Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen: UN-Abtretungsübereinkommen, UNIDROIT-Factoringübereinkommen, PECL, UNIDROIT-Principles ... und internationalen Privatrecht, Band 83) 3161489764, 9783161489761

Abtretungen von Geldforderungen stellen eine bedeutende Finanzierungsgrundlage für Unternehmen dar. Neue Formen der Unte

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Table of contents :
Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
I. Gegenstand der Untersuchung
II. Charakteristika des ZessÜ, FactÜ und der Principles
III. Rechtsvergleichende Untersuchung einheitsrechtlicher Übereinkommen
1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ
1. Kapitel: Einleitung
2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ
I. Auslegungsgrundsätze
A. Zweck und Ziel des Übereinkommens
B. Internationaler Charakter des ZessÜ und FactÜ
C. Einheitliche Anwendung des ZessÜ und FactÜ
D. Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel
II. Auslegungsmethoden
A. Einleitung
B. Grammatische Auslegung
C. Systematische Auslegung
D. Historische Auslegung
E. Teleologische Auslegung
F. Rechtsvergleichende Auslegung
G. Auslegungsregeln der WVRK
1. Einzelne Auslegungsmethoden
2. Maßgeblichkeit der Auslegungsregeln der WVRK für das ZessÜ und FactÜ?
III. Autonome und konventionsübergreifende Auslegung
A. Allgemein
B. Auslegungsmethoden konventionsübergreifender Interpretation
1. Grammatische Auslegung
2. Systematische Auslegung
3. Historische Auslegung
4. Teleologische Auslegung
5. Rechtsvergleichende Auslegung
3. Kapitel: Lückenfüllung im ZessÜ und FactÜ
2. Teil: Anwendungsbereich des ZessÜ und FactÜ
1. Kapitel: ZessÜ
I. Sachlicher Anwendungsbereich des UN-Übereinkommens
A. Die „Abtretung“
1. Die Rechtsnatur der Abtretung
2. Zweck der Abtretung
3. Vertraglicher Übergang
4. Formgebot für die Abtretung
B. Die „Forderung“
1. Zahlung einer Geldsumme
2. Vertraglicher Anspruch
3. Teilabtretungen und Abtretungen eines ungeteilten Rechts
4. Mehrheit von Personen und Forderungen
5. Mehrzahl von Forderungen
6. Bestehende und zukünftige Forderungen
7. Zwischenresümee
C. Internationalität
1. Allgemein
2. Fallbeispiele zur Internationalität einer Forderung und/oder Abtretung nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 ZessÜ
3. Erkennbarkeit der Internationalität
II. Räumlicher Anwendungsbereich
A. Einleitung
B. Die Niederlassung
1. Allgemein
2. Niederlassung in einem Staat
3. Niederlassungen in mehreren Staaten
a) Einleitung
b) Mehrere Niederlassungen des Zedenten oder Zessionars in verschiedenen Staaten
c) Niederlassung des Schuldners in mehr als einem Staat
4. Fehlende Niederlassung
C. Niederlassung des Zedenten
D. Kollisionsrechtliche Anknüpfung
1. Einleitung
2. Folgen der fehlenden kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative
3. Schlussfolgerung
E. Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Schuldners
1. Die Anwendungsalternativen nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ
2. Das Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 ZessÜ
3. Folgen der getrennten Anknüpfung nach Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 ZessÜ
F. Resümee zum räumlichen Anwendungsbereich
III. Nachfolgende Abtretungen
A. Einleitung
B. Nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ
C. Nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 2 ZessÜ
D. Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. b zu Art. 1 Abs. 2 ZessÜ
IV. Nicht erfasste Forderungsabtretungen und sonstige Beschränkungen
A. Abtretungen zu Verbraucherzwecken
B. Forderungsabtretungen bei Unternehmensveräußerungen
C. In Wertpapieren verbriefte Forderungen
D. Verbraucherschutzvorschriften
E. Abtretungen von liegenschaftsbezogenen Forderungen
1. Einleitung
2. Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ
3. Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ
F. Ausschluss von Forderungen „finanzieller“ Natur (Art. 4 Abs. 2 ZessÜ)
1. Einleitung
2. Rechtsgeschäfte an einer regulierten Börse (Art. 4 Abs. 2 lit. a ZessÜ)
3. Nettingvereinbarungen (Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ)
4. Fremdwährungsgeschäfte (Art. 4 Abs. 2 lit. c ZessÜ)
5. Vereinbarungen zwischen Banken (Art. 4 Abs. 2 lit. d ZessÜ)
6. Forderungen aus Wertpapieren (Art. 4 Abs. 2 lit. e ZessÜ)
7. Bankeinlagen (Art. 4 Abs. 2 lit. f ZessÜ)
8. Dokumentenakkreditiv oder unabhängige Garantie (Art. 4 Abs. 2 lit. g ZessÜ)
9. Versicherungsforderungen
V. Ausnahmen durch Erklärung gemäß Art. 41 ZessÜ
A. Regelungsinhalt des Art. 41 ZessÜ
B. Bewertung der Ausschlussmöglichkeit nach Art. 41 ZessÜ
VI. Anwendung der kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ
VII. Anwendung des Anhanges des ZessÜ
VIII. Zeitlicher Anwendungsbereich
A. Inkrafttreten des ZessÜ
B. Kündigung des ZessÜ
IX. Schritte bei der Prüfung des Anwendungsbereiches
2. Kapitel: FactÜ
I. Sachlicher Anwendungsbereich des FactÜ
A. Definition des Factoringvertrages
B. Abtretung
1. Einleitung
2. Forderung
3. Forderungen aus bestimmten Grundverträgen
a) Einleitung
b) Kaufverträge über Waren
c) Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen
d) Forderungen gegen Verbraucher
C. „Aufgaben“ des Factors
1. Einleitung
2. Finanzierung
3. Buchhaltung bezüglich der Forderungen
4. Einziehung von Forderungen
5. Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung des Schuldners
6. Pflichten des Lieferanten
D. Abtretungsanzeige
E. Resümee des Begriffes „Factoringvertrag“
F. Internationalität
1. Allgemein
2. Maßgeblichkeit des Grundvertrages
3. Vorteile und Nachteile einer Anknüpfung an den Grundvertrag
II. Räumlicher Anwendungsbereich
A. Vertragsstaat und Niederlassung
1. Vertragsstaat
2. Niederlassung
B. Autonome Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 2 lit. a FactÜ
C. Kollisionsrechtliche Anknüpfung
1. Einleitung
2. Bestimmung des auf den Grundvertrag anwendbaren Rechts
3. Bestimmung des auf den Factoringvertrag anwendbaren Rechts
4. Beispiele für die kollisionsrechtliche Anknüpfung
5. Gericht im Nichtvertragsstaat
III. Nachfolgende Abtretungen (Kettenabtretungen)
A. Einleitung
B. Nachfolgende Abtretung
C. Rechtsfolgen
D. Anzeige
IV. Zeitlicher Anwendungsbereich
3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie im ZessÜ und FactÜ
I. Einleitung
II. Partei- und Privatautonomie im ZessÜ
A. Ursprüngliche Abtretung
B. Nachfolgende Abtretungen
III. Partei- und Privatautonomie im FactÜ
A. Ursprüngliche Abtretung
1. Einleitung
2. Ausschluss durch die Parteien des Factoringvertrages
3. Ausschluss durch die Parteien des Grundvertrages
B. Nachfolgende Abtretungen
4. Kapitel: Unterschiede im Anwendungsbereich des ZessÜ und FactÜ und deren Verhältnis zueinander
I. Einleitung
II. Konkurrenz zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ
A. Einleitung
1. Erstmalige Abtretung einer Forderung
2. Nachfolgende Abtretungen
B. Vereinbarkeitsvorschrift des FactÜ
C. Kompatibilitätsklausel des ZessÜ
D. Konventionskonflikt und Parteiautonomie
E. Ergebnis
5. Kapitel: PECL und UNIDROIT-Principles über die Abtretung
I. Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich
II. PECL
III. UNIDROIT-Principles
IV. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der Forderungsabtretung
1. Kapitel: Wirksamkeit der Forderungsabtretung
I. Einleitung
II. Wirksamkeit einer Abtretung nach Art. 8 ZessÜ
A. Einleitung
B. Wirksamkeit nach Art. 8 Abs. 1 ZessÜ
1. Ausschluss bestimmter Unwirksamkeitsgründe
2. Von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erfasste Abtretungen
3. Bestimmtheitserfordernis
C. Von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erfasste Rechtsverhältnisse
D. Art. 8 Abs. 1 ZessÜ und Abtretungsanzeige an den Schuldner
E. Formerfordernisse
1. Die Problemstellung
2. Abtretungsanzeige als Formerfordernis
F. Abtretung zukünftiger Forderungen
G. Gesetzliche Abtretungsbeschränkungen
III. Wirksamkeit einer Abtretung nach dem FactÜ
A. Einleitung und Abgrenzungen
B. Regelungsgegenstand des Art. 5 FactÜ
1. Von Art. 5 FactÜ erfasstes Rechtsverhältnis
2. Abtretung mehrerer Forderungen
a) Einleitung
b) Bestimmbarkeit von Forderungen
3. Übergang zukünftiger Forderungen
C. Nachfolgende Abtretung
IV. Vergleich und Wertung
V. Trennung zwischen Wirksamkeit und Priorität im Verhältnis zum unvereinheitlichten Recht
VI. PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
1. Wirksamkeit der Abtretung
2. Form
3. Teilabtretungen, zukünftige Rechte, Globalzessionen
B. UNIDROIT-Principles
1. Wirksamkeit der Abtretung
2. Form
3. Teilabtretungen, Globalzessionen, zukünftige Rechte
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
2. Kapitel: Vertragliche Abtretungsbeschränkungen
I. Einleitung
II. Abtretungsbeschränkungen nach dem ZessÜ
A. Wirksamkeit der abredewidrigen Abtretung
B. Tatbestandsmerkmale des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ
C. Art. 9 ZessÜ und Verbraucherforderungen
D. Haftung des Zedenten
E. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ
1. Problemstellung
2. Erfasste Forderungen (Art. 9 Abs. 3 ZessÜ)
3. Abredewidrige Abtretung nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ angeführter Forderungen
F. Fallbeispiele zu Art. 9 ZessÜ
1. Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten
2. Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar
G. Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ
H. Erklärung eines Staates nach Art. 41 ZessÜ
III. Abtretungsbeschränkungen nach dem FactÜ
A. Einleitung
B. Der Grundsatz nach Art. 6 Abs. 1 FactÜ
C. Die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 2 FactÜ
1. Einleitung
2. Rechtliche Stellung des Schuldners
D. Haftung wegen abredewidriger Abtretung
1. Haftung des Lieferanten
2. Haftung des Factors
E. Nachfolgende Abtretungen
1. Im Grundvertrag vereinbartes Abtretungsverbot
2. Im Factoringvertrag vereinbartes Abtretungsverbot
3. Verhältnis des Art. 12 FactÜ zu Art. 3 FactÜ
IV. Vergleich und Wertung
V. PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
B. UNIDROIT-Principles
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
3. Kapitel: Übertragung von Sicherungsrechten
I. Einleitung
II. Übertragung von Sicherungsrechten nach dem ZessÜ
A. Die Regelung des Art. 10 ZessÜ
B. Mit Besitz verbundene dingliche Sicherungsrechte
C. Formerfordernisse für die Übertragung
D. Übertragung von Sicherungsrechten bei abredewidriger Abtretung
E. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 2 und Abs. 3 ZessÜ
F. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 1, 5 und 6 ZessÜ
G. Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ
III. Übergang von Rechten nach dem FactÜ
A. Die Regelung des Art. 7 FactÜ
B. Übergang „aller oder einzelner Rechte“
C. Art des Überganges
D. Übergang auf Grund vertraglicher Vereinbarung
E. Relative Wirkung des Art. 7 FactÜ
F. Nachfolgende Abtretung
G. Verhältnis des Art. 5 zu Art. 7 FactÜ
IV. Vergleich und Wertung
V. Übergang von Sicherungsrechten nach den PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
B. UNIDROIT-Principles
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
4. Teil: Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und Zessionar
1. Kapitel: Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars
I. Einleitung
II. Wechselseitige Rechte und Pflichten nach dem ZessÜ
A. Grundsatz der Parteiautonomie
B. Handelsbräuche und Parteiengepflogenheiten
1. Einleitung
2. Vereinbarte Gebräuche und Gepflogenheiten
3. Im internationalen Handel übliche Gebräuche
4. Gebräuche und Gepflogenheiten nach den PECL und UNIDROIT-Principles
2. Kapitel: Zusicherungen des Zedenten
I. Einleitung
II. Haftung für Zusicherungen nach dem ZessÜ
A. Recht, die Forderung abzutreten
B. Keine vorangehende Abtretung derselben Forderung
C. Einreden und Aufrechnungsrechte des Schuldners
D. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen von Zusicherungen
E. Rechtsfolgen
III. Zusicherungen nach den PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
1. Zusicherungen
2. Maßgeblicher Zeitpunkt
3. Rechtsfolgen
B. UNIDROIT-Principles
1. Zusicherungen
2. Maßgeblicher Zeitpunkt
3. Rechtsfolgen
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
3. Kapitel: Anzeige an den Schuldner
I. Einleitung
II. Abtretungsanzeige
III. Zahlungsanweisung
IV. Die Regelung des Art. 13 ZessÜ
A. Einleitung
B. Abtretungsanzeige und Zahlungsanweisung
C. Abredewidrige Anzeige oder Zahlungsanweisung an den Schuldner
4. Kapitel: Zahlungsanspruch des Zessionars
I. Einleitung
II. Zahlungsanspruch des Zessionars
III. Überschuss
IV. Anspruch des Zessionars nach den PECL und UNIDROIT-Principles
5. Teil: Die rechtliche Stellung des Schuldners
1. Kapitel: Einleitung
2. Kapitel: Schuldnerschutz nach dem ZessÜ
I. Einleitung
II. Der „Verbraucher“ als Schuldner
III. Abtretungsanzeige und Zahlungsanweisung
A. Einleitung
B. Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung
C. Änderung der Zahlungsbedingungen
1. Regelung des Art. 15 ZessÜ
2. Mehrkosten und Transferrisiko
3. PECL und UNIDROIT-Principles
D. Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen
1. Regelung des Art. 16 Abs. 2 ZessÜ
2. Exkurs: Regelung im FactÜ
E. Nachfolgende Abtretungen
3. Kapitel: Zahlung durch den Schuldner
I. Regelung nach dem ZessÜ
A. Einleitung
B. Zahlung vor und nach dem Zugang einer Abtretungsanzeige
C. Kenntnis des Schuldners über die Abtretung
D. Unwirksame Abtretungen
E. Informationsrecht des Schuldners
1. Berechtigung, einen Nachweis zu fordern
2. Geeigneter Nachweis
3. Fälligkeit des Zahlungsanspruchs
F. Spezielle Regeln
1. Mehrere Zahlungsanweisungen
2. Mehrere Abtretungsanzeigen
3. Anzeigen über nachfolgende Abtretungen
4. Teilabtretung oder Abtretung eines ungeteilten Rechts
G. Sonstige Befreiungsgründe
II. Die Regelung nach dem FactÜ
A. Einleitung
B. Zahlungsverpflichtung des Schuldners
1. Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ
2. Kenntnis des Schuldners vom vorrangigen Recht eines anderen
3. Abtretungsanzeige
a) Einleitung
b) Schriftform
c) Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ
d) Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ
e) Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ
C. Nachfolgende Abtretungen
D. Die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung
1. Befreiende Leistung gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ
2. Sonstige schuldbefreiende Gründe
E. Nachfolgende Abtretungen und Art. 8 Abs. 2 FactÜ
F. Verhältnis des Art. 5 zu Art. 8 FactÜ
III. Vergleich und Wertung
A. Abtretungsanzeige
B. Schuldbefreiung nach den vereinheitlichten Vorschriften
C. Schuldbefreiung nach dem unvereinheitlichten Recht
IV. PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
B. UNIDROIT-Principles
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung
I. Regelung nach dem ZessÜ
A. Grundregel des Art. 18 Abs. 1 ZessÜ
B. Andere Aufrechnungsrechte nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ
C. Ausgenommene Einwendungen und Aufrechnungsrechte
D. Einredeverzicht des Schuldners
1. Einleitung
2. Einredeverzicht nach Art. 19 Abs. 1 ZessÜ
3. Formerfordernis
4. Unverzichtbare Einreden
a) Geschäftsunfähigkeit des Schuldners
b) Betrügerische Handlungen
c) Einredeverzicht eines Verbrauchers
d) Änderung der Einredeverzichtsvereinbarung
II. Regelung nach dem FactÜ
A. Einleitung
B. Einwendungen nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ
C. Die Aufrechnung nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ
D. Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen wegen abredewidriger Abtretung
III. Vergleich und Wertung
IV. Einreden und Aufrechnung nach den PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
B. UNIDROIT-Principles
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
5. Kapitel: Vereinbarungen nach der Abtretung
I. Einleitung
II. Regelung nach dem ZessÜ
A. Allgemein
B. Änderungen des Grundvertrages vor der Abtretungsanzeige
C. Änderungen des Grundvertrages nach der Abtretungsanzeige
D. Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar
E. Verhältnis von Art. 20 zu Art. 18 Abs. 1 ZessÜ
III. Regelung nach dem FactÜ
A. Entscheidung nach allgemeinen Grundsätzen
B. Fallbeispiel
IV. Vergleich und Wertung
V. Regelung nach den PECL und UNIDROIT-Principles
A. PECL
B. UNIDROIT-Principles
C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ
6. Kapitel: Rückforderung von Zahlungen
I. Regelung nach dem ZessÜ
A. Der Grundsatz des Art. 21 ZessÜ
B. Das Verhältnis von Art. 18 zu Art. 21 ZessÜ
II. Regelung nach dem FactÜ
A. Einleitung
B. Der Grundsatz nach Art. 10 Abs. 1 FactÜ
C. Die Ausnahmen nach Art. 10 Abs. 2 FactÜ
D. Nachfolgende Abtretungen
E. Das Verhältnis von Art. 9 zu Art. 10 FactÜ
III. Vergleich und Wertung
6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende Berechtigte
1. Kapitel: Einleitung
2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ
I. Einleitung
II. Regelungsgegenstand des Art. 22 ZessÜ
A. Tatbestandsmerkmale und Beschränkungen
B. Von Art. 22 ZessÜ erfasste Prioritätskonflikte
C. Niederlassung des Zedenten
III. Beschränkung des Art. 22 ZessÜ durch Art. 23 ZessÜ
A. Ordre public und zwingende Vorschriften
B. Vorzugsrechte im Insolvenzverfahren
IV. Rangrücktritt
3. Kapitel: Erlöse nach dem ZessÜ
I. Der Begriff „Erlös“ („proceeds“)
II. Verhältnis von Art. 24 ZessÜ zu Art. 14 bzw. 22 ZessÜ
III. Leistung an den Zessionar oder an den Zedenten
4. Kapitel: Sachrechtliche Vorschriften über die Priorität nach dem ZessÜ
I. Einleitung
II. Option für ein bestimmtes Regelwerk
III. Verhältnis des Art. 22 ZessÜ zu den einzelnen Modellen
IV. Einzelne Regelwerke
A. Rangvorschriften auf Grund der Registrierung
B. Rangvorschriften auf Grund des Abtretungsvertrages
C. Rangvorschriften auf Grund der Abtretungsanzeige
D. Kombination von Rangvorschriften
5. Kapitel: Sachrechtliche Vorschriften über die Priorität nach den PECL und UNIDROIT-Principles
I. Rangvorschriften nach den PECL
II. Rangvorschrift nach den UNIDROIT-Principles
6. Kapitel: Wertung
7. Teil: Die Abtretung im Internationalen Privatrecht
1. Kapitel: Einleitung
2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ
I. Anwendung von Kapitel V ZessÜ
II. Form des Abtretungsvertrages
III. Rechte und Pflichten von Zedent und Zessionar
A. Regelungsgegenstand
B. Bestimmung des anzuwendenden Rechts
1. Rechtswahl
2. Grundsatz der engsten Verbindung
C. Wertung
IV. Verfügungsgeschäft
V. Rechte und Pflichten von Zessionar und Schuldner
A. Regelungsgegenstand des Art. 29 ZessÜ
B. Verfügungsstatut im Verhältnis zum Schuldner
VI. Konkurrierende Ansprüche
VII. Zwingende Vorschriften und ordre public
A. Zwingende Vorschriften
B. Ordre public
3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln nach Art. 12 EVÜ
I. Einleitung
II. Art. 12 Abs. 1 EVÜ
A. Verpflichtung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar
B. Anzuwendendes Recht
C. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis Zedent – Zessionar nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ?
1. Meinungsstand
2. Stellungnahme
D. Anknüpfung der Verfügung gegenüber Dritten nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ?
III. Art. 12 Abs. 2 EVÜ
A. Regelungsgegenstand
B. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis Zedent – Zessionar nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ?
1. Meinungsstand
2. Stellungnahme
C. Anknüpfung der Verfügung gegenüber Dritten nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ?
D. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis zum Schuldner nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ?
IV. Ergänzende Norm für die Anknüpfung der Verfügung
A. Einleitung
B. Verfügung zwischen Zedent und Zessionar und gegenüber Dritten
1. Statut des Verpflichtungsgeschäftes
2. Forderungsstatut
3. Niederlassung des Schuldners
4. Niederlassung des Zedenten
5. Sonderanknüpfung für Sicherungs- und Globalzession?
C. Verfügungswirkung im Verhältnis zum Schuldner
V. Zusammenfassung
4. Kapitel: Verhältnis des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ und „Rom I“
I. Verhältnis des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ
II. Verhältnis des ZessÜ zu „Rom I“
Schlussbetrachtung
Anhang
I. Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel
II. United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade
III. Factoring-Übereinkommen
IV. UNIDROIT Convention on International Factoring
Literaturverzeichnis
Sachregister
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 3161489764, 9783161489761

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Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht 83 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Klaus J. Hopt und Reinhard Zimmermann

Claudia Rudolf

Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen UN-Abtretungsübereinkommen, UNIDROIT-Factoringübereinkommen, PECL, UNIDROIT-Principles

Mohr Siebeck

CLAUDIA RuooLF; Studium der Rechtswissenschaften in Wien; Assistentin am Institut für Zivilrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien; Assistentin am Institut für Rechtsvergleichung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien; Dezember 2004 Habi­ litation (Wien); seit 1. März 2005 ao. Univ.-Prof. am Institut für Europarecht, Internatio­ nales Recht und Rechtsvergleichung (Wien).

Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kul­ tur in Wien sowie des Vereins der Freunde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien. Diese Arbeit wurde mit dem Dr. Maria Schaumayer-Stiftung Förderpreis und dem Kar­ dinal-Innitzer-Förderungspreis 2005 ausgezeichnet.

ISBN 3-16-148976-4 ISBN-13 978-3-16-148976-1 / eISBN 978-3-16-160335-8 unveränderte eBook-Ausgabe 2022 ISSN 0340-6709 (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio­ graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de ab­ rufbar. © 2006 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Ver­ lags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzun­ gen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Sy­ stemen. Das Buch wurde von G ulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien im Wintersemester 2004/05 als Habilitationsschrift angenommen. Sie war ursprünglich auf dem Stand vom Mai 2004. Gegenüber der Habilitationsschrift wurde für die Drucklegung auf die Ausführungen zum österreichischen Recht verzichtet. Hingegen wurden Anmerkungen zu den Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts und den UNIDROITGrundregeln für Handelsverträge aufgenommen. Abgesehen von wenigen Ergänzungen konnte für die Veröffentlichung neu erschienene Literatur bis Oktober 2005 berücksichtigt werden. Herzlicher Dank gebührt Herrn em. Univ.-Prof. Dr. Hans Hoyer für die Betreuung der Habilitationsschrift und manchen wertvollen Rat. Für die Unterstützung und Erstellung der Gutachten im Habilitationsverfahren bedanke ich mich bei Frau Univ.-Prof. Dr. Constanze Fischer-Czermak (Universität Wien), Herrn Univ.-Prof. Dr. Gert Iro (Universität Wien), Herrn Univ.-Prof. Dr. Fabio Padovini (Universität Triest) und Herrn o. Univ.Prof. Dr. Willibald Posch (Universität Graz). Den Direktoren des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Basedow, Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus J. Hopt und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Zimmermann, danke ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Für das Studium der Literatur durfte ich mehrere Aufenthalte an der Bibliothek des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg absolvieren. Den Mitarbeitern dieser Bibliothek möchte ich meinen besonderen Dank für die freundliche Aufnahme und Hilfestellung zum Ausdruck bringen. Mein Ehemann, meine Eltern und Freunde haben das Zustandekommen der Publikation unterstützt und der damit verbundenen Arbeit Verständnis entgegengebracht, wofür ich ihnen herzlich danken möchte.

Wien, im Dezember 2005

Claudia Rudolf

Inhaltsverzeichnis Vorwort Abkürzungs Verzeichnis Einleitung I. Gegenstand der Untersuchung II. Charakteristika des ZessÜ, FactÜ und der Principles III. Rechtsvergleichende Untersuchung einheitsrechtlicher Übereinkommen 1. Teil: A u s l e g u n g und Lückenfüllung des Z e s s Ü und F a c t Ü

V XIX 1 1 3 6 9

1. Kapitel: Einleitung

11

2. Kapitel: A u s l e g u n g d e s Z e s s Ü und FactÜ I. Auslegungsgrundsätze A. Zweck und Ziel des Übereinkommens B. Internationaler Charakter des ZessÜ und FactÜ C. Einheitliche Anwendung des ZessÜ und FactÜ D. Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel II. Auslegungsmethoden A. Einleitung B. Grammatische Auslegung C. Systematische Auslegung D. Historische Auslegung E. Teleologische Auslegung F. Rechtsvergleichende Auslegung G. Auslegungsregeln der WVRK 1. Einzelne Auslegungsmethoden 2. Maßgeblichkeit der Auslegungsregeln der WVRK für das ZessÜ und FactÜ? III. Autonome und konventionsübergreifende Auslegung A. Allgemein B. Auslegungsmethoden konventionsübergreifender Interpretation 1. Grammatische Auslegung 2. Systematische Auslegung 3. Historische Auslegung 4. Teleologische Auslegung 5. Rechtsvergleichende Auslegung

15 15 15 16 20 23 26 26 28 29 30 32 33 34 34

3. Kapitel: Lückenfüllung i m Z e s s Ü und FactÜ

47

2. Teil: A n w e n d u n g s b e r e i c h des Z e s s Ü und FactÜ 1. Kapitel: Z e s s Ü I. Sachlicher Anwendungsbereich des UN-Übereinkommens A. Die „Abtretung" 1. Die Rechtsnatur der Abtretung

36 39 39 44 44 44 45 46 46

53 55 55 55 55

VIII

Inhaltsverzeichnis 2. Zweck der Abtretung 3. Vertraglicher Übergang 4. Formgebot für die Abtretung B. Die „Forderung" 1. Zahlung einer Geldsumme 2. Vertraglicher Anspruch 3. Teilabtretungen und Abtretungen eines ungeteilten Rechts 4. Mehrheit von Personen und Forderungen 5. Mehrzahl von Forderungen 6. Bestehende und zukünftige Forderungen 7. Zwischenresümee C. Internationalität 1. Allgemein 2. Fallbeispiele zur Internationalität einer Forderung und/oder Abtretung nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 ZessÜ 3. Erkennbarkeit der Internationalität II. Räumlicher Anwendungsbereich A. Einleitung B. Die Niederlassung 1. Allgemein 2. Niederlassung in einem Staat 3. Niederlassungen in mehreren Staaten a) Einleitung b) Mehrere Niederlassungen des Zedenten oder Zessionars in verschiedenen Staaten c) Niederlassung des Schuldners in mehr als einem Staat 4. Fehlende Niederlassung C. Niederlassung des Zedenten D. Kollisionsrechtliche Anknüpfung 1. Einleitung 2. Folgen der fehlenden kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative 3. Schlussfolgerung E. Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Schuldners 1. Die Anwendungsalternativen nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ 2. Das Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 ZessÜ 3. Folgen der getrennten Anknüpfung nach Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 ZessÜ F. Resümee zum räumlichen Anwendungsbereich III. Nachfolgende Abtretungen A. Einleitung B. Nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ C. Nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 2 ZessÜ D. Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. b zu Art.l Abs. 2 ZessÜ IV. Nicht erfasste Forderungsabtretungen und sonstige Beschränkungen A. Abtretungen zu Verbraucherzwecken B. Forderungsabtretungen bei Unternehmensveräußerungen C. In Wertpapieren verbriefte Forderungen D. Verbraucherschutzvorschriften E. Abtretungen von liegenschaftsbezogenen Forderungen 1. Einleitung 2. Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ

63 66 67 68 68 69 70 71 72 72 74 75 75 78 80 81 81 82 82 83 85 85 85 89 90 91 92 92 93 96 97 97 101 102 104 105 105 106 108 109 109 110 112 113 114 116 116 117

Inhaltsverzeichnis 3. Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ Ausschluss von Forderungen „finanzieller" Natur (Art. 4 Abs. 2 ZessÜ) 1. Einleitung 2. Rechtsgeschäfte an einer regulierten Börse (Art. 4 Abs. 2 lit. a ZessÜ) 3. Nettingvereinbarungen (Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ) 4. Fremdwährungsgeschäfte (Art. 4 Abs. 2 lit. c ZessÜ) 5. Vereinbarungen zwischen Banken (Art. 4 Abs. 2 lit. d ZessÜ) 6. Forderungen aus Wertpapieren (Art. 4 Abs. 2 lit. e ZessÜ) 7. Bankeinlagen (Art. 4 Abs. 2 lit. f ZessÜ) 8. Dokumentenakkreditiv oder unabhängige Garantie (Art. 4 Abs. 2 lit. g ZessÜ) 9. Versicherungsforderungen V. Ausnahmen durch Erklärung gemäß Art. 41 ZessÜ A. Regelungsinhalt des Art. 41 ZessÜ B. Bewertung der Ausschlussmöglichkeit nach Art. 41 ZessÜ VI. Anwendung der kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ VII. Anwendung des Anhanges des ZessÜ VIII. Zeitlicher Anwendungsbereich A. Inkrafttreten des ZessÜ B. Kündigung des ZessÜ IX. Schritte bei der Prüfung des Anwendungsbereiches

IX 119

F.

2. Kapitel: FactÜ I.

II.

Sachlicher Anwendungsbereich des FactÜ A. Definition des Factoringvertrages B. Abtretung 1. Einleitung 2. Forderung 3. Forderungen aus bestimmten Grundverträgen a) Einleitung b) Kaufverträge über Waren c) Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen d) Forderungen gegen Verbraucher C. „Aufgaben" des Factors 1. Einleitung 2. Finanzierung 3. Buchhaltung bezüglich der Forderungen 4. Einziehung von Forderungen 5. Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung des Schuldners 6. Pflichten des Lieferanten D. Abtretungsanzeige E. Resümee des Begriffes „Factoringvertrag" F. Internationalität 1. Allgemein 2. Maßgeblichkeit des Grundvertrages 3. Vorteile und Nachteile einer Anknüpfung an den Grundvertrag Räumlicher Anwendungsbereich A. Vertragsstaat und Niederlassung

119 119 120 121 123 123 124 125 125 126 126 126 128 130 133 135 135 136 137

139 139 139 141 141 144 145 145 146 148 149 152 152 155 156 156 157 158 159 161 164 164 165 166 167 167

X

Inhaltsverzeichnis 1. Vertragsstaat 2. Niederlassung B. Autonome Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 2 lit. a FactÜ C. Kollisionsrechtliche Anknüpfung 1. Einleitung 2. Bestimmung des auf den Grundvertrag anwendbaren Rechts 3. Bestimmung des auf den Factoringvertrag anwendbaren Rechts 4. Beispiele für die kollisionsrechtliche Anknüpfung 5. Gericht im Nichtvertragsstaat III. Nachfolgende Abtretungen (Kettenabtretungen) A. Einleitung B. Nachfolgende Abtretung C. Rechtsfolgen D. Anzeige IV. Zeitlicher Anwendungsbereich

3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie im ZessÜ und FactÜ I. II.

Einleitung Partei- und Privatautonomie im ZessÜ A. Ursprüngliche Abtretung B. Nachfolgende Abtretungen III. Partei- und Privatautonomie im FactÜ A. Ursprüngliche Abtretung 1. Einleitung 2. Ausschluss durch die Parteien des Factoringvertrages 3. Ausschluss durch die Parteien des Grundvertrages B. Nachfolgende Abtretungen

4. Kapitel: Unterschiede im Anwendungsbereich des ZessÜ und FactÜ und deren Verhältnis zueinander I. II.

Einleitung Konkurrenz zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ A. Einleitung 1. Erstmalige Abtretung einer Forderung 2. Nachfolgende Abtretungen B. VereinbarkeitsVorschrift des FactÜ C. Kompatibilitätsklausel des ZessÜ D. Konventionskonflikt und Parteiautonomie E. Ergebnis

5. Kapitel: PECL und UNIDROIT-Principles über die Abtretung I. II. III. IV.

Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich PECL UNIDROIT-Principles Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der Forderungsabtretung 1. Kapitel: Wirksamkeit der Forderungsabtretung I. II.

Einleitung Wirksamkeit einer Abtretung nach Art. 8 ZessÜ A. Einleitung

167 168 170 172 172 175 176 178 179 180 180 180 184 185 188

191 191 192 192 195 196 196 196 198 199 201

202 202 204 204 205 206 207 210 213 214

216 216 217 218 219

221 223 223 226 226

Inhaltsverzeichnis B.

Wirksamkeit nach Art. 8 Abs. 1 ZessÜ 1. Ausschluss bestimmter Unwirksamkeitsgründe 2. Von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erfasste Abtretungen 3. Bestimmtheitserfordernis C. Von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erfasste Rechtsverhältnisse D. Art. 8 Abs. 1 ZessÜ und Abtretungsanzeige an den Schuldner E. Formerfordernisse 1. Die Problemstellung 2. Abtretungsanzeige als Formerfordernis F. Abtretung zukünftiger Forderungen G. Gesetzliche Abtretungsbeschränkungen III. Wirksamkeit einer Abtretung nach dem FactÜ A. Einleitung und Abgrenzungen B. Regelungsgegenstand des Art. 5 FactÜ 1. Von Art. 5 FactÜ erfasstes Rechtsverhältnis 2. Abtretung mehrerer Forderungen a) Einleitung b) Bestimmbarkeit von Forderungen 3. Übergang zukünftiger Forderungen C. Nachfolgende Abtretung IV. Vergleich und Wertung V. Trennung zwischen Wirksamkeit und Priorität im Verhältnis zum unvereinheitlichten Recht VI. PECL und ÜNIDROIT-Principles A. PECL 1. Wirksamkeit der Abtretung 2. Form 3. Teilabtretungen, zukünftige Rechte, Globalzessionen B. ÜNIDROIT-Principles 1. Wirksamkeit der Abtretung 2. Form 3. Teilabtretungen, Globalzessionen, zukünftige Rechte C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

2. Kapitel: Vertragliche Abtretungsbeschränkungen I. II.

Einleitung Abtretungsbeschränkungen nach dem ZessÜ A. Wirksamkeit der abredewidrigen Abtretung B. Tatbestandsmerkmale des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ C. Art. 9 ZessÜ und Verbraucherforderungen D. Haftung des Zedenten E. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ 1. Problemstellung 2. Erfasste Forderungen (Art. 9 Abs. 3 ZessÜ) 3. Abredewidrige Abtretung nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ angeführter Forderungen F. Fallbeispiele zu Art. 9 ZessÜ 1. Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten 2. Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar G. Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ H. Erklärung eines Staates nach Art. 41 ZessÜ

XI 227 227 229 230 232 235 238 238 240 242 243 244 244 246 246 248 248 249 251 252 252 254 256 256 256 256 257 259 259 260 261 261

263 263 264 264 266 268 268 270 270 271 274 276 276 278 279 282

XII

Inhaltsverzeichnis III. Abtretungsbeschränkungen nach dem FactÜ A. Einleitung B. Der Grundsatz nach Art. 6 Abs. 1 FactÜ C. Die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 2 FactÜ 1. Einleitung 2. Rechtliche Stellung des Schuldners D. Haftung wegen abredewidriger Abtretung 1. Haftung des Lieferanten 2. Haftung des Factors E. Nachfolgende Abtretungen 1. Im Grund vertrag vereinbartes Abtretungsverbot 2. Im Factoring vertrag vereinbartes Abtretungsverbot 3. Verhältnis des Art. 12 FactÜ zu Art. 3 FactÜ IV. Vergleich und Wertung V. PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL B. UNIDROIT-Principles C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

3. Kapitel: Übertragung von Sicherungsrechten

283 283 284 285 285 287 290 290 290 291 291 291 292 293 296 296 297 298

299

I. II.

Einleitung 299 Übertragung von Sicherungsrechten nach dem ZessÜ 299 A. Die Regelung des Art. 10 ZessÜ 299 B. Mit Besitz verbundene dingliche Sicherungsrechte 301 C. Formerfordernisse für die Übertragung 302 D. Übertragung von Sicherungsrechten bei abredewidriger Abtretung....302 E. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 2 und Abs. 3 ZessÜ 304 F. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 1, 5 und 6 ZessÜ 306 G. Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ 306 III. Übergang von Rechten nach dem FactÜ 308 A. Die Regelung des Art. 7 FactÜ 308 B. Übergang „aller oder einzelner Rechte" 309 C. Art des Überganges 311 D. Übergang auf Grund vertraglicher Vereinbarung 312 E. Relative Wirkung des Art. 7 FactÜ 315 F. Nachfolgende Abtretung 317 G. Verhältnis des Art. 5 zu Art. 7 FactÜ 318 IV. Vergleich und Wertung 319 V. Übergang von Sicherungsrechten nach den PECL und UNIDROITPrinciples 320 A. PECL 320 B. UNIDROIT-Principles 321 C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ 321

4. Teil: Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und Zessionar

323

1. Kapitel: Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars

325

I. II.

Einleitung Wechselseitige Rechte und Pflichten nach dem ZessÜ A. Grundsatz der Parteiautonomie B. Handelsbräuche und Parteiengepflogenheiten

325 328 328 328

Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4.

Einleitung Vereinbarte Gebräuche und Gepflogenheiten Im internationalen Handel übliche Gebräuche Gebräuche und Gepflogenheiten nach den PECL und UNIDROIT-Principles

2. Kapitel: Zusicherungen des Zedenten I. II.

Einleitung Haftung für Zusicherungen nach dem ZessÜ A. Recht, die Forderung abzutreten B. Keine vorangehende Abtretung derselben Forderung C. Einreden und Aufrechnungsrechte des Schuldners D. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen von Zusicherungen E. Rechtsfolgen III. Zusicherungen nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL 1. Zusicherungen 2. Maßgeblicher Zeitpunkt 3. Rechtsfolgen B. UNIDROIT-Principles 1. Zusicherungen 2. Maßgeblicher Zeitpunkt 3. Rechtsfolgen C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

3. Kapitel: Anzeige an den Schuldner I. II. III. IV.

Einleitung Abtretungsanzeige Zahlungsanweisung Die Regelung des Art. 13 ZessÜ A. Einleitung B. Abtretungsanzeige und Zahlungsanweisung C. Abredewidrige Anzeige oder Zahlungsanweisung an den Schuldner

4. Kapitel: Zahlungsanspruch des Zessionars I. II. III. IV.

Einleitung Zahlungsanspruch des Zessionars Überschuss Anspruch des Zessionars nach den PECL und UNIDROIT-Principles

5. Teil: Die rechtliche Stellung des Schuldners

XIII 328 330 331 333

335 335 336 337 338 340 341 343 344 344 344 345 345 345 345 346 346 347

348 348 349 350 352 352 354 356

358 358 359 360 361

363

1. Kapitel: Einleitung

365

2. Kapitel: Schuldnerschutz nach dem ZessÜ

367

I. Einleitung II. Der „Verbraucher" als Schuldner III. Abtretungsanzeige und Zahlungsanweisung A. Einleitung B. Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung C. Änderung der Zahlungsbedingungen 1. Regelung des Art. 15 ZessÜ

367 368 370 370 370 373 373

XIV

Inhaltsverzeichnis

D.

E.

2. Mehrkosten und Transferrisiko 3. PECL und UNIDROIT-Principles Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen 1. Regelung des Art. 16 Abs. 2 ZessÜ 2. Exkurs: Regelung im FactÜ Nachfolgende Abtretungen

3. Kapitel: Zahlung durch den Schuldner I.

Regelung nach dem ZessÜ A. Einleitung B. Zahlung vor und nach dem Zugang einer Abtretungsanzeige C. Kenntnis des Schuldners über die Abtretung D. Unwirksame Abtretungen E. Informationsrecht des Schuldners 1. Berechtigung, einen Nachweis zu fordern 2. Geeigneter Nachweis 3. Fälligkeit des Zahlungsanspruchs F. Spezielle Regeln 1. Mehrere Zahlungsanweisungen 2. Mehrere Abtretungsanzeigen 3. Anzeigen über nachfolgende Abtretungen 4. Teilabtretung oder Abtretung eines ungeteilten Rechts G. Sonstige Befreiungsgründe II. Die Regelung nach dem FactÜ A. Einleitung B. Zahlungsverpflichtung des Schuldners 1. Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ 2. Kenntnis des Schuldners vom vorrangigen Recht eines anderen 3. Abtretungsanzeige a) Einleitung b) Schriftform c) Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ d) Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ e) Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ C. Nachfolgende Abtretungen D. Die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung 1. Befreiende Leistung gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ 2. Sonstige schuldbefreiende Gründe E. Nachfolgende Abtretungen und Art. 8 Abs. 2 FactÜ F. Verhältnis des Art. 5 zu Art. 8 FactÜ III. Vergleich und Wertung A. Abtretungsanzeige B. Schuldbefreiung nach den vereinheitlichten Vorschriften C. Schuldbefreiung nach dem unvereinheitlichten Recht IV. PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL B. UNIDROIT-Principles C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung I.

Regelung nach dem ZessÜ A. Grundregel des Art. 18 Abs. 1 ZessÜ

375 376 377 377 379 379

381 381 381 383 385 387 388 388 390 392 394 395 395 397 398 399 402 402 403 403 404 407 407 408 409 411 412 413 414 414 415 416 417 417 417 419 420 422 422 423 425

426 426 426

Inhaltsverzeichnis B. C. D.

Andere Aufrechnungsrechte nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ Ausgenommene Einwendungen und Aufrechnungsrechte Einredeverzicht des Schuldners 1. Einleitung 2. Einredeverzicht nach Art. 19 Abs. 1 ZessÜ 3. Formerfordernis 4. Unverzichtbare Einreden a) Geschäftsunfähigkeit des Schuldners b) Betrügerische Handlungen c) Einredeverzicht eines Verbrauchers d) Änderung der Einredeverzichtsvereinbarung II. Regelung nach dem FactÜ A. Einleitung B. Einwendungen nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ C. Die Aufrechnung nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ D. Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen wegen abredewidriger Abtretung III. Vergleich und Wertung IV. Einreden und Aufrechnung nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL B. UNIDROIT-Principles C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

5. Kapitel: Vereinbarungen nach der Abtretung I. II.

Einleitung Regelung nach dem ZessÜ A. Allgemein B. Änderungen des Grundvertrages vor der Abtretungsanzeige C. Änderungen des Grundvertrages nach der Abtretungsanzeige D. Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar E. Verhältnis von Art. 20 zu Art. 18 Abs. 1 ZessÜ III. Regelung nach dem FactÜ A. Entscheidung nach allgemeinen Grundsätzen B. Fallbeispiel IV. Vergleich und Wertung V. Regelung nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL B. UNIDROIT-Principles C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ

6. Kapitel: Rückforderung von Zahlungen I.

Regelung nach dem ZessÜ A. Der Grundsatz des Art. 21 ZessÜ B. Das Verhältnis von Art. 18 zu Art. 21 ZessÜ II. Regelung nach dem FactÜ A. Einleitung B. Der Grundsatz nach Art. 10 Abs. 1 FactÜ C. Die Ausnahmen nach Art. 10 Abs. 2 FactÜ D. Nachfolgende Abtretungen E. Das Verhältnis von Art. 9 zu Art. 10 FactÜ III. Vergleich und Wertung

XV 428 431 432 432 433 435 436 437 437 439 439 440 440 441 446 453 454 456 456 457 458

459 459 460 460 462 464 468 469 470 470 472 473 474 474 475 475

476 476 476 478 478 478 479 482 487 487 488

XVI

Inhaltsverzeichnis

6. Teil: M i t d e m Z e s s i o n a r konkurrierende B e r e c h t i g t e

491

1. Kapitel: E i n l e i t u n g

493

2. Kapitel: R e g e l u n g d e s V o r r a n g e s nach d e m Z e s s Ü I. Einleitung II. Regelungsgegenstand des Art. 22 ZessÜ A. Tatbestandsmerkmale und Beschränkungen B. Von Art. 22 ZessÜ erfasste Prioritätskonflikte C. Niederlassung des Zedenten III. Beschränkung des Art. 22 ZessÜ durch Art. 23 ZessÜ A. Ordre public und zwingende Vorschriften B. Vorzugsrechte im Insolvenzverfahren IV. Rangrücktritt

498 498 501 501 503 506 507 507 509 510

3. Kapitel: Erlöse nach d e m Z e s s Ü I. Der Begriff „Erlös" („proceeds") II. Verhältnis von Art. 24 ZessÜ zu Art. 14 bzw. 22 ZessÜ III. Leistung an den Zessionar oder an den Zedenten

512 512 513 514

4. Kapitel: S a c h r e c h t l i c h e V o r s c h r i f t e n über d i e Priorität n a c h dem ZessÜ I. Einleitung II. Option für ein bestimmtes Regelwerk III. Verhältnis des Art. 22 ZessÜ zu den einzelnen Modellen IV. Einzelne Regelwerke A. Rangvorschriften auf Grund der Registrierung B. Rangvorschriften auf Grund des Abtretungsvertrages C. Rangvorschriften auf Grund der Abtretungsanzeige D. Kombination von Rangvorschriften

517 517 518 519 520 520 524 525 527

5. Kapitel: S a c h r e c h t l i c h e V o r s c h r i f t e n über d i e Priorität n a c h d e n P E C L und U N I D R O I T - P r i n c i p l e s I. Rangvorschriften nach den PECL II. Rangvorschrift nach den UNIDROIT-Principles

528 528 529

6. Kapitel: W e r t u n g

530

7. Teil: D i e Abtretung i m Internationalen Privatrecht

533

1. Kapitel: Einleitung

535

2. Kapitel: D i e k o l l i s i o n s r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n d e s V . K a p i t e l s des Z e s s Ü I. Anwendung von Kapitel V ZessÜ II. Form des Abtretungsvertrages III. Rechte und Pflichten von Zedent und Zessionar A. Regelungsgegenstand B. Bestimmung des anzuwendenden Rechts 1. Rechtswahl 2. Grundsatz der engsten Verbindung C. Wertung IV. Verfügungsgeschäft V. Rechte und Pflichten von Zessionar und Schuldner A. Regelungsgegenstand des Art. 29 ZessÜ

540 540 542 543 543 545 545 545 547 548 549 549

Inhaltsverzeichnis

XVII

B. Verfügungsstatut im Verhältnis zum Schuldner VI. Konkurrierende Ansprüche VII. Zwingende Vorschriften und ordre public A. Zwingende Vorschriften B. Ordre public

553 553 555 555 557

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln nach Art. 12 EVÜ

559

I. II.

Einleitung 559 Art. 12 Abs. 1 EVÜ 560 A. Verpflichtung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar 560 B. Anzuwendendes Recht 561 C. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis Zedent - Zessionar nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ? 562 1. Meinungsstand 562 2. Stellungnahme 564 D. Anknüpfung der Verfügung gegenüber Dritten nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ? 566 III. Art. 12 Abs. 2 EVÜ 568 A. Regelungsgegenstand 568 B. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis Zedent - Zessionar nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ? 570 1. Meinungsstand 570 2. Stellungnahme 573 C. Anknüpfung der Verfügung gegenüber Dritten nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ? 575 D. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis zum Schuldner nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ? 576 IV. Ergänzende Norm für die Anknüpfung der Verfügung 576 A. Einleitung 576 B. Verfügung zwischen Zedent und Zessionar und gegenüber Dritten ....578 1. Statut des Verpflichtungsgeschäftes 578 2. Forderungsstatut 580 3. Niederlassung des Schuldners 582 4. Niederlassung des Zedenten 583 5. Sonderanknüpfung für Sicherungs- und Globalzession? 586 C. Verfügungswirkung im Verhältnis zum Schuldner 587 V. Zusammenfassung 589

4. Kapitel: Verhältnis des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ und „Rom I" I. II.

Verhältnis des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ Verhältnis des ZessÜ zu „Rom I"

592 592 594

Schlussbetrachtung

597

Anhang

599

I.

Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel II. United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade III. Factoring-Übereinkommen IV. UNIDROIT Convention on International Factoring

599 619 637 644

Literaturverzeichnis

651

Sachregister

675

Abkürzungsverzeichnis a.A. ABGB Abs. AcP All. E.R. Alt. Am. J. Comp. L. Anh. Anm. Art.

andere Ansicht Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Absatz Archiv für die civilistische Praxis The All England Law Reports Alternative The American Journal of Comparative Law Anhang Anmerkung Artikel

BGB BGBl BGE BGH Bus. Law. bzw.

Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichtes Bundesgerichtshof The Business Lawyer beziehungsweise

CISG

Col. J. Transnat'l L. Com. L.J.

Convention on Contracts for the International Sale of Goods Convention internationale concernant le transport des oyageurs et des bagages par chemins de fer Columbia Journal of Transnational Law Commercial Law Journal

d.h. Dickinson L. Rev. Doc. Duke J. Comp. & Int'l L.

das heißt Dickinson Law Review Document Duke Journal of Comparative and International Law

ecolex EG EGBGB Einl EO ERPL

ecolex [Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht] Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einleitung Exekutionsordnung European Review of Private Law/Revue Européenne de Droit Privé/Europâische Zeitschrift für Privatrecht Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen, in: Österreichische Juristenzeitung

CMR

EU EuGH EVÜ EvBl

XX

Abkürzungsverzeichnis

f. FactÜ ff. Fn FS

folgende UNIDROIT-Übereinkommen über internationales Factoring folgenden Fußnote Festschrift

Georgia J. Int. Comp. L.

Georgia Journal of International and Comparative Law

h.A. HGB Hrsg. Hs.

herrschende Ansicht Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz

Int'l & Comp. L.Q. Int.Enc.Comp.L. International INSOL IPR IPRG IPRax i.d.S. i.S.d. i.V.m.

International and Comparative Law Quarterly Encyclopedia of Comparative Law International Insolvency Review Internationales Privatrecht Internationales Privatrechtsgesetz Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts in dem Sinne im Sinne des in Verbindung mit

JAP JB1 J. Bus. L. J L & Commerce JZ

Juristische Ausbildung und Praxisvorbereitung Juristische Blätter The Journal of Business Law The Journal of Law and Commerce Juristenzeitung

KSchG

Konsumentenschutzgesetz

Law Quart. Rev. leg cit lit.

The Law Quarterly Review legis citatae Litera

Lloyds Mar. & Com. L.Q.

Lloyds Maritime and Commercial Law Quarterly

m.E.

meines Erachtens

Melb. J. Int'l L. MRG m.w.N. Neth. Int'l L. Rev. NJW N.Y.U.J. Int'l L. & Pol.

Melbourne Journal of International Law Mietrechtsgesetz mit weiteren Nachweisen Netherlands International Law Review Neue Juristische Wochenschrift New York University Journal of International Law and Politics

OR

Obligationenrecht

ÖBA

Österreichisches Bankarchiv

Abkürzungsverzeichnis

XXI

ÖJZ

Österreichische Juristen-Zeitung

PECL

Principles of European Contract L a w , Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts

QB QuHGZ

Law Reports, Queen's Bench Division Quartalshefte der Girozentrale

RabelsZ

Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Österreichisches Recht der Wirtschaft Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst der Betriebs-Berater Randnummer Rechtssache Randzahl

RdW RIW Rn. Rs. Rz. s. S Slg. SZIER SZW/RSDA

SZ

Tul. J. Int'l & Comp. L. u.a. UCC U.C.C.L.J. Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. UN UNO UNCITRAL UNIDROIT UNIDROIT-Principles U. Pa. L. Rev. ü.A. vgl. VO

siehe Seite Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht/Revue suisse de droit des affaires Swiss Review of Business Law Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivil- und (Justizverwaltungs-)sachen Tulane Journal of International and Comparative Law und andere Uniform Commercial Code Uniform Commercial Code Law Journal Uniform Law Review/Revue de Droit Uniforme United Nations United Nations Organization United Nations Commission on International Trade Law Institut international pour l'unification du droit prive International Institute for the Unifaction of Private Law U N I D R O I T Principles of International Commercial Contracts, U N I D R O I T Grundregeln für internationale Handelsverträge University of Pennsylvania Law Review überwiegende Ansicht vergleiche Verordnung

XXII

Abkürzungsverzeichnis

WA

Warschauer Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr Wirtschaftsrechtliche Blätter The Weekly Law Report Wertpapier-Mitteilungen Wiener Vertragsrechtskonvention

wbl Week. L.R. WM WVRK z.B. ZessÜ ZEuP ZIP ZfRV ZHR ZRP ZVglRWiss

zum Beispiel UN-Übereinkommen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

Einleitung

I.

Gegenstand der Untersuchung

Die Übertragung von Forderungen stellt im zunehmenden Ausmaß eine wesentliche Grundlage der Finanzierung von Unternehmen dar, wobei durch die stetig wachsende internationale Verflechtung der Wirtschaft die Bedeutung einer „internationalen Forderungsabtretung" als Finanzierungsinstrument wächst. Allerdings birgt die Internationalität derartiger Forderungsabtretungen ein gewisses Risiko in sich und ist stets mit der Frage verbunden, nach welcher Rechtsordnung die Übertragung von Forderungen zu beurteilen ist. Bereits die Feststellung des im konkreten Fall anwendbaren Rechts kann mit Schwierigkeiten verbunden sein und je nach Forumstaat selbst bei vereinheitlichten Kollisionsnormen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Darüber hinaus bestehen nicht unwesentliche Divergenzen in den Abtretungsvorschriften einzelner Staaten. Dies gilt beispielsweise für die Rechtsnatur der Abtretung oder die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber dem Schuldner oder gegenüber Dritten im Fall einer Mehrfachzession oder im Konkurs des Zedenten. Diese Faktoren erhöhen die Kosten eines grenzüberschreitenden Finanzierungsgeschäftes oder können es sogar gänzlich verhindern. Vor diesem Hintergrund soll international vereinheitlichtes Sachrecht für Forderungsabtretungen einen sicheren rechtlichen Rahmen für unterschiedliche Formen einer forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung bieten, indem es in gewissem Umfang die Anwendung des Kollisionsrechts sowie unvereinheitlichten nationalen Abtretungsrechts entbehrlich macht. Durch international vereinheitlichtes Sachrecht sollen die Risiken internationaler Forderungsabtretungen minimiert und durch bessere Voraussehbarkeit des anwendbaren Rechts allgemein die Rechtssicherheit im internationalen Handelt erhöht werden. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf international vereinheitlichtes Recht für internationale Forderungsabtretungen, dessen Quelle völkerrechtliche Verträge sind. Die Arbeit befasst sich im Wesentlichen mit zwei Konventionen: Dem UN-Übereinkommen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel sowie dem UNIDROITÜbereinkommen über das internationale Factoring. Das UNIDROITÜbereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglichen Ausrüstungsgegenständen, welches ein eigenes zessionsrechtliches Kapitel enthält (Kapitel IX, Art. 31 bis 38), bleibt auf Grund des eng begrenzten sachlichen Anwendungsbereiches außer Betracht. In die Untersuchung

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einbezogen wird jedoch Art. 12 EVÜ, da das UN-Übereinkommen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel kollisionsrechtliche Vorschriften enthält. Die Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts sowie die UNIDROIT-Grundregeln für internationale Handelsverträge sind nicht als völkerrechtliche Verträge erstellt worden. Die in beiden Regelwerken enthaltenen Vorschriften über die Abtretung von Ansprüchen werden dennoch im gegebenen Zusammenhang vorgestellt, um im Anschluss daran zu überprüfen, ob die Grundregeln - unter Berücksichtigung von Zweck und Anwendungsbereich der Konventionen und der Grundregeln eventuell die „bessere, sachgerechtere Lösung" anbieten als die untersuchten Konventionen. Das UN-Übereinkommen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel (im Folgenden: ZessÜ) ist am 12. Dezember 2001 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York angenommen worden. Das Übereinkommen tritt gemäß Art. 45 Abs. 1 ZessÜ am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde folgt. Ende 2005 ist es noch nicht in Kraft getreten. Tritt das ZessÜ in Kraft, so kann es für einen in einem Nichtvertragsstaat niedergelassenen Zessionar oder Schuldner bereits vor einer Ratifikation des ZessÜ durch diesen Nichtvertragsstaat von Relevanz sein. Für den Zessionar, sofern der Zedent in einem Vertragsstaat des ZessÜ niedergelassen ist, für den Schuldner, wenn das auf den Grundvertrag anwendbare Recht - sei es auf Grund einer Rechtswahl, sei es auf Grund objektiver Anknüpfung - das Recht eines Vertragsstaates des ZessÜ ist und der Zedent in einem Vertragsstaat des ZessÜ niedergelassen ist. Darüber hinaus ist das ZessÜ auf nachfolgende Abtretungen selbst dann anzuwenden, wenn es auf die vorangehende Abtretung nicht anzuwenden war. Das UNIDROIT-Übereinkommen über internationales Factoring (im Folgenden: FactÜ) ist am 28. Mai 1988 auf der Regierungskonferenz von Ottawa verabschiedet worden und ist am 1. Mai 1995 in Kraft getreten. Bis Ende 2005 haben sechs Staaten das Übereinkommen ratifiziert bzw. sind ihm beigetreten: Frankreich, Italien, Nigeria, Deutschland, Ungarn und Lettland. Gerichte eines Nichtvertragsstaates haben das FactÜ zu beachten, sofern dieses Übereinkommen Teil jener ausländischen Rechtsordnung ist, auf welches die Kollisionsnormen des Nichtvertragsstaates verweisen und nach dieser Rechtsordnung das FactÜ im konkreten Fall anzuwenden ist. Für einen in einem Nichtvertragsstaat niedergelassenen Schuldner, Zedenten (Lieferanten) oder Zessionar (Factor) ist das FactÜ beachtlich, sofern sowohl der Factoringvertrag zwischen dem Lieferanten und dem Factor als

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auch der Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen. In Summe sind verschiedene Fallkonstellationen möglich, auf die bei der Erörterung des Anwendungsbereiches des FactÜ eingegangen wird. Die von der Kommission für Europäisches Vertragsrecht verfassten Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Teil III (im Folgenden: PECL), sind 2003 erschienen, die UNIDROIT-Grundregeln für internationale Handelsverträge 2004 (im Folgenden: UNIDROIT-Principles) sind im Jahr 2004 veröffentlicht worden. Die folgende Arbeit stellt eine Untersuchung des ZessÜ sowie des FactÜ, eine Wertung der Vorschriften und einen Vergleich der einzelnen Kernfragen dieser Konventionen dar. Den Schlusspunkt der Arbeit bilden kollisionsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit einer internationalen Forderungsabtretung.

II. Charakteristika des ZessÜ, FactÜ und der Principies Das ZessÜ ist ein privatrechtsvereinheitlichendes Übereinkommen. 1 Es ist das Resultat formell organisierter, „gezielter" 2 Rechtsharmonisierung und bindet als völkerrechtlicher Vertrag die Vertragsstaaten. 3 Da das ZessÜ nicht auf zwei Staaten beschränkt ist und allen Staaten zum Beitritt offen steht (Art. 34 Abs. 3 ZessÜ), ist es ein multilaterales, offenes Übereinkommen. 4 Ziel des ZessÜ ist eine internationale Rechtsvereinheitlichung 5 1 Zur Terminologie vgl. statt vieler Kropholler, Internationales Einheitsrecht (1975) 1 ff.; Weimer, Grundfragen grenzüberschreitender Rechtsetzung (1995) 15 ff.; Posch, IPR 3 Rz. 17/5. Allgemein zur Privatrechtsvereinheitlichung s. beispielsweise die Beiträge von Ferid, Methoden, Möglichkeiten und Grenzen der Privatrechtsvereinheitlichung, Z f R V 1962, 193 (204 ff.); Majoros, Zur Krise der internationalen Kodifikationspolitik, Z R P 1973, 65; Neuhaus/Kropholler, Rechtsvereinheitlichung - Rechtsverbesserung, RabelsZ 1981, 73; Kötz, Rechtsvereinheitlichung - Nutzen, Kosten, Methoden, Ziele, RabelsZ 1986, 1; Behrens, Voraussetzungen und Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsvereinheitlichung, RabelsZ 1986, 19 und Kronke, Ziele - Methoden, Kosten - Nutzen: Perspektiven der Privatrechtsharmonisierung nach 75 Jahren UNIDROIT, JZ 2001, 1149. 2 Dölle, Gezielte und gewachsene Rechtsvereinheitlichung, Z f R V 1963, 133 (134). 3 Zu den Vor- und Nachteilen einer Rechtsvereinheitlichung durch Staatsverträge s. statt vieler Kropholler, Internationales Einheitsrecht 94 ff.; Kronke, International uniform commercial law Conventions: advantages, disadvantages, criteria for choice, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 13; zur Rechtsvereinheitlichung durch Staatsverträge s. auch Philipps, Erscheinungsformen und Methoden der Privatrechts-Vereinheitlichung (1965) 21; Neuhaus, Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts, 2. Auflage (1976) 76 ff. 4 Vgl. Coing, Einführung, in: Coing u.a. (Hrsg.), Methoden der Rechtsvereinheitlichung (1974) 7 (11).

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der Bestimmungen einzelner souveräner Staaten für Forderungsabtretungen. Da die Vorschriften des ZessÜ nicht nur völkerrechtliche Verpflichtungen der Vertragsstaaten begründen, sondern sich direkt an Private und Gerichte wenden, handelt es sich beim ZessÜ um ein „unmittelbar anwendungsfähiges" Übereinkommen („self-executing treaty" 6 ). Das ZessÜ kann nur zur Anwendung gelangen, sofern (zumindest) eine Forderungsabtretung ein internationales Element aufweist. D.h., obwohl das ZessÜ auch auf Forderungsabtretungen anwendbar ist, die als nachfolgende Abtretungen einen „rein" nationalen Sachverhalt verwirklichen, handelt es sich nicht um unbeschränktes Einheitsrecht. 7 Das ZessÜ bezweckt ein wörtlich gleichlautendes Recht („strenges Einheitrecht") innerhalb der Rechtsordnungen der einzelnen Vertragsstaaten für internationale Forderungsabtretungen. 8 Zum Abschluss ist noch auf eine Besonderheit des ZessÜ hinzuweisen: Das ZessÜ enthält sowohl vereinheitlichtes Sachrecht als auch vereinheitlichtes Kollisionsrecht für internationale Forderungsabtretun9

gen. Das FactÜ ist ein privatrechtsvereinheitlichendes, multilaterales, offenes Übereinkommen. Es ist das Ergebnis „gezielter Privatrechtsvereinheitlichung" 10 , stellt ein „unmittelbar anwendungsfähiges" Übereinkommen („self-executing treaty") dar und bindet als völkerrechtlicher Vertrag die einzelnen Vertragsstaaten. Das Ziel des FactÜ ist eine internationale Rechtsvereinheitlichung der Bestimmungen der Vertragsstaaten für internationales Factoring, wobei auf Grund der Beschränkung auf internationale Sachverhalte das FactÜ einen Staatsvertrag mit „beschränktem" Einheitsrecht darstellt. Das FactÜ bezweckt ebenso wie das ZessÜ ein wörtlich gleichlautendes Recht innerhalb der Rechtsordnungen der einzelnen Vertragsstaaten („strenges Einheitsrecht"). Im Gegensatz zum ZessÜ enthält 5 Vgl. zur internen Rechtsvereinheitlichung beispielsweise Coing in Methoden 8 ff.; für die Begriffe „interne Rechtsvereinheitlichung" und „Internationale Rechtsvereinheitlichung" s. Posch, IPR3 Rz. 17/9. 6 Vgl. von Caemmerer, Rechtsvereinheitlichung und internationales Privatrecht, in: von Caemmerer u.a. (Hrsg.), Probleme des europäischen Rechts, Festschrift für Walter Hallstein zu seinem 65. Geburtstag (1966) 63 (72); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 101. 7 Zu den Begriffen „unbeschränktes" und „beschränktes" Einheitsrecht vgl. Philipps, Erscheinungsformen 41 ff.; Drobnig, Anwendungsnormen in Übereinkommen zur Vereinheitlichung des Privatrechts, in: Stoffel u.a. (Hrsg.), Conflits et harmonisation/Kollision und Vereinheitlichung/Conflicts and Harmonization, Mélanges en l'honneur d'Alfred E. von Overbeck (1990) 15 (21, 27). 8 Vgl. für diese Begriffe beispielsweise Kropholler, Internationales Einheitsrecht 1, 9 f.; Posch, IPR3 Rz. 17/11. 9 Über das Verhältnis von einheitlichem Sachrecht zu einheitlichem Kollisionsrecht vgl. statt vieler Kropholler, Internationales Einheitsrecht 179. 10 Dölle, ZfRV 1963, 133 (134).

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das FactÜ jedoch ausschließlich vereinheitlichtes Sachrecht für Forderungsabtretungen im Rahmen des internationalen Factoring. Sowohl das FactÜ als auch das ZessÜ enthalten sachrechtliche Vorschriften für internationale Forderungsabtretungen und gehen, sofern die Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, hinsichtlich der von ihnen geregelten Gegenstände dem unvereinheitlichten nationalen Recht vor. 11 Für Fragen, die im FactÜ oder im ZessÜ nicht geregelte Gegenstände betreffen, ist mithilfe kollisionsrechtlicher Vorschriften das im Einzelfall für die konkrete Frage jeweils anwendbare nationale Recht zu bestimmen. Dabei enthält das ZessÜ, wie bereits erwähnt, für einzelne Fragen kollisionsrechtliche Vorschriften, die grundsätzlich vorrangig vor den entsprechenden Verweisungsnormen eines Vertragsstaates zu beachten sind. 12 Die PECL enthalten Rechtsregeln des allgemeinen europäischen Vertragsrechts, die UNIDROIT-Principles Rechtsregeln des internationalen handelsrechtlichen Vertragsrechts. Weder die PECL noch die UNIDROITPrinciples beschränken sich auf die Niederlegung des geltenden Rechts („restatements"), sondern enthalten auch neue, funktional „beste" Lösungen („prestatement"). 13 Beide Regelwerke beruhen auf umfassender Rechtsvergleichung und sind von namhaften Experten verfasst worden. 14 Die PECL und UNIDROIT-Principles haben keine unmittelbare normative Kraft 15 und werden deshalb auch als soft law („weiches" Einheitsrecht 16 )

" Zur Konkurrenz zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ vgl. 2. Teil, 4. Kapitel, II. 12 Vgl. 7. Teil, 2. Kapitel. 13 Vgl. dazu aus der umfangreichen Literatur beispielsweise Zimmermann, Die „Principles of European Contract Law", Teil I, ZEuP 1995, 731; Berger, Formalisierte oder „schleichende" Kodifizierung des transnationalen Wirtschaftsrechts (1996) 150 ff.; Bonell, The UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts and CISG - Alternatives or Complementary Instruments?, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1996, 26 (30); Michaels, Privatautonomie und Privatkodifikation, RabelsZ 1998, 580 (584 ff.); Kronke, JZ 2001, 1149 (1153); Zimmermann, Die „Principles of European Contract Law", Teil III, ZEuP 2003, 707 (709). 14 Die Veröffentlichung der UNIDROIT-Principles ist vom UNIDROIT-Direktionsrat genehmigt worden. 15 Canaris, Die Stellung der „UNIDROIT-Principles" und der „Principles of European Contract Law" im System der Rechtsquellen, in: Basedow (Hrsg.), Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht (2000) 5 (15), charakterisiert sie als „Rechtserkenntnisquellen". Nach Basedow, Uniform law Conventions and the UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 129 (132, 139) sind die Grundregeln eine Rechtsquelle sui generis. 16 Sonnenberger in MünchKomm BGB 4 Einl IPR Rn. 375 f. spricht sich gegen die Bezeichnung dieser Regeln als Einheitsrecht aus, da dieser Begriff nur für die gezielte Rechtsvereinheitlichung mehrerer Staaten mit anschließender Übernahme in das nationale Recht verwendet werden sollte.

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b e z e i c h n e t . 1 7 E s sind R e c h t s r e g e l n o h n e b i n d e n d e n Charakter, d i e s i c h auf Grund ihrer Ü b e r z e u g u n g s k r a f t und Autorität durchsetzen s o l l e n . 1 8 D i e Vertragsparteien k ö n n e n j e d o c h ihre A n w e n d b a r k e i t w ä h l e n und s o m i t den Grundregeln zur G e l t u n g v e r h e l f e n . 1 9

III. Rechtsvergleichende Untersuchung einheitsrechtlicher Übereinkommen R e c h t s v e r g l e i c h u n g spielt s o w o h l bei der A u s a r b e i t u n g 2 0 e i n e s internationalen privatrechtsvereinheitlichenden Ü b e r e i n k o m m e n s als auch i m Rahm e n seiner A n w e n d u n g bei d e s s e n A u s l e g u n g 2 1 ein b e d e u t e n d e R o l l e für das Erreichen der mit d e m e i n h e i t s r e c h t l i c h e n Ü b e r e i n k o m m e n angestrebten V o r t e i l e b z w . N u t z e n . S o w o h l das Z e s s Ü als auch das F a c t Ü b e z w e c k e n d i e V e r e i n h e i t l i c h u n g der V o r s c h r i f t e n für internationale Forderungsabtretungen. B e i d e Ü b e r e i n k o m m e n b e f a s s e n s i c h mit d e m s e l b e n Rechtsinstitut, der R e c h t s f i g u r der „Forderungsabtretung". Z u ü b e r l e g e n ist, o b e n t s p r e c h e n d einer R e c h t s v e r g l e i c h u n g v e r s c h i e d e n e r R e c h t s o r d n u n g e n , w e l c h e auf d i e Funktionali-

17 Drobnig, Vereinheitlichung von Zivilrecht durch soft law: neuere Erfahrungen und Einsichten, in: Basedow u.a. (Hrsg.), Aufbruch nach Europa, 75 Jahre Max-PlanckInstitut für Privatrecht (2000) 745 ff.; Kronke, JZ 2001, 1149 (1153); Goode/Kronke/McKendrick/Wool, Transnational Commercial Law, International Instruments and Commentary (2004) 39 (40). 18 Boneil, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1996, 26 (32); Boele-Woelki, Die Anwendung der UNIDROIT-Principles auf internationale Handelsverträge, IPRax 1997, 161 (163); Michaels, RabelsZ 1998, 580 (591); UNIDROIT-Principles 2004, Introduction to the 1994 edition XV. " Canaris in Europäische Vertragsrechts Vereinheitlichung und deutsches Recht 5 (17 ff.); Boele-Woelki, Terms of Co-Existence: The CISG and the UNIDROIT Principles, in Sarcevic/Volken (Hrsg.), The international sale of goods revisited (2001) 203 (212): „... the Principles are nothing a priori other than an offer made to parties, to the court and particularly to the arbitrator, and last but not least, to the legislator."; von Bar/Mankowski, IPR I 2 § 2 Rn. 75; Magnus, Europäisches Vertragsrecht und materielles Einheitsrecht - künftige Symbiose oder störende Konkurrenz? in: Mansel u.a. (Hrsg.), Festschrift für Erik Jayme (2004) 1307 (1313). 20 Constantinesco, Rechtsvergleichung Band II, Die rechtsvergleichende Methode (1972) 380 ff.; Kropholler, Internationales Einheitsrecht 30 f.; Neuhaus, Grundbegriffe IPR 2 , 11; Ebert, Rechtsvergleichung (1978) 37; Zitelmann, Aufgaben und Bedeutung der Rechtsvergleichung, in: Zweigert/Puttfarken (Hrsg.), Rechtsvergleichung (1978) 14 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Auflage (1996) 23 f. 21 Vgl. statt vieler Constantinesco, Rechtsvergleichung II 388 ff.; Kropholler, Internationales Einheitsrecht 278 ff.; Neuhaus, Grundbegriffe IPR 2 , 12.

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tat eines Rechtsinstituts in unterschiedlichen Rechtsordnungen abstellt, 22 eine Rechtsvergleichung international vereinheitlichten Rechts möglich und sinnvoll ist. M.E. ist dies zu bejahen. Die Tatsache, dass der Vereinheitlichung der Vorschriften bereits rechtsvergleichende Arbeiten vorangegangen sind, ist m.E. als solche kein Ausschlussgrund dafür, einheitsrechtliche Vorschriften gleicher Funktion unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, wie gut oder wie schlecht sie diese erfüllen. Sinnvolle „Institutionenvergleichung" setzt voraus, dass das ausgewählte Rechtsinstitut im Gesamtzusammenhang seiner jeweiligen Rechtsordnung untersucht wird. Dabei sollte das „allgemeine institutionelle Ambiente der ausländischen Rechtsordnungen" 23 berücksichtigt werden. Dies entfällt bei einer Rechtsvergleichung international vereinheitlichter Vorschriften gleicher Funktion. Der Gesamtzusammenhang, das „Ambiente" einer ausländischen Rechtsordnung spielt allerdings für die Frage der Ratifikation eines einheitsrechtlichen Übereinkommens durch souveräne Staaten eine bedeutsame Rolle. Einzelne Kernfragen einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung werden sowohl vom ZessÜ als auch vom FactÜ geregelt. Für diese Fragen soll daher untersucht werden, welche Ähnlichkeiten und Verschiedenheit bestehen, vor allem jedoch, welche Vorschrift ihrer speziellen Funktion, ihrem speziellen Zweck im höheren Ausmaß gerecht wird. Als Beispiel seien jene Vorschriften genannt, die den Schutz der rechtlichen Stellung des Schuldners zum Ziel haben. Darüber hinaus gilt es für jene Fragen, die sowohl vom ZessÜ als auch vom FactÜ geregelt werden, zu überprüfen, welches Übereinkommen diesbezüglich einen höheren Grad an Vereinheitlichung erreicht und somit einen Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht erübrigt.

22 Vgl. zur funktionellen Methode der Rechtsvergleichung statt vieler Eberl, Rechtsvergleichung 28 f.; Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, 2. Auflage (1987) 27 f.; Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 33 f., 43. 23 Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 5.

1. Teil

Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

1. K a p i t e l

Einleitung S e l b s t wörtlich g l e i c h l a u t e n d e s Einheitsprivatrecht (Einheitsprivatrecht i m strengen t e c h n i s c h e n S i n n e 1 ) ist k e i n Garant für d i e durch das j e w e i l i g e Ü b e r e i n k o m m e n b e z w e c k t e R e c h t s v e r e i n h e i t l i c h u n g in den e i n z e l n e n V e r tragsstaaten. 2 U m das Ziel d e s internationalen R e c h t s a n w e n d u n g s e i n k l a n g e s b z w . der R e c h t s a n w e n d u n g s g l e i c h h e i t 3 zu erreichen - und d a m i t zu größerer R e c h t s s i c h e r h e i t zu g e l a n g e n s o w i e d i e S u c h e nach d e m G e r i c h t s staat mit d e m g ü n s t i g s t e n R e c h t ( f o r u m Shopping) 4 durch d i e Parteien e i n z u s c h r ä n k e n 5 - bedarf e s einer e i n h e i t l i c h e n A n w e n d u n g 6 d e s j e w e i l i g e n Ü b e r e i n k o m m e n s . A n g e l p u n k t einer e i n h e i t l i c h e n A n w e n d u n g ist e i n e e i n h e i t l i c h e Interpretation des internationalen Ü b e r e i n k o m m e n s 7 durch d i e

1 Vgl. für diesen Begriff Kropholler, Internationales Einheitsrecht 1, 9 f.; Posch, IPR 3 Rz. 17/11, bezeichnet dies als „Rechtsvereinheitlichung im eigentlichen Sinn". Zum Begriff des „internationalen Einheitsrechts" vgl. zudem Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts (2004) 14 ff.; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung (2005) 3 ff. 2 H.A. Vgl. beispielsweise Zweigert, Die Rechtsvergleichung im Dienste der europäischen Rechtsvereinheitlichung, RabelsZ 1951, 387 (395); Riese, Einheitliche Gerichtsbarkeit für vereinheitlichtes Recht?, RabelsZ 1961, 604 (607 f.); pointiert Honnold, The Sales Convention in action - Uniform International Words: Uniform Application?, J L & Commerce 1988, 207: „Even if you get uniform laws you wont get uniform results." 3 Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 241 f.; Bayer, Auslegung und Ergänzung international vereinheitlichter Normen durch staatliche Gerichte, RabelsZ 1955, 603 (624), verwendet den Begriff „Auslegungsharmonie". 4 Ferrari, Uniform Interpretation of the 1980 Uniform Sales Law, Georgia J. Int. Comp. L. 1994, 183 (199); Honnold, Uniform Law for International Sales 3 Rn. 92. 5 Selbst durch internationales materielles Einheitsrecht kann ein forum Shopping durch die Parteien nicht zur Gänze ausgeschlossen werden; vgl. Ferrari, „Forum Shopping" despite International Uniform Contract Law Conventions, Int'l & Comp. L.Q. 2002, 689. 6 H.A. Vgl. beispielsweise Karollus, UN-Kaufrecht: eine systematische Darstellung für Studium und Praxis (1991) 11, der betont, dass eine tatsächliche, konkrete Rechtsvereinheitlichung erst aus einer einheitlichen Anwendung folgt, denn erst dann gilt wirklich gleiches Recht. 7 R. Schütze, Zur Auslegung internationaler Übereinkommen, in: Boecken u.a. (Hrsg.), Sozialrecht und Sozialpolitik in Deutschland und Europa, Festschrift für Bernd Baron von Maydell (2002) 649 (651), hebt hervor, dass es sich nicht um eine einheitliche Aus-

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1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und Facti1

S c h i e d s g e r i c h t e b z w . staatlichen Gerichte der e i n z e l n e n Vertragsstaaten. 8 E i n e A u s l e g u n g d e s Z e s s Ü u n d d e s F a c t Ü aus d e m Z u s a m m e n h a n g der e i g e n e n n a t i o n a l e n R e c h t s o r d n u n g b z w . d e m R e c h t s g e b i e t , w e l c h e s das Z e s s Ü und das F a c t Ü b e t r e f f e n , e i n e A u s l e g u n g mit e i n e m n a t i o n a l e n Verständnis der e i n z e l n e n B e g r i f f e s o w i e unter A n w e n d u n g nationaler A u s l e g u n g s m e t h o d e n w ü r d e e i n e A u s h ö h l u n g der durch das Z e s s Ü und das Fact Ü angestrebten R e c h t s e i n h e i t für Forderungsabtretungen und i m g e w i s s e n U m f a n g e i n e „ N a t i o n a l i s i e r u n g " d e s international v e r e i n h e i t l i c h t e n R e c h t s b e w i r k e n . 9 N a c h h . A . 1 0 kann e i n e e i n h e i t l i c h e A n w e n d u n g nur durch e i n e m ö g l i c h s t a u t o n o m e A u s l e g u n g d e s internationalen Einheitsprivatrechts 1 1 g e w ä h r l e i s t e t w e r d e n . D e r Grundsatz der a u t o n o m e n ( u n i f o r m e n 1 2 , anationalen 1 3 ), d i e e i n h e i t l i c h e A n w e n d u n g fördernden A u s l e g u n g ist d e s h a l b auch bei der A n w e n d u n g d e s Z e s s Ü und des F a c t Ü zu beachten. A u t o n o m e A u s l e g u n g bedeutet, dass d i e B e g r i f f e d e s Z e s s Ü und d e s F a c t Ü o h n e

legung eines internationalen Übereinkommens im strikten Sinn, sondern um eine Auslegung identischen nationalen Rechts handelt. 8 Vgl. statt vieler Zweigert, RabelsZ 1951, 387 (395), der darauf hinweist, dass die Auslegung und Anwendung vor nationalen Gerichten aus der wörtlichen Konsonanz der Norm vielfach eine materielle Dissonanz werden lässt; Martiny, Autonome und einheitliche Auslegung im Europäischen Internationalen Zivilprozeßrecht, RabelsZ 1981, 427. S. auch Herber, Gedanken zur internationalen Vereinheitlichung des Seehandelsrechts, in: Ipsen/Necker (Hrsg.), Recht über See, Festschrift Rolf Stödter zum 70. Geburtstag am 22. April 1979 (1979) 55 (57), nach welchem es in der Natur des Sache liegt, dass international vereinbarte Sachnormen regelmäßig nicht das Maß an Klarheit und Sicherheit der Auslegung bieten können wie nationale Gesetze. Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 2, betont zu Recht, dass der einheitlichen Anwendung und Auslegung ebenso viel Beachtung zu sichern sei wie der Ausarbeitung des vereinheitlichten Rechts. 9 Vgl. Neuhaus, Grundbegriffe IPR 2 , 13, der von „fehlgeschlagener Rechtsvereinheitlichung" spricht, wenn die Auslegung in konstanter Rechtsprechung verschiedener Vertragsstaaten uneinheitlich erfolgt. 10 Vgl. beispielsweise Rabel, Der Entwurf eines einheitlichen Kaufgesetzes, RabelsZ 1935, 1 (54); Bayer, RabelsZ 1955, 603 (624); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 265; Diedrich, Autonome Auslegung von Internationalem Einheitsrecht: Computersoftware im Wiener Kaufrecht (1994) 76 ff.; Ferrari, Georgia J. Int. Comp. L. 1994, 183 (199); Magnus, Konventionsübergreifende Interpretation internationaler Staatsverträge privatrechtlichen Inhalts, in: Basedow u.a. (Hrsg.), Aufbruch nach Europa, 75 Jahre MaxPlanck-Institut für Privatrecht (2000) 571 f. " Einen Überblick über die autonome Auslegung internationalen Einheitsrechts durch den BGH und andere Gerichte europäischer Staaten bietet Basedow, Depositivierungstedenzen in der Rechtsprechung zum Internationalen Einheitsrecht, in: Canaris u.a. (Hrsg.), 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft (2000) I I I (778 ff.). 12 Kramer, Uniforme Interpretation von Einheitsprivatrecht - mit besonderer Berücksichtigung von Art. 7 UNKR, JB1 1996, 137. 13 Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 14.

1. Kapitel:

Einleitung

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Rückgriff auf nationale Quellen, 14 sozusagen aus sich selbst heraus zu interpretieren sind. Dies gilt auch für die Qualifikation. Bezogen auf die autonome Auslegung eines internationalen Übereinkommens stellt der Text des jeweiligen einheitsrechtlichen Übereinkommens - bildlich gesprochen - grundsätzlich einen „eigenen Kosmos" 15 , „ein kleines Rechtssystem für sich" 16 dar. Eine autonome Auslegung erfordert eine vom nationalen Recht losgelöste Auslegungstechnik. 17 Sowohl das ZessÜ (Art. 7 Abs. 1) als auch das FactÜ (Art. 4 Abs. 1) enthalten eine allgemeine Interpretationsklausel und heben damit die Notwendigkeit einer international einheitlichen Anwendung hervor. Derartige Interpretationsklauseln rufen in Erinnerung, dass die Anwendung eines auf internationaler Ebene ausgearbeiteten einheitsprivatrechtlichen Übereinkommens die Beachtung seines internationalen Charakters verlangt. 18 Nach Linhart19 sind Staatsverträge außerhalb supranationaler Gemeinschaften das geeignetste Regelungsinstrument bezogen auf die Einheitlichkeit der Auslegung. Sinn und Zweck eines einheitsrechtlichen Übereinkommens setzen im Vergleich zum autonomen, staatlichen Recht eine differenzierte Vorgehensweise bei dessen Anwendung voraus. Aber selbst beim Fehlen einer Art. 4 Abs. 1 FactÜ bzw. Art. 7 Abs. 1 ZessÜ entsprechenden Interpretationsklausel wären das FactÜ und das ZessÜ - um deren einheitliche Anwendung sicherzustellen - grundsätzlich ohne Rückgriff auf eine nationale Rechtsordnung „aus sich selbst heraus" zu interpretieren. 20 Das Gebot der autonomen Interpretation folgt für jedes einheitsrechtliche Übereinkommen aus dessen im Übereinkommen ausgesprochenem oder unausgesprochenem Zweck, vereinheitlichtes Recht in den einzelnen Vertragsstaaten zu schaffen. 21

14 Nach Basedow in 50 Jahre Bundesgerichtshof III (785), bedeutet dies zunächst „einen Orientierungsverlust für den Interpreten". 15 Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (582). 16 Kropholler, Internationales Einheitrecht 273; vgl. auch Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 2.2.1.: „It remains an autonomous body of law even after ist formal incorporation into the different national legal systems." 17 Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 80. 18 Vgl. zur Bedeutung derartiger Interpretationsklauseln Bayer, RabelsZ 1955, 603 (624 f.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 242 f.; Boneil, International Uniform Law in practice - Or where the real trouble begins, Am. J. Comp. L. 1990, 865 (879). Allgemein David, International Unification, Int.Enc.Comp.L. II - 5 Rn. 276 f. 19 Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 198. 20 Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen (1990) 101, weist zutreffend darauf hin, dass die in solchen Interpretationsklauseln umschriebene Zielsetzung des Einheitsrechts allgemein gelte, so dass solche Klauseln nur deklaratorischer Natur sind. 21 Vgl. Bayer, RabelsZ 1955, 603 (624); Honnold, Uniform Words and Uniform Application. The 1980 Sales Convention and International Juridicial Practice, in:

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1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und Facti]

Art. 7 A b s . 1 Z e s s Ü und Art. 4 A b s . 1 F a c t Ü h a b e n e i n e n identen Wortlaut. 2 2 B e i d e Interpretationsklauseln sind b e w u s s t Art. 7 A b s . 1 C I S G 2 3 n a c h g e b i l d e t , 2 4 w e s h a l b d i e zu dieser B e s t i m m u n g e n t w i c k e l t e n Grundsätz e auch auf Art. 7 Z e s s Ü 2 5 und Art. 4 F a c t Ü übertragen w e r d e n k ö n n e n . 2 6 D i e T a t s a c h e , dass das F a c t Ü v o n einer anderen Organisation als das C I S G ausgearbeitet w o r d e n ist, stellt m . E . kein tragfähiges A r g u m e n t g e g e n d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g der zu Art. 7 C I S G e n t w i c k e l t e n Grundsätze bei der A u s l e g u n g des Art. 4 F a c t Ü dar. D i e e i n z i g e A b w e i c h u n g zur Interpretatio n s k l a u s e l d e s C I S G besteht darin, dass als z u s ä t z l i c h e r A u s l e g u n g s g r u n d satz die B e r ü c k s i c h t i g u n g d e s in der j e w e i l i g e n Präambel d a r g e l e g t e n Z i e l e s und Z w e c k e s d e s Z e s s Ü b z w . d e s F a c t Ü v o r g e s c h r i e b e n ist. Im F o l g e n d e n w e r d e n zunächst d i e A u s l e g u n g s g r u n d s ä t z e d e s Z e s s Ü und des F a c t Ü s o w i e d i e bei der A u s l e g u n g a n z u w e n d e n d e n M e t h o d e n erörtert.

Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht (1987) 115 (120). 22 Vgl. Art. 7 Abs. 1 ZessÜ bzw. Art. 4 Abs. 1 FactÜ: „In the interpretation of this Convention, regard is to be had to its object and purpose as set forth in the preamble, to its international character and to the need to promote uniformity in its application and the observance of good faith in international trade." 23 Art. 7 Abs. 1 CISG: „In the interpretation of this Convention, regard is to be had to its international character and to the need to promote uniformity in its application and the observance of good faith in international trade." Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 119, betont, dass Art. 7 Abs 1 CISG keine Kodifikation von Auslegungsgrundsätzen des internationalen Einheitsrechts, sondern nur eine „Zielbestimmung" darstellt. 24 Vgl. für das ZessÜ Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 79; für das FactÜ UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 54 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 104 Rn. 54 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 141 Rn. 54. 25 Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 79: „... these principles are common to most UNCITRAL texts and should be read in the same way as similar language in those texts." 26 Ebenso Gerhart, The Sales Convention in Courts: Uniformity, Adaptability and Adoptability, in: Sarcevic/Volken (Hrsg.), The international sale of goods revisited (2001) 77 (86).

2. Kapitel

Auslegung des ZessÜ und FactÜ I.

Auslegungsgrundsätze

A. Zweck und Ziel des Übereinkommens Wie bereits hervorgehoben, enthalten sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ in Abweichung zur Interpretationsklausel des Art. 7 CISG das Gebot, bei der Auslegung des Übereinkommens dessen Ziel und Zweck, wie in der jeweiligen Präambel zum Ausdruck gebracht, zu berücksichtigen. 1 Gemäß Art. 31 Abs. 2 WVRK 2 ist die Präambel bei der Auslegung internationaler Übereinkommen zu beachten. Somit wiederholen Art. 4 FactÜ und Art. 7 ZessÜ ein Gebot, welches bereits aus Art. 31 Abs. 2 WVRK folgt. Dennoch ist dieser Hinweis aus zweierlei Gründen als positiv zu bewerten 3 : Einerseits ist es strittig, ob die Auslegungsregeln der WVRK für die zivilrechtlichen Vorschriften einheitprivatrechtlicher Übereinkommen gelten, und andererseits wird dadurch für das FactÜ und das ZessÜ ausdrücklich klargestellt, was im Rahmen des CISG umstritten ist. 4 Die Verfasser des FactÜ haben das Gebot der Auslegung nach Zweck und Ziel des Übereinkommens in die Interpretationsklausel aufgenommen, um die Anwen-

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Dieses Auslegungsgebot ist erst gegen Ende der Ausarbeitung des ZessÜ unter Bezugnahme auf Art. 4 Abs. 1 FactÜ in die Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 ZessÜ eingefügt worden. Die vorangehenden Entwürfe enthielten eine Art. 7 Abs. 1 CISG entsprechende Fassung. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Annex I Art. 7; Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 122 f. 2 Zur Auslegung einheitsprivatrechtlicher Übereinkommen nach den in der WVRK enthaltenen Auslegungsregeln vgl. 1. Teil, 2. Kapitel, II.G. 3 Nach Basedow, Das Konventionsprivatrecht und das Völkerrecht der Staatsverträge, in: Leible/Ruffert (Hrsg.), Völkerrecht und IPR (2006) 163 (182) kann ein derartiger Hinweis mit Rücksicht auf die WVRK „ohne weiteres als überflüssig" gewürdigt werden. 4 Nach ü.A. sind die in der Präambel des CISG zum Ausdruck kommenden Ziele bei der Auslegung des CISG zu beachten, vgl. Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Präambel CISG Rn. 3 f. m.w.N. zum Meinungsstand; Magnus in Staudinger Präambel CISG Rn. 6 ff.

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l. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

dung des FactÜ entsprechend dem Willen der Väter des FactÜ und der Staaten, wenn sie Vertragsstaaten werden, zu gewährleisten. 5 Allgemein sind Ziel und Zweck des ZessÜ und des FactÜ die Schaffung von Einheitsrecht zur Förderung internationaler Handelsbeziehungen. 6 M.E. ist die Entwicklung des internationalen Handels als übergeordnetes Ziel sowohl des ZessÜ als auch des FactÜ anzusehen. Darüber hinaus ist allerdings eine differenziertere Betrachtung anhand der konkreten Präambel, die jedoch teilweise allgemeine Aussagen enthält, erforderlich. Der konkrete, spezielle Zweck bzw. das besondere Ziel des FactÜ ist die Erleichterung des internationalen Factoring unter gleichzeitiger Wahrung des Gleichgewichtes zwischen den Interessen der verschiedenen Parteien eines Factoringgeschäftes. 7 Im Rahmen des ZessÜ stellt insbesondere die Förderung der Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen unter Gewährleistung eines angemessenen Schutzes von Schuldnerinteressen den konkreten Zweck bzw. das konkrete Ziel dar. 8 Diese speziellen Ziele sind bei der Auslegung des FactÜ bzw. ZessÜ zu beachten.

B. Internationaler Charakter des ZessÜ und FactÜ Bei der Auslegung des ZessÜ und des FactÜ ist deren internationaler Charakter zu berücksichtigen. Mit diesem Tatbestandsmerkmal soll m.E. in erster Linie auf die „internationale Herkunft" des ZessÜ und des FactÜ hingewiesen werden, 9 denn die Abweichungen gegenüber dem unverein5

Die Aufnahme einer Interpretationsklausel ist im Jahr 1985 erfolgt, nachdem die Regierungsvertreter beschlossen hatten, die ausgearbeiteten einheitlichen Vorschriften als internationales Übereinkommen und nicht als Modellgesetz zu verabschieden. Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVII1 - Doc. 19, Rn. 4, Annex III, Article 11. Der Hinweis auf Ziel und Zweck des FactÜ findet sich erstmals in UNIDROIT 1986, Study LVIII Doc. 24, Annex III, Article 12(1); UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 73. 6 Nach Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 7, ist die Förderung internationaler Handelsbeziehungen Ziel und Zweck jedes einheitsvertragsrechtlichen Übereinkommens, wobei Ferrari das Gebot, Ziel und Zweck des FactÜ bei dessen Auslegung zu beachten, mit dem Grundsatz des favor conventionis (im Zweifel soll das Übereinkommen Anwendung finden) gleichsetzt. 7 A.A. Häusler, Das UNIDROIT Übereinkommen über internationales Factoring (Ottawa 1988) unter besonderer Berücksichtigung seiner Anwendbarkeit (1998) 133, nach dem das internationale Factoring nur Mittel zum Zweck sei, nämlich zur Förderung des internationalen Handels. 8 Die Präambel des ZessÜ enthält zudem allgemeine Aussagen, die jedoch gleichfalls bei der Auslegung und der Anwendung des ZessÜ zu beachten sind; vgl. für das CISG Magnus in Staudinger Präambel CISG Rn. 8. 9 Vgl. Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 2.2.1.; Gerhart in International sale of goods 77 (82).

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

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heitlichten Recht in Bezug auf die Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ beruhen im Kern auf der Tatsache, dass das ZessÜ und das FactÜ nicht das Ergebnis eines nationalen Gesetzgebungsverfahrens darstellen, sondern im internationalen Rahmen ausgearbeitet worden sind. Aus dem Erfordernis der Berücksichtigung der Internationalität des ZessÜ bzw. des FactÜ kann m.E. jedoch auch das Gebot abgeleitet werden, bei der Auslegung des ZessÜ und des FactÜ Lösungen zu erarbeiten, die in anderen Staaten Anerkennung finden können. 10 In der Literatur wird dieses Gebot meist aus dem Auslegungsgrundsatz der einheitlichen Anwendung geschlossen. 11 Da jedoch zwischen dem Auslegungsgrundsatz der Berücksichtigung des internationalen Charakters und dem Auslegungsgrundsatz der einheitlichen Anwendung eines Übereinkommens eine Wechselwirkung besteht, 12 kann m.E. im Ergebnis eine klare Zuordnung des Gebotes, bei der Auslegung internationalisierungsfähige Lösungen zu erarbeiten, zum einen oder anderen Auslegungsgrundsatz unterbleiben, zumal beide Grundsätze eine einheitliche Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ und somit Rechtseinheit anstreben. Das Gebot der autonomen Auslegung wird vor allem aus dem Grundsatz der Berücksichtigung des internationalen Charakters abgeleitet. In Bezug auf Art. 7 Abs. 1 CISG wird jedoch betont, dass dieser Interpretationsklausel insgesamt das Gebot der autonomen (d.h. nicht nationalen) Auslegung zugrunde liegt. 13 Dies gilt auch für Art. 7 Abs. 1 ZessÜ und Art. 4 Abs. 1 FactÜ. 14 Das Gebot der autonomen, lediglich auf das konkrete internationale Übereinkommen bezogenen Auslegung wird durch Legaldefinitionen 10

Canaris, Die Bedeutung allgemeiner Auslegungs- und Rechtsfortbildungskriterien im Wechselrecht, JZ 1987, 543 (550), spricht von einer „potenziellen internationalen Akzeptanz" einer konkreten Lösung durch die Gerichte anderer Staaten; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 20 verwendet dafür den Begriff „internationalisierungsfähige Lösungen". " Vgl. etwa Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 15 ff.; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 20; wie hier jedoch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 135. 12 S. Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 2.2.1. (die einheitliche Auslegung sei lediglich eine Konsequenz der Berücksichtigung des internationalen Charakters); ebenso Kramer, JB1 1996, 137 (142); Honnold, Uniform Law for International Sales 3 Rn. 86 („two closely-related principles"); Ferrari, Applying the CISG in a Truly Uniform Manner: Tribunale di Vigevano (Italy), 12 July 2000, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2001, 203 (205); zweifelnd Gerhart in International sale of goods 77 (82). 13 Vgl. etwa Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 12 m.w.N. 14 Selbst wenn die Verfasser des ZessÜ bzw. des FactÜ keine Art. 7 Abs. 1 CISG entsprechende Interpretationsklausel in das jeweilige Übereinkommen aufgenommen hätten, würde sich das Gebot der autonomen Auslegung, wie bereits erwähnt, aus dem Sinn und Zweck des ZessÜ bzw. des FactÜ als internationales einheitsrechtliches Übereinkommen ergeben, da nur auf diesem Weg eine einheitliche Anwendung der Übereinkommen in den einzelnen Vertragsstaaten erreicht werden kann.

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1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

erheblich erleichtert. 15 So enthält Art. 5 ZessÜ einen umfangreichen Katalog an Begriffsbestimmungen. 16 Darüber hinaus legt Art. 2 ZessÜ beispielsweise fest, wann eine Abtretung von Forderungen „im Sinne des ZessÜ" vorliegt, und aus Art. 3 ZessÜ folgt, wann eine Forderung bzw. wann eine Abtretung international ist. Das FactÜ regelt in Art. 1 Abs. 2 FactÜ, unter welchen Voraussetzungen ein Factoringvertrag „im Sinne des FactÜ" vorliegt, und aus Art. 1 Abs. 4 lit. a und b FactÜ folgt, wann eine schriftliche Anzeige für die Zwecke des FactÜ gegeben ist. Eine Definition für die jeweilige Konvention zentraler Begriffe ist aus der Sicht einer konventionsbezogenen, autonomen Auslegung grundsätzlich zu begrüßen, da sie einer vom nationalen Verständnis geprägten Interpretation entgegenwirkt und somit die einheitliche Anwendung des Übereinkommens gewährleistet. Die Grundlage einer autonomen Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ ist deren Wortlaut in den authentischen Textfassungen. 17 Innerhalb der verbindlichen Sprachfassungen kommt jedoch sowohl bei der Auslegung des ZessÜ als auch des FactÜ der englischen Sprache eine „vorrangige" Bedeutung zu, da die mündlichen Verhandlungen während der Ausarbeitung und bei der Verabschiedung jeweils in englischer Sprache erfolgten. 18 Besteht innerhalb der verbindlichen Textfassungen eine Auslegungsdivergenz, so ist jene Auslegung der Bestimmung des ZessÜ bzw. des FactÜ zu wählen, die dem („konkreten") Zweck und dem Ziel des ZessÜ bzw. des FactÜ am ehesten entspricht. 19 Da, wie bereits erwähnt, die Arbeitssprache 15 R. Schütze in FS von Maydell 649 (651): „Je akribischer ein Staatsvertrag Begriffe definiert, umso geringer sind die Anwendungsdivergenzen."; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 210 f. Zur Frage, welche Punkte bei der Formulierung von Legaldefinitionen zu beachten sind, vgl. Malintoppi, The uniformity of the interpretation of international Conventions on uniform laws and of standard contracts, in: Schmitthoff (Hrsg.), The Sources of the law of International Trade (1964) 127 (130 f.). 16 Z.B. „Grundvertrag", „bestehende und zukünftige Forderungen", „Anzeige der Abtretung", „Niederlassung" oder „konkurrierende Berechtigung". 17 Aus der Unterzeichnungsklausel des ZessÜ folgt, dass die arabische, chinesische, englische, französische, russische sowie die spanische Textfassung authentische Fassungen des ZessÜ und gleichermaßen verbindlich sind. Aus der Unterzeichnungsklausel des FactÜ ergibt sich hingegen, dass lediglich die englische und die französische Textfassung die authentischen Fassungen darstellen und daher gleichermaßen verbindlich sind. Art. 33 Abs. 3 WVRK stellt für Verträge mit authentischen Texten in zwei oder mehreren Sprachen die Vermutung auf, dass die Begriffe des Vertrages die gleiche Bedeutung in jedem authentischen Text haben. 18 Im Rahmen dieser Arbeit werden wörtliche Nachweise aus den Materialien des ZessÜ bzw. dem Übereinkommenstext selbst in englischer Sprache zitiert; für das FactÜ erfolgt dies primär in englischer Sprache, fallweise in englischer und in französischer Sprache. 19 Vgl. Art. 31 Abs. 4 WVRK: „... ist ... die Bedeutung anzunehmen, welche die Texte unter Berücksichtigung des Ziels und Zwecks des Vertrags am besten miteinander in

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

19

Englisch war, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die englische Fassung den Zweck des ZessÜ bzw. des FactÜ am deutlichsten wiedergibt. 20 Eine autonome Auslegung scheidet aus, wenn aus den Materialien klar ersichtlich ist, dass ein konkretes Rechtsinstitut aus einer bestimmten nationalen Rechtsordnung stammt. Sofern damit zugleich der nationale Begriffsinhalt dieses Rechtsinstituts in das einheitsprivatrechtliche Übereinkommen Eingang finden sollte, 21 ist das nationale Verständnis dieses Begriffes bzw. die Funktion, welche das konkrete Rechtsinstitut in dieser nationalen Rechtsordnung erfüllt, bei der Auslegung zu berücksichtigen. 22 Das FactÜ hat m.E. kein Rechtsinstitut bzw. keinen normativen Begriff dergestalt übernommen, dass bei dessen Auslegung von einem nationalen Verständnis auszugehen wäre. Im ZessÜ stammt die Rechtsfigur der „proceeds" (vgl. Art. 5 lit. j, 24 ZessÜ) aus dem angloamerikanischen Rechtskreis. Eine autonome Auslegung ist zudem ausgeschlossen, wenn zwar nicht von einem bestimmten nationalen Begriffsverständnis auszugehen ist, jedoch die jeweilige lex fori über den Inhalt eines konkreten Begriffes entscheidet. Im Rahmen des ZessÜ und des FactÜ trifft dies für den Begriff „internationales Privatrecht" zu (Art. 7 Abs. 2 ZessÜ, Art. 4 Abs. 2 Fac-

Einklang bringt." Zur Frage, ob die Auslegungsmethoden der WVRK auf das ZessÜ bzw. das FactÜ zu übertragen sind, vgl. 1. Teil, 2. Kapitel, II.G. Nach Kropholler, Internationales Einheitsrecht 267 f., kann von Art. 33 Abs. 3 und 4 WVRK ausgegangen werden. Letztlich soll die teleologische Interpretation entscheiden, was zur Folge haben kann, dass eine festgelegte Textfassung bevorzugt wird oder eine Auslegung erfolgt, die sich mit keinem authentischen Text vollkommen deckt. Nach Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 16 sind die Grundsätze des WVRK zumindest analog anzuwenden; abweichend von Kropholler, Internationales Einheitsrecht 267 f., vertritt Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 16 jedoch die Auffassung, dass bei Auslegungsdivergenzen jene Interpretation zu wählen sei, die unter Berücksichtigung des Zweckes die verschiedenen Textfassungen am ehesten in Einklang bringt. M.E. ist Kropholler zu folgen, da der Zweck eines Übereinkommens höher zu bewerten ist als eine Angleichung der unterschiedlichen Textfassungen im Wege der Interpretation. Vgl. allgemein Dölle, Zur Problematik mehrsprachiger Gesetzes- und Vertragstexte, RabelsZ 1961, 1 (27), der in diesem Zusammenhang betont, dass ein „einziger Sinn" gewollt sei; dies kann der Sinn eines der mehreren Texte oder aber ein „dritter Sinn" sein. Es ist Aufgabe des Interpreten, „den wahren Sinn" aus den Divergenzen herauszufinden. 20 H.A. für das CISG; vgl. etwa Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 17 m.w.N. 21 Dies ist vorab zu prüfen; vgl. Frankenstein, IPR I 296; Bayer, RabelsZ 1955, 603 (626 f.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 265. 22 Eines der bekanntesten Beispiele ist das Voraussehbarkeitsprinzip des Art. 74 Satz 2 CISG; vgl. Stoll/Gruber in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 74 CISG Rn. 6, 35; Magnus in Staudinger Art. 74 CISG Rn. 5, 31.

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1. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

tÜ), 23 so dass dieser Begriff nicht autonom, sondern entsprechend dem Verständnis im Forumstaat auszulegen ist. Die Frage, wer im Fall einer Stellvertretung im Außenverhältnis „Partei" des Factoringvertrages i.S.d. Art. 1 Abs. 2 FactÜ bzw. des Abtretungsvertrages i.S.d. Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ wird, bestimmt sich nach dem im konkreten Fall jeweils anwendbaren nationalen Recht. 24 Dieses ist für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Stellvertretung und für die Rechtsfolgen einer unwirksamen Stellvertretung heranzuziehen. Insoweit 25 scheidet eine autonome Auslegung des Begriffes „Partei" des Factoringvertrages bzw. des Abtretungsvertrages jedenfalls aus.

C. Einheitliche Anwendung des ZessÜ und FactÜ Einen weiteren Auslegungsgrundsatz stellt die Förderung der einheitlichen Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ dar. Wie bereits erwähnt, besteht zwischen dem Gebot der einheitlichen Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ und dem Gebot der Berücksichtigung des internationalen Charakters des ZessÜ bzw. des FactÜ ein enger Zusammenhang. Für eine einheitliche Anwendung beider Übereinkommen wäre die Einrichtung eines übernationalen Gerichtshofes, dem Auslegungsfragen vorgelegt werden könnten und dessen Entscheidungen eine bindende Wirkung zukäme, von essenzieller Bedeutung. 26 Ein internationaler Gerichtshof, 27 welcher über die Rechtseinheit der unter der Schirmherrschaft von UNICITRAL bzw. UNIDROIT 23 Vgl. für das ZessÜ Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 81; für das FactÜ Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 12. 24 Ebenso Ferrari, Der internationale Anwendungsbereich des OttawaÜbereinkommens von 1988 über Internationales Factoring, RIW 1996, 181 (185); derselbe, The relationship between international uniform contract law Conventions, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 69 (78). 25 Ohne diese Einschränkung Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 11, jedoch folgt aus der in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 11 Fn 32 von ihm zitierten Literatur, dass die Stellvertretung gemeint ist. 26 Vgl. zur Bedeutung eines übernationalen Gerichtshofes für die einheitliche Auslegung Bayer, RabelsZ 1955, 603 (641 f.); Riese, RabelsZ 1961, 604 (614 ff.); David, International Unification, Int.Enc.Comp.L. II - 5 Rn. 303, 307 ff.; Mansel, Rechtsvergleichung und europäische Rechtseinheit, JZ 1991, 529 (532), nach dessen Ansicht Rechtsvereinheitlichung nur erreichbar sei, wenn übernationale Auslegungsinstanzen geschaffen werden; Diedrich, Autonome Auslegung 108 f.; Kramer, JB1 1996, 137 (139); Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (575). 27 Zu der Notwendigkeit der Schaffung von Spruchkörpern zur einheitlichen Auslegung internationaler Übereinkommen s. R. Schütze in FS von Maydell 649 (650 f.); zu den Vorteilen und Nachteilen eines derartigen Gerichtes vgl. Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 225 ff.

2. Kapitel: Auslegung

des ZessÜ und FactÜ

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ausgearbeiteten einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen wachen würde, besteht jedoch bekanntlich nicht. 28 Die Auslegung des FactÜ und des ZessÜ ist somit ausschließlich den nationalen Gerichten vorbehalten. 29 Vor diesem Hintergrund ist es für eine einheitliche Anwendung des ZessÜ und des FactÜ umso mehr von Bedeutung, dass Schiedsgerichte und Gerichte der einzelnen Vertragsstaaten von gerichtlichen und schiedsgerichtlichen Entscheidungen anderer Vertragsstaaten Kenntnis erlangen können, um sich inhaltlich mit den Entscheidungsgründen auseinander zu setzen. 30 Für den konkreten Fall relevante Entscheidungen ausländischer Gerichte sind in die Entscheidungsgründe einzubeziehen, denn nur damit kann eine einheitliche Auslegung in den Vertragsstaaten des ZessÜ und FactÜ erreicht werden. 31 Überzeugt das Auslegungsergebnis der ausländischen Entscheidung, so ist dieser Entscheidung grundsätzlich zu folgen. Nur derart kann sich eine internationale Entscheidungspraxis herausbilden, welche dem Prinzip des internationalen Rechtsanwendungsgleichklanges 32 entspricht. 33 Die Verpflichtung 34 zur Berücksichtigung ausländischer Judikatur folgt aus dem Zweck des ZessÜ und FactÜ, Rechtseinheit für ausgewählte Fragen der Forderungsabtretung zu schaffen. Vertragsstaaten haben durch die Unterzeichnung des ZessÜ und FactÜ die Pflicht, Ziel (und

28 Der Ansicht von R. Schütze in FS von Maydell 649 (657) ist zuzustimmen, dass es keinen „Weltgerichtshof' geben kann, da spezialisierte Spruchkörper notwendig sind. 29 Nach Struycken, Interpretation of Private International Law Treaties: Introductory Remarks, in: Heere (Hrsg.), International Law and the H a g u e ' s 750th Anniversary (1999) 135, sollten nationale Gerichte bestrebt sein, internationales Einheitsrecht wie ein bestehendes oder imaginäres internationales Gericht zu interpretieren, das autoritative Interpretationsentscheidungen trifft. 30 So bereits Bayer, RabelsZ 1955, 603 (625 ff.). 31 Vgl. zur Berücksichtigung ausländischer Rechtsprechung im Rahmen des CISG Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 40, nach dessen Ansicht „der Vergleich mit der Auslegungspraxis" anderer Vertragsstaaten „zwingend" ist. Die Interpretationsklausel des ZessÜ bzw. des FactÜ ist bewusst Art. 7 Abs. 1 CISG nachgebildet. Vgl. f ü r das ZessÜ Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 79; für das FactÜ UNIDROIT 1987, Study LV1II - Doc. 33, Rn. 54 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 104 Rn. 54 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 141 Rn. 54. 32 Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 241. 33 Vgl. Gruber, Methoden des internationalen Einheitrechts 348 f. 34 Ob eine Verpflichtung zur Berücksichtigung ausländischer Judikatur besteht, ist strittig. Die überwiegende Ansicht bejaht dies. Vgl. zum Meinungsstand G. Schmid, Einheitliche Anwendung von internationalem Einheitsrecht (2004) 67 (Fn 325 und 326). Bejaht man eine derartige Verpflichtung, so erhebt sich die Frage nach den Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung. Vgl. dazu G. Schmid, Einheitliche Anwendung von internationalem Einheitsrecht 157 ff. und für Art. 36 EGBGB Reinhart, Zur einheitlichen Auslegung vereinheitlichter IPR-Normen nach Art. 36 EGBGB, R I W 1994, 445 (451 f.).

