Erneuerbare Energien: Systemtechnik · Wirtschaftlichkeit · Umweltaspekte [6. Aufl.] 9783662611890, 9783662611906

Dieses Standardwerk stellt die physikalisch-technischen Grundlagen und die aktuelle Systemtechnik für Anlagen und System

207 99 36MB

German Pages XLV, 1249 [1285] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XLV
Front Matter ....Pages 1-1
Einführung und Aufbau (Martin Kaltschmitt, Lucas Sens, Wolfgang Streicher)....Pages 3-58
Grundlagen des regenerativen Energieangebots (Beate Geyer, Klaus Jorde, Martin Kaltschmitt, Iris Lewandowski, Ben Norden, Wolfgang Streicher et al.)....Pages 59-191
Passive Sonnenenergienutzung (Martin Kaltschmitt, Marina Stegelmeier, Wolfgang Streicher)....Pages 193-238
Solarthermische Wärmenutzung (Martin Kaltschmitt, Agis Papadopoulos, Lucas Sens, Wolfgang Streicher)....Pages 239-338
Photovoltaische Stromerzeugung (Roland Bründlinger, Daniel Christ, Hubert Fechner, Martin Kaltschmitt, Jörg Müller, Gerhard Peharz et al.)....Pages 339-460
Stromerzeugung aus Windenergie (Martin Kaltschmitt, Burcu Özdirik, Britta Reimers, Michael Schlüter, Detlef Schulz, Lucas Sens)....Pages 461-582
Stromerzeugung aus Wasserkraft (Markus Aufleger, Franz Joos, Klaus Jorde, Martin Kaltschmitt, Anne Rödl, Michael Schlüter et al.)....Pages 583-683
Nutzung von Umgebungswärme (Martin Kaltschmitt, Lucas Sens, Wolfgang Streicher, Felix Ziegler)....Pages 685-792
Nutzung tiefer geothermischer Systeme (Sebastian Janczik, Martin Kaltschmitt, Ben Norden, Lucas Sens)....Pages 793-921
Zusammenfassender Vergleich (Martin Kaltschmitt, Lucas Sens)....Pages 923-991
Front Matter ....Pages 993-993
Solarthermische Stromerzeugung (Tobias Hirsch, Martin Kaltschmitt, Matti Lubkoll, Gerhard Weinrebe)....Pages 995-1066
Nutzung der Energien des Meeres (Jochen Bard, Kai-Uwe Graw, Martin Kaltschmitt)....Pages 1067-1087
Energetische Nutzung von Biomasse (Martin Kaltschmitt)....Pages 1089-1095
Speicher (Jerrit Hilgedieck, Martin Kaltschmitt, Jelto Lange, Wolfgang Streicher)....Pages 1097-1152
Stromnetze (Christian Becker)....Pages 1153-1202
Wärmenetze (Ingo Weidlich)....Pages 1203-1226
Back Matter ....Pages 1227-1252
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Erneuerbare Energien: Systemtechnik · Wirtschaftlichkeit · Umweltaspekte [6. Aufl.]
 9783662611890, 9783662611906

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Martin Kaltschmitt Wolfgang Streicher Andreas Wiese Hrsg.

Erneuerbare Energien Systemtechnik · Wirtschaftlichkeit · Umweltaspekte 6. Auflage

Erneuerbare Energien

Martin Kaltschmitt  Wolfgang Streicher  Andreas Wiese (Hrsg.)

Erneuerbare Energien Systemtechnik  Wirtschaftlichkeit  Umweltaspekte 6., vollständig neu überarbeitete Auflage

Hrsg. Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt Technische Universität Hamburg (TUHH) Hamburg, Deutschland Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Wolfgang Streicher Universität Innsbruck Innsbruck, Österreich Prof. Dr.-Ing. Andreas Wiese GOPA – International Energy Consultants GmbH Bad Homburg, Deutschland

ISBN 978-3-662-61189-0 https://doi.org/10.1007/978-3-662-61190-6

ISBN 978-3-662-61190-6 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 1993, 1997, 2003, 2006, 2013, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Einbandabbildung: Alberto Masnovo (über Shutterstock) Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort

Die Nutzung regenerativer Energien zur Energieversorgung ist nicht neu; in der Geschichte der Menschheit waren erneuerbare Energien sehr lange Zeit die primär genutzte Möglichkeit zur Energiebereitstellung. Dies änderte sich erst mit der industriellen Revolution, in der die einfach erschließbaren Vorkommen an Braun- und Steinkohle zunehmend genutzt wurden und letztlich den Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ermöglichten. Später kam Erdöl hinzu, das weltweit aufgrund seiner Vorteile u. a. in Bezug auf Transport und Verarbeitung zum heute primär eingesetzten Energieträger wurde. In den letzten Jahrzehnten gewann und gewinnt – unter den fossilen Energieträgern – Erdgas für die Raumheizung und die Stromerzeugung aufgrund ausreichender Verfügbarkeit immer mehr an Bedeutung. Mit dem deutlich zunehmenden Einsatz der fossilen Energieträger zur Energieversorgung ging bis Ende des 20. Jahrhunderts zumindest in den Industriestaaten sukzessive der Einsatz regenerativer Energien sowohl relativ als z. T. auch absolut zurück; abgesehen von wenigen Ausnahmen hatten sie bezogen auf das Gesamtenergieaufkommen um die Jahrtausendwende sehr stark an Bedeutung verloren. Diese Tendenz scheint sich aber in den letzten beiden Jahrzehnten kontinuierlich und nachhaltig umzukehren; regenerative Energien gewinnen – energiewirtschaftlich relevant – erneut an Bedeutung im globalen Energiesystem. Die Nutzung fossiler Energieträger ist auch mit einer Reihe von Nachteilen verbunden, die von einer bezüglich möglicher Umwelt- und insbesondere Klimagefahren zunehmend sensibilisierten Industriegesellschaft in den zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts immer weniger toleriert werden. Deshalb hat die Suche nach umwelt- und klimaverträglicheren sowie allgemein akzeptierbaren Alternativen zur Energiebereitstellung aus fossilen Energien – und darunter sind hier sowohl die fossil-biogenen (d. h. Erdöl, Erdgas, Steinund Braunkohle) als auch die fossil-mineralischen Energieträger (d. h. Uran) zu verstehen – weiter an Bedeutung gewonnen. Hier werden in die vielfältigen Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien, die in den letzten Jahren immer weitergehend genutzt wurden, große Hoffnungen und Erwartungen gesetzt – sowohl global als auch insbesondere in Europa und hier im Speziellen im deutschsprachigen Raum. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel des vorliegenden Buches, für wichtige Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien zur Bereitstellung thermischer und elektrischer Energie die physikalischen, technischen und systemischen Grundlagen und ZusammenV

VI

Vorwort

hänge umfassend darzustellen. Dazu wird zunächst auf die Charakteristik des regenerativen Energieangebots eingegangen. Anschließend werden die Techniken einer Wärmebereitstellung aus passiven und aktiven Solarsystemen, aus der Umgebungswärme sowie aus geothermischer Energie dargestellt. Auch wird auf die Verfahren zur Erzeugung elektrischer Energie aus solarer Strahlung über die Photovoltaik, aus der Windenergie, aus der Wasserkraft und aus der tiefen Erdwärme eingegangen. Außerdem werden die Möglichkeiten einer solarthermischen Stromerzeugung und einer Nutzung der Energien des Meeres diskutiert. Lediglich die Möglichkeiten einer energetischen Biomassenutzung werden hier nicht detailliert dargestellt; hierzu sei auf Kaltschmitt et al. (2016)1 verwiesen. Da regenerative Energien meist im Kontext übergeordneter Energiesysteme genutzt werden, wird auch das Thema der Speicherung thermischer und elektrischer Energie adressiert. Zusätzlich wird auf Energienetze eingegangen (d. h. elektrische Versorgungsnetze sowie Nah- und Fernwärmenetze). Für wesentliche Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien werden zusätzlich aktuelle Kennzahlen für eine ökonomische, ökologische und systemische Bewertung zur Verfügung gestellt. Damit lassen sich die Chancen und Grenzen der verschiedenen Optionen zur Nutzung des regenerativen Energieangebots – jeweils bezogen auf die Gegebenheiten im deutschsprachigen Raum – auch im Vergleich zu den jeweils substituierbaren Systemen auf Basis fossiler Energieträger besser beurteilen und bewerten. Die hier vorliegende 6. Auflage stellt eine vollständig überarbeitete und teilweise neu strukturierte sowie wesentlich erweiterte Fassung der 5. Auflage dar, die 2013 erschienen ist. Neben der Nutzung des regenerativen Energieangebots wurden insbesondere die Möglichkeiten einer Sonnenenergienutzung zur Wärmebereitstellung, einer Nutzung der Umgebungswärme, einer photovoltaischen Stromerzeugung, einer Onshore- und OffshoreWindstromerzeugung und einer Stromerzeugung aus Wasserkraft den aktuellen technischen, ökonomischen und ökologischen Entwicklungen angepasst; teilweise wurden die Kapitel inhaltlich deutlich erweitert und bisher nicht adressierte Themen und Aspekte integriert. Außerdem wurden die Energiespeicherung sowie die Energienetze neu aufgenommen, da mit einer zunehmenden Nutzung des regenerativen Energieangebots sich die jeweiligen Energiesysteme stark verändern und dies unmittelbar die Verteilnetze und die Speichernotwendigkeiten beeinflusst. Die vorliegende Ausarbeitung wäre ohne die Unterstützung einer Vielzahl unterschiedlichster Personen und Institutionen nicht möglich gewesen. Ihnen allen sei an dieser Stelle, ebenso wie dem Verlag, für die kooperative, konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit und z. T. sehr weitgehende Unterstützung sehr herzlich gedankt. Unser größter Dank gilt dabei den Autoren für die gute, engagierte und konstruktive Zusammenarbeit und ihre große Geduld. Auch sei den Autoren, die in früheren Auflagen motiviert mitgewirkt haben, nochmals von Herzen gedankt; ohne ihre wertvolle Mitarbeit wäre die 6. Auflage dieses Buches nicht möglich gewesen. Letztlich sein insbesondere auch Nicol1

Kaltschmitt, M.; Hartmann, H.; Hofbauer, H (Hrsg.): Energie aus Biomasse; Springer, Berlin, Heidelberg, 2016, 3. Auflage.

Vorwort

VII

le Brinkhus, Sarah Flashaar, Paula Alberts, Benjamin Klepsch, Yannick Piguel, Katharina Geyer und Chiara Schenk für ihre große Unterstützung bei der Erstellung der vielen neuen Grafiken bzw. bei der Überarbeitung vorhandener Abbildungen, dem Recherchieren aktueller Daten und beim Durchlaufen der unzähligen Korrekturschleifen sehr herzlich gedankt. Hamburg, Innsbruck, Frankfurt August 2020

Martin Kaltschmitt Wolfgang Streicher Andreas Wiese

Inhaltsübersicht

Teil I

Erneuerbare Energien in Mitteleuropa

1

Einführung und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Energiesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Nutzungsmöglichkeiten regenerativer Energien 1.3 Aufbau und Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Konventionelle Vergleichssysteme . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 4 23 26 44 57

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots 2.1 Energiebilanz der Erde . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Solare Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Umgebungswärme . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Windenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Lauf- und Speicherwasserangebot . . . . . . . 2.6 Photosynthetisch fixierte Energie . . . . . . . . 2.7 Erdwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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59 60 72 92 109 135 154 169 188

3

Passive Sonnenenergienutzung . . . 3.1 Physikalische Grundlagen . . . . 3.2 Systemtechnische Beschreibung 3.3 Potenziale und Nutzung . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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193 196 204 235 237

4

Solarthermische Wärmenutzung . . . . . . . 4.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . 4.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 4.3 Ökonomische und ökologische Analyse . 4.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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239 239 249 301 324 337

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IX

X

Inhaltsübersicht

5

Photovoltaische Stromerzeugung . . . . . . . 5.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . 5.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 5.3 Ökonomische und ökologische Analyse . 5.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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339 339 354 432 446 458

6

Stromerzeugung aus Windenergie . . . . . . 6.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . 6.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 6.3 Ökonomische und ökologische Analyse . 6.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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461 461 481 542 568 579

7

Stromerzeugung aus Wasserkraft . . . . . . . 7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 7.3 Ökonomische und ökologische Analyse . 7.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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583 583 592 656 671 682

8

Nutzung von Umgebungswärme . . . . . . . . 8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 8.3 Ökonomische und ökologische Analyse . 8.4 Potentiale und Nutzung . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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685 689 713 763 782 791

9

Nutzung tiefer geothermischer Systeme . . . 9.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . 9.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 9.3 Ökonomische und ökologische Analyse . 9.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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793 795 809 875 902 919

10

Zusammenfassender Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923 10.1 Bereitstellung elektrischer Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923 10.2 Bereitstellung thermischer Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962

Teil II 11

Erneuerbare Energien und Energiesystemkomponenten

Solarthermische Stromerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995 11.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999 11.2 Parabolrinnen-Kraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1008

Inhaltsübersicht

XI

11.3 Solarturmkraftwerke . 11.4 Dish / Stirling-Systeme 11.5 Aufwindkraftwerke . . 11.6 Solarteiche . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . .

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.1029 .1050 .1056 .1060 .1063

12

Nutzung der Energien des Meeres . 12.1 Wellennutzung . . . . . . . . . . . 12.2 Gezeitennutzung . . . . . . . . . . 12.3 Weitere Nutzungsmöglichkeiten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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.1067 .1067 .1077 .1082 .1087

13

Energetische Nutzung von Biomasse . . . . . . . . . . . . 13.1 Aufbau typischer Bereitstellungsketten . . . . . . . . 13.2 Wandlungsmöglichkeiten in End- bzw. Nutzenergie Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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.1089 .1090 .1092 .1095

14

Speicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Direkte Energiespeicherung . . . 14.2 Magnetische Energie . . . . . . . 14.3 Mechanische Energie . . . . . . . 14.4 Physikalisch-chemische Energie Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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.1097 .1101 .1113 .1118 .1128 .1151

15

Stromnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Netzelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Netzstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Leistungsflüsse und Lastflussberechnung 15.5 Leistungsbilanzen . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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.1153 .1154 .1162 .1191 .1195 .1198 .1202

16

Wärmenetze . . . . . . 16.1 Charakterisierung 16.2 Komponenten . . . 16.3 Betrieb . . . . . . . Literatur . . . . . . . . .

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.1203 .1204 .1209 .1224 .1225

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Energieeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1227 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1229

Inhaltsverzeichnis

Teil I 1

2

Erneuerbare Energien in Mitteleuropa Einführung und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt, Lucas Sens und Wolfgang Streichera 1.1 Energiesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Energiebegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Weltweiter Energieverbrauch . . . . . . . . . . 1.1.3 Energieverbrauch in der EU . . . . . . . . . . 1.1.4 Energieverbrauch in Deutschland . . . . . . . 1.1.5 Energieverbrauch in Österreich . . . . . . . . 1.2 Nutzungsmöglichkeiten regenerativer Energien . . . 1.2.1 Erneuerbare Energien . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Untersuchte Möglichkeiten . . . . . . . . . . . 1.3 Aufbau und Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . 1.3.3 Ökonomische und ökologische Analyse . . . 1.3.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . . 1.4 Konventionelle Vergleichssysteme . . . . . . . . . . . 1.4.1 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Techniken zur Strombereitstellung . . . . . . 1.4.3 Techniken zur Wärmebereitstellung . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3

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4 4 8 13 16 20 23 23 25 26 27 27 28 38 44 44 46 51 57

Grundlagen des regenerativen Energieangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Geyer, Klaus Jorde, Martin Kaltschmitt, Iris Lewandowski, Ben Norden, Wolfgang Streicher und Andreas Wiesea 2.1 Energiebilanz der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Erneuerbare Energiequellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Bilanz der Energieströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

60 60 67 70 XIII

XIV

3

4

Inhaltsverzeichnis

2.2

Solare Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik . . . 2.3 Umgebungswärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik . . . 2.4 Windenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik . . . 2.5 Lauf- und Speicherwasserangebot . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik . . . 2.6 Photosynthetisch fixierte Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Produktion organischer Masse durch Photosynthese . 2.6.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik . . . 2.7 Erdwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Passive Sonnenenergienutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt, Marina Stegelmeier und Wolfgang Streichera 3.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Energiebilanz eines bestrahlten Körpers . . . . . . . . 3.1.2 Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Systemelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Funktionale Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . 193 . . . . . . . . . .

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72 72 81 92 92 102 109 109 120 135 135 142 154 155 164 169 169 182 188

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196 196 199 204 204 228 235 236 236 237

Solarthermische Wärmenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt, Agis Papadopoulos, Lucas Sens und Wolfgang Streichera 4.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Optische Eigenschaften von Absorbern . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Optische Eigenschaften von Abdeckungen . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Energiebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Wirkungsgrad und solarer Deckungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Kollektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Weitere Systemelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239 239 240 242 242 246 249 249 268

Inhaltsverzeichnis

4.2.3 Anlagenkonzepte und Anwendungen 4.2.4 Energiewandlungskette und Verluste 4.3 Ökonomische und ökologische Analyse . . . 4.3.1 Referenzanlagen . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . . . 4.3.3 Ökologische Analyse . . . . . . . . . . 4.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

6

XV

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283 297 301 301 309 317 324 324 330 337

Photovoltaische Stromerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Bründlinger, Daniel Christ, Hubert Fechner, Martin Kaltschmitt, Jörg Müller, Gerhard Peharz, Detlef Schulz und Lucas Sensa 5.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Bändermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Leiter, Nichtleiter und Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Leitungsmechanismen in Halbleitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4 Photoeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 p-n-Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 Photovoltaischer Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Photovoltaikzelle und -modul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Weitere Systemkomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Gesamtsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Energiewandlungskette, Verluste und Leistungskennlinie . . . . . 5.3 Ökonomische und ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Referenzanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

339

339 340 341 345 348 350 351 354 354 393 420 429 432 433 434 438 446 446 452 458

Stromerzeugung aus Windenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt, Burcu Özdirik, Britta Reimers, Michael Schlüter, Detlef Schulz und Lucas Sensa 6.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Idealisierte Windenergiekonverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Widerstands- und Auftriebsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Konverterregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

461 462 468 478

. 461

. . . .

XVI

Inhaltsverzeichnis

6.2

Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Systemelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Gesamtsystemaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Energiewandlungskette, Verluste und Leistungskennlinie 6.3 Ökonomische und ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Referenzanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

8

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Stromerzeugung aus Wasserkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Aufleger, Franz Joos, Klaus Jorde, Martin Kaltschmitt, Anne Rödl, Michael Schlüter und Lucas Sensa 7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Aufbau, Systematisierung und Bauformen . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Wasserbauliche Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Energietechnische Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4 Energiewandlungskette, Verluste und Leistungsplan . . . . . . . . 7.3 Ökonomische und ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Referenzanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Nutzung von Umgebungswärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt, Lucas Sens, Wolfgang Streicher und Felix Zieglera 8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Grundlegende Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2 Prozesse mit mechanischem Antrieb . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Prozesse mit thermischem Antrieb . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4 Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Wärmequelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2 Wärmepumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.3 Wärmesenke und Betriebsweisen . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

481 482 522 535 542 543 545 551 568 568 572 579

. 583

583 592 592 604 616 650 656 656 658 661 671 672 675 682

. . . . 685 . . . . . . . . .

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689 689 695 702 707 713 713 735 749

Inhaltsverzeichnis

8.2.4 Gesamtsystem . . . . . . . . . . . . Ökonomische und ökologische Analyse . 8.3.1 Referenzanlagen . . . . . . . . . . 8.3.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . 8.3.3 Ökologische Analyse . . . . . . . . 8.4 Potentiale und Nutzung . . . . . . . . . . . 8.4.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3

9

10

XVII

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Nutzung tiefer geothermischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Janczik, Martin Kaltschmitt, Ben Norden und Lucas Sensa 9.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Wärmeübertragung im Gestein . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Physikalisch-hydraulische Gesteinseigenschaften . . . . 9.1.3 Physikalisch-chemische Aspekte der Geofluide . . . . . 9.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Erschließung geothermischer Systeme . . . . . . . . . . . 9.2.2 Energetische Nutzung geothermischer Systeme . . . . . 9.2.3 Anlagenkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Ökonomische und ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.1 Referenzanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.2 Ökonomische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.3 Ökologische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.1 Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.2 Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zusammenfassender Vergleich . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt und Lucas Sensa 10.1 Bereitstellung elektrischer Energie . . . . . . . . 10.1.1 Energieangebot . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 10.1.3 Ökonomische und ökologische Analyse 10.1.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . . 10.2 Bereitstellung thermischer Energie . . . . . . . . 10.2.1 Energieangebot . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.2 Systemtechnische Beschreibung . . . . . 10.2.3 Ökonomische und ökologische Analyse 10.2.4 Potenziale und Nutzung . . . . . . . . . .

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754 763 763 766 773 782 782 787 791

. . . . . . 793 . . . . . . . . . . . . . . . .

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795 796 802 807 809 812 836 859 875 875 880 887 902 902 911 919

. . . . . . . . . . . . . . . . 923 . . . . . . . . . .

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923 924 928 943 954 962 963 968 973 985

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Teil II 11

12

Erneuerbare Energien und Energiesystemkomponenten

Solarthermische Stromerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tobias Hirsch, Martin Kaltschmitt, Matti Lubkoll und Gerhard Weinrebea 11.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Strahlungsreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Strahlungskonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.3 Kreisprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Parabolrinnen-Kraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.1 Parabolrinnen-Kollektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.2 Linear-Fresnel-Kollektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.3 Wärmeträgermedium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.4 Thermische Speicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.5 Wärme-Kraft-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.6 Anlagenkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Solarturmkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Heliostaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Heliostatenfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.3 Receiverturm und Strahlungsempfänger . . . . . . . . . . . . . 11.3.4 Thermische Speicher und Wärme-Kraft-Prozess . . . . . . . . 11.3.5 Anlagenkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Dish / Stirling-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Parabolkonzentrator (Dish) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Receiver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.3 Wärme-Kraft-Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.4 Anlagenkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Aufwindkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Solarteiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . 995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Nutzung der Energien des Meeres . . . . . . . . . . . Jochen Bard, Kai-Uwe Graw und Martin Kaltschmitta 12.1 Wellennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Welleninduzierte Fallhöhe . . . . . . . . . 12.1.2 Oszillierende Wassersäule . . . . . . . . . . 12.1.3 Hydrodynamische Bewegung . . . . . . . 12.2 Gezeitennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Gezeitenkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Nutzung von Ebb- und Flutstrom . . . . . 12.3 Weitere Nutzungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . 12.3.1 Unterschiedliche Wassertemperaturen . . 12.3.2 Meeresströmungen . . . . . . . . . . . . . .

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. 999 .1000 .1001 .1005 .1008 .1009 .1012 .1014 .1015 .1019 .1022 .1029 .1030 .1033 .1037 .1044 .1045 .1050 .1050 .1051 .1053 .1053 .1056 .1060 .1063

. . . . . . . . . . . . . . .1067 . . . . . . . . . .

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.1067 .1071 .1073 .1076 .1077 .1078 .1080 .1082 .1082 .1085

Inhaltsverzeichnis

XIX

12.3.3 Salzgehaltsunterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1086 12.3.4 Meeresbiomasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1086 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1087 13

14

15

Energetische Nutzung von Biomasse . . . . . . . . . . . . Martin Kaltschmitt 13.1 Aufbau typischer Bereitstellungsketten . . . . . . . . 13.2 Wandlungsmöglichkeiten in End- bzw. Nutzenergie 13.2.1 Thermo-chemische Umwandlung . . . . . . . 13.2.2 Physikalisch-chemische Umwandlung . . . . 13.2.3 Biochemische Umwandlung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . .1089 . . . . . .

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Speicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerrit Hilgedieck, Martin Kaltschmitt, Jelto Lange und Wolfgang Streichera 14.1 Direkte Energiespeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.1 Elektrische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.2 Thermische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Magnetische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Mechanische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.1 Bewegungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.2 Potenzielle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.3 Druckenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Physikalisch-chemische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4.1 Sorptionsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4.2 Verbindungen mit unterschiedlichen Energieniveaus . . . . . . 14.4.3 Oxid und elementarer Reinstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4.4 Oxide und CH/NH-basierte Verbindungen . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Stromnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Becker 15.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1.1 Gleichstromsysteme . . . . . . . . . . . . 15.1.2 Wechselstromsysteme . . . . . . . . . . . 15.1.3 Drehstromsysteme . . . . . . . . . . . . . 15.2 Netzelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.1 Drehstromkomponenten . . . . . . . . . . 15.2.2 Leistungselektronische Stromrichter . . 15.2.3 Hochspannungsgleichstromübertragung 15.3 Netzstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

.1090 .1092 .1092 .1093 .1094 .1095

. .1097 .1101 .1101 .1104 .1113 .1118 .1118 .1120 .1123 .1128 .1128 .1130 .1140 .1146 .1151

. . . . . . . . . . . . . . . .1153 . . . . . . . . .

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.1154 .1155 .1157 .1160 .1162 .1162 .1181 .1189 .1191

XX

Inhaltsverzeichnis

15.4 Leistungsflüsse und Lastflussberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1195 15.5 Leistungsbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1198 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1202 16

Wärmenetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingo Weidlich 16.1 Charakterisierung . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.1 Rohrsysteme und deren Verlegung 16.2.2 Pumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.3 Hausstationen . . . . . . . . . . . . . 16.2.4 Speicher . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.5 Weitere Komponenten . . . . . . . . 16.3 Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .1203 . . . . . . . . .

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.1204 .1209 .1210 .1216 .1218 .1220 .1222 .1224 .1225

Energieeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1227 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1229

a Autoren in alphabetischer Reihenfolge mit Beiträgen zum Kapitel; die Autorenzuordnung geht aus den einzelnen Unterkapiteln hervor.

Mitarbeiterverzeichnis

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Markus Aufleger Universität Innsbruck, Institut für Infrastruktur, Innsbruck, Österreich Dipl.-Phys. Jochen Bard Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik, Kassel, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Christian Becker Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Elektrische Energietechnik, Hamburg, Deutschland Dipl.-Ing. Roland Bründlinger Austrian Institute of Technology GmbH, Wien, Österreich M.Sc. Daniel Christ Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Hamburg, Deutschland Dipl.-Ing. Hubert Fechner OurPower Energiegenossenschaft SCE mbH, Wien, Österreich Dr. Dipl.-Met. Beate Geyer Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung GmbH, Institut für Küstenforschung, Geesthacht, Deutschland Prof. Dr.-Ing. habil. Kai-Uwe Graw Technische Universität Dresden, Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik, Dresden, Deutschland M.Sc. Jerrit Hilgedieck Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Hamburg, Deutschland Dr.-Ing. Tobias Hirsch Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Institut für Solarforschung, Stuttgart, Deutschland Dr.-Ing. Sebastian Janczik Bützower Wärme GmbH, Bützow, Deutschland XXI

XXII

Mitarbeiterverzeichnis

Prof. Dr.-Ing. Franz Joos Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr, Energietechnik, Laboratorium für Strömungsmaschinen, Hamburg, Deutschland Dr.-Ing. Klaus Jorde KJ Consult, Klagenfurt, Österreich Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Hamburg, Deutschland M.Sc. Jelto Lange Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Hamburg, Deutschland Prof. Dr. Iris Lewandowski Universität Hohenheim, Institut für Kulturpflanzenwissenschaften, Stuttgart, Deutschland Dr. Matti Lubkoll Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Institut für Solarforschung, Stuttgart, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Jörg Müller Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Mikrosystemtechnik, Hamburg, Deutschland Dr. Ben Norden Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), Sektion „Geoenergie“, Potsdam, Deutschland Dr.-Ing. Burcu Özdirik Siemens AG, Hamburg, Deutschland Prof. Dr. Agis Papadopoulos Aristotle Universität Thessaloniki, Thessaloniki, Griechenland Mag. Dr. Gerhard Peharz Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz, Österreich Dr.-Ing. Britta Reimers Northland Power Europe GmbH, Hamburg, Deutschland Dr. Anne Rödl Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Hamburg, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Michael Schlüter Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Mehrphasenströmungen, Hamburg, Deutschland Prof. Dr.-Ing. habil. Detlef Schulz Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr, Elektrische Energiesysteme, Hamburg, Deutschland

Mitarbeiterverzeichnis

XXIII

M.Sc. Lucas Sens Technische Universität Hamburg (TUHH), Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Hamburg, Deutschland Dipl.-Ing. Marina Stegelmeier BOB project management AG, Aachen, Deutschland Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Wolfgang Streicher Universität Innsbruck, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Innsbruck, Österreich Prof. Dr.-Ing. Ingo Weidlich HafenCity Universität Hamburg (HCU), Infrastructural Engineering, Hamburg, Deutschland Dr.-Ing. Gerhard Weinrebe Schlaich Bergermann und Partner GmbH, Stuttgart, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Andreas Wiese GOPA-International Energy Consultants GmbH, Bad Homburg, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Felix Ziegler Technische Universität Berlin, Institut für Energietechnik, Berlin, Deutschland

Liste der Formelzeichen

a a a1 a2 aOx aRed A A A A A AAbs AAp AG AHP Ai AAbd Ao,O AM AHF AK Au,O AW AWKA AZ b b ca ca ca;0 ca,Betrieb

Ionenaktivität Laufindex Hilfskonstante 1 Hilfskonstante 2 Aktivität des Redoxpartners auf der Oxidationsseite Aktivität des Redoxpartners auf der Reduktionsseite Anode Fläche einer wärmeleitenden Schicht optisch wirksame Breite des Receivers Querschnittsfläche (u. a. einer Rohrleitung, eines Leiters) Skalierungsfaktor Absorberfläche Aperturfläche Albedo radioaktive Wärmeproduktion Flächen i abstrahlende Abdeckungsoberfläche eines Solarkollektors oberirdischer Abfluss von der Oberfläche (O) Air Mass Spiegelfläche des Heliostatenfeldes Kontaktfläche unterirdischer Abfluss von der Oberfläche (O) Fläche des Wärmeübertragers Fläche, die um eine Windkraftanlage freizuhalten ist Aufwandszahl Flügellänge Wärmeeindringkoeffizient Auftriebsbeiwert spezifische Wärmekapazität der Luft Auftriebsbeiwert bei unsymmetrischem Profil und 0ı Anströmwinkel Auftriebsbeiwert in Betrieb XXV

XXVI

cK cp,Schmitz cp,th cp cp cp,Sp cp,Betz cp,ideal cp,max cp,th,max cT h cU cw cw,Betrieb C C C C C C C1 C12 C2 C23 C3 CB CB0 CE Cflux Cg Cgeo Cid,2D Cid,3D CN CZK COP d d d dh dRot dS

Liste der Formelzeichen

Konzentration von Kalium (K) Leistungsbeiwert mit Berücksichtigung des Nachlaufeffektes theoretischer Leistungsbeiwert realer Leistungsbeiwert spezifische Wärmekapazität Wärmekapazität des speichernden Körpers Sp / der speichernden Materie Sp Betz’scher Leistungsbeiwert idealer Leistungsbeiwert maximaler Leistungsbeiwert theoretischer, maximaler Leistungsbeiwert Konzentration von Thorium (Th) Konzentration von Uran (U) Widerstandsbeiwert Widerstandsbeiwert im Betrieb Formparameter Ionenkonzentration Kapazität (z. B. eines Kondensators) Kollektor Konzentrationsverhältnis Wärmekapazität Leiter-Erd-Kapazität Leiter 1 Koppelkapazität zwischen Leiter 1 und Leiter 2 Leiter-Erd-Kapazität Leiter 2 Koppelkapazität zwischen Leiter 2 und Leiter 3 Leiter-Erd-Kapazität Leiter 3 Betriebskapazität Kapazitätsbelag Leiter-Erd-Kapazität Konzentrationsverhältnis bezogen auf die Strahlungsflussdichte Koppelkapazität geometrisches Konzentrationsverhältnis theoretisch maximale Konzentration einachsig gekrümmter Konzentratoren theoretisch maximale Konzentration zweiachsig gekrümmter Konzentratoren Nennkapazität Kapazität im Gleichspannungszwischenkreis Coefficient of Performance Dicke (z. B. einer wärmeleitenden Schicht, eines Bauteils) Dreieckschaltung auf der Unterspannungsseite Rohrdurchmesser hydraulischer Rohrdurchmesser Rotordurchmesser einer Windkraftanlage Durchmesser der Sonne

Liste der Formelzeichen

D D D D D D1 Ds Ds1 e0 E E E E E E0 EDruck Eg Ekin EKondensator EL Ep,th Eph EPot EPot,nutz ERotation Esensibel ESpule EV EW a EW i EWKA f f f f f1 f2 fL fL0 fp F F

Diffusionskoeffizient Diode Dreieckschaltung auf der Oberspannungsseite mittlerer Durchmesser der Turbine mittlerer Leiterabstand bei mehreren Leitern mittlerer Durchmesser der Turbine am Eintritt solarer Deckungsgrad (Definition 1) solarer Deckungsgrad (Definition 2) Elementarladung Elastizitätsmodul Elektrodenpotenzial Emitter Energie Energieniveau Standardelektrodenpotenzial Druckenergie Energielücke, Bandabstand, Bandlücke kinetische Energie Energiegehalt eines Kondensators Energieniveau des Leitungsbandes theoretische Druckenergie Quantenenergie eines Photons potenzielle Energie nutzbare potenzielle Energie Rotationsenergie sensible thermische Energie Energiegehalt einer Spule Energieniveau des Valenzbandes Energie des Wassers Energie des Windes Energieertrag einer Windkraftanlage Aktivitätskoeffizient Brennweite Netzfrequenz Wölbung eines Profils Frequenz in Netz 1 Frequenz in Netz 2 aktuelle Netzfrequenz Netzfrequenz in einem bekannten Zustand 0 Primärenergiefaktor Brennpunkt Faraday-Konstante

XXVII

XXVIII

F F FA FA,max FA,s FA,t FB FC FCoriolis FD FF FFin FGradient FHor FK,U FOv FR FSh,ob FSh,gl FT FW FW,s FW,t FWi,Brems FWi,WKA FZentrifugal FF g g g gdiffus G G G0 GP ˛ GP  GP  GP O GP Df GP Df,g,a

Liste der Formelzeichen

Kraft Netzknotennummer der Fehlerstelle Auftriebskraft maximale Auftriebskraft Schub-(Axial-)Komponente der Auftriebskraft Tangential-Komponente der Auftriebskraft Reaktionskraft Abminderungsfaktor wegen Sonnenschutzvorrichtungen Corioliskraft Abminderungsfaktor wegen Scheibenverschmutzung Abminderungsfaktor wegen Fensterrahmen Verschattungsfaktor durch seitliche Überstände Gradientkraft Verschattungsfaktor für den Horizont Sichtwinkel, unter dem sich die im Strahlungsaustausch befindlichen Flächen „sehen“ Verschattungsfaktor durch Überhänge gesamte auf ein Rotorblatt einwirkende (resultierende) Kraft Abminderungsfaktor wegen feststehender Verschattung Abminderungsfaktor wegen flexibler Verschattung gesamte auf ein Rotorblatt einwirkende Tangential-Kraft Widerstandskraft Schub-(Axial-)Komponente der Widerstandskraft Tangential-Komponente der Widerstandskraft Kraft, mit der ein Windenergiekonverter die Windströmung abbremst gesamte auf eine Windkraftanlage einwirkende Windkraft Zentrifugalkraft Füllfaktor Gravitationskonstante Energiedurchlassgrad (z. B. eines Bauteils; g-Wert) Gleichzeitigkeitsgrad diffuser Energiedurchlassgrad (diffuser g-Wert) Gate Leitwert Leitwertsbelag von Körper / Material absorbierte Strahlung von Körper / Material reflektierte Strahlung den Körper transmittierte Strahlung Strahlungsleistung der Sonne am äußeren Rand der Erdatmosphäre (d. h. Solarkonstante) Diffusstrahlung auf die horizontale Empfangsfläche Diffusstrahlung auf die geneigte, ausgerichtete Empfangsfläche

Liste der Formelzeichen

GP Dr GP Dr,g,a GP Dr,inc GP Dr,refl GP G GP G,g,a GP G,Kol GP G,rel GP G,Abs GP R,g,a GP S GR GZ h h h h h h h h1 h1;SR h2 h2;SR h3 h4 h5 h6 h7 hAntr hBrutto hF hGeo hH hi hi hKond hNetto hnutz hOW hR href

Direktstrahlung auf die horizontale Empfangsfläche Direktstrahlung auf die geneigte, ausgerichtete Empfangsfläche einfallende Direktstrahlung reflektierte Direktstrahlung Globalstrahlung auf die horizontale Empfangsfläche Globalstrahlung auf die geneigte, ausgerichtete Empfangsfläche gesamte Globalstrahlung auf die Kollektorabdeckung Globalstrahlung auf einen Quadratmeter Absorberfläche Globalstrahlung auf den Absorber auf die geneigte, ausgerichtete Empfangsfläche reflektierte Strahlung Strahlungsleistung der Sonne Gammastrahlung gesetzliche Zeit Enthalpie geodätische Höhe Höhe eines Aquifers Planck’sches Wirkungsquantum Potenzialhöhe entsprechende Höhendifferenz spezifische Enthalpie geodätische Höhe am Bilanzpunkt 1 / Enthalpie des Zustandes 1 geodätische Höhe am Saugrohranfang geodätische Höhe am Bilanzpunkt 2 / Enthalpie des Zustandes 2 geodätische Höhe am Saugrohraustritt Enthalpie des Zustandes 3 Enthalpie des Zustandes 4 Enthalpie des Zustandes 5 Enthalpie des Zustandes 6 Enthalpie des Zustandes 7 Enthalpiedifferenz des Antriebs Bruttofallhöhe Freihang geodätischer Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser Höhe eines Hügels Auftrittswahrscheinlichkeit des Windes im Geschwindigkeitsintervall i Zone i innerhalb eines Aquifers Enthalpiedifferenz des Kondensators Nettofallhöhe nutzbare Fallhöhe geodätische Höhe des Oberwasserspiegels Verlusthöhe infolge des Rohrreibungsverlustes Referenzhöhe

XXIX

XXX

hT e hTräger hU W hVerd H H H HR i i i i iO iG i.t/ I I I ID I0 I0 I1 I12 I2 I23 I3 I5 I10 I" I";schwarz IAbs IAp ID IG Iges Iij Ij i Ij IK Il IL IL

Liste der Formelzeichen

geodätische Höhe am Turbineneingang (Te) Höhe der Trägerkonstruktion geodätische Höhe des Unterwasserspiegels Enthalpiedifferenz des Verdichters Atmosphärenhöhe Wärmeproduktion Wärmequelle bzw. Wärmesenke Reaktionsenthalpie bestimmter Querschnitt innerhalb der Stromröhre Diskontrate Geschwindigkeitsintervall Netzknoten i Scheitelwert des Stroms Gate-Stromimpuls Momentanwert des Stroms Effektivwert der Stromstärke elektrischer Strom komplexer Effektivwert der Stromstärke Strom im Gleichstromkreis Sättigungssperrstrom Leerlaufstrom Außenleiterstrom Leiter 1 Strom zwischen Knoten 1 und Knoten 2 Außenleiterstrom Leiter 2 Strom zwischen Knoten 2 und Knoten 3 Außenleiterstrom Leiter 3 fünfstündiger Entladestrom zehnstündiger Entladestrom emittierte Wärmestrahlung emittierte Wärmestrahlung eines schwarzen Körpers Strahlungsflussdichte des Absorbers Strahlungsflussdichte der Aperturebene Strom durch die Diode (D) Generatorstrom gesamter Investitionsaufwand Strom zwischen Knoten i und Knoten j Strom zwischen Knoten j und Knoten i jährlicher Investitionsaufwand Kurzschlussstrom Leitungsstrom Laststrom Strom in der Zelle

Liste der Formelzeichen

IMPP IN IN IN IP h I IAP j J J J0 Jx JAZ k k kA kA,x kA,y kf kf,i kp kv K K K KF KL l l l l1 2 L L L L L1 L2 L3 LB LB0 LD LK

XXXI

Strom im Punkt maximaler Leistung (Maximum Power Point, MPP) Nennstrom Netzstrom Neutralleiterstrom Photostrom Magnetisierungsstrom Ionenaktivitätsprodukt Netzknoten j Tag des Jahres Trägheitsmoment Nummer des betrachteten Tages im Jahr Trägheitsmoment um die Rotationsachse x Jahresaufwandszahl Boltzmann-Konstante Kompressionsmodul Abstandsfaktor Abstandsfaktor in Richtung der bevorzugten Windrichtung Abstandsfaktor quer zur bevorzugten Windrichtung Durchlässigkeitskoeffizient Durchlässigkeitskoeffizient der Zone i Peukert-Konstante Wellenvektor intrinsische Permeabilität Kathode Körper / Materie Kapazitätsfaktor Löslichkeitskonstante Durchflusslänge Länge (z. B. einer wärmeleitenden Schicht, eines Leiters, einer Rohrleitung) Profillänge Halbwertlänge Induktivität einer Spule Lebensdauer Leitungsband Modullänge Außenleiter 1 Außenleiter 2 Außenleiter 3 Betriebsinduktivität Induktivitätsbelag Diffusionslänge Induktivität der Drosselspule

XXXII

LN LSE LU LZK m m P m P aus m P ein m P ges m P Kol mW a mW i m PWi m P Wi,1 mWi,i m P Wi,i m P Wi,frei M MA n n n n n nG ni np,0 nq N N1 N2 NA ND NL NMeer NO NV O p p p p 0

Liste der Formelzeichen

Netzanschlussdrossel Entfernung zwischen Sonne und Erde spezifische (Umfangs-)Arbeit Induktivität im Gleichstromzwischenkreis Masse Massenstrom aus dem Becken ausfließender (Wasser-)Massenstrom in das Becken einfließender (Wasser-)Massenstrom gesamer Massenstrom Massenstrom durch den Kollektor Masse des Wassers Luftmasse Massenstrom der Luft / des Windes Massenstrom der Luft / des Windes an der Stelle 1 Masse der Luft / des Windes an der Stelle i Massenstrom der Luft / des Windes an der Stelle i Massenstrom der Luft / des Windes ohne Energieentzug Antriebsmoment, Drehmoment Anfahrmoment Anzahl der Wohneinheiten Drehzahl Index für Nennwerte Konzentration der Elektronen Laufindex Generatordrehzahl Eigenleitungskonzentration örtliche Verteilung der Elektronenkonzentration ohne Beleuchtung spezifische Drehzahl Neutralleiter Windungszahl der Primärwicklung Windungszahl der Sekundärwicklung Akzeptoren Donatoren effektive Zustandsdichte im Leitungsband Niederschlag auf dem Meer Niederschlag auf der Oberfläche (O) effektive Zustandsdichte im Valenzband Oberfläche Druck Konzentration der Defektelektronen / der Löcher Druckdifferenz, Druckunterschied, Druckabsenkung, Druckverlust Druckdifferenz im Laufrad

Liste der Formelzeichen

p 00 pn,0 p0 p1 p2 pa pges pKol poben pOW pTat pT e p.t/ pU punten pU W pV pW a pW i pW i;0 pW i;1 pW i;2 pWi,i P P P12 P23 PAntr Pel Pel,i Pel,in Pel,out PG PG Pges PH Pij Pj i PL PL0 PMPP

Druckdifferenz im Leitrad örtliche Verteilung der Defektelektronen- / Löcherkonzentration ohne Beleuchtung Druck am Bilanzpunkt 0 Druck am Bilanzpunkt 1 Druck am Bilanzpunkt 2 Wasserdruck an der Stelle a gesamter Druckunterschied Druckunterschied des Kollektors Druck oberhalb des Profilquerschnitts Umgebungsdruck am Oberwasser Druck am Turbinenaustritt Druck am Turbineneingang (Te) Momentanwert der Leistung Umgebungsdruck Druck unterhalb des Profilquerschnitts Umgebungsdruck am Oberwasser Verlustdruck Wasserdruck Druckunterschied in der Rotorebene wetterbedingter Winddruck Winddruck an der Stelle 1 Winddruck an der Stelle 2 Winddruck an der Stelle i Leistung, Wirkleistung Porosität Leistungsfluss von Knoten 1 nach Knoten 2 Wirkleistungsfluss von Knoten 2 nach Knoten 3 Antriebsleistung des Verdichters einer Wärmepumpe elektrische Leistung elektrische Leistung des Windgeschwindigkeitsintervalls i prozessintern benötigte elektrische Leistung durch das Kraftwerk bereitgestellte elektrische Leistung eingespeiste Wirkleistung eingestrahlte Globalstrahlungsleistung Gesamtlast Höchstlast Wirkleistungsfluss von Knoten i nach Knoten j Wirkleistungsfluss von Knoten j nach Knoten i umgesetzte Wirkleistung umgesetzte Wirkleistung in einem bekannten Zustand 0 Leistung im Punkt maximaler Leistung (Maximum Power Point, MPP)

XXXIII

XXXIV

Pnat PReceiver Pri PRot PRot,th PTurbine PVerlust Pv PW a PWa,kin,th PWa,kin,verl PWa,pot,th PWa,p,th PWa,tat PWa,th PW i PW i;1 PW i;2 PWi,ent PWi,i PWKA PWKW,th PE PI qP qi qPkonv qs qv qW a qz qPzu qP" Q Q Q Q QP Q23 QA

Liste der Formelzeichen

natürliche Leistung auf den Receiver eingestrahlte Strahlungsleistung Bemessungsleistung der einzelnen Verbraucher Leistung des Rotors theoretische Leistung des Rotors Leistung an der Turbinenwelle Verlustleistung Leistung des Verbrauchers Leistung des Wassers theoretische Wasserkraftleistung infolge des Geschwindigkeitsunterschieds vW a Verlustleistung der Wasserkraftanlage infolge der Strömungswiderstände theoretische Wasserkraftleistung infolge des geodätischen Höhenunterschieds h theoretische Wasserkraftleistung infolge des Druckunterschieds p tatsächlich nutzbare Leistung des Wassers theoretische Wasserleistung Windleistung Windleistung an der Stelle 1 Windleistung an der Stelle 2 dem Wind durch den Rotor entzogene Leistung Leistung des Windes an der Stelle i Leistung einer Windkraftanlage theoretische Leistung eines Wasserkraftwerks fossile Primärenergie Produktivitätsindex Wärmestromdichte, Wärmefluss anteilige sekundäre Wärmeabgabe konvektiver Wärmestrom Wärmestromdichte an der Erdoberfläche volumetrische Kälteleistung Abfluss bzw. Durchfluss vertikaler Anteil des Wärmestroms zugeführter Wärmestrom emittierter Wärmestrom absolutes Abflussvolumen pro Zeit Blindleistung Förderrate Nettobetrag des Wärmestroms Wärmeleistung Blindleistungsfluss von Knoten 2 nach Knoten 3 Abgaswärme des Motors

Liste der Formelzeichen

QAbfuhr QP Abs QP Antr QP Bedarf QC QG QP G QH QP I Qij QP i n Qj i QInt QP Kond Qkonv QP Konv QP Konv,Abd QP Konv,Abs QP Konv,Kol QP Konv,Rah QK W QL QL QP L QL0 QP Leit,Abs QP Mensch QP Nutz QP out QP Quelle QP rec QP Refl,Abs QP Refl,Abd QP Refl,Kol QS QP S QSenke QP Senke QP Solar QP Str QP Str,Abd QP Str,Abs

XXXV

abgeführte Wärme Wärmegewinn des Absorbers thermische Antriebsenergie Wärmenachfrage kapazitive Blindleistung eingespeiste Blindleistung Wärmegewinn durch Einstrahlung in das Becken Heizenergienachfrage Wärmestrom der Infiltration Blindleistungsfluss von Knoten i nach Knoten j (hochexergetischer) Wärmestrom in den Kraftwerksprozess Blindleistungsfluss von Knoten j nach Knoten i innere Wärme eines Raumes (z. B. Abwärme von Personen und Geräten) Wärmeleistung des Kondensators der Wärmepumpe konvektive Wärmeübertragung Konvektionsverluste Konvektionsverluste der Absorberabdeckung Konvektionsverluste des Absorbers an der Außenluft Konvektionsverluste des Kollektors Konvektionsverluste des Absorberrahmens Kühlwasserwärme des Motors Wärmeverluste eines Gebäudes umgesetzte Blindleistung Wärmeaustauschströme mit der Umgebung Blindleistung in einem bekannten Zustand 0 Wärmeleitungsverluste des Absorbers Wärmegewinn durch Beckenbenutzer nutzbarer Wärmestrom (niedrigexergetischer) Wärmestrom aus dem / in den Kraftwerksprozess Wärmeleistung der Wärmequelle solarer Wärmestrom in den Receiver Reflexionsverluste des Absorbers Reflexionsverluste der Absorberabdeckung Reflexionsverluste des Kollektors solares Wärmeangebot an einen Raum von Körper abgestrahlte Wärme Heizenergie Wärmeleistung der Wärmesenke in den Wärmespeicher eingebrachte Sonnenenergie Wärmeverluste durch Abstrahlung Strahlungsverluste durch langwellige Abstrahlung der Absorberabdeckung Strahlungsverluste durch langwellige Abstrahlung des Absorbers

XXXVI

QP Str,Kol QP T r QT r QP Trans;E QP Umgebung QP Vd QP Ve QVe QP Verd QWP QZufuhr QP Zusatz r r r r1 r2 rk R R R R R0 RF e RO RP RS Rü Rv Rz Redh ROT s s s s smax S S S S S

Liste der Formelzeichen

Strahlungsverluste durch langwellige Abstrahlung des Kollektors Transmissionswärmestrom Transmissionsverlustsumme Transmissionsverlustwärmeströme ins Erdreich Umgebungswärmestrom Wärmeverlustströme durch Verdunstung mechanische Lüftungsverlustströme bzw. -gewinnströme mechanische Lüftungsverluste bzw. -gewinne Wärmeleistung des Verdichters der Wärmepumpe Nutzenergie der Wärmepumpe zugeführte Wärme Wärmestrom aus konventionellen (fossilen) Energieträgern Index für Bemessungswerte Radius (u. a. Leiterradius) Verdampfungsenthalpie Radius an der Stelle 1 Radius an der Stelle 2 kinematischer Reaktionsgrad Außenleiter 1 Gaskonstante Radius eines Rotors Widerstand Widerstandsbelag Eisenverlustwiderstand Rückhalt bzw. Retention auf der Oberfläche (O) Parallelwiderstand Serienwiderstand Widerstand der Übertragungsleitung Widerstand des Verbrauchers Rauigkeit der Rohrinnenwand Reynolds-Zahl Rotorebene Entropie Schlupf Entropieunterschied Speed-up-Ratio maximales Speed-up-Ratio Außenleiter 2 durchströmte (Kreis-)Fläche Scheinleistung Scheitelpunkt einer Parabel Speicherkoeffizient

Liste der Formelzeichen

S1 durchströmte (Kreis-)Fläche an der Stelle 1 Schalter 1 S1 durchströmte (Kreis-)Fläche an der Stelle 2 S2 Schalter 2 S2 Schalter 3 S3 Schalter 4 S4 Abdeckungsoberfläche SAbd Absorberfläche SAbs Korrekturfaktor, berücksichtigt die Fensterausrichtung SF minimale horizontale Hauptspannung Sh maximale horizontale Hauptspannung SH durchströmte (Kreis-)Fläche an der Stelle i Si Kollektorfläche SKol Bemessungsleistung des Generators SrG Rotorfläche SRot Hauptspannung senkrecht zur Erdoberfläche SV SI Mineralsättigungsindex SPF Seasonal Performance Factor St Stefan-Zahl t Zeit t Zeitintervall, Zeitraum, Zeitspanne Betrachtungszeitraum tB Kompressionswellenlaufzeit des Porenfluides tF l Kompressionswellenlaufzeit der Matrix tP,Ma T Außenleiter 3 T (absolute) Temperatur T Transmissivität T Temperaturdifferenz T mittlere Grädigkeit Temperatur am Bilanzpunkt 0 T0 Temperatur am Bilanzpunkt 1 T1 unteres Temperaturniveau T1 oberes Temperaturniveau T2 T; T1 ; T2 ; T3 ; T4 ; TAC ; TA ; TBC ; TBC Thyristor Anlaufzeitkonstante TA abgeführtes Temperaturniveau Tab Temperatur der Absorberabdeckung TAbd Absorbertemperatur (absolut) TAbs Temperatur der antreibenden Wärme TAntr externe Gegenstrahlungstemperatur (absolut) Te Oberflächentemperatur umschließender Flächen und Volumina Te,Str Temperaturhub TH

XXXVII

XXXVIII

Liste der Formelzeichen

THimmel TK TKond TKond Tlog TQuelle TSenke TSiede Tsuper TU Tzu Te ü uO U U U

Himmelstemperatur Temperatur eines Körpers K Temperatur am Kondensator Temperaturdifferenz am Kondensator mittlere Temperaturdifferenz zwischen zwei wärmeaustauschenden Medien Temperatur der Wärmequelle Temperatur der Wärmesenke Siedetemperatur Temperatur am superkritischen Punkt Temperatur der umgebenden Flächen U zugeführtes Temperaturniveau Turbineneintritt Übersetzungsverhältnis eines Transformators, Bemessungsübersetzung Scheitelwert der Spannung Effektivwert der Spannung elektrisches Potential Gegenstrahlungsflächen / Flächen, die einen Körper K / eine Materie K umgeben Spannung Umfang einer Rohrleitung Wärmedurchgangskoeffizient (U -Wert) komplexer Effektivwert der Spannung gleichgerichtete Spannung Leiter-Erd-Spannung an Knoten 1, Spannung an Knoten 1 Außenleiterspannung zwischen Leiter 1 und Leiter 2 Außenleiterspannung zwischen Leiter 1 und Leiter 3 Leiter-Erd-Spannung an Knoten 2, Spannung an Knoten 2 Außenleiterspannung zwischen Leiter 2 und Leiter 3 Leiter-Erd-Spannung an Knoten 3 Grundschwingung bzw. erste Harmonische der Ausgangswechselspannung des Spannungsumrichters Ausgangswechselspannung des Spannungsumrichters Diffusionsspannung effektiver Wärmedurchgangskoeffizient äquivalenter Wärmedurchgangskoeffizient (äquivalenter U -Wert) Wärmedurchgangskoeffizient bezogen auf die Verglasung eines Fensters Leiter-Erd-Spannung an Knoten i U -Wert für die entsprechende Fläche i der Gebäudehülle Leiter-Erd-Spannung an Knoten j Wärmedurchgangskoeffizient eines Kollektors temperaturabhängiger Wärmedurchgangskoeffizient eines Kollektors konvektive Wärmeübergangszahl Längsspannungsabfall an einer Leitung

U U U U UD U1 U12 U13 U2 U23 U3 UAB1h UAB UD Ueff Ueq Ug Ui Ui Uj U  Kol UKol Ukonv Ul

Liste der Formelzeichen

UL UL UL0 U UMPP UN UN Ur1 Ur2 UsA UsB u.t/ uT UV UW v vA vc vOW vP vrel,1 vrel,2 vrel vS vS vu vu,1 vu,2 vu,Spitze vW a vWa,0,ax vWa,0 vWa,0,u vW a;1 vWa,1,ax vWa,1,SR vWa,1,th vWa,1,u

XXXIX

aktuelle Netzspannung Leerlaufspannung Netzspannung in einem bekannten Zustand 0 Trägersignal Spannung im Punkt maximaler Leistung (Maximum Power Point, MPP) Nennspannung Netzspannung primärseitige Bemessungsspannung sekundärseitige Bemessungsspannung normiertes Wechselspannungssignal inverses normiertes Wechselspannungssignal Momentanwert der Spannung Spannung am Thyristor Wärmedurchgangskoeffizient einer Verglasung Wärmedurchgangskoeffizient eines Fensters (d. h. Verglasung und Rahmen) Geschwindigkeit Anströmgeschwindigkeit Lichtgeschwindigkeit Absinkgeschwindigkeit des Oberwassers Kompressionswellengeschwindigkeit Relativgeschwindigkeit des Wassers im Laufrad am Bilanzpunkt 1 Relativgeschwindigkeit des Wassers im Laufrad am Bilanzpunkt 2 Relativgeschwindigkeit des Wassers im Laufrad Geschwindigkeit der angeströmten Fläche (S) Scherwellengeschwindigkeit Umfangsgeschwindigkeit Umfangsgeschwindigkeit am Bilanzpunkt 1 Umfangsgeschwindigkeit am Bilanzpunkt 2 Umfangsgeschwindigkeit an der Rotorblattspitze Strömungsgeschwindigkeit des Wassers Axialkomponente der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 0 Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 0 Umfangskomponente der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 0 Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 1 Axialkomponente der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 1 Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Saugrohranfang theoretische Strahlgeschwindigkeit Umfangskomponente der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 1

XL

vW a;2 vWa,2,ax vWa,2,SR vWa,2,u vWa,Dif vWa,EB vWa,OW vWa,RL vWa,Te vWa,u vWa,UW vW i vW i;1 vW i;2 vWi,a vWi,axial vWi,h vWi,i vWi,ref vWi,Nord vWi,Rot vWi,Süd vWi,umfang vWi,x v V V V0 V1 VP VPges VPKol VMeer VO VSpeicher VPVe VPVerd wt,T W W

Liste der Formelzeichen

Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 2 Axialkomponente der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 2 Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Saugrohraustritt Umfangskomponente der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Bilanzpunkt 2 Geschwindigkeit des Wassers im Diffusor Geschwindigkeit des Wassers in das Einlaufbauwerk Geschwindigkeit des Oberwassers Geschwindigkeit des Wassers in der Rohrleitung Strömungsgeschwindigkeit des Wassers am Turbineneingang (Te) in Umfangsrichtung gerichtete Komponente der Strömungsgeschwindigkeit Geschwindigkeit des Unterwassers Windgeschwindigkeit Windgeschwindigkeit an der Stelle 1 Windgeschwindigkeit an der Stelle 2 Windgeschwindigkeit an der Stelle a Axialkomponente der Windgeschwindigkeit mittlere Windgeschwindigkeit in der Höhe (h) Windgeschwindigkeit an der Stelle i mittlere Windgeschwindigkeit in einer Referenzhöhe (href ) Windgeschwindigkeit, Nordhalbkugel Windgeschwindigkeit in der Rotorebene Windgeschwindigkeit, Südhalbkugel Umfangskomponente der Windgeschwindigkeit Windgeschwindigkeit an der Stelle x Fallhöhengeschwindigkeit Valenzband Volumen Volumen am Bilanzpunkt 0 Volumen am Bilanzpunkt 1 Volumenstrom gesamter Volumenstrom Volumenstrom des Kollektors Verdunstung auf dem Meer Verdunstung von der Oberfläche (O) gespeichertes Wasservolumen benötigter Volumenstrom für Lüftung Volumenstrom des Kältemittels spezifische, durch die Turbine entnommene Arbeit elektrische Energie mechanische Energie des Motors

Liste der Formelzeichen

W WP Antr WOZ x x x xn xp X1 X2 XÜ X y y Y YSch 00 YSch YS t z z z z z z0 ze Z ZW ˛ ˛ ˛ ˛ ˛ ˛ ˛ ˛ ˛0 ˛ 0 ; ˛ 00 ˛0 ˛1 ˛2

XLI

Änderung der elektrischen Energie mechanische Antriebsleistung wahre Ortszeit Laufindex, Weg, Distanz Rotationsachse Wegspanne Rand der Raumladungszone im n-dotierten Gebiet Rand der Raumladungszone im p-dotierten Gebiet primärseitige Reaktanz sekundärseitige Reaktanz induktiver Blindwiderstand der Übertragungsleitung Hauptreaktanz des Transformators Laufindex, Weg, Distanz Sternschaltung auf der Unterspannungsseite Sternschaltung auf der Oberspannungsseite Schaufelarbeit Schaufelarbeit im Leitrad Stutzenarbeit Laufindex, Weg, Distanz Rotorblattanzahl Tiefenausdehnung Zickzackschaltung auf der Unterspannungsseite Teil der Tiefenausdehnung Rauigkeitslänge Anzahl übertragener Elektronen Zickzackschaltung auf der Oberspannungsseite Wellenwiderstand (spektraler) Absorptionskoeffizient Anströmwinkel Einfallswinkel Exponent entsprechend einer gegebenen Spannungsabhängigkeit der Wirkleistung Gesteinskompressibilität Neigungswinkel Wärmeübergangskoeffizient Zündwinkel Reflexionswinkel Auftreffwinkel des Sonnenlichtes auf die Moduloberfläche zu bestimmten Zeitpunkten Strömungswinkel des Wassers in der Turbine an der Stelle 0 Strömungswinkel des Wassers in der Turbine an der Stelle 1 Strömungswinkel des Wassers in der Turbine an der Stelle 2

XLII

˛a ˛Abs ˛Betrieb ˛Hell ˛I ˛ideal ˛real ˛s ˛ ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ1 ˇ2 ˇa      ı ı ı ı  " " " " "0 "Abd "Abs "c "ci "i "i

Liste der Formelzeichen

äußerer Wärmeübergangskoeffizient am Bauteil Absorptionskoeffizient des Absorbers betriebsbedingter Anströmwinkel Höhenwindexponent (Hellmann-Exponent, Rauigkeitsexponent) Absorptionskoeffizient im Bereich des infraroten Lichts idealer Absorptionskoeffizient tatsächlicher Absorptionskoeffizient Absorptionskoeffizient im Bereich des sichtbaren Lichts Absorptionskoeffizient in Abhängigkeit der Wellenlänge  Arbeitszahl einer Wärmepumpe Azimutwinkel Exponent entsprechend einer gegebenen Frequenzabhängigkeit der Wirkleistung Kompressibilität des Fluides Neigungswinkel des Photovoltaikmoduls Winkel zwischen Kreissehne und Kreisbogen Winkel an der Turbine an der Stelle 1 Winkel an der Turbine an der Stelle 2 Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe Ausrichtung der Flächennormalen Exponent entsprechend einer gegebenen Spannungsabhängigkeit der Blindleistung spezifische Dichte eines Fluides Verhältnis von Wärmegewinn zu Wärmeverlust Winkel zwischen Anströmgeschwindigkeit und Umfangsgeschwindigkeit Exponent entsprechend einer gegebenen Frequenzabhängigkeit der Blindleistung Profilanstellwinkel Sonnendeklination Spannungswinkel (Nullphasenwinkel) Differenz Gleitzahl Leistungszahl einer Wärmepumpe Emissionskoeffizient äquivalenter Emissionskoeffizient elektrische Feldkonstante Emissionskoeffizient Abdeckung Emissionskoeffizient Absorber Carnot-Leistungszahl innere Carnot-Leistungszahl Emissionskoeffizient der Fläche i innere Leistungszahl

Liste der Formelzeichen

"I "j "min "s "v " a c i



0

00

a

c

F

F l

h

HF

i

i

t h

WP

mech.-elek.

PV

Rot

Turbine

Vd

WKA       0 Sp 

Emissionskoeffizient im Bereich des infraroten Lichts Emissionskoeffizient der Fläche j minimale Gleitzahl Emissionskoeffizient im Bereich des sichtbaren Lichts Emissionskoeffizient im Spektrum der sichtbaren Sonnenstrahlung Emissionskoeffizient in Abhängigkeit der Wellenlänge  Heizzahl einer Wärmepumpe Jahresheizzahl einer Wärmepumpe Carnot-Wärmeverhältnis Wärmeverhältnis des „inneren“ thermodynamischen Prozesses Wirkungsgrad Ausnutzungsgrad Düsenwirkungsgrad Laufschaufelwirkungsgrad Wirkungsgrad des Wärmepumpenantriebs Carnot-Wirkungsgrad Freihangwirkungsgrad dynamische Viskosität des Fluids Wirkungsgrad der Wasserkraftanlage zwischen Ober- und Unterwasser Wirkungsgrad eines Heliostatenfeldes innerer Gütegrad Prozessgüte Wärmerückgewinnungseffizienz Carnot-Gütegrad mechanisch-elektrischer Wirkungsgrad photovoltaischer Wirkungsgrad Wirkungsgrad des Rotors Turbinenwirkungsgrad äußerer Wirkungsgrad Verdichter Anlagenwirkungsgrad Wasserkraftanlage spezifischer Leitwert thermische Diffusivität Längengrad Laufzahl (Wasserturbinen) Rohrreibungszahl Schnelllaufzahl Wärmeleitfähigkeit Wellenlänge Bezugsmeridian Wärmeleitfähigkeit des speichernden Körpers Sp / der speichernden Materie Sp dynamische Viskosität

XLIII

XLIV

  0 W a

Dif

EB

RL

W a  0 1 2 a Abs aus De e ein Erdoberfläche F b Festkörper Fluid ges i i,set Kol Körper Luft W i   a Abs F l I real v s,g

Liste der Formelzeichen

Schermodul Schluckzahl magnetische Feldkonstante Photonenfrequenz Poissonzahl kinematische Viskosität des Wassers Strömungswiderstand Verlustbeiwert Verlustbeiwert für den Diffusor Verlustbeiwert für das Einlaufbauwerk Verlustbeiwert der Rohrleitung spezifische Strömungsverluste des Wassers Temperatur Jahresdurchschnittstemperatur Temperatur an der Stelle 1 Temperatur an der Stelle 2 Sichthalbwinkel Absorbertemperatur Austrittstemperatur Temperatur Decke Umgebungstemperatur Eintrittstemperatur Temperatur der Erdoberfläche Temperatur Fußboden Temperatur eines Festkörpers Temperatur eines Fluids gesamter Temperaturunterschied Raumtemperatur gewünschte Raumtemperatur Temperaturunterschied des Kollektors Temperatur des Körpers / des Gesteins Temperatur der Luft Temperatur Wintergarten Kreiszahl Reflexionskoeffizient Dichte der Luft Reflexionskoeffizient des Absorbers Fluiddichte Reflexionskoeffizient im Bereich des infraroten Lichts tatsächlicher Reflexionskoeffizient Reflexionskoeffizient im Bereich des sichtbaren Lichts mit dem Solarspektrum gewichtete Reflektivität

Liste der Formelzeichen

Saug Sp Spiegel W a W a;1 W a;2 W i W i;1 W i;2 Wi,i     Abd e e G GA I MS PA RS v ' ' ' cos ' '1 '2 '3 'Spannung 'Strom ˚eff z

! ! !m,0 !S t

XLV

Dichte auf der Saugseite des Kompressors Dichte des speichernden Körpers / der speichernden Materie Spiegelreflektivität Dichte des Wassers Dichte des Wassers an der Stelle 1 Dichte des Wassers an der Stelle 2 Dichte der Luft / des Windes Dichte der Luft / des Windes an der Stelle 1 Dichte der Luft / des Windes an der Stelle 2 Dichte der Luft / des Windes an der Stelle i Schnellläufigkeit Stefan-Boltzmann Konstante Transmissionskoeffizient Lebensdauer der Ladungsträger Transmissionskoeffizient der Absorberabdeckung Transmissionskoeffizient eines transparenten Bauteils, Strahlungstransmissionsgrad Transmissionskoeffizient eines transparenten Bauteils bezogen auf den senkrechten Strahlungseinfall Transmissionskoeffizient der Globalstrahlung Transmissionskoeffizient der Gasabsorption Transmissionskoeffizient im Bereich des infraroten Lichts Transmissionskoeffizient der Mie-Streuung Transmissionskoeffizient der Partikelabsorption Transmissionskoeffizient der Rayleigh-Streuung Transmissionskoeffizient im Spektrum der sichtbaren Sonnenstrahlung Breitengrad magnetischer Fluss Phasenverschiebung Leistungsfaktor magnetischer Fluss in Phase 1 magnetischer Fluss in Phase 2 magnetischer Fluss in Phase 3 Nullphasenwinkel der sinusförmigen Spannung Nullphasenwinkel des sinusförmigen Stroms effektive Porosität Einfallswinkel Zenitwinkel Drehfrequenz, Kreisfrequenz Winkelgeschwindigkeit mechanische synchrone Nenn-Winkelgeschwindigkeit Stundenwinkel

Teil I Erneuerbare Energien in Mitteleuropa

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Einführung und Aufbau Martin Kaltschmitt, Lucas Sens und Wolfgang Streicher

Ziel der Ausführungen dieses Buches ist es, die Möglichkeiten und Grenzen einer Nutzung des regenerativen oder erneuerbaren Energieangebots umfassend darzustellen und vertieft zu diskutieren. Deshalb werden sowohl die jeweiligen physikalischen und entsprechenden technischen Grundlagen dargestellt als auch unterschiedliche Kenngrößen abgeleitet und quantifiziert, die eine umfassende Einordnung dieser Optionen untereinander und in das Energiesystem ermöglichen. Um dem Anspruch einer einfachen, verständlichen und transparenten Darstellung der z. T. sehr verschiedenartigen Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien möglichst nahe zu kommen, sind die einzelnen Kapitel, in denen die unterschiedlichen Varianten erläutert werden, vergleichbar strukturiert – soweit dies möglich, sinnvoll und praktisch umsetzbar ist. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden zunächst auf das globale und deutsche Energiesystem eingegangen; dadurch wird der Rahmen abgesteckt, in den eine Energiebereitstellung aus regenerativen Energien integriert werden muss. Anschließend werden der grundsätzliche Aufbau, der den einzelnen Kapiteln dieses Buches zugrunde liegt, näher erklärt sowie wesentliche energietechnische und -wirtschaftliche Begriffe, auf die in den anschließenden Kapiteln immer wieder Bezug genommen wird, definiert. Auch wird das jeweilige methodische Vorgehen vorgestellt, das der Bestimmung einzelner ökonomischer und ökologischer Kennwerte zugrunde liegt, durch die die Möglichkeiten und auch die Grenzen einer Nutzung des regenerativen Energieangebots charakterisiert werden können. Abschließend werden zusätzlich die Techniken zur Nutzung fossiler Energieträger, die durch die beschriebenen Optionen zur Nutzung regenerativer Energien am ehesten substituiert werden könnten, kurz dargestellt sowie ebenfalls ökonomisch und ökologisch charakterisiert; sie stellen quasi einen „Maßstab“ dar, mit dem die Optionen zur Nutzung der erneuerbaren Energien bewertet werden können. Autoren in alphabetischer Reihenfolge mit Beiträgen zum Kapitel; die Autorenzuordnung geht aus den einzelnen Unterkapiteln hervor. Martin Kaltschmitt, Lucas Sens, Hamburg, Deutschland Wolfgang Streicher, Innsbruck, Österreich © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kaltschmitt, W. Streicher, A. Wiese (Hrsg.), Erneuerbare Energien, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61190-6_1

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M. Kaltschmitt et al.

