichen Osten (Byzanz und Islam) und Westen. Veröffentlichungen sind unter anderen Pythagoras Revived. Mathematics and Philosophy in late Antiquity (1989); Plotinus. An Introduction to the Enneads (1993); Platonopolis. Platonic Political Philosophy in late Antiquity (2003). Perkams, Matthias Matthias Perkams (* 1971 in Bonn) studierte 1991–1996 Philosophie, Katholische Theologie und Klassische Philologie in Bonn, Jerusalem und Münster. 1996–1997 lehrte er am Jesuitengymnasium Kaunas, Litauen. Die Promotion erfolgte 2000 (Bonn), die Habilitation 2006 (Jena). 1998–2001 war er Mitarbeiter am Franz-Joseph-Dölger-Institut zur Erforschung der Spätantike (Bonn), 2001–2006 Mitglied der Nachwuchsgruppe ‚Spätantike und byzantinische Literatur‘ (Jena). 2003–2004 war er als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Oxford (Wolfson College), 2007–2009 als Heisenberg-Stipendiat in München (Martin-GrabmannInstitut). Seit 2009 ist er Akademischer Rat für Philosophie und Klassische Philologie in Jena. Veröffentlichungen: Selbstbewusstsein in der Spätantike. Die neuplato­ nischen Kommentare zu Aristoteles’ ‚De anima‘ (2008); Liebe als Zentralbegriff der Ethik nach Peter Abaelard (2001); Peter Abaelard, Theologia ,Scholarium‘ (hg. und übers., 2010); Siger von Brabant, Über die Lehre vom Intellekt nach Aris­ toteles. Quaestiones in tertium de anima (hg. und übers., 2007); Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik (hg. zusammen mit R.M. Piccione, 2006); Das Problem der Willensschwäche in der mittelalterlichen Philosophie. The Problem of Weak­ ness of Will in Medieval Philosophy (hg. zusammen mit T. Hoffmann und J. Müller, 2006); Selecta colligere, II. Beiträge zur Technik des Sammelns und Kompilierens griechischer Texte von der Antike bis zum Humanismus (hg. zusammen mit R. M. Piccione, 2005); Selecta colligere, I. Akten des Kolloquiums ‚Sammeln, Neuordnen,

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Neues Schaffen. Methoden der Überlieferung von Texten in der Spätantike und in Byzanz‘ (hg. zusammen mit R.M. Piccione, 2003); zahlreiche Aufsätze zur antiken und mittelalterlichen sowie zur praktischen Philosophie. Pietsch, Christian Christian Pietsch (* 1960) studierte von 1980–1986 Klassische Philologie und Philosophie an den Universitäten Mainz und Tübingen. 1992 wurde er mit der Arbeit Prinzipienfindung bei Aristoteles. Methoden und erkenntnistheoretische Grundla­ gen (erschienen 1992) promoviert, 1996 mit der Arbeit Die Argonautika des Apol­ lonios von Rhodos. Untersuchungen zum Problem der einheitlichen Konzeption des Inhalts (erschienen 1999) habilitiert. Er ist seit 2003 Ordentlicher Professor für Klassische Philologie/Gräzistik an der Universität Münster. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich der antiken Philosophie, aber auch der griechischen, vor allem der hellenistischen Literatur. Er betreut seit dem Tod von Matthias Baltes (2003) das Forschungsprojekt ‚Der Platonismus in der Antike‘ (zuletzt erschienen: Band 7,2: Platonische Theologie [2008]), ist in den letzten Jahren jedoch zunehmend auch in interdisziplinäre Forschungen eingebunden, was u. a. in der 2010 unter seiner Leitung erfolgten Gründung der Graduate School ‚European Classics‘ zum Ausdruck kommt. Smith, Andrew Andrew Smith is emeritus Professor of Classics at University College Dublin and Associate Director of the Platonic Centre, Trinity College Dublin. He studied in Hull and Bern. His books include Porphyry’s Place in the Neoplatonic Tradition (1974), the Teubner edition of Porphyry’s fragments (1994), Philosophy in Late Antiquity (2004) and his collected papers, Plotinus, Porphyry and Iamblichus: Phi­ losophy and Religion in Neoplatonism (2011). He is currently working on a book entitled The Philosophy of Image in Plotinus and is jointly editing with John Dillon a series of philosophical commentaries on Plotinus’ Enneads. Tornau, Christian Christian Tornau (*1967) ist Professor für Klassische Philologie an der Universität Würzburg. Er ist Verfasser zahlreicher Studien zur antiken und patristischen philosophischen Tradition, insbesondere zu Plotin und Augustinus. Wichtigste Veröffentlichungen: Plotin, Enneaden VI 4–5 [22–23]. Ein Kommentar (1998); Zwischen Rhetorik und Philosophie. Augustins Argumentationstechnik in ‚De civi­ tate Dei‘ und ihr bildungsgeschichtlicher Hintergrund (2006).