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1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

Z w e c k ) d e s Z e s s Ü und F a c t Ü durch d i e s e m Z i e l w i d e r s p r e c h e n d e Handl u n g e n nicht zu unterlaufen. 3 5 A u s d e m G e b o t der e i n h e i t l i c h e n A n w e n d u n g (und der V e r p f l i c h t u n g zur B e r ü c k s i c h t i g u n g ) ist j e d o c h k e i n e präjudizielle W i r k u n g ( B i n d u n g s w i r k u n g 3 6 ) der E n t s c h e i d u n g e n ausländischer Gerichte a b z u l e i t e n , 3 7 w o b e i d i e s (in der R e g e l ) o h n e h i n mit der Souveränität der e i n z e l n e n Vertragsstaaten nicht vereinbar wäre. 3 8 A u s l ä n d i s c h e E n t s c h e i d u n g e n s o l l e n allein auf Grund ihrer Ü b e r z e u g u n g s k r a f t in d i e E n t s c h e i d u n g d e s a n g e r u f e n e n Gerichtes o d e r S c h i e d s g e r i c h t e s e i n f l i e ß e n . 3 9 D a b e i darf das B e s t r e b e n nach e i n e m internationalen E n t s c h e i d u n g s e i n k l a n g j e d o c h nicht zu Lasten einer W e i t e r e n t w i c k l u n g des e i n h e i t s r e c h t l i c h e n Ü b e r e i n k o m m e n s , d i e auf e i n e V e r t i e f u n g der R e c h t s e i n h e i t abzielt, g e h e n , denn d i e s w ü r d e i m Erg e b n i s zu einer V e r s t e i n e r u n g des Einheitsrechts führen. 4 0 Erfolgt d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g einer a u s l ä n d i s c h e n E n t s c h e i d u n g auss c h l i e ß l i c h auf Grund ihrer Ü b e r z e u g u n g s k r a f t ( „ p e r s u a s i v e authority"), s o wird damit z u m e i n e n verhindert, dass einer a u s l ä n d i s c h e n E n t s c h e i d u n g unter B e r u f u n g auf das G e b o t der e i n h e i t l i c h e n A n w e n d u n g l e d i g l i c h deshalb F o l g e zu leisten wäre, w e i l sie z u f ä l l i g e r w e i s e d i e erste E n t s c h e i d u n g

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Happ, Anwendbarkeit völkerrechtlicher Auslegungsmethoden auf das UNKaufrecht, RIW 1997, 376 (380), betont, dass daraus positiv die Pflicht erwächst, bei der Auslegung internationaler Übereinkommen zugängliche ausländische Gerichtsentscheidungen zu berücksichtigen. S. auch Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 27. 36 Zum Richterrecht und seiner Verbindlichkeit s. allgemein Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Auflage (1991) 501 ff. 37 Eine Bindung im Sinne der anglo-amerikanischen Lehre der Stare decisis ist abzulehnen; vgl. nur Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 39. 38 Magnus, Währungsfragen im Einheitlichen Kaufrecht, Zugleich ein Beitrag zu seiner Lückenfüllung und Auslegung, RabelsZ 1989, 116 (123); Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 111, betont, dass eine Bindung an Präjudizen auf Grund abweichender internationaler Praxis kein Völkergewohnheitsrecht darstellt; ausführlich zur rechtlichen Bindungswirkung von Gerichtsentscheidungen im internationalen Einheitsrecht Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 341 ff. 39 Vgl. z.B. Maskow in Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht Art. 7 Rn. 4.; Junker, Die einheitliche europäische Auslegung nach dem EG-Schuldvertragsübereinkommen, RabelsZ 1991, 674 (694); Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 24 m.w.N. 40 Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 242, 277, 281, der darauf hinweist, dass der Grundsatz des Rechtsanwendungseinklanges nicht dazu führen dürfe, dass internationales Einheitsrecht rein statisch auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners angewendet werde, mahnt jedoch gleichzeitig zur besonderen Umsicht und Zurückhaltung bei der Fortentwicklung des internationalen Einheitsrechts durch richterliche Spruchpraxis.

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

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zu einem bestimmten Auslegungsproblem darstellt. 41 Zum anderen muss selbst eine gefestigte Spruchpraxis zu einer bestimmten Auslegungsfrage das im konkreten Fall zur Entscheidung berufene Gericht überzeugen, 42 wobei ein Abgehen von derselben nur unter Auseinandersetzung mit den ausländischen Entscheidungen und bei Vorhandensein „besserer" Sachargumente erfolgen sollte. 43 Im Rahmen des Gebotes der einheitlichen Anwendung ist nicht nur die Rechtsprechung der einzelnen Vertragsstaaten, sondern auch der Meinungsstand im in- und ausländischen Schrifttum hinsichtlich der zu entscheidenden Frage zu berücksichtigen.

D. Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel Sowohl Art. 7 Abs. 1 ZessÜ als auch Art. 4 Abs. 1 FactÜ enthalten als vierten Auslegungsgrundsatz die Förderung des guten Glaubens im internationalen Handel. Dieser Auslegungsgrundsatz ist von den Verfassern beider Übereinkommen als Teil der Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 CISG übernommen worden. Erläuterungen über die inhaltliche Ausgestaltung des Gutglaubenssatzes fehlen in den Materialien zum ZessÜ und zum FactÜ. Aus dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 ZessÜ und des Art. 4 Abs. 1 FactÜ folgt allerdings, dass lediglich nationale Gutglaubensgebote bei der Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ nicht in Betracht zu ziehen sind. Eine Ausnahme besteht jedoch, sofern bestimmte nationale Gutglaubensgebote einen allgemein anerkannten Gutglaubensstandard in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen darstellen. 44 Darüber hinaus lassen jedoch beide Auslegungsvorschriften offen, wie das Prinzip von Treu und Glauben als Auslegungsziel bei der Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ im konkreten „zu handhaben" ist. 45 Art. 7 Abs. 1 ZessÜ und Art. 4 Abs. 1 FactÜ hal41

Canaris, JZ 1987, 543 (549); Maskow in Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht Art. 7 Rn. 4. 42 Vgl. Canaris, JZ 1987, 543 (549): auch die Mehrheit kann irren ...". 43 Vgl. Karollus, UN-Kaufrecht 15, nach dem bei Bestehen einer internationalen Entscheidungspraxis für die nach den sonstigen Auslegungskriterien zweifelhaften Fragen die Wahl einer judikaturkonformen Lösung nahe liegt; vgl. zur Frage der Bindungskraft des Richterrechtes auch Bydlinski, Hauptpositionen zum Richterrecht, JZ 1985, 149 (154 „präsumtive Verbindlichkeit" von Präjudizien). 44 Vgl. für Art. 7 Abs. 1 CISG Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 2.4.2.; Honnold, Uniform Law for International Sales 3 Rn. 94. 45 Vgl. zu den unterschiedlichen Ansichten, wie das Gutglaubensgebot des Art. 7 Abs. 1 CISG auszufüllen ist, Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 25 ff. m.w.N., wobei Magnus betont, dass das internationale Gutglaubensgebot nicht zu überdehnen sei, um nationale Auslegungsdifferenzen zu vermeiden.

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1. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

ten lediglich fest, dass bei der Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ die im internationalen Handel bestehenden Prinzipien des guten Glaubens nicht nur zu beachten, sondern auch zu fördern sind. Daraus kann jedenfalls geschlossen werden, dass eine Auslegung der Vorschriften des ZessÜ und des FactÜ nicht dem Gutglaubensgebot widersprechen, d.h. nicht zu einem Auslegungsergebnis führen darf, welches mit Treu und Glauben im internationalen Handel nicht vereinbar ist, 46 denn nur derart kann dem „allgemeinen" Ziel und Zweck sowohl des ZessÜ als auch des FactÜ - der Förderung des internationalen Handels - entsprochen werden. Da sich das Gutglaubensgebot auf sämtliche Vorschriften des ZessÜ bzw. des FactÜ bezieht 47 und somit auch auf jene, welche die Rechte und die Pflichten des Zedenten, des Zessionars und des Schuldners regeln, hat es jedenfalls im Wege der Auslegung einen mittelbaren Einfluss auf das Verhalten jener Personen, die an einer Forderungsabtretung beteiligt sind. 48 Regelungsgegenstand sowohl des Art. 7 Abs. 1 ZessÜ als auch des Art. 4 Abs. 1 FactÜ sind die für die Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ zu beachtenden Grundsätze. Ausgehend vom Wortlaut der genannten Vorschriften ist das Gutglaubensgebot daher nicht auf die Auslegung von Parteienerklärungen bzw. allgemein auf das Verhalten von Parteien zu erstrecken. Bejaht man dennoch eine Anwendung des Gutglaubensgebotes auf das Parteienverhalten, so betrifft dies grundsätzlich drei Rechtsverhältnisse: jenes zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, jenes zwischen dem Schuldner und dem Zedenten sowie jenes zwischen dem Schuldner und dem Zessionar. 49 Im Schrifttum zum CISG ist diese Frage umstritten, 50 weshalb eine Stellungnahme der Verfasser des FactÜ bzw. des ZessÜ zu diesem Problembereich m.E. berechtigterweise erwartet werden durfte. Die Materialien zum FactÜ enthalten diesbezüglich, soweit ersichtlich, keinen Hinweis. Im FactÜ selbst hat das Gutglaubensgebot in zwei weiteren Bestimmungen unmittelbar seinen Niederschlag gefunden. Zum einen 46

Ebenso für das FactÜ Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 139. Vgl. Art. 7 Abs. 1 ZessÜ bzw. Art. 4 Abs. 1 FactÜ: „In the interpretation of this Convention ...". 48 Ebenso für Art. 7 Abs. 1 CISG Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 2.4.2.; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 141, spricht diesbezüglich vom „erzieherischen Ziel" des FactÜ. 49 Im Anwendungsbereich des ZessÜ ist zu überlegen, ob auch das Rechtsverhältnis zu konkurrierenden Berechtigten im Fall einer Mehrfachzession, einer Einzelexekution oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beachten ist. 50 Vgl. Schlechtriem, Einheitliches UN-Kaufrecht (1981) 25; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 26; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 10, 29 m.w.N. Die Verfasser konnten sich über die Aufnahme einer Vorschrift, wonach das Gutglaubensgebot auch für das Parteienverhalten gelten solle, nicht einigen, wobei jedoch hervorgehoben wurde, dass es wünschenswert sei, Treu und Glauben im Verhältnis zwischen den Parteien zu beachten. 47

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

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in Art. 6 Abs. 3 FactÜ 51 , zum anderen in Art. 8 Abs. 1 FactÜ 52 . Dies ist dennoch kein zwingendes, 53 aber ein starkes Indiz dafür, dass die Gutglaubensstandards ein in allen drei Rechtsverhältnissen zu beachtendes Gebot darstellen. M.E. ist das Gebot von Treu und Glauben jedenfalls mittelbar über die Auslegung und die Anwendung des FactÜ für das Parteienverhalten von Bedeutung, da eine gegen das Gutglaubensgebot verstoßende Auslegung und Anwendung des FactÜ dem übergeordneten Zweck des FactÜ - der Förderung des internationalen Handels - widersprechen würde. 54 Die Materialien zum ZessÜ 55 erwecken auf den ersten Blick einen zwiespältigen Eindruck. Sie enthalten zum einen die klare Feststellung, dass sich der Hinweis auf den guten Glauben lediglich auf die Auslegung des ZessÜ beziehe; zum anderen jedoch die „Empfehlung", bei der Anwendung des Gutglaubensgrundsatzes auf das Parteienverhalten „Vorsicht walten zu lassen". 56 Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Gutglaubensgrundsatz zwar im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zedenten sowie dem Zedenten und dem Zessionar beachtet werden könne, jedoch nicht im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar oder dem Zessionar und konkurrierenden Berechtigten, da dies die Rechtssicherheit, welche das ZessÜ gewährleisten will, gefährden würde. Die Verfasser nehmen damit beispielsweise auf Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ Bezug: Für die Frage, an wen der Schuldner seine Leistung schuldbefreiend erbringen kann, ist nach dem Konzept des ZessÜ ausschließlich der Empfang der Abtretungsanzeige maßgebend. Die fehlende Kenntnis über die Berechtigung einer anderen Person als des Zedenten (Art. 17 Abs. 1 ZessÜ) oder des Zessionars (Art. 17 Abs. 2 ZessÜ) ist dafür nicht erforderlich. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden: Nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 ZessÜ ist das Gutglaubensgebot lediglich als Ausle51

Nach Art. 6 Abs. 1 FactÜ ist eine entgegen einem vereinbarten Abtretungsverbot erfolgte Abtretung wirksam. Davon unberührt bleibt jedoch gemäß Art. 6 Abs. 3 FactÜ eine Verpflichtung nach Treu und Glauben, die eine Haftung des Lieferanten gegenüber dem Schuldner zur Folge haben kann. 52 Die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung an den Factor setzt unter anderem die fehlende Kenntnis des Schuldners von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung voraus. Eine Zahlung an den Factor trotz entsprechender Kenntnis würde dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen. 53 So offenbar Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 20, unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 3 FactÜ. 54 Die Bedeutung des Prinzips von Treu und Glauben als allgemeinen Grundsatz des ZessÜ bzw. des FactÜ wird im Rahmen der Lückenfüllung des ZessÜ und des FactÜ erörtert. 55 Vgl. zum Folgenden insbesondere Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 80. 56 Diese „Empfehlung" findet sich allerdings erst im letzten Dokument.

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I. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

gungsgrundsatz zu beachten. Nach der Absicht der Verfasser erscheint jedoch dessen Anwendung für die Auslegung des Parteienverhaltens im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner sowie dem Zedenten und dem Zessionar als „angemessen". M.E. gilt das zu Art. 4 Abs. 1 FactÜ Gesagte grundsätzlich auch für das ZessÜ. Auslegung und Anwendung der einzelnen Vorschriften des ZessÜ 57 entsprechend den Gutglaubensstandards im internationalen Handel beeinflussen die Auslegung des konkreten Parteienverhaltens. Eine Auslegung nach Treu und Glauben scheidet jedoch aus, sofern eine konkrete Bestimmung des ZessÜ dem entgegensteht (z.B. Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ), hingegen ist sie m.E. in den anderen Fällen auch im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar sowie dem Zessionar und konkurrierenden Berechtigten zu beachten.

II. Auslegungsmethoden A. Einleitung Ebenso wie Art. 7 Abs. 1 CISG enthalten sowohl Art. 7 Abs. 1 ZessÜ als auch Art. 4 Abs. 1 FactÜ lediglich Grundsätze für die Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ, hingegen keine Angaben über die Methoden der Auslegung. 58 Eine international vollkommen einheitliche Auslegungsmethode hat sich bisher noch nicht entwickelt. 59 Eine autonome Auslegung bedarf jedoch einer vom nationalen Recht losgelösten Auslegungstechnik. 60 Die Anwendung nationaler Auslegungsmethoden bei der Auslegung von Einheitsrecht, 61 je nach Forumstaat, würde jedoch dem internationalen Charakter entgegenstehen und eine potenzielle Gefahr für eine einheitliche Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ darstellen. Trotz vorhandener Un-

57 Nicht alle Vorschriften öffnen sich einer Auslegung entsprechend dem Gutglaubensgebot. Dies gilt m.E. beispielsweise für Art. 3 ZessÜ. 58 Die Überschrift zu Art. 5 ZessÜ („Definitions and rules of interpretation") ist m.E. irreführend, da Art. 5 ZessÜ zwar einen Katalog an Legaldefinitionen enthält, aber keine Auslegungsmethoden bestimmt. 59 Vgl. z.B. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 261; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 30; Posch in Schwimann3 Art. 7 UNK Rz. 8. 60 Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 80. 61 Nach Constantinesco, Rechtsvergleichung II 430, ist der nationale Richter grundsätzlich verpflichtet, auf das Einheitsrecht die gleichen Auslegungskriterien anzuwenden wie auf das übrige nationale Recht; er weist jedoch auf die damit verbundene Gefahr hin und bietet Lösungsmöglichkeiten an.

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

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terschiede in den nationalen A u s l e g u n g s m e t h o d e n 6 2 besteht i m internationalen Schrifttum K o n s e n s darüber, dass f o l g e n d e M e t h o d e n bei der Interpretation d e s internationalen Einheitsrechts zu b e a c h t e n sind: 6 3 d i e gramm a t i s c h e , d i e s y s t e m a t i s c h e , d i e historische, d i e t e l e o l o g i s c h e u n d d i e rechtsvergleichende Auslegung. Ein f e s t e s Rangverhältnis ( i m S i n n e einer G e w i c h t u n g ) z w i s c h e n d e n e i n z e l n e n A u s l e g u n g s m e t h o d e n für die Interpretation internationalen Einheitsrechts kann nicht a u f g e s t e l l t w e r d e n , 6 4 allerdings gebührt, w i e Kropholler65 m.E. ü b e r z e u g e n d dargelegt hat, der t e l e o l o g i s c h e n Interpretation e i n e g e w i s s e V o r r a n g s t e l l u n g . 6 6 D a s G e b o t der a u t o n o m e n A u s l e g u n g , nach w e l c h e m B e s t i m m u n g e n d e s Z e s s Ü b z w . d e s F a c t Ü grundsätzlich aus s i c h selbst heraus o h n e R ü c k g r i f f auf das nationale R e c h t zu interpretieren sind, ist bei der A n w e n d u n g sämtlicher A u s l e g u n g s m e t h o d e n zu b e a c h t e n . 6 7 D e r Grundsatz der a u t o n o m e n A n w e n d u n g stellt j e d o c h k e i n z u s ä t z l i c h e s A u s l e g u n g s k r i t e r i u m dar, 6 8 sondern m o d i f i z i e r t 6 9 d i e e i n z e l 62 Zu den unterschiedlichen Auslegungskriterien in den kontinentaleuropäischen Staaten und den Common Law Staaten bzw. deren Gewichtung im Verhältnis zueinander vgl. Volken, The Vienna Convention: Scope, Interpretation, and Gap-Filling, in: Sarcevié/Volken, International Sale of Goods, Dubrovnik Lectures (1986) 19 (39 f.); Honnold in Einheitliches Kaufrecht 115 (121 ff.); Diedrich, Autonome Auslegung 59; Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 259; Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 115 ff. Allgemein wird jedoch eine Annäherung der unterschiedlichen Ausgangspunkte betont. Vgl. nur Zweigert, RabelsZ 1951, 387 (396 f.); Magnus, RabelsZ 1989, 116 (122); Posch, Grundzüge fremder Privatrechtssysteme (1995) 148 ff.; Kramer, JB1 1996, 137 (141). 63 Vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 32 ff.; Posch in Schwimann3 Art. 7 UNK Rz. 9. 64 Selbst Diedrich, Autonome Auslegung 114, der eine vierstufige Interpretationsleiter als Auslegungskanon für internationales Einheitsrecht entwickelt hat - 1. Stufe grammatische Auslegung [unterstützend systematische Auslegung], 2. Stufe historische Auslegung, 3. Stufe Berücksichtigung ausländischer Judikatur und Literatur, 4. Stufe Rechtsvergleichung mit unvereinheitlichtem nationalen Recht - , betont abschließend, dass diese vier Stufen nur insoweit eine Gewichtung wiedergeben, als dass die vierte Stufe nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Kritisch ist m.E. zu dieser vierstufigen Interpretationsleiter zu bemerken, dass die 3. Stufe keine Auslegungsmethode, sondern einen Auslegungsgrundsatz darstellt, welcher die einheitliche Anwendung internationalen Einheitsrechts fördert und daher grundsätzlich bei allen Methoden zu beachten ist. 65 Internationales Einheitsrecht 261, 268, 274 und 276 f. 66 Differenzierend Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 220 und 223 (zur unterschiedlichen Bedeutung der rechtsvergleichenden Auslegung im Einzelfall). 67 Darauf weisen auch Kramer, JB1 1996, 137 (141) und Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 8 hin. 68 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 265; Kramer, JB1 1996, 137 (141); Gebauer, Uniform Law, General Principles and Autonomous Interpreation, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 683 (687, 704 f.). 69 Canaris, JZ 1987, 543 (544).

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1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

nen Auslegungsmethoden für die Auslegung internationalen Einheitsrechts. 70 Darauf wird bei den einzelnen Auslegungsmethoden hingewiesen.

B. Grammatische Auslegung Bei der grammatischen Interpretation71 ist vom Wortlaut der auszulegenden Bestimmung des ZessÜ oder des FactÜ auszugehen. 72 Dem klaren, gewöhnlichen Wortsinn ist zu folgen. Bei der Auslegung von internationalem Einheitsrecht kommt dem klaren Wortlaut grundsätzlich eine besondere Bedeutung zu, denn damit kann am ehesten verhindert werden, dass im Wege einer teleologischen Interpretation unterschiedliche nationale Begriffsvorstellungen in den Übereinkommenstext des ZessÜ bzw. FactÜ einfließen. 73 Das besondere Gewicht des eindeutigen Wortlautes hat jedoch nicht zur Folge, dass andere Auslegungsmethoden gänzlich unberücksichtigt bleiben 74 oder bei einem zwar klaren, jedoch sinnwidrigen Wortlaut 75 von diesem nicht mithilfe anderer Auslegungsmethoden abgewichen werden kann. 76 Die grammatische Auslegung ist allerdings wenig ergiebig, wenn die einzelnen Begriffe zu unbestimmt gefasst sind. 77 Zur Ermittlung des gewöhnlichen, eindeutigen Wortsinns sind die authentischen Fassungen des ZessÜ bzw. des FactÜ heranzuziehen, wobei in Zweifelsfällen die englische Textfassung des ZessÜ die maßgebende ist,

70 A.A. Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 110 und Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 37. Nach deren Ansicht handelt es sich bei der autonomen Auslegung um eine Form der teleologischen Interpretation. 71 Vgl. grundlegend Bydlinski, Juristische Methodenlehre 2 , 437 ff. 72 Zur grammatischen Auslegung vgl. die detaillierten Ausführungen von Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 125 ff. 73 Vgl. allgemein Kropholler, Internationales Einheitsrecht 264; Diedrich, Autonome Auslegung 111 (die erste Stufe der von ihm vorgeschlagenen Interpretationsleiter stellt die grammatische Auslegung dar); vgl. zum CISG Magnus, RabelsZ 1989, 116 (123); Karollus, UN-Kaufrecht 13 (primär ist vom Wortlaut auszugehen); Maskow in EnderInternationales Kaufrecht Art. 7 Rn. 9.3. (der textnäheren Melein/Maskow/Strohbach, thode ist der Vorzug zu geben); Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer1 Art. 7 CISG Rn. 30 (vor allem ist auf den Wortlaut der Vorschriften abzustellen); Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 32. 74 Vielmehr ist das Ergebnis durch die anderen Auslegungsmethoden zu überprüfen. S. Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 217, 220. 75 M.E. enthalten das ZessÜ und das FactÜ keine derartigen Bestimmungen. 76 Vgl. zu diesen Fragestellungen Kropholler, Internationales Einheitsrecht 264; Canaris, JZ 1987, 543 (544 ff.; 548); Magnus, RabelsZ 1989, 116 (123 f.); Kramer, JB1 1996, 137 (143). 77 Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 107; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 35.

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

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da die Verhandlungen über den Text des Übereinkommens, soweit ersichtlich, in englischer Sprache geführt worden sind. 78 Das Gebot der autonomen Auslegung bedeutet im Zusammenhang mit der Verbalinterpretation, dass der gewöhnliche Wortsinn grundsätzlich allein aus dem ZessÜ bzw. dem FactÜ heraus, d.h. ohne einen Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht, zu ermitteln ist. Im FactÜ und im ZessÜ enthaltene Legaldefinitionen erleichtern die Ermittlung der klaren Bedeutung einer Norm im Sinne einer autonomen Interpretation, 79 da sie bei der Auslegung jener Bestimmungen des ZessÜ bzw. des FactÜ heranzuziehen sind, in denen die definierten Begriffe enthalten sind. 80 Der Grundsatz der autonomen Auslegung kommt jedoch bei der grammatischen Interpretation nicht in Betracht, wenn ein Begriff aus einer bestimmten Rechtsordnung mit seinem nationalen Begriffsinhalt in das FactÜ oder das ZessÜ übernommen worden ist bzw. die jeweilige lex fori über den Inhalt eines Begriffes entscheiden soll. Bei der Feststellung des Wortsinnes ist zu berücksichtigen, welche Bedeutung Judikatur und Lehre anderer Vertrags Staaten einem bestimmten Begriff des ZessÜ bzw. des FactÜ beimessen; 81 dies folgt aus der Beachtung des Gebotes der Förderung der einheitlichen Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ.

C. Systematische Auslegung Die systematische Auslegung untersucht den Bedeutungszusammenhang, in dem ein Begriff oder eine Bestimmung des ZessÜ bzw. des FactÜ in der Gesamtstruktur des jeweiligen internationalen Übereinkommens steht. Aus dem Gebot der autonomen Auslegung folgt, dass bei einer systematischen Interpretation jeweils nur das ZessÜ bzw. das FactÜ als Grundlage für die Ermittlung des Bedeutungsgehaltes einer Vorschrift heranzuziehen ist. Die Systematik der nationalen Rechtsordnung des jeweiligen Vertragsstaates 78

Zur Bedeutung der „Arbeitssprache" für die grammatische Interpretation vgl. Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 141 f. 79 Vgl. für das ZessÜ beispielsweise Art. 2 Abs. 1 (Abtretung), Art. 3 (internationale Forderung bzw. Abtretung), Art. 5, der insgesamt 13 Legaldefinitionen enthält, oder Art. 23 Abs. 3 (Vorzugsrechte; welche Rechte das im Einzelnen sind, folgt jedoch aus den nationalen Rechtsordnungen); s. für das FactÜ Art. 1 Abs. 2 (Factoringvertrag), Art. 1 Abs. 4 lit. b (schriftliche Anzeige). 80 Hingegen enthalten das ZessÜ und das FactÜ m.E. keine Bestimmung, bei welcher Inhalt, Zusammenhang und Zweck einer Bestimmung gegen die Auslegung eines Begriffes im Sinne einer bestehenden Legaldefinition sprechen würden. Vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre 2 , 441. 81 Ebenso für das CISG Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 33.

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1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung

des ZessÜ und FactÜ

ist bei der Auslegung des internationalen Einheitsrechts grundsätzlich nicht zu berücksichtigten. 82 Ein Rückgriff auf Normen des unvereinheitlichten nationalen Rechts würde die durch das FactÜ und das ZessÜ angestrebte internationale Rechtseinheit auf dem Gebiet der internationalen Forderungsabtretung gefährden. Zudem sind das FactÜ und das ZessÜ für internationale Sachverhalte konzipiert worden. 83 Kommt es auf Grund der systematischen Interpretation, die sich allein auf das FactÜ bzw. das ZessÜ beschränkt, zu Systembrüchen mit dem unvereinheitlichten Recht, d.h. insbesondere mit dem unvereinheitlichten nationalen Abtretungsrecht, so sind unbehebbare Wertungswidersprüche hinzunehmen. 84 Ein Wertungswiderspruch zwischen dem international vereinheitlichten und dem unvereinheitlichten Recht ist leichter zu akzeptieren, sofern das internationale Einheitsrecht ein möglichst geschlossenes Regelwerk für die von ihm erfassten Fragen anbietet und das vereinheitlichte Recht ausschließlich für internationale Sachverhalte gilt, wobei die Internationalität des Sachverhaltes eine vom nationalen Recht abweichende Regelung rechtfertigt.

D. Historische Auslegung Die historische Interpretation 85 erfolgt mithilfe der mit Willen von UNCITRAL und UNIDROIT veröffentlichten Materialien zum ZessÜ bzw. FactÜ. Bei der Sinnermittlung einzelner Vorschriften des ZessÜ und des FactÜ kommt den Materialien ein hoher Stellenwert zu, da sich aus ihnen in einer Vielzahl von Fällen ein eindeutiger Wille der Verfasser des jeweiligen Übereinkommens ableiten lässt. Insbesondere geben sie Aufschluss über die Entwicklung einer Vorschrift und tragen damit zu ihrem besseren 82 Vgl. zum CISG Kramer, JB1 1996, 137 (143); Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 34. 83 Zwar kann dem ZessÜ selbst eine nationale Forderungsabtretung unterliegen, dies jedoch nur, wenn es sich dabei um eine nachfolgende Abtretung einer Forderungsabtretung handelt, die „international" i.S.d. ZessÜ ist. 84 Ebenso im Ergebnis für das CISG Karollus, UN-Kaufrecht 14 Fn 78, der betont, dass im Verhältnis zwischen dem internationalen Einheitsrecht und dem unvereinheitlichten Recht aus innerstaatlicher Sicht kein Gebot der Einheit der Rechtsordnung besteht.Vgl. zu diesem Problembereich sowie zur Anpassung des unvereinheitlichten an das einheitliche Recht und vice versa Kropholler, Internationales Einheitsrecht 271 f.; Canaris, JZ 1987, 543 (551 f.). 85 Zur historischen Interpretation vgl. beispielsweise David, International Unification, Int.Enc.Comp.L. II - 5 Rn. 278 ff.; Kropholler, Internationales Einheitsrecht 252 ff., 274 ff.; Diedrich, Autonome Auslegung 112; zum CISG Karollus, UN-Kaufrecht 14 f.; Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 114 bezeichnet diese Art von Interpretation als „genetische Auslegung"; Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 169 ff.

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

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Verständnis bei. Dennoch soll die historische Interpretation zu keiner Versteinerung des ZessÜ oder des FactÜ beitragen. 86 Innerhalb der Materialien kommt den letzten Erläuterungen sowie den Verhandlungsprotokollen eine besondere Bedeutung zu. Äußerungen einzelner Teilnehmer sind nicht überzubewerten, können jedoch einen wichtigen Hinweis für den Willen der Verfasser darstellen, sei es, weil sie einen entscheidenden Einfluss auf die Formulierung einer Vorschrift hatten oder weil die von ihnen während der Verhandlungen dargelegte Bedeutung einer konkreten Bestimmung von den anderen Teilnehmern zustimmend angenommen worden ist. 87 Korrespondiert der in den Materialien dokumentierte klare Wille der Verfasser nicht mit dem eindeutigen Übereinkommenstext, so geht der verabschiedete Konventionstext den Materialien vor, denn dieser repräsentiert den Willen der Vertreter einzelner Staaten. Allgemein stehen die Materialien zum ZessÜ und dem FactÜ nicht auf einer Stufe mit dem beschlossenen Konventionstext. Aus dem Gebot der autonomen Auslegung folgt, dass lediglich die Materialien zum jeweiligen Übereinkommen für die historische Interpretation herangezogen werden dürfen. Dabei sind wiederum sämtliche authentischen Textfassungen gleichwertig, in Zweifelsfällen sollte die englische Fassung den Ausschlag geben, da sowohl die Verhandlungen zum FactÜ als auch jene zum ZessÜ in englischer Sprache geführt worden sind. Erläuternde Berichte der einzelnen Vertragsstaaten anlässlich der Transformation des FactÜ bzw. des ZessÜ haben bei der historischen Interpretation außer Betracht zu bleiben. 88

86

S. etwa Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 3.1.3.: „Once adopted the Convention ... has a life of its own, and its meaning can change with time so that the intention of the drafters is only one of the elements to be taken into account for the purpose of its interpretation." Vgl. Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 40, zur Vermeidung der Versteinerung einheitsrechtlicher Vorschriften durch evolutive Auslegung (dynamische Auslegung), welche die genetische Auslegung ergänzt. 87 Zum Stellenwert von Äußerungen einzelner Verhandlungsteilnehmer vgl. Goode/Kronke/McKendrick/Wool, Transnational Commercial Law 1 (3 Fn 10); z.B. Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 179 f. 88 Vgl. den Diskussionsbeitrag von Bydlinski, Diskussionsbeitrag, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht (1987) 172, in dem dieser auf die spezifische Gefahr hinweist, die von nationalen erläuternden Bemerkungen für die einheitliche Auslegung des internationalen Einheitsrechts ausgeht. Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 218 f.

32

1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

E. Teleologische Auslegung D i e t e l e o l o g i s c h e A u s l e g u n g orientiert sich a m Z w e c k einer e i n z e l n e n V o r s c h r i f t w i e auch d e s e i n h e i t s r e c h t l i c h e n Ü b e r e i n k o m m e n s i n s g e s a m t . Z i e l und Z w e c k d e s F a c t Ü b z w . d e s Z e s s Ü e r g e b e n sich aus ihrer j e w e i l i g e n Präambel. D i e s e sind bei der A u s l e g u n g e i n z e l n e r V o r s c h r i f t e n zu b e rücksichtigen. D e r t e l e o l o g i s c h e n Interpretation k o m m t bei der Sinnermittlung e i n z e l n e r V o r s c h r i f t e n e i n e b e s o n d e r e B e d e u t u n g 8 9 zu: 9 0 Führen d i e anderen A u s l e g u n g s m e t h o d e n zu k e i n e m e i n d e u t i g e n Ergebnis, s o wird d i e t e l e o l o g i s c h e Interpretation den A u s s c h l a g g e b e n . 9 1 D i e s gilt auch bei B e d e u t u n g s u n t e r s c h i e d e n z w i s c h e n mehreren v e r b i n d l i c h e n T e x t f a s s u n g e n . E i n e t e l e o l o g i s c h e Interpretation verhindert z u d e m e i n e „ V e r s t e i n e r u n g " d e s Einheitsrechts. 9 2 E i n e A b w e i c h u n g v o m klaren, aber s i n n w i d r i g e n Wortlaut ist i n s b e s o n d e r e durch e i n e Interpretation g e m e s s e n a m S i n n und Z w e c k der V o r s c h r i f t b z w . d e s G e s a m t ü b e r e i n k o m m e n s m ö g l i c h . 9 3 D a s G e b o t der a u t o n o m e n Interpretation b e d e u t e t i m R a h m e n der t e l e o l o g i s c h e n A u s l e g u n g d e s F a c t Ü b z w . d e s Z e s s Ü , dass grundsätzlich nur Z i e l und Z w e c k d e s j e w e i l i g e n Ü b e r e i n k o m m e n s bei der A u s l e g u n g zu b e r ü c k s i c h t i g e n sind.

89 Vgl. zum Folgenden insbesondere Kropholler, Internationales Einheitsrecht 261, 268, 274, 276, nach dessen Ansicht die teleologische Auslegung die wichtigste Interpretationsmethode im internationalen Einheitsrecht darstellt; s. auch Honnold in Einheitliches Kaufrecht 115 (138). Nach der Ansicht von Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 36, ist die teleologische Interpreation die bedeutendste Auslegungsmethode nach der grammatischen Interpretation. 90 Hingegen empfiehlt Magnus, RabelsZ 1989, 116 (125), Zurückhaltung bei der Verwendung des teleologischen Arguments, da dieses besonders geeignet sei, nationale Vorstellungen einzubringen. 91 Dies deckt sich mit der Ansicht von Diedrich, Autonome Auslegung 114, der in seiner Interpretationsleiter der teleologischen Auslegung keine eigene Stufe zuweist, da ein Auslegungsergebnis stets im Zusammenhang mit der ratio conventionis gesehen und allenfalls entsprechend dem Zweck des Übereinkommens korrigiert werden muss. 92 Vgl. Bernasconi, Rules of Interpretation applicable to Private International Law Treaties: An Overview, in: Heere, Wybo P. (Hrsg.), International Law and the Hague's 750th Anniversary (1999) 139 (142): „There is no doubt that the teleological approach may suit the fact that no Convention operates in a vacuum and has to be kept in line with changes of social reality. " 93 Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 110 mahnt zu erhöhter Vorsicht, je mehr man sich mithilfe teleologischer Auslegung vom Wortsinn entfernt, und Bernasconi in International Law and the Hague's 750th Anniversary 139 (142) warnt, dass die teleologische Interpretation auch eine „Fallgrube" darstellen kann.

2. Kapitel: Auslegung

des ZessÜ und FactÜ

33

F. Rechtsvergleichende Auslegung Im Rahmen des internationalen Einheitsrechts ist die rechtsvergleichende Auslegung als selbstständige Auslegungsmethode anerkannt.94 Überwiegend ist damit die Berücksichtigung von Rechtsprechung 95 und Lehre anderer Vertragsstaaten bei der Auslegung und Anwendung eines Übereinkommens gemeint. 96 Daher wäre es m.E. aussagekräftiger, von der „Berücksichtigung ausländischer Rechtsprechung und Lehre" als von rechtsvergleichender Auslegung zu sprechen, zumal kein Rechtsvergleich zwischen Vorschriften stattfindet, sondern eine Beachtung bestehender Auslegungspraxis zu einem Übereinkommen. 97 Zweifelsohne ist die Berücksichtigung von Literatur und Rechtsprechung anderer Vertragsstaaten eines einheitsrechtlichen Übereinkommens in der Praxis mit viel Zeitaufwand verbunden oder scheitert oft an den fehlenden Sprachkenntnissen. 98 Diese Beachtung entspricht jedoch dem Gebot der Förderung bzw. Wahrung der einheitlichen Anwendung des ZessÜ (Art. 7 Abs. 1) bzw. des FactÜ (Art. 4 Abs. 1) und somit dem Zweck dieser Übereinkommen, Rechtseinheit zu schaffen. Daher ist der Richter im Rahmen des Zumutbaren 99 verpflichtet, bei seiner Entscheidung eine bereits bestehende Auslegungspraxis zu berücksichtigen. Eine Bindungswirkung ausländischer Rechtsprechung besteht zwar nicht, allerdings sollten Abweichungen zu einer bisher verbreiteten Ansicht in der Judikatur begründet werden. 100 Linhart ist beizupflich94

Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 260 f., 278; Mansel, JZ 1991, 529 (531); Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut f ü r Privatrecht 571 (581); Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 198. Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 110 und Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 38, sehen in der rechtsvergleichenden Auslegung einen „Teilaspekt" der teleologischen Interpretationsmethode; M. Schmidt, Privatrechtsangleichende EU-Richtlinien und nationale Auslegungsmethoden, RabelsZ 1995, 569 (578 f.) erblickt in der rechtsvergleichenden Auslegung einen Anwendungsfall der systematischen Auslegung. 95 Struycken in International Law and The Hague's 750th Anniversary 135. 96 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 280 f., betont, dass eine derartige vergleichende Umschau als Rechtsvergleichung bezeichnet werden könne. Mansel, JZ 1991, 529 (531), spricht von angewandter Rechtsvergleichung. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Kritik von Ferrari in M ü n c h K o m m HGB Art. 4 FactÜ Rn. 30 und Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 40, wonach man bei einem Vergleich mit der Auslegungspraxis anderer Vertragsstaaten nicht von „echter Rechtsvergleichung" sprechen könne. 97 Ebenso G. Schmid, Einheitliche Anwendung 29. 98 Vgl dazu Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 113 f. 99 Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 39 f.; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 21. 100 Vgl. oben 1. Teil, 2. Kapitel, I.C.; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 36 E G B G B Rn. 27: Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 23 f.; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 38 ff.

34

1. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung des ZessÜ und

Factij

ten, dass „eine Verpflichtung zur einheitlichen Auslegung in dem Sinn, dass das Hervorrufen von Auslegungsdifferenzen einen völkerrechtlichen Verstoß darstellt", zu verneinen ist. 101 Andererseits wird mit dem Begriff „rechtsvergleichende Auslegung" die „echte" Rechtsvergleichung 102 als der Vergleich des Einheitsrechts mit dem unvereinheitlichten Recht einzelner Staaten (in der Regel der Vertragsstaaten) bezeichnet, die zu einem rechtsvergleichend gefundenen Auslegungsergebnis einzelner Vorschriften führen soll. Diese Art der rechtsvergleichenden Auslegung ist in der Gerichtspraxis jedoch schwer umsetzbar 103 und wirft einige Fragen auf, beispielsweise, welche nationalen Rechtsordnungen im konkreten Fall in die Rechtsvergleichung einbezogen werden sollen. 104 Rechtsvergleichend erzielte Auslegungsergebnisse können zur Konkretisierung unklarer einheitsrechtlicher Bestimmungen und zur Beurteilung von „materiellrechtlichen Grundbegriffen" 1 0 5 herangezogen werden. 106 Das Gebot der autonomen Interpretation, nach dem ein Übereinkommen aus sich selbst heraus interpretiert werden soll, hat im Rahmen der rechtsvergleichenden Auslegung in Form der Berücksichtigung ausländischer Lehre und Judikatur zur Folge, dass lediglich Rechtsprechung und Lehre zum konkreten Übereinkommen in die rechtsvergleichende Auslegung einbezogen werden.

G. Auslegungsregeln der WVRK 1.

Einzelne

Auslegungsmethoden

Wie bereits erwähnt, beruht die Anwendung der soeben erörterten Auslegungsmethoden für die Sinnermittlung internationalen Einheitsrechts - und somit auch des ZessÜ und des FactÜ - lediglich auf einer weitgehenden

101

Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 27, 212. Diedrich, Autonome Interpretation 113 f., welcher die echte Rechtsvergleichung als ultima ratio bezeichnet, weshalb diese die letzte Stufe seiner Interpretationsleiter darstellt. 103 Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 37 betont, dass die rechtsvergleichend gewonnene Auslegung in erster Linie von der Wissenschaft vorzunehmen sei. 104 Vgl. Bayer, RabelsZ 1955, 603 (627); Constantinesco, Rechtsvergleichung II 430 f.; Kropholler, Internationales Einheitsrecht 278 ff.; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 40; Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 199 ff. 105 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 303 f., 310 f., 313. 106 Ausführlich Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 201 ff. 102

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

35

Übereinstimmung in den einzelnen Staaten hinsichtlich der Methoden. 107 Daher stellt sich die Frage, weshalb nicht die im Wiener Übereinkommen vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge 108 kodifizierten Vorschriften über die Auslegung internationaler Verträge für die Sinnermittlung internationalen Einheitsrechts herangezogen werden. Die Art. 31, 32 und 33 WVRK stellen vereinheitlichte Auslegungsvorschriften für schriftliche völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten dar. Sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ erfüllen dieses Kriterium. Die Art. 31 bis 33 WVRK würden, sofern sie auf das ZessÜ und das FactÜ anwendbar sind, als kodifizierte Auslegungsvorschriften die einheitliche Anwendung des ZessÜ und des FactÜ fördern und - da Gewissheit über die Auslegungsregeln bestehen würde - der Rechtssicherheit dienen. Mit anderen Worten: Die Anwendung einheitlicher Auslegungsvorschriften würde nicht auf einer weitgehenden Übereinstimmung, sondern auf festgeschriebenen ausdrücklichen Regeln beruhen. 109 Im Folgenden werden die Auslegungsregeln der WVRK kurz dargestellt. Nach Art. 31 Abs. 1 WVRK sind die grammatische, die teleologische und die systematische Auslegungsmethode für die Interpretation eines Vertrages heranzuziehen. 110 Art. 31 Abs. 2 und 3 WVRK konkretisieren die systematische Auslegungsmethode, und Art. 31 Abs. 4 WVRK bestimmt, dass bei einer Verbalinterpretation der besondere dem gewöhnlichen Wortsinn vorgeht, sofern die Absicht der Parteien über diese besondere Bedeutung feststeht. 111 Die historische Auslegung ist lediglich als ergänzendes Auslegungsmittel heranzuziehen, um die mithilfe der in Art. 31 Abs. 1 WVRK bestimmten Auslegungskriterien erzielten Ergebnisse zu bestätigen oder die Bedeutung zu ermitteln, sofern die anderen Auslegungsmethoden keinen eindeutigen Sinngehalt ergeben oder zu einem offensichtlich sinnwidrigen Ergebnis führen (Art. 32 WVRK). Regeln für die Auslegung von Verträgen mit zwei oder mehr authentischen Sprachen enthält Art. 33 WVRK: Grundsätzlich ist jede Textfassung in gleicher Weise verbind-

107 So Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 23; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 31. Vgl. zu diesem Problembereich allgemein Kropholler, Internationales Einheitsrecht 260 ff. 108 UN Doc. A/CONF.39/27; die WVRK ist seit 27. Jänner 1980 völkerrechtlich in Kraft. Für Österreich vgl. BGBl 1980/40. 109 Dass dies der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit dient, betont auch MeyerSparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 104. 1.0 Art. 31 Abs. 1 WVRK lautet: „A treaty shall be interpreted in good faith in accordance with the ordinary meaning to be given to the terms of the treaty in their context and in the light of its object and purpose." 1.1 Dies gilt m.E. beispielsweise für Legaldefinitionen, da diese die „besondere Bedeutung" bestimmter Begriffe für die Zwecke des FactÜ bzw. des ZessÜ festlegen.

36

1. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung des ZessÜ und Facti1

lieh 112 und es besteht die Vermutung, dass die Begriffe in jeder authentischen Sprache dieselbe Bedeutung haben. Bei Bedeutungsunterschieden entscheidet schlussendlich die teleologische Interpretation über den Bedeutungsinhalt eines Begriffes oder einer Vorschrift. Dieser kurze Überblick ergibt, dass im Wesentlichen ein Gleichklang zwischen den Auslegungsregeln der WVRK und den im Schrifttum zum internationalen Einheitsrecht vertretenen Auslegungsregeln besteht. Der Vorteil, der in einer Anwendung der Auslegungsregeln der WVRK zu sehen ist, ist bereits angesprochen worden: Die Auslegung des ZessÜ und des FactÜ würde auf festgeschriebenen ausdrücklichen Auslegungsregeln beruhen. 2.

Maßgeblichkeit FactÜ?

der Auslegungsregeln

der WVRK für das ZessÜ und

Im Schrifttum zum internationalen Einheitsrecht besteht keine einhellige Auffassung über die Anwendung der Art. 31 bis 33 WVRK für die Interpretation internationaler Staatsverträge privatrechtlichen Inhalts. Grundsätzlich können drei Auffassungen unterschieden werden: Ein Teil der Lehre bejaht ihre Anwendung nur auf die völkerrechtlichen Normen (im Rahmen des ZessÜ sind das die Art. 33 bis 47 ZessÜ, im FactÜ die Art. 13 bis 23 FactÜ), nicht jedoch auf die privatrechtsgestaltenden Regelungen." 3 Nach einem anderen Teil sind die Auslegungsregeln der WVRK insgesamt für durch Staatsverträge vereinheitlichtes Privatrecht maßgebend. 114 Die dritte Auffassung nimmt eine Art Zwischenposition ein. 115 112

Ausdrücklich i.d.S. die Schlussklausel des FactÜ bzw. des ZessÜ. Volken in International Sale 19 (38 f.); Karollus, UN-Kaufrecht 13; Reinhart, UNKaufrecht Art. 7 Rn. 8; Diedrich, Autonome Auslegung 133 f., 142 (der allerdings eine Ausnahme für Art. 33 WVRK macht); Frigge, Externe Lücken und Internationales Privatrecht im UN-Kaufrecht (Art. 7 Abs. 2) (1994) 61; Reinhart, RIW 1994, 445 (447); Kramer, JB1 1996, 137 (142 Fn 42); Ch. Schmid, Das Zusammenspiel von Einheitlichem UN-Kaufrecht und nationalem Recht: Lückenfüllung und Normenkonkurrenz (1996) 62; Van Alstine, Dynamic Treaty Interpretation, U. Pa. L. Rev. 1998, 687 (706 f.); G. Schmid, Einheitliche Anwendung 47. 114 Bayer, RabelsZ 1955, 603 629 ff. (grundsätzlich bejahend, wobei seine Ausführungen zu „völkerrechtlichen und staatlichen Auslegungsregeln" durch das Inkrafttreten der WVRK teilweise überholt sind); Mann, Einheitsrecht und Internationales Privatrecht, in: Böckli u.a. (Hrsg.), Festschrift für Frank Vischer zum 60. Geburtstag (1983) 207 (208); Mann, Uniform Statutes in English Law, Law Quart. Rev. 1983, 376 (377 ff.); Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 105; Junker, RabelsZ 1991, 674 (677 f.); Weimer, Grundfragen 51; Häusler, Die Neuregelung der internationalen Forderungsfinanzierung durch das UNIDROIT-Übereinkommen über internationales Factoring, in: Hagenmüller/Sommer/Brink, Handbuch des nationalen und internationalen Factoring, 3. Auflage (1997) 269 (275); Happ, RIW 1997, 376 (378); M. Roth/Happ, Interpretation of Uniform Law Instruments According to Principles of International Law, Unif. L. 113

2. Kapitel: Auslegung

des ZessÜ und

Facti1

37

M.E. ist die Anwendbarkeit der Art. 31 bis 33 WVRK für die Auslegung sämtlicher Vorschriften des ZessÜ und des FactÜ zu bejahen. Sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ fallen in den sachlichen Anwendungsbereich der WVRK; die WVRK ist anzuwenden auf schriftlich geschlossene und vom Völkerrecht bestimmte internationale Verträge zwischen Staaten. Das ZessÜ und das FactÜ enthalten kodifiziertes internationales Einheitsprivatrecht in der Form eines schriftlichen völkerrechtlichen Übereinkommens. 116 Das von der Gegenmeinung vorgebrachte Argument, die Art. 31 bis 33 WVRK seien nicht für die Auslegung privatrechtlicher Normen über Rechte und Pflichten der Vertragsparteien geeignet, 117 vermengt bezüglich der privatrechtlichen Normen zwei unterschiedliche, von-

Rev./Rev. dr. unif. 1997, 700 (703 f.); Basedow, Die UNIDROIT-Prinzipien der Internationalen Handelsverträge und die Übereinkommen des einheitlichen Privatrechts, in: Basedow/Hopt/Kötz (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Drobnig zum siebzigsten Geburtstag (1998) 19 (26); Häusler, UN1DROIT Übereinkommen 151 ff.; Bemasconi in International Law and the Hague's 750th Anniversary 139 (140 Fn 4); Basedow, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 129 (133); Ferrari in MünchKomm H G B Art. 4 FactÜ Rn. 26; Zartl, Die Interpretation von materiellem Einheitsrecht, Dissertation Rechtswissenschaftliche Fakultät Wien (2001), unveröffentlichtes Manuskript 134; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 34; Basedow in Völkerrecht und IPR 163 (180 ff.) 115 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 237 betont, dass die völkerrechtlichen Grundsätze in gewissem Umfang auch für die zentralen privatrechtlichen Bestimmungen einheitsprivatrechtlicher Übereinkommen gelten. Bei der Erörterung der Auslegungskriterien für das internationale Einheitsrecht nimmt er wiederholt (S 266, 267, 274 Fn 56) auf die Auslegungsregeln der W V R K Bezug; Czerwenka, Rechtsanwendungsprobleme im internationalen Kaufrecht (1988) 32 f., die zwar eine unmittelbare Bindung der nationalen Richter an die in der W R V K enthaltenen Auslegungsregeln ablehnt, aber darauf hinweist, dass keine Gründe ersichtlich und in der W V R K zu finden sind, die eine Anwendung der Auslegungsvorschriften auf rechtsetzende Verträge verbietet. Magnus, RabelsZ 1989, 116 (119), nach dessen Ansicht die Auslegungsregeln der W V R K „begrenzte Hilfe geben" können; Maskow in Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht Art. 7 Rn. 2.2.; Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut f ü r Privatrecht 571 (572); Sturm/Sturm in Staudinger Einl zum IPR Rn. 360, nach deren Ansicht die Art. 31 bis 33 W V R K Anhaltspunkte für die Auslegung geben; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 16, bejaht eine zumindest analoge Anwendung der Art. 31 bis 33 W V R K für Art. 7 CISG; Sonnenberger in MünchKomm BGB 4 Einl IPR Rn. 323 („wesentliche Hilfestellung"). Nach Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 122 ff., 226, ist zu prüfen, ob die einzelnen Auslegungsregeln der W V R K f ü r das internationale Recht brauchbar sind bzw. ob sie für die Zwecke des internationalen Einheitsrechts eine Modifikation erfordern. Er stellt fest, dass diese Regeln nur eine Hilfestellung bieten können, da die W V R K lückenhaft und nicht auf die Bedürfnisse des Einheitsprivatrechts zugeschnitten ist. 116

Es wäre auch denkbar gewesen, das ZessÜ oder das FactÜ als Modellgesetz den einzelnen Staaten zur Verfügung zu stellen. 117 So Diedrich, Autonome Auslegung 134 m.w.N.

38

1. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung

des ZessÜ und FactÜ

einander zu trennende Fragen: die Auslegung der Vorschriften eines internationalen Übereinkommens mit der Auslegung von Verträgen, die in den Anwendungsbereich eines internationalen einheitsprivatrechtlichen Übereinkommens fallen. 118 Die Art. 31 bis 33 WVRK sind nicht für die Auslegung von Parteienerklärungen und Parteienverhalten 119 betreffend die Forderungsabtretung heranzuziehen, jedoch für die Auslegung der einzelnen Vorschriften des ZessÜ und des FactÜ, welche die Forderungsabtretung betreffen. Ebenso trifft das Argument, bei einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen handle es sich um rechtsetzende Verträge (Verträge mit generellen Normen), so dass für die privatrechtlichen Vorschriften eine Anwendung der Auslegungsregeln der WRVK nicht Betracht komme, 120 nicht zu, da eine Differenzierung zwischen Austauschverträgen und rechtsetzenden Verträgen für die Auslegung der Übereinkommen als überholt gilt. 121 Die Anwendung der Art. 31 bis 33 WVRK für die Auslegung des ZessÜ und des FactÜ setzt jedoch zudem voraus, dass alle Vertragsstaaten des ZessÜ bzw. des FactÜ auch Vertragsstaaten der WVRK sind (Art. 4 WVRK). Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so sind die Auslegungsregeln der WVRK aber dennoch als Völkergewohnheitsrecht 122 von den Gerichten der Vertrags Staaten des ZessÜ und des FactÜ zu beachten, unabhängig davon, ob diese Staaten die WVRK ratifiziert haben. Es entspricht langjähriger Übung und allgemeiner Überzeugung, dass die Auslegungsvorschriften der WVRK im Wesentlichen dem Stand des allgemeinen Völkerrechts entsprechen. 123

118 Ebenso M. Roth/Happ, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1997, 700 (706 f.). Happ, RIW 1997, 376 (378 Fn 23) bezeichnet dies als „Primärebene" (Auslegung der Vorschriften eines internationalen Übereinkommens) und „Sekundärebene" (Auslegung der Verträge, die von diesem Übereinkommen erfasst werden). 119 Das ZessÜ und das FactÜ enthalten entgegen Art. 8 CISG keine Auslegungsvorschrift für das Parteienverhalten und Parteienerklärungen. 120 S. z.B. Karollus, UN-Kaufrecht 13. 121 Vgl. dazu und zu weiteren Argumenten, welche die Ansicht entkräften, die Auslegungsvorschriften der WVRK seien für die Auslegung einheitsprivatrechtlicher Übereinkommen nicht geeignet, Happ, RIW 1997, 376 (378 f.) und Basedow in Völkerrecht und IPR 163 (180 ff.). 122 S. M. Roth/Happ, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1997, 700 (704 f.), mit Nachweisen betreffend die Qualität der WVRK als Völkergewohnheitsrecht; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 155. Vgl. auch Sturm/Sturm in Staudinger Einl zum IPR Rn. 456, nach deren Ansicht die WVRK schon deshalb Gewicht habe, da sie den gegenwärtigen Stand des Völkerrechts widerspiegle; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 34 m.w.N. 123 Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 103, 107; Junker, RabelsZ 1991, 674 (678), Happ, RIW 1997, 376 (378) m.w.N. aus Lehre und Judikatur; Basedow in 50 Jahre Bundesgerichtshof III (786). A.A. G. Schmid, Einheitliche Anwendung 45 f.

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

39

Da die Auslegungsregeln weitgehend übereinstimmen, bleibt offen, worin der Vorteil liegt, sofern die Art. 31 bis 33 WVRK kraft vertraglicher Verpflichtung oder als Völkergewohnheitsrecht für die Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ herangezogen werden. Der Unterschied ist ein wesentlicher: Die Anwendung der Art. 31 bis 33 WVRK gewährleistet eine einheitliche Vorgehensweise bei der Auslegung 124 und fördert damit eine einheitliche Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ. 125 Überdies enthält Art. 31 Abs. 3 lit. b WVRK die Verpflichtung, bei der Auslegung des jeweiligen Übereinkommens jede spätere Übung, aus der die Übereinstimmung der Vertragsstaaten über seine Auslegung hervorgeht, zu berücksichtigen. 126 Eine „spätere Übung" bei der Anwendung des ZessÜ und des FactÜ wird sich in erster Linie in der Judikatur der Vertragsstaaten manifestieren. Dennoch begründet die aus Art. 31 Abs. 3 lit. b WVRK resultierende völkerrechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung einer „späteren Übung" keine völkerrechtliche Verpflichtung, dieser Übung stets inhaltlich zu folgen. Bereits bestehende Entscheidungen anderer Vertragsstaaten sind bei der eigenen Entscheidung zwar zu berücksichtigen, diesen Entscheidungen kommt jedoch keine rechtliche Verbindlichkeit (Bindungswirkung im strikten Sinn) zu. 127

III. Autonome und konventionsübergreifende Auslegung A. Allgemein Wie bereits wiederholt hervorgehoben, sind internationale einheitsprivatrechtliche Übereinkommen nach h.A. 128 autonom zu interpretieren. 129 Autonome Auslegung bedeutet eine Interpretation des Übereinkommens allein aus dem jeweiligen Übereinkommen heraus. Grundsätzlich hat dabei ein Rückgriff sowohl auf nationale Rechtsordnungen als auch andere inter124

Vgl. M. Roth/Happ, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1997, 700 (708). Nach Basedow in 50 Jahre Bundesgerichtshof I I I (786) verfolgen die Auslegungsvorschriften der WVRK das Ziel der einheitlichen Auslegung. 125 Art. 7 Abs. 1 ZessÜ und Art. 4 Abs. 1 FactÜ enthalten lediglich Grundsätze für die Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ, hingegen keine Angaben über die Methoden der Auslegung. 126 Ebenso M. Roth/Happ, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1997, 700 (709). 127 Vgl. die Ausführungen zur rechtsvergleichenden Auslegungsmethode in 1. Teil, 2. Kapitel, II.F. 128 Vgl. beispielsweise Bayer, RabelsZ 1955, 603 (624); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 265; Diedrich, Autonome Auslegung 76. 129 Vgl. zur autonomen, uniformen Interpretation 1. Teil, 2. Kapitel, I.

40

1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung

des ZessÜ und Facti7

nationale Rechtsquellen zu unterbleiben. 130 Damit soll die durch das jeweilige Übereinkommen bezweckte Rechtseinheit in der Gerichts- und Schiedsgerichtspraxis einzelner Staaten erreicht werden. Vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Zahl internationaler Übereinkommen privatrechtlichen Inhalts, die gleichartige oder idente Begriffe 131 verwenden, stellt sich jedoch die Frage, ob eine über das einzelne Übereinkommen hinausgehende Auslegung zu befürworten ist. Ein wichtiger Grund für eine konventionsübergreifende 132 (interkonventionelle 133 , makrosystematische 134 ) Interpretation wäre die damit verbundene Entstehung eines nicht auf die jeweilige Konvention beschränkten Begriffsapparates für das internationale Einheitsprivatrecht. 135 Da sowohl das FactÜ als auch das ZessÜ vereinheitlichte S ach Vorschriften für grenzüberschreitende Forderungsabtretungen enthalten, erscheint eine „interkonventionelle" Auslegung (zumindest) des ZessÜ und des FactÜ sinnvoll. Bezogen auf den Gegenstand dieser Arbeit werden die Möglichkeiten bzw. das Ergebnis einer konventionsübergreifenden Interpretation des ZessÜ und des FactÜ erörtert, wobei, sofern dies sinnvoll ist, auch das CISG einbezogen wird, 136 da das CISG einen engen funktionalen Bezug zum ZessÜ und zum FactÜ aufweist. Andere internationale einheitsprivatrechtliche Übereinkommen bleiben jedoch außer Betracht. 137 Die Tatsache, dass das FactÜ, das ZessÜ und das CISG von zwei verschiedenen internationalen Organisationen ausgearbeitet worden sind, stellt m.E. kein tragfähiges Argument gegen eine konventionsübergreifende Auslegung derselben dar. 138 Entscheidend ist

130 Auch aus Art. 31 Abs. 1 und dem Einleitungssatz des Abs. 2 WVRK folgt, dass bei der Auslegung grundsätzlich lediglich das konkrete Übereinkommen zu berücksichtigen ist. 131 Stets ist zu untersuchen, ob sich die Gleichartigkeit nicht lediglich auf die wörtliche Konsonanz bezieht, sondern auch hinsichtlich des Begriffsinhalts besteht. 132 Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (579). 133 Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 29. 134 Basedow in Völkerecht und IPR 163 (182). 135 Zur Notwendigkeit eines „übernationalen Begriffsapparates" vgl. beispielsweise Frankenstein, IPR I 296; Zweigert, RabelsZ 1951, 387 (395 ff.); Bayer, RabelsZ 1955, 603 (626 f.); Ferid, ZfRV 1962, 193 (212 f.); Schmitthoff, Das neue Recht des Welthandels, RabelsZ 1964, 47 (75 ff.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 246 ff. 136 Entweder sowohl für das FactÜ und das ZessÜ oder nur für eines von beiden Übereinkommen. 137 Vgl. zur konventionsübergreifenden Interpretation bezogen auf die Gesamtheit der einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (582), der jedoch betont, dass der „Kosmos", den die Gesamtheit der einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen bildet, noch „nicht vollständig ausgemessen" ist. 138 Ebenso Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 29; a.A. Diedrich, Autonome Auslegung 69, nach dem dies im Rahmen der systematischen Auslegung nur zuläs-

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

41

letztlich die Regelung gleicher Rechtsinstitute bzw. Rechtsfragen im Rahmen jener internationalen Übereinkommen, 139 die den „Fundus" für eine konventionsübergreifende Auslegung bilden. 140 So gesehen bilden das ZessÜ und das FactÜ ein Teilsystem, das zwei Übereinkommen über die rechtsgeschäfltiche Forderungsabtretung erfasst. 141 Das ZessÜ und das FactÜ regeln die internationale Forderungsabtretung zum (übergeordneten) Zweck der Förderung des internationalen Handels. Im Idealfall verfolgen sie dabei ein einheitliches Konzept des Rechtsinstituts der Abtretung und der damit verbundenen rechtlichen Stellung des Schuldners, des Zedenten und des Zessionars. 142 Grundlegende Begriffe des Abtretungsrechts in gleicher Funktion, beispielsweise „Einreden des Schuldners" oder „Abtretungsanzeige", sollten im Rahmen einer konventionsübergreifenden Auslegung im Zweifel übereinstimmend ausgelegt werden. Ein einheitliches Konzept der internationalen Forderungsabtretung schließt jedoch nicht aus, dass in einzelnen Fragen auf Grund der Besonderheit des jeweiligen Abkommens abweichende Vorschriften bestehen. Im Verlauf der Arbeit wird untersucht, inwieweit zwischen dem FactÜ und dem ZessÜ eine inhaltliche Übereinstimmung in Bezug auf zentrale Begriffe des Abtretungsrechts bereits vorliegt oder durch eine konventionsübergreifende Auslegung erzielt werden kann. Dies erfolgt beispielsweise für die Begriffe „Abtretung", „Forderung" oder „Einreden des Schuldners". Für weitere Begriffe, z.B. „Niederlassung", „mehrere Niederlassungen", „gewöhnlicher Aufenthalt", „persönlicher Gebrauch, Gebrauch in der Familie oder im Haushalt" 143 , „Kaufvertrag" oder „Ware" wird das

sig sei, wenn die Übereinkommen von derselben internationalen Organisation oder denselben Staaten ausgearbeitet und verabschiedet worden sind. 139 Magnus, Das Schadenskonzept des CISG und transportrechtlicher Konventionen, in: Thume (Hrsg.), Transport- und Vertriebsrecht 2000, Festgabe für Professor Dr. Rolf Herber 27 (35). 140 Nach Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 29, ist maßgebend, ob den verschiedenen Übereinkommen die gleichen Intentionen zugrunde liegen, was jedoch nach seiner Ansicht für die verschiedenen (sachrechtlichen) Einheitsvertragsrechtsübereinkommen zu bejahen sei. 141 Nach Basedow in 50 Jahre Bundesgerichtshof III (791) setzen „Querverbindungen" zwischen Übereinkommen voraus, dass die dafür in Betracht kommenden Konventionen Teil eines Makrosystems des internationalen Einheitsrechts oder zumindest eines Teilsystems, das mehrere Konventionen eines Rechtsgebietes umfasst, sind. 142 Als Beispiel für ein einheitliches Konzept, im Konkreten das Schadenskonzept, welches dem CISG, der CMR und dem WA zugrunde liegt, vgl. die Untersuchung von Magnus in FS Herber 27 ff. Vgl. zur Möglichkeit eines einheitlichen Konzepts von Grundbegriffen des Transportsrechts auch Kropholler, Internationales Einheitsrecht 308. 143 Für eine konventionsübergreifende Auslegung dieses Begriffes ist es unerheblich, ob der maßgebende Bezugspunkt für den persönlichen Gebrauch die Person des Käufers (Art. 2 lit. a CISG), des Zessionars (Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ) oder des Schuldners des

42

1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und Facti7

CISG für beide Übereinkommen oder nur für das FactÜ einbezogen. 144 Auch soll der Frage nachgegangen werden, ob der Begriff des Factoringvertrages, den Art. 1 Abs. 2 FactÜ festlegt, auf das ZessÜ übertragbar ist. All dies lässt Rückschlüsse darauf zu, ob das FactÜ und das ZessÜ einen Beitrag zur Schaffung eines gemeinsamen Begriffsinstrumentariums für einheitsprivatrechtliche Übereinkommen leisten können. 145 Da das ZessÜ dreizehn Jahre nach dem FactÜ beschlossen worden ist, 146 soll auch überprüft werden, inwieweit bei den Vorarbeiten zum ZessÜ auf die Möglichkeit eines einheitlichen Konzepts des FactÜ und des ZessÜ Rücksicht genommen worden ist bzw. ob sachliche Gründe für allenfalls bestehende Abweichungen vorliegen. 147 Denn eine konventionsübergreifende Auslegung mehrerer Übereinkommen und die Schaffung eines einheitlichen Konzepts in Bezug auf ein Rechtsinstitut kann durch eine grundsätzliche Berücksichtigung bereits verwendeter Begriffe in gleicher Funktion bei der Ausarbeitung eines neuen Übereinkommens gefördert werden. Der Unterschied zwischen einer konventionsbezogenen (autonomen) und einer konventionsübergreifenden Auslegung von einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen ist bereits dargelegt worden. Fraglich ist jedoch, ob Art. 7 Abs. 1 ZessÜ und Art. 4 Abs. 1 FactÜ, aus welchen insgesamt das Gebot einer autonomen Auslegung entnommen wird, 148 einer konventionsübergreifenden Auslegung entgegenstehen. Dies ist m.E. zu verneinen. 149 Durch das Gebot einer lediglich aus dem konkreten Übereinkommen heraus erfolgenden Interpretation soll (grundsätzlich) ein Rückgriff auf das nationale Recht bzw. auf nationale Begriffsverständnisse verhindert und deren Einordnung in das unvereinheitlichte nationale Rechtssystem unterbunden werden, da dies eine einheitliche Anwendung des jeweiligen ÜberLieferanten (Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ) ist. Ebenso Ferrari, The relationship between international uniform contract law conventions, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 69 (83). 144 Ferrari, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 69 (79 ff.), hat eine diesbezügliche Untersuchung in Bezug auf das CISG und das FactÜ vorgenommen. 145 Vgl. zur Möglichkeit internationaler Definitionsübereinkommen oder international vereinbarter Definitionsregelungen Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (577 f.). 146 Das FactÜ ist am 28. Mai 1988 in Ottawa, das ZessÜ am 12. Dezember 2001 in New York verabschiedet worden. 147 Vgl. zur Bedeutung der Berücksichtigung bestehender Konventionen bei der Ausarbeitung eines neuen Übereinkommens Ferrari, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 69 (83). 148 Vgl. (zum CISG) nur Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 12 m.w.N. 149 Ebenso Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 42. Basedow in Völkerrecht und IPR 163 (182) betont, dass die konventionsübergreifende Interpretation in der WVRK weder vorgeschrieben noch verboten ist und der weiteren Rechtsentwicklung überlassen bleibt.

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

43

einkommens in allen Vertragsstaaten gefährden würde. Mit einer konventionsübergreifenden Interpretation wird jedoch eine einheitliche Anwendung des einzelnen Übereinkommens nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil, die konventionsübergreifende Auslegung fördert die einheitliche Anwendung auf einer „höheren Ebene", indem in verschiedenen Übereinkommen in gleicher Funktion verwendete zentrale Begriffe grundsätzlich 150 im Sinne einer „aus dem Gesamtbestand des Einheitsrechts zu gewinnenden Bedeutung" 151 ausgelegt werden. Damit wird eine „Zersplitterung" auf der Ebene der internationalen Sachrechtsvereinheitlichung vermieden. Die Gemeinsamkeit einer autonomen und einer konventionsübergreifenden Auslegung besteht somit in einer grundsätzlichen Loslösung von einem nationalen Begriffsverständnis. Offen bleibt, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. M.E. schließen sich die autonome und die konventionsübergreifende Auslegung nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen einander. 152 Grundsätzlich gebührt bei der Interpretation eines einheitsprivatrechtlichen Übereinkommens der konventionsübergreifenden Auslegung der Vorrang. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich der Kreis der Vertragsstaaten jener internationalen Übereinkommen, die den „Fundus" für eine konventionsübergreifende Auslegung bilden, deckt. Eine konventionsübergreifende Interpretation wird jedoch nicht stets in Betracht kommen, so dass in diesen Fällen ausschließlich die autonome Interpretation zum Zug kommt. Dies liegt beispielsweise vor, wenn das im konkreten Fall anwendbare Übereinkommen eine ausdrückliche Legaldefinition enthält, die von der im Wege einer konventionsübergreifenden Auslegung gewonnenen Bedeutung abweicht. Weiters wenn aus der historischen, teleologischen oder systematischen Interpretation eines Begriffes erkennbar ist, dass die Verfasser vom bestehenden einheitlichen Begriffsverständnis abweichen wollten. Darüber hinaus scheidet eine konventionsübergreifende Interpretation eines Begriffes oder Rechtsinstituts aus, wenn es an weiteren Übereinkommen, die den Begriff enthalten bzw. das Rechtsinstitut regeln, fehlt.

150 Zu den Ausnahmen bzw. Grenzen einer konventionsübergreifenden Auslegung sogleich. 151 So Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 14. 152 Nach Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 42, sollte die konventionsübergreifende Interpretationsmethode lediglich zur Bestätigung der durch andere Methoden erzielten Auslegung herangezogen werden.

44

1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

B. Auslegungsmethoden konventionsübergreifender Interpretation Zu erörtern bleibt, ob und inwiefern sich die Auslegungsmethoden bei einer konventionsübergreifenden Auslegung von den Auslegungsmethoden einer autonomen, konventionsbezogenen Auslegung unterscheiden. Im Grunde handelt es sich um eine Modifikation der bereits im Rahmen der autonomen Auslegung erörterten Auslegungskriterien, 153 wobei die Modifikation auf dem unterschiedlichen Blickwinkel der autonomen und konventionsübergreifenden Interpretation internationalen Einheitsprivatrechts beruht. 154 1.

Grammatische

Auslegung

Enthalten Konventionen im Wortlaut voneinander abweichende Umschreibungen eines Begriffes in gleicher Funktion, so sollte aus dem jeweils klaren, gewöhnlichen Wortsinn des Begriffes in den einzelnen Konventionen ein einheitlicher, „gemeinsamer" Wortsinn ermittelt werden. Enthält jedoch das im konkreten Fall anzuwendende Übereinkommen eine ausdrückliche Legaldefinition, so ist allein diese maßgebend. Allerdings ist es m.E. nicht ausgeschlossen, dass die Legaldefinition eines bestimmten Übereinkommens Einfluss auf die Entwicklung eines gemeinsamen Wortsinnes für in anderen Konventionen enthaltene Begriffe in gleicher Funktion hat. Steht zweifelsfrei fest, dass die Verfasser mit der abweichenden Umschreibung eines Begriffes auch inhaltlich vom „gemeinsamen" Wortsinn Abweichendes gemeint haben, so bleibt dieser Begriff außer Betracht. 2.

Systematische

Auslegung

Eine konventionsübergreifende systematische Auslegung setzt das Bestehen eines systematischen Bedeutungszusammenhanges jener Übereinkommen voraus, die den Fundus für diese Auslegung bilden. 155 Nach Gruber ist zwar einerseits der Grad der Aufeinanderbezogenheit maßgebend, ob und inwieweit eine konventionsübergreifende systematische Interpretation möglich ist, andererseits folgt nach seiner Ansicht die Zulässigkeit derselben aber nicht aus der Tatsache, dass die einzelnen Regelungssyste153

Vgl. 1. Teil, 2. Kapitel, II. Zu den folgenden Ausführungen über die konventionsübergreifende Auslegungsmethode s. Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (579 ff.), denen im Wesentlichen gefolgt wird. 155 Die systematische Auslegung kann bei der Feststellung des sachlichen Anwendungsbereiches eines Übereinkommens hilfreich sein, indem andere, von der gleichen Organisation ausgearbeitete Übereinkommen berücksichtigt werden. Vgl. dazu MeyerSparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 109. 154

2. Kapitel: Auslegung des ZessÜ und FactÜ

45

me in einem wechselseitigen Sinnzusammenhang stehen; entscheidend ist vielmehr der Wille des Verfassers des später geschaffenen Regelungssystems, ein mit dem früher entstandenen Regelungssystem inhaltlich abgestimmtes (oder inhaltsgleiches) Regelungssystem zu schaffen, weshalb nur die Bestimmung des Inhalts des neueren Regelungswerkes durch das ältere Regelungssystem möglich ist. 156 Dem kann nicht zur Gänze gefolgt werden, denn entscheidend sollte der materielle Einklang der für die konventionsübergreifende systematische Interpretation in Betracht kommenden Übereinkommen sein und nicht die zeitliche Reihenfolge der Verabschiedung. M.E. stellen das ZessÜ und das FactÜ keine untereinander zusammenhängenden Vorschriften dar, die für eine konventionsübergreifende systematische Auslegung in Betracht kämen. Das ZessÜ und das FactÜ sind nicht aufeinander abgestimmt. Dies folgt auch aus den voneinander abweichenden Regelungen in Einzelfragen, beispielsweise den Wirkungen rechtsgeschäftlicher Abtretungsbeschränkungen gegenüber dem Schuldner (Vorbehaltsmöglichkeit nach dem FactÜ) oder der Rückforderung von Zahlungen vom Zessionar/Factor, die der Schuldner geleistet hat. Hingegen folgt aus den Materialien zum FactÜ, dass die Verfasser des FactÜ einen Zusammenhang zwischen dem FactÜ und dem CISG gesehen haben, 157 weshalb beispielsweise der Begriff des Kaufvertrages nach dem CISG auch für das FactÜ zu beachten ist. 158 3.

Historische

Auslegung

Eine konventionsübergreifende historische Auslegung bedeutet, dass die Entstehungsgeschichte eines Übereinkommens bei der Interpretation eines anderen Übereinkommens in Betracht zu ziehen ist. Diese Auslegungsmethode kann m.E. für das ZessÜ und das FactÜ nicht fruchtbar gemacht werden. Selbst in jenen Fällen, in denen bei der Ausarbeitung des ZessÜ auf parallele Regelungen des FactÜ mit abweichendem Inhalt Bezug genommen worden ist, handelt es sich um die unmittelbare Entstehungsgeschichte des ZessÜ und nicht jene des FactÜ.

156

Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 158 und 162. S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 11 = UNIDROIT, Acts and Proceedings 1, 88 Rn. 11 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 95 Rn. 11. 158 Andererseits folgt jedoch eindeutig aus Art. 3 Abs. 2 CISG und dem besonderen Zweck des Art. 1 Abs. 3 FactÜ, dass dessen Bestimmung (soweit in diesem Übereinkommen auf „Waren" und „Warenkauf" Bezug genommen wird, schließt dies auch Dienstleistungen und die Erbringung von Dienstleistungen ein) nicht für das CISG heranzuziehen ist; s. Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571 (580). 157

46 4.

1. Teil: Auslegung

Teleologische

und Lückenfüllung

des ZessÜ

und

FactÜ

Auslegung

Eine konventionsübergreifende teleologische Auslegung setzt m.E. voraus, dass Sinn und Zweck jener Übereinkommen, die den Gegenstand der konventionsübergreifenden Auslegung bilden, im Wesentlichen übereinstimmen. Dies ist beim ZessÜ und beim FactÜ gegeben, da beide Übereinkommen die Entwicklung und die Förderung des internationalen Handels bezwecken. Im Vordergrund steht m.E. jedoch der spezielle Zweck, durch den die Förderung des internationalen Handels erreicht werden soll. Auch diesbezüglich besteht Übereinstimmung: Sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ bezwecken eine Erleichterung der internationalen Forderungsabtretung. Im Ergebnis ist für die Möglichkeit einer konventionsübergreifenden teleologischen Auslegung des ZessÜ und des FactÜ m.E. jedoch ausschlaggebend, ob hinsichtlich der Regelung zentraler Fragen der internationalen Forderungsabtretung, die der Erreichung dieses Zweckes dienen, beispielsweise schuldbefreiende Leistung des Schuldners, Übereinstimmung besteht. Dies ist beim ZessÜ und beim FactÜ allerdings nicht stets der Fall. 5.

Rechtsvergleichende

Auslegung

Bei einer konventionsübergreifenden Interpretation bedeutet die rechtsvergleichende Auslegungsmethode eine Berücksichtigung der Judikatur anderer Staaten und des internationalen Schrifttums des ZessÜ und des FactÜ zu vergleichbaren Regelungen des jeweils anderen Übereinkommens. Für bestimmte Begriffe (z.B. „Kaufvertrag über eine Ware", „persönlicher Gebrauch, Gebrauch in der Familie oder im Haushalt") sind zudem die Rechtsprechung und die Lehrmeinungen zum CISG bzw. zu anderen internationalen Übereinkommen, die diese Begriffe in gleicher Funktion enthalten, zu berücksichtigen.

3. Kapitel Lückenfüllung im ZessÜ und FactÜ Nach dem Vorbild von Art. 7 Abs. 2 CISG enthalten sowohl Art. 7 Abs. 2 ZessÜ als auch Art. 4 Abs. 2 FactÜ eine Vorschrift über die Füllung von Lücken des ZessÜ bzw. des FactÜ.1 Inhaltlich stimmen die genannten Vorschriften über die Lückenfüllung überein. Eine Lückenfüllung entsprechend dem Art. 7 Abs. 2 ZessÜ bzw. dem Art. 4 Abs. 2 FactÜ kommt in Betracht, sofern die Antwort auf eine Rechtsfrage nicht durch Auslegung des ZessÜ bzw. des FactÜ zu ermitteln ist. Die Auslegung geht der Lückenfüllung vor.2 Voraussetzung für die Füllung einer Lücke ist das Bestehen derselben. Wird die aufgeworfene Frage nicht vom sachlichen Anwendungsbereich des ZessÜ oder des FactÜ erfasst, so mangelt es bereits an einer Lücke i.S.d. Art. 7 Abs. 2 ZessÜ bzw. Art. 4 Abs. 2 FactÜ. Es liegt vielmehr eine nicht vom ZessÜ bzw. vom FactÜ geregelte Frage vor,3 die nach dem vom IPR berufenen nationalen Recht zu entscheiden ist.4 Eine Lücke besteht daher nur, wenn die Rechtsfrage den sachlichen Anwendungsbereich des ZessÜ bzw. des FactÜ betrifft. Diese Untersuchung wird im Rahmen des ZessÜ durch die Ausschlussbestimmungen des Art. 4 ZessÜ erleichtert, 1 Allgemein zu Lückenfüllung vgl. z.B. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 301 f.; Ch. Schmid, Das Zusammenspiel von Einheitlichem UN-Kaufrecht und nationalem Recht 26 ff.; Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 282 ff. 2 Nach Zweigen, Rechtsvergleichung als universale Interpretationsmethode, RabelsZ 1949/50, 5 (9 f.), unterscheiden sich Auslegung und Lückenfüllung nur graduell voneinander; eine antithetische Gegenüberstellung ist daher nicht möglich. Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 39 betont, dass es auf eine exakte Abgrenzung nicht ankommt; für die Anwendung der Lückenfüllungsvorschrift genügt die Feststellung, dass der Übereinkommenstext keine klare Antwort vorgibt. S. auch Sonnenberger in MünchKomm BGB 4 Einl IPR Rn. 324. 3 Die Begriffe „externe Lücke" (vgl. z.B. Karollus, UN-Kaufrecht 16) oder „Lücke intra legem" - s. z.B. Ferrari, General Principles and International Uniform Commercial Law Conventions: A Study of the 1980 Vienna Sales Convention and the 1988 Unidroit Conventions, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1997, 451 (454); derselbe, Das Verhältnis zwischen den Unidroit-Grundsätzen und den allgemeinen Grundsätzen internationaler Einheitsprivatrechtskonventionen, JZ 1998, 9 (10) - sollten in diesem Zusammenhang vermieden werden. Vgl. die Kritik von Kramer, JB1 1996, 137 (147 Fn 90). 4 S. von Bar/Mankowski, IPR I 2 § 2 Rn. 69: „... das liegt in der Natur des Sache."

48

1. Teil: Auslegung

und Lückenfüllung

des ZessÜ und Facti]

beschränkt sich jedoch nicht auf die dort angeführten Gegenstände. Das FactÜ enthält keinen entsprechend umfangreichen Ausschlusstatbestand, was sich m.E. aus dem begrenzten Anwendungsbereich des FactÜ für Factoringverträge ergibt. Aus Art. 6 Abs. 3 FactÜ folgt jedoch, dass die schuldrechtlichen Folgen eines Verstoßes des Zedenten gegen das mit dem Schuldner vereinbarte Abtretungsverbot vom FactÜ nicht geregelt werden. 5 Ob die in den sachlichen Regelungsbereich des ZessÜ bzw. des FactÜ fallende Frage zwar „heimlich mitgeregelt" 6 , aber nicht ausdrücklich entschieden ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Trifft dies zu, so ist die offene Frage primär nach den allgemeinen Grundsätzen des ZessÜ bzw. des FactÜ zu lösen. Die Einzelanalogie (Gesetzesanalogie) als Mittel der Lückenfüllung wird damit keinesfalls ausgeschlossen, ebenso wenig wie das argumentum a maiore ad minus und das argumentum e contrario, sondern diese sind noch vor einem Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze in Betracht zu ziehen. 7 Allgemeine Grundsätze können sich unmittelbar aus der Präambel 8 und den Vorschriften des Übereinkommens ergeben oder es kann aus mehreren einzelnen Bestimmungen ein allgemeiner Grundsatz entwickelt werden. 9 Aus Art. 7 Abs. 2 ZessÜ und Art. 4 Abs. 2 FactÜ folgt somit, dass „heimlich mitgeregelte", offene Fragen, sofern möglich, mithilfe des Einheistrechts zu beantworten sind. Nur so kann eine internationale Rechtseinheit für die vom ZessÜ und FactÜ erfassten Forderungsabtretungen gefördert werden. 10 Welche Grundsätze können nun aus dem ZessÜ bzw. dem FactÜ gewonnen und zur Lückenfüllung herangezogen werden?" Sowohl dem FactÜ als auch dem ZessÜ liegt der Grundsatz des Schuldnerschutzes zugrunde. Die rechtliche Stellung des Schuldners soll allein durch den Gläubigerwechsel nicht verschlechtert werden. Das FactÜ basiert auf dem Grundsatz von Treu und Glauben im internationalen Handel, für das 5

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 162. So Magnus, RabelsZ 1989, 116 (120). 7 Vgl. etwa Karollus, UN-Kaufrecht 17; Ferrari, Georgia J. Int. Comp. L. 1994, 183 (222); Kramer, JB1 1996, 137 (148); Ch. Schmid, Das Zusammenspiel von Einheitlichem UN-Kaufrecht und nationalem Recht 66 f.; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 37; Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 287 f. Allgemein zur Analogie im Einheitsrecht s. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 293 ff. 8 Goode/Kronke/McKendrick/Wool, Transnational Commercial Law 1, (3): „... the preamble is the common starting point for determining such principles." 9 S. zur Methodik des „Auffindens" von allgemeinen Grundsätzen beispielsweise Karollus, UN-Kaufrecht 16 f.; Magnus, Die allgemeinen Grundsätze im UN-Kaufrecht, RabelsZ 1995, 469 (477 f.) m.w.N. 10 Ebenso allgemein Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 279 f. 11 Vgl. die diesbezüglichen Zweifel von Kramer, JB1 1996, 137 (148) betreffend das FactÜ, da dessen teleologischer Fundus im Vergleich zum CISG weniger ausgeprägt sei. 6

3. Kapitel: Lückenfüllung im ZessÜ und Facti1

49

ZessÜ sind diesbezüglich jedoch gewisse Einschränkungen 12 für das Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar sowie dem Zessionar und konkurrierenden Berechtigten zu machen. Das FactÜ beruht zudem auf dem Grundsatz der Erleichterung des internationalen Factoring, da es Globalzessionen zukünftiger Forderungen ebenso wie entgegen rechtsgeschäftlichen Abtretungsverboten vorgenommene Abtretungen grundsätzlich als wirksam bewertet. Ein zentraler Grundsatz des ZessÜ ist die Förderung der Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen; so anerkennt das ZessÜ, ebenso wie das FactÜ, die Zulässigkeit und die Wirksamkeit von Globalabtretungen zukünftiger Forderungen, und gegen ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Abtretungsverbot vorgenommene Abtretungen sind wirksam. Aus dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 ZessÜ und des Art. 4 Abs. 2 FactÜ folgt, dass nur jene allgemeinen Grundsätze, die dem jeweiligen Übereinkommen zugrunde liegen, für die Füllung einer Lücke herangezogen werden können. Umstritten ist, ob allgemeine Grundsätze, die aus den Rechtsordnungen der beteiligten Vertrags Staaten oder auch anderer Staaten durch Rechtsvergleichung gewonnen werden können, für die Lückenfüllung des ZessÜ bzw. des FactÜ in Betracht kommen. 13 M.E. sind im Wege der Rechtsvergleichung festgestellte allgemeine Grundsätze zur Lückenfüllung heranzuziehen. Einerseits ist im Rahmen der Auslegung des internationalen Einheitsrechts die Rechtsvergleichung als Interpretationsmethode anerkannt und die Auslegung geht der Lückenfüllung vor, andererseits unterscheiden sich nach Zweigert14 Lückenfüllung und Auslegung nur graduell voneinander und sind oft nur schwer voneinander zu unterscheiden. 15 Vor diesem Hintergrund - Rechtsvergleichung als Methode der Lückenfüllung ja oder nein? - wird auch die Frage, ob die UNIDROITPrinciples 16 und die PECL als allgemeine Grundsätze im Rahmen einheitsprivatrechtlicher Übereinkommen angewendet werden können und sollen,

12

Vgl. 1. Teil, 2. Kapitel, I.D. Dafür: Kropholler, Internationales Einheitsrecht 293; (für das CISG) Boneil in Bianca/Bonell, Commentary Art. 7 Rn. 2.3.2.2.; (für das CISG) Frigge, Externe Lücken 74; Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 299; dagegen: (für das CISG) Maskow in Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht Art. 7 Rn. 9.2.; (für das CISG) Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 40, jedoch offen lassend in Art. 7 CISG Rn. 37. 14 Zweigert, RabelsZ 1949/50, 5 (9 f.); vgl auch Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 39, nach dessen Ansicht es auf eine exakte Abgrenzung nicht ankommt, und Sonnenberger in MünchKomm BGB 4 Einl IPR Rn. 324. 15 1.d.S. auch Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 299. 16 Nach der Präambel können die Grundregeln dazu benutzt werden, um Regelwerke des internationalen Einheitsrechts auszulegen oder zu ergänzen. S. auch Kommentar Nr. 5 zu Präambel UNIDROIT-Principles. 13

50

1. Teil: Auslegung und Lückenfüllung des ZessÜ und FactÜ

in der Literatur u n t e r s c h i e d l i c h beantwortet. 1 7 M . E . ist j e n e r A n s i c h t zu f o l g e n , 1 8 d i e darauf abstellt, dass d i e j e n i g e n R e g e l n der U N I D R O I T Principles b z w . der P E C L für d i e L ü c k e n f ü l l u n g in Betracht k o m m e n , d i e i m materiellen E i n k l a n g mit d e m konkreten einheitsprivatrechtlichen Ü b e r e i n k o m m e n stehen. D i e s ist für j e d e n Fall g e s o n d e r t f e s t z u s t e l l e n . 1 9 D i e j e n i g e R e g e l der P E C L b z w . der U N I D R O I T - P r i n c i p l e s , die zur Lüc k e n f ü l l u n g h e r a n g e z o g e n w e r d e n soll, m u s s z u g l e i c h A u s d r u c k e i n e s allg e m e i n e n G r u n d s a t z e s sein, der d e m Z e s s Ü b z w . d e m F a c t Ü z u g r u n d e liegt. D i e T a t s a c h e , d a s s das F a c t Ü vor den U N I D R O I T - P r i n c i p l e s und d e n P E C L v e r a b s c h i e d e t w o r d e n ist, das Z e s s Ü j e d o c h fast z e i t g l e i c h , spricht nicht d a g e g e n , 2 0 d e n n e n t s c h e i d e n d ist der materielle E i n k l a n g z w i s c h e n den U N I D R O I T - P r i n c i p l e s b z w . P E C L und d e m Z e s s Ü b z w . F a c t Ü . D a b e i ist m.E. auch der s a c h l i c h e A n w e n d u n g s b e r e i c h in Betracht zu z i e h e n . 2 1 Kann j e d o c h d i e L ü c k e nicht durch a l l g e m e i n e Grundsätze des Z e s s Ü b z w . d e s F a c t Ü und durch d i e U N I D R O I T - P r i n c i p l e s oder P E C L ( s o f e r n man der A n s i c h t folgt, dass d i e s e zur L ü c k e n f ü l l u n g h e r a n g e z o g e n w e r d e n k ö n n e n ) g e s c h l o s s e n w e r d e n , s o ist d i e o f f e n e Frage g e m ä ß Art. 7 A b s . 2 Z e s s Ü b z w . Art. 4 A b s . 2 F a c t Ü nach d e m v o m IPR d e s Gerichtsstaates

17

S. etwa Magnus, RabelsZ 1995, 469 (477, 492 f.); Berger, Formalisierte oder „schleichende" Kodifizierung 173 f.; Bonell, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1996, 26 (36); Wichard, Die Anwendung der UNIDROIT-Prinzipien für internationale Handelsverträge durch Schiedsgerichte und staatliche Gerichte, RabelsZ 1996, 269 (297 ff.); Basedow in FS Drobnig zum siebzigsten Geburtstag 19 (24 f.); Ferrari, JZ 1998, 9 (16); Michaels, RabelsZ 1998, (606 f.); Van Alstine, U. Pa. L. Rev. 1998, 687 (688 ff.); Basedow, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 135 ff.; Canaris in Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht 5 (28 f.); Ferrari in MünchKomm HGB Art. 4 FactÜ Rn. 46; Zur Lückenfüllung nach den UNIDROIT Principles vgl. Petz, Die UNIDROIT Prinzipien für Internationale Handelsverträge (2001) 96 ff.; Weidemann, Lückenergänzung und richterliche Rechtsfortbildung nach Art. 1.6 II der UNIDROIT-Principles for international commercial contracts (2001) 58 ff.; Tzeng, Ottawa-Konvention und nationales Recht, Kollisionsrechtliche Probleme bei der Anwendung der Ottawa-Konvention (2002) 173 ff.; Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 14. 18 Bonell, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1996, 26 (36); Basedow in FS Drobnig zum siebzigsten Geburtstag 19 (25); Ferrari, JZ 1998, 9 (16); Canaris in Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht 5 (28 f.). 19 Nach Canaris in Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht 5 (28) ist die Überzeugungskraft der Grundregeln als Rechtsgewinnungsquelle von Problem zu Problem zu beurteilen. S. auch Michaels, RabelsZ 1998 580 (606). 20 Vgl. für das Verhältnis CISG - UNDIDROIT-Principles bzw. PECL: Basedow in FS Drobnig zum siebzigsten Geburtstag 19 (25); Basedow, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 129 (136 f.); Canaris in Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht 5 (28). 21 Im Gegensatz zu den UNIDROIT-Principles gelten die PECL auch für nationale Verbraucherverträge; nach dem FactÜ sind jedoch Forderungen, die aus einem Verbrauchervertrag herrühren, von dem Anwendungsbereich ausgenommen.

3. Kapitel: Lückenfüllung im ZessÜ und FactÜ

51

berufenen nationalen Recht zu entscheiden. Eine Lückenschließung durch einen Rückgriff auf das nationale Recht ist als ultima ratio anzusehen, da sie die einheitliche Auslegung und Anwendung des Übereinkommens gefährden kann.

2. Teil

Anwendungsbereich des ZessÜ und FactÜ

1. Kapitel ZessÜ

I.

Sachlicher Anwendungsbereich des UN-Übereinkommens

Zieht man den Titel des Übereinkommens 1 als ersten Anhaltspunkt für den Regelungsgegenstand des ZessÜ heran, so umfasst dieser die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel. Dabei differenziert das ZessÜ zwischen einer „internationalen Abtretung" einerseits und einer „Abtretung internationaler Forderungen" andererseits, und regelt diese jeweils unter der Voraussetzung, dass der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat. Im Folgenden wird zunächst der sachliche Anwendungsbereich des ZessÜ untersucht.

A. Die „Abtretung" 1.

Die Rechtsnatur der Abtretung

Ausgangspunkt für die Anwendbarkeit der Vorschriften des ZessÜ ist die Abtretung einer Forderung, unabhängig davon, ob es sich im konkreten Fall um eine internationale oder eine nationale Abtretung handelt. Das ZessÜ enthält eine Legaldefinition dieses zentralen Begriffes in Art. 2 lit. a ZessÜ. Das Vorhandensein einer Definition ist grundsätzlich positiv zu bewerten, weil mangels einer solchen der Begriff der Abtretung zwar autonom zu interpretieren wäre (Art. 7 Abs. 1 ZessÜ, Gebot der autonomen und einheitlichen Auslegung des ZessÜ), jedoch trotzdem die Gefahr einer am nationalen Verständnis orientierten Auslegung des Begriffes „Abtretung" bestünde. 2 1

In der - authentischen - englischen Sprache lautet dieser: „United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade". Der Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen sowie der Text des Übereinkommens sind veröffentlicht unter A/RES/56/81. Dieses Dokument ist auf der homepage von UNCITRAL unter der Adresse http://www.uncitral.org/ abrufbar. 2 Ähnlich Ferrari, The Uncitral Draft Convention on Assignment in Receivables Financing: Applicability, General Provisions and the Conflict of Conventions, Melb. J. Int'lL. 2000, 1 (11 f.).

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

G e m ä ß Art. 2 lit. a Satz 1 Z e s s Ü bedeutet „Abtretung" e i n e auf einer V e r e i n b a r u n g beruhende Übertragung e i n e s vertraglichen A n s p r u c h s auf Z a h l u n g einer G e l d s u m m e („Forderung") g e g e n ü b e r einer dritten P e r s o n („Schuldner") v o n einer Person („Zedent") auf e i n e andere P e r s o n ( „ Z e s s i onar"). E i n e Abtretung i.S.d. Z e s s Ü setzt e i n e n W e c h s e l in der P e r s o n des Forderungsinhabers voraus, s o d a s s nach d e m e r f o l g t e n Ü b e r g a n g d e s Forderungsrechts grundsätzlich der Z e s s i o n a r g e g e n den S c h u l d n e r v o r g e h e n und d i e Erfüllung der V e r b i n d l i c h k e i t einfordern kann. A u f Grund der A b tretung w e c h s e l t d i e R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t an einer Forderung v o m Z e d e n t e n auf den Z e s s i o n a r . 3 E i n e Abtretung i.S.d. Z e s s Ü liegt j e d o c h nur vor, w e n n der Ü b e r g a n g d e s Forderungsrechts auf einer V e r e i n b a r u n g z w i s c h e n d e m Z e d e n t e n und d e m Z e s s i o n a r beruht. 4

3

Zur Einbeziehung des Zessionars als „Dritten" in das Schuldverhältnis, aus dem die abgetretene Forderung entspringt, vgl. zum österreichischen Recht die grundlegende Arbeit von Spielbüchler, Der Dritte im Schuldverhältnis (1973). 4 Eine Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar als Voraussetzung einer Abtretung findet sich in sämtlichen untersuchten Rechtsordnungen. Im deutschen (§ 398 BGB), österreichischen (§ 1395 ABGB) und schweizerischen (Art. 165 Abs. 2 OR) Recht wird in diesem Zusammenhang der Begriff „Abtretungsvertrag" bzw. „Vertrag" verwendet. Das französische und das spanische Recht regeln die Abtretung im Rahmen des Kaufrechts, davon ausgehend, dass der Zedent meist der Verkäufer der abgetretenen Forderung sein wird. Ebenso ist nach dem italienischen Recht die Abtretung ein Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Zessionar; die Abtretung wird jedoch bereits im Allgemeinen Schuldrecht geregelt. Vgl. zum französischen Recht Blaise/Desgorces in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 245 (248); vgl. zum spanischen Recht Reichmann in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 597 (600); vgl. zum italienischen Recht Dolmetta/Portale in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 339 (344). Das englische Recht unterscheidet zwischen einer Abtretung nach Common law („legal assignment", dies kann nur eine Vollabtretung sein und bedarf der Schriftform) und einer Forderungsabtretung nach Equity law („equitable assignment", grundsätzlich keine Formerfordernisse). Das englische Recht stellt auf eine (einseitige) Abtretungserklärung des Zedenten ab, aus welcher dessen Wille folgt, die Forderung abzutreten. Eine Annahmeerklärung durch den Zessionar ist nicht erforderlich, jedoch muss der Zessionar Kenntnis über die Abtretung besitzen, so dass er das Forderungsrecht zurückweisen kann. Vgl. zum englischen Recht Treitel, The Law of Contract, 11. edition (2003) 672 ff., 680; Carl in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 197 (201): „Zwar liegt auch nach englischem Recht der Abtretung ein Abtretungsvertrag zu Grunde, doch gelten für diesen Sonderregeln. ... Die (schriftliche) einseitige Abtretungserklärung ist Anscheinsbeweis für sein Bestehen." Das amerikanische Recht stellt ebenso auf den Willen des Zedenten und des Zessionars, auf deren Einigung über den Forderungsübergang ab; vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion: eine rechtsvergleichende Studie zur abstrakten und kausalen Gestaltung rechtsgeschäftlicher Zuwendungen anhand des deutschen, schweizerischen, österreichischen, französischen und US-amerikanischen Rechts (1996) 626; Buxbaum/Crawford/Singhof in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 791 (794): „... ist der Wille der beteiligten Parteien von besonderer Bedeutung ...

1. Kapitel: ZessÜ

57

D a s Z e s s Ü regelt d i e Forderungsabtretung ü b e r w i e g e n d unter d e m G e sichtspunkt der ( e r f o l g t e n ) Übertragung d e s V e r m ö g e n s r e c h t s an e i n e r Forderung, 5 der Ä n d e r u n g der R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t , w o f ü r e s den B e g r i f f „ a s s i g n m e n t " (Abtretung) v e r w e n d e t . 6 D e r B e g r i f f „ a s s i g n m e n t " ist nicht mit d e m B e g r i f f „contract o f ass i g n m e n t " zu v e r w e c h s e l n , für w e l c h e n das Z e s s Ü k e i n e L e g a l d e f i n i t i o n enthält. 7 F o l g t man den zu Art. 2 Z e s s Ü getätigten A u s f ü h r u n g e n in den Materialien, s o ist mit d e m B e g r i f f „contract o f a s s i g n m e n t " ( A b t r e t u n g s vertrag) das der Abtretung zugrunde l i e g e n d e K a u s a l g e s c h ä f t ( n a c h d e m Die üblichen Voraussetzungen für den Abschluss eines Vertrages und seine Einklagbarkeit... gelten auch für Abtretungen." Vgl. allgemein zum Erfordernis einer Einigung als Voraussetzung der Abtretung Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 64 f.; Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I: Abschluß, Gültigkeit und Inhalt des Vertrages. Die Beteiligung Dritter am Vertrag (1996) 404. 5 Ebenso Bazinas, Uncitral Draft Convention on Assignment of Receivables in International Trade, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (267). Vgl. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 110. 6 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25: „... assignment ... as a transfer of property ..."; Brink, Die Uncitral Konvention über internationale Forderungsabtretung, Ein Besuch im UNCITRAL Vergnügungspark 9 (unveröffentlichtes Manuskript eines im Rahmen der Vortragsreihe des Forums Bankrecht und des Forums für Internationales Wirtschaftsrecht am 14.10.1999 im Bundesministerium für Justiz in Wien gehaltenen Vortrages): „Übertragung des dinglichen Rechts an der Forderung ..."; Kuhn, Zur Neuordnung der grenzüberschreitenden Forderungsabtretung im Einheitlichen UNAbtretungsrecht, SZW/RSDA 3/2002, 129 (135): „Das Übereinkommen regelt im Wesentlichen nur die Abtretung i.S.d. Verfügungsgeschäfts mit dinglicher Wirkung ..."; Bazinas, Key Policy Issues of the United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (284): „assignment (creating rights in rem in receivables) ..."; Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen im internationalen Rechtsverkehr (2005) 41. Aus österreichischer Sicht sei hier lediglich Folgendes angemerkt: Nach § 1392 ABGB ist die Abtretung die Übertragung einer Forderung vom bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger. Nach den §§ 353 i.V.m. 285 ABGB sind alle körperlichen und unkörperlichen Sachen Gegenstand des Eigentumsrechts, weshalb Eigentum grundsätzlich auch an Forderungen bestehen könnte. Da jedoch die Vorschriften über das Eigentum auf körperliche Sachen zugeschnitten sind, können Gegenstand des „Eigentumsrechts im engeren Sinn" nur körperliche Sachen sein. Ein „Eigentum an Forderungsrechten" kann nur als „Eigentumsrecht im weiteren Sinn" („Vermögenszuständigkeit") verstanden werden, weshalb der Begriff „Rechtszuständigkeit" zu verwenden ist, sofern zum Ausdruck gebracht werden soll, dass das Forderungsrecht einer bestimmten Person zusteht. Vgl. statt vieler Klang in Klang II 130 f.; Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte (1967) 143 ff.; Spielbüchler in Rummel I 3 § 353 Rz. 1; § 354 Rz. 1; Iro, Sachenrecht 2 Rz. 1/2; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I 12 , 84, 260 f. 7 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25: „contract of assignment as a transaction creating personal obligations ..."; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (284): „... the contract of assignment (creating only personal rights)."

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

ö s t e r r e i c h i s c h e n d o g m a t i s c h e n V e r s t ä n d n i s das s c h u l d r e c h t l i c h e V e r p f l i c h t u n g s g e s c h ä f t ) g e m e i n t . 8 D i e s m a g vor d e m Hintergrund j e n e r R e c h t s o r d n u n g e n verständlich e r s c h e i n e n , in w e l c h e n das G r u n d g e s c h ä f t und d i e A b t r e t u n g s v e r e i n b a r u n g e i n e i n h e i t l i c h e s R e c h t s g e s c h ä f t bilden. A u f Grund der u n t e r s c h i e d l i c h e n d o g m a t i s c h e n A u s g e s t a l t u n g der r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e n Forderungsabtretung in den e i n z e l n e n R e c h t s o r d n u n g e n (dazu s o g l e i c h ) einerseits und der Tatsache, d a s s e i n e r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e Forderungsabtretung e i n e e n t s p r e c h e n d e W i l l e n s ü b e r e i n s t i m m u n g h i n s i c h t l i c h der Übertragung d e s Forderungsrechts z w i s c h e n d e m Z e d e n t e n u n d d e m Z e s s i o n a r voraussetzt, 9 sollte m . E . der B e g r i f f Abtretungsvertrag i m S i n n e einer E i n i g u n g z w i s c h e n d e m Z e d e n t e n und d e m Z e s s i o n a r über den For8

Vgl. zu Art. 2 ZessÜ Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25: „Like most legal systems, the ... Convention recognizes the distinction between the assignment itself as a transfer of property and the contract of assignment as a transaction creating personal obligations (in other words, between the assignment and its causa, that is, a sale, security agreement, gift or payment)." [Hervorhebungen durch die Verfasserin]; ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 24: „... This distinction may be apparent where the contract of assignment and the assignment take place at different points of time and are part of separate agreements (as, e.g., in securitization and project finance transactions). It may not be as apparent where the two transactions take place simultaneously and are embodied in a single contract (as, e.g., in factoring transactions)." Mit den Begriffen „separate agreements" und „two transactions" können m.E. einerseits nur ein Kaufvertrag, eine Sicherungsabrede, ein Schenkungsvertrag oder „agreement (oder promise) to assign" und andererseits die rechtsgeschäftliche Einigung über den Forderungsübergang gemeint sein. Vgl. auch Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/WG.H/WP. 93, Art. 2 Rn. 2; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 149 („that both the contract of assignment and the resulting transfer of receivables were covered by the definition of assignment"); Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP. 102, Art. 2 Rn. 2 (hier wird ersichtlich, dass die Begriffe „agreement to assign" and „contract of assignment" als gleichbedeutend erachtet werden); Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 39 (hier wird korrekterweise von „financing contract or the agreement to assign" in Abgrenzung von „assignment as a transfer of property" gesprochen); Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/WG.II/WP. 105, Rn. 20: „The contract of assignment or the financing contract is not covered ...". Ebenso in der Literatur Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (267), welcher für das rechtliche Verhältnis zwischen „assignment" und „contract of assignment or the financing contract" [Hervorhebung durch die Verfasserin] auf jene Ausführungen von Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 66, verweist, in welchen dieser auf die Abtretung und das davon zu unterscheidende Rechtsgeschäft, das den wirtschaftlichen Grund für die Abtretung darstellt, Bezug nimmt (Assignment and underlying contract distingiushed). Vgl. auch Sigman/Smith, Toward Facilitating Cross-Border Secured Financing and Securitization: An Analysis of the United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, Bus. Law. 2002, 727 (729 Fn 14): „The Convention does not define ,contract of assignment' as such. U.C.C. Article 9 would refer to the contract of assignment as a .security agreement'." 9 Vgl. rechtsvergleichend Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 64 f.

1. Kapitel:

ZessÜ

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derungsübergang verstanden werden. Diese Einigung kann, muss aber nicht Teil des Rechtsgeschäftes sein, welches den wirtschaftlichen Grund für die Übertragung des Forderungsrechts darstellt. Deshalb sollte der Begriff „Abtretungsvertrag" losgelöst davon, ob dem unvereinheitlichten nationalen Recht das Konsens- oder Trennungsprinzip zugrunde liegt, als Zessionsabrede zwischen Zedent und Zessionar verstanden werden. Dieses Verständnis entspricht auch dem klaren, gewöhnlichen Wortsinn des Begriffes „Abtretungsvertrag". Bei der Auslegung von internationalem Einheitsrecht kommt dem klaren Wortlaut grundsätzlich eine besondere Bedeutung zu, denn damit kann am ehesten verhindert werden, dass im Wege einer teleologischen Interpretation unterschiedliche nationale Begriffsvorstellungen in den Text des Übereinkommens einfließen. 10 In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass sich das ZessÜ nicht mit dem Verhältnis zwischen der Übertragung des Vermögensrechts an einer Forderung (= Abtretung) und dem dieser Übertragung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft (Grundgeschäft), aus dem sich der wirtschaftliche Grund der Abtretung ergibt (z.B. Kaufvertrag, Finanzierungsvertrag, Sicherungsabrede, Schenkungsvertrag), auseinander setzt. 11 Das ZessÜ regelt deshalb nicht die Frage, ob die Forderungsabtretung i.S.d. Übereinkommens als kausaler, einheitlicher Vertrag, welcher Verpflichtung und Verfügung umfasst, zu bewerten ist oder aber als abstraktes oder kausales Verfügungsgeschäft. Folgerichtig enthält das ZessÜ auch keine Bestimmung darüber, ob die Wirksamkeit einer Abtretung von der Gültigkeit des Rechtsgeschäftes, das den Rechtsgrund der Abtretung darstellt, abhängig ist.

10

Vgl. allgemein Kropholler, Internationales Einheitsrecht 264; Diedrich, Autonome Auslegung 111 (die erste Stufe der von ihm vorgeschlagenen Interpretationsleiter stellt die grammatische Auslegung dar); vgl. zum CISG Magnus, RabelsZ 1989, 116 (123); Karollus, UN-Kaufrecht 13 (primär ist vom Wortlaut auszugehen); Maskow in Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht Art. 7 Rn. 9.3. (der textnäheren Methode ist der Vorzug zu geben); Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 30 (vor allem ist auf den Wortlaut der Vorschriften abzustellen); Magnus in Staudinger Art. 7 CISG Rn. 32. " Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25: „... the Convention does not deal with the relationship between the assignment and the contract of assignment." Wie bereits erwähnt, ist in diesem Zusammenhang mit dem Begriff „contract of assignment" jenes Rechtsgeschäft gemeint, dass den wirtschaftlichen Grund für die Abtretung bildet. S. auch Bazinas, An international legal regime for receivables financing: Uncitrals's contribution, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (321): „The ... Convention applies to assignments of receivables and avoids any reference to or interference with any other aspect of the financing contract."

60

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

D i e s e s Verhältnis ist in den e i n z e l n e n R e c h t s o r d n u n g e n unterschiedlich ausgestaltet. 1 2 D a s d e u t s c h e , das ö s t e r r e i c h i s c h e und das s c h w e i z e r i s c h e R e c h t u n t e r s c h e i d e n strikt z w i s c h e n d e m Abtretungsvertrag als V e r f ü g u n g s g e s c h ä f t , das d i e s a c h e n r e c h t l i c h e ( d i n g l i c h e ) Übertragung d e s Forderungsrechts bewirkt, und d e m dieser Übertragung zugrunde l i e g e n d e n V e r p f l i c h t u n g s g e s c h ä f t , das d i e V e r p f l i c h t u n g für d i e Abtretung und den R e c h t s g r u n d d e r s e l b e n darstellt. A b e r bereits z w i s c h e n d i e s e n Rechtsordnungen bestehen Unterschiede.13 D a s f r a n z ö s i s c h e R e c h t regelt d i e Abtretung i m Z u s a m m e n h a n g mit d e m Kaufrecht. D e r Kaufvertrag bildet e i n e E i n h e i t mit d e m Abtretungsvertrag. N a c h d e m K o n s e n s p r i n z i p f i n d e t e i n e U n t e r s c h e i d u n g b z w . Trennung z w i s c h e n V e r p f l i c h t u n g und V e r f ü g u n g grundsätzlich nicht statt, so dass d i e W i r k s a m k e i t der Abtretung untrennbar mit der W i r k s a m k e i t d e s K a u f v e r t r a g e s v e r b u n d e n ist. D a für d i e Abtretung grundsätzlich das K o n 12

Vgl. zum Verhältnis zwischen der Abtretung und dem ihr zu Grunde liegenden Rechtsgeschäft allgemein Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 66. 13 Nach dem deutschen Recht ist gemäß dem Abstraktionsprinzip die Rechtsgültigkeit des Abtretungsvertrages (der Abtretung) grundsätzlich unabhängig von dem Grundgeschäft (z.B. Kauf, Schenkung, Auftrag, Sicherungsabrede); vgl. nur Rohe in Bamberger/Roth BGB § 398 Rn. 27; G. Roth in MünchKomm BGB 4 § 398 Rn. 25; Busche in Staudinger Einl zu §§ 398 ff. Rn. 20. Nach dem österreichischen Recht ist gemäß der kausalen Tradition die Rechtswirksamkeit der Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft abhängig von einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft). Vgl. Ertl in Rummel II/3 3 § 1392 Rz. 1 m.w.N. S. jedoch Ehrenzweig, System II/l 2 , 258: „Dem übernommenen Schuldner gegenüber ist die Abtretung gleichwohl in der Regel ein abstraktes Geschäft.", weshalb zwischen dem kausalen Innen- und dem abstrakten Außenverhältnis zu unterscheiden sei. Ihm folgend Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil 2 , 178. Bejaht man mit der h.A. (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II12, 118; Ertl in Rummel II/3 3 § 1396 Rz. 1 m.w.N.) die Zulässigkeit der Einwendung der Unwirksamkeit des Grundgeschäftes (Titels), so wird der Unterschied zwischen einer „im Außenverhältnis" abstrakten Zession des ABGB und einer „echten" abstrakten Zession erkennbar, denn der Schuldner kann mit der Einwendung, dass der Zession kein Titel zugrunde liegt, zu Recht die Zahlung gegenüber dem Zessionar verweigern. Vgl. auch Rahmatian, Der Bereicherungsausgleich in Zessionslagen (1996) 51 f. Nach dem schweizerischen Recht ist es umstritten, ob die Abtretung kausaler oder abstrakter Natur ist. In der Lehre wird diese Frage unterschiedlich beantwortet. Das Bundesgericht hat sich in älteren Entscheidungen für die Abstraktheit der Zession ausgesprochen (BGE 67 II 127 E. 4), hat jedoch später diese Frage offen gelassen (BGE 84 II 355, 363). Vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit 620 f.; Stauder/Stauder-Bilicki in HadHonsell/Vogt/Wiegand, ding/Schneider, Forderungsabtretung 767 (770); Girsberger in Obligationenrecht I 3 Art. 164 Rn. 22 ff.; Rey in Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Obligationenrecht II 8 Rn. 3710 ff.; Honsell, Tradition und Zession - kausal oder abstrakt?, in: Bucher u.a. (Hrsg.), Norm und Wirkung, Beiträge zum Privat- und Wirtschaftsprivatrecht aus heutiger und historischer Perspektive, Festschrift für Wolfgang Wiegand zum 65. Geburtstag (2005) 349 (367 ff.).