1.1 Energiesystem Martin Kaltschmitt Unser gegenwärtiger Lebensstandard ist ohne einen entsprechenden Energieeinsatz zur Deckung der gegebenen Energienachfrage bzw. die Bereitstellung der daraus resultierenden Energiedienstleistung (z. B. warmer Raum, Information, Mobilität) nicht möglich. Dabei ist dieser Energieeinsatz zwingend mit einer Reihe von Umweltbeeinflussungen und -auswirkungen verbunden, die von einer bezüglich potenzieller Umwelteffekte zunehmend sensibilisierten europäischen Gesellschaft immer weniger toleriert werden. Deshalb war und ist dieses untrennbar mit allen bisher bekannten Energiesystemen zwingend verbundene „Umweltproblem“ in den energietechnischen, -wirtschaftlichen und -politischen Diskussionen in Deutschland, Europa und z. T. auch weltweit immer noch ein bestimmendes Thema – und das mit – zumindest in einigen Weltregionen – zunehmender Bedeutung. Daran wird sich auch zukünftig aus gegenwärtiger Sicht nichts ändern, wie sich u. a. an der weltweiten Kontroverse um die möglichen Gefahren des anthropogenen Treibhauseffekts und der stark emotionalisierten Diskussion um die Feinstaubemissionen beispielsweise aus dem Verkehr oder dem Hausbrand zeigt. Eher ist mit steigendem Wissensstand und einem immer schneller voranschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisprozess von einer zunehmenden Problematisierung der mit der Energienutzung im weitesten Sinne zusammenhängenden Effekte auf den Menschen und die natürliche Umwelt auszugehen. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden die Dimension des weltweiten, des europäischen, des deutschen und des österreichischen Energiesystems dargestellt und diskutiert. Zuvor werden jedoch die wesentlichen Energiebegriffe definiert.

1.1.1 Energiebegriffe Unter Energie wird allgemein die Fähigkeit eines Systems verstanden, äußere Wirkungen hervorzubringen. Dabei kann unterschieden werden zwischen      

mechanischer Energie (d. h. potenzielle und kinetische Energie), thermischer Energie, elektrischer Energie, chemischer Energie, Kernenergie und Strahlungsenergie.

In der praktischen Energieanwendung äußert sich die Arbeitsfähigkeit der Energie in Form von Kraft, Wärme und Licht. Nur die Arbeitsfähigkeit der chemischen Energie sowie der Kern- und Strahlungsenergie ist erst durch eine Umwandlung dieser Energieformen in mechanische und / oder thermische Energie gegeben.

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Einführung und Aufbau

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Primärenergie

Umwandlungsverl. Verteilungsverl. Eigenbedarf Nicht-energ. Verbr.

(z.B. Steinkohle, Braunkohle, Erdöl, Erdgas, Uran, Wasserkraft, Solarstrahlung, Rohbiomasse)

Umwandlungsverl. Verteilungsverl. Eigenbedarf Nicht-energ. Verbr.

Sekundärenergie (z.B. Koks, Briketts, Benzin, Biodiesel, Heizöl, Strom, Stückholz, Fernwärme)

Endenergie Umwandlungsverl. Verteilungsverl. Eigenbedarf Nicht-energ. Verbr.

(z.B. Briketts, Benzin, Heizöl, Erdgas, Strom, Hackschnitzel, Fernwärme)

Verluste beim Verbraucher

Nutzenergie (z.B. Wärme, Kraft, Licht)

Regel-, Steuerverl. Energieeffizienz Gebäude Nutzerverhalten

Energiedienstleistung (z.B. warmer Raum, Personenbzw. Tonnenkilometer, Kühlleistung)

Abb. 1.1 Energiewandlungskette (Verl. Verluste; energ. energetischer; Verbr. Verbrauch; nach [1.1])

Unter einem Energieträger – und damit einem „Träger“ der oben definierten Energie – wird ein Stoff verstanden, aus dem direkt oder durch eine oder mehrere Umwandlungen End- bzw. Nutzenergie gewonnen werden kann. Energieträger werden daher nach dem Grad der Umwandlung – und damit entlang der gesamten Bereitstellungskette von der eigentlichen „Produktion“ bis zur finalen „Nutzung“ durch den Letztverbraucher – unterteilt in Primär- und Sekundärenergieträger sowie Endenergieträger. Der jeweilige Energieinhalt dieser Energieträger ist die Primärenergie, die Sekundärenergie und die Endenergie. Letztere stellt dann zumeist die Nutzenergie für die final typischerweise gewünschte Energiedienstleistung bereit. Diese einzelnen Begriffe sind wie folgt definiert (Abb. 1.1; u. a. [1.1]).  Unter Primärenergieträgern werden Stoffe und unter der Primärenergie der Energieinhalt der Primärenergieträger und damit der „primären“ Energieströme verstanden, die noch keiner technischen Umwandlung unterworfen wurden. Aus Primärenergie (z. B. Windkraft, Solarstrahlung) oder -trägern (z. B. Steinkohle, Braunkohle, Erdöl, Erdgas, Biomasse) können direkt oder durch eine oder mehrere Umwandlungen Sekundärenergie oder -träger gewonnen werden.  Sekundärenergieträger sind Energieträger und Sekundärenergie ist der Energieinhalt der Sekundärenergieträger oder der von Energieströmen, die direkt oder durch eine oder mehrere Umwandlungen in technischen Anlagen aus Primär- oder aus anderen Sekundärenergieträgern bzw. -energien hergestellt werden (z. B. Benzin, Heizöl, Raps-

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M. Kaltschmitt et al.

öl, elektrische Energie). Dabei fallen u. a. Umwandlungs- und Verteilungsverluste an. Sekundärenergieträger bzw. Sekundärenergien stehen Verbrauchern zur Umwandlung in andere Sekundär- oder Endenergieträger bzw. -energien zur Verfügung.  Unter Endenergieträgern werden Energieträger und unter Endenergie der Energieinhalt der Endenergieträger bzw. der entsprechenden Energieströme verstanden, die der Endoder Letztverbraucher bezieht (z. B. Heizöl im Öltank des Einfamilienhauses, Holzhackschnitzel vor der Feuerungsanlage, Fernwärme an der Hausübergabestation). Sie resultieren aus Sekundär- oder ggf. Primärenergieträgern bzw. -energien, vermindert um die Umwandlungs- und Verteilungsverluste, den Eigenverbrauch und den nichtenergetischen Verbrauch (darunter wird eine stoffliche Nutzung der Energie / der Energieträger beispielsweise zur Herstellung von Kunststoffen in der chemischen Industrie verstanden). Endenergieträger stehen dann für die Umwandlung in Nutzenergie beim End- oder Letztverbraucher zur Verfügung.  Mit Nutzenergie wird letztlich die Energie bezeichnet, die nach der letzten Umwandlung in den Geräten des Verbrauchers für die Befriedigung der jeweiligen Bedürfnisse (z. B. Raumtemperierung, Nahrungszubereitung, Information, Beförderung, Beleuchtung) verfügbar ist. Sie wird gewonnen aus Endenergieträgern bzw. aus Endenergie, vermindert um die Verluste dieser letzten Umwandlung (z. B. Verluste infolge der Wärmeabgabe einer konventionellen Glühlampe für die Erzeugung von Licht, Verluste in einer Hackschnitzelfeuerung bei der Bereitstellung von Wärme).  Unter der Energiedienstleistung werden die aus dem Einsatz von Nutzenergie und anderen Produktionsfaktoren befriedigten Bedürfnisse (z. B. beheizte, klimatisierte und / oder beleuchtete Räume), erzeugten Güter (z. B. Aluminium) bzw. bereitgestellten Dienstleistungen (z. B. Transport eines bestimmten Gutes über eine definierte Entfernung) verstanden. Eine Energiedienstleistung ist damit der physikalische Nutzeffekt als Ergebnis der Kombination von Nutzenergie mit einer entsprechenden Technologie und / oder mit Maßnahmen, welche die erforderlichen Aktivitäten zur Erbringung dieser Dienstleistung beinhalten können. Die gesamte der Menschheit prinzipiell zur Verfügung stehende Energie wird als Energiebasis bezeichnet. Sie setzt sich aus der Energie der (meist endlichen) Energievorräte und der (weitgehend regenerativen oder erneuerbaren) Energiequellen zusammen. Energievorräte können unterteilt werden in fossile (aus dem lateinischen Wort fossilis ((aus)gegraben)) und rezente Vorräte (aus dem lateinischen Wort recens (soeben, kürzlich, frisch)). Dies wird nachfolgend definiert.  Fossile Energievorräte sind Vorräte, die in vergangenen geologischen Zeitaltern durch biologische, physikalische, chemische und / oder geologische Prozesse (wahrscheinlich durch eine Kombination derartiger Prozesse) gebildet wurden. Dabei wird unterschieden zwischen – fossil biogenen Energievorräten (d. h. Energievorräten, die biologischen / organischen Ursprungs sind und damit ursächlich aus abgestorbener Pflanzen- und / oder Tier-

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Einführung und Aufbau

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masse resultieren (und damit letztlich originär aus der Sonnenenergie stammen)), und – fossil mineralischen Energievorräten (d. h. Vorräte mineralischen bzw. nicht biologischen / organischen Ursprungs, die potenziell aus sehr frühen Phasen der Erdentstehung resultieren (und damit letztlich nicht auf die eingestrahlte Sonnenenergie zurückzuführen sind)). Zu der ersteren Gruppe zählen u. a. die Stein- und Braunkohle- sowie die Erdgas- und Erdöllagerstätten und zu der letzteren Kategorie u. a. die Energieinhalte der Uranlagerstätten und die Vorräte an Kernfusionsausgangsstoffen.  Rezente Vorräte sind Energievorräte, die in gegenwärtigen Zeiten z. B. durch biologische, ggf. in Verbindung mit physikalisch-chemischen bzw. geologischen Prozessen, die durch den Menschen nicht (unmittelbar) beeinflussbar sind, gebildet werden. Hierzu gehören z. B. der Energieinhalt der Biomasse oder die potenzielle Energie des Wassers eines natürlichen Stausees. Energiequellen liefern im Unterschied zu den genannten Energievorräten über einen sehr langen Zeitraum Energieströme; sie werden deshalb – gemessen in menschlichen Dimensionen – als „unerschöpflich“ (auch als „erneuerbar“ oder als „regenerativ“) angesehen. Aber auch wenn diese Zeiträume sehr lang – in menschlichen Dimensionen nahezu oder quasi „unendlich“ – sein sollten, sind sie letztlich – in geologischen Zeiträumen gemessen – immer zwingend endlich. Auch diese „erneuerbaren“ Energieflüsse werden bzw. wurden ursächlich durch natürlich und vom Menschen unbeeinflussbar ablaufende Prozesse aus einem (endlichen) fossil mineralischen Energievorrat kontinuierlich und technisch nicht steuerbar freigesetzt. Beispiele dafür sind die von der Sonne in den Weltraum freigesetzte Strahlung, die aus der dort ablaufenden Kernfusion resultiert (Kapitel 2.2), und die Wärmeproduktion infolge des radioaktiven Zerfalls bestimmter Elemente (Kapitel 2.7), die z. B. in der Erdkruste natürlicherweise vorkommen können; dabei sind sowohl die Kernfusionsausgangsstoffe auf der Sonne als auch die radioaktiven Elemente in der Erdkruste bezüglich der insgesamt vorhandenen Mengen, die fusionieren bzw. gespaltet werden können, begrenzt (d. h. endlicher Energievorrat). Bei den verfügbaren Energien bzw. Energieträgern kann – analog zu den Vorräten – zusätzlich unterschieden werden zwischen fossil biogener, fossil mineralischer und erneuerbarer Energie bzw. fossil biogenen, fossil mineralischen und erneuerbaren Energieträgern.  Unter fossil biogenen Energieträgern werden im Wesentlichen die Energieträger Kohle (d. h. Braun- und Steinkohlen) sowie flüssige und gasförmige Kohlenwasserstoffe (u. a. Erdöl, Erdgas, Erdölgas) verstanden. Weiterhin kann unterschieden werden zwischen fossil biogenen Primärenergieträgern (z. B. Rohbraunkohle, Rohöl) und fossil biogenen Sekundärenergieträgern (z. B. Steinkohlebrikett, Benzin, Diesel).  Unter fossil mineralischen Energieträgern werden die Stoffe zusammengefasst, aus denen durch eine Kernspaltung oder -fusion Energie bereitgestellt werden kann (u. a. Uran, Thorium, Wasserstoff).

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M. Kaltschmitt et al.

 Unter erneuerbaren oder regenerativen Energien werden die Primärenergien bzw. Primärenergieströme verstanden, die – gemessen in menschlichen Dimensionen – als unerschöpflich angesehen werden. Sie werden laufend aus den der Menschheit insgesamt zur Verfügung stehenden regenerativen Energiequellen „Gezeitenenergie“, „geothermische Energie“ und „Solarenergie“ gespeist (Kapitel 2.1); insbesondere letztere ist für eine Vielzahl weiterer erneuerbarer oder regenerativer Energien verantwortlich (u. a. Windenergie, Wasserkraft, Biomasse). Die im Abfall bzw. im Müll enthaltene Energie ist nur dann als erneuerbar zu bezeichnen, wenn sie nicht fossil biogenen oder fossil mineralischen Ursprungs ist (d. h. nur die organische Abfall- bzw. Müllfraktion wie z. B. der Biomüll der Haushalte, Gartenabfälle oder organische Abfälle aus der Lebensmittelbe- und -verarbeitung zählen strenggenommen zu den erneuerbaren Energien; vielfach wird aber auch das gesamte Müll- bzw. Abfallaufkommen – unabhängig von der Herkunft (ein Teil des anfallenden Mülls resultiert ursächlich auch aus fossilen Energieträgern wie beispielsweise Kunststoffabfälle) – zu den erneuerbaren Energien gezählt mit dem Argument, dass Müll immer wieder neu anfällt und damit quasi „erneuerbar“ ist). Regenerativ im eigentlichen Sinne sind auch nur die natürlich vorkommenden erneuerbaren Primärenergien, nicht aber die daraus resultierenden Sekundär- oder Endenergien bzw. -träger. Beispielsweise ist der mithilfe einer technischen Umwandlungsanlage gewonnene elektrische Strom aus der solaren Strahlung oder den strömenden Luftmassen (Windenergie) nicht regenerativ; er ist nur so lange verfügbar, wie auch die entsprechende technische Umwandlungsanlage betrieben werden kann. Trotzdem werden umgangssprachlich vielfach auch die aus erneuerbaren Energien gewonnenen Sekundär- und Endenergieträger als regenerativ oder erneuerbar bezeichnet; beispielsweise wird umgangssprachlich oft von regenerativem Strom gesprochen.

1.1.2 Weltweiter Energieverbrauch Im Folgenden werden die Dimension des globalen Energiesystems und dessen Entwicklung in den vergangenen Jahren dargestellt und diskutiert. Primärenergieverbrauch Der weltweite Verbrauch an fossil biogenen (d. h. Stein- und Braunkohle, Rohöl und Erdgas) lag 2018 bei 491,7 EJ [1.2]. Hinzu kommt ein Verbrauch an fossil mineralischen Primärenergieträgern (d. h. Uran) von 25,6 EJ (2018) [1.2]. Weiterhin addiert sich dazu ein statistisch erfasster regenerativer Primärenergieverbrauch von rund 39,7 EJ (2018) aus Wasserkraft und etwa 23,5 EJ (2018) aus anderen erneuerbaren Energien [1.2]. Diese anderen erneuerbaren Energien verteilen sich zu 51 % auf die Windkraft, zu 24 % auf die solare Stromerzeugung und zu 25 % auf sonstige erneuerbare Energien wie beispielsweise die Biomasse oder die Geothermie [1.2]. Nicht berücksichtigt in diesen Zahlenangaben ist dabei die traditionelle und auch z. T. moderne Biomassenutzung insbesondere im Wärmemarkt (u. a. Kochenergie beispielsweise in ländlichen Gebieten von Entwicklungs- und Schwellenländern, Wärmeenergie zum Beheizen von Wohnungen

1

Einführung und Aufbau

9

600 550

Asien und paz. Raum Afrika

Primärenergieverbrauch in EJ/a

500

450 400

Mittlerer Osten Europa und GUS Zentral- und Südamerika

Nordamerika

350

300 250 200

150 100 50

0 1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Zeit in Jahren

Abb. 1.2 Entwicklung des weltweiten Verbrauchs an fossilen Primärenergieträgern sowie an Wasserkraft und anderen regenerativen Energien (paz. pazifischer; GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (ehemalige Sowjetunion); Daten nach [1.2]; ohne Berücksichtigung der traditionellen Biomassenutzung)

in Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in den Industriestaaten aus Einzelfeuerungen, Nah- bzw. Fernwärme aus KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Kopplung, KWK) zur Nutzung biogener Festbrennstoffe und von Biogas primär in den Industriestaaten). Insgesamt dürfte diese zusätzliche Biomassenutzung bei einem geschätzten Primärenergieäquivalent von 56 bis 64 EJ (2018) liegen. Geht man für diesen Biomasseeinsatz im Wärmemarkt für 2018 näherungsweise von im globalen Durchschnitt rund 60 EJ aus, errechnet sich ein gesamter globaler Primärenergieeinsatz von etwa 640 EJ (2018). Von dem gesamten Verbrauch an fossiler Primärenergie (d. h. Öl, Gas, Kohle, Kernenergie) von knapp 517 EJ (2018) entfielen rund 21 % auf Europa und die GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten; primär Russland und andere Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion) sowie knapp 21 % auf Nordamerika, ca. 4,1 % auf Zentral- und Südamerika, etwa 7,3 % auf das Gebiet des Mittleren Ostens, rund 3,4 % auf Afrika und etwas mehr als 43 % auf Asien und den pazifischen Raum; letzterer wird von Australien und Neuseeland dominiert. Damit werden in Nordamerika, in Europa, in den GUS und in Asien (einschließlich des pazifischen Raums) rund 85 % der derzeit weltweit eingesetzten Primärenergie aus fossil biogenen und fossil mineralischen Energieträgern eingesetzt. Nach Abb. 1.2 hat der Verbrauch an fossil biogener und fossil mineralischer Primärenergie sowie an Wasserkraft und anderen regenerativen Energien (d. h. ohne Berücksich-

10

M. Kaltschmitt et al.

tigung der traditionellen Biomassenutzung) in den letzten 50 Jahren um mehr als den Faktor 3 zugenommen. Ein merklicher Anstieg ist bei praktisch allen dargestellten Regionen zu erkennen; die mit Abstand größte Zunahme des Primärenergieverbrauchs zeigt aber Asien einschließlich des pazifischen Raums – und hier insbesondere China (und das primär in dem Zeitraum zwischen der Jahrtausendwende und Anfang / Mitte der 2010er Jahre) und eingeschränkter Indien. Deutlich wird auch, dass diese Energieverbrauchszuwächse nicht stetig verlaufen sind, sondern durch die beiden Ölpreiskrisen 1973 und 1979/80 sowie die globale Finanzkrise 2008/09 spürbar beeinflusst wurden. Dabei hatte sich Anfang der 1990er Jahre – im Vergleich zu den Vorjahren – der Anstieg des weltweiten Primärenergieverbrauchs verlangsamt; dies war u. a. auf die schlechte konjunkturelle Lage der Weltwirtschaft und die z. T. erheblichen Umbrüche und die daraus resultierenden Umstrukturierungsprozesse im ehemaligen Ostblock einschließlich der ehemaligen UdSSR (Sowjetunion) zurückzuführen. Gleichzeitig ist im asiatischen Raum der fossile Primärenergieeinsatz deutlich angestiegen. Gegen Mitte bis Ende der 1990er Jahre ist es insgesamt wieder zu einem schnelleren Anstieg des weltweiten Primärenergieverbrauchs gekommen, nachdem sich einzelne Volkswirtschaften nach den Umbrüchen Ende der 1980er / Anfang der 1990er Jahre wieder neu aufgestellt hatten und wirtschaftliche Prosperität zeigten. Diese Entwicklung hat sich dann in der ersten Hälfte der Nuller Jahre (2000 bis 2010) fortgesetzt und z. T. noch verstärkt. In diesem Zeitraum ist es primär aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung und des merklichen Bevölkerungswachstums in Asien – dies gilt insbesondere für die Volksrepublik China – zu einem noch stärkeren Verbrauchsanstieg gekommen, der nur durch die Finanzkrise 2008/09 kurzfristig unterbrochen wurde. Der Gesamtenergieverbrauch an fossilen Energieträgern sowie an Wasserkraft und anderen regenerativen Energien (ohne traditionelle Biomassenutzung) wurde im Jahr 2018 zu 34 % durch Erdöl, zu 24 % aus Erdgas, zu 27 % durch Kohlen (d. h. Braun- und Steinkohlen), zu 7 % durch elektrische Energie aus Wasserkraft, zu 4 % durch Kernkraft und zu 4 % aus anderen regenerativen Energien gedeckt. Dabei variieren die Anteile jedoch erheblich in Abhängigkeit von regionalen und nationalen Gegebenheiten, die aus der nationalen Energiepolitik bzw. den regional unterschiedlich verfügbaren Primärenergievorkommen resultieren (Abb. 1.3). Beispielsweise wird in Asien ein Großteil der fossilen Primärenergie durch Kohlen (primär Steinkohlen) bereitgestellt (im Wesentlichen in der Volksrepublik China), während dieser Energieträger z. B. im Mittleren Osten kaum Bedeutung hat. Aufgrund der dortigen großen Vorkommen an Erdöl und -gas dominiert hier der Einsatz von flüssigen und in den letzten Jahrzehnten verstärkt auch gasförmigen fossilen Kohlenwasserstoffen; da Erdöl leichter und mit etablierten Logistikketten auf den internationalen Energiemärkten verkauft werden kann, wird Erdgas hier eher zur Deckung der heimischen Nachfrage eingesetzt. Entsprechend ist auch der hohe Erdgaseinsatz in Russland auf die dort vorhandenen großen Vorkommen zurückzuführen. In den bisher dargestellten Angaben sind nur die auf den kommerziellen Weltenergiemärkten gehandelten Energieträger (einschließlich der Biokraftstoffe, die im Transportsektor eingesetzt werden, wie u. a. Biodiesel und Bioethanol) sowie die Stromerzeugung

1

Einführung und Aufbau

11 250,6

124,8 118,6

37,8

19,3

Reg. Energien

29,4

Kernenergie Kohle Erdgas

Mineralöl

Angaben in EJ/a

Abb. 1.3 Weltweiter Primärenergieverbrauch nach Regionen und Energieträgern im Jahr 2018 (Daten nach [1.2]; ohne Berücksichtigung der traditionellen Biomassenutzung mit einem Energieeinsatz zwischen 56 und 64 EJ (2018))

aus Wasserkraft, Windenergie, Solarstrahlung, Biomasse, Geothermie und Kernenergie enthalten; d. h. unkonventionelle Energien (z. B. Brennholz und andere traditionell genutzte, aber typischerweise nicht bzw. nur sehr begrenzt überregional gehandelte Biomassen (u. a. Stroh, Dung)) sind damit nicht berücksichtigt, obwohl sie insbesondere zur Bereitstellung von Wärme zum Kochen und / oder für die Raumheizung global gesehen einen durchaus erheblichen Beitrag zur Energienachfragedeckung in Entwicklungsländern, in Schwellenländern und in den Industriestaaten leisten [1.21]. Über die Höhe und die regionale Verteilung dieses Einsatzes an traditioneller Biomasse liegen bisher nur z. T. sehr grobe Schätzungen vor, die – bezogen auf das Jahr 2018 – zwischen 56 und knapp 64 EJ (2018) schwanken [1.13]. Demnach trägt die traditionelle Nutzung der Biomasse primär für den Wärmemarkt (d. h. Koch- und Heizenergie), die sich einer verlässlichen statistischen Erfassung heute und potenziell auch zukünftig weitgehend entzieht, da diese biogenen (Fest-)Brennstoffe nicht bzw. nur sehr eingeschränkt – im Vergleich zu anderen (fossilen) Energieträgern – auf den überregionalen und internationalen kommerziellen Energiemärkten gehandelt werden, mit rund 10 bis 11 % bezogen auf den weltweiten Primärenergieeinsatz an fossil biogenen und fossil mineralischen Energieträgern zur Deckung der gegebenen Energienachfrage bei. In den letzten 50 Jahren hat sich dieser weltweite Energieträgermix merklich verändert (Abb. 1.4). Dies gilt insbesondere für Erdgas; dieser Energieträger hatte 1965 nur einen Anteil am gesamten globalen Primärenergieverbrauch (einschließlich der unkonventionellen Biomassenutzung) von knapp 14 % und trug im Jahr 2018 bereits mit knapp 22 % zur De-

12

M. Kaltschmitt et al. 650 600

Weitere reg. Energien

Primärenergieverbrauch in EJ/a

Unkonventionelle Biomasse 550

Wasserkraft

500

Kernenergie Gas

450 400

Öl Kohle

350

300 250

200 150

100 50

0 1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Zeit in Jahren

Abb. 1.4 Weltweiter Primärenergieverbrauch nach Energieträgern (reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

ckung des globalen Primärenergieverbrauches bei. Die Kernenergie hatte im Jahr 1965 mit weniger als 0,2 % bezogen auf den globalen Primärenergieverbrauch kaum Bedeutung; im Jahr 2018 wurden damit knapp 4 % der gesamten weltweiten Primärenergienachfrage gedeckt. Der Verbrauch von Kohlen ist von 68 EJ (1965) auf knapp 158 EJ (2018) und damit um den Faktor 2,3 deutlich angestiegen; bezogen auf den gesamten Primärenergieverbrauch ist er jedoch von rund 34 % im Jahr 1965 auf knapp 25 % im Jahr 2018 zurückgegangen. Beim Mineralöl stieg der Verbrauch im gleichen Zeitraum von rund 65 EJ (1965) auf knapp 195 EJ (2018) an und hat sich damit etwa verdreifacht; der Anteil am gesamten Primärenergieverbrauch ist im gleichen Zeitraum von 38 auf 30 % gefallen. Aufgrund der Berücksichtigung der unkonventionellen Biomassenutzung unterscheiden sich diese Angaben von den üblicherweise ausgewiesenen Anteilen, die sich oft nur auf den fossilen Primärenergieeinsatz – und damit einen Teil des gesamten Energiesystems – beziehen. Elektrische Energie Die gesamte globale Bruttostromerzeugung lag im Jahr 2018 bei etwa 26,6 PWh [1.3]; dabei werden etwas mehr als 42 % in den OECD-Staaten und die verbleibenden knapp 58 % in den Nicht-OECD-Staaten erzeugt. Diese Bruttostromerzeugung war in den letzten Jahrzehnten durch einen erheblichen und weitgehend konstanten Zuwachs gekennzeichnet; beispielsweise wurden 1985 global nur rund 9,9 PWh erzeugt und damit nur ca. 37 % bezogen auf die Stromerzeugung im Jahr 2018. Damit stieg die Bruttostromerzeugung in den Jahren zwischen 1985 und 2018 im Durchschnitt um rund 0,5 PWh/a an (Abb. 1.5).

1

Einführung und Aufbau

25

13

Weitere reg. Energien

Wasserkraft

Bruttostromerzeugung in PWh/a

Kernenergie Gas

20

Öl Kohle

15

10

5

0 1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.5 Weltweite Bruttostromerzeugung nach Energieträger (reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

Bezogen auf die globale Bruttostromerzeugung im Jahr 2018 resultierten rund 3 % aus dem Energieträger Erdöl, mehr als 23 % aus Erdgas, etwa 38 % aus Kohlen (Stein- und Braunkohle), rund 10 % aus der Kernenergie, knapp 16 % aus der Wasserkraft und die verbleibenden rund 10 % aus anderen erneuerbaren Energien. Damit tragen die erneuerbaren Energien mit über 26 % – und folglich mit etwa einem Viertel – zur Deckung der globalen Stromnachfrage bei. Dieser Stromerzeugungsmix war die letzten Jahrzehnte durch stetige Veränderungen gekennzeichnet. Während der Anteil der Stromerzeugung aus Erdöl sukzessive seit Mitte der 1980er Jahre abgenommen hat, ist beim Erdgas und bei den Kohlen (Stein- und Braunkohlen) ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen; dies gilt relativ und absolut und im Speziellen für die Kohleverstromung. Demgegenüber ist der absolute Beitrag der Kernenergie mehr oder weniger konstant geblieben. Im Unterschied dazu wurde die Stromerzeugung aus Wasserkraft und aus den sonstigen erneuerbaren Energien in den letzten Jahren merklich ausgebaut (Abb. 1.5).

1.1.3 Energieverbrauch in der EU Im Folgenden wird die Dimension des Energiesystems der EU-28 dargestellt und diskutiert. Primärenergieverbrauch In der EU-28 wurden 2018 an fossil biogenen und fossil mineralischen Primärenergieträgern (d. h. Erdöl, Erdgas, Kohlen, Kernenergie) rund 61,0 EJ

14

M. Kaltschmitt et al.

eingesetzt [1.2]. Werden zusätzlich noch die regenerativen Energien berücksichtigt, errechnet sich ein gesamter Primärenergieverbrauch von 70,9 EJ (2018); d. h. rund 10 EJ (2018) stammen aus regenerativen Energien (nicht berücksichtigt wurde dabei der unkonventionelle Biomasseeinsatz und damit die Biomasse, die im Wärmemarkt hauptsächlich in den ländlichen Gebieten Europas primär zur Wärmebereitstellung eingesetzt wird). Von diesem gesamten Primärenergieverbrauch entfielen knapp 20 % auf Deutschland, etwas mehr als 15 % auf Frankreich, knapp über 11 % auf Großbritannien, rund 9 % auf Italien und etwas mehr als 8 % auf Spanien; der Rest verteilt sich auf die verbleibenden Mitgliedsstaaten der EU-28. Damit wird in diesen 5 Staaten knapp zwei Drittel der in der EU-28 eingesetzten Primärenergie (Erdöl, Erdgas, Kohlen, Kernenergie, regenerative Energien ohne traditionelle Biomassenutzung) verbraucht. Dieser Primärenergieverbrauch wurde im Jahr 2018 zu rund 38 % durch Erdöl, zu etwa 23 % aus Erdgas, zu ca. 13 % durch Kohlen (Braun- und Steinkohlen), zu rund 11 % durch elektrische Energie aus Kernkraftwerken, zu knapp 5 % durch Strom aus Wasserkraft und zu den verbleibenden knapp 10 % aus sonstigen erneuerbaren Energien (ohne traditionelle Biomasse) gedeckt. Dabei variieren die Anteile jedoch erheblich in Abhängigkeit der jeweiligen nationalen Gegebenheiten, die aus der jeweiligen Energiepolitik bzw. den national unterschiedlich vorhandenen und erschließbaren Primärenergievorkommen resultieren. Beispielsweise spielt in Frankreich die Kernenergie eine große Rolle im Stromversorgungssystem und in Österreich trägt die Wasserkraft signifikant zur Deckung der Nachfrage nach elektrischer Energie bei. Auch wird in Großbritannien vergleichsweise viel Erdgas und in Polen relativ gesehen viel Kohle zur Deckung der Nachfrage nach elektrischer Energie verwendet. In den letzten Jahrzehnten hat sich dieser Energieträgermix merklich verändert (Abb. 1.6). Dies gilt insbesondere für Erdgas, das 1965 nur einen Anteil am Gesamtverbrauch an fossilen Energieträgern (einschließlich der Kernenergie) von unter 5 % hatte und 2018 rund 23 % bereitstellte. Beim Mineralöl stieg der Verbrauch im gleichen Zeitraum von ca. 16,8 EJ (1965) auf rund 27,2 EJ (2018). Damit hat er innerhalb dieser Zeitspanne um mehr als den Faktor 1,6 zugenommen; der Anteil am Gesamtverbrauch ist aber mit rund 38 % (2018) näherungsweise gleich geblieben. Im Unterschied dazu ist der Verbrauch an Kohlen von 21,4 EJ (1965) auf rund 9,3 EJ (2018) deutlich gesunken; bezogen auf den Gesamtverbrauch an fossilen Energieträgern (Erdöl, Erdgas, Kohlen, Kernkraft) ging damit der Anteil von knapp 51 % (1965) auf rund 13 % im Jahr 2018 zurück. Demgegenüber hatte die Kernenergie im Jahr 1965 noch fast keine Bedeutung; im Jahr 2018 wurden damit etwa 11 % der Primärenergienachfrage (d. h. Kohle, Erdöl, Erdgas, Kernenergie, erneuerbare Energien, ohne traditionelle Biomassenutzung) in der EU-28 gedeckt. Elektrische Energie In der EU-28 wurde im Jahr 2018 eine Bruttostromerzeugung von etwa 3,28 PWh realisiert [1.3] (Abb. 1.7). Diese Bruttostromerzeugung war im Verlauf der 1980er, der 1990er und der 2000er Jahre – und damit quasi bis zur Weltfinanzkrise 2008/09 – durch einen stetigen und deutlichen Zuwachs gekennzeichnet; danach bewegte

1

Einführung und Aufbau

15

Primärenergieverbrauch in EJ/a

75

60

45

30

Weitere reg. Energien Wasserkraft Kernenergie Gas Öl Kohle

15

0 1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.6 Primärenergieverbrauch in der Europäischen Union nach Energieträger (reg. regenerative; ohne Kroatien und Slowenien bis 1990; Daten u. a. nach [1.2]) 3,4 3,2 3

Bruttostromerzeugung in PWh/a

2,8 2,6 2,4 2,2 2

1,8 1,6 1,4

1,2 1

0,8

Weitere reg. Energien Wasserkraft

0,6

Kernenergie

0,4

Gas

0,2 0 1985

Öl Kohle

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.7 Entwicklung der Bruttostromerzeugung in der EU-28 nach Energieträger (ohne Kroatien und Slowenien bis 1990; reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

sich die Stromerzeugung – beeinflusst durch entsprechende konjunkturell bedingte Effekte – näherungsweise auf dem heutigen Niveau. Insgesamt war zwischen 1985 und 2018 ein Anstieg von 2,32 PWh (1985) auf 3,28 PWh (2018) – und damit um rund 30 % – zu verzeichnen.

16

M. Kaltschmitt et al.

Bezogen auf die Bruttostromerzeugung im Jahr 2018 resultierten unter 2 % aus Erdöl, knapp 19 % aus Erdgas, ca. 20 % aus Kohlen (Stein- und Braunkohle), rund 25 % aus der Kernenergie, etwa 10 % aus der Wasserkraft und die verbleibenden rund 23 % aus anderen erneuerbaren Energien (u. a. Windkraft, Photovoltaik, Biomasse). Damit tragen die erneuerbaren Energien mit über 33 % – und damit mit etwa einem Drittel – zur Deckung der Stromnachfrage in der EU-28 bei. Dieser Stromerzeugungsmix war die letzten Jahrzehnte durch merkliche Veränderungen gekennzeichnet. Der Anteil der Stromerzeugung aus Erdöl hat deutlich abgenommen und ist heute nahezu bedeutungslos. Erdgas hatte zunächst merkliche Anteile am Stromerzeugungsmix gewonnen und dann in den letzten Jahren z. T. wieder verloren. Auch Kohle hat relativ Marktanteile verloren; gleiches gilt – wenn auch in einem begrenzteren Ausmaß – auch für die Kernenergie. Demgegenüber haben die erneuerbaren Energien in den letzten Jahren merklich an Marktbedeutung gewonnen (Abb. 1.7).

1.1.4 Energieverbrauch in Deutschland Im Folgenden wird die Dimension des Energiesystems Deutschland dargestellt und diskutiert. Primärenergieverbrauch Der Primärenergieverbrauch in Deutschland lag im Jahr 2018 bei rund 12,9 EJ. Dieser Gesamtverbrauch an Primärenergie resultiert zu 34,1 % (4,39 EJ) aus Mineralöl, zu 23,5 % (3,03 EJ) aus Erdgas, zu 21,6 % (2,78 EJ) aus Stein- und Braunkohlen (zu etwa gleichen Anteilen), zu 6,4 % (0,83 EJ) aus der Kernenergie und zu 14,0 % (1,81 EJ) aus sonstigen Energieträgern (d. h. Wasserkraft und Windenergie, Biomasse, andere erneuerbare Energien, Sonstiges (u. a. Import-Export-Saldo)) (Abb. 1.8). Damit trugen erneuerbare Energien 2018 mit rund 14 % – und folglich in einer energiewirtschaftlich relevanten Größenordnung – zur Deckung der Primärenergienachfrage in Deutschland bei.

Abb. 1.8 Primärenergieverbrauch (12,9 EJ) nach Energieträgern in Deutschland im Jahr 2018 (Daten nach [1.3])

Weitere regenerative Energien Wasser12,2 % kraft 0,5 % Kernenergie 5,5 %

Erdgas 24,3 %

Kohle 21,3 %

Erdöl 36,2 %

1

Einführung und Aufbau

17

16

Primärenergieverbrauch in EJ/a

14

12

10

8

6

4

2

0 1965

Weitere reg. Energien Wasserkraft Kernenergie Gas Öl Kohle 1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.9 Primärenergieverbrauch in Deutschland nach Energieträger (reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

In den letzten Jahrzehnten war der Primärenergieeinsatz im Energiesystem Deutschland erheblichen Veränderungen unterworfen (Abb. 1.9). Lag er auf dem Gebiet der alten Bundesländer 1950 noch bei rund 3,97 EJ, stieg er 1960 auf 6,20 EJ und 1970 auf 9,87 EJ und damit im Verlauf dieser zwei Jahrzehnte um rund das Zweieinhalbfache. Infolge der beiden Ölpreiskrisen in 1973 und 1979/80 kam es dann jedoch zu einem deutlichen Rückgang dieser Zuwachsraten. Mit 12,9 EJ (2018) lag der Primärenergieverbrauch im Jahr 2018 in Deutschland (d. h. alte und neue Bundesländer) sogar geringfügig unterhalb des vergleichbaren Wertes des Jahres 1973 und nahm damit im Verlauf der letzten 30 Jahre einen vergleichsweise geringen Wert an. Unabhängig davon war aber seit 1990 der Verbrauch an Primärenergie im wiedervereinigten Deutschland relativ konstant – bei tendenziell leicht fallender Tendenz – und schwankte in Abhängigkeit u. a. von den aktuellen konjunkturellen Gegebenheiten zwischen minimal etwas mehr als 12 EJ und maximal rund 15 EJ [1.3]. Dem Primärenergieverbrauch stand 2018 ein Endenergieverbrauch in Deutschland von 9,0 EJ gegenüber. Davon entfielen 5,1 % (0,45 EJ) auf Stein- und Braunkohlen, 29,6 % (2,67 EJ) auf Kraftstoffe, 0,1 bzw. 6,7 % (zusammen 0,61 EJ) auf schweres bzw. leichtes Heizöl, 25,3 % (2,28 EJ) auf Brenngase, 20,5 % (1,85 EJ) auf Strom und 4,5 % (0,4 EJ) auf Fernwärme sowie 8,3 % (0,74 EJ) auf sonstige Endenergieträger [1.3]. Unter letzteren werden u. a. Holz, Klärschlamm, Solarthermie und Müll zusammengefasst, die als erneuerbar angesehen werden; zusätzlich finden sich erneuerbare Energien auch im Bereich des

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M. Kaltschmitt et al.

Stroms (elektrische Energie), zu geringeren Anteilen auch in der Fernwärme (z. B. aus biogenen Festbrennstoffen, aus Biogas) und letztlich auch in den Kraftstoffen (u. a. Biodiesel, Bioethanol, Biogas). Bezogen auf den gesamten Endenergieverbrauch nehmen sie einen durchaus energiewirtschaftlich relevanten Anteil ein (siehe oben). Elektrische Energie Die gesamte Bruttostromerzeugung in Deutschland lag im Jahr 2018 bei etwa über 619 TWh (brutto) [1.3]. Dabei resultierten 83 TWh (2018) aus Erdgas (Anteil: 13,5 %), 229 TWh (2018) aus Stein- und Braunkohlen (Anteil: 36,2 %), 76 TWh aus der Kernenergie (Anteil: 12 %) und der verbleibende Rest aus erneuerbaren Energien und sonstigen Energieträgern (Anteil: 38,3 %) (Abb. 1.10). Dabei wurden bei den erneuerbaren Energien rund 16,5 TWh (2018) aus der Wasserkraft (Anteil bezogen auf die gesamte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 7,3 %), etwa 92,3 TWh aus der OnshoreWindenergie (Anteil an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 40,9 %), etwa 19,3 TWh aus der Offshore-Windenergie (Anteil an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 8,6 %), etwa 46,2 TWh aus der Photovoltaik (Anteil an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 20,5 %), etwa 51,3 TWh aus der Biomasse (d. h. biogene Festbrennstoffe zum Einsatz in Kraft- und Heizkraftwerken sowie Biogassubstrate zum Einsatz des Biogases in Gasmotoren / Motor-BHKW) (Anteil an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 22,7 %) und rund 0,17 TWh (2018) aus der Geothermie (Anteil an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: unter 0,1 %) erzeugt. Damit werden die erneuerbaren Energien sehr divers genutzt und trugen 2018 mit über einem Drittel zur Deckung der Stromnachfrage in Deutschland bei. Dieses Aufkommen an elektrischer Energie war in den letzten Jahrzehnten starken Veränderungen unterworfen (Abb. 1.11). Beispielsweise kam es zwischen 1950 und 1995 fast zu einer Vervierzehnfachung der Bruttostromerzeugung der Kraftwerke der öffentlichen Versorgung in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig Kernenergie 12,0 %

Sonstige 2,4 % Offshore Windkraft 3,1 %

Steinkohle 13,1 %

Photovoltaik 7,3 % Regenerative Energien 35,9 %

Biomasse 7,1 %

Onshore Windkraft 14,5 %

Braunkohle 23,1 %

Wasserkraft 3,8 % Erdgas 13,5 %

Abb. 1.10 Bruttostromerzeugung in Deutschland 2018 nach Energieträger (Daten u. a. nach [1.2])

1

Einführung und Aufbau

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Bruttostromerzeugung in TWh/a

600

500

400

300

200

Weitere reg. Energien

Wasserkraft Kernenergie

100

Gas Öl Kohle

0 1985

1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.11 Entwicklung der Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträger (reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

veränderte sich auch der Erzeugungsmix. Beispielsweise stammte 1950 in den alten Bundesländern jeweils rund ein Viertel der Brutto-Erzeugung der öffentlichen Versorgung aus Wasserkraft- und Braunkohlekraftwerken und knapp die Hälfte aus mit Steinkohlen gefeuerten Kraftwerken; z. B. lag 1995 der Anteil der Wasserkraft (d. h. Erzeugung aus Lauf- und Speicherwasserkraftwerken sowie aus Pumpspeicherkraftwerken) an der Bruttostromerzeugung der öffentlichen Versorgung in den alten Bundesländern bei 5,0 %, der der Braun- bzw. Steinkohlen bei 20,2 bzw. 29,6 %, der der Kernenergie bei 38,4 % und der des Erdgases bei 4,7 %. Absolut gesehen wurde damit dieser Verbrauchsanstieg an elektrischer Energie in den alten Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen zunächst aus Stein- und Braunkohlen und später zunehmend aus der Kernenergie gedeckt. Infolge der Setzung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen (insbesondere durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)) wurde in den Nuller Jahren (2000 bis 2010) der Anteil der Bruttostromerzeugung aus regenerativen Energien auf mehr als 20 % (2011) gesteigert. Dabei wurde im Wesentlichen die Windenergie, die Biomasse und in diesem Jahrzehnt auch die Photovoltaik deutlich weitergehend genutzt. Zusätzlich wurde 2011 der Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen (sogenannte Energiewende). In den Jahren seit 2010 wurde die Nutzung des erneuerbaren Energieangebots dann weiter ausgebaut. Dies gilt für nahezu alle Optionen; jedoch waren die absolut höchsten Zuwächse bei der Windkraft – hier wurde die Offshore-Windstromerzeugung sukzessive entwickelt – und bei der Photovoltaik zu verzeichnen. Die Biomasse war nur durch geringe Zuwächse gekennzeichnet und die Geothermie ist nach wie vor näherungsweise vernachlässigbar.

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M. Kaltschmitt et al.

1.1.5 Energieverbrauch in Österreich Im Folgenden wird die Dimension des Energiesystems Österreich dargestellt und diskutiert. Primärenergieverbrauch Der Primärenergieverbrauch in Österreich lag im Jahr 2018 bei rund 1,39 EJ (Abb. 1.12) und damit um rund eine Größenordnung unter dem Primärenergieverbrauch Deutschlands. Dieser Gesamtverbrauch an Primärenergie resultiert zu 40,5 % aus Mineralöl (0,56 EJ (2018)), zu 8,6 % aus Stein- und Braunkohlen (0,12 EJ (2018)), zu 22,6 % aus Natur- bzw. Erdgas (0,31 EJ (2018)) und zu dem verbleibenden Rest aus erneuerbaren Energien; dies ist im Wesentlichen die Biomasse, die Wasserkraft und zunehmend auch andere erneuerbare Energien (d. h. Windenergie, Photovoltaik, brennbare Abfälle, Umgebungswärme). Damit trugen erneuerbare Energien 2018 in Österreich mit knapp 30 % – und damit in einer energiewirtschaftlich relevanten Größenordnung, welche die in Deutschland merklich übersteigt – zur Deckung der Primärenergienachfrage bei. Ähnlich wie in Deutschland war dieser Energieverbrauch in den letzten Jahrzehnten sowohl einem erheblichen Wachstum als auch beachtlichen strukturellen Veränderungen unterworfen. Lag der Primärenergieeinsatz im Energiesystem Österreich 1950 noch bei rund 0,43 EJ, stieg er 1973 auf 0,9 EJ und damit im Verlauf dieser zwei Jahrzehnte um rund den Faktor 2,2. Infolge der beiden Ölpreiskrisen in 1973 und 1979/80 kam es dann jedoch zu einem deutlichen Rückgang dieser Zuwachsraten. Mit 1,46 EJ lag der Primärenergieverbrauch 2018 in Österreich etwa in Bereich des Wertes des Jahres 2005 und war damit im Verlauf der letzten 15 Jahre annähernd konstant. Gleichzeitig stieg aber die Bevölkerung in Österreich von 2005 (8,2 Mio.) auf 2018 (8,8 Mio.) an. Auch die Struktur des Primärenergieverbrauchs – und damit der Energiemix – hat sich in dem in Abb. 1.13 dargestellten Zeitraum merklich verändert. Dabei hat beispielsweise Erdgas seit 1965 als Energieträger an Anteilen im Energiesystem gewonnen; gleiches gilt

Abb. 1.12 Primärenergieverbrauch in Österreich nach Energieträger 2018 (Daten u. a. nach [1.2])

Weitere regenerative Energien 18,5 %

Kohle 8,6 %

Wasserkraft 9,8 % Erdöl 40,5 %

Erdgas 22,6 %

1

Einführung und Aufbau

21

1,4

Primärenergieverbrauch in EJ/a

1,2

1

0,8

0,6

Weitere reg. Energien Wasserkraft Gas Öl Kohle

0,4

0,2

0 1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.13 Primärenergieverbrauch in Österreich nach Energieträger (reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

auch für die Wasserkraft und die weiteren erneuerbaren Energien. Im Unterschied dazu hat die Kohle sowohl absolut als auch relativ an Anteilen im Energiesystem verloren. Der Endenergieeinsatz im Energiesystem Österreichs war – ähnlich dem Verbrauch an Primärenergie – im Verlauf der letzten vier Jahrzehnte erheblichen Veränderungen unterworfen. Er ist abgesehen von verschiedenen konjunkturell bedingten Einbrüchen zwischen 1950 und 2004 weitgehend kontinuierlich angestiegen. Dabei war dieser Zeitraum gekennzeichnet durch einen Energieträgermix, der sich weg von der Kohle als Endenergieträger hin zu Erdöl, Erdgas, elektrischer Energie und erneuerbaren Energien entwickelt hat. Seit 2004 ist der Anteil an Erdöl ebenfalls zurückgegangen und wurde primär durch Fernwärme und erneuerbare Energien substituiert. Auch ist der Verbrauch an Kohlen heute sehr gering. Umgekehrt hat der Kraftstoffverbrauch in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Elektrische Energie Die gesamte Bruttostromerzeugung in Österreich lag 2018 bei etwa rund 64 TWh (brutto) (Abb. 1.14) [1.3]. Dabei resultierten etwa 9,9 TWh (2018) aus Erdgas (Anteil: 14,5 %), 3,6 TWh (2018) aus Steinkohlen (Anteil: 5,3 %), 0,64 TWh (2018) aus Erdöl (Anteil: 1,0 %), geringe Mengen aus sonstigen Energien und der verbleibende Rest aus erneuerbaren Energien (einschließlich sonstige Energieträger) (Anteil: 77,6 %). Dabei wurden bei den erneuerbaren Energien rund 37,5 TWh (2018) aus der Wasserkraft und etwa 12,2 TWh (2018) aus anderen erneuerbaren Energien erzeugt. Damit tragen die erneuerbaren Energien 2018 mit über vier Fünfteln zur Deckung der Stromnachfrage in Österreich bei. Dabei stammten 2018 rund 5,8 TWh aus Windenergie, 3,5 TWh

22

M. Kaltschmitt et al.

Sonstiges 1,6 % Erdöl 1,0 %

Regenerative Energien 77,6 %

Steinkohle 5,3 %

Photovoltaik 2,1 % Windkraft 8,8 %

Erdgas 14,5 %

Biomasse 6,7 %

Wasserkraft 60,1 %

Abb. 1.14 Bruttostromerzeugung in Österreich 2018 nach Energieträger (Daten u. a. nach [1.2])

Bruttostromerzeugung in TWh/a

70

60

50

Weitere reg. Energien 40

Wasserkraft Gas

30

Öl Kohle

20

10

0 1990

1995

2000

2005

2010

2015

Abb. 1.15 Entwicklung der Bruttostromerzeugung in Österreich nach Energieträger (reg. regenerative; Daten u. a. nach [1.2])

aus der Biomasse (d. h. feste Biomasse, Biogas, Pflanzenöl-BHKW), 37,7 TWh aus Wasserkraft (davon 24,1 TWh aus Laufkraftwerken und der Rest aus Speicherkraftwerken), 1,4 TWh aus der Photovoltaik und 2,1 TWh aus Müll und anderen regenerativen Energien. Abb. 1.14 zeigt die entsprechenden Anteile. Dieses Aufkommen an elektrischer Energie in Österreich war in den letzten Jahrzehnten starken Veränderungen unterworfen (Abb. 1.15). Beispielsweise kam es zwischen 1950 und 2018 zu einer Vervierzehnfachung des Inlandsstromverbrauchs. Gleichzeitig veränderte sich auch der Erzeugungsmix. Beispielsweise stammte 1950 rund 80 % der

1

Einführung und Aufbau

23

Bruttostromerzeugung der öffentlichen Versorgung aus Wasserkraftwerken und der Rest aus mit Steinkohle gefeuerten thermischen Kraftwerken. Der Wasserkraftausbau wurde etwa bis zum Jahr 2000 vorangetrieben und stagniert seither u. a. aufgrund von Landschaftsschutz und langwierigen Genehmigungsverfahren. Absolut gesehen wurde damit dieser Verbrauchsanstieg an elektrischer Energie in Österreich im Wesentlichen bis zum Jahr 2005 aus Wasserkraft sowie Steinkohlen und später aus mit Erdgas befeuerten Kraftwerken gedeckt. Infolge der Setzung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen (insbesondere durch die EU-Vorgaben) wurde seit dem Jahr 2005 der Anteil der Bruttostromerzeugung aus regenerativen Energien abseits der Wasserkraft auf rund 14 % (2018) gesteigert. Dabei wurde im Wesentlichen die Windenergie, die Biomasse und in diesem Jahrzehnt auch die Photovoltaik deutlich weitergehend genutzt.

1.2 Nutzungsmöglichkeiten regenerativer Energien Martin Kaltschmitt Die Bereitstellung von End- bzw. Nutzenergie aus regenerativer oder erneuerbarer Energie ist möglich auf der Basis von Energieströmen, die durch die Massenanziehung und die Bewegung von Himmelskörpern, durch die in der Erde gespeicherte bzw. von ihr freigesetzte Wärme (d. h. geothermische Energie) und insbesondere durch die von der Sonne eingestrahlte Energie (d. h. Solarstrahlung) hervorgerufen werden (Kapitel 2.1). Daraus resultiert eine sehr große Bandbreite des auf der Erde potenziell nutzbaren regenerativen Energieangebots u. a. hinsichtlich der Energiedichte sowie der zeitlichen und räumlichen Variationen des Energieangebots – und damit oft zwingend auch der daraus gewinnbaren Sekundär- oder Endenergieträger bzw. der bereitstellbaren Endenergie. Entsprechend muss jede Option zur Nutzbarmachung dieser regenerativen Energieströme bzw. -träger an die entsprechende Charakteristik des jeweiligen Energieangebots angepasst sein; daraus resultiert die erhebliche Variationsbreite dessen, was an Nutzungstechniken gegenwärtig und u. U. zukünftig verfügbar bzw. möglich ist. Im Folgenden werden die verschiedenen Quellen des regenerativen Energieangebots eingeordnet. Dann wird diskutiert, welche daraus resultierenden Optionen zur Nutzung dieses Energieangebots im Rahmen der weiteren Ausführungen dieses Buches näher betrachtet werden.

1.2.1 Erneuerbare Energien Aus den drei Quellen des regenerativen Energieangebots (Solarenergie, Erdwärme, Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern) werden durch z. T. sehr verschiedenartige natürliche Umwandlungen innerhalb der Erdatmosphäre eine ganze Reihe völlig un-

24

M. Kaltschmitt et al. Erdwärme

Geothermisches Kraftwerk Geothermisches Heizwerk

Solarenergie

Strahlungsenergie

Thermische Energie

Photovoltaikkraftwerk Solarth. Wärmebereitst.

Erwärmung der Oberfläche und Atmosphäre Verdunstung und Niederschlag

Gezeiten

Meereswärmekraftwerk

Wärmepumpe

Mechanische Energie

Wasserkraftwerk

Schmelzen

Gletschereiskraftwerk

Wind

Windenergiekonverter

Wellenbewegung

Wellenkraftwerk

Meeresströmung

Meeresströmungskraftwerk

Bioproduktion Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern

Solarthermisches Kraftwerk

Konversionanlage Gezeitenkraftwerk

Elektrische Energie

Abb. 1.16 Ausgewählte Möglichkeiten zur Nutzung des regenerativen Energieangebots (links (hellste Graustufe): regenerative Energiequellen, links, Mitte (dunkelste Graustufe): natürliche Umwandlung; rechts, Mitte (keine Graustufe): technische Umwandlung; rechts (mittlere Graustufe): Endenergie; Solarth. Wärmebereitst. Solarthermische (Niedertemperatur-)Wärmebereitstellungsanlage; Solarthermisches Kraftwerk beinhaltet unterschiedliche Techniken bzw. Verfahren wie u. a. Solarturmkraftwerk, Parabolrinnen-Kraftwerk oder Aufwindkraftwerk; Konversionsanlage für Biomasse inkludiert eine Vielzahl unterschiedlichster Techniken und Verfahren; nach [1.1])

terschiedlicher weiterer Energieströme bzw. auch Energieträger hervorgerufen. So stellen beispielsweise die Windenergie und die Wasserkraft wie auch die Meeresströmungsenergie (jeweils Energieströme) und die Biomasse (als Energieträger; d. h. gespeicherte Sonnenenergie) im Wesentlichen eine umgewandelte Form der Sonnenenergie dar. Abb. 1.16 zeigt eine Auswahl wesentlicher derartiger Umwandlungspfade, über die aus der regenerativen Energiequelle – ggf. nach einer oder mehreren natürlichen (d. h. vom Menschen nicht bzw. nur sehr indirekt beeinflussbaren) Umwandlungen (z. B. Wandlung der Solarenergie in die Energie der abfließenden Oberflächengewässer, Wandlung der Solarenergie in Windenergie und diese teilweise weiter in Wellenenergie oder in Biomasse wie beispielsweise Holz) – mithilfe einer technischen Anlage (z. B. Windkraftwerk, Photovoltaikzelle, solarthermischer Kollektor) thermische, mechanische und / oder elektrische Endenergie bereitgestellt werden kann. Die aus diesen Quellen direkt oder indirekt resultierenden und auf der Erde vorkommenden Energieströme unterscheiden sich z. T. erheblich. Da sich die folgenden Ausführungen auf wesentliche Möglichkeiten zur Nutzung des regenerativen Energieangebots beschränken müssen, werden auch nur die Energieströme bzw. die zugehörigen Wand-

1

Einführung und Aufbau

25

lungstechniken näher diskutiert, die im deutschsprachigen Raum bzw. in Mitteleuropa auch sinnvollerweise genutzt werden könnten. Dazu zählen primär     

die solare Strahlung, die Windenergie, die Wasserkraft, die photosynthetisch fixierte Energie und die Erdwärme.

Diese verschiedenen Möglichkeiten sind durch sehr unterschiedliche Eigenschaften gekennzeichnet. Deshalb werden zunächst in Kapitel 2 jeweils die physikalischen und chemischen Grundlagen der Entstehung des jeweiligen erneuerbaren Energiestroms diskutiert. Nach einem Exkurs über die jeweiligen Möglichkeiten der Messung der entsprechenden, diesen Energiestrom kennzeichnenden Größen vor Ort (z. B. durch ein Windanemometer, durch ein Strahlungsmessgerät) wird auf die räumlichen und zeitlichen Angebotsvariationen eingegangen (Kapitel 2).

1.2.2

Untersuchte Möglichkeiten

Mit entsprechend angepassten Techniken können die einzelnen Energieströme bzw. Energieträger für den Menschen nutzbar gemacht und jeweils in einen Sekundär- oder Endenergieträger bzw. in Nutzenergie umgewandelt werden. Dabei variieren sowohl die entsprechenden Nutzungstechniken als auch deren Entwicklungsstand und die jeweils gegebenen Perspektiven erheblich. Auch sind nicht alle Möglichkeiten überall bzw. unter allen gegebenen Rand- und Rahmenbedingungen technisch sinnvoll einsetzbar. Oft ist deshalb die Nutzung einer bestimmten regenerativer Energie bzw. eines speziellen Energiestroms nur für eine sehr begrenzte Anzahl von Umwandlungsmöglichkeiten technisch sinnvoll; nur diese aus gegenwärtiger Sicht vielversprechenden technischen Nutzungsoptionen werden bei den folgenden Ausführungen näher betrachtet. Dazu zählen  die solare Wärmebereitstellung mit passiven Systemen (d. h. Solararchitektur),  die solarthermische Niedertemperatur-Wärmebereitstellung mit aktiven Systemen (d. h. solarthermische Kollektorsysteme),  die photovoltaische Umwandlung des Sonnenlichts in elektrische Energie (d. h. Photovoltaiksysteme),  die Nutzung der Windenergie zur Stromerzeugung (d. h. Windkraftanlagen),  die Stromerzeugung aus Wasserkraft zur Bereitstellung elektrischer Energie (d. h. Wasserkraftwerke),  die Nutzung der Umgebungsluft und der oberflächennahen Erdwärme zur Wärmebereitstellung (d. h. Nutzung der niederthermalen Umweltwärme mit Hilfe von Wärmepumpen),

26

M. Kaltschmitt et al.

 die Nutzung der unterschiedlichen Vorkommensmodifikationen geothermischer Energie aus dem tiefen Untergrund zur Wärme- und / oder Stromerzeugung (d. h. Heizwerke, Heizkraftwerke, Kraftwerke) und  die Nutzung der photosynthetisch fixierten Energie zur Wärme-, Strom- und Kraft(stoff)bereitstellung (d. h. Energiebereitstellung auf der Basis organischer Stoffe (d. h. Biomasse)). Mit Ausnahme der Nutzung der Biomasse werden alle diese Möglichkeiten zur Nutzung des regenerativen Energieangebots im Rahmen dieses Buches ausführlich dargestellt und diskutiert (Kapitel 3 bis 9). Zusätzlich wird kursorisch auf ausgewählte Optionen einer Nutzung der Solarstrahlung über Kollektorsysteme zur Stromerzeugung (d. h. Solarturmkraftwerke, Solarfarmanlagen, Dish / Stirling-Anlagen, Aufwindkraftwerke, Solarteichsysteme) und zur Nutzbarmachung der Energien des Meeres (u. a. Meereswärmeenergie, Gezeitenenergie, Meeresströmungsenergie) eingegangen. Auch werden die Möglichkeiten der Biomassennutzung und damit der photosynthetisch fixierten Energie kurz im Anhang dargestellt; eine detailliertere und umfassende Beschreibung der Möglichkeiten einer energetischen Nutzung von organischen Stoffen findet sich in [1.4]. Viele Optionen zur Nutzung erneuerbaren Energien sind systembedingt durch z. T. erhebliche räumliche und zeitliche Variationen gekennzeichnet, die – infolge der angebotsabhängigen Erzeugung – nur durch entsprechende Energienetze und / oder Speichersysteme zur Deckung der ebenfalls räumlichen und zeitlichen Schwankungen unterworfenen Energienachfrage – im Rahmen entsprechender Energieversorgungssysteme – genutzt werden können. Deshalb wird zusätzlich auf die Grundlagen elektrischer und thermischer Energienetze sowie auf die wesentlichen Möglichkeiten zur Speicherung elektrischer und thermischer Energie eingegangen. Beispielsweise ist ohne eine Speicherung der angebotsorientiert verfügbaren regenerativen Energieströme eine sichere und verlässliche Deckung einer definierten Versorgungsaufgabe mit einer hohen Versorgungssicherheit kaum möglich. Außerdem werden Netze benötigt, damit die thermische und / oder elektrische Energie vom Ort der Bereitstellung zum Standort der Nachfrage transportiert werden kann. Damit sind sowohl Netze als auch Speicher wesentliche Komponenten, die Energieversorgungssysteme auf der Basis einer alleinigen Nutzung angebotsorientierter erneuerbarer Energien – oder entsprechend hohen Anteilen an angebotsorientierten regenerativen Energien in fossil-regenerativen Mischsystemen – letztlich erst ermöglichen.

1.3 Aufbau und Vorgehen Martin Kaltschmitt Aufgrund dieser Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten zur Nutzung der Quellen des regenerativen Energieangebots zur Deckung der End- bzw. Nutzenergienachfrage ist eine vergleichbare Darstellung der verschiedenen Techniken problematisch und z. T. auch

1

Einführung und Aufbau

27

nicht möglich. Eine weitgehend einheitlich strukturierte Darstellung der unterschiedlichen Nutzungstechniken muss daher entsprechend flexibel gehandhabt werden. Deshalb wird im Folgenden das grundsätzlich diesem Buch zugrunde liegende Vorgehen dargestellt. Außerdem werden wesentliche Begriffe definiert, die den entsprechenden Betrachtungen jeweils zugrunde liegen.

1.3.1 Physikalische Grundlagen Für die Möglichkeiten und Grenzen einer Technik zur Nutzbarmachung des regenerativen Energieangebots sind die jeweiligen physikalisch-technischen Zusammenhänge der Energiewandlung bestimmend. Sie werden deshalb für die betrachteten Nutzungsmöglichkeiten jeweils detailliert dargestellt und entsprechend anwendungsorientiert diskutiert. Soweit möglich, werden dazu u. a. theoretisch maximale Wirkungsgrade angegeben. Diese Größe ist definiert als das Verhältnis zwischen der physikalisch maximal abgebbaren Nutzleistung und der dazu eingesetzten Leistung. Für unterschiedliche Optionen zur Nutzung des erneuerbaren Energieangebots sind z. T. vergleichbare biologische, physikalische, chemische und / oder technische Grundlagen gültig. Sie werden im Rahmen der folgenden Ausführungen aber nur einmal diskutiert. Sollten die entsprechenden Grundlagen zusätzlich bei einer anderen Wandlungsoption zur Nutzung des regenerativen Energieangebots zum Tragen kommen, wird auf die jeweilige Textstelle in dem entsprechenden anderen Kapitel verwiesen. Beispielsweise sind die physikalischen Effekte einer Strahlungsadsorption, -reflexion und -transmission für die passive Sonnenenergienutzung und die aktiven Systeme beispielsweise zur Niedertemperaturwärmebereitstellung aus eingestrahlter Solarenergie gleichermaßen bestimmend; sie werden aber nur einmal diskutiert.

1.3.2 Systemtechnische Beschreibung Das regenerative Energieangebot, dessen Grundlagen zunächst beschrieben werden (Kapitel 2), kann mit Hilfe entsprechender Techniken, Systeme, Verfahren, Anlagen und Konzepte in Sekundär- oder Endenergieträger oder ggf. direkt in Nutzenergie umgewandelt werden. Die dazu im jeweiligen Einzelfall zum Einsatz kommenden technischen Möglichkeiten werden in den entsprechenden Kapiteln diskutiert; dabei wird der derzeitige Stand der Technik zugrunde gelegt. Zunächst werden die einzelnen Systemkomponenten der jeweiligen Nutzungstechnik erörtert und anschließend wird ihr systemtechnisches Zusammenspiel dargestellt; dazu zählen u. a. die entsprechende Leistungskennlinie, der jeweilige Energiefluss und die jeweils gegebenen Verluste im Verlauf der gesamten Bereitstellungs- bzw. Umwandlungskette. Außerdem werden weitere mit der entsprechenden Technik zusammenhängende Aspekte diskutiert, soweit sie für das Verständnis der jeweiligen Wandlungsoption we-

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M. Kaltschmitt et al.

sentlich sind. Die entsprechenden Systemgrenzen der Betrachtung sind dabei immer das verfügbare regenerative Energieangebot (z. B. Windenergie vor der Windkraftanlage, Solarstrahlung auf den Kollektor) einerseits und die bereitstellbare Sekundär- bzw. Endenergie (z. B. elektrische Energie frei Windkraftanlage, Niedertemperaturwärme zur Deckung der Wärmenachfrage).