philosophie der antike Veröffentlichungen der Karl und Gertrud Abel-Stiftung

Herausgegeben von Wolfgang Kullmann in Verbindung mit Jochen Althoff und Georg Wöhrle.

Franz Steiner Verlag

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ISSN 0943–5921

Klaus Döring / Theodor Ebert (Hg.) Dialektiker und Stoiker Zur Logik der Stoa und ihrer Vorläufer 1993. 361 S., Ln. ISBN 978-3-515-06208-4 Georg Wöhrle (Hg.) Anaximenes aus Milet Die Fragmente zu seiner Lehre 1993. 88 S., kt. ISBN 978-3-515-06207-7 Karlhans Abel Die Sinnfrage des Lebens Philosophisches Denken im Vorund Umfeld des frühen Christentums 1995. 334 S., Ln. ISBN 978-3-515-06491-0 Brigitte Wilke Vergangenheit als Norm in der platonischen Staatsphilosophie 1997. 275 S., Ln. ISBN 978-3-515-06619-8 Wolfgang Kullmann Aristoteles und die moderne Wissenschaft 1998. 532 S., Ln. ISBN 978-3-515-06620-4 Wolfgang Kullmann / Sabine Föllinger (Hg.) Aristotelische Biologie Intentionen, Methoden, Ergebnisse. Akten des Symposions über Aristoteles’ Biologie vom 24.–28. Juli 1995 in der Werner-Reimers-Stiftung in Bad Homburg 1997. 444 S., Ln. ISBN 978-3-515-07047-8 Carolin M. Oser-Grote Aristoteles und das Corpus Hippocraticum Die Anatomie und Physiologie des Menschen 2004. 349 S., Ln. ISBN 978-3-515-06823-9 in Vorbereitung Therese Fuhrer / Michael Erler (Hg.) Zur Rezeption der hellenistischen Philosophie in der Spätantike

Akten der 1. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 22.–25. September 1997 in Trier 1999. 314 S., Ln. ISBN 978-3-515-07442-1 10. Mark Joyal The Platonic Theages An Introduction, Commentary and Critical Edition 2000. 335 S., Ln. ISBN 978-3-515-07230-4 11. Michael Erler / Robert Bees (Hg.) Epikureismus in der späten Republik und der Kaiserzeit Akten der 2. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 30. September – 3. Oktober 1999 in Würzburg 2000. 316 S., Ln. ISBN 978-3-515-07494-0 12. Franjo Kovačić Der Begriff der Physis bei Galen vor dem Hintergrund seiner Vorgänger 2001. 320 S., Ln. ISBN 978-3-515-07435-3 13. Barbara Wehner Die Funktion der Dialogstruktur in Epiktets Diatriben 2000. 301 S., Ln. ISBN 978-3-515-07434-6 14. William W. Fortenbaugh / Georg Wöhrle (Hg.) On the Opuscula of Theophrastus Akten der 3. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 19.–23. Juli 1999 in Trier 2002. 245 S., Ln. ISBN 978-3-515-07888-7 15. Wolfgang Detel / Alexander Becker / Peter Scholz (Hg.) Ideal and Culture of Knowledge in Plato Akten der 4. Tagung der Karl- und GertrudAbel-Stiftung vom 1.–3. September 2000 in Frankfurt 2003. 288 S., Ln. ISBN 978-3-515-08337-9 16. Ralf Lengen