1. Kapitel:

ZessÜ

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sensprinzip gilt, erfolgt mit dem Kaufvertrag, sobald sich die Vertragsparteien über die Forderung und den Preis einigen, auf Grund der dinglichen Wirkung des Vertrages unmittelbar die Übertragung der Forderung auf den Zessionar (der Forderungsübergang erfolgt also solo consensu, jedoch nur mit Wirkung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar). In der französischen Judikatur und Lehre ist unstrittig, dass trotz der Regelung der Abtretung im Abschnitt über das Kaufrecht auch andere Vertragstypen als „causa" der Abtretung dienen können. 14 Das italienische Recht hingegen regelt die Abtretung im Allgemeinen Schuldrecht. Das Grundgeschäft und der Abtretungsvertrag bilden ein einheitliches Rechtsgeschäft. Nach dem im italienischen Recht geltenden Konsensprinzip erfolgt der Übergang der Forderung - mit Wirksamkeit inter partes - unmittelbar mit dem Abschluss des kausalen Abtretungsvertrages. Da ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt, ist die Wirksamkeit des Abtretungsvertrages an die Wirksamkeit des Grundgeschäftes geknüpft. 15 Das spanische Recht regelt die Abtretung ebenso wie das französische Recht im Kaufrecht, wobei allgemein anerkannt ist, dass auch andere Verträge einen gültigen Rechtsgrund (causa) für die Abtretung bilden können. Obwohl begrifflich zwischen einem Verpflichtungsgeschäft (titulo) und einem Verfügungsgeschäft (modo) differenziert wird, ist nach h.M. von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen. Die abzutretende Forderung geht mit Wirksamkeit inter partes mit der Einigung der Zessionsparteien im Grundgeschäft ohne weiteres auf den Zessionar über. 16 Das englische Recht trifft keine Unterscheidung zwischen einem Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar geht die Forderung mit dem Zugang der Erklärung des Zedenten, die Forderung an den Zessionar abzutreten, auf Letzteren über. Nach Common Law ist der Forderungsübergang im Innen-

14 Vgl. zum französischen Recht Stadler, Gestaltungsfreiheit 31 f., 621 f., die darauf hinweist, dass die meisten Autoren den Begriff „Abtretungsvertrag" als Synonym für das die Forderung übertragende Verpflichtungsgeschäft verwenden und so eine Feststellung vermeiden, ob es sich dabei um einen Kaufvertrag oder eine andere Verpflichtung handelt. Vgl. auch Ferid, Das Französische Zivilrecht I: Allgemeine Lehren, Recht der Schuldverhältnisse (1971) 568; Blaise/Desgorces in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 245 (248 f., 251). 15 Vgl. Dolmetta/Portale in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 339 (345). 16 Vgl. Reichmann in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 597 (600, 607 m.w.N.); Mangold, Abtretung im Europäischen Kollisionsrecht: unter besonderer Berücksichtigung des spanischen Rechts (2001) 11 ff., 19.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

Verhältnis an die Schriftform der Abtretungserklärung des Zedenten gebunden; dies gilt jedoch nicht für eine Abtretung nach Equity-Recht. 17 Im US-amerikanischen Recht wird zwar eine begriffliche Trennung zwischen der Abtretung als Übertragung einer Forderung („assignment") und dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft vorgenommen, Überlegungen zum Verhältnis zwischen dem Grundgeschäft und der Abtretung fehlen jedoch. Die Forderung geht über, sobald dies dem Willen der Parteien entspricht, somit nicht notwendigerweise automatisch mit dem Abschluss des Grundgeschäftes. 18 Die verabschiedete Definition des zentralen Begriffes „Abtretung" versucht dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Verfasser unterschiedliche dogmatische Ansätze der einzelnen Rechtsordnungen in Bezug auf das Rechtsinstitut der Abtretung vereinheitlichen wollten, ohne jedoch in die Rechtsdogmatik einzelner Rechtsordnungen eingreifen zu wollen. 19 Grundsätzlich werden daher unterschiedliche dogmatische Konstruktionen der rechtsgeschäftlichen Übertragung einer Forderung vom Zedenten auf den Zessionar - bei Vorliegen sämtlicher Anwendungsvoraussetzungen - vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasst, sofern diese Konstruktionen nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht als zulässig anerkannt werden. Das Ziel einer dogmatisch einheitlichen Ausgestaltung der Abtretung sowie einer entsprechenden Definition wäre wohl unrealistisch und damit unerreichbar gewesen. 17 Vgl. Einsele, Das Internationale Privatrecht der Forderungszession und der Schuldnerschutz, ZVglRWiss 1991, 1 (10); Carl in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 197 (201): „Eine Annahmeerklärung der Abtretung durch den assignee ist nicht erforderlich, da die äußere Manifestation des legal assignment in einer einseitigen Verfügungserklärung besteht." 18 Vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit 44 f., 625 f. m.w.N., die zudem darauf hinweist, dass das Grundgeschäft bei der Darstellung der notwendigen Voraussetzungen einer wirksamen Forderungsabtretung nicht genannt wird. 19 So Brink, Uncitral Konvention 9, welcher hofft, dass sich die Dogmatiker beider Rechtsmeinungen [gemeint sind das Konsensprinzip einerseits und das Trennungsprinzip andererseits] wiederfinden, zumindest jedoch anerkennen werden, dass der pragmatische Ansatz der Verfasser es ihnen ermöglicht, in ihren jeweiligen Kategorien weiter zu denken. Horn, Die UN-Konvention über Forderungsabtretungen als Einheitsrecht, in: Bucher u.a. (Hrsg.), Norm und Wirkung, Beiträge zum Privat- und Wirtschaftsprivatrecht aus heutiger und historischer Perspektive, Festschrift für Wolfgang Wiegand zum 65. Geburtstag (2005) 373 (377), merkt vor dem Hintergrund der deutschen Rechtsordnung zum Konzept des Rechtsgeschäftes nach dem ZessÜ an: „Weniger deutlich ist die der deutschen Schuldrechtsdogmatik vertraute Unterscheidung von dinglichem Verfügungsvertrag (i.S. § 398 BGB) und zugrunde liegendem Verpflichtungsgeschäft."; nach Grau, Rechtsgeschäftlichte Forderungsabtretungen 41, haben sich die Verfasser des ZessÜ bemüht, „keinen eigenen Abtretungstyp für den internationalen Bereich zu schaffen", vielmehr sollen alle bereits bestehenden und künftig zu entwickelnden Abtretungstypen erfasst werden.

1. Kapitel: ZessÜ

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In B e z u g auf d i e Rechtsnatur der Abtretung ist daher festzuhalten: D i e s e Frage wird v o m Z e s s Ü nicht geregelt. D a s o m i t e i n v o m Z e s s Ü nicht g e r e g e l t e r G e g e n s t a n d vorliegt, ist d i e s e Frage i m E i n z e l f a l l nach d e m j e w e i l s a n w e n d b a r e n nationalen R e c h t zu beurteilen. 2 0 D a s Z e s s Ü ist s o w o h l auf e n t g e l t l i c h e als auch auf u n e n t g e l t l i c h e Abtret u n g e n anwendbar, w e i l Art. 2 lit. a Z e s s Ü i n s o w e i t k e i n e E i n s c h r ä n k u n g vorsieht. 2 1 A u s d e m B l i c k w i n k e l der Praxis betrachtet hat d i e s e Frage keine R e l e v a n z , da Forderungsabtretungen i m R a h m e n d e s internationalen H a n d e l s b z w . bei d e n j e n i g e n grenzüberschreitenden F i n a n z i e r u n g s g e s c h ä f ten, w e l c h e d i e V e r f a s s e r d e s Z e s s Ü vor A u g e n hatten, g e g e n Entgelt vorg e n o m m e n werden. 2.

Zweck

der

Abtretung

Art. 2 lit. a Satz 1 Z e s s Ü definiert d i e Abtretung als r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e Übertragung d e s vertraglichen A n s p r u c h s d e s Z e d e n t e n auf Z a h l u n g e i n e s G e l d b e t r a g e s an d e n Zessionar. Zu w e l c h e m Z w e c k e i n e Forderung übertragen wird, l e g t Art. 2 lit. a Satz 1 Z e s s Ü nicht fest. G r u n d s ä t z l i c h k ö n n e n daher bereits nach Art. 2 lit. a Satz 1 Z e s s Ü s o w o h l A b t r e t u n g e n zu Til-

20

Ist diesbezüglich das österreichische Recht heranzuziehen, so ist die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung untrennbar mit der Wirksamkeit des Titelgeschäftes (Verpflichtungsgeschäftes, Grundgeschäftes) verbunden. D.h. eine titellose Zession ist unwirksam und das ZessÜ gelangt mangels Forderungsabtretung nicht zur Anwendung. Nach Ansicht von Vogt/Kremslehner, Die UNCITRAL-Konvention über internationale Forderungsabtretungen und Bemerkungen aus österreichischer Sicht, ecolex 2000, 190 (193) und Lukas, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Zessionsrecht?, ÖBA 2000, 501 (505), ermöglicht das ZessÜ die Wirksamkeit titelloser Zessionen, was ein Hindernis für die Ratifikation des ZessÜ durch Österreich darstellen könnte. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Da das ZessÜ die dogmatische Konstruktion der Abtretung nicht regelt, entscheidet es auch nicht über die Zulässigkeit einer titellosen Zession. Diese Frage ist nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht zu lösen. Ist die Abtretung nach französischem oder italienischem Recht zu beurteilen, so bewirkt die Unwirksamkeit des Kaufvertrages (Grundgeschäftes) ebenfalls die Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages, da ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt. Ist hingegen deutsches Recht diesbezüglich maßgebend, so ist die Rechtsgültigkeit der Abtretung zwar grundsätzlich unabhängig von der Rechtsgültigkeit des Grundgeschäftes zu beurteilen. (D.h. auch vor einem österreichischen Gericht wäre die Wirksamkeit einer titellosen Abtretung anzuerkennen, sofern diese Frage nach dem deutschen Recht zu lösen ist.) Jedoch kann sich im Einzelfall aus dem Parteiwillen ergeben, dass die Parteien das Grundgeschäft und den Abtretungsvertrag als einheitliches Rechtsgeschäft gewertet haben oder ein wirksames Grundgeschäft Bedingung für eine wirksame Abtretung ist. Vgl. nur Rohe in Bamberger/Roth BGB § 398 Rn. 27; G. Roth in MünchKomm BGB 4 § 398 Rn. 25; Busche in Staudinger Einl zu §§ 398 ff. Rn. 21 f. 21 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 26.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti)

g u n g s z w e c k e n ( V o l l a b t r e t u n g ) 2 2 als auch Forderungsabtretungen z u S i c h e r u n g s z w e c k e n d e m A n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Z e s s Ü unterliegen. 2 3 V o r d e m Hintergrund, d a s s e i n e r s e i t s Abtretungen zu S i c h e r u n g s z w e c k e n n a c h den e i n z e l n e n R e c h t s o r d n u n g e n unterschiedlich ausgestaltet sind u n d nicht n o t w e n d i g e r w e i s e darin b e s t e h e n , dass der Z e s s i o n a r V o l l i n h a b e r der Forderung wird, und andererseits Forderungsabtretungen zu S i c h e r u n g s z w e c k e n v o m A n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Z e s s Ü j e d e n f a l l s erfasst w e r d e n sollen, erweitert Art. 2 lit. a Satz 2 Z e s s Ü den B e g r i f f der „Abtretung" für den A n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Z e s s Ü , i n d e m er b e s t i m m t , dass auch d i e B e g r ü n dung v o n R e c h t e n an F o r d e r u n g e n als Sicherheit für S c h u l d e n o d e r andere V e r b i n d l i c h k e i t e n als Ü b e r t r a g u n g einer Forderung gilt. 2 4 D a m i t w e r d e n nicht nur S i c h e r u n g s z e s s i o n e n , sondern b e i s p i e l s w e i s e auch r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e V e r p f ä n d u n g e n v o n Forderungen 2 5 v o m Z e s s Ü erfasst. D i e s ist v o n erheblicher B e d e u t u n g , da e i n i g e R e c h t s o r d n u n g e n d i e A b t r e t u n g zu S i c h e r u n g s z w e c k e n ablehnen, j e d o c h die V e r p f ä n d u n g v o n Forderungen

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Bazinas, UNCITRAL's Contribution to the Unification of Receivables Financing Law: the United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (51), spricht von „pure outright transfers"; Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (731), verwenden dafür den Begriff „true sale" of the receivable. 23 Vgl. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 28: „... outright transfers, including those made for security purposes, ...". S. Bazinas, Multi-Jurisdictional receivables financing: UNCITRALS's impact on securitization and cross-border perfection, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (367): „It includes ... the transfer of full property in receivables, whether for security purposes or not." Vgl. auch Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (731), über die Abtretung zu Sicherungszwecken („transfer of ownership of a receivables for security purposes"): „This technique is available in some countries, most notably Germany. Under U.C.C. Article 9, a transfer of ownership for security purposes creates a security interest that secures an obligation."; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (280). 24 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 28; Sigman/Smith, The Draft UNCITRAL Convention on Assignment of Receivables in International Trade: A Summary of the Key Provisions as Completion draws near, U.C.C.L.J. 2001, 344 (346), die darauf hinweisen, dass das ZessÜ den Begriff „Abtretung" verwendet, um sowohl eine Übertragung der Forderung zu Sicherungszwecken („for security purposes") als auch eine vollständige Übertragung („true sale") zu erfassen. 25 Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (280). Vgl. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 27. Die Definition des Begriffes „Abtretung" hat während der Ausarbeitung - vorübergehend - den ausdrücklichen Hinweis auf das Pfandrecht enthalten; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/434, Rn. 70. Die Streichung erfolgte, um eine Fehlinterpretation der Definition, nicht aufgezählte Praktiken der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung seien vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen, zu vermeiden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 151.

1. Kapitel: ZessÜ

65

z u l a s s e n . 2 6 In anderen Staaten w i e d e r u m ist e i n e F o r d e r u n g s v e r p f ä n d u n g in der Praxis üblicher als e i n e Abtretung zu S i c h e r u n g s z w e c k e n . 2 7 J e d e n f a l l s f o l g t aus einer isolierten Betrachtung d e s Art. 2 lit. a Satz 1 und 2 Z e s s Ü , dass d e m g e g e n s t ä n d l i c h e n Ü b e r e i n k o m m e n e i n w e i t e r Abtret u n g s b e g r i f f z u g r u n d e liegt. 2 8 A u f Grund der in den e i n z e l n e n nationalen R e c h t s o r d n u n g e n b e s t e h e n den U n t e r s c h i e d e in der rechtlichen Konstruktion einer Forderungsübertrag u n g äußert sich das Z e s s Ü nicht zur Frage, unter w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n e i n e Übertragung i.S.d. Art. 2 lit. a Satz 1 und unter w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n e i n e Übertragung i.S.d. Art. 2 lit. a Satz 2 Z e s s Ü v o r l i e g t . 2 9 D i e rechtliche Z u o r d n u n g der e i n z e l n e n E r s c h e i n u n g s f o r m e n hat nach d e m j e w e i l s a n w e n d b a r e n nationalen R e c h t zu e r f o l g e n . D . h . , o b die k o n k r e t e Forderungsabtretung e i n e Abtretung z u T i l g u n g s z w e c k e n , e i n e S i c h e r u n g s z e s s i o n oder e i n e F o r d e r u n g s v e r p f ä n d u n g darstellt, ist nach d e m j e w e i l s a n w e n d b a r e n R e c h t zu beurteilen. D a s Z e s s Ü enthält allerdings e i n e k o l l i s i o n s r e c h t l i c h e V o r s c h r i f t für d i e B e s t i m m u n g d e s m a ß g e b e n d e n

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Nach dem niederländischen Recht ist eine „Sicherung" kein gültiger Rechtsgrund für die Übertragung einer Forderung; auf Grund des kausalen Systems scheidet eine wirksame Forderungsübertragung zur Sicherung daher aus. Vgl. Reehuis in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 469 (472 ff.). Für eine wirksame Forderungsverpfändung s. Wessels, Pfandrecht nach niederländischem Recht, ZEuP 1996, 425 (434 f.). Im spanischen Recht wird eine Sicherungsabtretung überwiegend abgelehnt, vor allem mit der Begründung, dass der Sicherungszweck eine volle Übertragung der Forderung nicht rechtfertige. In der Regel wird von einer Forderungsverpfändung ausgegangen; vgl. Reichmann in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 597 (608); Mangold, Abtretung 1. Für das belgische Recht ist es umstritten, ob eine Sicherungszession zulässig ist oder ob lediglich eine Verpfändung der Forderung in Betracht kommt. Vgl. Foriers/Gregoire in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 135 (144 ff.). 27 So für das schwedische Recht Hastad in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 567 (568). Im bulgarischen Recht ist „die Sicherungsabtretung von Forderungen bisher unbekannt geblieben."; so Gerdjikov/Takoff in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 627 (629). 28 Dies entspricht der Absicht der Verfasser, nicht nur die „klassische" Abtretung, sondern auch andere Geschäftspraktiken zu erfassen, welche die Übertragung von Forderungen zum Gegenstand haben. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 27. 29 S. die Feststellung im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 28: „... an assignment by way of security could possess attributes of an outright transfer, while an outright transfer might be used as a security device."

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Rechts. Gemäß Art. 22 i. V.m. Art. 5 lit. g ZessÜ 3 0 ist das Recht jenes Staates maßgebend, in dem der Zedent seine Niederlassung hat.31 In diesem Zusammenhang ist noch hervorzuheben, dass die Vorschriften des ZessÜ unabhängig davon gelten, wie die Forderungsabtretung im konkreten Fall zu qualifizieren ist. 32 Allerdings ist der Zweck einer Forderungsabtretung im Rahmen des ZessÜ nicht gänzlich ohne Bedeutung. 33 Erfolgt nämlich die Abtretung zu persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffenden Zwecken des Zessionars, so ist eine solche Abtretung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen. 34 Von dieser Ausnahme abgesehen, ist es für den Anwendungsbereich des ZessÜ jedoch unerheblich, zu welchem Zweck eine Forderungsabtretung vorgenommen wird. 35 Beispielsweise kann ein Forderungsübergang ausschließlich zu Zwecken der Einziehung von Forderungen (Inkassozession), zur Buchführung von Forderungen oder aber zu Finanzierungszwecken (mit oder ohne Delkredere) erfolgen. 3.

Vertraglicher

Übergang

Das ZessÜ erfasst, wie bereits erwähnt, ausschließlich die auf einem Vertrag beruhende Übertragung von Forderungen („transfer by agreement"). Durch die Definition gemäß Art. 2 lit. a ZessÜ werden auch jene Fälle vom

30

S. Art. 5 lit. g ZessÜ: „... ob es eine Sicherheit für eine Schuld oder eine andere Verpflichtung ist ..." 31 Walsh, Receivables Financing and the Conflict of Laws: The UNCITRAL Draft Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (193 f.). 32 Lediglich Art. 14 Abs. 3 ZessÜ nimmt auf die Besonderheiten einer Abtretung zur „Begründung von Rechten an Forderungen als Sicherheit für Schulden oder andere Verbindlichkeiten" Bezug, in dem er bestimmt, dass der Zessionar nicht mehr als den Wert seines Rechts an der Forderung behalten kann. 33 Insoweit ungenau Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25: „... the ... Convention does not refer to the purpose of an assignment...". 34 Vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, IV.A. Zur Frage, ob Abtretungen von Forderungen aus Verträgen mit Verbrauchern erfasst sind, s. 2. Teil, 1. Kapitel, IV.D. 35 Dieses Erfordernis war zunächst vorgesehen, ist jedoch gestrichen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Art. 2 Abs. 2: „Assignment of receivables means the transfer, ... from one party (,assignor') to another party who provides financing to the assignor (.assignee') ..." oder Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WP.96, Art. 2 Abs. 1: ... „provided that the transfer is made against value, credit or related services given or promised by the assignee ...". Für die Streichung war ausschlaggebend, dass sich das ZessÜ überwiegend mit der Abtretung als Übertragung des Forderungsrechts und nur ausnahmsweise mit dem der Abtretung zugrunde liegenden Vertrag (z.B. Finanzierungsvertrag) befasst, vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/456, Rn. 39.

1. Kapitel: ZessÜ

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Z e s s Ü erfasst, in d e n e n das Forderungsrecht auf Grund einer vertraglichen S u b r o g a t i o n 3 6 v o m alten auf d e n n e u e n Gläubiger übergeht. 3 7 H i n g e g e n sind L e g a l z e s s i o n e n oder andere, nicht auf e i n e m Vertrag beruhende A b tretungen ( z . B . gerichtliche F o r d e r u n g s p f ä n d u n g ) v o m A n w e n d u n g s b e reich d e s Z e s s Ü a u s g e s c h l o s s e n . 4.

Formgebot

für die

Abtretung

D i e D e f i n i t i o n der Abtretung i m Art. 2 lit. a Z e s s Ü enthält k e i n e A n h a l t s punkte für d i e B e a n t w o r t u n g der Frage, o b bei der Ü b e r t r a g u n g e i n e s Forderungsrechts b e s t i m m t e F o r m e r f o r d e r n i s s e zu b e a c h t e n sind. D i e V o r schrift d e s Art. 8 Z e s s Ü beschränkt sich auf die materiellrechtliche Wirk-

36 Der Eintritt einer Person (Zessionar), welche die Schuld eines anderen erfüllt (Zedent), an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers (Zedenten) ist ein funktionelles Äquivalent zur Abtretung. Die vertragliche Subrogation ist vor allem in Frankreich von großer praktischer Bedeutung. Die „Subrogation conventioneile" (Art. 1251 Code Civil) muss ausdrücklich sowie gleichzeitig mit der Erfüllung erfolgen und setzt keine Abtretungsanzeige an den Schuldner oder dessen Annahme voraus; die Forderungsübertragung im Wege der „Subrogation conventionelle" ist somit - im Gegensatz zur Forderungsabtretung nach Art. 1689 Code civil - ohne Einhaltung der genannten Voraussetzung (Anzeige oder Annahme) gegenüber dem Schuldner und auch gegenüber Dritten wirksam. Vgl. Ferid, Das Französische Zivilrecht I 570; Sonnenberger, Affacturage (Factoring) und Zession im deutsch-französischen Recht, IPRax 1987, 221 (224); Stadler, Gestaltungsfreiheit 623f.; Blaise/Desgorces in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 245 (261 ff.). Auch das spanische Recht kennt ein Rechtsgeschäft, bei dem die Parteien vereinbaren, dass ein neuer Gläubiger an die Stelle des alten Gläubigers tritt. Der Rechtsgrund des Gläubigerwechsels ist die Erfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber dem bisherigen Gläubiger. Die „subrogación convencional" (Art. 1209, 1210 Código Civil) kann sowohl zwischen dem Altgläubiger (Zedenten) und dem Neugläubiger (Zessionar) als auch zwischen dem Neugläubiger (Zessionar) und dem Schuldner vereinbart werden. Im zuletzt genannten Fall kann dem Zedenten (Altgläubiger) durch Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zessionar ein Übergang der Forderung aufgezwungen werden. Diese Form der Forderungsübertragung entspricht m.E. nicht dem Art. 2 lit. a ZessÜ, da dieser einen Forderungsübergang auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar voraussetzt. Vgl. allgemein zur „subrogación convencional" Reichmann in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 597 (599 f., 602); Mangold, Abtretung 8 f. 37 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 27. Die Definition des Begriffes „Abtretung" hat während der Ausarbeitung - vorübergehend - den ausdrücklichen Hinweis auf die vertragliche Subrogation enthalten; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 70. Die Streichung erfolgte, um eine Fehlinterpretation der Definition, nicht aufgezählte Praktiken der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung seien vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen, zu vermeiden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 151. S. auch Bazinas, UNCITRAL's Work in the field of secured transactions, in: Norton/Andenas (Hrsg.), Emerging Financial Markets and Secured Transactions (1998) 211 (215).

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

samkeit. 38 Nach diversen Änderungen in den einzelnen Entwürfen enthält das ZessÜ eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Form des Abtretungsvertrages (Art. 27 ZessÜ) und eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Bestimmung des Rechts, nach welchem zu beurteilen ist, ob für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten (Priorität), beispielsweise gegenüber Gläubigern des Zedenten oder gegenüber dem Masseverwalter des Zedenten, Formerfordernisse zu beachten sind. 39

B. Die „Forderung" 1.

Zahlung einer

Geldsumme

Gegenstand des ZessÜ ist die Abtretung von Forderungen, weshalb eine Vertragsübernahme, die nicht nur die Übertragung eines Forderungsrechts, sondern des gesamten Schuldverhältnisses umfasst, nicht nach dem ZessÜ zu beurteilen ist. Gemäß der in Art. 2 lit. a Satz 1 ZessÜ enthaltenen Definition ist eine „Forderung" ein vertraglicher Anspruch des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrages („assignor's contractual right to payment"). Aus dieser Definition folgt, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um von einer Forderung i.S.d. ZessÜ sprechen zu können. Erstens: Mit der Forderung des Zedenten muss ein Recht auf Zahlung einer Geldsumme verbunden sein. Die Abtretung von Sachleistungsansprüchen, Dienstleistungsansprüchen oder Gestaltungsrechten (z.B. Anspruch auf Erfüllung, Recht auf Vertragsaufhebung 4 0 ) stellt daher keine Abtretung von Forderungen i.S.d. ZessÜ dar. Allerdings unterstehen ursprünglich nicht monetäre Rechte, die sodann in monetäre Forderungsrechte umgewandelt werden (beispielsweise Schadenersatzforderung wegen Verstoßes gegen einen vertraglichen Anspruch auf eine Sach- oder Dienstleistung) wiederum dem Anwendungsbereich des ZessÜ. Vom Schuldner zurückgegebene Waren können unter der Voraussetzung des Art. 14 Abs. 1 oder Abs. 2 ZessÜ - jedenfalls im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar (s. Art. 14 Abs. 1 ZessÜ) - eine Forderung i.S.d. Art. 2 lit. a ZessÜ darstellen. 41 Bereits in diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zahlreiche Forderungen, welche dem Zessionar einen 38

Ausführlich 3. Teil, 1. Kapitel, II. Zur Formfrage s. ausführlich 3. Teil, 1 Kapitel, U.E. 40 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 22. Das Nichteinbeziehen von Gestaltungsrechten in den Begriff der Forderung wurde damit begründet, dass eine Abtretung derselben in der Praxis nicht häufig vorkomme und das ZessÜ im Hinblick auf die Abtretung von Geldforderungen ausgearbeitet worden sei. 41 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 32; Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (51). 39

I. Kapitel:

ZessÜ

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Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme gewähren, auf Grund der Vorschrift des Art. 4 ZessÜ, der einen umfangreichen Katalog an Ausnahmen enthält, vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen sind. 2.

Vertraglicher

Anspruch

Nach der zweiten Voraussetzung des Art. 2 lit. a Satz 1 ZessÜ muss der Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages auf einer vertraglichen Grundlage zwischen dem Zedenten und dem Schuldner beruhen. Der Vertragstyp ist irrelevant, es werden sowohl Geldforderungen aus Warenlieferungsverträgen, Dienstleistungsverträgen oder Mietverträgen als auch Geldforderungen aus Patenten oder Urheberrechten erfasst. 42 Unerheblich ist auch, ob es sich beim konkreten Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner um einen Verbrauchervertrag handelt, denn es werden auch Geldforderungen aus Verbrauchergeschäften (Verbraucherforderungen) 4 3 vom Forderungsbegriff des ZessÜ erfasst; die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ bezieht sich lediglich darauf, dass eine Abtretung an den Zessionar zu dessen privatem Zweck vorgenommen wird. Aus dem Erfordernis einer vertraglichen Grundlage des Zahlungsanspruchs folgt im Umkehrschluss, dass Forderungen, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, nicht dem Forderungsbegriff des ZessÜ entsprechen. Dies gilt beispielsweise für Steuerforderungen, für Forderungen aus Schiedssprüchen oder aus Entscheidungen staatlicher Gerichte sowie für Forderungen aus deliktischem Schadenersatz oder aus ungerechtfertigter Bereicherung. 44 Ob die Rechtsgrundlage, aus welcher der Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages folgt, eine vertragliche oder gesetzliche ist, ist nach dem auf den Zahlungsanspruch jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, da das ZessÜ keine Definition des Begriffes „contractual right" für die Zwecke des ZessÜ enthält. 45 Der Vorschlag, die Bestimmung des Art. 2 lit. a ZessÜ dahingehend zu ändern, dass nicht aus einem Vertrag resultierende Ansprüche ebenso vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasst werden sollten, bzw. den Vertragsstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, das ZessÜ zusätzlich auf die Abtretung von nichtvertraglichen Ansprüchen anzuwenden, wurde mehrheitlich abgelehnt. Als Argument wurde vor allem vorgebracht, dass 42

Für weitere Beispiele vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 31. Zum Begriff des Verbrauchers i.S.d. ZessÜ s. 2. Teil, 1. Kapitel, IV.A und 2. Teil, 1. Kapitel, IV.D. 44 Sind derartige Forderungen allerdings Teil eines Auseinandersetzungsvertrages (Abfindungsvertrages), so sind sie als Forderungen i.S.d. ZessÜ zu behandeln. So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 31; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (268). 45 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 31. 43

70

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

die Konvention im Hinblick auf die Übertragung vertraglicher Ansprüche konzipiert worden ist, weshalb die Bestimmungen auf die Übertragung derartiger Ansprüche zugeschnitten sind und daher einige Vorschriften für andere Forderungen nicht geeignet sind. 46 3.

Teilabtretungen

und Abtretungen eines ungeteilten

Rechts

Aus der Vorschrift des Art. 2 lit. a ZessÜ ergibt sich, dass eine Abtretung i.S.d. ZessÜ nicht nur bei einer Übertragung des gesamten Anspruchs des Zedenten vorliegt, sondern auch, wenn eine Geldforderung nur zum Teil abgetreten wird oder wenn ein ungeteiltes Recht („undivided interest") des vertraglichen Anspruchs auf Zahlung übertragen wird. 47 Die Teilabtretung und die Abtretung eines ungeteilten Rechts am Zahlungsanspruch werden unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit solcher Abtretungen (Art. 9 ZessÜ) und der schuldbefreienden Leistung des Schuldners (Art. 17 Abs. 6 ZessÜ) vom ZessÜ geregelt. In Art. 2 lit. a ZessÜ, welcher den Begriff „Abtretung" für die Zwecke des ZessÜ definiert, werden diese Abtretungsmöglichkeiten ausdrücklich angeführt, um eventuelle Zweifel darüber, ob das gesamte ZessÜ (insbesondere die Schuldnerschutzvorschriften) auf derartige Abtretungen anwendbar ist, erst gar nicht entstehen zu lassen. 48 Diese Begründung ist m.E. nicht stichhaltig, da das vorgebrachte Argument auch für die Abtretung zukünftiger Forderungen geltend gemacht werden könnte; 49 die Möglichkeit, erst in der Zukunft entstehende vertragliche Ansprüche des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrages abzutreten, wird in Art. 2 lit. a ZessÜ nicht erwähnt, doch ist deren Erfassung durch den Anwendungsbereich des ZessÜ ebenso unbestritten wie die Geltung der Schuldnerschutzvorschriften bei derartigen Abtretungen.

46 Die daraus resultierende Notwendigkeit einer Anpassung der Bestimmungen des ZessÜ wurde schließlich auch aus Zeitgründen abgelehnt. Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 19 sowie Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 42 f. 47 Zur Wirksamkeit einer teilweisen Abtretung eines Forderungsrechts sowie einer Abtretung eines ungeteilten Rechts des vertraglichen Anspruchs s. 3. Teil, 1. Kapitel, II.B.2. 48 Diese Einfügung erfolgte auf Grund der Beratungen von UNCITRAL, vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 20. Der Hinweis auf Teilabtretungen und Abtretungen eines ungeteilten Rechts war bereits - vorübergehend - in einem Entwurf vorhanden, vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 62 und 67. 49 Die Abtretung zukünftiger Forderungen war in einem Entwurf Teil der Begriffsdefinition „Abtretung", vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 62 und

66.

1. Kapitel:

4.

ZessÜ

71

Mehrheit von Personen und Forderungen

Art. 2 lit. a ZessÜ verwendet für die Bezeichnung der an einer Abtretung beteiligten Personen - Zedent, Zessionar und Schuldner - die Einzahl. 5 0 Damit sollen aber keinesfalls Abtretungen vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen werden, an denen Personenmehrheiten beteiligt sind. Dies gilt sowohl für die Position des Zedenten als auch jene des Zessionars. Aber auch die Abtretung einer auf Vertrag beruhenden Geldforderung, die dem Zedenten gegenüber einem aus mehreren Personen bestehenden Schuldner zusteht, entspricht dem Begriff der Abtretung nach Art. 2 lit. a Satz 1 ZessÜ. 51 Besteht der Schuldner, der Zedent oder der Zessionar aus einer Personenmehrheit, die ihre Erklärungen durch einen Stellvertreter abgibt, so sind die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen einer solchen Vertretung nach dem - mithilfe der kollisionsrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden - jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 52 Vollmachtsfragen werden vom Regelungsgegenstand des ZessÜ nicht erfasst und daher nicht geregelt. Als Zedent i.S.d. ZessÜ kommen sowohl natürliche als auch juristische Personen 53 (beispielsweise auch Behörden 54 ) in Betracht. Dies gilt ebenso für die Person des Zessionars und des Schuldners. Vom Anwendungsbereich des ZessÜ werden daher grundsätzlich auch Abtretungen zwischen natürlichen Personen, die sich auf Forderungen gegen eine natürliche Person beziehen, erfasst. Die Tatsache, dass es sich beim Zedenten, Zessionar oder Schuldner allenfalls um einen Verbraucher handelt, bewirkt für sich allein noch nicht die Unanwendbarkeit des ZessÜ. Vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind lediglich jene Abtretungen, die an einen Zessionar für ihren persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffenden Zweck erfolgen (Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ). Die Abtretung von Geldforderungen gegen einen Verbraucher an einen Zessionar zu unternehmerischen (kommerziellen) Zwecken unterliegt somit dem ZessÜ. Der Schutz des Verbrauchers als Schuldner soll durch die Bestimmung des Art. 1 Abs. 3

50

Art. 2 lit. a Satz 1: „... from one person ... to another person ... a third person ...". Dass die Verwendung der Einzahl auch die Mehrzahl erfasst, wird wohl kaum angezweifelt werden, stellt doch die Frage, durch wie viele Personen eine Abtretung vorgenommen wird, kein die Abtretung charakterisierendes Element dar. Trotzdem enthält der Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 30 und 37, den Hinweis, dass der Singular auch den Plural und vice versa umfasst. 52 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 30. 53 Die Rechtsfähigkeit einer Person ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen; ebenso, ob es sich bei der konkreten juristischen Person um eine juristische Person des privaten oder des öffentlichen Rechts handelt. 54 Art. 4 0 ZessÜ selbst erwähnt zentrale und lokale Regierungen, Unterabteilungen derselben oder zu einem öffentlichen Zweck gegründete Rechtsträger. 51

72

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

ZessÜ 5 5 und insbesondere durch die Bestimmungen der Art. 15 bis 21 ZessÜ des ZessÜ sichergestellt werden. 5.

Mehrzahl von

Forderungen

Für den Gegenstand der Abtretung - Anspruch des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrages - gilt das zu den an der Abtretung beteiligten Personenmehrheiten Gesagte. Selbstverständlich umfasst die Legaldefinition des Begriffes Abtretung in Art. 2 lit. a Satz 1 ZessÜ auch die gleichzeitige Abtretung mehrerer Forderungen. 56 Bestätigt wird dies durch Art. 8 Abs. 1 ZessÜ, welcher die Wirksamkeit einer Abtretung mehrerer Forderungen (Globalabtretung) regelt. 6.

Bestehende und zukünftige

Forderungen

Das ZessÜ bezieht sich sowohl auf bestehende als auch auf zukünftige Forderungen. Nach der Legaldefinition in Art. 5 lit. b ZessÜ sind „bestehende Forderungen" solche, die bei oder vor dem Abschluss eines Abtretungsvertrages entstehen, „zukünftige Forderungen" hingegen solche, die erst nach diesem Zeitpunkt entstehen. Die Unterscheidung zwischen bestehenden und zukünftigen Forderungen richtet sich somit gemäß Art. 5 lit. b ZessÜ allein nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages, nicht hingegen beispielsweise nach der Fälligkeit der abgetretenen Forderung. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, denn das ZessÜ regelt nicht, in welchem Zeitpunkt ein Vertrag - sei es der Vertrag über die Abtretung oder der Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten, aus dem die abgetretene Forderung resultiert - als abgeschlossen gilt. Getrennt vom Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages ist die Frage zu erörtern, zu welchem Zeitpunkt eine Forderung entsteht. Die in den ersten Entwürfen 5 7 aus Gründen der Rechtssicherheit enthaltene Bestimmung: „A receivable is deemed to arise at the time when the original contract 58 is concluded", ist gestrichen worden, da man davon ausging,

55

Für Art. 1 Abs. 3 ZessÜ vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, U.E. Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 30 wird dies zu Recht lediglich in einem Klammerausdruck erwähnt. 57 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 62 Art. 3 Abs. 4 und Rn. 80; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.93, Art. 5 Abs. 2; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/445, Art. 5 Abs. 2 und Rn. 182. 58 Nach der Legaldefinition in Art. 5 lit. a ZessÜ ist ein Grundvertrag der Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner, aus dem die abgetretene Forderung entsteht. 56

1. Kapitel: ZessÜ

73

dass eine solche Klarstellung nicht erforderlich sei. 59 In der verabschiedeten Fassung enthält das Übereinkommen in Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ („Wirksamkeit der Abtretung") einen der entfallenen Bestimmung entsprechenden Bezug auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages. Aus Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ ergibt sich im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Bestimmbarkeit einer zukünftigen Forderung, dass eine Forderung im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zwischen dem Zedenten und dem Schuldner (Grundvertrag) entsteht. 60 Für den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages als maßgeblichen Zeitpunkt für das Entstehen einer Forderung sprechen auch die Ausführungen im Sekretariatskommentar 61 , nach denen die Differenzierung zwischen einer bestehenden und einer zukünftigen Forderung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages abstellt. Eine Forderung aus einem Grundvertrag, der vor oder im Zeitpunkt des Abtretungsvertrages geschlossen wird, sei eine bestehende Forderung. Insbesondere aus der Feststellung, dass eine Forderung aus einem Grundvertrag, der gleichzeitig mit dem Abtretungsvertrag geschlossen wird, eine bestehende sei, folgt, dass Forderungen mit dem Abschluss des Grundvertrages entstehen. 62 Der Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages ist jedoch, wie bereits ausgeführt, nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 63

59 Die Streichung erfolgte unter Hinweis darauf, dass eine entsprechende Bezugnahme („at the time of the conclusion of the original contract") in Art. 3 und Art. 8 Abs. 2 ZessÜ gegeben sei. In Art. 8 Abs. 2 ZessÜ ist die entsprechende Passage schlussendlich auch gestrichen worden, um Unstimmigkeiten mit einer Vorschrift („Time of assignment"), die später ebenso entfallen ist, zu vermeiden. Die Streichung der entsprechenden Passage erfolgte jedoch nicht, weil man diesen Zeitpunkt in Frage stellen wollte. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.ll/WP. 104, Art. 5 Rn. 1; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.105, Rn. 49; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 93 und 95 und Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 135. 60 Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ: „... in the case of future receivables, at the time of conclusion of the original contract...". 61 UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 59. 62 Vgl. zudem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 39 zu Art. 3: „... while internationality of a receivable is determined at the time of conclusion of the original contract (,at the time it arises')." 63 Die Feststellung im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 131, dass der Zeitpunkt des Entstehens einer Forderung nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen sei, ist zwar im Ergebnis richtig, aber insoweit ungenau, als das ZessÜ m.E. selbst den Zeitpunkt des Entstehens einer Forderung festlegt, allerdings dieser Zeitpunkt dem Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages entspricht, welcher nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu ermitteln ist.

74 7.

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

Zwischenresümee

U n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der s o e b e n dargestellten B e g r i f f e „Abtretung" und „Forderung", s o w i e unter A u ß e r a c h t l a s s u n g des A u s n a h m e k a t a l o g e s in Art. 4 Z e s s Ü , ist der s a c h l i c h e A n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Z e s s Ü als u m f a n g reich zu bewerten. D i e V o l l z e s s i o n und S i c h e r u n g s z e s s i o n einer Forderung o d e r d i e Einräumung e i n e s S i c h e r u n g s r e c h t s an der Forderung kann sow o h l zu F i n a n z i e r u n g s z w e c k e n ( z . B . Projektfinanzierung oder R ü c k z a h l u n g v o n Krediten) als auch zu K r e d i t s i c h e r u n g s z w e c k e n 6 4 e r f o l g e n . D a b e i ist e s unerheblich, o b d i e abgetretenen Forderungen aus Verträgen z w i s c h e n Unternehmern, aus Verträgen z w i s c h e n e i n e m U n t e r n e h m e r und e i n e m Verbraucher o d e r e t w a aus Verträgen mit staatlichen B e h ö r d e n resultieren. D i e V e r f a s s e r des Z e s s Ü hatten bei der B e s t i m m u n g des sachlic h e n A n w e n d u n g s b e r e i c h e s d e s Z e s s Ü vor a l l e m f o l g e n d e B e i s p i e l e aus der Praxis der f o r d e r u n g s g e s t ü t z t e n U n t e r n e h m e n s f i n a n z i e r u n g 6 5 v o r A u g e n : 6 6 Factoring, Forfaiting, Securitization 6 7 und P r o j e k t f i n a n z i e r u n g e n . 6 8

64 S. dazu Wöber, Zum Verhältnis konkurrierender Gläubiger, Bemerkungen aus Bankensicht, in: Bazinas /Lukas (Hrsg.), Das UN-Abtretungsübereinkommen (2005) 59. 65 S. Trager, Towards a predictable law on international receivables financing: The Uncitral Convention, N.Y.U.J. Int'l L. & Pol. 1999, 611 (612): „The term receivables financing is used to describe a broad range of transactions in which cash is raised based on receivables." 66 Für weitere Beispiele der erfassten Geschäftspraktiken mit jeweils kurzer Beschreibung ihres Inhalts s. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 7 bis 13. Aus diesen Beispielen folgt, dass sich die Verfasser des ZessÜ an den Geschäftspraktiken der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung orientiert haben. Vgl. Bazinas in Norton/Andenas, Emerging Financial Markets 211 (215); Kuhn, SZW/RSDA 3/2002, 129 (131 Fn 15). 67 Dabei übertragen Unternehmen (Originator) ihre Forderungen auf eine eigene, abgespaltene Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle), so dass diese Forderungen losgelöst vom Geschäftsrisiko des Originators als Kreditsicherungsmittel verwendet werden können. Die erste Abtretung findet somit im Verhältnis zwischen dem Originator und der Zweckgesellschaft statt, die zweite Abtretung erfolgt durch die Zweckgesellschaft an einen Kreditgeber. Vgl. Schwarcz, The universal language of international securitization, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 285; Trettnak, Forderungsverbriefungen nach USamerikanischem und österreichischem Recht, ÖBA 2003, 397; Danielewsky/Lehmann, Die UNCITRAL-Konvention über internationale Forderungsabtretungen und ihre Auswirkungen auf Asset-Backed-Securities-Transaktionen, WM 2003, 221 (226 ff.). 68 S. zu den einzelnen, vom ZessÜ erfassten Finanzierungsformen etwa Bazinas in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 99 (104 ff.).

1. Kapitel: ZessÜ

75

C. Internationalität 1.

Allgemein

Einheitsrechtliche Ü b e r e i n k o m m e n u m s c h r e i b e n in der R e g e l selbst ihren A n w e n d u n g s b e r e i c h 6 9 , i n d e m s i e b e s t i m m e n , w e l c h e F ä l l e v o n ihren R e g e l n erfasst w e r d e n s o l l e n . 7 0 D i e s e V o r s c h r i f t e n w e r d e n ü b l i c h e r w e i s e als Abgrenzungsnormen bzw. (Rechts-)Anwendungsnormen bezeichnet,71 wobei sich e i n h e i t s r e c h t l i c h e Ü b e r e i n k o m m e n ü b e r w i e g e n d auf internationale, g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e S a c h v e r h a l t e b e s c h r ä n k e n . 7 2 D i e Funktion d i e s e r A b g r e n z u n g s n o r m e n ist e i n e z w e i f a c h e : 7 3 Z u m e i n e n z i e h e n sie e i n e Grenz e z w i s c h e n den v o m konkreten Ü b e r e i n k o m m e n erfassten S a c h v e r h a l t e n und den (rein) innerstaatlichen Sachverhalten, z u m anderen enthalten sie in der R e g e l „versteckt" d i e A u s s a g e , dass in den g e n a n n t e n F ä l l e n das Ü b e r e i n k o m m e n o h n e V o r s c h a l t u n g v o n K o l l i s i o n s r e c h t 7 4 zur A n w e n d u n g g e l a n g e n s o l l . 7 5 Kropholler76 v e r w e n d e t daher, j e nach der Funktion, d i e diese A b g r e n z u n g s n o r m e n a u s ü b e n , den B e g r i f f internationalitätsbestimmende oder k o l l i s i o n s r e c h t l i c h e A b g r e n z u n g s n o r m e n . Derartige R e c h t s a n w e n d u n g s n o r m e n w e i s e n s o m i t e i n e n Doppelcharakter als S a c h n o r m e n ( A b -

69

Eine Ausnahme stellen das Genfer Abkommen über das Internationale Wechselprivatrecht und das Genfer Abkommen über das Internationale Scheckprivatrecht dar. Vgl. zur Anwendung Internationalen Einheitsrechts ohne eigene Anwendungsnormen MeyerSparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 94. 70 Vgl. Lemhöfer, Die Beschränkung der Rechtsvereinheitlichung auf internationale Sachverhalte, RabelsZ 1960, 401; von Caemmerer in FS Hallstein 63 (74); Goode, Reflections on the Harmonization of Commercial Law, in: Cranston/Goode (Hrsg.), Commercial and Consumer Law, National and International Dimensions (1993) 3 (14 f.). 71 Lemhöfer, RabelsZ 1960, 401 (421 Fn 68 „Abgrenzungsregeln"); Zweigert/Drobnig, Einheitliches Kaufgesetz und Internationales Privatrecht, RabelsZ 1965, 146 (152 Fn 19 „räumliche Anwendungsnormen"); von Caemmerer in FS Hallstein 63 (76, 81); Kropholler, Internationales Einheitsrecht 190 f.; Drobnig in FS von Overbeck 15; Kropholler, IPR 5 , 96 f. 72 Lemhöfer, RabelsZ 1960, 401 (413), bezeichnet dies als Beschränkung der Anwendbarkeit des Einheitsrechts nach innen, somit gegenüber den nationalen Sachverhalten (den „internen Verhältnissen der Mitgliedsstaaten") im Gegensatz zur Beschränkung nach außen, also gegenüber Nichtvertragsstaaten. 73 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 190 f.; derselbe, IPR 5 , 448. 74 Vgl. jedoch Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG: „... wenn die Regel des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen.". 75 S. zu diesen Fragenkomplex auch Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht (1981) 232 f.; Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen 88 f.; von Bar/Mankowski, IPR I2 § 2 Rn. 55 bis 61 m.w.N. 76 Kropholler, Der „Ausschluss" des Internationalen Privatrechts im Einheitlichen Kaufgesetz, RabelsZ 1974, 372 (374); derselbe. Internationales Einheitsrecht 191.

76

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

grenzung des Anwendungsbereiches Einheitsrecht - unvereinheitliches Recht) und Kollisionsnormen auf. 77 Ob die vom einheitsrechtlichen Übereinkommen geforderte Internationalität vorliegt, ist grundsätzlich getrennt vom räumlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens zu prüfen. 78 Da es für das Erfordernis der Internationalität zwar unerheblich ist, wo sich ein Sachverhalt verwirklicht, jedoch nicht, wie er inhaltlich beschaffen ist, d.h. ob das vom jeweiligen Einheitsrechtsübereinkommen geforderte internationale Element vorliegt, ist das Erfordernis der Internationalität m.E. im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereiches zu prüfen. 79 Damit wird jedenfalls eine Verwechslung mit den Bestimmungen über den räumlichen Anwendungsbereich vermieden. Dies ist bedeutsam, sofern ein Staat mit territorial gespaltener Rechtsordnung die Geltung eines Übereinkommens durch eine Vorbehaltserklärung auf Teile des Staatsgebietes beschränkt. 80 Zudem erfüllt nicht jeder Sachverhalt, der „international" im Sinne eines Übereinkommens ist, die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen desselben und vice versa. 81 Das ZessÜ zählt zu jenen Übereinkommen des internationalen Einheitsrechts, die ihren Anwendungsbereich selbst bestimmen. Das ZessÜ erfasst, vereinfacht gesagt, Forderungsabtretungen und beschränkt seinen sachlichen Anwendungsbereich auf internationale Sachverhalte. Nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ kann dem Erfordernis der Internationalität (alternativ) in zwei Formen entsprochen werden: Entweder ist die abgetretene Forderung selbst eine internationale Forderung oder die Abtretung als solche hat einen internationalen Bezug. 82 Ob eine Forderung international ist, richtet 77

Von Bar/Mankowski, IPR I2 § 2 Rn. 60 verwenden den - m.E. treffenden - Begriff „janusköpfige Vorschriften". 78 Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 191 f. 79 In den Materialien zum ZessÜ wird die Internationalität des Sachverhaltes begrifflich getrennt vom räumlichen Anwendungsbereich erörtert; vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 15: „There needs to be an element of internationality ... and an element of a territorial connection between certain parties and a Contracting State." 80 Dies setzt eine entsprechende Vorbehaltsmöglicheit voraus; vgl. Art. 93 CISG; Art. 37 ZessÜ und Art. 16 FactÜ. 81 Z.B. ist für die Anwendung des CISG das Vorliegen eines internationalen Kaufvertrages (d.h. Verkäufer und Käufer haben ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten) allein nicht ausreichend. Vgl. Volken, Das Wiener Übereinkommen über den internationalen Warenkauf; Anwendungsvoraussetzungen und Anwendungsbereich, in: Schlechtriem (Hrsg.), Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht (1987) 81 (93), der in diesem Zusammenhang von Kaufgeschäften erster Klasse (diese unterliegen dem CISG) und internationalen Warenkäufen zweiter Klasse spricht. 82 Die Formulierung „Assignments of international receivables and to international assignments of receivables as defined in this chapter" stellt somit den internationalitätsbestimmenden Teil der Anwendungsnorm (Abgrenzungsnorm) des Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ dar.

1. Kapitel:

ZessÜ

11

sich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner. Nach der Legaldefinition des Art. 3 Satz 1 ZessÜ ist eine Forderung international, wenn sich der Zedent und der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages jeweils in verschiedenen Staaten befinden („are located"). Für die Internationalitätsbestimmung einer Forderung werden somit zwei subjektive Anknüpfungsmomente (Niederlassung des Schuldners und des Zedenten in verschiedenen Staaten) verwendet. 83 Den Grundvertrag definiert das ZessÜ, wie bereits erwähnt, als Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner, aus dem die abgetretene Forderung hervorgeht (Art. 5 lit. a ZessÜ). 84 Besteht die Person des Schuldners und des Zedenten aus einer Personenmehrheit, so ist eine Forderung nur dann international i.S.d. Art. 3 Satz 1 ZessÜ, wenn keiner von den Schuldnern seine maßgebende Niederlassung in einem von den Staaten hat, in denen einer der Zedenten niedergelassen ist. 85 Mit anderen Worten: Die Tatsache der Personenmehrheit hat bei der Beurteilung der Internationalität einer Forderung außer Betracht zu bleiben und ist für jedes Rechtsverhältnis gesondert zu beurteilen. Die Anknüpfung der Internationalität einer Forderung an den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages ist gleichbedeutend mit der Anknüpfung an den Zeitpunkt, in dem die Forderung entsteht. Durch die Anknüpfung der Internationalität an den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung sollen sowohl der (potenzielle) Zedent als auch der Schuldner bereits in diesem Zeitpunkt abschätzen können, ob für eine bestimmte Forderungsabtretung das ZessÜ zur Anwendung gelangen werde. 86 Diese Annahme ist jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, nur für bestimmte Fallgruppen zutreffend. 87 Für die Beurteilung der Internationalität einer Abtretung ist hingegen das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar maßgebend. Nach der Legaldefinition des Art. 3 Satz 2 ZessÜ ist eine Abtretung

83

Nach Lemhöfer, RabelsZ 1960, 401 (422), bedarf es für jede Abgrenzung des internationalen vom nationalen Sachverhalt mindestens zweier Anknüpfungsmomente; ebenso Kropholler, Internationales Einheitsrecht 192, der betont, dass für die Internationalitätsbestimmung eine Verknüpfung zu mindestens zwei Staaten erforderlich ist. 84 Handelt es sich bei diesem Grundvertrag um einen Kaufvertrag i.S.d. CISG, so ist für Fragen im Zusammenhang mit dem Grundvertrag die Anwendbarkeit des CISG zu überprüfen. 85 Vgl. für den in der Praxis üblicheren Fall, dass lediglich der Schuldner, nicht jedoch der Zedent aus einer Personenmehrheit besteht UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 225: „... a receivable should be treated as an international receivable if each debtor and the assignor were located in different countries." 86 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 39. 87 Vgl. für einzelne Beispiele 2. Teil, 1. Kapitel, I.C.2. sowie für nachfolgende Abtretungen 2. Teil, 1. Kapitel, III.

78

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti"l

international, sofern sich der Zedent und der Zessionar im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages in verschiedenen Staaten befinden. Auch für die Internationalität einer Abtretung stellt das ZessÜ eine Verknüpfung zwischen zwei Staaten her. 88 Dabei ist die Niederlassung der Parteien maßgebend, der Staatsangehörigkeit (dem Personalstatut) des Zedenten, des Zessionars oder des Schuldners kommt daher keine Bedeutung für die Feststellung der Internationalität einer Abtretung zu. 89 Besteht sowohl die Person des Zedenten als auch diejenige des Zessionars aus einer Mehrzahl von Personen, so ist eine Abtretung i.S.d. Art. 3 Satz 2 ZessÜ nur dann als international zu bewerten, sofern sich keiner von den Zedenten in jenen Staaten befindet, in denen die Zessionare ihre Niederlassung haben. 90 Wiederum gilt: Die Tatsache der Personenmehrheit ist bei der Feststellung der Internationalität einer Abtretung i.d.S. außer Acht zu lassen, als sie für jedes Rechtsverhältnis vorliegen muss. 91 Grundsätzlich gelten die Bestimmungen des ZessÜ ohne Differenzierung sowohl für internationale Abtretungen als auch für internationale Forderungen. 92 Eine Ausnahme stellt jedoch Art. 11 Abs. 3 ZessÜ dar: Lediglich für den Fall einer internationalen Abtretung besteht mangels abweichender Parteienvereinbarung die Vermutung, dass sich der Zedent und der Zessionar bei der Abtretung stillschweigend auf im internationalen Handel bekannte und regelmäßig beachtete Handelsbräuche bezogen haben. 2.

Fallbeispiele zur Internationalität einer Forderung Abtretung nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 ZessÜ

und/oder

Indem das ZessÜ gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ sowohl auf die Abtretung von internationalen Forderungen als auch auf eine internationale Abtretung von Forderungen anzuwenden ist, werden folgenden Fälle einer erstmaligen Forderungsabtretung 93 erfasst: 94 die nationale Abtretung einer

88

Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 192. Dies gilt auch für das FactÜ bzw. für das CISG, wobei das CISG in Art. 1 Abs. 3 CISG eine ausdrückliche Bestimmung darüber enthält. Für das CISG ebenso Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (8 Fn 46). 90 Beispiel: Sind die Zessionare A, B und C in den Staaten X, Y und Z niedergelassen, so liegt eine internationale Abtretung i.S.d. Art. 3 Satz 2 ZessÜ nur vor, wenn die Zedenten I, II und III sich nicht in den Staaten X, Y und Z befinden. 91 Vgl. UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 225: „... in the case of multiple assignees or assignors, the joint ownership should be ignored ...". 92 Nach Ansicht von Wöber in UN-Abtretungsübereinkommen 59 (64) ist die internationale Abtretung im klassischen Kreditgeschäft deutlich seltener als die Abtretung internationaler Forderungen. 93 Nachfolgende Abtretungen werden separat erörtert; vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, III. 89

1. Kapitel:

ZessÜ

79

internationalen Forderung, die internationale Abtretung einer internationalen Forderung und die internationale Abtretung einer nationalen Forderung. Lediglich die (erstmalige) nationale Abtretung einer nationalen Forderung kann nicht unter Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ subsumiert werden. Aus dem Konzept des ZessÜ, nach welchem zwei voneinander unabhängige Möglichkeiten bestehen, um die Voraussetzung der Internationalität zu erfüllen, ergibt sich, dass der Gläubiger (Zedent) einer nationalen Forderung durch die Wahl seines Vertragspartners, des Zessionars, über die Anwendung des ZessÜ entscheiden kann: Bei einer internationalen Abtretung ist das ZessÜ anwendbar, bei einer nationalen bleibt es hingegen beim unvereinheitlichten nationalen Sachrecht. Der Schuldner hat darauf letztlich keinen Einfluss. Während der Verhandlungen war daher Gegenstand der Diskussion, ob dem für die Anwendbarkeit des ZessÜ notwendigen Erfordernis der Internationalität auch durch eine internationale Abtretung entsprochen werden können soll, 95 oder ob es dafür allein auf die Abtretung einer internationalen Forderung ankommen soll, wie dies für das FactÜ bestimmt ist. Dadurch würde die internationale Abtretung nationaler Forderungen nicht dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen. 96 Da jedoch nach Ansicht einiger Vertreter der Arbeitsgruppe der Ausschluss nationaler Forderungen vom Anwendungsbereich des ZessÜ den Ausschluss einer beträchtlichen Anzahl von Forderungen bedeutet hätte und damit den Inhabern dieser Forderungen die Möglichkeit einer forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung versperrt geblieben wäre und die Verfasser des ZessÜ jedenfalls grenzüberschreitende Securitisation-Transaktionen auf der Grundlage von Kundenforderungen aus nationalen Rechtsgeschäften erfassen wollten, 97 wurde schließlich Einigkeit hinsichtlich der weiten, beide Möglichkeiten umfassenden Definition der Internationalität erzielt. 98 Da die Internationalität sowohl durch eine nationale und internationale Abtretung internationaler Forderungen als auch durch eine internationale Abtretung nationaler Forderungen erreicht werden kann, ist nicht immer im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages vorhersehbar, ob das ZessÜ auf eine konkrete Forderungsabtretung anwendbar sein wird. Dies soll anhand folgender Fallbeispiele aufgezeigt werden, wobei mit der Abtretung immer die erste Abtretung einer Forderung gemeint ist.

94

Die Voraussetzung für das Vorliegen des räumlichen Anwendungsbereiches des ZessÜ bleibt im Folgenden außer Betracht. 95 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UNDoc. A/CN.9/432, Rn. 19 ff. 96 Nach Trager, N.Y.U.J. Int'l L. & Pol. 1999, 611 (626), war dies der umstrittenste Punkt im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Internationalität. 97 Vgl. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (324). 98 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 20 und 24.

80

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Bei einer internationalen Globalabtretung ist das ZessÜ stets für sämtliche vom Abtretungsvertrag erfassten Forderungen anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei den bestehenden oder zukünftigen" Forderungen um nationale oder internationale Forderungen handelt, da das Kriterium der Internationalität für sämtliche Forderungsabtretungen durch die Tatsache der jeweiligen Niederlassung der Parteien des Abtretungsvertrages in verschiedenen Staaten erfüllt wird. 100 Bei einer nationalen Globalabtretung bestehender nationaler und internationaler Forderungen ist es im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages ebenfalls erkennbar, welche Forderungsabtretungen dem ZessÜ unterliegen. Aus praktischen Gründen ist es in solchen Fällen empfehlenswert, zwei Abtretungsverträge zu schließen, einen für die Abtretung internationaler, den anderen für die Abtretung nationaler Forderungen. Haben jedoch der Zedent und der Zessionar ihre Niederlassung in ein und demselben Staat und schließen sie einen Vertrag über die Globalabtretung zukünftiger Forderungen des Zedenten, so ist es im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages für den Zedenten und den Zessionar nicht zwangsläufig erkennbar, ob und wenn ja, welche Forderungsabtretungen nach dem ZessÜ zu beurteilen sein werden. 101 Dies kann erst im Zeitpunkt der Entstehung der abgetretenen Forderung bestimmt werden, sobald feststeht, ob der Schuldner seine Niederlassung in ein und demselben Staat wie der Zedent oder in einem anderen Staat als der Zedent hat. 102 Nur im letzten Fall gelangt das ZessÜ zur Anwendung. Wie jedoch die Definition der Internationalität nach dem FactÜ zeigt, kann dieses Problem auch dadurch nicht verhindert werden, dass das Kriterium der Internationalität auf die Abtretung internationaler Forderungen beschränkt wird. 3.

Erkennbarkeit der

Internationalität

Maßgebend - aber auch ausreichend - für das Vorliegen einer internationalen Forderung bzw. einer internationalen Abtretung gemäß Art. 3 Satz 1 99 Für die Legaldefinition der Begriffe „bestehende Forderung" sowie „zukünftige Forderung" s. Art. 5 lit. b ZessÜ. 100 Dieses Beispiel führt auch Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (8 f.), an, um damit die Frage nach der Angemessenheit des weiten Begriffes der Internationalität zu verbinden; derselbe, The UNCITRAL Draft Convention on Assignment in Receivables Financing: Critical remarks on some specific issues, in: Basedow u.a. (Hrsg.), Private Law in the international Arena, From national conflict rules towards harmonization and unification, Liber amicorum Kurt Siehr (2000) 179 (187). 101 Ebenso Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (8 f.); derselbe in Liber amicorum Siehr 179 (186). 102 Diese Frage stellt sich für die erstmalige Abtretung nicht, wenn der Zedent ausschließlich nationale Grundverträge abschließt.

1. Kapitel:

ZessÜ

81

und Satz 2 ZessÜ ist somit die Tatsache der Niederlassung der Parteien des Grundvertrages bzw. des Abtretungsvertrages in verschiedenen Staaten. Daher hat die Internationalität einer Forderung - sofern die sonstigen Voraussetzungen vorliegen - selbst dann die Anwendung des ZessÜ zur Folge, wenn (theoretisch betrachtet) dem Schuldner und dem Zedenten die Tatsache, dass sich ihre jeweilige Niederlassung in verschiedenen Staaten befindet, aus den Umständen nicht objektiv erkennbar ist. Dies gilt ebenso für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, also für die Bestimmung der Internationalität einer Abtretung. Das ZessÜ schützt somit nicht das Vertrauen der Parteien des Grundvertrages bzw. des Abtretungsvertrages auf die Nationalität des jeweiligen Rechtsgeschäftes. 103 Der sachliche Anwendungsbereich ist allein durch das Vorliegen einer internationalen Abtretung oder einer Abtretung internationaler Forderungen erfüllt. Ein dem ZessÜ entsprechendes Konzept bezüglich der nicht erforderlichen Erkennbarkeit des internationalen Elements enthält auch das FactÜ (für den Grund vertrag), eine vom ZessÜ und FactÜ abweichende Entscheidung haben jedoch die Verfasser des CISG getroffen. 104

II. Räumlicher Anwendungsbereich A. Einleitung Eine Besonderheit des ZessÜ im Hinblick auf den räumlichen Anwendungsbereich besteht darin, dass die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen für einzelne Teile des Übereinkommens unterschiedlich ausgestaltet sind. Grundsätzlich ist es erforderlich, dass eine Verbindung zwischen einem Vertragsstaat und einer internationalen Abtretung bzw. der Abtretung einer internationalen Forderung i.S.d. ZessÜ besteht. Für die Anwendung der den Schuldner betreffenden Bestimmungen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) sind zusätzliche Voraussetzungen zu beachten (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). Die Ausnahme vom soeben erwähnten Grundsatz bilden die kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ in Kapitel V (Art. 26 bis 32 ZessÜ), da deren Anwendung lediglich vom Bestehen einer internationalen Forderung oder einer internationalen Abtretung abhängig ist. Hingegen 103

Ebenso Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (9). Nach Art. 1 Abs. 2 CISG wird die Tatsache, dass die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, nicht berücksichtigt, sofern den Kaufvertragsparteien das internationale Element des Kaufvertrages nicht objektiv erkennbar war. Vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 72 ff. m.w.N. 104

82

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

sind die Bestimmungen des Anhanges zum ZessÜ nur unter der Voraussetzung einer opting in Erklärung eines Vertragsstaates (Art. 1 Abs. 5 i.V.m. 42 ZessÜ) anzuwenden. Auf Grund der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Anwendung bestimmter Teile des ZessÜ ist es denkbar, dass dieses im konkreten Einzelfall nicht in seiner Gesamtheit, sondern nur teilweise zur Anwendung gelangt. Im Folgenden werden die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ unter Außerachtlassung der Anwendungsvoraussetzungen für die kollisionsrechtlichen Bestimmungen (Kapitel V, Art. 26 bis Art. 32 ZessÜ) sowie für die Vorschriften des Anhanges erörtert.

B. Die Niederlassung 1.

Allgemein

Nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ findet das Übereinkommen Anwendung auf die Abtretung von internationalen Forderungen und auf die internationale Abtretung von Forderungen, sofern sich der Zedent in einem Vertragsstaat befindet. Da zudem sowohl für die Internationalität einer Forderung nach Art. 3 Satz 1 FactÜ als auch für die Internationalität einer Abtretung nach Art. 3 Satz 2 FactÜ darauf abgestellt wird, dass sich die Parteien des Grundvertrages bzw. des Abtretungsvertrages in jeweils verschiedenen Staaten befinden, kommt dem Inhalt des Begriffes „are located" („sich befinden"/„den Sitz haben") eine zentrale Bedeutung bei der Feststellung des sachlichen und räumlichen Anwendungsbereiches des ZessÜ zu. Die nähere Definition des Begriffes „sich befinden" („are located"/„location") war bei der Ausarbeitung des ZessÜ Gegenstand umfangreicher und kontroversieller Erörterungen. 105 Einigkeit herrschte über den Stellenwert der Beschreibung dieses Begriffes als eine der wichtigsten Definitionen des ZessÜ, da dieser Begriff nicht nur für die Frage des Anwendungsbereiches des ZessÜ, sondern auch für die Frage der Priorität zwischen konkurrierenden Ansprüchen mehrerer Zessionare bzw. zwischen

105 Vgl. nur die zahlreichen, in den letzten zwei Kommissionssitzungen vorgebrachten Vorschläge und Gegenvorschläge im Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 112 bis 116 sowie im Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 150 bis 153. Eine Zusammenfassung der in der Arbeitsgruppe vorgebrachten Argumente enthält die Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9PNG.Il/WP. 102, Art. 1 Rn. 1 bis 9. S. auch den Expertenbericht der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9PNG.II/WP. 99, (3) The definition of the concept of location.

1. Kapitel:

ZessÜ

83

dem Zessionar und den Gläubigern des Zedenten von Bedeutung sei. 106 Während der Ausarbeitung des ZessÜ wurde sogar eine unterschiedliche Definition des Begriffes „location" für den Anwendungsbereich des ZessÜ und die Vorschriften über die konkurrierenden Ansprüche mehrerer Personen hinsichtlich einer Forderung diskutiert, schlussendlich aber abgelehnt, da eine einheitliche Definition vorzuziehen sei. 107 Ausgehend von der Annahme, dass die von der Kommission verabschiedete Legaldefinition (Art. 5 lit. h ZessÜ) in der Mehrzahl der Sachverhalte zu sachgerechten Ergebnissen führen werde, 108 war jedoch insbesondere die Entscheidung darüber, was maßgebend sein soll, wenn der Zedent oder der Zessionar Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben, Gegenstand ausführlicher Diskussionen. 2.

Niederlassung

in einem Staat

Aus der Vorschrift des Art. 5 lit. h Satz 1 ZessÜ ergibt sich zunächst, dass sich sowohl der Zedent als auch der Zessionar und der Schuldner in jenem Staat befinden, in dem sie ihre (Geschäfts-)Niederlassung („place of business") haben. Die Niederlassung einer natürlichen oder juristischen Person ist an jenem Ort, an dem diese ihre berufliche Tätigkeit ausübt. 109 Der Ort der Niederlassung entspricht nicht zwangsläufig dem Ort, an dem sich der rechtliche Sitz einer juristischen Person befindet. 110 Ein Abstellen auf den Registersitz hätte den Anwendungsbereich des ZessÜ in denjenigen Fällen eingeschränkt, in denen die Parteien zwar geschäftlich in den Vertragsstaaten des ZessÜ tätig sind, aber ihren rechtlichen Sitz in Nichtvertragsstaaten haben. 111 Der hauptsächliche Einwand der Befürworter einer Definition des Begriffes „location" im Sinne von „place of incorporation" gegen die Maß106 Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 112 sowie Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489, Rn. 67. 107 Als Begründung für eine unterschiedliche Definition wurde vor allem angeführt, dass das Rechtssicherheitsbedürfnis der Parteien in der Frage konkurrierender Ansprüche höher sei als in der Frage des Anwendungsbereiches des ZessÜ (!) und der Anwendungsbereich des ZessÜ möglichst breit gefasst werden sollte. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 30, 32, 34 sowie Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 97. 108 Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UNDoc. A/56/17, Rn. 150. 109 Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489, Rn. 67. 110 Ebenso Kuhn, Materielle Rechtsvereinheitlichung und IPR - Das internationale Zessionsrecht im UNCITRAL-Übereinkommen über die Forderungsabtretung, in: Weber u.a. (Hrsg.), Liber discipulorum et amicorum, Festschrift für Prof. Dr. Kurt Siehr zum 65. Geburtstag (2001) 93 (98). 111 Vgl. Expertenbericht der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.99, (3) The definition of the concept of location; Brink, Uncitral Konvention 8.

84

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

geblichkeit der Niederlassung der Parteien („place of bussines") war, dass es insbesondere für Dritte im Einzelfall schwierig sein kann, die Niederlassung zu bestimmen, was sich wiederum negativ auf eine der Zielsetzungen des ZessÜ auswirken könnte, nämlich die Senkung der Kosten für Kredite und somit die Verfügbarkeit von Krediten zu günstigeren Konditionen zu erreichen. 112 Für die verabschiedete Definition - „eine Person befindet sich in dem Staat, in dem sie ihre Niederlassung hat" - spricht Folgendes: Die Niederlassung der Parteien stellt für jeden Einzelfall die engste Verbindung zum konkreten Vertrags Verhältnis dar, d.h. für den Zedenten und den Zessionar zum Abtretungsvertrag sowie für den Schuldner zum Grundvertrag. Die Niederlassung einer juristischen Person entspricht zudem funktional dem gewöhnlichen Aufenthaltsort einer natürlichen Person, der nach Art. 5 lit. h Satz 4 ZessÜ maßgebend ist, wenn eine (natürliche) Person keine Niederlassung hat. Der Begriff Niederlassung wird auch in anderen einheitsrechtlichen Übereinkommen mit privatrechtlichem Inhalt verwendet, wie beispielsweise im CISG oder im FactÜ, wobei diese Übereinkommen - im Gegensatz zum ZessÜ - keine Legaldefinition enthalten. Die Verfasser des ZessÜ haben sich für einen im internationalen Einheitsprivatrecht bereits eingeführten und bekannten Begriff entschieden. Dies ist als positiv zu bewerten, da über den Inhalt dieses Begriffes eine gewisse Einigkeit herrscht. Die Verwendung gleicher Begriffe in verschiedenen einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen sollte im Idealfall im Sinne einer einheitlichen konventionsübergreifenden Interpretation die gleiche Auslegung zur Folge haben. 113 Durch eine konventionsübergreifende einheitliche Auslegung des Begriffes „Niederlassung" wird eine Anwendungszersplitterung durch unterschiedliche Anknüpfungen verhindert. Zum CISG und zum FactÜ hat sich folgendes Verständnis des Begriffes Niederlassung entwickelt und gefestigt: 114 „Niederlassung" ist jener Ort, von dem aus die geschäftliche Tätigkeit tatsächlich und schwerpunktmäßig betrieben wird. Dies setzt eine Stabilität und Dauer der Einrichtung sowie das Vorhandensein einer gewissen Selbstständigkeit (autonome Befugnisse) der Einrichtung voraus. 112 Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (175 f.), verwendet den Begriff „de facto centre" für die Geschäftsniederlassung und den Begriff „legal centre" für den Registersitz. Nach ihrer Ansicht ist es zudem leichter, den Ort der Geschäftsniederlassung zu wechseln als den Registersitz zu ändern. S. auch Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. AJCN.9fWG.limP.102, Art. 1 Rn. 1 und 5. 113 Allgemein s. Ferrari, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 69; Magnus in FS 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht 571. 114 Vgl. zum CISG Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 1 CISG Rn. 46; Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 62 ff.; zum FactÜ Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 19 ff.

1. Kapitel:

3.

Niederlassungen

a)

Einleitung

in mehreren

ZessÜ

85

Staaten

Ist ein Unternehmen durch Einheiten (Außenstellen, Filialen) in verschiedenen Staaten vertreten, welche die Voraussetzungen einer Niederlassung erfüllen, so stellt sich die Frage, welche Niederlassung die maßgebende ist. Handelt es sich bei der rechtsgeschäftlich tätig gewordenen Niederlassung um ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit (Tochtergesellschaft), so wird es in der Regel auf deren eigene Niederlassung ankommen. Handelt ein Unternehmen hingegen durch Niederlassungen mit fehlender eigener Rechtspersönlichkeit (Zweigniederlassungen), dann ist grundsätzlich offen, ob es auf den Ort der konkreten Zweigniederlassung oder den Ort der Hauptniederlassung ankommt oder ob ein anderes Kriterium für die Bestimmung der maßgebenden Niederlassung heranzuziehen ist. Das ZessÜ regelt die Frage der maßgebenden Niederlassung bei Bestehen mehrerer Niederlassungen in Art. 5 lit. h Satz 2 und Satz 3 ZessÜ. Die Diskussion zum Problem „mehrere Niederlassungen einer Partei in verschiedenen Staaten" wurde unter dem Gesichtspunkt geführt, dass der Zedent in mehreren Staaten durch Niederlassungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit - also durch Zweigniederlassungen - tätig wird. 115 Hat eine Partei mehrere Niederlassungen, so enthalten die Bestimmungen des Art. 5 lit. h Satz 2 und Satz 3 ZessÜ unterschiedliche Anknüpfungen für die Person des Zedenten und des Zessionars einerseits und die Person des Schuldners andererseits. Die Sätze 2 und 3 des Art. 5 lit. h ZessÜ gelten jedoch nur für jene Fälle, in denen der Zedent, der Zessionar oder der Schuldner Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben, nicht jedoch bei mehreren Niederlassungen dieser Personen in ein und demselben Staat. Mehrere Niederlassungen in ein und demselben Staat gelten als eine Niederlassung. b)

Mehrere Niederlassungen des Zedenten oder Zessionars in verschiedenen Staaten

Verfügen der Zedent oder der Zessionar über Niederlassungen in verschiedenen Staaten, so ist gemäß Art. 5 lit. h Satz 2 ZessÜ die Niederlassung in jenem Staat maßgebend, in dem der Zedent oder der Zessionar seine Hauptverwaltung (zentrale Verwaltung, „place of central administrati-

115 Vgl. z.B. Expertenbericht der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.99, (3) The definition of the concept of location sowie Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 114.

86

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

on" 1 1 6 ) hat. Die Hauptverwaltung (Hauptniederlassung) ist an j e n e m Ort, an d e m sich das M a n a g e m e n t - und das Kontrollzentrum befinden. Unerheblich f ü r die B e s t i m m u n g der Hauptverwaltung ist hingegen etwa die Tatsache, in welchem Staat das meiste V e r m ö g e n vorhanden ist oder wo die Geschäftsbücher a u f b e w a h r t werden. E b e n s o ist irrelevant, in w e l c h e m Staat die Buchhaltung des Unternehmens betrieben wird. 1 1 7 Die Hauptverwaltung befindet sich demnach an j e n e m Ort, an dem die endgültigen Entscheidungen auf höchster Ebene getroffen werden, wo sozusagen das faktische G e s c h ä f t s z e n t r u m liegt. Im R a h m e n der sachrechtlichen Vorschriften des Z e s s Ü ist die Niederlassung des Zessionars ausschließlich f ü r die B e s t i m m u n g einer internationalen Abtretung nach Art. 3 Satz 2 ZessÜ von Bedeutung. In diesem Z u s a m m e n h a n g kann die Maßgeblichkeit der Hauptverwaltung zu f o l g e n d e m Ergebnis führen, wobei das Beispiel von der ersten Abtretung einer Forderung ausgeht: Tritt die im Staat X tätige Zweigniederlassung I des Zedenten A, dessen Hauptverwaltung sich im Staat Z befindet, eine Forderung an die im Staat Y tätige Zweigniederlassung II des Zessionars B ab, dessen Hauptverwaltung sich ebenfalls im Staat Z befindet, so liegt keine internationale Abtretung i.S.d. Art. 3 Satz 2 ZessÜ vor, da sowohl der Zedent A als auch Zessionar B ihre Hauptverwaltung - auf die es g e m ä ß Art. 5 lit. h Satz 2 Z e s s Ü a n k o m m t - im Staat Z haben. 1 1 8 Das ZessÜ kann in diesem Fall nur zur A n w e n d u n g gelangen, sofern die abgetretene Forderung eine internationale ist und der Staat Z ein Vertragsstaat ist. Auf die Niederlassung des Zedenten n e h m e n die sachrechtlichen Vorschriften des ZessÜ f ü n f m a l 1 1 9 Bezug. Die Rechtsfolgen des Abstellens auf die Hauptverwaltung als maßgebliche Niederlassung sollen beispielhaft f ü r zwei Fälle dargestellt werden. Fall 1: Befindet sich zwar die Zweigniederlassung, welche die Abtretung v o r g e n o m m e n hat, in einem Vertragsstaat des ZessÜ, nicht j e d o c h die Hauptverwaltung, so ist das ZessÜ g e m ä ß

" 6 Diesen Begriff enthält auch das UNCITRAL-Modellgesetz über grenzüberschreitende Insolvenzen (UNCITRAL Model Law on Cross-Border Insolvency) aus dem Jahr 1997. Art. 16 Abs. 3 des Modellgesetzes stellt die Vermutung auf, dass sich die Hauptverwaltung am Registerort des Schuldners befindet; s. Art. 16 Abs. 3 leg cit: „In the absence of proof to the contrary, the debtor registered office, ... is presumed to be the centre of [it's] main interests." " 7 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 68; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (271 Fn 51). 118 H. Schmidt, Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Abtretung von Forderungen im Internationalen Handel, IPRax 2005, 93 (94 Fn 13) bemerkt allgemein, dass es durch das Abstellen auf den Sitz der Hauptniederlassung dazu kommen kann, dass Abtretungen „als international erscheinen, die es bei genauer Betrachtung gar nicht sind." 119 Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Satz 1, Art. 3 Satz 2, Art. 22 und 23 ZessÜ.

1. Kapitel: ZessÜ

87

Art. 1 A b s . 1 Z e s s Ü nicht anwendbar, da sich der Zedent in e i n e m N i c h t vertragsstaat befindet. Fall 2: D i e Hauptverwaltung des Zedenten und die Niederlassung des Zessionars befinden sich i m Vertragsstaat A , die Z w e i g n i e d e r l a s s u n g , w e l c h e die Abtretung an den Zessionar vornimmt, j e d o c h i m Vertragsstaat B. D a sich die Hauptverwaltung des Z e d e n t e n und die Niederlassung des Zessionars in d e m s e l b e n Staat befinden, liegt keine internationale Abtretung vor. D a s Z e s s Ü gelangt in d i e s e m Fall zur A n w e n d u n g , w e n n die Forderung eine internationale ist. 1 2 0 D a s tragende Argument für die M a ß g e b l i c h k e i t der Hauptverwaltung war, s o w e i t dies aus den Materialien ersichtlich ist, Folgendes: Hat der Zedent mehrere Z w e i g n i e d e r l a s s u n g e n in v e r s c h i e d e n e n Staaten, s o soll durch das A b s t e l l e n auf den Ort der Hauptverwaltung als relevanten A n knüpfungspunkt sichergestellt werden, dass für Fragen des Vorranges 1 2 1 z w i s c h e n Ansprüchen mehrerer Zessionare oder d e m Zessionar und den Gläubigern des Zedenten nur ein einziges, leicht feststellbares Gericht zuständig ist, und zwar das Gericht desjenigen Staates, in d e m mit hoher Wahrscheinlichkeit das Hauptinsolvenzverfahren 1 2 2 eröffnet werden wird. 1 2 3 Mit der Entscheidung für den Begriff „Hauptverwaltung" bei B e s t e h e n mehrerer N i e d e r l a s s u n g e n d e s Zedenten oder d e s Zessionars haben sich die 120

Dem Beispiel liegt die erste Abtretung einer Forderung zugrunde. Nach der Legaldefinition des Begriffes „Vorrang" im Art. 5 lit. g ZessÜ bedeutet Vorrang (Priorität) das vorrangige Recht einer Person gegenüber dem Recht einer anderen Person und umfasst - soweit dies für einen solchen Zweck relevant ist - die Bestimmung, ob das Recht ein obligatorisches oder ein dingliches ist, ob es ein Sicherungsrecht für die Zahlungsunfähigkeit oder eine andere Verpflichtung ist und ob irgendwelche Voraussetzungen, die für eine wirksame Übertragung des Rechts gegen einen konkurrierenden Anspruchsberechtigten erforderlich sind, erfüllt worden sind. 122 Bezüglich des auf konkurrierende Ansprüche anwendbaren Rechts bestimmt Art. 22 ZessÜ, dass das Recht des Staates maßgebend ist, in dem sich der Zedent befindet. 123 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 67. Dies sei auch wichtig für die forderungsgestützte Unternehmensfinanzierung. Während der letzten Kommissionssitzung ist demgegenüber wiederum hervorgehoben worden, dass für Banken und andere Finanzinstitutionen (insbesondere Versicherungen) die Bezugnahme auf die Hauptverwaltung nicht stets zu einem geeigneten Ergebnis führen würde. Rangfragen in Bezug auf die Geschäftstätigkeit einer (unselbstständigen) Zweigstelle einer ausländischen Bank in einem Staat würden dann nach dem Recht der Hauptverwaltung dieser Bank in einem anderen Staat beurteilt werden. Deshalb wurde vorgeschlagen, insbesondere Zweigstellen von Banken als selbstständige, unabhängige Rechtsträger zu behandeln. Dieser Vorschlag ist mit dem Argument verworfen worden, dass die Bezugnahme auf die Hauptniederlassung in der Mehrzahl der Fälle angemessen sei und es kein einheitliches Verständnis über den Begriff „Bank" gebe. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 150 ff. und Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 114 und 115. 121

88

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Verfasser des ZessÜ für ein anderes Konzept entschieden als jene des CISG oder des FactÜ. 124 Nach Art. 10 lit. a CISG sowie nach Art. 2 Abs. 2 FactÜ ist in den Fällen, in denen eine Partei mehrere Niederlassungen 125 hat, jene maßgebend, welche die engste Beziehung zu dem Kaufvertrag (CISG) bzw. dem Factoringvertrag oder dem Grundvertrag (FactÜ) und seiner Erfüllung hat. Wertet man das Vorliegen einheitlicher Anknüpfungspunkte in denselben Fragen als erstrebenswertes Ziel bei der Schaffung materiellen Einheitsprivatrechts, so ist das Abweichen vom Konzept der engsten Verbindung abzulehnen. 126 Eine Zersplitterung der einzelnen Anwendungsvoraussetzungen für internationale einheitsprivatrechtliche Übereinkommen kann durch die Verwendung einheitlicher Anknüpfungspunkte, sofern sie sachlich gerechtfertigt sind, verhindert bzw. vermindert werden. Diskussionswürdig bleibt, ob die Entscheidung für die Hauptverwaltung vor dem Hintergrund des angeführten, tragenden Argumentes - Zuständigkeit eines einzigen Gerichtes im Fall der Insolvenz des Zedenten im Staat seiner Hauptverwaltung - sachlich stets gerechtfertigt ist. Als Gegenargument kann vorgebracht werden, dass Vorrangfragen nach dem Recht eines Staates entschieden werden, mit dem die Abtretungen wenig Berührungspunkte haben, da sie von einer Zweigniederlassung in einem anderen Staat vorgenommen werden. 127 Ob mit der Entscheidung für die Hauptverwaltung das von den Verfassern bezweckte Ziel der Zuständigkeit eines einzigen Gerichtes erreicht werden kann, wird letztendlich jedoch erst nach dem In-

124 Die Anknüpfung an die Hauptverwaltung wird etwa von Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (176); Torsello, Common Features of Uniform Commercial Law Conventions (2004) 95 und Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 41 f., befürwortet. 125 Für Art. 10 lit. a CISG und Art. 2 Abs. 2 FactÜ ist es unerheblich, ob mehrere Niederlassungen im selben Staat oder in verschiedenen Staaten vorliegen. Die Anknüpfung nach Art. 5 lit. h Satz 2 ZessÜ setzt hingegen Niederlassungen in verschiedenen Staaten voraus. Dies ist vor folgendem Hintergrund verständlich: Die „Lokalisierung" des Zedenten und des Zessionars im Rahmen des ZessÜ ist für die Frage der Anwendung des ZessÜ und die Bestimmung des auf konkurrierende Ansprüche anwendbaren Rechts maßgebend, somit für die Feststellung eines bestimmten Staates (Vertragsstaat ja oder nein) bzw. des Rechts eines bestimmten Staates. Im CISG hingegen spielt die Niederlassung nicht nur eine Rolle bei der Beurteilung der Anwendung desselben; das CISG knüpft an die Niederlassung auch materiellrechtliche Pflichten des Verkäufers und des Käufers, beispielsweise Art. 31 lit. c CISG (Pflicht des Verkäufers, die Ware dem Käufer an dem Ort zur Verfügung zu stellen, an dem der Verkäufer bei Vertragsabschluss seine Niederlassung hatte), Art. 57 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 CISG (Zahlungsort). Daher ist für das CISG auch bei mehreren Niederlassungen in ein und demselben Staat zu entscheiden, welche Niederlassung im konkreten Fall die maßgebende ist. 126 127

Ebenso Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (7). Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466,

Rn. 27.

1. Kapitel:

ZessÜ

89

krafttreten des ZessÜ und den ersten diesbezüglichen gerichtlichen Entscheidungen feststellbar sein. Um eine einheitliche Anknüpfung in gleichen Sachfragen zu erreichen, wäre m.E. eine Anknüpfung an den Abtretungsvertrag zwischen dem Zedenten und dem Zessionar derjenigen an die Hauptverwaltung vorzuziehen gewesen, da der Abtretungsvertrag zwischen dem Zedenten und dem Zessionar eine engere Beziehung zum Recht des Staates aufweist, in dem die Zweigniederlassung tätig ist, als zum der Recht des Staates, in dem sich die jeweilige Hauptverwaltung befindet. 128 Dies hätte nicht nur dem Grundsatz der engsten Beziehung 129 entsprochen, sondern stünde auch mit Art. 10 lit. a CISG und 2 Abs. 2 FactÜ im Einklang. Aus dem Blickwinkel des Regelungsgegenstandes des ZessÜ, des CISG, des FactÜ und des UNCITRAL-Modellgesetzes über grenzüberschreitende Insolvenzen betrachtet, steht m.E. das ZessÜ dem CISG und dem FactÜ näher als dem UNCITRAL-Modellgesetz, aus dem das Konzept der Anknüpfung an die Hauptverwaltung 130 übernommen worden ist. c)

Niederlassung des Schuldners in mehr als einem Staat

Hat der Schuldner mehrere Niederlassungen in verschiedenen Staaten, so trifft das ZessÜ eine vom Konzept der Hauptverwaltung abweichende Regelung: Nach Art. 5 lit. h Satz 3 ZessÜ ist diejenige Niederlassung für die „Lokalisierung" des Schuldners maßgebend, welche die engste Beziehung zu dem Vertrag hat, aus dem die abgetretene Forderung stammt. Im Rahmen der sachrechtlichen Vorschriften des ZessÜ ist die Feststellung der Niederlassung des Schuldners für Anwendung des ZessÜ auf die Rechte und Pflichten des Schuldners sowie für die Definition der Internationalität einer Forderung nach Art. 3 Satz 1 ZessÜ von Bedeutung. Durch die Maßgeblichkeit jener Niederlassung, welche die engste Beziehung zum Grundvertrag hat, soll für den Schuldner die Anwendung des ZessÜ möglichst klar und eindeutig vorhersehbar sein. Auf Grund der Zulässigkeit der Abtretung zukünftiger Forderungen und den Vorschriften des ZessÜ über die 128

Die Anknüpfung an den Abtretungsvertrag ist von den Verfassern mit den Argumenten verworfen worden, dass dies zu Rechtsunsicherheit führen würde, da dritte Personen die interne Struktur des Zedenten nicht kennen, sowie dass eine Anknüpfung an den Abtretungsvertrag bei Abtretungen durch Zweigniederlassungen in verschiedenen Staaten zur Anwendung unterschiedlicher Rechtsordnungen in Prioritätsfragen führen würde. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 25 und 97 f. Gegen die hier vertretene Anknüpfung auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 40. 129 Durch die Anknüpfung der maßgeblichen Niederlassung an den Abtretungsvertrag wäre die engste Verbindung zwischen dem Zedenten (der konkreten Zweigniederlassung) und dem Abtretungsvertrag hergestellt worden. 130 Nach dem UNCITRAL-Modellgesetz über grenzüberschreitende Insolvenzen ist die Hauptverwaltung des Schuldners maßgebend.

90

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

nachfolgenden Abtretungen ist dieses Argument jedoch nicht stets zutreffend. Fraglich ist, ob es aus Gründen eines einheitlichen Konzepts von Art. 5 lit. h Satz 2 und Satz 3 ZessÜ nicht besser gewesen wäre, bei mehreren Niederlassungen des Schuldners ebenfalls, d.h. wie für den Zedenten und den Zessionar, an die Hauptverwaltung als maßgebende Niederlassung anzuknüpfen. 1 3 1 Dies ist m.E. aus zwei Gründen zu verneinen. Erstens wird die Vorhersehbarkeit des Schuldners hinsichtlich der möglichen Anwendung des ZessÜ bei Maßgeblichkeit jener Niederlassung, zu welcher der Grundvertrag die engste Beziehung aufweist, m.E. eher erreicht als wenn die in einem anderen Staat tätige Hauptverwaltung des Schuldners die maßgebliche Niederlassung darstellt. Zweitens stellt die Anknüpfung an jene Niederlassung, zu welcher der konkrete Vertrag den engsten Bezug hat, ein bewährtes Konzept dar, von dem ohne sachliche Rechtfertigung nicht abgewichen werden sollte. Den Begriff der „engsten Beziehung" zum jeweils maßgebenden Vertrag enthalten, wie bereits erwähnt, auch Art. 10 lit. a CISG sowie Art. 2 Abs. 2 FactÜ. Jene Argumente, die bei mehreren Niederlassungen des Zedenten und des Zessionars in verschiedenen Staaten gegen die Anknüpfung an die Hauptverwaltung vorgebracht worden sind, können hier als Pro-Argumente für die Anknüpfung an die engste Beziehung zum Grundvertrag angeführt werden. Im Unterschied zum CISG und zum FactÜ enthält jedoch die Vorschrift des Art. 5 lit. h Satz 3 ZessÜ keine Angaben für die Konkretisierung der engsten Beziehung zum Grundvertrag. Da es sich um eine parallele Regelung derselben Frage handelt, sind auf Grund der gebotenen einheitlichen konventionsübergreifenden Interpretation die in Art. 10 lit. a CISG und 2 Abs. 2 FactÜ genannten Kriterien 132 für die Bestimmung der maßgebenden Niederlassung heranzuziehen. Dies entspricht auch dem Ziel der Schaffung eines einheitlichen Begriffsinstrumentariums für das internationale Einheitsprivatrecht. 4.

Fehlende

Niederlassung

Hat eine Person keine Niederlassung, gibt es also keinen Ort, von dem aus der Zedent, der Zessionar oder der Schuldner seine geschäftliche Tätigkeit tatsächlich und schwerpunktmäßig betreibt, so ist an den gewöhnlichen Aufenthaltsort dieser Person anzuknüpfen (Art. 5 lit. h Satz 4 ZessÜ 133 ). 131

Von der Arbeitsgruppe ist dies, soweit ersichtlich, nicht diskutiert worden. Dabei handelt es sich um die von den konkreten Parteien hinsichtlich des konkreten Vertrages vor oder bei Abschluss des Vertrages bekannten oder in Betracht gezogenen Umstände. 133 Die Bestimmung des Art. 5 lit. h Satz 4 ZessÜ entspricht fast wörtlich Art. 10 lit. b CISG. Das FactÜ enthält keine entsprechende Bestimmung. 132

1. Kapitel:

ZessÜ

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Der gewöhnliche Aufenthaltsort ist nach h.A. 134 jener, an dem sich die betreffende Person nicht nur vorübergehend tatsächlich aufhält. Das Problem der fehlenden Niederlassung wird (ausnahmsweise) bei natürlichen Personen und, bezogen auf die an einer Abtretung beteiligten Parteien, am ehesten beim Schuldner auftreten, 135 zumal Abtretungen von Forderungen aus Grundverträgen mit Verbrauchern nicht vom sachlichen Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen sind.

C. Niederlassung des Zedenten Nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ findet das Übereinkommen Anwendung auf die Abtretung von internationalen Forderungen und auf die internationale Abtretung von Forderungen, sofern der Zedent in einem Vertragsstaat niedergelassen ist. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt des Abschlusses 136 des Abtretungsvertrages. Verlegt der Zedent nach Abschluss des Abtretungsvertrages seine Niederlassung in einen Nichtvertragsstaat, so ist dies für die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereiches nach Art. 1 Abs. 1 ZessÜ unbeachtlich. Besteht der Zedent aus einer Personenmehrheit und haben nicht alle Personen ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat, so soll das ZessÜ dennoch für jene Personen gelten, die ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben. D.h. bei der Beurteilung der Frage, ob sich der Zedent in einem Vertragsstaat befindet, ist auf jede einzelne Person, die Teil der Personenmehrheit Zedent ist, abzustellen. Dies hat zur Folge, dass das ZessÜ nur im Verhältnis zu bestimmten Personen, die den Zedenten darstellen, anzuwenden ist. 137 Das ist m.E. abzulehnen, da dies zwangsläufig zu Rechtsunsicherheit führt. Eine Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat ist m.E. daher nur anzunehmen, sofern jede einzelne Person, die Teil der Personenmehrheit Zedent ist, in einem Vertragsstaat niedergelassen ist, wobei dies jedoch nicht ein und derselbe Vertragsstaat sein muss. Grundsätzlich kommt es also nicht darauf an, dass (auch) der Zessionar und der Schuldner ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben. Die Tatsache der Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat bewirkt

134

Vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 10 CISG Rn. 8. Dies gilt insbesondere bei Berücksichtigung jener Praktiken der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung, an welchen sich die Verfasser bei der Ausarbeitung des ZessÜ orientiert haben, also Factoring, Forfaiting, Securitization oder Abtretungen im Rahmen von Projektfinanzierungen. 136 Der Zeitpunkt des Abschlusses ist, wie bereits erwähnt, nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen. 137 So offenbar UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 225. 135

92

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

für sich allein jedoch noch nicht, dass die den Schuldner betreffenden Bestimmungen des ZessÜ - insbesondere Art. 15 bis 21 - anwendbar sind. Diese gelangen nur unter der Voraussetzung zur Anwendung, dass der Schuldner entweder seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat oder das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. Im Entwurfstadium war vorgesehen, dass auch der Zessionar seine Niederlassung in einem Vertragsstaat haben müsse; 138 diese Voraussetzung ist jedoch gestrichen worden, um den räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ nicht unnötigerweise einzuengen. 139 Die Arbeitsgruppe ging bei der ausschließlichen Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat von der Annahme aus, dass die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Fragen, die vom ZessÜ geregelt werden, vor allem im Staat des Zedenten ausgetragen werden. 140

D. Kollisionsrechtliche Anknüpfung 1.

Einleitung

Von Beginn der Ausarbeitung des ZessÜ waren die Mitglieder der Arbeitsgruppe geteilter Auffassung darüber, ob das ZessÜ auch dann anwendbar sein soll, wenn die Regeln des Internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen (kollisionsrechtliche Anknüpfung, Vorschaltlösung). In den ersten Entwürfen des ZessÜ war eine entsprechende Vorschrift enthalten. 141 Die Streichung derselben erfolgte aus verschiedenen Gründen: 142 Da die Bestimmungen des ZessÜ nur subsidiär schuldrechtliche Pflichten, primär jedoch die Übertragung des Vermögensrechts an einer Forderung betreffen, sollten Unsicherheiten in Bezug auf den räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ vermieden wer138

Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 23 f. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.93, Art. 1 Rn. 8 f.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/445, Rn. 132. 140 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 15; Kuhn, SZW/RSDA 3/2002, 129 (133 Fn 29). 141 Draft article 1. Scope of application, „(1) (b): when the rules of private international law lead to the application of the law of [a Contracting State] [this State]." Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 19 und 31 zur Anregung, diese Vorschrift zu streichen. 142 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/445, Rn. 137 ff. Die Nichtaufnahme einer kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative ist auch von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht befürwortet worden; vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/WG.II/WP. 99, (1) The role of the conflict-of-laws rules in delimiting the geographical scope of application of the Convention. 139

1. Kapitel:

93

ZessÜ

den. Die Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten bewirke einen weiten räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ, so dass es keiner Anknüpfung an die kollisionsrechtlichen Vorschriften eines Vertragsstaates bedürfe. Zudem seien die kollisionsrechtlichen Vorschriften in Bezug auf die Abtretung nur in einigen Staaten einheitlich 143 geregelt. 144 2.

Folgen der fehlenden

kollisionsrechtlichen

Anwendungsalternative

Was bedeutet im Einzelnen das Fehlen einer kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative für die Feststellung des räumlichen Anwendungsbereiches nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ? Diese Frage soll anhand von Fallbeispielen dargestellt und beantwortet werden. Fall 1: Haben der Zedent und der Zessionar ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat, 145 so gelangt das ZessÜ nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ zur Anwendung. Fall 2: Hat der Zessionar seine Niederlassung in einem Vertragsstaat, der Zedent jedoch in einem Nichtvertragsstaat und verweisen die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Gerichtsstaates für die Abtretung 146 auf das Recht des Staates, in dem der Zessionar seine Niederlassung hat (damit auf das Recht eines Vertragsstaates des ZessÜ), so ist das ZessÜ dennoch nicht anzuwenden, da Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ voraussetzt, dass der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat. Fall 3: Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn bei Vorliegen des Sachverhaltes von Fall 2 die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Gerichtsstaates für die Abtretung auf das Recht des Staates verweisen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, da der „Zedentenstaat" kein Vertragsstaat ist. Fall 4\ Hat hingegen der Zessionar seine Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat, der Zedent jedoch in einem Vertragsstaat und ist das Gericht des Vertragsstaates zur Entscheidung berufen, so hat das Gericht das Über-

143

Als Beispiel dafür, dass auch eine Vereinheitlichung der kollisionsrechtlichen Vorschriften nicht zwangsläufig eine Rechtseinheit bewirkt, kann Art. 12 EVÜ dienen. 144 Die bei Abschluss des Vertrages allenfalls bestehende Unkenntnis der Parteien über den Staat, in dem gegebenenfalls geklagt wird, und somit darüber, welche kollisionsrechtlichen Vorschriften daher zur Anwendung gelangen werden, ist m.E. jedoch kein stichhaltiges Argument für die Streichung der Anknüpfung an die IPR-Vorschriften eines Vertragsstaates - so aber Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 17 - , da dieses Problem auch bei einer ausschließlichen Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten nicht ausgeschlossen ist. 145 Bei einer erstmaligen Abtretung einer internationalen Forderung kann sich die jeweilige Niederlassung des Zedenten und des Zessionars in ein und demselben Vertragsstaat befinden, nicht hingegen bei einer erstmaligen Abtretung einer nationalen Forderung (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 ZessÜ). 146 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 138.

94

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti!

einkommen gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ anzuwenden. 147 Ist in einem solchen Fall jedoch das Gericht des Nichtvertragsstaates zur Entscheidung berufen und verweisen die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Gerichtsstaates für die Abtretung auf das Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (somit auf das Recht eines Vertragsstaates), so stellt sich die grundsätzliche Frage, ob das Übereinkommen nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ anzuwenden ist, oder ob dessen Anwendung mit dem Argument abzulehnen ist, dass (lediglich) die kollisionsrechtlichen Vorschriften auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen. Das Vorliegen des räumlichen Anwendungsbereiches nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ 148 ist m.E. zu bejahen. Die Ablehnung und Streichung der kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative bezieht sich m.E. nur auf jene Konstellation, in welcher zwar die IPR-Vorschriften des Gerichtsstaates auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen, der Zedent aber keine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat. Mit anderen Worten: Eine Anwendung des ZessÜ unter Vorschaltung der IPR-Vorschriften ist lediglich als selbstständige Alternative zur Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat ausgeschlossen. 149 Lehnt man die hier vertretene Ansicht - ZessÜ gelangt zur Anwendung, wenn die IPR-Vorschriften des Gerichtsstaates (= Nichtvertragsstaates) auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat - ab, so kann das ZessÜ nur unter der Voraussetzung zur Anwendung gelangen, dass sowohl der Zedent als auch der Zessionar ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben. Eben diese Beschränkung des räumlichen Anwendungsbereiches wollten die Verfasser des ZessÜ verhindern, weshalb die ursprünglich vorgesehene Voraussetzung der Niederlassung des Zessionars gestrichen worden ist. 150 Ein weiteres Argument ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 ZessÜ. Nach dieser Vorschrift ist der räumliche Anwendungsbereich für jene Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen, erfüllt, wenn 147 Würde es sich beim Vertragsstaat um Österreich handeln, so folgt aus Art. 21 EVÜ, dass das EVÜ nicht die Anwendung internationaler Übereinkommen berührt, denen ein Vertragsstaat angehört oder angehören wird. 148 Für die Anwendung der Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen (Art. 15 bis 21 ZessÜ) ist Art. 1 Abs. 3 ZessÜ zu beachten. 149 I.d.S. m.E. auch Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (10): the ... Convention no longer contains a provision which can lead to its application even when the .territorial' requirement is not met."; derselbe in Liber amicorum Siehr 179 (188): „The ... Convention does not contain any provision anymore which can lead to its applicability even when the .territorial' requirement is not met." 150 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 23 f.; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.93, Art. 1 Rn. 8 f.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/445, Rn. 132.

1. Kapitel:

ZessÜ

95

entweder der Schuldner seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat „oder" das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. Das auf den Grundvertrag anwendbare Recht ist unter Vorschaltung der IPR-Vorschriften festzustellen. Aus Art. 1 Abs. 3 ZessÜ folgt m.E. klar, dass die kollisionsrechtliche Anwendungsalternative als selbstständige Alternative neben der Niederlassung des Schuldners in einem Vertragsstaat zu bewerten ist. Für den räumlichen Anwendungsbereich nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ, der nur die Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat anführt, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 ZessÜ, dass eine Anknüpfung über die Vorschaltung der kollisionsrechtlichen Vorschriften nur dann ausgeschlossen ist, wenn der Zedent keine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat. 151 Als letztes Argument kann ein Hinweis in den Materialien dienen, aus dem folgt, dass die Verfasser bei der gestrichenen kollisionsrechtlichen Anknüpfung offensichtlich von dem Fall ausgegangen sind, dass keine Partei in einem Vertragsstaat niedergelassen ist. Da der räumliche Anwendungsbereich des ZessÜ hinsichtlich der den Schuldner betreffenden Vorschriften (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) in Art. 3 Abs. 1 ZessÜ separat geregelt wird, kann sich der Begriff „Partei" i.V.m. Art. 1 Abs. 1 ZessÜ nur auf die Parteien des Abtretungsvertrages, den Zedenten und den Zessionar, beziehen. 152 Verweisen daher die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Nichtvertragsstaates auf das Recht eines Vertragsstaates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, so ist das ZessÜ anzuwenden. Die Bestimmungen des ZessÜ stellen innerhalb der Rechtsordnung des Vertragsstaates die spezielleren Vorschriften dar und sind deshalb vom Gericht des Nichtvertragsstaates als Teil des ausländischen Rechts anzuwenden, wobei jedoch das Gericht eines Nichtvertragsstaates völkerrechtlich nicht zur Anwendung des ZessÜ verpflichtet ist. Eine derartige Verpflichtung besteht nur für die Vertragsstaaten des ZessÜ. Konsequenterweise muss Entsprechendes im Fall einer Rechtswahl durch den Zessionar und den Zedenten gelten. Hat der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat, liegen die sachlichen Anwendungsvor151 Dies folgt aus dem Aufbau der Vorschrift, als die kollisionsrechtliche Anwendungsalternative noch vorgesehen war. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Art. 1 Abs. 1 lit. a: „This rules apply to ... when the States [are Contracting States] [have adopted the rules]; or" [Hervorhebung durch die Verfasserin] lit. b: „when the rules of private international law lead to the application of the law of [a Contracting State] [this State]." und Rn. 31 zur Anregung, diese Vorschrift zu streichen. 152 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489, Rn. 17: „The territorial scope of application of the draft Convention is sufficiently broad and there is no need to extend it to cases in which no party may be located in a Contracting State but the law of a Contracting State is applicable by virtue of private international law rules."

96

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

aussetzungen vor, und wählen die Parteien das Z e s s Ü als m a ß g e b e n d e s Recht, so ist das Z e s s Ü anzuwenden, sofern das zur Entscheidung berufene Gericht e i n e Rechtswahl der Parteien zulässt. 3.

Schlussfolgerung

Der A u s s c h l u s s der kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative in Art. 1 Abs. 1 lit. a Z e s s Ü ist m.E. durch die geringe Anforderung an die räumliche Verbindung der internationalen Abtretung b z w . der Abtretung einer internationalen Forderung zu e i n e m Vertragsstaat 1 5 3 - lediglich der Zedent m u s s s e i n e Niederlassung in e i n e m Vertragsstaat haben - gerechtfertigt. Eine kollisionsrechtliche Anwendungsalternative brächte darüber hinaus für die Praxis k o m p l e x e Fragestellungen mit sich, w i e insbesondere die Vorschaltlösung nach Art. 1 A b s . 1 lit. b C I S G i.V.m. der den Staaten eingeräumten Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 9 5 CISG 1 5 4 g e z e i g t hat. Ein Verzicht der Verfasser auf e i n e „selbstständige" kollisionsrechtliche A n wendungsalternative für den räumlichen A n n w e n d u n g s b e r e i c h des Z e s s Ü ist insbesondere auch unter d i e s e m Gesichtspunkt 1 5 5 als positiv z u bewerten.

153 Ein Vergleich des ZessÜ mit dem CISG und dem FactÜ zeigt, dass für den überwiegenden Teil des ZessÜ die Voraussetzungen für den räumlichen Anwendungsbereich vergleichsweise gering sind. Allerdings sehen das CISG und das FactÜ jeweils zwei Möglichkeiten für den räumlichen Anwendungsbereich vor. Nach dem CISG müssen entweder beide Parteien des geregelten Vertragstyps (d.h. sowohl der Käufer als auch der Verkäufer) ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben (Art. 1 Abs. 1 lit. a, autonome Anwendung) oder die kollisionsrechtlichen Vorschriften führen zum Recht eines Vertragsstaates (Art. 1 Abs. 1 lit. b, kollisionsrechtliche Anwendung). Das FactÜ setzt voraus, dass entweder alle Parteien, d.h. sowohl der Zedent als auch der Zessionar und der Schuldner, ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben (Art. 2 Abs. 1 lit. a, autonome Anwendung) oder dass sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen (Art. 2 Abs. 1 lit. b). Der Unterschied zwischen Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ und dem ZessÜ wird aber wiederum dadurch relativiert, dass die den Schuldner betreffenden Vorschriften des ZessÜ (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) nur dann zur Anwendung gelangen, wenn der Schuldner seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat oder der Grundvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegt. 154 Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 1 CISG Rn. 69 ff.; Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 93 ff., 108 ff. m.w.N. 155 Ferrari, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (10), meint, die Streichung der kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative sei erforderlich gewesen, um Koordinationsprobleme mit den IPR-Vorschriften des ZessÜ (Kapitel V) zu vermeiden.

1. Kapitel:

ZessÜ

97

E. Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Schuldners 1.

Die Anwendungsalternativen

nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ

In Bezug auf die Person des Schuldners ist im Zusammenhang mit der vertraglichen Forderungsabtretung zu beachten, dass die rechtliche Position des Schuldners allein durch die Abtretung nicht verschlechtert werden darf. 156 Dieser Grundsatz kommt auch in der Präambel des ZessÜ zum Ausdruck, wonach durch das ZessÜ ein angemessener Schutz der Interessen von Schuldnern bei der Abtretung von Forderungen gewährleistet werden soll. Auf Grund des weiten Begriffes der Internationalität (Art. 3 ZessÜ) kann es sowohl bei einer internationalen Abtretung nationaler Forderungen als auch bei einer nationalen Abtretung internationaler Forderungen zur Anwendbarkeit des ZessÜ kommen. Insbesondere der Schuldner einer nationalen Forderung wird jedoch kaum mit einer möglichen Anwendung des ZessÜ rechnen. Vor diesem Hintergrund sieht das ZessÜ für die Anwendung jener Bestimmungen, welche die Rechte und die Pflichten des Schuldners betreffen (beispielsweise Art. 15 bis 21 ZessÜ, aber auch Art. 9 ZessÜ über vertragliche Abtretungsbeschränkungen), selbstständige Anknüpfungsmerkmale vor. Sofern lediglich der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, lässt das ZessÜ die nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht bestehende rechtliche Stellung des Schuldners unberührt. Der Schuldner soll nach dem Willen der Verfasser von der Anwendung des ZessÜ nicht „überrascht" werden, weshalb die Vorhersehbarkeit der Anwendung der ihn unmittelbar betreffenden Bestimmungen des ZessÜ (beispielsweise Art. 15 bis 21 ZessÜ) durch die in Art. 1 Abs. 3 ZessÜ alternativ vorgesehenen räumlichen Anwendungsvoraussetzungen sichergestellt werden soll. 157 Nach der ersten Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ sind jene Vorschriften, welche die Rechte und die Pflichten des Schuldners berühren, anzuwenden, wenn der Schuldner bei Abschluss 158 des Grundvertrages, aus dem die abgetretene Forderung resultiert, seine Niederlassung in einem 156 Dies stellt eine Ausprägung des allgemeinen Prinzips, nach welchem es keine Verträge zu Lasten Dritter geben soll, dar. Ebenso Kieninger, Vereinheitlichung des Rechts der Forderungsabtretung - Zur United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, in: Dreier u.a. (Hrsg.), Raum und Recht, Festschrift 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät (2002) 297 (302). 157 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 18. 158 In den ersten Übereinkommensentwürfen fehlte der zeitliche Bezugspunkt. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 17; Bericht über die 33. UNCITRALSitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 16. Der Abschlusszeitpunkt ist, wie bereits erwähnt, nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu ermitteln.