1.3.3 Ökonomische und ökologische Analyse Für eine ökonomische und ökologische Bewertung der jeweiligen Nutzungstechniken werden exemplarisch ausgewählte Referenzanlagen untersucht. Die entsprechenden Begriffe bzw. die Festlegungen und die Vorgehensweise, die der Erstellung der ökonomischen und ökologischen Bilanzen zugrunde liegen, werden im Folgenden definiert. Definition von Referenzanlagen Ausgehend vom gegenwärtigen Marktspektrum werden – auf der Basis des heutigen Standes der Technik – entsprechende Referenzanlagen definiert. Diese für die gegenwärtigen Gegebenheiten im deutschsprachigen Raum typischen Anlagen dienen dann als Basis für die anschließende ökonomische und ökologische Analyse. Dabei wird zwischen einer Wärme- und einer Strombereitstellung unterschieden. Dies wird nachfolgend diskutiert. Wärmebereitstellung Für die Optionen zur Wärmebereitstellung werden eine Reihe unterschiedlicher Versorgungsaufgaben definiert, da es keine überregionalen Verteilnetze von Wärme gibt und die Wärmebereitstellung immer im Kontext mit der sicheren Versorgung eines Verbrauchers mit thermischer Energie (d. h. Raumwärme sowie Brauchwarmwasser) gesehen werden muss. Dazu werden nachfolgend verschiedene Modellgebäude festgelegt. Zusätzlich wird das jeweilige regenerative Energieangebot, das mit den entsprechend festgelegten Referenzanlagen genutzt werden kann, definiert. Hierzu werden zwei Gebäudetypen (d. h. „Einfamilienhaus (EFH)“ und „Mehrfamilienhaus (MFH)“; Tabelle 1.1 und 1.2) mit jeweils unterschiedlichen Wärmedämmstandards festgelegt. Diese Gebäudetypen unterscheiden sich sowohl in ihrer Wohnfläche als auch in der Anzahl der jeweiligen Bewohner. Die Wärmedämmstandards sind bei beiden Gebäudetypen identisch und repräsentieren Neubauten nach dem Passivhaus-Standard (EFH 0, MFH 0), nach unterschiedlichen Niedrigenergiehaus-Standards (EFH I bis EFH III, MFH I bis MFH III) und nach einem Altbau mit einem Baujahr von ca. 1965 (EFH IV, MFH IV). Auf dieser Grundlage wird aus der definierten Wohnfläche und der spezifischen Heizwärmenachfrage die Nutzenergienachfrage der jeweiligen Gebäude ermittelt. Anschließend wird daraus die Normheizlast berechnet, die ein Maß für die maximal im Jahresverlauf auftretende Heizleistung ist und zur Auslegung heiztechnischer Anlagen dient. Zusätzlich wird die Nutzenergie zur Warmwasserbereitung auf Basis der spezifischen Warmwasserwärmenachfrage berechnet; diese Energienachfrage ist im Jahresverlauf keinen jahreszeitlichen Unterschieden unterworfen.

1

Einführung und Aufbau

29

Tabelle 1.1 Versorgungsaufgaben für eine Wärmebereitstellung bei den untersuchten Einfamilienhäusern (EFH) Einfamilienhaus (EFH) Wohnfläche Wohneinheiten (WE) Anzahl Bewohner Raumwärmenachfrage Trinkwarmwasserwärmenachfrage Summe Wärmenachfrage Normheizlast Wärmeübergabe Vorlauf / Rücklauf a

2

in m

in MJ/(m2 a) in GJ/a in MJ/(m2 a) in GJ/a in GJ/a in kW in ı C

0 150 1 3 54 8,1 45 6,8 14,8 1,8 Fa 35/28

I 150 1 3 99 14,9 45 6,8 21,6 3,0 Fa 35/28

II 150 1 3 126 18,9 45 6,8 25,6 4,0 Fa 35/28

III 150 1 3 180 27,0 45 6,8 33,7 5,0 Fa 35/28

IV 150 1 3 504 75,6 45 6,8 82,3 13,0 Rb 70/55

Fußbodenheizung; b Radiatorenheizung.

Tabelle 1.2 Versorgungsaufgaben für eine Wärmebereitstellung bei den untersuchten Mehrfamilienhäusern (MFH) Mehrfamilienhaus (MFH) Wohnfläche Wohneinheiten (WE) Wohnfläche je WE Anzahl Bewohner Raumwärmenachfrage (Gebäude) Trinkwarmwasserwärmenachfrage Summe Wärmenachfrage Normheizlast Wärmeübergabe Vorlauf / Rücklauf a

in m2 in m2 /WE in MJ/(m2 a) in GJ/a in MJ/(m2 a) in GJ/a in GJ/a in kW in ı C

0 780 12 65 24 54 42,1 58 45,2 87,3 7,8 Fa 35/28

I 780 12 65 24 95 74,1 58 45,2 119,3 19 Fa 35/28

II 780 12 65 24 121 94,4 58 45,2 139,6 22 Fa 35/28

III 780 12 65 24 173 134,9 58 45,2 180,1 29 Fa 35/28

IV 780 12 65 24 396 308,9 58 45,2 354,1 57 Rb 70/55

Fußbodenheizung; b Radiatorenheizung.

Als Systemgrenzen für die ökonomischen und ökologischen Untersuchungen dienen die jeweiligen Einspeisestellen in das Hausverteilungsnetz für Brauchwarmwasser (z. B. Ausgang Speicher) bzw. Raumheizung (z. B. Ausgang Heizkessel). Zusätzlich berücksichtigt werden die Verluste der Wärmeverteilung in den jeweiligen Gebäuden sowie der Stromverbrauch der Heizungsumwälzpumpen und der ggf. vorhandenen Trink- bzw. Brauchwarmwasser-Zirkulationspumpen; diese Systemelemente werden für alle betrachteten Techniken auf der Basis fossiler Energieträger und regenerativer Energien als identisch unterstellt. Unter diesen Randbedingungen ist ein direkter Vergleich der jeweils erarbeiteten und im weiteren Verlauf ausgewiesenen Ergebnisse möglich.

30

M. Kaltschmitt et al.

Tabelle 1.3 Energetische Kenndaten der untersuchten Nahwärmenetze System Wärmenachfragea Wärme ab Heizwerkb Nutzungsgrad Wärmeverteilnetzc Nutzungsgrad Übergabestationd

in GJ/a in GJ/a in % in %

NW I 8 000 9 900 0,85 0,95

NW II 26 000 32 200 0,85 0,95

NW III 52 000 64 400 0,85 0,95

a

alle angeschlossenen Abnehmer; b unter Berücksichtigung der Verluste des Wärmenetzes und der Hausübergabestationen; c durchschnittlicher Wert für das Gesamtjahr; d durchschnittlicher Nutzungsgrad aller angeschlossenen Verbraucher (Warmwasser 80 %, Raumheizung 98 %).

Als Verteilnetz für Raumwärme wird bei den Neubauten (EFH 0, I, II und III, MFH 0, I, II und III) eine Fußbodenheizung mit Vorlauf- und Rücklauftemperaturen von 35 und 28 ı C angenommen. Bei den Bestandsgebäuden werden „klassische“ Radiatoren zur Übergabe der Heizwärme in den Raum unterstellt, die mit Vorlauftemperaturen von 70 ı C und Rücklauftemperaturen von 55 ı C betrieben werden. Dies wird – da außerhalb der hier definierten Systemgrenzen – bei der ökonomischen und der ökologischen Analyse nicht direkt berücksichtigt, nimmt aber durch entsprechend unterschiedliche Verluste zwischen Energienachfrage (d. h. Abgabe an den Raum bzw. an der Zapfstelle) und dem korrespondierenden Endenergieaufwand (d. h. Verbrauch eines Energieträgers / eines Energieflusses) in der Systemauslegung Einfluss auf das Ergebnis. Für die Trinkbzw. Brauchwarmwasserbereitstellung wird von einer Warmwassernachfrage von rund 30 L/(Person d) bei einer Wassertemperatur von ca. 60 ı C bei Trinkwarmwasserspeichern und von etwa 50 ı C bei Systemen mit Pufferspeichern ausgegangen. Bei den untersuchten Nahwärmesystemen handelt es sich um drei Systeme für eine ausschließliche Wärmeversorgung von Wohngebäuden, die einer Mischung der in den Tabellen 1.1 und 1.2 definierten Nachfrager entsprechen. Die Wärmeverteilung in diesen Netzen erfolgt mit einer durchschnittlichen Vorlauftemperatur von 70 ı C und einer Rücklauftemperatur von 50 ı C. Die Nahwärmenetze werden als Kunststoffmantelrohre mit einem Mediumrohr aus Stahl, indirekter Netzanbindung und einer Brauchwarmwasserzwischenspeicherung in den jeweils versorgten Gebäuden ausgeführt. Die energetischen Kenndaten der entsprechenden Wärmeverteilnetze zeigt Tabelle 1.3. Da es durch die Verteilnetze zu Übertragungsverlusten – u. a. auch infolge der Verluste an den Hausübergabestationen und am Warmwasserspeicher in den zu versorgenden Gebäuden – kommt, ist die vom Heizwerk bereitzustellende Wärme (d. h. Wärme frei Heizwerk) größer als die Summe der Wärmenachfrage aller angeschlossenen Verbraucher. Bei einem durchschnittlichen Nutzungsgrad des Wärmeverteilnetzes von 85 % sowie der Hausübergabestationen / Trinkwarmwasserbereitung von 95 % liegt diese vom Heizwerk bereitzustellende Wärme bei 9,9 (NW I), 32,2 (NW II) sowie 64,4 TJ/a (NW III). Strombereitstellung Bei den Systemen zur Strombereitstellung wird keine definierte Versorgungsaufgabe festgelegt, die mit einer bestimmten Versorgungssicherheit gedeckt wer-

1

Einführung und Aufbau

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den muss. Damit wird hier als Systemgrenze der jeweilige Einspeisepunkt in das Netz der öffentlichen Versorgung unterstellt; d. h. die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien trägt mit einem bestimmten Anteil zur Deckung der gesamten Stromnachfrage eines bestimmten (großen) Versorgungsgebietes bei, das durch eine entsprechende Netzinfrastruktur erschlossen ist (d. h. derzeitige Situation). Aspekte einer möglicherweise notwendigen Netzverstärkung und ggf. anzudenkenden Veränderungen im konventionellen Kraftwerkspark bleiben damit ebenso wie u. U. benötigte zusätzliche Kurz- und Langfristspeicher für elektrische Energie (z. B. Pumpspeicher, Druckluftspeicher, Wasserstoffspeicher) außerhalb der hier realisierten Betrachtungen. Auch Fragen möglicher Kapazitätseffekte bzw. der zur Gewährleistung der sicheren Deckung einer definierten Versorgungsaufgabe notwendigen Eigenschaften des Versorgungssystems liegen damit außerhalb der hier angestellten Untersuchungen. Ökonomische Analyse Eine wesentliche Kenngröße jeder Möglichkeit zur Energiebereitstellung stellen die Kosten dar. Sie werden deshalb jeweils detailliert erhoben. Dazu wird zunächst auf die Investitionen für die einzelnen Systemkomponenten der jeweiligen Nutzungstechnik bzw. den gesamten Investitionsaufwand eingegangen; diese Größen werden für die derzeit vorliegenden Gegebenheiten im deutschsprachigen Raum bzw. in Mitteleuropa diskutiert. Bei der Berechnung der spezifischen Energiebereitstellungskosten der verschiedenen betrachteten Energiebereitstellungsoptionen wird immer eine reale Rechnung im Geldwert des Jahres 2018 durchgeführt; d. h. es werden inflationsbereinigte Kosten ermittelt. Dabei wird von einer realen – also um die Inflationsrate bereinigten – Diskontrate i in Höhe von 0,02 (d. h. 2,0 %) ausgegangen. Folglich werden hier nur volkswirtschaftliche Kosten angegeben; d. h. die Systeme werden über die technische Lebensdauer L der jeweiligen Anlage bzw. der jeweiligen Anlagenkomponente abgeschrieben; damit kann die Abschreibdauer je nach Technik bzw. Systemkomponente – aufgrund einer jeweils unterschiedlichen technischen Lebensdauer infolge der entsprechend verschiedenartigen Technik – unterschiedlich sein. Steuern (z. B. Mehrwertsteuer), Subventionen (z. B. Zuschüsse im Rahmen von Markteinführungsprogrammen, verbilligte Kredite) oder steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten bleiben damit definitionsgemäß unberücksichtigt. Ausgehend davon wird immer eine annuitätische Berechnung der jährlich anfallenden Aufwendungen aus den anfänglichen Gesamtinvestitionen realisiert. Damit errechnet sich auf der Basis des Investitionsgesamtaufwandes I ges der im Laufe der technischen Lebensdauer L jährlich anfallende monetäre Anteil I j nach Gleichung (1.1) (u. a. [1.6]). Ij D Iges

i .1 C i/L .1 C i/L  1

(1.1)

Ausgehend von diesem jährlich im Verlauf der technischen Lebensdauer gegebenen Investitionskostenanteil berechnen sich mit den jeweils zusätzlich anfallenden variablen Kosten (u. a. Wartung, Betrieb) die gesamten in einem Jahr anfallenden Kosten; typischer-

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weise fallen für den jeweils genutzten Primärenergieträger Erdwärme, Umgebungswärme, Wasserkraft, Windenergie oder Solarstrahlung keine Brennstoffkosten an, die dann ggf. zusätzlich zu berücksichtigen wären. Daraus ergeben sich mit der im Verlauf der technischen Lebensdauer bereitgestellten mittleren jährlichen Energie frei Anlagenausgang (z. B. ins Netz eingespeiste elektrische Energie einer Windkraftanlage zur Nutzung der Windenergie, ins Hausversorgungssystem eingespeiste Wärmeenergie einer Wärmepumpe zur Nutzung der oberflächennahen Erdwärme) die spezifischen Energiebereitstellungskosten (d. h. Stromgestehungskosten in C/kWh, Wärmegestehungskosten in C/GJ bzw. C/kWh). Diese hier realisierte Betrachtungsweise mit konstanten Geldwerten führt zu niedrigeren, da inflationsbereinigten Kosten als die z. T. übliche Rechnung mit nominalen Werten; Rangfolge und Relation der Kosten verschiedener Alternativen verändern sich dadurch aber nicht. Das Rechnen mit realen Kosten hat jedoch den Vorteil, dass die Ergebnisse in einem bekannten Geldwert vorliegen, nämlich in dem vorliegenden Fall dem des Jahres 2018. Auch können die im Folgenden ausgewiesenen Energiegestehungskosten von den Ergebnissen anderer Untersuchungen und Analysen aufgrund unterschiedlicher finanzmathematischer Rahmenannahmen bzw. Kostenrechnungsverfahren, wegen anderer Systemgrenzen bzw. Versorgungsaufgaben und / oder aufgrund der Berücksichtigung möglicher zusätzlicher Einflussgrößen und / oder externer Effekte z. T. erheblich abweichen. Die im weiteren Verlauf dieses Buches angegebenen Kosten sollten deshalb nur als eine durchschnittliche Größenordnung verstanden werden, durch die die gesamte Volkswirtschaft belastet werden würde. In einem konkreten Einzelfall bzw. unter bestimmten standortspezifischen Gegebenheiten können durchaus z. T. größere Abweichungen von diesen Angaben sowohl zu niedrigeren als auch zu höheren Werten auftreten. Soweit es sich um Optionen primär zur Stromerzeugung aus dem regenerativen Energieangebot handelt, werden die spezifischen Stromgestehungskosten frei dem jeweils anliegenden Netzknotenpunkt ermittelt und angegeben (siehe oben). Ansonsten werden im Regelfall die Wärmegestehungskosten frei Anlage (d. h. Einspeisepunkt ins Hausheizungsnetz) berechnet und diskutiert (siehe oben). Bei der Gegenüberstellung der Stromerzeugungskosten von Optionen zur Bereitstellung elektrischer Energie aus regenerativen Energien (z. B. Windkraftwerke) mit denen aus fossilen Energieträgern (z. B. Kohlekraftwerk, Gaskraftwerk) werden bei den „konventionellen“ Techniken mittlere und nicht maximal mögliche Volllaststundenzahlen unterstellt. Letztere liegen aus technischer Sicht deutlich höher; sie können im theoretischen Maximalfall 8 760 h/a und realistischerweise immer noch rund 8 000 h/a und ggf. auch mehr erreichen. Demgegenüber produzieren Stromerzeugungsanlagen auf der Basis angebotsabhängiger erneuerbarer Energien immer entsprechend dem an einem potenziellen Standort vorhandenen und technisch nutzbaren regenerativen Energieangebot (z. B. Windangebot, Wasserangebot, Solarstrahlungsangebot) und damit abhängig vom natürlichen meteorologischen Energiedargebot mit den standorttypisch maximal möglichen Volllaststundenzahlen; dies gilt aber nicht für Anlagen zur Stromerzeugung aus tiefer Erdwärme

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oder Biomasse, die aus technischer Sicht – vergleichbar zu Kraftwerken auf der Basis fossiler Energieträger – nachfrageorientiert elektrische Energie bereitstellen können, da tiefe Erdwärme und unter bestimmten Bedingungen auch Biomasse – ähnlich wie Kohlen oder Erdgas – ein Energievorrat und kein Energiestrom / Energiefluss darstellen, wie es u. a. bei der Solarstrahlung und der Windenergie der Fall ist. Obwohl auch Stromerzeugungsanlagen, die das schwankende Energieangebot von Sonne, Wind und Wasser nutzen, unter bestimmten Bedingungen nachfrageorientiert betrieben werden können (z. B. gedrosselter Betrieb von Windkraftanlagen), werden sie infolge der beispielsweise in Deutschland derzeit gültigen energiewirtschaftlichen Rahmensetzung (Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)) normalerweise mit dem Ziel der Maximierung der Stromerzeugung – und damit der Erzielung einer maximalen Vergütung – gefahren; d. h. die technisch nutzbare regenerative Primärenergie wird möglichst maximal ausgenutzt. Die im Verbund damit betriebenen konventionellen Kraftwerke stellen dagegen mit der ihnen vom Lastverteiler zugewiesenen Aufgabe (Bereitstellung von Grundlast, Mittellast oder Spitzenlast bzw. Regelleistung) entsprechenden Volllaststundenzahlen exakt so viel elektrische Energie bereit, dass genau die aktuell gegebene Nachfrage sicher gedeckt und somit die Netzfrequenz konstant auf dem Sollwert von 50 Hz gehalten werden kann. Deshalb sagt ein direkter Vergleich der Stromgestehungskosten frei Einspeisestelle ins Netz der öffentlichen Versorgung zwischen Anlagen auf der Basis fossiler Energieträger und angebotsabhängiger regenerativer Energien strenggenommen noch nichts über die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Stromerzeugungstechnologie im Vergleich zu einer anderen Technologie aus. Letztlich dürfen – mit dem Ziel eines fairen Vergleiches der jeweiligen Stromgestehungskosten – nur die spezifischen Kosten zur Deckung einer definierten Versorgungsaufgabe mit einer festzulegenden Versorgungssicherheit gegenübergestellt werden. Darauf wird hier aber verzichtet. Ökologische Analyse In den energiewirtschaftlichen Diskussionen spielen die vielfältigen Umwelteffekte, die aus der Energiebereitstellung resultieren, eine erhebliche und eine aus gesellschaftlicher Sicht oft letztlich entscheidende Rolle. Deshalb muss die Diskussion bestimmter Optionen zur Energienachfragedeckung auch immer die Diskussion zumindest ausgewählter Umweltaspekte inkludieren, die mit einer Energiebereitstellung auf der Basis der jeweiligen Möglichkeit zur Nutzung regenerativer Energien verbunden sind. Dabei wird hier unterschieden zwischen  Umwelteffekten, die mit Hilfe einer Lebenszyklus- oder Lebensweganalyse bzw. Ökobilanz quantifizierbar sind (bei dieser Umweltbewertungsmethode werden neben den Umwelteffekten infolge der eigentlichen Konversionsanlage auch die der Anlagenerrichtung und -entsorgung sowie der jeweils vor- und ggf. nachgelagerten Prozesse (u. a. Stahlherstellung, Bereitstellung der zum Bau benötigten Treib- und Brennstoffe beispielsweise auf der Basis fossiler Energieträger) berücksichtigt) und

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 weiteren Umwelteffekten, die verbal-argumentativ dargestellt und erörtert werden, da sie sich einer Lebenswegbetrachtung grundsätzlich entziehen; solche weiteren Umwelteffekte sind z. B. der visuelle Einfluss einer Windkraftanlage auf das Erscheinungsbild der Landschaft oder die Schallbelastung von Meeressäugetieren bei der Installation der Gründungspfähle von Offshore-Windkraftanlagen. Lebenszyklusanalyse Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien sind beim Betrieb i. Allg. mit relativ geringen „klassischen“ Umwelteffekten (z. B. Kohlenstoffdioxid(CO2)Emissionen, Stickstoffoxid(NOx )-Emissionen, Feinstaubemissionen, Schwefeldioxid(SO2 )-Emissionen) verbunden, da im Unterschied beispielsweise zur Verbrennung fossiler Energieträger in vorhandenen thermischen Kraftwerken oft keine Stoffumwandlung stattfindet (z. B. Windkraftnutzung, photovoltaische Stromerzeugung). Jedoch werden beim Bau dieser Konversionsanlagen aktuell noch fossile Energieträger benötigt und dabei zwingend entsprechende lokal und global wirksame luftgetragene Emissionen freigesetzt; das Gleiche gilt sinngemäß auch für den Abriss und die Entsorgung der jeweiligen Anlage. Damit kann eine Aussage über die relative Umweltvorzüglichkeit einer Möglichkeit zur Nutzung regenerativer Energien im Vergleich zu einer anderen und / oder zu einer Option zur Nutzung fossiler Energieträger nicht ohne weiteres getroffen werden. Für eine daher notwendige umfassende Analyse der ökologischen Auswirkungen einer Nutzung erneuerbarer Energien sind deshalb die Emissionen und der Ressourcenverbrauch über den gesamten Lebensweg der Energiegewinnung, inklusive der Errichtung und des Rückbaus der Anlagen und der dabei benötigten Transportprozesse, zu berücksichtigen. Dies erfolgt hier mit Hilfe einer Lebensweg- oder Ökobilanz in Anlehnung an die EN ISO 14040 und EN ISO 14044 [1.7, 1.8]. Die Ökobilanz betrachtet demnach den gesamten Lebensweg eines Produktes oder einer Dienstleistung von der Rohstoffgewinnung und -erzeugung über die Energieerzeugung und Materialherstellung bis zur Anwendung, Abfallbehandlung und endgültigen Beseitigung (d. h. „von der Wiege bis zur Bahre“). Mit jeder dieser einzelnen Phasen des entsprechenden Lebenszyklus sind weitere Stoffströme verbunden, wie z. B. die Aufwendungen für die Bereitstellung von Brennstoffen, die ebenfalls in die Bilanzierung einfließen. Derartige Ökobilanz- oder Lebensweguntersuchungen bestehen entsprechend der weltweit genormten Vorgehensweise aus vier Phasen: (1) der Festlegung des Ziels und Untersuchungsrahmens, (2) der Sachbilanz, (3) der Wirkungsabschätzung und (4) der Auswertung. Der Zusammenhang zwischen diesen einzelnen Phasen zeigt Abb. 1.17. Die Lebenszyklusanalyse oder Ökobilanz wird i. Allg. – und auch hier – mithilfe der Prozesskettenanalyse erstellt. Dabei wird ein beliebig komplexes (Energiebereitstellungs-) System (z. B. Wärme aus oberflächennaher Erdwärme, Strom aus Windkraftanlagen) in endlich viele, überschaubare Teilsysteme (Prozesse) zerlegt. Diese Prozesse zeichnen sich durch Zustandsänderungen aus: Eingangsgrößen eines Prozesses werden innerhalb dieses Prozesses in Ausgangsgrößen umgewandelt. Dabei wird bei diesen Eingangs- und Ausgangsgrößen zwischen sogenannten Elementar- und Produktflüssen unterschieden.

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Abb. 1.17 Phasen einer Ökobilanz oder Lebensweganalyse (nach [1.7, 1.8])

35 Festlegung des Ziels und Untersuchungsrahmens

Sachbilanz

Auswertung

Wirkungsabschätzung

 Elementarflüsse sind definiert als Stoff- oder Energieströme, die aus der Umgebung in das untersuchte System eintreten (z. B. Luft, Wasser) bzw. vom untersuchten System an die Umgebung abgegeben werden (z. B. luftgetragene Emissionen wie Staub oder Kohlenstoffdioxid), ohne danach bzw. zuvor durch menschliche Einflüsse verändert zu werden [1.7, 1.8].  Produktflüsse können Input- (z. B. Stahl, Zement, Kohle, Transportdienstleistungen, Instandhaltungsarbeiten) und Outputströme (z. B. Stahl aus Stahlwerk, Zement aus Drehrohrofen) darstellen; d. h. derartige Produktflüsse wurden vor diesem Prozess z. T. bereits technisch verändert und können nach Durchlaufen des aktuellen Prozesses weitergehend durch andere technische Prozesse beeinflusst werden. Da der Produktinput eines Prozesses aus dem Produktoutput eines anderen Prozesses gebildet wird, und der Output dieses Prozesses üblicherweise wiederum Input eines anderen Prozesses ist, kann eine Prozesskette gebildet werden. Dies kann realisiert werden, indem man die Prozesse, welche den Lebensweg eines Produktes darstellen, entsprechend miteinander verbindet (Abb. 1.18). Jeder Prozess ist demnach durch Produktflüsse (d. h. Inputs (z. B. Stahl, Beton) und Outputs (z. B. ein Fundament)) sowie in das System einund austretende Elementarflüsse gekennzeichnet. Prinzipiell ist mit einer derartigen Prozesskettenanalyse eine sehr hohe Genauigkeit der Bilanzierung erreichbar, die von der Verfügbarkeit der Daten, den Kenntnissen über (Zwischen-)Produkte und Prozesse sowie der Analysetiefe abhängt. Dementsprechend ist die Prozesskettenanalyse ein sehr arbeitsaufwändiges Verfahren. Um den Bilanzierungsaufwand zu begrenzen und zu plausiblen und interpretierbaren Ergebnissen zu kommen, müssen daher zwingend Systemgrenzen definiert werden. Dadurch werden beispielsweise vor- und nachgelagerte Prozesse, die keinen relevanten Einfluss auf das Bilanzergebnis haben, nicht oder nur sehr rudimentär berücksichtigt (z. B. Aufwendungen für den die Anlage planenden Ingenieur). Die Ergebnisse derartiger Lebenszyklusbilanzen können mithilfe unterschiedlicher Umweltkenngrößen zusammengefasst werden. Nachfolgend werden die hier ausgewiesenen Größen definiert.

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......... .......

......

Fundament

Kies

Beton

Bau

Zement

Rotor Stahl

Turm

Output

Betrieb

Windkraftanlage über Lebenszeit

bereitgestellte Energie in kWh

Prozess

Input (Produktfluss)

Prozess

Abriss

Elementarfluss

Abb. 1.18 Prinzip der Prozesskettenanalyse am Beispiel einer Windkraftanlage

 Unter dem Verbrauch erschöpflicher oder fossiler Energieträger wird hier der Verbrauch fossil biogener (d. h. Erdöl, Erdgas, Steinkohlen, Braunkohlen) und fossil mineralischer Energieträger (d. h. Uran) verstanden. Berücksichtigt werden dabei neben dem unmittelbaren Energieeinsatz (z. B. Energieinhalt des verfeuerten Erdöls) auch die indirekten Aufwendungen, die bei der Herstellung der Anlagen (z. B. Bau des Kraftwerks, Bau und Betrieb der Anlagen für Brennstoffförderung und -aufbereitung (u. a. Raffinerie), Transport, Abriss) in den vorgelagerten Prozessketten anfallen. Das Ergebnis einer derartigen Energiebilanz kann als „Verbrauch erschöpflicher (fossiler) Energieträger“ bzw. „primärenergetisch bewerteter kumulierter fossiler Energieaufwand“ bezogen auf die jeweils bereitgestellte End- bzw. Nutzenergie zusammengefasst werden. In den folgenden Ausführungen wird dieser Indikator oft verkürzt als „Energie“ bezeichnet; dies kann missverständlich sein, da „Energie“ im Sinne dieses Wirkungsindikators nicht die gesamte innerhalb der Systemgrenzen befindlichen Energieströme beinhaltet, sondern nur die der jeweils eingesetzten fossilen Energieträger, da nur deren Nutzung mit einem Verbrauch endlicher Ressourcen (Reserven an z. B. Erdöl, Erdgas, Kohlen) verbunden ist. Die unterschiedlichen fossilen Energieträger werden dabei über ihren (unteren) Heizwert zu diesem Indikator aggregiert. Uran wird mit der Energie bewertet, die mit Uranbrennstäben in einem modernen Kernkraftwerk in Form elektrischer Energie erzeugt werden kann (Wirkungsgrad von 33 %).  Eine Möglichkeit zur Energienachfragedeckung kann aus Sicht der damit verursachten Umwelteffekte auch durch die im Verlauf des gesamten Lebensweges freigesetzten umweltwirksamen Stoffe beschrieben werden. Dazu werden neben den direkten Emissionen der Konversionsanlage (z. B. Feinstaubemissionen einer Biomassefeuerung) auch die in den vor- und ggf. nachgelagerten Prozessen (d. h. bei Bau, Betrieb und Abriss) der Anlage freigesetzten luftgetragenen Stoffe berücksichtigt. Da im Verlauf eines

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derartigen Lebensweges grundsätzlich sehr viele Stoffe an die Umgebung freigesetzt werden können, muss hier zwingend eine Auswahl getroffen werden. Daher werden neben den klimarelevanten Spurengasen nur luftgetragene Stofffreisetzungen mit versauernder sowie human- und ökotoxischer Wirkung erhoben. Die im Lebensweg ermittelten Emissionen werden anschließend im Hinblick auf potenzielle Umweltwirkungen aufsummiert. Dadurch können unterschiedliche Schadstoffe, die zu der gleichen Wirkungskategorie beitragen (z. B. anthropogener Beitrag zum Treibhauseffekt), zu einem Umweltindikator zusammengefasst werden. Im Einzelnen werden jeweils die folgenden Wirkungskategorien untersucht. – Viele Spurengase, die bei Energiewandlungsprozessen freigesetzt werden, wirken toxisch auf den Menschen und / oder die natürliche Umwelt. Exemplarisch dafür werden hier Schwefeldioxid (SO2 ) und Stickstoffoxide (NOx ) separat und unaggregiert betrachtet. – Klimawirksame Spurengasfreisetzungen, die zum anthropogen verursachten (zusätzlichen) Treibhauseffekt beitragen können, lassen sich entsprechend der Klimawirksamkeit der Einzelsubstanzen relativ zu einer Referenzsubstanz (CO2 ) zusammenfassen. Hier wird die gewichtete Summe aus Kohlenstoffdioxid (CO2 ; 1 kg CO2 -Äquivalente/kg CO2 ), Methan (CH4 ; 29,7 kg CO2 -Äquivalente/kg CH4 ) und Distickstoffoxid (N2 O; 264,8 kg CO2 -Äquivalente/kg N2 O) bei einem Bezugszeitraum von 100 Jahren in Form von CO2 -Äquivalenten angegeben [1.22]. – Gase mit Säurebildungspotenzial wirken versauernd auf Böden und Gewässer und damit u. a. auf terrestrische Ökosysteme. Stofffreisetzungen mit derartigen Eigenschaften können – gewichtet mit ihrem jeweiligen Versauerungspotenzial – zu SO2 -Äquivalenten zusammengefasst werden; hierbei werden Schwefeldioxid (SO2 ; 1 kg SO2 -Äquivalente/kg SO2 ) als Referenzsubstanz, Stickstoffoxid (NOx ; 0,7 kg SO2 -Äquivalente/kg NOx ), Ammoniak (NH3 ; 1,88 kg SO2 -Äquivalente/kg NH3 ) und Chlorwasserstoff (HCl; 0,88 kg SO2 -Äquivalente/kg HCl) betrachtet [1.22]. Die Erarbeitung der Ökobilanzen erfolgt rechnergestützt. Bezüglich der zugrunde liegenden Basisdaten wird auf vorhandene Datenbanken (z. B. [1.9]) zurückgegriffen, in denen die mit der Bereitstellung von energetischen und nicht energetischen Rohstoffen anfallenden kumulierten Energieaufwendungen und Emissionen verfügbar gemacht werden. Weitere Umwelteffekte Zusätzlich zu den im Rahmen von Lebenszyklusbilanzen erfassbaren Umweltkenngrößen können bei der Energiebereitstellung aus Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien weitere Umwelteffekte zum Tragen kommen. Diese werden im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten quantifiziert und – wenn sie sich einer Quantifizierung entziehen – ausschließlich verbal-argumentativ diskutiert. Hierbei wird unterschieden zwischen den Umweltauswirkungen von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien bei der Herstellung, im Normalbetrieb sowie infolge von Schadens- oder Störfällen und bei Betriebsende.

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1.3.4 Potenziale und Nutzung Zusätzlich werden für die einzelnen untersuchten Optionen die energetischen Potenziale und die Nutzung des regenerativen Energieangebots auf einzelstaatlicher, europäischer und globaler Ebene diskutiert. Potenziale Die Möglichkeiten des regenerativen Energieangebots zur Deckung der Energienachfrage in Deutschland werden ganz wesentlich von den verfügbaren Energiepotenzialen bestimmt. Unterschieden werden kann zwischen den theoretischen, den technischen, den wirtschaftlichen, den erschließbaren und den nachhaltigen Potenzialen (Abb. 1.19; u. a. [1.10, 1.23]). Sie werden im Folgenden definiert. Potenziale können jeweils – z. T. je nach Fragestellung – als Flächen-, Rohstoff-, Brennstoff- oder Energiepotenziale ausgewiesen werden. Da die Abgrenzungen zwischen den einzelnen Potenzialen nicht zwingend präzise – und damit oft unscharf – und die Potenziale zusätzlich zeitabhängig sind (z. B. hängen die energetischen Strohpotenziale von der Getreideanbaufläche an, die zwischen unterschiedlichen Jahren variieren kann), zeichnen sich vorliegende Potenzialangaben durch z. T. erhebliche Abweichungen aus, die u. a. in unterschiedlichen Annahmen, Abgrenzungen und Rahmenannahmen begründet liegen. Da die wirtschaftlichen und insbesondere die erschließbaren Potenziale – letztlich gilt das auch für die nachhaltigen Potenziale – zusätzlich erheblich von den sich i. Allg. schnell ändernden energiewirtschaftlichen und -politischen Rand- und Rahmenbedingungen abhängig sind und von diesen beeinflusst werden, wird auf diese Potenziale bei den folgenden Ausführungen zu den jeweiligen Optionen zur Nutzung regenerativer Energien nicht näher eingegangen; es werden ausschließlich die theoretischen sowie unterschiedliche technische Potenziale diskutiert. Auch werden diese ausschließlich exemplarisch für die in Deutschland vorliegenden Gegebenheiten ausgewiesen; die jeweils zugrundeliegende Methodik ist jedoch auch auf andere Länder und / oder Regionen übertragbar.

Theoretisches Potenzial Technisches Potenzial Nachhaltiges Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Erschließbares Potenzial

Abb. 1.19 Abgrenzung der unterschiedlichen Potenzialbegriffe (nach [1.23])

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Theoretisches Potenzial Das theoretische Potenzial einer regenerativen Energie beschreibt das innerhalb einer gegebenen Region zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. innerhalb eines bestimmten Zeitraumes theoretisch physikalisch maximal nutzbare Energieangebot. Dabei kann bei der jeweiligen Option zur Nutzung erneuerbarer Energien zwischen dem theoretischen Angebotspotenzial und dem entsprechenden Erzeugungspotenzial unterschieden werden.  Das theoretische Angebotspotenzial einer regenerativen Energie beschreibt das theoretisch verfüg- bzw. nutzbare natürliche Energieangebot. Dies kann z. B. die von der Sonne auf die Erde eingestrahlte Energie innerhalb eines Jahres, die potenzielle Energie des in den Flüssen enthaltenen Wassers im Jahresverlauf, die kinetische Energie des Windes im Jahresverlauf oder die insgesamt in den oberflächennahen Erdschichten gespeicherte Energie sein. Da einige dieser Optionen durch eine unter- und überjährig stark variierende Charakteristik und damit z. T. erhebliche Angebotsunterschiede gekennzeichnet sind, bezieht sich das theoretische Angebotspotenzial oft auf ein langjähriges, durchschnittliches Energieangebot (z. B. mittlere solare Einstrahlung in Deutschland im 50 Jahres Durchschnitt).  Das theoretische Erzeugungspotenzial beschreibt ausgehend vom theoretischen Angebotspotenzial den theoretisch maximal realisierbaren Beitrag der entsprechenden Option zur Nutzung dieser regenerativen Energie zur Energiebereitstellung. Es wird ausschließlich durch die physikalischen Nutzungsgrenzen bestimmt. Beispielsweise errechnet sich das theoretische photovoltaische Erzeugungspotenzial einer definierten Gebietsfläche aus der insgesamt in der betrachteten Zeitspanne theoretisch nutzbaren eingestrahlten Solarenergie und dem theoretisch maximalen Wirkungsgrad einer Photovoltaikzelle / eines Photovoltaikmoduls. Vergleichbar dazu resultiert das theoretische Erzeugungspotenzial der Windenergie aus der theoretisch nutzbaren Energie des Windes und dem physikalisch maximalen (theoretischen) Wirkungsgrad eines Rotors. Wegen unüberwindbarer technischer, ökologischer, struktureller und administrativer Schranken kann das theoretische Angebots- bzw. das daraus resultierende Erzeugungspotenzial meist nur zu sehr geringen Teilen aufgrund der zwingend gegebenen technischen Restriktionen auch wirklich erschlossen werden. Ihm kommt deshalb zur Beurteilung der tatsächlichen Nutzbarkeit des erneuerbaren Energieangebots meist keine praktische Relevanz zu, da es nur eine theoretische Obergrenze des insgesamt potenziell Nutzbaren darstellt. Technisches Potenzial Die technischen Potenziale beschreiben den Anteil des theoretischen Potenzials, der unter Berücksichtigung gegebener technischer Randbedingungen nutzbar ist. Zusätzlich werden u. a. strukturelle Restriktionen sowie ggf. vorhandene gesetzliche und damit gesellschaftlich i. Allg. fest verankerte Vorgaben (z. B. Nutzungsrestriktionen in Nationalparks) berücksichtigt, da sie letztlich auch – ähnlich den technisch bedingten Eingrenzungen – aus heutiger Sicht „unüberwindbar“ sind. Nicht berücksichtigt

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werden bei der Bestimmung der technischen Potenziale demgegenüber Akzeptanzprobleme (z. B. bei Anwohnern), die bei der Installation von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien auftreten können, da diese keine technische Einschränkung im eigentlichen Sinn darstellen und zudem sich über die Zeit verändern können. Hinsichtlich der Bezugsgröße für die Energie kann unterschieden werden in  technische Primärenergiepotenziale (z. B. die auf die Moduloberfläche auftreffende Solarstrahlung),  technische Sekundärenergiepotenziale (z. B. die elektrische Energie am Ausgang einer Photovoltaikanlage),  technische Endenergiepotenziale (z. B. elektrische Energie aus Photovoltaikanlagen beim Endverbraucher) und  technische Nutzenergiepotenziale (z. B. Energie der heißen Luft aus dem Föhn, der mit elektrischer Energie aus einer Photovoltaikanlage betrieben wird). Aufgrund der Unterschiede zwischen der technisch möglichen Energiebereitstellung einerseits und der in den vorhandenen Energiesystemen gegebenen nachfrage- bzw. bedarfsbedingten Restriktionen andererseits kann bei den technischen Potenzialen zusätzlich zwischen den technischen Angebots- oder Erzeugungspotenzialen und den technischen Endenergie- oder Nachfragepotenzialen unterschieden werden.  Angebots- oder Erzeugungspotenzial. Das technische Erzeugungs- oder Angebotspotenzial beschreibt die unter Berücksichtigung von ausschließlich technischen und strukturellen angebotsseitigen Restriktionen bereitstellbare Energie (z. B. die mit aus ausschließlich technischer Sicht installierbaren Photovoltaiksystemen erzeugbare elektrische Energie) frei Einspeisepunkt in das jeweilige Verteilnetz.  Endenergie- oder Nachfragepotenzial. Bei dem technischen Endenergie- oder Nachfragepotenzial handelt es sich um den Anteil des Erzeugungs- oder Angebotspotenzials, der auch von den Verbrauchern potenziell genutzt werden kann. Damit werden hier zusätzlich nachfrageseitige Beschränkungen (z. B. Gegenläufigkeit von solarem Strahlungsangebot und damit solarthermisch bereitstellbarer Niedertemperaturwärme und Heizwärmenachfrage) berücksichtigt. Hinzu kommen potenzielle Verluste, die zwischen dem Einspeisepunkt der Erzeugungsanlage ins jeweilige Verteilnetz und einem definierten Netzentnahmepunkt entstehen können. Dabei wird unterschieden zwischen den Endenergie- oder Nachfragepotenzialen zur Bereitstellung elektrischer und thermischer Energie. – Bei Anlagen zur Bereitstellung elektrischer Energie aus regenerativen Energien beschreibt das Endenergie- oder Nachfragepotenzial z. B. die mit Windkraftanlagen erzeugbare elektrische Energie, die im Energiesystem potenziell vom Verbraucher auch genutzt werden könnte. Dabei wird unterschieden zwischen einer ausschließlich auf Deutschland bezogenen Betrachtung und einer Analyse, bei der Deutschland Teil des europäischen Elektrizitätsversorgungssystems bzw. Strommarktes ist.

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Bei einer ausschließlich auf Deutschland bezogenen Betrachtung (d. h. keine Einbettung in den europäischen Stromverbund und damit kein Austausch elektrischer Energie über die Landesgrenzen) resultiert das Endenergie- oder Nachfragepotenzial aus dem Erzeugungspotenzial abzüglich von etwaigen Speicherverlusten (d. h. möglicher Ausgleich von Angebot und Nachfrage mit den vorhandenen Pumpspeicherkapazitäten), den jeweiligen Netzverlusten (d. h. Verluste zwischen dem durchschnittlichen Erzeugungs- und einem mittleren Nachfrageort) und der zeitabhängig infolge der gegebenen Angebots- und Nachfragecharakteristik im Netz nicht nutzbaren Anteile. Die durch die Verteilung und ggf. Speicherung bedingten Energieverluste werden hier pauschal mit jeweils rund 3 % unterstellt (d. h. 3 % Netzverluste und 3 % Speicherverluste); diese Annahme ist – aufgrund der hier nicht möglichen standortscharfen Betrachtung – nur eine erste grobe Abschätzung zur Aufzeigung der entsprechenden Größenordnungen. Beispielsweise kann Strom z. B. aus dachmontierten Photovoltaikanlagen in unmittelbarer Anlagennähe – und damit unter weitgehender Vermeidung möglicher Verluste – verbraucht werden; demgegenüber benötigt z. B. Strom aus Offshore-Windparks einen weiträumigen Abtransport. Übersteigt die Erzeugung die zeitgleiche Nachfrage, kommen Verluste aufgrund einer ggf. notwendigen Zwischenspeicherung hinzu. Derartige Effekte hängen aber sehr stark u. a. von den lokalen Gegebenheiten am potenziellen Anlagenstandort ab. Zusätzlich muss oft nicht der gesamte in Anlagen zur Nutzung fluktuierender regenerativer Energien erzeugte Strom zwischengespeichert werden; bei Systemen, die eine nachfrageorientierte Stromerzeugung ermöglichen (z. B. Geothermieanlagen) ist zudem überhaupt keine Speicherung notwendig, da die Primärenergie (z. B. Erdwärme) natürlicherweise in einem „Speicher“ vorliegt und damit nachfragebzw. marktorientiert genutzt werden kann. Diesen Randbedingungen tragen die hier pauschal – auch aus Gründen des einfachen Vergleiches der Potenziale der verschiedenen Nutzungsoptionen untereinander – unterstellten 6 % Verluste adäquat Rechnung. Vor dem Hintergrund der liberalisierten Energiemärkte und einer immer weitergehenden europäischen Integration auch im Strommarkt ist eine ausschließlich auf Deutschland bezogene Betrachtung eher theoretischer Natur. Deshalb wird zusätzlich eine über die Grenzen Deutschlands hinausgehende Potenzialbetrachtung realisiert. Dabei wird unterstellt, dass die im Inland aus regenerativen Energien erzeugte elektrische Energie, wenn sie die innerdeutsche Nachfrage übersteigt (d. h. Überschussenergie), vollständig und ohne netz- bzw. transportseitige Restriktionen in die Nachbarländer verkauft und dort zeitgleich genutzt werden kann. Diese Annahme ist dann gerechtfertigt, wenn die Erzeugungspotenziale in Deutschland klein sind im Vergleich zu der europäischen Stromnachfrage. Dies bedingt aber die Unterstellung, dass nicht alle europäischen Länder eine forcierte Strategie zum Ausbau des regenerativen Energieangebots im Stromsektor realisieren bzw. die entsprechenden Potenziale nicht vorhanden / erschließbar sind und deshalb in Europa noch ausreichend Möglichkeiten bestehen, unter Klimaschutzaspekten Strom aus Anlagen

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auf der Basis fossiler Energieträger zu substituieren. Deshalb werden hier bei der Berechnung dieses Potenzials mittlere Netzverluste von pauschal – auch aus Gründen des fairen Vergleiches der einzelnen Potenziale untereinander – 7 % unterstellt; dies entspricht Verlusten, wie sie von potenziellen Standorten von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien in Deutschland (deren konkrete Standorte nicht bekannt sind) bis zu potenziellen Verteilknoten außerhalb Deutschlands (die jeweiligen potenziellen Nachfrager im Falle der Verfügbarkeit von Überschussenergie sind ebenfalls nicht bekannt) anfallen können. Auch dies ist zwingend eine stark vereinfachte Betrachtung, da u. a. vernachlässigt wird, dass z. B. netz- und strommarktbedingte Restriktionen einem entsprechenden Export der elektrischen Energie aus erneuerbaren Energien entgegenstehen können; dies gilt u. a. auch aufgrund der begrenzten Leistung der vorhandenen Netzverbindungen zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern. – Bei Anlagen zur Bereitstellung thermischer Energie beschreibt das Endenergie- oder Nachfragepotenzial den Anteil der aus technischer Sicht erzeugbaren thermischen Energie, der vom Endverbraucher auch genutzt werden kann (d. h. beispielsweise der Anteil der in solarthermischen Anlagen erzeugbaren Wärme, die der Verbraucher unter Berücksichtigung der Speicherverluste auch nutzt). Damit errechnet sich das Nachfrage- aus dem Erzeugungspotenzial auf der Basis der mittleren Nachfragecharakteristik nach Niedertemperaturwärme sowie den jeweiligen Speicher- und Verteilverlusten innerhalb des entsprechenden Hausverteilsystems. Diese Unterscheidung zwischen den Erzeugungs- und den Endenergiepotenzialen ist immer dann notwendig, wenn das regenerative Energieangebot die potenzielle Energienachfrage übersteigt (z. B. kann unter ausschließlicher Berücksichtigung der gegebenen technischen Restriktionen mit Hilfe solarthermischer Anlagen Wärme in Deutschland bereitgestellt werden, welche die Nachfrage nach Trinkwarmwasser mit Temperaturen unter 100 ı C deutlich übersteigt). Wirtschaftliches Potenzial Unter dem wirtschaftlichen Potenzial einer Option zur Nutzung regenerativer Energien wird der Anteil des technischen Potenzials verstanden, der im Kontext der gegebenen energiewirtschaftlichen Rand- und Rahmenbedingungen auf der Basis der jeweils gültigen Wirtschaftlichkeitskriterien genutzt werden kann. Neben den Parametern, die auch das technische Potenzial beeinflussen, wird die Bandbreite dieses Potenzials sehr stark von den konventionellen / alternativen Vergleichssystemen und den jeweiligen (fossilen) Energieträgerpreisen beeinflusst; beide Größen sind z. T. erheblichen Marktschwankungen unterworfen. Das wirtschaftliche Potenzial ist daher und aufgrund der Abhängigkeit des technischen Potenzials vom betrachteten Zeitpunkt auch zeitabhängig; d. h. strenggenommen verändert es sich mit den Schwankungen der globalen Energiepreise. Außerdem ist die Wirtschaftlichkeit selbst eine relative Größe, da sie von einer Reihe unterschiedlicher Parameter abhängig ist, die bei verschiedenen Unternehmen bzw. Investoren durchaus erheblich unterschiedlich sein können (u. a. Zinssatz, Abschreibdau-

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er, Eigenkapitalanteil, geforderte Eigenkapitalverzinsung). Das wirtschaftliche Potenzial wird zusätzlich auch davon beeinflusst, aus welcher Sichtweise die Wirtschaftlichkeit jeweils bestimmt wird. Deshalb ist zwischen einem wirtschaftlichen Potenzial aus volksund aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu unterscheiden. Insgesamt gibt es damit eine Vielzahl an wirtschaftlichen Potenzialen. Erschließbares Potenzial Das erschließbare bzw. Erschließungspotenzial von Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien beschreibt den zu erwartenden tatsächlichen Beitrag einer Option zur Nutzung regenerativer Energien zur Energieversorgung. Dieses erschließbare Potenzial ist ebenfalls zeitabhängig und in der Regel geringer als das wirtschaftliche Potenzial; dies liegt darin begründet, dass das wirtschaftliche Potenzial i. Allg. nicht sofort, sondern nur innerhalb eines längeren Zeitraums vollständig erschließbar ist. Dies begründet sich u. a. mit den begrenzten Herstellkapazitäten, der Funktionsfähigkeit von vorhandenen, noch nicht abgeschriebenen Konkurrenzsystemen sowie einer Vielzahl weiterer Hemmnisse (z. B. mangelnde Information, rechtliche und administrative Begrenzungen, emotionale Vorbehalte gegen eine bestimmte Technik). Nachhaltiges (nutzbares) Potenzial Das nachhaltig nutzbare Potenzial kann unter Berücksichtigung bestimmter möglichst konsensual festzulegender Nachhaltigkeitsrestriktionen ebenfalls aus dem technischen Potenzial und z. T. auch aus dem wirtschaftlichen Potenzial abgeleitet werden. Derartige Nachhaltigkeitsrestriktionen betreffen u. a. Produktionsund Nutzungseinschränkungen aufgrund von Umweltschutzüberlegungen, aus Gründen des Natur- und Bodenschutzes sowie wegen weitergehender ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeitsforderungen; ein Aspekt der sozio-ökonomischen Nachhaltigkeitseinschränkungen stellt beispielsweise die Sicherung einer kostengünstigen, umweltverträglichen und sozial akzeptablen Energieversorgung für eine steigende Weltbevölkerung dar. Aufgrund der schwierigen Abgrenzung der bei der Potenzialabschätzung anzulegenden Nachhaltigkeitskriterien bzw. der jeweils zu definierenden Nachhaltigkeitszielvorgaben können diese Potenziale erheblichen Variationen unterliegen. Hinzu kommt, dass bei vielen vorliegenden Potenzialuntersuchungen die zugrunde gelegten Nachhaltigkeitskriterien oft unscharf bzw. ungenau und nicht genau definiert wurden bzw. definierbar sind [1.4]. Nutzung Zur Abschätzung der noch gegebenen Möglichkeiten zur Nutzung des regenerativen Energieangebots wird jeweils die gegenwärtige Nutzung dargestellt. Soweit möglich und verfügbar wird auch diskutiert, wie sich die Nutzung der jeweiligen Option im Verlauf der letzten Jahre entwickelt hat. Damit kann abgeschätzt werden, welchen Beitrag die jeweilige regenerative Energie zur Deckung der Energienachfrage gegenwärtig bereits leistet und welcher Anteil des gegebenen technischen Potenzials schon genutzt bzw. noch nutzbar ist. Dabei wird unterschieden zwischen einer Nutzung auf einzelstaatlicher Ebene (exemplarisch werden Deutschland und Österreich dargestellt), in Europa (EU-28) und weltweit, damit die sich abzeichnenden Entwicklungstendenzen und -trends deutlich werden.

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M. Kaltschmitt et al.

1.4 Konventionelle Vergleichssysteme Lucas Sens, Martin Kaltschmitt und Wolfgang Streicher Die in den folgenden Kapiteln betrachteten regenerativen Energien bzw. die zugehörigen Techniken können zur Wärme- und / oder Strombereitstellung eingesetzt werden. Entsprechend substituieren sie Techniken bzw. Brennstoffe auf der Basis fossiler Energieträger. Diese werden zusätzlich nachfolgend kurz beschrieben, um einen Vergleich zwischen den hier betrachteten Optionen zur Nutzung regenerativer Energien und den jeweils substituierbaren Optionen auf der Basis fossiler Energieträger zu ermöglichen. Dazu werden im Folgenden konventionelle Techniken zur Energiebereitstellung, wie sie derzeit zum Einsatz kommen können bzw. würden, definiert und diskutiert. Ausgehend davon werden technische, ökonomische und ökologische Kennzahlen bereitgestellt, die einen Vergleich mit den Kenngrößen ermöglichen, die für die entsprechenden Optionen zur Nutzung des regenerativen Energieangebots in den nachfolgenden Kapiteln erarbeitet und diskutiert werden.

1.4.1 Randbedingungen Die Bereitstellung fossiler Energieträger frei Konversionsanlage (z. B. Kohlekraftwerk, Erdgas-Brennwertkessel) ist zwingend mit einem gewissen energetischen Aufwand und mit allen daraus resultierenden Umweltbelastungen verbunden. Auch können die entsprechenden Daten für die derzeit in Deutschland eingesetzten fossilen Energieträger je nach regionalen Gegebenheiten und Herkunft der Brennstoffe stark variieren. Grundsätzlich ist jedoch die Bereitstellung jedes Energieträgers notwendigerweise mit einem bestimmten Einsatz energetischer und mineralischer Ressourcen verbunden; ersterer resultiert beispielsweise bei der Steinkohle u. a. aus der bergmännischen Gewinnung und beim Erdgas u. a. aus dem internationalen Transport in Pipelines (beispielsweise ist für die Bereitstellung fossiler Energieträger frei Konversionsanlage – je nach Brennstoff – ein fossiler Primärenergieaufwand zwischen 6 und 18 % des Heizwertes notwendig (u. a. [1.9])) und letzterer u. a. aus dem Bau der Kraftwerke (d. h. Stahl für den Kessel und Kupfer für den Generator). Mit diesem Material- und Energieaufwand sind auch zwingend entsprechende Umweltauswirkungen verbunden. Beispielsweise ist Steinkohle für den Einsatz in Kohlekraftwerken am Kraftwerksstandort bereits durch rund 11,2 g CO2 -Äquivalenten pro MJ Brennstoffenergie belastet; diese Emissionen an Klimagasen werden zum überwiegenden Teil durch die Freisetzung des in der Steinkohle gebundenen Methans und zu geringeren Anteilen durch den Transport u. a. in Form von Kohlenstoffdioxid infolge der Verbrennung fossiler Kraft- bzw. Brennstoffe beispielsweise bei der Gewinnung im Tagebau oder beim Schiffstransport verursacht. Auch die anderen fossilen Energieträger weisen entsprechende Vorbelastungen auf.

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Einführung und Aufbau

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Tabelle 1.4 Energie- und Emissionsbilanzen der Prozessketten für die Bereitstellung von Materialaufwendungen [1.9] Material Energiee SO2 NOx CO2 -Äquivalentef SO2 -Äquivalenteg

in GJ/t in kg/t in kg/t in t/t in kg/t

Stahla 18,20 4,91 4,45 1,89 7,74

Kupferb 166,99 293,75 40,37 8,41 344,18

Aluminiumc 99,36 24,62 17,30 6,52 39,34

Betond 0,77 0,12 0,25 0,09 0,32

a

globaler Stahlmarkt, niedriglegiert; b globaler Kupfermarkt; c globaler Aluminiummarkt, Gusslegierung; d globaler Betonmarkt; e primärenergetisch bewerteter kumulierter fossiler Energieaufwand (Verbrauch erschöpflicher Energieträger); f Charakterisierungsfaktor für einen Betrachtungszeitraum von 100 Jahren [1.22]; g Charakterisierungsfaktor Versauerungspotenzial [1.22].

Neben den Energieträgern sind auch die für den Bau der jeweiligen Konversionsanlagen eingesetzten Materialien hinsichtlich des mit ihrer Bereitstellung verbundenen Energieeinsatzes und der damit zusammenhängenden Emissionen „vorbelastet“. Für einige der hier bilanzierten Stoffe zeigt dies exemplarisch Tabelle 1.4. Demnach ist beispielsweise die Kupfer- bzw. Aluminium-Bereitstellung mit einem energetischen Aufwand von 177 bzw. 99 GJ erschöpflicher (fossiler) Energie pro Tonne Material verbunden. Dieser Energieeinsatz für die Materialherstellung führt auch zu entsprechenden Stofffreisetzungen mit allen daraus resultierenden potenziellen Umweltauswirkungen. Diese liegen beispielsweise für Kupfer bzw. Aluminium bei 8,4 bzw. 6,5 t CO2 -Äquivalente und bei 344 bzw. 39 kg SO2 -Äquivalente jeweils pro Tonne bereitgestelltem Material. Von einigen Anlagen zur Wandlung des regenerativen Energieangebots wird während des Betriebs elektrische Energie benötigt. Im Regelfall wird dieser elektrische Strom aus dem Netz der öffentlichen Versorgung bezogen. Hier wird deshalb in Anlehnung an die in Deutschland vorliegenden Gegebenheiten ein Stromerzeugungsmix aus mit fossilen Energieträgern (z. B. Steinkohle, Braunkohle) gefeuerten Kraftwerken, aus den noch am Netz befindlichen Kernkraftwerken und Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien unterstellt, der durch einen durchschnittlichen Nutzungsgrad von der Primärenergie bis zur Endenergiebereitstellung frei Verbraucher von rund 38 % gekennzeichnet ist. Dieser Stromerzeugungsmix frei Entnahme aus der Mittelspannungsebene – ohne Berücksichtigung des Stromaußenhandelssaldos – ist im Jahr 2017 beispielsweise durch Freisetzungen an CO2 -Äquivalenten von 486 g/kWh, an SO2 von 0,233 t/GWh und an NOx von 0,424 t/GWh gekennzeichnet [1.24]. Bei der Bilanzierung von Produkten, zu deren Herstellung elektrische Energie benötigt wird, wird ebenfalls dieser Strommix zugrunde gelegt. Auch die Energieträgerpreise stellen eine wesentliche Kenngröße dar, durch die das fossile Energieträgerangebot charakterisiert werden kann. Diese Aufwendungen zeigt Tabelle 1.5. Demnach lag der Grenzübergangspreis bei Steinkohle bzw. Erdgas im Durchschnitt in Deutschland innerhalb der Jahre 2008 bis 2017 bei rund 2,9 bzw. 7,0 C/GJ.

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M. Kaltschmitt et al.

Tabelle 1.5 Jahresmittelwerte der Energiepreise für fossile Energieträger (2008 bis 2017) [1.15, 1.16, 1.17] System Erdgas, Verbraucherpreis (Haushalte) Erdgas, Importpreis Steinkohle, Importpreis

in C/GJ in C/GJ in C/GJ

Minimum 16,1 4,6 2,3

Maximum 20,0 9,0 3,8

Durchschnitt 18,4 7,0 2,9

Demgegenüber liegt das Preisniveau für deutsche Haushaltskunden höher. Der durchschnittliche Haushaltskunde musste in Deutschland im gleichen Zeitraum einschließlich Mehrwertsteuer rund 18,4 C/GJ für Erdgas bezahlen. Hinzu kommt, dass die Energiepreise starken Schwankungen unterworfen sind. Dies gilt zum einen im Verlauf eines Jahres infolge der Schwankungen der Rohöl- und damit der fossilen Energieträgerpreise. Zum anderen sind die Energieträgerpreise auch stark von der jeweiligen Abnahmemenge an Energie abhängig; werden beispielsweise große Mengen an Energie abgenommen (z. B. Mehrfamilienhochhaus, Industriebetrieb) sind die Energiepreise i. Allg. spezifisch merklich geringer im Vergleich zu sehr kleinen Abnahmemengen (z. B. Einfamilienhaus, Handwerksbetrieb). Infolge beider Aspekte treten erhebliche Variationen bei den in Deutschland im Durchschnitt zu zahlenden Preisen für fossile Brennstoffe auf. Die minimalen und maximalen Jahresmittelwerte der betrachteten Zeitspanne der Jahre 2008 bis 2017 sind deswegen ebenfalls in Tabelle 1.5 dargestellt.

1.4.2

Techniken zur Strombereitstellung

Im Folgenden werden die wesentlichen Systemelemente von konventionellen Anlagen zur Stromerzeugung dargestellt. Zusätzlich werden zwei Referenzsysteme definiert. Für diese werden dann die mit Bau, Betrieb und Abriss einhergehenden Verbräuche erschöpflicher Energieträger und Emissionen ausgewählter Luftschadstoffe ermittelt sowie anhand der Investitions- und Betriebskosten die entsprechenden Stromgestehungskosten errechnet. Dadurch wird eine Gegenüberstellung der Stromerzeugung in derartigen konventionellen Anlagen mit den entsprechenden Optionen zur Nutzung des regenerativen Energieangebots ermöglicht.

1.4.2.1 Systemtechnische Beschreibung Wärmekraftwerke wandeln einen Teil des Energieinhalts der eingesetzten Brennstoffe (z. B. Stein- oder Braunkohlen, Erdgas, Erdöl) in elektrische Energie um. Hierzu kommen häufig Gas- und / oder Dampfturbinenkraftwerke zur Anwendung. Die wesentlichen Systemmerkmale dieser Technologien werden im Folgenden kurz beschrieben. Demgegenüber werden zur Stromerzeugung eingesetzte Verbrennungskraftmaschinen (z. B. Gasmotoren), die u. a. zur Notstromversorgung, zur Stromerzeugung in Inselsystemen (z. B. Berghütten) und teilweise zur Spitzenlastabdeckung in einigen Betrieben im Einsatz sind,

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aufgrund vergleichsweise geringer Bedeutung – bezogen auf die Gegebenheiten im mitteleuropäischen Energiesystem – nicht berücksichtigt. Dampfkraftwerke Wesentliche Komponenten von Kohlen-, Erdgas- oder Erdöl-befeuerten Dampfkraftwerken sind die Feuerung, die Dampferzeugung, die Turbine, der Generator, der Wasserkreislauf, die Abgasreinigung (je nach Brennstoff Staubfilter, Abgasentschwefelung und -entstickung) sowie die steuerungs- und elektrotechnischen Einrichtungen. Bei kohlebefeuerten Kraftwerken wird zusätzlich eine Brennstoffaufbereitung benötigt. Als Feuerungssysteme werden bei den heute üblichen Stein- und Braunkohlekraftwerken überwiegend Staubfeuerungen und für Anlagen unter 500 MW z. T. auch Wirbelschichtfeuerungen eingesetzt. Öl- und gasbefeuerte Kessel werden meist mit einer Brennerfeuerung ausgeführt. Im nachgeschalteten Dampferzeuger wird die in der Feuerung freigesetzte Energie auf den Wasserkreislauf übertragen und Wasserdampf erzeugt, welcher anschließend über eine mehrstufige Turbine entspannt wird. Die dadurch in mechanische Energie umgeformte Wärmeenergie wird an einen Generator übertragen, der diese weiter in elektrische Energie wandelt. Zur Schließung des Kreisprozesses wird der aus der Turbine kommende Dampf in einem Kühlsystem kondensiert und über eine Speisewasserpumpe wieder dem Dampferzeuger zugeführt [1.11]. Insgesamt erreichen Dampfkraftwerke heute Netto-Wirkungsgrade über 45 %. Gas- und Dampfturbinen(GuD)-Kraftwerke Gas- und Dampfturbinen(GuD)-Kraftwerke bestehen im Wesentlichen aus einer im Regelfall mit Erdgas betriebenen Turbine, die einen Generator antreibt. In dieser Turbine wird zunächst der Druck der angesaugten Umgebungsluft erhöht. Diese verdichtete Luft wird anschließend in eine Brennkammer geführt, wo sie mit dem Brennstoff chemisch unter Energie- bzw. Wärmefreisetzung reagiert. Anschließend wird das Reaktionsgas auf Umgebungsdruck entspannt; die dabei an der Turbinenwelle frei werdende Energie wird in einem Generator in elektrische Energie umgewandelt [1.11]. Die noch sehr heißen Abgase aus der Gasturbine werden durch einen Abhitzekessel geführt, in dem überhitzter Dampf für den Einsatz in einem nachgeschalteten Dampfkraftprozess erzeugt wird, der im Wesentlichen dem eines konventionellen Dampfkraftwerks entspricht. Mit diesem sogenannten GuD-Prozess lassen sich heute Nettowirkungsgrade von über 60 % erreichen.

1.4.2.2 Ökonomische und ökologische Analyse Die Bereitstellung elektrischer Energie in konventionellen Kraftwerken ist durch entsprechende Kosten und Umwelteffekte gekennzeichnet. Sie werden im Folgenden kurz diskutiert. Zuvor werden jedoch ausgewählte Referenzanlagen definiert. Referenzanlagen Als für Deutschland derzeit typische konventionelle Stromerzeugungsanlagen werden hier jeweils ein mit Steinkohle und ein mit Erdgas gefeuertes Kraftwerk nach dem aktuellen Stand der Technik (d. h. Anlagenneubau) betrachtet.

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Tabelle 1.6 Kenndaten der untersuchten Systeme zur Strombereitstellung aus fossilen Energieträgern Brennstoff Kraftwerkstyp Elektrische Nennleistung (netto) Technische Lebensdauer Jahresmittlerer Systemnutzungsgrad Volllaststunden Brennstoffeinsatz a

in MW in a in % (netto) in h/a in PJ/a

Steinkohlekraftwerk Steinkohle Staubfeuerung 800 30 45 2 500–7 000 16,0–44,8

Erdgaskraftwerk Erdgas GuDa 400 30 60 1 500–6 000 3,6–14,4

Gas- und Dampfturbinenkraftwerke.

Bei dem Steinkohlekraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 800 MW bei einem jahresmittleren Nutzungsgrad von 45 % (Tabelle 1.6) wird von einer Staubfeuerung ausgegangen. Dieses Kraftwerk repräsentiert damit Anlagen, wie sie derzeit am Markt vertreten sind. Dabei wird von einer Spannbreite der jährlich realisierbaren Volllaststunden von 2 500 bis 7 000 h/a ausgegangen. Dies spiegelt etwa die derzeitigen Gegebenheiten in Deutschland wider; im Jahr 2018 lagen die Jahresvolllaststunden der deutschen Steinkohlekraftwerke im Schnitt bei 3 260 h/a [1.14]. Als weitere charakteristische Anlage zur Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern wird ein gasgefeuertes Gas- und Dampfturbinen(GuD)-Kraftwerk mit einer Blockgröße von 400 MW und einem jahresmittleren Netto-Systemnutzungsgrad von rund 60 % untersucht (Tabelle 1.6). Hier werden zwischen 1 500 und 6 000 h/a (Volllast) angenommen. Die durchschnittlichen Jahresvolllaststunden von Erdgaskraftwerken lagen 2018 in Deutschland bei 2 190 h/a [1.14]. Ökonomische Analyse Zur Abschätzung der mit einer Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern verbundenen monetären Aufwendungen werden im Folgenden die variablen und fixen Aufwendungen sowie die spezifischen Stromgestehungskosten der in Tabelle 1.6 dargestellten Referenzanlagen diskutiert (Tabelle 1.7). Investitionen und Betriebskosten Steinkohlekraftwerke sind im Vergleich zu Erdgasgefeuerten GuD-Kraftwerken aufgrund der höheren Aufwendungen für u. a. die Kohleaufbereitung bzw. die Abgasreinigung durch deutlich höhere Investitions- und Betriebskosten gekennzeichnet (Tabelle 1.7). Zusätzlich fallen laufende Kosten u. a. für Personal, Instandhaltung, Anlagenerneuerungen, Abgasreinigung, Entsorgung von Verbrennungsrückständen und Versicherungen sowie insbesondere für den Brennstoff an. Aufgrund der merklich geringeren spezifischen Brennstoffkosten liegen demgegenüber die spezifischen Aufwendungen für den Brennstoff des betrachteten Steinkohlekraftwerks unter denen des GuD-Kraftwerks.