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Form und Funktion der aristotelischen Pragmatie 2002. 245 S., Ln. ISBN 978-3-515-07798-9 William W. Fortenbaugh Theophrastean Studies 2003. 345 S., Ln. ISBN 978-3-515-07808-5 Joachim Knape / Thomas Schirren (Hg.) Aristotelische Rhetoriktradition Akten der 5. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 5.–6. Oktober 2001 in Tübingen 2005. 406 S., Ln. ISBN 978-3-515-08595-3 Dae-Ho Cho Ousia und Eidos in der Metaphysik und Biologie des Aristoteles 2003. 345 S., Ln. ISBN 978-3-515-07945-7 Wolfgang Kullmann Philosophie und Wissenschaft in der Antike Kleine Schriften zu ihrer Geschichte und ihrer Bedeutung für die Gegenwart 2010. 363 S., Ln. ISBN 978-3-515-08209-9 Arbogast Schmitt / Gyburg Radke-Uhlmann (Hg.) Philosophie im Umbruch Der Bruch mit dem Aristotelismus im Hellenismus und im späten Mittelalter – seine Bedeutung für die Entstehung eines epochalen Gegensatzbewusstseins von Antike und Moderne. 6. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 29.–30. November 2002 in Marburg 2009. 244 S., Ln. ISBN 978-3-515-09084-1 Klaus Döring / Michael Erler / Stefan Schorn (Hg.) Pseudoplatonica Akten des Kongresses zu den Pseudoplatonica vom 6.–9. Juli 2003 in Bamberg 2005. 300 S., Ln. ISBN 978-3-515-08643-1 Jochen Althoff (Hg.) Philosophie und Dichtung im antiken Griechenland Akten der 7. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 10.–11. Oktober 2002 in Bernkastel-Kues 2007. 156 S., Ln. ISBN 978-3-515-08824-4

24. Klaus Corcilius / Christof Rapp (Hg.) Beiträge zur Aristotelischen Handlungstheorie Akten der 8. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 8.–11. Juli 2004 in Blankensee 2008. 217 S. mit 4 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-09057-5 25. Markus Asper Griechische Wissenschaftstexte Formen, Funktionen, Differenzierungsgeschichten 2007. 453 S., Ln. ISBN 978-3-515-08959-3 26. in Vorbereitung 27. Sabine Föllinger (Hg.) Was ist ‚Leben‘? Aristoteles’ Anschauungen zur Entstehung und Funktionsweisen von Leben. Akten der Tagung vom 23.–26. August 2006 in Bamberg 2010. 420 S. mit 6 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-09244-9 28. Therese Fuhrer (Hg.) Die christlich-philosophischen Diskurse der Spätantike Texte, Personen und Institutionen. Akten der Tagung vom 22.–25. Februar 2006 am Zentrum für Antike und Moderne der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 2008. 438 S., Ln. ISBN 978-3-515-09083-4 29. in Vorbereitung 30. Wolfgang Kullmann Naturgesetz in der Vorstellung der Antike, besonders der Stoa Eine Begriffsuntersuchung 2010. 189 S., Ln. ISBN 978-3-515-09633-1 31. Klaus Döring Kleine Schriften zur antiken Philosophie und ihrer Nachwirkung 2010. 391 S. mit 1 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-09328-6 32. Christian Pietsch (Hg.) Ethik des antiken Platonismus Der platonische Weg zum Glück in Systematik, Entstehung und historischem Kontext. Akten der 12. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 15.–18. Oktober 2009 in Münster 2013. 333 S., Ln. ISBN 978-3-515-10158-5