98

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Vertragsstaat hat. Dies kann, 159 muss jedoch nicht der Vertragsstaat sein, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Verlegt der Schuldner seine Niederlassung nach Abschluss des Grundvertrages in einen Nichtvertragsstaat, so ist das für die erste Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ unerheblich. Besteht der Schuldner aus einer Personenmehrheit, sind jedoch nicht alle Personen dieser Mehrheit in einem Vertragsstaat niedergelassen, so soll das ZessÜ dennoch für jene Personen zur Anwendung gelangen, bei denen diese Voraussetzung vorliegt. 160 Dies ist m.E. aus Gründen der Rechtssicherheit und des Schuldnerschutzes abzulehnen. Das Vorliegen der ersten Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ ist daher nur anzunehmen, sofern alle Personen, „die den Schuldner bilden", in einem - nicht notwendigerweise demselben - Vertragsstaat niedergelassen sind. Hat hingegen der Schuldner bei Abschluss des Grundvertrages seine Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat, 161 so ist das Vorliegen der zweiten Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ zu prüfen. Befindet sich die Niederlassung des Schuldners 162 in einem Nichtvertragsstaat, so sind die Vorschriften des ZessÜ für die rechtliche Stellung des Schuldners maßgebend, sofern - bei Abschluss des Grundvertrages 163 - das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. 164 Aus Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 3 zweite Alternative ZessÜ ergibt sich, dass die zweite Alternative nur in Betracht kommt, wenn der Zedent und der

159

Der Zedent und der Schuldner haben ihre Niederlassung im Vertragsstaat A, der Zessionar in einem anderen Vertragsstaat oder einem Nichtvertragsstaat (internationale Abtretung einer nationalen Forderung nach Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. 3 ZessÜ). 160 Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 225. 161 Dass es sich dabei um einen Nichtvertragsstaat handeln muss, folgt m.E. aus Art. 1 Abs. 3 ZessÜ: „... the debtor is located in a Contracting State or ..." [Hervorhebung durch die Verfasserin]; s. auch Bericht der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.99, (1) The role of conflict-of-laws rules in delimiting the geographical scope of application of the Convention, Rn. 1.2: „... even if the debtor is not located in the territory of a Contracting State." [Hervorhebung durch die Verfasserin], 162 Dies gilt auch für jene Fälle, in denen der Schuldner aus einer Personenmehrheit besteht. Vgl. UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 225. 163 Dieser Zeitpunkt ist nicht nur für die erste Alternative, sondern auch für die zweite Anwendungsalternative zu beachten. Dies folgt bereits aus dem Aufbau des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ („... unless, at the time of conclusion of the original contract, the debtor is located ... or the law governing ...") und entspricht dem Vorschlag des UNCITRAL-Sekretariats; vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 17. 164 Diese zweite Möglichkeit ist, soweit aus den Materialien ersichtlich, zum ersten Mal im Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 20 und 26 enthalten. Die kollisionsrechtliche Anwendungsalternative ist mit dem Argument, dass sie die Rechtssicherheit in Bezug auf die Anwendbarkeit des ZessÜ nicht beeinträchtige, angenommen worden. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 17.

1. Kapitel:

ZessÜ

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Schuldner ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, 165 der Grundvertrag somit ein „internationaler" Vertrag ist. Das auf den Grundvertrag anwendbare Recht ist mithilfe der kollisionsrechtlichen Vorschriften des Gerichtsstaates zu ermitteln. 166 Die Maßgeblichkeit des Rechts eines Vertragsstaates für den konkreten Grundvertrag kann sich aus einer objektiven Anknüpfung 167 oder aus einer (zulässigen) Rechtswahl der Parteien des Grundvertrages ergeben. Wie bereits erwähnt, gelangen die den Schuldner betreffenden Bestimmungen des ZessÜ nach der zweiten Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ zur Anwendung, sofern das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. i ZessÜ bedeutet „Recht" das in einem Staat geltende Recht mit Ausnahme seiner Vorschriften über das IPR. Auf Grund dieser Legaldefinition erübrigt sich in Bezug auf die zweite Anwendungsalternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ m.E. eine Diskussion darüber, ob eine mögliche Rück- oder Weiterverweisung zu beachten ist, sofern das Recht des Vertragsstaates, auf welches die IPR-Vorschriften des Gerichtsstaates verweisen, eine Rück- oder Weiterverweisung kennt und eine solche im konkreten Fall vornehmen würde. Sie ist auf Grund der Klarstellung des Art. 5 lit. i ZessÜ für Gerichtsstaaten, die Vertragsstaaten des ZessÜ sind, unbeachtlich. 168 Ist jedoch das Gericht eines Nichtvertragsstaates zur Entscheidung berufen, dessen IPR eine Rück- oder Weiterverweisung vorsieht, so obliegt es seiner Entscheidung, ob es eine vom IPR des Vertragsstaates, auf dessen Recht für den Grundvertrag verwiesen wird, angeordnete Rück- oder Weiterverweisung befolgt oder aber Art. 5 lit. i ZessÜ beachtet. Dies hat seinen Grund darin, dass ein Nichtvertragsstaat völkerrechtlich nicht an das ZessÜ (und somit Art. 5 lit. i ZessÜ) gebunden ist. 169 165 Aus Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ folgt einerseits, dass der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat haben muss, anderseits setzt Art. 1 Abs. 3 zweite Alternative ZessÜ voraus, dass der Schuldner seine Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat hat. 166 Art. 1 Abs. 3 ZessÜ enthält im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Regeln des IPR. 167 Handelt es sich beim Grundvertrag um einen Kaufvertrag zwischen dem Zedenten (Verkäufer) und dem Schuldner (Käufer) und ist auf diesen Kaufvertrag das CISG anwendbar, so ist für Art. 1 Abs. 3 zweite Alternative ZessÜ festzustellen, als welches nationale Recht das CISG im konkreten Fall anzuwenden ist, um beurteilen zu können, ob dieser Staat ein Vertragsstaat des ZessÜ ist. 168 Für Österreich ist ein Renvoi für schuldrechtliche Verträge bereits durch Art. 15 EVÜ ausgeschlossen, der eine Sachnormverweisung anordnet. 169 Vgl. zur Diskussion „kollisionsrechtliche Anknüpfung (Vorschaltlösung) und Renvoi" in Bezug auf Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG Hoyer, Der Anwendungsbereich des Einheitlichen Wiener Kaufrechts, in: Hoyer/Posch (Hrsg.), Das Einheitliche Wiener Kaufrecht (1992) 31 (36); Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 1 CISG Rn. 71; Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 105 f. m.w.N.

100

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Liegt eine der Anwendungsalternativen nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ vor, so verdrängen die Vorschriften des ZessÜ, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen, jene Schuldnerschutzvorschriften, die mangels Anwendung des ZessÜ für den Schuldner maßgeblich gewesen wären. Dies mag aus der Sicht des Schuldners insbesondere in den Fällen einer internationalen Abtretung einer nationalen Forderung bedenklich erscheinen. Wird eine nationale Forderung international abgetreten, so kommt es - sowohl bei einer Niederlassung des Schuldners in einem Vertragsstaat des ZessÜ als auch bei einer Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates auf den Grundvertrag - hinsichtlich der rechtlichen Position des Schuldners grundsätzlich zu keiner Änderung der für ihn maßgeblichen Rechtsordnung eines bestimmten Staates. Innerhalb dieser Rechtsordnung findet jedoch ein Wechsel vom unvereinheitlichten autonomen Recht zum vereinheitlichten internationalen Einheitsprivatrecht statt.170 Kieninger171 bezeichnet dies treffend als „Spartenwechsel innerhalb derselben Rechtsordnung". Ein Wechsel des rechtlichen Regimes hätte im Hinblick auf den Schuldner nur verhindert werden können, wenn die abgetretene Forderung der ausschließliche Maßstab für die Internationalität i.S.d. ZessÜ wäre. Mit anderen Worten: wenn die Abtretung nationaler Forderungen nicht dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen würde. 172

170

Beispiel: Unter der Annahme, dass Österreich das ZessÜ ratifiziert, werden nicht die §§ 1392 ff. ABGB, sondern insbesondere die Art. 15 bis 21 ZessÜ als nationales österreichisches Recht für den Schuldner maßgebend sein. 171 in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (302). 172 Ebenso Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (303). Im Zusammenhang mit dem weiten Begriff der Internationalität des ZessÜ und der damit verbundenen Rechtsfolge, dass auch eine internationale Abtretung nationaler Forderungen grundsätzlich dem ZessÜ unterfällt, sind in Bezug auf den Schutz des Schuldners zwei Vorschläge diskutiert, aber schlussendlich abgelehnt worden. Nach dem ersten Vorschlag sollte eine Art. 1 Abs. 2 CISG vergleichbare Vorschrift in das ZessÜ aufgenommen werden. Demnach sollte die Anwendbarkeit des ZessÜ davon abhängen, dass sich sowohl der Zedent und der Zessionar als auch der Schuldner des internationalen Charakters einer Abtretung bewusst sind. Die Erkennbarkeit der Internationalität einer Abtretung ist für ein dreipersonales Rechtsverhältnis jedoch nicht sehr praktikabel, zumal als maßgeblicher Zeitpunkt jener der Abtretung herangezogen werden sollte. Nach dem zweiten Vorschlag sollte der Schuldner nach der Benachrichtigung über die Abtretung das Recht haben, dem Wechsel des rechtlichen Regimes zu widersprechen. Damit könnte jedoch der Schuldner - nach erfolgter Abtretung - im Verhältnis zum Zessionar über die Anwendbarkeit des ZessÜ entscheiden. Da dies - insbesondere für den Zessionar - einen Unsicherheitsfaktor bezüglich der Finanzierung bedeuten könnte, würde ein derartiges Recht dem Zweck des ZessÜ, die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern, zuwiderlaufen. Ausführlicher Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 22.

1. Kapitel:

2.

ZessÜ

101

Das Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 ZessÜ

Das Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ und Abs. 3 ZessÜ ist folgendermaßen zu beurteilen: Zunächst ist zu prüfen, ob der räumliche Anwendungsbereich des Übereinkommens nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ gegeben ist. Ist dies der Fall, so ist das ZessÜ - mit Ausnahme der Art. 15 bis 21 ZessÜ und weiterer Bestimmungen, sofern sie die Rechte des Schuldners berühren - grundsätzlich anwendbar. Für die Anwendung der anderen Bestimmungen des ZessÜ ist es nicht erforderlich, dass auch der Schuldner seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat oder dass das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist, da er durch diese Bestimmungen nicht in seinen Rechten berührt wird. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob eine der Anwendungsalternativen des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ gegeben ist und in Folge dessen auch die den Schuldner betreffenden Bestimmungen zur Anwendung gelangen. Liegt keine dieser Alternativen vor, so sind Fragen in Zusammenhang mit der rechtlichen Position des Schuldners nach dem - durch die kollisionsrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden - jeweils anwendbaren nationalen Sachrecht zu beurteilen. 173 Eine isolierte, von der Anwendung der anderen Bestimmungen des ZessÜ losgelöste Anwendung der den Schuldner betreffenden Bestimmungen (d.h. insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) kommt nicht in Betracht. Dies ergibt sich bereits eindeutig aus dem Aufbau des ZessÜ: Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ bestimmen den sachlichen und den räumlichen Anwendungsbereich, hingegen bestimmt Art. 1 Abs. 3 ZessÜ, unter welchen Voraussetzungen das ZessÜ, sofern es anwendbar ist, die Rechte und Pflichten des Schuldners regelt. 174 Grundsätzlich ist davon jedoch die Frage zu un173

Torsello, Common Features 111, bezeichnet die Möglichkeit, dass das ZessÜ nur für das Verhältnis Zedent - Zessionar, nicht jedoch auch gegenüber dem Schuldner gilt, als „harsh consequence" des vom ZessÜ gewählten Konzepts. 174 Diese Ansicht wird durch eine Anmerkung im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 56 über die Anwendung des ZessÜ auf alle oder einzelne Gebietseinheiten eines föderativen Staates (Art. 36 ZessÜ), sofern der Zedent oder der Schuldner ihre Niederlassung in einer Gebietseinheit haben, für welche das ZessÜ nicht gilt, bestätigt: „If that party is the assignor, the draft Convention would not apply at all .... If that party is the debtor, the provisions of the draft Convention dealing with the rights and obligations of the debtor would not apply." [Hervorhebung durch die Verfasserin]. In der Literatur wird diese Frage, soweit ersichtlich, nicht erörtert, sondern indirekt der räumliche Anwendungsbereich nach Art. 1 Abs. 1 ZessÜ für Art. 1 Abs. 3 ZessÜ vorausgesetzt. S. Lukas, ÖBA 2000, 501 (503); Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (50): „For the debtor-related provisions of the Convention to apply, the debtor too must be located in a Contracting state or ..." [Hervorhebung durch die Verfasserin]-, Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297, (302): „... dass Art. 1 Abs. 3 ... für die Anwendbarkeit der Konvention im Verhältnis zum Drittschuldner zusätzlich fordert, ..." [Hervorhebung durch die Verfasserin],

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

terscheiden, ob der Zedent und der Schuldner im Rahmen der Parteiautonomie unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ die Anwendung derjenigen Vorschriften bejahen können, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ). M.E. ist dies zu bejahen, sofern die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Gerichtsstaates die Wahl des maßgebenden Rechts durch die Parteien des Grundvertrages zulassen und anerkennen. 175 Durch die getrennte Anknüpfung des räumlichen Anwendungsbereiches des ZessÜ für den Zedenten und den Zessionar (sowie konkurrierende Berechtigte i.S.d. Art. 5 lit. m ZessÜ) nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ einerseits und den Schuldner nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ andererseits wird eine klare Differenzierung zwischen den Angelegenheiten, welche den Schuldner betreffen (z.B. schuldbefreiende Zahlung, Einreden), und anderen Angelegenheiten in Bezug auf eine vermögensrechtliche Übertragung von Forderungen (z.B. Wirksamkeit globaler Abtretungen, Vorrangfragen) erzielt. 176 3.

Folgen der getrennten Anknüpfung nach Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 ZessÜ

Unterliegt eine Abtretung nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ dem ZessÜ, so ist es für den Zessionar von Bedeutung zu wissen, ob die den Schuldner betreffenden Bestimmungen des ZessÜ für diese Forderungsabtretung zur Anwendung gelangen, zumal diese Vorschriften unter anderem bestimmen, unter welchen Voraussetzungen einer Leistung des Schuldners schuldbefreiende Wirkung zukommt oder welche Einrede der Schuldner gegenüber dem Zahlungsanspruch des Zessionars geltend machen kann. Die Feststellung der Tatsache, wo der Schuldner im relevanten Zeitpunkt seine Niederlassung hatte, wird bei der Abtretung bestehender 177 Forderungen in der Regel keine Schwierigkeiten verursachen. 178 Für die Kenntnis über das auf den Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten anwendbare Sachrecht ist der Zessionar hingegen auf Informationen vom Zedenten angewiesen. 179 Eine diesbezügliche Informationspflicht kann sich aus dem

175

Für das EVÜ vgl. Art. 3 EVÜ. Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (271 f.). 177 Bezüglich der Abtretung zukünftiger Forderungen s. sogleich. 178 Anders ist die Situation in jenen Fällen, in welchen sich der Zessionar auf die Finanzierung beschränkt und der Zedent z.B. auch die Einziehung der Forderung für den Zessionar übernimmt. 179 Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat die Streichung der kollisionsrechtlichen Anwendungsalternative empfohlen, da es für den Zessionar schwer feststellbar ist, ob die Art. 15 bis 21 ZessÜ trotz fehlender Niederlassung des Schuldners in einem Vertragsstaat auf Grund der zweiten Alternative anwendbar sind. Vgl. Mitteilung 176

1. Kapitel:

ZessÜ

103

Vertrag über die Abtretung, aus Handelsbräuchen oder aus zwischen dem Zedenten und dem Zessionar entstandenen Gepflogenheiten ergeben. Der Zessionar ist aber auf Grund der zweiten Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ in keiner schlechteren Position als er es ohne das ZessÜ wäre. Selbst der Schuldner, der in der Lage sein sollte, die Anwendung des ZessÜ abzuschätzen, könnte mangels einer Rechtswahlklausel im Grundvertrag vor einem ähnlichen Problem stehen, wenn das auf den Grundvertrag anzuwendende Sachrecht auf Grund unterschiedlicher kollisionsrechtlicher Vorschriften von der Wahl des Forums abhängig sein sollte. 180 Jedoch gilt auch hier: In einer derartigen Fallkonstellation bewirkt Art. 1 Abs. 3 ZessÜ an sich keine Verschlechterung der rechtlichen Position des Schuldners. Durch die getrennte Anknüpfung des räumlichen Anwendungsbereiches des ZessÜ für den Zedenten und den Zessionar (sowie konkurrierende Berechtigte) nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ einerseits und den Schuldner nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ andererseits können sich folgende praktische Schwierigkeiten ergeben: Sind der Zedent und der Zessionar in einem Vertragsstaat niedergelassen und treffen sie eine Vereinbarung über eine Globalabtretung internationaler zukünftiger Forderungen, so haben der Zedent und der Zessionar bis zur Entstehung der Forderung keine Kenntnis darüber, ob für die Rechte und Pflichten des konkreten Schuldners die Bestimmungen des ZessÜ 181 maßgebend sein werden. 182 Dieses Problem stellt sich nicht, wenn dem Zedenten und dem Zessionar bei Abschluss des Abtretungsvertrages bekannt ist, dass entweder das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates sein wird 183 oder dass die potenziellen Vertragspartner (Schuldner) des Zedenten ihre Niederlassung ausschließlich in Vertragsstaaten des ZessÜ haben. Die fehlende Kenntnis des Zedenten und des Zessionars im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages über eine Anwendung der die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffenden Bestimmungen liegt

des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.99, (1) The role of conflict-of-laws rules in delimiting the geographical scope of application of the Convention. 180 Dieses Problem sollte sich nicht stellen, sofern einheitliche kollisionsrechtliche Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse bestehen. 181 Die Maßgeblichkeit des ZessÜ für den Zedenten und den Zessionar folgt daraus, dass der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat und eine internationale Forderung abgetreten wird (Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 Satz 1 ZessÜ). 182 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 18. 183 Sei es auf Grund der objektiven Anknüpfung an die charakteristische Leistung, die der Zedent als Vertragspartner des Schuldners erbringt, sei es auf Grund einer Rechtswahl zugunsten des Rechts eines Vertragsstaates, die der Zedent gegenüber dem Schuldner durchsetzen kann.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

auch bei einer internationalen Globalabtretung 184 internationaler zukünftiger Forderungen vor. Hingegen ist im Fall einer internationalen Abtretung nationaler zukünftiger Forderungen dem Zedenten und dem Zessionar bei Abschluss des Abtretungsvertrages bekannt, dass der Schuldner seine Niederlassung in ein und demselben Vertragsstaat wie der Zedent hat, somit für die Rechte und Pflichten des Schuldners die Bestimmungen des ZessÜ maßgebend sein werden.

F. Resümee zum räumlichen Anwendungsbereich Abschließend eine kurze Zusammenfassung des räumlichen Anwendungsbereiches im Fall der ersten Abtretung einer Geldforderung: Da Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ ausschließlich auf die Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat anknüpft, ist es für den räumlichen Anwendungsbereich unerheblich, ob sowohl der Zessionar als auch der Schuldner ihre Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat haben. Der auf den ersten Blick „großzügig" erscheinende räumliche Anwendungsbereich nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ ist jedoch stets im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Internationalität zu sehen. Hat der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat, haben aber sowohl der Zessionar als auch der Schuldner ihre Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat, so ist das ZessÜ anzuwenden, sofern eine internationale Forderung international abgetreten wird. Ob bei einer internationalen Abtretung einer internationalen Forderung der Zessionar und der Schuldner ihre Niederlassung in ein und demselben oder in verschiedenen Nichtvertragsstaaten haben, ist für die Anwendung des überwiegenden Teils des ZessÜ (Ausnahme insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) unerheblich. Da der Schuldner im genannten Fall seine Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat hat, gelangen insbesondere die Art. 15 bis 21 ZessÜ nur unter der Voraussetzung zur Anwendung, dass auf den Grundvertrag das Recht eines Vertragsstaates anwendbar ist. Tritt ein Zedent mit Niederlassung in einem Vertragsstaat eine internationale Forderung an einen im selben Staat niedergelassenen Zessionar ab (nationale Abtretung), so haben zumindest zwei Parteien, nämlich der Zedent und der Zessionar, ihre Niederlassung in einem (konkret: demselben) Vertragsstaat. 185 Die den Schuldner betreffenden Bestimmungen (insbe184

Die Maßgeblichkeit des ZessÜ für den Zedenten und den Zessionar folgt daraus, dass der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat und eine internationale Abtretung vorliegt (Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 Satz 2 ZessÜ). 185 Diesen Sachverhalt und den nächsten erwähnt auch Ferrari in Liber amicorum Siehr 179 (189 Fn 50); derselbe, Melb. J. Int'l L. 2000, 1 (11 Fn 56).

I. Kapitel:

ZessÜ

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sondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) gelangen zur Anwendung, sofern der Schuldner seine Niederlassung ebenfalls in einem anderen Vertragsstaat hat oder wenn das für den Grundvertrag maßgebliche Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. Tritt hingegen ein Zedent mit Niederlassung in einem Vertragsstaat eine nationale Forderung an einen in einem anderen Staat niedergelassenen Zessionar ab (internationale Abtretung), so haben ebenfalls zumindest zwei Parteien, nämlich der Zedent und der Schuldner, ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat. Jene Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, gelangen bereits auf Grund der Tatsache, dass der Schuldner seine Niederlassung in demselben Vertragsstaat wie der Zedent hat, zur Anwendung.

III. Nachfolgende Abtretungen A. Einleitung Im internationalen Handel sind Abtretungen in der Kette, d.h. zeitlich aufeinander folgende Abtretungen einer Forderung durch den jeweiligen Forderungsinhaber 186 , eine häufige und weit verbreitete Praxis. 187 Das ZessÜ verwendet für solche „Kettenabtretungen" den Begriff „nachfolgende Abtretungen". Durch die Vorschriften des Art. 1 Abs. 1 lit. b und Art. 1 Abs. 2 ZessÜ erweitert das ZessÜ seinen Anwendungsbereich auf die der ersten Abtretung nachfolgenden Abtretungen. Gleich vorweg ist zu betonen, dass auch bei einer nachfolgenden Abtretung, welche gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b oder Art. 1 Abs. 2 ZessÜ dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegt, jene Vorschriften des ZessÜ, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, stets nur dann anwendbar sind, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages, aus dem die nun in der Kette abgetretene Forderung herrührt, seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hatte oder das für den Grundvertrag maßgebende Recht zu diesem Zeitpunkt das Recht eines Vertragsstaates war (s. Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). 188 Vor einer Erörterung der nachfolgenden Abtretungen nach dem ZessÜ ist auf die Vorschrift des Art. 2 lit. b ZessÜ hinzuweisen. Diese enthält 186 Davon sind Abtretungen derselben Forderung durch denselben Zedenten an mehrere Zessionare zu unterscheiden (Mehrfachabtretungen). 187 Z.B. im internationalen Factoring, bei Securitization, Projektfinanzierungen und Refinanzierungstransaktionen. 188 Zum Verhältnis zwischen Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 Z e s s Ü s. 2. Teil, 1. Kapitel, II.E.2.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

einerseits eine Definition des Begriffes „nachfolgende Abtretung" 189 und andererseits eine Klarstellung: Bei einer Abtretung durch den ursprünglichen oder einen anderen Zessionar („nachfolgende Abtretung" 190 ), ist die Person, welche abtritt, der Zedent, und die Person, an die abgetreten wird, der Zessionar. Die Bestimmungen des ZessÜ, die auf den Zedenten oder den Zessionar Bezug nehmen, sind somit unabhängig davon anzuwenden, ob es sich dabei um den ursprünglichen oder einen nachfolgenden Zedenten bzw. Zessionar handelt.

B. Nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ Nach Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ ist das ZessÜ auf nachfolgende Abtretungen unter der Voraussetzung anwendbar, dass eine frühere Abtretung dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegt. Die „frühere" Abtretung muss nicht notwendigerweise die erste (ursprüngliche) Abtretung einer Forderung sein. 191 Unterfällt jedoch bereits die erste Abtretung dem ZessÜ, so gilt das Übereinkommen nicht nur für diese erste Abtretung, sondern auch für jede einzelne der dieser Abtretung nachfolgenden Abtretungen. Im Fall einer nachfolgenden Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ ist es daher nicht erforderlich, dass der Zedent der nachfolgenden Abtretung (= Zessionar der früheren Abtretung) in einem Vertragsstaat niedergelassen ist. 192 Dies hat einerseits zur Folge, dass das ZessÜ auf jede nachfolgende internationale Abtretung nationaler oder internationaler Forderungen und auf jede nachfolgende nationale Abtretung internationaler Forderungen anwendbar ist. 193 Andererseits bewirkt die Vorschrift des Art. 1 Abs. 1 189

Aus dieser Definition folgt eindeutig, dass eine der Erstzession „nachfolgende" weitere Abtretung durch den Zedenten (Doppelzession) nicht dem von dem ZessÜ verwendeten Begriff entspricht. Das Problem der Doppelzession umschreibt das Übereinkommen in Art. 5 lit. i ZessÜ; vgl. Lukas, ÖBA 2000, 501 (503), der diese Frage aufwirft und meint, sie sei „eher zu verneinen". 190 Art. 2 lit. b ZessÜ: „... an assignment by the initial or any other assignee (,subsequent assignment')." 191 Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ verwendet den Begriff „any prior assignment" (eine frühere Abtretung); im Vergleich dazu enthält Art. 2 lit. b ZessÜ den engeren Begriff „initial" (ursprünglich). 192 Der Vorschlag, dass eine nachfolgende Abtretung nur dann dem ZessÜ unterliegen soll, sofern der Zedent einer nachfolgenden Abtretung im Zeitpunkt des Abschlusses über die nachfolgende Abtretung seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, ist verworfen worden. Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 14. 193 Das ZessÜ kann in diesen Fällen auch zur Anwendung gelangen, wenn sich alle drei Parteien in einem Nichtvertragsstaat befinden. Beispiel: Zedent 1 hat seine Niederlassung im Vertragsstaat A, der Schuldner und der Zessionar 1 befinden sich im Nichtvertragsstaat X. Das ZessÜ ist auf diese internationale Abtretung einer internationalen

1. Kapitel: ZessÜ

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lit. b Z e s s Ü aber auch, d a s s e i n e n a c h f o l g e n d e nationale A b t r e t u n g nationaler Forderungen d e m A n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Z e s s Ü unterliegt. 1 9 4 S o m i t ist e i n e n a c h f o l g e n d e Abtretung auch dann nach d e m Z e s s Ü zu beurteilen, w e n n s o w o h l der Z e d e n t und der Z e s s i o n a r als auch der S c h u l d n e r ihre N i e d e r l a s s u n g in e i n und d e m s e l b e n Staat h a b e n . 1 9 5 D i e Erweiterung d e s A n w e n d u n g s b e r e i c h e s auf alle n a c h f o l g e n d e n A b tretungen, s o f e r n e i n e frühere Abtretung g e m ä ß Art. 1 lit. a i . V . m . Art. 3 Z e s s Ü d e m Z e s s Ü unterliegt, wird mit d e m Prinzip der „ c o n t i n u a t i o juris" begründet. A l l e A b t r e t u n g e n in der Kette s o l l e n e i n e m e i n h e i t l i c h e n rechtl i c h e n R e g i m e - d e m Z e s s Ü - unterfallen. 1 9 6 E s gilt der Grundsatz: „ o n c e international, a l w a y s international". 1 9 7 B e i n a c h f o l g e n d e n A b t r e t u n g e n obliegt es somit dem potenziellen Zessionar festzustellen, ob die Abtretung e i n e n a c h f o l g e n d e ist und o b e i n e frühere Abtretung der Forderung d e m G e l t u n g s b e r e i c h d e s Z e s s Ü unterfallen ist. 1 9 8

Forderung anwendbar. Bei einer nachfolgenden Abtretung an Zessionar 2, der seine Niederlassung ebenfalls im Nichtvertragsstaat hat, befinden sich alle drei Parteien der nachfolgenden Abtretung in einem Nichtvertragsstaat. Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Anwendung des ZessÜ trifft jedoch nur die Vertragsstaaten des Übereinkommens. 194 Dabei muss es sich jedoch um eine nachfolgende Abtretung handeln. Ist die ursprüngliche (erste) Abtretung eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung, so ist für die erste Forderungsabtretung das ZessÜ nicht anwendbar. Für eine mögliche Anwendung des ZessÜ auf eine dieser Abtretung nachfolgende Forderungsabtretung vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, III.C. 195 Beispiel: Erste Abtretung: Zedent und Schuldner haben ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat A, der Zessionar 1 in einem Nichtvertragsstaat. Die erste Forderungsabtretung unterfällt dem ZessÜ, da eine nationale Forderung international abgetreten wird und der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat (Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 ZessÜ). Erste nachfolgende Abtretung: Der Zessionar 1 (Nichtvertragsstaat) tritt seine Forderung an Zessionar 2 ab, der seine Niederlassung im Vertragsstaat A hat (internationale Abtretung einer nationalen Forderung). Tritt Zessionar 2 die Forderung an Zessionar 3 ab, der ebenfalls im Vertragsstaat A niedergelassen ist, so liegt eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung vor. Das ZessÜ ist auf diese Forderungsabtretung anzuwenden, da die ursprüngliche Abtretung dem ZessÜ unterliegt. Jene Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, ZessÜ sind auf Grund der ersten Alternative des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ anwendbar. 196 Dies ist insbesondere für die Vorschriften über den Vorrang an der abgetretenen Forderung von Bedeutung. Ebenso Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (300). 197 Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/455, Rn. 46. 198 Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (732).

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

C. Nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 2 ZessÜ Die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 ZessÜ regelt im Vergleich zu Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ den „umgekehrten" Fall: Eine nachfolgende Abtretung erfüllt zwar die Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ, nicht jedoch die vorangehende(n) Abtretung(en). 199 Das ZessÜ ist in einem solchen Fall auf die nachfolgende Abtretung anzuwenden, welche die Kriterien nach Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ erfüllt. In Abkehr vom Prinzip der „continuatio juris" gilt das ZessÜ in einem derartigen Fall nicht für alle Abtretungen in der Kette. Damit sollen vor allem Parteien von Abtretungen im Rahmen einer Securitization, bei welcher die erste Abtretung vom Originator an die Zweckgesellschaft eine nationale Abtretung nationaler Forderungen ist, von den Vorteilen profitieren können, die eine Anwendung des ZessÜ mit sich bringen kann. 200 Zudem ist in den Fällen, die von Art. 1 Abs. 2 ZessÜ erfasst werden, eine unangemessene Kollision mit nationalen Praktiken nicht zu erwarten. 201 Ist das ZessÜ lediglich auf eine nachfolgende Abtretung anzuwenden und fordert der Zessionar dieser nachfolgenden Abtretung die Zahlung vom Schuldner, so verdrängen die Vorschriften des ZessÜ, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen, jene Schuldnerschutzvorschriften, die mangels Anwendung des ZessÜ anwendbar gewesen wären, nur unter der Voraussetzung, dass eine der Anwendungsalternativen nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages entweder in einem Vertragsstaat des ZessÜ niedergelassen war oder das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. Beispiel 1: Der Zedent und der Schuldner sind im Nichtvertragsstaat X niedergelassen, der Zessionar 1 im Vertragsstaat A. Das ZessÜ gelangt für die erste Forderungsabtretung nicht zur Anwendung. Zediert Zessionar 1 die Forderung an Zessionar 2 mit Niederlassung im Nichtvertragsstaat Y, so gelangt das ZessÜ grundsätzlich zur Anwendung, da der Zedent (= Zessionar 1) seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat und eine internationale Abtretung einer nationalen Forderung vorliegt. Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, gelangen jedoch nicht zur Anwendung, da keine der in Art. 1 Abs. 3 ZessÜ genannten Alternativen vorliegt. 199 Die vorangehende Abtretung ist nicht nach dem ZessÜ zu beurteilen, wenn der Zedent seine Niederlassung nicht in einem Vertragsstaat hat oder wenn weder eine internationale Abtretung noch eine nationale Abtretung einer internationalen Forderung vorliegt. 200 Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (324 Fn 40); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 37. 201 So Sekretariatskommentar, A/CN.9/489, Rn. 20 und 21.

1. Kapitel:

ZessÜ

109

Beispiel 2: Der Zedent und der Zessionar 1 haben ihre Niederlassung im Nichtvertragsstaat X , der Schuldner im Vertragsstaat A. Für die erste Forderungsabtretung gelangt das ZessÜ nicht zur Anwendung. Zediert der Zessionar 1 seine Forderung an den Zessionar 2 im Vertragsstaat A, so ist das ZessÜ auch für diese Forderungsabtretung unbeachtlich. Zediert j e doch der Zessionar 2 die Forderung an einen Zessionar in einem anderen Staat, so ist das ZessÜ für diese Abtretung maßgebend (Art. 1 Abs. 2 ZessÜ). Der Zedent (= Zessionar 2) hat seine Niederlassung in einem Vertragsstaat und es liegt eine internationale Abtretung einer internationalen Forderung vor. Im konkreten Fall ist das ZessÜ auch für den Schuldner beachtlich, da er bei Abschluss des Grundvertrages in einem Vertragsstaat des ZessÜ niedergelassen war (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ).

D. Verhältnis von Art. 1 Abs. 1 lit. b zu Art.l Abs. 2 ZessÜ Unterfällt die erste Abtretung („initial assignment") dem Anwendungsbereich des ZessÜ, so bewirkt Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ, das auch alle nachfolgenden Forderungsabtretungen nach dem ZessÜ zu beurteilen sind. Erfüllt hingegen zwar nicht die erste Abtretung die sachlichen und räumlichen Anwendungsvoraussetzungen, jedoch eine nachfolgende, so gelten für diese nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 2 ZessÜ die Vorschriften des ZessÜ. Für die dieser Abtretung nachfolgende Abtretung bewirkt wiederum Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ („any prior assignment") die Anwendung des ZessÜ.

IV. Nicht erfasste Forderungsabtretungen und sonstige Beschränkungen Art. 4 ZessÜ enthält einerseits einen Katalog von Forderungsabtretungen, die nach Art. 1 ZessÜ grundsätzlich dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen, vom diesem aber durch Art. 4 ZessÜ ausgeschlossen werden, da sie entweder bereits ausreichend geregelt sind oder den üblichen abtretungsbezogenen Praktiken im Rahmen der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung nicht entsprechen. 202 Andererseits stellt Art. 4 ZessÜ klar, dass dieses Übereinkommen keinen Einfluss auf näher definierte 2 0 2 1.d.S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 4 2 ; s. auch Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 3 1 5 ( 3 2 2 ) ; nach Sigman/Smith, Bus. Law. 2 0 0 2 , 7 2 7 (733 Fn 34), waren einige Ausnahmen notwendig, um ein Anwachsen der Komplexität des ZessÜ zu verhindern; dieselben, A Short Summary of the United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, U.C.C.L.J. 2 0 0 2 , 5 9 (62).

110

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Rechtsverhältnisse bzw. rechtliche Positionen bestimmter Personen hat. 203 Im Folgenden werden die einzelnen Ausschlüsse vom Anwendungsbereich des ZessÜ bzw. die Beschränkungen der Wirkungen des ZessÜ erörtert.

A. Abtretungen zu Verbraucherzwecken Das ZessÜ enthält weder eine Legaldefinition des Begriffes „Verbraucher" in Art. 5 ZessÜ, noch verwendet es den Begriff „Verbraucher" in einer seiner Bestimmungen. 204 Lediglich in einem Entwurf war eine Legaldefinition des Begriffes „Verbraucherforderungen" enthalten. 205 Das ZessÜ beschreibt den Verbraucher zum einen mittelbar über den Zweck der Abtretung (Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ), zum anderen über den Zweck des Rechtsgeschäftes, aus dem die abgetretene Forderung resultiert (Art. 4 Abs. 4 ZessÜ). Nach Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ findet das ZessÜ keine Anwendung auf Abtretungen, die an eine Einzelperson für ihre persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffenden Zwecke vorgenommen werden. 206 Derartige Forderungsabtretungen sind ausgenommen, da diese für das ZessÜ keine praktische Bedeutung haben. 207 Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei der Person des Zedenten um einen Unternehmer oder um einen Verbraucher handelt. Maßgebend für die Nichtanwendung des ZessÜ gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ ist ausschließlich der Zweck der Abtretung für den Zessionar. Forderungsabtretungen, die an eine Einzelperson für ihre persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffenden Zwecke erfolgen, werden im Folgenden als Forderungsabtretungen an einen Verbraucher bezeichnet. Selbst unter der Annahme, dass der Begriff Einzelperson („individual") auch eine juristische Person erfasst, ist eine Abtretung zu persönlichen, 203

Z.B. auf nationale Verbraucherschutzvorschriften (Art. 4 Abs. 4 ZessÜ); s. auch Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (51 f.). 204 Der Vorschlag, den Begriff „Verbraucher" („consumer") zu verwenden, ist mit dem Hinweis auf ein fehlendes einheitliches Verständnis dieses Begriffes verworfen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 57. 205 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 39, Art. 2 Abs. 5: „Consumer receivable means a receivable arising from a transaction made for personal, family or household purposes." 206 Diese Formulierung steht im Einklang mit Art. 4 Abs. 4 ZessÜ, der das Verhältnis des ZessÜ zu nationalen Verbraucherschutzvorschriften regelt. Zu Art. 4 Abs. 4 ZessÜ s. 2. Teil, 1. Kapitel, IV.D. 207 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 43. Auf diesem Argument beruhte auch ein während der Ausarbeitung unterbreiteter Vorschlag (vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 4 Rn. 1), Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ insgesamt zu streichen. S. auch Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (268): „There is no market for such assignments."

1. Kapitel:

ZessÜ

111

familiären oder den Haushalt betreffenden Zwecken an eine juristische Person theoretischer Natur und praktisch ausgeschlossen. Wird das Unternehmen von einer natürlichen Person betrieben, ist zu beurteilen, ob die Abtretung an den Unternehmer (als Zessionar) zu dessen unternehmerischen oder privaten Zwecken vorgenommen wird. Erfolgt die Forderungsabtretung sowohl zu dessen privaten als auch zu dessen unternehmerischen Zwecken, so unterliegen derartige Forderungsabtretungen m.E. dem ZessÜ, da Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ eine Ausnahmevorschrift darstellt. 208 Aus Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ folgt daher im Umkehrschluss: Liegen die Voraussetzungen nach Art. 1 (Abs. 1 oder 2) und 3 ZessÜ vor, so erfasst das ZessÜ grundsätzlich sowohl die Abtretung von Forderungen von einem Verbraucher an einen Unternehmer zu dessen unternehmerischen Zwecken 209 als auch die Abtretung von Forderungen von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer zu dessen unternehmerischen Zwecken, unabhängig davon, ob die abgetretenen Forderungen aus einem Grundvertrag zwischen zwei Unternehmern oder zwischen einem Unternehmer als Gläubiger und einem Verbraucher als Schuldner stammen. 210 Der Abtretung von Forderungen aus Grundverträgen, die dem Zedenten gegen einen Verbraucher zustehen (so genannte „Verbraucherforderungen"), kommt insbesondere im Rahmen einer Securitization von Kreditkartenforderungen eine große praktische Bedeutung zu. 211 Das ZessÜ setzt somit nicht voraus, dass alle an einer Forderungsabtretung beteiligten Parteien als Unternehmer zu bewerten sind. 212 Wesentlich ist, dass die Abtretung an eine Person 208 Soweit ersichtlich, wird diese Frage in den Materialien nicht aufgeworfen. Dies mag daran liegen, dass die Verfasser bei den Beratungen des ZessÜ die Abtretung von Forderungen im Rahmen von forderungsgestützten Unternehmensfinanzierungen vor Augen hatten, so dass sich die Frage auf Grund fehlender praktischer Relevanz wohl nicht gestellt hat. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 2 lit. a CISG; nach h.A. führt nur der „ausschließliche" (beabsichtigte) persönliche Gebrauch zum Ausschluss; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 2 CISG Rn. 12. Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ stellt auf den „in erster Linie" für den persönlichen Gebrauch geschlossenen Warenkauf- bzw. Dienstleistungsvertrag ab; Magnus in Staudinger Art. 2 CISG Rn. 17. 209 Dies folgt auch aus Art. 4 Abs. 4 ZessÜ. Ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 42. 210 Theoretisch kann die Forderung auch aus einem Grundvertrag zwischen zwei Verbrauchern stammen; erfolgt sodann die Abtretung von dem Verbraucher an einen Unternehmer, so kann diese Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 dem Übereinkommen unterliegen, da diese Abtretung nicht durch Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ ausgeschlossen ist. 211 Die Förderung derartiger Transaktionen dient der Erreichung eines der Ziele des ZessÜ, nämlich der Senkung von Kreditkosten im internationalen Handel und der Gewährleistung eines leichteren Zuganges zu kostengünstigen Krediten für Hersteller, Einzelhändler und Verbraucher. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/434, Rn. 46; Sekretariatskommentar, A/CN.9/WG.II/WP.105, Rn. 43. 212 Ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 36.

112

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

zu deren unternehmerischen Zwecken und insofern „im internationalen Handel" erfolgt. Sofern die Abtretung einer Forderung, die gegenüber einem Verbraucher besteht, dem ZessÜ unterliegt, ist zweierlei zu beachten. Zum einen sind jene Bestimmungen des ZessÜ, die unmittelbar die rechtliche Position des Schuldners betreffen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ), nur bei Vorliegen einer der Alternativen des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ anzuwenden. Zum anderen soll das ZessÜ nicht die Verbraucherschutzvorschriften, welche in den einzelnen Rechtsordnungen in unterschiedlichem Umfang bestehen, beeinträchtigen. 213 Dies hält Art. 4 Abs. 4 ZessÜ, 214 nach welchem das Übereinkommen keine Auswirkungen auf das durch nationale Verbraucherschutzvorschriften geregelte Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner hat, ausdrücklich fest. 215

B. Forderungsabtretungen bei Unternehmensveräußerungen Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b ZessÜ ist das ZessÜ auf Abtretungen von Forderungen nicht anzuwenden, die im Zuge eines Verkaufes, eines Eigentumswechsels oder einer Änderung des Rechtsstatus eines Unternehmens vorgenommen werden, sofern die abgetretenen Forderungen zum konkreten Unternehmen gehören. Beim Unternehmen muss es sich um ein „lebendes" Unternehmen, d.h. kein stillgelegtes Unternehmen, handeln. 216 Im Zuge einer Unternehmensveräußerung vom Verkäufer des Unternehmens als Zedenten an den Käufer als Zessionar vorgenommene Abtretungen von unternehmenseigenen Forderungen sind vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen, da sie durch das nationale Recht, welches für Unternehmensverkäufe anzuwenden ist, in der Regel unterschiedlich geregelt werden und als solche keine Finanzierungsfunktion 217 haben. Nicht ausgenommen sind hingegen solche Forderungsabtretungen, die vom Unternehmenskäufer an eine Institution vorgenommen werden, welche den Unternehmenskauf finanziert, oder Forderungsabtretungen, die zwischen zwei 213

Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 186. Vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, IV.D. 215 Die Aufnahme dieser Bestimmung in den Art. 4 ZessÜ und ihre inhaltliche Ausgestaltung sind erst in der letzten Sitzung der Kommission beschlossen worden, nachdem einerseits angezweifelt worden ist, ob eine derartige Bestimmung überhaupt erforderlich ist, und andererseits eine Ergänzung des Art. 17 ZessÜ [nunmehr Art. 15 ZessÜ, Grundsätze des Schuldnerschutzes] erwogen worden ist. S. Bericht über die 34. UNCITRALSitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 185 f. 216 Vgl. Sekretariatskommentar, A/CN. 9/489, Rn. 46. 2,7 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. 9 A/CN.9/434, Rn. 55: „... the assignment being treated as an accessory element of that transaction." 214

1. Kapitel:

ZessÜ

113

oder mehreren Unternehmen zum Zwecke der Refinanzierung oder Umschuldung von Forderungen erfolgen. 218 Dem Verkauf eines „lebenden" Unternehmens ist ein auf eine andere Weise als durch Verkauf bewirkter Eigentumswechsel oder Wechsel der Rechtsform eines Unternehmens gleichgestellt. Kommt es bei diesen Vorgängen zu Abtretungen von Unternehmensforderungen, so unterliegen auch diese dem jeweils anwendbaren nationalen Recht und nicht dem ZessÜ. 2 ' 9

C. In Wertpapieren verbriefte Forderungen Nach der Vorschrift des Art. 4 Abs. 3 ZessÜ lässt das ZessÜ die Rechte und Pflichten einer Person nach dem auf übertragbare Wertpapiere maßgebenden Recht unberührt. Diese sind nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu beurteilen. 220 Nach dem Verständnis der Verfasser soll der Begriff „negotiable instruments" gezogene Wechsel, Eigenwechsel und Schecks umfassen; 221 nach dem Zweck der Vorschrift - dazu sogleich - erstreckt sich dieser Begriff jedoch auch auf andere begebbare Inhaberund Orderpapiere. 222 Wertpapierübertragungen unterscheiden sich grundsätzlich von Forderungsabtretungen und sind durch nationales sowie internationales Sonderrecht (Einheitliches Wechsel- und Scheckrecht der Genfer Abkommen) ausreichend geregelt. Konflikte zwischen dem ZessÜ und diesen Sonderbestimmungen sollen vermieden werden, daher sind Wertpapierübertragungen vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen. Der Zweck der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 3 ZessÜ ist das Wahren von Rechten und Pflichten der Parteien, die nach dem Wertpapierrecht durch Übertragung eines Wertpapiers - mit oder ohne Indossament - ein Recht erwerben, ohne jedoch die Abtretung der zugrunde liegenden vertraglichen Forderung vom Anwendungsbereich des ZessÜ auszuschließen. 223 Eine Abtretung einer Forderung soll nicht allein auf Grund der Tatsache vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen sein, weil diese Forderung in ei218 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 47; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 46. 219 Vgl. zu dieser Ausnahme und zur Frage, ob sie auch den so genannten Asset Deal erfasst, H. Schmidt, IPRax 2005, 93 (96). 220 Vgl. zu dieser Ausnahme H. Schmidt, IPRax 2005, 93 (95). 221 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 128. 222 Diese Ansicht entspricht der Absicht der Verfasser; s. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/WG.1I/WP. 105, Rn. 44 „... i.e. bills of exchange, promissory notes, cheques and bearer documents." 223 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 28.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

nem Wertpapier verkörpert ist, um auch für solche Fälle grundsätzlich die Möglichkeit zu wahren, die Zahlung der Forderung in einem abgekürzten gerichtlichen Verfahren zu erlangen. 224 Besteht somit eine Forderung sowohl aus einem Vertrag als auch in der Form eines Wertpapiers, so ist das ZessÜ zwar auf eine Übertragung des Wertpapiers nicht anzuwenden, sehr wohl aber auf eine Übertragung der zugrunde liegenden Forderung durch Abtretung. 225 Der beschlossenen Fassung des Art. 4 Abs. 3 ZessÜ gingen zahlreiche Formulierungsvorschläge und daran anschließende Diskussionsbeiträge voraus. 226 Zunächst war nur die Übertragung von Wertpapieren durch Indossament vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen, 227 schlussendlich einigte man sich darauf, auch Wertpapierübertragungen durch bloße Übergabe ohne Indossament oder durch Bucheintragungen auszunehmen, da dies dem Grundgedanken des Art. 4 Abs. 3 ZessÜ besser gerecht werde. 228 Daraus resultiert auch die sprachliche Änderung, die nicht mehr auf die Art der Wertpapierübertragung abstellt. 229

D. Verbraucher schütz Vorschriften Gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ sind lediglich Abtretungen an eine Einzelperson für ihren persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen, nicht jedoch Abtretungen von Verbraucherforderungen 230 . 231 Ist Gegen224

Ein weiterer Ausschluss ergibt sich jedoch aus Art. 4 Abs. 2 lit. e ZessÜ. S. Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (268 f.). Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 29; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 45. 226 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 29 f. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 126 bis 133. 227 Vgl. die Textfassung der gegenständlichen Bestimmung zum Zeitpunkt der vorletzten Sitzung der UNCITRAL-Kommission im Sommer 2000 (damals: Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ): „1. This Convention does not apply to assignments: (b) To the extend made by the delivery of an negotiable instrument, with any necessary endorsement;" Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 27. 228 Die Forfaitierung von Wechselforderungen ist daher aus dem Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen. Ebenso Kieninger/E. Schütze, Neue Chancen für internationale Finanzierungsgeschäfte: Die UN-Abtretungskonvention, ZIP 2003, 2181 (2183 Fn 41), die von einem „kryptisch anmutenden" Art. 4 Abs. 3 ZessÜ sprechen. 229 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/491, Rn. 28. 230 Wie bereits erwähnt, enthält das ZessÜ keine Legaldefinition des Begriffes „Verbraucher" bzw. „Verbraucherforderung". Aus den Materialien und Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ, der allerdings die Abtretung an einen Verbraucher regelt und nichts über die Art der Forderung aussagt, folgt jedoch, dass damit Rechtsgeschäfte gemeint sind, die 225

1. Kapitel:

ZessÜ

115

stand der Abtretung eine Forderung gegen einen Verbraucher, so lässt das ZessÜ die Rechte und Pflichten des Zedenten und des Schuldners, die auf Grund von Verbraucherschutzvorschriften bestehen, unberührt 232 (Art. 4 •• O l l '^'XA Abs. 4 ZessU ). Damit sind jene nationalen Verbraucherschutzvorschriften gemeint, die nach dem auf den Grundvertrag anwendbaren Recht bestehen. 235 Sofern die Abtretung einer Forderung, die gegenüber einem Verbraucher besteht, dem ZessÜ unterliegt, ist daher grundsätzlich zweierlei zu beachten. Zum einen sind, wie bereits erwähnt, jene Bestimmungen des ZessÜ, die unmittelbar die rechtliche Position des Schuldners betreffen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ), nur bei Vorliegen einer der Alternativen des Art. 1 Abs. 3 ZessÜ anzuwenden. Zum anderen gehen gemäß Art. 4 Abs. 4 ZessÜ die Verbrauchervorschriften des anwendbaren Rechts den Schuldnerschutzbestimmungen des ZessÜ vor. Wird eine Verbraucherforderung abgetreten und hat der Schuldner bei Abschluss des Grund Vertrages, aus dem die Verbraucherforderung resultiert, seine Niederlassung in einem Vertragsstaat oder ist zu diesem Zeitpunkt der Grundvertrag nach dem Recht eines Vertragsstaates zu beurteilen (s. Art. 1 Abs. 3 ZessÜ), so erhebt sich die Frage, wie vorzugehen ist, wenn ein Widerspruch zwischen den Schuldnerschutzbestimmungen des ZessÜ und den im konkreten Fall anwendbaren nationalen Verbraucherschutzbestimmungen besteht. M.E. gehen die jeweils anwendbaren nationalen Verbraucherschutzvorschriften den Schuldnerschutzbestimmungen des ZessÜ vor. 236 Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4

aus der Sicht des Schuldners für persönliche, familiäre oder den Haushalt betreffende Zwecke vorgenommen werden. Vgl. die sodann gestrichene Formulierung in Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 39, Art. 2 Abs. 5: „Consumer receivable means a receivable arising from a transaction made for personal, family or household purposes." 231 Vgl. dazu die Kritik von H. Schmidt, IPRax 2005, 93 (95). 232 Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 186. 233 Die Aufnahme dieser Bestimmung in den Art. 4 ZessÜ und ihre inhaltliche Ausgestaltung sind erst in der letzten Sitzung der Kommission beschlossen worden, nachdem einerseits angezweifelt worden ist, ob eine derartige Bestimmung überhaupt erforderlich ist, und andererseits eine Ergänzung des Art. 17 ZessÜ [nunmehr Art. 15 ZessÜ, Grundsätze des Schuldnerschutzes] erwogen worden ist. S. Bericht über die 34. UNCITRALSitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 185 f. 234 Nach Torsello, Common Features 89 bleibt offen, auf welches Rechtsgeschäft sich der persönliche Zweck bezieht. M.E. ist es der Grundvertrag. 235 Torsello, Common Features 89 kann nicht zugestimmt werden, dass diese Frage offen bleibt. Im Anwendungsbereich des EVÜ ist daher Art. 3 i.V.m. Art. 5 EVÜ vorrangig vor Art. 4 Abs. 2 EVÜ für die Bestimmung des auf den Grundvertrag anwendbaren Rechtes zu beachten. 236 Ebenso Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (301).

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

ZessÜ, sondern auch aus der Tatsache, dass anderenfalls diese Vorschrift ins Leere laufen würde. Bekräftigt wird diese Feststellung durch folgende Überlegungen: Einerseits hat UNCITRAL im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Art. 4 Abs. 4 ZessÜ entschieden, 237 dass in den Art. 21 und 23 des Entwurfes (nun Art. 19 und 21 ZessÜ), welche den Einrede- und Aufrechnungsverzicht bzw. die Frage der Rückforderung der Zahlung durch den Schuldner regeln, der Hinweis entfallen könne, dass die Art. 21 und 23 (des Entwurfes) vorbehaltlich der Verbraucherschutzvorschriften desjenigen Staates gelten, in dem der Schuldner seine Niederlassung hat. 238 Andererseits ist die Aufnahme einer dem Art. 4 Abs. 4 ZessÜ entsprechenden Bestimmung auch vor dem Hintergrund von Art. 41 Abs. 1 ZessÜ vorgeschlagen worden. Nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ kann ein Staat jederzeit die Erklärung abgeben, dass er das ZessÜ auf bestimmte Arten von Abtretungen oder auf die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen nicht anwenden werde. Durch die Aufnahme einer Bestimmung, nach welcher das ZessÜ keinen Einfluss auf die nationalen Verbraucherschutzvorschriften hat, diesen also den Vorrang einräumt, sollte die Wahrscheinlichkeit eines Vorbehaltes nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ in Bezug auf Abtretungen von aus Verbraucherverträgen resultierenden Forderungen signifikant gesenkt werden. 239

E. Abtretungen von liegenschaftsbezogenen Forderungen 1.

Einleitung

Die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Anwendung des ZessÜ bei einer Geldforderung mit Bezug auf eine Liegenschaft und dem Recht des Staates, in dem sich diese Liegenschaft befindet, wurde zunächst im Zusammenhang mit der Frage erörtert, welche Abtretungen vom ZessÜ ausgenommen sein sollen. In der Aufzählung jener Abtretungen, deren Ausnahme diskutiert wurde, findet sich unter anderem auch die Abtretung von Ansprüchen auf Miet- und Pachtzins von Liegenschaften samt Ausstattung. 240 In weiterer Folge lag der Kommission der Entwurf einer Bestim237

Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 186. Der Einleitungssatz von Art. 21 und 23 des Entwurfes lautete: „Without prejudice to the law governing the protection of the debtor in transactions made for personal, family or household purposes in the State in which the debtor is located, ...". S. Sekretariatskommentar, A/CN. 9/489/Add. 1, Art. 21 und Art. 23. 239 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/491, Rn. 40. 240 Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9fWG.llfWP. 105, Rn. 46 sowie Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 46. 238

1. Kapitel:

ZessÜ

117

mung vor, wonach (sinngemäß) vom Anwendungsbereich des ZessÜ Forderungen auf Bezahlung des Kaufpreises oder der Miete für Gegenstände ausgenommen sind, die nach dem Recht des Staates, in welchem die Liegenschaft gelegen ist, Bestandteil der Liegenschaft werden. 241 Eine derartige Ausnahme ist übereinstimmend abgelehnt worden, da sie sehr weit wäre und daher den Nutzen des ZessÜ sowie in weiterer Folge seine Ratifikation erheblich reduzieren würde. 242 Durch die Bestimmung des Art. 4 Abs. 5 ZessÜ soll einerseits sichergestellt werden, dass Abtretungen von liegenschaftsbezogenen Forderungen nicht vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen sind, andererseits sollen jedoch bestimmte Rechte nach dem Recht des Staates, in dem sich die Liegenschaft befindet, beurteilt werden. Zudem sollen Konflikte mit dem nationalen Immobilienmarkt vermieden werden. 243 Der Begriff „Liegenschaft" umfasst nicht nur das Grundstück, sondern auch das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude. 244 Art. 4 Abs. 5 ZessÜ gliedert sich in zwei Unterabsätze, lit. a und lit. b, wobei lit. a wiederum zwei Fälle (i und ii) umfasst. Gemessen an ihrem „Aufbau" ist die Vorschrift des Art. 4 Abs. 5 ZessÜ m.E. als äußerst kompliziert zu bewerten. Zunächst werden die von Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ erfassten Tatbestände erörtert. 2.

Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ

Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ regelt zwei Fälle, in welchen das ZessÜ dem Recht des Staates, in dem eine Liegenschaft belegen ist, den Vorrang einräumt. 245 Art. 4 Abs. 5 lit. a (i) ZessÜ hält fest: Wird durch die Abtretung einer (liegenschaftsbezogenen 246 ) Forderung nach dem Recht des Staates, in dem sich die Liegenschaft befindet, ein dingliches Recht an der Liegenschaft verliehen, so berührt das ZessÜ - bezogen auf dieses dingliche Recht - nicht die Anwendung des Rechts des Staates, in dem sich die Liegenschaft befindet. Diese Vorschrift wird in der Literatur als „Schutzklau-

241 S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Art. 6 Abs. x ii lit. f „Rights to payment for goods sold or leased to the extent that under the law of the State where the goods are located the goods are considered to be part of the real estate on which the goods are situated." 242 Vgl. für die ausführliche und kontroversielle Diskussion den Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 57 bis 64 sowie 75 bis 87. 243 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 55. 244 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 140. 245 Art. 5 Abs. 5 lit. a ZessÜ: „Nothing in this Convention: (a) Affects the application of the law of a State in which real property is situated to either: ...". 246 Der Entwurf enthält diesbezüglich einen klaren Hinweis, vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Annex I Art. 4 Abs. 3 lit. a: „... a receivable related to that real estate ...".

118

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

sei" 247 zugunsten des nationalen Rechts bezeichnet. Zunächst ist daher festzustellen, ob das Recht des Staates, in dem sich die Liegenschaft befindet, eine derartige Verbindung herstellt. Soweit durch die Abtretung einer liegenschaftsbezogenen Forderung ein dingliches Recht an der Liegenschaft begründet wird, lässt das ZessÜ die Anwendung der nationalen Vorschriften auf derart begründete dingliche Rechte an dieser Liegenschaft unberührt. Art. 4 Abs. 5 lit. a (ii) ZessÜ enthält eine entsprechende Regelung für die Frage des Ranges eines Rechts an einer Forderung. Soweit nach dem Recht des Staates, in dem die Liegenschaft belegen ist, ein dingliches Recht an einer Liegenschaft ein Recht an einer Forderung verleiht, berührt das ZessÜ nicht die Vorschriften dieses Staates über den Rang eines Rechts an dieser Forderung. Damit soll klargestellt werden, dass sich die Frage des Vorranges zwischen dem Zessionar einer (liegenschaftsbezogenen) Forderung - die aus dem Verkauf oder einer Vermietung der Liegenschaft entstanden ist oder dessen Forderung durch eine Hypothek besichert ist - und dem Inhaber eines dinglichen Rechts an der Liegenschaft, welches ein derartiges Forderungsrecht überträgt, nach dem Recht jenes Staates richtet, in dem sich die Liegenschaft befindet. 248 Zu einem derartigen Konflikt kann es aber nur dann kommen, wenn sich das Recht des Berechtigten an der Liegenschaft auch auf das Recht an den liegenschaftsbezogenen Forderungen erstreckt. 249 Die Anwendung des Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ wird m.E. (zumindest zu Beginn) mit Schwierigkeiten verbunden sein. Dass Zweifel dieser Art nicht unberechtigt sind, zeigen Stellungnahmen in der Literatur, wonach es unklar ist, welche Bedeutung der Schutzklausel des Art. 4 Abs. 5 lit. a (i) ZessÜ zukommen wird 250 bzw. in welchen die Vorschrift des Art. 4 Abs. 5 lit. a ZessÜ sogar als nicht notwendig 251 bezeichnet wird, da es nicht Regelungsgegenstand des ZessÜ sei, zu klären, ob der Inhaber eines dinglichen Rechts ein Forderungsrecht erlangt.

247

Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (735). Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 5 lit. a ii ZessÜ stellt somit eine Ausnahme zu Art. 22 ZessÜ („Auf konkurrierende Ansprüche anwendbares Recht") dar; Art. 22 ZessÜ lautet: „With the exception of matters that are settled elsewhere in this Convention ... the law of the State in which the assignor is located governs the priority of the right of an assignee in the assigned receivable over the right of a competing claimant." 249 Dies wird vom Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 55 ausdrücklich hervorgehoben. 250 Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (735 f.), bezogen auf dingliche Rechte in den USA. 251 Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (270). 248

1. Kapitel:

3.

ZessÜ

119

Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ

Nach der Vorschrift des Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ macht das ZessÜ den Erwerb eines dinglichen Rechts an einer Liegenschaft nicht rechtmäßig, der nach dem Recht des Staates, in dem sich diese Liegenschaft befindet, nicht zulässig ist. Mit anderen Worten: Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ stellt klar, dass das ZessÜ gesetzlichen Verboten des Erwerbs dinglicher Rechte an Liegenschaften nicht vorgeht. Ist beispielsweise 252 die Zahlung einer abgetretenen Forderung mit einer Hypothek besichert, so wird der Zessionar diese Hypothek nicht erlangen, wenn die Hypothek nach dem Recht des Staates, in dem sich die Liegenschaft befindet, nicht übertragbar ist. Da der Erwerb von dinglichen Rechten an Liegenschaften nicht Regelungsgegenstand des ZessÜ ist und die Frage, ob und wie ein dingliches Recht an einer Liegenschaft als ein Recht, welches die Zahlung der abgetretenen Forderung sichert, mit der Abtretung der Forderung auf den Zessionar übergeht, in Art. 10 ZessÜ geregelt wird, hat m.E. die Vorschrift des Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ lediglich eine klarstellende Funktion. 253

F. Ausschluss von Forderungen „finanzieller" Natur (Art. 4 Abs. 2 ZessÜ) 1.

Einleitung

Werden Forderungen abgetreten, die aus einem im Art. 4 Abs. 2 lit. a bis lit. g ZessÜ genannten Rechtsverhältnis stammen, so sind diese Abtretungen nicht nach den Bestimmungen des ZessÜ zu beurteilen, obwohl die Anwendungsvoraussetzungen vorliegen. Insbesondere die Vorschriften über die Haftung des Zedenten, die Wirkungen eines vertraglichen Abtretungsverbotes, die Aufrechnungsmöglichkeit des Schuldners oder die Vorschriften über den Vorrang wären in diesen Fällen ungeeignet 254 und würden sich störend auf die bestehenden Geschäftspraktiken auswirken. 255 Da252

Dieses Beispiel ist dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 56 entnommen. 253 S. Bazinas, Tul. J. Int'I & Comp. L. 2001, 259 (270), der auch die Vorschrift des Art. 4 Abs. 5 lit. b ZessÜ als unnotwendig bezeichnet. 254 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 47. 255 A.A. Bazinas, Tul. J. Int'I & Comp. L. 2001, 259 (270), nach welchem eher die mangelnde Kenntnis des ZessÜ als die fehlende Eignung der Vorschriften für die Abtretung finanzieller Forderungen der Grund für die entsprechenden Befürchtungen der Vertreter von Finanzmarktinstitutionen war. Ebenso H. Schmidt, IPRax 2005, 93 (95), nach dessen Ansicht der Schutz bestehender Vertragswerke im Rahmen dieser Finanzgeschäfte durch die Zulassung vertraglicher Abtretungsverbote (wie für Finanzdienstleistungen durch Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ) sichergestellt hätte werden können.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

her sind Abtretungen von Forderungen aus bestimmten Finanzmarktgeschäften, Bankguthaben, Dokumentenakkreditiven und unabhängigen Garantien (so genannte „finanzielle" Forderungen) vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen. Der zunächst gewählte Ansatz war jedoch ein anderer: Lediglich für Abtretungen von Forderungen aus Handels- und Dienstleistungsgeschäften (so genannte „trade receivables") sollten sämtliche Vorschriften des ZessÜ gelten, für andere Forderungen („receivables other than trade receivables") waren Ausnahmen vorgesehen. 256 Nach Beratungen mit Wirtschaftskreisen wurde jedoch von der Mehrheit die Ansicht vertreten, bestimmte Finanzpraktiken seien an sich vom Anwendungsbereich des ZessÜ auszunehmen und eine Liste der auszuschließenden Rechtsgeschäfte wäre zu erstellen. Um einen vollständigen Ausschluss des ZessÜ für diese Geschäftspraktiken sicherzustellen, sollte die Liste in Art. 4 ZessÜ aufgenommen werden. 257 Abtretungen von Forderungen aus den in Art. 4 Abs. 2 lit. a bis lit. g ZessÜ genannten Rechtsgeschäften sind nun jedenfalls vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen. Darüber hinaus hat jedoch jeder Staat gemäß Art. 41 ZessÜ die Möglichkeit, für bestimmte weitere Arten von Abtretungen oder für Abtretungen bestimmter Kategorien von Forderungen die Anwendung des ZessÜ durch Erklärung auszuschließen. Auf Grund des sachlichen Zusammenhanges von Art. 41 und 4 Abs. 2 ZessÜ 258 wird die Bestimmung des Art. 41 ZessÜ sogleich im Anschluss an Art. 4 Abs. 2 ZessÜ erörtert. Dies erfolgt ungeachtet dessen, dass es sich bei Art. 41 ZessÜ, unter Beachtung seiner nummerischen Position im ZessÜ, um eine Bestimmung des VI. Kapitels, somit um eine Schlussbestimmung, handelt. 2.

Rechtsgeschäfte

an einer regulierten Börse (Art. 4 Abs. 2 lit. a ZessÜ)

Die Anwendung des ZessÜ auf Abtretungen von Forderungen aus Rechtsgeschäften an einer regulierten Börse würde nach Ansicht der Verfasser zu einem Konflikt mit bereits eingeführten Geschäftspraktiken führen und 256 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 33 und 35: „Trade receivable means a receivable arising under an original contract for the sale or lease of goods or the provision of services other than receivables arising under payments or securities settlement systems and receivables arising under financial contracts governed by netting agreements or used as collateral." 257 S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Art. 6 Abs. x ii The following are not „receivables" (es folgt eine insgesamt neun Punkte umfassende Aufzählung) und Rn. 38, 97 und 99. 258 Bereits die Überschriften von Art. 4 ZessÜ und 41 ZessÜ weisen auf den gleichen Regelungsgegenstand hin, lautet doch die Überschrift von Art. 4 ZessÜ „Ausschlüsse und andere Beschränkungen", wobei mit den „Ausschlüssen" die Absätze 1 und 2 gemeint sind, und jene von Art. 41 ZessÜ „Andere Ausschlüsse".

1. Kapitel: ZessÜ

121

könnte die berechtigten Erwartungen von Parteien derartiger Geschäfte enttäuschen. 259 Maßgebend für die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 lit. a ZessÜ ist die Art des Geschäftsabschlusses und nicht der Gegenstand bzw. Inhalt des Geschäftes. Dabei stellt nicht jeder regulierte Markt eine „regulierte Börse" i.S.d. ZessÜ dar. Der Ausschluss nach Art. 4 Abs. 2 lit. a ZessÜ erfasst zwar Forderungen aus Geschäftsabschlüssen unter der Aufsicht einer regulierten Wertpapier-, Produkten-, Devisen- oder Edelmetallbörse, nicht jedoch beispielsweise Abtretungen von Forderungen aus Geschäftsabschlüssen über Wertpapiere oder Edelmetalle, die außerhalb einer regulierten Börse oder nicht im Rahmen einer Nettingvereinbarung (Abrechnungsvereinbarung, Aufrechnungsvereinbarung, s. Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ, dazu sogleich) getätigt werden. 260 3.

Nettingvereinbarungen

(Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ)

Abtretungen von Forderungen aus Finanzverträgen, 261 die einer Nettingvereinbarung 262 unterliegen, unterfallen grundsätzlich nicht dem ZessÜ. Eine Ausnahme besteht nach Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ lediglich dann, wenn bei Beendigung aller offenen Rechtsgeschäfte - und infolge dessen der Nettingvereinbarung - eine sich daraus ergebende Forderung abgetreten wird (Schlussforderung beim close out Netting). 259

Zunächst war ein Ausschluss für Abtretungen von Forderungen aus Geschäften an Terminbörsen und aus dem Verkauf sowie der Vermietung von Gold und anderen Edelmetallen oder einem Gold- bzw. Edelmetalldarlehen (unabhängig davon, ob der Geschäftsabschluss im Rahmen einer regulierten Börse erfolgt) vorgeschlagen worden. S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Art. 6 Abs. x ii lit. a und lit. b sowie Rn. 43 ff. 260 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 48. 261 Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. k ZessÜ ist ein Finanzvertrag jedes Kassa-, Termin-, Future-, Optionen- oder Swap-Geschäft, dem Zinssätze, Rohstoffe, Währungen, Aktien, Anleihen, Indizes oder andere Finanzinstrumente zugrunde liegen, jedes Wertpapierpensions- oder Wertpapierleihgeschäft, und jedes andere an Finanzmärkten abgeschlossene Geschäft, das einem der zuvor beschriebenen Geschäfte entspricht, und jede Kombination von Geschäften dieser Art. 262 Art. 5 lit. 1 ZessÜ enthält eine Legaldefinition; eine „Netting-Vereinbarung" ist eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, die eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt: (i) die Nettoabrechnung von Zahlungen, die in derselben Währung und an demselben Datum fällig werden, entweder durch Schuldumwandlung (Novation) oder auf andere Weise; (ii) im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder einer anderen Nichterfüllung durch eine Partei die Beendigung aller ausstehenden Geschäfte zum Wiederbeschaffungswert oder zu einem gängigen Marktwert, die Umrechnung dieser Beträge in eine einzige Währung und Abrechnung in eine einzige Zahlung der einen Partei an die andere Partei; oder (iii) die Aufrechnung von Beträgen, die nach Buchstabe (1) (ii) dieses Artikels berechnet worden sind, nach zwei oder mehreren Nettingvereinbarungen.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

Abrechnungsvereinbarungen sind übliche Geschäftspraktiken bei Devisengeschäften oder bei Zahlungen und Wertpapierabrechnungen zwischen Banken. Sie beruhen auf standardisierten Verträgen und Regeln, die von in der Branche tätigen Institutionen erstellt worden sind, beispielsweise das „Master Netting Agreement" 263 , ausgearbeitet von der International Swaps and Derivatives Association („ISDA"), oder der „Model Netting Act", ebenfalls von ISDA erarbeitet. Charakteristisch für Abrechnungsvereinbarungen ist die Tatsache, dass eine Partei zugleich Schuldner und Gläubiger ist und Zahlungen gegenseitig abgerechnet werden. Würde ein Anspruch auf Zahlung durch eine Abtretung dieser Forderung aus der Vereinbarung herausgelöst, so würde dies die Kreditrisikosituation, auf deren Basis das Geschäft abgeschlossen wurde, verändern. Eine Änderung des Geschäftsrisikos einer Partei könnte jedoch die Auflösung des gesamten Geschäftes zur Folge haben, und das wiederum hätte negative Auswirkungen auf die Kreditkosten. Derartige Entwicklungen würden dem in der Präambel genannten Zweck des ZessÜ zuwiderlaufen, nämlich die Verfügbarkeit von Kapital und Krediten zu günstigeren Zinssätzen zu begünstigen und dadurch die Entwicklung des internationalen Handels zu fördern. 264 In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung solcher Verträge für die internationalen Finanzmärkte und eines bereits bestehenden, bewährten Regelwerkes war es unstrittig, dass Abtretungen von Forderungen aus Finanzverträgen i.S.d. Art. 5 lit. k ZessÜ, die einer Nettingvereinbarung i.S.d. Art. 5 lit. 1 ZessÜ unterliegen, vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen sein sollen. 265 Zu beachten ist jedoch, dass sich der Ausschluss nach Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ nur auf Forderungsabtretungen aus Finanzverträgen, die Nettingvereinbarungen unterliegen, bezieht, nicht jedoch auf Forderungsabtretungen aus Verträgen zwischen anderen Unternehmen als Finanzierungsinstituten, für die eine Nettingvereinbarung besteht (so genanntes „industrial netting"). 266 Wie bereits erwähnt, ist die Abtretung einer Forderung, die bei einer Beendigung einer Nettingvereinbarung entsteht (Schlussforderung beim close out Netting), nicht gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen, da die für den Ausschluss 263 Vgl. Zobl, 1992 ISDA-Master Agreement unter besonderer Berücksichtigung der Swapgeschäfte (1995). 264 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 49 und 76. 265 Unklar, wie bei den meisten der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 ZessÜ, war zunächst nur, ob der Ausschluss des ZessÜ für diese Forderungsabtretungen ein gänzlicher oder nur teilweiser, insbesondere hinsichtlich der Wirkung eines vertraglich vereinbarten Abtretungsverbotes und des Überganges von Sicherungsrechten, sein sollte. S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 46. 266 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 48; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 50.

1. Kapitel:

ZessÜ

123

nach Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ vorliegenden Gründe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehen. 267 4.

Fremdwährungsgeschäfte

(Art. 4 Abs. 2 lit. c ZessÜ)

Werden Fremdwährungsgeschäfte auf regulierten Börsen oder im Rahmen von Nettingvereinbarungen getätigt, so sind Abtretungen von Forderungen aus diesen Fremdwährungsgeschäften bereits gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a bzw. lit. b ZessÜ vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen. Für Fremdwährungsgeschäfte außerhalb regulierter Börsen oder außerhalb von Nettingvereinbarungen wäre somit das ZessÜ anwendbar, obwohl einige Bestimmungen des ZessÜ für bestehende Geschäftspraktiken im Fremdwährungsgeschäft, unabhängig davon, in welchem Rahmen dieses getätigt wird, als nicht „passend" bewertet worden sind, so insbesondere die Vorschrift über die Wirkung eines vertraglichen Abtretungsverbotes. Daher bestimmt Art. 4 Abs. 2 lit. c ZessÜ ausdrücklich, 268 dass das ZessÜ auf Abtretungen von Forderungen aus Fremdwährungsgeschäften keine Anwendung findet. 5.

Vereinbarungen

zwischen Banken (Art. 4 Abs. 2 lit. d ZessÜ)

Nach Art. 4 Abs. 2 lit. d ZessÜ findet das ZessÜ keine Anwendung auf die Abtretung von Forderungen im Rahmen von Zahlungssystemen oder Zahlungsvereinbarungen im Verkehr zwischen Banken oder im Rahmen von Abrechnungs- und Abwicklungssystemen für Wertpapiere oder anderes Finanzvermögen oder andere Finanzinstrumente. Die Abtretung von Forderungen zwischen Banken auf Grund von vereinbarten Zahlungssystemen (Vereinbarung zwischen mehr als zwei Banken) oder Zahlungsvereinbarungen (Vereinbarung zwischen zwei Parteien) ist durch besondere Vorschriften geregelt, mit welchen das ZessÜ nicht konkurrieren oder in Konflikt geraten soll. Dies gilt auch für Abrechnungs- und Abwicklungssysteme zwischen Banken im Zusammenhang mit Wertpapieren. Um eine Überschneidung mit dem Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf intermediär-verwahrte Wertpapiere anzuwendende

267 Ebenso Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 48; Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489, Rn. 50. 268 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 134. Zunächst ist der Vorschlag, Devisengeschäfte ausdrücklich in die Liste der ausgeschlossenen Rechtsgeschäfte aufzunehmen, abgelehnt worden, da kein zwingender Grund bestehe, die noch verbliebenen Devisengeschäfte auszunehmen, zumal Finanzinstitutionen die Möglichkeit hätten, diese im Rahmen einer Netting-Vereinbarung abzuschließen und somit vom Anwendungsbereich des ZessÜ auszunehmen. Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UNDoc. A/55/17, Art. 6 Abs. x ii lit. h sowie Rn. 66 bis 68.

124

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti7

Rechtsordnung 2 6 9 zu vermeiden, sind auch ein „anderes Finanzvermögen" und andere Finanzinstrumente den Wertpapieren gleichgestellt. 270 Die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 lit. d ZessÜ erfasst nach ihrem Wortlaut sowohl Abtretungen von Forderungen zwischen Banken, die im Rahmen einer Nettingvereinbarung auf Grund der zwischen ihnen bestehenden Zahlungssysteme oder Wertpapierabrechnungs- und Wertpapierabwicklungssysteme erfolgen (es gilt nicht die Ausnahme nach lit. b 271 ), als auch Abtretungen der genannten Forderungen außerhalb einer Nettingvereinba272 rung. 6.

Forderungen aus Wertpapieren

(Art. 4 Abs. 2 lit. e ZessÜ)

Nach Art. 4 Abs. 2 lit. e ZessÜ sind Abtretungen von Forderungen, die aus einer Übertragung von Sicherungsrechten an Wertpapieren oder aus dem Verkauf, der Leihe, dem Besitz oder einer Vereinbarung über den Rückkauf von Wertpapieren entstehen, nicht nach dem ZessÜ zu beurteilen. Um eine Überschneidung mit dem soeben erwähnten Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf intermediär-verwahrte Wertpapiere anzuwendende Rechtsordnung zu vermeiden, sind ein „anderes Finanzvermögen" und andere Finanzinstrumente den Wertpapieren gleichgestellt worden. 273 Für den Wertpapierhandel besteht ein geregelter Markt, der durch die Anwendung der Bestimmungen des ZessÜ auf die genannten Forderungsabtretungen gespalten werden könnte. Die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 lit. e ZessÜ erfasst jene Fälle, in denen der Wertpapierhandel außerhalb einer regulierten Börse (dies regelt Art. 4 Abs. 2 lit. a ZessÜ) oder nicht im Rahmen einer Nettingvereinbarung (dies unterliegt Art. 4 Abs. 2 lit. b Zes269

Dieses am 13.12.2002 von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht verabschiedete Übereinkommen enthält ausschließlich kollisionsrechtliche Vorschriften mit dem Ziel einer Harmonisierung des Wertpapierkollisionsrechts. Regelungsgegenstand des Übereinkommens ist die Bestimmung der maßgeblichen Rechtsordnung für sachenrechtliche Verfügungen (z.B. Einräumung von Pfandrechten oder Übertragung von Sicherungseigentum) über intermediär-verwahrte Wertpapiere. Vgl. den Beitrag von Reuschle, Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf Intermediärverwahrte Wertpapiere anzuwendende Rechtsordnung, IPRax 2003, 495 (498 ff.). 270 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 135. 271 Da Art. 4 Abs. 2 lit. d ZessÜ und nicht Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ einschlägig ist, ist auch die Abtretung der Forderung, die bei Beendigung aller ausstehenden Geschäfte geschuldet wird (Schlussforderung des close out Netting), vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen. Nach Ansicht von UNCITRAL bestehe kein Markt für die Finanzierung derartiger Schlussforderungen. Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 53. 272 Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 53; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 52. 273 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 136.

1. Kapitel:

125

ZessÜ

sÜ) erfolgt. Sowohl durch den Inhaber von Wertpapieren selbst als auch durch einen Vermittler getätigte Wertpapiergeschäfte sind ausgenommen, wobei Transaktionen von in Urkunden verkörperten Wertpapieren durch Übergabe ebenso dem Ausschluss vom ZessÜ unterliegen wie Transaktionen von immaterialisierten Wertpapieren (in elektronischer Form) durch Bucheintragungen. 274 7.

Bankeinlagen

(Art. 4 Abs. 2 lit. f ZessÜ)

Das ZessÜ findet keine Anwendung auf die Abtretung von Forderungen aus Bankeinlagen (d.h. von Guthaben auf Bankkonten), da bestimmte Vorschriften, beispielsweise Art. 9 ZessÜ (vertragliche Abtretungsverbote 275 ), Art. 10 ZessÜ (Übertragung von Sicherungsrechten) oder Art. 18 ZessÜ (Einreden und Aufrechnungsrechte des Schuldners) das übliche Rechtsverhältnis zwischen einer Bank und dem Kontoinhaber beeinträchtigen würden und somit eine Kreditbereitstellung oder Kreditverlängerung durch die Besicherung mit einem Pfandrecht am Konto gefährden könnten. 276 8.

Dokumentenakkreditiv oder unabhängige (Art. 4 Abs. 2 lit. g ZessÜ)

Garantie

Abtretungen von Forderungen aus Dokumentenakkreditiven oder unabhängigen Garantien erfordern spezielle Überlegungen und sind überdies bereits durch Sondervorschriften (zum Teil gesetzlicher Natur) geregelt. 277 Zu diesen Sondervorschriften zählen das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Unabhängige Garantien und Standby Akkreditive 278 , die Uniform customs and practice for documentary credits (UCP 500), die Uniform rules for demand guarantees (URDG) und die Uniform rules on standby practices (ISP 98).

274

So ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 54. Ein Eingreifen des ZessÜ in die von den Banken vereinbarten Abtretungsverbote für Bankeinlagen könnte nach Ansicht von UNCITRAL die Akzeptanz des ZessÜ negativ beeinflussen. Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 52. 276 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 51. 277 S. allgemein De Ly, Uniform Commercial Law and International Self-Regulation, in: Ferrari (Hrsg.), The Unification of International Commercial Law, Tilburg Lectures (1998) 59. 278 United Nations Convention on Independent Guarantees and Stand-by Letters of Credit 1995 (General Assembly resolution 50/48, annex, „The Guarantees and stand-by Convention"). Dabei handelt es sich um ein von UNCITRAL ausgearbeitetes Übereinkommen. Vgl. zum Übereinkommen Markus, UNO-Konvention über unabhängige Garantien und stand by letters of credit (1997). 275

126 9.

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Versicherungsforderungen

Die ursprünglich vorgelegte Liste jener Forderungen, deren Abtretung nicht dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen sollte, enthielt auch Forderungen gegen Versicherungsträger aus einem Versicherungsvertrag oder gegen Rückversicherer aus einem Rückversicherungsvertrag. 279 Der Vorschlag, diese Forderungen vom Anwendungsbereich des ZessÜ auszunehmen, hat jedoch keine Mehrheit gefunden, da Abtretungen von Forderungen aus Versicherungsverträgen, unabhängig von der Art des versicherten Risikos, häufig vorgenommen werden und oft Teil grenzüberschreitender Finanzierungen sind (beispielsweise im internationalen Factoring). Durch die Anwendung der Vorschriften des ZessÜ auf die Abtretung von Versicherungsforderungen wird auch Versicherungsträgern die Möglichkeit geboten, ihre Kosten und Risiken i.S.d. Präambel des ZessÜ zu redu-

V. Ausnahmen durch Erklärung gemäß Art. 41 ZessÜ A. Regelungsinhalt des Art. 41 ZessÜ Gemäß Art. 41 Abs. 1 ZessÜ kann ein Staat jederzeit 281 die Erklärung abgeben, dass er das ZessÜ auf bestimmte Arten von Abtretungen oder auf die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen, die deutlich 282 in dieser Erklärung beschrieben sein müssen, nicht anwenden wird. Bei der Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 41 ZessÜ handelt es sich somit um einen Vorbehalt, der direkt den Anwendungsbereich des ZessÜ betrifft, da bestimmte Fälle generell vom Anwendungsbereich des ZessÜ durch Erklärung ausgenommen werden können. 283 Art. 41 Abs. 1 ZessÜ trifft eine Dif-

279

Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17,

Art. 6 Abs. x ii

lit. e. 280

1.d.S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 56. D.h. nicht nur bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder dem Beitritt, sondern auch nach diesem Zeitpunkt. Ebenso kann der Vorbehalt jederzeit zurückgenommen werden (Art. 43 Abs. 4 ZessÜ). 282 Die Eingrenzung auf bestimmte Ausnahmen („specific" exclusions), die deutlich zu umschreiben sind („clearly described"), erfolgte in der letzten, das ZessÜ betreffenden Sitzung von UNCITRAL, s. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 144. 283 Für eine bereichsspezifische Differenzierung der Vorbehalte im Internationalen Einheitsrecht in solche, die unmittelbar den Anwendungsbereich eines Übereinkommens betreffen, und solche, die seinen materiellen Inhalt und somit nur indirekt den Anwen281

1. Kapitel:

ZessÜ

127

ferenzierung zwischen bestimmten Arten von Abtretungen 284 und Abtretungen bestimmter Kategorien von Forderungen, so dass nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ m.E. den Staaten grundsätzlich (zu der Ausnahme sogleich) die Möglichkeit offen steht, die Begründung von Rechten an Forderungen als Sicherheit für Schulden (z.B. Forderungspfandrecht) vom Anwendungsbereich des ZessÜ auszunehmen. 285 Sofern eine entsprechende Erklärung wirksam wird, 286 ist das ZessÜ auf in der Erklärung genannte Arten von Abtretungen oder Kategorien von Forderungen nicht anzuwenden, wenn der Zedent zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages seine Niederlassung in einem solchen Staat hat (Art. 41 Abs. 2 lit. a ZessÜ). Davon getrennt ist die Anwendung der Bestimmungen über die Rechte und Pflichten des Schuldners (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) zu behandeln. Diese sind auf die in der Erklärung genannten Arten von Abtretungen oder Kategorien von Forderungen dann nicht anzuwenden, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages der Schuldner seine Niederlassung in einem solchen Staat hat oder zu diesem Zeitpunkt das für den Grundvertrag maßgebende Recht das Recht eines solchen Staates ist (Art. 41 Abs. 2 lit. b ZessÜ). Durch das Abstellen auf den Abschluss des Abtretungsvertrages einerseits und den Abschluss des Grundvertrages andererseits 287 ist es denkbar, dass im konkreten Einzelfall nur ein Teil des ZessÜ auf die in der Erklärung nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ genannten Abtretungen oder Forderungen anwendbar ist. Art. 41 ZessÜ war umstritten; schlussendlich 288 einigte sich jedoch die Kommission, Art. 41 ZessÜ zwar nicht zu streichen, aber für bestimmte Forderungen die Möglichkeit eines Ausschlusses nach Art. 41 ZessÜ zu unterbinden. Mit dieser Einschränkung soll der Gefahr entgegengetreten werden, dass einzelne Staaten Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen vom Anwendungsbereich ausnehmen, die das Kernstück des

dungsbereich eines Übereinkommens tangieren, vgl. Müller, Die Vorbehalte in Übereinkommen zur Privatrechtsvereinheitlichung (1979) 84. 284 Als einzelne Arten von Abtretungen sind m.E. beispielsweise Vollabtretungen, Abtretungen zu Sicherungszwecken oder Globalabtretungen zu werten. 285 Nach Art. 2 lit. a Satz 2 ZessÜ gilt auch die Begründung von Rechten an Forderungen als Sicherheit für Schulden oder andere Verbindlichkeiten als Übertragung und somit „Forderungsabtretung" i.S.d. ZessÜ. 286 Dies ist nach Art. 43 ZessÜ zu beurteilen. 287 In den ersten Entwürfen fehlte der zeitliche Bezugspunkt, s. den Vorschlag in Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN. 9/470, Rn. 215. 288 Für den Verlauf der Diskussion s. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 152; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 80 bis 83 sowie Rn. 141 bis 146.

128

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

ZessÜ bilden. 289 Deshalb bestimmt Art. 41 Abs. 3 ZessÜ, dass die Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 41 ZessÜ nicht auf die Abtretung der in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ angeführten Forderungen anzuwenden ist. Dem Zweck der Vorschrift entsprechend (dazu sogleich) ist der Ausschluss der Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 41 Abs. 3 ZessÜ für die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ genannten Forderungen m.E. unabhängig von der Abtretungsart, auf Grund derer die Forderungen vom Zedenten auf den Zessionar übertragen werden. Art. 9 ZessÜ regelt die Wirkung einer Forderungsabtretung bei Bestehen einer vertraglichen Abtretungsbeschränkung (z.B. eines Abtretungsverbotes) und die Haftung des Zedenten für die Verletzung einer solchen. Art. 9 ZessÜ gilt allerdings nicht für sämtliche vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfassten Forderungen, sondern nur für die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählten. Jene Forderungen also, für die Art. 9 ZessÜ gilt, können nicht durch eine Erklärung nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ von der Anwendung des ZessÜ ausgeschlossen werden. Art. 9 Abs. 3 ZessÜ enthält unter anderem Forderungen aus Verträgen über die Lieferung oder die Vermietung von Waren oder Dienstleistungen, sofern es sich dabei nicht um Finanzdienstleistungen handelt, Forderungen aus Bauverträgen, aus dem Verkauf und der Vermietung von Immobilien oder Forderungen, die Zahlungsverpflichtungen für Kreditkartentransaktionen darstellen. Der Erklärung eines Staates, das ZessÜ beispielsweise auf Forderungen, die gegenüber einem Verbraucher bestehen, nicht anzuwenden, kommt somit nur für die nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ erfassten Forderungen eine Wirkung zu, da für die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ genannten Forderungen eine Ausschlussmöglichkeit nach Art. 41 Abs. 1 nicht besteht. 290 Der Zweck, den diese Verknüpfung von Art. 9 Abs. 3 ZessÜ und Art. 41 Abs. 3 ZessÜ verfolgt, ist offensichtlich folgender: Eben jene Forderungen, für welche die Bestimmung über die relative Wirkung einer vertraglich vereinbarten Abtretungsbeschränkung gilt, sollen nicht vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen werden können, da damit auch Art. 9 ZessÜ hinfällig werden würde. Zudem handelt es sich bei den in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ angeführten Forderungen um den Kernbereich der vom ZessÜ erfassten Forderungen, nämlich solcher aus Warenlieferungen und Leistungen.

B. Bewertung der Ausschlussmöglichkeit nach Art. 41 ZessÜ Für Art. 41 ZessÜ spricht, dass den Staaten die Möglichkeit geboten wird, über Art. 4 ZessÜ hinausgehende Geschäftspraktiken, sei es bestehende 289 290

Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Für diese Forderung ist jedoch Art. 4 Abs. 4 ZessÜ zu beachten.

Rn. 82 und 143.

1. Kapitel:

ZessÜ

129

oder insbesondere solche, die sich erst in der Zukunft entwickeln werden und daher von den Verfassern nicht berücksichtigt werden konnten, vom Anwendungsbereich des Übereinkommens auszunehmen. Die dadurch erreichte Flexibilität des ZessÜ könnte seine Akzeptanz und die Ratifikationsbereitschaft der einzelnen Staaten erhöhen. Gleichzeitig kann jedoch die Möglichkeit, über den Ausnahmenkatalog in Art. 4 ZessÜ hinausgehend Ausschlüsse zu erklären, bewirken, dass der Anwendungsbereich des ZessÜ von Staat zu Staat unterschiedlich ist. 291 Dies widerspricht nicht nur dem Gedanken der Rechtsvereinheitlichung, sondern stellt die Parteien im Einzelfall vor die Aufgabe, Informationen über mögliche Erklärungen nach Art. 41 ZessÜ und ihre Wirkungen i.S.d. Art. 41 Abs. 2 ZessÜ einzuholen. 292 Zudem könnte für neue, erst zukünftig entstehende Geschäftspraktiken die für das ZessÜ vorgesehene Revisionsmöglichkeit nach Art. 47 Abs. 1 ZessÜ 293 in Betracht gezogen werden, 294 weshalb das Argument der Flexibilität als Begründung für die großzügige Vorbehaltsmöglichkeit der Staaten zweifelhaft erscheint. Inhaltlich betrachtet stellt Art. 41 ZessÜ ein typisches Beispiel für eine Kompromissvorschrift dar. Da sich weder die Befürworter noch die Gegner mit ihren Argumenten durchsetzen konnten, können mit Ausnahme bestimmter, in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählter Forderungen („trade receivables" 295 ), die das Kernstück des ZessÜ bilden, sowohl bestimmte Arten von Abtretungen, beispielsweise Abtretungen zu Sicherungszwecken, als auch bestimmte Kategorien von Forderungen, beispielsweise Forderungen aus Verbraucherverträgen, 296 ausgenommen werden. Die Gefahr, dass das ZessÜ für verschiedene Vertragsstaaten in unterschiedlichem Umfang gilt, ist nach wie vor gegeben, wenn auch durch Art. 41 Abs. 3 ZessÜ für 291

Ebenso Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 4 Rn. 7; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 65. 292 Vgl. allgemein zu den Wirkungen von Vorbehalten Müller, Vorbehalte 67 ff. 293 Nach Art. 47 Abs. 1 ZessÜ hat der Depositar des ZessÜ auf Antrag von mindestens einem Drittel der Vertragsstaaten dieses ZessÜ eine Konferenz der Vertragsstaaten einzuberufen, um es zu überprüfen oder zu ändern. 294 Zur Revison als Mittel der Sicherung bzw. Föderung einheitlicher Auslegung einheitsrechtlichter Regelwerke vgl. Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung 239 ff. 295 Das ZessÜ enthält keine Definition des Begriffes „trade receivables", nachdem zuvor unterschiedliche Legaldefinitionen diskutiert worden sind. Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 35 und 104; Sekretariatskommentar, A/CN.9/470, Art. 6 lit. 1: „Trade receivables means a receivable arising under an original contract for the sale or lease of goods or the provision of services other than financial services." 296 Trotz der Vorschriften des Art. 1 Abs. 3 und 4 Abs. 4 ZessÜ ist es denkbar, dass Staaten aus rechtspolitischen Gründen den Ausschluss des ZessÜ für Forderungen aus Verbraucherverträgen, die nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählt sind, erwägen.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

bestimmte Forderungen ausgeschlossen. Die Gefahr einer Zersplitterung des ZessÜ, die Art. 41 ZessÜ in sich birgt, ist trotzdem nicht zu leugnen. Erst die Zukunft des ZessÜ wird überdies zeigen, ob Art. 41 ZessÜ tatsächlich jene Flexibilität bietet, die einen Anreiz für die Ratifikation des ZessÜ darstellen soll. Formal betrachtet wäre es m.E. besser gewesen, eine dem Art. 41 ZessÜ entsprechende Vorschrift in das Kapitel über den Anwendungsbereich des ZessÜ aufzunehmen oder zumindest in Art. 4 ZessÜ einen Hinweis auf die Bestimmung des Art. 41 ZessÜ einzufügen. In den einzelnen Fassungen des Entwurfes war im Art. 4 ZessÜ ein entsprechender Verweis enthalten, 297 Gründe für seine Streichung sind aus den Materialien nicht ersichtlich. Die Wahl einer der Varianten hätte m.E. jedoch den Anwendungsbereich des ZessÜ transparenter und übersichtlicher gestaltet. Vor allem im Hinblick auf die Anwendung des ZessÜ in der Praxis wäre es von Vorteil, wenn sämtliche Bestimmungen über den Anwendungsbereich - oder zumindest ein Hinweis auf diese - im entsprechenden Kapitel zu finden wären.

VI. Anwendung der kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ Eine Besonderheit des ZessÜ besteht darin, dass sich das Übereinkommen in seinem Regelungsgegenstand nicht auf Vorschriften beschränkt, die eine Vereinheitlichung des Sachrechts der einzelnen Vertragsstaaten für die vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfassten Forderungsabtretungen bewirken. Zusätzlich enthält das ZessÜ kollisionsrechtliche Vorschriften (Kapitel V, „Selbstständige Kollisionsregeln", Art. 26 bis 32 ZessÜ). 298

297

Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 27 (Art. 4 Abs. 2); Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doe. A/56/17, Rn. 125 (Art. 4 Abs. 4). 298 Diesen Weg hat UNCITRAL mit dem ZessÜ nicht zum ersten Mal beschritten. Vorschriften sowohl zur Vereinheitlichung des Sachrechts als auch des Kollisionsrechts (Art. 21 und 22) enthält bereits die „United Nations Convention on Independent Guarantees and Stand-by Letters of Credit" (New York 1995). Vgl. United Nations Convention on Independent Guarantees and Stand-by Letters of Credit 10, Rn. 22, 52 und 53; Markus, UNO-Konvention 53 ff. Das UNCITRAL-Modellgesetz über den internationalen Überweisungsverkehr („Model Law on International Credit Transfer") enthält in einer Fußnote („Article Y") einen Vorschlag der Kommission für eine kollisionsrechtliche Vorschrift. Vgl. Bischoff, Das UNCITRAL-Modellgesetz über den internationalen Überweisungsverkehr, SZIER 1993, 285 (310); Radicati di Brozolo, International Payments and Conflicts of Laws, Am. J. Comp. L. 2000, 307 (317 f.).

1. Kapitel:

ZessÜ

131

Wenden sie alle oder einige 299 Vertragsstaaten des ZessÜ an, so wird damit auch eine Vereinheitlichung von Kollisionsnormen betreffend die Forderungsabtretung erreicht. Kapitel V umfasst Vorschriften über das anzuwendende Recht für die Form des Abtretungsvertrages, die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars, die Rechte und Pflichten des Zessionars und des Schuldners sowie eine Vorschrift über das maßgebende Recht für die Bestimmung des Vorranges bei konkurrierenden Ansprüchen. Darüber hinaus enthält Kapitel V eine Vorschrift über die Anwendbarkeit zwingender Vorschriften des Gerichtsstaates bzw. eines anderen Staates und eine ordre public Klausel. Die Bestimmungen des Kapitels V sind einerseits auf Forderungsabtretungen anzuwenden, die in den räumlichen und sachlichen Anwendungsbereich des ZessÜ fallen (Art. 26 lit. b ZessÜ). Andererseits gelten sie aber auch für Forderungsabtretungen, die nicht den räumlichen Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 bis 3 ZessÜ entsprechen (Art. 26 lit. a ZessÜ), da der Zedent keine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat (Art. 1 Abs. 1 ZessÜ) bzw. der Schuldner keine Niederlassung in einem Vertragstaat hat oder das auf den Grundvertrag anzuwendende Recht nicht das Recht eines Vertragsstaates ist (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). Voraussetzung für die Anwendung des Kapitels V gemäß Art. 1 Abs. 3 ZessÜ ist daher lediglich das Vorliegen eines internationalen Elements, welches durch die Abtretung einer internationalen Forderung oder durch die internationale Abtretung von Forderungen entsprechend Art. 3 ZessÜ gegeben ist. Mit anderen Worten: Die Art. 27 bis 32 ZessÜ sind in diesen Fällen unabhängig davon anzuwenden, ob eine räumliche Verbindung zwischen einer Abtretung und einem Vertragsstaat besteht (Art. 26 lit. a ZessÜ). Erfüllt die zu beurteilende Forderungsabtretung hingegen die sachlichen und räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ, so gelten für sie in erster Linie die sachrechtlichen Vorschriften des ZessÜ. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V können nur subsidiär zur Ergänzung derselben herangezogen werden. 300 Beispiel: Die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars ergeben sich aus der zwischen ihnen bestehenden Vereinbarung (Art. 11 ZessÜ). Nach welchem Recht diese Vereinbarung zu beurteilen ist, folgt aus Art. 28 ZessÜ. 301 Die kollisionsrechtlichen Vorschriften können aber auch bei der Schließung 299

Zur opting out Möglichkeit durch eine Erklärung nach Art. 39 ZessÜ sogleich. Dies folgt m.E. bereits aus dem allgemeinen Verhältnis zwischen einheitlichem Sachrecht und einheitlichen kollisionsrechtlichen Vorschriften, wurde jedoch von der Arbeitsgruppe ausdrücklich klargestellt; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. AJ CN.9/486, Rn. 73 sowie Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9AVG.II/WP.102, Rn. 19. 301 In erster Linie ist eine Rechtswahl zu beachten (Art. 28 Abs. 1 ZessÜ), mangels Rechtswahl gilt für den Abtretungsvertrag der Grundsatz der engsten Beziehung. 300

132

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

von Lücken verwendet werden. Nach Art. 7 Abs. 2 ZessÜ sind Fragen, die im ZessÜ geregelte Gegenstände betreffen, aber von diesem nicht ausdrücklich entschieden werden, nach den allgemeinen Grundsätzen des ZessÜ, oder mangels solcher Grundsätze nach dem Recht zu entscheiden, auf welches das IPR des Forumstaates verweist. Ist der Forumstaat ein Vertragsstaat, so sind in erster Linie die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V als IPR-Vorschriften des Gerichtsstaates heranzuziehen. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ können somit zur Bestimmung des anwendbaren Rechts herangezogen werden, nach dem im ZessÜ geregelte, aber nicht entschiedene Gegenstände zu beurteilen sind, 302 sofern keine allgemeinen Grundsätze des ZessÜ für die Entscheidung vorhanden sind. 303 Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ sind jedoch, wie bereits erwähnt, auch bei Forderungsabtretungen zu beachten, die lediglich dem Kriterium der Internationalität gemäß Art. 3 ZessÜ, 304 nicht jedoch den räumlichen Anwendungsvoraussetzungen entsprechen. Für diese Forderungsabtretungen 305 gelten nur die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V. Die Art. 27 bis 32 ZessÜ stellen damit eine zweite Ebene der Vereinheitlichung dar und fungieren als eine Art „Mini IPRKonvention". 306 Kapitel V stellt einen integralen Bestandteil des ZessÜ dar. Ein Staat hat daher nicht die Möglichkeit, lediglich Kapitel V des ZessÜ zu ratifizieren. 307 Da jedoch die Aufnahme eines IPR-Kapitels in das ZessÜ heftig umstritten 308 war und verhindert werden sollte, dass Staaten von einer Rati302

Ebenso Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (760). Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (297). Vgl. 1. Teil, 3. Kapitel für die Frage, ob die PECL oder die UNIDROIT-Principles für die Lückenfüllung herangezogen werden können. 304 Der Vorschlag, für die kollisionsrechtlichen Vorschriften auch auf das Kriterium der Internationalität i.S.d. Art. 3 ZessÜ zu verzichten, um den Vertragsstaaten deren Anwendung zu ermöglichen, sofern die Abtretung irgendein internationales Element aufweist, hat keine Zustimmung gefunden. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Chapter V. Conflict of Laws Rn. 1 ff.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 72. 305 Die Forderungsabtretung darf jedoch nicht gemäß Art. 4 ZessÜ vom Übereinkommen ausgeschlossen sein. Darauf weist auch Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (297), hin. 306 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 71; Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (63). 307 Vgl. zum diesbezüglichen Vorschlag des Sekretariats an die Arbeitsgruppe, dies in ihre Überlegungen einzubeziehen, Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/ WG.H/WP.102, Rn. 19. 308 Die Haager Konferenz für das Internationale Privatrecht hat die Streichung des gesamten Kapitels empfohlen. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/ 303

1. Kapitel:

ZessÜ

133

fikation des gesamten ZessÜ lediglich auf Grund der kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V Abstand nehmen, wurde die Möglichkeit eines Vorbehaltes nach Art. 139 ZessÜ eingeräumt. Nach dieser Bestimmung AQ IIA kann ein Staat jederzeit die Erklärung abgeben, dass Kapitel V für ihn nicht verbindlich ist (opting out Erklärung). 311 Als Wirkung des Vorbehaltes nach Art. 39 ZessÜ legt Art. 1 Abs. 4 Satz 2 ZessÜ fest, dass die Bestimmungen des Kapitel V keine Anwendung finden. Mit anderen Worten: Hat ein Staat eine solche Vorbehaltserklärung abgegeben, so ist er in Bezug auf Kapitel V nicht als Vertragsstaat zu betrachten. 312 Durch die Möglichkeit des Vorbehaltes nach Art. 39 ZessÜ sollen Konflikte mit anderen Übereinkommen verhindert werden, die ebenfalls eine Vereinheitlichung von Kollisionsnormen in den von Art. 27 bis 32 ZessÜ geregelten Fragen bezwecken, wie beispielsweise das EVÜ oder die Konvention von Mexiko über das auf internationale Schuldverträge anwendbare Recht. 313 Jenen Staaten, die bereits Partei eines derartigen Übereinkommens sind, soll durch die Optionsmöglichkeit die Ratifikation des ZessÜ erleichtert werden. 314

VII.

Anwendung des Anhanges des ZessÜ

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe für die Ausarbeitung des ZessÜ konnten keine Einigung über sachrechtliche Vorschriften für die Regelung des Vorranges an der abgetretenen Forderung bei konkurrierenden Ansprüchen mehrerer Zessionare oder zwischen dem Zessionar und den Gläubigern des

WP.99, (5) General conflict-of-laws rules intended to be applicable even when the Convention is inapplicable. Zu den unterschiedlichen Ansichten innerhalb der Arbeitsgruppe vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 145 bis 149. 309 D.h. bereits anlässlich der Unterzeichnung oder Ratifikation oder auch zu einem späteren Zeitpunkt. Der Vorbehalt kann jederzeit zurückgenommen werden (Art. 43 Abs. 4). 310 Für das Wirksamwerden einer solchen Erklärung s. Art. 43 ZessÜ. 311 Art. 1 Abs. 4 Satz 2 ZessÜ legt die Rechtsfolgen einer Vorbehaltserklärung ausdrücklich fest. 312 Vgl. für das CISG Art. 92 CISG, wobei der Vorbehalt nach Art. 92 CISG nur bei der Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder dem Beitritt erklärt werden kann. 313 Das letztgenannte Übereinkommen ist seit 15.12.1996 in Kraft. Ein Abdruck des Textes in spanischer und englischer Sprache ist in IPRax 1998, 404 ff. veröffentlicht. Vgl. zu diesem Übereinkommen Juenger, The Inter-American Convention on the Law Applicable to International Contracts: Some Highlights and Comparisons, Am. J. Comp. L. 1994, 381; Samtleben, Versuch über die Konvention von Mexiko über das auf internationale Schuldverträge anwendbare Recht, IPRax 1998, 385 ff. 314 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 63.

134

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

Zedenten (bzw. dessen Insolvenzverwalter) erzielen. 315 Daher enthält das ZessÜ für Fragen des Vorranges lediglich eine kollisionsrechtliche Vorschrift (Art. 22 ZessÜ), nach welcher sich der Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung nach dem Recht des Staates bestimmt, in dem sich die Niederlassung des Zedenten befindet. 316 Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in einigen Staaten Bestimmungen, welche den Vorrang regeln, nicht vorhanden sind oder zwar bestehen, jedoch für die in Betracht kommenden Fragestellungen keine adäquate Regelung umfassen, enthält das ZessÜ in seinem Anhang sachrechtliche PrioritätsVorschriften. Im Anhang zum ZessÜ sind insgesamt fünf verschiedene Modelle für die Lösung von Prioritätskonflikten enthalten, die auf drei Regelwerken beruhen. Bei diesen drei Regelwerken handelt es sich um folgende: Prioritätsvorschriften, die auf einer Registrierung basieren (Abschnitt I und II), Prioritätsvorschriften, die auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages über die Abtretung abstellen (Abschnitt III) und Prioritätsvorschriften, die den Zeitpunkt der Abtretungsanzeige als Kriterium heranziehen (Abschnitt IV). 317 Für die Vorschriften des Anhanges ist ein opting in System vorgesehen, d.h. der Anhang wird nicht „automatisch" mit der Ratifizierung des ZessÜ für den ratifizierenden Staat verbindlich. Ein Staat kann jederzeit erklären, dass für ihn die in Abschnitt I (dabei bestehen 2 Möglichkeiten), Abschnitt III, Abschnitt IV oder die in den Art. 7 und 9 ZessÜ-Anhang festgelegten Prioritätsregeln verbindlich sind (Art. 1 Abs. 5 i.V.m. Art. 42 ZessÜ). Gibt ein Staat 318 eine entsprechende Erklärung ab, so gelangen die Bestimmungen des in der Erklärung bezeichneten Abschnittes des Anhanges bzw. Art. 7 und 9 ZessÜ-Anhang jedoch nur dann zur Anwendung, wenn Art. 22 ZessÜ anwendbar ist und der Staat, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, eine Erklärung nach Art. 42 ZessÜ abgegeben hat. 319 Die einzelnen Wahlmöglichkeiten und ihre Rechtsfolgen werden in Art. 42 ZessÜ detailliert normiert. Die Möglichkeit, lediglich den Anhang zu ratifizieren, ist nicht vorgesehen.

315

Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A CN. 9/470, Rn. 224. Die kollisionsrechtliche Vorschrift des Art. 22 ZessÜ befindet sich im Kapitel IV und ist somit nicht Teil der „selbstständigen Kollisionsregeln" des Kapitels V, für welches eine opting out Möglichkeit gemäß Art. 39 ZessÜ besteht. 317 Vgl. zu den einzelnen Modellen 6. Teil, 4 Kapitel, IV. 3,8 Art. 42 ZessÜ verwendet bewusst den Begriff „Staat" und nicht den Begriff „Vertragsstaat", da die Erklärung nach Art. 42 ZessÜ „jederzeit" abgegeben werden kann, d.h. auch bereits bei der Unterzeichnung und somit noch vor einer Ratifikation, Annahme oder Genehmigung des ZessÜ. So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 216. 319 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 73. 316

1. Kapitel:

ZessÜ

135

Ratifiziert ein Staat das ZessÜ, ohne eine entsprechende Erklärung nach Art. 42 ZessÜ abzugeben, so enthält das ZessÜ für Fragen des Vorranges lediglich eine kollisionsrechtliche Vorschrift (Art. 22 ZessÜ). Damit konnte in einer der wichtigsten Fragen des Abtretungsrechts, der Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten, keine Einigung auf eine sachrechtliche Vorschrift erzielt werden.

VIII. Zeitlicher Anwendungsbereich A. Inkrafttreten des ZessÜ Bei der Prüfung, ob für eine konkrete Forderungsabtretung der zeitliche Anwendungsbereich des ZessÜ 320 gegeben ist, ist zunächst zwischen den Bestimmungen des ZessÜ, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) und dem verbleibenden Teil des ZessÜ zu differenzieren. Maßgeblich ist dabei einerseits der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages und andererseits - für die den Schuldner betreffenden Bestimmungen - der Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages. In welchem Zeitpunkt der Abtretungsvertrag oder der Grundvertrag als abgeschlossen gilt, regelt das ZessÜ nicht, weshalb diesbezüglich auf das durch die kollisionsrechtlichen Vorschriften zu ermittelnde nationale Recht abzustellen ist. Grundsätzlich ist das ZessÜ auf eine Abtretung anzuwenden, wenn der Abtretungsvertrag an oder nach dem Tag geschlossen wurde, an dem der Staat, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, Vertragsstaat geworden ist. Wann die Forderung in weiterer Folge tatsächlich übertragen wird, ist für Art. 45 Abs. 3 ZessÜ unerheblich. Das ZessÜ trifft darüber hinaus jedoch eine Regelung für die Frage des Vorranges an der abgetretenen Forderung, sofern eine Forderung auf Grund eines Abtretungsvertrages abgetreten wird, der vor dem Tag abgeschlossen wurde, an dem das ZessÜ für den Staat, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, in Kraft getreten ist. Nach Art. 45 Abs. 4 ZessÜ hat das Recht des Zessionars gegenüber dem 320 Das ZessÜ als solches tritt gemäß Art. 45 Abs. 1 ZessÜ am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten vom Tag der Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen als Depositar des ZessÜ folgt. Für jeden Staat, der nach dem Inkrafttreten des ZessÜ eine entsprechende Urkunde beim Depositar hinterlegt, tritt das Übereinkommen ebenfalls am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach dem Datum der Hinterlegung der Urkunde folgt (Art. 45 Abs. 2 ZessÜ).

136

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Recht eines konkurrierenden Anspruchsberechtigten hinsichtlich der Forderung in dem Ausmaß Priorität, in dem das Recht des Zessionars nach derjenigen Rechtsordnung Priorität hätte, welche für die Frage der Priorität im Fall des Nichtbestehens des ZessÜ maßgebend wäre. Damit soll sichergestellt werden, dass das ZessÜ auch auf die Ansprüche, die vor dem Inkrafttreten des ZessÜ in Bezug auf den Vorrang an einer Forderung erworben worden sind, keinen unmittelbaren Einfluss hat. 321 Die Bestimmungen des ZessÜ, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ), sind nur auf Abtretungen von Forderungen anzuwenden, die sich aus Grundverträgen ergeben, die an oder nach dem Tag abgeschlossen wurden, an welchem das ZessÜ für den Staat, in dem der Schuldner seine Niederlassung hat oder für den Staat, dessen Recht auf den Grundvertrag anwendbar ist, in Kraft getreten ist. Art. 45 Abs. 3 ZessÜ enthält zwar lediglich die Formulierung „Vertragsstaat nach Art. 1 Abs. 3 ZessÜ" 322 , da jedoch diese Bestimmung beide Alternativen als gleichwertig anführt, sind beide Möglichkeiten erfasst. Zudem ist eine Bezugnahme auf einen Vertragsstaat gemäß Art. 1 Abs. 3 ZessÜ auch sprachlich korrekt, da es genügt, wenn eine der Alternativen zutrifft.