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Tabelle 1.7 Kosten einer Stromerzeugung aus Steinkohle und Erdgas (vgl. Tabelle 1.6) Gesamtinvestitionena Jährliche Kosten Anteilige Investitionen Betriebskostenb Brennstoffkostenc Summe Stromgestehungskosten

in C/kW in Mio. C/a in Mio. C/a in Mio. C/a in Mio. C/a in C/kWh

Steinkohlekraftwerk 1 300–2 000

Erdgaskraftwerk 800–1 100

46–71 35–54 61–102 184–187 0,033–0,093

14–20 11–18 32–67 70–92 0,038–0,117

a

einschl. Bauherrenkosten (u. a. Gelände, Genehmigung, Kohleentladung, Stromableitung, eigene Planung); b u. a. Wartung, Versicherung, Personal; c Einfuhrpreis (vgl. Tabelle 1.5).

Stromgestehungskosten Ausgehend von den diskutierten Rahmenannahmen (Tabelle 1.6) errechnen sich auf der Basis der unterstellten finanzmathematischen Randbedingungen (Zinssatz 2 %) die im Verlauf der zugrunde gelegten technischen Lebensdauer von 30 Jahren gegebenen Stromgestehungskosten frei Kraftwerk; sie sind ebenfalls in Tabelle 1.7 dargestellt. Demnach ist das Kohlekraftwerk durch Stromgestehungskosten von ca. 0,03 bis 0,09 C/kWh gekennzeichnet; durchschnittlich liegen die Stromgestehungskosten aus Steinkohle unter den hier unterstellten Rahmenannahmen und Randbedingungen bei 0,06 C/kWh. Im Vergleich dazu liegen die Kosten der Erdgasverstromung in einer ähnlichen Größenordnung und variieren unter den zugrunde gelegten Bedingungen zwischen knapp 0,04 und 0,12 C/kWh; im Durchschnitt liegen sie bei rund 0,07 C/kWh (Tabelle 1.7). Ökologische Analyse Für die definierten Anlagen werden nachfolgend ausgewählte ökologische Aspekte diskutiert. Dies erfolgt im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse. Zusätzlich werden ausgewählte weitere Umwelteffekte diskutiert. Lebenszyklusanalyse Für die beiden in Tabelle 1.6 definierten Referenztechniken zur Strombereitstellung können entsprechende Lebenswegbilanzen erstellt werden (Tabelle 1.8). Demnach sind mit Erdgas befeuerte GuD-Kraftwerke aufgrund des höheren Umwandlungswirkungsgrades vom Brennstoff in elektrische Energie und geringerer direkter Emissionen (z. B. sind die spezifischen Kohlenstoffdioxidemissionen von Erdgas im Vergleich zu denen von Steinkohle merklich niedriger) im Vergleich zu Steinkohlekraftwerken durch einen geringeren Verbrauch fossiler Primärenergie sowie geringere luftgetragene Stofffreisetzungen gekennzeichnet. Beispielsweise sind die im Lebenswegverlauf freigesetzten spezifischen CO2 -Äquivalent-Emissionen bei dem betrachteten Steinkohlekraftwerk mit etwa 877 t/GWh mehr als doppelt so hoch wie bei dem Erdgas-GuD-Kraftwerk mit rund 410 t/GWh. Die Bilanzergebnisse werden dabei primär durch die direkten Emissionen

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M. Kaltschmitt et al.

Tabelle 1.8 Lebenswegbilanzen einer Stromerzeugung aus Steinkohle und aus Erdgas

Energiea SO2 NOx CO2 -Äquivalente SO2 -Äquivalente

in GJ/GWh in kg/GWh in kg/GWh in t/GWh in kg/GWh

Steinkohlekraftwerk 2 500 h/a 7 000 h/a 10 190 10 162 737 727 791 783 877 874 1 360 1 346

Erdgaskraftwerk 1 500 h/a 6 000 h/a 7 121 7 087 153 140 308 295 410 407 379 356

a

primärenergetisch bewerteter kumulierter fossiler Energieaufwand (Verbrauch erschöpflicher Energieträger).

bzw. die mit der Brennstoffbereitstellung verbundenen Energieaufwendungen (einschließlich der Energie des Brennstoffs) bestimmt; d. h. der Brennstoffeinsatz bestimmt weitgehend das Bilanzergebnis. Dieses Ergebnis gilt – bei entsprechenden Variationen – für nahezu alle Konversionsanlagen, bei denen der Brennstoff mitbilanziert werden muss. Weitere Umwelteffekte Kraftwerke setzen – wie alle anderen Energiewandler auf der Basis fossil biogener Energieträger – im ordnungsgemäßen Betrieb infolge der Oxidation des Brennstoffs direkt an der Anlage Stoffe in einer signifikanten Größenordnung frei. Deshalb zeigt Tabelle 1.9 exemplarisch ausgewählte direkte Emissionen der beiden untersuchten Anlagen. Demnach liegen beispielsweise die direkten Freisetzungen an CO2 -Äquivalenten bei dem mit Steinkohle bzw. Erdgas gefeuerten Kraftwerk bei knapp 750 bzw. 340 t/GWh bereitgestellter elektrischer Energie. Zusätzlich zu diesen direkten Stofffreisetzungen an der Anlage ist auch die Bereitstellung fossiler Brennstoffe mit einer Reihe von weiteren Beeinträchtigungen der Umwelt verbunden. Nachfolgend werden einige derartiger Umwelteffekte exemplarisch angeführt.  Kohlekraftwerke waren lange Zeit eine wesentliche Quelle anthropogener Staub-, NOx und SO2 -Emissionen in Europa. Erst durch strengere Emissionsgrenzwerte und dem dadurch notwendigen Einbau umfangreicher Abgasreinigungssysteme konnten diese Emissionen in den vergangenen Jahrzehnten stark gesenkt werden.

Tabelle 1.9 Direkter Energieverbrauch sowie direkte Emissionen und Äquivalent-Emissionen für die in Tabelle 1.6 definierten Kraftwerke a

Energie SO2 NOx CO2 -Äquivalente SO2 -Äquivalente a

Endenergie.

in GJ/GWh in kg/GWh in kg/GWh in t/GWh in kg/GWh

Steinkohlekraftwerk 8 000 525 497 747 904

Erdgaskraftwerk 6 000 3 153 338 110

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 Die übertägige Gewinnung von Braunkohle im Tagebau führt aufgrund des großen Flächenverbrauchs und der erheblichen zu bewegenden Materialmengen zu umfangreichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und zu einer nachhaltigen Störung des Grundwasserhaushalts. Durch Rekultivierungsmaßnahmen nach Ende des Kohleabbaus können diese Auswirkungen allerdings teilweise wieder kompensiert gemacht werden; dabei wird der Charakter der Landschaft aber grundlegend verändert (z. B. wird aus einer ausschließlichen Agrarlandschaft eine Seenlandschaft).  Beim Untertageabbau von Steinkohle kann es durch den zumindest in Deutschland über Jahrzehnte realisierten Bruchbau u. a. zu Absenkungen der Erdoberfläche kommen, die beispielsweise zu einer Störung der Grundwasserhorizonte oder einer Rissbildung in an der Oberfläche befindlichen Gebäuden führen können bzw. eine Nutzung der betroffenen Flächen an der Erdoberfläche einschränken.  Die nach der Kohleverbrennung verbleibenden Aschen bzw. Stäube können u. a. Schwermetalle sowie radioaktive Elemente enthalten. In Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Kohle kommt es dabei vor allem im Flugstaub zu einer Anreicherung dieser gesundheitsschädlichen Stoffe. Derart kontaminierte Stäube müssen daher ordnungsgemäß verwertet bzw. deponiert werden.  Bei der Gewinnung von Erdgas kann es u. a. während der Erstellung der für die Förderung notwendigen Bohrung(en) durch die Freisetzung von chemischen Hilfs- und Betriebsstoffen (z. B. Bohrspülungen) zu einer Belastung des umliegenden Bodens (Onshore) bzw. Meeres (Offshore) kommen. Außerdem können durch die Bohraktivitäten mikroseismische Ereignisse ausgelöst werden. Darüber hinaus kann es beim Erdgastransport zu Leckagen kommen, durch die das Klima beeinflusst wird.

1.4.3 Techniken zur Wärmebereitstellung Im Folgenden werden die Techniken zur Wärmebereitstellung aus fossilen Energieträgern, wie sie derzeit eingesetzt werden, dargestellt und diskutiert. Dabei wird zuerst kurz auf die gegenwärtig primär genutzten Techniken bzw. Systeme eingegangen. Abschließend werden diese Techniken anhand ökonomischer und ökologischer Größen analysiert.

1.4.3.1 Systemtechnische Beschreibung Die wesentlichen Systemelemente von Anlagen zur Bereitstellung von Wärme aus dem hier ausschließlich untersuchten Erdgas sind neben der Brennstoffversorgung der eigentliche Kessel zur alleinigen Raumwärmeversorgung sowie die entsprechende Trink- bzw. Brauchwarmwasserbereitung. Brennstoffversorgung Die Brennstoffversorgung von mit Erdgas befeuerten Wärmeerzeugern erfolgt in Europa bzw. in Deutschland praktisch ausschließlich über das Erdgasnetz, das in Mitteleuropa sehr gut ausgebaut ist und die unterschiedlichen Gasfelder u. a. in der Nordsee und in Sibirien mit den Verbrauchszentren in Mitteleuropa verbindet.

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Wärmebereitstellung Nachfolgend werden wesentliche heute eingesetzte Wärmeerzeuger auf der Basis des fossilen Energieträgers Erdgas diskutiert.  Heizkessel mit Brenner. Im Heizkessel findet die Oxidation (Verbrennung) des gasförmigen Brennstoffs unter Wärmefreisetzung statt. Diese Wärme wird über einen Wärmeübertrager auf ein geeignetes Wärmeträger- bzw. -verteilmedium (meist Wasser) übertragen und durch dieses weiter zur Verbrauchsstelle transportiert. Zur Raumwärme- und Trink- bzw. Brauchwarmwasserbereitung finden heute überwiegend Brennwertthermen Verwendung. Als Brenner kommen Systeme mit und ohne Gebläse zum Einsatz.  Niedertemperaturkessel mit Gasbrenner. Niedertemperaturkessel (NT-Kessel) werden in Abhängigkeit von der Außentemperatur mit gleitender Vorlauftemperatur von 75 bis auf 40 ı C oder tiefer betrieben. Vor allem bei Kesseln mit Trinkwarmwassererwärmung lassen sich dadurch die Abgas- und Bereitschaftsverluste während der heizungsfreien Sommerzeit deutlich verringern und dadurch Jahresnutzungsgrade von 91 bis 93 % (bezogen auf den unteren Heizwert) erreichen. Dies kann beispielsweise mit Gasgebläsebrennern realisiert werden. Hier wird dem Verbrennungsgas vor der Verbrennung die Verbrennungsluft durch ein Gebläse zugeführt. Gasbrenner ohne Gebläse – sogenannte atmosphärische Gasbrenner – arbeiten demgegenüber mit Luftselbstansaugung (d. h. die Verbrennungsluft wird durch den thermischen Auftrieb im Kessel von unten her in den Brennraum geführt). Der Schornstein muss daher so viel Zug erzeugen, dass alle Widerstände der Heizungsanlage überwunden werden können. Das Gas-Luft-Gemisch wird dann in entsprechenden Düsen verbrannt. Die dabei freigesetzte Wärme wird anschließend dem Abgas entzogen und kann nutzbar gemacht werden.  Brennwertherme. Die beste Ausnutzung der im Brennstoff enthaltenen Energie lässt sich durch Brennwertthermen (BW-Therme) erzielen. Durch eine weitgehende Abkühlung der heißen Abgase über den Rücklauf des Heizungssystems wird dabei die fühlbare bzw. sensible Restwärme der Abgase sowie die latente Wärme (Verdampfungswärme) des im Abgas des oxidierten Erdgases enthaltenen Wasserdampfs nahezu vollständig genutzt. Diese Verdampfungswärme kann dabei allerdings nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn die Rücklauftemperatur des Heizungssystems unterhalb der Taupunkttemperatur des Abgases liegt; nur dann kann ein Teil des im Abgas enthaltenen Wasserdampfes kondensieren. Derartige Brennwertthermen sind heute für den Brennstoff Stand der Technik. Gasbrennwertthermen erreichen derzeit Jahresnutzungsgrade bis zu 104 % bezogen auf den unteren Heizwert des Erdgases. Trinkwarmwasserbereitung Die Trinkwarmwasserbereitung erfolgt meist durch Speicher-Trinkwarmwasserbereiter, die über, unter oder neben dem Heizkessel angeordnet werden. Die Erwärmung des Wassers kann dabei über eine im Speicher angeordnete Heizfläche (direkt beheizter Speicher) oder über einen externen Wärmeübertrager (indirekt beheizter Speicher) erfolgen. Daneben ist auch der Einsatz eines elektrisch beheizten Trinkwarmwasserspeichers möglich.

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1.4.3.2 Ökonomische und ökologische Analyse Die Bereitstellung von Wärme zur Trinkwarmwasserbereitung bzw. Raumheizung durch erdgasgefeuerte Systeme ist – wie jede andere energietechnische Anlage auch – durch entsprechende Kosten und Umwelteffekte gekennzeichnet. Sie werden im Folgenden kurz diskutiert. Zuvor werden jedoch die hier betrachteten Referenztechniken definiert und diskutiert. Referenzanlagen Zur Deckung der definierten Versorgungsaufgaben (Tabelle 1.1 und 1.2) wird – je nach benötigter thermischer Leistung – ausschließlich ein Einsatz von mit Erdgas betriebenen Brennwertthermen betrachtet (Tabelle 1.10 und 1.11). Die technische Lebensdauer dieser Brennwertthermen auf Erdgasbasis wird mit 20 Jahren unterstellt [1.12]. Die Trink- bzw. Brauchwarmwasserbereitung erfolgt über einen Speicher; dieser wird beim System Mehrfamilienhaus (MFH) über einen externen Wärmeübertrager bzw. bei den Einfamilienhäusern (EFH) über einen internen Wärmeübertrager beladen. Die eingesetzte Brennstoffenergie ermittelt sich aus dem Produkt der an der Trinkwarmwasserzapfstelle entnommenen bzw. an den beheizten Raum abgegebenen Wärme und dem Nutzungsgrad (hier: ausgedrückt als Aufwandszahlen) der gesamten Energiewandlungskette zwischen der Wärmeerzeugung, -verteilung, -speicherung und -übergabe. Tabelle 1.10 Kenndaten der untersuchten Kleinanlagen für eine Wärmebereitstellung aus fossilen Energieträgern für die untersuchten Einfamilienhäuser (EFH) (zur Definition der Nachfragefälle EFH 0 bis EFH IV siehe Tabelle 1.1) Einfamilienhaus (EFH) Gesamte Wärmenachfragea davon: Raumwärme Warmwasser AWZb Raumwärme AWZb Warmwasser System-AWZd Brennstoffeinsatze Hilfsenergie (Strom)f Warmwasserspeicher a

in GJ/a in GJ/a in GJ/a

in GJ/a in kWh/a in L

0 14,9 8,1 6,8 1,05c 1,86 1,42 21,2 500g 120

I 21,7 14,9 6,8 1,05c 1,86 1,30 28,3 500g 120

II 25,7 18,9 6,8 1,04c 1,86 1,26 32,3 500g 120

III 33,8 27,0 6,8 1,04c 1,86 1,20 40,7 500g 120

IV 82,4 75,6 6,8 1,10 1,99 1,17 96,7 300 120

Nutzenergie; b AWZ Aufwandszahl; c Aufwandszahlen geringer durch Fußbodenheizung bzw. Niedertemperaturheizung im Vergleich zum EFH IV, Unterschiede aufgrund höherer Verluste bei geringerer Nachfrage und Nichtverfügbarkeit von Wärmeerzeugern kleinerer Leistung (siehe Text); d mittlere, gewichtete System-Aufwandszahl, sie ist definiert als der Brennstoffeinsatz durch die gesamte Wärmenachfrage; e Brennstoffeinsatz an Erdgas; f für die Berechnung der Hilfsenergie wird nach DIN V 4701-10 die Hilfsenergienachfrage ausschließlich auf die Wohnfläche bezogen berechnet (d. h. Berücksichtigung der Hilfsenergie für die Wärmeverteilung; deshalb ist die Fußbodenheizung durch einen höheren Hilfsenergieverbrauch im Vergleich zu der Radiatorenheizung gekennzeichnet); eine Unterteilung in unterschiedliche Kesselgrößen erfolgt nach DIN V 4701-10 nicht; g höherer Stromverbrauch durch Fußbodenheizung im Vergleich zum EFH IV.

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Tabelle 1.11 Kenndaten der untersuchten Kleinanlagen für eine Wärmebereitstellung aus fossilen Energieträgern für die untersuchten Mehrfamilienhäuser (MFH) (zur Definition der Nachfragefälle MFH 0 bis MFH IV siehe Tabelle 1.2) Mehrfamilienhaus (MFH) Gesamte Wärmenachfragea davon: Raumwärme Warmwasser AWZb Raumwärme AWZb Warmwasser System-AWZc Brennstoffeinsatzd Hilfsenergie (Strom)e Warmwasserspeicher

in GJ/a in GJ/a in GJ/a

in GJ/a in kWh/a in L

0 87,3 42,1 45,2 1,04 1,61 1,34 116,6 1 150 400

I 119,3 74,1 45,2 1,04 1,61 1,26 149,8 1 150 400

II 139,6 94,4 45,2 1,03 1,61 1,22 170,0 1 150 400

III 180,1 134,9 45,2 1,03 1,61 1,18 211,7 1 150 400

IV 354,1 308,9 45,2 1,08 1,66 1,15 408,6 800 400

a

Nutzenergie; b AWZ Aufwandszahl; c mittlere, gewichtete System-Aufwandszahl, sie ist definiert als der Brennstoffeinsatz durch die gesamte Wärmenachfrage; d Brennstoffeinsatz an Erdgas; e für die Berechnung der Hilfsenergie wird nach DIN V 4701-10 die Hilfsenergienachfrage ausschließlich auf die Wohnfläche bezogen berechnet (d. h. Berücksichtigung der Hilfsenergie für die Wärmeverteilung; deshalb ist die Fußbodenheizung durch einen höheren Hilfsenergieverbrauch im Vergleich zu der Radiatorenheizung gekennzeichnet); eine Unterteilung in unterschiedliche Kesselgrößen erfolgt nach DIN V 4701-10 nicht, zur Erklärung der Größenordnung des Hilfsenergieeinsatzes siehe Fußnoten in Tabelle 1.10; f höherer Stromverbrauch durch Fußbodenheizung im Vergleich zum MFH IV.

Die Verluste des Trink- bzw. Brauchwarmwasserspeichers sowie der geringere Kesselnutzungsgrad der Trinkwarmwasserbereitung während der heizungsfreien Sommermonate werden berücksichtigt. Speziell bei Gebäuden mit einer spezifisch niedrigen Heizwärmenachfrage kann dadurch der jahresmittlere Systemnutzungsgrad deutlich unter dem Kesselnutzungsgrad liegen. Die definierten Nahwärmesysteme (Tabelle 1.3) werden hier nicht analysiert, da beispielsweise in Deutschland kaum derartige Systeme vorhanden sind. Aus ökonomischen Gründen (d. h. aufwändig – und damit teuer – zu installierende Nahwärmenetze, die zudem insbesondere im Sommer aufgrund der geringen Nachfrage (d. h. nur Brauchwarmwasser, keine Raumwärme) durch z. T. sehr hohe Wärmeverluste gekennzeichnet sind) werden derzeit eher dezentrale Lösungen realisiert. Ökonomische Analyse Zur Abschätzung der mit einer Wärmeerzeugung aus fossilen Energieträgern verbundenen monetären Aufwendungen werden im Folgenden die Investitionen und Betriebskosten sowie die spezifischen Wärmegestehungskosten für die in Tabelle 1.11 definierten Randbedingungen dargestellt. Investitionen und Betriebskosten Für die in den Tabellen 1.10 und 1.11 dargestellten Systeme werden zur Ermittlung der Investitionen die monetären Aufwendungen für Kessel, Brenner, Trinkwarmwasserspeicherung, bauliche Einrichtungen (z. B. Gasanschluss) sowie die Montage und Installationskosten berücksichtigt (Tabelle 1.12 und 1.13). Demnach

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Einführung und Aufbau

55

Tabelle 1.12 Kosten einer Wärmebereitstellung in Erdgas-Brennwertthermen in den untersuchten Einfamilienhäusern (zur Definition der Nachfragefälle EFH 0 bis EFH IV siehe Tabelle 1.1) Einfamilienhaus (EFH) Investitionena Kessel Speicher, Kamin Montage, Installation Summe Betriebskosten Verbr. Kostenb Annuität Gesamtkosten Wärmegestehungskostenc

in in in in in in in in in in

C C C C C/a C/a C/a C/a C/GJ C/kWh

0

I

II

III

IV

3 500 3 400 1 500 8 400 200 536 473 1 209 81,1 0,292

3 500 3 400 1 500 8 400 200 668 473 1 340 61,8 0,222

3 500 3 400 1 500 8 400 200 741 473 1 414 55,0 0,198

3 500 3 400 1 500 8 400 200 896 473 1 569 46,4 0,167

4 000 3 400 1 500 8 900 200 1 867 504 2 571 31,2 0,112

a Kosten z. T. gleich, da keine kleineren Systeme am Markt erhältlich sind bzw. derartige Systeme Kosten in der gleichen Größenordnung aufweisen; b verbrauchsgebundene Kosten (d. h. Brennstoffkosten und Kosten für Hilfsenergie wie z. B. Strom); c bezogen auf die Nutzenergie (gesamte Wärmenachfrage).

Tabelle 1.13 Kosten einer Wärmebereitstellung in Erdgas-Brennwertthermen in den untersuchten Mehrfamilienhäusern (zur Definition der Nachfragefälle MFH 0 bis MFH IV siehe Tabelle 1.2) Mehrfamilienhaus (MFH) Investitionena Kessel Speicher, Kamin Montage, Installation Summe Betriebskosten Verbr. Kostenb Annuität Gesamtkosten Wärmegestehungskostenc

in in in in in in in in in in

C C C C C/a C/a C/a C/a C/GJ C/kWh

0

I

3 500 4 100 1 500 9 100 200 2 483 508 3 191 36,5 0,132

4 000 4 300 1 500 9 800 200 3 095 549 3 844 32,2 0,116

II

III

IV

4 000 4 500 6 000 4 300 4 500 4 700 1 500 1 800 2 000 9 800 10 800 12 700 200 200 200 3 466 4 234 7 754 549 607 721 4 215 5 041 8 676 30,2 28,0 24,5 0,109 0,101 0,088

a

Kosten z. T. gleich, da keine kleineren Systeme am Markt erhältlich sind bzw. derartige Systeme Kosten in der gleichen Größenordnung aufweisen; b verbrauchsgebundene Kosten (d. h. Brennstoffkosten und Kosten für Hilfsenergie wie z. B. Strom); c bezogen auf die Nutzenergie (gesamte Wärmenachfrage).

sind beispielsweise die Investitionen bei den EFH 0 bis EFH IV als identisch unterstellt, da die jeweils zugrunde gelegten Brennwertkessel im Bereich bis ca. 15 kW i. Allg. im gleichen Preissegment liegen. Die Betriebskosten der untersuchten Kleinanlagen berücksichtigen u. a. die Aufwendungen für Wartung und Instandhaltung. Zusätzlich fallen Brennstoffkosten und Kosten für elektrische Energie zum Betrieb der Anlagen (u. a. Brenner, Gebläse, Zündtrafo) an;

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M. Kaltschmitt et al.

sie sind in den Tabellen 1.12 und 1.13 getrennt von den restlichen Betriebskosten angeführt und orientieren sich an den in Tabelle 1.5 dargestellten fossilen Energieträgerpreisen. Wärmegestehungskosten Die spezifischen Wärmegestehungskosten dieser Anlagen können auf der Basis der unterstellten finanzmathematischen Rahmenannahmen (Zinssatz von 2,0 %, Abschreibungsdauer entspricht der technischen Lebensdauer) und ausgehend von den unterstellten Randbedingungen (Tabelle 1.10 und 1.11) berechnet werden. Für die untersuchte Erdgas-Brennwerttherme liegen die Wärmegestehungskosten zwischen rund 25 C/GJ (MFH IV) und knapp 81 C/GJ (EFH 0; Tabelle 1.12 und 1.13). Deutlich wird, dass die Wärmegestehungskosten erheblich von der installierten Leistung abhängen. Deshalb steigen diese mit kleiner werdender thermischer Leistung (d. h. EFH 0 bzw. MFH 0 im Vergleich zu EFH IV bzw. MFH IV) – und damit einem besseren Wärmedämmstandard – spezifisch deutlich an. Ökologische Analyse Für die definierten Anlagen werden nachfolgend ausgewählte ökologische Aspekte diskutiert. Dies erfolgt ebenfalls zunächst im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse. Anschließend werden auch hier weitere Umwelteffekte exemplarisch diskutiert. Lebenszyklusanalyse Die Deckung der unterstellten Wärmenachfrage (Tabelle 1.1) durch die mit den in den Tabellen 1.10 und 1.11 definierten Kenndaten der Erdgas-Brennwertthermen führt aufgrund der entsprechenden Energieeinsätze zu damit verbundenen Stofffreisetzungen sowohl in den vorgelagerten Prozessketten (z. B. Brennstoffbereitstellung) als auch beim eigentlichen Verbrennungsvorgang. Tabelle 1.14 zeigt die Bilanzergebnisse für eine Wärmeerzeugung zur kombinierten Trinkwarmwasser- und Raumwärmebereitung in mit Erdgas gefeuerten Brennwertanlagen. Bezugsgröße ist dabei die bereitgestellte Wärme am Ausgang der Trinkwarmwasserzapfstelle bzw. die Nutzwärme im Gebäude. Tabelle 1.14 Energie- und Emissionsbilanzen einer Wärmebereitstellung in Kleinanlagen mittels Erdgas-Brennwertthermen (zur Definition der Nachfragefälle EFH 0 bis MFH IV siehe Tabelle 1.1 und 1.2)

Energiea SO2 NOx CO2 -Äq.b SO2 -Äq.b a

in GJ/TJ in kg/TJ in kg/TJ in t/TJ in kg/TJ

Einfamilienhaus (EFH) Mehrfamilienhaus (MFH) 0 I II III IV 0 I II III IV 2 231 1 929 1 706 1 596 1 456 2 226 1 963 1 548 1 478 1 415 66 55 45 42 36 68 58 38 37 35 80 66 55 51 44 81 69 47 44 42 132 114 100 94 87 132 117 92 87 84 125 104 86 79 68 132 113 73 70 66

primärenergetisch bewerteter kumulierter fossiler Energieaufwand (Verbrauch erschöpflicher Energieträger); b Äq. Äquivalente.

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Einführung und Aufbau

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Wesentliche Einflussfaktoren auf die Bilanzergebnisse sind z. B. der Systemnutzungsgrad, der von der jeweils eingesetzten Feuerungstechnologie und dem Anteil des Trinkwarmwassers am gesamten Wärmeverbrauch abhängt. Demgegenüber beeinflussen die vorgelagerten Ketten und damit die Brennstoffbereitstellung die Bilanzergebnisse weniger. Wesentlich werden die Lebenswegbilanzen aber von den brennstoffabhängigen Emissionen, die während des Verbrennungsvorgangs der fossilen Brennstoffe entstehen, beeinflusst. Weitere Umwelteffekte Neben den dargestellten Energieverbräuchen und Schadstoffemissionen werden beim Betrieb von erdgasbefeuerten Heizungsanlagen weitere Schadstoffe mit sehr unterschiedlichen potenziellen Umwelteinwirkungen freigesetzt. Ein Beispiel ist der mögliche Methanschlupf, der ebenfalls zum anthropogenen Treibhauseffekt beiträgt. Zusätzlich ist auch die Bereitstellung fossiler Brennstoffe mit einer Reihe von negativen Effekten für die Umwelt verbunden.  Bei der Bohrung nach bzw. Förderung von Erdgas können chemische Hilfs- und Zusatzstoffe sowie bei der Erdgasbohrung/-förderung das Gas selbst in den umliegenden Boden (Onshore) bzw. das Meer (Offshore) und / oder in die Atmosphäre gelangen; dies kann mit entsprechenden Umweltauswirkungen verbunden sein.  Beim Transport des Erdgases mithilfe von Pipelines kann es störungsbedingt zu Freisetzungen mit den entsprechenden Folgen für die aquatische Fauna und Flora kommen.  Entzünden sich Gasleckagen beispielsweise in geschlossenen Räumen kann es zu Gasexplosionen kommen; dies kann erhebliche Konsequenzen für den Menschen und die Umwelt haben.

Literatur [1.1] Kaltschmitt, M.: Regenerative Energien; Skriptum zur Vorlesung; Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE). Technische Universität Hamburg (TUHH), Hamburg (2020). Sommersemester [1.2] BP (Hrsg.): BP statistical review of world energy 2018. BP, London (2019). www. bp.com/en/global/corporate/energy-economics/statistical-review-of-world-energy.html. Zugegriffen: 22. Sept. 2019 [1.3] BMWi (Hrsg.): Energiedaten. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Berlin (2019). www.bmwi.de. Zugegriffen: 15. Nov. 2019 [1.4] Kaltschmitt, M., Hartmann, H., Hofbauer, H. (Hrsg.): Energie aus Biomasse, 3. Aufl. Springer, Berlin, Heidelberg (2016) [1.5] Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Verordnung über energieeinsparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV). Bundesministerium der Justiz, Berlin (2009) [1.6] Wöhe, G., Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 24. Aufl. Vahlen, München (2010) [1.7] EN ISO 14040:2006: Environmental Management – Life Cycle Assessment – Principles and Framework. Beuth, Berlin (2006)

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M. Kaltschmitt et al.

[1.8] EN ISO 14044:2006: Environmental Management – Life Cycle Assessment – Requirements and Guidelines. Beuth, Berlin (2006) [1.9] Wernet, G., Bauer, C., Steubing, B., Reinhard, J., Moreno-Ruiz, E., Weidema, B.: The ecoinvent database version 3 (part I): overview and methodology. Int J Life Cycle Assess 21(9), 1218–1230 (2018). link.springer.com/10.1007/s11367-016-1087-8. Zugegriffen: 14. Febr. 2019 [1.10] Kaltschmitt, M., Streicher, W. (Hrsg.): Regenerative Energien in Österreich. Vieweg + Teubner, Wiesbaden (2009) [1.11] Strauss, K.: Kraftwerkstechnik zur Nutzung fossiler, regenerativer und nuklearer Energiequellen, 7. Aufl. Springer, Berlin, Heidelberg (2016) [1.12] VDI (Hrsg.): Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen – Grundlagen und Kostenberechnung. VDI-Richtlinie 2067. Beuth, Berlin (2007) [1.13] Hilgedieck, J., Magdowski, A., Janczik, S., Christ, D., Witt, J., Kaltschmitt, M.: Erneuerbare Energien weltweit – Globaler Stand 2018. BWK 71(9), 18–40 (2019) [1.14] Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Jahresvolllaststunden der Kraftwerke in Deutschland nach Energieträgern im Jahr 2018. DeStatis, Wiesbaden (2019). de.statista.com/statistik/daten/ studie/37610/umfrage/jahresvolllaststunden-deutscher-kraftwerke-im-jahr-2009/. Zugegriffen: 11. Febr. 2020 [1.15] Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Entwicklung der Gaspreise für Haushaltskunden in Deutschland in den Jahren 2008 bis 2018. DeStatis, Wiesbaden (2019). de.statista.com/ statistik/daten/studie/168286/umfrage/entwicklung-der-gaspreise-fuer-haushaltskundenseit-2006/. Zugegriffen: 14. Febr. 2019 [1.16] Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Entwicklung des Preises für Importerdgas in Deutschland in den Jahren 1970 bis 2017. DeStatis, Wiesbaden (2019). de.statista.com/statistik/ daten/studie/163035/umfrage/entwicklung-des-preises-fuer-importerdgas-seit-1970/. Zugegriffen: 13. Febr. 2019 [1.17] Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Entwicklung des Preises für Kraftwerkskohle in Deutschland in den Jahren 1975 bis 2017. DeStatis, Wiesbaden (2019). de.statista.com/statistik/ daten/studie/163040/umfrage/entwicklung-des-preises-fuer-kraftwerkskohle-seit-1975/. Zugegriffen: 13. Febr. 2019 [1.18] Statistik Austria (Hrsg.): Vorläufige Energiebilanz 2018, Statstisk Austria, Wien (2019). www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_umwelt_innovation_mobilitaet/energie_und_ umwelt/energie/energiebilanzen/index.html. Zugegriffen: 7. Juli 2019 [1.19] econtrol (Hrsg.): Betriebsstatistik 2018. econtrol, Wien (2019). www.e-control.at/ documents/1785851/1811774/MoMeOeN1_Bil-2018.xlsx/e36ba2d2-e525-ce16-66e8142da8ebb974?t=1548930522844. Zugegriffen: 9. Juli 2019 [1.20] econtrol (Hrsg.): Verbrauchsstruktur 2017. econtrol, Wien (2019). www.e-control.at/ documents/1785851/1811615/MStOeN-2017_JJ1Ver.xlsx/df64af21-91d6-ebc1-cc9d9cf3f3118be9?t=15377894617814. Zugegriffen: 9. Juli 2019 [1.21] Kaltschmitt, M., Thrän, D.: Biomasse und ihr möglicher Beitrag im weltweiten Energiesystem. Energiewirtsch. Tagesfr. 58(7), 8–13 (2008) [1.22] Acero, A.P., Rodriguez, C., Ciroth, A.: LCIA methods. Impact assessment methods in life cycle assessment and their impact categories. GreenDelta, Berlin (2016) [1.23] Thrän, D., Pfeiffer, D. (Hrsg.): Methodenhandbuch Stoffstromorientierte Bilanzierung der Klimagaseffekte, 3. Aufl. Schriftenreihe des Förderprogramms „Energetische Biomassenutzung“, Bd. 4. Deutsches Biomasseforschungszentrum, Leipzig (2013) [1.24] Umweltbundesamt (Hrsg.): Spezifische Emissionsfaktoren für den deutschen Strommix (2020). https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/emissionen-von-luftschadstoffen/ spezifische-emissionsfaktoren-fuer-den-deutschen. Zugegriffen: 3. Febr. 2020

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots Beate Geyer, Klaus Jorde, Martin Kaltschmitt, Iris Lewandowski, Ben Norden, Wolfgang Streicher und Andreas Wiese

Die Energieströme auf der Erde speisen sich aus verschiedenen Quellen, die im Folgenden zunächst dargestellt werden. Insgesamt hat aber an der gesamten auf der Erde umgesetzten Energie die Sonnenenergie einen Anteil von nahezu 100 %; d. h. sie dominiert eindeutig das „Energiesystem Erde“. Dabei trägt die Solarenergie nicht nur direkt, sondern in vielerlei Hinsicht auch indirekt zum globalen Energiesystem bei; beispielsweise wird die von der Sonne auf die Erde eingestrahlte Energie innerhalb der Atmosphäre geschwächt und dabei teilweise in andere Energieformen (z. B. Wind, Wasserkraft) umgewandelt. Deshalb wird im Folgenden auf den Aufbau und die wesentlichen Eigenschaften der Erdatmosphäre ebenfalls näher eingegangen. Diesem schließt sich die Bilanzierung der globalen Energieströme an, bevor die einzelnen potenziell von der Menschheit nutzbaren Energieströme bzw. regenerativen Energien im Detail dargestellt werden. Dabei wird jeweils auf die entsprechenden Grundlagen eingegangen, bevor die räumliche und zeitliche Variationsbreite dargestellt wird, die letztlich die jeweilige technische Nutzung (mit-)bestimmt.

Autoren in alphabetischer Reihenfolge mit Beiträgen zum Kapitel; die Autorenzuordnung geht aus den einzelnen Unterkapiteln hervor. Beate Geyer, Geesthacht, Deutschland Klaus Jorde, Klagenfurt, Österreich Martin Kaltschmitt, Hamburg, Deutschland Iris Lewandowski, Stuttgart, Deutschland Ben Norden, Potsdam, Deutschland Wolfgang Streicher, Innsbruck, Österreich Andreas Wiese, Bad Homburg, Deutschland © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kaltschmitt, W. Streicher, A. Wiese (Hrsg.), Erneuerbare Energien, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61190-6_2

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60

2.1

B. Geyer et al.

Energiebilanz der Erde

Martin Kaltschmitt Die Energieströme auf der Erde speisen sich aus verschiedenen Quellen, die im Folgenden zunächst dargestellt werden. An der gesamten auf der Erde umgesetzten Energie hat dabei die Sonnenenergie einen Anteil von über 99,9 %. Die von der Sonne auf die Erde eingestrahlte Energie wird innerhalb der Atmosphäre geschwächt und teilweise in andere Energieformen (z. B. Wind, Wasserkraft) umgewandelt. Deshalb wird auf den Aufbau und die wesentlichen Eigenschaften der Erdatmosphäre ebenfalls näher eingegangen. Diesem schließt sich die Bilanzierung der globalen Energieströme an.

2.1.1 Erneuerbare Energiequellen Das regenerative Energieangebot wird aus insgesamt drei unterschiedlichen Quellen gespeist (Sonnenenergie, geothermische Energie, Energie aus der Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern). Diese drei unabhängigen Energiequellen, die einen deutlich unterschiedlichen Beitrag zum Energiesystem Erde leisten, werden nachfolgend kurz vorgestellt. Sonnenenergie Die Sonne stellt den Zentralkörper unseres Planetensystems dar; sie ist der der Erde nächstgelegene Stern. Sie ist ein Plasmaball, der aus Atomkernen und Elektronen besteht, mit einem Durchmesser von rund 1,39 Mio. km; das ist etwa das 109-fache des Erddurchmessers. Sie besteht im Wesentlichen aus Wasserstoff (H2 , ca. 75 %), Helium (He, ca. 23 %) und sonstigen Elementen (ca. 2 %). Die mittlere Dichte liegt bei 1,4 g/cm3 . Die Dichte ist aber sehr ungleichmäßig über den Sonnenkörper verteilt; beispielsweise ist in der Kernregion der Sonne eine Dichte zwischen 80 und 100 g/cm3 – und im eigentlichen Kernbereich eine noch deutlich höhere Dichte – wahrscheinlich. Zusammen mit weiteren Kenngrößen kann daraus eine Sonnenmasse von rund 2  1033 g abgeschätzt werden; dies ist etwa das 330 000-fache der Erdmasse. Daraus resultiert auf der Sonnenoberfläche eine potenzielle Fallbeschleunigung von rund 275 m/s; das ist etwa das 28-fache der Fallbeschleunigung auf der Erde (9,81 m/s). Den schematischen Aufbau der Sonne zeigt Abb. 2.1. Demnach herrschen in der Kernregion Temperaturen von rund 8 bis 40 Mio. K bei einem Druck von etwa 1011 bar. Unter diesen im Zentrum der Sonne gegebenen Bedingungen ist eine Materialdichte von ca. 150 g/cm3 zu erwarten. Unter diesen extremen Bedingungen kann im Zentrum der Sonne eine Kernfusion stattfinden, durch die Energie freigesetzt wird. Dabei verschmilzt Wasserstoff zu Helium. Der resultierende Massenverlust wird in Energie E umgewandelt, die aus der Masse m und dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit vc berechnet werden kann (Gleichung (2.1)). Rund 650 Mio. t/s Wasserstoff bilden unter den genannten Bedingungen etwa 646 Mio. t/s Helium; die Massendifferenz von ca. 4 Mio. t/s wird in Energie umgewandelt und in Form von Strahlung im Kern der Sonne freigesetzt. Dass die Wahr-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

61 Coronastrahlen T = 1 Mio. K

la So

rw

Protuberanzen

ind

H

+

H-

Emission

Flammenzungen (Spiculen) T = 10 000 K Kontinuumlicht T = 5 785 K

r

Energietransport durch Konvektion T = 2 Mio. K

r

r

Energietransport durch Gamma- und Rötgenstrahlung T = 4 Mio. K

0,7 r

0,7

0,23

r

H

He 0,23 r

Photosphäre Chromosphäre

H

Kernfusion T = 8 bis 40 Mio. K p = 1011 bar freiwerdende Energie Elektron, e-

Abb. 2.1 Schematischer Aufbau und wichtige Kenngrößen der Sonne (r Radius der Sonne, T Temperatur, p Druck; u. a. nach [2.1])

scheinlichkeit, dass dieser Fusionsprozess im Sonneninneren abläuft, nicht sehr groß ist, wird daran deutlich, dass in den letzten rund 4,5 Milliarden Jahren erst 6 % des Wasserstoffs der Sonne durch eine Kernfusion in Helium überführt wurde. E D m vc2

(2.1)

Diese in der Kernregion der Sonne freigesetzte Energie wird innerhalb der Sonne zunächst durch Strahlung bis zum etwa 0,7-fachen des Sonnenradius transportiert. Die Weiterleitung bis zur Sonnenoberfläche erfolgt dann durch Konvektion; d. h. in dieser Konvektionszone wird die Strahlung via Strömung weitergeleitet (heiße Sonnenmaterie steigt auf in Richtung der Oberfläche der Sonne, kühlt sich dort ab und sinkt dann wieder in Richtung zum Sonnenkern ab, wo sie erneut aufgeheizt wird). Anschließend wird die derart an die Sonnenoberfläche transportierte Energie in den Weltraum abgegeben. Bei diesem die Sonne verlassenden Energiestrom unterscheidet man zwischen Materiestrahlung und elektromagnetischer Strahlung (u. a.. [2.2]).  Die Materiestrahlung besteht aus Protonen und Elektronen, die von der Sonne mit einer Geschwindigkeit von ca. 500 km/s abgegeben werden. Allerdings erreichen nur wenige dieser elektrisch geladenen Teilchen die Erdoberfläche, weil das terrestrische Magnetfeld dies weitgehend verhindert. Diese Tatsache ist für das Leben auf der Erde von besonderer Bedeutung, da diese Materiestrahlung organisches Leben in seiner jetzigen Form nicht erlauben würde.

62

B. Geyer et al.

Abb. 2.2 Ellipsenbahn der Erde um die Sonne (N Norden, S Süden; nach [2.4])

 Die elektromagnetische Strahlung, die im Wesentlichen von der Photosphäre (Abb. 2.1) ausgesendet wird, überdeckt den gesamten Frequenzbereich von der kurzwelligen bis zur langwelligen Strahlung. Diese Abstrahlung der Sonne entspricht etwa der eines schwarzen Körpers. Die flächenspezifische Strahlungsleistung der Sonne GP S kann aus der Temperatur in der Photosphäre (ca. 5 785 K), dem Emissionsgrad und der StefanBoltzmann-Konstante berechnet werden; sie beträgt rund 63;5  106 W/m2 . Die flächenspezifische Strahlungsleistung der von der Sonne abgestrahlten Energie nimmt – werden keine Verluste berücksichtigt – mit dem Quadrat der Entfernung ab. Damit kann die Strahlungsleistung am äußeren Rand der Erdatmosphäre GP O nach Gleichung (2.2) berechnet werden.  ist die Kreiszahl und GP S ist die Strahlungsleistung der Sonne. GP S  dS2 GP O D (2.2)  .2 LSE /2 Geht man vom Durchmesser der Sonne dS bis zur Photosphäre aus (ca. 1;39  109 m) und legt eine mittlere Entfernung zwischen der Sonne und der Erde (LSE ) von etwa 1;5  1011 m zugrunde, errechnet sich am oberen Rand der Erdatmosphäre eine flächenspezifische Strahlungsleistung von ca. 1 370 W/m2 (vgl. [2.1, 2.3]). Dieser Mittelwert wird als Solarkonstante bezeichnet; zwischen verschiedenen Jahren variiert er aufgrund schwankender Sonnenaktivität um deutlich weniger als 1 %. Im Jahresverlauf ist die am Atmosphärenrand ankommende Sonnenstrahlung trotzdem durch deutliche saisonale Unterschiede gekennzeichnet. Ursache ist die Ellipsenbahn, auf der sich die Erde im Verlauf eines Jahres um die Sonne bewegt (Abb. 2.2); demnach ist der

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

63

Solarkonstante in W/m2

1 420

1 400

1 380 Jahresmittelwert

1 360

1 340 Monatsmittelwerte

1 320

u a r u a r M ä r z A p r il J a n Fe b r

Ma

i

Jun

i

i J u l u g u s t m b e r to b e r m b e r m b e r A e pte O k N ov e D e z e S

Abb. 2.3 Solarkonstante im Jahresverlauf (nach [2.1])

Abstand zwischen der Sonne und der Erde etwa zur Zeit der Sommersonnenwende mit rund 152 Mio. km um etwa 5 Mio. km länger im Vergleich zu etwa dem Zeitpunkt der Wintersonnenwende (147 Mio. km). Infolge dieser Ellipsenbahn der Erde um die Sonne ändert sich der Abstand zwischen der Erde und der Sonne ständig. Dabei ist das Perihel definiert als der Punkt auf dieser Umlaufbahn der Erde um die Sonne, an dem die Erde der Sonne am nächsten ist; je nach dem konkreten Jahr wird dieser Punkt um den 3. Januar erreicht (mittlere Schwankungen: 2. bis 5. Januar) (Abb. 2.2). Entsprechend ist das Aphel der Punkt auf dieser Umlaufbahn, an dem die Erde am weitesten von der Sonne entfernt ist; er wird typischerweise am 3. Juli erreicht (auch hier kann dieses Datum zwischen verschiedenen Jahren um einige Tage abweichen). Dadurch schwankt auch die am äußeren Atmosphärenrand der Erde ankommende Solarstrahlung, da die flächenspezifische Strahlungsintensität mit dem Quadrat der Entfernung von der Sonne abnimmt; daraus resultieren die in Abb. 2.3 dargestellten Veränderungen in der Größe der Solarkonstanten. Damit wird die Solarkonstante im Januar mit knapp 1 420 W/m2 maximal aufgrund der etwa am 3. Januar vorliegenden kleinsten Entfernung zwischen Sonne und Erde (Perihel, Abb. 2.2). Umgekehrt nimmt sie um den 3. Juli mit etwas mehr als 1 320 W/m2 ein Minimum an (Aphel). Trotz der höheren Strahlungsintensität am äußeren Atmosphärenrand herrschen im Winter auf der Nordhalbkugel im Schnitt deutlich niedrigere Temperaturen als im Sommer. Dies liegt darin begründet, dass die Rotationsachse der Erde mit der Ebene der Umlaufbahn einen Winkel von 66,5ı bildet (Abb. 2.2). Dadurch ist während des Winterhalbjahres die Südhalbkugel mehr zur Sonne hin ausgerichtet als die Nordhalbkugel. Daraus resultieren hier ein höherer Sonnenstand und eine längere Sonnenscheindauer. Auf die Nordhalbkugel trifft die Sonnenstrahlung dagegen während dieser Jahreszeit bei vergleichsweise (sehr) kurzen Tagen unter einem durchschnittlich flacheren Winkel auf die Erdoberfläche. Die nördlichsten Gebiete verbleiben zeitweise im gesamten Tages-

B. Geyer et al.

Sonnenstand in °

64

Osten

Süden

Westen

Abb. 2.4 Sonnenstandsdiagramm am Beispiel von Köln (50ı 560 N, 06ı 570 O) [2.51]

verlauf auf der sonnenabgewandten Seite. Zur Wintersonnenwende herrscht für alle Orte zwischen 66,5ı N und dem Pol die „Polarnacht“. Entsprechend geht auf der Südhalbkugel südlich von 66,5ı S die Sonne nicht mehr unter („Polartag“). Mit dem weiteren Lauf der Erde um die Sonne ändert sich ihre Position gegenüber dem Zentralgestirn. Für die Nordhalbkugel beginnt die Sonne immer höher zu steigen; umgekehrt werden für die Südhalbkugel die Mittagshöhen zunehmend kleiner. Am 21. März werden beide Pole von der Sonne beschienen. Die Nordhalbkugel ist danach immer mehr zur Sonne hin ausgerichtet; d. h. der mittlere Sonnenstand über dem Horizont erreicht immer größere Höhen. Dies hält bis zur Sommersonnenwende (21. Juni) an. Dann erhellt die Mitternachtssonne die Nordpolargebiete, und in der Antarktis herrscht „ewige Nacht“. In diesem Zusammenhang wird unter dem Solstitium der Zeitpunkt im Verlauf eines Kalenderjahres verstanden, an dem die Sonne zur Mittagszeit (bei wahrer Ortszeit) ihren jeweils höchsten oder tiefsten Stand erreicht.  Auf der Nordhalbkugel steht die Sonne im Sommer am 21./22. Juni (Sommersonnenwende) im nördlichen Wendepunkt (Abb. 2.2), dem sogenannten Solstitialpunkt; auf der Südhalbkugel gilt sinngemäß das Gegenteil.  Im Winter – ebenfalls auf der Nordhalbkugel – steht sie am 21./22. Dezember (Wintersonnenwende) im südlichen Wendepunkt (Abb. 2.2); auf der Südhalbkugel ist es entsprechend umgekehrt. Die in Abb. 2.2 ebenfalls eingezeichnete Solstitiallinie ist damit die Verbindungslinie zwischen den Erdpositionen jeweils zur Sommer- und zur Wintersonnenwende. Aufgrund dieser Zusammenhänge und damit primär wegen der Neigung der Erdachse gegenüber der Ekliptik unterliegt die extraterrestrische solare Einstrahlung in verschiedenen Regionen der Erde teilweise erheblichen jahreszeitlichen Schwankungen. Dies wird auch in Abb. 2.4 deutlich, welche exemplarisch für Köln den Sonnenstand im Jahresverlauf zeigt. Geothermische Energie Der aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche dringende Energiestrom speist sich aus drei verschiedenen Quellen. Zum einen ist dies die im Erdinneren

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

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gespeicherte Energie, die aus der während der Erdentstehung frei gewordenen Gravitationsenergie resultiert; dazu addiert sich der Anteil, der aus der ggf. von davor noch vorhandenen sogenannten Ursprungswärme stammt (darunter ist die Wärme zu verstehen, die noch aus Zeiten von vor der eigentlichen Erdentstehung resultiert). Zum anderen wurde und wird durch den Zerfall radioaktiver Isotope, die in der Erde (insbesondere in der Erdkruste) natürlicherweise enthalten sind, im Verlauf erdgeschichtlicher Zeiträume Wärme freigesetzt. Diese Wärme ist aufgrund der nur begrenzten Wärmeleitfähigkeit der Gesteine zum überwiegenden Teil nach wie vor in der Erde gespeichert. Die Erde entstand vor ungefähr 4,5 Mrd. Jahren durch die schrittweise Zusammenballung von Materie (Gesteinsbrocken, Gase, Staub) innerhalb eines vorhandenen Nebels. Verlief dieser Vorgang am Anfang noch kühl, änderte sich dies durch die immer stärker werdende mechanische Wucht der auftreffenden Materiekörper. Dabei dürfte die beim Aufprall dieser Massen freigesetzte Gravitationsenergie fast vollständig in Wärme umgewandelt worden sein. Gegen Ende dieser Massenzusammenballung nach ca. 200 Mio. Jahren war der oberste Teil der daraus entstandenen Erde abgeschmolzen. Dies führte dazu, dass ein Großteil der freigesetzten Wärme wieder in den Weltraum abgestrahlt wurde. Trotz aller Unsicherheiten über die Massenansammlung und die Energieabstrahlung während dieser Phase beträgt die in der Erde verbliebene Energie immer noch etwa zwischen 15 und 35  1030 J; der kleinere Wert entspricht einer kalten bis warmen, der größere einer warmen bis heißen Ursprungserde. Die Erde enthält radioaktive Elemente (u. a. Uran (U238 , U235 ), Thorium (Th232 ), Kalium (K40 )), welche infolge radioaktiver Zerfallsprozesse über Zeiträume von Millionen Jahren Energie abgeben. Diese in den oberflächennahen Erdschichten natürlich vorkommenden Isotope sind hauptsächlich in der kontinentalen Erdkruste angereichert. Die Massenanteile von Uran bzw. Thorium in Granit z. B. betragen etwa 4,7 bzw. 20 ppm und in Basalt 0,7 bzw. 2,7 ppm. Mit der entsprechenden Halbwertszeit, einer freigesetzten Energie von ca. 5,5 MeV für ein Zerfallsereignis und etwa 6 (Thorium) bzw. 8 (Uran) Zerfällen bis zum Erreichen eines stabilen Zustandes ergibt sich eine Wärmeerzeugung von rund 1 J/(g a). Daraus errechnet sich beispielsweise in granitischen Gesteinen eine radiogene Wärmeproduktionsleistung von ca. 2,5 W/m3 und in basaltischen Gesteinen von etwa 0,5 W/m3 . Der Zerfall solcher natürlicher, langlebiger radioaktiver Isotope in der Erde produziert damit permanent Wärme. Aufgrund derartiger radioaktiver Zerfallsprozesse hat die Erde seit ihrer Entstehung rund 7  1030 J radiogene Wärme erhalten. Die potenzielle radiogene Wärmeproduktion der noch vorhandenen radioaktiven Isotope beträgt etwa 12  1030 J. Diese Zahlen sind jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet, da über die Verteilung der radioaktiven Isotope im Erdinneren bisher nur sehr wenig bekannt ist. Bei einer Addition der heute noch vorhandenen Wärme aus der Erdentstehung bzw. der Ursprungswärme und der schon freigesetzten und infolge des weiteren Zerfalls radioaktiver Isotope noch freisetzbaren Wärme errechnet sich ein Gesamtwärmepotenzial der Erde von 12 bis 24  1030 J; davon befinden sich in der äußersten Erdkruste bis rund 10 000 m Tiefe etwa 1026 J.

66

B. Geyer et al.

Energie aus Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern Die beiden Himmelskörper Erde und Mond kreisen um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Er liegt aufgrund der Massendisproportionalität (die Masse der Erde ist ca. 80 Mal so groß ist wie die des Mondes) zwischen den beiden Himmelskörpern innerhalb des Erdkörpers (Abb. 2.5). Bei der Rotation von Erde und Mond um diesen gemeinsamen Schwerpunkt bewegen sich alle Punkte dieser beiden Himmelskörper auf Kreisen gleichen Radius um diesen Schwerpunkt. Im Erdmittelpunkt ist dabei die Anziehungskraft durch den Mond genau so groß wie die Zentripetalkraft, die für die Kreisbewegung der Erde benötigt wird. Dadurch ergeben sich auf der dem Mond zu- bzw. abgewandten Seite die folgenden Effekte.  Auf der dem Mond zugewandten Seite ist die Anziehungskraft größer; daher versucht alle Materie auf dieser Seite der Erde sich infolge der Massenanziehungskraft zum Mond hin zu bewegen. Dadurch entsteht auf der Erde ein Flutberg, da die globalen Wassermassen vergleichsweise mobil sind und relativ schnell dieser Kraft folgen können; dieser Flutberg wird als Zenitflut bezeichnet. Auf dem offenen Meer machen sich diese Flutberge nur begrenzt bemerkbar; sie sind nicht höher als etwa 50 cm und verteilen sich auf eine Fläche von mehreren tausend Quadratkilometern.  Auf der dem Mond abgewandten Seite ist die Massenanziehungskraft des Mondes demgegenüber kleiner als die Zentrifugalkraft, die infolge der sich drehenden Erde wirkt; hier bewegt sich daher alle Materie auf der Erde vom Mond weg. Das liegt auch daran, dass der Mond und die Erde sich um einen gemeinsamen Massenschwerpunkt drehen. Dadurch entsteht auf der dem Mond abgewandten Seite der Erde ein Flutberg; er wird Nadirflut genannt. Wenn sich auf den beiden gegenüberliegenden Erdseiten infolge dieser physikalischen Effekte jeweils ein Flutberg (Zenitflut und Nadirflut) ausbilden, muss aus den dazwischen Polachse Ebbe

Rotationszeit ca. 27 Tage

Massenanziehungskraft

Fliehkraft Flut

Erdmittelpunkt

Nadirflut

Massen- Flut schwerpunkt

Erd-/MondAchse

Zenitflut

Ebbe

Abb. 2.5 Entstehung von Ebbe und Flut (Darstellung nicht maßstabsgetreu)

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

67

liegenden Gebieten das Wasser abfließen; d. h. dort stellt sich Ebbe ein. In der Summe dieser Effekte resultiert daraus bei den beweglichen Wassermassen auf der Erdoberfläche Ebbe und Flut (Abb. 2.5). Der Erdkörper zieht sich unter der Wirkung dieser Kräfte etwas in die Breite. Die Einstellzeit dieser Deformation, die innerhalb von 24 Stunden ihre Richtung um eine volle Drehung ändern muss, ist aber zu groß, als dass es zu einer vollständigen Ausbildung der sich theoretisch einstellenden Verzerrung kommt. Das Wasser dagegen folgt dieser Deformation, allerdings mit einer geringen Verzögerung aufgrund der inneren Reibung der Wassermassen, der Reibung am Meeresboden, des Anpralls an den Kontinentalrändern und des Eindringens in Meeresengen und -buchten. Diese verzögernden Kräfte führen deshalb zu einer Phasenverschiebung zwischen dem Mondhöchststand und der Flut und damit auch zu einer Bremsung der Erdrotation. Die jeweilige Lage der beiden Flutberge bzw. der entsprechenden Ebbezonen orientiert sich an der Position des Mondes. Dabei dreht sich die Erdkugel täglich einmal in 24 Stunden um die eigene Achse. Dies bedingt, dass das Wasser der Ozeane von der Ebbe- zu den Flutgebieten strömen muss. Zusätzlich bewegt sich der Mond in der gleichen Richtung um die Erde, in der sie sich selbst dreht. Jedoch wandert der Mond während einer Erdumdrehung auf seiner Bahn um die Erde täglich ca. 1/28 weiter; d. h. der Mond braucht 28 Tage, um sich einmal um die Erde zu drehen. Diese Konstellation hat zur Folge, dass es 24 Stunden und 52 min dauert, bis der gleiche Punkt auf der Erde wieder dem Mond zugewandt ist. Damit ist ein „Mondtag“ rund 50 Minuten länger als ein „Sonnentag“. Daraus resultiert die zeitliche Verschiebung der Gezeiten zu dem „Sonnentag“. Diese Energiequelle, die auf der Erde die Gezeiten hervorruft, resultiert also im Wesentlichen aus der Kombination der Bewegung und der Massenanziehung der Himmelskörper Erde und Mond untereinander.

2.1.2

Atmosphäre

Unter der Erdatmosphäre wird die von der Schwerkraft der Erde festgehaltene Gashülle verstanden. Sie wird in verschiedene „Stockwerke“ eingeteilt (Abb. 2.6). Von besonderem Interesse für die Nutzung regenerativer Energien auf der Erdoberfläche sind nur die unteren Schichten; beispielsweise ist für die Windkraftnutzung die Atmosphäre bis zu einer Höhe von allenfalls mehreren 100 m wesentlich. Jedoch wird innerhalb der gesamten Atmosphäre die Sonnenenergie in andere Energieströme umgewandelt, die dann ggf. technisch nutzbar gemacht werden können. Den unteren Atmosphärenbereich bezeichnet man als Troposphäre. Sie ist die eigentlich wetterwirksame Schicht der Atmosphäre, in welcher sich vor allem die Wolken- und Niederschlagsbildung vollzieht. Sie ist im zeitlichen und räumlichen Mittel durch eine Abnahme der Temperatur mit zunehmender Höhe gekennzeichnet. Die Größe dieser Temperaturänderung ist orts- und zeitabhängig. Der Temperaturgradient kann in relativ weiten Grenzen um einen Mittelwert von 0,65 K/100 m schwanken. Unter bestimmten meteoro-

68

B. Geyer et al.

Luftdruck in mbar 10

-7

10

-6

10

-5

10

-4

10

-3

10

-2

10

-1

10

0

10

1

10

2

10

3

160

Temperatur

140

Thermosphäre

Mesopause Mesosphäre Stratopause

Höhe in km

120 100 80

Luftdruck

60 40

Stratosphäre Tropopause Troposphäre

20 0 -200

Mount Everest -100

0

100

200

300

400

Wolken 500

600

700

Temperatur in °C Abb. 2.6 Querschnitt durch die Atmosphäre (Luftdruck: gepunktete Linie; Temperatur: gestrichelte Linie; nach [2.4])

logischen Bedingungen treten auch vertikal eng begrenzte Schichten auf, in denen die Temperatur mit wachsender Höhe nicht ab-, sondern zunimmt. Solche Inversionen treten besonders häufig zwischen 1 000 und 2 000 m Höhe an der planetarischen Grenzschicht (Kapitel 2.3.1) sowie unmittelbar über dem Erdboden („Bodeninversionen“) auf. Die Troposphäre wird durch die Tropopause begrenzt, an die sich die Stratosphäre anschließt. Innerhalb der Stratosphäre wird ein Temperaturmaximum zwischen 40 und 50 km Höhe erreicht. Die nächste Atmosphärenschicht ist die Mesosphäre; sie reicht bis zum nächsten Temperaturextrem, einem Minimum in ca. 80 km Höhe. Über ihr liegt, abgegrenzt durch die Mesopause, die Thermosphäre. Die Atmosphäre setzt sich bis in etwa 100 km Höhe aus einem Gasgemisch zusammen (Tabelle 2.1), dessen Mischungsverhältnis die Definiertheit einer chemischen Verbindung hat. Dieses Gasgemisch ist – speziell in der Troposphäre – zeitlich und örtlich stark wechselnd mit Wasserdampf vermischt und von Aerosolen durchsetzt. Die Grundmasse, trockene reine Luft, besteht aus einem Gemisch von Gasen, die unter atmosphärischen Bedingungen nicht in die flüssige oder feste Phase übergehen können (d. h. permanente Gase), weil ihre Verflüssigungs- bzw. Erstarrungstemperaturen weit unterhalb der in der Atmosphäre vorkommenden Temperaturen liegen. Neben den Hauptbestandteilen Stickstoff (N2 ) und Sauerstoff (O2 ) sind darin zu geringen Anteilen noch Argon (Ar) und Kohlenstoffdioxid (CO2 , umgangssprachlich auch als Kohlendioxid bezeichnet) enthalten. Zusätzlich kommen Spuren von weiteren Edelgasen wie Neon (Ne), Helium (He), Krypton (Kr) und Xenon (Xe) sowie geringe Anteile an Ozon (O3 ) und Was-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

69

Tabelle 2.1 Zusammensetzung der Luft (nach [2.4], aktualisiert) Zeitlich und räumlich konstante Bestandteile Stickstoff (N2 ) 78,08 Vol.-%; 75,53 Massen-% Sauerstoff (O2 ) 20,95 Vol.-%; 23,14 Massen-% Argon (Ar) 0,93 Vol.-%; 1,28 Massen-% Weitere Edelgase (He, Ne, Kr, Xe) Spuren Zeitlich und räumlich veränderbare Bestandteile Wasserdampf (H2 O) je nach meteorologischen Gegebenheiten bis zu 4 % Kohlenstoffdioxid (CO2 ) 0,04 Vol.-%; 0,06 Massen-%; Tendenz steigend Beimengungen Gase Ozon (O3 ) aus der Hochatmosphäre Radon (Rn) aus radioaktiver Bodenatmung Schwefeldioxid (SO2 ) z. B. aus Vulkanen, postvulkanischen Aktivitäten Kohlenstoffmonoxid (CO) oxidiert kurzfristig zu Kohlenstoffdioxid (CO2 ) Methan (CH4 ) z. B. aus Tiermägen, Faulprozessen Kohlenwasserstoffe von Pflanzen abgegeben Aerosole Gasaerosole aus Gasreaktionen (Sulfate, Nitrate u. a.) Staub u. a. Wüsten-, Steppen- oder Vulkanstaub Pflanzenasche aus Wald- und Steppenbränden Meersalz beim Brechen der Wellenkämme in Luft übergehend Biomasse Mikroorganismen, Pollen Massen-% Massenprozent; Vol.-% Volumenprozent.

serstoff (H2 ) in der Atmosphäre vor. Vor allem die zwei Letztgenannten variieren in ihren Anteilen zeitlich und örtlich (u. a. [2.3, 2.4, 2.10, 2.11]). In den letzten Jahrzehnten hat der Anteil an Kohlenstoffdioxid (CO2 ) in der Atmosphäre deutlich zugenommen (Abb. 2.7). Dieser Anstieg resultiert u. a. aus der Nutzung fossiler Energieträger (Öl, Gas, Kohle). Aber CO2 ist außer einem wesentlichen Produkt der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Energieträger auch ein Treibhausgas; d. h. es hat die physikalische Eigenschaft, dass es wenig transparent ist für Infrarotstrahlung. Trifft nun die von der Sonne kommende Energie in Form von kurzwelliger Strahlung auf die Erdoberfläche (die Atmosphäre ist für kurzwellige Strahlung weitgehend transparent), wird sie dort in langwellige Wärmestrahlung umgewandelt. Sie kann dann – bei einem steigenden CO2 -Anteil in der Atmosphäre – immer weniger zurück in das Weltall abgegeben werden, denn mit einem zunehmenden Anteil an Treibhausgasen in der Atmosphäre – CO2 ist das hier wesentliche klimawirksame Spurengas, das im wesentlichen infolge der Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzt wurde und wird – wird diese für die von der Erdoberfläche abgegebene langwellige Wärmestrahlung immer intransparenter. In der Summe resultiert daraus, dass sich die Erde langsam erwärmt. Dieser physikalische Zusammenhang wird auch als anthropogener Treibhauseffekt bezeichnet (anthropogen D vom Menschen gemacht).

Abb. 2.7 Veränderung der CO2 -Konzentration in der Atmosphäre (dunklere Linie: Jahresmittelwerte; hellere Linie: Monatsmittelwerte; Daten nach [2.52])

B. Geyer et al. CO2-Anteil in der Atmosphäre in ppm

70

2.1.3 Bilanz der Energieströme Die Energie, die aus den drei primären regenerativen Energiequellen Solarstrahlung, Erdwärme sowie Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern stammt, kommt auf der Erde in verschiedenen Erscheinungsformen (z. B. Wärme, fossile Energieträger, Biomasse) vor bzw. ruft unterschiedliche Wirkungen hervor (z. B. Wellen, Verdunstung, Niederschlag). Zu den Primärenergiequellen zählen neben den regenerativen Energieströmen aus Sonne, Erdwärme sowie Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern als nicht regenerative Energiequelle die Energie, die aus Atomkernen entweder über eine Fusion kleinerer in größere Kerne (potenziell während der Erdentstehung) oder eine Spaltung größerer in kleinere Kerne (bei dem in der Erdkruste natürlicherweise vorhandenen Inventar an spaltbarem Material) in Form von Strahlung bzw. daraus resultierend als Wärme verfügbar ist. Der Energiestrom von der Sonne – er kommt in Form primär kurzwelliger Strahlung auf die Erde – ist Ursache für eine Vielzahl von weiteren Energieerscheinungsformen bzw. Wirkungen. Aus dieser auf die Erde auftreffenden solaren Strahlung sind im Laufe der vergangenen Jahrmillionen u. a. die fossil biogenen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas entstanden. Sie bilden zusammen mit der Energie aus den Atomkernen (d. h. den fossil mineralischen Energieträgern wie beispielsweise Wasserstoff für die Kernfusion bzw. Uran für die Kernspaltung) die nicht regenerativen Energien bzw. Energieträger, die heute als (begrenzter) Energievorrat auf der Erde vorhanden und potenziell nutzbar sind (wenn dem nicht ökologische Aspekte entgegenstehen sollten). Alle anderen der Menschheit zur Verfügung stehenden Optionen sind erneuerbare Energien bzw. Energieträger. Ein Teil der gegenwärtig von der Sonne auf die Erde eingestrahlten Energie wird innerhalb der Atmosphäre umgewandelt und ist letztlich u. a. für Verdunstung und Niederschlag, Wind und Wellen verantwortlich. Die auf der Erde ankommende Globalstrahlung erwärmt u. a. die Meere und die Erdoberfläche; daraus resultieren beispielsweise Meeresströmungen und das Pflanzenwachstum. Neben diesen Erscheinungsformen zählen zu

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

71 Abstrahlung

Sonnenstrahlung 5,6 ∙ 1024 J/a = 100 %

Atmosphärenobergrenze Reflexion an Wolken, Aerosolen usw. 23 % Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern

Gezeiten

0,002 % Absorption in der Lufthülle 23 %

Erdoberfläche

7 % Reflexion

47 % 0,02 %

Erdwärme 14 %

0,009 %b

33 %

Biomasse 0,1 %

5,4 % 2,9 %

6,1 %

12,5 %

2,7 %

Meere

17,8 %

Kontinente

Energiereserven fossil biogen ca. 32,9 ∙ 1021 J fossil mineralisch ca. 4,4 ∙ 1024 Ja

Strahlung 17,9 % Verdunstung 20,7 % Konvektion 8,8 %

Abb. 2.8 Energiebilanz der Erde (a exemplarisch nur Kernspaltung mit Brütertechnologie (1,5 TJ/kg Uran), zusätzlich wäre auch eine – hier nicht dargestellte – Fusion möglich; b Weltprimärenergieverbrauch an fossil biogenen und fossil mineralischen Energieträgern von rund 517 EJ im Jahr 2018 [2.6]; verändert nach [2.53, 2.54])

den regenerativen Energien auch die Erdwärme sowie die Gezeitenenergie, die auf die Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern zurückzuführen ist. Da die Erde sich annähernd in einem energetischen Gleichgewichtszustand befindet, muss der zugeführten Energie eine entsprechend gleich große Abgabe gegenüberstehen. Diese Energiebilanz des Energiesystems „Erde“ zeigt Abb. 2.8. Der mit Abstand größte Teil der pro Jahr auf der Erde umgesetzten Energie stammt demnach von der Sonne (über 99,9 %). Die aus der Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern und aus der Erdwärme resultierenden Energieströme liefern zusätzlich nur etwa 0,022 %; d. h. sie sind im globalen Energiesystem nahezu vernachlässigbar (dies kann aber bei einer konkreten Nutzung an einem definierten Standort anders sein). Durch den weltweiten Primärenergieverbrauch aus der Nutzung der fossil biogenen und der fossil mineralischen Energiereserven und -ressourcen kommen jährlich weitere rund 0,009 % bzw. ca. 517 EJ (2018) hinzu [2.6]. Jährlich strahlt die Sonne etwa 5;6  1024 J auf die Erde. Davon werden etwa 23 % an Wolken, Aerosolen usw. sowie der Atmosphäre selbst wieder zurück in den Weltraum reflektiert. Die verbleibenden Anteile dringen weiter in die Atmosphäre ein. Ein größerer Teil davon erreicht die Erdoberfläche, während ein kleinerer Teil in der Atmosphäre ab-

72

B. Geyer et al.

sorbiert wird. Von der die Erdoberfläche erreichenden Strahlung wird zunächst ein kleiner Teil (im Mittel etwa 7 %) wieder direkt zurück in die Atmosphäre reflektiert; dieser Anteil ist insbesondere in den Wüsten- oder Eisgebieten der Erde deutlich höher. Der überwiegende Teil der die Erdoberfläche erreichenden Strahlung steht hier u. a. für Verdunstung, Konvektion und Erwärmung zur Verfügung. Sie wird dazu in langwellige Wärmestrahlung gewandelt und als diese wieder in den Weltraum abgestrahlt. Ein geringer Teil wird über den Photosyntheseprozess in organische Substanz (Biomasse) umgewandelt; Biomasse ist damit natürlicherweise gespeicherte Sonnenenergie. Dies gilt grundsätzlich auch für warmes Meerwasser, das ebenfalls die eingestrahlte Sonnenenergie über gewisse Zeiträume speichern und durch die Meeresströmungen auch regional und global transportiert werden kann. Damit besteht näherungsweise ein Gleichgewichtszustand zwischen der zu- und abgeführten Energie auf der Erdoberfläche. Die zugeführte Energie ist dabei geringfügig größer, da ein Teil der Energie in Form von Biomasse gespeichert wird; wird diese organische Substanz nicht in absehbarer Zeit wieder (natürlicherweise) biologisch abgebaut, verbrannt oder anderweitig umgewandelt, kann sie im Verlauf geologischer Zeiträume in fossil biogene Energieträger (d. h. Kohle, Öl, Gas) umgewandelt werden; dies betrifft z. B. das im Meer gebildete Plankton, das teilweise auf den Meeresgrund absinkt und sich dort einem schnellen natürlichen biologischen Abbau entzieht. Auch kann mit der Nutzung der fossil biogenen und fossil mineralischen Energieträger kurzfristig mehr Energie freigesetzt werden, als letztlich aus den beschriebenen regenerativen Energieströmen der Erde zugeführt wird. Hinzu kommt, dass durch die steigenden Anteile an Kohlenstoffdioxid (CO2 ), das durch die Verbrennung von Kohlenstoff fossilen Ursprungs gebildet wurde, und weiteren Treibhausgasen (z. B. Methan (CH4 )) in der Atmosphäre zunehmend mehr Wärmeenergie in der Atmosphäre gespeichert wird.

2.2 Solare Strahlung Martin Kaltschmitt, Wolfgang Streicher und Beate Geyer Ein Teil der von der Sonne auf die Erde eingestrahlten Energie trifft auf die Erdoberfläche direkt in Form von Strahlung. Deshalb werden im Folgenden die wichtigsten Grundlagen des solaren Strahlungsangebots und wesentliche Eigenschaften, die aus Sicht einer potenziellen technischen Nutzung relevant sind, diskutiert.

2.2.1

Grundlagen

Die von der Sonne auf den äußeren Rand der Erdatmosphäre auftreffende Solarstrahlung kann – aufgrund der Beschaffenheit und Zusammensetzung der Atmosphäre – diese nur

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

73 Kurzwellige Radiowellen können die Atmosphäre durchdringen.

Durchlässigkeit der Atmosphäre

Für Gammastrahlen, Das auf der Infrarotstrahlung Röntgenstrahlen und Erde sichtbare wird durch Gase in ultraviolettes Licht ist Licht wird z. T. der Atmosphäre die Atmosphäre un- in der Atmosphä- überwiegend durchlässig. re absorbiert. absorbiert. 100 %

Langwellige Radiowellen werden von den Luftschichten zurückgehalten.

50 %

0% 0,1 nm 1 nm 10 nm 100 nm 1 μm 10 μm 100 μm 1 mm

1 cm

1 dm

1m

10 m

100 m 1 km

Wellenlänge

Abb. 2.9 Durchlässigkeit der Atmosphäre für Solarstrahlung (verändert nach [2.8]) RadioLangwelle RadioKurzwelle

Gammastrahlung Röntgenstrahlung

kosmische Höhenstrahlung

Fenster I

hohe Energie 10

mittel- und langwelliges ultraviolett

0,3 0,29

Mikrowelle Radar

-12

10

violett

0,4 0,38

blau

grün

-6

10

gelb

0,5 0,44

Fenster II

0,6

-2

1

rot

0,7

0,57

niedrige Energie 10

2

10 6 Wellenlänge in m

kurzwelliges infrarot

5 0,78 Wellenlänge in μm

Abb. 2.10 Atmosphärische Fenster der Atmosphäre (nach [2.9])

z. T. durchdringen und auf die Erdoberfläche auftreffen (Abb. 2.9); d. h. die Atmosphäre ist für die aus dem Weltall auf den äußeren Rand der Atmosphäre auftreffende extraterrestrische Strahlung oft undurchlässig bzw. nur teildurchlässig; letzteres ist in zwei Wellenlängenbereichen der Fall (sogenannte atmosphärische Fenster; Abb. 2.10). Atmosphärische Fenster Im optischen Wellenlängenbereich zwischen etwa 3,45 und 4,1 m sowie zwischen 8,2 und 13,0 m (Fenster I) und im Wellenlängenbereich von 102 bis 102 m (Fenster II) kann die extraterrestrische Strahlung die Atmosphäre teilweise oder vollständig passieren (sogenannte atmosphärische Fenster der Atmosphäre; Abb. 2.10). Von diesen beiden Bereichen ist für die Solarenergienutzung aus Leistungsgründen nur das Fenster I von Bedeutung. Der wesentliche Teil dieses atmosphärischen Fensters umfasst den Bereich des sichtbaren Lichts von 0,38 bis 0,78 m (Abb. 2.9 und 2.10).

74

B. Geyer et al.

Strahlungsschwächung Innerhalb der Atmosphäre erfährt die Strahlung eine Schwächung; dies wird als Extinktion bezeichnet. Hierbei sind verschiedene Mechanismen wirksam (u. a. [2.3, 2.10, 2.11]).  Streuung. Unter Streuung versteht man die Ablenkung der Strahlung aus ihrer Einfallsrichtung ohne Energieübertragung und damit ohne Energieverlust für die Strahlung; d. h. es kommt ausschließlich zu einer Richtungsänderung (Abb. 2.11). Eine derartige Streuung erfolgt u. a. an Luftmolekülen, Wassertröpfchen, Eiskristallen und Aerosolpartikeln. Dabei wird zwischen der Rayleigh- und der Mie-Streuung unterschieden. Bei der Rayleigh-Streuung handelt es sich um eine Streuung an Teilchen mit Radien, die wesentlich kleiner sind als die Wellenlänge des einfallenden Lichts (z. B. Luftmoleküle). Die Mie-Streuung erfolgt an Teilchen, die Radien im Bereich der Wellenlänge des einfallenden Lichts und größer haben (z. B. Aerosolpartikel). Je größer die Teilchen werden, an denen das Sonnenlicht gestreut wird, desto stärker streuen sie in Vorwärtsrichtung. Die Mie-Streuung geht dann in eine Beugung über.  Absorption. Aus physikalischer Sicht wird unter Absorption die Aufnahme von elektromagnetischen Wellen durch einen absorbierenden Stoff verstanden. Da dieser Stoff die absorbierte Solarstrahlung bzw. Energie nicht (vollständig) „behält“, wird sie – typischerweise umgewandelt in andere Energieformen – wieder an die Umgebung (hier: die Atmosphäre) abgegeben; i. Allg. wird die Sonnenenergie dabei in Wärme umgewandelt. Eine derartige Absorption der eintreffenden Solarstrahlung kann beispielsweise an Aerosol-, Wolken- und Niederschlagspartikeln erfolgen. Zusätzlich ist auch eine selektive Gasabsorption möglich (d. h. eine Absorption der Solarstrahlung an bestimmten gasförmigen Bestandteilen der Atmosphäre); hier werden bestimmte Spektral- bzw. Wellenlängenbereiche der solaren Strahlung von bestimmten Gasen absorbiert. Dies gilt insbesondere für Ozon (O3 ) und Wasserdampf (H2 O); Ozon beispielsweise absorbiert nahezu vollständig den Spektralbereich von 0,22 bis 0,31 m. Kohlenstoffdioxid (CO2 ) absorbiert demgegenüber die solare Strahlung nur minimal.

Sonne

Partikelabsorption (z. B. Aerosol-, Wolken-, Niederschlagspartikel) Selektive Gasabsorption (z. B. Ozon, Wasserdampf)

Direktstrahlung

Wärmestrahlung

Rayleigh-Streuung (z. B. Luftmoleküle)

Mie-Streuung (z. B. Aerosolpartikel) Diffusstrahlung Erdoberfläche

Abb. 2.11 Weg der Solarstrahlung durch die Atmosphäre einschließlich der dort wirksamen Schwächungseffekte

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

75

Diese Schwächung der Solarstrahlung durch Streuung und / oder Absorption wird durch den Transmissionsfaktor G beschrieben (Gleichung (2.3)); er enthält summarisch alle Schwächungseffekte, die innerhalb der Atmosphäre auf die an der äußeren Hülle der Atmosphäre ankommende solare Globalstrahlung ausgeübt werden. GP G ist dabei die Globalstrahlung und GP O die Solarkonstante. GP G D GP O G

(2.3)

Der Transmissionsfaktor G setzt sich aus den verschiedenen beschriebenen Schwächungsmechanismen zusammen; d. h. er bestimmt sich aus dem Transmissionsfaktor der Rayleigh-Streuung RS , dem der Mie-Streuung MS und dem der Gasabsorption GA sowie der Partikelabsorption PA (Gleichung (2.4)). G D RS MS GA PA

(2.4)

Strahlungsspektrum Infolge der Strahlungsschwächung innerhalb der Erdatmosphäre verändert sich das Energieverteilungsspektrum des Sonnenlichts auf dem Weg vom Weltall zur Erdoberfläche. Abb. 2.12 zeigt das Spektrum der Sonnenstrahlung vor und nach dem Durchgang durch die Atmosphäre.

2 500

Strahlungsleistung in W/(m 2 μm)

theoretische Strahlung eines schwarzen Körpers bei 5 700 °C Sonnenstrahlung außerhalb der Atmosphäre

2 000

von Bestandteilen der Atmosphäre hauptsächlich reflektierter Teil der Energie

O3 O2

1 500

Sonnenstrahlung nach Durchgang durch die Atmosphäre O2

1 000 Absorptionsbanden

O3 H2O H2O

500

0

0 ultraviolett

0,4 sichtbar

rot

blau grün gelb

H2O H2O

0,8

1,2

1,6

2

nahes infrarot

CO 2

2,4

2,8

3,2

fernes infrarot

Wellenlänge in μm

Abb. 2.12 Energieverteilungsspektren der Sonnenstrahlung vor und nach dem Durchgang durch die Erdatmosphäre (u. a. nach [2.3])

76

B. Geyer et al.

Infolge der beschriebenen Schwächungsvorgänge innerhalb der Lufthülle der Erde zeigt die Energieverteilung der Sonnenstrahlung, welche die Erdoberfläche erreicht, die folgenden charakteristischen Eigenschaften.  Der meteorologisch bedeutsame Spektralbereich liegt bei 0,3 bis 3 m; auf diesen Bereich entfallen etwa 96 % der gesamten extraterrestrischen Sonnenstrahlung.  Das Energiemaximum liegt im sichtbaren Spektralbereich bei 0,5 bis 0,6 m (grünes bis gelbes Licht); das liegt darin begründet, dass entsprechend der Oberflächentemperatur der Sonne von knapp 5 800 K das rechnerische Maximum der Strahlung bei etwa 0,5 m liegt (deshalb hat in diesem grünen Bereich das menschliche Auge seine höchste spektrale Empfindlichkeit, da es von der Evolution an dieses Strahlungsmaximum angepasst wurde).  Mit abnehmender Wellenlänge (d. h. im ultravioletten Bereich) kommt es zu einer raschen Abnahme der Strahlungsleistung, da diese sogenannte UV-Strahlung in den oberen Schichten der Atmosphäre durch Ozon weitgehend absorbiert wird; nur etwa 6 % der gesamten auf die Erdoberfläche auftreffenden Solarstrahlung ist ultraviolette Strahlung.  Bei zunehmender Wellenlänge (d. h. im infraroten Bereich) geht die Strahlungsleistung langsamer zurück. Dabei wird die infrarote Strahlung vornehmlich durch Absorption vom in der Atmosphäre enthaltenem Wasserdampf und von Aerosolpartikeln geschwächt; daraus resultieren die in Abb. 2.12 erkennbaren ausgeprägten Bandlücken im Strahlungsspektrum.  In bestimmten Wellenlängenbereichen sind tiefe Einbrüche in der Energieverteilungskurve vorhanden („dunkle Bereiche“). Sie werden durch die selektive Absorption des Sonnenlichtes an einzelnen Atmosphärenbestandteilen hervorgerufen. Direkt-, Diffus- und Globalstrahlung Die Streuungsmechanismen innerhalb der Atmosphäre bewirken, dass auf die Erdoberfläche letztlich diffuse und direkte Strahlung auftrifft. Unter Direktstrahlung wird dabei die direkt von der Sonne kommende und an einem bestimmten Punkt auftreffende Strahlung verstanden (Abb. 2.13). Bei der Diffusstrahlung handelt es sich demgegenüber um Strahlung, die durch Streuung in der Atmosphäre entsteht und einen bestimmten Empfangspunkt indirekt erreicht (Abb. 2.13). Die Summe aus Direktstrahlung GP Dr und Diffusstrahlung GP Df , jeweils bezogen auf die horizontale Empfangsfläche, wird als Globalstrahlung GP G bezeichnet (Gleichung (2.5)). Die Diffusstrahlung GP Df setzt sich dabei aus der in der Atmosphäre gestreuten Strahlung und aus der von der Umgebung und den Wolken reflektierten Strahlung zusammen. GP G D GP Df C GP Dr

(2.5)

Bei Berechnungen der an einem bestimmten Punkt auftreffenden Globalstrahlung muss damit zwischen direkter und diffuser Strahlung unterschieden werden, da sie mit einem unterschiedlichen mittleren Einfallswinkel auf eine bestimmte Empfangsfläche

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.13 Aufteilung der Globalstrahlung in Direkt- und Diffusstrahlung

77

Sonne

Wolken Streuung an Molekülen in der Atmosphäre

Streuung an Partikeln in der Atmosphäre

Direktstrahlung

Diffusstrahlung Empfangsfläche

Globalstrahlung (gesamte auf eine Empfangsfläche auftreffende Strahlung)

Erdoberfläche

(z. B. Oberfläche eines Solarkollektors) eintreffen. Die von der Umgebung auf eine definierte Empfangsfläche reflektierte Strahlung hat dabei oft nur eine geringe Bedeutung; im Winter (Reflexionen an Eis und / oder Schnee) oder im Gebirge / in Wüstengebieten (größere, glatte und reflektierende Oberflächen) kann die reflektierte Strahlung aber auch größere Anteile an der Globalstrahlung einnehmen. Der Anteil der Diffus- bzw. Direktstrahlung an der gesamten an einem bestimmten Punkt auftreffenden Globalstrahlung ist tages- und jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Abb. 2.14 zeigt deshalb jeweils beispielhaft den Jahresgang der Direkt-, der Diffus- und der Globalstrahlung an einem Standort in Nord- und in Süddeutschland. Demnach übersteigt in den mitteleuropäischen Breiten im Jahresdurchschnitt der diffuse Strahlungsanteil den direkten Anteil erheblich. In den Wintermonaten besteht die Globalstrahlung fast ausschließlich aus Diffusstrahlung. Im Sommer nimmt der Anteil der direkten Strahlung jedoch deutlich zu.

Abb. 2.14 Jahresgang der Diffus-, der Direkt- und der Globalstrahlung (Summe aus Direkt- und Diffusstrahlung) in Schleswig (links) und Stuttgart (rechts) (Mittelwerte der Jahre 1989 bis 2018; Daten nach [2.5])

78

B. Geyer et al.

Direktstrahlung auf geneigte, ausgerichtete Flächen Die auf eine geneigte Empfangsfläche auftreffende direkte Sonnenstrahlung wird durch den Einfallswinkel bestimmt (Abb. 2.15). Dieser wiederum ist abhängig von der Ausrichtung und dem Ort dieser Empfangsfläche sowie vom aktuellen Sonnenstand. Es gilt Gleichung (2.6). cos

D .cos ˛ sin '  cos ' cos ˇ sin ˛/ sin ı C .sin ' cos ˇ sin ˛ C cos ˛ cos '/ cos ı cos !S t

(2.6)

C sin ˇ sin ˛ cos ı sin !S t Dabei sind ˛ der Neigungswinkel, ˇ der Azimutwinkel (Abweichung von der Südausrichtung), ' der Breitengrad, ı die Sonnendeklination und !St der Stundenwinkel der Sonne (Abb. 2.16). Der Stundenwinkel liegt bei Sonnenhöchststand bei 0ı und ist vormittags positiv bzw. nachmittags negativ. !St kann mit Hilfe der wahren Ortszeit (WOZ, in Stunden (h), Gleichung (2.7)), die sich aus der gesetzlichen Zeit GZ ergibt, nach Gleichung (2.8) berechnet werden.   0 WOZ D GZ C 15ı =h  C 0;0066 C 7;3525 cos.J 0 C 85;9ı / C 9;9359 cos.2J 0 C 108;9ı /  C 0;3387 cos.3J 0 C 105;2ı / h (2.7) !S t D .WOZ  12;00 h/15ı =h J 0 D 360ı

Tag des Jahres Zahl der Tage im Jahr

Abb. 2.15 Geometrische Zusammenhänge der Sonneneinstrahlung auf geneigte, nach Süden ausgerichtete Empfangsflächen (nach [2.1])

(2.8) (2.9)

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

79

Abb. 2.16 Stundenwinkel und Deklination im ortsfesten äquatorialen Koordinatensystem (in Anlehnung an [2.71], verändert)

J 0 ist dabei die Nummer des betrachteten Tages des Jahres (1 . . . 365) (Gleichung (2.9)) im Jahresverlauf, 0 ist der Bezugsmeridian (15ı bei mitteleuropäischer Zeit (MEZ), 30ı bei mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ)) und  der Längengrad des Standortes der Empfangsfläche. Die Sonnendeklination ı, die den Winkelabstand des Sonnenhöchststandes vom Himmelsäquator beschreibt, berechnet sich nach Gleichung (2.10). Sie nimmt Werte zwischen 23;45ı zur Winter- und C23;45ı zur Sommersonnenwende an. ı D 23;45 cos

2 .J C 10/ 365;25

(2.10)

Liegt die Empfangsfläche für die Strahlung horizontal, vereinfacht sich Gleichung (2.6) zu Gleichung (2.11). Dann kann der Zenitwinkel z wie folgt berechnet werden. cos

z

D sin ' sin ı C cos ' cos ı cos !S t

(2.11)

Die Umrechnung der solaren Direktstrahlung auf die geneigte, nach einer bestimmten Himmelrichtung ausgerichteten Empfangsfläche GP Dr;g;a erfolgt aus der auf die horizontale Empfangsebene auftreffenden Direktstrahlung GP Dr mit Hilfe des Strahlungseinfallswinkels , dem Neigungswinkel bezüglich der Horizontalebene ˛, dem Sonnenazimutwinkel ˇ und der Ausrichtung der Flächennormalen bezüglich der Himmelsrichtung  nach Gleichung (2.12). GP Dr;g;a D GP Dr .sin

cos ˛  sin ˛ cos

sin .ˇ  //

(2.12)

Diffusstrahlung auf geneigte, ausgerichtete Flächen Die Umrechnung des diffusen Anteils der Solarstrahlung auf die geneigte und ausgerichtete Fläche GP Df;g;a (Abb. 2.17)

80 Abb. 2.17 Diffusstrahlung auf die geneigte Empfangsfläche

B. Geyer et al. Sonne

Moleküle Direktstrahlung

Moleküle Partikel

Reflexionskörper

Diffusstrahlung

α Erdoberfläche

Neigungswinkel der Empfangsfläche

ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die zudem stark orts- und zeitabhängig sind und auch kurzfristig starken Veränderungen unterliegen können; diese Umrechnung ist daher i. Allg. nicht geschlossen analytisch darstellbar. Deshalb wird häufig vereinfachend unterstellt, dass die Diffusstrahlung gleichmäßig im Raum verteilt sei (was allerdings in der Realität nicht der Fall ist). Unter dieser Prämisse trifft sie aus allen Richtungen zu gleichen Teilen auf einen bestimmten, definierten Punkt auf der Erdoberfläche (isotropes Modell). Sie errechnet sich unter dieser stark vereinfachten Randbedingung aus der Diffusstrahlung auf die horizontale Fläche GP Df und dem Neigungswinkel der Empfangsfläche gegen die Horizontalebene ˛ nach Gleichung (2.13). 1 GP Df;g;a D GP Df .1 C cos ˛/ 2

(2.13)

Die Annahme einer isotropen Strahlungsverteilung beschreibt jedoch nur eingeschränkt die tatsächlichen Gegebenheiten; ist die Atmosphäre bei starker und gleichmäßiger Bewölkung nur von diffuser Strahlung erfüllt, ist es trotzdem im Bereich um den jeweiligen Sonnenstand meist heller als am übrigen Himmel. Dies wird in Gleichung (2.14) berücksichtigt, bei der von einem gleichmäßig im Raum verteilten isotropen Strahlungsanteil ausgegangen wird, dem ein sogenannter circumsolarer Anteil überlagert wird (vgl. [2.1, 2.12, 2.13]). GP Df;g;a ist wieder der diffuse Anteil der Solarstrahlung, der auf die geneigte und ausgerichtete Fläche auftrifft, GP Df die Diffusstrahlung auf die horizontale Fläche, GP Dr;g;a die solare Direktstrahlung auf die geneigte, nach einer bestimmten Himmelrichtung ausgerichteten Empfangsfläche, GP O die Strahlungsleistung am äußeren Rand der Erdatmosphäre (d. h. Solarkonstante), ˛ der Neigungswinkel und der Strahlungseinfallswinkel. !! ! P Dr;g;a P Dr;g;a G G 1 cos GP Df;g;a D GP Df 1 (2.14) .1 C cos ˛/ C 2 GP O GP O cos .90ı  ˛/ Reflexionsstrahlung auf geneigte, ausgerichtete Flächen Ein gewisser Anteil der in der Umgebung einer geneigten und ausgerichteten Empfangsfläche auftreffenden Globalstrahlung wird auf diese geneigte und ausgerichtete Empfangsfläche reflektiert (GP R;g;a ).

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

81

Bei horizontaler Umgebung kann er aus der Albedo AG (d. h. dem Verhältnis von reflektierter zu eingefallener Globalstrahlung), der Globalstrahlung auf die horizontale Empfangsfläche GP G und dem Neigungswinkel bezüglich der Horizontalen ˛ nach Gleichung (2.15) berechnet werden. GP R;g;a D AG GP G sin2 .˛=2/

(2.15)

Die Albedo hängt von den Bedingungen an dem betrachteten Standort ab. Entsprechende Werte bewegen sich z. B. bei Schnee zwischen 0,7 und 0,9, bei Sand zwischen 0,25 und 0,35 sowie bei Wald- und Ackerflächen zwischen 0,1 und 0,2. Globalstrahlung auf geneigte, ausgerichtete Flächen Die auf eine geneigte und ausgerichtete Fläche, beispielsweise die Oberfläche eines Photovoltaikmoduls, auftreffende Globalstrahlung setzt sich aus der ankommenden Direkt- (GP Dr;g;a , Gleichung (2.12)) und Diffusstrahlung (GP Df;g;a , Gleichung (2.13) bzw. (2.14)) sowie der von der Umgebung auf diese Empfangsfläche reflektierte Strahlung (GP R;g;a , Gleichung (2.15)) zusammen. Die gesamte auf eine orientierte Fläche auftreffende Globalstrahlung GP G;g;a errechnet sich damit nach Gleichung (2.16). GP G;g;a D GP Dr;g;a C GP Df;g;a C GP R;g;a

2.2.2

(2.16)

Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik

Strahlungsmessung Um die kurz- und langwelligen Strahlungsflüsse durch die Atmosphäre bestimmen zu können, stehen eine Reihe verschiedener Messgeräte zur Verfügung. Dabei wird zwischen Relativ- und Absolutgeräten unterschieden (u. a. [2.3, 2.4, 2.10, 2.11]). Soll die Strahlungsenergie absolut gemessen werden, muss die eingestrahlte Energie zunächst in eine messbare Größe konvertiert werden. Bei den meisten derartigen Strahlungsmessgeräten wird deshalb die Strahlungsenergie von einer geschwärzten Fläche absorbiert und dabei in Wärme umgewandelt. Dadurch steigt die Temperatur dieser schwarzen Fläche an. Entsprechend wird dann eine der eingestrahlten Sonnenenergie entsprechende Wärmemenge pro Zeiteinheit durch Wärmeleitung im Instrument oder an die Luft durch Temperaturstrahlung abgegeben; bei konstanter Solarstrahlung stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein. Die resultierende Temperaturerhöhung ist damit ein Maß für die Strahlungsenergie. Derartige Relativgeräte müssen in regelmäßigen Abständen geeicht werden. Für die Messung der direkten Sonnenstrahlung (d. h. des Direktstrahlungsanteils der Globalstrahlung) werden Pyrheliometer (früher auch als Aktinometer bezeichnet) verwendet. Hierbei wird von zwei gleichen geschwärzten dünnen Flächen eine der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt. Durch die eingestrahlte Energie erwärmt sie sich. Die andere,

82

B. Geyer et al.

nicht bestrahlte Fläche, wird mit Hilfe elektrischer Energie auf die Temperatur der bestrahlten Fläche erwärmt. Die Wärmeentwicklung ist dabei proportional dem Quadrat der angelegten Stromstärke. Damit ist die Stromstärke äquivalent zu der absorbierten solaren Strahlungsenergie. Pyrheliometer werden normal zur einfallenden Strahlung ausgerichtet und sind so konstruiert, dass nur die Direktstrahlung auf die Empfangsfläche trifft; dies ist beispielsweise durch eine Positionierung der Fläche in einer Röhre technisch möglich. Die Globalstrahlung kann mithilfe von Pyranometern gemessen werden. Hier dient als Empfangsfläche eine Thermosäule, deren Gegenlötstellen thermisch mit dem Gehäuse verbunden sind. Der durch die Erwärmung der bestrahlten Fläche entstehende Temperaturunterschied erzeugt eine Spannung, die ein Maß für die Globalstrahlung ist. Um Witterungseinflüsse auf die Messung zu verhindern, wird die Empfangsfläche je nach zu messendem Wellenlängenbereich mit Kalotten aus unterschiedlichem Material geschützt. Für die Messung der kurzwelligen Strahlungsflüsse werden beispielsweise Halbkugeln aus Quarzglas, der lang- und kurzwelligen Strahlungsflüsse Kalotten aus Lupolen und der langwelligen Strahlungsflüsse Siliziumhalbkugeln verwendet. Die Pyranometer werden meist horizontal ausgerichtet. Wird der direkte Anteil der Globalstrahlung z. B. durch einen Schattenring oder durch getrackte Schattenkugeln ausgeblendet, kann man mit diesen Geräten auch die Diffusstrahlung messen. Durch Überkopfaufhängung kann der reflektierte Anteil gemessen werden. Zur Ermittlung der Strahlungsbilanz wird ein Pyranometer für den oberen und den unteren Halbraum benötigt. Je nach Art der Abdeckung kann die Bilanz in verschiedenen spektralen Bereichen ermittelt werden. Oft wird lediglich nur die Sonnenscheindauer gemessen. Sie wurde früher z. B. durch einen Sonnenscheinautographen nach Campbell-Stokes erfasst; hier entsteht durch eine Konzentration der auftreffenden Solarstrahlung mittels einer Glaskugel auf einem in eine Kalotte eingelegten Papierstreifen ein Brennstreifen. Heute werden Sonnenscheinsensoren verwendet, welche die Andauerzeiten von Strahlungswerten >120 W/m2 aufzeichnen. Räumliche Strahlungsverteilung Weltweit und innerhalb Deutschlands wird an einer Vielzahl von Standorten die Globalstrahlung gemessen. Werden diese gemessenen Strahlungswerte, die als stündliche, tägliche oder monatliche Mittelwerte vorliegen, jeweils über das Jahr aufsummiert und die langjährigen Mittelwerte gebildet, erhält man das an diesem Standort durchschnittlich zu erwartende Strahlungsangebot. Die Verteilung dieses langjährigen mittleren solaren Strahlungsangebots im globalen Kontext bzw. innerhalb des deutschsprachigen Raums zeigen die Abb. 2.18 und 2.19. Global werden demnach die höchsten Globalstrahlungssummen in den Wüstengebieten der Erde gemessen, die nördlich und südlich an die Tropen angrenzen. Hier können Werte von mehr als 2 200 kWh/m2 erreicht werden, da durch eine hier meist klare, wolkenlose und durch menschliche Aktivitäten wenig belastete Atmosphäre die am äußeren Atmosphärenrand auftreffende Solarstrahlung nur wenig geschwächt wird und die ankommende Strahlung trifft in weiten Teilen des Jahres vergleichsweise senkrecht auf eine horizontale Empfangsfläche auf. Verglichen damit sind die mittleren Strahlungssummen im

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

83

Abb. 2.18 Durchschnittliche Globalstrahlungssummen im globalen Kontext (nach [2.14])

Abb. 2.19 Verteilung der langjährigen Mittelwerte der Globalstrahlungssummen im deutschsprachigen Raum (nach [2.15])

84

B. Geyer et al.

Tropengürtel der Erde z. T. merklich geringer; dies liegt an der hier oft deutlich stärkeren Bewölkung und der damit auch größeren Strahlungsschwächung in der die Erde umgebenden Lufthülle. Richtung Norden und Süden nimmt dann die jährlich durchschnittlich eingestrahlte Globalstrahlung sukzessive ab, da mit zunehmendem Abstand vom Äquator die mittlere Strahlungsleistung und der mittlere Sonnenstand über dem Horizont abnimmt. In Deutschland ist der Süden durch das höchste solare Strahlungsangebot gekennzeichnet; in Norddeutschland werden – mit Ausnahme der Nord- und Ostseeinseln – z. T. deutlich geringere Strahlungssummen gemessen. Ursache für das höhere Strahlungsangebot in Süddeutschland ist zum einen die südlichere Lage und damit die größere Nähe zum Äquator mit der damit verbundenen höheren durchschnittlichen Strahlungsleistung. Zum anderen ist hier im Durchschnitt die Wolkenbedeckung geringer. Beides zusammen hat eine höhere Direktstrahlung und eine längere durchschnittliche Sonnenscheindauer zur Folge. Im langjährigen Mittel variiert die Globalstrahlungssumme aufgrund der regionalen Unterschiede zwischen unter 1 000 und über 1 200 kWh/(m2 a).

2

300 250

minutenmittlere Leistung in W/m

m inutenm ittler e Leistung in W/m

2

Zeitliche Variationen Das solare Globalstrahlungsangebot, das sich aus dem Direktund Diffusanteil zusammensetzt, ist an einem bestimmten Standort erheblichen zeitlichen Schwankungen unterworfen, die teils deterministischer und teils stochastischer Natur sind. Abb. 2.20 verdeutlicht diese zeitliche Variabilität des solaren Strahlungsangebots anhand der gemessenen Globalstrahlungsleistungen an einem Standort in Norddeutschland.

Stundengang

200 150 100

10

5

15

20

25 30 35 Zeit in Minuten

40

45

50

55

200 150 100

0

60

2

stundenmittlere Leistung in W/m

2

stundenm ittler e Leistung in W/m

0

300 250 200

Tagesgang

150 100

Stundengang 0

5

10

15

20

25 30 35 Zeit in Minuten

40

45

50

55

60

300 250

Tagesgang

200 150 100 50

50 0

m o n at s- b z w . t a g e s m it t le r e L e i s t u n g i n W/ m 2

0

250

50

50 0

300

6

3

9

300

12 15 Zeit in Stunden

18

21

24

0

0

3

6

9

12 15 Zeit in Stunden

18

21

24

Jahresgang

250 200 150 100 50 0

0

30

60

90

120

150

180 210 Zeit in Tagen

240

270

300

330

360

Abb. 2.20 Jahresgang sowie Tages- und Stundenganglinien gemessener Globalstrahlungsleistungen am Beispiel eines Standorts in Norddeutschland (nach [2.5])

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.21 Monatssummen der Globalstrahlung an unterschiedlichen Standorten auf der Erde (Daten nach [2.72])

85

300

Globalstrahlung in kWh/m²

2

250

200 150 100

50

Würzburg Kapstadt

0 Jan

Feb Mär Apr Mai Jun

Jakarta Amman Jul

Aug Sep Okt Nov Dez

Der Jahresgang der tagesmittleren Strahlungsleistungen ist dabei durch ein geringes Strahlungsangebot in den Wintermonaten und ein merklich höheres Angebot im Verlauf des Sommers gekennzeichnet. Die beiden exemplarisch dargestellten Tagesgänge der stundenmittleren Strahlungsleistung (30. Januar bzw. 30. Oktober) verdeutlichen, wie dieses Strahlungsangebot im Verlauf eines Tages verteilt sein kann. Die zeitabhängige Charakteristik der flächenspezifischen Strahlungsleistung des Januartages war beispielsweise ganztägig durch einen bedeckten Himmel bestimmt; die fast ausschließlich vorliegende diffuse Strahlung ist durch geringe Leistungen in Kombination mit einer nur sehr schwach ausgeprägten Variation im Zeitverlauf gekennzeichnet. Der 30. Oktober dagegen war weitgehend wolkenlos. Nur der Einbruch der Globalstrahlung um die Mittagszeit deutet auf durchziehende Wolkenfelder hin. Der zusätzlich dargestellte Verlauf der minutenmittleren Strahlungsleistungen zur Mittagszeit bestätigt, dass der Januartag durch einen gleichmäßig bedeckten Himmel mit daraus resultierender geringer, nur wenig variierender Sonneneinstrahlung geprägt war. Demgegenüber war an dem Oktobertag die Sonneneinstrahlung durchweg höher und entsprechend größeren Unterschieden infolge der variierenden Bewölkung unterworfen. Das solare Strahlungsangebot ist auch zwischen verschiedenen Jahren durch deutliche Unterschiede gekennzeichnet. Abb. 2.21 zeigt für unterschiedliche Standorte auf der Nord- und Südhalbkugel exemplarisch den durchschnittlichen Jahresgang. Deutlich wird, dass praktisch an jedem Ort ein mehr oder weniger ausgeprägter Jahresgang erkennbar ist und damit merkliche jahreszeitliche Unterschiede vorhanden sind, die u. a. vom lokalen Klima und der geografischen Lage beeinflusst werden. Aus der Darstellung geht auch hervor, dass der Jahresgang umso ausgeprägter ausfällt, je größer die Entfernung des Standortes vom Äquator ist; konsequenterweise zeigen deshalb die Standorte in Äquatornähe die geringsten jahreszeitlichen Unterschiede. Gut erkennbar ist auch der spiegelbildliche Verlauf des Jahresgangs der Solarstrahlung auf der Nord- und der Südhalbkugel infolge der Ekliptik der Erde. Während beispielsweise Würzburg in Deutschland im Juni / Juli maximale Werte zeigt, werden diese in Kapstadt in Südafrika in diesen Monaten minimal; und im Dezember / Januar wird ein genau umgekehrtes Verhalten deutlich.

86

B. Geyer et al.

Abb. 2.22 Jahressummen der Globalstrahlung an vier unterschiedlichen Standorten in Deutschland zwischen 1980 und 2018 (Daten nach [2.16])

Zusätzlich zeigt Abb. 2.22 die Jahressummen der Globalstrahlung für vier Standorte in Deutschland im Verlauf der letzten Jahrzehnte. Außerdem sind für diesen Zeitraum das Mittel der Globalstrahlung, die zugehörige Standardabweichung sowie die aufgetretene minimale und maximale Globalstrahlungssumme gezeigt. Aus der Darstellung lassen sich u. a. die folgenden Schlüsse ziehen.  Von den dargestellten Standorten zeigt die südlichste Station Hohenpeißenberg im langjährigen Jahresmittel mit rund 1 170 kWh/m2 die größte Globalstrahlungssumme, während in Schleswig, dem nördlichsten Standort in Abb. 2.22, die geringste mittlere Jahressumme der Globalstrahlung (ca. 970 kWh/m2 ) zu verzeichnen ist. Die hohe Strahlungssumme auf dem Hohenpeißenberg ist allerdings nicht nur auf die im Vergleich zu den anderen Standorten südlichste Lage zurückzuführen, sondern liegt auch in der exponierten Lage dieser Messstation (Bergstation) begründet.  Der Verlauf der Globalstrahlungssummen an den verschiedenen Standorten zeigt oft Ähnlichkeiten. Beispielsweise wurden 1987 an allen dargestellten Standorten deutlich unterproportionale Strahlungssummen im Jahresverlauf gemessen; entsprechend waren 2018 die Strahlungssummen – mit Ausnahme von Würzburg – merklich überproportional. Nichtsdestotrotz kommen auch Jahre vor, an denen die Jahressummen der Globalstrahlung völlig unkorreliert sind; dies ist dann vermutlich auf den starken Einfluss lokaler meteorologischer Effekte zurückzuführen.  Die Standardabweichungen der Jahressummen der Globalstrahlung an den vier in Abb. 2.22 dargestellten Standorten bezogen auf den jeweiligen Mittelwert der Globalstrahlungssummen erlauben Aussagen im Hinblick auf die Berechnung des durch-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

87

Abb. 2.23 Monatsmittlere Globalstrahlungssummen an vier Standorten in Deutschland (Mittelungszeitraum 1961 bis 1998, Daten nach [2.16])

schnittlich zu erwartenden solaren Energieertrags. Dabei wird deutlich, dass die Standardabweichungen an den vier Stationen relativ ähnlich sind. Innerhalb Deutschlands ist somit die relative Standardabweichung der Globalstrahlungsjahressummen näherungsweise unabhängig von der Jahressumme der Globalstrahlung. Dies gilt grundsätzlich nicht nur für die Standardabweichungen, sondern auch für die relativen Abweichungen der Minimal- und Maximalwerte vom jeweiligen Mittelwert. Abb. 2.23 zeigt den Verlauf der Monatssummen der Globalstrahlung im langjährigen Mittel ebenfalls am Beispiel ausgewählter Messstationen. In Anlehnung an Abb. 2.22 sind auch hier die Mittelwerte, die Standardabweichungen sowie die Minimal- und Maximalwerte dargestellt. Neben den jahreszeitlichen Unterschieden des solaren Strahlungsangebots aufgrund des saisonal unterschiedlichen mittleren Sonnenstandes über dem Horizont sind i. Allg. die Sommermonate durch größere Schwankungen im Solarstrahlungsangebot als die Wintermonate gekennzeichnet. Deutlich wird auch, dass die Unterschiede der Globalstrahlungs-Monatssummen zwischen Dezember bzw. Januar und Juni bzw. Juli erheblich sind. Typischerweise zeigt sich im Mittel ein Unterschied um rund den Faktor 10; d. h. in den Sommermonaten wird im Monatsmittel rund das 10-fache an Globalstrahlung auf einen definierten Empfangspunkt (z. B. Photovoltaikmodul) eingestrahlt im Vergleich zu den Wintermonaten. Dies liegt u. a. an den kürzeren Tagen im Winterhalbjahr im Ver-

88

B. Geyer et al.

Abb. 2.24 Mittlerer Tagesgang der solaren Strahlung an einem Standort in Norddeutschland (Insel Norderney, Niedersachsen) und in Süddeutschland (Hohenpeißenberg, Bayern) (Daten nach [2.16])

gleich zum Sommerhalbjahr, dem dann zusätzlich durchschnittlich flacheren Sonnenstand über dem Horizont (und der dadurch stärkeren Strahlungsschwächung bei Durchgang der Solarstrahlung durch die Atmosphäre) und der oft stärkeren Bewölkung (siehe unten). Abb. 2.23 macht auch deutlich, dass bei den nördlicheren Standorten die höchsten Monatssummen der Globalstrahlung im Juni und bei den beiden südlicheren Orten im Juli im Verlauf des dargestellten Zeitraums gemessen wurden. Das solare Strahlungsangebot ist zusätzlich durch einen ausgeprägten Tagesgang gekennzeichnet. Abb. 2.24 zeigt am Beispiel zweier Standorte in Deutschland für verschiedene Monate den monatsmittleren Tagesgang der stundenmittleren Strahlungsleistungen im 10-jährigen Durchschnitt. In der Darstellung wird der bekannte typische Tagesverlauf mit einem Anstieg des solaren Strahlungsangebots in den Morgenstunden, einem Maximum zur Mittagszeit und einem Rückgang in den Nachmittags- und Abendstunden deutlich. Dabei sind in den Sommermonaten die Strahlungsmaxima, der tägliche Strahlungszeitraum sowie damit die insgesamt von den Kurven eingeschlossenen Flächen, welche die täglich eingestrahlte Energie wiedergeben, am höchsten. Im Winter sind sie entsprechend gering. Dies erklärt auch die in Abb. 2.23 deutlich werdenden jahreszeitlichen Unterschiede der monatsmittleren Globalstrahlungssummen (siehe oben). Der typische Jahresgang sowie die unterschiedlichen Tagesgänge im Frühjahr, im Sommer, im Herbst und im Winter resultieren überwiegend aus der Schieflage der Erdrotationsachse gegenüber der Sonne (ca. 23,5ı Abweichung von der Vertikalen auf der Ebene der Umlaufbahn, Abb. 2.2). Dadurch bedingt, liegt der mittlere Sonnenstand über dem Horizont im Winter deutlich niedriger als im Sommer. Zusätzlich sind deshalb auch die Zeitspannen, in denen die Sonne überhaupt die Gebietsfläche Deutschlands oder Mittel-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

89

Abb. 2.25 Monatsmittlerer Tagesgang des Sonnenstandes (links) und monatsmittlere Bedeckungsgrade (rechts) im Jahresverlauf an einem süddeutschen Standort (Daten nach [2.16])

europas im Tagesverlauf während der Wintermonate bescheint, kürzer als im Sommer. Dies wird in Abb. 2.25 deutlich; die linke Seite dieser Grafik zeigt den stundenmittleren Sonnenstand über dem Horizont im Monatsdurchschnitt an einem Standort in Süddeutschland. Für die Wintermonate ist sowohl der kurze Zeitraum, in dem die Sonne überhaupt über dem Horizont steht, als auch der im Vergleich zum Sommer niedrigere Sonnenstand über dem Horizont erkennbar. Dies ändert sich im Sommer, da dann die Nordhalbkugel der Sonne zugewandt ist. Da die Schwächung der Solarstrahlung innerhalb der Erdatmosphäre in erster Näherung proportional dem Strahlungsweg durch die Lufthülle ist, erreicht im Sommer wegen des höheren mittleren Sonnenstands und damit des durchschnittlich kürzeren Strahlungswegs ein größerer Teil der überhaupt auf die Gebietsfläche Deutschlands am oberen Atmosphärenrand eintreffenden Strahlung auch letztlich die Erdoberfläche. Zusätzlich dazu ist die Strahlungsabsorption bzw. -reflexion in der Atmosphäre abhängig vom Wassergehalt in der Atmosphäre und damit von der Bedeckung; d. h. Wasser, das sich in den Luftschichten beispielsweise in Form der Wolken befindet, absorbiert solare Strahlung. Die Bedeckung ist jedoch aufgrund der meteorologischen Gegebenheiten, wie sie in Deutschland bzw. in Mitteleuropa i. Allg. vorherrschen, deutlichen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Abb. 2.25, rechts, zeigt deshalb die Auftrittswahrscheinlichkeit bestimmter Bedeckungsgrade im Monatsmittel an einem süddeutschen Standort. Die Bedeckungsgrade, die ein meteorologisches Maß für die Bewölkung darstellen, bewegen sich zwischen 0 (wolkenlos) und 8/8 (vollständig bedeckt). Bei einem Vergleich der in Abb. 2.25, rechts, dargestellten Auftrittswahrscheinlichkeiten wird deutlich, dass im Mittel der Himmel in den Wintermonaten deutlich stärker bedeckt ist als im Sommer. Diese Aussage lässt sich vom Grundsatz her im Durchschnitt auch auf andere Standorte und Jahre übertragen. Zusammengenommen ist folglich der Winter im Vergleich zum Sommer sowohl durch kürzere Sonnenscheindauern und geringe Strahlungseinfallswinkel als auch im Durchschnitt durch eine überproportionale Bedeckung und damit Strahlungsschwächung in der Atmosphäre gekennzeichnet.

90 Wintertag

1000

Stund emittlere Leis tun g in W/m²

Abb. 2.26 Deterministischer und stochastischer Anteil der Solarstrahlung schematisch für einen Standort in Süddeutschland (MEZ Mitteleuropäische Zeit, MESZ Mitteleuropäische Sommerzeit; Theo. Theoretisches; Tatsächl. Tatsächlicher; nach [2.5])

B. Geyer et al. Sommertag

800

Stochastischer Anteil

600

Deterministischer Anteil

400

Theo. Maximum Tatsächl. Verlauf Theo. Minimum

200

4

8

12

16

Zeit in h (MEZ)

20 4

8

12

16

20

Zeit in h (MESZ)

Beeinflusst u. a. durch die dargestellten Zusammenhänge setzt sich die Globalstrahlung aus einem deterministischen und einem stochastischen Anteil zusammen. Beide Anteile sind z. T. erheblichen jahres- und tageszeitlichen Unterschieden unterworfen.  Unter ersterem ist der Anteil der Strahlung zu verstehen, der an einem bestimmten Standort auf jeden Fall zu erwarten ist (d. h. der Diffusstrahlungsanteil, der bei vollständiger Bedeckung im Verlauf des gesamten Tages eingestrahlt wird).  Unter letzterem wird der Anteil subsumiert, der zwischen dem deterministischen Anteil und der natürlicherweise maximal möglichen Strahlung (d. h. maximal mögliche Strahlung bei vollständig klarem Himmel während des gesamten Tages) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Abb. 2.26 zeigt beispielhaft den Verlauf der minimal und maximal möglichen stundenmittleren Strahlungsleistung (d. h. Strahlungsleistung bei völlig klarem bzw. vollständig bedecktem Himmel) an einem Standort in Süddeutschland für die Tage der Winter- und der Sommersonnenwende. Außerdem enthält die Grafik exemplarisch einen Verlauf der solaren Strahlungsleistung, wie er realistischerweise an einem derartigen Tag auftreten könnte. Demnach ist die Bandbreite, innerhalb der die Solarstrahlung während der Tagstunden variieren kann, sehr groß; umgekehrt wird darin der doch beachtliche Einfluss der Bedeckung auf die Strahlungsleistung deutlich. Außerdem bestätigt die Grafik auch die erheblichen Unterschiede in der stundenmittleren Strahlungsleistung zwischen den verschiedenen Jahreszeiten. Die Stochastik der Solarstrahlung wird erheblich von den aktuellen groß- und kleinräumigen meteorologischen Gegebenheiten beeinflusst. Diese Variationen sind daher an unterschiedlichen nahe beieinander liegenden Zeitpunkten voneinander abhängig. So beeinflusst die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegende Bedeckung erheblich die Be-

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.27 SonnenwegsDiagramm für Standorte mit 48ı nördlicher Breite mit exemplarisch eingezeichnetem Horizont (nach [2.19])

91 21. Jun 21. Mai/Jul 21. Apr/Aug 21. Mar/Sep 21. Feb/Okt 21. Jan/Nov 21. Dez Horizont

90 80 12h

70

Sonnenhöhe in °

2

21.Jun 10h

60

14h

50

21.Mar/Sept

8h

40

16h

Horizont

30 6h

20

18h 21.Dez

10 0 -180

Nord

-135

-90

Ost

-45

0

Süd Azimut in °

45

90

West

135

180

Nord

deckung in der Atmosphäre in der darauffolgenden Stunde. Dieser Einfluss geht aber mit zunehmender zeitlicher Distanz immer weiter zurück. Dies gilt auch für die räumliche Abhängigkeit; die Bedeckung an unterschiedlichen, geografisch nahe beieinander liegenden Orten ist in Abhängigkeit von den lokalen Bedingungen über die groß- und kleinräumigen Zusammenhänge innerhalb der Atmosphäre gekoppelt. Zur Beurteilung eines konkreten Standortes z. B. für die Installation einer Solaranlage muss zusätzlich auch die Abschattung der direkten Sonneneinstrahlung u. a. durch Berge, Gebäude und Bäume berücksichtigt werden. Hierzu werden sogenannte SonnenwegsDiagramme (Abb. 2.27) verwendet. In derartigen Diagrammen ist für einen bestimmten Breitengrad für den 21. Tag jeden Monats die Sonnenhöhe (d. h. der Winkel zwischen der Sonneneinstrahlung und der Horizontalen) über dem Sonnenazimut (hier: der Abweichung des Sonnenstandes von der Südrichtung) aufgetragen. Zusätzlich ist noch die zugehörige Uhrzeit (Ortszeit) für den jeweiligen Sonnenstand angegeben. In ein solches Sonnenwegs-Diagramm können nun die „Umrisse“ umliegender Erhöhungen eingezeichnet werden. Anschließend kann dann die für die Abschattung relevante Jahres- und Tageszeit abgelesen werden. Beispielsweise kann damit für ein Haus, das z. B. hohe passive Solarerträge erzielen soll, ermittelt werden, wie es zur optimalen Nutzung der Sonnenstrahlung aufgestellt werden sollte, damit die Abschattung in den Zeiten, während denen die Sonnenenergie genutzt werden soll, möglichst gering ist. Entscheidend für den Energieertrag einer Solaranlage ist auch ihre Ausrichtung. Abb. 2.28 zeigt deshalb die monatliche Globalstrahlungssumme auf unterschiedlich ausgerichtete Flächen. Demnach trifft auf nach Süden ausgerichtete senkrechte Flächen in der Heizperiode die höchste Strahlung aller senkrechten Flächen und außerhalb der Heizperiode eine geringere Einstrahlung als auf senkrechte Ost / West-Flächen. Auf senkrechte Nordflächen trifft während der Heizperiode nur diffuse Strahlung. 45ı nach Süden geneigte Dachflächenfenster haben im Sommer eine sehr hohe Einstrahlung und im Winter ähnelt die Einstrahlung der, die auf die senkrechte Südwand auftrifft. Deshalb haben z. B. Wintergärten mit nach Süden ausgerichteter Schrägverglasung oft Überhitzungspro-

B. Geyer et al.

Abb. 2.28 Globalstrahlung auf unterschiedlich ausgerichtete senkrechte (Nord, Ost, Süd, West), 45ı geneigte (Süd 45ı ) und horizontale sowie zweiachsig nachgeführte Flächen für Mitteleuropa (Klima Graz; nach [2.19])

Monatliche Einstrahlung in kWh/m²

92 250

zweiachsig nachgeführt 200 horizontal 150

Süd 45°

Ost

West

100 Süd 50

Nord

0

Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

bleme während der Sommermonate, wenn die Verglasung über keine Außenverschattung verfügt. Die oberste Linie zeigt das Maximum einer zweiachsig nachgeführten Fläche. Im Winter trifft auf die senkrechte Südfläche nur geringfügig weniger Solarstrahlung.

2.3

Umgebungswärme

Wolfgang Streicher und Martin Kaltschmitt Elektromagnetische Strahlung, wie sie beispielsweise von der Sonne kommt, durchdringt reine Atmosphärenluft zu einem überwiegenden Anteil (Abb. 2.12). Durch die auf die Erdoberfläche auftreffende und dort absorbierte Solarstrahlung erwärmt sich diese. Die hier in Wärme / thermische Energie umgewandelte Sonnenenergie wird dann teilweise wieder an die bodennahen Luftschichten abgegeben und heizt diese auf. Damit wird die Lufttemperatur in den bodennahen Atmosphärenschichten bestimmt durch den konvektiven Wärmeübergang mit der Erdoberfläche. Deshalb werden im Folgenden zuerst die theoretischen Grundlagen der hierbei auftretenden Energieflüsse dargestellt und in weiterer Folge die entsprechenden Außentemperaturen und deren zeitliche und räumliche Verteilung beschrieben.

2.3.1 Grundlagen Die physikalischen Vorgänge der Absorption von elektromagnetischer Strahlung (d. h. der kurzwelligen Solarstrahlung) an Festkörpern und der anschließenden Speicherung in Form von Wärme ist Voraussetzung zur konvektiven Wärmeabgabe an die bodennahen Luftschichten. Bei diesem Energiewandlungsvorgang spricht man auch von photothermischer Wandlung. Dabei wird unter der Absorption allgemein das Aufnehmen einer Welle (z. B. elektromagnetische Wellen, wie sie die Solarstrahlung darstellt) in einen Körper oder ei-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

93

nen Stoff verstanden. Infolge dieser Absorption an der Oberfläche eines Körpers wird die Energie der elektromagnetischen Welle in innere Energie dieses Körpers umgewandelt. Dies äußert sich in einem Temperaturanstieg an der Oberfläche. Durch Wärmeleitung innerhalb des Körpers wird die absorbierte Wärme in dem entsprechenden Körper verteilt und ggf. dort gespeichert. Steigt die Temperatur des Körpers über die Temperatur der umgebenden Luft, wird diese Wärme wieder über Wärmestrahlung, Konvektion und Wärmeleitung an die Umgebung abgegeben. Damit strebt ein derartiges System im Verlauf längerer Zeiträume immer ein Gleichgewicht an, bei dem der Wärmeeintrag durch Absorption und die Wärmeabgabe an die Umgebungsluft gleich groß sind; infolge der Speicherwirkung des Bodens und des Wassers kann es zu zeitlichen (und bei Ozeanen infolge der Meeresströmungen auch zu räumlichen) Variationen zwischen Wärmeein- und -austrag kommen. Nachfolgend werden die wesentlichen Prozesse, die diese Energiebilanz der Erdoberfläche bestimmen, in Bezug auf den Einfluss auf die Außentemperatur diskutiert. Absorption und Reflexion Trifft elektromagnetische Strahlung (z. B. Solarstrahlung) auf die Oberfläche eines nicht-transparenten (opaken) Körpers, wird ein Teil absorbiert und der verbleibende Anteil reflektiert. Der absorbierte Anteil führt dabei zu einer Erwärmung der Oberfläche dieses Körpers; dies entspricht einer Speicherung. Abb. 2.29 zeigt die durch diese Vorgänge an der Oberfläche eines nicht für solare Strahlung transparenten Festkörpers (z. B. Boden) sich ergebende Aufteilung der auftretenden Energieströme.  Die absorbierte Strahlung kann mithilfe des Absorptionsgrades ˛ berechnet werden. Hier wird er nach Gleichung (2.17) definiert als das Verhältnis der von einem Körper / einem Material absorbierten (GP˛ ) zur auf den Körper / das Material einfallenden Strahlung (GPG ). GP ˛ ˛D (2.17) GP G

Abb. 2.29 Aufteilung der Energieströme an der Oberfläche eines bestrahlten opaken Körpers

Solarstrahlung

Reflexion Absorption

Wärmeleitung

Speicherung

opaker Festkörper Umgebungsluft

 Die reflektierte Strahlung berechnet sich mittels des Reflexionskoeffizienten . Er ist entsprechend Gleichung (2.18) festgelegt als das Verhältnis der von einem Körper /

94

B. Geyer et al.

einem Material reflektierten (GP ) zu der auf den Körper / das Material einfallenden Solarstrahlung (GPG ). Ist die Reflexion rein diffus, wie es bei nicht verspiegelten Körpern der Fall ist, wird der Reflexionskoeffizient auch Albedo (AG ) genannt. D

GP  GP G

(2.18)

Aufgrund der Energieerhaltung ist die Summe des Absorptionsgrades ˛ und des Reflexionskoeffizienten  beim bestrahlten opaken Körper immer gleich eins (Gleichung (2.19); [2.2]). ˛ C  D 1 bzw:

˛ D1

(2.19)

25

8,0 7,0

T = 5 500 ° C Sonne

20

T = 15 ° C Erdoberfläche

6,0 5,0

15

4,0 3,0 2,0 1,0

10

5

0

0,0 0,1

Strahlungsintensität des schwarzen Körpers bei 15 ° C in W/(m² μm)

9,0

violett 0,38 μm sichtbares Licht rot 0,75 μm

Strahlungsintensität des schwarzen Körpers bei 5 500 ° C in 107 W/(m² μm)

Strahlungsemission Jeder Körper / jede Materie steht mit seiner / ihrer Umgebung (z. B. den umgebenden Flächen) in einem Strahlungsaustausch. Dabei steigt die abgegebene Strahlungsleistung mit der Temperaturdifferenz zwischen dem Körper (hier: Absorber) und den Umgebungsflächen. Das Wellenlängenspektrum und die Strahlungsleistung der abgegebenen Strahlung eines Körpers selber ist dabei abhängig von der Temperatur des jeweiligen Körpers / der jeweiligen Materie (hier: Absorber); generell gilt, dass je höher die Temperatur des Körpers ist, desto kurzwelliger und damit energiereicher wird das Strahlungsspektrum. Abb. 2.30 zeigt exemplarisch den Vergleich zwischen emittierter Strahlungsintensität und Wellenlängenspektrum eines idealen schwarzen Körpers bei knapp 5 800 K (d. h. ca. 5 500 ı C; dies entspricht annähernd der Temperatur, die auf der Sonne dort vorherrscht,

1

10

100

Wellenlänge in μm

Abb. 2.30 Strahlungsspektrum und Intensität von zwei schwarzen Körpern unterschiedlicher Temperatur (linke Kurve und linke Achse: Sonne 5 500 ı C (knapp 5 800 K) mit eingezeichnetem Bereich des sichtbaren Lichtes; rechte Kurve und rechte Achse: mittlere Erdoberflächentemperatur 15 ı C; T Temperatur)

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

95

wo die Solarstrahlung emittiert wird; siehe Kapitel 2.2) und einem Körper mit 288 K Oberflächentemperatur (d. h. 15 ı C; dies entspricht der mittleren Temperatur der Erdoberfläche). Ebenfalls ist der Bereich des sichtbaren Lichtes im Solarspektrum zwischen 0,38 und 0,75 m Wellenlänge eingezeichnet; d. h. die höchste solare Strahlungsintensität ist im Bereich des sichtbaren Lichtes gegeben. Aus der Kirchhoff’schen Regel, die besagt, dass in einem bestimmten Knotenpunkt eines Netzwerkes die Summe der dort zufließenden Ströme gleich der Summe der dort abfließenden Ströme ist, folgt, dass der Absorptionsgrad eines Körpers gleich dem Emissionskoeffizienten bei gleicher Wellenlänge sein muss. Dabei kann u. a. zwischen schwarzen, grauen und farbigen Körpern unterschieden werden.  Ein schwarzer Körper absorbiert die einfallende Solarstrahlung vollständig (Absorptionsgrad ˛ über alle Wellenlängen gleich eins) und wärmt sich dabei auf. Der Emissionskoeffizient " ist ebenfalls über alle Wellenlängen eins (Gleichung (2.20)). Da die von einem Körper / von Materie emittierte Strahlung von der Oberflächentemperatur des Körpers / der Materie zur vierten Potenz abhängt, ist die einfallende Solarstrahlung wesentlich größer als die emittierte Strahlung der Erdoberfläche. Durch die zusätzliche Wärmeabgabe über Konvektion und Wärmeleitung kommt es aber bereits bei relativ geringen Körperübertemperaturen zur Umgebung zu einem Ausgleich der aufgenommenen und abgegebenen Energieströme. ˛"1

(2.20)

 Ein grauer Körper absorbiert nur einen Teil der einfallenden Strahlung; es liegt aber keine Abhängigkeit der Absorption von der Wellenlänge  vor. „Graue“ Materie mit einem hohen Absorptionsgrad ˛ in einem bestimmten Wellenlängenbereich – und damit bei einer bestimmten Temperatur T – zeigt im gleichen Wellenlängenbereich bzw. bei der gleichen Temperatur T auch einen hohen Emissionskoeffizienten " [2.2]. Hier gilt Gleichung (2.21). ˛ .T / D " .T /

(2.21)

 Farbige Körper absorbieren über die im Solarspektrum vorhandenen unterschiedlichen Wellenlängen  unterschiedlich viel Strahlungsenergie. Unter diesen Bedingungen gilt Gleichung (2.22). ˛ .; T / D " .; T /

(2.22)

Die emittierte (d. h. abgegebene) Wärmestrahlung eines Körpers I " kann bezogen werden auf die Emission des schwarzen Körpers I ";schwarz . Dieses Verhältnis ist dann der Emissionskoeffizient " (Gleichung (2.23)). "D

I" I";schwarz

(2.23)

96

B. Geyer et al.

Der emittierte Wärmestrom qP" ist proportional zur vierten Potenz der Temperatur T. Folglich hängt der Energieaustausch zwischen einem Körper K / einer Materie K und den ihn umgebenden Flächen U von der Temperaturdifferenz der jeweiligen Temperaturen zur vierten Potenz ab und lässt sich für einen grauen Körper nach Gleichung (2.24) darstellen [2.2]. Hierbei ist " der äquivalente Emissionskoeffizient beider Flächen zueinander sowie T K und T U die Temperaturen (in K) des Körpers K / der Materie K und der jeweils ihn umgebenden Gegenstrahlungsfläche U;  ist die Stefan-Boltzmann-Konstante (5;67  108 W=.m2 K4 /). F K;U ist der Sichtwinkel, unter dem sich die jeweils im Strahlungsaustausch befindlichen Flächen „sehen“. Wird der emittierte Wärmestrom beispielsweise ohne weitere Hindernisse (z. B. Bäume) gegen den Himmel abgestrahlt, ist der Sichtwinkel in diesem Fall eins.   qP".K;U / D FK;U "  TK4  TU4

(2.24)

Der äquivalente Emissionskoeffizient " ergibt sich z. B. bei zwei großen gegenüber liegenden parallelen Flächen i und j nach Gleichung (2.25). "D

1 1 "i

C

1 "j

1

(2.25)

Feste Körper / feste Materie, die Solarenergie absorbieren (hier: primär die Bodenoberfläche), verhalten sich i. Allg. wie farbige Körper, die über die im Solarspektrum vorhandenen verschiedenen Wellenlängen unterschiedlich viel Strahlungsenergie absorbieren und emittieren. Zusätzlich reflektieren sie in der Regel den entsprechenden Anteil der elektromagnetischen Strahlung diffus (d. h. richtungsunbestimmt). Sie unterscheiden sich damit stark von schwarzen Körpern und auch von grauen Körpern. Farbige Körper haben unterschiedliche Absorptionsgrade im sichtbaren Bereich der Solarstrahlung. So absorbiert z. B. ein grüner Körper (beispielsweise Pflanzen) alle Wellenlängen bis auf den grünen Bereich, der reflektiert wird; daher erscheint dieser Körper, wenn er mit dem menschlichen Auge betrachtet wird, als grün. Zudem sind oft die Koeffizienten für die Absorption kurzwelliger und die Emission langwelliger Strahlung unterschiedlich. Dabei handelt es sich bei der Solarstrahlung zu einem großen Teil um kurzwellige Strahlung, die beim Strahlungsaustausch zwischen Körpern auf der Erde kaum auftritt (Ausnahme: in Schneesituationen durch den hohen reflektierten Anteil), da vorwiegend langwellige Wärmestrahlung ausgetauscht wird. Während der kurzwellige Teil des Solarspektrums vorwiegend absorbiert wird, gibt der Körper durch Emission vorwiegend langwellige Strahlung an die Umgebung ab. Da der Energiegehalt lang- und kurzwelliger Strahlung unterschiedlich ist, macht sich dies bei den entsprechenden Koeffizienten in Form starker Unterschiede bemerkbar. Verteilung der absorbierten Energie im Körper Die lokal durch Absorption der Sonnenstrahlung an der Körper- / der Materialoberfläche aufgebaute innere Energie wird teil-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

97

weise durch Wärmeleitung im Körper / im Material verteilt. Diese Verteilung der thermischen Energie durch Wärmeleitung erfolgt in der Theorie so lange, bis sich eine über den ganzen Körper konstante Temperatur eingestellt hat. Die dann gespeicherte Energie zeigt auch Abb. 2.29; sie ist dort durch die graue Fläche unterhalb der schematisch gezeigten Festkörperoberfläche dargestellt. Eine solche konstante Temperatur im gesamten Körper / in der gesamten Materie kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Umgebungstemperatur gleich der Temperatur des Körpers ist – und damit nur nach unendlich langer Zeit und unter konstanten Bedingungen. In der Realität wird sich die absorbierende Oberfläche (hier: die Bodenoberfläche) bei solarer Einstrahlung jedoch stets stärker aufwärmen als der restliche Körper (hier: die tieferen Bodenschichten). Steigt die Temperatur dieser (Boden-)Oberfläche über die der Umgebungstemperatur, findet sowohl eine Wärmeleitung in den Körper / die Materie (d. h. die Wärme „wandert“ in größere Bodentiefen) als auch eine Wärmeabgabe an die Umgebungsluft / die bodennahen Luftschichten über Wärmestrahlung, Konvektion und Wärmeleitung statt. Sind Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe gleich, bleibt die Temperatur des Körpers konstant. Ist die Abgabe größer als die Aufnahme, sinkt die Temperatur des Körpers und die gespeicherte Wärme wird an die Umgebung abgegeben; entsprechend ist auch der umgekehrte Fall möglich. Dabei gilt in jedem Moment immer die Energieerhaltung. Diese Vorgänge der Wärmeleitung und Speicherung können durch den Fourierschen Erfahrungssatz der Wärmeleitung beschrieben werden. Exemplarisch beschreibt Gleichung (2.26) die eindimensionale und stationäre Wärmeleitung q. P  ist die Wärmeleitfähigkeit,  die Temperatur und x die Distanz der Wärmeleitung. qP D 

@ @x

(2.26)

Die Differenz des aus einem Speicherelement ein- und ausfließenden Wärmestroms @q=@x P führt zu einer Erwärmung bzw. Abkühlung des Körpers / der Materie. Dies beschreibt Gleichung (2.27) [2.3]. Demnach ist die in einem Körper speicherbare Energiemenge neben den Temperaturen  von Körper / Materie und Umgebungsflächen auch von den materialspezifischen Größen Wärmekapazität cp;Sp , Dichte Sp , der Wärmeleitfähigkeit Sp des Körpers Sp / der Materie Sp und der Lade- und Entladezeit t abhängig. Steht beispielsweise nur eine kurze Zeitspanne für Aufheizung und Abkühlung zur Verfügung, wärmt sich der Körper nur an der Oberfläche auf; dann ist die insgesamt aufgenommene Energiemenge gering. @2  @ @qP D Sp 2 D Sp cp;Sp (2.27) @x @x dt Wärmeaustausch durch Konvektion Zu einem konvektiven Wärmeübergang von einem Medium auf ein anderes kann es nur dann kommen, wenn sich zumindest eines der beiden involvierten Medien bewegen kann. Eine solche Bewegung kann auf natürlichem Weg entstehen; dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich über Wärmeleitung von einem Festkörper zu einem Fluid (Flüssigkeit oder Gas) dieses erwärmt und sich somit

98

B. Geyer et al.

ausdehnt. Da das erwärmte Fluid infolge der höheren Temperaturen nun leichter ist als das weiter von der wärmeabgebenden Fläche entfernte, entsteht ein Auftrieb; d. h. das Fluid strömt nach oben. In diesem Fall spricht man von Naturkonvektion (wird eine Strömung über Ventilatoren oder Pumpen aufgeprägt, handelt es sich folglich um eine erzwungene Konvektion). Die treibende Kraft des konvektiven Wärmeübergangs ist die Temperaturdifferenz zwischen dem Festkörper Festkörper (hier: der Boden) und dem Fluid Fluid (hier: die Umgebungsluft). Diese Temperaturdifferenz wird mit der konvektiven Wärmeübergangszahl U konv multipliziert (Gleichung (2.28)), um den konvektiven Wärmestrom qPkonv zu erhalten. Die Wärmeübergangszahl U konv (Einheit W=.m2 K/) beschreibt die flächenspezifische Wärmeübertragungsleistung (d. h. pro Quadratmeter Übertragungsfläche) und pro Kelvin Temperaturdifferenz. Der konvektive U-Wert ist abhängig von der Geometrie der Wärmeübergangsfläche, vom Fluid bzw. wie leicht sich dessen Moleküle bewegen können (d. h. der Viskosität), wie viel Wärme pro Volumeneinheit vom Fluid transportiert wird und ebenso von der Temperaturdifferenz zwischen dem Festkörper und dem Fluid, da sich die Bewegung des Fluids bei steigender Temperaturdifferenz erhöht.   (2.28) qPkonv D Ukonv Festkörper  Fluid Erwärmung / Abkühlung der bodennahen Luft Die Temperatur der Umgebungsluft an der Erdoberfläche (d. h. der bodennahen Luftschichten) ergibt sich durch einen konvektiven Wärmeübergang mit der Erdoberfläche, da sowohl die kurzwellige Solarstrahlung als auch die langwellige Abstrahlung der Erdoberfläche von der Außenluft vernachlässigt werden können. Abb. 2.31 zeigt die für die Energiebilanz an der Erdoberfläche wesentlichen Energieflüsse. Die Solarstrahlung GP G;g;a wird abhängig vom Reflexionskoeffizienten  bzw. von der Albedo AG (d. h. dem Verhältnis von reflektierter zu eingefallener Globalstrahlung, Kapitel 2.2) an der Erdoberfläche (d. h. vom Boden) absorbiert und führt dort zu einer

Kurzwellige Strahlungsbilanz der Erdoberfläche solare Einstrahlung kurzwellig

G,g,a

Reflexion der solaren Einstrahlung (kurzwellig) zum Weltall

Erdoberfläche

Wärmebilanz Erdreich

absorbierte Strahlung führt zu einer Aufheizung der Erdoberfläche

Wärmebilanz der Erdoberfläche langwelliger Strahlungsaustausch mit Himmelstemperatur (Weltall, Staubteilchen (Aerosole) und Treibhausgase) (zumeist Auskühlung)

konvektiver Wärmeübergang – erwärmt oder kühlt die bodennahe Luft je nach Temperatur von Oberfläche und angrenzender Luft

Erdoberfläche wärmer als Erdreich: Æ Wärmeleitung in das Erdreich Erdoberfläche kälter als Erdreich: Æ Wärmeleitung aus dem Erdreich

Abb. 2.31 Energieflüsse an der Erdoberfläche (die einzelnen Mechanismen sind im Text erklärt; dort findet sich auch die jeweilige mathematische Beschreibung der entsprechenden Zusammenhänge)

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Erdober-

-0,1

3:00 23:00 15:00

fläche

0,1 0,3

19:00 7:00 11:00

0,3 0,5 0,7 0,9 1,1

Luft fläche

0,7 0,9 absorbierte Solarstrahlung 0,512 kWh/(m 2d)

1,3

1,5

Erdober-

0,5

1,1

absorbierte Solarstrahlung 5,482 kWh/(m 2d)

1,3

Wärmefluss 0,609 kWh/d↑ 0,097 kWh/d↑

Erdreich

15:00

-0,3

Erdreich

Tiefe in m

Wärmefluss -0,1 5,364 kWh/d↑ 3:00 23:00 19:0011:00 0,1 0,118 kWh/d ↓ 7:00

99 Erdreich Ton/Schluff Januar Nebel

Luft

Erdreich Ton/Schluff Juni sonnig -0,3

Tiefe in m

2

1,5 0

5

10

15

20

Temperatur in °C

25

30

35

-7

-5

-3

-1

1

3

5

7

Temperatur in °C

Abb. 2.32 Tageszeitlicher Verlauf der Erdoberflächen- und Erdtemperaturen sowie der tagesmittleren Energieflüsse für einen wolkenlosen Sommertag (links) und einen nebeligen Wintertag (rechts) (im Sommerfall fließt netto Wärme in die Erde (d. h. es wird nur ein Teil der im Tagesverlauf eingestrahlten Energie in Form von Wärme wieder an die bodennahe Atmosphäre abgegeben; im dargestellten Beispiel fließen 0,118 kWh/d in die Erde und bedingen hier den in der linken Darstellung deutlich werdenden Temperaturgradienten mit zunehmender Tiefe unter der Erdoberfläche); im Winterfall fließt Wärme dagegen netto aus dem Erdreich in die oberflächennahe Umgebung (d. h. der von der Erdoberfläche an die Umgebung abgegebene Wärmefluss setzt sich aus der absorbierten Solarstrahlung und dem Wärmestrom aus der Erde zusammen; im dargestellten Beispiel fließen 0,097 kWh/d aus dem oberflächennahen Erdreich zur Erdoberfläche und bedingen den auf der rechten Darstellung deutlich werdenden Temperaturverlauf im oberflächennahen Erdreich)) (eigene Berechnungen)

Erwärmung. Erwärmt sich die Erdoberfläche nun über die Temperatur der darunterliegenden Bodenschichten, findet ein Wärmefluss in die Erde statt (d. h. in Richtung tieferer Erdschichten). In der Nacht (d. h. keine kurzwellige Einstrahlung) kühlt sich die Erdoberfläche dann infolge langwelliger Abstrahlung und konvektiver Wärmeabgabe wieder ab und der Wärmefluss dreht sich von den Bodenschichten an die Erdoberfläche um. Die Erde fungiert somit als Speichermasse sowohl über die tageszeitlichen als auch für die jahreszeitlichen Schwankungen der solaren Einstrahlung. Der Wärmefluss und die Speicherung in der Erde kann mit Gleichung (2.27) beschrieben werden. Die Eindringtiefe der Temperaturschwankung ist dabei von der Wärmeleitfähigkeit , der spezifischen Wärmekapazität cp und der Dichte  des Erdreichs sowie dem Zeitraum der Schwankung t (d. h. der Zeit) abhängig. Bedingt durch den kurzen Zeitraum der tageszeitlichen Schwankungen beträgt die Eindringtiefe der Temperaturschwankung in die Erdschichten typischerweise nur maximal 50 cm. Abb. 2.32 zeigt exemplarisch die Temperaturverläufe über einen wolkenlosen Sommertag und einen nebeligen Wintertag für einen gut wärmeleitfähigen tonig / schluffigen Boden. Demnach ist im Sommer die Bodenoberfläche generell wärmer als der tiefe Boden und der Wärmefluss geht von der Oberfläche in die tieferen Erdschichten, die sich langsam aufwärmen. Deutlich wird auch die große Erwärmung tagsüber aufgrund der hohen und langen solaren Einstrahlung. Im Winter hingegen kühlen sich diese Erdschichten ab und der Wärmefluss geht von den tieferen Schichten in Richtung Erdoberfläche (d. h.