B. Kündigung des ZessÜ Kündigt ein Vertragsstaat das ZessÜ, 323 so sind dessen Vorschriften weiterhin auf diejenigen Abtretungen anzuwenden, für die der Abtretungsvertrag vor dem Tag abgeschlossen wurde, an dem die Kündigung für den Vertragsstaat wirksam 324 wird, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Auch für den Fall einer Kündigung trifft das ZessÜ eine - im Vergleich zum Inkrafttreten des ZessÜ spiegelverkehrte - Regelung für die Priorität des Zessionars an der abgetretenen Forderung. Wird eine Forderung auf Grund eines Abtretungsvertrages abgetreten, der vor dem Tag abgeschlossen wurde, an dem die Kündigung für den Vertragsstaat, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, wirksam wird, so hat das Recht des Zessionars 321

Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 69. Art. 45 Abs. 3 ZessÜ: „... in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 3." 323 Gemäß Art. 46 Abs. 1 ZessÜ kann ein Vertragsstaat das Übereinkommen jederzeit durch eine an den Depositar gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. 324 Eine Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von einem Jahr nach Eingang der Notifikation beim Depositar folgt. Ist in der Notifikation eine längere Frist angegeben, so wird die Kündigung nach Ablauf dieser längeren Frist nach Eingang der Notifikation beim Depositar wirksam (Art. 46 Abs. 2 ZessÜ). 322

1. Kapitel:

ZessÜ

137

gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Anspruchsberechtigten hinsichtlich der Forderung in dem Ausmaß Priorität, in dem das Recht des Zessionars nach derjenigen Rechtsordnung Priorität hätte, welche für die Priorität bei einer Anwendung des ZessÜ (Art. 22) heranzuziehen wäre (Art. 46 Abs. 4 ZessÜ). Ebenso ist bei einer Kündigung die Anwendung jener Bestimmungen des ZessÜ, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ), gesondert zu beurteilen. Diese bleiben für Abtretungen von Forderungen anwendbar, die sich aus einem Grundvertrag ergeben, der vor dem Datum des Wirksamwerdens der Kündigung für den Vertragsstaat, in dem der Schuldner seine Niederlassung hat oder dessen Recht auf den Grundvertrag anwendbar ist, geschlossen wurde (Art. 46 Abs. 3 ZessÜ).

IX. Schritte bei der Prüfung des Anwendungsbereiches Bei einer Prüfung, ob und in welchem Umfang im konkreten Fall der sachliche und der räumliche Anwendungsbereich des ZessÜ gegeben ist, sind grundsätzlich folgende Schritte vorzunehmen. Zunächst ist zu untersuchen, ob auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ein vertraglicher Anspruch des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrages durch den Schuldner auf den Zessionar übergehen soll. D.h., ob überhaupt eine Forderungsabtretung i.S.d. ZessÜ vorliegt. Sodann empfiehlt es sich festzustellen, ob es sich um die erste oder eine nachfolgende Abtretung einer Forderung handelt. Liegt eine erste Abtretung („initial assignment") vor, so ist zu überprüfen, ob das Kriterium der Internationalität (Art. 3 ZessÜ) erfüllt ist und der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat (Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ). Bei einer nachfolgenden Abtretung kann entweder Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ zur Anwendungen gelangen, der eine „Erstreckung" der Anwendung des ZessÜ auf alle nachfolgenden Abtretungen bewirkt, oder aber Art. 1 Abs. 2 ZessÜ, der eine erstmalige Anwendung des ZessÜ auf eine nachfolgende Abtretung zur Folge haben kann. Die unmittelbar den Schuldner betreffenden Bestimmungen (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) sind nur dann anzuwenden, wenn eine der in Art. 1 Abs. 3 ZessÜ normierten Alternativen für den räumlichen Anwendungsbereich vorliegt. Davon besteht auch für die nachfolgenden Abtre-

138

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

tungen gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 1 Abs. 2 ZessÜ keine Ausnah325

me. Sind die räumlichen und sachlichen Anwendungsvoraussetzungen erfüllt, so ist zu untersuchen, ob die konkrete Forderungsabtretung gemäß Art. 4 Abs. 1 oder Abs. 2 ZessÜ bzw. auf Grund einer Erklärung des Staates gemäß Art. 41 ZessÜ vom Anwendungsbereich des Übereinkommens wiederum ausgenommen ist. In weiterer Folge ist zu überprüfen, ob eine für die Beurteilung des vorliegenden Falles relevante Erklärung eines Staates nach Art. 39 ZessÜ wirksam abgegeben worden ist, was zur Folge hätte, dass die Bestimmungen des Kapitels V (Art. 26 bis 32 ZessÜ) nicht zur Anwendung gelangen würden. 326 Schlussendlich ist festzustellen, ob im konkreten Einzelfall das Regelwerk eines der Abschnitte des Anhanges des ZessÜ bzw. Art. 7 und 9 ZessÜ-Anhang anzuwenden ist (opting in Erklärung nach Art. 42 ZessÜ) oder ob für die Prioritätsfragen das Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (Art. 22 ZessÜ), heranzuziehen ist (Art. 1 Abs. 5 ZessÜ). Um abschließend den zeitlichen Anwendungsbereich bejahen zu können, ist zu untersuchen, ob das Übereinkommen für den oder die in Betracht kommenden Staaten bereits in Kraft getreten ist (Art. 46 Abs. 1 bzw. 2 ZessÜ) und wann der Abtretungsvertrag sowie der Grundvertrag (s. Art. 1 Abs. 3 ZessÜ) abgeschlossen worden sind (Art. 46 Abs. 3 ZessÜ).

325 Diese können konsequenterweise nicht bestehen, da Art. 1 Abs. 3 ZessÜ auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages, aus dem die abgetretene Forderung herrührt, abstellt. 326 Wie bereits erwähnt, können mangels eines Vorbehaltes nach Art. 39 ZessÜ die kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Kapitels V unabhängig vom Vorliegen der räumlichen Anwendungsvoraussetzungen auf eine Abtretung internationaler Forderungen bzw. eine internationale Abtretung von Forderungen anzuwenden sein (vgl. Art. 1 Abs. 4 ZessÜ).

2. Kapitel FactÜ

I.

Sachlicher Anwendungsbereich des FactÜ

Der Regelungsgegenstand des FactÜ erstreckt sich auf „Factoringverträge" und „Forderungsabtretungen" (Art. 1 Abs. 1 FactÜ). Diesen Begriffen kommt somit eine zentrale Bedeutung zu. Das Übereinkommen enthält allerdings lediglich eine Legaldefinition des Begriffes „Factoringvertrag", und keine des Begriffes „Forderungsabtretung".

A. Definition des Factoringvertrages Ziel des Übereinkommens sind die Förderung und Erleichterung der internationalen Forderungsfinanzierung durch die Schaffung einheitlicher Vorschriften für das internationale Factoring. 1 Das Bestreben der Verfasser des Übereinkommens, dieses Ziel zu erreichen, kommt bereits durch die Tatsache der Einigung auf eine Definition des Begriffes „Factoringvertrag" zum Ausdruck. Ohne eine solche Definition für die Zwecke des FactÜ 2 wäre dieser Begriff gemäß Art. 4 Abs. 1 FactÜ autonom, also aus dem Übereinkommen selbst, auszulegen. Dies könnte jedoch einerseits zu Unsicherheiten bei der Bestimmung des für den Anwendungsbereich zentralen Begriffes und andererseits zu Auslegungsunterschieden 3 führen. Ein entgegen dem Gebot der autonomen Auslegung dennoch vorgenommener Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht würde wiederum die durch das FactÜ bezweckte Rechtsvereinheitlichung gefährden. Zudem ist das Verständnis über den Begriff des Factoring in den einzelnen Staaten nicht ein-

1 S. UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 20 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II 57 Rn. 20; UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 24; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 14 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 89 Rn. 14 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 99 Rn. 14. 2 S. Art. 1 Abs. 2 FactÜ: „For the purposes of this Convention ...". 3 Vgl. R. Schütze in FS von Maydell 649 (651): „Je akribischer ein Staatsvertrag Begriffe definiert, umso geringer sind die Anwendungsdivergenzen."

140

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

h e i t l i c h , 4 s o d a s s ein und d e r s e l b e Fall j e nach R e c h t s o r d n u n g b z w . j e nach d e m ihr zugrunde l i e g e n d e n Verständnis v o n Factoring nach d e m F a c t Ü zu beurteilen wäre oder auch nicht. S e l b s t b e i m A u ß e r - A c h t - L a s s e n d e s G e b o t e s der a u t o n o m e n B e g r i f f s b e s t i m m u n g nach Art. 4 A b s . 1 F a c t Ü wäre ein R ü c k g r i f f auf die l e x fori für e i n e L e g a l d e f i n i t i o n d e s Factoring o f t nicht g e w i n n b r i n g e n d , da der Factoringvertrag in v i e l e n nationalen R e c h t s o r d n u n g e n nicht g e s o n d e r t g e r e g e l t b z w . g e s e t z l i c h definiert ist. 5 D a h e r verwundert e s nicht, d a s s e s bis z u m F a c t Ü k e i n e n e i n h e i t l i c h e n , international anerkannten B e g r i f f d e s Factoring gab. I m F a c t Ü wird der B e g r i f f d e s „Factoringvertrages" für d i e Z w e c k e d e s Ü b e r e i n k o m m e n s in Art. 1 A b s . 2 F a c t Ü f o l g e n d e r m a ß e n definiert: Ein Factoringvertrag ist e i n Vertrag z w i s c h e n e i n e m Lieferanten und e i n e m so g e n a n n t e n „Factor", auf Grund d e s s e n der Lieferant Forderungen aus W a renkaufverträgen oder D i e n s t l e i s t u n g e n abtreten m u s s oder kann (lit. a), der Factor e i n e M i n d e s t a n z a h l b e s t i m m t e r A u f g a b e n ü b e r n i m m t (lit. b) und d e m S c h u l d n e r d i e Abtretung a n z u z e i g e n ist (lit. c). I m F a c t o r i n g g e s c h ä f t k o m m t s o m i t d e m „Factor" die R o l l e d e s Z e s s i o n a r s und d e m „Lieferanten" j e n e d e s Z e d e n t e n zu.

4

Vgl. den Überblick über die Definitionen des nationalen Factoring in diversen Rechtsordnungen bei Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 59 ff., 65 ff. Für die Erscheinungsformen des Factoring und dessen Rechtsnatur in Österreich s. beispielsweise Koziol, Rechtsfragen beim Factoring-Geschäft, QuHGZ 1972, 313; Czermak, Zwei Rechtsfragen des Factoring, JB1 1984, 413; Welser/Czermak, Zur Rechtsnatur des Factoring-Geschäftes, RdW 1985, 130; Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz. 2/1 ff.; derselbe, Zur Rechtsnatur des Factoring, RdW 1995, 52; Fischer-Czermak, Factoring: Rechtsnatur und Konkursanfechtung, ecolex 1995, 89; Harrer, Neue Vertragstypen im Handelsrecht (2001) 27 ff.; Binder-Degenschild/Schandor, Factoring (2003) 15 ff.; für Deutschland: Blaurock, Die Factoring-Zession, ZHR 1978, 325 (327 f.); Martinek, Moderne Vertragstypen Band I Leasing und Factoring (1991) 232 ff.; Martinek in Staudinger'3 § 675 Rn. B 119 ff.; G. Roth in MünchKomm BGB 4 § 398 Rn. 164 ff.; Busche in Staudinger Einl zu §§ 398 ff. Rn. 138 ff.; für die Schweiz: Rey, Die Behandlung des Factoringvertrages im schweizerischen Recht, in: Kramer (Hrsg.), Neue Vertragsformen der Wirtschaft: Leasing, Factoring, Franchising, 2. Auflage (1992) 289 (290 ff.); für das englische, amerikanische und dänische Begriffsverständnis s. Björn, Factoring A Comparative Analysis (1995) 32 ff.; allgemein: Alexander, Towards Unification and Predictability: The International Factoring Convention, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (359). S. auch Sommer, Factoring, International Factoring Networks and the FCI Code of International Factoring Customs, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1998, 685. 5 Vgl. UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 12 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 51 Rn. 12: „... it has often been necessary to adapt the development of factoring to conform to a preexisting legal framework which has not designed to accommodate it."; Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (363).

2. Kapitel:

FactÜ

141

Nach der genannten Definition ist der Factoringvertrag ein Vertrag zwischen „einer Partei (Lieferant)" und einer „anderen Partei (Factor)". 6 Sogleich in der ersten Bestimmung des Übereinkommens wird die Bezeichnung der Parteien des Factoringvertrages vorgenommen, um in weiterer Folge ausschließlich die Begriffe „Lieferant" und „Factor" zu verwenden. 7 In dieser Formulierung ist jedoch keinesfalls eine Beschränkung der Parteien des Factoringvertrages auf lediglich jeweils eine natürliche oder juristische Person zu sehen. Durch Art. 1 Abs. 2 FactÜ ist es daher nicht ausgeschlossen, dass die Parteien des Factoringvertrages aus einer Personenmehrheit bestehen (z.B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Aus der Erwähnung von zwei Parteien folgt jedoch auch, dass Factoringgeschäfte innerhalb eines Unternehmens (unternehmensinternes Factoring) 8 grundsätzlich dem FactÜ unterliegen können, sofern es sich bei dem Lieferanten und dem Factor jeweils um Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt. Eine bestimmte Form sieht das FactÜ für den Factoringvertrag nicht vor. Der Abschluss des Factoringvertrages und die Voraussetzungen für sein wirksames Zustandekommen sind nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 9 Dies gilt daher auch für die Form des Factoringvertrages.

B. Abtretung 1.

Einleitung

Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ setzt die Beurteilung eines zwischen zwei Parteien geschlossenen Vertrages als Factoringvertrag i.S.d. FactÜ voraus, dass der Lieferant auf Grund dieses Vertrages Forderungen, die aus bestimmten Grundverträgen entstehen, an den Factor abtreten kann oder muss. Der Begriff der „Abtretung" ist ein zentraler Begriff des FactÜ, dessen Bedeutung sich keinesfalls auf die Überprüfung der sachlichen An-

6 Vgl. Art. 1 Abs. 2 FactÜ: „... between one party (the supplier) and another party (the factor) ...". 7 Vgl. Erläuterung zum Entwurf von 1986 in UNIDROIT1986, Study LVII1 - Doc. 25, Rn. 24 geschlossen werden: „... and after indicating the parties to the factoring to the factoring contract, namely the supplier on the one hand and the factor on the other, ...". 8 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 244; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 15. 9 Ebenso UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 15 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 53 Rn. 15; Philbrick, The use of factoring in international commercial transactions and the need for legal uniformity as applied to factoring transactions between the United States and Japan, Com. L.J. 1994, 141 (155).

142

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Wendungsvoraussetzungen des Übereinkommens beschränkt. Die auf der Regierungskonferenz in Ottawa verabschiedete Textfassung des Übereinkommens enthält jedoch - wider Erwarten ob seiner zentralen Bedeutung keine Definition des Begriffes „Abtretung". Dieser Begriff ist losgelöst vom jeweils nationalen Verständnis autonom zu interpretieren. Im Entwurf von 1986 war noch die Bestimmung enthalten, dass die Abtretung „im Wege des Verkaufs oder zur Sicherheit" 10 zu erfolgen habe. Diese Textpassage wurde jedoch als zu eng gestrichen, um die Anwendung des FactÜ auf Forderungsübertragungen, die nach der im nationalen Recht vorherrschenden Terminologie weder im Wege des Verkaufes noch zur Sicherheit übertragen werden, nicht auszuschließen. Nach dem Willen der Verfasser ist der Begriff der Abtretung daher jedenfalls weit zu verstehen." Es ist ausreichend, wenn der Factor ein Recht an der Forderung erlangt, das er gegen den Schuldner geltend machen kann, sei es, weil er das Forderungsrecht selbst erwirbt (Wechsel der Rechtszuständigkeit z.B. durch Forderungskauf oder Sicherungszession) oder weil er ein Befriedigungsrecht an der Forderung erlangt (z.B. durch rechtsgeschäftliche Verpfändung der Forderung). Nicht ausreichend sind jedoch bloß schuldrechtliche Beschränkungen der Verfügung durch den Lieferanten. 12 Durch dieses weite Begriffsverständnis werden auch Abtretungsformen vom FactÜ erfasst, die im internationalen Factoringgeschäft nicht unmittelbar mit Factoring in Verbindung gebracht werden. 13 Unter Berücksichtigung der Vorteile, welche eine Vereinheitlichung des Rechts für internationale Forderungsabtretungen mit sich bringen kann, sowie der Ausschlussmöglichkeit des FactÜ (s. Art. 3 FactÜ) ist dies m.E. jedoch nicht zu kritisieren. Nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ erfolgt die Abtretung der Forderungen auf Grund des Factoringvertrages. 14 Fraglich ist, ob das FactÜ auf einem Konzept beruht, nach welchem der Factoringvertrag das Verpflichtungsgeschäft (Titelgeschäft) und die Abtretung das Verfügungsgeschäft für den Übergang der Forderung bilden. Das FactÜ enthält keine

10 S. UNIDROIT 1986, Study LV111 - Doc. 24, Annex III, Artide 1 ( 1 ) : „assign by way of sale or security". " Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 8. 12 Dieses Verständnis des Begriffes „Abtretung" wird auch von Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 250 und Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 46 vertreten. 13 Kritisch Zaccaria, Internationales Factoring nach Inkrafttreten der Konvention von Ottawa, IPRax 1995, 279 (282), nach welchem durch die Definition des Factoringvertrages „auch einige Phänomene" erfasst werden, „die nichts mit Factoring zu tun haben." 14 Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ: „... factoring contract ... pursuant to which the supplier may or will assign ..."

2. Kapitel:

FactÜ

143

Bestimmung zur dogmatischen Konstruktion der Abtretung. 15 In der Formulierung „Forderungsabtretung auf Grund des Factoringvertrages" ist daher keine Antwort auf die Frage zu finden, ob die Abtretung nach dem FactÜ als einheitliches Rechtsgeschäft oder als (kausales oder abstraktes) Verfügungsgeschäft zu beurteilen ist. Daher ist die Rechtsnatur der Abtretung grundsätzlich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, 16 das mithilfe des Kollisionsrechts festzustellen ist. Dies gilt somit auch für die Frage, in welchem Verhältnis der Factoringvertrag und die Abtretung zueinander stehen. Das Offenlassen dieser Frage steht auch mit dem Bestreben der Verfasser im Einklang, jede „Methode" des Forderungsübergangs zu erfassen. 17 Aus der Formulierung „Abtretung auf Grund des Factoringvertrages" ist jedoch der Schluss zu ziehen, dass der Forderungsübergang auf einer vertraglichen Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar beruhen muss, ein gesetzlicher Forderungsübergang somit ausgeschlossen bleibt. Art. 1 FactÜ bezieht sich auf die erstmalige Abtretung einer Geldforderung, nicht hingegen auf eine nachfolgende Abtretung, die in weiterer Folge nach der ersten Abtretung vorgenommen wird. Dies folgt eindeutig aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ, wonach der Lieferant die Forderungen an den Factor abtreten kann oder muss. Ein Lieferant ist derjenige, der die Forderung aus dem Grundvertrag mit dem Schuldner erwirbt, somit der erste Forderungsinhaber, welcher die Möglichkeit hat, die Forderung an eine andere Person zu übertragen. Da Art. 1 FactÜ die Anwendung des Übereinkommens an die Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor knüpft, kann das FactÜ nicht zur Anwendung gelangen, wenn zwar

15

Aus den Materialien ist lediglich ersichtlich, dass die Teilnehmer der Studiengruppe auf die unterschiedlichen Möglichkeiten hingewiesen haben. Vgl. z.B. UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 16: „...it is typically the case in factoring that there is a master agreement which provides for future assignments and which may effectively constitute an agreement to assign according to certain agreed forms, although in most legal systems the assignment is made by a separate instrument. The methods for assignment vary from one country to another." S. auch UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 9 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 87 Rn. 9 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 93 Rn. 9: „...while in most countries it is the assignment of receivables which provides the underlying legal basis for factoring transactions, the procedures whereby such assignments are effected and the rules which govern the different aspects of them differ considerably." 16 Vgl. Reisman, The Uniform Commercial Code and the Convention on International Factoring, U.C.C.L.J. 1990, 320 (352 Fn 85); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 250, der aus deutscher Sicht darauf hinweist, dass die „Väter des Übereinkommens überwiegend nicht an das Trennungs- und Abstraktionsprinzip" gewöhnt waren; von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 31. 17 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 8.

144

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

nicht die erste, jedoch eine nachfolgende Abtretung die sonstigen Anwendungsvoraussetzungen nach Art. 1 und 2 FactÜ erfüllen würde. 18 2.

Forderung

Gegenstand der Abtretung sind „Forderungen" aus bestimmten Grundgeschäften. Das FactÜ enthält keine Legaldefinition des Begriffes „Forderung". Dieser Begriff ist daher autonom, aus dem Übereinkommen heraus, auszulegen. Eindeutige Anhaltspunkte für die Interpretation des Begriffes „Forderung" ergeben sich einerseits aus Art. 8 Abs. 1 und 2 FactÜ, der die Pflicht des Schuldners zur Zahlung sowie die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung regelt, und andererseits aus Art. 10 FactÜ, der das Recht des Schuldners auf Rückforderung des an den Factor geleisteten Betrages normiert. Bereits aus der Wortinterpretation dieser Bestimmungen ergibt sich, dass mit „Zahlung" nur die Leistung eines Geldbetrages gemeint sein kann. Gegenstand bzw. Inhalt der durch die Abtretung auf den Factor übergegangenen Forderung ist daher eine Geldzahlung. 19 Überdies ergibt sich aus der Art der Grundverträge, aus denen nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ die dem Factor abgetretene Forderung herrühren soll, nämlich Warenkaufverträge oder Dienstleistungsverträge, 20 dass mit „Forderungen" Geldforderungen gemeint sind. Ist der Lieferant bei einem Warenkaufvertrag zur Lieferung von Ware oder bei einem Dienstleistungsvertrag zur Erbringung einer Dienstleistung verpflichtet, so ist der Vertragspartner seinerseits zur Geldzahlung verpflichtet. Da somit Forderungen i.S.d. Übereinkommens Geldforderungen sind, ist jedenfalls das Waren-Factoring vom Anwendungsbereich des FactÜ ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist auch das Passiv-Factoring, da dieses keine Forderungen, sondern Verbindlichkeiten zum Inhalt hat. Zwar bestimmt das FactÜ, dass die Forderungen aus Warenkauf- oder Dienstleistungsverträgen stammen müssen, darüber hinaus stellt es jedoch keine weiteren Merkmale oder Voraussetzungen für dieselben auf. Bei den Geldforderungen kann es sich daher sowohl um bereits bestehende als auch

18

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 292 f. Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 246 f.; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 69. Viele Autoren nehmen dies als selbstverständlich an. Als Zusatzargument kann auch die authentische englische Fassung des Art. 1 Abs. 2 lit. b 4. Spiegelstrich FactÜ herangezogen werden, welche lautet: „Protection against default in payment." In der ebenfalls authentischen französischen Textfassung kommt dies nicht so klar zum Ausdruck: „Protection contra la défaillance des débiteurs." Die deutsche Übersetzung von Art. 1 Abs. 2 lit. b 4. Spiegelstrich FactÜ lautet: „Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung der Schuldner." 20 Zu diesen Begriffen s. 2. Teil, 2. Kapitel, I.B.3.b) bzw. 3.c). 19

2. Kapitel:

FactÜ

145

um zukünftige Forderungen handeln. 21 Auch setzt Art. 1 Abs. 2 FactÜ für die Anwendung des Übereinkommens keine Mindestlaufzeit der Forderungen voraus. 22 Zudem kann weder aus dem Wortlaut des Art. 1 FactÜ noch aus den Materialien abgeleitet werden, dass der Factoringvertrag die Abtretung einer Mindestanzahl von Forderungen vorsehen müsste. Das FactÜ erfasst daher sowohl die Abtretung einer einzelnen Geldforderung als auch jene einer Mehrheit von Forderungen. 2 3 Da die Forderungen aus einem Warenkaufvertrag oder Dienstleistungsvertrag herrühren müssen, sind Forderungen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen, wie deliktische, bereicherungsrechtliche, familien- und erbrechtliche Ansprüche, 2 4 vom Anwendungsbereich des FactÜ ausgenommen. 3.

Forderungen aus bestimmten

a)

Einleitung

Grundverträgen

Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ erfasst das Übereinkommen lediglich die Abtretung von Forderungen, die aus Kaufverträgen über Waren stammen. Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen sind gemäß Art. 1 Abs. 3 FactÜ Warenkaufverträgen 2 5 gleichgestellt. Das FactÜ definiert weder den Begriff des Warenkaufvertrages noch jenen des Dienstleistungsvertrages; der Inhalt dieser Begriffe ist grundsätzlich ohne einen Rückgriff auf das jeweilige nationale Recht autonom zu bestimmen (dazu sogleich). Geldforderungen, die aus anderen Verträgen als Kaufverträgen über Waren oder Dienstleistungsverträgen herrühren, sind demnach vom Anwendungsbereich des FactÜ ausgeschlossen. Ob ein Warenkaufvertrag oder Dienstleistungsvertrag wirksam zu Stande gekommen ist, ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu 21

Dies wird durch die Bestimmung des Art. 5 FactÜ, der unter anderem die Abtretung zukünftiger Forderungen regelt, bestätigt. 22 Um die Flexibilität des FactÜ sicherzustellen, wurde die in UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 1 (b) (s. auch Rn. 9 f.) enthaltene Bestimmung: „for which payment is to be made by the debtors within twelve months form delivery of the goods or completion of supply of the services ..."gestrichen. Vgl. UNIDROIT 1982, Study LVIIIDoc. 13, Rn. 10; UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 24 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 11,61 Rn. 24. 23 I.d.S. auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 249; Ferrari in MiinchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 70. Der Ausschluss eines Factoringvertrages, der sich nur auf eine Forderung bezieht, stünde zudem im Widerspruch zur Absicht der Verfasser, den Anwendungsbereich des FactÜ möglichst weit zu fassen. 24 Tzeng, Ottawa-Konvention 110. 25 Art. 3 Abs. 1 FactÜ lautet in der authentischen englischen Fassung: „In this convention references to goods and sale of goods shall include services and the supply of services."

146

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

beurteilen. Dies gilt auch für die Frage, ob der Grundvertrag allenfalls einer bestimmten Formpflicht unterliegt 26 und wie sich die fehlende Form des Grundvertrages auf die Forderungsabtretung an den Factor auswirkt. Das FactÜ selbst sieht für die Grundverträge jedenfalls keine bestimmte Form als Voraussetzung für seine Anwendung vor, 27 so dass auch Abtretungen von Forderungen aus mündlich geschlossenen Kaufverträgen dem FactÜ unterliegen können. b)

Kaufverträge über Waren

Die vom Anwendungsbereich des FactÜ erfassten Forderungen resultieren häufig aus Verträgen, die dem CISG unterliegen. Aus diesem Grund waren die Verfasser des FactÜ bestrebt, soweit als möglich eine Kompatibilität des FactÜ mit dem CISG zu erzielen. 28 Nach Basedow29 ist das FactÜ bezogen auf seine wirtschaftliche Funktion ein Instrument des Exporthandels und ein Annex zum CISG. Entsprechend der Absicht der Verfasser und auf Grund des Erfordernisses einer konventionsübergreifenden Interpretation internationalen materiellen Einheitsprivatrechts ist der vom FactÜ verwendete Begriff des Kaufvertrages über Waren grundsätzlich i.S.d. CISG auszulegen. 30 Wie das FactÜ enthält allerdings auch das CISG keine Legaldefinition des Begriffes „Kaufvertrag". Jedoch ergibt sich die Bedeutung dieses Begriffes für das CISG mittelbar aus den Pflichten des Verkäufers (Art. 30 CISG 31 ) und des Käufers (Art. 53 CISG 32 ): Ein Kaufvertrag ist demnach ein Vertrag, nach welchem der Verkäufer zur Lieferung der Ware sowie der sie betreffenden Dokumente und der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises sowie zur Annahme der Ware verpflichtet ist. „Waren" i.S.d. CISG 26

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 278. Dies folgt auch klar aus den Materialien; vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII Doc. 25, Rn. 25. 28 S. nur UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 11 = UNIDROIT, Acts and Proceedings 1, 88 Rn. 11 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 95 Rn. 11. 29 Internationales Factoring zwischen Kollisionsrecht und Unidroit-Konvention, ZEuP 1997, 615 (629). 30 Nach Ferrari, RIW 1996, 181 (184 Fn 64), können die Ergebnisse hinsichtlich der Definition der Begriffe „Ware" und „Kaufvertrag" in der Regel vor allem deshalb auch für die Auslegung des FactÜ verwendet werden, da die Auslegungskriterien des FactÜ mit denen des CISG übereinstimmen. Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 274, kann die Literatur zum CISG auf Grund der Lehre der systematischen Interpretation herangezogen werden. 31 Art. 30 CISG lautet: „Der Verkäufer ist nach Maßgabe des Vertrages und dieses Übereinkommens verpflichtet, die Ware zu liefern, die sie betreffenden Dokumente zu übergeben und das Eigentum an der Ware zu übertragen." 32 Art. 53 CISG lautet: „Der Käufer ist nach Maßgabe des Vertrages und dieses Übereinkommens verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und die Ware anzunehmen." 27

2. Kapitel:

FactÜ

147

sind bewegliche, körperliche Sachen. Nach der zumindest im deutschsprachigen Schrifttum ü.A. 33 können auf Grund der herabgesetzten Anforderungen an den Warenbegriff 34 auch bestimmte unkörperliche Sachen Waren i.S.d. CISG sein. Folgt man diesbezüglich der ü.A., so sind m.E. derartige Kaufverträge (z.B. über Datenverarbeitungsprogramme oder Energie) zugunsten einer einheitlichen Auslegung der in verschiedenen internationalen Einheitsrechtsübereinkommen verwendeten identen Begriffe auch im Anwendungsbereich des FactÜ als Warenkaufverträge zu behandeln. 35 Die Abtretung von Forderungen aus Kaufverträgen über unbewegliche Sachen oder aus Kaufverträgen über den Erwerb von Rechten (z.B. Lizenzen, Patentrechte oder Forderungen) ist allerdings in jedem Fall vom FactÜ ausgeschlossen. Forderungen auf Zahlung des Kaufpreises aus Verträgen, die dem CISG nach Art. 1 Abs. 1 oder Art. 3 unterliegen, werden somit auch von Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ erfasst. 36 Forderungen aus Verträgen, die hingegen vom Kaufrechtsübereinkommen nach Art. 3 Abs. I 37 und Abs. 2 38 CISG ausgenommen sind, unterliegen den Regeln des FactÜ, sofern sie als Forderungen für die Erbringung von Dienstleistungen (Art. 1 Abs. 3 FactÜ) zu beurteilen sind. Offen bleibt, ob Forderungen aus Kaufverträgen, die nach Art. 2 lit. d bis f CISG vom Kaufrechtsübereinkommen ausgenommen sind, dem FactÜ unterliegen können. Da das FactÜ keinen dem Art. 2 lit. d bis f CISG entsprechenden Katalog von Ausnahmen enthält, ist dies m.E. grundsätzlich zu bejahen. 39 33 Vgl. Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 1 CISG Rn. 34 ff.; Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 42 ff. m.w.N. 34 Der französische Text des CISG enthält den Begriff „marchandises", das Haager Recht (Einheitliches Kaufgesetz) verwendet hingegen den Begriff „objets mobiliers corporels"; der ebenfalls authentische englische Text weist in beiden Übereinkommen den Begriff „goods" auf. 35 Bei Ablehnung dieser Ansicht können Kaufverträge über derartige Waren dennoch dem FactÜ unterliegen, sofern sie als Dienstleistungsvertrag anzusehen sind. Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 275, fallen Forderungen aus Verträgen über Immaterialgüter stets unter das FactÜ, da dieses einen geringeren Wirkungskreis als das CISG habe und seine Regelungen nicht mit dem speziellen Charakter von Immaterialgütern kollidieren. 36 Ebenso im Ergebnis Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 53. 37 Art. 3 Abs. 1 CISG lautet: „Dem Kaufvertrag stehen Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Ware gleich, es sein denn, dass der Besteller einen wesentlichen Teil der für die Herstellung oder Erzeugung notwendigen Stoffe selbst zur Verfügung zu stellen hat." 38 Art. 3 Abs. 2 CISG lautet: „Dieses Übereinkommen ist auf Verträge nicht anzuwenden, bei denen der überwiegende Teil der Pflichten der Partei, welche die Ware liefert, in der Ausführung von Arbeiten oder anderen Dienstleistungen besteht." 39 In den Materialien findet sich lediglich die Feststellung, dass Forderungen aus Kaufverträgen, die nach Art. 2 lit. b bis f CISG ausgeschlossen sind, vom FactÜ erfasst

148 c)

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen

Das FactÜ enthält bewusst keine Definition des Begriffes „Dienstleistung" und auch eine konventionsübergreifende, systematische Interpretation unter Berücksichtigung des CISG bleibt ohne konkretes Ergebnis, da die entsprechende Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 CISG dafür nicht fruchtbar gemacht werden kann. 40 Aus den Verhandlungsprotokollen kann jedoch folgende, demonstrative Aufzählung von Verträgen entnommen werden, die als Dienstleistungsverträge i.S.d. FactÜ gelten: Bankverträge, Versicherungsverträge, Personen- und Warenbeförderungsverträge sowie Beratungsverträge. 41 Zu den Dienstleistungsverträgen zählen allgemein Werkverträge, Verwahrungs- und Geschäftsbesorgungsverträge. 42 Auf Grund der Gleichstellung nach Art. 1 Abs. 3 FactÜ ist im Einzelnen eine Abgrenzung zwischen Warenkaufverträgen und Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen nicht erforderlich. Ist ein Vertrag als gemischter Vertrag zwischen dem Warenkauf- bzw. Dienstleistungsvertrag und einem anderen Vertrag zu qualifizieren, so kann die Wertung des Art. 3 Abs. 2 CISG auch für das FactÜ übernommen werden. D.h. Forderungen aus derartigen Verträgen unterliegen dem Anwendungsbereich des FactÜ, sofern der überwiegende Teil der Pflichten des Lieferanten kaufrechtlicher bzw. dienstvertragsrechtlicher Natur ist. 43

werden. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVI1I - Doc. 33, Rn. 16 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 90 Rn. 16 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 16. Da Art. 2 lit. b und c CISG die Art des Abschlusses des Kaufvertrages regeln (Kauf bei Versteigerungen bzw. auf Grund gerichtlicher Maßnahmen) das FactÜ jedoch Forderungen erfasst, die aus Kaufverträgen resultieren, kommen nur die Buchstaben d bis f des Art. 2 CISG in Betracht. Im Zusammenhang mit Wertpapieren stellt sich das Problem, das diese Rechte verbriefen, deren Kauf gerade nicht vom CISG und somit FactÜ erfasst wird. Vgl. zur Ausnahme nach Art. 2 lit. d Magnus in Staudinger Art. 2 CISG Rn. 39. Nach Rey in Neue Vertragsformen 2 , 289 (310), sind Factoringverträge vom Anwendungsbereich des FactÜ ausgeschlossen, in denen die Abtretung von Forderungen aus Kaufverträgen über Energien vereinbart worden ist. Nach Ferrari, RIW 1996, 181 (184 Fn 63), sind die genannten Ausnahmen auf Grund der Kritik, die gegen sie vorgebracht worden ist, nicht auf das FactÜ zu übertragen. 40 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 272 f., ergibt eine wörtliche Auslegung, dass ein Dienstleistungsvertrag ein Vertrag ist, „bei dem es auf ein selbstständiges Tätigwerden jeder Art für einen anderen ankommt, wobei die Arbeitskraft einzusetzen ist." 41 Ursache für diese Aufzählung war die Frage des chinesischen Delegierten Yuan, was der Begriff „services" bedeute. Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 311 f. 42 Weitere Beispiele bei Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 273; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 66 bis 68. 43 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 275.

2. Kapitel: Facti"1

d)

149

Forderungen gegen Verbraucher

Nicht sämtliche Forderungen, die aus Kaufverträgen über Waren oder Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen entstehen, werden vom FactÜ erfasst. Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ regelt eine Ausnahme für Forderungen, die nach dem soeben Ausgeführten grundsätzlich in den sachlichen Anwendungsbereich des FactÜ fallen würden. Die Ausnahme lautet: Forderungen aus Kaufverträgen unterliegen nicht dem FactÜ, wenn die Waren in erster Linie für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt des Kunden gekauft werden. Nach Art. 1 Abs. 3 FactÜ gilt dies auch für die Erbringung von Dienstleistungen. Grundverträge, bei denen der Käufer der Ware oder der Empfänger der Dienstleistung eine Person ist, die diese Ware bzw. diese Dienstleistung in erster Linie für persönliche Zwecke erwirbt, werden somit vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgenommen. Das FactÜ enthält keine Legaldefinition des Begriffes „Verbraucher" und verwendet diesen Begriff auch nicht. 44 Es wählt dafür die soeben wiedergegebene Formulierung. Die Ausnahme nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ legt in erster Linie eine Assoziation mit Art. 2 lit. a CISG 45 nahe. Um eine Übereinstimmung der Vorschriften in internationalen Einheitsrechtübereinkommen zu erreichen, diente die Formulierung des Art. 2 lit. a CISG den Verfassern des FactÜ als Vorbild. 46 Dennoch besteht entgegen der Annahme der Verfasser 47 keine vollkommene Identität mit Art. 2 lit. a CISG, denn Art. 1 Abs. 2 lit. a

44

Dies gilt ebenso für das CISG (vgl. Art. 2 lit. a) und das ZessÜ (vgl. Art. 4 lit. a). Art. 2 lit. a CISG lautet: „Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf den Kauf von Waren für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt, es sei denn, dass der Verkäufer vor oder bei Vertragsabschluss weder wusste noch wissen musste, dass die Ware für einen solchen Gebrauch gekauft wurde." 46 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LV1II - Doc. 33, Rn. 11, 16 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 88 Rn. 11, 90 Rn. 16 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 95 Rn. 11, 101 Rn. 16. Die Definition in Anlehnung an Art. 2 lit. a CISG ist zuvor noch abgelehnt worden, vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 25. Zunächst wurde an „Handelsforderungen" („trade debts") angeknüpft, sodann an die Person des Schuldners, der ein „Handelsschuldner" oder ein „beruflicher Schuldner" („trade or professional debtor") sein sollte, und schließlich sollte der Vertrag zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner „im Laufe des Geschäftsbetriebes geschlossen sein" („in the course of business"); dies sollte sowohl für den Lieferanten als auch für den Schuldner gelten. Vgl. zu den einzelnen Schritten der Ausarbeitung dieser Bestimmung UNIDROIT 1979, Study LVIII Doc. 8, Article 1; UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 1 (1) lit. a; UNIDROIT 1985, Study LVIII-Doc. 19, Annex III, Article 1 (1) lit. a. 45

47 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 16 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 90 Rn. 16 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 16; ebenso Weller, Die UNIDROIT-Konvention von Ottawa über Internationales Factoring, RIW 1999, 161 (162 Fn 7).

150

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

FactÜ weist zwei Abweichungen von Art. 2 lit. a CISG auf, 48 von denen m.E. eine als wesentliche Abweichung von der einschlägigen Bestimmung des Kaufrechtsübereinkommens bezeichnet werden kann. Das FactÜ verlangt für den Ausschluss, dass die Ware „in erster Linie" für den persönlichen Gebrauch gekauft wird. Das bedeutet, dass die private Nutzung der Ware bzw. Dienstleistung gegenüber der anderen, beruflichen Nutzung überwiegen muss. Als Maßstab kann sinnvollerweise wohl nur der wirtschaftliche Wert der privaten Nutzung im Vergleich zur beruflichen Nutzung der Ware oder Dienstleistung herangezogen werden. 49 Entspricht der wirtschaftliche Nutzen des privaten Gebrauchs demjenigen des beruflichen, so unterliegt die Abtretung der aus diesem Kaufvertrag bzw. Dienstleistungsvertrag entstehenden Forderung grundsätzlich dem FactÜ. 50 Im Gegensatz zum FactÜ enthält Art. 2 lit. a CISG keine Umschreibung für die erforderliche Intensität der privaten Nutzung der Ware. Nach ü.A. 51 bewirkt nur eine ausschließliche private Nutzung den Ausschluss des Kaufvertrages vom CISG. Berücksichtigt man daher lediglich das Kriterium der Nutzung der Ware bzw. Dienstleistung, so gelangt man nach dem FactÜ („in erster Linie" für den persönlichen Gebrauch) eher zu einem Ausschluss aus dem Übereinkommen als nach dem CISG (ü.A. ausschließliche private Nutzung); der sachliche Anwendungsbereich des FactÜ ist daher enger. Eine wesentliche Abweichung besteht m.E. darin, dass Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ für den Ausschluss aus dem Anwendungsbereich nicht das Erfordernis der Kenntnis oder vorwerfbaren Unkenntnis des Lieferanten über die (in erster Linie) private Nutzung des Kunden voraussetzt. Das wirft die Frage auf, ob allein die Nutzung durch den Käufer bzw. Empfänger der Dienstleistung für den Ausschluss maßgebend ist, die Ausnahme also unabhängig von der Erkennbarkeit des persönlichen Gebrauchs für den Lieferanten ist. Gerade wegen der fehlenden Bezugnahme auf subjektive Elemente (Erkennbarkeit für den Verkäufer) kann es m.E. nicht nur auf die beabsichtigte Nutzung durch den Schuldner ankommen. 52 Käme es allein 48

Auf die Abweichungen weisen auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 279 f., und Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 57, hin. 49 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 280. 50 Nach Goode, Conclusion of the Leasing and Factoring Conventions - II, J. Bus. L. 1988, 510, ist dies offensichtlich auch der Fall, wenn eine Warenlieferung weder zu privaten noch beruflichen Zwecken erfolgt, wie z.B. bei Lieferungen an Schulen oder Botschaften. M.E. ist in solchen Fällen von einer Nutzung der Ware zu beruflichen Zwecken auszugehen. 51 Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 2 CISG Rn. 12; Magnus in Staudinger Art. 2 CISG Rn. 17 jeweils m.w.N. 52 Ebenso im Ergebnis Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 279; a.A. Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 60.

2. Kapitel:

FactiJ

151

auf den Parteiwillen des konkreten Kunden an, ohne jedoch die Erkennbarkeit desselben durch den Lieferanten vorauszusetzen, so würde dies eine sachlich nicht rechtfertigbare Benachteiligung des Lieferanten zumindest in jenen Fällen darstellen, in denen nach objektiven Kriterien keine private Nutzung anzunehmen war. Aber auch die Formulierung der Ausnahme in Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ, „... ausgenommen Kaufverträge über Waren, die in erster Linie für den persönlichen Gebrauch ... des Kunden gekauft werden." 53 , legt es m.E. nahe, nicht auf die subjektive Absicht des einzelnen Schuldners abzustellen, sondern die Frage, ob ein „Verbrauchervertrag" i.S.d. Regelung vorliegt, anhand objektiver Kriterien zu entscheiden. Vor allem ist es jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich, den „privaten Gebrauch" nach allgemeinen objektiven Kriterien, die nach außen hin erkennbar sind, zu beurteilen: Der Vertragspartner des Schuldners, der Lieferant, der einen Factoringvertrag mit einem Factor geschlossen hat, soll zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kauf- oder Dienstleistungsvertrages 54 Kenntnis darüber haben, ob die Abtretung der daraus entstehenden Forderung dem FactÜ unterliegt oder nicht. Als objektive Kriterien können m.E. diejenigen herangezogen werden, die für die Erkennbarkeit des privaten Verwendungszweckes durch den Verkäufer nach Art. 2 lit. a CISG entwickelt worden sind. Zu den objektiven Kriterien zählen daher vor allem der Gegenstand des Kaufvertrages sowie die Menge der Ware, die Art der Dienstleistung und die rechtliche Natur des Schuldners. Bei juristischen Personen privaten Rechts, Personen mit Teilrechtsfähigkeit oder juristischen Personen öffentlichen Rechts scheidet ein persönlicher Gebrauch bereits auf Grund der Rechtsnatur des Kunden aus. 55 Der Ausschluss nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ orientiert sich somit am Verwendungszweck der Ware bzw. Dienstleistung, wobei die aufgezählten Möglichkeiten denjenigen in Art. 2 lit. a CISG entsprechen. Auf Grund der 53 „... other than those for the sale of goods bought primarily for their personal, family or household use." 54 Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ bestimmt keinen Zeitpunkt für die Beurteilung des privaten Verwendungszweckes. Gemäß Art. 4 Abs. 1 FactÜ und dem Willen der Verfasser, eine Vorschrift nach dem Vorbild von Art. 2 lit. a CISG zu gestalten, in welchem auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abgestellt wird, liegt es nahe, auf diesen Zeitpunkt Bezug zu nehmen. 55 Aus UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 16 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 90 Rn. 16 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 16 folgt, dass sowohl Forderungen aus Verträgen mit öffentlichen Einrichtungen („public bodies of enterprises") als auch nicht gewinnorientierten Unternehmen („enterprises of a non-profit making character") grundsätzlich dem FactÜ unterliegen. Vgl. auch Salinger, Factoring Law and Practice, 2. edition (1995) Rn. 12 - 26.

152

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

Vorbildfunktion des Art. 2 lit. a CISG und gemäß Art. 4 Abs. 1 FactÜ können m.E. sowohl die Literatur als auch die Judikatur zu Art. 2 lit. a CISG für die autonome Auslegung der Begriffe „persönlicher Gebrauch", „Gebrauch in der Familie" sowie „Gebrauch im Haushalt" herangezogen werden. Waren, die in erster Linie für den persönlichen Gebrauch gekauft werden, sind solche, die nicht für den beruflichen oder geschäftlichen Gebrauch erworben werden. 56 Dabei zählen zum beruflichen Bereich auch der gewerbliche und landwirtschaftliche Bereich. Der Ausschluss ist stets für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen, da viele Gegenstände sowohl für private als auch für berufliche Zwecke erworben werden können. 57 Dem persönlichen Gebrauch ist der Gebrauch in der Familie oder im Haushalt gleichgestellt, wobei insbesondere eine Abgrenzung zwischen dem Gebrauch in der Familie oder im Haushalt nicht eindeutig vorgenommen werden kann. Im Ergebnis ist es für die Ausnahme nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ jedoch irrelevant, für welchen der drei privaten Zwecke der Kauf der Ware erfolgt. Grundsätzlich kann das zum persönlichen Gebrauch Gesagte auf den Gebrauch in der Familie bzw. im Haushalt übertragen werden, wobei sich dieser auf mehrere Personen bezieht und daher auch das Geschäftsvolumen in der Regel größer sein wird.

C. „Aufgaben" des Factors 1.

Einleitung

Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ normiert die zweite Voraussetzung für das Vorliegen eines Factoringvertrages i.S.d. Übereinkommens: Der Factor hat bestimmte Leistungen zu übernehmen. Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ führt vier Leistungen an, die typischerweise und am häufigsten 58 im Rahmen eines Factoring Vertrages vereinbart werden: Finanzierung für den Lieferanten, Debitorenbuchhaltung, Forderungseinziehung, Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung. Das Übereinkommen definiert diese Begriffe 56 H.A. Vgl. nur Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 58 m.w.N. Zum CISG vgl. Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 2 CISG Rn. 9; Magnus in Staudinger Art. 2 CISG Rn. 13, jeweils m.w.N. 57 So kann beispielsweise der Ankauf eines Gemäldes, einer Topfpflanze, eines Schreibtisches, eines Computers oder eines Faxgerätes durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Architekten oder Zahnarzt grundsätzlich sowohl für den persönlichen als auch für den beruflichen Gebrauch erfolgen. 58 So die Begründung für Auswahl; vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 17 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 91 Rn. 17 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 17.

2. Kapitel: FactÜ

153

nicht und konkretisiert lediglich die Finanzierungsleistung des Factors durch zwei Beispiele. Da die Definition des Factoringvertrages möglichst weit gefasst werden sollte, 59 liegt ein Factoringvertrag i.S.d. FactÜ bereits dann vor, wenn der Factor lediglich zwei von vier Aufgaben übernimmt. Die einzelnen Kombinationsmöglichkeiten sind beliebig gestaltbar und gleichberechtigt. 60 Da es ausreichend ist, dass der Factor lediglich zwei Aufgaben übernimmt, 61 und zudem keine Vorgaben hinsichtlich der Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Aufgaben bestehen, gelangt das Übereinkommen grundsätzlich auch dann zur Anwendung, wenn der Factor das Ausfallsrisiko für die Zahlung des Schuldners (Art. 1 Abs. 2 lit. b 4. Spiegelstrich FactÜ) nicht übernimmt. 62 Das FactÜ erfasst daher sowohl das „echte" als auch das „unechte" Factoring. Darüber hinaus sind aus dem soeben genannten Grund für die Anwendbarkeit des Übereinkommens Leistungskombinationen möglich bzw. ausreichend, die nicht dem wirtschaftstypischen Erscheinungsbild von Factoringverträgen entsprechen. Dies gilt vor allem für die Zweierkombination von Buchhaltung (Art. 1 Abs. 2 lit. b 2. Spiegelstrich FactÜ) und Forderungseinziehung (Art. 1 Abs. 2 lit. b 3. Spiegelstrich FactÜ). 63 Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ bezeichnet die einzelnen Leistungen des Factors als „Aufgaben". 64 Der neutrale Begriff „Aufgaben" wurde von den 59 UNIDROIT 1983, Study LVI1I - Doc. 16, Rn. 20 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 57 Rn. 20. 60 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 17 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 91 Rn. 17 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 17: each of them may be absent from a factoring contract." Nach den Regeln der Kombinatorik betrachtet, bestehen elf Kombinationsmöglichkeiten: eine Viererkombination aller vier Funktionen, vier Dreierkombinationen und sechs Doppelkombinationen. Auf diese Kombinationsmöglichkeiten weisen beispielsweise auch Diehl-Leistner, Internationales Factoring: Eine rechtsvergleichende Darstellung zum Recht der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und der USA unter Einschluß der UNIDROIT-Konvention über das Internationale Factoring (1988), (1992) 126, und Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 255, hin. 61 Nach Siehr, Internationale Rechtsvereinheitlichung von Innominatverträgen, in: Forstmoser u.a. (Hrsg.), Innominatverträge Festgabe für Walter R. Schluep zum 60. Geburtstag (1988) 25 (40), ist dieser weite sachliche Anwendungsbereich „sinnvoll und zu begrüßen". 62 Vgl. nur Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 15 m.w.N. 63 Ebenso Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 15 m.w.N. Nach Diehl-Leistner, Internationales Factoring 126, ist es durchaus sinnvoll, für derartige Kombinationen die Anwendung des FactÜ zuzulassen, zumal in Factoringverträgen häufig vereinbart wird, dass der Factor Forderungen, die das zugesagte Limit überschreiten, im Auftrag des Lieferanten vom Schuldner (Kunden) einziehen soll. 64 Korrekter wäre der Begriff „Funktionen", da in den authentischen Fassungen des FactÜ die Begriffe „functions" bzw. „fonctions" verwendet werden. Der Entwurf von 1987 enthält bereits den Ausdruck „functions", in den Erläuterungen wird noch der Be-

154

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Verfassern gewählt, um hervorzuheben, dass es für die Anwendung des FactÜ unerheblich ist, ob der Factor diese Aufgaben im eigenen Interesse oder im Interesse seines Lieferanten ausführt; maßgeblich ist die Tätigkeit. 65 Berücksichtigt man die in Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ genannten Aufgaben, so kann der Factor je nach Inhalt und Zweck des Factoringvertrages vor allem die Buchhaltung bezüglich der Forderungen und die Einziehung von Forderungen sowohl in seinem eigenen als auch im Interesse des Factors erbringen. 66 Im Einzelfall ist jedoch stets der Inhalt des konkreten, zwischen dem Factor und dem Lieferanten vereinbarten Factoringvertrages maßgebend; aus diesem wird sich in der Regel eine vertragliche Verpflichtung 67 des Factors zur Erbringung der übernommenen Aufgaben ergeben. Darüber hinaus kann mittelbar aus den Materialien 68 zum Übereinkommen geschlossen werden, dass der Factor diese Aufgaben nicht vollständig übernehmen muss, sondern es für den Anwendungsbereich ausreichend ist, wenn er einen erkennbaren, wesentlichen Teil 69 der Aufgaben zur Ausführung übernimmt. Ob der Factor die übernommenen Aufgaben hingegen tatsächlich erfüllt, ist für den sachlichen Anwendungsbereich des FactÜ irrelevant. 70 Aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ folgt, dass sich die vom Factor übernommenen Aufgaben bzw. Leistungen aus dem zwischen ihm und dem Lieferanten geschlossenen Factoringvertrag ergeben müssen. 71 Fraglich ist, ob dies voraussetzt, dass die einzelnen Leistungen ausdrücklich im Factoringvertrag angeführt werden, oder ob eine Bezugnahme auf

griff „obligations of the factor" verwendet; vgl. UN1DROIT1987, Study LVIII - Doc. 33, Article 1 und Rn. 17 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 81 (Article 1) und 91 Rn. 17 = Unif. L. Rev ./Rev. dr. unif. 1987 I, 75 und 101 Rn. 17. Vgl. zur historischen Interpretation dieses Begriffes Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 253 ff. 65 Zaccaria, IPRax 1995, 279 (282) m.w.N.; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 255; Weller, RIW 1999, 161 (162). S. jedoch Salinger, Factoring Law 2 Rn. 12 - 26 Fn 51: „The word services in the original draft (= UNIDROIT 1979, Study LVIII Doc. 8, Article 1, Anm. der Verfasserin) was replaced by functions because it was pointed out that the factor performs most of the functions of factoring for himself as owner of the debts and not as a service for his client." 66 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 9. 67 Zur Frage, ob es für die Anwendbarkeit des FactÜ erforderlich ist, dass der Factor gegenüber dem Lieferanten zur Vornahme dieser Aufgaben verpflichtet ist, vgl. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 253 ff.; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 19; Ferrari, RIW 1996, 181 (183). 68 UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 15, 246 f. 69 So Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 256 f.; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 22. 70 Ebenso Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 23. 71 „... Factoring contract means a contract ... pursuant to which: (b) the factor is to perform ... following functions: ...".

2. Kapitel:

FactÜ

155

gesetzliche Bestimmungen, aus welchen sich der Inhalt der einzelnen Leistungen ergibt, ausreichend ist. M.E. ist Letzteres zu bejahen, da es zum einen für die Parteien des Factoringvertrages keinen Unterschied macht, ob sie die Aufgaben bzw. Leistungen des Factors im Vertrag im Einzelnen anführen oder durch Vereinbarung gesetzlich normierte Leistungen des Factors zum Bestandteil ihres Vertrages machen. Zum anderen kann aus der Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ nicht das Erfordernis abgeleitet werden, dass die Leistungen ausdrücklich im Vertrag anzuführen wären. 72 Insgesamt ist das Problem jedoch theoretischer Natur, denn es ist nahezu ausgeschlossen, dass die Parteien des Factoringvertrages die Leistungen des Factors weder durch Bestimmungen im Vertrag noch durch eine Bezugnahme auf gesetzliche Bestimmungen oder auf den Code of International Factoring Customs (IFC) bzw. ein anderes Regelwerk näher konkretisieren. 2.

Finanzierung

Als erste 73 Aufgabe des Factors nennt das Übereinkommen die „Finanzierung" (Art. 1 Abs. 2 lit. b 1. Spiegelstrich FactÜ), welche ein charakteristisches Merkmal des Factoringgeschäftes darstellt. Eine Finanzierung i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. b 1. Spiegelstrich FactÜ liegt vor, wenn der Lieferant vor Fälligkeit der Forderung auf Grund des Factoringvertrages vom Factor Zahlung erhält. Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass auch eine teilweise Erbringung der einzelnen Leistungen genügt, so bedeutet dies im Zusammenhang mit der Finanzierung, dass diese vom Factor auch dann erfüllt wird, wenn der Lieferant einen wesentlichen Teil seiner Forderung vor deren Fälligkeit erhält. 74 Zur Konkretisierung des Begriffes „Finanzierung" führt das FactÜ demonstrativ die Gewährung eines Darlehens und die Vorauszahlung an. Aus der beispielhaften Aufzählung folgt, dass andere Finanzierungsformen nicht ausgeschlossen sind. 75 Da das Übereinkommen die Darlehensgewährung als Finanzierungsform im Rahmen eines Factoringgeschäftes als zulässig erachtet, ist der sachliche Anwendungsbereich des FactÜ grundsätz72 Ebenso offenbar Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 255, nach dessen Ausführungen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise entscheidend sei, die auf die übernommene Funktion sieht. Dabei sei zu fragen, wer ohne das Factoringgeschäft die Leistung zu übernehmen hätte, und wer sie nach Abschluss desselben tatsächlich ausführt. Gegen diese Ansicht Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 20. 73 Der Reihenfolge, in welcher die vier Aufgaben in Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ aufgezählt sind, ist jedoch keine Bedeutung hinsichtlich der Gewichtung der einzelnen Funktionen beizumessen. Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 255. Dies folgt bereits daraus, dass beliebige Kombinationsmöglichkeiten zulässig sind. 74 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 259. 75 H.A. Vgl. nur Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 25 m.w.N.

156

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

lieh auch dann gegeben, wenn der Factor dem Lieferanten ein Darlehen gewährt, das durch die Abtretung einer oder mehrerer Geldforderungen gesichert ist. In derartigen Fällen steht die Darlehensgewährung im Vordergrund. 76 Die Finanzierungsform der Vorauszahlung ist erfüllt, wenn der Factor dem Lieferanten vor dem Zeitpunkt leistet, zu dem der Anschlusskunde (Schuldner der Geldforderung) zur Zahlung verpflichtet ist, oder mit anderen Worten: Der Factor leistet an den Lieferanten, bevor er selbst vom Anschlusskunden den Betrag einfordern kann. 77 3.

Buchhaltung bezüglich der

Forderungen

Als weitere mögliche Aufgabe, die der Factor auf Grund des Factoringvertrages ausführt, nennt Art. 1 Abs. 2 lit. b 2. Spiegelstrich FactÜ jene der Debitorenbuchhaltung. Das Übereinkommen definiert den Begriff der Buchhaltung nicht und führt auch keine Beispiele dafür an. Auf Grund des Prinzips der autonomen Auslegung der vom FactÜ verwendeten Begriffe ist auf die unterschiedlichen nationalen Buchhaltungsvorschriften jedoch nicht Rücksicht zu nehmen. Aus der Absicht der Verfasser des Übereinkommens, den sachlichen Anwendungsbereich des FactÜ möglichst offen zu halten, kann geschlossen werden, dass der Factor die Funktion der Debitorenbuchhaltung jedenfalls dann ausübt, wenn die vom Factor angenommenen Lieferantenforderungen in den Büchern des Factors zuordenbar aufscheinen. 78 4.

Einziehung von

Forderungen

Die Einziehung von Forderungen stellt eine weitere (mögliche) Aufgabe des Factors dar. Art. 1 Abs. 2 lit. b 3. Spiegelstrich FactÜ umschreibt den Begriff des Forderungseinzugs nicht näher. Zum Forderungseinzug zählen alle Tätigkeiten des Factors, die eine Bezahlung der Forderungen durch die Anschlusskunden (Schuldner des Lieferanten) bewirken sollen, wie insbesondere die Rechnungsstellung, Mahnung oder Erhebung einer Klage. Da die in Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ genannten Aufgaben nicht zur Gänze vom Factor übernommen werden müssen, ist es ausreichend, wenn der Factor auf Grund des Factoringvertrages beispielsweise nur das Mahnwesen über79 nimmt.

76

Nach Zaccaria, IPRax 1995, 279 (282), entspricht dies nicht dem wirtschaftstypischen Erscheinungsbild von Factoringgeschäften, denn bei einer Darlehensgewährung sei die Anzeige der Abtretung an den Schuldner (Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ) nicht üblich. 77 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 258; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 27. 78 Ausführlicher Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 260 f. 79 So Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 261.

2. Kapitel:

FactÜ

157

Übernimmt der Factor die Debitorenbuchhaltung in Kombination mit der Inkassozession von Forderungen, so ist dies zwar für die Anforderungen nach Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ für den sachlichen Anwendungsbereich ausreichend, 80 ein derartiger Factoringvertrag entspricht jedoch nicht dem wirtschaftstypischen Factoringgeschäft. 81 Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung des

5.

Schuldners

Art. 1 Abs. 2 lit. b 4. Spiegelstrich FactÜ bestimmt als weitere (mögliche) Aufgabe die Übernahme des Delkredere durch den Factor. Die deutsche Übersetzung („Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung des Schuldners") entspricht nicht wörtlich der authentischen englischen („protection against default in payments"/„Schutz gegen Fehler bezüglich der Zahlung") und französischen („protection contre défaillance des debiteurs"/„Schutz gegen Nichterfüllung durch den Schuldner") Textfassung, die jedoch ihrerseits voneinander abweichen. Aus der Pflicht des Schuldners zur Zahlung folgt jedoch, dass auch die französische Fassung als „Nichterfüllung der Zahlungspflicht" verstanden werden kann. 82 Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. b 4. Spiegelstrich FactÜ gibt keine Auskunft über den Grund der Nichtzahlung. Aus den Materialien kann jedoch der Schluss gezogen werden, dass mit dem Begriff „Nichtzahlung" lediglich die Übernahme des Kreditrisikos gemeint ist. 83 Kreditrisiko bedeutet, dass der Factor an den Lieferanten zahlt, ohne vom Schuldner (Anschlusskunden) den Forderungsbetrag zu erhalten. Das Kreditrisiko wiederum umfasst lediglich den Schutz gegen die endgültige unberechtigte Nichtzahlung wegen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, nicht jedoch die Übernahme anderer Risiken (z.B. Nichtzahlung wegen Schlechterfüllung des Grundvertrages, Währungsrisiko oder politisches Risiko). 84 Unter der Annahme, dass sich die einzelnen Aufgaben des Factors nicht überschneiden, ist die Übernahme des Kreditrisikos (im Sinne einer endgültigen Nichtzahlung wegen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) unter Art. 1 Abs. 2 lit. b 4. Spiegelstrich FactÜ zu subsumieren, der Zahlungsverzug 80

Nach Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ genügt die Übernahme von lediglich zwei Aufga-

ben. 81

Vgl. Diehl-Leistner,

Internationales Factoring 126; Zaccaria,

IPRax 1995, 279

(283). 82 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 262; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 32. 83 S. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 15, 247 (insbesondere Diskussionsbeitrag Goode). A.A. Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 54, nach dessen Ansicht jedes Risiko erfasst sei. 84 S. UNIDROIT 1987, Study LVI1I - Doc. 33, Rn. 17 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 91 Rn. 17 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 17; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 263.

158

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

jedoch unter die „Einziehung von Forderungen" nach Art. 1 Abs. 2 lit. b 3. Spiegelstrich FactÜ. 85 Bezogen auf den sachlichen Anwendungsbereich des FactÜ erlangt die soeben dargelegte Frage nur Bedeutung, wenn der Factor zwar sowohl den Schutz gegen die endgültige Nichterfüllung als auch den Schutz gegen den Zahlungsverzug, sonst jedoch keine weitere Aufgabe übernimmt. Da nach Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ der Factor mindestens zwei Aufgaben übernehmen muss, ist es in solchen Fällen für das Vorliegen eines Factoringvertrages i.S.d. FactÜ von Bedeutung, ob beide Aufgaben Art. 1 Abs. 2 lit. b vierter Spiegelstrich FactÜ zuzuordnen sind oder nicht. Abschließend ist nochmals hervorzuheben, dass der Factor lediglich zwei von vier Aufgaben übernehmen muss und die Aufgaben beliebig kombinierbar sind, weshalb die Übernahme der Delkrederefunktion nicht zwingend ist. Daher unterliegen sowohl das echte als auch das unechte Factoring dem Anwendungsbereich des Übereinkommens. 8 6 6.

Pflichten des

Lieferanten

Fraglich ist, ob der Lieferant auf Grund des Factoringvertrages zur Abtretung der Forderungen an den Factor verpflichtet ist. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ spricht eindeutig gegen das Erfordernis einer derartigen Vertragspflicht. 87 Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ „kann oder muss" 8 8 der Lieferant die Forderungen abtreten. Die Parteien können daher im Factoringvertrag vereinbaren, dass der Lieferant entweder verpflichtet ist, alle oder bestimmte Forderungen abzutreten, oder dass er lediglich die Möglichkeit dazu hat. 89 Die Anwendbarkeit des FactÜ ist somit grundsätzlich nicht ausgeschlossen, wenn der Lieferant nach dem Factoringvertrag auswählen kann, welche Forderungen er dem Factor zur Abtretung anbie-

85

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 262 ff.; zweifelnd Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 33. 86 H.A. Vgl. nur Rebmann, Das UNIDROIT-Übereinkommen über das internationale Factoring (Ottawa 1998), RabelsZ 1989, 599 (605); Zaccaria, IPRax 1995, 279 (283). In den USA und in Großbritannien wird der Begriff „factoring" nur verwendet, wenn der Factor auch das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners übernimmt (Delkredere), anderenfalls ist der Begriff „accounts receivable financing" gebräuchlich. Vgl. Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (358). 87 Zur historischen Interpretation vgl. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 251 f. 88 „May or will" bzw. „peut ou doit". 89 H.A. S. Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 54; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (282); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 252; Weller, RIW 1999, 161 (162); Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 35; A.A. von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 14.

2. Kapitel:

Facti)

159

tet. 90 Damit das FactÜ im konkreten Fall jedoch tatsächlich zur Anwendung gelangt, bedarf es der Abtretung zumindest einer Forderung. Nach der Definition des Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ liegt ein Factoringvertrag i.S.d. FactÜ auch dann vor, wenn der Factor lediglich die Buchhaltung (Art. 1 Abs. 2 lit. b 2. Spiegelstrich FactÜ) und die Einziehung der Forderungen (Art. 1 Abs. 2 lit. b 3. Spiegelstrich FactÜ) übernimmt. Diese zwei Aufgaben kann der Factor grundsätzlich unabhängig davon erfüllen, ob ihm der Lieferant die Forderung abtritt. Wie soeben erwähnt, ist jedoch das FactÜ nur unter der Voraussetzung einer Forderungsabtretung anwendbar. Findet eine Abtretung statt, liegt eine Inkassozession vor und das FactÜ ist anwendbar. 91 Ob die konkrete Forderungsabtretung „auf Grund" des Factoringvertrages zu einem späteren Zeitpunkt oder aber bereits im Factoringvertrag selbst erfolgt, ist unerheblich. 92 Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 FactÜ erfasst beide Varianten. Die Vorschrift des Art. 5 lit. a FactÜ (Bestimmbarkeit von Forderungen als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung) bezieht sich auf die Abtretung im Factoringvertrag selbst. 93

D. Abtretungsanzeige Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ enthält das dritte und letzte den Factoringvertrag charakterisierende Merkmal, indem er bestimmt, dass auf Grund des Factoringvertrages „den Schuldnern die Abtretung der Forderungen anzuzeigen ist." Das stille Factoring („non-notification-factoring") ist somit vom sachlichen Anwendungsbereich des FactÜ nicht umfasst. 94 Aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ, nach welchem die Abtretung auf Grund des 90 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 15 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 90 Rn. 15 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 99 Rn. 15. 91 Von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 15 Fn 43, weist zu Recht darauf hin, dass die soeben genannte Zweierkombination (lediglich Buchhaltung und Einziehung) in der Praxis selten vorkommen wird, da es dann für den Lieferanten eigentlich keinen Grund gibt, die Forderung abzutreten. 92 Um beide Möglichkeiten zu erfassen, ist die Formulierung „the supplier may or will assign" gewählt worden. Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 24, Annex III, Article 1 (1) lit. a; UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, 25; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 15 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 90 Rn. 15 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 99 Rn. 15. 93 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 252; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 36. 94 Das „stille Factoring" spielt im internationalen Factoringgeschäft keine große Rolle, da nach vielen Rechtsordnungen die Wirksamkeit der Abtretung von einer Anzeige an den Schuldner oder einer Registrierung der Abtretung abhängig ist. Ebenso von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 15 Fn 39.

160

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Vertrages anzuzeigen ist, folgt zweifellos, dass bereits im Factoringvertrag eine Anzeige der Abtretung an den Schuldner vorgesehen sein muss. 95 Erfolgt daher eine Abtretungsanzeige, obwohl diese im Factoringvertrag nicht vereinbart ist, so gelangt das FactÜ dennoch nicht zur Anwendung, da der Tatbestand des Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ nicht erfüllt ist. Strittig ist jedoch, ob eine im Factoringvertrag vereinbarte Verpflichtung zur Anzeige für die Anwendbarkeit des FactÜ ausreichend ist, 96 oder ob die Abtretungsanzeige dem Schuldner tatsächlich zugehen 97 muss. Der Unterschied für die Anwendbarkeit des Übereinkommens ist folgender: Genügt eine im Factoringvertrag vorgesehene Pflicht zur Anzeige, so gelangt das FactÜ, sofern die weiteren Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, auch dann zur Anwendung, wenn der Schuldner keine Anzeige von der Abtretung erhält. Erachtet man hingegen die Vornahme der Anzeige an den Schuldner für die Anwendbarkeit des FactÜ als notwendig, so ist für die Parteien des Factoringvertrages (Factor und Lieferant) bei Abschluss desselben nicht erkennbar, ob das FactÜ tatsächlich zur Anwendung gelangen wird. 98 M.E. ist die Auslegung, nach welcher die vertragliche Verpflichtung zur Anzeige der Abtretung ausreichend ist, zu befürworten, da sie den Wortlaut 99 des Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ 100 für sich in Anspruch nehmen kann („den Schuldnern die Abtretung der Forderungen anzuzeigen ist" und nicht „den Schuldnern die Abtretung der Forderungen angezeigt wird"). Zudem sollte, zumal kein sachlicher Grund ersichtlich ist, der dies rechtfertigen würde, kein Unterschied zwischen Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ und Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ gemacht werden. Ebenso wie es für die Anwendbarkeit des FactÜ nicht erforderlich ist, dass der Factor die im Vertrag übernommenen Aufgaben tatsächlich ausübt, sollte die Anwendbarkeit des FactÜ auch nicht davon abhängen, ob eine dem Factoringvertrag entsprechende Anzeige tatsächlich gemacht wird.

95

Basedow, ZEuP 1997, 615 (628). So Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (605); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 126; Basedow, ZEuP 1997, 615 (628); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 265 f.; von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 14 f.; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 38; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 16. 97 I.d.S. Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (350 f.); Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 56; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (282). 98 Dieses Problem ist allerdings nicht auf die Interpretation des Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ beschränkt, sondern kann sich auch bei einer Globalabtretung zukünftiger Forderungen stellen. Vgl. 2. Teil, 2. Kapitel, I.F.3. 99 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 265 f. 100 „Notice of the assignment of the receivables is to be given to debtors" bzw. „la cession des créances doit être notifiée aux débiteurs". 96

2. Kapitel:

FactÜ

161

Abschließend ist hervorzuheben, dass diese unterschiedlichen Ansichten „lediglich" auf der Ebene der Anwendbarkeit des FactÜ Auswirkungen haben. Für den Zahlungsanspruch des Factors gegenüber dem Schuldner (Art. 8 Abs. 1 FactÜ) ist der tatsächliche Zugang einer schriftlichen 101 Abtretungsanzeige an den Schuldner jedoch eine unbedingte Voraussetzung. Eine Mitteilung an den Schuldner liegt daher im Eigeninteresse des Factors. Auf Grund von Art. 1 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 8 Abs. 1 FactÜ wird die im Factoringvertrag vorgesehene Anzeige in der Praxis auch tatsächlich vorgenommen werden. Die klare Trennung zwischen dem (sachlichen) Anwendungsbereich des FactÜ und der Verpflichtung des Schuldners, an den Factor zu zahlen (Art. 8 Abs. 1 FactÜ), ist auch bei der Frage zu beachten, ob die in Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ normierte Abtretungsanzeige einer bestimmten Form bedarf. Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ sieht nämlich im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 1 FactÜ („schriftliche Anzeige") kein bestimmtes Formgebot für die Abtretungsanzeige vor. 102

E. Resümee des Begriffes „Factoringvertrag" Ein Factoringvertrag i.S.d. FactÜ liegt vor, wenn die Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ (Herkunft der abzutretenden Forderungen aus bestimmten Grundverträgen), Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ (spezifische Aufgaben des Factors) und 1 Abs. 2 lit. c FactÜ (Anzeige der Abtretung) kumulativ 103 vorliegen. Darüber hinaus schreibt Art. 1 Abs. 2 FactÜ weder eine bestimmte Form für den Factoringvertrag, noch dessen Entgeltlichkeit, d.h. die Pflicht des Lieferanten, den Factor für seine Tätigkeit zu bezahlen, 104 vor. Um 101

S. zum Begriff der Schriftlichkeit die Bestimmung des Art. 1 Abs. 4 FactÜ sowie 5. Teil, 3. Kapitel, II.B.3.b. 102 Allerdings war noch im Entwurf 1987 für die Abtretungsanzeige nach Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ die Schriftform i.S.d. Art. 1 Abs. 4 FactÜ vorgesehen. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Article 1 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 81, Article 1 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 75. Die Streichung erfolgte, da es für den Anwendungsbereich auf die Abtretungsanzeige an sich, jedoch nicht auf eine bestimmte Form derselben ankäme, wie die z.B. aus Schuldnerschutzgründen in Art. 8 FactÜ der Fall ist. Vgl. für den Verlauf der Diskussion UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 15, 247 ff.; UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 19, 291 und UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 303. 103

Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 17 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 91 Rn. 17 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 101 Rn. 17. 104 Dies wurde einerseits wohl als selbstverständlich angesehen, andererseits stellt die Entgeltlichkeit des Factoringvertrages kein charakteristisches Merkmal dar. Die letzte Annahme teilt auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 252.

162

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

möglichst viele Formen des Factoring zu erfassen, setzt das FactÜ auch keine Vereinbarung über einen fortlaufenden Forderungsankauf zwischen dem Factor und dem Lieferanten voraus. 105 Dieses Element der „Dauerhaftigkeit" der Forderungsabtretung war ursprünglich als Element des Factoringvertrages vorgesehen gewesen, 1 0 6 ist jedoch im Verlauf der Ausarbeitung des FactÜ gestrichen worden. 107 Vorwiegend auf Grund der Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ, nach welcher der Factor nur zwei von vier möglichen Aufgaben übernehmen muss, sind auch Rechtsgeschäfte unter den Begriff des Factoringvertrages i.S.d. FactÜ zu subsumieren, die nicht stets dem nationalen Verständnis von Factoringgeschäften entsprechen. 108 Aus diesem Grund ist die Definition in der Literatur beispielsweise als „notgedrungen eher vage" 109 oder „weit" 110 bezeichnet worden. Vor diesem Hintergrund ist es auch strittig, ob das Forfaitgeschäft' 11 dem vom Übereinkommen gewählten Begriff des Factoringvertrages unter105 Ebenso Häusler, U N I D R O I T Übereinkommen 249; a.A. Kitsaras, UnidroitÜbereinkommen 57, nach dem sich aus den Verhandlungen in Ottawa, wenn auch nicht in bester Weise, ergibt, dass nur Factoringverträge erfasst werden sollen, die über eine längere Zeit abgeschlossen werden. 106 Der Entwurf von 1979 ( U N I D R O I T 1979, Study LVIII - Doc. 8, Article 1) bestimmte, dass die Forderungsabtretung auf einer „regelmäßigen Grundlage" („regulär basis") stattfinden soll, die Entwürfe von 1981 ( U N I D R O I T 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 1 (1) und Rn. 10) und 1982 (UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 12, Article 1 (1)), dass dies auf einer „dauerhaften Grundlage" („on a continuing basis") erfolgen solle. 107 S. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 28; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 15 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 90 Rn. 15 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 99 Rn. 15. Die Streichung erfolgte unter anderem mit der Begründung, dass sich die Dauerhaftigkeit mittelbar aus den Aufgaben des Factors ergebe und darüber hinaus eine enge Auslegung des Begriffes „on a continuing basis" zur Folge haben könnte, dass einzelne Formen des Factoring vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden würden. 108 Dies gilt insbesondere für die Kombination von Buchhaltung und Forderungseinzug (Inkassozession). S. z.B. Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 E G B G B Rn. 15. Nach Zaccaria, IPRax 1995, 279 (282), umfasst die Definition „auch einige Phänomene, die nichts mit Factoring zu tun haben." 109 Weller, RIW 1999, 161 (162). 110 Häusler, U N I D R O I T Übereinkommen 270. 111 Beim Forfaiting erwirbt der Forfaiteur (Zessionar) gegen Vorabzug des Zwischenzinses eine einzelne Forderung vom Exporteur (Forfaitist, Zedent), die in der Regel durch einen Dritten gesichert ist (z.B. Bankgarantie oder Akkreditiv). Der Exporteur haftet nur für den Bestand der Forderung, nicht jedoch für deren Einbringlichkeit. Vgl. zum Forfaiting Martinek, Moderne Vertragstypen I 241 f.; Martinek in Staudinger13 § 675 Rn. B 143 f.; Harrer, Neue Vertragstypen 39; Binder-Degenschild/Schandor, Factoring 42 f.; G. Roth in M ü n c h K o m m BGB 4 § 398 Rn. 189; Busche in Staudinger Einl zu §§ 398 ff. Rn. 137.

2. Kapitel:

FactÜ

163

liegt." 2 Auf Grund des Gebotes der autonomen Interpretation des FactÜ ist dies losgelöst vom jeweiligen nationalen Verständnis ausschließlich anhand der vom FactÜ normierten Voraussetzungen (Art. 1 Abs. 2 FactÜ) zu beurteilen. Grundsätzlich erfasst das FactÜ auch die Abtretung einer einzelnen Geldforderung 113 und der Factor hat nur zwei der in Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ angeführten Funktionen zu erfüllen. M.E. ist daher ein Forfaitvertrag nicht per se vom FactÜ ausgeschlossen. Dies für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen. Die „weite" und „vage" Definition des Factoringvertrages entspricht der Absicht der Verfasser, möglichst viele Formen des Factoring zu erfassen. 114 Die Bedeutung des Begriffes „internationales Factoring" variiert von Rechtsordnung zu Rechtsordnung, 115 so dass eine Definition des Begriffes „Factoringvertrag" allein aus diesem Grund als sehr positiv zu bewerten ist. 116 Das Fehlen einer Definition könnte die Praxis entgegen der Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 FactÜ zu einem Rückgriff auf Definitionen des jeweiligen nationalen Rechts verleiten 117 und dadurch der angestrebten Rechtsvereinheitlichung entgegenwirken. Da das Übereinkommen nur

112

Dafür: Bette, Vertraglicher Abtretungsausschluß im deutschen und grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr, W M 1994, 1909 (1914 f.); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 270; dagegen: Kitsaras, Das Unidroit-Übereinkommen über das internationale Factoring vom 28.5.1988 (Ottawa) aus der Sicht des deutschen und des griechischen Rechts (1994) 57; von Falkenhayn, Das Verhältnis von Factor und Debitor beim Factoring: Abtretungsverbote und andere Einwendungen im deutschen und amerikanischen Recht und nach der UNIDROIT-Konvention (1999) 16. Nach Hakenberg, Juristische Aspekte der Exportforfaitierung, RIW 1998, 906 (909), unterliegt das Wechselforfaitgeschäft nicht dem FactÜ, das Forderungsforfait eher ja. 113 I.d.S. auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 249; Ferrari in M ü n c h K o m m HGB Art. 1 FactÜ Rn. 70. Der Ausschluss eines Factoringvertrages, der sich nur auf eine Forderung bezieht, stünde zudem im Widerspruch zur Absicht der Verfasser, den Anwendungsbereich des FactÜ möglichst weit zu fassen. 114 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LV1II - Doc. 33, Rn. 14 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 89 Rn. 14 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 99 Rn. 14: „Given the variety of forms which factoring has assumed in practice and the legal frameworks within which it has been accommodated or to which it has been adapted in different countries, as broad a definition as possible has been sought in the Convention so as not to hinder the expansion of activities which already are, or may be, assimilated to this technique of financing in certain countries." Die von Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 57, vertretene Ansicht, „dass nur Factoringverträge von der Konvention berücksichtigt werden", ist m.E. daher für sich allein nicht aussagekräftig. 115

In vielen Rechtsordnungen findet sich zudem keine Regelung des Typus „Factoringvertrag". 116 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 271, kann die diesbezügliche Leistung der Arbeitsgruppe nicht hoch genug eingeschätzt werden. 117 So bereits Ferrari, RIW 1996, 181 (182).

164

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Teilbereiche des internationalen Factoring regelt, 118 war es sinnvoll, zumindest in diesen Teilbereichen für möglichst viele Finanzierungsformen eine Rechtsvereinheitlichung anzustreben. 119 Abtretungen auf Grund von Factoringverträgen können auch in den Anwendungsbereich des ZessÜ fallen, weshalb sich die Frage stellt, ob die Definition i.S.d. FactÜ für das ZessÜ maßgebend ist. 120 M.E. ist dies trotz der weiten Definition des FactÜ zu verneinen. Die sachlichen Anwendungsvoraussetzungen für das ZessÜ werden in Art. 2 lit. a ZessÜ abschließend geregelt; erforderlich ist lediglich die Abtretung einer Geldforderung. Weiters steht die Voraussetzung nach Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ einer Übernahme des Begriffsverständnisses „Factoringvertrag" für das ZessÜ entgegen. 121

F.

Internationalität

1.

Allgemein

Einheitsrechtliche Übereinkommen umschreiben in der Regel selbst ihren Anwendungsbereich. 122 Das trifft auch für das FactÜ zu, welches seinen Anwendungsbereich auf das „internationale Factoring" beschränkt. Diese Beschränkung auf internationale Sachverhalte 123 beruht auf der Annahme, dadurch die Akzeptanz des Übereinkommens zu erhöhen. 124 Da das FactÜ keine Auswirkungen auf das unvereinheitlichte nationale Recht hat, soll dies die Ratifikationsentscheidung derjenigen Staaten erleichtern und positiv beeinflussen, deren nationales Recht in den vom FactÜ geregelten Fra-

1,8

Gewisse Bereiche wurden von Beginn an ausgeklammert, um die Akzeptanz des Übereinkommens nicht zu gefährden. Dies gilt insbesondere für die Frage der Priorität hinsichtlich des Rechts an einer abgetretenen Forderung. S. Goode, A Uniform Law on International Factoring, in: Hondius u.a. (Hrsg.), Unification and comparative law in the theory and practice, Contributions in honour of Jean Georges Sauveplanne (1984) 91 (102); Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (603). 119 Ebenso von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 17. 120 Zum Konkurrenzverhältnis zwischen dem FactÜ und dem ZessÜ vgl. 2. Teil, 4. Kapitel, II. 121 Vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.D., wobei jedoch nochmals darauf hinzuweisen ist, dass Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ lediglich das Erfordernis der Vereinbarung einer Anzeige vorsieht, nicht jedoch die tatsächliche Vornahme derselben voraussetzt. 122 Vgl. zu der Funktion bzw. dem Doppelcharakter dieser Abgrenzungsnormen in einheitsrechtlichen Übereinkommen 2. Teil, 1. Kapitel, I.C.l. 123 Zu den Vorteilen und Nachteilen einer Beschränkung des Einheitsrechts auf internationale Sachverhalte vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 169. 124 UNIDROIT 1983, Study LVII1 - Doc. 16, Rn. 14 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 53 Rn. 14.

2. Kapitel:

FactÜ

165

gen abweichende Lösungen vorsieht (z.B. Abtretung zukünftiger Forderungen, Wirkung des Abtretungsverbotes). Ob die vom FactÜ geforderte Internationalität im konkreten Fall besteht, ist grundsätzlich getrennt vom räumlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens zu untersuchen. 125 Die Prüfung hat im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereiches zu erfolgen. 126 Dies entspricht auch der Ansicht der Verfasser, welche die Internationalität als Voraussetzung des sachlichen und nicht des räumlichen Anwendungsbereiches gesehen haben. 127 In der Literatur zum FactÜ wird das Erfordernis der „Internationalität" in der Regel im Zusammenhang mit dem räumlichen Anwendungsbereich nach Art. 2 Abs. 1 lit. a und lit. b FactÜ erörtert. 128 2.

Maßgeblichkeit

des

Grundvertrages

Dem Titel des Übereinkommens folgend - „Übereinkommen über internationales Factoring" - liegt die Annahme nahe, dass sich der Begriff der „Internationalität" auf die Parteien des Factoring Vertrages bezieht, 129 ein internationaler Factoringvertrag somit vorliegt, wenn der Factor und der Lieferant ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben. Entgegen dieser Vermutung beurteilt sich die Internationalität i.S.d. FactÜ gemäß Art. 2 Abs. 1 FactÜ jedoch nach dem Grundgeschäft, d.h. dem Kaufvertrag über Waren bzw. dem Vertrag über die Dienstleistung zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner. Für die Internationalitätsbestimmung einer Forderung werden zwei subjektive Anknüpfungsmomente verwendet. 130 Ausschlaggebend für die Internationalität ist, dass der Lieferant und der Schuldner ihre Niederlassung in jeweils verschiedenen Staaten haben. 131 Es kommt somit auf die Internationalität der auf Grund des Factoring-

125

Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 191 f. Zur Begründung s. 2. Teil, 1. Kapitel, I.C.l. 127 Vgl. nur UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 20 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 20 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 105 Rn. 20: „Pharagraph 1 (des Art. 2 FactÜ, Anm. der Verfasserin) ... contains two kinds of provision. The first determine the substantive scope of application which Article 1 has limited to factoring contracts, restricting it to the factoring of international receivables. ... Paragraph 1 establishes on the other hand the territorial scope of application of the Convention ...". 128 Z.B. Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (605); Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 57 f.; Hausmann in Staudingern Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 17. Wie hier jedoch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 282 f. 129 Vgl. z.B. das CISG, nach welchem sich die Internationalität an der Niederlassung der Vertragsparteien des geregelten Vertrages, Verkäufer und Käufer, bemisst (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 CISG). 130 Nach Kropholler, Internationales Einheitsrecht 192, ist für die Internationalitätsbestimmung eine Verknüpfung zu mindestens zwei Staaten erforderlich. 131 Ausdrücklich UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 40. 126

166

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und

Facti]

Vertrages abgetretenen Forderung an. 132 Eine grenzüberschreitende Lieferung der Ware bzw. Erbringung der Dienstleitung ist für den Anwendungsbereich ebensowenig von Bedeutung wie die Staatsangehörigkeit des Lieferanten und des Schuldners. 133 3.

Vorteile und Nachteile einer Anknüpfung an den

Grundvertrag

Die Praxisnähe eines einheitsrechtlichen Übereinkommens stellt eine wesentliche Voraussetzung für seine Akzeptanz durch die beteiligten Wirtschaftskreise dar. Das Ziel des FactÜ ist die Förderung und Erleichterung des Factoring als Finanzierungsinstrument im internationalen Handel. 134 Die Anknüpfung der Internationalität an den Grundvertrag spiegelt daher die Praxis in der Factoringbranche wider, wonach Gegenstand des internationalen Factoring Forderungen aus Kaufverträgen zwischen zwei in verschiedenen Staaten niedergelassenen Parteien sind. 135 Der Vorschlag des Vertreters der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht, bei der Definition der Internationalität anstelle des Grundvertrages auf den Factoringvertrag abzustellen, fand daher mit dem Hinweis auf das in der Praxis übliche Verständnis von internationalem Factoring keine Mehrheit. 136 Haben der Lieferant und der Schuldner ihre jeweilige Niederlassung in ein und demselben Staat, so kann das Übereinkommen auf Grund Art. 2 Abs. 1 FactÜ grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangen. Durch die Anknüpfung der Internationalität an den Grundvertrag soll der Schuldner eines nationalen Grundvertrages vor der für ihn überraschenden Anwendung des FactÜ geschützt werden. Mit anderen Worten: Der Lieferant soll nicht durch die „Auswahl" des Factors darüber entscheiden können, ob das FactÜ zur Anwendung gelangt, je nachdem, ob er die Forderung an einen im Inland oder im Ausland niedergelassenen Factor abtritt. 137 Dies könnte er, wenn für die Internationalität die Niederlassungen des Lieferanten und des Factors in verschiedenen Staaten ausschlaggebend wären. 138 Allerdings enthält das FactÜ keine Bestimmung über die Erkennbarkeit der Internati132 H.A. Vgl. etwa Diehl-Leistner, Internationales Factoring 127; Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 6. 133 Dies gilt auch für das CISG; vgl. für die Staatsangehörigkeit Art. 1 Abs. 3 CISG. 134 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 21 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 21 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 105 Rn. 21. Nach Basedow, ZEuP 1997, 615 (629), ist das FactÜ auf Grund seiner wirtschaftlichen Funktion als Instrument des Exporthandels zu bewerten. 135 Vgl. z.B. Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (605); Martinek, Moderne Vertragstypen I 240 f.; Salinger, Factoring Law 2 Rn. 6 - 01. 136 S. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 15, 251 f. 137 Ebenso Diehl-Leistner, Internationales Factoring 127. 138 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 21 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 21 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 105 Rn. 21.

2. Kapitel:

FactÜ

167

onalität des Grundvertrages durch den Lieferanten und den Schuldner. Das Vertrauen der Parteien auf den nationalen Kontext des Grundvertrages wird somit - im Unterschied zu Art. 1 Abs. 2 CISG 1 3 9 - nicht geschützt. 140 Auf Grund der Anknüpfung an die Niederlassung der Parteien des Grundvertrages gelangt das FactÜ grundsätzlich auch dann zur Anwendung, wenn der Factor und der Lieferant ihre Niederlassung in ein und demselben Staat haben. Ebenso bedarf es keiner Erkennbarkeit des internationalen Grundvertrages durch die Parteien des Factoringvertrages, also des Lieferanten und des Factors. 141 Werden daher bei einer Globalzession sowohl internationale als auch nationale Forderungen an einen Factor abgetreten, unterliegen lediglich die internationalen Forderungen dem Anwendungsbereich des FactÜ. 142 Erfolgt im Rahmen einer Globalzession nicht nur die Abtretung bestehender, sondern wie üblich (auch) zukünftiger Forderungen, so ist für die zukünftigen Forderungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Factoringvertrages noch nicht feststellbar, ob sie dem Anwendungsbereich des FactÜ unterliegen werden oder nicht, es sei denn, der (potenzielle) Schuldner ist bereits bekannt. 143

II. Räumlicher Anwendungsbereich A. Vertragsstaat und Niederlassung 1.

Vertragsstaat

Für die Anwendbarkeit des FactÜ ist das Vorliegen eines Factoringvertrages (Art. 1 Abs. 2 FactÜ) und eines internationalen Grundvertrages (Art. 2 139

Art. 1 Abs. 2 CISG: „Die Tatsache, dass die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wird nicht berücksichtigt, wenn sie sich nicht aus dem Vertrag, aus früheren Geschäftsbeziehungen oder aus Verhandlungen oder Auskünften ergibt, die vor oder bei Vertragsabschluss zwischen den Parteien geführt oder von ihnen erteilt worden sind." 140 Diese Einschränkung fehlt im FactÜ, obwohl das CISG als Vorbild diente; s. UNIDROIT1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 13. 141 Ebenso Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 7. Da jedoch das FactÜ an die Internationalität des Grundvertrages anknüpft, ist die Nichtberücksichtung der Erkennbarkeit seiner Internationalität durch die Parteien des Factoringvertrages nachvollziehbar. 142 Ausdrücklich i.d.S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 21 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 92 Rn. 21 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 105 Rn. 21. Dies ist eine logische Konsequenz der Definition der Internationalität. 143 Auf diese Konstellation weist auch Ferrari in MünchKomm HGB Art. 1 FactÜ Rn. 8 f. hin.

168

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Abs. 1 FactÜ) erforderlich, aber nicht ausreichend. Damit das Übereinkommen über internationales Factoring zur Anwendung gelangen kann, bedarf es zudem der Verbindung sowohl des Grundvertrages als auch des Factoringvertrages zu einem Vertragsstaat des FactÜ. Dem Aufbau des Art. 1 Abs. 1 lit. a und lit. b CISG folgend, kann diese Verbindung auf zwei Arten erfolgen. Das FactÜ ist anzuwenden, wenn entweder die Staaten, in denen der Lieferant, Schuldner und Factor ihre Niederlassungen haben, jeweils Vertragsstaaten sind (Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ) oder sowohl der Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen (Art. 2 Abs. 2 lit. b FactÜ). Wie aus Art. 2 Abs. 1 FactÜ ersichtlich, kommt dem Begriff „Vertragsstaat" in beiden Anknüpfungsfällen eine entscheidende Rolle zu. Vertragsstaat ist jeder Staat, in dem das FactÜ infolge Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt in Kraft getreten ist. 144 Handelt es sich bei einem Vertragsstaat um einen Mehrrechtsstaat, so gilt das FactÜ auf dessen gesamtem Staatsgebiet, sofern dieser nicht eine Erklärung abgibt, dass das FactÜ nur auf einen oder mehrere Gliedstaaten beschränkt ist (Art. 16 FactÜ). 2.

Niederlassung

Der Begriff der Niederlassung ist nicht nur für die Bestimmung der Internationalität i.S.d. FactÜ von Bedeutung, darüber hinaus ist er ein zentraler Begriff für die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereiches des FactÜ (Art. 2 Abs. 1 lit. a und lit. b). Jedoch enthält das FactÜ ebensowenig wie das CISG eine Definition dieses Begriffes. 145 Dessen Inhalt ist daher gemäß Art. 4 Abs. 1 FactÜ autonom zu interpretieren. Im Sinne einer konventionsübergreifenden, einheitlichen Interpretation des Begriffes „Niederlassung" sind auch das CISG und das ZessÜ für dessen Auslegung heranzuziehen. Entsprechend der erklärten Absicht der Verfasser, im Rahmen des FactÜ so weit als möglich das CISG zu berücksichtigen, 146 ist 144 Das Übereinkommen ist am 1. Mai 1995 in Kraft getreten (vgl. Art. 14 Abs. 1 FactÜ). Für danach beitretende Staaten tritt es am ersten Monat in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Hinterlegung seiner entsprechenden Zustimmungsurkunde folgt (Art. 14 Abs. 2 FactÜ). Derzeit (Stand Dezember 2005) sind sechs Staaten Vertragsstaaten: Frankreich, Deutschland, Italien, Lettland, Nigeria, Ungarn. Zum Inkrafttreten für Deutschland vgl. Brink, New German Legislation Opens Door to Ratification of UNIDROIT Factoring Convention, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1998, 770. 145

Vgl. hingegen für das ZessÜ die Legaldefinition in Art. 5 lit. h ZessÜ. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 11 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 88 Rn. 11 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 95 Rn. 11: „... reference should be made to the committee's concern to take account as far as possible of the 1980 United Nations Convention on contracts for the international sale of goods ..., since the transactions governed by the future Convention on international factoring most often 146

2. Kapitel:

FactÜ

169

insbesondere auf die Bedeutung des Begriffes der Niederlassung im Anwendungsbereich des CISG Bedacht zu nehmen. 147 Daraus folgt, dass eine „Niederlassung" ein Ort ist, von dem aus eine auf Dauer angelegte, selbstständige Teilnahme am Wirtschaftsverkehr erfolgt. 148 Der Aufenthalt am Ort des Vertragsabschlusses, der Standplatz auf einer Messe oder das Mieten eines Konferenzzimmers begründen daher keine Niederlassung an den angegebenen Orten; 149 ausschlaggebend ist in diesen Fällen der Ort, von dem aus eine auf Dauer angelegte Teilnahme am Wirtschaftsverkehr erfolgt. Entscheidend ist die Niederlassung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Werden Kauf- bzw. Dienstleistungsverträge von einer konzernmäßig mit der Muttergesellschaft verbundenen Tochtergesellschaft abgeschlossen, so ist deren Niederlassung maßgebend und nicht diejenige der Muttergesellschaft. 150 Hat eine Partei mehrere Niederlassungen, so ist gemäß Art. 2 Abs. 2 FactÜ die Niederlassung maßgebend, die unter Berücksichtigung der vor oder bei Vertragsabschluss den Parteien bekannten oder von ihnen in Betracht gezogenen Umstände die engste Beziehung zu dem betreffenden Vertrag und zu seiner Erfüllung hat. Art. 2 Abs. 2 FactÜ entspricht nahezu wortgleich Art. 10 lit. a CISG. Um eine möglichst große Harmonie des Anwendungsbereiches des FactÜ mit demjenigen des CISG zu erzielen, haben die Verfasser des FactÜ bewusst die Formulierung des CISG übernommen. Der einzige Unterschied resultiert aus dem Umstand, dass das FactÜ auf zwei Verträge (Grundvertrag sowie Factoringvertrag) und somit auf die Niederlassung von drei Personen (Schuldner, Lieferant und Factor) Bezug nimmt. Theoretisch können sowohl der Factor als auch der Lieferant oder Schuldner mehrere Niederlassungen haben, woraus sich die Abweichung ergibt, dass die engste Beziehung zum „betreffenden" Vertrag und seiner Erfüllung, also dem Grundvertrag oder dem Factoringvertrag, festzustellen ist. Im Gegensatz zu Art. 10 lit. b CISG enthält das FactÜ jedoch keine Vorschrift für den Fall, dass der Factor, Lieferant oder Schuldner überhaupt keine Niederlassung hat. Eine dem Art. 10 lit. b CISG entsprechende Vorschrift ist offensichtlich bewusst unterblieben, wohl vor dem Hintergrund, dass das FactÜ Abtretungen von Forderungen aus Grundverträgen follow an international sale transaction which may therefore be subject to the Convention." 147 Ebenso Ferrari in MiinchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 20; Hausmann in n ger Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 19. 148 Zum FactÜ Ferrari, RIW 1996, 185; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu EGBGB Rn. 19; Zum CISG Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 1 CISG Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 63. 149 H.A. zum CISG; vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 64. 150 H.A. zum CISG; vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 66.

Vienna StaudinArt. 33 Rn. 46;

170

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

mit Verbrauchern in der Schuldnerrolle nicht erfasst. Hat ausnahmsweise weder der Factor noch der Lieferant oder der Schuldner eine Niederlassung, so sollte auf Grund der Vorbildwirkung des CISG für das FactÜ und der Schaffung eines Einheitsvertragsrechts 151 entsprechend dem Art. 10 lit. b CISG auf den gewöhnlichen Aufenthalt der betreffenden Partei abgestellt werden, zumal kein aus dem Zweck des FactÜ ableitbarer Grund dagegen spricht.

B. Autonome Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 2 lit. a FactÜ Nach Art. 2 Abs. 2 lit. a FactÜ gelangt das FactÜ zur Anwendung, wenn sowohl der Lieferant und der Schuldner als auch der Factor ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben. Das FactÜ ist in solchen Fällen „autonom" 152 , d.h. ohne Zwischenschaltung des Kollisionsrechts, anzuwenden. Da nach Art. 2 Abs. 1 FactÜ lediglich der Lieferant und Schuldner in verschiedenen Staaten niedergelassen sein müssen (Internationalität), können für die autonome Anwendung nach Art. 2 Abs. 2 lit. a FactÜ der Lieferant und Factor bzw. der Schuldner und Factor ihre Niederlassung in demselben Staat haben, sofern es sich bei den beteiligten Staaten um Vertragsstaaten handelt. 153 Es ist somit nicht erforderlich, dass die Vertragsparteien ihre Niederlassung in drei verschiedenen Vertragsstaaten haben. 154 Unerheblich ist, ob die Vertragsparteien tatsächlich Kenntnis darüber haben, dass die Staaten, in welchen sie ihre Niederlassung haben, Vertragsstaaten des FactÜ sind. 155 Da Deutschland, Frankreich und Italien Vertragsstaaten sind, wären folgende Fallkonstellationen nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ anzuknüpfen: Fall 1: Der Lieferant und Factor haben ihre Niederlassung in Deutschland, der Schuldner hat seine Niederlassung in Italien. Fall 2: Der Lieferant hat seine Niederlassung in Deutschland, der Schuldner und der Factor haben ihre Niederlassung in Italien. Fall 3: Der Lieferant hat seine Niederlassung in Deutschland, der Schuldner in Italien und der Factor in Frankreich. 156 Für die räumliche Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ ist in Bezug auf die Person des Factors die Niederlassung des ersten Factors der 151

Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 27. Dafür werden auch die Begriffe „direkte" oder „unmittelbare" Anwendung verwendet. 153 Ebenso Ferrari, RIW 1996, 181 (184); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 301. 154 Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 18. 155 Ebenso Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 29 Fn 89. 156 Derartige Fallkonstellationen sind eher theoretischer Natur, denn üblich sind das Zwei-Factor-Verfahren sowie das Import-Factor- oder Export-Factor-Verfahren. 152

2. Kapitel: Facti"l

171

Forderung von Relevanz, im Zwei-Factor-Verfahren 157 somit diejenige des Exportfactors. Dies folgt daraus, dass die Anwendbarkeit des FactÜ auf spätere, nachfolgende Abtretungen, z.B. die Abtretung der Forderung vom Exportfactor (mit Niederlassung im Staat des Lieferanten) an den Importfactor (mit Niederlassung im Staat des Schuldners), in den Art. 11 und 12 FactÜ gesondert geregelt wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Niederlassung ist der Abschluss des Grundvertrages bzw. des Factoringvertrages. 158 Art. 2 Abs. 1 FactÜ enthält zwar keine diesbezügliche Anordnung, aber durch die Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kann dem Ziel der Verfasser, keinen der Beteiligten über die Anwendbarkeit des FactÜ im Ungewissen zu lassen und objektive Anknüpfungskriterien für dessen Anwendung zu bieten, 159 am ehesten entsprochen werden. Ein weiteres Argument für das Abstellen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 FactÜ: Hat eine Partei mehrere Niederlassungen, so ist für die Feststellung der engsten Beziehung, die sodann den Ausschlag für die maßgebende Niederlassung gibt, auf die Umstände vor oder (spätestens) bei Vertragsabschluss abzustellen. Verlegt eine der Parteien ihre Niederlassung nach Abschluss des Grundvertrages bzw. des Factoringvertrages, so kommt dieser Verlegung für die autonome Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ keine Bedeutung zu. 160 Indem Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ voraussetzt, dass alle drei Parteien und nicht lediglich der Lieferant und der Factor ihre Niederlassung in Vertragsstaaten haben, soll der Schuldner vor einer für ihn überraschenden Anwendung des FactÜ geschützt werden. 161 Durch die autonome Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ wird dieser Schutz allerdings nicht zwangsläufig erreicht, da der Schuldner im Zeitpunkt des Abschlusses des 157 Im Zwei-Factor-Verfahren (Korrespondenzfactoring) schließt der Lieferant einen Factoringvertrag mit einem im eigenen Staat niedergelassenen Factor (Export-Factor), der seinerseits einen Vertrag mit einem Factor (Import-Factor) im Land des Schuldners abschließt. Es besteht kein Vertragsverhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Import-Factor. Vgl. Moore/Elkins, International Factoring: The Practical Advantages, U.C.C.L.J. 1981, 115 (124); Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz. 2/163; Salinger, Factoring Law 2 Rn. 6 - 0 3 ff.; Martinek in Staudinger13 § 675 Rn. B 141; Sommer, Grenzüberschreitendes Factoring im Zwei-Factor-Verfahren, in: Hagenmüller/Sommer/Brink, Handbuch des nationalen und internationalen Factoring, 3. Auflage (1997) 287 ff.; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 73 ff.; Harrer, Neue Vertragstypen 35 f. 158

Ferrari, RIW 1996, 181 (185 Fn 80); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 299. S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 22 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 22 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 107 Rn. 22. 160 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 299. 161 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 22 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 22 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 107 Rn. 22. 159

172

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

Grundvertrages nicht notwendigerweise Kenntnis vom Factoringvertrag (und dessen Inhalt) und somit von der Niederlassung des Factors hat; 162 daher kann der Schuldner zu diesem Zeitpunkt mangels entsprechender Information durch den Lieferanten auch keine Kenntnis darüber haben, ob das FactÜ zur Anwendung gelangt.

C. Kollisionsrechtliche Anknüpfung 1.

Einleitung

Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ ist das Übereinkommen anzuwenden, wenn sowohl der Kaufvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen. Die Anwendungsmöglichkeit nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ stellt eine Alternative zur autonomen Anwendung des FactÜ nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ dar. 163 Ob das Recht eines Vertragsstaates das für den Kaufvertrag und Factoringvertrag maßgebende Recht ist, richtet sich nach dem Kollisionsrecht. Nach dieser Anknüpfungsalternative gelangt das FactÜ somit nicht unmittelbar, sondern mittelbar durch die Vorschaltung des Kollisionsrechts zur Anwendung. Die Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ wird deshalb auch als kollisionsrechtliche Anknüpfung bezeichnet. Das FactÜ selbst enthält keine kollisionsrechtlichen Vorschriften, so dass die entsprechenden Vorschriften des Staates, der zur Entscheidung berufen ist (Gerichtsstaat) - der ein Vertragsstaat oder Nichtvertragsstaat sein kann - heranzuziehen sind. Der Begriff „Kollisionsrecht" ist daher nicht autonom, sondern i.S.d. lex fori auszulegen. 164 Das Recht eines Vertragsstaates kann grundsätzlich auf Grund objektiver Anknüpfung oder auf Grund einer (zulässigen) Rechtswahl des Factors und des Lieferanten für den Factoring vertrag bzw. des Lieferanten und des Schuldners für den Grundvertrag zur Anwendung gelangen. Durch die kollisionsrechtliche Anknüpfung wird der Anwendungsbereich des Übereinkommens über die autonome Anknüpfung hinaus erweitert. Das FactÜ kann - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ selbst dann zur Anwendung gelangen, wenn alle beteiligten Parteien ihre Niederlassung in Nichtvertragsstaaten haben. 165 Im Gegensatz dazu setzt die autonome Anknüpfung nach Art. 2 162

Das FactÜ gelangt jeweils zur Anwendung, wenn der Factor seine Niederlassung im Vertragsstaat des Lieferanten (Staat A) oder des Schuldners (Staat B) oder in einem anderen Vertragsstaat (Staat C) hat. 163 Ebenso Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (373). 164 Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 38; ausführlicher 2. Teil, 2. Kapitel, II.C.2. 165 Ebenso Ferrari, RIW 1996, 181 (186); Weller, RIW 1999, 163.

2. Kapitel:

Facti7

173

Abs. 1 lit. a FactÜ voraus, dass sowohl der Schuldner und der Lieferant als auch der Factor ihre Niederlassung in Vertragsstaaten haben. Den Bezug zu den Vertragsstaaten stellt Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ dadurch her, dass sowohl der Factoringvertrag als auch der Grundvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen müssen. Ob es sich dabei um das Recht ein und desselben Vertragsstaates oder von zwei Vertragsstaaten handelt, ist irrelevant. 166 Dies wird auch durch die Vorschrift über den zeitlichen Anwendungsbereich des FactÜ bestätigt (Art. 21 FactÜ), die im Zusammenhang mit der Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ die Formulierung „Vertragsstaat" bzw. „Vertragsstaaten" verwendet. 167 Durch die Anknüpfung an das anwendbare Recht beider Verträge (Grundvertrag und Factoringvertrag) soll sichergestellt werden, dass alle am Factoringgeschäft beteiligten Parteien über die Anwendung des FactÜ Kenntnis besitzen. Vor allem der Schuldner soll wissen, welches Recht zur Anwendung gelangt. 168 Dieses Ziel wurde jedoch selbst durch die Anknüpfung an beide Vertragsverhältnisse nicht erreicht. Als Nichtpartei des Factoringvertrages hat der Schuldner keine Kenntnis über den Inhalt des Factoringvertrages, im Zusammenhang mit der kollisionsrechtlichen Anknüpfung insbesondere nicht darüber, ob der Factoringvertrag auf Grund einer Rechtswahl dem Recht eines Vertragsstaates unterliegt. Dies gilt vice versa auch für den Factor hinsichtlich des Grundvertrages. 169 Nur der Lieferant kann wissen, ob sowohl der Grundvertrag mit dem Schuldner als auch der Factoring vertrag mit dem Factor auf Grund objektiver Anknüpfung oder Rechtswahl dem FactÜ unterliegen. Um eine Harmonie zwischen den Anwendungsvoraussetzungen des CISG und des FactÜ zu erreichen, wurde Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ nach dem Vorbild von Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG 170 gestaltet. 171 Da jedoch der 166 So ausdrücklich UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 22 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 22 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 107 Rn. 22. Ebenso Diehl-Leistner, Internationales Factoring 127; Weller, RIW 1999, 161 (162 Fn 20); Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 36; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 21. 167 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 303 f. 168 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 22 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 22 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 107 Rn. 22. 169 Vor dem Hintergrund der Schnelllebigkeit des internationalen Factoringgeschäftes und der Vielzahl an Forderungen, die abgetreten werden, erscheint es unrealistisch, dass der Factor sich Kenntnis über den Grundvertrag verschafft, um festzustellen, ob das Recht eines Vertragsstaates anzuwenden ist. Ebenso Goode, The proposed new Factoring and Leasing Conventions, J. Bus. L. 1987, 219 (220). 170 Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG lautet: „This Convention applies to contracts of sale of goods between parties whose places of business are in different States: when the rules of private international law lead to the application of the law of a Contracting State." 171 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 26.

174

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

Anwendungsbereich des FactÜ im Gegensatz zum CISG auf zwei Vertragsverhältnissen aufbaut (Lieferant und Schuldner einerseits, Factor und Lieferant andererseits), müssen sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines (nicht notwendigerweise desselben) Vertragsstaates unterliegen. Abweichend von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung nach dem CISG nimmt Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ nicht auf die Regeln des IPR Bezug. 172 Es folgt jedoch aus der Funktion des IPR, dass bei einem Grundvertrag und/oder Factoringvertrag mit Auslandsbezug mithilfe kollisionsrechtlicher Vorschriften festzustellen ist, ob das Recht eines Vertragsstaates das für den konkreten Vertrag maßgebende Recht ist. Ohne eine inhaltliche Änderung im Vergleich zu Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG bewirken zu wollen, 173 erachteten die Verfasser des FactÜ die von ihnen gewählte Formulierung der kollisionsrechtlichen Anknüpfung als präziser. 174 Im Unterschied zu Art. 95 CISG haben die Vertragsstaaten des FactÜ jedoch keine Möglichkeit, einen Vorbehalt zu Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ zu erklären. 175 Ein Vorbehalt war zunächst vorgesehen 176 , ist jedoch nach der vom Vertreter der Haager Konferenz für IPR geäußerten Kritik, 177 wonach bei Beibehaltung der Vorbehaltsmöglichkeit sogar an der Nützlichkeit der durch das FactÜ beabsichtigten Vereinheitlichung gezweifelt werden könne, da der räumliche Anwendungsbereich nach Art. 2 Abs. 1 lit. a und b FactÜ bereits ohne eine Vorbehaltsmöglichkeit zu lit. b sehr eng formuliert sei, gestrichen worden. 178 Bedenkt man die Diskussion in der Literatur hinsichtlich der durch die Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 95 CISG entstandenen Schwierigkeiten 179 und berücksichtigt man die Zielsetzung des FactÜ, den internationalen Handel durch die Erleichterung des „schnelllebi172

Der Entwurf von 1985 ( U N I D R O I T 1985, Study LVIII - Doc. 19, Annex III, Article 2 (b)) enthielt hingegen noch die Bestimmung: „...when the rules of the private international law lead to the application to the factoring contract and to the contract of sale of goods of the law of a Contracting State." 173 Dies ergibt sich eindeutig aus UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 26; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 22 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 92 Rn. 22 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 107 Rn. 22. In der kurzen Erläuterung des Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ wird durchgehend auf die Regeln des IPR Bezug genommen. 174 Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 31. 175 Nach Art. 20 FactÜ sind Vorbehalte nur zulässig, soweit sie in diesem Übereinkommen ausdrücklich für zulässig erklärt werden. 176 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 34, Article F = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 118, Article F. 177 UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/7, 200 (202). 178 Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 253. 179 Vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 1 CISG Rn. 110 ff., Art. 95 CISG Rn. 5 f. m.w.N.