100

B. Geyer et al.

er kehrt sich im Vergleich zum Sommer um). Durch den angenommenen nebeligen Tag gibt es kaum solare Einstrahlung und die Schwankung der Erdoberflächentemperatur ist gering. Die Erdoberfläche steht zudem im langwelligen Strahlungsaustausch mit den jeweiligen „Umschließungsflächen“ nach Gleichung (2.24) und in einem konvektiven Wärmeaustausch mit der umgebenden Luft nach Gleichung (2.20); es gilt Festkörper D Erdoberfläche und Fluid D Luft . Bei einem klaren Nachthimmel sind die Umschließungsflächen für den langwelligen Strahlungsaustausch neben Staubteilchen und Wassertröpfchen in der Atmosphäre in verschiedenen Höhen auch die die Erde umgebenden Massen im Weltall. Da diese alle eine unterschiedliche Temperatur haben, spricht man hier von einer mittleren Himmelstemperatur T Himmel . In klaren Nächten beträgt diese zwischen 20 und 40 ı C; sie ist damit wesentlich niedriger als die Erdoberflächentemperatur; dies führt zu einer Wärmeabgabe und damit Auskühlung der Erdoberfläche. Dabei kühlt sich bei einem klaren Nachthimmel die Erdoberfläche viel stärker ab als in bewölkten Nächten, an denen die Himmelstemperatur aufgrund der Wassertröpfchen der tieferliegenden Wolken wesentlich höher ist. Der konvektive Wärmeübergang parallel zum langwelligen Strahlungsaustausch findet zwischen der Erdoberfläche und der umgebenden Luft statt; d. h. bei einer Erwärmung der Erdoberfläche durch solare Einstrahlung erwärmt sich auch die die Erdoberfläche unmittelbar umgebende Luft. Dieser konvektive Wärmeübergang bestimmt primär die Lufttemperatur. In der Nacht kühlt sich die Erdoberfläche aufgrund der langwelligen Abstrahlung unter die Umgebungsluft ab und entzieht ihr somit Wärme. Ohne das Einbringen von Luft mit anderen Temperaturen durch Wind kühlt sich somit die Außenluft in der Nacht immer mehr ab, bis am nächsten Morgen die Solarstrahlung die Erdoberfläche wieder aufheizt. Die Außenluft hat damit ihre niedrigste Temperatur kurz vor Sonnenaufgang. Am wärmsten ist es aufgrund der Speichermasse der Erde zwischen 13:00 und 15:00 (Sonnenzeit). Dieser Speichermasseneffekt des Erdreichs zeigt sich auch in der jahreszeitlichen Schwankung der Außenlufttemperatur. Deshalb ist in unseren Breiten typischerweise der kälteste Monat der Januar, obwohl die potenziell geringste Solarstrahlung am 21. Dezember auftritt; entsprechend ist der heißeste Monat der Juli trotz einer potenziell maximalen Solarstrahlung am 21. Juni. Parallel dazu ist die Außenlufttemperatur natürlich auch von den klein- und großräumigen Atmosphärenbewegungen abhängig; so kann z. B. trotz sternklarer Nacht aufgrund einer eintreffenden Warmfront die Temperatur in der Nacht zunehmen. Als Beispiel für diese Zusammenhänge zeigt Abb. 2.33 den Verlauf von Solarstrahlung (global und diffus), Außenlufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit im Verlauf von 5 aufeinanderfolgenden Tagen. Am Tag 1 ist das Wetter tendenziell bewölkt und es herrscht nur zeitweise direkter Sonnenschein; nur dann gibt es einen Direktstrahlungsanteil und die Globalstrahlung ist höher als die Diffusstrahlung. Durch die solare Einstrahlung heizt sich die Außenluft aufgrund der oben beschriebenen Mechanismen auf. In der Nacht zwischen Tag 1 und Tag 2 sowie zwischen Tag 2 und Tag 3 kühlt sich die Luft aufgrund eines klaren Nachthimmels stark ab. Die niedrigste Außenlufttemperatur tritt kurz vor Sonnenauf-

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

101

1000

30 Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Strahlung in W/m², re lativ e Luftfe uchte in %

900

Tag 5

Globalstrahlung Diffusstrahlung relative Luftfeuchtigkeit Außenlufttemperatur

800 700

25

20

600

500

15

400 10

300 200

5

Außenlufttemperatur in °C

2

100 0

0 24

12

24

12

24

12

24

12

24

12

24

Tagesstunde in h

Abb. 2.33 Solarstrahlung (global und diffus), relative Luftfeuchtigkeit und Außentemperatur über 5 Tage (Daten nach [2.72])

gang auf. Tag 2 ist klar und wolkenlos; der Diffusstrahlungsanteil ist hier nur gering und die Globalstrahlung ist durch einen hohen Direktstrahlungsanteil gekennzeichnet; damit ist auch die Außenlufttemperatur entsprechend hoch; sie folgt aber aufgrund der beschriebenen Speichermasseneffekte mit einem Zeitversatz von ca. drei Stunden der Einstrahlung. Da sich die absolute Luftfeuchtigkeit kaum ändert, sinkt mit steigender Lufttemperatur auch die relative Luftfeuchte. Tag 3 ist ebenfalls durch schönes und wolkenloses Wetter gekennzeichnet. Allerdings ist hier entweder eine leichte Bewölkung oder mehr Dunst in der Atmosphäre. Dies führt aufgrund der Strahlungsreflexion an den Staubteilchen zu einer Verringerung der Einstrahlung und zu einer Erhöhung des Diffusstrahlungsanteils. Tag 4 ist bewölkt und zeigt deshalb nur eine sehr geringe direkte Solarstrahlung und Tag 5 ist ein regnerischer Tag mit geringer und rein diffuser Einstrahlung. Deutlich wird, dass, je geringer die Globalstrahlung ist, desto geringer auch die Aufheizung der Außenluft ist. Allerdings kühlt sich die Luft auch in der Nacht aufgrund tiefstehender Wolken mit einer Gegenstrahlungstemperatur um die Erdoberflächentemperatur nicht ab. Den jahreszeitlichen Verlauf der Erdreichtemperatur zeigt exemplarisch Abb. 2.104. Die gleiche Energiebilanz kann prinzipiell auch an Wasseroberflächen aufgestellt werden. Primäre Unterschiede zum Erdreich sind die geringere Albedo und damit größere Strahlungsabsorption an der Wasseroberfläche und die größere Eindringtiefe der Temperaturschwankungen (und damit höhere Wärmespeicherfähigkeit des Wassers) aufgrund höherer Werte u. a. für der Wärmeleitfähigkeit  und dem höheren Produkt aus spezifischer Wärmekapazität cp und der Dichte  im Vergleich zum Erdreich. Damit heizt sich die Luft über Gewässern tagsüber nicht so stark auf wie an Land und kühlt auch nachts nicht so stark aus. Diese Temperaturdifferenz von Luft über Erdreich- und Wasseroberflächen ist der Grund für den tageszeitlichen Verlauf von Land- und Seewind (Abb. 2.45).

102

B. Geyer et al.

2.3.2 Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik Temperaturmessung Die Temperatur kann berührend und berührungslos gemessen werden; beide Möglichkeiten werden nachfolgend kurz diskutiert.  Bei der berührenden Messung berührt das Temperaturmessgerät das zu messende Medium und über Wärmeleitung, in flüssigen Medien auch Konvektion und in gasförmigen Medien zusätzlich Strahlungsaustausch, stellt sich im Messfühler des Messgerätes nach unendlich langer Zeit die gleiche Temperatur wie in dem zu messenden Medium ein. Als Messprinzipien kommen infrage – die Wärmeausdehnung von Medien mit der Temperatur (z. B. Quecksilberthermometer), – die Änderung des elektrischen Widerstandes von Leitern mit der Temperatur (Widerstandsthermometer; z. B. mit Platin Pt100 oder Pt1000 mit jeweils 100 bis 1 000  Nennwiderstand bei 0 ı C) oder – ein Stromkreis (Thermoelemente), bei dem mit zwei verschiedenen elektrischen Leitern bei unterschiedlichen Temperaturen an den jeweiligen Kontaktstellen eine Spannung entsteht, die von der Temperaturdifferenz abhängig ist; das hier am häufigsten eingesetzte Stoffpaar sind Nickel-Chrom / Nickel (Typ K). Die Temperaturmessung erfolgt aufgrund des langsamen Wärmetransports von Medium zu Messfühler / Messgerät bei der berührenden Messung verzögert. Hinzu kommt, dass auch das Messgerät selber eine gewisse thermische Trägheit hat. Deshalb sollte das Messgerät immer fest mit dem zu messenden Gegenstand verbunden (angepresst) sein. Auch muss bei schnellen Messungen angestrebt werden, dass der eigentliche Messfühler nur eine sehr geringe Masse – und damit auch Trägheit – aufweist.  Die berührungslose Messung macht sich die langwellige Strahlung, die jeder Körper abgibt, zunutze; d. h. konzeptbedingt können keine Gastemperaturen und damit auch keine Lufttemperaturen gemessen werden. Das Wellenlängenspektrum, das von einer Körperoberfläche ausgeht, ist von der Höhe der Temperatur abhängig (Kapitel 2.3.1). Die Messung dieses Wellenlängenspektrums kann ohne Zeitverzögerung erfolgen. Allerdings wird damit von einem entsprechenden Messgerät nicht die eigentliche Temperatur des Objektes gemessen; vielmehr wird systembedingt nur die Strahlung messtechnisch erfasst, die aus der Richtung des Objektes kommt. Diese kann zusätzlich zum Messobjekt selbst auch aus an der Oberfläche des Messobjektes reflektierter Strahlung bestehen. Heute häufig eingesetzte Messgeräte sind InfrarotPyrometer und Thermographiekameras. Für die Messung der Außenlufttemperatur müssen berührende Messgeräte eingesetzt werden. Bei derartigen Systemen kann aber der Messwert durch verschiedene Effekte stark verfälscht werden. Trifft auf den Messfühler beispielsweise zusätzlich Solarstrahlung, dann heizt er sich aufgrund der entsprechenden Strahlungsabsorption über die Lufttemperatur auf. Wird der Messfühler demgegenüber durch z. B. Regen befeuchtet, wird die

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Grundlagen des regenerativen Energieangebots

103

zumeist gegenüber der Lufttemperatur niedrigere Feuchttemperatur der Luft gemessen. Liegt im Unterschied dazu Schnee auf dem Messfühler, wird ebenfalls nicht die wirkliche Lufttemperatur gemessen. Aus diesen Gründen muss der Messfühler einer Lufttemperaturmessstelle abgeschattet, belüftet und regen- bzw. schneegeschützt montiert werden; diese Anforderung kann z. B. durch ein luftdurchlässiges Gehäuse realisiert werden. Damit sich das Gehäuse selbst nicht durch Solarstrahlung aufheizt, muss es weiß und damit für Solarstrahlung hochreflektierend gestrichen sein und viele Luftdurchlässe aufweisen, damit sich die Lufttemperatur im Gehäuse möglichst gering von der Außentemperatur unterscheidet. Außenlufttemperaturfühler sollten ebenfalls nicht in der Nähe von Fenstern oder Lüftungsauslässen montiert sein, da hier ebenfalls andere Temperaturen auftreten können als in der ungestörten Außenluft. Räumliche Temperaturverteilung Weltweit werden an einer nicht überschaubaren Vielzahl an Standorten die bodennahen Lufttemperaturen gemessen. Werden Teile dieser messtechnisch erfassten Temperaturwerte, die als Momentanwerte und / oder als stündliche, tägliche oder monatliche Mittelwerte vorliegen können, jeweils über das Jahr aufsummiert und daraus dann die langjährigen Mittelwerte gebildet, erhält man die an diesem Standort durchschnittlich zu erwartenden Jahrestemperaturen. Deren regionale Verteilung im globalen Kontext bzw. innerhalb des deutschsprachigen Raums zeigen die Abb. 2.34 und 2.35. Abb. 2.34 macht deutlich, dass die bodennahen Lufttemperaturen im Jahresmittel vom Äquator in Richtung Nord- bzw. Südpol merklich abnehmen. Typischerweise werden die höchsten Lufttemperaturen in den Tropen und in den daran Richtung Norden und Süden anschließenden Subtropen gemessen. Ausnahmen bilden hier typischerweise nur hohe

Abb. 2.34 Durchschnittliche Jahresmitteltemperaturen im globalen Kontext (Daten nach [2.14])

104

B. Geyer et al.

Abb. 2.35 Verteilung der langjährigen Mittelwerte bodennaher Lufttemperaturen im deutschsprachigen Raum (Daten nach [2.17])

Berge (z. B. Anden, Himalaya). Die nun in nördlicher und südlicher Richtung folgenden gemäßigten Breiten sind mit einem zunehmenden Äquatorabstand durch entsprechend sinkende Durchschnittstemperaturen gekennzeichnet, die mit zunehmender Polnähe immer weiter abnehmen. Ähnliche Tendenzen, wie sie in Abb. 2.34 auf globaler Ebene deutlich werden, zeigt auch Abb. 2.35 für den deutschsprachigen Raum. Hier fällt zunächst auf, dass der Süden durch Bereiche mit sehr geringen Jahresmitteltemperaturen gekennzeichnet ist; dies ist auf die Höhenlagen der Alpen zurückzuführen, da die Jahresdurchschnittstemperatur mit zunehmender Höhe über Grund i. Allg. zurückgeht. Aus vergleichbaren Gründen werden auch in der Mitte Deutschlands verschiedene Gebietsflächen mit relativ geringeren Temperaturen deutlich; dies ist auf die hier vorkommenden Mittelgebirge zurückzuführen (z. B. Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge). Erkennbar ist auch die norddeutsche Tiefebene, die nur geringe Temperaturunterschiede aufweist. Dagegen ist die Kölner Bucht durch leicht höhere Jahresmittelwerte der Lufttemperatur gekennzeichnet. Entsprechend hohe durchschnittliche Temperaturen werden auch im Oberrheingraben und im Wiener Becken gemessen.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

105

Zeitliche Variationen Die bodennahen Lufttemperaturen können an einem bestimmten Standort erheblichen zeitlichen Schwankungen unterworfen sein; dies gilt im Stunden-, Tages-, Monats- und im Jahresverlauf – und zusätzlich kann es zwischen verschiedenen Jahren zu merklichen Unterschieden kommen. Abb. 2.36 verdeutlicht diese zeitliche Variabilität der Lufttemperatur anhand von Messwerten exemplarisch für einen Standort in Norddeutschland. Der Jahresgang der tagesmittleren Temperaturen ist dabei durch ein geringes Temperaturniveau in den Wintermonaten und durch merklich höhere Werte im Verlauf des Sommers gekennzeichnet; beispielsweise liegen in Abb. 2.36 die monatsmittleren Werte im Januar knapp über 0 ı C und im Juli bei etwa 20 ı C. Jedoch werden z. T. erhebliche Abweichungen der Tagesmittelwerte von den Monatsmittelwerten deutlich; dies gilt in Bezug sowohl auf höhere als auch auf niedrigere Werte. Die beiden exemplarisch dargestellten Tagesgänge der stundenmittleren Temperaturen (30. Januar bzw. 30. Oktober) verdeutlichen, wie sich die Temperaturen im Verlauf eines Tages verändert haben. Der zeitabhängige Verlauf der stundenmittleren Messwerte des dargestellten Januartages war beispielsweise nahezu ganztägig durch Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gekennzeichnet und nur in den frühen Nachmittagsstunden kam es zu einem leichten Temperaturanstieg von we-

Abb. 2.36 Jahresgang sowie Tages- und Stundenganglinien gemessener Temperaturen am Beispiel eines Standorts in Norddeutschland (nach [2.5])

106 30

Monatsmitteltemperatur in °C

Abb. 2.37 Monatsmittlere Temperaturen an unterschiedlichen Standorten auf der Erde (Daten nach [2.72])

B. Geyer et al.

25

20 15

10 5

Würzburg Kapstadt

Jakarta Amman

0

Jan

Feb Mär Apr Mai Jun

Jul

Aug Sep Okt Nov Dez

nigen Grad, der aber bereits in den frühen Abendstunden wieder zurückgegangen ist. Demgegenüber war der ebenfalls detailliert gezeigte 30. Oktober durch einen deutlich ausgeprägteren Tagesgang charakterisiert. Hier ist ebenfalls – leicht versetzt zum mittleren Sonnenstand über dem Horizont – die Temperatur zu den Mittagsstunden / zum frühen Nachmittag leicht angestiegen und dann nach Überschreiten eines Maximalwertes mit den zunehmenden Abendstunden immer weiter zurückgegangen. Der zusätzlich dargestellte Verlauf der minutenmittleren Temperaturmessungen zeigt, dass sich innerhalb einer Stunde die Umgebungstemperatur i. Allg. nur wenig ändert (d. h. die hier dargestellten Kurven sind weitgehend linear); dies kann dann anders sein, wenn es beispielsweise zu einem Temperatursturz infolge von Föhn kommt, Fronten durchziehen oder eine starke solare Einstrahlung vorherrscht. Die Temperatur ist auch zwischen verschiedenen Jahren durch deutliche Unterschiede gekennzeichnet. Abb. 2.37 zeigt exemplarisch für unterschiedliche Standorte auf der Nord- und Südhalbkugel den durchschnittlichen Jahresgang aus Monatsmittelwerten der bodennahen Lufttemperatur. Deutlich wird, dass an jedem der in Abb. 2.37 dargestellten Standorte ein mehr oder weniger ausgeprägter Jahresgang gegeben ist und damit an allen Standorten merkliche jahreszeitliche Unterschiede der Umgebungstemperatur vorhanden sind, die u. a. von der geografischen Lage und vom lokalen Klima beeinflusst werden. In der Darstellung wird aber auch deutlich, dass der Jahresgang der monatsmittleren Umgebungstemperatur an dem Standort, der in den Tropen liegt (Jakarta / Indonesien), nur sehr schwach ausgeprägt ist. Demgegenüber sind die Standorte, die in den gemäßigten Breiten liegen, durch deutlich ausgeprägtere Unterschiede im Jahresverlauf gekennzeichnet. Deutlich wird auch, dass die monatsmittleren Temperaturen mit zunehmender Entfernung des Standortes vom Äquator tendenziell immer niedrigere Werte annehmen; das wird beispielsweise bei einem Vergleich der Verläufe der Monatsmittelwerte in Amman / Jordanien und in Würzburg / Deutschland deutlich. Gut erkennbar ist auch der spiegelbildliche Verlauf des Jahresgangs auf der Nord- und der Südhalbkugel. Während beispielsweise Amman und Würzburg im Juni / Juli maximale Werte zeigen, werden diese in Kapstadt / Südafrika in diesem Zeitfenster minimal; und im Dezember / Januar wird ein genau umgekehrtes Verhalten deutlich.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

107

Abb. 2.38 Jahresmittlere Temperaturen an vier unterschiedlichen Standorten in Deutschland zwischen 1961 und 2018 (Daten nach [2.16])

Zusätzlich zeigt Abb. 2.38 die jahresmittleren Temperaturen für vier Standorte in Deutschland im Verlauf der letzten Jahrzehnte. Außerdem sind für diesen Zeitraum der jeweilige Mittelwert, die zugehörige Standardabweichung sowie die aufgetretene minimale und maximale Monatsmitteltemperatur gezeigt. Aus der Darstellung lassen sich u. a. folgende Schlüsse ableiten.  Von den dargestellten Standorten zeigt die südlichere der beiden Stadt-Messstationen (Frankfurt) im langjährigen Jahresmittel eine Temperatur zwischen 10 und 11 ı C. Verglichen damit ist die Mitteltemperatur an der Messstation Hamburg rund ein Grad kühler (9 bis 10 ı C); dies liegt u. a. an der nördlicheren Lage. Im Unterschied dazu zeigen die beiden Bergstandorte merklich niedrigere Temperaturen; sie werden stark von der Höhe der jeweiligen Messstation bestimmt. Damit werden auf der Zugspitze (Wettersteingebirge, Bayern; 2 962 m ü. NHN) im Jahresmittel Minuswerte (4 bis 5 ı C) und auf dem Kahlen Asten (Rothaargebirge, Nordrhein-Westfalen; 841,9 m ü. NHN) Plusgrade (rund 5 ı C) gemessen.  Der Verlauf der Temperaturen zwischen den verschiedenen Standorten korreliert. Beispielsweise wurden 2010 an allen dargestellten Messstationen deutlich unterdurchschnittliche Jahresmitteltemperaturen gemessen; entsprechend waren 2018 die Temperaturen ohne Ausnahme merklich überdurchschnittlich in Bezug auf den dargestellten Zeitraum. Nichtsdestotrotz kommen auch Jahre vor, an denen die Jahresmittelwerte weitgehend unabhängig voneinander vom Mittel abweichen; dies ist dann vermutlich auf den starken Einfluss lokaler meteorologischer Effekte zurückzuführen.  Die Standardabweichungen der Jahresdurchschnittstemperaturen an den vier in Abb. 2.38 dargestellten Standorten bezogen auf den jeweiligen Mittelwert der Temperatu-

108

B. Geyer et al.

Abb. 2.39 Monatsmittlere Temperaturen an vier Standorten in Deutschland

ren im Verlauf des dargestellten Zeitraums erlauben Aussagen im Hinblick auf die Berechnung des durchschnittlich zu erwartenden Energieertrags beispielsweise einer luftgekoppelten Wärmepumpe. Dabei ist aber erkennbar, dass die Standardabweichungen an den vier Stationen relativ ähnlich sind. Innerhalb Deutschlands ist somit die relative Standardabweichung der Jahresmittelwerte der Temperatur näherungsweise unabhängig von dem entsprechenden Standort. Dies gilt grundsätzlich nicht nur für die Standardabweichungen, sondern auch für die Relation der Minimal- und Maximalwerte zum Mittelwert. Abb. 2.39 zeigt den Verlauf der Monatsmittelwerte einschließlich der entsprechenden durchschnittlichen Variationen der bodennahen Lufttemperatur am Beispiel ausgewählter Messstationen in Deutschland. Damit ist jede der in Abb. 2.39 dargestellten Wetterstationen durch einen typischen Jahresgang charakterisiert. Die Sommermonate sind folglich in Deutschland nahezu unabhängig von lokalen Einflüssen bzw. dem jeweiligen konkreten Standort durch merklich über dem Jahresmittel liegende Lufttemperaturen gekennzeichnet. Demgegenüber herrschen im Verlauf des Winters im langjährigen Mittel deutlich unterdurchschnittliche Temperaturen vor. Deutlich werden auch die Unterschiede zwischen den beiden Stadt-Standorten (Frankfurt und Hamburg) und den beiden Berg-Standorten (Kahler Asten / Nordrhein-Westfalen und Zugspitze / Bayern).

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

109

 Hamburg ist im Vergleich zu Frankfurt durch merklich geringere Durchschnittstemperaturen im Verlauf der Sommermonate gekennzeichnet. Im Unterschied dazu unterscheiden sich die Monatsmittel in den Wintermonaten nur wenig.  Die Zugspitze mit einer Höhe von 2 962 m ü. NHM zeigt deutlich geringere monatsmittlere Temperaturen im Vergleich zum Kahlen Asten (841,9 m ü. NHM); dies liegt primär in der größeren Höhe begründet. Auch zeigt die Zugspitze – im Unterschied zu den anderen dargestellten Standorten – im Februar die geringsten Durchschnittstemperaturen.

2.4 Windenergie Martin Kaltschmitt, Andreas Wiese und Beate Geyer Die solare Einstrahlung ist – neben dem Wasserkreislauf – auch für die globale und lokale Bewegung der Luftmassen innerhalb der Erdatmosphäre verantwortlich. Von der gesamten auf die Außenfläche der Atmosphäre auftreffenden Solarstrahlung werden etwa 2,5 % oder 1;4  1020 J/a für die Atmosphärenbewegung verbraucht; daraus resultiert eine theoretische Gesamtleistung des Windes von etwa 4;4  1012 W (u. a. [2.7]). Die in den bewegten Luftmassen enthaltene Energie, die beispielsweise durch Windkraftanlagen zunächst in mechanische oder Bewegungsenergie des Rotors und dann in elektrische Energie am Anlagenausgang umgewandelt werden kann, stellt also eine sekundäre Form solarer Energie dar (d. h. indirekte Nutzung der Sonnenenergie). Ziel der folgenden Ausführungen ist es, die wesentlichen Grundlagen des Windenergieangebots darzustellen und seine Angebotscharakteristik im Hinblick auf eine technische Nutzung zu diskutieren.

2.4.1

Grundlagen

Mechanismen Wind entsteht als Ausgleichsströmung, wenn sich, hauptsächlich infolge unterschiedlicher Erwärmung der Erdoberfläche, Luftdruckunterschiede ausgebildet haben. Die Luftmassen strömen dann entsprechend dem entstehenden Druckgradienten von Gebieten höheren Luftdrucks in Gebiete mit einem tieferen Luftdruck. Auf ein Luftteilchen wirkt dabei die durch den Druckgradienten hervorgerufene sogenannte Gradientkraft. Zusätzlich wird auf jedes Teilchen in einem rotierenden Bezugssystem, wie es die Erde darstellt, die Corioliskraft ausgeübt; sie wirkt immer senkrecht zur Bewegungsrichtung und senkrecht zur Drehachse. Sie tritt zusätzlich zur Zentrifugalkraft auf, wenn ein massebehaftetes Teilchen innerhalb eines rotierenden Bezugssystems nicht ruht (also wenn es nicht einfach nur „mitrotiert“), sondern sich relativ zum Bezugssystem bewegt. Besteht nun in der Atmosphäre beispielsweise in großen Höhen ein Druckgefälle, setzt sich ein diesem Druckgefälle ausgesetztes Luftteilchen von einem Punkt höheren

110

B. Geyer et al. Isobare mit Luftdruck p 2 < p1

Bewegungsbahn des Luftteilchens

Vektor der Gradientkraft Vektor der Corioliskraft Resultierender Vektor aus Gradient- und Corioliskraft Geschwindigkeitsvektor

Luftteilchen

Isobare mit Luftdruck p1

Abb. 2.40 Entstehung des geostrophischen Windes (Nordhalbkugel; nach [2.11])

Luftdrucks zu einem Punkt niedrigeren Luftdrucks in Bewegung. Es will damit von einer Isobare mit dem Druck p1 in Richtung einer Isobaren mit dem Druck p2 wandern (Abb. 2.40). Bei der Bewegung zum gegenüber p1 niedrigeren Luftdruckniveau p2 beschleunigt die Gradientkraft das Luftteilchen; seine Geschwindigkeit nimmt damit ständig zu. Gleichzeitig gewinnt aber die Corioliskraft immer mehr an Einfluss; sie resultiert aus dem Produkt von Teilchenmasse, Winkelgeschwindigkeit des rotierenden Systems und der Teilchengeschwindigkeit relativ zum rotierenden Bezugssystem. Da sie immer senkrecht zur Bewegungsrichtung wirkt (Abb. 2.40), bedingt sie eine ständige Richtungsdrehung des resultierenden Geschwindigkeitsvektors. Die dadurch hervorgerufene Änderung der Bewegungsrichtung hält so lange an, bis der Betrag der Corioliskraft dem Betrag der Gradientkraft entspricht (d. h. die beiden Kräfte sich gegenseitig ausgleichen). Das Luftteilchen ist dann keiner resultierenden Kraft mehr ausgesetzt; es befindet sich in einem Kräftegleichgewicht. Seine Strömungsgeschwindigkeit und die Corioliskraft bleiben damit unverändert; unter diesen Bedingungen bewegt es sich parallel zu den genannten Isobaren mit dem Druck p1 und p2 . Einen derartigen Wind, bei dem sich Luft entlang der Isobaren bewegt, nennt man den geostrophischen Wind (Abb. 2.41, links). Je größer der Druckgradient in den Atmosphärenschichten ist, desto dichter liegen die Isobaren beieinander und desto größer ist die Gradientkraft. Entsprechend stärker werden die Luftteilchen beschleunigt. Damit erhöht sich auch die Geschwindigkeit des Teilchens, das sich von der Isobare mit dem Druck p1 zur Isobare mit dem Druck p2 bewegen möchte. Der Betrag der Corioliskraft wiederum wächst proportional zur Geschwindigkeit des Teilchens, an dem die Kraft angreift. Deshalb stellt sich bei parallel verlaufenden Isobaren das Kräftegleichgewicht zwischen Coriolis- und Gradientkraft und damit die geradlinige Bewegung des Luftteilchens entlang der Isobaren unabhängig vom Druckunterschied bzw. der Gradientkraft immer

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Geostrophischer Wind

Gradientwind Isobare mit Luftdruck p2

Isobare mit Luftdruck p2

FGradient

Tiefdruck

Luftdruck p2 < p1 vWi,Süd

vWi,Süd

vWi,Nord

FGradient + FZentrifugal

Isobare mit Luftdruck p2

FGradient

vWi,Nord

FCoriolis + FZentrifugal

FCoriolis Isobare mit Luftdruck p1

111

vWi,Süd

FCoriolis

vWi,Nord

Hochdruck Isobare mit Luftdruck p1

Isobare mit Luftdruck p1

FGradient Vektor der Gradientkraft FCoriolis Vektor der Corioliskraft FZentrifugal Vektor der Zentrifugalkraft

vWi,Nord Geschwindigkeitsvektor, Nordhalbkugel vWi,Süd Geschwindigkeitsvektor, Südhalbkugel

Abb. 2.41 Geostrophischer Wind und Gradientwind (nach [2.5])

ein. Lediglich die Geschwindigkeit des geostrophischen Windes ist von der Größe der Druckunterschiede abhängig (d. h. je größer die Luftdruckunterschiede sind, desto höher ist die resultierende Windgeschwindigkeit). Bei Gebieten mit einem Tief- oder Hochdruckkern sind die Isobaren gekrümmt. Dann wirkt ergänzend zu den zwei bisher genannten Kräften noch eine dritte Kraft, die Zentrifugalkraft, auf das Luftteilchen; sie weist radial nach außen (Abb. 2.41, Mitte und links). Man nennt den unter diesen Bedingungen entstehenden Wind den Gradientwind. Er weht auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn und auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn um ein Tief; beim Hoch sind diese Zusammenhänge umgekehrt. Da die Zentrifugalkraft beim Hoch die Gradientkraft verstärkt, beim Tief dagegen schwächt, ist die Windgeschwindigkeit des Gradientwindes im Hoch größer als im Tief [2.3, 2.10]. Globale Luftzirkulationssysteme Die beschriebenen Mechanismen einer Luftbewegung in den Atmosphärenschichten bedingen durch die in unterschiedlichen Regionen der Erde verschiedenartige Solarstrahlungsintensität ein weltweites Zirkulationssystem der unteren Atmosphärenschichten (Abb. 2.42). Die Erdoberfläche erwärmt sich global gesehen dort am stärksten, wo die Sonne im Zenit steht (d. h. im Gebiet um den Äquator). Es entsteht dadurch eine Zone mit tiefem Luftdruck nahe dem Äquator, in die von Norden und von Süden kühlere Luft einströmt. Ohne die durch die Kontinente verursachten Einflüsse würde sich diese äquatoriale Konvergenzzone in Form eines Gürtels um den Erdäquator erstrecken und sich mit einer gewissen Verzögerung infolge des sich jahreszeitlich ändernden Sonnenstands zwischen den Wendekreisen parallel verschieben (Abb. 2.42 bzw. 2.44). Aufgrund der tatsächlich gegebenen Einflüsse der Meere und Kontinente ist diese Konvergenzzone fast ständig nördlich des Äquators; sie bewegt sich allerdings tatsächlich mit dem Wechsel der Jahreszeiten.

112

B. Geyer et al.

Abb. 2.42 Planetarische Strömung und Druckgebilde (nach [2.3])

Abb. 2.43 Luftzirkulation infolge unterschiedlicher Luftdruckgebiete (Nordhalbkugel)

Bei einer nicht rotierenden Erde würde die Luft in Bodennähe von den Polargebieten gegen den Äquator strömen. Hier würde sie in der beschriebenen Konvergenzzone gehoben und in den höheren Atmosphärenschichten wieder gegen die Pole abströmen. Durch ein anschließendes Absinken in den Hochdruckgebieten über den Polen würde die Zirkulation geschlossen (vgl. Abb. 2.43). Solche einfachen Strömungsverhältnisse können sich auf einer rotierenden Erde aber nicht ausbilden. Deshalb wird in einer ersten Näherung nur eine „ideal“ rotierende Erde ohne den Einfluss von Meer und Land betrachtet, auf der die Temperatur ausschließlich

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

113

Abb. 2.44 Planetarische Strömungszonen zwischen Äquator und Pol

nur durch den Breitengrad bestimmt wird. Die Luft strömt dann nahe dem Äquator gegen die tropische Konvergenzzone. Sie wird aber durch die Corioliskraft abgelenkt. Daraus resultieren praktisch über das ganze Jahr mit derselben Stärke wehende Luftströmungen von Nordost und Südost (Nordost- und Südostpassate) in Richtung der innertropischen Konvergenzzone (Abb. 2.42 bzw. 2.44). Die Passate strömen aus den sogenannten subtropischen Hochdruckzellen, die auf jeder Erdhalbkugel jeweils im Bereich des 30. Breitengrads liegen. Dieser subtropische Hochdruckzellengürtel ist durch schwache Winde und klares Wetter charakterisiert. Auf seiner Polseite schließt sich eine Zone an, in der die westlichen Winde der mittleren Breiten vorherrschend sind. In dieser Einflusszone liegt auch der deutschsprachige Raum. Windrichtung und Windgeschwindigkeit wechseln hier stark in Abhängigkeit von den wandernden Zyklonen und Antizyklonen. Dieser Westwindbereich wird polwärts jeweils durch eine Tiefdruckrinne begrenzt (Abb. 2.42 bzw. 2.44). In den Polargebieten sind die Windverhältnisse sehr wechselhaft. Im Durchschnitt herrschen hier in den tieferen Schichten schwache Hochdruckgebiete vor. Infolge dieser komplexen Zusammenhänge, die durch die Einflüsse von Meer und Land sowie von jahreszeitlichen und anderen Effekten erheblich beeinflusst werden, bildet sich ein weltweites Luftzirkulationssystem aus. Es ist verantwortlich für den globalen Luftaustausch (Abb. 2.42). Für eine energetische Nutzung sind aber nur die entsprechenden Luftbewegungen in Bodennähe von Bedeutung, da es bisher technisch nicht möglich ist, die Energie der bewegten Atmosphäre in den großen Höhen, in denen derartige globale Luftzirkulationssysteme wirksam sind, nutzbar zu machen. Lokale Luftzirkulationssysteme Die für die Windentstehung verantwortlichen Kräfte werden überall in der Atmosphäre wirksam. Mit zunehmender Nähe zur Erdoberfläche werden sie aber von Effekten im Zusammenhang mit der (rauen) Oberflächenstruktur

114

B. Geyer et al.

Tag

H

T

Isobare

T Isobare

Seewind

Land

Relativ kalte Luft

Isobare

H

H See

Isobare

Höhe

Hö he

Isobare Relativ warme Luft

H

Nacht

T

Land

Relativ kalte Luft

Landwind

Isobare Relativ warme Luft

T See

Abb. 2.45 See- und Landwind

immer stärker überlagert. Deshalb wird unterschieden zwischen der sogenannten freien Atmosphäre in großen Höhen, wo die beschriebenen globalen Luftzirkulationssysteme aus geostrophischem Wind und Gradientwind dann entstehen, wenn Druckgradient und Corioliskraft dominieren, und der planetarischen Grenzschicht (auch als Reibungsschicht bezeichnet), mit der die von der Erdoberfläche mehr oder weniger stark beeinflusste Luftschicht – und damit die dort vorherrschenden Windsysteme – beschrieben wird. Innerhalb dieser Grenzschicht und damit in relativer Bodennähe entstehen Luftströmungen, die man als antitriptische Winde bezeichnet. Zu ihnen gehören thermische Aufund Abwinde, Land- und Seewinde, Berg- und Talwinde. Derartige Luftbewegungen entstehen meist nach dem gleichen Prinzip: Aufsteigende Luftmassen finden sich über Gebieten, die sich infolge der Sonnenstrahlung rasch erwärmen (d. h. die Erdoberfläche hat eine verhältnismäßig geringe Wärmekapazität; z. B. Land) und absteigende Luftmassen kommen dagegen über benachbarten Gebieten mit geringerer Erwärmung (z. B. mit größerer Wärmekapazität wie beispielsweise das Meer) vor (Abb. 2.45). Tagsüber weht der Wind von den letztgenannten zu den erstgenannten Zonen (z. B. Seewind) und nachts gilt die Umkehrung (z. B. Landwind) [2.20]. Derartige lokale Luftzirkulationssysteme kommen in unterschiedlicher Ausprägung praktisch überall auf der Erde vor. Sie sind aufgrund ihrer Nähe zur Erdoberfläche für die Windkraftnutzung z. T. geeignet, häufig aber zu schwach ausgeprägt für eine kommerzielle Windstromerzeugung. Innerhalb der planetarischen Grenzschicht kommt es durch Reibung an der (rauen) Erdoberfläche zu einer Verringerung des geostrophischen Windes bzw. der Luftbewegung infolge lokaler Effekte bis zum Stillstand in unmittelbarer Nähe des Erdbodens. Das daraus im Mittel resultierende vertikale Profil der Windgeschwindigkeit ist in Abb. 2.46 für ausgewählte Oberflächenverhältnisse dargestellt. Die Veränderung der Windgeschwindigkeit mit der Höhe über Grund und und damit die Höhe der planetarischen Grenzschicht ist abhängig von der Wetterlage, der Bodenrauigkeit und der Topografie. Die Grenzschichtdicke variiert zwischen ca. 500 und 2 000 m über Grund. In dieser planetarischen Grenzschicht findet ein wesentlicher Teil des turbulenten, vertikalen Austauschs von Wärme (d. h. Energie) und auch von Wasserdampf zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre statt. Diese Grenzschicht wird in drei Schichten unterteilt.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

115

Freie Atmosphäre 2 000

Freie Atmosphäre Freie Atmosphäre

1 000

4,5

500

490

v~ h

0,4

Höhe über Grund in m

400

4,5

370

v~ h

0,28

300

Planetarische Grenzschicht

4,5

240

v~ h

200

0,16

100

1,4

2,2

35

3,1

0

große Gebäude

Bäume

Häuser

große Wasserflächen und Ebenen

Abb. 2.46 Höhenabhängigkeit der Windgeschwindigkeit (v Windgeschwindigkeit [m/s], h Höhe über Grund [m]; nach [2.5])

 Laminare Unterschicht. Diese erste Schicht ist sehr dünn; beispielsweise ist sie bei einem glatten Untergrund nur wenige Millimeter dick. Der Vertikalaustausch der Energie der Luftströmung erfolgt durch den Impuls von Molekül zu Molekül. In dieser Schicht ist die Luftströmung weitgehend turbulenzfrei.  Prandtl-Schicht. Die darüber liegende Prandtl-Schicht nimmt rund 10 % der Gesamthöhe der planetarischen Grenzschicht ein; damit liegt ihre Obergrenze in einigen 10 bis maximal ca. 100 m über Grund. Durch die in der Prandtl-Schicht turbulente Strömung werden Impuls, Wärme und Wasserdampf transportiert. In diesem Höhenbereich über Grund wird das Windprofil überwiegend durch die thermische Schichtung und die Bodenrauigkeit bestimmt; es zeigt einen mit zunehmender Höhe annähernd logarithmischen Verlauf (Abb. 2.47). Infolge dieser Geschwindigkeitszunahme erreicht die Windgeschwindigkeit an der Obergrenze der Prandtl-Schicht bereits etwa 70 bis 80 % der reibungsfreien Strömung, wie sie in der freien Atmosphäre (d. h. geostrophischer Wind) vorherrscht.  Ekman-Schicht. Die Ekman-Schicht, die sich über die verbleibenden rund 90 % der planetarischen Grenzschicht erstreckt, zeichnet sich insbesondere durch die Winddrehung aus. Während über Land der Bodenwind durchschnittlich mit einem Winkel von 30ı zu den Isobaren in den Tiefdruck hinein weht, findet in der Ekman-Schicht nahezu

B. Geyer et al. Freie Atmosphäre

Planetarische Grenzschicht

Abb. 2.47 Abhängigkeit der Windgeschwindigkeitszunahme von der Höhe über Grund von der Rauigkeit der Erdoberfläche (z0 Rauigkeitslänge)

Höhe über Grund

116

Geostrophischer Wind

kaum bis geringe Turbulenz

EkmanSchicht

Mittlerer Windgeschwindigkeitsanstieg über Grund für unterschiedliche Rauigkeitslängen z0 = 0,01 m z0 = 0,1 m z0 = 1 m

PrandtlSchicht Laminare Unterschicht

hohe Turbulenz Erdoberfläche

die vollständige Drehung des Windes in Richtung des geostrophischen Windes statt; d. h. der Strömungswinkel zu den Isobaren verringert sich in der Ekman-Schicht mit zunehmender Höhe und erreicht an der Obergrenze dieser Schicht die Richtung des geostrophischen Windes. Damit wird die Geschwindigkeit des geostrophischen Windes am oberen Rand der Ekman-Schicht erreicht [2.56]. Die Rauigkeit des Bodens, die insbesondere die Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe über Grund in der aus Sicht der Windkraftnutzung wesentlichen PrandtSchicht mitbestimmt, wird u. a. von Bewuchs und Bebauung beeinflusst. Über Oberflächen mit geringer Rauigkeit (z. B. Wasserflächen) nimmt die Windgeschwindigkeit in den unteren 10 % der planetarischen Grenzschicht (Prandtl-Schicht) mit zunehmender Höhe deshalb relativ schnell zu (Abb. 2.47). Unter diesen Bedingungen bildet sich nur eine relativ dünne planetarische Grenzschicht aus. Im Unterschied dazu wird über Gebieten mit hoher Bodenrauigkeit (z. B. Ortschaften) die Windgeschwindigkeit der freien Atmosphäre erst in größeren Höhen erreicht; die vertikale Zunahme der Windgeschwindigkeit über Grund erfolgt hier weniger schnell. Damit beeinflusst die Rauigkeit des Bodens / der Erdoberfläche die Zunahme der Windgeschwindigkeit über Grund. Deshalb wurde die sogenannte Rauigkeitslänge als ein Maß für die Bodenrauigkeit / die Rauigkeit der Erdoberfläche definiert; dies ist dann gleichzeitig ein Indikator für die durchschnittliche Zunahme der Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe über Grund. Tabelle 2.2 zeigt einige typische Werte. Außerdem zeigt Abb. 2.47 auch den Einfluss dieser Rauigkeitslängen auf den durchschnittlichen Anstieg der Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe über Grund. Demnach kommt es bei geringeren Rauigkeitslängen zu einer relativ schnelleren höhenbedingten Windgeschwin-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Tabelle 2.2 Exemplarische Rauigkeitslängen verschiedener Oberflächen (u. a. [2.21])

Art der Bodenbedeckung Glatte Oberfläche Schneefläche Sandfläche Wiese (je nach Bewuchs) Getreidefelder Wälder und Städte

117 Rauigkeitslänge in cm 0,002 0,01–0,1 0,1–1,0 0,1–10 5–50 50–300

digkeitszunahme im Unterschied zu größeren Rauigkeitslängen. Aus Sicht der Windkraftnutzung hat dies die praktische Konsequenz, dass über dem Meer die mittleren Turmhöhen von Windkraftanlagen deutlich geringer ausfallen können im Vergleich zu einer OnshoreWindkraftnutzung, da es infolge der geringen Rauigkeit auf See zu einer schnellen Windgeschwindigkeitszunahme mit der Höhe kommt. Ebenso wie die Rauigkeitslänge hat die thermische Schichtung in den bodennahen Atmosphärenschichten einen Einfluss auf die vertikale Änderung der Windgeschwindigkeit in der Prandtl-Schicht und damit im unteren Teil der planetarischen Grenzschicht, in der letztlich eine Windkraftnutzung heute technisch möglich ist. Beträgt z. B. die vertikale Temperaturabnahme 0,98 K/100 m, spricht man von einem (trocken-)adiabatischen Temperaturgradienten. Die Atmosphäre ist dann neutral geschichtet. In diesem Fall hat die thermische Schichtung keinen Einfluss auf das vertikale Windprofil. Ist demgegenüber der vertikale Temperaturgradient kleiner als der adiabatische Gradient, herrscht stabile Schichtung vor. Die Windgeschwindigkeit nimmt unter diesen Bedingungen schneller mit der Höhe zu. Bei labiler Schichtung (d. h. einem größeren vertikalen Temperaturgradienten als im adiabatischen Fall) fällt demgegenüber die Geschwindigkeitszunahme des Windes mit der Höhe geringer aus. Die Stabilität der thermischen Schichtung variiert mit der herangeführten Luftmasse, aber auch innerhalb einer solchen im Tagesverlauf. Dabei ist aber beispielsweise über dem Meer kein nennenswerter Tagesgang der Schichtungsstabilität zu verzeichnen, da die hohe spezifische Wärmekapazität von Wasser in Verbindung mit dem turbulenten Wärmetransport im Wasser dafür sorgen, dass sich die Temperatur der Wasseroberfläche im Tagesverlauf nur wenig ändert. Im Jahresverlauf hingegen wird aufgrund der verzögerten Temperaturänderung der Wasseroberfläche im Frühjahr eine Tendenz zu stabilen und im Spätherbst zu labilen Verhältnissen beobachtet. Über Landflächen ist der Tagesgang der Schichtungsstabilität bei kräftiger Sonneneinstrahlung demgegenüber sehr viel intensiver ausgeprägt, da die Wärmekapazität des Bodens i. Allg. deutlich geringer ist im Vergleich zu einem Gewässer. Dabei ist bei höheren Windgeschwindigkeiten i. Allg. die Annahme einer neutralen Schichtung gerechtfertigt, da aufgrund der turbulenten Durchmischung der Luftschichten Abweichungen vom neutralen Zustand weniger stark ausgeprägt sind [2.22]. Im unteren Geschwindigkeitsbereich kann jedoch eine Einbeziehung der Schichtungsstabilität in die Betrachtung des vertikalen Windprofils durchaus sinnvoll sein; bei Windenergieanlagen ist

118

B. Geyer et al.

Tabelle 2.3 Näherungswerte für Hellmann-Exponenten in Abhängigkeit vom Standort im Küstenbereich und der Schichtungsstabilität (nach [2.22]) Stabilität Labil Neutral Stabil

Freie Wasserfläche 0,06 0,10 0,27

Flache, offene Küste 0,11 0,16 0,40

Städte, Dörfer 0,27 0,34 0,60

das der Bereich von der Anlaufwindgeschwindigkeit bis vor Erreichen der Nennleistung (Kapitel 6.2). Zur quantitativen Beschreibung des vertikalen Windprofils der Prandtl-Schicht sind verschiedene Ansätze entwickelt worden. Viele Beschreibungen des Windprofils in Abhängigkeit von der Höhe über Grund sind jedoch aufgrund aufwändig zu bestimmender Größen für den allgemeinen Gebrauch ungeeignet; sie versprechen zwar in der Theorie gute Ergebnisse, sind aber vom einer Vielzahl für einen bestimmten Standort meist unbekannter Daten abhängig. Für ingenieurtechnische Anwendungen hat sich deshalb eine halbempirische Potenzgleichung – die Hellmann’sche Höhenformel – durchgesetzt. Der Ansatz nach Hellmann [2.23] (sogenannte Hellmann’sche Höhenformel) stellt eine relativ einfache Beschreibung dar, wie die Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe über Grund zunimmt; er ist nach Gleichung (2.29) definiert. Dabei ist vWi;h die mittlere Windgeschwindigkeit in der Höhe h und vWi;ref die Bezugsgeschwindigkeit in einer Referenzhöhe href (meistens 10 m). ˛Hell ist der Höhenwindexponent (Hellmann-Exponent, Rauigkeitsexponent); er ist eine Funktion der Rauigkeitslänge und der thermischen Stabilität in der Prandtl-Schicht.   h ˛Hell (2.29) vW i;h D vW i;ref href Tabelle 2.3 zeigt Näherungswerte von ˛Hell für verschiedene Oberflächen in Küstennähe und für unterschiedliche Schichtungen der Prandtl-Schicht bzw. der planetarischen Grenzschicht. Die genaue Einschätzung der Größe dieses Hellmann-Exponenten ist allerdings schwierig. Für längerfristige Betrachtungen des zu erwartenden Mittelwertes der Windgeschwindigkeiten in einer bestimmten Höhe der planetarischen Grenzschicht ist der Exponent ˛Hell primär eine Funktion der Rauigkeitslänge, da sich die anderen Einflüsse im Jahresmittel weitgehend ausgleichen. Trotz der mit Gleichung (2.29) verbundenen Unschärfen wird in der Praxis nach wie vor mit dieser Näherungsgleichung gearbeitet, da sie für nicht zu extreme Verhältnisse und nicht allzu große Höhen i. Allg. brauchbare Ergebnisse liefert [2.22, 2.24]. Einfluss der Geländestruktur Die Strömungsvorgänge in der planetarischen Grenzschicht werden zusätzlich von der Geländestruktur (d. h. der Orografie) beeinflusst, da aufgrund der nur geringen Kompressibilität der Luft das Strömungsfeld durch die lokale Orografie verändert wird. Dabei werden durch den Einfluss der (rauen) Erdoberfläche bei-

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.48 Anstieg der mittleren Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe über Grund im flachen Gelände (links) und auf einem überströmten Hügel (rechts); zur Erklärung der Formelzeichen siehe Text; nach [2.26]

119

Δh

Δh vWi (Δh)

vWi (Δh) + Δs (Δh)

Δsmax

hH

Hügel

0,5 hH …

l1/2

x

spielsweise auf beiden Seiten eines zu umströmenden Hindernisses Vertikalbewegungen bei den strömenden Luftmassen erzeugt. Zusätzlich wird die Horizontalströmung über der Luvseite beschleunigt und über der Leeseite abgebremst. Auch werden horizontale Umlenkungen der Strömung hervorgerufen [2.25]. Eine geschlossene analytische Beschreibung der Strömungsverhältnisse über beliebigen Geländeerhebungen ist jedoch nur schwer möglich, da die Form des Hindernisses in der Praxis kaum exakt zu erfassen ist; außerdem kann sie durch die Vegetation im Jahresverlauf verändert werden. Hinzu kommt, dass das Windprofil zusätzlich u. a. durch die Anströmrichtung, die Schichtungsstabilität und die Bodenrauigkeit beeinflusst wird. Deshalb wird der Effekt der Geschwindigkeitsänderung (Abb. 2.48) infolge der Orografie z. B. über dem Kamm einer Erhebung oft relativ angegeben und als Speed-Up-Ratio s oder kurz Speed-Up bezeichnet (Gleichung (2.30)). Hierbei bezeichnet vWi die mittlere Windgeschwindigkeit und h die entsprechende Höhe über Grund. Der Laufindex x bezeichnet den Schnitt durch die Erhebung; Gleichung (2.30) ist nur gültig, wenn x > 0 ist. Der Index a bezeichnet einen Punkt auf der Luvseite des Hügels, an dem die Strömung von diesem unbeeinflusst ist. s D

vW i;x .h/  vW i;a .h/ vW i;a .h/

(2.30)

Für flache zweidimensionale Hügelketten bzw. dreidimensionale Hügel kann die Näherung s D 2hH =l1=2 bzw. s D 1;6hH =l1=2 verwendet werden. Hier bezeichnet hH die Höhe des Hügels über dem umliegenden Land und l1=2 die sogenannte Halbwertslänge und damit die horizontale Distanz zwischen Gipfel und Halbwertshöhe (d. h. halber Höhe des Hügels). Beispielsweise kann sich für typische Werte (hH D 100 m; l1=2 D 250 m) eine Geschwindigkeitszunahme von rund 60 % oder mehr ergeben, die dann einen erheblichen Einfluss z. B. auf den Energieertrag einer Windkraftanlage hat (Kapitel 6.2). Die Höhe der maximalen Geschwindigkeitserhöhung über dem Gipfel liegt für die meisten flachen Hügel im Bereich von 2,5 bis 5,0 m [2.27, 2.28].

120

B. Geyer et al.

Windleistung Infolge der beschriebenen Zusammenhänge befinden sich die Luftmassen der Atmosphäre in einer permanenten Bewegung; dies gilt auch für die bodennahen Atmosphärenschichten, die einer Windkraftnutzung grundsätzlich zugänglich sind. Die kinetische Energie EWi dieser bewegten Luftmassen ist von der Luftmasse mWi und vom Quadrat der Windgeschwindigkeit vWi abhängig (Gleichung (2.31)). EW i D

1 2 mW i vW i 2

(2.31)

Der durch eine bestimmte Fläche hindurch tretende Luftmassenstrom m P W i bestimmt sich aus der durchströmten Fläche S, der Dichte der Luft Wi und der Windgeschwindigkeit vWi entsprechend Gleichung (2.32). m P W i D S W i

dx D S W i vW i dt

(2.32)

Mit den Gleichungen (2.31) und (2.32) kann damit die im Wind enthaltene Leistung PWi errechnet werden (Gleichung (2.33)). Demnach ist die Windleistung proportional der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit; sie hängt außerdem von der Dichte der Luft Wi und der durchströmten Fläche S ab. PW i D

1 1 2 3 m P W i vW S W i vW i D i 2 2

(2.33)

Aus Sicht einer technischen Nutzung der Windenergie ist die Dichte der Luft Wi nicht beeinflussbar. Damit wird die an einem bestimmten Standort technisch nutzbare Leistung von der vom Rotor überstrichenen Kreisfläche S und der Windgeschwindigkeit vWi beeinflusst; da letztere mit der dritten Potenz in die Leistungsberechnung eingeht, ist sie die wesentliche Windleistung – und damit letztlich auch die Leistung einer Windkraftanlage – bestimmende Größe. Da die Windgeschwindigkeit zudem höhenabhängig ist (siehe oben), waren die jeweils installierten Windkraftanlagen zur Stromerzeugung im Verlauf der letzten Jahrzehnte durch immer größere Turmhöhen gekennzeichnet, damit an einem gegebenen Standort eine höhere Windgeschwindigkeit – und damit eine entsprechend höhere Windleistung – technisch nutzbar gemacht werden kann. Gleichzeitig wurde die vom Rotor einer Windkraftanlage überstrichende Kreisfläche immer größer. Dadurch wurden die heute marktgängigen Multi-MW-Anlagen ermöglicht.