2. Kapitel:

175

FactÜ

gen" Factoringgeschäftes zu fördern, so entspricht die Streichung des Vorbehaltes dieser Zielsetzung, zumal dadurch den beteiligten Parteien eine Auseinandersetzung mit schwierigen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung des FactÜ erspart worden ist. Da für die kollisionsrechtliche Anwendungsalternative nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ sowohl das auf den Grundvertrag als auch das auf den Factoringvertrag anwendbare Recht festzustellen ist, wird zunächst diese Frage untersucht, um anschließend anhand von Beispielen einige Fallvarianten darzustellen. 2.

Bestimmung des auf den Grundvertrag

anwendbaren

Rechts

Die Niederlassung der Parteien des Grundvertrages in verschiedenen Staaten ist eine Voraussetzung sowohl für die autonome Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ als auch für die kollisionsrechtliche Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ, da sie die von Art. 2 Abs. 1 FactÜ geforderte Internationalität der abgetretenen Forderung begründet. Bei einer Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ ist es daher stets erforderlich, unter Vorschaltung der Regeln des IPR, das auf den Grundvertrag anwendbare Recht zu bestimmen. 180 Mit den Vorschriften des IPR ist das autonome und staatsvertraglich vereinbarte Kollisionsrecht des Gerichtsstaates gemeint. Normiert das IPR des Gerichtsstaates eine Gesamtrechtsverweisung, so ist auch diese zu befolgen. Soweit das Kollisionsrecht des Gerichtsstaates eine Rechtswahl zulässt, kommt nicht nur eine objektive Anknüpfung für die Bestimmung des anwendbaren Rechts in Betracht. Ist der Grundvertrag, aus dem die abzutretenden Forderungen entstehen, ein Kaufvertrag über Waren, so kann es sich dabei um einen Kaufvertrag handeln, der in den Anwendungsbereich des CISG fällt, oder aber um einen „sonstigen" 181 internationalen Kaufvertrag. Bei einem Kaufvertrag über Waren i.S.d. Art. 1 Abs. 1 CISG zwischen einem Verkäufer mit Niederlassung in Deutschland und einem Käufer mit Niederlassung in Österreich wird ein deutsches Gericht gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG zur Anwendung des CISG gelangen. Für die Zwecke des Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ 180 Bei einer autonomen Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ hingegen genügt die Feststellung, dass die Staaten, in denen der Schuldner und der Lieferant niedergelassen sind, Vertragsstaaten des FactÜ sind. (Weiters muss der Factor seine Niederlassung in einem Vertragsstaat haben.) 181 Z.B.: Der Verkäufer hat seine Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat, der Käufer in einem Vertragsstaat; nach den kollisionsrechtlichen Vorschriften des Forumstaates ist das Recht des Verkäuferstaates maßgebend. Weiteres Beispiel: Der Käufer und der Verkäufer haben ihre Niederlassung in Vertragsstaaten des CISG und schließen einen Kaufvertrag über ein Seeschiff. Derartige Kaufverträge sind nach Art. 2 lit. e CISG vom Anwendungsbereich des CISG ausgeschlossen. In beiden Fällen liegt ein internationaler Kaufvertrag vor, der nicht nach dem CISG zu beurteilen ist.

176

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti]

ist jedoch zu überprüfen, als welches innerstaatliche Recht das CISG zur Anwendung gelangt, d.h. ob als nationales österreichisches oder als nationales deutsches Recht. 182 Im konkreten Fall ergibt sich aus Art. 4 Abs. 2 EVÜ, dass das CISG als deutsches Recht und somit als Recht eines Vertragsstaates des FactÜ auf den Kaufvertrag anzuwenden ist. Damit ist die erste der Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 1 lit b FactÜ - Maßgeblichkeit des Rechts eines Vertragsstaates für den Grundvertrag - erfüllt. Haben die Parteien eine Rechtswahl getroffen, so ist diese vorrangig zu beachten (Art. 6 CISG, Art. 3 EVÜ). Bei einem „sonstigen" internationalen Kaufvertrag (z.B. Kauf eines Transportschiffes) würde ein deutsches Gericht in derselben Fallkonstellation gemäß Art. 4 Abs. 2 EVÜ deutsches Recht und somit das Recht eines FactÜ-Vertragsstaates auf den Kaufvertrag anwenden. Wiederum wäre eine Rechtswahl, da sie das deutsche Kollisionsrecht zulässt, vor der objektiven Anknüpfung zu beachten. Handelt es sich bei dem Grundvertrag um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen (s. Art. 1 Abs. 3 FactÜ), so ist das maßgebende Recht ebenso unter Vorschaltung des Kollisionsrechts des Gerichtsstaates zu bestimmen. Dabei wird nach Art. 4 Abs. 2 EVÜ in der Regel das Recht des zum Tätigwerden Verpflichteten für den Dienstleistungsvertrag maßgebend sein. 183 Bei Transportverträgen, für welche internationales Einheitsrecht besteht (z.B. CMR oder COTIF), ist wiederum zu prüfen, als welches innerstaatliche Recht das Übereinkommen zur Anwendung gelangt (von einem österreichischen Gericht wäre bei den genannten Übereinkommen Art. 4 Abs. 4 EVÜ zu beachten). 3.

Bestimmung des auf den Factoringvertrag

anwendbaren

Rechts

Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ muss sowohl das auf den Grundvertrag als auch das auf den Factoringvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates des FactÜ sein. Da es für die Internationalität des Factoringvertrages gemäß Art. 2 Abs. 1 FactÜ nicht erforderlich ist, dass der Lieferant und der Factor ihre Niederlassung jeweils in verschiedenen Staaten haben, können auch Factoringverträge ohne ein internationales Element in den Anwendungsbereich des FactÜ fallen. Für die nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ erforderliche Bestimmung des auf den Factoringvertrag anwendbaren Rechts ist daher die Vorschaltung des IPR nicht in jedem Fall erforderlich. 182

Ebenso Ferrari, RIW 1996, 181 (188); nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 303, haben privatrechtsvereinheitlichende Übereinkommen offensichtlich überhaupt außer Betracht zu bleiben. 183 Vgl. statt vieler Schwimann, IPR3, 129; Posch, IPR 3 Rz. 15/11; Kropholler, IPR5, 463.

2. Kapitel:

Facti]

177

Der Factoringvertrag i.S.d. Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ ist der erste Factoringvertrag, also der Vertrag zwischen dem Lieferanten und dem Factor. 184 Dies folgt aus Art. 11 Abs. 1 FactÜ, der die Wirkungen einer nachfolgenden Abtretung - z.B. vom Exportfactor an den Importfactor - regelt und in seinem Einleitungssatz eine (erstmalige) Abtretung auf Grund eines Factoringvertrages, der in den Anwendungsbereich des FactÜ fällt, voraussetzt. 185 Aus diesem Grund kann das auf den nachfolgenden Factoringvertrag zwischen dem Export- und Importfactor anwendbare Recht nicht für die Frage herangezogen werden, ob der erste Factoringvertrag zwischen dem Lieferanten und dem Exportfactor i.S.d. Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ dem Recht eines Vertragsstaates unterliegt. Beim Factoringvertrag sind nicht die Forderungsabtretungen, sondern die Leistungen des Factors Hauptzweck des Vertrages, so dass diese Leistungen wirtschaftlich im Vordergrund stehen und den Factoringvertrag charakterisieren. 186 In einem Zwei-Factor-Verfahren ist auf den Factoringvertrag zwischen dem Lieferanten und dem Exportfactor daher das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Exportfactor seine Niederlassung hat. Handelt es sich dabei um einen Vertragsstaat, 187 so unterliegt der erste Factoringvertrag, auf den es - wie bereits erwähnt - ankommt, dem Recht des Vertragsstaates und die Voraussetzung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ ist erfüllt. Beim Exportfactoring 188 bzw. Importfactoring 189 findet auf den Factoringvertrag mangels Rechtswahl das Recht des Staates Anwendung, in dem der Factor seine Hauptverwaltung hat (Art. 4 Abs. 2 EVÜ).

184

In einem Zwei-Factor-Verfahren ist das der Factoringvertrag zwischen dem Lieferanten und dem Exportfactor. 185 Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ: „Where a receivable is assigned by a supplier to a factor pursuant to a factoring contract governed by this Convention, the rules ... apply to any subsequent assignment of the receivable ...". 186 H.A. Vgl. nur Basedow, ZEuP 1997, 615 (619); Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 5 m.w.N. 187 Beispiel: Der Lieferant und der Exportfactor haben ihre Niederlassung in Deutschland, der Importfactor und der Schuldner in Osterreich. 188 Im Export-Factoringverfahren „entfällt" im Vergleich zum Zwei-Factor-Verfahren der Import-Factor im Staat des Schuldners, so dass sich der Export-Factor, der seine Niederlassung im Staat des Lieferanten hat, direkt an den Schuldner wendet. Vgl. Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz. 2/164; Salinger, Factoring Law 2 Rn. 6 19 ff.; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 75 f. 189 Beim Import-Factoring verfahren fehlt es im Vergleich zum Zwei-Factor-Verfahren am Exportfactor im Staat des Lieferanten. Der Import-Factor hat seine Niederlassung im Staat des Schuldners. Vgl. Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz. 2/164; Salinger, Factoring Law 2 Rn. 6 - 17 f.; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 76.

178 4.

2. Teil: Anwendungsbereich

Beispiele für die kollisionsrechtliche

des ZessÜ und FactÜ

Anknüpfung

In den folgenden Beispielen gelangt das FactÜ nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ zur Anwendung, da sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen. Die Beispielsfälle stehen unter der Prämisse, dass sich das zur Entscheidung berufene Gericht in einem Vertragsstaat befindet und somit zur Beachtung des FactÜ auf Grund der Ratifikation verpflichtet ist. 190 Der Grundvertrag ist stets ein Kaufvertrag i.S.d. CISG, Deutschland ist ein Vertragsstaat des FactÜ. Fall 1: Haben der Lieferant und der Factor ihre Niederlassung in Deutschland, der Schuldner hingegen in Österreich, so ist für den Grundvertrag das CISG als deutsches Recht maßgebend und der Factoringvertrag 191 unterliegt ebenfalls dem deutschen Recht. 192 Fall 2: Befindet sich die Niederlassung des Lieferanten in Deutschland, diejenige des Schuldners und Factors in Österreich, haben jedoch der Lieferant und der Factor eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts getroffen, so gilt für den Grundvertrag (wie in Fall 1) ebenso wie für den Factoring vertrag (auf Grund der Rechtswahl) deutsches Recht. Mangels Rechtswahl wäre österreichisches Recht und somit das Recht eines Nichtvertragsstaates für den Factoringvertrag maßgebend. Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ setzt jedoch voraus, dass beide Verträge dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen. Fall 3: Der Lieferant mit Niederlassung in Österreich und der Schuldner mit Niederlassung in Deutschland haben eine Rechtswahl zugunsten des unvereinheitlichten deutschen Rechts („BGB/HGB Kaufrecht") getroffen, 193 weshalb das Recht eines FactÜ-Vertragsstaates auf den Grundvertrag anwendbar ist. Mangels Rechtswahl (Ausschlusses des CISG nach Art. 6 CISG) würde der Kaufvertrag dem CISG als österreichisches Recht und somit dem Recht eines Nichtvertragsstaates unterliegen. Der Factor ist in Deutschland niedergelassen, so dass nach Art. 4 Abs. 2 EVÜ deutsches Recht für den Factoringvertrag maßgebend ist. Die Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ sind daher erfüllt. Fall 4: Der Lieferant hat seine Niederlassung in Österreich, der Schuldner und der Factor sind in der Schweiz niedergelassen, wobei der Kaufvertrag eine Rechtswahl zugunsten des deutschen BGB/HGB Rechts, der Factoringvertrag zugunsten des deutschen Rechts enthält. Ohne Rechtswahl wäre sowohl für den Kaufvertrag 190 Zur Beurteilung des räumlichen Anwendungsbereiches, wenn sich das Gericht in einem Nichtvertragsstaat befindet, s. sogleich im Anschluss. 191 Sieht man in der Erbringung der Dienstleistungen des Factors im Ausland ein internationales Element, so erfolgt die Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 2 EVÜ, anderenfalls bedarf es keiner Vorschaltung des IPR. 192 Vgl. dazu auch den Fall in Harrer, Neue Vertragstypen 37 f. 193 Dies stellt nach h.A. einen wirksamen Ausschluss des CISG nach Art. 6 CISG dar. Vgl. nur Magnus in Staudinger Art. 6 CISG Rn. 30.

2. Kapitel:

Facti]

179

als auch für den Factoringvertrag das Recht eines Nichtvertragsstaates des FactÜ maßgebend. 1 9 4 5.

Gericht im

Nichtvertragsstaat

Das Gericht eines Nichtvertragsstaates ist in einem Rechtsfall, welcher grundsätzlich vom Anwendungsbereich des FactÜ umfasst wird, völkerrechtlich nicht verpflichtet, das FactÜ unmittelbar anzuwenden. Jedoch kommt eine „mittelbare" Anwendung in Betracht, wenn die Kollisionsnormen des Gerichtsstaates auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen 195 , da das FactÜ Teil der Rechtsordnung dieses Vertragsstaates ist. Der Vorrang des FactÜ vor den unvereinheitlichten Factoringvorschriften des Vertragsstaates ergibt sich nicht nur aus dem Grundsatz der Spezialität, sondern vor allem aus der Abgrenzungsnorm des Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ. 196 Diese internationalitätsbestimmende und kollisionsrechtliche Abgrenzungsnorm des FactÜ ist auch vom Gericht eines Nichtvertragsstaates zu berücksichtigten. 197 Aus dieser Bestimmung folgt, dass in Fällen, in denen sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegt, das FactÜ als Recht dieses Vertragsstaates anzuwenden ist und nicht das autonome, für interne Sachverhalte geltende Recht dieses Vertragsstaates. Nach ü.A. 198 hat der Richter eines Nichtvertragsstaates (= Gerichtsstaat) das FactÜ anzuwenden, wenn auch ein Richter des Vertragsstaates, auf dessen Recht die Kollisionsnormen des Gerichtsstaates (= Nichtvertragsstaat) verweisen, das FactÜ anwenden würde. Dies verhindert ein forum Shopping und fördert die internationale Entscheidungsharmonie. Selbst wenn eine internationale Forderung vorliegt und der Grundvertrag nach dem Recht eines Vertragsstaates zu beurteilen ist, kann allein die Internationalität des Factoringvertrages i.d.S., dass der Factor und der Lieferant in verschiedenen Staaten niedergelassen sind, für die Anwendung des FactÜ durch ein Gericht eines Nichtvertragsstaates nicht ausreichend sein, 199 denn dies würde im Ergebnis bedeuten, dass ein Gericht eines Nichtver194

Für den Kaufvertrag nach Art. 1 Abs. 1 lit. a das CISG als nationales österreichisches Recht, für den Factoringvertrag nach Art. 4 Abs. 2 EVÜ das schweizerische Recht. 195 Sei es auf Grund gesetzlicher Anknüpfung oder auf Grund einer Rechtswahl. 196 Basedow, ZEuP 1997, 615 (630) m.w.N. Allgemein zur Funktion derartiger Normen als Kollisionsnormen und materielle Abgrenzungsnormen s. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 196 f. m.w.N. 197 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 190 f., 196. Vgl. auch 2. Teil, 1. Kapitel, I.C.l. 198 S. Ferrari in MünchKomm HGB Art. 2 FactÜ Rn. 52; Hausmann in Staudingern Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 22 jeweils m.w.N. 199 So aber Siehr, Der internationale Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts, RabelsZ 1988, 587 (608) für Art. 1 CISG.

180

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und

Facti)

tragsstaates das FactÜ selbst dann anwenden könnte, wenn das Gericht eines Vertragsstaates die Anwendbarkeit desselben verneinen würde. 200

III. Nachfolgende Abtretungen (Kettenabtretungen) A. Einleitung Art. 1 FactÜ bezieht sich auf die erstmögliche Abtretung einer Geldforderung und nicht auf eine Abtretung, die in weiterer Folge nach der ersten Abtretung vorgenommen wird. Dies folgt eindeutig aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ, wonach der Lieferant an den Factor die Forderungen abtreten kann oder muss. Der Lieferant ist derjenige, der die Forderung aus dem Grundvertrag erwirbt, somit der erste Forderungsinhaber, welcher die Möglichkeit hat, die Forderung an eine andere Person durch Abtretung zu übertragen. Da Art. 1 Abs. 2 FactÜ die Anwendung des Übereinkommens an die Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor knüpft, kann das Übereinkommen auch nicht zur Anwendung gelangen, wenn zwar nicht die erste, jedoch eine nachfolgende Abtretung die sonstigen Voraussetzungen nach Art. 1 und 2 FactÜ erfüllt. 201 Mit anderen Worten: Unterliegt die Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor nicht dem FactÜ, sei es, weil die sachlichen oder räumlichen Anwendungsvoraussetzungen nicht vorliegen, sei es, weil die Anwendbarkeit des FactÜ nach Art. 3 FactÜ wirksam ausgeschlossen worden ist, so ist die Forderung für die Dauer ihres Bestehens vom Anwendungsbereich des FactÜ ausgenommen.

B. Nachfolgende Abtretung Die einer Abtretung vom Lieferanten an den Factor nachfolgende, weitere Abtretung (Kettenabtretung) ist in Art. 11 FactÜ geregelt. Auf Grund des im internationalen Factoringgeschäft vorherrschenden Zwei-FactorVerfahrens bildet die nachfolgende Abtretung zwischen dem Export-Factor im Land des Lieferanten und dem Import-Factor im Land des Schuldners

200 Vgl. Kropholler, Internationales Einheitsrecht 196, welcher betont, dass es nicht sinnvoll sein kann, ein rechtsvereinheitlichendes Übereinkommen in einem Nichtvertragsstaat in weiterem Umfang anzuwenden als in einem Vertragsstaat. 201 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 292 f.

2. Kapitel:

FactÜ

181

das „Rückgrat des internationalen Factoring" 202 . Art. 11 FactÜ gilt jedoch nicht nur für die erste nachfolgende Abtretung (also die insgesamt zweite Abtretung der Forderung), sondern für jede weitere in der Kette erfolgende Forderungsabtretung. Dies ergibt sich aus Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ, der von jeder nachfolgenden Abtretung durch den Factor oder „einen nachfolgenden Zessionar" spricht. 203 Art. 11 FactÜ gelangt somit zur Anwendung, wenn die erste Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor dem Anwendungsbereich des FactÜ unterliegt und es zu einer weiteren Abtretung in der Kette kommt. Liegen zwei Abtretungen vor, so erstreckt Art. 11 FactÜ die durch Art. 1 und 2 FactÜ begründete Anwendbarkeit des FactÜ für die erste Abtretung auf die nachfolgende Abtretung. 204 Allerdings setzt Art. 11 FactÜ für die Erstreckung der Anwendbarkeit des FactÜ auf nachfolgende Abtretungen nicht voraus, dass auch die nachfolgende Abtretung die Anwendungsvoraussetzungen der Art. 1 und 2 FactÜ erfüllt. 205 Dies hat wesentliche Auswirkungen: Bezogen auf Art. 1 FactÜ bedeutet dies, dass eine nachfolgende Abtretung nicht auf Grund eines Factoringvertrages i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. b und lit. c FactÜ vorgenommen werden muss. Es ist daher nicht erforderlich, dass der nachfolgende Vertrag eine Anzeigepflicht an den Schuldner vorsieht oder der nachfolgende Zessionar die Erfüllung von mindestens zwei der in Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ genannten charakteristischen Aufgaben bzw. Leistungen übernimmt. Entscheidend ist lediglich, dass es zu einer nachfolgenden „Abtretung" kommt. Da der Begriff der Abtretung für das gesamte FactÜ einheitlich auszulegen ist, genügt es für Art. 11 FactÜ, ebenso wie für Art. 1 FactÜ, dass der neue Zessionar auf Grund der Abtretung ein Recht an der Forderung erlangt, welches er gegen den Schuldner des Grundvertrages geltend machen kann. Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ ist im Zusammenhang mit nachfolgenden Abtretungen unproblematisch, da er den Rechtsgrund einer Geldforderung, nämlich einen Wa-

202

So Brink in MünchKomm HGB Art. 11 FactÜ Rn. 11; ebenso Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (615), welcher von der „klassischen Form des internationalen Factoring" spricht, oder Hausmann in Staudingern Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 39, der hervorhebt, dass durch Art. 11 FactÜ „insbesondere dem im internationalen Geschäftsverkehr vorherrschenden Korrespondenzfactoring Rechnung getragen" wird. Vgl. auch UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 64: „the normal situation in international factoring transactions". 203 Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ: „... apply to any subsequent assignment of the receivable by the factor or by a subsequent assignee." S. auch die Wortmeldung von Goode in UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R 18, 288: „any number of assignments being made." 204 S. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 20. 205 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 49 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 102 Rn. 49 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 135 Rn. 49.

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2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

renkauf- oder Dienstleistungsvertrag, der in erster Linie nicht für private Zwecke abgeschlossen worden ist, betrifft. Der Rechtsgrund einer Geldforderung bleibt auch durch eine nachfolgende Abtretung unverändert. Die für das FactÜ maßgebliche „Internationalität" (Art. 2 Abs. 1 FactÜ) bleibt bei einer nachfolgenden Abtretung stets erhalten, da sie durch die Niederlassung der Parteien des Grundvertrages in verschiedenen Staaten hergestellt wird. Die nachfolgende Abtretung muss jedoch nicht den räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 lit. a und b FactÜ entsprechen. Die Niederlassung der Parteien des Grundvertrages bleibt von einer nachfolgenden Abtretung unberührt; auf die Niederlassung des nachfolgenden Factors kommt es nicht an, so dass es keiner Prüfung bedarf, ob der nachfolgende Zessionar in einem Vertragsstaat niedergelassen ist (Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ) oder ob das für den Abtretungsvertrag zwischen dem Factor und einem nachfolgenden Zessionar maßgebende Recht das Recht eines Vertragsstaates ist (Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ). 206 Daher ist das FactÜ selbst dann anzuwenden, wenn der Factor seine Forderung an einen nachfolgenden Zessionar abtritt, der seine Niederlassung im selben Staat hat wie er. Art. 11 FactÜ gilt somit auch für eine nachfolgende innerstaatliche Forderungsabtretung. 207 Würde Art. 11 FactÜ nur diejenigen nachfolgenden Abtretungen erfassen, die auch die räumlichen Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 1 lit. a und b FactÜ erfüllen, so würde dies für das klassische Zwei-Factor-Verfahren in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ kein Problem darstellen. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ ist es erforderlich, dass der Schuldner, der Lieferant und der Factor ihre Niederlassung jeweils in Vertragsstaaten haben. Erfüllt die erste Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor diese Voraussetzung, so erfüllt sie auch die nachfolgende Abtretung vom Export-Factor an den Import-Factor, da der Import-Factor im Staat des Schuldners, somit in einem Vertragsstaat, niedergelassen ist. Eine Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ könnte hingegen scheitern: Nach dieser Bestimmung müssen sowohl der Warenkaufvertrag als auch der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen. Unterliegt der Warenkaufvertrag dem Recht eines Vertragsstaates, so ändert sich dies weder durch die erste noch durch allfällige nachfolgende Abtretungen. Geht man bei der objektiven Anknüpfung des Vertrages zwi-

206

Ebenso im Ergebnis Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (615); Weller, RIW 1999, 161 (167); Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 39. 207 Im Entwurf von 1981 ( U N I D R O I T 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 11) war dies noch ausdrücklich angeführt: „The present rules, including this article, shall also apply to subsequent assignments of the receivables by the factor to another factor, whether the establishments of the factors are situated in the same State or in different States."

2. Kapitel:

FactÜ

183

sehen dem Export- und dem Import-Factor von der h.A. 208 aus, nach der das Recht des Staates, in dem der Import-Factor seine Niederlassung hat, für den Vertrag maßgebend ist, so ist dies gleichzeitig der Staat, in dem der Schuldner seine Niederlassung hat, und dieser ist nicht notwendigerweise ein Vertragsstaat. 209 Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Exportund Import-Factor das Recht eines Vertragsstaates wählen. Abschließend ist jedoch hervorzuheben, dass die vorstehenden Überlegungen theoretischer Natur sind, da die nachfolgenden Abtretungen nicht den räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 2 FactÜ entsprechen müssen. Da Art. 11 Abs. 1 FactÜ keine weiteren Voraussetzungen für eine nachfolgende Abtretung enthält, kann aus dieser Vorschrift der Grundsatz abgeleitet werden: „Einmal Factoring-Übereinkommen, immer FactoringÜbereinkommen". Eine Forderung kann die Anwendung des FactÜ durch weitere, nachfolgende Abtretungen 210 nicht „abstreifen", denn die Anwendbarkeit des FactÜ wird durch Art. 11 FactÜ auf beliebige weitere Abtretungen erstreckt. 211 Der Grund dafür liegt darin, dass die rechtliche Position des Schuldners geschützt werden soll. Unterliegt eine Forderung auf Grund ihrer ersten Abtretung dem FactÜ, so soll sie bis zu ihrem Erlöschen dem Regelwerk des FactÜ unterstellt bleiben. Damit wird die Kontinuität der Rechtsstellung des Schuldners gewährleistet. 212

208 Vgl. nur Basedow, ZEuP 1997, 615 (620); Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 6 m.w.N. 209 Bei der objektiven Anknüpfung des Warenkaufvertrages kommt es auf die Niederlassung des Lieferanten an, weshalb aus der Tatsache, dass der Warenkaufvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegt, nicht der zwingende Schluss gezogen werden kann, dass der Schuldner in einem Vertragsstaat niedergelassen ist. Derartige Fallkonstellationen sind durchaus denkbar. Sind zwar der Schuldner und der Lieferant in (verschiedenen) Staaten niedergelassen, die auch Vertragsstaaten sind, nicht aber der Factor, so scheidet eine Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ aus. In Betracht kommt jedoch eine Anknüpfung nach Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ, wenn der Lieferant und der Factor das Recht eines Vertragsstaates vereinbaren. Ist bei einer nachfolgenden Abtretung der Import-Factor im Staat des Schuldners niedergelassen, so würde mangels abweichender Rechtswahl zwischen dem Import-Factor und dem Export-Factor auch die nachfolgende Abtretung den Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ entsprechen. 210 Lediglich die Parteien des Factoringvertrages können bis zur neuerlichen Abtretung der Forderung das FactÜ nachträglich und rückwirkend durch Vereinbarung ausschließen. Vgl. oben: Ausschluss durch die Parteien des Factoringvertrages. 211 Vgl. Diskussionsbeitrag von Goode in UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 288. 212 Basedow, ZEuP 1997, 615 (627).

184

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

C. Rechtsfolgen Liegt eine nachfolgende Abtretung i.S.d. Art. 11 Abs. 1 Einleitungssatz FactÜ vor, so bestimmt Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ einerseits, dass die Art. 5 bis 10 FactÜ 213 für jede nachfolgende Forderungsabtretung anzuwenden sind, andererseits ordnet Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ an, dass in den Art. 8 bis 10 FactÜ 214 der Begriff des Factors durch den Begriff des nachfolgenden Zessionars zu ersetzen ist. Durch die Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ wird die Geltung der Art. 5 bis 10 FactÜ auf nachfolgende Abtretungen erstreckt, die Bestimmung des Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ hingegen modifiziert Art. 8 bis 10 FactÜ für nachfolgende Abtretungen, indem der jeweils nachfolgende Zessionar an die Stelle des (ersten) Factors 215 tritt. Art. 11 Abs. 1 FactÜ hat somit eine doppelte Funktion, denn er enthält eine Verweisung in lit. a auf die Art. 5 bis 10 FactÜ und eine materielle Regel in lit. b. 216 Indem gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ der jeweils nachfolgende Abtretungsempfänger/Zessionar an die Stelle des (ersten) Factors tritt, bleiben dem Schuldner jene Rechte gegenüber jedem nachfolgenden Zessionar erhalten, die ihm nach den Art. 8 bis 10 FactÜ gegenüber dem Factor (= ersten Zessionar) zustehen. 217 Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ verweist nicht auf Art. 3 Abs. 1 lit. a FactÜ, welcher die Abbedingung des Übereinkommens durch die Parteien des Factoringvertrages regelt. Daraus folgt, dass die Parteien des nachfolgenden Factoringvertrages die Anwendung des FactÜ auf die nachfolgende Abtretung nicht ausschließen können. 218 Dies ist m.E. aus Gründen des Schuldnerschutzes gerechtfertigt, da das gesamte rechtliche Schicksal der Forderung nach einem Regime beurteilt werden soll und nur dadurch die Kontinuität der Rechtsstellung des Schuldners gewährleistet wird.

213 Die Art. 5 bis 10 FactÜ regeln einzelne Rechte und Pflichten des Lieferanten, des Factors und des Schuldners und stellen als materiellrechtliche Vorschriften das Herzstück des FactÜ dar. 214 Art. 8 FactÜ regelt die Zahlungspflicht des Schuldners, Art. 9 FactÜ die Einwendungen und Art. 10 FactÜ das Rückforderungsrecht des Schuldners hinsichtlich des geleisteten Beitrages. 215 Vgl. UNIDROIT1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 51 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 103 Rn. 51 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 137 Rn. 51: „... the fiction ... whereby the subsequent assignee is, as regard the debtor, placed in the position of the factor." 216 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 49 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 102 Rn. 49 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 135 Rn. 49 sowie Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 288 f. 217 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (616). 218 Vgl. 2. Teil, 3. Kapitel, III.B.

2. Kapitel:

FactÜ

185

Die Vorschriften der Art. 11 Abs. 1 lit. a und lit. b FactÜ werden im Folgenden im Zusammenhang mit den einzelnen materiellen Bestimmungen (Art. 5 bis 10 FactÜ) erörtert.

D. Anzeige Nach Art. 11 Abs. 2 FactÜ stellt für die Zwecke dieses Übereinkommens eine an den Schuldner gerichtete Anzeige der nachfolgenden Abtretung auch eine Anzeige der Abtretung an den Factor dar. 219 Der Wortlaut dieser Bestimmung kann m.E. Anlass zu Missverständnissen geben. Das FactÜ regelt die Abtretungsanzeige an den Schuldner in den Art. 1 Abs. 2 lit. c und 8 Abs. 1 FactÜ; eine „Anzeige der Abtretung an den Factor", wie sie Art. 11 Abs. 2 FactÜ anführt, ist in den genannten Bestimmungen nicht vorgesehen. Liest man hingegen Art. 11 Abs. 2 FactÜ vor dem Hintergrund des im internationalen Factoringgeschäft üblichen Zwei-FactorVerfahrens, so wird seine Bedeutung nachvollziehbar. Bei dem im internationalen Factoringgeschäft üblichen Zwei-Factor-Verfahren wird dem Schuldner nicht die erste Abtretung an den Export-Factor, sondern lediglich die zweite Abtretung an den Import-Factor angezeigt. Da der Schuldner an den Import-Factor zahlen soll, wäre eine Anzeige über die Abtre22Q 221 tung an den Export-Factor „auch sinnlos und doch kostspielig" . Daher soll nach Art. 11 Abs. 2 FactÜ die Anzeige über die nachfolgende Abtretung (d.h. vom Export-Factor an den Import-Factor) auch die Anzeige über die erste Abtretung (d.h. vom Lieferanten an den Export-Factor) darstellen und somit die Funktion von zwei Anzeigen erfüllen. 222 Um dieses Verständnis von Art. 11 Abs. 2 FactÜ darzulegen, wäre m.E. jedoch eine „ausführlichere", jedenfalls klarere Formulierung dieser Bestimmung nützlich gewesen, beispielsweise: „Für die Zwecke dieses Übereinkommens stellt eine an den Schuldner gerichtete Anzeige der nachfolgenden Abtretung auch eine Anzeige an den Schuldner über die Abtretung an den Factor dar."

219

Art. 11 Abs. 2 FactÜ: „For the purposes of this Convention, notice to the debtor of the subsequent assignment also constitutes notice of the assignment to the factor." 220 Diehl-Leistner, Internationales Factoring 134. 221 Eine Anzeige der Abtretung an den Export-Factor würde eine weitere Anzeige der Abtretung an den Import-Factor erforderlich machen. Dies kann zu Problemen im Verhältnis zwischen dem Export-Factor und Import-Factor führen, sofern die zweite Anzeige nicht rechtzeitig zugeht und der Schuldner an den Export-Factor leistet. 222 Vgl. Diskussionsbeitrag von Goode in UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 287; Salinger, Factoring Law 2 Rn. 12 - 27.

186

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

In der deutschsprachigen Literatur 223 wird unter Berufung auf die Materialien 224 überwiegend die Ansicht vertreten, durch Art. 11 Abs. 2 FactÜ soll einerseits sichergestellt werden, dass beim Zwei-Factor-Verfahren die Abtretung an den Export-Factor vom Anwendungsbereich des FactÜ erfasst werde, und andererseits soll eine Auslegung dahingehend ausgeschlossen werden, dass die gesamte Konstruktion aus dem Anwendungsbereich des FactÜ herausfalle, da das Übereinkommen nur die so genannte offene Abtretung 225 erfasse. Nach der Ansicht von Häusler226 wird durch die Regelung des Art. 11 Abs. 2 FactÜ das grundsätzliche Erfordernis der Vereinbarung einer Abtretungsanzeige zwar nicht beseitigt, aber erleichtert. Die Parteien des Factoringvertrages (Lieferant und Factor) haben nach seiner Ansicht auf Grund des Art. 11 Abs. 2 FactÜ eine zusätzliche Möglichkeit; sie können wählen, welche Abtretung dem Schuldner anzuzeigen sei, oder sie können dies offen lassen und nur festlegen, dass überhaupt eine Abtretung anzuzeigen sei. Um Missverständnisse zu vermeiden, muss jedoch m.E. ergänzend festgehalten werden, dass sowohl der Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 FactÜ als auch die Materialen 227 von einer tatsächlich erfolgten Anzeige darüber, dass die Abtretung an den nachfolgenden Zessionar erfolgt ist, ausgehen und nicht bloß von einer vertraglichen Verpflichtung der Parteien des Factoringvertrages, eine Anzeige an den Schuldner vorzunehmen. 228 Art. 11 Abs. 2 FactÜ ist erst 1987 während der 3. Sitzung der Regierungssachverständigen in den Übereinkommensentwurf eingefügt worden. 229 Zu überprüfen ist, ob die Ansicht der Verfasser zutrifft, nach der es dieser Bestimmung bedarf, um sicherzustellen, dass das FactÜ anzuwenden ist, sofern der Schuldner lediglich die Anzeige über eine nachfolgende Abtretung erhält. Art. 11 FactÜ bezieht sich auf „nachfolgende Abtretungen". Unter der Prämisse, dass der Begriff der „nachfolgenden Abtretung" in Art. 11 Abs. 1 und Abs. 2 FactÜ dieselbe Bedeutung hat, ist zu beach223 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (616); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 134; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (281); Brink in MünchKomm HGB Art. 11 FactÜ Rn. 34; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 41. 224 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 52 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 103 Rn. 52 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 139 Rn. 52; Diskussionsbeitrag von Goode in UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 287. 225 Vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ: „notice of the assignment of the receivables is to be given to debtors." 226 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 268 f. 227 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 52 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 103 Rn. 52 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 139 Rn. 52; Diskussionsbeitrag von Goode in UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 287. 228 Zur Bedeutung der Abtretungsanzeige an den Schuldner für den Zahlungsanspruch des Factors gegenüber dem Schuldner s. bei Art. 8 FactÜ. 229 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 25.

2. Kapitel: Facti"1

187

ten, dass Art. 11 Abs. 2 FactÜ an das Vorliegen einer Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor anknüpft, die in den Anwendungsbereich des FactÜ fällt. Nach dem in diesem Zusammenhang maßgeblichen Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ muss der Factoringvertrag zwischen dem Lieferanten und dem Factor eine Verpflichtung zur Anzeige der Abtretung an den Schuldner enthalten. Ob die Anzeige sodann tatsächlich vorgenommen wird, ist - nach der hier vertretenen Ansicht 230 - für die Begründung der Anwendung des FactÜ unerheblich. Daraus folgt für die nachfolgende Abtretung, dass der Vertrag zwischen dem Lieferanten und dem ExportFactor eine Verpflichtung zur Anzeige der Abtretung an den Schuldner enthalten muss. Fehlt eine derartige Bestimmung im (ersten) Factoringvertrag und wird der Schuldner sodann über die Abtretung an den ImportFactor benachrichtigt, so liegt kein Factoringvertrag i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ vor, an welchen Art. 11 Abs. 2 FactÜ für die nachfolgende Abtretung anknüpfen könnte. Dies gilt ebenso, wenn nur der (zweite) Factoringvertrag zwischen dem Export- und dem Import-Factor eine Anzeigepflicht vorsieht. Da es für die Anwendung des FactÜ auf die im ersten Factoringvertrag vorgesehene Verpflichtung zur Anzeige und nicht auf eine tatsächlich erfolgte Anzeige ankommt, kann die „Fiktion" 231 nach Art. 11 Abs. 2 FactÜ, wonach die erfolgte Anzeige über die nachfolgende Abtretung zugleich die Anzeige der ersten Abtretung darstellt, für sich allein nicht die Anwendung des FactÜ zur Folge haben. Durch den Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 FactÜ wird somit m.E. nicht „sichergestellt", dass das FactÜ auf Forderungsabtretungen im üblichen Zwei-Factor-Verfahren anwendbar ist. Um die Absicht der Verfasser im Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 FactÜ besser zum Ausdruck zu bringen und das angestrebte Regelungsziel zu erreichen, wäre m.E. folgende Textfassung geeigneter gewesen: „Eine im Factoringvertrag vorgesehene Verpflichtung zur Anzeige einer nachfolgenden Abtretung stellt auch eine Verpflichtung zur Anzeige der ersten Abtretung dar." Eine derartige Version würde auch im Einklang mit Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ stehen, der ebenfalls auf eine vertragliche Verpflichtung zur Anzeige und nicht auf die tatsächlich erfolgte Anzeige abstellt. Wie ist nun der Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 FactÜ mit dem Ziel der Verfasser in Einklang zu bringen? Am aufschlussreichsten erscheint in diesem Zusammenhang der Diskussionsbeitrag des britischen Delegierten Goode232, welcher deutlich zeigt, dass man bei der Textfassung des Art. 11 230

Vgl. 2. Teil, 2. Kapitel, I.D. Zaccaria, IPRax 1995, 279 (281); Weller, RIW 1999, 161 (168). 232 Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 287: „... two points were meant to be dealt with by paragraph 2 reflecting the fact that it was very common that where there was a double assignment, notice was given to the debtor only 231

188

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

Abs. 2 FactÜ die in der Factoringbranche übliche Anzeige der zweiten Forderungsabtretung an den Import-Factor vor Augen hatte. Von der bestehenden Praxis in der Factoringbranche ausgehend, haben die Verfasser daher - gedanklich und sprachlich - nicht bei der Verpflichtung zur Anzeige angesetzt, sondern offenbar diese für die tatsächlich erfolgte Anzeige vorausgesetzt. Für den Anwendungsbereich 233 des FactÜ bedeutet eine solche Interpretation der Regelung des Art. 11 Abs. 2 FactÜ, dass dem Erfordernis nach Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ auch dann entsprochen wird, wenn nach dem ersten Factoringvertrag die Verpflichtung besteht, die letzte Abtretung anzuzeigen. 234 Umgekehrt ist es für die Anwendbarkeit des FactÜ auf die nachfolgende Abtretung jedoch nicht erforderlich, dass der (erste) Factoringvertrag eine Verpflichtung zur Anzeige der nachfolgenden Abtretung enthält. Besteht danach die Verpflichtung zur Anzeige der ersten Abtretung, so ist dem Erfordernis nach Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ entsprochen und es liegt eine Abtretung vor, an welche Art. 11 FactÜ für die nachfolgende Abtretung anknüpfen kann. 235

IV. Zeitlicher Anwendungsbereich Der zeitliche Anwendungsbereich des FactÜ ergibt sich aus Art. 21 FactÜ. Bei der Überprüfung des zeitlichen Anwendungsbereiches sind ebenso wie beim sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag zu berücksichtigten. Nach Art. 21 FactÜ sind dabei die Zeitpunkte des Inkrafttretens des FactÜ für die Vertragsstaaten, die für den räumlichen Anwendungsbereich nach Art. 2 Abs. 1 lit. a oder lit. b FactÜ maßgeblich sind, mit den Zeitpunkten des of the second assignment. The first was to avoid the total exclusion of the entire Convention by reason of the fact that notice have been given only of the second assignment and the second to validate the existing practice in export factoring whereby notice of the second assignment was made to fulfil the function of two notices, namely notice of both the first and the second assignments." 233 Die Frage Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem zweiten Zessionar wird im Zusammenhang mit Art. 8 FactÜ erörtert. 234 Diese Ansicht wird vom Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 267, als „ganz herrschende Meinung" dargelegt. Die von ihm angeführten Autoren - Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (616); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 134; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (281) - erörtern jedoch ausschließlich den Zweck des Art. 11 Abs. 2 FactÜ. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 268 f., gelangt zu dem hier vertretenen Ergebnis mit der Begründung, dass Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ in Art. 11 Abs. 2 FactÜ hineinzulesen sei. 235 Wie bereits einleitend zu Art. 11 FactÜ dargelegt, setzt Art. 11 FactÜ lediglich eine den Art. 1 und 2 FactÜ entsprechende Forderungsabtretung voraus, verlangt diese jedoch nicht für die nachfolgende Abtretung selbst.

2. Kapitel:

Facti?

189

Vertragsabschlusses des konkreten Grundvertrages sowie des konkreten Factoringvertrages in Beziehung zu setzen. Der Zeitpunkt, ab welchem ein Staat Vertragsstaat ist bzw. es auf Grund einer Kündigung des FactÜ nicht mehr ist, ergibt sich aus Art. 14 bzw. 22 FactÜ. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages bzw. Factoringvertrages enthält das FactÜ keine Regelung, zumal der Vertragsabschluss selbst allgemein kein Regelungsgegenstand des FactÜ ist. Dieser Zeitpunkt ist daher nach dem durch das IPR bestimmten anwendbaren Recht zu beurteilen. 236 Gemäß Art. 21 FactÜ kann der zeitliche Anwendungsbereich des FactÜ auf zwei Arten vorliegen. Nach Art. 21 lit. a FactÜ gelangt das Übereinkommen zur Anwendung, wenn sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag abgeschlossen worden sind, nachdem das FactÜ in den nach Art. 2 Abs. 1 lit. a oder b FactÜ maßgeblichen Staaten in Kraft getreten ist. Auf Grund des Art. 21 lit. a FactÜ kann daher das FactÜ frühestens für jene Forderungsabtretungen Anwendung finden, die auf Grundverträgen und Factoringverträgen beruhen, die am oder nach dem 1. Mai 1995 237 abgeschlossen worden sind. Ist zwar der Grundvertrag nach dem Inkrafttreten, der Factoringvertrag aber bereits vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens abgeschlossen worden, so können nach Art. 21 lit. b FactÜ die Parteien des Factoringvertrages die Anwendung des FactÜ auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens des FactÜ bereits bestehende Factoringverträge vereinbaren. Art. 21 lit. b FactÜ entbindet jedoch nicht von den zeitlichen und räumlichen Anwendungsvoraussetzungen für den Grundvertrag, so dass auch bei einer derartigen Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Factor das FactÜ nur für Forderungen aus solchen Grundverträgen Anwendung findet, die nach dem Zeitpunkt abgeschlossen worden sind, in dem das FactÜ in den nach Art. 2 Abs. 1 FactÜ maßgeblichen Staaten in Kraft getreten ist. Mit anderen Worten: Art. 21 lit. b FactÜ erlaubt es den Parteien des Factoringvertrages, durch Vereinbarung einen Tatbestand herzustellen, der demjenigen des Art. 21 lit. a FactÜ entspricht. Die Vereinbarung nach Art. 21 lit. b FactÜ stellt kein opting in 238 dar. Liegen die sachlichen und räumlichen Anwendungsvoraussetzungen vor, so bewirkt die Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Factor, dass das FactÜ ebenso wie im Fall des Art. 21 lit. a FactÜ gilt, d.h. nicht

236 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 310, der zu Recht darauf hinweist, dass bezüglich der Frage des Vertragsabschlusses kein Fall des Art. 4 Abs. 2 FactÜ vorliegt. 237 Das FactÜ ist an diesem Tag für Frankreich, Italien und Nigeria in Kraft getreten. 238 Vom opting in spricht man, wenn die Parteien die Anwendung eines Übereinkommens vereinbaren, obwohl dessen Anwendungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

190

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

nur i m Verhältnis z w i s c h e n d e n Parteien d i e s e r Vereinbarung, auch g e g e n ü b e r d e m S c h u l d n e r . 2 3 9

239

sondern

Zaccaria, IPRax 1995, 279 (280); Ferrari, RIW 1996, 181 (185 f.); Weller, RIW 1999, 161 (163). Beim klassischen opting in gelten die Vorschriften des „gewählten" Übereinkommens nur zwischen den Parteien.

3. Kapitel

Partei- und Privatautonomie im ZessÜ und FactÜ I.

Einleitung

Liegen die Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ oder des FactÜ vor, so bedarf es darüber hinaus keiner Vereinbarung der Parteien des Abtretungsvertrages über die Geltung des ZessÜ bzw. FactÜ für ihr Vertragsverhältnis (keine opting in Lösung). 1 Deshalb ist zu prüfen, ob das ZessÜ oder das FactÜ den Parteien die Gestaltungsfreiheit einräumt, die Vorschriften des ZessÜ oder des FactÜ zur Gänze oder teilweise durch Vereinbarung auszuschließen, 2 und ob sie von dieser Gestaltungsfreiheit gemäß dem ZessÜ oder dem FactÜ Gebrauch gemacht haben. Je mehr das ZessÜ oder das FactÜ eine Abwahl durch die Parteien zulässt, desto mehr gefährdet es den von ihm selbst verfolgten Zweck, Einheitsrecht für bestimmte Fragen der Forderungsabtretung zu schaffen. 3 Ob das ZessÜ und das FactÜ den Parteien entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten einräumen, kann sich nur aus dem ZessÜ und dem FactÜ selbst ergeben. 4 Im Folgenden wird zunächst für das ZessÜ erörtert, ob es sich der Partei- bzw. Privatautonomie öffnet, und anschließend für das FactÜ. 5

1 Vgl. für die diesbezügliche Diskussion betreffend das ZessÜ: Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 36; Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung 38. 2 Sarcevic, Unification and „Soft Law", in: Stoffel/Volketi (Hrsg.), Conflits et harmonisation/Kollision und Vereinheitlichung/Conflicts and Harmonization, Mélanges en l'honneur d'Alfred E. von Overbeck à l'occasion de son 65. anniversaire (1990) 87 (97 f.) bezeichnet Übereinkommen, deren Geltung durch Vereinbarung eingeschränkt oder beseitigt werden kann, als „softer international conventions". 3 Allgemein von Bar/Mankowski, IPR I2 § 2 Rn. 68. 4 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 214, betont, dass die Partei- und die Privatautonomie stets eine Verankerung im positiven Recht erfordern. S. auch von Bar/Mankowski, IPR I 2 § 2 Rn. 68. 5 Die Begriffe „Parteiautonomie" und „Privatautonomie" werden entsprechend der von Neuhaus, Grundbegriffe IPR 2 , 251 f., und Kropholler, Internationales Einheitsrecht 213, verwendeten Terminologie gebraucht.

192

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

II. Partei- und Privatautonomie im ZessÜ A. Ursprüngliche Abtretung Nach der Vorschrift des Art. 6 Satz 1 ZessÜ haben der Zedent, der Zessionar und der Schuldner die Möglichkeit, durch Vereinbarung die Bestimmungen des ZessÜ in Bezug auf ihre jeweiligen Rechte und Pflichten, vorbehaltlich Art. 19 ZessÜ, auszuschließen oder abzuändern. Als Vorbild für Art. 6 ZessÜ hat die entsprechende Bestimmung des Art. 6 CISG gedient, 6 wobei m.E. jedoch wesentliche Abweichungen zwischen den beiden Vorschriften bestehen (dazu sogleich). Für einen Ausschluss oder eine Abänderung einzelner Bestimmungen des ZessÜ ist stets eine Parteienvereinbarung erforderlich; eine einseitige Erklärung einer Partei entfaltet keine diesbezüglichen Wirkungen. Ob eine entsprechende Vereinbarung wirksam zu Stande gekommen ist, beurteilt sich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht, da das ZessÜ keine Bestimmungen über den Abschluss von Verträgen enthält. Art. 6 Satz 1 ZessÜ beschränkt die Möglichkeit einer vertraglichen Änderung bzw. eines vertraglichen Ausschlusses auf jene Bestimmungen, welche die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten, des Zessionars und des Schuldners zum Inhalt haben. Die Rechte von Personen, die nicht Partei einer solchen Vereinbarung sind, bleiben gemäß Art. 6 Satz 2 ZessÜ von der Vereinbarung unberührt. Der Umstand, dass Art. 6 Satz 1 ZessÜ die Möglichkeit eines Ausschlusses des ZessÜ auf jene Bestimmungen beschränkt, welche die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten, des Zessionars und des Schuldners betreffen, hat zur Folge, dass ein gänzlicher Ausschluss des ZessÜ nicht möglich ist. 7 Insbesondere können jene Bestimmungen, welche die Rechtsstellung dritter Personen betreffen (Art. 22 bis 25 ZessÜ), weder ausgeschlossen noch geändert werden. Das gilt auch dann, wenn beispielsweise der Zedent, der Zessionar und der Schuldner für das dreipersonale Verhältnis einen Ausschluss der sie betreffenden Bestimmungen vereinbaren. Der Vorschlag, den Parteien die Gestaltungsfreiheit einzuräumen, das gesamte ZessÜ abzubedingen, hat keine Unterstützung gefunden. 8 Der im Vergleich zu Art. 6 CISG restriktive Ansatz des Art. 6 ZessÜ ist im Ge-

6

Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.105, Rn. 59. Das CISG ist im Gegensatz nicht nur teilweise, sondern auch zur Gänze abdingbar, bei einem teilweisen Ausschluss besteht nur eine Beschränkung hinsichtlich Art. 12 CISG (Art. 6 CISG). 8 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 120. 7

3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie

im ZessÜ und Facti1

193

genstand des ZessÜ begründet; 9 das ZessÜ regelt vorwiegend die vermögensrechtlichen Folgen einer Abtretung, die nicht nur die rechtliche Position des Zedenten und des Zessionars betreffen, sondern auch die Rechtsstellung des Schuldners und dritter Personen beeinflussen können. 10 Bei einem (zulässigen und wirksamen) gänzlichen Ausschluss des ZessÜ durch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar könnte sich der Schuldner nicht auf die Schuldnerschutzvorschriften des ZessÜ berufen. 11 Die während der Beratungen aufgeworfene Frage, ob die Parteien durch die Wahl des Rechts eines Nichtvertragsstaates das ZessÜ als Ganzes abbedingen können, ist unbeantwortet geblieben. 12 Diese Frage ist aus der Sicht des ZessÜ zu beantworten. 13 Daher ist m.E. ein Ausschluss des gesamten ZessÜ durch Vereinbarung der Parteien nicht wirksam, da Art. 6 Satz 1 ZessÜ ausdrücklich die Ausschlussmöglichkeit auf bestimmte Bestimmungen beschränkt; die anderen Vorschriften des ZessÜ unterstehen daher nicht der Disposition der Parteien, weshalb sie im Fall der grundsätzlichen Anwendbarkeit des ZessÜ zu beachten sind. Welche Vorschriften betreffen nun die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten, des Zessionars und des Schuldners und können daher gemäß Art. 6 Satz 1 ZessÜ geändert bzw. abbedungen werden? Das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar regeln die Bestimmungen der Art. 11 bis 14 ZessÜ 14 , die Rechtsstellung des Schuldners insbesondere die Art. 15 bis 21 ZessÜ 15 . Art. 6 Satz 1 ZessÜ bestimmt jedoch nicht, durch welche Parteien diese Bestimmungen abbedungen oder geändert werden können. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Vereinbarungen zwischen dem Zessionar und dem Schuldner vom Anwendungsbereich des ZessÜ nicht erfasst werden, 16 so dass sie auch 9 Kropholler, Internationales Einheitsrecht 214, betont, dass die Frage, ob materielles Einheitsrecht mittels Privatautonomie abbedungen werden darf, nach dem sachrechtlichen Gehalt der zu regelnden Materie zu entscheiden ist. 10 Für weitere Argumente S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 78. " Nach dem Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9PNG.il/WP.106, Rn. 29 ist dies der eigentliche Grund für die Beschränkung. 12 S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 120. 13 Von Bar/Mankowski, IPR I 2 § 2 Rn. 68. 14 Die Art. 11 bis 14 ZessÜ regeln die Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars, die Haftung des Zedenten, das Recht auf Anzeige an den Schuldner sowie das Recht auf Zahlung. 15 Die Art. 15 bis 21 ZessÜ enthalten Vorschriften über die Grundsätze des Schuldnerschutzes, die Anzeige an den Schuldner, die Befreiung des Schuldners durch Zahlung, die Einreden und Aufrechnungsrechte des Schuldners, die Vereinbarung über eine Nichtgeltendmachung von Einreden und Aufrechnungsrechten, die Änderung des Grundvertrages sowie die Eintreibung der Zahlung. 16 So ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 150.

194

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

bezüglich Art. 6 ZessÜ außer Betracht bleiben. 17 Dies hat zur Folge, dass durch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar die Art. 11 bis 14 ZessÜ und durch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner die Art. 15 bis 18 ZessÜ sowie Art. 20 und 21 ZessÜ geändert oder zur Gänze abbedungen werden können. 18 Eine vertragliche Änderung oder ein vertraglicher Ausschluss der angeführten Bestimmungen lässt jedoch die Rechte Dritter, also von Personen, die nicht Partei der konkreten Vereinbarung sind, unberührt (Art. 6 Satz 2 ZessÜ). „Dritte" i.S.d. Art. 6 Satz 2 ZessÜ sind bei einer Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar der Schuldner, die Gläubiger des Zedenten sowie der Insolvenzverwalter, bei einer Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner der Zessionar, die Gläubiger des Zedenten und der Insolvenzverwalter. 19 Würden der Schuldner und der Zedent den Ausschluss der den Schuldner betreffenden Vorschriften des ZessÜ vorsehen, so wäre die rechtliche Stellung des Schuldners gegenüber dem Zessionar in weiterer Folge dennoch nach den betreffenden Vorschriften des ZessÜ zu beurteilen. 20 Beispielsweise können der Schuldner und der Zedent durch eine Vereinbarung nicht den Grundsatz des Art. 21 ZessÜ ändern oder abbedingen, wonach dem Schuldner kein Rückforderungsanspruch hinsichtlich der geleisteten Zahlung gegenüber dem Zessionar zusteht. Art. 6 ZessÜ enthält jedoch noch eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Ausschluss- bzw. Änderungsmöglichkeiten des ZessÜ. Art. 19 ZessÜ, welcher die Nichtgeltendmachung von Einreden und Aufrechnungsrechten durch den Schuldner regelt, 21 kann durch eine Vereinbarung 17 Vgl. die klare Stellungnahme der Kommission „The Commission proceeded to consider article 7 [nun Art. 6, Anm. der Verfasserin] on the understanding that agreements between the assignee and the debtor would not be covered by the convention ... ." in Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 120. A.A. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 78 im Gegensatz zu Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 75, wobei die Textfassung des Art. 6 ZessÜ unverändert geblieben ist. Auch Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (326 f.) und Sigman/Smith, U.C.C.L.J. 2002, 59 (63), erwähnen im Zusammenhang mit Art. 6 ZessÜ ausschließlich die Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie dem Zedenten und dem Schuldner. 18 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 74. " E b e n s o Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 75. 20 Ebenso Lukas, Chancen und Risiken der Rechtsvereinheitlichung am Beispiel des Zessionsrechts, in Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler, Prinzipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung (2000) 21 (33). 21 Nach Art. 19 Abs. 1 ZessÜ kann der Schuldner mit dem Zedenten in einem vom Schuldner unterfertigten Schreiben vereinbaren, dass er die Einreden und Aufrechnungsrechte, die er gemäß Art. 18 ZessÜ geltend machen könnte, nicht gegen den Zessionar geltend machen wird.

3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie

im ZessÜ und FactÜ

195

zwischen dem Zedenten und dem Schuldner weder geändert noch ausgeschlossen werden (Art. 6 Satz 1 ZessÜ). Verzichtet der Schuldner gegenüber dem Zedenten zulässigerweise auf die Geltendmachung von Einreden, so kann er trotzdem jene Einreden geltend machen, die sich aus betrügerischen Handlungen seitens des Zessionars ergeben oder die auf der Geschäftsunfähigkeit des Schuldners beruhen (Art. 19 Abs. 2 ZessÜ). Um dem Schuldner diese Einreden jedenfalls zu erhalten, ist Art. 19 ZessÜ zwingend. Dabei ist zu beachten, dass der Zessionar und der Schuldner Art. 19 Abs. 2 ZessÜ abbedingen können. 22 Dies stellt keinen Verstoß gegen Art. 6 ZessÜ dar, da Art. 19 ZessÜ den Einrede- und Aufrechnungsverzieht zwischen dem Zedenten und dem Schuldner regelt, nicht jedoch eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Zessionar und dem Schuldner. Eine Änderung oder ein Abbedingen des Art. 19 ZessÜ durch den Zessionar und den Schuldner ist daher keine Änderung oder kein Ausschluss einer Bestimmung des ZessÜ, somit kein Fall des Art. 6 ZessÜ. Über den letztmöglichen Zeitpunkt für die zulässige Vereinbarung einer Änderung oder eines Ausschlusses einzelner Bestimmungen des ZessÜ enthält das ZessÜ, ebenso wie das CISG oder das FactÜ, keine Angaben. Dies richtet sich nach den Verfahrensvorschriften des Gerichtsstaates.

B. Nachfolgende Abtretungen Wird ein und dieselbe Forderung nacheinander, d.h. in der Kette, abgetreten, so kann sich beispielsweise die Frage stellen, welche Parteien mit welcher Wirkung das ZessÜ ändern können, wenn dieses nicht bereits für die erste Abtretung der Forderung, sondern erst auf Grund einer nachfolgenden Abtretung zur Anwendung gelangt (Art. 1 Abs. 2 ZessÜ). Folgendes Beispiel zur Illustration: Der Verkäufer (Zedent) und der Käufer (Schuldner) haben bei Abschluss des Kaufvertrages (Grundvertrages) ihre Niederlassung im Vertragsstaat A. Der Verkäufer tritt seine Kaufpreisforderung gegen den Käufer an den Zessionar I mit Niederlassung im Staat A ab. Danach zediert Zessionar I diese Kaufpreisforderung an den Zessionar II im Vertragsstaat B. Auf diese nachfolgende Abtretung ist das ZessÜ nach Art. 1 Abs. 2 ZessÜ anzuwenden. 23 22 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 78. S. für folgendes Beispiel Sekretariatskommentar UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 75: Der Schuldner verzichtet auf seine Einreden gegenüber dem Zessionar zugunsten einer Verringerung des Zinssatzes oder einer Verlängerung der Zahlungsfrist. 23 Der Zessionar I hat als Zedent der nachfolgenden Abtretung (Art. 2 lit. b ZessÜ) zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages seine Niederlassung im Ver-

196

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Gelangt das ZessÜ erst auf Grund einer nachfolgenden Abtretung zur Anwendung, so können m.E. im Beispielsfall der Zessionar I (als Zedent der zweiten Abtretung) und der Zessionar II durch Vereinbarung von den Art. 11 bis 14 ZessÜ abweichen bzw. sie ausschließen; für eine Änderung oder einen Ausschluss der Art. 15 bis 18 ZessÜ sowie Art. 20 und 21 ZessÜ bedeutet dies, dass dies durch eine Vereinbarung zwischen dem Zessionar I (als Zedent der nachfolgenden Abtretung) und dem Schuldner erfolgen kann. Verneint man diese Möglichkeit, so würde eine Änderung oder ein Ausschluss der zuletzt genannten Bestimmungen überhaupt nicht möglich sein. Schuldnerschutzgründe können dafür m.E. nicht ins Treffen geführt werden, da eine Änderung oder ein Ausschluss der genannten Vorschriften ebenso eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem nachfolgenden Zedenten voraussetzt wie mit dem ersten Zedenten, d.h. dem Gläubiger des Schuldners aus dem Grundvertrag. Allerdings gilt es zu beachten, dass der Schuldner und der Zessionar I dadurch nicht in die Rechte von Zessionar II eingreifen können. Wird eine Forderung mehrmals nachfolgend abgetreten, so muss konsequenterweise dem jeweiligen Forderungsinhaber (Zedent) die Möglichkeit eingeräumt werden, durch Vereinbarung mit dem Zessionar oder mit dem Schuldner einen Ausschluss oder eine Abänderung gemäß Art. 6 ZessÜ zu vereinbaren. Weder schränkt Art. 6 ZessÜ die Gestaltungsfreiheit der Parteien auf die Parteien der „ersten" Abtretung ein, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegt, noch nennt Art. 6 ZessÜ einen spätestmöglichen Zeitpunkt für eine derartige Vereinbarung. Diese Vereinbarungen gelten jedoch stets nur für das Verhältnis der jeweiligen Parteien (s. Art. 6 Satz 2 ZessÜ).

III. Partei- und Privatautonomie im FactÜ A. Ursprüngliche Abtretung 1.

Einleitung

Das FactÜ räumt den Parteien die Gestaltungsfreiheit ein, durch eine Vereinbarung die Anwendung des FactÜ auszuschließen. Da das FactÜ auf tragsstaat A (Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ) und die Abtretung von Zessionar I/Zedent an Zessionar II ist eine internationale i.S.d. Art. 3 ZessÜ, da sich der Zedent/Zessionar I und der Zessionar II zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages in verschiedenen Staaten befinden. Weitere Abtretungen von Zessionar II unterliegen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 1 ZessÜ erfüllt sind, dem Übereinkommen (Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ).

3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie

im ZessÜ und Facti]

197

zwei Vertragsverhältnissen aufbaut, können sowohl die Parteien des Grundvertrages als auch die Parteien des Factoringvertrages - unter unterschiedlichen Voraussetzungen - die Anwendung des FactÜ ausschließen. Die Rechtsfolgen eines wirksamen Ausschlusses beschränken sich nach Art. 3 FactÜ jedoch nicht auf das Verhältnis der Vertragsparteien, die den Ausschluss vereinbart haben; ein vom Factor und vom Lieferanten wirksam vereinbarter Ausschluss erstreckt sich auch auf den an der Vereinbarung unbeteiligten Schuldner und auf unbeteiligte Dritte (z.B. Sicherungsgeber) und vice versa. Ist die Anwendbarkeit des FactÜ von den Parteien des Grund- oder des (ersten) Factoringvertrages wirksam ausgeschlossen worden, so kann das FactÜ für eine nachfolgende Abtretung nicht wieder zur Anwendung gelangen. Art. 11 FactÜ, welcher die nachfolgende(n) Abtretung(en) regelt, setzt eine den Art. 1 und 2 FactÜ unterliegende Abtretung voraus. Die Art. 1 und 2 FactÜ erfassen jedoch nur die erste Abtretung nach dem Entstehen der Forderung, 24 was bei einer nachfolgenden Abtretung gerade nicht vorliegt. Eine wirksame Ausschlussvereinbarung hat daher die Nichtanwendbarkeit des FactÜ auf die Forderung bis zu deren Erlöschen zur Folge. 25 Das FactÜ kann gemäß Art. 3 Abs. 2 FactÜ nur insgesamt, d.h. zur Gänze, 26 ausgeschlossen werden. 27 Ein teilweiser Ausschluss ist unwirksam und hätte die Anwendung des gesamten FactÜ zur Folge. Die Entscheidung der Verfasser, in Art. 3 Abs. 2 FactÜ nur den Ausschluss als Ganzes vorzusehen, beruht auf der Annahme, 28 dass die materiellrechtlichen Bestimmungen des FactÜ eine Einheit bilden und eine teilweise Anwendung des FactÜ das durch die Vorschriften geschaffene Gleichgewicht 29 zwischen den Rechten und Pflichten der am Factoringgeschäft be24

Vgl. 2. Teil, 2. Kapitel, III.B. Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 315. 26 Während der Verhandlungen stand zur Diskussion, ob einige Vorschriften unabdingbar sein sollten. Dies galt insbesondere für die Vorschrift über die Wirkung des Abtretungsverbotes, weil sonst kein Interesse mehr an einem Übereinkommen bestünde. Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 19, Rn. 4 und Article 10; UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 59; UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 69. 27 Die Vertreter der Ansicht, das FactÜ sollte unabdingbar sein, haben keine Mehrheit gefunden. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 24 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 94 Rn. 24 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 111 Rn. 24. 28 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 27 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 94 Rn. 27 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 113 Rn. 27. 29 Schuldnerschutzgründe waren nach den Materialien, soweit ersichtlich, nicht der ausschlaggebende Grund (so aber Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (607); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 128; wie hier Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 317), sind in der Diskussion jedoch vorgebracht worden. Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 256. 25

198

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

teiligten Parteien stören würde. 30 Ein teilweises Abbedingen durch die Parteien wäre darüber hinaus auf Grund der geringen Anzahl der materiellrechtlichen Vorschriften abzulehnen. 31 Da Art. 3 FactÜ lediglich den Ausschluss der Anwendung des gesamten FactÜ vorsieht, können die Parteien des Grund- oder des Factoringvertrages den Inhalt einzelner Bestimmungen nicht abändern. 32 Die Bestimmungen des FactÜ sind somit nicht dispositiv, 33 sondern zwingend. Enthält beispielsweise der Grundvertrag ein Abtretungsverbot, so können der Lieferant und der Schuldner diesem bei Anwendbarkeit des Übereinkommens keine von Art. 6 FactÜ abweichende Wirkung beimessen. 2.

Ausschluss durch die Parteien des

Factoringvertrages

Der Lieferant und der Factor können die Anwendung des FactÜ durch Vereinbarung ausschließen. Art. 3 Abs. 1 lit. a FactÜ stellt dafür keine weiteren Voraussetzungen auf. Die Vereinbarung über den Ausschluss kann ausdrücklich oder stillschweigend, schriftlich oder mündlich erfolgen. Sie kann im Factoringvertrag oder in einem separaten Vertrag getroffen werden. 34 Die Wirksamkeit einer derartigen Vereinbarung ist nach dem mithilfe kollisionsrechtlicher Vorschriften zu bestimmenden nationalen Recht zu beurteilen. Der Lieferant und der Factor können den Ausschluss des FactÜ für eine Forderung so lange vereinbaren, bis der Factor die Forderung an eine andere Person abtritt (nachfolgende Abtretung). Ein nachträglicher, rückwirkender Ausschluss ist daher zulässig. 35 Der Ausschluss wirkt auch für den an der Vereinbarung unbeteiligten Schuldner. Einer Mitteilung an den Schuldner über den Ausschluss bedarf es nicht, 36 denn 30

S. Goode, J. Bus. L. 1987, 219 (221). Das FactÜ ist im Vergleich zu anderen Übereinkommen des Einheitsprivatrechts ein kurzes Übereinkommen. Von insgesamt 23 Artikeln enthalten lediglich acht Vorschriften materiellrechtliche Bestimmungen. Zum Teil regeln die materiellrechtlichen Vorschriften das Rechtsverhältnis zwischen dem Factor und dem Schuldner (Art. 8 bis 10 FactÜ), die in keiner vertraglichen Beziehung zueinander stehen, worauf Häusler, UNIDROLT Übereinkommen 318, zutreffend hinweist. 32 Rebmann, RabelsZ 1989, (607): „Einzelabweichungen sind mithin nicht zugelassen"; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 318. A.A. Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (324). 33 Der Entwurf von 1985 (UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 19, Annex III, Artid e 10) enthielt eine dem Art. 6 CISG nachempfundene Vorschrift: „Except as otherwise provided by this Convention (2), the parties may exclude the application of this Convention or derogate from or vary the effect of any of its provisions." 34 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 320. 33 Ausführlich Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 320 ff. 36 Ein entsprechender Vorschlag der schwedischen Delegation ist zurückgewiesen worden. S. UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/C.l/W.P. 40, 249 sowie UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 258. 31

3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie

im ZessÜ und FactÜ

199

die Verfasser wollten nur den Factor vor einem überraschenden Ausschluss des FactÜ schützen. 3.

Ausschluss durch die Parteien des

Grundvertrages

Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ stellt für den wirksamen Ausschluss des FactÜ durch Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner über Art. 3 Abs. 1 lit. a FactÜ hinausgehende Voraussetzungen auf. Nach Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ können die Parteien des Grundvertrages durch eine Vereinbarung 37 das FactÜ nur für Forderungen ausschließen, die in oder nach dem Zeitpunkt entstehen, in dem der Ausschluss dem Factor schriftlich angezeigt worden ist. Ein nachträglicher, rückwirkender Ausschluss des FactÜ durch die Parteien des Grundvertrages ist somit unzulässig. Ein wirksamer Ausschluss wirkt auch dem Factor gegenüber. Das Erfordernis der schriftlichen Anzeige des Ausschlusses dient dem Schutz des Factors, da es diesem auf Grund der Natur des Factoringgeschäftes - insbesondere auf Grund der typischerweise raschen Abwicklung des Geschäftes und der Vielzahl an Forderungen - nicht möglich wäre, zu überprüfen, ob in den Grundverträgen ein Ausschluss des FactÜ durch die Parteien des Grundvertrages vereinbart worden ist. 38 Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ bestimmt, dass die Anzeige des Ausschlusses in Schriftform erfolgen muss. Ob dieses Formgebot im Einzelfall erfüllt ist, ist nach Art. 1 Abs. 4 lit. a bis lit. c FactÜ zu beurteilen, der eine Legaldefinition des Begriffes „schriftliche Anzeige" enthält. 39 Im Zusammenhang mit dem Ausschluss des FactÜ durch die Parteien des Grundvertrages ist besonders zu beachten, dass eine schriftliche Anzeige erst dann als erfolgt gilt, wenn sie dem Empfänger zugeht (Art. 1 Abs. 4 lit. c FactÜ). Zur Frage, wann im konkreten Fall vom Zugang einer Erklärung auszugehen ist, enthält das FactÜ jedoch keine Regelung. 40 Aus Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 4 lit. c FactÜ folgt daher, dass die Parteien des Grundvertrages die Anwendung des FactÜ nur für jene Forderungen wirksam ausschließen können, die in oder nach dem Zeitpunkt entstehen, in dem der Ausschluss dem Factor zugegangen ist. Für die Frage des Zeitpunktes der Entstehung einer Forderung ist wiederum ein Rückgriff auf das nationale anwendbare Recht er-

37

Diese Vereinbarung kann Teil des Warenkaufvertrages bzw. Dienstleistungsvertrages sein oder in einem separaten Vertrag getroffen werden. 38 Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVUI - Doc. 25, Rn. 71; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 26 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 94 Rn. 26 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 111 Rn. 26. 39 Ausführlich zum Begriff „schriftliche Anzeige" s. bei Art. 8 FactÜ. 40 Dazu bei Art. 8 FactÜ.

200

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

forderlich, 41 da das FactÜ diesbezüglich keine Bestimmungen enthält. Entsteht daher nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht eine Forderung mit Abschluss des Grund Vertrages, so muss die Anzeige über den Ausschluss des FactÜ dem Factor zugehen, noch bevor der Lieferant und der Schuldner den Grundvertrag abschließen oder spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages. Mit anderen Worten: Ein gewillkürter Ausschluss des FactÜ durch die Parteien des Grundvertrages für im Abschlusszeitpunkt der Ausschlussvereinbarung bereits bestehende Forderungen ist unwirksam. 42 Berücksichtigt man das Erfordernis des Zuganges der Ausschlussvereinbarung beim Factor, so ist ein gewillkürter Ausschluss des FactÜ durch den Lieferanten und Schuldner lediglich für zukünftige Forderungen wirksam. Die Schlussfolgerung aus Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ, dass die Abbedingung des FactÜ durch die Parteien des Grundvertrages einen bestehenden Factoringvertrag voraussetzt, da es anderenfalls keinen Factor gäbe, an den die Anzeige gemacht werden könnte, 43 ist m.E. unzutreffend. 44 Der Schuldner und der Lieferant können das FactÜ auch „im Voraus" ausschließen. Kommt es sodann zu einer Abtretung dieser Forderung auf Grund eines Factoringvertrages, so ist diese Abtretung nicht nach dem FactÜ zu beurteilen, sondern ausschließlich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht. Voraussetzung ist allerdings, dass der Ausschluss für die konkrete Forderung dem Factor schriftlich angezeigt wird. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Ausschluss auf eine Forderung bezieht, die vor dem Zeitpunkt entsteht, in dem die Anzeige an den Factor erfolgt. 45 Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ bezweckt den Schutz des Factors, einerseits indem ihm mitgeteilt werden muss, ob ein Ausschluss erfolgt ist, andererseits indem die Parteien des Grundvertrages nicht die Möglichkeit haben, die Geltung des FactÜ nachträglich für Forderungen, die an sich dem Anwendungsbereich des FactÜ unterliegen, wirksam ausschließen zu können. Dieser Schutz wird dem Factor nicht versagt, wenn er bei Abschluss des

41 Ebenso De Nova (Diskussionsbeitrag) in UNIDROIT, Acts and Poceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 262. 42 Theoretisch ist ein Ausschluss möglich, sofern sowohl der Zedent, der Schuldner und der Zessionar anwesend sind und der Grundvertrag sowie die Ausschlussvereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner zeitgleich erfolgt, da in diesem Fall der Zugang der schriftlichen Anzeige an den Factor im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages, in dem die Forderung entsteht, vorgenommen werden könnte. 43 So Zaccaria, IPRaX 1995, 279 (280); Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 24. 44 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 327. 45 Nach Art. 3 lit. b FactÜ können die Parteien des Grundvertrages die Anwendung des Übereinkommens für solche Forderungen ausschließen, die in oder nach dem Zeitpunkt entstehen, in welchem dem Factor der Ausschluss schriftlich angezeigt wird.

3. Kapitel: Partei- und Privatautonomie

im ZessÜ und FactÜ

201

Factoringvertrages, auf Grund dessen nicht nur zukünftige, sondern auch bereits bestehende Forderungen abgetreten werden sollen, die Anzeige erhält, dass eine bestehende Forderung zwar dem Factoringvertrag, aber nicht dem FactÜ unterliegt. Über den Inhalt der Anzeige enthält das FactÜ keine näheren Regelungen. Entsprechend dem Zweck der Vorschrift, den Factor zu schützen, muss für den Factor aus der Anzeige klar hervorgehen, für welche Forderungen das FactÜ ausgeschlossen sein soll. Art. 3 Abs. 1 lit. b FactÜ enthält keine Beschränkung dahingehend, dass etwa der Lieferant und der Schuldner das FactÜ nur für sämtliche Forderungen, die aus zwischen ihnen abgeschlossenen Grundverträgen entstehen, ausschließen könnten. Der Ausschluss kann daher auch nur für einzelne Forderungen oder für bestimmte Gruppen von Forderungen vereinbart werden. 46

B. Nachfolgende Abtretungen Die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen des FactÜ auf nachfolgende Abtretungen regeln die Art. 11 und 12 FactÜ. Auf Grund des fehlenden Verweises in Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ auf Art. 3 FactÜ können die Parteien eines nachfolgenden Factoringvertrages die Anwendbarkeit des Übereinkommens nicht ausschließen. 47 Mit anderen Worten: Die Möglichkeit eines (gänzlichen) Ausschlusses durch die Parteien des Factoringvertrages ist zwar auf den Lieferanten und den ersten Factor beschränkt, ein wirksamer Ausschluss wirkt jedoch, wie bereits erörtert, für die gesamte „Lebensdauer" der Forderung.

46 47

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 324. Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 331.

4. Kapitel

Unterschiede im Anwendungsbereich des ZessÜ und FactÜ und deren Verhältnis zueinander I.

Einleitung

Im Folgenden werden die wesentlichen Unterschiede zwischen dem sachlichen und dem räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ und des FactÜ herausgearbeitet, um im Anschluss daran das Verhältnis der beiden Übereinkommen zueinander zu erörtern. Bereits aus dem jeweiligen Titel des FactÜ bzw. des ZessÜ folgt der grundlegende Unterschied betreffend den sachlichen Anwendungsbereich: Beschränkt sich das FactÜ auf Forderungsabtretungen im internationalen Factoringgeschäft, so erfasst das ZessÜ allgemein Abtretungen von Forderungen im internationalen Handel und somit auch das Factoring. Trotz des vom FactÜ gewählten weiten Begriffes „Factoringvertrag" (s. Art. 1 Abs. 2 FactÜ) ist daher der sachliche Anwendungsbereich des FactÜ wesentlich enger als jener des ZessÜ. 1 Der sachliche Anwendungsbereich des FactÜ ist eng formuliert, weshalb es keines „Ausnahmenkataloges" bedurfte. Demgegenüber enthält das ZessÜ in Art. 4 Abs. 1 und 2 ZessÜ einen umfassenden Katalog an Ausnahmen, welcher m.E. nicht unwesentlich zur Komplexität des sachlichen Anwendungsbereiches des ZessÜ beiträgt. Der im Vergleich zum ZessÜ engere Ansatz des FactÜ setzt sich bei dem sowohl vom ZessÜ als auch vom FactÜ geforderten Kriterium der Internationalität fort: dieses ist nach Art. 2 Abs. 1 FactÜ nur erfüllt, sofern eine Forderung abgetreten wird, die aus einem Warenkaufvertrag oder einem Dienstleistungsvertrag zwischen einem Lieferanten und einem Schuldner herrührt, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben. Damit knüpft das FactÜ an die im internationalen Factoringgeschäft übliche Praxis an; maßgebend ist die Niederlassung der Grundvertragsparteien, nicht diejenige des Factoring Vertrages. Hingegen kann dem vom ZessÜ geforderten internationalen Element des Sachverhaltes auf zwei Arten ent1

Sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ rungen aus vertraglichen Ansprüchen, wobei chen Einigung zwischen dem Zedenten und Lieferanten und dem Factor (FactÜ) beruhen

beziehen sich ausschließlich auf Geldfordeder Forderungsübergang auf einer vertraglidem Zessionar (ZessÜ) bzw. zwischen dem muss.

4. Kapitel:

Unterschiede

im Anwendungbereich

des ZessÜ und FactÜ

203

sprochen werden: es genügt, wenn entweder die Forderung oder die Abtretung international i.S.d. Art. 3 ZessÜ ist (Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ). 2 Vergleicht man die jeweiligen Voraussetzungen für den räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ bzw. des FactÜ, so wiederholt sich der für den sachlichen Anwendungsbereich festgestellte Ansatz: Das ZessÜ formuliert seinen räumlichen Anwendungsbereich „extensiver" als das FactÜ. Diese Aussage mag auf den ersten Blick verwundern, da das ZessÜ im Gegensatz zum FactÜ (s. Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ) keine kollisionsrechtliche, sondern nur eine autonome Anknüpfung vorsieht, wird jedoch verständlich, wenn man bedenkt, dass nach dem ZessÜ nur eine Voraussetzung für die autonome Anwendung des ZessÜ vorliegen muss: Lediglich der Zedent muss sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages in einem Vertragsstaat befinden. 3 Diese extensive Formulierung des räumlichen Anwendungsbereiches des ZessÜ wird für die Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen, insoweit eingeschränkt, als diese Vorschriften für den Schuldner nur maßgebend sind, sofern er sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages in einem Vertragsstaat befindet bzw. das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). Selbst unter der Annahme, dass dies eine allgemeine Voraussetzung für den räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ wäre, d.h. das ZessÜ nur zur Anwendung gelangen würde, wenn sowohl der Zedent als auch der Schuldner in einem Vertragsstaat niedergelassen sind bzw. der Zedent in einem Vertragsstaat niedergelassen ist und das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist (d.h. eine Kombination von Art. 1 Abs. 1 lit. 1 und Art. 3 ZessÜ vorliegen würde), wären die Anforderungen des ZessÜ an den räumlichen Anwendungsbereich geringer als jene des FactÜ. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass das FactÜ bei der Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereiches auch auf den Factor (Zessionar) abstellt, 4 dessen Person (bzw. dessen Niederlassung oder das auf den Abtretungsvertrag anwendbare Recht) nach dem ZessÜ für den räumlichen Anwendungsbereich gänzlich außer Betracht bleibt. Im Ergebnis bleibt 2 Sowohl nach dem FactÜ als auch nach dem ZessÜ ist das Anknüpfungsmerkmal für die Internationalität die jeweilige Niederlassung des Lieferanten und des Schuldners (Art. 2 Abs. 1 FactÜ) bzw. des Zedenten und des Schuldners (Art. 3 Satz 1 ZessÜ) oder des Zedenten und des Zessionars (Art. 3 Satz 2 ZessÜ). 3 Nach Art. 2 Abs. 1 lit. a FactÜ müssen sowohl der Lieferant (Zedent) als auch der Schuldner und der Factor (Zessionar) ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat haben, wobei jedoch nur der Lieferant und der Schuldner ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben müssen. 4 Art. 2 Abs. 2 lit. a FactÜ setzt voraus, dass auch der Factor seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, Art. 2 Abs. 2 lit. b FactÜ, dass der Factoringvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegt.

204

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti]

daher festzuhalten, d a s s d i e A n f o r d e r u n g e n d e s Z e s s Ü an den r ä u m l i c h e n A n w e n d u n g s b e r e i c h auch unter B e r ü c k s i c h t i g u n g d e s Art. 1 A b s . 3 Z e s s Ü geringer sind als j e n e nach d e m F a c t Ü . 5

II. Konkurrenz zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ A. Einleitung Internationale Ü b e r e i n k o m m e n k ö n n e n in e i n e m Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. Ein K o n v e n t i o n s k o n f l i k t liegt vor, s o f e r n z w e i oder mehrere Staatsverträge mit i d e n t e m A n w e n d u n g s b e r e i c h inhaltlich widers p r e c h e n d e R e c h t s f o l g e n anordnen. 6 G r u n d v o r a u s s e t z u n g für e i n e n K o n v e n t i o n s k o n f l i k t z w i s c h e n d e m F a c t Ü und d e m Z e s s Ü ist somit, d a s s der zu beurteilende Sachverhalt s o w o h l die A n w e n d u n g s v o r a u s s e t z u n g e n des F a c t Ü als auch j e n e d e s Z e s s Ü erfüllt. In weiterer F o l g e ist zu prüfen, o b das F a c t Ü und das Z e s s Ü u n t e r s c h i e d l i c h e R e c h t s f o l g e n anordnen. N u r w e n n das V o r l i e g e n e i n e s K o n v e n t i o n s k o n f l i k t e s nach d i e s e n z w e i Prüf u n g s s c h r i t t e n z w e i f e l s f r e i feststeht, 7 sind d i e B e s t i m m u n g e n d e s F a c t Ü (Art. 15) b z w . d e s Z e s s Ü (Art. 3 8 ) über das Verhältnis d e s j e w e i l i g e n Ü -

5 Dies gilt auch, wenn man sich vor Augen führt, dass der räumliche Anwendungsbereich des FactÜ selbst dann erfüllt ist, wenn keine von den drei Parteien ihre jeweilige Niederlassung in einem Vertragsstaat des FactÜ hat (Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ). Nach dem ZessÜ muss jedenfalls der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat haben (Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ). 6 Volken, Konventionskonflikte im internationalen Privatrecht (1977) 237, 247, wobei Volken den Begriff Geltungsbereich für die Bezeichnung des Anwendungsbereiches verwendet [vgl. die Anmerkung von Drobnig in FS von Overbeck 15 (16 Fn 4)]; Majoros, Konflikte zwischen Staatsverträgen auf dem Gebiete des Privatrechts, RabelsZ 1982, 84 (94), der allgemein von widersprechenden Bestimmungen zweier Konventionen spricht. Zu den von Majoros entwickelten Regeln zur Vertragskonkukurrenz vgl. Wilting, Vertragskonkurrenz im Völkerrecht (1996) 124 ff. Vgl. auch Volken, Conflicts between Private International Law Treaties, in: Heere, Wybo P. (Hrsg.), International Law and the Hague's 750th Anniversary (1999) 149 (152). Zu Konventionskonflikten zwischen völkerrechtlichen IPR-Verträgen s. von Bar/Mankowski, IPR I2 § 3 Rn. 106 m.w.N. 7 Nach Volken, Konventionskonflikte 247 f., können Scheinkonflikte durch eine falsche Bestimmung des Anwendungsbereiches der Übereinkommen entstehen; weiters liegt nur ein Scheinkonflikt vor, wenn die Anwendungsbereiche zwar ident sind, die Rechtsfolgen einander jedoch nicht widersprechen, sondern lediglich ergänzen. Ebensowenig liegt daher ein Konventionskonflikt bei identem Anwendungsbereich mehrerer Staatsverträge vor, wenn die Bestimmungen wörtlich gleichlautende Rechtsfolgen normieren.

4. Kapitel:

Unterschiede

im Anwendungbereich

des ZessÜ und FactÜ

205

bereinkommens zu anderen internationalen Übereinkommen für die Lösung dieses Konfliktes heranzuziehen. 8 1.

Erstmalige Abtretung einer Forderung

Vor der Erörterung der „Vereinbarkeitsvorschriften" 9 („Kompatibilitätsklauseln" 10 , „Konkurrenzregeln" 11 ) des FactÜ und des ZessÜ 1 2 und ihres Beitrages zur Lösung einer Konkurrenz zwischen dem FactÜ und dem ZessÜ soll kurz auf die möglichen Konkurrenzsituationen ausgehend vom Anwendungsbereich des ZessÜ und des FactÜ eingegangen werden. Vor dem Hintergrund, dass das ZessÜ seinen sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich wesentlich extensiver formuliert als das FactÜ, erscheint es auf den ersten Blick nahe liegend anzunehmen, dass jene Sachverhalte, die dem FactÜ unterliegen, die Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ ebenfalls erfüllen und somit in diesen Fällen notwendigerweise eine Konkurrenz vorliegt. Diese Annahme ist jedoch nur für die Internationalität des Sachverhaltes richtig: Erfüllt eine Forderungsabtretung das Kriterium der Internationalität i.S.d. FactÜ, so wird diesem Kriterium stets auch i.S.d. ZessÜ entsprochen (vgl. einerseits Art. 2 Abs. 1 FactÜ und andererseits Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Satz 1 ZessÜ). Nicht zwangsläufig ist dies für den restlichen Teil 13 des sachlichen Anwendungsbereiches der Fall. Die Abtretung einer Forderung aus einem Dienstleistungsvertrag kann zwar einerseits dem FactÜ unterliegen, andererseits aber nach Art. 4 Abs. 2 ZessÜ vom sachlichen Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen sein. Weiters kann eine Forderungsabtretung zwar die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des FactÜ erfüllen, nicht jedoch jene des ZessÜ. Dies ist der Fall, wenn sowohl der Factoringvertrag als auch der Grundvertrag dem Recht eines Vertragsstaates unterliegen (Art. 2 Abs. 1 lit. b FactÜ), jedoch 8 Nach der Ansicht von Volken in International Law and the Hague's 750th Anniversary (1999) 149 (155 f) ist ein Konventionskonflikt erst zu bejahen, wenn nach Vorliegen der ersten zwei Prüfungsschritte die in Betracht kommenden Konventionen keine Vorschrift über das Verhältnis zu anderen Übereinkommen enthalten. 9 Volken, Konventionskonflikte 252 ff., subsumiert unter dem Begriff „Vereinbarkeitsrecht" die Summe jener Bestimmungen, mit denen Staatsverträge ihr Verhältnis zu anderen Staatsverträgen regeln. 10 Majoros, RabelsZ 1982, 84 (90). 11 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 334. 12 Die Möglichkeit der Aufnahme einer Kompatibilitätsklausel in ein internationales Übereinkommen sieht Art. 30 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge ausdrücklich vor. Enthält der betreffende Staatsvertrag eine solche Klausel, so ist ein Konventionskonflikt grundsätzlich nach dessen Kompatibilitätsklausel zu entscheiden. 13 Zur Begründung, warum das Kriterium der Internationalität als Teil des sachlichen Anwendungsbereiches zu prüfen ist, vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, I.C. sowie 2. Teil, 2. Kapitel, I.F.

206

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti1

der Zedent (Lieferant) seine Niederlassung nicht in einem Vertragsstaat des ZessÜ hat (Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ). Vorstellbar sind auch Fälle, in denen bei einer Forderungsabtretung auf Grund eines Factoringvertrages zwar die Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ vorliegen, nicht jedoch jene des FactÜ. Dabei ist vor allem an Sachverhalte zu denken, in denen zwar der Zedent (Lieferant) in einem Vertragsstaat niedergelassen ist (Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ), der Sachverhalt allerdings nicht den erhöhten Vorraussetzungen des Art. 2 FactÜ an den räumlichen Anwendungsbereich entspricht. 14 Sieht der Factoringvertrag keine Anzeige über die Abtretung an den Schuldner vor, so unterliegen derartige Forderungsabtretungen zwar nicht dem FactÜ, können jedoch nach dem ZessÜ zu beurteilen sein. In den bisher genannten Fällen besteht kein Konflikt zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ, denn entweder gelangt das FactÜ oder das ZessÜ zur Anwendung. Eine Konkurrenzsituation zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ liegt allerdings nur vor, sofern auf den konkreten Sachverhalt sowohl das FactÜ als auch das ZessÜ zur Anwendungen gelangen können. 15 2.

Nachfolgende

Abtretungen

Die vorstehenden Überlegungen haben sich auf die erste (ursprüngliche) Abtretung einer Forderung bezogen. Zu erörtern bleibt, ob durch eine nachfolgende Abtretung eine auf Grund der ursprünglichen Forderungsabtretung nicht bestehende Konkurrenz zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ ausgelöst werden kann. 16 Seitens des FactÜ ist diese Möglichkeit zu verneinen, da das FactÜ auf nachfolgende Abtretungen nur zur Anwendung 14 Eine Anwendung des FactÜ ist beispielsweise auch dann ausgeschlossen, wenn die auf Grund des Factoringvertrages abgetretene Forderung eine „Verbraucherforderung" i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. a FactÜ ist. Eine Abtretung derartiger Forderungen ist vom ZessÜ nicht ausgeschlossen (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ). 15 Dies ist im folgenden Beispiel der Fall: Der im Staat A niedergelassene Hersteller R schließt einen Kaufvertrag mit dem im Staat B niedergelassenen Großhändler G. Die Kaufpreisforderung tritt R auf Grund eines bestehenden Factoringvertrages an den Factor F ab, der seine Niederlassung im Staat B hat. Auf Grund des Factoringvertrages ist der Factor zur Vorauszahlung verpflichtet und hat das Risiko der Nichtzahlung übernommen. Staat A ist Vertragsstaat des ZessÜ und des FactÜ, Staat B lediglich des FactÜ. Anwendungsvoraussetzungen nach dem ZessÜ: Abtretung einer internationalen Forderung; der Zedent hat seine Niederlassung im Vertragsstaat A. Anwendungsvoraussetzungen nach dem FactÜ: Abtretung einer internationalen Forderung auf Grund eines Factoringvertrages i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. b FactÜ; sowohl der Lieferant (Zedent) als auch der Schuldner und der Factor (Zessionar) sind in einem Vertragsstaat niedergelassen. 16 Grundsätzlich ist zu beachten: Unterliegt die erste Forderungsabtretung dem ZessÜ, so gilt dies auch für sämtliche nachfolgende Forderungsabtretungen (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ). Dies gilt ebenso für das FactÜ (Art. 11 Abs. 1 FactÜ). Eine bestehende Konkurrenz ist daher bereits für die erste Abtretung aufzulösen.

4. Kapitel:

Unterschiede

im Anwendungbereich

des ZessÜ und FactÜ

207

gelangt, wenn bereits die erste Forderungsabtretung dem FactÜ unterliegt (s. Art. 11 Abs. 1 FactÜ). Anders ist die Frage aus der Sicht des ZessÜ zu beurteilen, denn nach Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ findet das Übereinkommen selbst dann auf nachfolgende Abtretungen, die den Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ entsprechen, Anwendung, wenn es auf frühere Abtretungen nicht anzuwenden war. Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ führt im Zusammenwirken mit Art. 11 Abs. 1 FactÜ zu folgendem Ergebnis: Zu einem Konventionskonflikt zwischen dem FactÜ und dem ZessÜ auf Grund einer nachfolgenden Abtretung kann es nur kommen, wenn die erste Abtretung lediglich dem FactÜ unterliegt und (erst) auf die nachfolgende Abtretung auch das ZessÜ zur Anwendung gelangt. Eine Lösung der Normenkonkurrenz für die nachfolgende Forderungsabtretung ist entsprechend den Vereinbarkeitsbestimmungen des FactÜ und des ZessÜ zu finden.

B. VereinbarkeitsVorschrift des FactÜ Nach der Vereinbarkeits Vorschrift des Art. 15 FactÜ geht das FactÜ bereits geschlossenen oder in Zukunft zu schließenden Staatsverträgen nicht vor. Die von den Verfassern des jeweiligen Übereinkommens beschlossenen Konkurrenzbestimmungen sind vorrangig vor den auf Völkergewohnheitsrecht beruhenden Regeln für die Lösung von Konventionskonflikten heranzuziehen, 17 wobei den vertraglichen Konkurrenzbestimmungen in der Regel einzelne Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts - beispielsweise die lex specialis Regel, das lex posterior Prinzip, die lex favorabilior Regel oder das lex prior Prinzip - zugrunde liegen bzw. durch diese zu ergänzen sind. Da die Verfasser eine Vorschrift über das Verhältnis des FactÜ zu anderen Übereinkommen verabschiedet haben, ist Art. 15 FactÜ vor den Grundregeln des Völkergewohnheitsrechts für die Lösung derartiger Staatsvertragskonflikte heranzuziehen. Nach Häusler18 ist Art. 15 FactÜ 17

Für einen Vorrang vertraglicher Konkurrenzklauseln Volken, Konventionskonflikte 290, 316. Nach Majoros, RabelsZ 1982, 84 (89, 90), kann im Konflikt privatrechtlicher Konventionen allein die Substanz der geregelten Materie den Ausschlag geben, welches Übereinkommen vorgeht. Dennoch dürfte er von einem Vorrang der im konkreten Übereinkommen getroffenen Vereinbarkeitsbestimmung vor den allgemeinen Konkurrenzregeln ausgehen, indem er bestimmte Vereinbarkeitsvorschriften als „konfliktneutrale" Kompatibilitätsbestimmungen bezeichnet, welche die Anwendung der einzelnen Konfliktregeln (z.B. die Regel der Spezialität) nicht beeinträchtigen. Vgl. auch Gruber, Methoden des internationalen Einheitsrechts 255. 18

UNIDROIT Übereinkommen 335 f.; nach Häuslers Ansicht spricht insbesondere die Formulierung des Art. 15 FactÜ (enger Regelungsbereich) dafür, dass Art. 15 FactÜ nicht allein das Konkurrenzverhältnis zu anderen Übereinkommen regeln will und daher

208

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und Facti]

hingegen subsidiär zu den allgemeinen Konkurrenzregeln anzuwenden, wobei zunächst die Spezialitätsregel zu beachten sei. Sind die Vorschriften des FactÜ spezieller als diejenigen des konkurrierenden Übereinkommens, so gebührt dem FactÜ - nach Ansicht Häuslers - der Vorrang. Gegen dessen Ansicht kann jedoch nicht nur der Wortlaut des Art. 15 FactÜ, sondern auch die Absicht der Verfasser vorgebracht werden. Während der Beratungen ist die Streichung der Vereinbarkeitsbestimmung vorgeschlagen worden. Dies hätte nach der Ansicht der Befürworter zur Folge, dass das Verhältnis des FactÜ zu konkurrierenden Staatsverträgen nach dem lex specialis Grundsatz zu beurteilen wäre. 19 Darin spiegelt sich m.E. die Auffassung der Verfasser wider, dass eine staatsvertragliche Vereinbarkeitsbestimmung bei der Lösung von Konventionskonflikten vorrangig zu beachten ist. Der Vorrang staatsvertraglicher Vereinbarkeitsbestimmungen bei der Entscheidung von Konventionskonflikten kann zudem mit Art. 30 der WVRK 20 begründet werden; diese Bestimmung enthält Regeln über die „Anwendung aufeinander folgender Verträge über denselben Gegenstand". Art. 30 Abs. 2 WVRK 21 überlässt die Entscheidung über die Lösung von Vertragskonflikten grundsätzlich den Verfassern des jeweiligen Übereinkommens. 22 Fehlt eine entsprechende Klausel, so ist Art. 30 Abs. 3 WVRK maßgebend, wobei der Konventionskonflikt nach dem lex posterior Prinzip (das neuere Übereinkommen geht vor) zu entscheiden ist. Gemäß Art. 15 FactÜ kommt dem FactÜ sowohl im Verhältnis zu früheren als auch im Verhältnis zu späteren Übereinkommen kein Vorrang zu. Insoweit entspricht Art. 15 FactÜ der Vorschrift des Art. 30 Abs. 2 WVRK. 23 Den staatsvertraglichen Vereinbarkeitsvorschriften liegen, wie

erst heranzuziehen sei, sofern im Konfliktfall nach Anwendung der allgemeinen Konkurrenzregeln keine Lösung gefunden werden kann; d.h. erst dann sei ein Nachrang des FactÜ gegenüber dem konkurrierenden Übereinkommen zu bejahen. 19 Vgl. UNÍDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 34, Article C = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 116, Article C. 20 Dabei handelt es sich um eine kodifizierte Regel des Völkergewohnheitsrechts; vgl. von Bar/Mankowski, IPR I2 § 3 Rn. 107 m.w.N. 21 Art. 30 Abs. 2 WVRK lautet: „Bestimmt ein Vertrag, dass er einem früher oder später geschlossenen Vertrag untergeordnet ist oder nicht als mit diesem unvereinbar anzusehen ist, so hat der andere Vertrag Vorrang." Zur Bedeutung der Vereinbarkeitsbestimmungen und zum Inhalt derselben vgl. Wilting, Vertragskonkurrenz 65 ff. 22 Volken, Konventionskonflikte 296; Majoros, RabelsZ 1982, 84 (85 Fn 5). 23 A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 336, 340; maßgebend seien die Bestimmungen des Art. 30 Abs. 3 bis 5 WVRK, wobei Art. 15 FactÜ die lex posterior Regel übernehme. M.E. folgt aus dem Wortlaut des Art. 15 FactÜ eindeutig, dass es sich dabei um einen Fall i.S.v. Art. 30 Abs. 2 WVRK handelt. Ebenso für die diesbezüglich gleichlautende Vorschrift des Art. 90 CISG („This Convention does not prevail over any inter-

4. Kapitel:

Unterschiede

im Anwendungbereich

des ZessÜ und Facti]

209

bereits erwähnt, in der Regel (mehrere) völkerrechtliche Konfliktgrundsätze zugrunde. 24 Dies gilt auch für Art. 15 FactÜ. Indem Art. 15 FactÜ einen Nachrang des FactÜ zugunsten bereits geschlossener Übereinkommen normiert, gewährleistet das FactÜ den Fortbestand bereits geltender Staatsverträge (lex prior Regel, „Bestandsgarantie" 25 ); indem Art. 15 FactÜ den Nachrang zugunsten später, d.h. nach dem FactÜ geschlossener Staatsverträge bestimmt, folgt es der lex posterior Regel. 26 Als Vorbild für die Bestimmung des Art. 15 FactÜ haben Art. 90 CISG und Art. 23 des Genfer Vertretungsübereinkommens gedient. 27 Im Folgenden soll lediglich der Unterschied zu Art. 90 CISG beleuchtet werden, zumal das FactÜ in der Literatur als „Annex" 28 zum CISG bezeichnet worden ist. Im Gegensatz zu Art. 90 CISG knüpft das FactÜ seinen Nachrang gegenüber anderen Übereinkommen an keine Voraussetzungen. Nach Art. 90 CISG geht das CISG anderen internationalen Übereinkommen nicht vor, sofern diese Bestimmungen über die im CISG geregelten Gegenstände enthalten und die Parteien (d.h. der Verkäufer und der Käufer) ihre Niederlassung in Vertragsstaaten eines konkurrierenden Übereinkommens haben. Das Fehlen der ersten Voraussetzung - das konkurrierende Übereinkommen enthält Bestimmungen über die im FactÜ geregelten Gegenstände begründet m.E. keinen inhaltlichen Unterschied zu Art. 90 CISG, da dies eine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Normenkonkurrenz ist. 29 Hingegen stellt das Fehlen der zweiten Voraussetzung einen inhaltlichen Unterschied zu Art. 90 CISG dar, denn unabhängig davon, ob der Schuldner, der Lieferant und/oder der Factor ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat des konkurrierenden Übereinkommens haben, 30 geht dieses dem FactÜ vor. 31 national agreement which has already been or may be entered into ...") Witz in Witz/Salger/Lorenz Art. 90 CISG Rn. 1. 24 S. Volken, Konventionskonflikte 260, 267. 25 Volken, Konventionskonflikte 265 f. 26 Bei der Anwendung des lex prior und des lex posterior Grundsatzes zur Lösung eines Konventionskonfliktes ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens der konkurrierenden Übereinkommen für denjenigen Vertragsstaat, der den Konventionskonflikt zu beurteilen hat, maßgebend. 27 Vgl. UNIDROIT1986, Study LVIII - Doc. 21, Article C. 28 Basedow, ZEuP 1997, 615 (629). 29 Die Passage „and which contains matters governed by this Convention" ist auf der diplomatischen Konferenz gestrichen worden, obwohl sie keiner Kritik ausgesetzt war. Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 21, Article C; UNIDROIT 1987, Study LVIII Doc. 34, Article C = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 116, Article C; UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/C.2/Doc. 2, 310 (Article 15). 30 In den ersten Entwürfen war diese Voraussetzung („provided that the supplier, the factor and the debtor have their place of business in States parties to such agreement") enthalten, ist jedoch von den Regierungssachverständigen kritisiert (s. UNIDROIT 1986,

210

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

A l s v o r l ä u f i g e s E r g e b n i s z u m Konkurrenzverhältnis z w i s c h e n d e m FactÜ und d e m Z e s s Ü kann s o m i t f e s t g e h a l t e n werden: Beurteilt m a n den K o n f l i k t l e d i g l i c h aus der Sicht d e s FactÜ, s o f o l g t aus Art. 15 F a c t Ü der Vorrang d e s Z e s s Ü vor d e m F a c t Ü . 3 2

C. Kompatibilitätsklausel des ZessÜ E b e n s o w i e d i e S c h ö p f e r d e s F a c t Ü haben auch d i e V e r f a s s e r d e s Z e s s Ü v o n der M ö g l i c h k e i t G e b r a u c h g e m a c h t , e i n e V o r s c h r i f t über d i e K o l l i s i o n des Z e s s Ü mit anderen internationalen Ü b e r e i n k o m m e n in d i e K o n v e n t i o n a u f z u n e h m e n . Art. 3 8 Z e s s Ü ist daher vor den a l l g e m e i n e n Konkurrenzreg e l n zur L ö s u n g v o n K o n v e n t i o n s k o n f l i k t e n h e r a n z u z i e h e n . 3 3 G e m ä ß Art. 3 8 A b s . 1 Z e s s Ü geht das Z e s s Ü bereits g e s c h l o s s e n e n oder in Zukunft zu s c h l i e ß e n d e n internationalen V e r e i n b a r u n g e n , d i e konkret ein R e c h t s g e s c h ä f t regeln, das anderenfalls d e m Z e s s Ü unterliegen würde, nicht vor. 3 4 D i e Vereinbarkeitsvorschrift d e s Z e s s Ü ist vor d e m Hinter-

Study LVIII - Doc. 26, Article C) und sodann auf der diplomatischen Konferenz gestrichen worden (s. UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/C.2/Doc. 2, 310 [Article 15], UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/S.R. 6, 39 [Article 15]). 31 Dadurch wird die Gefahr eines negativen Konventionskonfliktes - beide Übereinkommen bezeichnen sich als nachrangig, ohne den Nachrang an weitere Voraussetzungen zu knüpfen - erhöht. Die Vermeidung der Gefahr eines negativen Konventionskonfliktes ist auch als Begründung für eine gänzliche Streichung des Art. 15 FactÜ vorgebracht worden. Dies ist wiederum ein mittelbarer Hinweis darauf, dass nach der Ansicht der Verfasser des FactÜ die staatsvertraglichen Vereinbarkeitsbestimmungen vor den allgemeinen Konkurrenzregeln heranzuziehen sind, denn nimmt man mit Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 341 f., den Vorrang der Spezialitätsregel vor Art. 15 FactÜ an, so ist die Gefahr eines negativen Konfliktes ausgeschlossen, da entweder das FactÜ oder das konkurrierende Übereinkommen speziellere Vorschriften enthalten wird. 32 Dies gilt unabhängig davon, ob für denjenigen Vertragsstaat, der den Konventionskonflikt zu beurteilen hat, das ZessÜ das „frühere" oder das „spätere" Übereinkommen ist (das ist, wie bereits erwähnt, vom Zeitpunkt der Ratifizierung des ZessÜ und des FactÜ abhängig), denn nach Art. 15 FactÜ geht das FactÜ sowohl bereits geschlossenen als auch in Zukunft zu schließenden Staatsverträgen vor. 33 Die Verfasser des ZessÜ sind ebenfalls vom Vorrang der von ihnen formulierten Vereinbarkeitsbestimmung gegenüber den allgemeinen Konkurrenzregeln ausgegangen; dies folgt aus der Diskussion darüber, ob sich Art. 38 ZessÜ ausdrücklich zum Verhältnis des ZessÜ gegenüber der UNIDROIT Convention on International Interests in Mobile Equipment äußern soll, wobei ein entsprechender Textvorschlag von der Kommission nicht angenommen worden ist. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 192 f.: „In support of the proposed text, it was stated that the matter should not be left to the classical rules on conflicts between international agreements." 34 Der Nachrang des ZessÜ war bereits in den ersten Entwürfen vorgesehen, ist jedoch in weiterer Folge in einen Vorrang zugunsten des ZessÜ umgeändert worden, wobei die

4. Kapitel: Unterschiede im Anwendungbereich

des ZessÜ und FactÜ

211

grund d e s Art. 3 0 A b s . 2 W V R K zu sehen. Art. 3 8 A b s . 1 Z e s s Ü f o l g t g e g e n ü b e r bereits g e s c h l o s s e n e n Ü b e r e i n k o m m e n der l e x prior R e g e l , 3 5 i m Verhältnis zu nach d e m Z e s s Ü g e s c h l o s s e n e n Ü b e r e i n k o m m e n h i n g e g e n der l e x posterior R e g e l . E n t s p r e c h e n d Art. 9 0 C I S G 3 6 stellt Art. 3 8 Z e s s Ü klar, d a s s s i c h der N a c h r a n g d e s Z e s s Ü nur auf internationale Ü b e r e i n k o m m e n b e z i e h t , d i e B e s t i m m u n g e n über d i e i m Z e s s Ü g e r e g e l t e n G e g e n s t ä n d e enthalten, w o bei m a n durch d i e - v o n Art. 9 0 C I S G a b w e i c h e n d e - F o r m u l i e r u n g „spec i f i c a l l y g o v e r n s a transaction o t h e r w i s e g o v e r n e d b y this C o n v e n t i o n " die V o r a u s s e t z u n g für den Vorrang konkurrierender Ü b e r e i n k o m m e n b e s o n ders d e u t l i c h z u m A u s d r u c k bringen w o l l t e . 3 7 Im U n t e r s c h i e d zu Art. 9 0 Staaten durch Erklärung festlegen hätten können, gegenüber welchen Übereinkommen das ZessÜ dennoch einen Nachrang genießen soll. Durch die Bestimmung des Vorranges zugunsten des ZessÜ sollten negative Konflikte zwischen dem ZessÜ und einem anderen Übereinkommen vermieden werden. Da eine derartige Vereinbarkeitsbestimmung ein Abgehen von den in anderen UNCITRAL-Übereinkommen enthaltenen Vereinbarkeitsbestimmungen bedeutet hätte, ist wiederum ein grundsätzlicher Nachrang des ZessÜ vorgeschlagen worden. Vgl. zur Entwicklung des Art. 38 ZessÜ Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 70; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 201 ff.; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.1I/WP.102, Art. 42; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 195. 35 Das Verhältnis zum FactÜ regelt Art. 38 Abs. 2 ZessÜ ausdrücklich. Dazu sogleich. 36 Die parallele Bestimmung des CISG hat neben den Grundsätzen des Art. 30 WVRK als Vorbild für Art. 38 ZessÜ gedient. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/ 470, Rn. 203. 37 Diese Formulierung ist erst während der Kommissionssitzung gewählt worden; bis dahin war in den Entwürfen eine dem Art. 90 CISG entsprechende Formulierung enthalten. Durch die geänderte Formulierung soll sichergestellt werden, dass das ZessÜ gegenüber der UNIDROIT Convention on International Interests in Mobile Equipment nur dann ein Nachrang zukommt, sofern das genannte UNDIDROIT Übereinkommen auf das konkrete Rechtsgeschäft anwendbar ist. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 71 und 194. Da ein Konventionskonflikt stets voraussetzt, dass auf das konkrete Rechtsgeschäft zumindest zwei Übereinkommen anwendbar sind (mit unterschiedlichen Rechtsfolgen), ist die von Art. 90 CISG abweichende Formulierung des Art. 38 Abs. 1 ZessÜ m.E. lediglich sprachlicher, nicht jedoch inhaltlicher Natur. Die UNIDROIT Convention on International Interests in Mobile Equipment regelt das Verhältnis zum ZessÜ in Art. 45bis: „This Convention shall prevail over the United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, opened for signature in New York on 12 December 2001, as it relates to the assignment of receivables which are associated rights related to international interests in aircraft objects, railway rolling stock and space assets." Diese UNIDROIT-Konvention ist am 1. April 2004 gemäß Art. 49 Abs. 1 leg cit in Kraft getreten, jedoch nur in Bezug auf eine Kategorie von Gegenständen, auf die ein Protokoll anzuwenden ist. Zu den Vorschriften dieses UNIDROIT-Übereinkommens, welche die Abtretung betreffen (Kapitel IX, Art. 31 bis 38), s. Goode, Convention on International Interests in Mobile Equipment and Protocol thereto on matters specific to Aircraft Equipment, Official Commentary (2002), Rn. 36 44; veröffentlicht in Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 353 (384 ff.).

212

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactiJ

CISG knüpft Art. 38 ZessÜ den Vorrang eines konkurrierenden Übereinkommens jedoch nicht an die Voraussetzung der Niederlassung des Zedenten, des Zessionars und/oder des Schuldners im Vertragsstaat eines solchen Übereinkommens an. 38 D.h. das ZessÜ tritt gegenüber einem konkurrierenden Übereinkommen grundsätzlich auch dann zurück, wenn keine von den genannten Personen ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat des konkurrierenden Übereinkommens hat. Für das Verhältnis zum FactÜ enthält Art. 38 Abs. 2 ZessÜ eine eigene Vorrangregel: Ungeachtet des grundsätzlichen Nachranges des ZessÜ gegenüber konkurrierenden Übereinkommen (Art. 38 Abs. 1 ZessÜ) beansprucht das ZessÜ gegenüber dem FactÜ den Vorrang (Art. 38 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ). 39 Ohne diese Vereinbarkeitsbestimmung würde ein negativer Konventionskonflikt zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ bestehen, da sowohl das FactÜ (Art. 15 FactÜ) als auch das ZessÜ (Art. 38 Abs. 1) bereits bestehenden und in Zukunft zu schließenden internationalen Vereinbarungen den Vorrang gewähren. 40 Dieser negative Konventionskonflikt wäre durch einen Rückgriff auf die allgemeinen Konkurrenzregeln zu lösen, wobei nach dem Grundsatz der Spezialität das FactÜ dem ZessÜ vorgehen würde. 41 Auf Grund der Vorrangregel des Art. 38 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ wird jedoch ein negativer Konventionskonflikt verhindert: Hat ein Staat das FactÜ und das ZessÜ ratifiziert und erfüllt der konkrete Sachverhalt sowohl die Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ als auch jene des FactÜ, so ist dieser Sachverhalt nach dem ZessÜ zu beurteilen. Soweit jedoch jene Vorschriften des ZessÜ, welche die rechtliche Stellung des Schuldners berühren, bei der Beurteilung des konkreten Falles

38

Diese Voraussetzung (Niederlassung des Zedenten und des Schuldners im Vertragsstaat des konkurrierenden Übereinkommens) war zunächst in den Entwürfen enthalten, ist nach einer Streichung wieder aufgenommen und von UNCITRAL schlussendlich wieder gestrichen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 99; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Art. 36; Bericht über die 34. UNCITRALSitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 194. 39 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 205, Variant D, Rn. 206; die Regelung des Art. 38 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ ist vor dem Hintergrund des Art. 30 Abs. 2 WVRK zu sehen, nach welcher es den Verfassern grundsätzlich freisteht, das Verhältnis eines Übereinkommens zu anderen Übereinkommen zu definieren; s. auch Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 101. 40 Welches Übereinkommen im konkreten Fall das frühere oder spätere ist, hängt vom Zeitpunkt der Ratifikation des ZessÜ und des FactÜ durch den Vertragsstaat ab, der den Konventionskonflikt zu lösen hat. 41 Ebenso Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 194, ohne jedoch auf den grundsätzlich bestehenden negativen Konventionskonflikt zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ hinzuweisen. Vgl. zur Diskussion über das Verhältnis des ZessÜ zum FactÜ insbesondere Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 204 ff.