2.4.2

Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik

Windrichtungs- und -geschwindigkeitsmessung Die Windrichtung wird mit Hilfe von Windfahnen gemessen, die sich unter dem Winddruck bezüglich der jeweiligen Windrichtung ausrichten und dadurch die auf die Windfahne ausgeübte Kraft minimieren. Das Ergebnis kann mechanisch oder elektrisch auf ein Registriergerät übertragen werden.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

121

Bei Windgeschwindigkeitsmessern (Anemometern) unterscheidet man Momentanwertmesser und Mittelwertmesser. Momentanwertmesser sind u. a.  Druckplatten-Anemometer, bei denen der Winddruck eine senkrecht zur Windrichtung pendelnde Platte auslenkt;  Staudruckmesser, bei denen entweder der Pitot-Druck (d. h. der Druck im vorderen Staupunkt eines angeströmten Körpers (Pitot-Rohr)) oder der Staudruck gemessen wird (d. h. die Differenz zwischen Pitot-Druck und statischem Umgebungsdruck (Prandtl’sches Staurohr));  thermische Anemometer, bei denen sich die Temperatur von Heizdrähten o. ä. infolge der vorbeiströmenden Luftmassen ändert und diese Änderung messtechnisch erfasst wird;  Ultraschall-Anemometer messen die Geschwindigkeit in den drei Raumrichtungen; daraus kann die Horizontal- und die Vertikalgeschwindigkeit sowie die Windrichtung berechnet werden; außerdem können auch Turbulenzmaße bestimmt werden; derartige Messgeräte zeichnen sich durch eine sehr hohe Genauigkeit aus. Mittelwertmesser sind  Schalenkreuz-Anemometer, die entweder den Mittelwert der Windgeschwindigkeit über einige Sekunden (etwa 10 bis 30 s) oder den Windweg (d. h. das Produkt aus mittlerer Windgeschwindigkeit und Zeit) messen (Schalenkreuz-Anemometer sind die derzeit hauptsächlich eingesetzten Geräte zur Messung sowohl der 10 min-Mittelwerte als auch der 2 s-Bö);  Flügelrad-Anemometer, die grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten bieten wie Schalenkreuz-Anemometer. Windverteilung Werden an verschiedenen Orten gemessene langjährige Jahresmittel der Windgeschwindigkeit in 100 m über Grund auf die gesamte Gebietsfläche übertragen, zeigen sich die in Abb. 2.49 weltweit und in Abb. 2.50 für den deutschsprachigen Raum dargestellten Zusammenhänge. Bei der Analyse der in Abb. 2.49 gezeigten globalen Verteilung der Windgeschwindigkeit wird deutlich, dass die Küstengebiete der Erde oft vergleichsweise hohe mittlere Luftströmungsgeschwindigkeiten zeigen. Auch nehmen die Windgeschwindigkeiten vom Äquator, wo i. Allg. relativ geringe Luftströmungen vorkommen, ausgehend tendenziell in Richtung Norden und Süden zu. Weiterhin sind in Gebieten mit hohen Gebirgen die durchschnittlichen Geschwindigkeiten der strömenden Luftmassen i. Allg. höher im Vergleich zu Tiefebenen; diese generellen Tendenzen müssen aber nicht zwingend gegeben sein, wie ein Vergleich zwischen dem mittleren Westen Nordamerikas und dem Himalaya deutlich macht. Deutlich wird auch, dass die Windgeschwindigkeiten im Westwindgürtel überdurchschnittlich hoch sind. In Deutschland (Abb. 2.50) ist die Nordsee weit vor der Küstenlinie durch jahresmittlere Windgeschwindigkeiten von über 8 m/s (Angaben jeweils bezogen auf 100 m über

122

B. Geyer et al.

Abb. 2.49 Zonen ähnlicher Windgeschwindigkeit im Jahresmittel über Land in 105 m Höhe über Grund (Daten nach [2.14])

Abb. 2.50 Zonen ähnlicher Windgeschwindigkeit im Jahresmittel in Deutschland, Österreich und der Schweiz bezogen auf 105 m Höhe über Grund (nach [2.29])

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

123

Abb. 2.51 Zonen ähnlicher Windgeschwindigkeit in Teilen Mitteleuropas im Jahresmittel bezogen auf eine Höhe von 116 m über NHN

Grund) gekennzeichnet. Auf den ost- und westfriesischen Inseln bzw. im Wattenmeer und im Bereich der deutschen Ostseeinseln sind im langjährigen Durchschnitt mittlere Luftströmungsgeschwindigkeiten zwischen 7 und 8 m/s und ggf. darüber gegeben. An der Küste und im Binnenland liegen die Geschwindigkeiten niedriger. Beispielsweise werden an der Nordseeküste im Schnitt mittlere Windgeschwindigkeiten zwischen 6 und 7 m/s und im daran anschließenden Binnenland sowie an der Ostseeküste zwischen 5 und 6 m/s gemessen. Windgeschwindigkeiten in dieser Größenordnung kommen im Binnenland nur auf den Höhenlagen (bzw. den höchsten Erhebungen der Mittelgebirge sowie auf strömungsgünstig gelegenen einzelnen Bergen) vor. Dies sind im Wesentlichen der Harz, das Rothaargebirge, die Eifel, der Hunsrück, die Rhön, der Thüringer Wald, das Erzgebirge, der Bayerische Wald, die Schwäbische Alb, der Schwarzwald und natürlich die höheren Erhebungen der Alpen; letzteres wird insbesondere auch auf der Gebietsfläche Österreichs und der Schweiz deutlich (Abb. 2.50). Auf der verbleibenden Gebietsfläche Deutschlands herrschen im nördlichen Teil mittlere Windgeschwindigkeiten zwischen 4 und 5 m/s, im südlichen Teil in einigen Gebieten sogar teilweise unter 3 m/s vor. In geschützten Flusstälern in Süddeutschland oder in den Alpen können die jahresmittleren Geschwindigkeiten stellenweise sogar unter 2 m/s liegen. Abb. 2.51 zeigt zusätzlich Zonen ähnlicher mittlerer Windgeschwindigkeit in Teilen der Nord- und Ostsee. Dabei wird deutlich, dass insbesondere die Nordsee durch – verglichen mit den Gegebenheiten im Binnenland – sehr hohe mittlere Geschwindigkeiten der strö-

124

B. Geyer et al. 770

Jahresmittlere Windgeschwindigkeit in 50m über Grund 1 - 4,0m/s 4,1 - 4,5m/s 4,5 - 5,0m/s 5,1 - 5,5m/s 5,5 - 6,0m/s 6,1 - 6,5m/s >6,5 m/s Höhenlinien

790

750

780

820

800

600

0 81

500

450

800 770

Abb. 2.52 Beispiel für eine Windgeschwindigkeitsverteilung im Jahresmittel bezogen auf 50 m Höhe über Grund im komplexen Gelände im Binnenland (nach [2.5])

menden Luftmassen gekennzeichnet sind. Aus der Darstellung geht aber auch hervor, dass die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten mit zunehmender Küstennähe i. Allg. abnehmen und immer geringere Werte zeigen. Auch kommen in der Ostsee im Durchschnitt geringere mittlere Geschwindigkeiten vor als in der Nordsee; dies liegt an der insgesamt geschützteren Lage der Ostsee aufgrund der sie nahezu vollständig umgebenden Landflächen. Die in den Abb. 2.49, 2.50 und 2.51 dargestellten Windgeschwindigkeitsverteilungen wurden auf der Grundlage vergleichsweise weniger Messpunkte mithilfe entsprechender z. T. sehr komplexer Modelle ermittelt (u. a. [2.14, 2.29]). Bei einer kleinräumigen Analyse, wie es im Hinblick auf eine Nutzung der Windkraft bzw. für eine Evaluierung konkreter Windkraftanlagenstandorte notwendig wäre, können sich deshalb diese Zusammenhänge durchaus verschieben; dies gilt insbesondere im Binnenland und hier im Besonderen in Mittelgebirgslagen aufgrund der sehr komplexen Orografie. Abb. 2.52 zeigt exemplarisch die Verteilung der jahresmittleren Windgeschwindigkeit für einen Geländeausschnitt mit komplexer Orografie bezogen auf 50 m Höhe über Grund. Durch die eingetragenen Höhenlinien werden die innerhalb der Gebietsfläche befindlichen Hügel und Täler deutlich. Bei dem dargestellten Beispiel liegt in den Tälern die jahresmittlere Windgeschwindigkeit in der angegebenen Höhe aufgrund von Abschattungseffekten unter 4 m/s. Im Gegensatz dazu sind die Hügelkuppen frei anströmbar, sodass dort höhere Windgeschwindigkeiten im Bereich von z. T. über 6 m/s gegeben sind. Darüber hinaus

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

125

werden die bewegten Luftmassen beim Überströmen von Hügelformationen beschleunigt. Dies und die freie Anströmbarkeit führen auf den Bergkuppen zu diesen vergleichsweise hohen Windgeschwindigkeiten. Auf ebenen Flächen liegen demgegenüber die mittleren Geschwindigkeiten des Windes im Bereich von 4 bis 5 m/s. Derartige Karten der regionalen Verteilung der langjährigen Jahresmittel der Windgeschwindigkeit enthalten aufgrund der notwendigerweise gegebenen Unschärfen nur erste Anhaltspunkte zur Identifikation von Gebieten bzw. potenziellen Windkraftanlagenstandorten mit einem hohen Windenergieangebot. Für eine konkrete Standortevaluierung ersetzen sie deshalb keinesfalls eine Messung der lokalen Windgeschwindigkeiten, da diese von der Oberflächenrauigkeit in der Standortumgebung, eventuellen Hindernissen im Nahbereich, dem Geländerelief sowie von der Höhe über Grund erheblich beeinflusst werden; diese Größen sind in einem erheblichen Ausmaß von den lokalen Bedingungen vor Ort abhängig. Solche exemplarisch in Abb. 2.52 dargestellten Windgeschwindigkeitsverteilungen ermöglichen aber die Identifikation von Gebieten und ggf. von Standorten, an denen eine weitergehende Untersuchung bzw. eine Messung der Windgeschwindigkeitsverhältnisse im Jahresverlauf sinnvoll sein könnte.

6 4

Stundengang

2 0

0

5

10

15

20

25 30 35 Zeit in Minuten

40

45

50

55

10 8 6 4

Tagesgang

2 0

monats- bzw. tagesmittlere Windgeschwindigkeit in m/s

0

3

6

9

12 15 Zeit in Stunden

18

21

10 8

4 2 0

5

10

15

20

25 30 35 Zeit in Minuten

40

45

50

55

60

10 8

Tagesgang

6 4 2 0

24

Stundengang

6

0

60

stundenmittlere

stundenmittlere Geschwindigkeit in m/s

minutenmittlere

8

Geschwindigkeit in m/s

10

Geschwindigkeit in m/s

minutenmittlere Geschwindigkeit in m/s

Zeitliche Variationen Abb. 2.53 zeigt am Beispiel eines Standorts in Norddeutschland den Jahresgang mit monats- bzw. tagesmittleren Windgeschwindigkeiten, zwei Tagesgänge mit stundenmittleren Luftströmungsgeschwindigkeiten (30. und 300. Tag) und

0

3

6

9

12 15 Zeit in Stunden

18

21

24

10

Jahresgang 8 6 4 2 0

0

30

60

90

120

150

180 210 Zeit in Tagen

240

270

300

330

360

Abb. 2.53 Jahresgang sowie Tages- und Stundenganglinien gemessener Windgeschwindigkeiten am Beispiel eines Standorts in Norddeutschland (nach [2.5])

126

B. Geyer et al.

Abb. 2.54 Jahresmittlere Windgeschwindigkeiten an verschiedenen Standorten in Deutschland (Daten nach [2.18])

zwei Stundenganglinien auf der Basis minutenmittlerer Geschwindigkeiten (jeweils für die 12. Stunde). Demnach ist die Windgeschwindigkeit an diesem Standort durch einen schwach ausgeprägten typischen Jahresgang gekennzeichnet; d. h. in den Wintermonaten sind die Durchschnittswindgeschwindigkeiten etwas höher im Vergleich zu den Sommermonaten. In dem in Abb. 2.53 dargestellten Beispiel sind die Monate November und Dezember durch die merklich höchsten monatsmittleren Windgeschwindigkeiten gekennzeichnet. Demgegenüber zeigen die stunden- und minutenmittleren Windgeschwindigkeiten hier nur sehr eingeschränkt einen typischen Verlauf, der an einem speziellen bzw. konkreten Tag als charakteristisch erkennbar ist; das deutlich werdende Verhalten kann eher als stochastisch bezeichnet werden. Aus der Darstellung (Abb. 2.53) geht auch die Variationsbreite hervor, innerhalb der die tages-, stunden- und minutenmittleren Windgeschwindigkeiten während des dargestellten Zeitraums schwanken können. Werden beispielsweise die Variationen der minutenmittleren Luftströmungsgeschwindigkeiten bezüglich des Stundenmittelwertes analysiert, ergeben sich Variationen von ˙30 bis 40 %. Erkennbar ist aber auch, dass insbesondere die stundenmittleren Werte im Tagesverlauf an zwei aufeinanderfolgenden Stunden nicht signifikant voneinander abweichen; bei einem aufziehenden Gewitter und bei einem Frontdurchgang kann das aber ganz anders aussehen. Auch die jahresmittleren Windgeschwindigkeiten verschiedener Jahre sind durch sehr starke Unterschiede gekennzeichnet. Abb. 2.54 zeigt die Jahresmittel der Windgeschwindigkeiten an vier Standorten im Verlauf mehrerer Jahrzehnte. Beispielsweise schwankten demnach die jahresmittleren Windgeschwindigkeiten innerhalb des betrachteten Zeitraums auf dem Feldberg (Schwarzwald, Baden-Württemberg; 1 493 m ü. NHN) um einen

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.55 Jahresgänge der mittleren Windgeschwindigkeiten an verschiedenen Standorten auf der Erde (Daten nach [2.14])

127

12

Windgeschwindigkeit in m/s

2

10

8

6

4

2

0 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Zeit in Monaten Helgoland, Germany (54°10'N 7°51'E) Kuala Lumpur, Malaysia (3°38'N 101°41'E) Wellington, New Zealand (41°19'S 174°46'E)

Lanzarote, Canary Islands (29°00'N 13°40'W) Buenos Aires, Argentina (34°30'S 58°20'W)

langjährigen Mittelwert von rund 7,8 m/s; dabei sind in dem dargestellten Zeitraum Jahresmittelwerte zwischen maximal rund 9,1 m/s und minimal 6,4 m/s aufgetreten. Zu ähnlichen relativen Schwankungen kommt es auch an anderen Standorten innerhalb Deutschlands. Im Unterschied dazu sind die jahresdurchschnittlichen Windgeschwindigkeiten beispielsweise auf der Zugspitze (Wettersteingebirge, Bayern; 2 962 m ü. NHN) mit rund 7,2 m/s und auf dem Kahlen Asten (Rothaargebirge, Nordrhein-Westfalen; 841,9 m ü. NHN) mit etwa 6 m/s entsprechend niedriger. Insgesamt können damit die jahresmittleren Windgeschwindigkeiten – und damit letztlich auch die daraus mittels Windkraftanlagen bereitstellbare elektrische Energie – erheblichen Variationen unterworfen sein. Abb. 2.54 zeigt auch, dass die Variationen der dargestellten Jahresmittelwerte in einer ersten groben Näherung korreliert sind; häufig zeigen im gleichen Jahr alle drei dargestellten Berg-Standorte relativ höhere oder relativ niedrigere Jahresdurchschnittswerte bezogen auf den langjährigen Durchschnittswert. Dies lässt den Schluss zu, dass die Windgeschwindigkeiten an den dargestellten drei Standorten auch wesentlich über die meteorologische Großwetterlage bestimmt werden. Zusätzlich zu den drei Berg-Standorten zeigt Abb. 2.54 auch die Jahresmittelwerte der Windgeschwindigkeit an einer Messstation in Hamburg. Trotz der Küstenlage Hamburgs sind die hier gemessenen Werte im Vergleich zu den Berg-Standorten im Binnenland deutlich niedriger. Dies bestätigt den dargestellten Sachverhalt, dass exponierte Bergspitzen in Zonen höherer mittlerer Windgeschwindigkeiten liegen (siehe oben). Ebenso kann der Jahresgang in unterschiedlichen Jahren aufgrund der z. T. deutlich voneinander abweichenden meteorologischen Gegebenheiten ein sehr unterschiedliches Verhalten zeigen. Abb. 2.55 zeigt exemplarisch für fünf Standorte, die ein Spektrum der global vorliegenden Gegebenheiten widerspiegeln, die monatsmittleren Windgeschwindigkeiten im Jahresverlauf. Demnach wird an allen hier untersuchten Standorten ein mehr oder weniger ausgeprägter Jahresgang deutlich, der – je nach geografischer Lage – maxi-

B. Geyer et al.

Mittlere Windgeschwindigkeit in m/s

128

Zeit in Monaten

Abb. 2.56 Monatsmittelwerte gemessener 10 Minuten-Windgeschwindigkeitsmesswerte in 100 m Höhe (Bezugsjahr 2010; Fino steht für „Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee“; Fino 1 (Nordsee): N 54ı 000 53;500 E 6ı 350 15;500 , Fino 2 (Ostsee): N 55ı 000 25;300 E 13ı 090 15;100 , Fino 3 (Nordsee): N 55ı 11;70 E 7ı 9;50 ) [2.30]

male Werte in den Sommer- oder den Wintermonaten aufweisen kann. Auch zeigen die Jahresgänge der Windgeschwindigkeiten je nach Standort ein signifikant unterschiedliches Geschwindigkeitsniveau; dieses Niveau wird aber auch von den lokalen Gegebenheiten um die Messstation beeinflusst (u. a. Messhöhe, Abschattung). Zusätzlich zeigt Abb. 2.56 die Monatsmittelwerte gemessener 10 Minuten-Messwerte der Windgeschwindigkeit für Standorte in der Nord- und Ostsee. Deutlich wird, dass alle dargestellten Messstationen durch einen deutlichen Jahresgang gekennzeichnet sind, der minimale Windgeschwindigkeiten im Sommer und maximale Luftströmungsgeschwindigkeiten im Spätherbst bzw. im Winterhalbjahr zeigt. Im Vergleich zu den anderen dargestellten Jahresgängen auf Monatsbasis wird deutlich, dass die hier abgebildeten mittleren Luftströmungsgeschwindigkeiten auf einem vergleichsweise sehr hohen Geschwindigkeitsniveau von im Mittel zwischen 7 und 11 m/s liegen. Die Darstellung zeigt auch, dass die Messwerte für das dargestellte Jahr bei den beiden Messstandorten in der Nordsee deutlich besser korrelieren verglichen mit dem Ostseestandort. Dies liegt u. a. an der größeren Entfernung zur Küste und den über der Ostsee – im Vergleich zur Nordsee – durch die durchschnittlich dominierenderen Landflächen merklich stärkeren Abschattungseffekte. Eine ähnliche Tendenz, wie sie bereits in Abb. 2.55 und 2.56 deutlich wurde, zeigen auch die monatsmittleren Windgeschwindigkeiten, die, gemessen an vier Wetterstationen in Deutschland, zusammen mit dem jeweiligen Mittelwert in Abb. 2.57 gezeigt sind. Zusätzlich sind die aufgetretenen Maximal- und Minimalwerte sowie die Standardabweichungen dargestellt. Damit ist jede der in Abb. 2.57 präsentierten Wetterstationen durch einen typischen Jahresgang charakterisiert. Die Sommermonate sind demnach in Deutschland nahezu unabhängig von lokalen Einflüssen bzw. dem jeweiligen konkreten Standort durch unter dem Jahresmittel liegende Windgeschwindigkeiten gekennzeichnet. Demgegenüber herrschen im Verlauf des Winters im langjährigen Mittel überdurchschnittliche

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

129

Abb. 2.57 Mittelwerte gemessener monatsmittlerer Windgeschwindigkeiten (Mittelungszeitraum zwischen 1961 und 1998; Daten nach [2.16])

Luftströmungsgeschwindigkeiten vor. Beispielsweise schwanken die Monatsmittel der Windgeschwindigkeit auf dem Feldberg zwischen unter 6 m/s im Juli und August und über 9 m/s im Dezember und Januar. Auch die jeweiligen monatsmittleren Windgeschwindigkeiten können in unterschiedlichen Jahren deutlich variieren; d. h. der in Abb. 2.57 deutlich werdende Jahresgang muss nicht zwingend in dieser Deutlichkeit an einem konkreten Jahr erkennbar sein. Oft ist ein Standort im langjährigen Mittel durch einen charakteristischen mittleren Tagesgang gekennzeichnet, der jedoch an einem konkreten Tag teilweise deutlich, meist aber nur sehr eingeschränkt bzw. überhaupt nicht erkennbar ist; d. h. der in Abb. 2.58 deutlich werdende Tagesgang ist i. Allg. nur im langjährigen Mittel erkennbar. Mit Ausnahme weniger Standorte zeigt ein derartiger mittlerer Tagesgang einen Verlauf, der dem sogenannten Niederungs- oder Bodentyp entspricht (z. B. Norderney, Abb. 2.58). Während der Nachtstunden bis 6 Uhr früh weist die Windgeschwindigkeit hier ihr Minimum auf und steigt danach allmählich an. Um 9 Uhr morgens wird i. Allg. der Tagesmittelwert erreicht. Am frühen Nachmittag zwischen 14 und 16 Uhr ist die Geschwindigkeit dann maximal und fällt danach wieder ab. Zwischen 19 und 20 Uhr erreicht sie wieder den Tagesmittelwert und gegen Mitternacht bzw. kurz danach ihr Minimum. An einzelnen Tagen kann der Tagesgang der Windgeschwindigkeit wetterlagenbedingt erheblich von diesem mittleren jährlichen Tagesgang abweichen. Der beschriebene Tagesgang entspricht damit

130

B. Geyer et al. 7,5

7,5

7,0

7,0

6,5 6,0 5,5 5,0 Maximalwert Standardabweichung Mittelwert Standardabweichung Minimalwert

4,5 4,0

Stundenmittlere Windgeschwindigkeit in m/s

Stundenmittlere Windgeschwindigkeit in m/s

Hohenpeißenberg Maximalwert Standardabweichung Mittelwert Standardabweichung Minimalwert

6,5 6,0 5,5 5,0 4,5 4,0 3,5

3,5

Norderney 3,0

0

2

4

6

8 10 12 14 16 18 20 22 24 Zeit in Stunden

3,0

0

2

4

6

8 10 12 14 16 18 20 22 24 Zeit in Stunden

Abb. 2.58 Mittelwerte gemessener tagesmittlerer Windgeschwindigkeiten an unterschiedlichen Standorten (Daten nach [2.16])

dem Tagesgang der thermischen Schichtung bei störungsfreiem Wetter mit einer kräftigen Durchmischung der bodennahen Luftschicht während des Tages und stabiler Schichtung während der Nacht (u. a. [2.3, 2.10, 2.11]). In exponierten Gipfellagen (z. B. Hohenpeißenberg, Abb. 2.58) sowie in topografisch wenig gegliedertem Gelände oberhalb von 50 bis 100 m über Grund kehrt sich der Tagesgang der Windgeschwindigkeit um und entspricht dem sogenannten Höhentyp. Das Geschwindigkeitsmaximum wird in den Nachtstunden, das Minimum mittags oder nachmittags erreicht. Diese Umkehrung des mittleren Tagesgangs der Windgeschwindigkeit beim Höhentyp im Vergleich zum Bodentyp erklärt sich wiederum aus der unterschiedlichen thermischen Schichtung zwischen Tag und Nacht. Tagsüber weitet sich bei labiler Schichtung die planetarische Grenzschicht auf, wodurch der Wind in der Höhe abgebremst wird. Bei stabiler Schichtung in der Nacht ist die Luftströmung in der Höhe von der bodennahen Schicht abgekoppelt und erreicht häufig sehr hohe mittlere Windgeschwindigkeiten [2.20]. Im Bereich zwischen 50 und 100 m über Grund entspricht der mittlere Tagesgang der Windgeschwindigkeit dem sogenannten Übergangstyp. In dieser Höhenschicht tritt eine Doppelwelle mit zwei Geschwindigkeitsmaxima gegen Mittag und Mitternacht sowie zwei Minima am Morgen und Abend auf; insgesamt sind die Amplituden aber jeweils relativ klein [2.20]. Für eine Offshore-Windkraftnutzung ist die Abhängigkeit zwischen der Windgeschwindigkeit und der Wellenhöhe ein wichtiges Kriterium für die Auslegung der entsprechenden Windkraftanlagenfundamente. Deshalb zeigt Abb. 2.59 exemplarisch die

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

131

Signifikante Wellenhöhe in m

2

Windgeschwindigkeit in m/s

Abb. 2.59 Signifikante Wellenhöhe in Abhängigkeit der Windgeschwindigkeit bezogen auf 101 m über dem mittleren Meeresspiegel (NHN) an einem typischen Offshore-Windkraftanlagenstandort (hier: Standort der Forschungsplattform Fino 1 (N 54ı 000 53;500 , E 6ı 350 15;500 ) in der Nordsee etwa 45 km nördlich von Borkum in einer Wassertiefe von ca. 30 m; N Norden, O Osten, S Süden, W Westen) (Daten nach [2.57])

signifikante Wellenhöhe in Abhängigkeit der Windgeschwindigkeit an einem typischen Windkraftanlagenstandort in der Nordsee. Deutlich wird die nahezu direkt proportionale Zunahme der signifikanten Wellenhöhe mit der mittleren Luftströmungsgeschwindigkeit. Demnach können beispielsweise bei Windgeschwindigkeiten um die 25 m/s signifikante Wellenhöhen von mehr als 7 m erreicht werden. Die Darstellung zeigt aber auch die doch erhebliche Abhängigkeit der signifikanten windgeschwindigkeitsabhängigen Wellenhöhe von der Windrichtung. Beispielsweise werden bei diesem Standort bei einer bestimmten Windgeschwindigkeit bei nordwestlichen Windrichtungen i. Allg. die höchsten Wellenhöhen und bei Südost-Windrichtungen bei der gleichen Windgeschwindigkeit die relativ kleinsten signifikanten Wellenhöhen erreicht. Die strömenden Luftmassen sind auch durch eine sich jeweils mit der Zeit verändernde Strömungs- oder Windrichtung gekennzeichnet. Bestimmte Standorte können durch eine bevorzugte Windströmungsrichtung gekennzeichnet sein und andere durch Windrichtungen, die im Jahresverlauf zwischen den vier Windrichtungen näherungsweise ausgeglichen sein können. Exemplarisch zeigt Abb. 2.60 die windrichtungsabhängige Windgeschwindigkeitsverteilung in unterschiedlichen Höhen (50 m, 100 m, 175 m Höhe über Grund), die am Messmast der Universität Hamburg im Mittel der Jahre 2004 bis 2017 gemessen wurden. Demnach kommt an diesem Standort der Wind primär aus westlicher Richtung; Wind aus nördlicher Richtung ist demgegenüber sehr unwahrscheinlich. Auch wird deutlich, dass die Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe über Grund

132

B. Geyer et al. a

b

N 30°

330°

c

N 30°

330°

N 30°

330°

60°

300°

O

W

120°

240°

150°

210°

150°

210°

0 - 5 m/s

5 - 10 m/s

150°

210°

S

S

S

10 - 15 m/s

15 - 20 m/s

> 20 m/s

Abb. 2.60 Häufigkeit der Windrichtung im langjährigen Durchschnitt (April 2004 bis Dezember 2017) am Messmast der Universität Hamburg in einer Höhe von 50 m (a), 100 m (b) und 175 m (c) (Daten nach [2.58])

zunimmt, sich gleichzeitig aber die Windrichtungen nur sehr begrenzt verändern; dies gilt insbesondere für eine Höhe von 100 und 175 m über Grund, da hier der Einfluss der rauen Erdoberfläche (u. a. Gebäudebestand) entsprechend geringer ist im Vergleich zu einer Höhe von 50 m über Grund. Zusätzlich zeigt Abb. 2.61a die langjährig vorherrschenden Windrichtungen auf 90 m Höhe bei Fino 1; die Forschungsplattform Fino 1 befindet sich in der Nordsee etwa 45 km nördlich von Borkum in einer Wassertiefe von ca. 30 m in unmittelbarer Nähe des dort betriebenen Windparks Alpha Ventus, Borkum Riffgrund I und dem im Westen gelegenen

a

b

N 30°

330°

c

N 30°

330°

N 30°

330°

60°

300°

W

O

120°

240°

150°

210°

0 - 5 m/s

150°

210°

S

5 - 10 m/s

10 - 15 m/s

150°

210°

S

S

15 - 20 m/s

> 20 m/s

Abb. 2.61 Windrichtungsverteilung auf Fino 1 (a), Fino 2 (b) und Fino 3 (c) im Durchschnitt des Zeitraums 01/2008 bis 12/2017 (Fino steht für „Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee“; Fino 1 (Nordsee): N 54ı 000 53;500 E 6ı 350 15;500 , Fino 2 (Ostsee): N 55ı 000 25;300 E 13ı 090 15;100 , Fino 3 (Nordsee): N 55ı 11;70 E 7ı 9;50 ) (Daten nach [2.59])

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

133

Windpark Borkum. Demnach sind hier die Luftströmungen durch eine deutliche SüdwestRichtung geprägt. Dies gilt auch für den Standort Fino 2 (Abb. 2.61b); dieser Standort liegt in der Ostsee am Südrand der Untiefe Kriegers Flak rund 33 km nördlich der Insel Rügen im Dreiländereck Dänemark-Deutschland-Schweden in der Nähe des Windparks Baltic 2 und des Windparks Kriegers Flak. Demnach dominieren auch in der Ostsee Westund Südwest-Winde das Windregime (Abb. 2.61b). Fino 3, in der Nordsee rund 80 km westlich von Sylt im näheren Umfeld der Windparks Butendiek, DanTysk und Sandbank gelegen, weist im Unterschied zu den beiden anderen Offshore-Standorten auch größere Anteile der Windrichtungen im Bereich Südwest bis Nordwest auf (Abb. 2.61c). Deutlich wird an allen drei Standorten, dass Wind aus Nord / Nordnordost sehr unwahrscheinlich ist und dass mit den jeweils höchsten Wahrscheinlichkeiten der Wind aus Nordwest / West / Südwest weht. Häufigkeitsverteilung Gemessene Windgeschwindigkeiten können zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an verschiedenen Orten – trotz eines z. T. erkennbaren Tagesund Jahresgangs – sehr verschiedenartig sein; eine Vergleichbarkeit gemessener Zeitreihen ist nur schwer möglich. Aus Sicht einer Windkraftnutzung gilt dies insbesondere auch deshalb, weil letztlich die an einem potenziellen Standort nutzbare Windleistung bzw. der daraus über der Zeit erzielbare Energieertrag die primäre Zielgröße der Anlagenauslegung ist und hierbei die Windgeschwindigkeit mit der dritten Potenz in die Leistungsberechnung eingeht (Gleichung (2.33)). Deshalb werden Windgeschwindigkeitsmessreihen unterschiedlicher zeitlicher Auflösung durch ihre Verteilungsfunktionen charakterisiert; sie sind auf dieser Basis dann besser miteinander vergleichbar und auch im Hinblick auf einen potenziellen Windenergieertrag einfacher interpretierbar. Dazu werden die Messwerte klassifiziert und die Auftrittswahrscheinlichkeit der verschiedenen Klassen bezogen auf die Gesamtanzahl der Messdaten über diese Windgeschwindigkeitsklassen aufgetragen. Dabei zeigt sich immer ein typischer Verlauf dieser Häufigkeitsverteilung. Abb. 2.62 zeigt schematisch derartige Häufigkeitsverteilungen für einen Binnenland(geringste jahresmittlere Windgeschwindigkeit), einen Mittelgebirgs- (mittlere jahresmittlere Windgeschwindigkeit) und einen Küstenstandort (höchste jahresmittlere Windgeschwindigkeit). Demnach flachen die Häufigkeitsverteilungen mit ansteigender mittlerer Windgeschwindigkeit immer mehr ab; das Maximum der Kurve der Häufigkeitsverteilung sinkt hin zu geringeren Auftrittswahrscheinlichkeiten. Abb. 2.63, links, zeigt exemplarisch gemessene Verteilungen stundenmittlerer Geschwindigkeitsmesswerte an unterschiedlichen Standorten in einem Mittelgebirge. Dabei sind im Bereich der jahresdurchschnittlichen Windgeschwindigkeit jeweils die höchsten Auftrittswahrscheinlichkeiten gegeben. Sind die mittleren Luftströmungsgeschwindigkeiten relativ niedrig, nehmen diese Wahrscheinlichkeiten vergleichsweise schnell hohe Werte an, die jedoch nur auf einen kleinen Geschwindigkeitsbereich beschränkt sind. Mit zunehmender mittlerer Strömungsgeschwindigkeit nimmt die absolute Höhe der maximalen Auftrittswahrscheinlichkeit dann ab; gleichzeitig kommt es aber auch hier zu einem deutlich flacheren Verlauf der Häufigkeitsverteilung.

B. Geyer et al.

Häufigkeit in %

134 20

Küste (Nord- und Ostsee, Schleswig-Holstein)

18

Mittelgebirge (ohne Hochlagen)

16

Alpenvorland (600 ... 1 000 m Nordwest-Schwarzwald)

14 12 10 8 6 4 2 0 Wind- 1 stille

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

Windgeschwindigkeit in m/s

Abb. 2.62 Schematische Häufigkeitsverteilungen der Windgeschwindigkeit an unterschiedlichen Standorten 28

28

24

Standort A

Weibull

Standort B

Rayleigh

24

Standort D

20

16

12

Relative Häufigkeit in %

Relative Häufigkeit in %

Standort C 20

16

12

8

8

4

4

0

0

2

4 6 8 10 12 14 16 18 20 Windgeschwindigkeit in m/s

0

0

2

4 6 8 10 12 14 16 18 20 Windgeschwindigkeit in m/s

Abb. 2.63 Häufigkeitsverteilung von gemessenen Windgeschwindigkeiten für unterschiedliche Standorte (links) und eine entsprechende Annäherung für Standort B (rechts); nach [2.5]

Solche Verteilungen können mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen, die durch wenige Parameter beschreibbar sind, angenähert werden. Für die Windgeschwindigkeitsverteilung kommen dabei die Weibull- oder die Rayleigh-Verteilung in Frage (Abb. 2.63, rechts). Dabei wird meistens die Weibull-Verteilung als die allgemeiner definierte Verteilungsfunktion herangezogen. Die entsprechende Dichtefunktion ist nach

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

135

Tabelle 2.4 Form- und Skalierungsfaktoren der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit für verschiedene Standorte in Deutschland [2.31] Standort Helgoland List Bremen Braunschweig Saarbrücken Stuttgart

Jahresmittlere Geschwindigkeit in m/s 7,2 7,1 4,3 3,8 3,4 2,5

Skalierungsfaktor A in m/s 8,0 8,0 4,9 4,3 3,9 2,8

Formfaktor C 2,09 2,15 1,85 1,83 1,82 1,24

Gleichung (2.34) festgelegt. Dabei ist C der sogenannte Formparameter und A ein Skalierungsfaktor (Tabelle 2.4). vWi beschreibt die Windgeschwindigkeit. f .vW i / D

C  vW i .C 1/ . vW i /C e A A A

(2.34)

Daraus ergeben sich beispielsweise für verschiedene Standorte in Deutschland die in Tabelle 2.4 exemplarisch zusammengestellten Form- und Skalierungsfaktoren. Demnach nimmt der Formfaktor mit abnehmender jahresmittlerer Geschwindigkeit i. Allg. kleinere Werte an.

2.5 Lauf- und Speicherwasserangebot Martin Kaltschmitt, Klaus Jorde und Beate Geyer Von der gesamten auf die Erde eingestrahlten Sonnenenergie werden ca. 21 % bzw. 1;2  106 EJ/a für die Aufrechterhaltung des globalen Wasserkreislaufs aus Verdunstung und Niederschlag umgesetzt. Als kinetische und potenzielle Energie, die in den Flüssen und Seen der Erde gespeichert ist, stehen davon allerdings letztlich nur knapp 0,02 % bzw. 200 EJ/a für eine potenzielle technische Nutzung durch den Menschen zur Verfügung [2.32].

2.5.1

Grundlagen

Wasservorräte der Erde Die Wasservorräte der Erde, die fest (Eis), flüssig (Wasser) und gasförmig (Wasserdampf) vorliegen, umfassen insgesamt ein Volumen von knapp 1;4  109 km3 [2.32]. Tabelle 2.5 zeigt die globale volumenmäßige Aufteilung der verschiedenen Vorkommensmodifikationen von Wasser auf der Erde. Demnach nimmt der in der Atmosphäre enthaltene Wasserdampf mit 0,001 % nur einen verschwindend kleinen Prozentsatz am

136

B. Geyer et al.

Tabelle 2.5 Wasservorräte auf der Erde [2.32] Wasserdampf in der Atmosphäre (gasförmig) Wasser (flüssig) in Flüssen und Bächen Süßwasserseen Grundwasser Meeren Eis (fest) in Polareis und Gletschern Gesamtmenge

Volumen in 103 km3 ca. 13 ca. 1 ca. 125 ca. 8 300 ca. 1 322 000 ca. 29 200 ca. 1 360 000

Volumenanteil in % ca. 0,001 ca. 0,00001 ca. 0,009 ca. 0,61 ca. 97,2 ca. 2,15 100,0

gesamten auf der Erde vorhandenen Wasser ein. Auch der Anteil des Eises ist mit 2,15 % vergleichsweise gering. Demzufolge besteht der weitaus überwiegende Teil der globalen Wasservorräte mit rund 97,8 % aus Wasser in flüssiger Form, das vorwiegend in den Meeren konzentriert ist. Wasserkreislauf Der dargestellte Vorrat an Wasser auf der Erde befindet sich infolge der eingestrahlten Sonnenenergie in einem Kreislauf. Er wird im Wesentlichen durch eine Verdunstung aus den Weltmeeren und u. a. den Pflanzen und den Gewässern auf den Kontinenten gespeist (Abb. 2.64). Der größte Wasserlieferant der Atmosphäre sind dabei die Meere. Aus ihnen verdunstet etwa das Siebenfache an Wasser wie über dem Land. Dieses verdunstete Wasser wird als Wasserdampf innerhalb der Atmosphärenschichten infolge der globalen und lokalen Luftbewegungen z. T. sehr weiträumig und / oder teilweise nur lokal transportiert und schlägt sich anschließend u. a. als Regen, Schnee, Graupel oder Tau erneut auf die Erdoberfläche nieder. Dabei regnet typischerweise über dem Meer etwas

jährlicher Niederschlag (Regen und Schnee)

Atmosphäre

577·103 km3/a

Verdunstung vom Meer

Verdunstung vom Land

Niederschlag 116·103 km3/a

3

3

505·10 km /a

461·103 km3/a

Erdoberfläche

72·103 km3/a

Erde 47·103 km3/a

Abb. 2.64 Wasserkreislauf der Erde (1 km3 D 1 000 Mrd. L; Datenquelle nach [2.60])

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

137

weniger Wasser ab als dort verdunstet; d. h. über den Weltmeeren fällt etwa 50 000 km3 /a weniger Niederschlag als dort an Wasser verdunstet. Daraus resultieren entsprechend höhere Niederschläge auf dem Land und damit ein Nettoimport von Wasser von den Meeren über die Atmosphäre auf die Kontinente. Diese Niederschläge nähren hier Schneefelder, Gletscher, Bäche, Flüsse, Seen und Grundwasservorkommen. Das dadurch sich für die Weltmeere ergebende Wasserdefizit wird ausgeglichen durch Wasserzuflüsse vom Land zum Meer über Bäche und Flüsse sowie durch das Abschmelzen von Eis. Wird der weltweite Gesamtniederschlag auf die Oberfläche der Erde bezogen, ergibt sich ein durchschnittlicher Jahresniederschlag von rund 972 mm (1 mm entspricht 1 L/m2 ). Diese Werte variieren lokal erheblich; beispielsweise fällt in Wüstengebieten z. T. im Verlauf vieler Jahre überhaupt kein Regen; an exponierten Stellen u. a. an Bergaufstiegen können demgegenüber bis zu 5 000 mm und mehr im Jahresverlauf niedergehen. In Deutschland liegt das Jahresniederschlagsmittel bei etwa 766 mm und damit über dem für die Kontinente geltenden Jahresmittelwert von rund 745 mm. Von dem über Deutschland niedergehenden Wasservolumen von knapp 30 km3 /a verdunsten direkt oder indirekt etwa 62 %; die verbleibenden 38 % fließen als Oberflächen- oder Grundwasser ab. Dabei werden etwa 14 % des gesamten auf die Gebietsfläche Deutschlands niedergehenden Wassers von den Menschen in unterschiedlichster Weise (u. a. Landwirtschaft, Haushalte, Industrie) genutzt und anschließend zum größten Teil den Oberflächengewässern zugeführt. Die potenzielle Energie, die das Wasser in den wolken- bzw. regenbildenden Schichten der Atmosphäre erreicht, ist nur zu einem kleinen Teil nutzbar. Bei dem über den Weltmeeren abregnenden Teil setzt sich diese Energie dort im Wesentlichen in nicht gewinnbare Wärme um. Von dem auf die Kontinente niedergehenden Anteil verdunstet ein wesentlicher Anteil. Ein weiterer Teil versickert im Untergrund und nährt dort das Grundwasser; die entsprechende potenzielle Energie dieses Niederschlagsanteils ist damit ebenfalls nicht vollständig nutzbar, da Teile dieses Wassers erst an entsprechend tiefer gelegenen Quellen wieder zutage treten. Für eine potenzielle Nutzung steht deshalb letztlich nur das abfließende Oberflächenwasser zur Verfügung und damit nur etwa 36 % des auf die Kontinente niedergehenden Gesamtregenaufkommens. Davon ist nur die aus den jeweiligen Höhenunterschieden zwischen dem Ort des entsprechenden Niederschlags und dem Meeresspiegel resultierende potenzielle Energie theoretisch nutzbar. Ohne eine technische Nutzbarmachung wird diese Energie, die in den Wasserläufen bzw. den Seen gespeichert ist, durch Erosion im Flussbett sowie durch Wirbelbildung in thermische Energie auf einem Temperaturniveau nahe der Umgebungstemperatur umgewandelt. Niederschlag In der Erdatmosphäre sind in verschiedenen Atmosphärenschichten unterschiedliche Volumina an Wasserdampf enthalten. Dieser Wasserdampf geht dann in eine sichtbare Form über, wenn die Lufttemperatur unter den Taupunkt des Wassers sinkt und sich Wassermoleküle an Kondensationskernen (d. h. feinen, schwebenden Aerosolpartikeln) anlagern und kleine Wassertröpfchen bilden. Liegen die Temperaturen oberhalb des Gefrierpunktes, kann es dann zu Niederschlägen kommen, wenn sich Wolkentröpfchen

138

B. Geyer et al.

aneinander lagern (Koaleszenz) und nicht mehr von der Luftströmung getragen werden können (u. a. [2.3, 2.10, 2.11]). Je nach Größe und Entstehung des Niederschlags werden in der Meteorologie verschiedene Formen unterschieden.  Flüssiger Niederschlag. Bei Niederschlag in flüssiger Form spricht man von Regen. Es wird zwischen Nieselregen mit Tropfenradien zwischen 0,05 und 0,25 mm und „gewöhnlichem“ Regen mit Tropfenradien zwischen 0,25 und 2,5 mm unterschieden. Je nach Entstehung, Dauer und Wirkung des Regens kann u. a. noch zwischen Dauerregen, Konvektionsregen oder Frontregen unterschieden werden. Derartiger flüssiger Niederschlag kann auch aus Wolken fallen, die Eiskristalle enthalten (z. B. Gewitterwolken); auf dem Weg zur Erdoberfläche geht ein solcher Niederschlag dann i. Allg. von der festen in die flüssige Phase über.  Fester Niederschlag. Kondensiert der Wasserdampf nicht zu Wasser, sondern zu Eis, bilden sich Schneeflocken; diese sogenannte Resublimation kann nur bei Temperaturen unter 12 ı C stattfinden. Liegt die Lufttemperatur in den Luftschichten unter den Wolken auch unter dem Gefrierpunkt, kommt es zu einem Niederschlag in fester Form. Darunter versteht man u. a. Schnee, Schneegriesel, Eisnadeln, Graupel und Hagel. Schnee besteht dann aus Schneesternen oder anderen Arten von Eiskristallen, die entweder einzeln oder zu Flocken zusammengewachsen sein können (u. a. [2.3, 2.10, 2.11]). Graupel besteht demgegenüber aus kleinen, unregelmäßig geformten, gefrorenen Körnchen, die zwischen 2 und 5 mm groß sind. Gefrieren Regentropfen und lagert sich immer mehr Wasser an ihnen ab, das dann ebenfalls gefriert, entstehen Hagelkörner. Sie bestehen damit aus verschiedenen gefrorenen Wasserschichten und sind mindestens 5 mm groß. Zusätzlich wird Wasser noch in Form von Tau bzw. Reif von der Atmosphäre auf die Erdoberfläche abgegeben. Dies ist ebenfalls eine Form von Niederschlag, die sich durch Kondensation bzw. Deposition von gasförmigem Wasser bildet, wenn die Temperatur einer Oberfläche in unmittelbarer Nähe des Erdbodens unter dem Tau- bzw. Reifpunkt liegt. Konkret werden dabei unter Tau kleine Wassertröpfchen verstanden, die entstehen, wenn Wasserdampf aus der Luft an Pflanzen oder anderen Oberflächen kondensiert. Gefriert dieser Tau oder der sich ablagernde Wasserdampf und wird gleich zu Eis, nennt man das Reif. Zusätzlich können Nebel oder Wolken Wasserablagerungen oder, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, verschiedene Arten von Frostablagerungen bilden (u. a. [2.3, 2.10, 2.11]). Vom Niederschlag zum Abfluss Das als Niederschlag auf eine Landfläche innerhalb einer bestimmten Zeitspanne niedergehende Wasser wird im Boden oder kurzzeitig auf der Vegetation gespeichert, verdunstet erneut oder fließt in Bächen und Flüssen ab. Dabei kann für ein bestimmtes Gebiet (Abb. 2.65) das insgesamt verfügbare Wasser im Verlauf eines bestimmten Zeitabschnitts über die Wasserhaushaltsgleichung beschrieben werden

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.65 Wasserkreislauf mit Niederschlag N, Verdunstung V und unter- (u) bzw. oberirdischer (o) Abfluss A auf einem Gebiet mit der Oberfläche O (nach [2.32])

139

NO

N Meer

VO

A o,O VMeer

Au,O

Meer

O

(Gleichung (2.35)). Dabei ist N O der Niederschlag auf die Oberfläche O eines bestimmten Gebiets, Ao;O ist der oberirdische und Au;O der unterirdische Abfluss aus diesem Gebiet während der Zeitdauer t. V O ist die Verdunstung von der Oberfläche dieser Gebietsfläche und RO der Rückhalt bzw. die Retention (d. h. der im Boden zwischenzeitlich gespeicherte Anteil) während des gleichen Zeitraums. NO D .Ao;O C Au;O / C VO ˙ RO

(2.35)

Unter dem Niederschlag ist hier Schnee, Eis und / oder Wasser zu verstehen. Wird die Zeitdauer t genügend groß gewählt, kann der Rückhalt vernachlässigt werden, da er sich in einem entsprechend langen Zeitraum näherungsweise ausgleicht. Üblicherweise wird der Niederschlag allerdings in Form der Niederschlagshöhe ausgedrückt (d. h. als Quotient aus Niederschlagsvolumen und Oberfläche (N O /O) in mm). Dies gilt auch für die Abflusshöhe, die den Anteil der Niederschlagshöhe beschreibt, der effektiv zum Abfluss kommt und nicht verdunstet oder im Grundwasserstrom aus dem betrachteten Gebiet abfließt. Der sogenannte Abflusskoeffizient, definiert als Quotient aus Abfluss und flüssigem Niederschlag, beschreibt dabei, welcher Anteil der Niederschläge letztlich zum Abfluss gelangt. Er hängt – neben einer Vielzahl weiterer Parameter – insbesondere von den Niederschlägen und der Beschaffenheit des betrachteten Gebiets (u. a. Vegetation, Durchlässigkeit, Topografie) ab. Grundsätzlich steigt jedoch mit zunehmender Niederschlagshöhe auch der Abflusskoeffizient. Ausgehend von diesen Zusammenhängen kann das Abflussgeschehen eines bestimmten Gebiets beschrieben werden. Mit Kenntnis der Niederschläge, der Verdunstung und des Rückhalts lässt sich damit auch, zumindest qualitativ, das Abflussregime erklären; darunter wird der zeitliche Verlauf und die Größe der Abflüsse eines Flusses oder Baches verstanden. Dazu muss die eindeutige Zuordnung des Einzugsgebiets zum entsprechenden abfließenden Gewässer bekannt sein. Der einem betrachteten Punkt eines Flusslaufs zuströmende „Zufluss“ ist dabei gleich dem „Abfluss“ des betreffenden Einzugsgebiets;

140

B. Geyer et al.

er weist zeitliche Variationen auf, deren Umfang und Verlauf auch von Jahr zu Jahr i. Allg. sehr unterschiedlich sein können. Der Abfluss eines Einzugsgebiets hängt u. a. von der Fläche des Gebiets und von den auftretenden Niederschlägen ab. Dabei ist zu beachten, dass die das Einzugsgebiet begrenzende (oberirdische) Wasserscheide bei Vorliegen geneigter wasserundurchlässiger Schichten von der unterirdischen Wasserscheide z. T. deutlich abweichen kann. Der Abfluss eines bestimmten Gebietes kann dadurch z. T. erheblich vergrößert oder ggf. signifikant verkleinert werden. Niederschläge und Abfluss eines bestimmten Einzugsgebiets stehen nur in einem mittelbaren Zusammenhang, da der niedergehende Regen nur z. T. sofort abfließt. In Zeiten mit einem hohen Niederschlagsaufkommen treten durch die Bildung von Reserven Abflussverzögerungen auf; zu Ausnahmen kommt es dann, wenn die Böden bereits stark mit Wasser gesättigt sind. In Zeiten mit geringen Niederschlägen kommt durch Inanspruchnahme dieser Reserven ein vermehrter Abfluss zustande. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt treten zusätzliche Abflussverzögerungen durch Bildung von Schnee und Eis auf. Außerdem gehen Teile des Niederschlags für die Abflussbildung vollständig verloren – u. a. durch unmittelbare Verdunstung, durch indirekte Verdunstung über den Pflanzenbewuchs oder durch vermehrte Verdunstung infolge von Bewässerungsmaßnahmen. Dadurch und durch Stauungen ist der direkte Schluss von den fallenden Regenmengen auf den Abfluss nicht zulässig; eine genauere Erfassung muss vielmehr durch entsprechende Abflussmessungen erfolgen. Von Bedeutung für das Abflussgeschehen eines bestimmten Gebiets ist auch der Schneefall, da das im Schnee gespeicherte Wasser erst verspätet zum Abfluss kommt (d. h. erst mit der Schneeschmelze). Beeinflusst wird das Abschmelzen der Schneedecke dabei u. a. von der Lufttemperatur, der Globalstrahlung, dem Wind und der Topografie. Dabei kann die (plötzlich) einsetzende Schneeschmelze über gefrorenem Boden – ebenso wie ein starker Regen, der das Speichervermögen eines Gebiets übersteigt – zu Hochwasserereignissen führen. Extreme Hochwässer treten deshalb häufig bei einer Kombination von Schneeschmelze und starken Regenfällen, welche bei einer entsprechenden Schneedecke den Tauprozess zusätzlich beschleunigen, auf, wie es in den deutschen Mittelgebirgen im Frühjahr gelegentlich vorkommt. Leistung und Arbeitsvermögen des Wassers Infolge der Schwerkraft fließt das Wasser in einem Bach oder Fluss von einem Ort größerer geodätischer Höhe zu einem Ort niedrigerer Höhe. An beiden Orten besitzt das Wasser eine bestimmte, voneinander verschiedene, potenzielle und kinetische Energie. Zur Bestimmung dieser Energiedifferenz des abfließenden Wassers kann näherungsweise von einer stationären und reibungsfreien Strömung ausgegangen und Inkompressibilität unterstellt werden. Dann ist die hydrodynamische Druckgleichung nach Bernoulli [2.33] anwendbar; sie kann nach Gleichung (2.36) geschrieben werden. 1 2 (2.36) p C W a g h C W a vW a D const: 2

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

141

p ist der hydrostatische Druck, Wa die Dichte des Wassers, g die Erdbeschleunigung, h die Fallhöhe und vWa die Fließgeschwindigkeit des Wassers. Gleichung (2.36) kann so umgeformt werden, dass der erste Term die Druckhöhe, der zweite die Ortshöhe und der dritte die Geschwindigkeitshöhe darstellt (Gleichung (2.37)). p W a g

ChC

2 1 vW a D const: 2 g

(2.37)

Mit Gleichung (2.37) kann beispielsweise die in einen bestimmten Flussabschnitt nutzbare Fallhöhe hnutz bestimmt werden. Sie berechnet sich nach Gleichung (2.38) aus der geodätischen Höhendifferenz, den Druckunterschieden und den unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten des Wassers. Dabei handelt es sich um eine idealisierte Betrachtung ohne Berücksichtigung der in Wirklichkeit immer gegebenen Verluste. Unter realen Gegebenheiten ist deshalb von dieser Nutzfallhöhe noch die Verlustfallhöhe zu subtrahieren, die aus den Verlusten durch die Reibung der Wassermoleküle untereinander und mit der sie umgebenden Materie resultiert (Kapitel 7.1). hnutz D .h1  h2 / C

2 2 vW p1  p2 a;1  vW a;2 C W a g 2g

(2.38)

Mit meist genügend großer Genauigkeit kann – da die Komponenten in Gleichung (2.38), die durch die Druckunterschiede bzw. die Geschwindigkeitsunterschiede bestimmt werden, im Regelfall relativ klein sind – normalerweise der geodätische Höhenunterschied der Oberflächen zweier Wasserkörper in einem Fließgewässer (z. B. Bach, Fluss) als die nutzbare Fallhöhe angesehen werden. Die anderen Anteile in Gleichung (2.38) treten hauptsächlich innerhalb des hydraulischen Systems einer Wasserkraftanlage auf. Ausgehend davon kann die aus dem entsprechenden Wasserangebot resultierende Leistung PWa mit Gleichung (2.39) berechnet werden. Dabei ist qP W a der volumenbezogene Abfluss. Maßgebend für die Leistung des Wassers zwischen zwei Punkten ist also das Produkt aus Abfluss und nutzbarer Fallhöhe. Dabei lassen sich i. Allg. in Gebirgslagen vor allem große Fallhöhen erzielen, während im Tiefland in erster Linie der Durchfluss hohe Werte annimmt. PW a D W a g qP W a hnutz

(2.39)

Durch Integration von Gleichung (2.39) über die Zeit erhält man das korrespondierende Arbeitsvermögen der Wasserkraft. Es berechnet sich demnach aus der Dichte des Wassers, der Erdbeschleunigung, dem Abfluss innerhalb eines bestimmten Zeitraums und der nutzbaren Fallhöhe. Aus Sicht der technischen Wasserkraftnutzung an einem bestimmten Standort ist die Fallbeschleunigung g ebenso wie die Dichte des Wassers Wa unbeeinflussbar. Damit wird die potenziell nutzbare Leistung eines Wasserkraftanlagenstandortes primär durch

142

B. Geyer et al.

die nutzbare Fallhöhe hnutz und den nutzbaren Abfluss qPW a bestimmt. Im Sinne einer Maximierung der potenziell erschließbaren Leistung bzw. der im Verlauf einer definierten Zeitspanne (z. B. ein Jahr) nutzbaren Energie (Arbeit) muss damit einerseits die nutzbare Fallhöhe maximiert (z. B. durch Aufstau und ggf. eine künstliche Eindeichung des Gewässers) und / oder andererseits eine maximale Ausnutzung des nutzbaren Abflusses qPW a (z. B. durch die Umleitung anderer Bäche / Flüsse an den genutzten Standort) realisiert werden; beide Möglichkeiten werden – im Rahmen der vor Ort gegebenen Möglichkeiten und des gesetzlich Erlaubten – auch typischerweise umgesetzt. In einem natürlichen oder künstlichen Speicherbecken kann in niederschlagsreichen Zeiten ein bestimmtes Wasservolumen V Speicher zurückgehalten werden. Auch für derartige Speicher gilt die Wasserhaushaltsgleichung (Gleichung (2.35)), die den Zufluss, die Abgabe und auftretende Sicker- und Verdunstungsverluste beinhaltet. Für die Leistung und die Arbeit, die aus einem Speicherbecken bereitgestellt werden kann, gelten ebenfalls die bereits diskutierten Zusammenhänge. Die realisierbare Leistung bestimmt sich daraus, in welchem Zeitraum der Speicher entleert wird. Die gespeicherte Arbeit EWa ist dabei durch die Größe des Speicherbeckens (bzw. dem daraus entnehmbaren Inhalt) und damit vom gespeicherten nutzbaren Wasservolumen sowie der nutzbaren Fallhöhe definiert. Es gilt Gleichung (2.40). Aus energietechnischer Sicht ist damit ein Speicherbecken umso vielversprechender, je höher die nutzbare Fallhöhe und je größer das Speicher- bzw. das entnehmbare Wasservolumen ist. EW a D W a g hnutz VSpeicher

2.5.2

(2.40)

Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik

Messung wassertechnischer Kenngrößen Eine belastbare Abschätzung der Möglichkeiten einer Nutzung der Wasserkraft ist nur möglich auf der Basis verlässlicher Messgrößen. Deshalb werden nachfolgend die Techniken zur Messung der Niederschläge, des Abflusses bzw. des Durchflusses kurz erläutert (vgl. [2.32]). Niederschlagsmessung Die derzeit üblichen Niederschlagsmesser stellen gewissermaßen winzige Einzugsgebiete dar, für die eine Wasserbilanz erstellt wird. Typischerweise handelt es sich um relativ einfache Auffanggefäße, die als Niederschlagsmesser (Pluviometer) oder als Niederschlagsschreiber (Pluviografen) ausgeführt sein können. Bei der einfachsten Standardausführung eines Niederschlagsmessers wird der aufgefangene Niederschlag als Rückhalt bestimmt. Dazu dient ein zylindrisches Messgefäß, in dem jeder Anstieg des Spiegels einer bestimmten Niederschlagshöhe entspricht. Niederschlagsschreiber halten zusätzlich den Rückhalt kontinuierlich fest. Dies kann beispielsweise durch einen Schwimmerpegel in dem Sammelgefäß oder durch eine permanente Wägung dieses Gefäßes realisiert werden.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

143

Automatische Niederschlagsmesser verwenden heute meist einen „Kipplöffel“ oder eine Kippwaage (Niederschlagswippe). Bei solchen Systemen füllt sich jeweils eine der beiden Schalen mit dem aufgefangenen Niederschlagswasser. Ab einem bestimmten Gewicht des Wassers kippt diese Schale dann nach unten und entleert sich dabei. Aus der digital einfach aufzeichenbaren Anzahl der Kippbewegungen kann danach die Niederschlagsmenge automatisiert berechnet werden. Von dem abgelagerten festen Niederschlag (z. B. Schneeniederschlag) wird ausgehend von der gefallenen Schneedeckenhöhe mit dem sogenannten Schneeausstecher der Schneedecke eine vertikale Säule mit einem bestimmten Volumen entnommen. Diese Schneemenge wird geschmolzen und anschließend als Niederschlagshöhe angegeben. Abflussmessung Für die Abflussmessung in Fließgewässern werden im Wesentlichen drei unterschiedliche Methoden angewendet.  Messung der Fließgeschwindigkeit. Der Durchfluss ergibt sich als Flächenintegral der Fließgeschwindigkeit über der Durchflussfläche. Ist der Fließquerschnitt bekannt, kann mit einem horizontal angeordneten Propeller, der von der Strömung angetrieben wird, die Fließgeschwindigkeit gemessen und daraus der Durchfluss berechnet werden. Hierfür können auch magnetisch induktiv arbeitende Messgeräte oder Akustik-Doppler eingesetzt werden. Erfolgt dies bei unterschiedlichen Abflüssen, lässt sich die standortabhängige Wasserstands-Abfluss-Beziehung herleiten.  Wasserstandsmessung. Ist eine Beziehung zwischen Wasserstand und Abfluss vorhanden (z. B. aus Messungen, hydraulischen Berechnungen, Modellversuchen), genügt eine Messung des aktuellen Wasserstands mittels Latten-, Schwimm- oder anderen Pegeln. Aus der Abflusskurve kann dann der zugehörige Abfluss abgelesen werden. Wegen dieser einfachen Vorgehensweise eignet sich die Wasserstandsmessung für die langjährige automatische Aufzeichnung von Pegeldaten bzw. Abflüssen am besten.  Messung der Tracerkonzentration. Bei dieser Messmethode werden dem Fließgewässer flussaufwärts Salze oder Farbstoffe beigegeben. Flussabwärts wird dann die entsprechende Konzentration dieser Stoffe gemessen. Unter der Annahme, dass die Salz- oder Farbkonzentration über den gesamten Flussquerschnitt näherungsweise konstant und der Abfluss stationär ist, kann auf der Basis einer Salz- bzw. Farbbilanz der Abfluss bestimmt werden. Durchflussmessung Die Durchflussmessung in Rohrleitungen erfolgt meist mit einer eingebauten Messeinrichtung; sie ist deshalb im Regelfall einfacher als die Abflussmessung in Fließgewässern. Folgende Verfahren können zum Einsatz kommen.  Der Druckunterschied vor und nach einer Querschnittsänderung in der Druckrohrleitung korreliert mit einer Änderung der Fließgeschwindigkeit. Daraus lässt sich bei bekanntem Rohrdurchmesser der Durchfluss errechnen (Venturi-Rohr).

144

B. Geyer et al.

 Bei der Bewegung eines elektrischen Leiters senkrecht zu den Kraftlinien eines Magnetfelds wird im Leiter eine Spannung induziert, die messtechnisch erfassbar ist. Diese Spannungsänderung ist der Bewegung des elektrischen Leiters proportional. Ionen im Wasser stellen einen solchen Leiter dar. Sind der Rohrdurchmesser und die magnetische Induktivität bekannt, errechnet sich aus der gemessenen Spannung der Durchfluss.  Der Durchfluss durch eine Rohrleitung kann auch mit Hilfe von Ultraschall aufgrund der unterschiedlichen Schallgeschwindigkeit des Wassers gegenüber der Rohrleitung mit und gegen die Strömungsrichtung gemessen werden.  Mit in die Rohrleitung fest eingebauten Messflügeln, die über eine mechanische Verbindung einen Zähler antreiben, kann der Durchfluss in einer Rohrleitung bestimmt werden (z. B. Wasseruhren). Niederschlagsverteilung und -variationen Die Niederschlagsverteilung im weltweiten Durchschnitt und im deutschsprachigen Raum zeigen Abb. 2.66 und 2.67. Global gesehen, fallen die höchsten Niederschläge in den Tropen (Abb. 2.66); dort können bis zu 2 000 mm/a (1 mm entspricht 1 L/m2 ) und mehr erreicht werden. Richtung Norden und Süden nehmen dann die Niederschläge zunächst deutlich ab. Die auf die Tropen folgenden Wüstengebiete auf der Nord- und Südhalbkugel sind durch extrem geringe Niederschläge gekennzeichnet; hier gibt es Gebiete, in denen im Verlauf mehrerer Jahre überhaupt kein Regen fällt. Bewegt man sich von hier aus weiter Richtung Norden bzw. Süden, nehmen auch die durchschnittlichen Niederschlagsmengen wieder zu; sie erreichen aber nicht die Werte, die in den Tropen üblich sind. Insgesamt wird auch deutlich, dass in diesen Bereichen bestimmte Küstengebiete durch überdurchschnittlich hohe Niederschläge gekennzeichnet sind, da das Wasser vom Meer Richtung Land transportiert

Abb. 2.66 Globale Verteilung der mittleren Niederschlagshöhen (Daten nach [2.14])

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

145

Abb. 2.67 Mittlere jährliche Niederschlagshöhen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (Daten nach [2.5])

wird und sich in Küstennähe abregnet; dies gilt häufig insbesondere dann, wenn die Küsten zusätzlich gebirgig sind. In Deutschland werden die Niederschläge vor allem durch die Orografie und durch die Richtung Osten zunehmende Kontinentalität des Klimas beeinflusst (Abb. 2.67). Die Niederschläge variieren zwischen rund 500 mm im nördlichen Teil des Rheintalgrabens sowie Teilen von Brandenburg und mehr als 2 500 mm am Alpenrand. Regenreiche Gebiete befinden sich auch in den Mittelgebirgen; dies gilt beispielsweise insbesondere für den Schwarzwald und den Harz (Abb. 2.67). Auch sind die Alpenrepubliken an den höheren Erhebungen der Alpen durch entsprechend hohe Niederschlagsmengen gekennzeichnet. In einzelnen Jahren können die Niederschlagshöhen erheblich von den in Abb. 2.67 dargestellten vieljährigen Mittelwerten abweichen. Dies wird in Abb. 2.68 deutlich; hier sind die jährlichen Niederschlagshöhen an vier unterschiedlichen Standorten (Hamburg,

146

B. Geyer et al.

Abb. 2.68 Jährliche Niederschlagshöhen an verschiedenen Standorten in Deutschland zwischen 1961 und 2018 (nach [2.18])

Kassel, Berlin, Hohenpeißenberg) dargestellt. Demnach zeigen verschiedene Standorte ein z. T. deutlich unterschiedliches Niederschlagsniveau; beispielsweise fallen im langjährigen Durchschnitt auf dem Hohenpeißenberg – und damit im Alpenvorland – rund 1 160 mm Niederschlag und damit fast doppelt so viel wie in Berlin mit knapp 650 mm. Deutlich werden auch die z. T. erheblichen Variationen der Niederschlagssummen zwischen verschiedenen Jahren; beispielsweise war 2018 sowohl in Hamburg als auch in Berlin ein extrem trockenes Jahr. Auch sind die Niederschläge zwischen den einzelnen Standorten näherungsweise vergleichbar; häufig werden in bestimmten Jahren an allen Standorten relativ hohe Werte und in anderen Jahren entsprechend geringere Werte gemessen. Beispielsweise waren 1989 und 1991 vergleichsweise trockene Jahre; dies wird in der geringen Jahres-Niederschlagshöhe an allen dargestellten Standorten deutlich. Dieser Zusammenhang ist grundsätzlich auch auf andere Standorte in Deutschland übertragbar. Bei den Niederschlägen sind außer den Unterschieden zwischen verschiedenen Jahren auch z. T. erhebliche Schwankungen innerhalb eines Jahres festzustellen. Abb. 2.69 zeigt exemplarisch für fünf unterschiedliche Standorte, die auf der Nord- und Südhalbkugel lokalisiert sind, die monatsmittleren Niederschlagssummen. Demnach sind alle Orte durch einen mehr oder weniger ausgeprägten Jahresgang der Niederschläge gekennzeichnet. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von Abidjan (Elfenbeinküste), das im Juni zur Regenzeit sehr hohe und im Januar zur Trockenzeit extrem geringe Niederschläge zeigt. Andere Standorte zeigen zwei Maxima, wie es beispielsweise in Kuala Lumpur (Malaysia) der Fall ist. Auch wird deutlich, dass das Niederschlagsniveau an unterschiedlichen Standorten sehr verschiedenartig sein kann (z. B. Wüstenstandort Béchar (Algerien) vs. Tropenstandort Belém (Brasilien)).