4. Kapitel: Unterschiede

im Anwendungbereich

des ZessÜ und Facti7

213

außer Betracht bleiben müssen, schließt Art. 38 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ 42 die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des FactÜ nicht aus. Die von Art. 38 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ vorausgesetzte Situation liegt vor, sofern das ZessÜ nach Art. 1 Abs. 1 ZessÜ zur Anwendung gelangt, der Schuldner jedoch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages weder seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, noch das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist, weshalb das ZessÜ gemäß Art. 1 Abs. 3 ZessÜ die Rechte und Pflichten des Schuldners unberührt lässt. Art. 38 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ ermöglicht eine kombinierte Anwendung bestimmter Teile des ZessÜ sowie bestimmter Teile des FactÜ bei der Beurteilung ein und derselben Forderungsabtretung und stellt insoweit eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorranges des ZessÜ gegenüber dem FactÜ dar. Nach Art. 38 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ ist die Anwendung des FactÜ bezüglich der Rechte und Pflichten des Schuldners (diese werden in den Art. 8 bis 10 FactÜ geregelt) „nicht ausgeschlossen" 43 . Die von den Verfassern gewählte Formulierung ist korrekt, denn ob die Anwendung einzelner Bestimmungen des FactÜ neben dem ZessÜ in Betracht kommt, ist m.E. ausschließlich aus der Sicht des FactÜ zu beurteilen. Aus der Vereinbarkeitsbestimmung des FactÜ (Art. 15 FactÜ) ist diesbezüglich keine Antwort zu gewinnen. Jedoch ist m.E. aus Art. 3 Abs. 2 FactÜ der Wille der Verfasser ableitbar, das FactÜ entweder in seiner Gesamtheit oder überhaupt nicht anzuwenden, zumal nach Art. 3 Abs. 2 FactÜ nur ein gänzlicher Ausschluss des FactÜ durch Parteienvereinbarung, nicht jedoch ein teilweiser Ausschluss wirksam möglich ist. 44

D. Konventionskonflikt und Parteiautonomie Wie bereits erörtert, 45 kann das ZessÜ nur bezüglich einzelner Bestimmungen, nicht jedoch zur Gänze abbedungen werden (Art. 6 ZessÜ), hingegen kann das FactÜ nur zur Gänze ausgeschlossen werden (Art. 3 FactÜ). Im Folgenden ist zu erörtern, wie sich ein wirksamer Ausschluss des 42 Vgl. zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 102; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 72. 43 Englisch: „... it does not preclude the application ...". 44 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 341 f., erörtert das Verbot der Teilanwendung des FactÜ im Zusammenhang mit der Prüfung, welches Übereinkommen das speziellere sei, um auf Grund der lex specialis Regel Vorrang zu genießen, und plädiert für eine Gesamtbetrachtung des FactÜ, da ein Vergleich einzelner Bestimmungen wegen des Verbotes der teilweisen Abdingbarkeit des FactÜ ausgeschlossen sei. 45 Vgl. 2. Teil, 3. Kapitel, II. und III.

214

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

FactÜ bzw. des ZessÜ auf die Lösung einer Konkurrenz zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ gemäß Art. 38 ZessÜ bzw. Art. 15 FactÜ auswirkt. Sind auf den konkreten Sachverhalt sowohl das FactÜ als auch das ZessÜ anwendbar und vereinbaren der Factor und der Lieferant oder der Lieferant und der Schuldner einen wirksamen (gänzlichen) Ausschluss des FactÜ (Art. 3 FactÜ), so liegt streng genommen kein Konventionskonflikt zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ vor, der nach dem Art. 38 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ zu lösen wäre. Vereinbaren hingegen der Zedent und der Zessionar den Ausschluss der Art. 11 bis 14 ZessÜ oder bedingen der Zedent und der Schuldner die Art. 15 bis 18 ZessÜ sowie die Art. 20 und 21 ZessÜ ab (Art. 6 Satz 1 ZessÜ), 46 so scheitert die Überlegung, ob an Stelle der abbedungenen Vorschriften des ZessÜ die Vorschriften des FactÜ heranzuziehen sind, im ersten Fall bereits daran, dass das FactÜ keine den Art. 11 bis 14 ZessÜ entsprechenden Bestimmungen enthält. Im zweiten Fall scheitert eine Anwendung der den Schuldner betreffenden Vorschriften aus folgenden Gründen: erstens an der Bestimmung des Art. 6 Satz 2 ZessÜ und zweitens an dem zuvor erörterten, aus Art. 3 Abs. 2 FactÜ abgeleiteten Verbot der Teilanwendung des FactÜ.

E. Ergebnis Für das Verhältnis zwischen dem FactÜ und dem ZessÜ 47 ist als Ergebnis festzuhalten: Sind sowohl die Anwendungsvoraussetzungen des FactÜ als auch jene des ZessÜ erfüllt, so gebührt dem ZessÜ auf Grund Art. 38 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ der Vorrang. Gelangen im konkreten Fall für den Schuldner jene Bestimmungen, welche seine Rechte und Pflichten berühren, nicht zur Anwendung (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ), so sind die Rechte und die Pflichten des Schuldners nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht, nicht jedoch nach den Art. 8 bis 10 FactÜ zu beurteilen. 48 Eine Anwendung der Art. 8 bis 10 FactÜ neben den Bestimmungen des ZessÜ ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner und der Zedent die Art. 15

46

Ausführlich 2. Teil, 3. Kapitel, ILA. Das Verhältnis des ZessÜ zum EVÜ wird im Zusammenhang mit den kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ erörtert. 48 Dem kann m.E. auch nicht entgegengehalten werden, dass in diesem Fall gar kein Konflikt zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ vorliegt, zumal nur die Schuldnerschutzvorschriften des FactÜ gelten. Auf Grund Art. 3 Abs. 2 FactÜ ist jedenfalls im Verhältnis zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ von einer Gesamtbetrachtung auszugehen, d.h. die Frage zu stellen, ob das ZessÜ im Vergleich zum FactÜ insgesamt inhaltlich widersprechende Rechtsfolgen anordnet; dies ist, wie noch zu zeigen sein wird, nicht nur im Rahmen der den Schuldner betreffenden Vorschriften der Fall. 47

4. Kapitel:

Unterschiede

im Anwendungbereich

des ZessÜ und FactiJ

215

bis 18 ZessÜ sowie Art. 20 und 21 ZessÜ gemäß Art. 6 Satz 1 abbedingen (Art. 6 Satz 2 ZessÜ).

5. Kapitel

PECL und UNIDROIT-Principles über die Abtretung I.

Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich

Vor der Erörterung der Abtretungsvorschriften werden der sachliche und räumliche Anwendungsbereich der PECL und der UNIDROIT-Principles kurz dargestellt. 1 Gemäß Art. 1:101 Abs. 1 PECL sollen die Grundregeln „als allgemeine Regeln des Vertragsrechts in der Europäischen Union" angewendet werden. Die PECL streben innerhalb der Europäischen Union sowohl für Handelsverträge und Verbraucherverträge als auch für internationale und nationale Verträge eine Anwendung an. Hinsichtlich der UNIDROIT-Principles folgt aus dem ersten Erwägungsgrund der Präambel, dass die Grundregeln „allgemeine Regeln für internationale Handelsverträge" enthalten, wobei weder der Begriff „Handelsverträge" noch jener der „Internationalität" durch eine Legaldefinition präzisiert wird. Durch die Begrenzung auf Handelsverträge sollen Verbraucherverträge, durch das Erfordernis der Internationalität Handelsverträge ohne jeglichen Auslandsbezug vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Erfasst werden alle Vertragstypen, da keine Einschränkung auf bestimmte Handelsverträge vorgenommen wird. 2 Darüber hinaus beanspruchen die UNIDROIT-Principles weltweite Geltung. Ungeachtet des unterschiedlichen sachlichen und räumlichen Anwendungsbereiches stimmen die PECL und die UNIDROIT-Principles in vielen Fällen inhaltlich überein. Einige inhaltliche Abweichungen ergeben 1

Vgl. dazu etwa Berger, Formalisierte oder „schleichende" Kodifizierung 152 ff.; Boele-Woelki, IPRax 1997, 161 (162 f.); Boneil, The UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts and the Principles of European Contract Law: a Comparison, in: Cranston (Hrsg.), Making Commercial Law, Essays in Honour of Roy Goode (1997) 91 (96, 98 f.); Michaels, RabelsZ 1998, 580 (582 f.); Petz, UNIDROIT Prinzipien 65 f.; Boneil, UNIDROIT Principles 2004 - The New Edition of the Principles of International Commercial Contracts adopted by the International Institute for the Unification of Private Law, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2004, 5 (32 f.); Goode/Kronke/McKendrick/ Wool, Transnational Commercial Law 39 (40). 1 Basedow in FS Drobnig zum siebzigsten Geburtstag 19 (22) schließt dies aus dem Begriff „allgemeine" Regeln.

5. Kapitel: PECL und UNIDROIT-Principles

über die

Abtretung

217

sich durch die unterschiedliche Ausrichtung der Grundregeln, die jeweils aus dem sachlich-räumlichen Anwendungsbereich folgt. 3

II. PECL Die Vorschriften des Kapitels 11 (Art. 11:101 bis Art. 11:308) gelten für Abtretungen, die auf einer Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar beruhen, nicht jedoch für gesetzliche oder durch ein einseitiges Rechtsgeschäft bewirkte Abtretungen. Gegenstand der Abtretung können sowohl vertragliche als auch nichtvertragliche Ansprüche sein. Ein „Anspruch" ist gemäß Art. 11:101 Abs. 1 PECL das „Recht auf Erbringung einer Leistung". Aus dieser Definition folgt keine Einschränkung auf Geldforderungen, so dass die Vorschriften über die Abtretung der PECL auch die Abtretung eines Rechts auf Erbringung einer nicht in Geld bestehenden Leistung erfassen (z.B. Errichtung eines Gebäudes, Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung einer Ware 4 ). Für nicht auf einem Vertrag beruhende, jedoch übertragbare Ansprüche (z.B. eine Übertragung des Rechts auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung eines Vertrages oder des Rechts auf Rückgängigmachung einer ungerechtfertigten Bereicherung 5 ) gelten die Abtretungsvorschriften, sofern nicht etwas anderes bestimmt ist6 oder der Sachzusammenhang etwas anderes erfordert 7 (Art. 11:101 Abs 2 PECL). Durch die Abtretung werden alle Rechte des Zedenten auf Zahlung oder Erbringung einer anderen Leistung übertragen. Der Zessionar ist auf Grund der Abtretung neuer Inhaber des Rechts auf Erbringung der Leistung (Art. 11:201 Abs. 1 lit. a PECL). Der Begriff „Abtretung" erfasst sowohl eine vollständige Übertragung des Anspruchs als auch eine Übertragung zu

3 Nach den Ausführungen von Bonell, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2004, 5 (33 ff.), stimmen ungefähr zwei Drittel der in den PECL und UNIDROIT-Principles enthaltenen Vorschriften überein. Vgl. zu den inhaltlichen Abweichungen die Gegenüberstellung von Bonell/Peleggi, UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts and Principles of European Contract Law: a Synoptical Table, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2004, 315 ff. S. dazu auch Zimmermann, Die Unidroit-Grundregeln der internationalen Handelsverträge 2004 in vergleichender Perspektive, ZEuP 2005, 264 (268 f.). 4 Diese Beispiele sind Lando u.a., PECL III, 86 B. (ii) [= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 660 f. B. (ii)] entnommen. 5 Diese Beispiele werden in Lando u.a., PECL III, 86 f. B. (iv) [= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 660 f. B. (iv)] angeführt. 6 Vgl. Art. 11:102 PECL (Abtretung künftiger Ansprüche, die durch Verträge begründet werden), Art. 11:201 Abs. 2 PECL (Abgrenzung zur Vertragsübertragung), Art. 11:204 lit. b PECL (Zusicherungen des Zedenten). 7 Art. 11:301 PECL (vertragliches Abtretungsverbot).

218

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Sicherungszwecken und darüber hinaus die Begründung einer Sicherheit an einem übertragbaren Anspruch in anderer Art als durch Übertragung desselben (s. Art. 11:101 Abs. 4 und 5 PECL). Insgesamt äußern sich die PECL nicht zur Frage der Rechtsnatur der Abtretung, da alle „dogmatischen Konstruktionen" erfasst werden sollen. Die vertragliche Komponente einer Abtretung wird nur ausschnittweise geregelt, der Schwerpunkt der Abtretungsvorschriften liegt eindeutig auf der Übertragung des Anspruchs an den Zessionar. Abtretungen von Finanzierungsinstrumenten oder Anlagewertpapieren, deren Übertragung eine Registereintragung voraussetzt, sind ebenso vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen wie Übertragungen von übertragbaren Wertpapieren, anderen verbrieften Rechten und Traditionspapieren, da sie entweder bereits durch besondere Vorschriften geregelt sind oder deren Übertragung durch Übergabe und nicht durch Abtretung erfolgt (Art. 11:101 Abs. 3 PECL).

III. UNIDROIT-Principles Die UNIDROIT-Principles über die Abretung (Art. 9.1.1 bis Art. 9.1.15) 8 beziehen sich auf die rechtsgeschäftliche „Übertragung" von vertraglichen und außervertraglichen Rechten des Zedenten auf Zahlung einer Geldsumme oder Erbringung einer Leistung 9 . „Übertragung" bedeutet den Übergang des abgetretenen Rechts in das Vermögen des Zessionars, 10 wobei es für den Anwendungsbereich unerheblich ist, ob dieser Übergang vollständig oder lediglich zu Sicherungszwecken erfolgt. Die Begründung einer Sicherheit an Rechten des Zedenten, die keine Übertragung dieser Rechte zur Folge hat, stellt m.E. keine Abtretung i.S.d. Art. 9.1.1 UNIDROIT-Principles dar, da keine entsprechende „Gleichstellung" durch die UNIDROIT-Principles erfolgt. Bestehen besondere Vorschriften, so sind Übertragungen von Finanzierungsinstrumenten, Traditionspapieren und übertragbaren Wertpapieren aus den bereits genannten Gründen vom Anwendungsbereich ausgeschlossen; dieser Ausschluss bezieht sich jedoch nicht auf die Übertragung der 8

Für einen kurzen Überblick dieser Bestimmungen vgl. Brödermann, Die erweiterten UNIDROIT Principles 2004, RIW 2004, 721 (733). 9 Das Recht auf Erbringung einer Leistung stellt nur unter der Voraussetzung, dass die Abtretung die Verpflichtung nicht wesentlich belastender macht, ein abtretbares Recht dar (s. Art. 9.1.3 UNIDROIT-Principles). 10 Vgl. Art. 9.1.14 lit. a UNIDROIT-Principles: „The assignment of a right transfers to the assignee all the assignor's rights to payment or other Performance under the contract in respect of the right assigned."; Kommentar Nr. 3 zu Art. 9.1.1 UNIDROITPrinciples.

5. Kapitel: PECL und UNIDROIT-Principles

Uber die

Abtretung

219

zugrunde liegenden Forderung. Ausgenommen sind auch Übertragungen von Rechten im Zuge eines Unternehmensüberganges, es sei denn, es werden einzelne unternehmensbezogene Rechte abgetreten. 11

IV. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Der Gegenstand dieser Arbeit umfasst nicht den Vergleich der in die PECL und UNIDROIT-Principles aufgenommenen Abtretungsvorschriften. Ihre Erörterung im Rahmen dieser Arbeit erfolgt vor folgendem Hintergrund: Nach der Untersuchung der einzelnen Vorschriften des ZessÜ und des FactÜ sollen die entsprechenden Vorschriften der PECL und UNIDROITPrinciples jeweils kurz vorgestellt werden, um sodann zu überprüfen, ob die Verfasser der Grundregeln eine andere Lösung gefunden bzw. bevorzugt haben und für das ZessÜ oder FactÜ gegebenenfalls festgestellte Kritikpunkte in den PECL oder UNIDROIT-Principles vermieden worden sind, indem die PECL oder UNIDROIT-Principles für die konkrete Einzelfrage eine „bessere, sachgerechtere Lösung" anbieten als das ZessÜ oder FactÜ. Ein detaillierter Vergleich der Anwendungsbereiche erscheint vor diesem Hintergrund wenig sinnvoll, vielmehr soll überprüft werden, ob gemessen an den unterschiedlichen Anwendungsbereichen der Konventionen und der Grundregeln die PECL und UNIDROIT-Principles für den oben dargestellten Zweck herangezogen werden können. Dies soll zunächst für die UNIDROIT-Principles und sodann für die PECL überprüft werden. Vorweg kann sowohl für die PECL als auch die UNIDROIT-Principles festgehalten werden, dass sie die rechtsgeschäftliche Abtretung von Geldforderungen erfassen und damit eine Grundvoraussetzung für die „Vergleichbarkeit" gegeben ist, zumal sich das ZessÜ und FactÜ lediglich auf die vertragliche Abtretung von Geldforderungen beziehen. 12 Die UNIDROIT-Principles enthalten Vorschriften für internationale Handelsverträge. Die Internationalität ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des einzelnen Vertragstyps zu prüfen, 13 im konkreten Fall der rechtsgeschäftlichen Abtretung. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Zedent und Zessionar in unterschiedlichen Staaten niedergelassen sind. Fraglich ist, ob die Voraussetzung der Internationalität auch gegeben ist, wenn der grenzüberschreitende Charakter der Abtretung darin besteht, dass 11

Vgl. Kommentar Nr. 2 zu Art. 9.1.2 UNIDROIT-Principles. Jene Vorschriften der PECL und UNIDROIT-Principles, welche die Besonderheiten bei einer Abtretung von Nichtgeldforderungen regeln, bleiben somit im Folgenden außer Betracht. 13 Basedow in FS Drobnig zum siebzigsten Geburtstag 19 (23). 12

220

2. Teil: Anwendungsbereich

des ZessÜ und FactÜ

Schuldner und Zedent ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben. M.E. ist dies zu bejahen, denn aus dem Kommentar zur Präambel 14 folgt eindeutig, dass durch das Erfordernis der Internationalität nur jene Sachverhalte vom Anwendungsbereich der UNIDROIT-Principles ausgeschlossen sein sollen, die an sich kein internationales Element aufweisen. 15 Die UNIDROIT-Principles enthalten Grundregeln für Handelsverträge; Verbraucherverträge sind ausgeschlossen. Forderungsabtretungen an eine Person für ihre persönlichen Zwecke sind somit ausgenommen. Da derartige Abtretungen aber auch nicht vom ZessÜ und FactÜ erfasst werden, scheidet ein „Heranziehen" der UNIDROIT-Principles von Anfang an aus. Fraglich ist, ob die Abtretungsvorschriften der UNIDROIT-Principles nach der Absicht der Verfasser anzuwenden sind, wenn zwar der Abtretungsvertrag ein „Handelsvertrag" ist, der Grundvertrag jedoch ein Verbrauchervertrag. Obwohl der für die Anwendung der Abtretungsvorschriften entscheidende Vertrag ein Handelsvertrag ist, ist dies m.E. zu verneinen, da in solchen Fällen stets Verbraucherschutzvorschriften zugunsten des Schuldners zu beachten sind. Da sich die PECL sowohl auf internationale und innerstaatliche als auch auf Verbraucher- und Handelsverträge beziehen, erfassen sie all jene Fälle, die in den Anwendungsbereich des ZessÜ bzw. FactÜ fallen. Insoweit ist die „Vergleichbarkeit" gegeben. Offen bleibt, ob die geografische Beschränkung der PECL auf die Europäische Union einen Einwand darstellen könnte. M.E. ist dies zu verneinen. Zum einen sind die PECL ein unverbindliches Regelwerk, zum anderen haben sich die Verfasser bei ihrer rechtsvergleichenden Arbeit nicht auf die nationalen Rechte der Mitgliedstaaten beschränkt. 16

14

Kommentar Nr. 1 zur Präambel UNIDROIT-Principles. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Internationalität der abgetretenen Forderung eine Anwendungsvoraussetzung des FactÜ ist und ein internationaler Abtretungsvertrag allein nicht genügen würde. 16 Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln I und II, Einführung XXVIII. Als Beispiele werden der UCC und die Restatements zum Vertragsrecht und Bereicherungsrecht genannt. 15

3. Teil Wirksamkeit und Wirkungen der Forderungsabtretung

1. Kapitel

Wirksamkeit der Forderungsabtretung I.

Einleitung

Aus der Sicht eines Zessionars ist die mit dem Zedenten vereinbarte Forderungsabtretung „wirksam", wenn er nicht nur gegenüber seinem Vertragspartner, dem Zedenten, als neuer Inhaber der Forderung anzusehen ist, sondern sich mit seinem Zahlungsanspruch erfolgreich sowohl gegenüber dem Schuldner als auch gegenüber dritten Personen durchsetzen kann, beispielsweise anderen Zessionaren im Fall einer Mehrfachabtretung derselben Forderung, Gläubigern des Zedenten, die im Wege der Einzelexekution auf die Forderung greifen wollen, oder dem Insolvenzverwalter des Zedenten. Abgesehen von einzelnen allgemeinen Voraussetzungen, die für eine wirksame Abtretung an sich vorliegen müssen (z.B. Geschäftsfähigkeit, Vollmacht, Einigung), bestehen nach einigen Rechtsordnungen unterschiedliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar (d.h. inter partes), gegenüber dem Schuldner und/oder gegenüber dritten Personen. So ist zwar nach einigen Rechtsordnungen die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar einer Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner und dritten Personen gleichzusetzen, da diesbezüglich keine unterschiedlichen Voraussetzungen bestehen. Dies gilt grundsätzlich für das deutsche, das österreichische und das schweizerische Recht. Eine wirksame Verfügung des Zedenten über die Forderung bewirkt nicht nur im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar einen Forderungsübergang, sondern auch gegenüber dem Schuldner und dritten Personen. Mit anderen Worten: Für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner und dritten Personen bestehen keine zusätzlichen Voraussetzungen, so dass einer im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar wirksamen Verfügung über die Forderung (Abtretung) eine erga omnes Wirkung zukommt. 1

' Vgl. für das österreichische Recht Apathy in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 509 (513): „Eine bloß relative Abtretung, die nur im Innenverhältnis, nicht aber nach außen wirksam sein soll, widerspricht dem Wesen eines Verfügungsgeschäftes."

224

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Nach anderen Rechtsordnungen bestehen jedoch zusätzliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner und dritten Personen oder aber lediglich für die Wirksamkeit gegenüber Dritten. Die folgenden Beispiele sollen lediglich als Anschauung dafür dienen, wie unterschiedlich die in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen bestehenden Regelungen sind. Aus diesem Grund werden nur die Grundzüge der Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Zessionar, dem Schuldner und dritten Personen kurz dargestellt; Sonderbestimmungen oder unterschiedliche Ansichten in Judikatur und Lehre werden nicht erörtert. Die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dritten Personen wird im 6. Teil dieser Arbeit besprochen. Nach dem französischen Recht bilden das Grundgeschäft und die Abtretung ein einheitliches Rechtsgeschäft. Auf Grund des Konsensualprinzips wird die Forderung durch die Einigung des Zedenten und des Zessionars mit Wirksamkeit inter partes übertragen. Im Verhältnis zum Schuldner und gegenüber dritten Personen ist der Zessionar gemäß Art. 1690 Code Civil hingegen erst dann als neuer Forderungsinhaber anzusehen, wenn dem Schuldner die Abtretung durch eine vom Gerichtsvollzieher zuzustellende Abtretungsanzeige mitgeteilt wird („signification") oder die Abtretung vom Schuldner in einer öffentlichen Urkunde angenommen wird („acceptation"). Die bloße Kenntnis des Schuldners von der Abtretung ist für den Forderungsübergang gegenüber dem Schuldner und dritten Personen nicht ausreichend. Für die Sicherungsabtretung nach der „Loi Dailly" 1981 ist die Übergabe eines formpflichtigen Forderungsverzeichnisses an den Zessionar für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner und dritten Personen ausreichend; die Abtretung wird mit dem auf dem Verzeichnis angegebenen Datum wirksam. 2 Eine vergleichbare Regelung enthält das italienische Recht. Inter partes geht die Forderung mit Abschluss des Abtretungsvertrages, der eine Einheit mit dem Grundgeschäft bildet, über. Die Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner setzt nach Art. 1264 Codice Civile eine Anzeige über die Abtretung oder die Annahme der Abtretung durch den Schuldner voraus, jedoch kommt einer vor der Anzeige oder der Annahme an den Zedenten geleisteten Zahlung des Schuldners keine befreiende Leistung zu, sofern der Zessionar den Nachweis erbringt, dass der Schuldner im Zahlungszeitpunkt Kenntnis von der Abtretung hatte. Nach h.A. stellt daher die Anzeige oder Annahme keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung gegenüber dem Schuldner dar. Die Anzeige oder die Annahme soll lediglich den guten Glauben des Schuldners zunichte machen; die Abtretung selbst ist auch gegenüber dem Schuldner sofort (d.h. im Zeitpunkt der Abtretung) wirk2 Vgl. zum französischen Recht Stadler, Gestaltungsfreiheit 623; Blaise/Desgorces Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 245 (252 ff., 283 ff., 291).

in

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

225

sam. Für die Wirksamkeit gegenüber dritten Personen ist nach ü.A. die förmliche Zustellung einer Abtretungsanzeige durch einen Gerichtsvollzieher oder die mit einem sicheren Datum („data certa") versehene Annahme der Abtretung erforderlich. 3 Nach spanischem Recht ist der Forderungsübergang gegenüber dem Schuldner bereits mit der Einigung der Zessionsparteien im Grundgeschäft wirksam (Art. 1527 Código Civil). Die Anzeige an den Schuldner stellt keine Wirksamkeitsvoraussetzung dar, sie verhindert lediglich eine schuldbefreiende Leistung des Schuldners an den Zedenten. Nach Art. 1526 Código civil hat die Abtretung eine Wirkung gegenüber Dritten, wenn ihr Datum als gesichert gilt („fecha cierta"). Es ist umstritten, ob es sich dabei um eine reine Beweisvorschrift handelt (die Einigung der Zessionsparteien über die Abtretung würde erga omnes wirken) oder ob bei Fehlen eines sicheren Datums die Abtretung zwar wirksam ist, aber Dritten gegenüber nicht entgegengehalten werden kann. 4 Nach schwedischem Recht ist eine Mitteilung der Abtretung an den Schuldner keine Wirksamkeitsvoraussetzung im Verhältnis gegenüber dem Schuldner, jedoch Voraussetzung für die Wirksamkeit gegenüber dem Insolvenzverwalter oder Gläubigern des Zedenten (§31, 1. Stück Schuldbriefgesetz); die Anzeige an den Schuldner entscheidet auch im Fall einer Mehrfachzession derselben Forderung (§ 31, 2. Stück Schuldbriefgesetz). 5 Nach dem finnischen Recht wiederum erfolgt der Übergang der Forderung inter partes auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung. Gegenüber dem Schuldner und dritten Personen ist sie jedoch erst nach dem Vollzug eines entsprechenden Sicherungsakts wirksam. Dies ist bei einer „einfachen" Forderung die Anzeige an den Schuldner ( § 3 1 Gesetz über Schuldverschreibungen). 6 Nach dem englischen Recht geht die Forderung mit dem Zugang der Abtretungserklärung des Zedenten inter partes über. Als „legal assignment" nach Common Law wird die Abtretung jedoch erst wirksam, wenn sie dem Schuldner schriftlich mitgeteilt wird. Sowohl bei einem „legal assignment" als auch bei einer Abtretung nach Equity Law („equitable 3 Vgl. zum italienischen Recht Dolmetta/Portale in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 339 (347 ff. m.w.N.). A.A. zum italienischen Recht Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 442, wonach es der fast einhelligen Ansicht des italienischen Schrifttums entspreche, dass der Abtretungsvertrag allein nur einen Forderungsübergang zwischen dem Zedenten und dem Zessionar bewirke. 4 Vgl. zum spanischen Recht Reichmann in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 597 (604 ff.); Mangold, Abtretung 32 ff., 44, 50 ff. 5 Vgl. zum schwedischen Recht Hastad in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 567 (572, 575, 586). 6 Vgl. zum finnischen Recht Koskelo in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 213 (218 ff.).

226

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

assignment") begründet die Abtretungsanzeige die Verpflichtung des Schuldners, an den Zessionar zu zahlen. Im Fall einer Mehrfachabtretung gilt sowohl nach Common Law als auch nach Equity Law im Verhältnis zwischen den Zessionaren die Dearle v. Hall Rule: Derjenige Zessionar geht vor, der als erster dem Schuldner die Abtretung mitgeteilt hat, ohne jedoch von der anderen Abtretung zu wissen. Für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Insolvenzverwalter ist eine Abtretungsanzeige an den Schuldner nicht erforderlich, da die Forderungsabtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar wirksam ist. 7 Nach dem US-amerikanischen Recht erfolgt die Übertragung der Forderung im Zeitpunkt der Einigung von Zedent und Zessionar. Für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner ist eine Benachrichtigung des Schuldners nicht erforderlich. Dritten gegenüber ist der Übergang einer Forderung, deren Abtretung nach Art. 9 UCC zu beurteilen ist, von einer Eintragung in einem öffentlichen Register abhängig („financing Statement"). 8 Die Vorschriften des ZessÜ und des FactÜ, welche die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung regeln, sind vor diesem Hintergrund zu sehen, weshalb im Zuge der Erörterung dieser Bestimmungen eine differenzierte Betrachtung der Wirksamkeit einer Abtretung unter Bezugnahme auf die einzelnen Rechtsverhältnisse erforderlich ist.

II. Wirksamkeit einer Abtretung nach Art. 8 ZessÜ A. Einleitung Das ZessÜ regelt die Wirksamkeit von Abtretungen im Kapitel III des ZessÜ. 9 Der Regelungsgegenstand des Art. 8 ZessÜ umfasst die materiellrechtliche Wirksamkeit von Abtretungen und bezieht sich somit auf die Wirksamkeit der Übertragung eines Anspruchs auf Zahlung vom Zedenten auf den Zessionar, d.h. die Wirksamkeit des Überganges der Forderungs7 Vgl. zum englischen Recht Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (10 f. m.w.N.); Treitel, Law of Contract", 680 f. 8 Vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit 626 f., 641; Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 450 f.; Buxbaum/Crawford/Singhof in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 791 (806, 825 f.). 9 Das dritte Kapitel des ZessÜ umfasst lediglich drei Vorschriften. Unter der Überschrift „Wirkungen einer Abtretung" werden die Wirksamkeit der Abtretung (Art. 8 ZessÜ), die Wirksamkeit einer gegen eine vertragliche Abtretungsbeschränkung erfolgten Abtretung (Art. 9 ZessÜ) sowie die Übertragung von Sicherungsrechten (Art. 10 ZessÜ) geregelt.

1. Kapitel:

Wirksamkeit

der

Forderungsabtretung

227

Zuständigkeit, des Wechsels der Inhaberschaft an der Forderung. 10 Die Vorschrift des Art. 8 ZessÜ verwendet den Begriff „Wirksamkeit" („effectiveness") und nicht den Begriff „Gültigkeit" („validity"), da nach Ansicht der Verfasser der Begriff „Wirksamkeit" den durch die Abtretung bewirkten Übergang eines Vermögensrechts besser zum Ausdruck bringt als der Begriff „Gültigkeit". 11 Die Vorschrift des Art. 8 Abs. 1 ZessÜ bezieht sich auf eine Abtretung mehrerer Forderungen, zukünftiger Forderungen, von Teilen von Forderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen, Art. 8 Abs. 2 ZessÜ enthält eine Sonderbestimmung für die Abtretung zukünftiger Forderungen und Art. 8 Abs. 3 ZessÜ betrifft das Verhältnis des ZessÜ zu anderen gesetzlichen Abtretungsbeschränkungen.

B. Wirksamkeit nach Art. 8 Abs. 1 ZessÜ 1.

Ausschluss

bestimmter

Unwirksamkeitsgründe

Lässt noch die Überschrift zu Art. 8 ZessÜ („Wirksamkeit von Abtretungen") vermuten, dass durch diese Bestimmung die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterfällt, umfassend geregelt wird, so folgt sogleich aus dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 ZessÜ, dass lediglich ein - allerdings wesentlicher - Aspekt der Forderungsabtretung erfasst werden soll: Abtretungen mehrerer Forderungen, zukünftiger Forderungen, von Teilen von Forderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen sind nicht allein aus dem Grund unwirksam, weil es sich um eine der genannten Arten von Forderungsabtretungen handelt. 12 Voraussetzung für die (Zulässigkeit und) materiellrechtliche 13 Wirksamkeit 14 derartiger Abtretungen ist, dass die abgetretenen Forderungen in einem festgelegten Zeitpunkt bestimmt oder zumindest bestimmbar sind. 15 Die negative Formulierung („An assignment is not ineffective ... provided 10 Vgl. nur Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (267): „... assignment as a transfer of property rights in receivables." oder Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25: „... assignment ... as a transfer of property . . . " 11 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 94. 12 Neben Art. 8 ZessÜ regelt Art. 9 ZessÜ Fragen der Wirksamkeit bezogen auf eine entgegen einer Abtretungsbeschränkung oder einem Abtretungsverbot vorgenommenen Forderungsabtretung. 13 Zur Form vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, U.E. 14 Zur Wirksamkeit der Forderungsabtretung in Bezug auf die einzelnen Rechtsverhältnisse, d.h. inter partes, gegenüber dem Schuldner und gegenüber Dritten vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.C. 15 Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (304); Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (285 Fn 78): „The only condition ...".

228

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

that the receivables are described: ...") ist erst während der letzten UNCITRAL-Sitzung in Art. 8 Abs. 1 ZessÜ eingefügt worden, um die Annahme zu verhindern, dass auch Abtretungen zukünftiger Forderungen, für welche ein gesetzliches Abtretungsverbot besteht (z.B. Forderungen aus Pensionen), wirksam sind, sofern die Forderungen bestimmbar sind. 16 Bestehen nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht weitere „abtretungsspezifische" Voraussetzungen für die Wirksamkeit derartiger Forderungsabtretungen, beispielsweise eine Anzeige der Abtretung an den Schuldner 17 oder eine Eintragung der abgetretenen Forderung in ein Register, so werden diese Voraussetzungen im Anwendungsbereich des ZessÜ von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ verdrängt.18 Dies gilt für alle vom ZessÜ erfassten Abtretungen, unabhängig davon, ob es dabei nach österreichischem Verständnis um eine Vollzession, eine Sicherungszession oder einer Forderungsverpfändung handelt. 19 Art. 8 ZessÜ regelt die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung jedoch nicht umfassend. Fragen der Stellvertretung oder der Geschäftsfähigkeit der Parteien, der Vollmacht, des Irrtums oder einer Drohung oder Arglist werden vom ZessÜ nicht geregelt 20 und sind grundsätzlich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 21 Bereits die Zulässigkeit und somit auch die Wirksamkeit einer Globalabtretung oder einer Abtretung zukünftiger Forderungen werden von einzelnen nationalen Rechtsordnungen abgelehnt. 22 Für Forderungsabtretun16

Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 166. Zur Abtretungsanzeige in diesem Zusammenhang vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.D.; 3. Teil, 1. Kapitel, U.E. 18 Vgl. nur Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 35; Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (190 f.). 19 Die Qualifikation der konkreten Forderungsabtretung als Vollzession, Zession zu Sicherungszwecken oder Forderungsverpfändung erfolgt nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht; vgl. nur Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 28 und Art. 5 lit. g ZessÜ. 20 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 82; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 35. 21 Die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen einer gegen ein vertragliches Abtretungsverbot verstoßenden Forderungsabtretung regelt Art. 9 ZessÜ. 22 S. Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (738 Fn 64, 739 Fn 66). Nach französischem Recht ist die Abtretung zukünftiger Forderungen nur für geschäftliche Forderungen an Kreditinstitute zulässig (Abtretungen nach der „Loi Dailly"). Vgl. zum französischen Recht Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt: Zum Einfluß der Warenverkehrsfreiheit auf das nationale und internationale Sachenrecht der Mitgliedstaaten (1996) 94 f.; Stadler, Gestaltungsfreiheit 628 f. Nach dem neuen niederländischen Zivilgesetzbuch ist zwar die Sicherungsabtretung verboten, allerdings die Verpfändung von Forderungen („stilles Pfandrecht") zugelassen. Zukünftige Forderungen können jedoch nur „still" verpfändet werden, wenn zum Zeitpunkt der Verpfändung die Forderung oder das ihr zugrunde liegende Rechtsverhältnis bereits besteht (Art. 3:239 Abs. 1 17

/ . Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

229

gen, die in den Anwendungsbereich des ZessÜ fallen, werden die diesbezüglichen Vorschriften der Vertragsstaaten durch Art. 8 Abs. 1 ZessÜ verdrängt. Die in Art. 8 Abs. 1 ZessÜ angeführten Arten von Abtretungen sind ein wesentlicher Bestandteil moderner Finanzierungspraktiken, wie Factoring, Securitisation-Transaktionen, bei Anleihekonsortien oder Gemeinschaftsdarlehen. Dabei stellen vor allem Globalabtretungen zukünftiger Forderungen eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung der genannten Finanzierungsgeschäfte dar. Art. 8 ZessÜ beseitigt diesbezüglich bestehende nationale „Hindernisse", weshalb diese Vorschrift zu den bedeutsamsten Bestimmungen des ZessÜ zu zählen ist. 23 2.

Von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erfasste

Abtretungen

Art. 8 Abs. 1 ZessÜ zählt ausdrücklich Abtretungen von mehr als einer Forderung (Globalabtretungen), Abtretungen zukünftiger Forderungen, Abtretungen von ungeteilten Rechten an Forderungen sowie von Teilforderungen auf. Abtretungen einzelner Forderungen sind durch diese Aufzählung keineswegs vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen, jedoch hatten die Verfasser als einen der Hauptanwendungsfälle des Art. 8 ZessÜ die Globalabtretung mehrerer Forderungen von geringem Wert, beispielsweise im Bereich des Factoring, vor Augen. 2 4 Wie bereits erwähnt, sind insbesondere Globalabtretungen zukünftiger Forderungen häufiger Bestandteil moderner grenzüberschreitender Finanzierungstransaktionen. Im Folgenden werden die Begriffe zukünftige Forderungen, Teilforderungen und Abtretung von ungeteilten Rechten an Forderungen kurz erörtert. Nach der Legaldefinition des ZessÜ sind „zukünftige Forderungen" solche, die nach dem Abschluss des Abtretungsvertrages entstehen, „bestehende Forderungen" hingegen solche, die bei oder vor dem Abschluss des Abtretungsvertrages begründet werden (Art. 5 lit. b ZessÜ). Die Unterscheidung richtet sich somit allein nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages, nicht jedoch beispielsweise nach der Fälligkeit der Forderung. D.h. im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages zwar schon existierende, aber eben noch nicht fällige Forderungen, sind NBW). Vgl. Kieninger, Mobiliarsicherheiten 99 f.; Reehuis in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 469 (472, 484, 488). Allgemein zur Abtretbarkeit zukünftiger Forderungen Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 80 ff.; zur Abtretbarkeit zukünftiger Forderungen in den europäischen Rechtsordnungen s. Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I 412 ff. 23 So Kuhn, S ZW/RS DA 3/2002, 129 (133); s. auch Stall, Kollisionsrechtliche Aspekte des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Abtretungen im internationalen Handel, in: Coester u.a. (Hrsg.), Privatrecht und Europa, Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004) 695, (697), nach dessen Ansicht Art. 8 ZessÜ „fortschrittlich und sehr zu begrüßen" sei. 24 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 88.

230

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

nach dem ZessÜ als bestehende Forderungen zu bewerten. Wesentlich ist, ob der Grundvertrag, mit welchem die Forderung entsteht, zumindest zeitgleich mit dem Abtretungsvertrag abgeschlossen wird (Abtretung einer bestehenden Forderung) oder nach Abschluss des Abtretungsvertrages (Abtretung einer zukünftigen Forderung). Wann der Grundvertrag und der Abtretungsvertrag als abgeschlossen anzusehen sind, regelt das ZessÜ nicht; dies ist nach dem auf den Grundvertrag bzw. Abtretungsvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 25 Eine notwendige Voraussetzung für eine Teilabtretung ist die Teilbarkeit von Forderungen. 2 6 Da eine Forderung i.S.d. ZessÜ nur vorliegt, sofern damit ein Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages verbunden ist (Abtretungen von Sachleistungsansprüchen oder Gestaltungsrechten werden vom Anwendungsbereich des ZessÜ nicht erfasst), stellt die grundsätzliche Teilbarkeit von Forderungen an sich kein Problem dar. Der Schuldner selbst wird bei einer teilweisen Abtretung von Forderungen durch Art. 17 Abs. 6 ZessÜ geschützt. Der Vorschlag, den Unterschied zwischen der Abtretung einer Forderung und der Abtretung von ungeteilten Rechten an Forderungen im ZessÜ zu definieren, ist bedauerlicherweise abgelehnt worden. Nach Ansicht der UNCITRAL-Kommission kann bei einer Abtretung von ungeteilten Rechten an Forderungen jeder Zessionar den gesamten Anspruch geltend machen, und die Zahlung an einen Zessionar befreit den Schuldner im Ausmaß des bezahlten ungeteilten Anspruchs (s. dazu Art. 17 Abs. 6 ZessÜ). 27 3.

Bestimmtheitserfordernis

Die Wirksamkeit der in Art. 8 Abs. 1 ZessÜ genannten Abtretungen ist zum Schutz des Zedenten 28 - der Schutz des Schuldners wird durch Art. 17

25

Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 59. Zur Abtretbarkeit von Teilforderungen in den europäischen Rechtsordnungen s. Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I 411; eine ausdrückliche Vorschrift über die Zulässigkeit einer teilweisen Abtretung der Forderungen enthalten z.B. der portugiesische Cödigo Civil (Art. 577 Abs. 1) sowie das griechische Zivilgesetzbuch (Art. 456 Abs. 2); vgl. Caeiro/Maia in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 541 (553); Hamouzopoulos in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 311 (321); allgemein Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 72 ff. 27 Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 167. Als Anwendungsgebiet werden Securitization und Anleihekonsortien erwähnt. S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 89. Vgl. dazu jedoch die Empfehlung der American Bar Association, Section of International Law and Practice, Report to the House of Delegates von Februar 2001, 7: „The Convention expressly permits assignments of undivided interests in receivables, e.g., an assignment of a percentage interest in a pool of receivables." 28 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 87. 26

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

231

ZessÜ gewährleistet - an die Voraussetzung geknüpft, dass die abgetretenen Forderungen bestimmt bzw. bestimmbar sind. Die Bestimmbarkeit der Forderungen zum festgelegten Zeitpunkt ist die einzige („abtretungsspezifische") materiellrechtliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der genannten Abtretungen. 29 Das Bestimmtheitserfordernis nach Art. 8 Abs. 1 ZessÜ gilt für die Abtretung sämtlicher Forderungen, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen; es ist, wie bereits erwähnt, erfüllt, sofern die abgetretenen Forderungen bestimmt oder bestimmbar sind. Forderungen sind bestimmt, sofern sie einzeln als Forderungen, auf welche sich die Abtretung bezieht, „beschrieben" werden (Art. 8 Abs. 1 lit. a ZessÜ). Werden sie hingegen auf eine andere Weise „beschrieben", so müssen bestehende Forderungen zum Zeitpunkt der Abtretung als Forderungen, auf die sich die Abtretung bezieht, bestimmbar sein. Bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen, d.h. von Forderungen, die erst nach dem Abschluss des Abtretungsvertrages entstehen, ist der maßgebliche Zeitpunkt für ihre Bestimmbarkeit der Zeitpunkt des Abschlusses des Grund Vertrages; dies ist der Zeitpunkt, in dem die Forderungen entstehen (Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ). Mit anderen Worten: Bei der Entstehung der Forderung muss diese als abgetretene Forderung dem Abtretungsvertrag zuordenbar sein. Durch die Verwendung des Begriffes „beschrieben" („described") werden geringere Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis gestellt als dies bei der Verwendung des Begriffes „spezifiziert" („specified") der Fall gewesen wäre. 30 Das Erfordernis der Bestimmbarkeit ist vor allem bei Globalabtretungen zukünftiger Forderungen von praktischer Relevanz. Um diesem Erfordernis gerecht zu werden, genügen allgemeine Beschreibungen, wobei eine Benennung des Schuldners oder des Betrages allerdings nicht erforderlich ist, um die Voraussetzung der Bestimmbarkeit zu erfüllen. In der Regel wird es genügen, wenn der Entstehungsgrund der abgetretenen Forderungen bekannt ist.31

29 Ebenso Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (304); Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (285 Fn 78). Zu den einzelnen Rechtsverhältnissen, d.h. der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung inter partes, gegenüber dem Schuldner und gegenüber Dritten vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.C. 30 I.d.S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 90. 31 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 90, in dem als Beispiel folgende Beschreibung als dem Bestimmtheitserfordernis entsprechend angeführt wird: „all my receivables from my car business".

232

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

C. Von Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erfasste Rechtsverhältnisse Das ZessÜ differenziert einerseits zwischen der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung im Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner und andererseits der Wirksamkeit gegenüber Dritten (d.h. konkurrierenden Berechtigten i.S.d. Art. 5 lit. m ZessÜ). 32 Ob eine Forderungsabtretung Dritten gegenüber wirksam ist, stellt nach dem Konzept des ZessÜ eine Frage des Vorranges (der Priorität) des Rechts an der abgetretenen Forderung dar und ist gemäß der kollisionsrechtlichen Vorschrift des Art. 22 ZessÜ grundsätzlich nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 33 Mit anderen Worten: Das ZessÜ enthält keine sachrechtliche Vorschrift über die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten. Dem Konzept des ZessÜ entsprechend, beschränkt sich der Regelungsgegenstand des Art. 8 ZessÜ somit grundsätzlich auf die Wirksamkeit von Forderungsabtretungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner. Dennoch bestimmt Art. 8 Abs. 1 ZessÜ, dass eine Abtretung auch gegenüber einem konkurrierenden Berechtigten nicht unwirksam ist und dem Anspruch eines Zessionars nicht deshalb der Vorrang verweigert werden darf, weil es sich um eine der genannten Forderungsabtretungen handelt, sofern die abgetretenen Forderungen zumindest bestimmbar sind. Diese „Diskrepanz" wird vor folgendem Hintergrund verständlich: Zielsetzung des Art. 8 ZessÜ ist die Vereinheitlichung (der Zulässigkeit und) der Wirksamkeit von Globalabtretungen, Teilabtretungen, Abtretungen zukünftiger Forderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen für den Anwendungsbereich des ZessÜ. Dies ist, wie bereits erwähnt, von Bedeutung, zumal einzelne Rechtsordnungen die Zulässigkeit und die Wirksamkeit derartiger Forderungsabtretungen an sich oder bei bloßer Bestimmbarkeit der Forderungen nicht anerkennen. Grundsätzlich sollen jedoch die nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (s. Art. 22 ZessÜ) bestehenden Vorschriften über den Vorrang und somit die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten durch Art. 8 ZessÜ nicht verdrängt werden. 34 Allerdings soll durch die gewählte Formulierung des Art. 8 Abs. 1 ZessÜ verhindert werden, dass durch die Anwendung dieser - gemäß Art. 22 ZessÜ festgestellten - nationalen Vorschriften über den Vorrang die Wirksamkeit von Abtretungen im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem 32 33 34

S. Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (272). Vgl. ausführlich 6. Teil, 2. Kapitel, II. S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 88.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

233

Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner nach Art. 8 ZessÜ nicht anerkannt und versagt wird, indem eventuell bestehende nationale Beschränkungen für die genannten Forderungsabtretungen zur Anwendung gelangen. 35 Dies ist von Relevanz, da die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten ist. Ist die Forderungsabtretung bereits im Verhältnis Zedent - Zessionar unwirksam, so stellt sich nach dem Konzept des ZessÜ, welches klar zwischen den Beziehungsverhältnissen unterscheidet, die Frage des Vorranges des Zessionars am Recht der abgetretenen Forderung nicht. Dennoch sollen durch Art. 8 ZessÜ nicht die nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (Art. 22 ZessÜ) erforderlichen Voraussetzungen für die Drittwirksamkeit verdrängt werden. Denn nach Art. 5 lit. g ZessÜ beurteilen sich die Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vorranges gegenüber einem konkurrierenden Berechtigten nach dem gemäß Art. 22 ZessÜ zu bestimmenden Recht. Um dieses Wechselspiel klar zum Ausdruck zu bringen, bestimmt Art. 8 Abs. 1 ZessÜ, dass eine Abtretung gegenüber einem konkurrierenden Anspruchsberechtigten nicht (lediglich) deshalb unwirksam ist und dem Recht eines Zessionars der Vorrang nicht (bloß) aus dem Grund versagt werden kann, 36 weil das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende nationale Recht die Zulässigkeit einer Globalabtretung, eine Abtretung zukünftiger Forderungen, von Teilabtretungen oder der Abtretung von ungeteilten Rechten an Forderungen nicht anerkennt. Derartige Abtretungen sind auch gegenüber dem Dritten (und nicht nur im Verhältnis Zedent - Zessionar und gegenüber dem Schuldner) grundsätzlich als wirksam anzusehen, sofern dem Bestimmtheitsgebot entsprochen wird. 37 Verlangt das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende Recht jedoch für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten die Verständigung des Schuldners oder eine Registrierung der Forderung, so bleiben diese Voraussetzungen aufrecht, 38 denn Art. 8 ZessÜ verdrängt sie lediglich im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner. M.E. ist die Differenzierung zwischen der Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem Schuldner einerseits sowie gegenüber Dritten (als Frage des Ranges des Rechts an einer abgetretenen Forderungen) andererseits in der Fassung

35

Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 132. „An assignment is not ineffective ... as against a competing claimant, and the right of an assignee may not be denied priority, on the ground that ...". 37 A.A. Lukas, Anwendungsbereich aus österreichischer Sicht, Wirkungen der Abtretung, in: Bazinas/Lukas (Hrsg.), Das UN-Abtretungsübereinkommen (2005) 23 (30). 38 S. Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (190 f.); Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 35. 36

234

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

des letzten Entwurfes des ZessÜ weitaus besser zum Ausdruck gekommen, wo diese Frage in zwei unterschiedlichen Absätzen geregelt worden ist. 39 Die Beibehaltung von zwei Absätzen bzw. eine Regelung in zwei Sätzen wäre m.E. dem Verständnis jener Anwender des Übereinkommens entgegengekommen, nach deren „Heimatrechtsordnung" eine Abtretung entweder „allen" oder „niemandem" gegenüber wirksam ist. 40 Ob der Schuldner durch die Zahlung an den Zessionar von seiner Schuld befreit wird, bestimmt sich nicht nach Art. 8 ZessÜ, sondern folgt aus Art. 17 ZessÜ („Befreiung des Schuldners durch Zahlung"); ob allerdings der Zessionar, welcher die Zahlung erhalten hat, den Betrag auch behalten kann oder ihn an einen anderen Zessionar derselben Forderung, an einen Gläubiger des Zedenten oder an den Insolvenzverwalter des Zedenten herausgeben muss, ist schlussendlich eine Frage des Art. 22 ZessÜ und somit des im konkreten Fall anwendbaren nationalen Rechts. Art. 8 ZessÜ bewirkt nicht, dass der Anspruch des Zessionars nur deshalb einem Anspruch des Insolvenzverwalters vorgeht, weil die Forderungsabtretung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden hat, selbst wenn die Forderung erst nach dem Beginn des Verfahrens entstanden ist. Auch wenn ein Zedent dieselbe Forderung mehrmals abtritt, hat Art. 8 ZessÜ nicht zur Folge, dass alle nachfolgenden Abtretungen unwirksam wären. 41 Daraus folgt klar, dass der Problemkreis der Mehrfachabtretung nach dem Konzept des ZessÜ keine Frage der Wirksamkeit einer Abtretung, sondern eine Frage des Vorrangs ist.

39

Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Art. 9 Abs. 1: „An assignment of one or more existing or future receivables and parts of or undivided interests in receivables is effective as between the assignor and the assignee, as well as against the debtor, ..." sowie Art. 9 Abs. 4: „An assignment of receivable is not ineffective against, and the right of an assignee may not be denied priority with respect to the right of, a competing claimant, solely because law other than this Convention does not generally recognize an assignment described in paragraph 1 of this article." Zu der dieser Fassung vorangehenden Diskussion s. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 88; Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 132 bis 134; zur sprachlichen Änderung und Zusammenfassung in einem Absatz s. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 166. Am klarsten wäre m.E. die im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 88 vorgeschlagene Formulierung gewesen: „The effectiveness of an assignment of the receivables ... as against third parties other than the debtor is governed by the law applicable under article 24 [nun Art. 22, Anm. der Verfasserin], However, such an assignment is not ineffective as against such third parties on the sole ground that the law of the assignor's location does not recognize its effectiveness." 40 41

Vgl. dazu auch 3. Teil, 1. Kapitel, V. So ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489,

Rn. 85.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

235

D. Art. 8 Abs. 1 ZessÜ und Abtretungsanzeige an den Schuldner Ob der Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner eine materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung darstellt, 42 bedarf einer gesonderten Erörterung für die Beziehung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, für das Rechtsverhältnis gegenüber dem Schuldner und gegenüber konkurrierenden Berechtigten. Nach Art. 8 Abs. 1 ZessÜ ist (die „abtretungsspezifische") Voraussetzung für die Wirksamkeit der genannten Abtretungen die Bestimmbarkeit der Forderungen, auf welche sich die Abtretung bezieht. Der Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner ist für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar 43 und gegenüber dem Schuldner 44 nicht erforderlich. 45 Für das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar folgt darüber hinaus aus Art. 14 Abs. 1 ZessÜ, dass im Verhältnis zum Zedenten der Anspruch des Zessionars auf Zahlung - mangels gegenteiliger Parteienvereinbarung - unabhängig davon ist, ob eine Anzeige der Abtretung an den Schuldner versandt worden ist. 46 In Bezug auf die Abtretungsanzeige als Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung gegenüber dem Schuldner ergibt eine ganzheitliche, systematische Betrachtung des ZessÜ, dass eine Abtretungsanzeige keine materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt. Der Empfang der Abtretungsanzeige durch den Schuldner dient vielmehr als Schnittstelle dafür, wem gegenüber der Schuldner seine Leistung mit schuldbefreiender Wirkung erbringen kann 42 Eine Zustimmung des Schuldners ist keinesfalls erforderlich. Vgl. Horn in FS Wiegand 373 (378), der betont, dass für die Forderungübertragung „keine Beteiligung des Forderungsschuldners" erforderlich ist. 43 Davon abweichend ist beispielsweise nach dem niederländischen Recht die Anzeige der Abtretung an den Schuldner bereits Voraussetzung für eine wirksame Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Vgl. Joustra, Proprietary Aspects of Voluntary Assignment in Dutch Private International Law, IPRax 1999, 280 (281). 44 Bereits im Dokument Vorläufiger Entwurf, UN Doc. A/CN.9/412, Rn. 42 f., hebt das Sekretariat hervor, dass bei internationalen Forderungsabtretungen weder eine Anzeige an den Schuldner noch dessen Zustimmung zu einer Abtretung sinnvoll erscheinen. Vgl. insofern auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung 146. 45 S. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 35. 46 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 127: „Article 16 [nun Art. 14, Anm. der Verfasserin] is intended to state explicitly what is already implicit in articles 2 and 9 [nun Art. 8, Anm. der Verfasserin], namely, that, as between the assignor and the assignee, the assignee has a proprietary right in the assigned receivable and in any proceeds arising from the receivables." Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (285): „An assignment made by agreement between the assignor and the assignee is effective."

236

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

(vgl. Art. 17 ZessÜ) bzw. ob und welche Einreden er dem Zessionar entgegenhalten kann (vgl. Art. 18, 20 ZessÜ). 4 7 Indem nach dem ZessÜ die Abtretungsanzeige keine materiellrechtliche Voraussetzung 48 für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem Schuldner darstellt, weicht das ZessÜ von der entsprechenden Regelung einzelner europäischer Rechtsordnungen ab. 49 In diesem Zusammenhang ist hervor47

Ebenso Brink, Uncitral Konvention 13, nach welchem die Anzeige lediglich geboten ist, um sicherzustellen, dass die Zahlung an den Zessionar erfolge; Lukas, ÖBA 2000, 501 (508); Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (305), indem sie betont, dass die Notifikation des Drittschuldners nur [Hervorhebung durch die Verfasserin] über dessen Rechte gegenüber dem alten und dem neuen Gläubiger entscheide, nicht jedoch die prinzipielle Wirksamkeit der Abtretung berühre. Durch die von ihnen gewählte Formulierung lassen Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (55) und Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (738) diese Frage m.E. zumindest offen. Die hier vertretene Ansicht entspricht m.E. auch der Absicht der Verfasser des ZessÜ; vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.98, Art. 18 Rn. 1: „... notification is structured as the basis for a defence of the debtor and not as a condition for the effectiveness of the assignment, which would unnecessarily formalize the assignment." S. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489/Add.l, Rn. 6 (im Zusammenhang mit der schuldbefreienden Zahlung des Schuldners vor und nach dem Empfang einer Abtretungsanzeige): „In view of the fact that the assignment is effective as of the time of the conclusion of the contract of assignment, the debtor, having knowledge of the assignment, may choose to discharge its debts by paying the assignee even before notification." Daraus folgt m.E. eindeutig, dass bei Forderungsabtretungen, die nach dem ZessÜ zu beurteilen sind, der Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner darstellt. 48

Zur Abtretungsanzeige als Formerfordernis vgl. 3. Teil, 1.Kapitel, II.E.2. Nach dem französischen Recht (Art. 1690 Code Civil) ist die Zession gegenüber dem Schuldner erst wirksam, wenn diesem die Abtretung durch eine vom Gerichtsvollzieher zuzustellende Abtretungsanzeige mitgeteilt wird („signification") oder die Abtretung vom Schuldner in einer öffentlichen Urkunde angenommen wird („acceptation"). Die bloße Kenntnis des Schuldners von der Abtretung ist dafür nicht ausreichend. Für die Sicherungsabtretung nach der „Loi Dailly" 1981 ist die Übergabe eines formpflichtigen Forderungsverzeichnisses an den Zessionar für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner ausreichend; die Abtretung wird mit dem auf dem Verzeichnis angegebenen Datum wirksam. Vgl. zum französischen Recht Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (5); Kieninger, Mobiliarsicherheiten 94; Stadler, Gestaltungsfreiheit 623 f.; Blaise/Desgorces in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 245 (252 ff.). Nach italienischem Recht (Art. 1264 Codice Civile) setzt die Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner eine Anzeige über die Abtretung oder die Annahme der Abtretung durch den Schuldner voraus, jedoch kommt einer vor der Anzeige oder der Annahme an den Zedenten geleisteten Zahlung des Schuldners keine befreiende Wirkung zu, sofern der Zessionar den Nachweis erbringt, dass der Schuldner im Zahlungszeitpunkt Kenntnis von der Abtretung hatte. Nach h.A. stellt daher die Anzeige oder Annahme keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung gegenüber dem Schuldner dar. Die Anzeige oder die Annahme soll lediglich den guten Glauben des Schuldners zunichte machen; die Ab49

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

237

zuheben, dass die Regelung des ZessÜ in Bezug auf die Funktion der Abtretungsanzeige gemäß Art. 2 lit. a ZessÜ nicht nur bei einer „Vollzession", sondern auch bei einer Sicherungszession oder einer Forderungsverpfändung zu beachten ist. Aus der Sicht des Zessionars ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, ob der Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dritten Personen (konkurrierenden Berechtigten) erforderlich ist. Dies ist nach dem ZessÜ eine Frage der Priorität und daher wiederum gemäß Art. 22 ZessÜ nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Ist daher nach dem Niederlassungsrecht des Zedenten eine „Vollzession", eine Sicherungszession oder eine Forderungsverpfändung konkurrierenden Berechtigten gegenüber nur wirksam, sofern dem Schuldner eine Abtretungsanzeige zugeht, so ist es für den Zessionar von Bedeutung, dass die Forderungsabtretung dem Schuldner unverzüglich mitgeteilt wird. Dieses, dem ZessÜ zugrunde liegende Konzept kann im Ergebnis dazu führen, dass nach dem ZessÜ eine Abtretung bei fehlender Abtretungsanzeige zwar inter partes und dem Schuldner gegenüber, nicht jedoch Dritten gegenüber wirksam ist, sofern das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende Recht für die Drittwirksamkeit (Priorität) der Abtretung den Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner vorsieht. In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen: Wie bereits erwähnt, enthält das ZessÜ lediglich eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Bestimmung der Drittwirksamkeit einer Abtretung (des Vorranges an der abgetretenen Forderung), da kein Konsens hinsichtlich einer sachrechtlichen Vorschrift erzielt werden konnte. Der Anhang zum ZessÜ enthält jedoch verschiedene Modelle für die Lösung dieser Frage. 50 Nach Abtretung selbst ist auch gegenüber dem Schuldner sofort (d.h. im Zeitpunkt der Abtretung) wirksam. Vgl. zum italienischen Recht Dolmetta/Portale in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 339 (347 ff.). Nach dem niederländischen Recht ist die Anzeige der Abtretung an den Schuldner bereits Voraussetzung für eine wirksame Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Vgl. Joustra, IPRax 1999, 280 (281). Nach dem finnischen Recht ist der Vollzug eines entsprechenden Sicherungsakts für die Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner erforderlich. Dies ist bei einer „einfachen" Forderung die Anzeige an den Schuldner ( § 3 1 Gesetz über Schuldverschreibungen). Vgl. zum finnischen Recht Koskelo in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 213 (218 ff.). Nach englischem Recht ist sowohl nach Common Law („legal assignment") als auch bei einer Abtretung nach Equity-Recht („equitable assignment") für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner der Zugang einer Abtretungsanzeige erforderlich. In beiden Fällen begründet die Abtretungsanzeige die Verpflichtung des Schuldners, an den Zessionar zu zahlen. Vgl. zum englischen Recht Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (8 f. m.w.N.); Treitel, Law of Contract 11 , 680 f. 50 Vgl. 6. Teil, 4. Kapitel IV.

238

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

schnitt IV des Anhanges zum ZessÜ können die Vertragsstaaten für die Abtretungsanzeige an den Schuldner als maßgebendes Kriterium für die Entscheidung der Vorrangfrage optieren. 51

E. Formerfordernisse 1.

Die

Problemstellung

Die Qualifikation einer nationalen Norm als Formvorschrift ist oft mit Schwierigkeiten verbunden, denn die Unterscheidung, ob eine Vorschrift materielles Recht (Inhalt, materiellrechtliches Wirksamkeitserfordernis) oder eine Formvorschrift darstellt, fällt nicht immer leicht. 52 Das ZessÜ äußert sich nicht zur Qualifikation. Formfragen erschöpfen sich nicht in der Beurteilung, ob ein Rechtsgeschäft formfrei oder formpflichtig ist, sondern bedürfen auch der Klärung, welche Form einem eventuellen Formgebot entspricht. Bei Bestehen einer Formpflicht kommen bei Abtretungen als Formerfordernis beispielsweise die Schriftform des Abtretungsvertrages, ein Notariatsakt, eine Registrierung der Forderung, Stempelgebühren, aber auch die Benachrichtigung des Schuldners über die Abtretung 53 in Betracht. 54 Auch bei der Erörterung der Formfrage gilt es zu beachten, dass das ZessÜ nicht nur die Übertragung des Forderungsrechts (vollständig oder zu Sicherungszwecken), sondern auch die Begründung von Rechten an Forderungen als Sicherheit für Schulden oder eine andere Verbindlichkeit als Übertragung einer Forderung, d.h. als Abtretung, behandelt (Art. 2 lit. a ZessÜ), weshalb grundsätzlich auch rechtsgeschäftliche Forderungsverpfändungen vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasst werden. Überlegungen darüber, ob das ZessÜ auch Formfragen im Zusammenhang mit der Abtretung regeln soll, 55 haben in den einzelnen Entwürfen in unterschiedlicher Ausgestaltung Niederschlag gefunden und sind ausführ51

Vgl. 6. Teil, 4. Kapitel, IV.C. Statt vieler vgl. Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechts (1975) 286; Neuhaus, Grundbegriffe IPR 2 , 142 ff.; Martiny in Reithmann/Martiny6 Rz. 330. 53 Die Abtretungsanzeige als Formerfordernis wird separat erörtert; vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.E.2. 54 Z.B. muss nach dem englischen Recht bei einem „legal assignment" die Abtretungserklärung des Zedenten in Schriftform erfolgen; vgl. Treitel, Law of Contract", 678 f.; ebenso bedarf nach dem schweizerischen Recht die Erklärung des Zedenten einer Schriftform; vgl. Girsberger in HonsellWogtAViegand, Obligationenrecht I3 Art. 165 Rn. 2. 55 Zum Für und Wider eines Schriftformerfordernisses im Rahmen internationaler Forderungsabtretungen vgl. Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 88 f. 52

1. Kapitel: Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

239

lieh diskutiert worden. 56 Im Folgenden wird die Formfrage ausschließlich vor dem Hintergrund des verabschiedeten Übereinkommenstextes erörtert. Das ZessÜ enthält keine sachrechtliche Vorschrift betreffend die Form, jedoch zwei kollisionsrechtliche Vorschriften. 57 Aus dem Fehlen einer sachrechtlichen Vorschrift über die Form einer Abtretung kann m.E. nicht der Schluss gezogen werden, dass Abtretungen stets formfei wirksam sind, 58 somit das ZessÜ den Grundsatz der Formfreiheit von Abtretungen festlegt, vielmehr ist für die Beurteilung dieser Frage die erste kollisionsrechtliche Vorschrift (Art. 27 ZessÜ) 59 heranzuziehen, die eine Verweisungsnorm für die Form des Abtretungsvertrages zwischen dem Zedenten und dem Zessionar darstellt. 60 Für die Formgültigkeit des Abtretungsvertrages differenziert Art. 27 ZessÜ danach, ob sich der Zedent und der Zessionar im gleichen Staat (Abs. 1) oder in verschiedenen Staaten befinden (Abs. 2), und folgt dem Prinzip in favorem negotii. 61 Die Vorschrift des Art. 27 ZessÜ entspricht inhaltlich Art. 9 EVÜ und Art. 11 des Haager Übereinkommens über das auf internationale Warenkaufverträge anwendbare Recht (1986). Gibt ein Vertragsstaat, für den das EVÜ gilt, eine op-

56 Zu den Entwürfen samt Diskussion vgl. beispielsweise Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 82 bis 86; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 102 bis 106 oder Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 204 bis 210; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 86 bis 91; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 101 bis 103; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 81 f.; Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 125 bis 129; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 83; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 18 und 34; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 162. 57 Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (284). Nach Lukas in UNAbtretungsübereinkommen 23 (31), wird die Formfragen im ZessÜ nicht entschieden. Dies trifft zu, sofern man ausschließlich auf eine sachrechtliche Vorschrift abstellt; das ZessÜ enthält jedoch zumindest zwei „Entscheidungshilfen", nämlich Art. 27 und Art. 22 i.V.m. Art. 5 lit. g ZessÜ. 58 So jedoch Danielewsky/Lehmann, WM 2003, 221 (224); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 90, 95, für das Verhältnis der Zessionsparteien und gegenüber dem Schuldner. Zutreffend ist, dass die Verfasser Formvorschriften für die Abtretung im Verhältnis Zedent - Zessionar und gegenüber dem Schuldner für entbehrlich erachtet haben. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 33 f. 59 Eingefügt durch die Kommission; vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 163 f. 60 Ebenso Horn in FS Wiegand 373 (378), nach dessen Ansicht eine externe Lücke vorliegt, die von dem nach IPR berufenen nationalen Recht auszufüllen ist. Die Formfrage stellt nur insoweit einen nicht vom Übereinkommen geregelten Gegenstand dar, als man Sachvorschriften in Betracht zieht. 61 Vgl. 7. Teil, 2. Kapitel, II.

240

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

ting out Erklärung 62 nach Art. 39 ZessÜ ab, was zur Folge hat, dass die Art. 26 bis 32 ZessÜ für ihn nicht gelten, so ist Art. 9 EVÜ für die Bestimmung des anwendbaren Rechts heranzuziehen. Die zweite kollisionsrechtliche Vorschrift betrifft die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten (Art. 22 ZessÜ). Sofern für die Drittwirksamkeit der Abtretung und somit für den Vorrang des Anspruchs gegenüber konkurrierenden Anspruchsberechtigten (zwischen Zessionaren derselben Forderung und gegenüber dem Zessionar und den Gläubigern des Zedenten oder dem Insolvenzverwalter) die Einhaltung von Formerfordernissen bei der Abtretung erforderlich ist, ist die Form nach dem für den Vorrang maßgebenden Recht zu beurteilen. Um dies klarzustellen, ist die Legaldefinition des Begriffes „Vorrang" in Art. 5 lit. g ZessÜ entsprechend ergänzt worden. 63 Der Begriff Vorrang umfasst nun auch die Feststellung, ob allfällig notwendige Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vorranges erfüllt sind. 64 Zu den „allfälligen notwendigen Voraussetzungen" für die Wirksamkeit dieses Rechts zählen nicht nur materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen, sondern auch allenfalls bestehende Formerfordernisse. Nach Art. 22 ZessÜ ist das Recht jenes Staates maßgebend, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 2.

Abtretungsanzeige

als

Formerfordernis

Stellt nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren unvereinheitlichten Recht die Abtretungsanzeige ein gesetzliches Formerfordernis 6 5 für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem Schuldner dar, 66 so könnte der Schluss gezogen werden, dass im Ergebnis die Wirksamkeit einer Forderungsabtre-

62 Horn in FS Wiegand 373 (378 Fn 10) könnte insofern missverstanden werden als er meint, dass Art. 27 ZessÜ für jene Staaten beachtlich ist, die das besondere Kollisionsrecht der Konvention (Art. 26 bis 32 ZessÜ) „übernehmen" [Hervorhebung der Verfasserin|. 63 Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 162. 64 Art. 5 lit. g ZessÜ: „Priority means the right of a person in reference to the right of another person and, to the extent relevant for such purpose, ... whether any requirements necessary to render the right effective against a competing claimant have been satisfied." 65 Kein Formerfordernis, sondern eine materiellrechtliche Voraussetzung stellen beispielsweise die „signification" nach dem französischen Recht, die „signification" nach dem belgischen Recht oder die „notificazione" nach dem italienischen Recht dar. A.A. für die Sicherungszession Koziol, Probleme der Sicherungszession im grenzüberschreitenden Verkehr Deutschland - Österreich, DZWiR 1993, 353 (356). Vgl. von Hoffmann in Soergel12 Art. 33 EGBGB Rz. 10; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 48 ff. jeweils m.w.N. Vgl. allgemein Spellenberg in MünchKomm BGB 4 Art. 11 EGBGB Rn. 27. 66 Vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.D.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

241

tung in den genannten Rechtsverhältnissen dennoch von einer Abtretungsanzeige abhängig ist. 67 M.E. wäre dieser Schluss unrichtig. Im Anwendungsbereich des ZessÜ ist die Abtretungsanzeige m.E. keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung in den genannten Rechtsverhältnissen, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei der Anzeige nach dem auf die Abtretung außerhalb des ZessÜ anwendbaren (unvereinheitlichten) Recht um eine materiellrechtliche oder eine die Form betreffende Wirksamkeitsvorschrift handelt. 68 Insoweit ist die Regelung des ZessÜ abschließend und lässt einen Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht nicht zu. Eine gegenteilige Ansicht würde der durch das ZessÜ für die Forderungsabtretung bezweckten Rechtsvereinheitlichung zuwiderlaufen, zumal die Abtretungsanzeige von Fall zu Fall eine unterschiedliche Gewichtung erfahren würde. Gegen die hier vertretene Ansicht können auch Schuldnerschutzgründe nicht vorgebracht werden, denn Art. 17 ZessÜ - und damit die Bedeutung der Abtretungsanzeige für die schuldbefreiende Leistung des Schuldners bleibt für den Schuldner weiterhin maßgebend. Bazinas69 und Sigman/Smith10 vertreten die Ansicht, sofern nach nationalen Vorschriften eine Abtretungsanzeige als Formerfordernis für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar erforderlich sei, würde dieses Formerfordernis durch Art. 14 Abs. 1 ZessÜ außer Kraft gesetzt. Bazinas71 beruft sich auch im Zusammenhang mit der materiellrechtlichen Wirksamkeit auf die Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 ZessÜ: Die Abtretungsanzeige stellt keine materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung dar. Die genannten Autoren äußern sich jedoch nicht ausdrücklich zur entsprechenden Frage in Bezug auf die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner. Gilt jedoch Art. 14 Abs. 1 ZessÜ unabhängig davon, wie im konkreten Fall die Abtretungsanzeige nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu qualifizieren ist, so muss dies konsequenterweise auch für die „Funktion" der Abtretungsanzeige in Bezug auf den Schuldner gelten. Demnach stellt diese lediglich eine Schnittstelle dafür da, an wen der Schuldner schuldbefreiend leisten kann (Art. 17 ZessÜ) bzw. ob und welche Einreden er dem Zessionar entgegenhalten kann (Art. 18, 20 ZessÜ).

67

S. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 33. A.A. Stoll in FS Sonnenberger 695 (705), wonach nationale Vorschriften, die für den wirksamen Übergang der Forderung auf den Zessionar die Benachrichtigung verlangen, zu beachten sind. 69 Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (284). 70 Bus. Law. 2002, 727 (740). 71 Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (285). 68

242

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Allerdings bedarf diese Feststellung - jedenfalls aus der Sicht des Zessionars - im Ergebnis einer erheblichen Relativierung, da die getroffene Feststellung nur für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner gilt. Denn ob für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten eine Abtretungsanzeige als gesetzliches Formerfordernis zu beachten ist, entscheidet wiederum das Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (vgl. Art. 5 lit. g i.V.m. Art. 22 ZessÜ).

F. Abtretung zukünftiger Forderungen Art. 8 Abs. 2 ZessÜ enthält eine Sonderbestimmung für die Abtretung einzelner oder mehrerer zukünftiger Forderungen. Voraussetzung für die (Zulässigkeit und) materiellrechtliche Wirksamkeit einer Abtretung zukünftiger Forderungen ist, dass diese Forderungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages bestimmbar sind als Forderungen, auf welche sich die Abtretung bezieht (Art. 8 Abs. 1 ZessÜ). Anknüpfend an diese Bestimmung normiert Art. 8 Abs. 2 ZessÜ, dass die Abtretung einer oder mehrerer zukünftiger Forderungen wirksam ist, ohne dass es für die Abtretung jeder Forderung einer erneuten Übertragungshandlung 72 bedarf, es sei denn, es wurde anderes vereinbart. Die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 ZessÜ wirft Fragen auf. Die Einleitung „unless otherwise agreed" kann sich m.E. nur auf die Parteien des Abtretungsvertrages beziehen. Art. 8 Abs. 2 ZessÜ ist somit nur mangels abweichender Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar zu beachten. Auf den ersten Blick unverständlich erscheint jedoch vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 1 ZessÜ die Bestimmung, dass es für die Abtretung jeder (zukünfigen) Forderung keiner neuerlichen Übertragungshandlung bedürfe, 73 was logischerweise voraussetzt, dass eine Übertragungshandlung bereits stattgefunden hat. Demgegenüber stellt Art. 8 Abs. 1 ZessÜ auch für zukünftige Forderungen lediglich auf die Bestimmbarkeit der Forderungen ab. Allerdings scheint mit dem Begriff „Übertragungshandlung" die durch Vereinbarung erfolgte Abtretung gemeint zu sein (s. die Definition in Art. 2 lit. a ZessÜ). Diese Annahme wird durch die Materialien bestätigt: Durch die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 ZessÜ soll lediglich sichergestellt werden, dass ein Hauptvertrag, mit welchem der Zedent und 72

Sinnvollerweise kann es sich dabei nur um den Zeitpunkt des Entstehens oder nach dem Entstehen der Forderungen handeln. I.d.S. auch Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, III (739). 73 Vgl. Art. 8 Abs. 2 ZessÜ: „... is effective without a new act of transfer being required to assign each receivable."

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

243

der Zessionar die Abtretung mehrerer zukünftiger Forderungen vereinbaren, ausreichend ist, um die Forderungen an den Zessionar 74 zu übertragen. 75 Dass dies der einzige Regelungszweck des Art. 8 Abs. 2 ZessÜ ist, kommt auch in anderen Dokumenten zum Ausdruck. 76 Zu Art. 8 Abs. 2 ZessÜ bleibt zu vermerken, dass sich der von den Verfassern beabsichtigte Inhalt und Zweck einer Vorschrift dem Anwender des ZessÜ sogleich (d.h. ohne Zuhilfenahme der Materialien) zweifelsfrei aus dem Text erschließen sollte.

G. Gesetzliche Abtretungsbeschränkungen Vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasste Abtretungen mehrerer Forderungen, zukünftiger Forderungen, von Teilen von Forderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen, die bestimmt (Art. 8 Abs. 1 lit. a ZessÜ) oder bestimmbar (Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ) sind, sind grundsätzlich als wirksame Forderungsabtretungen zu bewerten, selbst wenn das jeweils anwendbare nationale Recht deren Zulässigkeit und Wirksamkeit an sich nicht anerkennt. Darüber hinaus verfolgt Art. 8 Abs. 1 ZessÜ jedoch nicht den Zweck, andere, in nationalen Vorschriften enthaltene gesetzliche Abtretungsbeschränkungen zu verdrängen, die zum Schutz des Zedenten oder des Schuldners bestehen. Aus diesem Grund bestimmt Art. 8 Abs. 3 ZessÜ, dass gesetzliche Beschränkungen der Abtretbarkeit vom Übereinkommen unberührt bleiben, sofern Art. 8 Abs. 1, Art. 9 und Art. 10 Abs. 2 und 3 ZessÜ 77 nichts Gegenteiliges bestimmen. 78 Als nationale Abtretungsbe-

74 Aus Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 95 folgt, dass es zu einem Direkterwerb durch den Zessionar kommt. Vgl. dazu auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 93. 75 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 135: „It was noted, that paragraph 2 was ... intended to deal ... only with the validity of master agreements covering a multiplicity of present and future receivables." [Hervorhebung durch die Verfasserin] sowie Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 93: „With a view to expediting the lending process and reducing transaction costs, paragraph 2, in effect, provides that a master agreement is sufficient to transfer rights in a pool of future receivables." 76 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/434, Rn. 122; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/445, Rn. 210; Sekretariatskommentar, UN Doc. PJCN.9iWG.il/WP.105, Rn. 77; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 95. 77 Art. 9 ZessÜ regelt vertragliche Abtretungsbeschränkungen, Art. 10 ZessÜ die Übertragung von Sicherungsrechten. Zu Art. 9 und dessen Verhältnis zu Art. 8 Abs. 3 ZessÜ vgl. 3. Teil, 2. Kapitel, II.B.; zu Art. 10 ZessÜ vgl. 3. Teil, 3. Kapitel, II.

244

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

schränkungen kommen insbesondere Beschränkungen oder Verbote für Abtretungen und Verpfändungen (s. Art. 2 lit. a Satz 2 ZessÜ) von Gehalts- oder Pensionsforderungen, von Verbraucherforderungen oder hoheitlichen Forderungen in Betracht. 79 Aus österreichischer Sicht ist beispielsweise an Mietzinsforderungen aus Bestandsverträgen (§ 42 Abs. 2 MRG) und Forderungen, die gemäß §§ 290 EO unpfändbar sind (§ 293 Abs. 2 EO), zu denken. Auch Bestimmtheitserfordernisse, die über Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ hinausgehen, sind als gesetzliche Abtretungsbeschränkungen zu bewerten. Solche Beschränkungen haben jedoch außer Betracht zu bleiben, da Art. 8 Abs. 1 lit. a und lit. b ZessÜ das Bestimmtheitserfordernis für die abgetretenen Forderungen abschließend regeln. Dies folgt bereits aus dem Verhältnis zwischen internationalem Einheitsrecht und unvereinheitlichtem nationalem Recht und ergibt sich zudem ausdrücklich aus Art. 8 Abs. 3 ZessÜ, der vorbehaltlich des Art. 8 Abs. 1 ZessÜ gilt.

III. Wirksamkeit einer Abtretung nach dem FactÜ A. Einleitung und Abgrenzungen Die Wirksamkeit eines Forderungsüberganges im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor regelt das FactÜ nur hinsichtlich einzelner Fragen, somit punktuell, in Art. 5 und 6 FactÜ. Art. 5 lit. a FactÜ regelt die Wirksamkeit von Globalzessionen, Art. 5 lit. b FactÜ den Übergang zukünftiger Forderungen und Art. 6 FactÜ betrifft die Wirksamkeit einer abredewidrig vorgenommenen Forderungsabtretung. Weitere Fragen betreffend die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor sind wiederum nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen (z.B. Geschäftsfähigkeit, Irrtum, Form 80 oder Vollmacht). Gegenüber dem Schuldner regelt das FactÜ die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung ausdrücklich nur hinsichtlich der Frage, ob eine Forde78 Die Bestimmung des Art. 8 Abs. 3 ZessÜ ist auf Anregung des Sekretariats zur Förderung der Rechtssicherheit in das Übereinkommen aufgenommen worden. Vgl. Sekretariatskommentar, VN Doc. A/CN.9/470, Rn. 85. 79 Die Beispiele sind dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 95, entnommen. 80 Ausdrücklich UNIDROIT1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 33 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 LI, 69 Rn. 33, ohne jedoch eine Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Rechtsverhältnisse vorzunehmen.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

245

rung trotz eines vom Schuldner mit dem Lieferanten vereinbarten Abtretungsverbotes mit Wirkung für den Schuldner an den Factor abgetreten werden kann (Art. 6 FactÜ). Über die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber Dritten enthält das FactÜ weder materiellrechtliche noch kollisionsrechtliche Vorschriften. Die Frage, ob dem Zahlungsanspruch des Factors Vorrang gegenüber dem Zahlungsanspruch dritter Personen zukommt, ist im Übereinkommen nicht geregelt. Dies ist daher nach jenem nationalen Recht zu beurteilen, das nach den Regeln des IPR im konkreten Fall für die Drittwirksamkeit (Priorität) anzuwenden ist.81 Die Regelung, nach der Art. 5 FactÜ nur im Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages gilt, 82 kann im Einzelfall dazu führen, dass die Forderung in den von Art. 5 FactÜ geregelten Fällen zwar bereits im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor auf den Factor übergegangen ist, nicht jedoch mit Wirkung für den Schuldner oder den Dritten nach dem für die Beurteilung der Wirksamkeit des Forderungsüberganges jeweils anwendbaren nationalen Recht. Wie bereits erwähnt, regelt das FactÜ weder das Verhältnis zwischen dem Factoringvertrag und der Abtretung, noch die Frage, ob die Abtretung bereits im Factoringvertrag oder durch ein zusätzliches eigenes Rechtsgeschäft erfolgen kann oder soll. Über die Wirksamkeit des Factoringvertrages enthält das FactÜ - im Unterschied zur Frage der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung - nicht einmal eine punktuelle Regelung. 83 Die Wirksamkeit des Factoringvertrages ist somit grundsätzlich nach dem auf den Factoringvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 84 81 UN1DROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 18 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 55 Rn. 18: „... the Group decided that it would regrettably have to leave the whole problem of priorities between the factor and third parties to be decided in accordance with whatever might be the applicable national law." Ähnlich UN1DROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 10 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 88 Rn. 10 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 93 Rn. 10. 82 Zur relativen Wirkung des Art. 5 FactÜ s. 3. Teil, 1. Kapitel, III.B.l. 83 UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 15 und 30 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 53 Rn. 15 und 65, Rn. 30; UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 14. 84 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 182 f., 197, gelten die Art. 5 und 6 FactÜ auch für den Factoringvertrag, da als allgemeiner Grundsatz (Art. 4 Abs. 2 FactÜ) des FactÜ angenommen werden könne, dass aus diesen Gründen kein Factoringgeschäft scheitern soll. Dem ist für Art. 5 FactÜ im Grunde zuzustimmen: Art. 5 FactÜ geht davon aus, dass die Abtretung bereits im Factoringvertrag erfolgt, und bezieht sich auf die Abtretung als den vermögensrechtlichen Übergang einer Forderung. Bilden der Factoringvertrag und die Abtretung nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht ein einheitliches Rechtsgeschäft, so „schlägt" m.E. Art. 5 FactÜ auch auf den Factoringvertrag „durch", anderenfalls wird das der Abtretung zugrunde liegende Rechtsgeschäft wohl kaum an den in Art. 5 FactÜ genannten Gründen scheitern. Inwiefern das in einer Ver-

246

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

B. Regelungsgegenstand des Art. 5 FactÜ 1.

Von Art. 5 FactÜ

erfasstes

Rechtsverhältnis

S o g l e i c h aus d e m E i n l e i t u n g s s a t z d e s Art. 5 F a c t Ü ergibt sich e i n d e u t i g , dass d i e B e s t i m m u n g e n über d i e W i r k s a m k e i t einer G l o b a l z e s s i o n (Art. 5 lit. a F a c t Ü ) und den Ü b e r g a n g z u k ü n f t i g e r F o r d e r u n g e n (Art. 5 lit. b F a c t Ü ) l e d i g l i c h i m Verhältnis z w i s c h e n den Parteien d e s Factoringvertrages („the parties to the factoring contract") 8 5 g e l t e n . D i e B e s c h r ä n k u n g d e s G e l t u n g s b e r e i c h e s des Art. 5 F a c t Ü auf das Verhältnis z w i s c h e n d e m L i e feranten und d e m Factor ist vor f o l g e n d e m Hintergrund zu sehen: D i e Verfasser d e s F a c t Ü k o n n t e n sich, w i e bereits erwähnt, auf k e i n e Prioritätsreg e l n für den Fall einer m e h r f a c h e n Abtretung d e r s e l b e n Forderung an m e h rere Z e s s i o n a r e e i n i g e n . 8 6 W ü r d e Art. 5 F a c t Ü nicht nur i m Verhältnis z w i s c h e n d e m Lieferanten und d e m Factor g e l t e n , sondern s e i n e W i r k u n g auch Dritten g e g e n ü b e r entfalten, s o hätte d i e s in der S a c h e e i n e Prioritätsr e g e l u n g bedeutet, b e z ü g l i c h derer aber g e r a d e k e i n K o n s e n s erzielt w e r den konnte. D i e T a t s a c h e , dass Art. 5 F a c t Ü g e g e n ü b e r d e m S c h u l d n e r und sonstig e n Dritten, w i e b e i s p i e l s w e i s e g e g e n ü b e r den G l ä u b i g e r n oder d e m K o n kursverwalter d e s Lieferanten, 8 7 nicht gilt, schmälert den Wert d e s Art. 5

einbarung zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten getroffene Abtretungsverbot eine Unwirksamkeit des Factoringvertrages zur Folge haben könnte, bleibt jedoch unklar. 85 Von der ursprünglichen Fassung „between the supplier and the factor" sind die Verfasser abgegangen, um Unklarheiten über den Anwendungsbereich des Art. 5 FactÜ zu vermeiden, da in einzelnen Rechtsordnungen der Begriff Lieferant auch den Konkursverwalter des Lieferanten umfasst. Art. 5 FactÜ hingegen gilt ausschließlich inter partes. S. UNIDROIT 1979, Study LVIIl - Doc. 8, Article 3 für die ursprüngliche sowie UNIDROIT 1985, Study LVIIl - Doc. 20, Rn. 31 für die geänderte Fassung. 86 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIIl - Doc. 32, Rn. 14; UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C1/S.R. 16, 263 (Diskussionsbeitrag Goode)\ UNIDROIT 1987, Study LVIIl - Doc. 31, 6 (Anmerkung der Regierung USA); UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 263 (Diskussionsbeitrag Reisman). Vgl. auch Goode in FS Sauveplanne 91 (101). 87 UNIDROIT 1987, Study LVIIl - Doc. 33, Rn. 29 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 95 Rn. 29 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 115 Rn. 29. A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 181, nach welchem für Dritte auf Seiten einer der Parteien des Factoringvertrages Art. 5 FactÜ ebenso gelten müsse wie für die Parteien selbst; demnach soll Art. 5 FactÜ auch für die Gläubiger des Factors, die Gläubiger des Lieferanten und etwa den Konkursverwalter des Lieferanten gelten, da anderenfalls die Inhaberschaft an der Forderung zu unübersichtlich wäre. Gegen die Einbeziehung der Gläubiger und des Konkursverwalters des Lieferanten in den Begriff „Parteien des Factoringvertrages" spricht jedoch (m.E.) die Absicht der Verfasser, gegen die Einbeziehung der Gläubiger des Factors nicht nur diese, sondern auch die Tatsache, dass in den Materialen der Begriff „third parties" - soweit ersichtlich - durchgehend nur für dritte Personen auf

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

247

FactÜ erheblich. Auf Grund der relativen Wirkung des Art. 5 FactÜ für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar kann es zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Fragen der Wirksamkeit einer Globalzession kommen: Für den Lieferanten und den Factor gilt Art. 5 FactÜ, 88 für die anderen Beteiligten das nach dem IPR maßgebliche nationale Recht. Mit anderen Worten: Der Factor muss das auf die Abtretung anwendbare nationale Recht ermitteln, um feststellen zu können, unter welchen Voraussetzungen er die Abtretung bestehender und zukünftiger Forderungen gegenüber dem Schuldner und/oder Dritten durchsetzen kann. 89 Entspricht Art. 5 FactÜ diesbezüglich dem jeweils anwendbaren nationalen Recht, so hat die lediglich relative Wirkung des Art. 5 FactÜ keine „negativen Folgen". Sieht das nationale Recht jedoch weitergehende Voraussetzungen für die Bestimmbarkeit von Forderungen vor (z.B. dass sie einzeln beschrieben sein müssen), so ist die Globalzession dem Schuldner und dritten Personen gegenüber nur unter Beachtung dieser Voraussetzungen wirksam. Bei Nichteinhaltung der nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht bestehenden Voraussetzungen verbleibt dem Factor nur ein Anspruch auf eine neuerliche Einzelabtretung der betreffenden Forderungen, der jedoch ins Leere geht, wenn diese bereits anderweitig abgetreten worden sind oder der Lieferant in Konkurs gefallen ist. 90 Die Bedeutung des Art. 5 FactÜ liegt somit lediglich darin, Globalzessionen mit Wirkung zwischen dem Lieferanten und dem Factor auch gegen restriktiveres nationales Recht zu ermöglichen. 91 Dennoch ist m.E. der durch Art. 5 lit. a FactÜ für das Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor bewirkte Effekt der Vereinheitlichung nicht zu vernachlässigen, zumal nicht nur die Zulässigkeit und die Wirksamkeit von Globalzessionen in diesem Verhältnis einheitlich geregelt wird, sondern auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmtheit der abgetretenen Forderungen.

Seiten des Lieferanten verwendet wird. Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (608), spricht sich allgemein gegen die Geltung des Art. 5 FactÜ gegenüber Dritten aus. 88 Für die von Art. 5 (und Art. 6) FactÜ nicht erfassten Fragen gilt auch im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor das jeweils anwendbare nationale Recht. 89 Ebenso Weller, RIW 1999, 161 (165); Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 29. 90 Basedow, ZEuP 1997, 615 (632); Weller, RIW 1999, 161 (165). Den Anspruch auf eine nochmalige Abtretung bejaht auch Hausmann in Staudingern Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 29. 91 Ebenso Basedow, ZEuP 1997, 615 (632).

248

3. Teil: Wirksamkeit

2.

Abtretung mehrerer

a)

Einleitung

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Forderungen

Globalzessionen bestehender und zukünftiger Forderungen sind typisch für das internationale Factoringgeschäft. Wie bereits im Rahmen des Art. 8 ZessÜ gezeigt, versagen einige Rechtsordnungen insbesondere Globalzessionen zukünftiger Forderungen die Zulässigkeit oder knüpfen die Wirksamkeit derartiger Abtretungen an besondere zusätzliche Voraussetzungen, die im Ergebnis Globalabtretungen zukünftiger Forderungen unmöglich machen. Dies erschwert das internationale Factoringgeschäft und behindert seine Entwicklung und Einsetzbarkeit im internationalen Handel. Die Vorschrift des Art. 5 lit. a FactÜ bezieht sich auf die (Zulässigkeit und) Wirksamkeit der Abtretung und nicht auf jene des Factoringvertrages. 92 Hervorzuheben ist, dass die Bestimmung des Art. 5 lit. a FactÜ davon ausgeht, dass die Abtretung der Forderungen im Factoringvertrag selbst 93 erfolgt. 94 Um das internationale Factoring zu erleichtern, normiert Art. 5 lit. a FactÜ, dass die Abtretung bestehender oder zukünftiger Forderungen nicht deshalb unwirksam ist, weil die Forderungen nicht im Einzelnen bezeichnet werden, sofern sie nur zu einem festgelegten Zeitpunkt bestimmbar sind. Aus der negativen Formulierung - „die Abtretung ist nicht deshalb unwirksam" - folgt, dass Art. 5 lit. a FactÜ nur den Ausschluss einer bestimmten Unwirksamkeitsfolge, 9 5 jedoch keine abschließende Re-

92 Dies folgt eindeutig aus den Materialien. Vgl. z.B. UNIDROIT 1983, Study LVIII Doc. 16, Rn. 16 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 55 Rn. 16 oder UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 15. 93 Für den sachlichen Anwendungsbereich des FactÜ ist es grundsätzlich unerheblich, ob die konkrete Forderungsabtretung „auf Grund" des Factoringvertrages zu einem späteren Zeitpunkt oder aber bereits im Factoringvertrag selbst erfolgt. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 FactÜ (Definition des Begriffes „Factoringvertrag") erfasst beide Möglichkeiten. 94 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 28 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 95 Rn. 28 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 113 Rn. 28. S. die authentische englische „a provision in the factoring contract for the assignment" [Hervorhebung durch die Verfasserin] und französische Fassung „une clause du contrat d'affacturage prevoyant la cession". 95 Die negative Formulierung „shall not be rendered invalid by the fact that" findet sich erstmals im Entwurf von 1987 (UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Annex III, Article 4), um eben dies klar zu stellen. Vgl. auch UNIDROIT 1987, Study LVIII Doc. 32, Rn. 14: „... that the purpose of this provision had been to remove the difficulty which might exist in some legal systems arising out of a failure to identify the receivables and thus invalidate the factoring contract, rather than to establish a general rule on validity independent of the other grounds of invalidity recognised by the applicable national law." Ebenso Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (608); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 169; Brink in MünchKomm HGB Art. 5 FactÜ Rn. 14.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

249

gelung der Wirksamkeit des Forderungsüberganges bei einer Globalzession enthält. b)

Bestimmbarkeit von Forderungen

Nach Art. 5 lit. a FactÜ soll die Wirksamkeit einer Globalzession bestehender oder zukünftiger Forderungen nicht an der in manchen Rechtsordnungen vorgesehenen Voraussetzung der individuellen Bezeichnung der Forderungen im Factoringvertrag scheitern. Eine Globalzession, die dem Anwendungsbereich des FactÜ unterliegt, ist daher nach Art. 5 lit. a FactÜ wirksam, wenn die abgetretenen Forderungen „dem Factoringvertrag zugeordnet werden können" 96 bzw. wenn sie „bestimmbar" 97 sind. Die sprachliche Abweichung in den authentischen Fassungen (d.h. englisch und französisch) stellt keine inhaltliche Abweichung dar, da es in jedem Fall darauf ankommt, ob die Forderungen der im Factoringvertrag getroffenen Abtretungsvereinbarung unterliegen, d.h. ob sie bestimmbar sind als Forderungen, auf die sich die Abtretung bezieht. 98 Das FactÜ selbst enthält bewusst keine inhaltlichen Kriterien für die Bestimmbarkeit von Forderungen, um den Gerichten einen breiten Entscheidungsspielraum zu belassen. In den Erläuterungen 99 finden sich jedoch folgende Beispiele für die Bestimmbarkeit von Forderungen: Angabe von Waren oder Dienstleistungen, aus deren Lieferung bzw. deren Erbringung die Geldforderungen entstehen; die Anführung von Ländern, in welchen die Schuldner des Lieferanten niedergelassen sind, oder eine Auflistung der üblichen Schuldner des Lieferanten im Factoringvertrag. Die in der Praxis übliche Formulierung „alle Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen" entspricht daher diesem Erfordernis. 100 Eine Angabe von Namen der einzelnen Schuldner ist nicht notwendig und wäre bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen auch nicht immer möglich. Der maßgebliche Zeitpunkt, 101 in dem die abgetretenen Forderungen bestimmbar bzw. dem Factoringvertrag zuordenbar sein müssen, ist für bestehende und zukünftige Forderungen ein unterschiedlicher. 102 Das FactÜ 96

Englische Fassung: „can be identified to the contract". Französische Fassung: „elles sont determinables". 98 Im Ergebnis ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 170; Brink in MünchKomm HGB Art. 5 FactÜ Rn. 25. 99 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 29 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 95 Rn. 29 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 115 Rn. 29. 100 So Brink in MünchKomm HGB Art. 5 FactÜ Rn. 25. 101 Im ersten Entwurf war kein Zeitpunkt für die Individualisierung der Forderungen vorgesehen. S. UNIDROIT 1979, Study LVIII-Doc. 8, Article 3. 102 Zunächst war als einheitlicher Zeitpunkt jener der Entstehung der Forderung vorgesehen. Vgl. UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Article 3 und Rn. 31 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 39 (Article 3) und 67 Rn. 31 sowie für die Änderung 97

250

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

enthält entgegen Art. 5 lit. b ZessÜ keine Legaldefinition der Begriffe „bestehende" und „zukünftige" Forderungen. Nach Ansicht der Verfasser 103 sind bestehende Forderungen solche, die im Zeitpunkt des Abschlusses des Factoringvertrages bereits bestehen; daraus folgt, dass die Fälligkeit einer Forderung für ihre Qualifikation als bestehende Forderung nicht vorausgesetzt wird. Zukünftige Forderungen sind hingegen solche, die erst nach dem Abschluss des Factoringvertrages entstehen. Wie bereits erwähnt, sieht Art. 5 lit. a FactÜ einen unterschiedlichen Zeitpunkt für die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen vor. Werden bereits bestehende Forderungen des Lieferanten abgetreten, so müssen diese Forderungen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Factoringvertrages 104 - also sogleich - der im Factoringvertrag vereinbarten Abtretung zuordenbar sein. Da das FactÜ keine Vorschriften über den Abschluss des Factoringvertrages enthält, bestimmt sich der Zeitpunkt des Zustandekommens dieses Vertrages nach dem jeweils maßgebenden nationalen Recht. Zukünftige Forderungen müssen hingegen erst im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar sein, wobei das FactÜ diesen Zeitpunkt wiederum nicht regelt. Er ist nach dem auf den Grundvertrag (Warenkaufvertrag oder Dienstleistungsvertrag) anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen. Nach österreichischem Recht ist dies etwa der Zeitpunkt, in dem der Warenkaufvertrag oder der Dienstleistungsvertrag abgeschlossen wird. Die Zielsetzung des Art. 5 lit. a FactÜ ist somit klar: Im Anwendungsbereich des FactÜ sind Globalzessionen bestehender sowie zukünftiger Forderungen zulässig und wirksam, sofern die abgetretenen Forderungen in einem konkreten Zeitpunkt bestimmbar sind. Vorschriften nationaler Rechtsordnungen, welche den Globalabtretungen die Zulässigkeit oder die Wirksamkeit wegen mangelnder Bestimmtheit versagen, werden durch Art. 5 lit. a FactÜ verdrängt. Zu beachten ist jedoch, dass Art. 5 lit. a FactÜ - wie bereits dargelegt - lediglich die Frage des Bestimmtheitserfordernisses regelt; die übrigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Globalabtretung bestehender oder zukünftiger Forderungen sind hingegen weiterhin nach dem anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen.

UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 23, Article 3; UNIDROIT 1986, Study LVIII Doc. 24, Article 3 und UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 25. 103 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 29 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 95 Rn. 29 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 115 Rn. 29. 104 Art. 5 lit. a FactÜ verwendet den Begriff „contract", wobei sowohl aus dem Zusammenhang als auch aus den Materialien folgt, dass damit der Factoringvertrag und nicht eine vom Factoringvertrag unabhängige Vereinbarung gemeint ist. Vgl. nur UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 263.

1. Kapitel:

3.

Übergang zukünftiger

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

251

Forderungen

In Fortsetzung des Art. 5 lit. a FactÜ bestimmt Art. 5 lit. b FactÜ 105 , wann und wie zukünftige Forderungen auf den Factor übergehen, indem er den Zeitpunkt und die Art des Forderungsüberganges festlegt. Gemäß Art. 5 lit. b FactÜ geht auf Grund einer Bestimmung im Factoringvertrag, nach welcher zukünftige Forderungen abgetreten werden, die Forderung im Zeitpunkt ihres Entstehens 106 auf den Factor über, ohne dass es dafür einer neuerlichen Übertragungshandlung 107 bedarf. Da das FactÜ die Rechtsnatur der Abtretung nicht regelt, sondern nur einzelne Fragen im Zusammenhang mit dieser erfasst, entbindet es nicht vom nach dem jeweils anwendbaren Recht allenfalls bestehenden Erfordernis einer Übertragungshandlung. Setzt das auf die Abtretung jeweils anwendbare nationale Recht keine Übertragungshandlung voraus oder ist diese bereits gesetzt worden, so bedarf es keiner neuerlichen Übertragungshandlung für die Abtretung jeder Forderung; die Abtretung vollzieht sich ohne weiteres auf Grund der im Factoringvertrag getroffenen Abtretungsvereinbarung, sobald die Forderung zur Entstehung gelangt. Sieht hingegen das jeweils anwendbare Recht eine neuerliche Übertragungshandlung vor, so werden die entsprechenden nationalen Bestimmungen für Forderungsabtretungen, die in den Anwendungsbereich des FactÜ fallen, von Art. 5 lit. b FactÜ verdrängt. Der Einleitungssatz zum Art. 5 gilt auch für die Vorschrift der lit. b, weshalb der normierte Zeitpunkt und die Art des Überganges zukünftiger Forderungen wiederum nur für das Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages gelten. Art. 5 lit. b FactÜ äußert sich jedoch nicht zur Frage, ob der Factor die Forderung direkt vom Schuldner erwirbt (Direkterwerb) oder ob die Forderung zunächst beim Lieferanten entsteht, um dann auf den Factor überzugehen (Durchgangserwerb). Diese Frage ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 108 Nach Art. 3 Abs. 2 FactÜ können der Lieferant und der Factor bzw. der Lieferant und der Schuldner nur einen gänzlichen Ausschluss des FactÜ vereinbaren, nicht jedoch einzelne Vorschriften des FactÜ abändern. Aus

105

Die Vorschrift des Art. 5 lit. b FactÜ ist erstmals in UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 11, Mise 5, Article 3 lit. b enthalten und wurde in weiterer Folge inhaltlich nicht verändert. 106 Dieser Zeitpunkt bestimmt sich, wie bereits erwähnt, nach dem jeweils maßgeblichen nationalen Recht. 107 Englisch: „without the need for any new act of transfer"; französisch: „sans nécessité d'un nouvel acte de transfert" [Hervorhebungen durch die Verfasserin]. 108 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 174; nach Zaccaria, IPRax 1995, 279 (284), geht das FactÜ vom Prinzip des Durchgangserwerbs aus, wobei er seine Ansicht jedoch nicht begründet.

252

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

diesem Grund können der Factor und der Lieferant nicht abweichend von Art. 5 lit. b FactÜ bestimmen, dass der Forderungsübergang zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt erfolgen soll oder dass er einer bestimmten Übertragungshandlung bedarf. 109

C. Nachfolgende Abtretung Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ verweist auf Art. 5 FactÜ, weshalb die Vorschrift über die Bestimmbarkeit von Forderungen und den Übergang zukünftiger Forderungen auch bei nachfolgenden Abtretungen zu beachten ist. Dies gilt nicht, sofern die Weiterabtretung nach dem Factoringvertrag, den der Lieferant und der Factor geschlossen haben, untersagt ist, da in diesen Fällen gemäß Art. 12 FactÜ das FactÜ auf die nachfolgende Abtretung nicht anzuwenden ist. Aus Art. 5 lit. a i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ folgt, dass die Parteien des nachfolgenden Factoringvertrages (in der Regel der Export- und Import-Factor) bei Beachtung des Bestimmtheitserfordernisses wirksam eine Globalzession bestehender und zukünftiger Forderungen vereinbaren können. Bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen geht die Forderung im Zeitpunkt ihres Entstehens gemäß Art. 5 lit. b i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ ohne einen neuerlichen Übertragungsakt vom Lieferanten auf den Import-Factor über. M.E. ist wiederum nach dem jeweils anwendbaren Recht zu beurteilen, von wem der Import-Factor die Forderung erwirbt. 110

IV. Vergleich und Wertung Ein grundsätzlicher Vergleich zwischen dem Art. 8 ZessÜ und dem Art. 5 FactÜ ergibt folgendes Bild: Beide Vorschriften schließen nur bestimmte Gründe aus, welche nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht eine Unwirksamkeit der Forderungsabtretung zur Folge haben können. Globalabtretungen mehrerer zukünftiger oder bestehender Forderungen sind im Anwendungsbereich des ZessÜ und des FactÜ wirksam, sofern sie in einem festgelegten Zeitpunkt als Forderungen bestimmbar sind, auf welche sich die Abtretung bezieht. In diesem Punkt bestehen keine inhaltlichen Abweichungen zwischen Art. 8 Abs. 1 ZessÜ und Art. 5 lit. a FactÜ. Über das FactÜ hinausgehend bezieht sich Art. 8 ZessÜ auf die Wirksamkeit

109

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 173. Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 174, geht - ohne Begründung - die Forderung sofort und automatisch vom Lieferanten auf den Import-Factor über. 110

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

253

von Abtretungen von Teilforderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen. Eine Abweichung besteht darin, dass Art. 5 lit. b FactÜ im Gegensatz zu Art. 8 ZessÜ den Zeitpunkt des Überganges zukünftiger Forderungen ausdrücklich festlegt (= Zeitpunkt des Entstehens der Forderung). In den Entwürfen des Art. 8 Abs. 2 ZessÜ war als Zeitpunkt jener des Entstehens der Forderung" 1 bzw. des Abschlusses des Grundvertrages 112 angeführt. Diese Textpassage ist jedoch gestrichen worden, 113 da sie im Widerspruch zu einer Vorschrift (Art. 10 ZessÜ Entwurf) stand, die den Zeitpunkt des Forderungsüberganges an sich regelte. 114 Nach der Streichung von Art. 10 ZessÜ Entwurf 115 durch die Kommission und auf Grund des Motivs für die Streichung des Zeitpunktes des Forderungsüberganges in Art. 8 Abs. 2 ZessÜ bleibt m.E. als frühestmöglicher Zeitpunkt jener der Entstehung der (im Zeitpunkt der Abtretung zukünftigen) Forderung, 116 so dass auch insoweit keine Abweichung zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ besteht. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch darin, dass Art. 8 ZessÜ nicht - wie Art. 5 FactÜ - lediglich das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten (Lieferanten) und dem Zessionar (Factor) erfasst, sondern in den von ihm geregelten Punkten auch die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis gegenüber dem Schuldner und darüber hinaus konkurrierenden Berechtigten festlegt und insoweit einen Rückgriff auf das anderenfalls anwendbare nationale Recht (Art. 22 ZessÜ) für die Bestimmung der Drittwirksamkeit einer Abtretung ausschließt. Unter Berücksichtigung des an sich engen Regelungsgegenstandes von Art. 5 FactÜ und Art. 8 ZessÜ ist unter dem Gesichtspunkt der bezweckten Förderung des internationalen Handels durch die Vereinheitlichung von Abtretungsvorschriften die Regelung des Art. 8 ZessÜ als diejenige zu werten, die diesem Zweck eher gerecht wird. '" S. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 8 Abs. 2. 1,2 S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 93. 113 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 95 und Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 135. 114 Art. 10 ZessÜ Entwurf: „... a future receivable is deemed to be transferred at the time of the conclusion of the contract of assignment, unless the assignor and the assignee have specified a later time." 115 Art. 10 ZessÜ Entwurf hat sich lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner, nicht jedoch gegenüber konkurrierenden Berechtigten bezogen, und ist deshalb als bedeutungslos gestrichen worden. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 170. 116 I.d.S. wohl auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 93 („If a new document were to be required each time a new receivable arose" [Hervorhebung durch die Verfasserin]). In diesem Entwurfstadium enthielt Art. 8 Abs. 2 ZessÜ keinen zeitlichen Bezugspunkt und die später gestrichene Vorschrift war noch Teil des ZessÜ. Mittelbar folgt dieses Ergebnis m.E. auch aus Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 145.