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

147

Monatlicher Niederschlag in mm

600

500

400

300

200

100

0 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Zeit in Monaten Helgoland, Germany (54°10'N 7°51'E) Abidjan, Ivory Coast (5°26'N 3°58'W) Belém, Brazil (1°20'S 48°30'W)

Béchar, Algeria (31°38'N 2°18'W) Kuala Lumpur, Malaysia (3°38'N 101°41'E)

Abb. 2.69 Mittlere monatliche Niederschlagshöhen an verschiedenen Standorten auf der Welt (unterschiedliche Datenquellen)

Abb. 2.70 zeigt die mittleren monatlichen Niederschlagshöhen der bereits in Abb. 2.68 dargestellten Standorte. Demnach sind die mittleren Monatssummen an allen Stationen durch einen deutlichen Jahresgang gekennzeichnet; im Sommer und Spätsommer sind die Niederschläge überdurchschnittlich hoch und im Winter entsprechend niedrig. Deutlich ausgeprägter ist dieser saisonale Gang lediglich am Standort Hohenpeißenberg. Unabhängig vom Standort können zwischen verschiedenen Jahren die mittleren monatlichen Niederschlagshöhen deutlich voneinander abweichen. Dies geht aus den dargestellten Standardabweichungen, Minima und Maxima hervor. Aufgrund der im Verlauf eines Tages sehr ungleichmäßig fallenden Niederschläge ist die Angabe von mittleren Tagesganglinien nicht sinnvoll. Flusssysteme, Abflusshöhe und -verlauf Die aus dem Regen bzw. der Schneeschmelze und dem Abflussverhalten resultierende Abflusshöhe schwankt in einer ähnlichen Größenordnung wie der Niederschlag. Eine große Abflussgenerierung ist besonders am Alpenrand und in den Mittelgebirgen anzutreffen. Dabei wird der Abfluss unter normalen Bedingungen primär durch die Bäche und Flüsse realisiert. Deshalb zeigen die Abb. 2.71, 2.72 und 2.73 die wesentlichen Flusssysteme in Deutschland, Österreich und der Schweiz.  In Deutschland sind die beiden größten Flusssysteme, an denen signifikante und ggf. wasserwirtschaftlich nutzbare Abflüsse auftreten, zum einen der Rhein mit seinen Nebenflüssen Ruhr, Mosel, Main und Neckar (der Rhein mündet in die Nordsee) sowie zum anderen die Donau mit den Nebenflüssen Salzach, Inn, Isar, Lech, Iller und Am-

148

B. Geyer et al.

Abb. 2.70 Monatliche Niederschlagshöhen an vier Standorten in Deutschland (Mittelungszeitraum von 1961 bis 1999; Daten nach [2.16])

per (die Donau mündet ins Schwarze Meer). Daneben gibt es kleinere Flusssysteme wie das von Weser, Elbe und Oder mit ihren jeweiligen Nebenflüssen, die in die Nordbzw. Ostsee fließen. Viele der in Abb. 2.71 dargestellten Flüsse und deren Nebenflüsse führen zum einem bestimmten (z. T. großen) Anteil Wasser mit sich, das in Gebieten außerhalb Deutschlands als Niederschlag gefallen ist. Dieser sogenannte Fremdwasseranteil ist im Energieangebot, das sich aus den Niederschlägen über Deutschland ergibt, nicht enthalten; an einigen Flüssen, beispielsweise am Rhein, ist er infolge der Schmelzwässer u. a. aus der Schweiz beträchtlich.  Österreich verfügt über Fließgewässer mit einer Gesamtlänge von rund 100 000 km. Ein Großteil (96 %) der hier vorhandenen Bäche und Flüsse liegen im Flusseinzugsgebiet der Donau; nur einige wenige entwässern in Richtung Rhein und Elbe. Abb. 2.72 zeigt die wichtigsten Fließgewässersysteme Österreichs mit ihren jeweiligen Zuflüssen. Der jeweilige Verlauf der dargestellten Fließgewässer wird dabei primär durch die Orografie der Alpen bestimmt. Im Unterschied zu den Gegebenheiten in Deutschland, das gewissermaßen Abfluss und damit auch Wasserenergie aus Österreich importiert, ist dies aufgrund der geografischen Gegebenheiten in der Alpenrepublik nicht der Fall.  Auch in der Schweiz (Abb. 2.73) ist ein sehr weit verbreitetes und stark verästeltes Flusssystem vorhanden. Dies liegt – ähnlich wie auch in Österreich – an der Orographie der Alpen und der hier relativ hohen Niederschlagsmenge begründet. Insgesamt

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

149

Abb. 2.71 Flusssysteme in Deutschland

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Rhein Donau oberhalb des Inn Inn bis zur Salzach Salzach Inn unterhalb der Salzach Donau vom Inn bis zur Traun Traun Enns Donau von der Traun bis zum Kamp (ohne Enns) Donau vom Kamp einschließlich bis zur Leitha (ohne March)

11 12 13 14 15

March Leitha Rabnitz und Raab Mur Drau

10 11

10 10

6 9 5 7

12 2 1

14

3 15 Grenze des Flussgebiets

Abb. 2.72 Flusssysteme in Österreich (nach [2.62])

13

8

4

150

B. Geyer et al.

Abb. 2.73 Flusssysteme in der Schweiz [2.63]

summieren sich in der Schweiz die Bäche und Flüsse auf eine Gesamtlänge von rund 65 000 km. Viele der eher bedeutsamen Flüsse entspringen dem Gotthardmassiv; dies gilt u. a. für den Rhein, die Rhône und die Reus. Bedingt durch die in unterschiedlichen Jahren jeweils z. T. sehr verschiedenartigen Witterungsverhältnisse kommt es in den dargestellten Flusssystemen zu z. T. deutlichen jährlichen Unterschieden im Abflussverhalten. Tabelle 2.6 zeigt am Beispiel verschiedener Pegel an Inn, Mosel, Rhein und Saar die Mittelwerte, Minima und Maxima der Durchflussbzw. Abflussmengen. Die Minima stellen dabei ein extremes Trockenjahr, die Maxima ein extremes Nassjahr dar. Deutlich wird, dass es an einzelnen Pegeln in verschiedenen Jahren

Tabelle 2.6 Mittlere, maximale und minimale jahresmittlere Ab- bzw. Durchflüsse im langjährigen Durchschnitt an unterschiedlichen Pegeln (nach [2.34])

Inn (Eschelbach) Mosel (Cochem) Rhein (Rheinfelden) Rhein (Maxau) Saar (Fremersdorf)

Flusskilometer in km 87,7 51,6 148,3 362,3 48,5

Maximum in m3 /s 631 607 1 487 1 922 138

Mittel in m3 /s 369 311 1 030 1 250 74

Minimum in m3 /s 288 138 639 741 35

Zeitraum 1931–90 1931–91 1931–94 1931–94 1953–91

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Grundlagen des regenerativen Energieangebots

151

Abb. 2.74 Jahresabflussmengen an unterschiedlichen Neckarpegeln zwischen 1970 und 2016 (Daten nach [2.34])

zu Abweichungen von bis zu ca. C95 bzw. 60 % in der jahresmittleren Abflussmenge kommen kann. Abb. 2.74 zeigt exemplarisch die jährlichen Abflussmengen an unterschiedlichen Neckarpegeln. Auch hier werden die doch erheblichen natürlichen Schwankungen der Abflussmenge zwischen verschiedenen Jahren am gleichen Standort deutlich; beispielsweise variiert zwischen unterschiedlichen Jahren der Abfluss am Pegel in Rockenau um mehr als den Faktor 3. Erkennbar ist aber auch, dass das Niveau, auf dem die Abflussmengen liegen, zwischen den einzelnen in Abb. 2.74 dargestellten Neckarpegeln im Jahresverlauf durchaus vergleichbar ist; d. h. fallen überdurchschnittlich viele Niederschläge und liegen deshalb die Abflüsse über dem langjährigen Durchschnitt, dann ist dies i. Allg. an allen dargestellten Messstellen des Neckars der Fall. Dies kann bei Flüssen, die eine größere Gebietsfläche mit verschiedenartigeren meteorologischen und geografischen Gegebenheiten überdecken, auch anders sein. Diese doch z. T. erheblichen Schwankungen zwischen einzelnen Jahren können sich auch innerhalb eines Jahres fortsetzen. Dies wird in Abb. 2.75 deutlich, die exemplarisch für drei Fließgewässer in Österreich den langjährigen mittleren Jahresgang des Abflusses an bestimmten Messpegeln zeigt. Demnach gibt es Flüsse bzw. Bäche, die durch einen mehr oder weniger ausgeglichenen Jahresgang gekennzeichnet sind (d. h. im langjährigen Mittel sind die Schwankungen zwischen den Monaten nur gering). Im Unterschied dazu gibt es Fließgewässer, deren Abflüsse zwischen nahezu null in den Wintermonaten (d. h. Eisbildung) und sehr großen Abflüssen aufgrund der abschmelzenden Schneemassen während des Sommerhalbjahres schwanken können; die Gurgler Ache (Abb. 2.75) ist ein derartiges Beispiel. Sinngemäß gilt dies auch für andere Gebiete auf der Erde, die

152

B. Geyer et al. 3,5

Verhältnis zwischen monatlichem und jährlichem Abfluss

Abb. 2.75 Verhältnis des monatlichen zum jährlichen Abfluss exemplarisch für jeweils eine Messstelle an drei unterschiedlichen Fließgewässern in Österreich (nach [2.35])

Donau in der Nähe von Wien

3,0

Mattig in der Nähe von Jahrsdorf

2,5 Gurgler Ache in der Nähe von Obergurgl

2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 1

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12

Zeit in Monaten

beispielsweise durch eine Regen- und Trockenzeit gekennzeichnet sind und wo sich dadurch ebenfalls erhebliche Effekte auf die Abflussmengen in den dortigen Fließgewässern ergeben. Diese in Abb. 2.75 dargestellten Abweichungen vom langjährigen Mittel können aber in verschiedenen Jahren durch erhebliche Variationen und Unterschiede gekennzeichnet sein. Abb. 2.76 zeigt deshalb die langjährigen Mittelwerte der monatsmittleren Durchflüsse und die entsprechenden durchschnittlichen und maximalen Schwankungsbreiten am

Maximalwert Mittl. Hochwasser Mittelwert Mittl. Niedrigwasser Minimalwert

2 700

4 000

2 100

3 500

1 800

3 000

Abfluss in m3/s

Abfluss in m3/s

2 400

4 500

1 500 1 200

2 500 2 000

900

1 500

600

1 000

300

500

0

1

2

3

4 5 6 7 8 9 10 11 12 Zeit in Monaten

0

1

2

3

4 5 6 7 8 9 10 11 12 Zeit in Monaten

Abb. 2.76 Mittelwerte, mittlere und maximale Schwankungsbreiten des monatsmittleren Abflusses beispielhaft für einen Pegel am Neckar (links) und einen Pegel am Rhein (rechts) (Mittl. Mittleres; Daten nach [2.34])

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

153

700

3

Tagesmittlerer Abfluss in m /s

Rockenau 600

Rottweil Plochingen

500

Lauffen 400 300 200 100 0 1

30

60

90

120

150

180

210

240

270

300

330

360

Zeit in Tagen

Abb. 2.77 Gemessene (nach [2.5])

tagesmittlere

Abflussmengen an

unterschiedlichen Neckarpegeln

Beispiel der Pegel Rockenau am Neckar (Zeitraum von 1951 bis 1994) und Maxau am Oberrhein (Zeitraum von 1931 bis 1994). Neben der weit höheren Durchflüsse am Rhein geht aus Abb. 2.76 auch hervor, dass die jahreszeitliche Abflusscharakteristik am Neckar und am Rhein grundsätzlich unterschiedlich ist. Der Rhein ist aufgrund der im Wesentlichen erst im späten Frühjahr sowie im Früh- und insbesondere im Hochsommer einsetzenden Schneeschmelze in den Alpen durch einen maximalen Durchfluss in den Monaten Juni und Juli gekennzeichnet. Damit ist im (Hoch-)Sommer mit dem höchsten Wasserangebot des Rheins zu rechnen, obwohl ein Teil des Abflusses in dieser Zeit dazu genutzt wird, die am Oberlauf in den Alpen liegenden Speicherbecken zu füllen. Im Gegensatz dazu ist das Wasserangebot des Neckars durch ein Angebotshoch im Februar und März und durch einen minimalen Abfluss im Herbst gekennzeichnet. Da der Neckar im Wesentlichen durch Mittelgebirge gespeist wird (Schwarzwald, Schwäbische Alb), welche die Niederschläge in Form von Schnee kaum bis zum Frühjahr speichern, wirken sich die Regenfälle im zeitigen Frühjahr zusammen mit der gleichzeitigen Schneeschmelze unmittelbar auf die abfließende Wassermenge aus, zumal dann bei gefrorenem Boden nahezu das gesamte oberirdisch vorhandene Wasser abfließt (d. h. das Rückhaltevermögen des Bodens ist stark eingeschränkt). Das minimale Wasserangebot ist demgegenüber im Herbst gegeben, wenn unterdurchschnittliche Niederschläge fallen und außerdem die Verdunstung entsprechend hoch ist. Diese monatsmittleren Abflüsse können z. T. stark variieren; Abb. 2.77 zeigt beispielhaft die gemessenen tagesmittleren Abflüsse verschiedener Pegel des Neckars eines bestimmten Jahres. Insbesondere das Frühjahr ist hier durch relativ hohe und stark schwankende tagesmittlere Durchflüsse charakterisiert. Das Spätjahr ist demgegenüber durch geringe tagesmittlere Ab- bzw. Durchflüsse gekennzeichnet, die sich zudem zwischen

154

B. Geyer et al.

verschiedenen Tagen kaum unterscheiden. Abflussspitzen resultieren beispielsweise aus Unwettern mit hohen Niederschlagsmengen; fallen diese zusammen mit einer Schneeschmelze und damit zusätzlich weitgehend gefrorenem Boden, können sich kurzzeitig sehr hohe Abflussmengen ergeben. Derartige Zeitfenster maximalen tagesmittleren Abflusses sind durch einen schnellen Anstieg und einen anschließenden raschen Rückgang der Durchflüsse gekennzeichnet. Speicher Entsprechend der topografischen Voraussetzungen sind die Möglichkeiten einer Speicherung von Wasser regional sehr unterschiedlich. In Deutschland beispielsweise herrschen günstige Verhältnisse am Nordrand der Alpen; hier sind derzeit schon eine ganze Reihe von Speicherseen vorhanden. Der Forggensee dient beispielsweise den Laufwasserkraftwerken am Lech als Kopfspeicher. Teilweise werden auch natürliche Seen als Speicher genutzt; eine der ältesten Hochdruck-Wasserkraftanlagen in Deutschland arbeitet z. B. zwischen Kochel- und Walchensee. Die meisten Speicher haben jedoch Mehrfachfunktionen (u. a. Trinkwasserspeicher, Freizeit- und Badegewässer); dabei steht nicht immer die Energiegewinnung im Vordergrund. In den Mittelgebirgen finden sich weitere Speicherseen, die z. T. hauptsächlich der Energiegewinnung dienen (z. B. Pumpspeicherkraftwerke im Südschwarzwald), teilweise aber auch in erster Linie die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser sicherstellen sollen. Dies ist hauptsächlich in denjenigen Gebieten Deutschlands der Fall, wo aufgrund des geringeren Wasserangebots ohne Speicher Wasserversorgungsengpässe vorwiegend im Sommer auftreten würden. Typische Beispiele für Wasserspeicher für die Energiegewinnung stellen die Jahresspeicher in den Alpen dar, wie sie u. a. in Österreich und der Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten installiert wurden. Sie sind i. Allg. zum Ende des Winters leer und werden durch die Schneeschmelze im Einzugsgebiet und ggf. durch Überleitungen aus anderen Tälern während der Sommermonate wieder aufgefüllt. Während dieser Zeit geben sie nur wenig Wasser ab. Am Ende des Sommers sollten die Speicher dann vollständig gefüllt sein. Während der Wintermonate, die erfahrungsgemäß durch die höchste Energienachfrage im Jahresverlauf gekennzeichnet sind, in denen aufgrund von Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes praktisch kein Zufluss zum Speicher vorhanden ist, wird dann das gespeicherte Wasser verwendet. Die Speicher tragen damit auch zur Abflusserhöhung in den unterhalb gelegenen Flüssen bei.

2.6 Photosynthetisch fixierte Energie Iris Lewandowski Unter Biomasse im erweiterten Sinne wird jegliche Phyto- und Zoomasse verstanden, von der schätzungsweise 1;841012 t Trockenmasse auf den Kontinenten existieren. Phyto- oder Pflanzenmasse wird zum größten Teil von autotrophen Organismen gebildet, die in der Lage

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

155

sind, ihre Energie durch Umwandlung der Sonnenenergie im Prozess der Photosynthese zu gewinnen. Heterotrophe Organismen dagegen, die primär die Zoomasse bilden, sind für den Energiegewinn auf den Abbau anderer organischer Substanz angewiesen. Biomasse kann in Primär- und Sekundärprodukte unterteilt werden. Erstere entstehen durch direkte photosynthetische Ausnutzung der Sonnenenergie. Im Hinblick auf die Energiebereitstellung zählen dazu land- und forstwirtschaftliche Produkte aus einem Energiepflanzenanbau (u. a. schnellwachsende Bäume, Energiegräser) oder pflanzliche Rückstände, Nebenprodukte und Abfälle aus der Land- und Forstwirtschaft sowie der Industrie und den Haushalten (u. a. Stroh, Rest- und Altholz, organische Bestandteile im Haus- und Industriemüll). Sekundärprodukte entstehen durch Ab- oder Umbau der organischen Substanz in höheren Organismen (z. B. im Verdauungstrakt von Tieren); zu ihnen gehören u. a. Gülle und Klärschlamm.

2.6.1 Produktion organischer Masse durch Photosynthese Aufbau und Zusammensetzung der Pflanze Die Pflanze besteht aus der Sprossachse, den Blättern und der Wurzel. Mit letzterer ist die Pflanze im Boden verankert und über sie werden Wasser und Nährstoffe aufgenommen. Die Sprossachse trägt die Blätter, versorgt sie von der Wurzel her mit Wasser und Mineralien und leitet in den Blättern gebildete organische Substanzen zur Wurzel. Die Blätter dienen der Absorption des für die Photosynthese notwendigen Sonnenlichts. Über sie findet der Gaswechsel von Kohlenstoffdioxid (CO2 ), Sauerstoff (O2 ) und Wasserdampf (H2 O) bei Photosynthese, Atmung und Transpiration statt (Abb. 2.78). Zur Vermehrung bilden die Pflanzen Blüten, welche die Fortpflanzungsorgane tragen. Photosynthese Der wichtigste Prozess bei der Bildung von Biomasse ist die Photosynthese. Mit Hilfe von Lichtenergie wird durch diesen biologischen Prozess Kohlenstoff-

Abb. 2.78 Bildung und Zusammensetzung der Pflanzensubstanz (nach [2.5])

Sonne

Pflanze

Lichtenergie

CO 2 CO 2

Luft

O2 O2 , H 2O

H 2O

Boden

Nährstoffe

Zusammensetzung Pflanzentrockensubstanz in % C 40 - 47 H 6 O 40 - 44 N 1-5 P 0,05 - 0,8 K 0,3 - 5 S 0,05 - 8 Ca 0,3 - 5 Si 0,05 - 3 Mg 0,05 - 1 0,005 - 0,01 B 0,02 - 1 Cl 0,0002 - 0,002 Cu 0,005 - 0,1 Fe 0,002 - 0,03 Mn 0,001 - 0,01 Zn

Heizwerte organischer Verbindungen in MJ/kg Zucker 15,6 Stärke 17,9 Zellulose 17,8 Fette 36 - 40 Öle 36 - 40 Proteine 23,8 Lignin 24,0

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B. Geyer et al.

dioxid (CO2 ) aus der Luft aufgenommen und der darin enthaltene Kohlenstoff (C) in die Pflanzensubstanz eingearbeitet (Assimilation); d. h. es findet eine Umwandlung von Licht- bzw. Sonnenenergie in chemische Energie statt, indem aus gering-energetischen hoch-energetische chemische Verbindungen synthetisiert werden. Der Prozess der Photosynthese wird in die Prozesse der Licht- und der Dunkelreaktion unterteilt.  Bei der Lichtreaktion produziert die Zelle durch photochemische Reaktionen die für die Assimilation von Kohlenstoffdioxid (CO2 ) notwendige Energie. Hierbei entstehen neben Sauerstoff (O2 ) die energiereichen Substanzen Adenosin-Triphosphat (ATP) und Nicotin-Adenin-Dinucleotid-Phosphat (NADPH) sowie Wasserstoffionen (HC ).  Im Prozess der Dunkelreaktion, der ohne Licht stattfindet, werden die im ersten Prozess gewonnenen energiereichen Substanzen für die Assimilation von Kohlenstoffdioxid (CO2 ) wieder verbraucht. Das Endprodukt der Photosynthese sind Hexosen bzw. Zucker (C6 H12 O6 ). Die Summenformel für den Gesamtprozess beschreibt Gleichung (2.41). 6 CO2 C 6 H2 O

Licht

!

Chlorophyll

C6 H12 O6 C 6 O2

(2.41)

Die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid (CO2 ) und Wasser (H2 O) zu Hexosen findet in den Chloroplasten statt, die das grüne, lichtabsorbierende Pigment Chlorophyll enthalten. CO2 , das durch die Spaltöffnungen und die Zellzwischenräume (Interzellularen) der Pflanzen an die photosynthetisch aktiven Zellen herandiffundiert, wird dort an Ribulose-1,5-Diphosphat gebunden. Hierbei entsteht ein Molekül aus 6 Kohlenstoff-Atomen, das anschließend zerfällt. Unter Verbrauch von Adenosin-Triphosphat (ATP) und Nicotin-Adenin-Dinucleotid-Phosphat (NADPH) entsteht Phosphoglycerin-Aldehyd, eine Komponente von Kohlenhydraten (wie z. B. Glucose). Diese Kohlenhydrate dienen den Pflanzen sowohl als Energiequelle für ihre Stoffwechselprozesse wie auch als Bausteine für die zu bildende Pflanzensubstanz [2.36]. Bei diesem Weg der Photosynthese handelt es sich um den C3 -Typ, wie er für einheimische europäische Kulturpflanzen typisch ist. Der Name rührt daher, dass zuerst Phosphoglycerin-Säure, bestehend aus 3 C-Atomen, gebildet wird. Der sogenannte CO2 -Akzeptor der C3 -Pflanzen, der die Aufgabe hat, das CO2 zu binden, ist Ribulose-1,5-Diphosphat. Einige Kulturpflanzen, wie Mais, Zuckerrohr oder Miscanthus, die meist aus subtropischen Gebieten stammen, verwenden hingegen Phosphoenol-Benztraubensäure als CO2 -Akzeptor, das eine größere Affinität zu CO2 hat als der CO2 -Akzeptor der C3 -Pflanzen. Dabei entstehen zuerst Verbindungen, die aus 4 C-Atomen zusammengesetzt sind. Des Weiteren finden bei solchen sogenannten C4 -Pflanzen die Licht- und Dunkelreaktion in verschiedenen, räumlich voneinander getrennten Chloroplastentypen statt. Dies erlaubt es der C4 Pflanze, in den Chloroplasten der im Blatt außen liegenden Mesophyllzellen die CO2 -Bindung vorzunehmen und in den Chloroplasten der innen liegenden Bündelscheiden eine für die Assimilation vorteilhafte hohe CO2 -Konzentration aufzubauen.

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Grundlagen des regenerativen Energieangebots

157

Der Nutzeffekt der Photosynthese gibt an, wie viel Prozent der Strahlung von den Pflanzen durch die Photosynthese in Form von chemischer Energie gespeichert werden kann. Der Photosyntheseprozess verbraucht pro Gramm assimiliertem Kohlenhydrat 15,9 kJ. An Einzelblättern erreicht die Strahlungsausnutzung der Photosynthese unter günstigen Bedingungen bis zu 15 % (C4 -Gräser bis 24 %). Meist liegt der Wirkungsgrad jedoch nur bei 5 bis 10 % oder niedriger. Bezogen auf den gesamten Pflanzenbestand und unter Berücksichtigung der zeitlich und örtlich wechselnden Assimilationsbedingungen schwankt die photosynthetische Effizienz verschiedener Pflanzengesellschaften zwischen 0,04 % in Wüstenregionen bis 1,5 % in Regenwäldern. Bei landwirtschaftlichen Kulturpflanzen während ihrer Wachstumszeit liegt sie zwischen 1 und 3 % [2.37]. CO2 hat einen geringeren Energiegehalt als organische Moleküle. Diese Energiedifferenz wird von den Pflanzen bei der Atmung (d. h. beim Abbau der bei der Photosynthese gebildeten Kohlenhydrate (Dissimilation)) genutzt. Diese Energie wird dann für Stoffwechselvorgänge und den Aufbau verschiedener Bestandteile der Pflanzenmasse (z. B. Proteine, Fette, Zellulose) verwendet. Die Atmung, die mit steigender Temperatur zunimmt, ist mit einem Substanzverlust verbunden. In der Regel ist aber der Substanzgewinn durch die Photosynthese, die nur bei Licht stattfinden kann, größer als der Substanzverlust durch die Atmung, die sowohl bei Tag (Lichtatmung) als auch nachts (Dunkelatmung) stattfindet. Die Nettophotosynthese ergibt sich aus der Bruttophotosynthese abzüglich der Atmungsverluste. Sie beträgt bei C3 -Pflanzen bis zu 30 und bei C4 -Pflanzen 50 bis 90 mg CO2 bezogen auf eine Blattfläche von 100 cm2 und eine Stunde [2.38]. Ein Grund für die höhere Stoffproduktion der C4 -Pflanzen ist die durch die effektivere CO2 -Bindung und die beschriebene Trennung der Chloroplasten-Typen bedingte geringere Lichtatmung im Vergleich zu den C3 -Pflanzen. Weitere Energieverluste entstehen dadurch, dass sie langwellige Rückstrahlung und Wärmeabgabe durch die Wasserverdampfung betreiben, um die Temperatur auf physiologisch vertretbaren Werten zu halten. Abb. 2.79 zeigt den Nettobiomassegewinn eines Ökosystems am Beispiel eines Hainbuchenwaldes. Durch Ausnutzung von 1 % der eingestrahlten Sonnenenergie werden 24 t/(ha a) Biomasse (Trockenmasse) gebildet. Die Hälfte davon geht durch die Atmung der Pflanzen verloren. Ein Teil davon wird dem Boden als Spreu zugeführt und von den dort lebenden Mikroorganismen zersetzt. Die Nettospeicherung an Biomasse beträgt ca. 5,7 t/(ha a) oberirdisch und 2,4 t/(ha a) in Form von Wurzeln und Humus unterirdisch. Einfluss verschiedener Wachstumsfaktoren Die Biomassebildung an einem bestimmten Standort wird wesentlich durch die dort eingestrahlte Solarstrahlung, das jeweils verfügbare Wasser, die entsprechenden Umgebungstemperaturen, die Bodeneigenschaften, die Nährstoffversorgung und die realisierten pflanzenbaulichen Maßnahmen beeinflusst. Diese verschiedenen Einflussgrößen werden im Folgenden diskutiert [2.39]. Strahlung Die Nettophotosynthese hängt primär von der verfügbaren solaren Strahlung ab. Grundsätzlich steigt sie mit zunehmender Strahlungsintensität; dies gilt bis zu einem pflanzenspezifischen Sättigungspunkt. Wird demgegenüber die Strahlung sehr ge-

158

B. Geyer et al.

Abb. 2.79 Stoffbilanz einer Pflanzengesellschaft am Beispiel eines Hainbuchenwaldes (nach [2.36])

Sonneneinstrahlung 37 TJ/(ha a)

Bruttogewinn 24 t/(ha a)

Pflanzen-Atmung

12 t/(ha a)

Pflanzenfresser

0,3 t/(ha a)

Laub-Zersetzung

0,8 t/(ha a)

Humus-Zersetzung

2,8 t/(ha a)

unterirdische Speicherung

2,4 t/(ha a)

davon: Humus 0,4 t/(ha a) Wurzeln 2,0 t/(ha a)

5,7 t/(ha a) Speicherung überirdisch

100

UV

sichtbar

Infrarot

Transmission 80

Strah lun g in %

Abb. 2.80 Transmittierter, absorbierter und reflektierter Anteil der auf ein Laubblatt auftreffenden Strahlung in Abhängigkeit der Wellenlänge (nach [2.40])

60

Absorption

40

20

0 0,2

Reflexion

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

2,0

2,2

2,4

Wellenlänge in μm

ring, übersteigt die Veratmung zu Kohlenstoffdioxid (CO2 ) dessen Assimilation. Die solare Strahlungsintensität, bei der die veratmete CO2 -Menge gleich der assimilierten ist, wird Lichtkompensationspunkt genannt. Er liegt bei den meisten Pflanzen zwischen 4 und 12 W/m2 . Von der Strahlung, die auf eine Pflanze fällt, wird nur ein Teil absorbiert; der Rest wird reflektiert oder durchgelassen. Die Absorption von Strahlung im pflanzlichen Gewebe erfolgt selektiv (d. h. in Abhängigkeit von der Wellenlänge). Besonders im Bereich der Infrarotstrahlung von 0,7 bis 1,1 m durchdringt sehr viel Energie den Pflanzenbestand, ohne absorbiert zu werden (Abb. 2.80). Im Bereich des sichtbaren Lichts ist die Absorption im grünen Bereich besonders gering; deshalb erscheinen Pflanzenblätter als grün.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

159

Abb. 2.81 Abhängigkeit der Photosynthese bzw. der CO2 -Assimilation verschiedener Pflanzentypen von der Strahlungsintensität (verändert, u. a. nach [2.64])

Die Nettoeinstrahlung ergibt sich aus der nicht reflektierten Gesamtstrahlung und der langwelligen Rückstrahlung. Hierbei stellt der Reflexionskoeffizient das Verhältnis von reflektierter zu eingestrahlter Energie dar. Er hängt vor allem von dem Einstrahlungswinkel, der Oberflächenbeschaffenheit und der Farbe ab. Bei einem grünen Pflanzenbestand liegt der Reflexionskoeffizient zwischen 0,1 und 0,4. Die CO2 -Assimilation einzelner Blätter verschiedener Pflanzen steigt in Abhängigkeit von der Einstrahlung sowie vom Pflanzen- und vom Photosynthesetyp. Bei gleicher Einstrahlung ist dabei die Assimilation von C4 -Pflanzen höher als die von C3 -Pflanzen [2.41]. Dies wird auch in Abb. 2.81 deutlich; demnach ist beispielsweise Mais – im Unterschied zu Schattenkräutern – eine Pflanze, die das Sonnenlicht sehr viel besser im Vergleich z. B. zu Weizen ausnutzen kann. Wasser Grüne Pflanzen bestehen zu ca. 70 bis z. T. mehr als 90 % aus Wasser. Dabei ändert sich der Wassergehalt mit Art und Alter des Pflanzenorgans. Es nimmt sehr wichtige Funktionen in der Pflanze wahr; dazu zählen der Transport gelöster Stoffe und die Aufrechterhaltung des hydrostatischen Drucks, der das Gewebe straff hält. Wasser stellt auch bei allen Stoffwechselvorgängen wie z. B. der Photosynthese ein wichtiges Rohmaterial dar. Außerdem spielen sich fast alle biochemischen Reaktionen in wässriger Lösung ab. Der Wasserhaushalt einer Pflanze wird bestimmt durch die Wasseraufnahme, vorwiegend über die Wurzel, und die Wasserabgabe; letztere findet hauptsächlich durch Transpiration der Blätter statt. Ein Wasserdefizit entsteht, wenn die Wasserabgabe größer ist als die Wasseraufnahme. Dies kann bei starker Transpiration, geringer Wasserverfügbarkeit

30

30

25

25

Trockenmasse in t/(ha a)

Abb. 2.82 Schematische Nettoproduktivität der Pflanzendecke in Abhängigkeit vom mittleren jährlichen Niederschlag (links) und der mittleren Jahrestemperatur (rechts) (nach [2.42])

B. Geyer et al.

Trockenmasse in t/(ha a)

160

20 15 10 5 0

1 000 2 000 3 000 4 000

Mittlere Jahresniederschläge in mm

20 15 10 5 0

-10

0

10

20

30

Mittlere Jahrestemperatur in °C

im Boden oder einem gehemmten Stoffwechsel in der Wurzel der Fall sein. Die Wurzel nimmt das Wasser aus dem Boden über die Saugkraft der Wurzelzellen auf. Die Wasseraufnahmefähigkeit endet am Welkepunkt; hier ist der Bodenwassergehalt so gering, dass die Wasserhaltefähigkeit des Bodens die Saugkraft der Wurzel übersteigt. Die Biomasseproduktion der Pflanzen hängt direkt von ihrer Wasserversorgung ab. Jede Pflanzenart hat einen spezifischen Wasserverbrauch für die Massebildung. Der Transpirationskoeffizient beschreibt in diesem Zusammenhang die Wassermenge, die von der Pflanze für die Produktion von 1 kg Trockenmasse benötigt wird. C4 -Pflanzen wie Mais und Chinaschilf haben mit 220 bis 350 L/kg gebildeter Trockensubstanz die effizienteste Wasserausnutzung und damit den niedrigsten Transpirationskoeffizienten. Dies ist u. a. auf die dichte Anordnung ihrer photosynthetisch aktiven Zellen und dem damit verbundenen geringeren Transpirationsverlust zurückzuführen. C3 -Pflanzen wie Getreide und die zu den schnellwachsenden Baumarten zählenden Weiden benötigen 500 bis 700 L/kg. Potenziell ist die Biomasseproduktivität eines Standorts umso höher, je besser das Wasserangebot ist (Abb. 2.82, links). Temperatur Die Temperatur beeinflusst alle Lebensvorgänge; dies gilt insbesondere auch für die Photosynthese, die Atmung und die Transpiration. Die Pflanzen zeigen in ihrer Aktivität einen artspezifischen Optimumbereich (Abb. 2.83). C4 -Pflanzen zeichnen sich dabei durch ein höheres Temperaturoptimum (über 30 ı C) als C3 -Pflanzen (ca. 20 ı C) aus. Die untere Grenze für eine Photosyntheseaktivität, das Temperaturminimum, liegt bei den Pflanzen, die im kalten und gemäßigten Klima wachsen, bei wenigen Grad unter Null. Mit dem Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur (bis zu ca. 30 ı C) steigt auch das Biomasseertragspotenzial eines Standorts entsprechend an (Abb. 2.82, rechts); ob der Ertrag an einem bestimmten Standort auch wirklich ansteigt, wird dann von einer Vielzahl weiterer Größen (u. a. Wasserversorgung) bestimmt. Die Temperaturobergrenze für verschiedene Pflanzen liegt bei 38 bis 60 ı C, da oberhalb dieser Temperatur eine Zerstörung der Eiweiße – und eine dadurch bedingte verminderte

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

161

Abb. 2.83 Abhängigkeit der Photosyntheseleistung von der Temperatur (verändert, u. a. nach [2.64])

Enzymaktivität – und die Beschädigung der Membranen erfolgen (d. h. bestimmte organische Makromoleküle, aus denen die Pflanze besteht, werden thermisch zerstört). Dies führt zum Erliegen der Stoffwechselprozesse. Boden und Nährstoffe Der Boden entsteht durch Verwitterung der Erdkruste unter Mitwirkung von Mikroorganismen (Biosphäre); er besteht aus Mineralien unterschiedlicher Art und Größe sowie dem aus organischen Stoffen gebildeten Humus. Weiterhin enthält er Wasser, Luft und verschiedene lebende Organismen. Den Pflanzen bietet der Boden Wurzelraum, Verankerung und Versorgung mit Wasser, Nährstoffen und Sauerstoff. Wachstum und Entwicklung bzw. die Ertragsbildung der Pflanzen wird stark von den physikalischen, biologischen und chemischen Eigenschaften des Bodens beeinflusst. Zu den physikalischen Eigenschaften zählt zum einen die Mächtigkeit des Bodens (d. h. die Tiefe der oberen, für die Wurzeln der Pflanzen erschließbaren Schicht). Weitere physikalische Eigenschaften sind die Textur oder Körnungsgröße, der Anteil luftführender Poren und die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu halten sowie Wärme zu speichern bzw. abzugeben. Für ein optimales Pflanzenwachstum ist ein genügend großer Wurzelraum zur Erschließung von Nährstoffen und Wasser wichtig. Zu den chemischen Eigenschaften gehören u. a. der Nährstoffgehalt des Bodens und sein pH-Wert. Die biologischen Eigenschaften des Bodens werden durch das Vorkommen und die Aktivität von Bodenmikroorganismen bestimmt. Diese Organismen leben zum Großteil von der organischen Substanz, die dem Boden über abgestorbene Pflanzen zugeführt wird. Durch mikrobielle Aktivität werden Nährstoffe frei, welche die Pflanzen über ihre Wurzeln aufnehmen. Die nicht-mineralischen Nährelemente Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O2 ) werden von den Blättern der Pflanze aus der Luft aufgenommen. Im Gegensatz zum reichlich vorhandenen Sauerstoff ist Kohlenstoffdioxid (CO2 ) mit nur rund 0,04 Vol.-% und damit in einer sehr geringen Konzentration in der Luft vorhanden. Bei stärkerer Einstrahlung kann deshalb die CO2 -Versorgung der Chloroplasten die Produktionsrate eines Pflanzenbestands begrenzen (deshalb werden die Pflanzen in Gewächshäusern auch mit zusätzlichem CO2 „gedüngt“).

162

B. Geyer et al.

Die mineralischen Hauptnährelemente Stickstoff, Phosphor, Kalium, Calcium, Magnesium und Schwefel sowie die Spurenelemente Eisen, Mangan, Zink, Kupfer, Molybdän, Chlor und Bor müssen die Pflanzen weitgehend über die Wurzel aus dem Boden aufnehmen. Die Pflanze kann umso mehr Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufnehmen, je größer die Wurzeloberfläche ist (d. h. je besser sich die Wurzel entwickeln kann). Die Durchwurzelbarkeit sinkt aber mit zunehmender Dichtelagerung der Bodenbestandteile sowie mit dem Auftreten von Verdichtungszonen im Boden, die z. B. durch falsche Bodenbearbeitung verursacht werden können. Pflanzenbauliche Maßnahmen Neben den durch den natürlichen Standort vorgegebenen Faktoren wie Temperatur oder Niederschlag ist auch eine anthropogene Beeinflussung des Pflanzenwachstums durch pflanzenbauliche Maßnahmen möglich. Darunter fallen die Wahl der geeigneten Kulturpflanze für die jeweiligen Standortgegebenheiten, die Bodenbearbeitung, das Aussaatverfahren, die Düngung, der Pflanzenschutz und die Erntemaßnahmen (Abb. 2.84). Mit der pflanzenbaulichen Produktionstechnik soll das jeweilige Ertragspotenzial einer Pflanze an einem definierten Standort weitmöglichst umgesetzt werden. Die wichtigste Voraussetzung ist die Wahl einer an die ökologischen Bedingungen des Produktionsstandorts angepassten Pflanzenart. Dies betrifft sowohl die Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit als auch an die Niederschlagsmenge und deren (durchschnittlicher) jahreszeitlicher Verteilung sowie die mittlere Temperatur und ihren Verlauf. Pflanzenbauliche Maßnahmen

Standortbedingungen

Temperatur

Pflanzenart / -sorte Fruchtfolge

Wasser

Bodenbearbeitung Pflanzengesellschaft

Einstrahlung

Aussaat / Pflanzung Düngung Pflanzenschutz

Boden und Nährstoffe

Erntezeit und -technologie

Abb. 2.84 Faktoren, die den Erfolg der Pflanzenproduktion bestimmen

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

163

Bodenbearbeitungsmaßnahmen werden durchgeführt, um den Boden zu lockern, Ernterückstände sowie organische und mineralische Dünger einzuarbeiten, Unkraut zu bekämpfen und den Boden für die Saat vorzubereiten bzw. die Saat oder Jungpflanzen auszubringen. Zeitpunkt und Verfahren der Bodenbearbeitung müssen dem Zustand des Bodens sowie den Ansprüchen der Pflanzen angepasst werden. Die Fruchtfolge bestimmt die zeitliche Aufeinanderfolge der Kulturpflanzen auf einer bestimmten Anbaufläche. Der Fruchtfolgegestaltung sind biologische Grenzen gesetzt, da der Anbau derselben oder verwandter Kulturarten in aufeinanderfolgenden Jahren durch das Auftreten von Krankheiten beschränkt wird und Anbaupausen einzuhalten sind. Die zeitliche Abfolge der Kulturpflanzen muss außerdem so geplant werden, dass zwischen der Ernte der einen und der Aussaat der anderen Frucht genügend Zeit für eine Bodenvorbereitung liegt. Kulturarten mit frühen Saatterminen (z. B. Winterraps und -gerste) können daher beispielsweise nicht nach späträumenden Früchten wie Mais oder Zuckerrüben stehen. Unter der Düngung werden Maßnahmen verstanden, die unmittelbar die Nährstoffzufuhr zu den Pflanzen (z. B. mineralischer Stickstoffdünger) und die Eigenschaften des Bodens verbessern (z. B. Kalkung, Zufuhr von organischer Substanz). Die Höhe der Düngung orientiert sich an der durch die Pflanzen dem Boden entzogenen Nährstoffmenge. Die stärkste Ertragsbeeinflussung wird dabei i. Allg. durch eine Stickstoffdüngung erreicht, da das Stickstoffangebot im Boden meist der wesentliche ertragsbegrenzende Faktor ist und Stickstoff vor allem das Massenwachstum fördert. Stickstoff wird dem Boden entweder in Form von mineralischer oder organischer Düngung, über die Stickstoff-Fixierung der Leguminosen oder über den Regen als Eintrag aus der Luft zugeführt. Neben Stickstoff wird i. Allg. regelmäßig noch eine Düngung mit Phosphor und Kalium vorgenommen. Calcium ist neben seiner Funktion als Pflanzennährstoff auch wichtig für die Bodenfruchtbarkeit. Es beeinflusst den pH-Wert des Bodens und damit seine chemischen Reaktionen bzw. die Verfügbarkeit verschiedener Nährstoffe und es stabilisiert über seine brückenbildende Funktion das Bodengefüge. Abgesehen von Magnesium, das häufig in Kaliumdüngern enthalten ist, sind alle weiteren Nährstoffe meist ausreichend im Boden vorhanden und werden nur bei offensichtlichem Mangel appliziert. Pflegemaßnahmen während der Vegetationsperiode dienen der Verhinderung oder Bekämpfung von Unkraut sowie von Krankheits- und von Schädlingsbefall. Unkräuter konkurrieren mit den Kulturpflanzen um die Wachstumsfaktoren, vermindern somit ihr Wachstum oder drängen die Kulturpflanzen ganz zurück. Hierdurch kommt es meist nicht nur zu einem verminderten Biomasseertrag, sondern auch zu einer geringeren Qualität und / oder unerwünschten Beschaffenheit der geernteten Biomasse. Dieselben Auswirkungen werden durch den Befall mit Krankheiten und Schädlingen verursacht, die von den durch die Pflanzen erzeugten Photosyntheseprodukten und Reservestoffen leben. Vom Ernteverfahren hängt es ab, welcher Anteil und mit welcher Qualität der Biomasseaufwuchs der energetischen Nutzung zur Verfügung steht, wobei für eine verlustarme Ernte besonders auf den richtigen Erntezeitpunkt und die richtige Erntetechnik zu achten ist.

164

B. Geyer et al.

Eine quantitative Beziehung zwischen den Wachstumsfaktoren und den Erträgen landwirtschaftlicher Kulturpflanzen wurde durch Formulierung der Ertragsgesetze hergestellt. Demnach hängen die Möglichkeiten zur Ertragssteigerung nicht nur vom Beheben jener relativ im Mangel befindlichen Faktoren, sondern gleichzeitig auch von der Konstellation aller übrigen Wachstumsfaktoren ab.

2.6.2

Räumliche und zeitliche Angebotscharakteristik

Räumliche Angebotscharakteristik Die räumliche Angebotscharakteristik von Biomasse wird u. a. durch die Kombination aus Bodengüte, Niederschlagshöhe und -verteilung sowie den Temperaturverlauf und das Lichtangebot bestimmt. Abb. 2.85 zeigt exemplarisch für die globalen Gegebenheiten den langjährigen Durchschnitt des Nettobiomassezuwachses, ausgedrückt in jährlicher flächenspezifischer Kohlenstoffbindung. Diese Bindung von Kohlenstoff aus der Luft variiert zwischen 0 und über 1 200 g C/(m2 a); sie überdeckt damit eine Spanne von praktisch keiner Biomasseproduktivität (z. B. Wüsten) bis einer Produktion von umgerechnet 12 t/(ha a) an Kohlenstoff (C) oder rund 24 t/(ha a) Biomasse (Trockenmasse). Tropische Gebiete rund um den Äquator, in denen hohe Niederschlagsmengen mit hohen Temperaturen und einer ganzjährigen Vegetationsperiode – bei guten bis sehr guten Bodenverhältnissen – zusammentreffen, weisen dabei die höchste Biomasseproduktivität auf. In den meisten Regionen der Erde wird die Biomasseproduktion aber durch eine mangelnde Wasserversorgung limitiert; dies gilt insbesondere für viele an die Tropen in nördlicher und südlicher Richtung angrenzende Gebiete (d. h. Wüsten- oder Steppengebiete). Weiter in Richtung Nord- bzw. Südpol

Angaben in g C/(m 2 a)

0

200

400

600

800

1 000

1 200

Abb. 2.85 Durchschnittliche jährliche terrestrische Nettoprimärbiomasseproduktion [2.43]

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

165

Abb. 2.86 Ertragsniveaus von Winterweizen (links) und Winterraps (rechts) in Deutschland (Daten nach [2.44]; Bezugsjahr 2009)

sinkt die terrestrische Biomasseproduktivität zusätzlich vor allem durch eine Kombination aus niedrigen Temperaturen und kurzen Vegetationsperioden, um in Polnähe nahezu auf null zu gehen. Demgegenüber zeigen sich auf der Gebietsfläche Deutschlands deutlich geringere Variationen der Biomasseproduktivität. Während hier die Niederschläge und Temperaturen über größeren Gebieten nur relativ wenig variieren, differenziert aber die Bodengüte in sehr kleinräumigen Dimensionen. Gebiete hoher Biomasseproduktivität sind hier meist gekennzeichnet durch das Vorkommen von Böden mit hoher Güte bei einem ausreichenden Niederschlag. Verschiedene Kulturpflanzen haben jedoch sehr unterschiedliche Ansprüche an die Bodenverhältnisse sowie die Temperatur und die Niederschlagsverhältnisse; deshalb kann es zu z. T. erheblichen Abweichungen von diesen generellen Trends kommen. Abb. 2.86 zeigt exemplarisch für die Biomasseproduktivität in Deutschland das Ertragsniveau für Winterweizen und Raps in Stadt- und Landkreisen. Wenn beispielsweise Sandböden mit schlechter Wasserhaltekapazität und geringe Niederschlagsmengen zusammentreffen (z. B. Brandenburg), dann ist die Biomasseproduktion i. Allg. gering. Die Gebiete höherer Biomasseproduktivität beim Wintergetreideanbau sind meist gekennzeichnet durch das Vorkommen von Böden mit hoher Güte, wie dies in Börden mit Lößböden oder in Regionen mit Marschböden gegeben ist. Beispielsweise ist Schleswig-Holstein insbesondere durch eine hohe Bodengüte und weitgehend ausgeglichene

166

B. Geyer et al.

Niederschläge begünstigt. Weitere Zentren höherer Bodengüte und Biomasseproduktivität liegen in Deutschland in der Magdeburger Börde, der Kölner Bucht, in Sachsen und Teilen Thüringens bis zur Saale und großen Gebieten Mittelbayerns vor. Tendenziell überschneiden sich Zonen höherer Biomasseproduktivität von Winterweizen und Winterraps. Abweichungen resultieren aus unterschiedlichen Ansprüchen der Pflanzenarten an Boden und Niederschlagsverteilung im Jahresverlauf.

Strahlungsleistung

Zeitliche Angebotscharakteristik Der Zuwachs an Biomasse ist – allein schon durch die Abhängigkeit von der verfügbaren Solarstrahlung – durch deutliche tages- und jahreszeitliche Abhängigkeiten gekennzeichnet. Der tageszeitliche Verlauf der Photosynthese wird, da der Prozess strahlungsabhängig ist, von der eingestrahlten Sonnenenergie gesteuert (Abb. 2.87). Dabei nimmt die photosynthetische Aktivität mit zunehmender Einstrahlung zu, erreicht beim Höchststand der Sonne zur Mittagszeit typischerweise ihren Höhepunkt und nimmt zum Abend hin wieder ab. Eine Reduzierung der Strahlung durch Bewölkung vermindert die photosynthetische Aktivität. Der Jahresgang der Biomassebildung wird bestimmt durch den Verlauf von Temperatur und Tageslänge. Die Temperaturuntergrenze des Biomassezuwachses liegt bei den meisten Kulturpflanzen unter den in Mitteleuropa gegebenen klimatischen Bedingungen bei einer Tagesdurchschnittstemperatur von 5 ı C, die in Mitteleuropa i. Allg. zwischen März und Oktober / November erreicht wird. Liegt die Temperatur über dieser Grenze, steigt die photosynthetische Aktivität – und damit die Biomasseakkumulation – mit zunehmender Tageslänge und Temperatur an und hat, in Abhängigkeit von der Pflanzenart, im Nor-

CO2-Gaswechselrate

C4-Pflanze (z. B. Miscanthus)

C3-Pflanze (z. B. Raps)

6

8

12 10 14 16 Zeit im Tagesverlauf

18

h

Atmung Nettophotosynthese

Globalstrahlung

Abb. 2.87 Schematischer Tagesverlauf des CO2 -Gaswechsels (unten) in Abhängigkeit vom Strahlungsangebot (oben) (nach [2.45])

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

167

Tägliche Zuwachsraten (linke Achse)

300

100

300

225

al

zi ten

an Pfl

zen

pro

du

on kti

80

Po

60

75

0

Zuc ker rüb en

40

Kar tof fel

100

150

Wi nte rw eiz en

200

Ausnutzung der photosynthetisch wirksamen Belichtung (rechte Achse)

Lichtaufnahme in %

Brutto Netto

Potenzielle Erzeugung in kg TM/(ha d)

400

20

0

0 April

Mai

Juni

Juli

Aug.

Sept.

Okt.

Abb. 2.88 Biomassezuwachs unterschiedlicher Feldfutterpflanzen im Verlauf der Vegetationsperiode unter deutschen Gegebenheiten (TM Trockenmasse; nach [2.46])

malfall in den Monaten Mai bis August ihren Höchststand, wenn sie nicht durch andere Faktoren behindert wird (z. B. Trockenstress). Abb. 2.88 zeigt exemplarisch anhand von Winterweizen, Kartoffeln und Zuckerrüben unter den Bedingungen in Deutschland u. a. die potenzielle Biomasseerzeugung im Jahresverlauf. Dabei werden zunächst die doch signifikanten saisonalen Unterschiede deutlich. Beispielsweise zeigt Winterweizen bereits vergleichsweise früh im Jahr ein durchaus beachtliches Wachstum, das sich im Mai / Juni weitgehend an die potenziell maximal mögliche Biomasseproduktion annähert und dann aber ab Mitte des Jahres pflanzenphysiologisch bedingt zu einem Stillstand kommt. Demgegenüber sind Zuckerrüben erst deutlich später im Jahr durch hohe tägliche Zuwachsraten gekennzeichnet; sie erreichen erst im August die potenziell maximale Biomasseproduktion, können diese aber bis nahezu Ende Oktober (d. h. dem Erreichen der Temperaturuntergrenze des Biomassezuwachses) realisieren. Unter klimatischen Bedingungen, die von denen Mitteleuropas z. T. deutlich abweichen, zeigt der Zuwachs aufgrund veränderter meteorologischer Gegebenheiten z. T. eine völlig andere Charakteristik. Dies macht Abb. 2.89 deutlich. Hier ist der Biomassezuwachs (Trockenmassebezug) in unterschiedlichen klimatischen Zonen, wie sie auf der Erde vorkommen können, gezeigt. Demnach ist beispielsweise in den humiden Tropen im Verlauf des gesamten Jahres eine Biomasseproduktion auf einem vergleichsweise sehr hohen Niveau möglich. Demgegenüber liegt der Biomassezuwachs im borealen, alpinen Bereich auf einem deutlich niedrigeren Level; er beschränkt sich hier auf ein vergleichsweise kurzes Vegetationsaktivitätsfenster in den Hochsommermonaten. Entsprechend können die Biomasseproduktivitäten auch zwischen verschiedenen Jahren variieren, da an einem bestimmten Standort / einer definierten Region die Kombination der unterschiedlichen Produktionsfaktoren, die aus den jeweiligen Standortbedingungen und den pflanzenbaulichen Maßnahmen resultieren (Abb. 2.84), immer leicht unterschied-

B. Geyer et al. Trockenmasse-Zuwachs in kg/(ha d)

168 120

80

40

0 Frühjahr

Sommer

Herbst

Winter

Jahreszeit

Abb. 2.89 Trockenmasse-Zuwachs typischer landwirtschaftlicher Kulturpflanzen in unterschiedlichen klimatischen Zonen (nach [2.65])

lich sind. Diese überjährigen Variationen werden in Abb. 2.90 deutlich, welche die z. T. durchaus erheblichen Abweichungen der Winterweizenerträge vom Ertragsmittel der letzten 6 Jahre exemplarisch für Deutschland zeigt. Ähnliche Variationen kommen aber auch in anderen Ländern vor.

100

90

0,20

80

0,15 70

0,05

50

40

Abweichung

Ertrag in dt/(ha a)

0,10 60

0,00

30 -0,05

20 -0,10

10

0

Abweichung vom 6-Jahres-Mittel Absolutertrag -0,15

Abb. 2.90 Variation der Winterweizenerträge in Deutschland in Abhängigkeit vom Ertragsmittel der letzten 6 Jahre

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

169

2.7 Erdwärme Ben Norden und Martin Kaltschmitt Neben dem Energiestrom von der Sonne – mit den daraus resultierenden sekundären Energieströmen (z. B. Wind, Wasser) – und dem Energiestrom aus der Massenanziehung und Bewegung von Himmelskörpern strömt aus dem Innern der Erde ein weiterer (Erdwärme-)Energiestrom zur Erdoberfläche; dieser ist neben den genannten Energiequellen die dritte der Menschheit zur Verfügung stehende regenerative Energiequelle (Kapitel 2.1). Im Folgenden werden die Grundlagen dieser geothermischen Ressource dargestellt und diskutiert.

2.7.1

Grundlagen

In der Erde ist thermische Energie gespeichert. Der entsprechende Wärmeinhalt der Erde resultiert teilweise aus der Gravitationsenergie, die bei Entstehung der Erde vor etwa 4,5 Mrd. Jahren durch die Kontraktion von Gas, Staub und Gesteinsbrocken freigesetzt und nicht ins Weltall abgegeben wurde. Hinzu kommt eine eventuell von davor noch vorhandene sogenannte Ursprungswärme. Als weitere Wärmequelle, die zu dem in der Erde heute vorhandenen Energievorrat beigetragen hat und nach wie vor beiträgt, wirkt die Energiefreisetzung infolge des Zerfalls radioaktiver Isotope, die sich in der Erde befinden. Bei diesen radioaktiven Elementen handelt es sich um die natürlich vorkommenden wärmeproduzierenden Isotope U238 und U235 des Urans, Th232 des Thoriums und K40 des Kaliums. Ergänzend dazu wird in einem geringen Umfang auch durch chemische Prozesse, die ebenfalls in der Erde stattfinden, Wärme freigesetzt. Im Laufe erdgeschichtlicher Zeiträume hat sich die Erde, die nach ihrer Entstehung vermutlich sehr heiß war, sukzessive abgekühlt; d. h. im Verlaufe von Jahrmillionen wurde thermische Energie über die Erdoberfläche in den (kalten) Weltraum abgegeben. Da die Wärme aber nur über die Erdoberfläche an den Weltraum abgegeben werden kann und sie aus dem Erdinnern erst durch Wärmeleitung dorthin transportiert werden muss, finden sich im Erdinnern auch heute noch entsprechend hohe Temperaturen. Deshalb nimmt generell die Temperatur mit zunehmender Tiefe unter der Erdoberfläche zu; d. h. nach wie vor findet ein Wärmetransport aus dem Inneren der Erde in Richtung zur Erdoberfläche statt. Da der Aufbau der Erde nicht homogen (und nicht statisch) ist und unterschiedliche Gesteine / Gesteinsschichten aufgrund unterschiedlicher Zusammensetzung eine verschiedenartige Wärmeleitfähigkeit und eine unterschiedliche Wärmekapazität aufweisen, wird die Temperaturtiefenverteilung vor allem von den jeweiligen thermischen Gesteinseigenschaften (u. a. der Wärmeleitfähigkeit, der Wärmekapazität und der natürlichen radiogenen Wärmeproduktion infolge des unterschiedlichen Gehalts an radioaktiven Komponenten) und dem jeweiligen Wärmefluss aus dem Inneren der Erde beeinflusst. Daraus ergibt sich, dass die Wärme innerhalb der Erde nicht gleichmäßig verteilt ist.

170 Dichte in g/cm³ Geschwindigkeit in km/s 0 2 4 6 8 10 12 14 0 Dichte

2

Ob erf l äc he nw ell

S Wellen

Seismograph

3 4

P Wellen

5

el

rn

er n

Ke

6

4 3 2 1 Tiefe in 1 000 km

Kruste

er

er

6

antel rer M

inn

o be

ä

S-Wellen

r Mant

5

en

S-Wellen

ere unt

Tiefe in 1 000 km

1

Epizentrum

P-Wellen

rK ere uß

Abb. 2.91 Schalenaufbau der Erde anhand der physikalisch-chemischen Eigenschaften, Ausbreitung von Scher-(S-Wellen) und Kompressionswellen (P-Wellen) und Veränderung ausgewählter petro-physikalischer Parameter (Scher- und Kompressionswellen, Dichte) im Erdinnern (u. a. nach [2.47])

B. Geyer et al.

0

Erdaufbau Erdbeben verursachen Schallwellen, die als Abfolge von Verdichtungen der Materie (sogenannte Kompressionswellen) oder als Bewegungen senkrecht zur Ausbreitung (sogenannte Scherwellen) auftreten. Sie können mit auf der Erdoberfläche verteilten Empfängern (sogenannte Seismometer) gemessen werden. Durch eine geophysikalische Auswertung derartiger Messungen können im Erdinneren mehrere Diskontinuitäten lokalisiert werden; darunter sind Zonen / Bereiche zu verstehen, an denen sich die physikalischen Eigenschaften der Erde deutlich ändern. Ausgehend davon wurde der prinzipielle konzentrische Schalenaufbau der Erde abgeleitet (Abb. 2.91). Demnach reicht die Erdkruste – das ist die oberste Schale der Erde – unter den Kontinenten im Mittel bis in eine Tiefe von ca. 30 km; unter den Ozeanen, die etwas über 70 % der Erdoberfläche einnehmen, ist die Erdkruste im Schnitt nur rund 10 km tief (Tabelle 2.7). Die sogenannte Mohoroviˇciˇc-Diskontinuität trennt die Erdkruste vom Erdmantel; an dieser Grenzfläche kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Geschwindigkeit seismischer Kompressionswellen. Unter dem Erdmantel wird die in Richtung zum Erdinnern nächste Schicht der Erde verstanden (Abb. 2.92). Dieser Erdmantel ist wie die Erdkruste fest und reicht bis in eine Tiefe von ca. 3 000 km. Er umschließt den Erdkern, der sich zumindest im äußeren Teil (ca. 3 000 bis 5 100 km) wie eine Flüssigkeit verhält, da sich dort keine Scherwellen ausbreiten (Abb. 2.91). Vorstellungen über die Zusammensetzung dieser „Schalen“ wurden u. a. durch Spektralanalysen von Himmelskörpern, durch Messungen an vulkanisch ausgeworfenen Tiefengesteinen und durch Modellierungen von physikalischen und seismologischen Mes-

Tabelle 2.7 Physikalische Eigenschaften im Erdinnern Erdkruste Erdmantel Erdkern

Tiefe in km 0–30 bis 3 000 bis 6 370

Dichte in kg/dm3 2–3 3–5,5 10–13

Temperatur in ı C bis 1 000 1 000–3 000 3 000–5 000

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

171

Abb. 2.92 Aufbau der Erde

sungen erarbeitet. Bei einer vereinfachten Betrachtung besteht die obere Erdkruste bis ca. 20 km Tiefe aus Gesteinen mit weitestgehend granitischer Zusammensetzung; d. h. aus Sicht der chemischen Zusammensetzung überwiegen Silizium- und Aluminiumverbindungen (ca. 70 % SiO2 , ca. 15 % Al2 O3 , ca. 8 % K2 O/Na2 O). Im unteren Teil der Erdkruste nimmt dann der Silikatanteil ab und der Anteil an Eisenoxidverbindungen steigt an. Die zugehörigen Gesteine weisen überwiegend einen basaltischen Chemismus auf (ca. 50 % SiO2 , ca. 18 % Al2 O3 , ca. 17 % FeO/Fe2 O3 /MgO, ca. 11 % CaO). Der darunter liegende Erdmantel besteht im Wesentlichen aus dem Gestein Peridotit, welches aus dem Mineral Olivin mit der chemischen Mischformel (Mg,Mn,Fe)2 [Si2 O4 ] gebildet wird. Der Erdkern besteht vermutlich überwiegend aus Eisen (Fe) und Nickel (Ni); er wird deswegen auch als NiFe-Kern bezeichnet. Der oberste Erdmantel und die Erdkruste bilden die weitgehend starre Lithosphäre. Dies ist die äußerste Schicht bezogen auf den Schichtenaufbau der Erde (Abb. 2.91 bzw. 2.92). Sie umfasst die Erdkruste und den äußersten Teil des Erdmantels (d. h. den lithosphärischen Mantel). Die Lithosphäre ist dabei aus einzelnen Platten zusammengesetzt; sie werden als Lithosphärenplatten, tektonische Platten oder Kontinentalplatten bezeichnet. Die Lithosphäre ist in den Gebieten der Ozeane i. Allg. weniger dick ausgebildet als unter den Kontinenten. Diese Lithosphärenplatten „schwimmen“ auf einer weniger rigiden Schicht des obersten Erdmantels, der sogenannten Asthenosphäre, die zum Erdinnern hin durch die Mesosphäre begrenzt wird. Durch thermisch-physikalische Prozesse befinden sich diese einzelnen Kontinentalplatten dabei in Bewegung; dieser Vorgang wird als Plattentektonik bezeichnet. Dabei kommen eine Vielzahl unterschiedlicher Effekte zum Tragen, die u. a. auch die Möglichkeiten einer Nutzung der tiefen Erdwärme signifikant beeinflussen. Abb. 2.93 zeigt einige dieser Effekte; demnach gibt es Bereiche der Erdkruste, an der das heiße Tiefengestein relativ weit an die Oberfläche tritt und Gebiete, an denen das Gegenteil der Fall ist. Die diese Effekte beschreibende Theorie der Plattentektonik liefert eine Erklärung für wesentliche geodynamische Vorgänge wie z. B. die Bildung neuer Ozeane und neuer Erdkruste, das Abtauchen von Platten oder den Vulkanismus an den Rändern von Lithosphärenplatten (z. B. den sogenannten „Ring of Fire“ um den Pazifik). Die Veränderung der geographischen Lage von

172

B. Geyer et al. Ozeanrücken

Graben

Gebirge

Kontinent

Ozean Kruste

Kruste

Plattenbewegung Gesteinsschmelzfluss

Abb. 2.93 Schematische Darstellung ausgewählter infolge der Plattentektonik stattfindender Effekte

Kontinenten über geologische Zeiträume hinweg bestimmte dabei die Ablagerung und Versenkung von Sedimentgesteinen, welche heute als geothermische Reservoire genutzt werden können. Temperaturgradient Infolge des heißen Erdkerns und der kühleren Erdoberfläche stellt sich ein Wärmefluss und damit ein Temperaturgradient zwischen dem Erdinnern und der Erdoberfläche ein. Dies manifestiert sich in einer Temperaturzunahme innerhalb der starren äußeren Erdkruste (Lithosphäre), die durch Tiefbohrungen nachgewiesen werden kann. Dieser Temperaturanstieg beträgt im Mittel 30 K/km. Je nach der lokalen / regionalen geologischen Situation und den jeweiligen thermischen Eigenschaften kann diese als geothermischer Temperaturgradient bezeichnete Zunahme der Temperatur mit der Tiefe sehr unterschiedlich sein (Abb. 2.94). Einige dieser z. T. erheblichen Unterschiede können dabei auch durch die Plattentektonik erklärt werden (Abb. 2.93). Während in alten Kontinentalgebieten – dies sind Gebiete auf den einzelnen Lithosphärenplatten, die weit entfernt von den jeweiligen Kontinentalrändern liegen (z. B. Kanada, Indien, Südafrika) – kleinere Temperaturgradienten (z. B. 10 K/km) gemessen werden, sind in tektonisch aktiven, jungen Krustengebieten an den Rändern dieser Lithosphärenplatten (z. B. Island, Larderello in Italien (ca. 200 K/km)) oder in Grabenregionen (z. B. im Rheingraben bis 100 K/km) wesentlich höhere Gradienten anzutreffen. Unterhalb der oberen Erdkruste (Abb. 2.92) muss der Anstieg des geothermischen Gradienten deutlich abnehmen, da sonst unrealistisch hohe Temperaturen für das Innere der Erde erreicht würden; für eine technische Nutzbarmachung der Erdwärme ist dies aber praktisch irrelevant, da bisher nur Tiefen von rund 5 000 bis 7 000 m unter kommerziellen Aspekten und rund 10 000 m im Rahmen von Forschungsbohrungen sicher erbohrt – und damit aufgeschlossen – werden können. Der potenzielle Temperaturgradient im Erdmantel

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

Abb. 2.94 Temperaturanstieg mit zunehmender Tiefe für unterschiedliche Standorte und im globalen Mittelwert in bisher technisch erschließbaren Tiefen (nach [2.47])

173 Temperatur in °C

0

0

100

200

300

Larderello (Italien)

2 000

Tiefe in m

2

Soultz sous Forêts (Frankreich)

4 000 Friedland (Nordostdeutschland)

6 000

Kontinentale Tiefbohrung (Oberpfalz)

Globaler Mittelwert

8 000

(Abb. 2.92) kann aus dessen geophysikalischen Eigenschaften abgeschätzt werden. Damit muss die Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes der Mantelsilikatgesteine liegen; dabei muss zusätzlich die Abhängigkeit der Schmelztemperaturen vom Druck berücksichtigt werden. Der Temperaturgradient im Erdmantel wird daher auf maximal 1 K/km geschätzt (Abb. 2.95). Aus den Temperaturgradienten in Erdkruste und Erdmantel und der druckbereinigten Schmelztemperatur für Eisen und Nickel im Erdkern kann das Temperaturprofil im Erdinnern abgeschätzt werden (Abb. 2.95). Demnach herrschen im obersten Erdmantel Temperaturen von rund 1 000 ı C vor. Im Erdinneren können Maximaltemperaturen von über 5 000 ı C angenommen werden (Tabelle 2.7). Wärmeinhalt und Verteilung der Quellen Unter der Annahme einer mittleren spezifischen Wärmekapazität von 1 kJ/(kg K) und einer durchschnittlichen Dichte der Erde von rund 5,5 kg/dm3 kann der Wärmeinhalt unseres Planeten auf rund 12 bis 24  1030 J geschätzt werden. Für die äußerste Erdkruste bis rund 10 000 m Tiefe beträgt der Wärmeinhalt etwa 1026 J. Aufgrund von chemischer Zonierung infolge der Plattentektonik sind dabei die wärmeproduzierenden Isotope in der kontinentalen Kruste, die im Wesentlichen aus granitischen und basaltischen Gesteinen besteht, angereichert. In granitischen Gesteinen beträgt die radiogene Wärmeproduktionsrate im Mittel ca. 2,5 W/m3 und in basaltischen Gesteinen ca. 0,5 W/m3 . Dagegen ist der obere Erdmantel an wärmeproduzierenden radioaktiven Elementen verarmt; die Wärmeproduktion beträgt hier nur 0,02 W/m3 [2.69]. Terrestrische Wärmestromdichte Die terrestrische Wärmestromdichte beschreibt den flächenspezifischen vom Erdinneren zur Erdoberfläche strömenden Wärmestrom und stellt damit eine Grundgröße der geodynamischen und thermischen Charakterisierung der Erde dar. Sind beispielsweise die thermischen Eigenschaften der Sedimente und der

174

B. Geyer et al.

Abb. 2.95 Temperaturverteilung in der Erde (nach [2.66])

krustalen Einheiten bekannt, lassen sich mit dem terrestrischen Wärmestrom Temperaturprofile der tieferen und der oberflächennahen Kruste berechnen. Damit eignet sich die terrestrische Wärmestromdichte auch als Planungsgrundlage in der Geothermie. Die Wärmestromdichte setzt sich aus mehreren Anteilen zusammen: aus dem Wärmestrom durch einen konduktiven oder einen konvektiven Transport und der innerhalb eines bestimmten Tiefenbereichs stattfindenden radiogenen Wärmeproduktion (Kapitel 9.1). Für die kontinentale Erdkruste ergibt sich ein Mittelwert der Wärmestromdichte von ca. 65 mW/m2 an der Erdoberfläche. Aufgrund der Zonierung der radioaktiven Elemente (siehe oben) sind die Isotope nicht gleichmäßig in der Erde verteilt. Bei einer mittleren Wärmeproduktionsrate für Krustengesteine von 1 W/m3 ergibt sich für eine Erdkruste von 35 km Dicke alleine aus dem radioaktiven Zerfall eine Wärmestromdichte von ca. 35 mW/m2 . Damit dürfte der Hauptanteil der von der Erde an der Erdoberfläche bereitgestellten Wärme also in der Erdkruste beim Zerfall der dort vorhandenen radioaktiven Elemente freigesetzt werden.

2

Grundlagen des regenerativen Energieangebots

23 - 45 45 - 55 55 - 65 65 - 75

75 - 85 85 - 95 95 - 150 150 - 450

175

Angaben in mW/m2

Abb. 2.96 Globale Wärmestromdichte [2.70]

Die ozeanische Erdkruste besteht zum großen Teil aus basaltischen Gesteinen. Trotz der niedrigen radiogenen Wärmeproduktion in diesen Gesteinen ist die Wärmestromdichte hier deutlich höher und beträgt im Mittel um die 100 mW/m2 . Hier kommt der Wärme aus dem Aufstieg heißer Gesteinsmassen aus dem Erdmantel an den Rändern von Lithosphärenplatten eine besondere Bedeutung für den Wärmestrom zu, da hierdurch überdurchschnittlich hohe Temperaturen möglich sind (Abb. 2.93). Dies wird auch in Abb. 2.96 deutlich, welche die globale Wärmestromdichte zeigt. Hier werden insbesondere die merklich überdurchschnittlichen Wärmestromdichten an den Grenzen bestimmter Lithosphärenplatten deutlich, die durch den Aufstieg heißen Tiefenmaterials in oberflächennähere Bereiche verursacht werden. Die Darstellung zeigt aber auch, dass dies überwiegend in den Ozeanböden der Fall ist. Durchschneidet eine derartige Zone Land – wie es beispielsweise bei Island der Fall ist – dann sind dort die Möglichkeiten einer Geothermienutzung vergleichsweise gut. Ähnlich zu dem bereits genannten Beispiel ist dies auch u. a. in Neuseeland und in Ostafrika der Fall. Besonders hohe Werte der Wärmestromdichte sind für vulkanisch aktive Gebiete (etwa 90 bis > 200 mW/m2 ) und – wie Abb. 2.96 zeigt – für ozeanische Riftzonen (im Durchschnitt etwa 100 bis 150 mW/m2 ) typisch. Demgegenüber sind deutlich geringere Werte mit 25 bis 50 mW/m2 für alte Kontinentalgebiete (wie z. B. die russische Platte) charakteristisch (Abb. 2.97). Aus diesen Unterschieden wird deutlich, dass die Variationen im heutigen Wärmefluss zwischen unterschiedlichen Regionen der Erde auf Unterschiede in der tektonisch-magmatischen Aktivität, dem Bildungsalter der geologischen Einheiten und den thermischen Eigenschaften der vorherrschenden Krustengesteine zurückzuführen sind.

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B. Geyer et al.

> >150 150 mW/m²

60-80 60-80 mW/m²

100-150 100-150 mW/m²

40-60 40-60 mW/m²

80-100 80-100 mW/m²