254

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

V. Trennung zwischen Wirksamkeit und Priorität im Verhältnis zum unvereinheitlichten Recht Nach einigen Rechtsordnungen (z.B. der österreichischen) bestehen keine unterschiedlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis Zedent - Zessionar bzw. gegenüber dem Schuldner und gegenüber Dritten. 117 Die Vorstellung, dass eine Abtretung bereits „wirksam", aber noch nicht „drittwirksam" sein kann, ist diesen Rechtsordnungen fremd, denn die Frage der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung entscheidet grundsätzlich auch über die Lösung eines eventuellen Prioritätskonfliktes. Für diese Rechtsordnungen ist deshalb das durch Art. 8 i.V.m. Art. 22 ZessÜ eingeführte Konzept neu. Bei einer Ratifikation des ZessÜ oder des FactÜ durch diese Staaten würden somit zwei unterschiedliche Konzepte als innerstaatliches Recht nebeneinander bestehen. Da auch internationale Abtretungen nationaler Forderungen nach dem ZessÜ und nicht nach dem unvereinheitlichten Zessionsrecht zu beurteilen sind, stellt sich aus der Sicht des Schuldners die Frage, ob durch die Geltung unterschiedlicher Konzepte seine rechtliche Position beeinträchtigt werden könnte. M.E. ist dies sowohl für das ZessÜ als auch für das FactÜ zu verneinen. Für das ZessÜ gilt: Unabhängig davon, ob die Forderungsabtretung zwar gegenüber dem Schuldner, nicht jedoch gegenüber Dritten wirksam ist oder ob die Abtretung auch im Verhältnis zu Dritten wirksam ist, beurteilt sich die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung des Schuldners nach Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ. 118 Einer Zahlung gemäß Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ 119 kommt selbst dann schuldbefreiende Wirkung zu, wenn dem Empfänger kein Vorrang (keine Priorität) an der abgetretenen Forderung gebührt. Zudem kann sich der Schuldner stets durch Zahlung an die berechtigte Person von seiner Verbindlichkeit befreien (s. Art. 17 Abs. 8 ZessÜ). 120 D.h. ist ein- und dieselbe Forderungsabtretung nach dem unvereinheitlichten Zessionsrecht unwirksam (Forderungsinhaber ist daher nach wie vor der Zedent), nach dem ZessÜ aber im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem

117 Vgl. für das österreichische Recht Apathy in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 509 (513): „Eine bloß relative Abtretung, die nur im Innenverhältnis, nicht aber nach außen wirksam sein soll, widerspricht dem Wesen eines Verfügungsgeschäftes."; Lukas in UN-Abtretungsübereinkommen 23 (30). 1,8 Entgegen Lukas, Die Stellung des Schuldners in der geplanten UNCITRALZessionskonvention, ÖBA 2001, 453 (457), sind m.E. für den Schuldner die Konsequenzen einer Abtretung, die ihm gegenüber wirksam, den Gläubigern des Zedenten gegenüber aber unwirksam ist, absehbar. 119 Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, I. 120 Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, I.G.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

255

Schuldner wirksam, so kommt einer Zahlung des Schuldners an den Zedenten gemäß Art. 17 Abs. 8 ZessÜ schuldbefreiende Wirkung zu. Bezogen auf Art. 5 FactÜ kommt es aus der Sicht eines z.B. in Österreich niedergelassenen Schuldners m.E. zu keiner Änderung im Vergleich zu der bisher (d.h. ohne Ratifikation) bestehenden rechtlichen Situation. 121 Ob ihm die Forderungsabtretung entgegengehalten werden kann, ist gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ nach dem Forderungsstatut zu beurteilen. Schließlich ist das Nebeneinanderbestehen unterschiedlicher „Wirksamkeitskonzepte" aus der Perspektive eines Zessionars zu untersuchen. Aus der Sicht eines Zessionars ist eine Forderungsabtretung „wirksam", wenn er nicht nur gegenüber seinem Vertragspartner und dem Schuldner, sondern auch gegenüber Dritten (konkurrierenden Berechtigten) als berechtigter Forderungsinhaber anzusehen ist. Gelangt das ZessÜ zur Anwendung und haben der Zedent und der Zessionar ihre Niederlassung beispielsweise in Österreich bzw. befindet sich lediglich der Zedent in Österreich, so ist das unvereinheitlichte innerstaatliche Recht für die Bestimmung der Voraussetzungen der Drittwirksamkeit einer Forderungsabtretung maßgebend (vgl. Art. 5 lit. g i.V.m. Art. 22 ZessÜ). Nach dem unvereinheitlichten innerstaatlichen Recht ist daher zu entscheiden, ob ihm konkreten Fall die Drittwirksamkeit einer Forderungsabtretung 122 beispielsweise von der Verständigung des Schuldners oder der Vornahme eines Buchvermerkes abhängig ist. Gelangt hingegen das FactÜ zur Anwendung, so bewirkt das FactÜ als solches keine Änderung der rechtlichen Position eines in Österreich niedergelassenen Zessionars (Factors) bezüglich der Drittwirksamkeit der Forderungsabtretung. Da das FactÜ diese Frage nicht regelt, ist das maßgebliche Recht mithilfe des Kollisionsrechts zu bestimmen. Nach der in Österreich und Deutschland ü.A. ist dafür das Forderungsstatut maßgebend (Art. 12 Abs. 2 EVÜ). 123

121 Wie bereits erwähnt, gelangt das FactÜ nur bei einer Abtretung einer internationalen Forderungen (Schuldner und Lieferant haben ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten) zur Anwendung. 122 Nach Art. 2 lit. a ZessÜ sind auch eine Sicherungszession und eine Forderungsverpfändung eine Abtretung i.S.d. ZessÜ. 123 Vgl. die Nachweise und die Kritik 7. Teil, 3. Kapitel, III.

256

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

VI. PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL 1.

Wirksamkeit der Abtretung

Die Abtretung eines Anspruchs erfolgt durch vertragliche Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Eine Mitteilung an den Schuldner ist für die Wirksamkeit der Abtretung zwischen dem bisherigen Gäubiger und dem neuen Gläubiger sowie gegenüber dem Schuldner nicht erforderlich. Hat der Schuldner auf andere Weise als durch eine schriftliche Mitteilung Kenntnis von der Abtretung, so kann er einerseits bereits vor der Anzeige an den neuen Gläubiger leisten und kommt andererseits seiner Leistung an den bisherigen Gläubiger keine befreiende Leistung zu. Dies setzt voraus, dass die Abtretung dem Schuldner gegenüber auch ohne eine Mitteilung wirksam ist. In bestimmten Fällen ist eine Abtretung zwar im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, nicht jedoch gegenüber dem Schuldner wirksam. Der erste Fall betrifft das vertragliche Abtretungsverbot, sofern keine Ausnahmen vorliegen (Art. 11:301 PECL). Der zweite Fall bezieht sich auf Leistungen, deren Erbringung an einen neuen Gläubiger dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, sei es auf Grund der Art der Leistung, sei es auf Grund der Verhältnisse zwischen dem Schuldner und dem Zedenten. In diesem Fall ist eine Zustimmung des Schuldners für die Wirksamkeit der Abtretung ihm gegenüber erforderlich (Art. 11:302 PECL), da er ein gerechtfertigtes Interesse daran hat, grundsätzlich nur an den bisherigen Gläubiger leisten zu müssen Mangels Zustimmung ist die Abtretung dennoch im Verhältnis Zedent - Zessionar wirksam, so dass der Zessionar seinen Anspruch auf dasjenige behält, was der Zedent vom Schuldner erlangt (Art. 11:203 PECL). Fragen der Drittwirksamkeit der Zession (des Vorranges am abgetretenen Anspruch) werden in Art. 11:401 PECL gesondert geregelt. 2.

Form

Ein Anspruch kann formlos durch Einigung zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger übertragen werden. Die Anzeige an den Schuldner ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung. 124 Dies gilt sowohl im Ver-

124

B.).

Lando u.a., PECL III, 96 f. B. (= von Bar/Zimmermann,

Grundregeln III, 672 f.

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

257

hältnis zwischen Zedent - Zessionar als auch gegenüber dem Schuldner 125 . Für Formerfordernisse betreffend den Vorrang am übertragenen Anspruch ist Art. 11:401 PECL zu beachten. 3.

Teilabtretungen,

zukünftige Rechte,

Globalzessionen

Ein Anspruch kann teilweise übertragen werden, wenn er teilbar ist (Art. 11: 103 PECL), wobei die Teilbarkeit durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann. Für Ansprüche auf Geldleistungen gilt die Vermutung der Teilbarkeit, für Ansprüche auf andere Leistungen besteht die Vermutung nur unter der Voraussetzung, dass der Schuldner Anspruch auf eine gesonderte Bezahlung für den abgetretenen Teil 126 der Leistung hat. 127 Durch die Teilabtretung verursachte Mehrkosten des Schuldners sind vom bisherigen Gläubiger zu ersetzen (Art. 11:103 PECL). Die Abtretung bestehender und zukünftiger Ansprüche wird in den Art. 11:102 und 11:202 PECL geregelt. Art. 11:102 Abs. 2 PECL definiert einen künftigen Anspruch als Anspruch, der durch einen bestehenden oder künftigen Vertrag begründet wird. Bemerkenswert ist, dass auch Ansprüche aus bestehenden Verträgen als künftige Ansprüche gewertet werden. Dabei wird es sich vor allem um jene Ansprüche handeln, die im Zeitpunkt der Abtretung zwar bereits bestehen, aber noch nicht fällig sind, oder um Ansprüche, die von einem anderen bestimmten Ereignis abhängig sind. 128 Die im Rahmen dieser Arbeit relevanten Geldforderungen (das ZessÜ und FactÜ erfassen nur Abtretungen von Geldforderungen), die im Zeitpunkt der Abtretung bereits bestehen, aber noch nicht fällig sind, werden in der offiziellen Kommentierung der weiteren Grundregeln über die Abtretung als bestehende Ansprüche betrachtet. 129 Dies gilt auch für die Frage, wann 125 Hat der Schuldner in anderer Weise als durch Zugang einer schriftlichen Anzeige Kenntnis von der Abtretung, so kann er bereits vor der Anzeige an den Zessionar leisten; seiner Leistung an den Zedenten kommt in diesem Fall keine schuldbefreiende Wirkung zu (s. Art. 11:303 Abs. 3 und 4 PECL). 126 Goode als Berichterstatter des 11. Kapitels verwendet das Bild des „contract within the contract, so that each part is treated separately and the assignee of the part does not enjoy any greater rights than the assignor wold have had in relation to that part." S. Lando u.a., PECL III, 93 f. A. (ii) [= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 668 f. A. (ii)]127 Lando u.a., PECL III, 93 f (i), (ii) [= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 669 f.

(i), (H)]. 128 Vgl. Lando u.a., PECL III, 90 f. A. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 665 f. A.). Goode als Berichterstatter des 11. Kapitels weist in seiner Kommentierung darauf hin, dass derartige Ansprüche in vielen Rechtsordnungen als bestehende Ansprüche gewertet werden. 129 Vgl. z.B. im Rahmen des vertraglichen Abtretungsverbotes Art. 11:301 Abs. 1 lit. c PECL Lando u.a., PECL III, 108 B. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III,

258

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

die Abtretung derartiger Ansprüche wirksam ist. 130 Nach Art. 11:202 Abs. 1 PECL ist die Abtretung eines bestehenden Anspruchs im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages oder zu einem späteren, von den Parteien des Abtretungsvertrages vereinbarten Zeitpunkt wirksam. 131 Da jedoch die Abtretung eines zwar bereits bestehenden, aber noch nicht fälligen Anspruchs nach Art. 11:102 Abs. 2 PECL die Abtretung eines zukünftigen Anspruchs darstellt, ist das Bestimmtheitsgebot für die Wirksamkeit derartiger Abtretungen zu beachten, d.h. der Anspruch muss der Abtretung zuordenbar sein. Dies wird in der Regel problemlos möglich sein. Die Abtretung eines Anspruchs aus künftigen Verträgen ist wirksam, wenn der Anspruch im Zeitpunkt seiner Entstehung oder in dem von den Parteien vereinbarten Zeitpunkt als Anspruch bestimmbar ist, auf welchen sich die Abtretung bezieht (Art. 11:102 Abs. 2 PECL). Der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Abtretung folgt wiederum aus Art. 11:202 Abs. 2 PECL: Entsteht der Anspruch, so ist die Übertragung im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages (es kommt zu einer Rückwirkung) oder zu einem späteren Zeitpunkt, auf den sich die Parteien des Abtretungsvertrages einigen, wirksam. So könnten der bisherige und der neue Gläubiger vereinbaren, dass die Abtretung des zukünftigen Anspruchs im Zeitpunkt seiner Entstehung wirksam werden soll. Die PECL enthalten keine eigene Vorschrift über die Abtretung einer Mehrheit von bestehenden oder zukünftigen Ansprüchen. Die Abtretung einer Mehrzahl von Ansprüchen ist ebenso nach den PECLAbtretungsvorschriften zu beurteilen wie die Abtretung eines einzelnen Anspruchs. Sofern es sich um die globale Abtretung zukünftiger vertraglicher Ansprüche handelt, ist somit das Bestimmbarkeitserfordernis gemäß Art. 11:102 Abs. 2 PECL zu beachten. 132

685 f. B.): „... future money claims (that is, money claims arising under future contracts, as opposed to claims which arise under existing contracts but are payable in the future)." 130 S. Lando u.a., PECL III, 100 A. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 676 A.). 131 Selbst, wenn man die Abtretung einer im Zeitpunkt der Abtretung bereits bestehenden, aber noch nicht fälligen Geldforderung als zukünftigen Anspruch wertet, besteht kein Unterschied im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Abtretung, da die Forderung als bereits entstandene Forderung zu werten ist und somit gemäß Art. 11:202 Abs. 2 PECL wiederum der Abschluss des Abtretungsvertrages oder ein von den Parteien vereinbarter späterer Zeitpunkt für die Wirksamkeit maßgeblich ist. 132 Nach der Ansicht von Eidenmüller, Die Dogmatik der Zession vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklung, AcP 2004, 457 (463 Fn 22), regelt Art. 11:202 Abs. 2 PECL implizit die Zulässigkeit von Globalabtretungen.

I. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

259

B. UNIDROIT-Principles 1.

Wirksamkeit der Abtretung

Die Abtretung erfolgt durch rechtsgeschäftliche Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Eine Mitteilung an den Schuldner oder eine Zustimmung desselben ist für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis Zedent - Zessionar nicht erforderlich (Art. 9.1.7 UNIDROITPrinciples). 133 Für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner bedarf es m.E. entgegen der im Kommentar vertretenen Ansicht 134 ebenfalls keiner Anzeige. 135 Die Wirkungen einer Mitteilung an den Schuldner regeln die UNIDROIT-Principles im Zusammenhang mit der befreienden Leistung des Schuldners (Art. 9.1.10). Bis zum Erhalt der Anzeige wird der Schuldner durch Zahlung an den bisherigen Gläubiger (Art. 9.1.10 Abs. 1 UNIDROIT-Principles), nach Erhalt derselben „nur" durch Zahlung an den neuen Gläubiger (Art. 9.1.10 Abs. 2 UNIDROITPrinciples) befreit. In Abs. 2 der genannten Bestimmung erfolgt eine Beschränkung auf die Person des Zessionars, die in Abs. 1 bezüglich der Person des Zedenten nicht vorgenommen wird, weshalb geschlossen werden kann, dass der Schuldner nach der Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, aber vor dem Erhalt der Anzeige „auch" an den Zessionar schuldbefreiend leisten kann. Ebenfalls aus dem Kommentar 1 3 6 folgt, dass der Schuldner bis zum Erhalt der Anzeige selbst bei Kenntnis über die Abtretung (bzw. bei vorwerfbarer Unkenntnis) befreiend an den Zedenten leisten kann, auf Grund der Bösgläubigkeit des Schuldners aber eine Haftung für den durch die Zahlung an den Zedenten verursachten Schaden des Zessionars nicht ausgeschlossen ist. 137 Eine Haftung des Schuldners in dieser Konstellation setzt m.E. jedoch voraus, dass die Abtretung grundsätz-

133

Eine Zustimmung des Schuldners ist allerdings bei einer Abtretung persönlicher Verpflichtungen notwendig. Die Vorschrift des Art. 9.1.7 Abs. 2 UNIDROIT-Principles kann bei einem Vergleich mit dem ZessÜ und dem FactÜ vernachlässigt werden, da die vom ZessÜ und FactÜ erfassten Geldforderungen grundsätzlich nicht als Verpflichtungen persönlicher Natur zu bewerten sind. 134 Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.10 UNIDROIT-Principles: „Only after the obligor receives a notice of assignment does the assignment become effective towards the obligor." 135 Eidenmüller, AcP 2004, 457 (474), hebt hervor, dass die Benachrichtigung des Schuldners für Prioritätsfragen maßgebend ist. 136 Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.10 UNIDROIT-Principles. 137 Im Kommentar Nr. 1 zu Art. 1.7 UNIDROIT-Principles (Treu und Glauben und redlicher Geschäftsverkehr) wird als Beispiel für einen Anwendungsfall dieses Grundsatzes u.a. Art. 9.1.10 Abs. 1 UNIDROIT-Principles genannt. Vgl. dazu Lando, Eight Principles of European Contract Law, in: Cranston (Hrsg.), Making Commercial Law, Essays in Honour of Roy Goode (1997) 103 (124): „Good faith means honesty and fairness in mind. ... Fair dealing means observance of fairness in fact, which is an objective test."

260

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

lieh auch gegenüber dem Schuldner bereits durch die rechtsgeschäftliche Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar wirksam wird. Die Vorschrift über die Mitteilung an den Schuldner (Art. 9.1.10 UNIDROITPrinciples) regelt somit die rechtliche Position des Schuldners hinsichtlich seiner Zahlung, 138 bewirkt aber m.E. nicht, dass im Verhältnis zum Schuldner das abgetretene Recht erst mit dem Erhalt der Anzeige in das Vermögen des Zessionars übergeht. Davon losgelöst ist die Frage zu erörtern, ob eine Anzeige an den Schuldner Bedeutung für die Bestimmung der Drittwirksamkeit einer Abtretung (des Vorranges am abgetretenen Recht) hat. Art. 9.1.11 UNIDROIT-Principles 139 bezieht sich nur auf den Fall der Mehrfachabtretung desselben Rechts. Unter Berücksichtigung von Wortlaut und Stellung des Art. 9.1.11 UNIDROIT-Principles im Rahmen der Abtretungsvorschriften kann diese Vorschrift als reine Schuldnerschutzvorschrift verstanden werden. Aus dem Kommentar zu Art. 9.1.11 140 und Art. 9.1.15 141 UNIDROIT-Principles folgt jedoch, dass damit eine Vorrangregelung bezweckt ist und bei einer Mehrfachabtretung die Mitteilung an den Schuldner für den Vorrang ausschlaggebend ist. 142 Über Vorrangfragen in anderen Fallkonstellationen (gegenüber anderen Gläubigern des Zedenten oder gegenüber dem Masseverwalter) entscheidet das außerhalb der Principles anwendbare Recht. 2.

Form

Entsprechend dem allgemein geltenden Grundsatz der Formfreiheit (Art. 1.2 UNIDROIT-Principles) unterliegt auch die Abtretung keinen Formvorschriften. Das Erfordernis der Beachtung einer bestimmten Form kann sich jedoch aus der Anwendung zwingender Vorschriften, die entsprechend den kollisionsrechtlichen Vorschriften anwendbar sind, ergeben (Art. 1.4 UNIDROIT-Principles). Dies gilt grundsätzlich sowohl für jene Formerfordernisse, die für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis

138

UNIDROIT 2000, Study L - WP.3, Kommentar zu Article 9. Art 9.1.11 UNIDROIT-Principles: „If the same right has been assigned by the same assignor to two or more successive assignees, the obligor is discharged by paying according to the order in which the notices were received." 140 Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.11 UNIDROIT-Principles. 141 Kommentar Nr. 3 zu Art. 9.1.15 UNIDROIT-Principles: „... that under Art. 9.1.11 the second assignee may prevail over the first one if it gives earlier notice to the obligor." 142 Ebenso Eidenmüller, AcP 2004, 457 (474 Fn 47); Bonell, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2004, 5 (25); Zimmermann, Die Unidroit-Grundregeln der internationalen Handelsverträge 2004 in vergleichender Perspektive, ZEuP 2005, 264 (281). 139

1. Kapitel:

Wirksamkeit der

Forderungsabtretung

261

zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem Schuldner zu beachten sind, als auch jene, die gegenüber Dritten maßgebend sind. 143 3.

Teilabtretungen,

Globalzessionen,

zukünftige Rechte

Geldforderungen können teilweise abgetreten werden (Art. 9.1.4 Abs. 1 UNIDROIT-Principles), 1 4 4 jedoch sind die durch Teilabtretungen entstehenden Mehrkosten dem Schuldner vom Zedenten oder vom Zessionar zu ersetzen (Art. 9.1.8 UNIDROIT-Principles). Globalabtretungen von Rechten sind zulässig und wirksam, sofern die Rechte entweder individuell bestimmt oder bestimmbar sind als Rechte, auf die sich die Abtretung bezieht. Die Bestimmbarkeit muss bei bestehenden Rechten zum Zeitpunkt der Abtretung, bei zukünftigen Rechten zum Zeitpunkt des Entstehens dieser Rechte vorliegen. Zukünftige Rechte sind solche, die erst nach der rechtsgeschäftlichen Abtretung entstehen. 145 Sie gelten (bereits) als zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages übertragen, sofern sie, wenn sie entstehen, als Rechte bestimmt werden können, auf die sich die Abtretung bezieht (Art. 9.1.5 UNIDROITPrinciples).

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Die Zulässigkeit von Globalabtretungen und zukünftigen Forderungen wird von allen vier Regelwerken anerkannt und an das Bestimmheitserfordemis geknüpft. Mit Ausnahme des ZessÜ wird auch der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Abtretung geregelt, was aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen ist. Die PECL als Rechtsregeln des allgemeinen europäischen Vertragsrechts und die UNIDROIT-Principles als Rechtsregeln des internationalen handelsrechtlichen Vertragsrechts regeln nicht nur das Rechtsinstitut der Abtretung, sondern enthalten beispielsweise auch Vorschriften über die Gültigkeit von Verträgen und die Vollmacht, wodurch eine umfassende, einheitliche Beurteilung der Abtretungen ermöglicht

143 Im Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.7 UNIDROIT-Principles wird als Beispiel die Sicherungsabtretung genannt. 144 Soll ein Recht auf eine andere Leistung teilweise abgetreten werden, so setzt dies einerseits die Teilbarkeit der Leistung voraus (dies gilt auch für Geldforderungen, jedoch gelten diese grundsätzlich als teilbar) und andererseits darf durch die Teilabtretungen die Verpflichtung für den Schuldner nicht wesentlich belastender werden. Für die zuletzt genannte Voraussetzung sind m.E. Faktoren ausschlaggebend, die nicht durch den Ersatz der Mehrkosten des Schuldners (Art. 9.1.8 UNIDROIT-Principles) ausgeglichen werden können. 145 Ausdrücklich i.d.S. Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.5 UNIDROIT-Principles.

262

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen

der

Forderungsabtretung

wird. Hingegen konzentrieren sich das ZessÜ und das FactÜ auf die Forderungsabtretung, weshalb für viele Einzelfragen betreffend die Wirksamkeit der Abtretung auf das jeweils anwendbare nationale Recht zurückgegriffen werden muss. Dies gilt auch für die Frage der Formvorschriften für eine Abtretung. Im Wesentlichen jedoch sind hinsichtlich der erörterten Punkte keine Wertungsunterschiede zwischen den vier Regelwerken zu erkennen.

2. Kapitel

Vertragliche Abtretungsbeschränkungen I.

Einleitung

Eine der zentralen Fragen im Zusammenhang mit der rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung lautet: Wie wirkt sich eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger über die Nichtabtretung einer Forderung auf eine abredewidrig erfolgte Abtretung aus? Die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen einer vereinbarungswidrig vorgenommenen Forderungsabtretung sind in den einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich geregelt. 1 Mehrere Varianten sind denkbar: Die abredewidrig erfolgte Abtretung ist sowohl im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar als auch gegenüber dem Schuldner wirksam, die Abtretung ist nur zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, nicht jedoch gegenüber dem Schuldner wirksam oder die Forderungsabtretung ist unwirksam. 2 Für die Unwirksamkeit eines vertraglich vereinbarten Abtretungsverbotes spricht vor allem die dadurch erhaltene Umlauffähigkeit der Forderung, für die Wirksamkeit desselben sprechen Schuldnerschutzgründe. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit kann hingegen sowohl für die Wirksamkeit der vereinbarungswidrigen Abtretung - dem Zedenten könne es nicht verboten werden, seine Forderung abzutreten - als auch für die Unwirksamkeit derselben - der Zedent und der Schuldner können im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit durch 1 Vgl. für einen allgemeinen Überblick Kotz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 73 ff.; Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I 415 ff.; Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 8 bis 24. 2 Vgl. zum vertraglichen Abtretungsverbot nach deutschem Recht Wagner, Vertragliche Abtretungsverbote im System zivilrechtlicher Verfügungshindernisse (1994); zum vertraglichen Abtretungsverbot im englischen, französischen und deutschen Recht Goergen, Das Pactum de non cedendo, Eine Untersuchung zum vertraglichen Abtretungsverbot im englischen, französischen und deutschen Recht unter Einbeziehung internationaler Harmonisierungsinitiativen (2000) 29 ff. (Deutschland), 58 ff. (England) und 116 ff. (Frankreich); zu rechtsgeschäftlichen Abtretungsverboten im deutschen und französischen Recht auch Münch, Abtretungsverbote im deutschen und französischen Recht (2001) 71 ff. (Deutschland), 177 ff. (Frankreich). S. zum vertraglichen Abtretungsverbot nach österreichischem Recht Bydlinski, Zessionsverbot und Vertragsauslegung, in: Koller/Honsell (Hrsg.), Privatrecht und Methode, Festschrift für Ernst A. Kramer (2004) 121 m.w.N. zum österreichischen Recht.

264

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Vereinbarung die Befugnis zur Abtretung ausschließen - herangezogen werden.

II. Abtretungsbeschränkungen nach dem ZessÜ A. Wirksamkeit der abredewidrigen Abtretung Dem in der Präambel geäußerten Ziel und Zweck des ZessÜ, die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern, stehen vertragliche Abtretungsverbote entgegen. Für den Anwendungsbereich des ZessÜ bestimmt Art. 9 ZessÜ die Wirkungen vertraglicher Abtretungsbeschränkungen, wobei die entsprechende Regelung im FactÜ als Grundlage gedient hat. Art. 9 ZessÜ war Gegenstand ausführlicher und kontroversieller Diskussionen innerhalb der Arbeitsgruppe und der Kommission. 3 Ziel der schlussendlich verabschiedeten Bestimmung ist das Erreichen eines Gleichgewichtes zwischen dem Schutz des Schuldners einerseits und dem Schutz des Zedenten und des Zessionars andererseits. 4 Nach Art. 9 Abs. 1 ZessÜ ist die Abtretung einer Forderung wirksam, ungeachtet einer Vereinbarung, welche in irgendeiner Weise das Recht des Zedenten beschränkt, seine Forderung abzutreten. Die Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ ist jedoch nur unter der Voraussetzung anwendbar, dass es sich bei der abgetretenen Forderung um eine der in Art. 9 Abs. 3 lit. a bis lit. d ZessÜ aufgezählten Forderungen handelt. 5 Art. 9 Abs. 3 ZessÜ stellt somit eine Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereiches des Art. 9 Abs. 1 (und Abs. 2) ZessÜ dar. Auf Grund der Wirksamkeit ei3 Die Vertreter der Ansicht, Art. 9 ZessÜ überhaupt zu streichen oder zumindest eine Vorbehaltsmöglichkeit für die Staaten vorzusehen, konnten sich nicht durchsetzen. Es sei allgemein erstrebenswerter, Abtretungen von Forderungen zu ermöglichen und damit Transaktionskosten zu reduzieren, als für den Schuldner sicherzustellen, dass er an keine andere Person als an seinen ursprünglichen Gläubiger leisten müsse. Die Zielsetzung des ZessÜ, die Beschaffungsmöglichkeit von Krediten zu niedrigeren Kosten zu erweitern, sei ohne eine Anpassung der nationalen Rechtsordnungen an die Bedürfnisse moderner Geschäftspraktiken nicht zu erreichen. Die freie Übertragungsmöglichkeit von Forderungen komme auch dem Schuldner zugute, denn die dadurch bewirkte Kosteneinsparung könne in Form von niedrigeren Kosten für Waren, Dienstleistungen und Kredite an den Schuldner weitergegeben werden. Zur Diskussion innerhalb der Kommission vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 140; zu der von der Arbeitsgruppe geführten Diskussion z.B. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 62 bis 68; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 113 bis 126; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 128 bis 137. 4 5

Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 98. Vgl. 3. Teil, 2. Kapitel, U.E.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

265

ner Abtretung nach Art. 9 Abs. 1 ZessÜ kann sich der Schuldner gegenüber dem neuen Forderungsinhaber nicht mit Erfolg auf eine die Abtretung untersagende Vereinbarung mit seinem ursprünglichen Gläubiger berufen. Nach einer Benachrichtigung über die erfolgte Abtretung kann der Schuldner daher nur noch an den Zessionar schuldbefreiend leisten (Art. 17 Abs. 1 ZessÜ). Der Schuldner einer mit einer Abtretungsbeschränkung belegten Forderung ist hinsichtlich der schuldbefreienden Zahlung nicht anders zu beurteilen als ein Schuldner, der keine entsprechende Vereinbarung mit seinem Gläubiger (Zedenten) geschlossen hat. 6 Da jedoch Art. 9 ZessÜ eine Vorschrift darstellt, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berührt, ist sie für den Schuldner nur beachtlich, falls er sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages in einem Vertragsstaat befindet oder wenn zu diesem Zeitpunkt das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht eines Vertragsstaates ist. Anderenfalls lässt das ZessÜ die Rechte und die Pflichten des Schuldners unberührt (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). Für die Bestimmung des Rechts, welches in diesem Fall über die Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Beschränkung der Abtretbarkeit zwischen Zessionar und Schuldner entscheidet, enthält Art. 29 ZessÜ eine kollisionsrechtliche Vorschrift. 7 Nach der Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ ist eine abredewidrig vorgenommene Abtretung wirksam. Ob allerdings das Recht des Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten vorgeht, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Recht jenes Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (Art. 22 ZessÜ). 8 Dieses Recht gilt für die Bestimmung des Vorranges aber nur mit Ausnahme der im ZessÜ an anderer Stelle geregelten Fälle. Diese Einschränkung hat zur Folge, dass bei der Bestimmung des Vorranges jene Angelegenheiten, die im ZessÜ durch eine sachrechtliche Vorschrift geregelt werden, nicht nach dem unvereinheitlichten Recht des Staates zu beurteilen sind, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 9 Art. 9 ZessÜ stellt einen derartigen, an anderer Stelle geregelten Fall dar. Von einer Wirksamkeit inter partes und gegenüber dem Schuldner ist bei der Beurteilung der Priorität daher selbst dann auszugehen, wenn nach dem gemäß Art. 22 ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht eine sol-

6

Ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 121. Art. 29 ZessÜ ist jedoch nur beachtlich, sofern ein Vertragsstaat keine opting out Erklärung nach Art. 39 ZessÜ abgegeben hat (vgl. Art. 1 Abs. 4 ZessÜ). 8 Vgl. 6. Teil, 2. Kapitel. 9 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 21; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 35; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (272 f.). 7

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3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

che Abtretung nicht wirksam ist. 10 Dies ist von Bedeutung, da die Wirksamkeit einer Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar eine Voraussetzung für die Drittwirksamkeit der Abtretung darstellt." Verlangt jedoch das nach Art. 22 ZessÜ jeweils maßgebende nationale Recht für die Priorität der Abtretung beispielsweise eine Anzeige an den Schuldner oder eine Registrierung der Forderung in einem öffentlichen Register, so hat der Zessionar (oder Zedent) auch bei einer abredewidrig erfolgten Forderungsabtretung diese vorzunehmen, damit das Recht des Zessionars dem Recht konkurrierender Anspruchsberechtigter vorgeht.

B. Tatbestandsmerkmale des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ Im Zusammenhang mit Art. 9 Abs. 1 ZessÜ sind zwei Tatbestandsmerkmale gesondert zu erörtern. Zum einen erfasst Art. 9 Abs. 1 ZessÜ nicht nur jene Fälle, in denen ein allgemeines Verbot vereinbart wird, Forderungen abzutreten, sondern bezieht sich auf alle Vertragsbestimmungen, die das Recht des Zedenten, seine Forderung abzutreten, in irgendeiner Weise beschränken, beispielsweise die Forderungsabtretung von einer Zustimmung des Schuldners 12 abhängig machen. Zum anderen können sich vertragliche Beschränkungen des Rechts des Zedenten, seine Forderungen abzutreten, sowohl aus einer Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten als auch aus einer Vereinbarung zwischen dem (ursprünglichen oder nachfolgenden) Zedenten und dem Zessionar ergeben. Im ersten Fall wird eine Abtretung der Forderung durch den Gläubiger des Schuldners (= den ersten Zedenten) Beschränkungen unterworfen oder überhaupt verboten, im zweiten Fall eine nachfolgende Abtretung durch den ersten oder einen nachfolgenden Zessionar (= den nachfolgenden Zedenten). Die Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ erfasst sowohl rechtsgeschäftliche Abtretungsbeschränkungen bzw. Abtretungsverbote zwischen dem Schuldner und dem Zedenten (sei es im Grundvertrag oder in einem separaten Vertrag) als auch zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. 13 Die Überlegung, für nachfolgende Abtretun10 Vgl. in diesem Zusammenhang Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 105: „... the main purpose of draft article 12 [nun Art. 9 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] was to validate assignments made in violation of anti-assignment clauses, thus giving the assignee a priority position as against the assignors creditors ...". 11 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 87; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (274 Fn 67); derselbe, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (61). 12 Das Beispiel ist dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 101 entnommen. 13 S. Art. 9 Abs. 1 ZessÜ: „... any agreement between the initial or any subsequent assignor and the debtor or any subsequent assignee ...". Die Regelung über vertragliche

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

267

gen eine dem Art. 12 FactÜ 14 entsprechende Vorschrift einzufügen, ist verworfen worden. 15 Art. 9 Abs. 1 ZessÜ beschränkt seinen Anwendungsbereich auf von den Parteien vereinbarte Abtretungsbeschränkungen bzw. -verböte und hat somit grundsätzlich keinen Einfluss auf gesetzlich angeordnete Abtretungsbeschränkungen bzw. -verböte. 16 Werden Forderungen abgetreten, für welche nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht ein gesetzliches Abtretungsverbot besteht, beispielsweise das Verbot der Abtretung von Forderungen gegen Verbraucher aus bestimmten Rechtsgeschäften oder von Forderungen von Arbeitnehmern aus ihrem Dienstvertrag, so werden derartige nationale Bestimmungen bzw. Abtretungen von Art. 9 Abs. 1 ZessÜ nicht berührt. Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus der Überschrift des Art. 9 ZessÜ 17 und dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ 18 , aber auch aus Art. 8 Abs. 3 ZessÜ, wonach das ZessÜ gesetzliche Beschränkungen der Abtretbarkeit mit Ausnahme der in Art. 8 Abs. 1 ZessÜ vorgesehenen Fälle unberührt lässt. Davon sind jedoch jene Sachverhalte zu unterscheiden, in denen das jeweils anwendbare nationale Recht vereinbarten Abtretungsbeschränkungen oder Abtretungsverboten eine von Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ abweichende Wirkung zuerkennt. Derartige gesetzliche Bestimmungen werden bereits auf Grund des Vorranges des Einheitsrechts vor dem unvereinheitlichten nationalen Recht durch Art. 9 Abs. 1 ZessÜ verdrängt. Dies ergibt sich auch aus der Bestimmung Art. 8 Abs. 3 ZessÜ, nach welcher das ZessÜ grundsätzlich keinen Einfluss auf gesetzliche Beschränkungen der Abtretbarkeit hat; allerdings besteht eine Ausnahme für die in Art. 9 ZessÜ vorgesehenen Fälle. 19 Abtretungsbeschränkungen für nachfolgende Abtretungen war zunächst in einer eigenen Vorschrift enthalten, vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Art. 15 Abs. 4; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 104 und 106. 14 Nach Art. 12 FactÜ findet das FactÜ insgesamt keine Anwendung auf eine nachfolgende Abtretung, die nach dem Factoringvertrag untersagt ist. 15 Als Begründung wurde angeführt, dass Art. 12 FactÜ durch den speziellen Zweck der wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Lieferanten (Zedenten) und dem Factor (Zessionar) gerechtfertigt sei. Vgl. zu der Diskussion, ob Abtretungsbeschränkungen im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ebenso zu regeln sind wie Abtretungsbeschränkungen zwischen dem Schuldner und dem Zedenten, den Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 174 bis 178. 16 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 101. 17 „Contractual limitations on assignments". 18 „... any agreement ... limiting in any way the assignor's right to assign its receivables." 19 Das Anführen des Art. 9 ZessÜ in Art. 8 Abs. 3 ZessÜ kann m.E. auf den ersten Blick zu Missverständnissen Anlass geben. Der Hauptzweck des Art. 8 Abs. 3 ZessÜ ist die Klarstellung, dass das ZessÜ - abgesehen von den in Art. 8 Abs. 1 ZessÜ erwähnten

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3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

C. Art. 9 ZessÜ und Verbraucherforderungen Die Vorschriften des Art. 9 ZessÜ sind grundsätzlich auch bei Abtretungen von Forderungen anzuwenden, die aus einem Grundvertrag herrühren, an dem ein Verbraucher als Schuldner beteiligt ist, und für welche eine Abtretungsbeschränkung bzw. -verbot zwischen dem Schuldner und dem Zedenten vereinbart worden ist. (Davon streng zu trennen sind die Fälle, in denen der Schuldner/Verbraucher und Zedent keine entsprechende Vereinbarung getroffen haben, aber nach dem jeweiligen nationalen Recht gesetzliche Abtretungsverbote für Verbraucherforderungen bestehen.) Allerdings ist bei Verbraucherforderungen stets die Bestimmung des Art. 4 Abs. 4 ZessÜ zu beachten, nach welcher das ZessÜ die Rechte und die Pflichten des Zedenten und des Schuldners auf Grund besonderer Vorschriften zum Schutz der Parteien von Rechtsgeschäften für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt unberührt lässt. Tritt daher ein Zedent die gegen einen Verbraucher bestehende Forderung entgegen einem mit dem Verbraucher vereinbarten Verbot (oder einer Beschränkung) an den Zessionar ab, so unterliegt diese Abtretung dem Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ 20 , d.h. die Abtretung ist auch im Verhältnis zum Schuldner wirksam. Besteht jedoch nach dem auf den Grundvertrag anwendbaren nationalen Recht (s. Art. 29 ZessÜ) zugunsten des Schuldners (als Verbraucher) eine Bestimmung, nach welcher eine entgegen einem vertraglichen Verbot (oder einer Beschränkung) vorgenommene Abtretung an sich oder im Verhältnis zum Schuldner unwirksam ist, so geht gemäß Art. 4 Abs. 4 ZessÜ diese nationale Verbraucherschutzvorschrift dem Art. 9 Abs. 1 ZessÜ vor.

D. Haftung des Zedenten Obwohl das ZessÜ eine abredewidrig vorgenommene Abtretung einer Forderung als wirksam beurteilt, nimmt es einer Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten bzw. dem Zedenten und dem Zessionar über das Verbot oder eine Beschränkung der Forderungsabtretung nicht jegliche Fällen - in den einzelnen Rechtsordnungen normierte Beschränkungen oder Verbote der Abtretbarkeit unberührt lässt. Art. 9 ZessÜ knüpft hingegen an von den Parteien vereinbarte Abtretungsbeschränkungen an und verdrängt die in den einzelnen Rechtsordnungen normierten Rechtsfolgen einer abredewidrig erfolgten Abtretung. Mit anderen Worten: Art. 9 ZessÜ erfasst gesetzliche Beschränkungen in Bezug auf eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Abtretungsbeschränkung; nur insoweit liegt der Art. 8 Abs. 3 erwähnte Fall der „gesetzlichen Beschränkung der Abtretbarkeit" vor. 20 So auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 103.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

269

Wirkung. 21 Gemäß Art. 9 Abs. 2 lässt Art. 9 ZessÜ die Verpflichtungen des Zedenten einer solchen Vereinbarung (d.h. die vertragliche Verpflichtung, die Forderung nicht abzutreten) oder die Haftung des Zedenten wegen Verletzung einer solchen Vereinbarung unberührt. Das ZessÜ selbst gewährt keine Anspruchsgrundlage für eine Haftung des Zedenten wegen einer abredewidrigen Forderungsabtretung. Besteht jedoch nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht eine Haftung des Zedenten (z.B. Schadenersatzansprüche), so wird dessen Haftung vom ZessÜ nicht verdrängt (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ). 22 Auch die Frage, inwieweit die Vertragsverletzung des Zedenten einen Einfluss auf seine bestehenden Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner hat, bleibt der Beurteilung nach dem nationalen Recht überlassen. 23 Die Haftung des Zedenten wegen einer Verletzung der vereinbarten Abtretungsbeschränkung (bzw. des Verbotes) soll jedoch grundsätzlich keine Auswirkungen auf die rechtliche Stellung des Zessionars haben. 24 Zum Schutz des Zessionars bestimmt daher Art. 9 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ, dass der Schuldner den Grundvertrag allein wegen dieses Vertragsbruches nicht aufheben kann. Hingegen lässt Art. 9 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ andere aus der Vertragsverletzung des Zedenten resultierende Rechte des Schuldners unberührt. Könnte der Schuldner den Grundvertrag allein auf Grund einer abredewidrig erfolgten Abtretung auflösen, so würde die Regel des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ (Wirksamkeit der Abtretung) ihre Bedeutung verlieren. 25 Da die Haftung des Zedenten wegen einer Verletzung der vereinbarten Abtretungsbeschränkung (bzw. des Verbotes) grundsätzlich keine Auswirkungen auf die rechtliche Stellung des Zessionars haben soll, bestimmt Art. 18 Abs. 3 ZessÜ zudem, dass der Schuldner keine Einreden und Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zessionar hat, die er nach Art. 9 ZessÜ ge-

21

Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 99: „Under article 11 [nun Art. 9 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] ... both the contractual limitation on assignment and the assignment are effective." 22 Zedenten, deren Forderungsabtretungen - abgesehen vom ZessÜ - einem nationalen Recht unterliegen, das vertragliche Abtretungsbeschränkungen anerkennt, haben dadurch einen Nachteil gegenüber Zedenten, deren Abtretungen nach einem nationalen Recht zu beurteilen sind, das solche Beschränkungen nicht anerkennt. I.d.S. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (330 f.). 23 Vgl. dazu die Kritik von Koziol, Schlußfolgerungen aus österreichischer Sicht, in: Bazinas/Lukas (Hrsg.) Das UN-Abtretungsübereinkommen (2005) 83 (87, 96). 24 Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 102. 25 Hinsichtlich anderer Argumente, weshalb der Schuldner nicht zur Vertragsaufhebung berechtigt sein soll, s. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 142.

270

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

genüber dem Zedenten wegen der Verletzung einer vertraglichen Abtretungsbeschränkung haben könnte. Diese Einschränkung einer nach dem nationalen Recht bestehenden Haftung gilt auch dann, wenn der Zedent und der Zessionar eine Beschränkung oder ein Verbot für eine weitere Abtretung vereinbaren (dies kann sowohl bei der ersten als auch bei nachfolgenden Abtretungen vereinbart werden). Verstößt der Zessionar gegen diese Vereinbarung und tritt er die Forderung neuerlich ab, so kann der Zedent allein wegen dieses Vertragsbruches den Vertrag über die nachfolgende Abtretung nicht aufheben. Um eine Erstreckung der Haftung des Zedenten nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht auf den Zessionar zu verhindern, bestimmt Art. 9 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ, dass eine Person, die nicht Partei einer solchen Vereinbarung ist, nicht allein deshalb zur Haftung herangezogen werden kann, weil sie Kenntnis von einer solchen Vereinbarung hatte. 26 Der Regelungsinhalt von Satz 2 des Art. 9 Abs. 2 ZessÜ beruht auf der Überlegung, dass die Möglichkeit des Schuldners, den Vertrag aufzuheben, sowie eine Haftung des Zessionars bei bloßer Kenntnis über eine die Abtretung beschränkende Vereinbarung einen negativen Einfluss auf die Kreditkosten haben könnten und damit einem der wichtigsten Ziele des ZessÜ - die Verfügbarkeit von Kapital und Krediten zu günstigeren Zinssätzen zu begünstigen und dadurch die Entwicklung des internationalen Handels zu fördern - zuwiderlaufen würden. 27

E. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ 1.

Problemstellung

Die soeben erörterten Vorschriften des ZessÜ über die vertraglichen Abtretungsbeschränkungen gelten jedoch nicht für alle Forderungen, welche die sachlichen und die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ erfüllen, nicht nach Art. 4 ZessÜ ausgeschlossen sind und somit dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen. Verkürzt und etwas ungenau gesagt: Die Vorschriften des Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ sollen in erster Linie für Forderungen aus Handels- und Dienstleistungsgeschäften („trade recei-

26 Vgl. Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (740): „This language of the Convention, clearly intended to protect innocent assignees from tortius interference claims by debtors, arguably may leave some residual risk of such a claim being made by a debtor under national law against an assignee who has knowledge of the anti-assignment term and nevertheless proceeds to take the assignment." 27 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 99.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

271

vables") 28 , nicht jedoch für Forderungen aus Finanzverträgen bzw. Finanzdienstleistungsverträgen („financial receivables") zur Anwendung gelangen. Regelungszweck des Art. 9 Abs. 3 ZessÜ ist die Sicherstellung, dass Forderungen aus Finanzdienstleistungen, sofern sie überhaupt vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasst werden, 29 nicht der Vorschrift des Art. 9 ZessÜ über die Rechtsfolgen einer abredewidrig erfolgten Forderungsabtretung unterliegen. 30 Der Grund für die Beschränkung des Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ auf bestimmte, in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ genannte Forderungen liegt unter anderem darin, dass ein Widerspruch des ZessÜ mit bestehenden und anerkannten Geschäftspraktiken in Bezug auf nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählte Forderungen vermieden werden soll. 31 Vor diesem Hintergrund bleibt jedoch offen, warum die Nichtanwendbarkeit des Art. 9 ZessÜ für Forderungen aus Finanzdienstleistungen nicht ausdrücklich in diese Vorschrift aufgenommen worden ist, sei es neben oder an Stelle der Aufzählung in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ. 3 2 2.

Erfasste Forderungen (Art. 9 Abs. 3 ZessÜ)

Jene Forderungen, für welche die Vorschriften über die vertraglichen Abtretungsbeschränkungen nach Art. 9 ZessÜ gelten, werden in Art. 9 Abs. 3 lit. a bis d ZessÜ abschließend aufgezählt. Ob es sich bei den in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählten Forderungen um bestehende oder zukünftige Forderungen 33 handelt, ist ebenso unerheblich, wie die Tatsache, ob sie einzeln, gemeinsam mit anderen (global) oder teilweise abgetreten werden. An erster Stelle nennt Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ Forderungen, die aus einem Grundvertrag über die Lieferung oder die Vermietung von beweglichen Sachen (Waren 34 ) oder die Erbringung von Dienstleistungen, aus einem Bauvertrag oder einem Vertrag über den Verkauf oder die Vermietung

28

Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (201) bezeichnet diese Forderungen als „ordinary trade receivables". 29 Vgl. den umfangreichen „Ausschlußkatalog" nach Art. 4 Abs. 2 ZessÜ. 30 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 37; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 172. 31 S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 46. 31 Ausführlich Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 40 und 104. 32 Eine entsprechende Fragestellung findet sich auch bei Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 122. 33 Die Anregung, den Anwendungsbereich des Art. 9 ZessÜ auf eine Globalabtretung zukünftiger Forderungen zu beschränken, Abtretungen bestehender Forderungen somit auszunehmen, ist nicht weiter verfolgt worden. S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 101. 34 Der Begriff „goods" umfasst lediglich bewegliche Sachen; vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 148.

272

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

von Grundstücken hervorgehen. Forderungen aus einem Vertrag über die Erbringung von Finanzdienstleistungen sind jedoch ausdrücklich von den in Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ erfassten Forderungen ausgenommen. 35 Dieser Ausnahme bedurfte es, da solche Forderungen nicht bereits nach Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ zur Gänze vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen sind. 36 Forderungen aus Finanzdienstleistungsverträgen sind beispielsweise Kreditforderungen oder Forderungen aus Versicherungsverträgen. 37 Der Begriff „Finanzdienstleistungen" umfasst auch die Bevorschussung von Forderungen und den Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen (Factoring), selbst wenn zu diesen Dienstleistungen noch andere kommen, die keine Finanzdienstleistungen im strengen Wortsinn sind, wie beispielsweise die Buchhaltung oder der Einzug von Forderungen. Somit ist auch das Factoring eine „Finanzdienstleistung" i.S.d. Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ. 38 Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass Forderungen des Zedenten (Lieferanten) aus Warenkauf- und Dienstleistungsverträgen, die auf Grund eines Factoringvertrages an den Zessionar (Factor) abgetreten werden, nicht von Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ erfasst werden und daher rechtsgeschäftliche Abtretungsbeschränkungen zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten nicht nach Art. 9 ZessÜ zu beurteilen sind. Ebenso wenig darf jedoch auf Grund der Qualifikation des Factoring als Finanzdienstleistung m.E. angenommen werden, dass ein im Factoringvertrag zwischen dem Factor und dem Lieferanten vereinbartes Verbot der nachfolgenden Forderungsabtretung 39 zur Folge hat, dass Art. 9 ZessÜ auf diese Vereinbarung nicht anzuwenden ist. 40 Bezugspunkt ist stets die Forderung aus einem Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrag, die von Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ erfasst wird, weshalb für die Rechtsfolgen der zwischen 35 S. Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ: „arising from an original contract that is a contract for ... services other than financial services ...". 36 Die Begründung im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 102 („In order to avoid bringing back into the scope of the draft Convention financial receivables excluded in article 4, paragraph 3 explicitly provides that it does not apply to receivables arising from financial services.") ist m.E. zumindest irreführend, da sich bei Abtretungen von Forderungen aus Finanzverträgen, die nach Art. 4 ZessÜ vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind, die Frage nach der Anwendbarkeit des ZessÜ und somit auch des Art. 9 ZessÜ erst gar nicht stellt. 37 S. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 37: „Perhaps, the only practices that are not excluded in article 4 and may need to be excluded in article 11 [nun Art. 9 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] are those that relate to assignments of loans or of insurance receivables." 38 Ausdrücklich Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 150. 39 Für das FactÜ s. Art. 12 FactÜ. 40 Insoweit m.E. ungenau Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 105.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

273

dem Lieferanten (Zedenten) und dem Factor (Zessionar) getroffenen Vereinbarung Art. 9 ZessÜ maßgebend ist. Von Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ nicht gedeckt sind in diesen Fällen m.E. lediglich die Forderungen des Factors gegen den Lieferanten, die unmittelbar aus seiner Dienstleistung resultieren, z.B. Provisionsforderungen. Nur insoweit handelt es sich um Forderungen aus einem Grundvertrag (in dem Fall Factoringvertrag 41 ), der als ein Vertrag über die Erbringung einer Finanzdienstleistung i.S.d. Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ zu bewerten ist. Lediglich wenn für diese Forderungen eine rechtsgeschäftliche Abtretungsbeschränkung vorliegt, ist diese nicht nach Art. 9 ZessÜ, sondern nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Nach Art. 9 Abs. 3 lit. b ZessÜ gilt Art. 9 ZessÜ für die Abtretung von Forderungen aus einem Grundvertrag über den Verkauf, die Vermietung oder die Lizenzierung von gewerblichem oder anderem geistigem Eigentum oder anderer rechtlich geschützter Information (z.B. Kundenlisten, Handelsnamen 42 ), nach Art. 9 Abs. 3 lit. c ZessÜ für die Abtretung von Forderungen, welche die Zahlungsverpflichtung aus einem Kreditkartengeschäft darstellen. Als letzte Gruppe, für welche die Vorschriften des ZessÜ über vertragliche Abtretungsbeschränkungen gelten, nennt Art. 9 Abs. 3 lit. d ZessÜ jene Forderungen, die dem Zedenten nach einer Nettoabrechnung von Zahlungen gemäß einer Nettingvereinbarung, der mehr als zwei Vertragsparteien angehören, 43 geschuldet werden. Die Abtretung einer Forderung, die bei einer Beendigung einer Nettingvereinbarung entsteht (Schlussforderung beim close out Netting), ist gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ nicht vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgenommen, da die für den Ausschluss nach Art. 4 Abs. 2 lit. b ZessÜ vorliegenden Gründe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehen. Ebenso sind Forderungsabtretungen aus Verträgen zwischen anderen Unternehmen als Finanzierungsinstituten, für die eine Nettingvereinbarung besteht (so genanntes „industrial netting" 44 ), 41 In diesem Zusammenhang ist die Verwendung des Wortes „Grundvertrag" in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ missverständlich, da sowohl nach dem ZessÜ (s. Art. 5 lit. a ZessÜ) als auch nach dem FactÜ (s. Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 2 Abs. 1 FactÜ) der Grundvertrag ein Vertrag zwischen dem Zedenten (Lieferanten) und dem Schuldner ist, aus dem die abgetretene Forderung hervorgeht; der Factoringvertrag ist hingegen der Vertrag zwischen dem Factor und dem Zedenten (Lieferanten), auf Grund dessen die Forderung aus einem Grundvertrag abgetreten wird. 42 Diese Beispiele sind dem Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 173 entnommen. 43 Also mindestens drei Vertragsparteien; s. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 149. 44 Vgl. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 48; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 50.

274

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

nicht vom ZessÜ ausgeschlossen. Aus Art. 4 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. d ZessÜ folgt daher, dass die Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ nur hinsichtlich der Abtretung von Schlussforderungen, die dem Zedenten auf Grund einer Nettingvereinbarung zwischen Finanzierungsinstituten und Parteien einer „industrial netting" Vereinbarung geschuldet werden, anzuwenden sind. 45 Regelungszweck des Art. 9 Abs. 3 ZessÜ ist, wie bereits erwähnt, die Beschränkung des Anwendungsbereiches des Art. 9 ZessÜ auf Abtretungen von Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen. Für „financial receivables" soll Art. 9 ZessÜ nicht gelten. Dieser Ansatz wird jedoch nicht konsequent durchgehalten, denn die Art. 9 Abs. 3 lit. c und d ZessÜ erfassen Forderungen, die (zumindest auch) im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen entstehen können. 46 3.

Abredewidrige Forderungen

Abtretung nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ

angeführter

Werden Forderungen abredewidrig abgetreten, die nicht in Art. 9 Abs. 3 lit. a bis d ZessÜ aufgezählt sind, so sind die Rechtsfolgen einer solchen Abtretung nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 47 Sind Abtretungsbeschränkungen oder Abtretungsverbote nach dem jeweiligen nationalen Recht unwirksam, so soll nach der Absicht der Verfasser 48 das ZessÜ zur Anwendung gelangen; anerkennt hingegen das jeweilige nationale Recht die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen, so soll das ZessÜ nicht gelten. 49 Diese Frage erfordert m.E. eine differenzierte Erörterung, da mehrere Fallgruppen zu unterscheiden sind. Wird eine Forderung, die bereits gemäß Art. 4 Abs. 1 oder 2 ZessÜ vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen ist, entgegen einer vereinbarten Beschränkung oder einem vereinbarten Verbot abgetreten, so ist das ZessÜ unabhängig davon, wie nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht die Wirksamkeit einer derartigen Abtretung zu beurteilen ist, nicht anzuwenden. Unterliegt die Abtretung einer Forderung, für welche ein Abtretungsverbot vereinbart worden ist, grundsätzlich dem Anwendungsbereich des 45 Nach Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (740) erfasst Art. 9 Abs. 3 lit. d ZessÜ lediglich Schlussforderungen aus „non-financial netting agreements". 46 Dies wird auch im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 102 ungeachtet des Satzes: „Paragraph 3 is intended to limit the scope of application of article 11 to assignments of trade receivables." schlussendlich anerkannt. 47 Das ZessÜ enthält eine Verweisungsnorm für die Bestimmung des anwendbaren Rechts, wobei Art. 29 ZessÜ jedoch nur anzuwenden ist, sofern der Vertragsstaat keine opting out Erklärung nach Art. 39 ZessÜ abgegeben hat (Art. 1 Abs. 4 ZessÜ). 48 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 104. 49 Ebenso Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (52).

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

275

ZessÜ, ist jedoch die Forderung nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ angeführt, so ist die Frage der Wirksamkeit einer abredewidrig vorgenommenen Abtretung, wie bereits erwähnt, nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht 50 zu beurteilen. Ist nach dem maßgebenden nationalen Recht die Forderungsabtretung trotz des vereinbarten Abtretungsverbotes im Verhältnis zwischen dem Zedenten, dem Schuldner und dem Zessionar wirksam, so sind für die Abtretung grundsätzlich die Bestimmungen des ZessÜ maßgebend. Die rechtliche Stellung des Schuldners ist deshalb vorrangig nach dem ZessÜ zu beurteilen. Vereinfacht ausgedrückt decken sich in diesen Fällen im Hinblick auf die Wirksamkeit der Abtretung die Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 ZessÜ und das maßgebende nationale Recht. Fraglich ist jedoch, ob für die Ansprüche des Schuldners gegen den Zedenten auf Grund der abredewidrig vorgenommenen Abtretung eine analoge Anwendung 51 des Art. 9 Abs. 2 ZessÜ in Betracht zu ziehen ist, der grundsätzlich auf das jeweils anwendbare nationale Recht verweist, jedoch Einschränkungen enthält (z.B. keine Vertragsaufhebung), oder ob für diese ausschließlich das nationale Recht maßgebend ist. M.E. sollte das jeweils anwendbare unvereinheitlichte nationale Recht nicht nur über die Wirksamkeit einer abredewidrig erfolgten Abtretung, sondern auch über die Rechtsfolgen dieser Vertragsverletzung entscheiden, zumal die Bestimmung des Art. 9 ZessÜ nur für bestimmte Forderungen verabschiedet worden ist; gerade weil sich die Wirksamkeit der Abtretung nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählter Forderungen nicht aus dem ZessÜ ergibt, sollte nicht Art. 9 Abs. 2 ZessÜ für die Haftung des Zedenten herangezogen werden. Unterliegt eine nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählte Forderung dem Anwendungsbereich des ZessÜ und ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht die Forderungsabtretung zwar im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, nicht jedoch gegenüber dem Schuldner wirksam, so sind jedenfalls die den Schuldner betreffenden Bestimmungen nicht anzuwenden (insbesondere die Art. 15 bis 21 ZessÜ), zumal aus der Sicht des Schuldners keine Abtretung vorliegt. Anderes gilt jedoch m.E. für die Haftung des Zedenten, so insbesondere für seine mangels abweichender Vereinbarung bestehende Zusicherung, berechtigt zu sein, die Forderung abzutreten (Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ) 52 oder Art. 14 Abs. 1 lit. b ZessÜ. 50 S. Art. 29 ZessÜ: „Das Recht, dem der Grundvertrag unterliegt, bestimmt die Wirksamkeit von rechtsgeschäftlichen Beschränkungen der Abtretbarkeit zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, ...". 51 Eine unmittelbare Anwendung scheitert an dem Einleitungssatz von Art. 9 Abs. 3 ZessÜ („This article applies only to assignments of receivables: ..."). 52 Vgl. ausführlich 4. Teil, 2. Kapitel, H.A.

276

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen

der

Forderungsabtretung

Ist hingegen eine Forderungsabtretung grundsätzlich nach dem ZessÜ zu beurteilen, liegt jedoch keine der in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählten Forderungen vor und ist die abredewidrig erfolgte Abtretung nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht sowohl im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar als auch gegenüber dem Schuldner unwirksam, so ist m.E. zu differenzieren, zwischen welchen Parteien das Abtretungsverbot bzw. die Abtretungsbeschränkung verabredet worden ist. Haben dies der Schuldner und der Zedent vereinbart, sei es im Grundvertrag, sei es in einem separaten Vertrag, so ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Art. 9 Abs. 3 ZessÜ und dem nationalen Recht, dass das ZessÜ nicht zur Anwendung gelangen kann, da die Abtretung unwirksam ist und streng genommen eine „Abtretung" i.S.d. ZessÜ überhaupt nicht vorliegt, da der Zedent nach wie vor Inhaber der Forderung ist. Haben jedoch der Zedent und der Zessionar diese Vereinbarung anlässlich der ersten oder einer nachfolgenden Abtretung getroffen, so bleibt das ZessÜ für die bisher vorgenommene(n) Abtretung(en) wirksam, lediglich für die letzte, abredewidrige Abtretung gelangt es nicht zur Anwendung, da diese als unwirksam zu beurteilen ist. Würde eine als unwirksam zu beurteilende nachfolgende Abtretung die Nichtanwendbarkeit des ZessÜ für die vorangehenden Abtretungen bedeuten, so stünde dies im Widerspruch zu Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ. Denn unterliegt eine nachfolgende Abtretung dem ZessÜ lediglich deshalb, weil eine vorangegangene Forderungsabtretung dem ZessÜ unterliegt, so kann eine als unwirksam zu beurteilende Abtretung nicht den Ausschluss der bisher dem ZessÜ unterliegenden Abtretungen bewirken.

F. Fallbeispiele zu Art. 9 ZessÜ 1.

Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten

Vereinbaren der Zedent und der Schuldner mit Niederlassung in demselben Vertragsstaat (= Staat A) im Grundvertrag oder in einem gesonderten Vertrag ein Abtretungsverbot für die aus dem Grundvertrag resultierende Forderung und ist nach dem nationalen Recht eine abredewidrig vorgenommene Abtretung unwirksam, so kann sich der Schuldner erfolgreich auf das vereinbarte Abtretungsverbot berufen, wenn der Zedent seine Forderung an einen Zessionar mit Niederlassung im Inland (= Vertragsstaat A) abtritt. Nationale Abtretungen nationaler Forderungen erfüllen nicht das Erfordernis der Internationalität und sind daher nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Die rechtliche Beurteilung einer trotz des vereinbarten Abtretungsverbotes erfolgten Forderungsabtretung ändert sich jedoch, wenn der Zedent

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

277

seine Forderung an einen Zessionar I abtritt, der in einem anderen Staat (= Staat B) niedergelassen ist. In diesem Fall liegt eine internationale Abtretung einer nationalen Forderung nach Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 ZessÜ vor und die Forderungsabtretung unterliegt dem Anwendungsbereich des ZessÜ. Handelt es sich dabei um eine in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählte Forderung, so ist die vorgenommene Abtretung wirksam und der Schuldner auf die Rechtsbehelfe nach dem nationalen Recht - mit den in Art. 9 Abs. 2 ZessÜ normierten Begrenzungen - beschränkt. Im geschilderten Sachverhalt kann somit der Zedent durch die Auswahl seines Vertragspartners (des Zessionars) über die Wirkungen des mit dem Schuldner vereinbarten rechtsgeschäftlichen Abtretungsverbotes und somit über die Wirksamkeit einer abredewidrigen Forderungsabtretung entscheiden. 53 Die dargelegte Situation ist letztlich eine Konsequenz der Definition der nach dem ZessÜ erforderlichen Internationalität des zu beurteilenden Sachverhaltes. Nach Art. 3 ZessÜ erfüllt auch eine internationale Abtretung diese Anwendungsvoraussetzung. Bei einer Beschränkung des Kriteriums der Internationalität auf die Forderung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten wäre die oben dargelegte Fallkonstellation hingegen ausgeschlossen. 54 Der Schuldner wäre gegenüber dem Zessionar durch die Maßgeblichkeit des Forderungsstatutes geschützt (s. Art. 12 Abs. 2 EVÜ), bei einer nationalen Forderung somit durch das unvereinheitlichte nationale Zessionsrecht. Der Vorteil aus der Sicht eines in einem ZessÜ-Vertragsstaat niedergelassenen Zedenten liegt auf der Hand: Vereinbart er mit einem nicht in „seinem" Niederlassungsstaat befindlichen Zessionar eine Globalabtretung bestehender und zukünftiger Forderungen, so ist unabhängig davon, ob sich die einzelnen Schuldner im Vertragsstaat des Zedenten oder in anderen Vertragsstaaten 55 des ZessÜ befinden, und unabhängig davon, welche Wirkung einem allenfalls vereinbarten Abtretungsverbot nach dem unvereinheitlichten Recht dieser Staaten zukommt, Art. 9 Abs. 1 ZessÜ zu beachten. 56 Die soeben dargelegte rechtliche Beurteilung einer trotz des vereinbarten Abtretungsverbotes erfolgten Forderungsabtretung bleibt unverändert, 53

Darauf weist auch Lukas, ÖBA 2000, 501 (507) hin. Da das FactÜ nur bei einer Abtretung internationaler Forderungen zur Anwendung gelangt, nicht jedoch bei einer internationalen Abtretung nationaler Forderungen, ist es dem Lieferanten nicht möglich, durch die Auswahl des Factors über die Wirkungen eines mit dem Schuldner vereinbarten Abtretungsverbotes zu entscheiden. 55 In Bezug auf den Schuldner ist stets Art. 1 Abs. 3 ZessÜ zu beachten. 56 Wie bereits erwähnt, lässt jedoch das ZessÜ die Verpflichtung des Zedenten aus einer Vereinbarung über das Abtretungsverbot sowie eine auf Grund der Verletzung dieser Verpflichtung entstehende Haftung des Zedenten gegenüber dem Schuldner unberührt (s. Art. 9 Abs. 2 ZessÜ). 54

278

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

sofern der Zessionar I mit Niederlassung im Staat B in weiterer Folge als Zedent die Forderung an einen Zessionar II abtritt, der seine Niederlassung in demselben Staat wie der Schuldner (= Staat A) hat. Es liegt wiederum eine internationale Abtretung einer nationalen Forderung vor, die nach Art. 9 Abs. 1 ZessÜ wirksam ist. Aber selbst wenn in weiterer Folge der Zessionar II die Forderung als Zedent an einen Zessionar III mit Niederlassung in demselben Staat (= Staat A) abtritt, somit eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung vorliegt, ist die Wirksamkeit des Abtretungsverbotes nach Art. 9 ZessÜ zu beurteilen. Dies folgt aus Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ, denn das ZessÜ ist auch auf nachfolgende Abtretungen anzuwenden, welche die sachlichen und die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen nach Art. 1 und 3 ZessÜ nicht erfüllen, sofern eine vorangegangene Abtretung dem ZessÜ unterliegt. 2.

Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar

Art. 9 ZessÜ erfasst nicht nur Abtretungsbeschränkungen oder Abtretungsverbote, die vom Schuldner der Forderung und dem Gläubiger derselben vereinbart werden, sondern auch entsprechende Vereinbarungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, sei es bei der ersten Abtretung oder bei einer nachfolgenden Forderungsabtretung. Dabei sind mehrere Sachverhaltskonstellationen möglich. Zwei davon werden im Folgenden erörtert, wobei stets vorausgesetzt wird, dass es sich bei der abgetretenen Forderung um eine im Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählte handelt und zwischen dem Schuldner und dem Zedenten keine Abtretungsbeschränkung vereinbart worden ist. Vereinbaren der Zedent A und der Zessionar B mit Niederlassung in demselben Vertragsstaat X, nach dessen unvereinheitlichtem Recht einem Abtretungsverbot eine absolute Wirkung zukommt, eine Abtretung sämtlicher zukünftiger Forderungen des Zedenten und ein Abtretungsverbot für diese Forderungen (d.h. der Zessionar verpflichtet sich gegenüber dem Zedenten, die Forderungen nicht abzutreten), so ist für die Beurteilung der Wirkungen dieses Abtretungsverbotes bereits die Tatsache zu berücksichtigen, ob der Schuldner, mit dem der Zedent in Zukunft einen Grundvertrag abschließen wird, seine Niederlassung im Vertragsstaat X oder in einem anderen Staat hat. Die erste, ursprüngliche Abtretung vom Zedenten A an den Zessionar B ist stets wirksam, da sich das zwischen dem Zedenten A und dem Zessionar B vereinbarte Abtretungsverbot auf eine nachfolgende Abtretung bezieht. Die ursprüngliche Forderungsabtretung von A an B ist im ersten Fall (der Schuldner hat seine Niederlassung im Vertragsstaat X) als eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung zu beurteilen, die nicht dem ZessÜ unterliegt; im zweiten Fall (der Schuldner hat seine

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

279

Niederlassung in einem anderen Staat) liegt gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 ZessÜ eine nationale Abtretung einer internationalen Forderungen vor, die nach dem ZessÜ zu beurteilen ist. Im ersten Fall - nationale Abtretung einer nationalen Forderung - sind bei einer im Widerspruch zum vereinbarten Abtretungsverbot vorgenommenen nachfolgenden Abtretung durch B zwei Varianten denkbar. Tritt der Zessionar B seine Forderung an eine Person mit Niederlassung im Vertragsstaat X ab, so ist diese auf Grund der unvereinheitlichten gesetzlichen Vorschriften des Vertragsstaates X unwirksam. Schließt der Zessionar B, der seine Niederlassung im Vertragsstaat X hat, hingegen einen Abtretungsvertrag mit einer Person, die ihre Niederlassung in einem anderen Staat hat, so liegt eine internationale Abtretung einer nationalen Forderung vor, die gemäß Art. 1 Abs. 2 ZessÜ dem Übereinkommen unterliegt, weshalb die vereinbarungswidrig erfolgte nachfolgende Abtretung durch B nach Art. 9 ZessÜ zu beurteilen ist. Die Abtretung ist also wirksam und die Haftung des B gegenüber A ist nach Art. 9 Abs. 2 ZessÜ zu beurteilen. Im zweiten Fall ist bereits die erste Abtretung als nationale Abtretung einer internationalen Forderung nach dem ZessÜ zu beurteilen. Dies gilt gemäß Art. 1 lit. b ZessÜ auch für eine nachfolgende Abtretung von B. Die Wirksamkeit des Abtretungsverbotes zwischen dem Zedenten A und dem Zessionar B auf die abredewidrig erfolgte nachfolgende Abtretung ist daher nach Art. 9 ZessÜ zu beurteilen, d.h. der Zedent A kann sich nicht mit Erfolg auf das mit seinem Zessionar B vereinbarte Abtretungsverbot berufen. Für die Haftung des B gegenüber A ist wiederum Art. 9 Abs. 2 ZessÜ maßgebend.

G. Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ Art. 9 ZessÜ trifft keine Unterscheidung in Bezug auf die rechtliche Stellung des Schuldners einer Forderung, für die eine Beschränkung oder ein Verbot ihrer Abtretbarkeit vereinbart worden ist. Entscheidend für die Anwendung des Art. 9 ZessÜ ist grundsätzlich nur, ob die abgetretene Forderung in Art. 9 Abs. 3 lit. a bis d ZessÜ angeführt wird. Im Hinblick auf bestimmte Schuldner gewährt das Übereinkommen den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit, einen Vorbehalt zu Art. 9 ZessÜ zu erklären. Nach Art. 40 Satz 1 ZessÜ kann ein Staat jederzeit eine Erklärung abgeben, ob oder in welchem Umfang Art. 9 ZessÜ für ihn nicht verbindlich ist, sofern der Schuldner eine zentrale oder lokale Regierung, eine Untereinheit derselben oder ein für einen öffentlichen Zweck gegründeter Rechtsträger ist, der bei Abschluss des Grundvertrages seine Niederlas-

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5. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

sung in dem diese Erklärung abgebenden Staat hat. 57 Besteht zugunsten eines in Art. 40 ZessÜ bezeichneten staatlichen oder öffentlichrechtlichen Schuldners ein nationales gesetzliches Abtretungsverbot, so folgt bereits aus Art. 8 Abs. 3 ZessÜ, dass dieses von Art. 9 ZessÜ nicht berührt wird. Enthält die jeweilige nationale Rechtsordnung zwar kein entsprechendes gesetzliches Abtretungsverbot, entspricht es jedoch der bestehenden Geschäftspraxis, ein Abtretungsverbot zugunsten derartiger Schuldner zu vereinbaren, so soll durch die Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 40 ZessÜ 58 für jene Staaten, in denen derartige Abtretungsbeschränkungen in der Vertragspraxis üblich sind, die Akzeptanz zur Ratifikation des ZessÜ erhöht werden. 59 Gibt ein Staat eine Erklärung nach Art. 40 Satz 1 ZessÜ ab, so bestimmt Art. 40 Satz 2 ZessÜ als Wirkung der Vorbehaltserklärung, dass Art. 9 ZessÜ keinen Einfluss auf die Rechte und Pflichten des Schuldners hat. Damit soll nach der Absicht der Verfasser 60 zum Ausdruck gebracht werden, dass die Abtretung zwar im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner unwirksam ist, nicht jedoch im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, da der Schutz des Schuldners es nicht erfordere, die Abtretung zur Gänze für unwirksam zu erklären. Da die Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar als wirksam zu bewerten ist, behält der Zessionar grundsätzlich seine Vorrangstellung gegenüber konkurrierenden Anspruchsberechtigten. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet dies, dass die den Schuldner betreffenden Vorschriften des ZessÜ (insbesondere Art. 15 bis 21 ZessÜ) in solchen Fällen nicht gelten und der Schuldner nur gegenüber dem Zedenten zur Leistung verpflichtet ist (und nur ihm gegenüber schuldbefreiend leisten kann), der Zedent jedoch den Erlös an den Zessionar (als Forderungsinhaber im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar) herauszugeben hat. Zumindest auf den ersten Blick ist die Formulierung des Art. 40 ZessÜ gemessen an seinem Regelungszweck m.E. undeutlich. 61 Aus Art. 40 57 Nach Art. 40 Satz 3 ZessÜ können in einer derartigen Erklärung jene Arten von öffentlichen Rechtsträgern aufgelistet werden, auf welche sich die Erklärung bezieht, was aus Rechtssicherheitsgründen von den Staaten gefordert werden sollte. 58 Zunächst war keine Vorbehaltsmöglichkeit, sondern ein Ausschluss des Art. 9 ZessÜ für derartige Fälle vorgesehen. Die Vorbehaltsmöglichkeit stellt einen Kompromiss zwischen der Ansicht dar, solche Schuldner bedürfen auf Grund ihrer Machtposition keines besonderen Schutzes, und der Ansicht, Art. 9 ZessÜ sei bei solchen Schuldnern generell nicht anzuwenden. S. zur Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 107 bis 115. 59 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 213. 60 Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489/Add.l, Rn. 64. 61 Die Formulierung des Art. 40 ZessÜ wird auch von Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 123 thematisiert.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

281

Satz 1 ZessÜ kann der Schluss gezogen werden, dass der gesamte Art. 9 ZessÜ für den die Erklärung abgebenden Staat - mangels Verbindlichkeit 62 - nicht gilt. 63 Bei diesem Verständnis des Art. 40 Satz 1 ZessÜ würde die Rechtslage im Ergebnis jener entsprechen, welche besteht, sofern Forderungen abgetreten werden, die nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählt sind. Aus Art. 40 Satz 2 ZessÜ folgt jedoch, dass nach Abgabe einer derartigen Vorbehaltserklärung - als Wirkung des Vorbehaltes - lediglich die Rechte und die Pflichten des Schuldners durch Art. 9 ZessÜ nicht berührt werden, anderenfalls jedoch Art. 9 ZessÜ zu beachten ist (insbesondere die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar). Die Wirkung einer Vorbehaltserklärung nach Art. 40 Satz 1 ZessÜ wäre m.E. bei folgender Formulierung sogleich auf den ersten Blick zum Ausdruck gekommen: „Ein Staat kann jederzeit erklären, dass bei Verletzung einer rechtsgeschäftlichen Beschränkung von Abtretungen eine Verletzung dieser Vereinbarung keine Rechtswirkungen für den Schuldner entfaltet, sofern der Schuldner ...". Art. 40 ZessÜ räumt einem Staat eine weitere Gestaltungsmöglichkeit ein, indem dieser auch eine Erklärung abgeben kann, dass Art. 9 ZessÜ für ihn nur in einem bestimmten Umfang unverbindlich ist. Worauf sich diese Formulierung bezieht, bleibt m.E. auf den ersten Blick unklar. 64 Die Rechtsfolgen einer derartigen Vorbehaltserklärung ergeben sich wiederum aus Art. 40 Satz 2 ZessÜ. Eine Erklärung des Staates, dass Art. 9 ZessÜ für ihn nur in einem bestimmten Umfang unverbindlich ist, kann sich beispielsweise auf die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ genannten Forderungen beziehen. Ein Staat könnte erklären, dass die Vorschriften des ZessÜ über vertragliche Abtretungsbeschränkungen unter den in Art. 40 ZessÜ angeführten Voraussetzungen für ihn nicht verbindlich sind, sofern es sich bei den abgetretenen Forderungen um solche aus einem Grundvertrag über den Verkauf oder die Vermietung von Grundstücken (Art. 9 Abs. 3 lit. b ZessÜ) handelt. Vom Wortlaut des Art. 40 Satz 1 ZessÜ wäre m.E. aber auch eine Erklärung gedeckt, wonach im Fall einer verbotswidrigen Abtretung die Haftungseinschränkung des Art. 9 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ nicht gelten soll. 65 Aus dem Wortlaut des Art. 40 Satz 1 ZessÜ folgt, dass eine Vorbehaltserklärung nicht lediglich für die Bestimmung des Art. 9 ZessÜ abgegeben

62

S. Art. 40 Satz 1 ZessÜ: „that it will not be bound". So auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 123. 64 Die Materialien enthalten zu dieser Formulierung, soweit ersichtlich, keine erläuternden Bemerkungen. 65 Praktisch betrachtet werden jedoch diejenigen Staaten, die einen Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ abgeben werden, erklären, dass (der gesamte) Art. 9 ZessÜ unter den erforderlichen Voraussetzungen für sie nicht verbindlich ist. 63

282

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

werden kann, sondern sich diese auch auf Art. 10 ZessÜ (Übertragung von Sicherungsrechten) 66 zu beziehen hat. 67 Die Vorbehaltserklärung ist m.E. von allen Staaten zu beachten, deren Gerichte das ZessÜ anwenden, und nicht nur vom jeweiligen Vorbehaltsstaat. Maßgebend für die Wirkung des Vorbehaltes nach Art. 40 Satz 2 ZessÜ ist, dass der Schuldner bei Abschluss des Grundvertrages in einem Vorbehaltsstaat niedergelassen ist 68 und bestimmte Kriterien hinsichtlich seiner Organisationsform erfüllt.

H. Erklärung eines Staates nach Art. 41 ZessÜ Im Zusammenhang mit Art. 9 ZessÜ ist auch Art. 41 ZessÜ zu beachten. Nach dieser Bestimmung kann ein Staat jederzeit die Erklärung abgeben, dass er das ZessÜ auf bestimmte Arten von Abtretungen 69 oder auf die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen, die deutlich in dieser Erklärung beschrieben werden, nicht anwenden wird. 70 Von dieser Vorbehaltsmöglichkeit sind allerdings jene Forderungen ausgeschlossen, für die nach Art. 9 Abs. 3 ZessÜ die Vorschriften des ZessÜ über vertragliche Abtretungsbeschränkungen gelten (Art. 41 Abs. 3 ZessÜ). Mit dieser Bestimmung soll offensichtlich verhindert werden, dass Staaten, nach deren unvereinheitlichtem Recht einer vereinbarten Beschränkung der Abtretbarkeit eine von Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ abweichende Wirkung zukommt, im Wege einer Erklärung nach Art. 41 ZessÜ den Anwendungsbereich des Art. 9 ZessÜ „aushöhlen", indem sie die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ genannten Forderungen zum Bestandteil einer Erklärung nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ machen.

66 Zu Art. 10 ZessÜ s. 3. Teil, 3. Kapitel, II.; zur Vorbehaltserklärung betreffend Art. 10 ZessÜ 3. Teil, 3. Kapitel, II.G. 67 Art. 40 Satz 1 ZessÜ: „... by articles 9 and 10 ..." [Hervorhebung durch die Verfasserin], 68 Ob das auf den Grundvertrag anwendbare Recht das Recht des Vorbehaltsstaates ist, ist in Zusammenhang mit Art. 40 ZessÜ irrelevant. 69 Beispielsweise Globalabtretungen oder Teilabtretungen, jedoch auch Factoring oder die Abtretung zu Sicherungszwecken (s. Art. 2 lit. a Satz 2 ZessÜ) oder Abtretungen im Rahmen von Securitization. 70 Ausführlich zum Art. 41 ZessÜ s. 2. Teil, 1. Kapitel, V.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

283

III. Abtretungsbeschränkungen nach dem FactÜ A. Einleitung In der Factoringbranche sind Abtretungsverbote unerwünscht. Es liegt nicht im Interesse des Factors, jede einzelne Forderung auf das Bestehen eines Abtretungsverbotes zu überprüfen, da er an einer schnellen Abwicklung des Factoringgeschäftes interessiert ist. So verwundert es nicht, dass während der Ausarbeitung des FactÜ insbesondere die Vertreter der Factoringbranche zur Erleichterung und Förderung des internationalen Factoring gegen die Unwirksamkeit einer abredewidrig erfolgten Abtretung aufgetreten sind. 71 Umstritten war, ob der Schutz des Schuldners oder die Erleichterung des internationalen Factoring vorrangig berücksichtigt werden soll. 72 Auf Grund der unüberwindbar erscheinenden gegensätzlichen Positionen war die Aufnahme einer Vorschrift über das Abtretungsverbot zwischenzeitlich sogar überhaupt in Frage gestellt worden. 73 Bei der Konferenz in Ottawa wurde die Bestimmung über die Regelung des Abtretungsverbotes heftig diskutiert. 74 Der gefundene Kompromiss 75 wurde sodann ohne Gegenstimme bei nur einer Enthaltung angenommen. 76 Das FactÜ regelt die Rechtsfolgen einer abredewidrig erfolgten Abtretung in Art. 6. Diese Vorschrift, welche als Kernstück des FactÜ bewertet wird, 77 umfasst drei Absätze: Abs. 1 FactÜ enthält den Grundsatz, Abs. 2 71 Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 269 (Diskussionsbeitrag von Sommer, Vertreter von Factors Chain International). 72 In ihrer Argumentation beriefen sich beide Seiten auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit. Die Befürworter einer grundsätzlichen Wirksamkeit der abredewidrigen Abtretung argumentierten, dass es dem Lieferanten nicht verboten werden könne, seine Forderung abzutreten, die Gegner, dass der Lieferant und der Schuldner im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit durch Vereinbarung die Befugnis zur Abtretung ausschließen können. Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 37 bis 42; UNIDROIT 1987, Study LVIII Doc. 33, Rn. 31 bis 34 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 96 f. Rn. 31 bis 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 117 f. Rn. 31 bis 34. 73 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 34 bis 36. 74 Vgl. zur Konferenz UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 16, 264 ff.; UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 20, 297 ff. sowie UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 310. 75 Dieser besteht in der Möglichkeit, einen Vorbehalt zu erklären. Während der Konferenz wurde eine Arbeitsgruppe für Art. 6 FactÜ eingesetzt, welche im Wesentlichen den der Konferenz bereits vorliegenden Text übernahm. Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/C.l/W.P. 47, 253 f. 76 UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 310. 77 UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 69 Rn. 34. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 183 m.w.N.

284

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

normiert die Ausnahme vom Grundsatz und Abs. 3 bezieht sich auf eventuelle Ansprüche des Schuldners gegen den Lieferanten auf Grund der abredewidrig erfolgten Abtretung.

B. Der Grundsatz nach Art. 6 Abs. 1 FactÜ Als Grundsatz bestimmt Art. 6 Abs. 1 FactÜ, dass die Forderungsabtretung durch den Lieferanten an den Factor trotz einer Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner, die eine derartige Abtretung verbietet, wirksam ist. Nach dem Konzept des FactÜ geht daher die Forderung selbst bei Bestehen eines vertraglichen Abtretungsverbotes wirksam auf den Factor über; dieser wird neuer Forderungsinhaber. Im Gegensatz zu Art. 5 und 7 FactÜ enthält Art. 6 Abs. 1 FactÜ keine Beschränkung der Wirkung einer verbotswidrigen Abtretung auf die Parteien des Factoringvertrages. 78 Der Forderungsübergang wirkt also nicht nur im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor, sondern auch gegenüber dem Schuldner. 79 Da der Factor auch gegenüber dem Schuldner neuer Forderungsinhaber ist, kann dieser nur noch an den Factor mit schuldbefreiender Wirkung zahlen (Art. 8 FactÜ); ebenso sind die Einwendungen nach Art. 9 FactÜ gegenüber dem Factor zu erheben. Art. 6 Abs. 1 FactÜ „beschränkt" sich jedoch auf die Festlegung der Wirksamkeit einer verbotswidrig erfolgten Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner. Fragen der Priorität, d.h. ob der Zessionar sich auch Dritten gegenüber auf die Abtretung berufen kann, werden grundsätzlich nicht geregelt. Vergleichbar dem Art. 5 FactÜ, erfasst die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 FactÜ nur einen einzelnen Tatbestand und schließt diesen im Anwendungsbereich des FactÜ als Unwirksamkeitsgrund für eine Forderungsabtretung aus. 80 Insoweit, d.h. hinsichtlich der Rechtsfolgen einer vereinbarungswidrig erfolgten Abtretung, verdrängt Art. 6 Abs. 1 FactÜ das auf die 78

Art. 6 FactÜ lautet nicht „as between the parties to the factoring contract". So auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 185; Brink in MiinchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 32; insoweit m.E. ungenau Goode in FS Sauveplanne 91 (101) und Ferrari, RIW 1996, 181 (182), nach deren Ansicht das FactÜ nur das Verhältnis zwischen den Parteien regle. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 34 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 97 Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 121 Rn. 34: „... the general principle ... means on the one hand that the prohibition on assignment agreed by the parties to the contract of sale has no effect on the validity of the assignment of the receivable as between the parties to the factoring contract and on the other that it does not prevent such an assignment having effects on the debtor." 79

80 Ebenso UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 34 = UNIDROIT, Proceedings I, 97 Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 121 Rn. 34.

Acts and

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

285

konkrete Forderungsabtretung jeweils anwendbare nationale Recht. Die Forderung geht selbst dann auf den Factor über, wenn nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht eine abredewidrige Forderungsabtretung unwirksam ist. Alle anderen Voraussetzungen eines wirksamen Forderungsüberganges sind jedoch - unter Berücksichtigung des Art. 5 FactÜ weiterhin nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 FactÜ folgt klar, dass der Grundsatz lediglich für ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot 81 gilt. Allfällige gesetzliche Abtretungsverbote, die nach dem auf die Forderungsabtretung jeweils anwendbaren nationalen Recht bestehen, werden von Art. 6 Abs. 1 FactÜ nicht erfasst 82 und somit nicht verdrängt.

C. Die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 2 FactÜ 1.

Einleitung

Art. 6 Abs. 2 FactÜ bestimmt die Ausnahme zum Grundsatz nach Art. 6 Abs. 1 FactÜ. 83 Unter der Voraussetzung, dass der Schuldner in einem Vertragsstaat niedergelassen ist, der einen Vorbehalt 84 nach Art. 18 FactÜ 85 erklärt hat, 86 ist die verbotswidrige Forderungsabtretung ihm gegenüber unwirksam. 87 Da nach Art. 6 Abs. 1 FactÜ eine verbotswidrige Abtretung sowohl im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor als auch gegenüber dem Schuldner grundsätzlich wirksam ist, folgt aus dem 81 Die Vereinbarung des Abtretungsverbotes wird in der Regel im Grundvertrag enthalten sein. 82 So auch Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 86; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 185; Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 31. 83 Das Grundsatz-Ausnahme-Verhältnis des Art. 6 Abs. 1 zu Art. 6 Abs. 2 FactÜ wird durch das Wort „however" bzw. „toutefois" zum Ausdruck gebracht. 84 Die Idee, den Staaten eine Vorbehaltsmöglichkeit einzuräumen, findet sich zum ersten Mal im Dokument UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 36. Bei Erklärung des Vorbehaltes sollte an Stelle der Vorschrift des FactÜ das jeweils anwendbare nationale Recht über die Rechtsfolgen des Abtretungsverbotes entscheiden; vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 26, Rn. 4 ff. Aus Gründen der Rechtssicherheit setzte sich jedoch der Vorschlag durch, diese Frage nicht dem nationalen Recht zu überlassen, sondern durch eine eigene Sachvorschrift im FactÜ zu regeln; vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII-Doc. 32, Rn. 16. 85 Nach Art. 20 FactÜ sind Vorbehalte nur zulässig, soweit sie im FactÜ für zulässig erklärt werden. Der Vorbehalt nach Art. 18 FactÜ ist der einzig zulässige im FactÜ. 86 Eine Vorbehaltserklärung nach Art. 18 FactÜ haben bisher Frankreich und Lettland abgegeben. 87 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 34 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 97 Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 121 Rn. 34: paragraph 2 ... will ... protect the debtor from any effects of the assignment on him ...".

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3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

G r u n d s a t z - A u s n a h m e - V e r h ä l t n i s d e s A b s . 1 zu A b s . 2, d a s s d i e A b t r e t u n g l e d i g l i c h g e g e n ü b e r d e m Schuldner u n w i r k s a m ist, nicht j e d o c h i m V e r hältnis z w i s c h e n d e m Lieferanten und d e m Factor. 8 8 M i t anderen Worten: N u r aus d e m B l i c k w i n k e l d e s S c h u l d n e r s ist der Lieferant n o c h Inhaber der abgetretenen Forderung. W e l c h e R e c h t s f o l g e n damit i m E i n z e l n e n verbund e n sind, regelt j e d o c h w e d e r Art. 6 A b s . 2 F a c t Ü n o c h e i n e andere V o r schrift d e s F a c t Ü . 8 9 D i e Vorbehaltserklärung nach Art. 18 F a c t Ü - und s o m i t Art. 6 A b s . 2 F a c t Ü - ist in allen Staaten zu beachten, deren Gerichte das F a c t Ü a n w e n d e n , 9 0 und nicht nur v o n den j e w e i l i g e n Vorbehaltsstaaten, 9 1 da e s auf d i e N i e d e r l a s s u n g d e s S c h u l d n e r s in e i n e m Vorbehaltsstaat a n k o m m t . D e r V o r b e h a l t wirkt a l s o unmittelbar. 9 2 D i e B e a c h t u n g der Vorbehaltserklärung hat zur F o l g e , dass i m konkreten Fall d i e V o r s c h r i f t d e s Art. 6 A b s . 2 F a c t Ü a n z u w e n d e n ist, d i e m a n g e l s V o r b e h a l t u n b e a c h t l i c h wäre. A u s d e m Wortlaut d e s Art. 6 A b s . 1 i . V . m . A b s . 2 F a c t Ü ergibt sich j e d o c h , 9 3 dass für d i e B e g r ü n d u n g der U n w i r k s a m k e i t der Abtretung g e g e n über d e m S c h u l d n e r d e s s e n N i e d e r l a s s u n g in e i n e m Vorbehaltsstaat für

88 S. nur Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 41 und 48 m.w.N. A.A. Torsello, Reservations to international uniform commercial law Conventions, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2000, 85 (106 f.) unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 18 Abs. 2 FactÜ welcher (auszugsweise) lautet: „However, such assignment shall not be effective against the debtor ...". 89 Vgl. zu den Rechtsfolgen 3. Teil, 2. Kapitel, III.C.2. 90 A.A. Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (610); Zaccaria, IPRax 1995, 279 (285), der Vorbehalt sei nur zu beachten, wenn das IPR zur Anwendung des Rechts eines Vorbehaltsstaates führe; Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 47, der Vorbehalt sei nur in den Vertragsstaaten zu beachten. Die hier vertretene Ansicht wird von Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 189, geteilt. 91 So auch die unwidersprochen gebliebene Interpretation vom französischen Delegierten Beraudo, vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.I/S.R. 20, 298 (Diskussionsbeitrag Chairman = Sevon). 92 A.A. Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (370 f.), nach welcher der Vorbehalt nur wirkt, wenn nach dem IPR bezüglich der Abtretung das Recht des Vorbehaltsstaates bzw. eines Staates gilt, nach dem die Abtretung keine Wirkungen gegenüber dem Schuldner entfaltet. Ebenso Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (353 f., insbesondere Fn 91). Beide Autoren beziehen sich dabei auf einen von UNIDROIT zum Zeitpunkt der Verabschiedung nicht mehr vertretenen Standpunkt (nämlich UNIDROIT 1986, Study LVIII Doc. 26, Rn. 4 ff., s. aber UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 16). Für die unmittelbare Wirkung des Vorbehaltes vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 33 f. = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 97 Rn. 33 f. = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 119 Rn. 33 f. Ebenso von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 239 Fn 588 m.w.N. 93 Art. 6 Abs. 1 FactÜ: „... any agreement ... prohibiting such assignment" bzw. „toute Convention ... prohibant une telle cession"; Art. 6 Abs. 2 FactÜ: „However, such assignment ..." bzw. „Toutefois, la dite cession ...".

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

287

sich allein nicht ausreichend ist; zusätzlich bedarf es der Vereinbarung eines Abtretungsverbotes zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten. 94 Maßgebend ist die Niederlassung 95 des Schuldners im Zeitpunkt des Abschlusses des Warenkauf- 96 oder Dienstleistungsvertrages. Wie bereits erwähnt, enthält das FactÜ keine diesbezüglichen Regeln, weshalb der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen ist. Verlegt der Schuldner seine Niederlassung nach dem Abschluss des Grundvertrages in einen anderen Staat, so ist das für die Wirkung des Vorbehaltes ohne Bedeutung. Will der Schuldner bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des FactÜ die Wirksamkeit einer abredewidrig erfolgten Forderungsabtretung im Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten unterbinden (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FactÜ), so kann er dieses Ziel - aus der Sicht des FactÜ - nur erreichen, indem er mit dem Lieferanten gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 FactÜ den Ausschluss des gesamten FactÜ (und somit auch der Vorschrift des Art. 6 FactÜ) vereinbart. Die Rechtsfolgen einer gegen ein vertragliches Abtretungsverbot verstoßenden Forderungsabtretung sind in diesem Fall sowohl für das Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten als auch für jenes zwischen dem Factor und dem Schuldner nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 2.

Rechtliche

Stellung des

Schuldners

Nach der Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 FactÜ ist die abredewidrig erfolgte Abtretung an den Factor (lediglich) gegenüber dem Schuldner unwirksam. Wie die Rechtsfolgen dieser Unwirksamkeit im Detail aussehen, wird nicht geregelt. Auch ein Rückgriff auf die Materialien ist nicht sehr ergiebig. 97 Im letzten Erläuterungsbericht findet sich ein Anhaltspunkt für die Auslegung des Art. 6 Abs. 2 FactÜ, formuliert aus der Sicht des Factors: Bei Geltung des Art. 6 Abs. 2 FactÜ könne sich der Factor nicht auf die Art. 8

94

Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 34 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 97 Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 121 Rn. 34; Kitsaras, Unidroit-Ubereinkommen 88; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 189. 95 Hat der Schuldner mehr als eine Niederlassung, so ist die im konkreten Fall maßgebende Niederlassung nach Art. 2 Abs. 2 FactÜ zu bestimmen. 96 Art. 6 Abs. 2 FactÜ enthält nur den Begriff Warenkaufvertrag; aus Art. 1 Abs. 3 FactÜ folgt jedoch, dass damit auch ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen umfasst ist. 97 So wird in UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 16 in Bezug auf die rechtliche Stellung des Schuldners lediglich festgehalten: „... the prohibition would on the other hand deprive the assignment of any effect in his regard." (Hervorhebung durch die Verfasserin).

288

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

b i s 10 F a c t Ü b e r u f e n . 9 8 D i e s erscheint f o l g e r i c h t i g , d e n n d i e Art. 8 b i s 10 F a c t Ü regeln das R e c h t s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e m Factor und d e m S c h u l d n e r . " Ist die Abtretung in d i e s e m R e c h t s v e r h ä l t n i s u n w i r k s a m , s o k ö n n e n auch nicht die V o r s c h r i f t e n h e r a n g e z o g e n werden, deren R e g e l u n g s g e g e n stand sich auf e b e n d i e s e s Verhältnis bezieht. A u s d e m Wortlaut d e s Art. 6 A b s . 2 F a c t Ü ( „ e i n e Forderungsabtretung ist g e g e n ü b e r d e m S c h u l d n e r u n w i r k s a m " ) f o l g t , dass aus der S i c h t d e s S c h u l d n e r s der Lieferant der b e r e c h t i g t e Forderungsinhaber ist. Fordert daher der Factor den S c h u l d n e r zur Z a h l u n g auf, s o kann er d e s s e n Zahl u n g s b e g e h r e n unter B e r u f u n g auf d i e i h m g e g e n ü b e r u n w i r k s a m e Abtretung a b w e h r e n . 1 0 0 Fraglich ist j e d o c h , o b der S c h u l d n e r bei G e l t u n g d e s V o r b e h a l t e s und s o m i t bei A n w e n d u n g d e s Art. 6 A b s . 2 F a c t Ü b e r e c h t i g t ist, mit s c h u l d b e f r e i e n d e r W i r k u n g an den Factor zu zahlen. D i e s e Frage ist m . E . nach d e m j e w e i l s a n w e n d b a r e n nationalen R e c h t zu b e a n t w o r t e n , da, w i e bereits erwähnt, Art. 8 F a c t Ü bei einer v e r b o t s w i d r i g e r f o l g t e n A b tretung nicht zu b e a c h t e n ist und z u d e m l e d i g l i c h regelt, w a n n der S c h u l d ner verpflichtet ist, an d e n Factor zu leisten. 1 0 1 D e r v o n Häusler102 vertretenen A n s i c h t , der S c h u l d n e r k ö n n e auf den S c h u t z des Art. 6 A b s . 2 F a c t Ü verzichten, da durch d i e s e U n w i r k s a m k e i t

98 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 34 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 97 Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 121 Rn. 34: „It follows that the factor cannot, in cases contemplated by Article 5, paragraph 2, rely on the provisions of the future Convention dealing with the position of the debtor subsequent to the assignment, namely Article 7 to 9." Gemeint sind Art. 6 Abs. 2 bzw. die Art. 8 bis 10 FactÜ. 99 Art. 8 FactÜ bestimmt, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner zur Zahlung an den Factor verpflichtet ist (Abs. 1) und seiner Zahlung an den Factor schuldbefreiende Wirkung zukommt (Abs. 2). Art. 9 Abs. 1 FactÜ regelt das Recht des Schuldners, dem Zahlungsbegehren des Factors Einwendungen aus dem Grundvertrag entgegenzuhalten, Art. 9 Abs. 2 FactÜ das Recht des Schuldners zur Aufrechnung mit Gegenforderungen. Art. 10 FactÜ befasst sich mit dem Anspruch des Schuldners, den bereits gezahlten Betrag vom Factor zurückzufordern. 100 H.A. S. nur Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (611); Rebmann, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Abtretungsrecht, in: Diederichsen u.a. (Hrsg.), Festschrift für Walter Rolland zum 70. Geburtstag (1999) 291 (296). 101 Nach Ansicht von von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 222, besteht bei Nichtanwendung des Art. 8 FactÜ ein Wahlrecht des Schuldners, denn die Nichtanwendung bedeute, dass eine schuldbefreiende Leistung sowohl an den Factor als auch an den Lieferanten in Betracht kommt. I.d.S. ist jedoch der Hinweis in den Materialien m.E. nicht zu verstehen. Aus der angesprochenen Anmerkung in den Materialien kann lediglich auf die Auffassung der Verfasser geschlossen werden, dass bei einer verbotswidrigen Abtretung, die gegenüber dem Schuldner unwirksam ist, die Vorschriften der Art. 8 bis 10 FactÜ für die Beurteilung des konkreten Falles nicht heranzuziehen sind. 102 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 191; ihm folgend Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 59.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

289

der Forderungsabtretung nur der Schuldner geschützt werden solle, kann daher nicht ohne weiteres gefolgt werden. M.E. liegt die Möglichkeit eines Verzichtes auf die Unwirksamkeit bzw. die daraus resultierenden Rechtsfolgen außerhalb des Regelungsbereiches des FactÜ, so dass dafür wiederum ein Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht erforderlich ist. 103 Folgt man jedoch der von Häusler vertretenen Ansicht, der Schuldner könne auf den Schutz des Art. 6 Abs. 2 FactÜ verzichten, so hat er bei einem Verzicht m.E. kein Wahlrecht, 104 ob er die Zahlung an den Lieferanten oder den Factor erbringt. Durch den Verzicht wird der Factor auch gegenüber dem Schuldner berechtigter Forderungsinhaber, weshalb Art. 8 Abs. 1 FactÜ zu beachten ist. Nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ ist der Schuldner jedoch unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, an den Factor zu leisten. Ebenso würden dann die Art. 9 und 10 FactÜ zur Anwendung gelangen. Abschließend bleibt festzuhalten: Da Art. 6 Abs. 2 FactÜ die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner nicht konkretisiert, ist diese Frage grundsätzlich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu entscheiden. 105 Dadurch ist jedoch der Vereinheitlichungseffekt des FactÜ in dieser Frage sehr gering. Die Erleichterung für den Factor auf Grund Art. 6 Abs. 2 FactÜ besteht lediglich darin, dass er nicht mehr in jedem Einzelfall generell überprüfen muss, ob und wie Abtretungsverbote im Niederlassungsstaat des Schuldners wirksam sind, sondern dass er im Einzelfall feststellen muss, ob der Schuldner seine Niederlassung in einem Vorbehaltsstaat hat. 106 Das Fehlen von einheitlichen Sachvorschriften hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Unwirksamkeit der abredewidrigen Abtretung gegenüber dem Schuldner ist jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit und der angestrebten Erleichterung des internationalen Factoring zu bedauern.

103

Das Zusatzargument von Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 191, die Möglichkeit des Schuldners, mit befreiender Wirkung an den Factor zu leisten, sei auch mit Art. 8 FactÜ vereinbar, weil der Schuldbefreiungstatbestand des Art. 8 Abs. 2 FactÜ nicht exklusiv sei, übersieht, dass die alternative Schuldbefreiungsmöglichkeit nach Art. 8 Abs. 2 FactÜ voraussetzt, dass der Schuldner nach dem jeweils nationalen Recht mit schuldbefreiender Wirkung an den Factor geleistet hat. 104 Leicht missverständlich Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 191. 105 Diesen Rückgriff bejaht auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 190. A.A. offenbar von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 222, die z.B. aus der Unanwendbarkeit des Art. 8 FactÜ den Schluss zieht, dass eine schuldbefreiende Leistung sowohl an den Factor, als auch an den Lieferanten in Betracht komme, bei Nichtanwendung des Art. 8 FactÜ somit ein Wahlrecht des Schuldners bestehe. Auf eine konkrete Norm kann dieses Ergebnis m.E. nicht gestützt werden. 106 So auch von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 241.

290

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

D. Haftung wegen abredewidriger Abtretung 1.

Haftung des

Lieferanten

Nach Art. 6 Abs. 3 FactÜ hat der wirksame Übergang einer Forderung an den Factor gemäß Art. 6 Abs. 1 FactÜ keinen Einfluss auf die vereinbarte Verpflichtung des Lieferanten gegenüber dem Schuldner sowie eine Haftung des Lieferanten gegenüber dem Schuldner wegen einer abredewidrig erfolgten Forderungsabtretung. 107 Mit anderen Worten: Die Wirksamkeit einer verbotswidrigen Abtretung beseitigt nicht die Pflichtwidrigkeit derselben sowie die daraus resultierenden Rechtsfolgen. 108 Die Anspruchsgrundlage für einen Schadenersatzanspruch des Schuldners gegenüber dem Lieferanten sowie die Voraussetzungen desselben können sich jedoch nur aus dem auf den Grundvertrag (bzw. auf eine separate Vereinbarung über das Verbot einer Abtretung) jeweils anwendbaren nationalen Recht ergeben. Eine Haftung des Lieferanten wegen verbotswidriger Abtretung kann nicht unmittelbar 109 auf Art. 6 Abs. 3 FactÜ gestützt werden. Nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 FactÜ bleiben alle sich aus „Treu und Glauben" ergebenden Verpflichtungen des Lieferanten gegenüber dem Schuldner, die Forderung nicht abzutreten, durch Art. 6 Abs. 1 FactÜ unberührt. Die ausschließliche Bezugnahme auf Verpflichtungen aus Treu und Glauben ist jedoch nicht i.d.S. zu verstehen, dass vertragliche Verpflichtungen, eine Forderung nicht abzutreten, nach Art. 6 Abs. 3 FactÜ unberücksichtigt bleiben. 110 Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 3 FactÜ erfasst alle Fälle, in welchen der Lieferant in Kenntnis eines Abtretungsverbotes die Forderungsabtretung vereinbart. 111 2.

Haftung des Factors

Art. 6 Abs. 3 FactÜ enthält keine Aussage über eine Haftung des Factors wegen einer verbotswidrigen Forderungsabtretung. Daraus ist m.E. jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass eine solche vom FactÜ an sich ausge107 Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 3 FactÜ ist erst während der Konferenz in Ottawa in den Text aufgenommen worden. Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/C.l/W.P. 47, 253 f.; UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 269 f. (Diskussionsbeitrag Goode)\ CONF. 7/C.l/S.R. 20, 297 (Diskussionsbeitrag Zykin). 108 Daher ist die Aussage, das Abtretungsverbot könne auch keine Wirkung haben, unrichtig. So aber Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (371) und Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (353 f.). 109 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 187. 110 S. Zaccaria, IPRax 1995, 279 (284) und Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 67 m.w.N. 111 Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 20, 297 (Diskussionsbeitrag Zykin).

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

291

schlössen ist. Vielmehr ist auch in diesem Fall das außerhalb des FactÜ anwendbare nationale Recht maßgebend.

E. Nachfolgende Abtretungen 1.

Im Grundvertrag vereinbartes

Abtretungsverbot

Nach der Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ gilt die Bestimmung des Art. 6 FactÜ auch im Fall einer nachfolgenden Abtretung. Ein im Grundvertrag vereinbartes Abtretungsverbot kann somit weder die Wirksamkeit der ersten noch einer nachfolgenden Abtretung verhindern, so dass die Forderung vom Factor auf den nachfolgenden Zessionar übergeht (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 2 FactÜ). Da der nachfolgende Zessionar an die Stelle des Factors tritt (Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ), hat der Schuldner an diesen zu leisten (Art. 8 Abs. 1 FactÜ) bzw. diesem gegenüber die Einwendungen nach Art. 9 FactÜ geltend zu machen. Die Wirksamkeit einer nachfolgenden Abtretung berührt jedoch nicht die Haftung des Lieferanten bezüglich der weiteren abredewidrigen Abtretung (Art. 11 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 6 Abs. 3 FactÜ). Ist hingegen die erste Abtretung an den Factor gegenüber dem Schuldner unwirksam (Art. 6 Abs. 2 FactÜ), so gilt dies auch für eine nachfolgende Abtretung. Die Bestimmung, dass die Vorschriften der Art. 8 bis 10 FactÜ so anzuwenden sind, als wäre der nachfolgende Zessionar der Factor (Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ), sind in diesem Fall unbeachtlich. 2.

Im Factoringvertrag

vereinbartes

Abtretungsverbot

Die Rechtsfolgen einer abredewidrig erfolgten (ersten) Forderungsabtretung vom Lieferanten an den Factor sowie einer nachfolgenden Abtretung sind von den Rechtsfolgen eines im Factoringvertrag vereinbarten Verbotes einer nachfolgenden Abtretung vom Export-Factor an den ImportFactor zu unterscheiden. Enthält der Factoringvertrag eine Bestimmung, nach welcher dem Factor eine nachfolgende Abtretung untersagt ist, so findet das FactÜ auf eine abredewidrig vorgenommene Weiterzession der Forderung keine Anwendung (Art. 12 FactÜ)." 2 Der Begriff des Facto112 Art. 12 FactÜ ist auf Antrag einer einzigen, nämlich der (damals) tschechoslowakischen Delegation in das FactÜ aufgenommen worden. S. UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/C.l/W.P. 45, 252 f. Nach Ansicht der tschechoslowakischen Delegation sei der Vorschlag dahingehend zu verstehen, dass sich das Abtretungsverbot des Art. 12 FactÜ auf den Import-Factor und die ihm nachfolgenden Zessionare bezieht, nicht jedoch auf den Export-Factor im Fall eines Zwei-Factor-Verfahrens. Diese Differenzierung ist aus dem Wortlaut des Art. 12 FactÜ m.E. nicht ableitbar. Bereits im UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 53 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 104 Rn. 53 = Unif.

292

3. Teil: Wirksamkeit und Wirkungen der

Forderungsabtretung

ringvertrages in Art. 12 FactÜ entspricht dem Begriff des Factoringvertrages im Art. 1 und 2 FactÜ, erfasst also den Vertrag zwischen dem Lieferanten und dem Factor. Für den Anwendungsbereich des FactÜ anerkennt Art. 12 FactÜ somit das Verbot der nachfolgenden Abtretung mit Wirkung sowohl für den Lieferanten und den Factor als auch mit Wirkung für den nachfolgenden Factor. Art. 11 FactÜ ist daher bei einer abredewidrigen Weiterzession durch den Factor unbeachtlich. Die Geltung des FactÜ wird durch ein Abtretungsverbot im Factoringvertrag für sämtliche nachfolgende Abtretungen ausgeschlossen. Hingegen bleibt die Anwendung des FactÜ auf den Factoringvertrag zwischen dem Lieferanten und Factor von Art. 12 FactÜ - infolge des eindeutigen Wortlautes 113 - unberührt. 114 Da das FactÜ gemäß Art. 12 FactÜ auf die abredewidrig erfolgte nachfolgende Abtretung nicht anzuwenden ist, ist die Wirksamkeit derselben nach dem vom IPR der lex fori berufenen nationalen Recht zu beurteilen. 115 Enthalten sowohl der Grundvertrag als auch der Factoringvertrag jeweils ein Abtretungsverbot, so ist die erste Abtretung an den Factor gemäß Art. 6 Abs. 1 FactÜ wirksam. Hingegen ist die Wirksamkeit der zweiten Abtretung, wie soeben erwähnt, nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 3.

Verhältnis

des Art. 12 FactÜ zu Art. 3 FactÜ

Den Bestimmungen des Art. 3 und Art. 12 FactÜ liegen unterschiedliche Tatbestände zugrunde, weshalb eine Überschneidung dieser Regelungsinhalte ausgeschlossen ist. Eine Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Factor nach Art. 3 Abs. 1 lit. a FactÜ über den Ausschluss des FactÜ bewirkt, dass das FactÜ sowohl für die erste als auch für alle nachfolgenden Forderungsabtretungen nicht zur Anwendung gelangt. Vereinbaren hingegen der Lieferant und der Factor ein Verbot für eine nachfolgende Abtretung, so ist das FactÜ lediglich auf die nachfolgende bzw. die nachfolgenden Abtretungen nicht mehr anzuwenden.

L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 139 Rn. 53 ist die Notwendigkeit einer derartigen Bestimmung in Frage gestellt worden. 113 Der Regelungsgegenstand des Art. 12 FactÜ bezieht sich ausdrücklich auf eine abredewidrig erfolgte nachfolgende Abtretung, jedoch nicht auf die erste Forderungsabtretung. 114 I.d.S. auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 328 f. 115 H.A. Vgl. nur Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 186; Brink in MünchKomm HGB Art. 6 FactÜ Rn. 39; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 42.

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

293

IV. Vergleich und Wertung Im Grundsatz besteht Übereinstimmung zwischen dem ZessÜ und dem FactÜ: Eine abredewidrig vorgenommene Forderungsabtretung ist wirksam. Im Folgenden werden neben weiteren Übereinstimmungen die wesentlichsten Unterschiede aufgezeigt, um sodann zu beurteilen, ob die Regelung des FactÜ bzw. des ZessÜ den Vorzug verdient. Obwohl Art. 6 Abs. 1 FactÜ das Wort „verbieten" 116 enthält, folgt aus dem Zweck der Regelung (Förderung und Erleichterung des internationalen Factoring 117 ), dass nicht nur rechtsgeschäftliche Abtretungsverbote, sondern auch andere vertragliche Abtretungsbeschränkungen vom FactÜ erfasst werden, so dass insoweit Übereinstimmung zwischen der Vorschrift des FactÜ und jener des ZessÜ 118 besteht. Sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ schließen zudem lediglich einen bestimmten Grund (abredewidrige Abtretung) als Unwirksamkeitsgrund für die Forderungsabtretung aus. Somit sind andere Gründe, die eine Unwirksamkeit der Forderungsabtretung zur Folge haben können, nach dem auf die Forderungsabtretung jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, sofern sie nicht vom ZessÜ bzw. FactÜ geregelt werden. Eine Haftung des Zedenten (Lieferanten) ist nach beiden Übereinkommen nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, wobei jedoch das ZessÜ den Rechtsbehelf der Aufhebung des Grundvertrages ausschließt. 119 Trotz der genannten Übereinstimmungen bestehen jedoch Unterschiede. So erfasst Art. 9 ZessÜ nicht nur die rechtsgeschäftlichen Abtretungsbeschränkungen und -verböte zwischen dem Schuldner und dem Zedenten (Lieferanten), sondern auch solche zwischen dem Zedenten (Lieferanten) und dem Zessionar (Factor). Letztere werden von Art. 6 FactÜ nicht erfasst und in Art. 12 FactÜ gesondert geregelt. Der wesentlichste Unterschied ist jedoch das Bestehen einer Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 2 FactÜ. Zwar räumt auch das ZessÜ den Staaten die Möglichkeit ein, eine Vorbehaltserklärung abzugeben, jedoch wirkt der Vorbehalt nur zugunsten bestimmter Schuldner und nicht - wie nach Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 18 FactÜ - für alle Schuldner, die im Vorbehaltsstaat niedergelassen sind. Die Wirkungen des Vorbehaltes stimmen überein: Die vereinbarungswidrige Abtretung ist nur gegenüber dem Schuldner, nicht jedoch im 116

„Prohibiting" bzw. „prohibant". Ebenso UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 32 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 96 Rn. 32 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 117 Rn. 32. 118 Art. 9 Abs. 1 ZessÜ bezieht sich auf rechtsgeschäftliche Abtretungsbeschränkungen. 119 In Art. 6 Abs. 3 FactÜ fehlt eine Regelung über die mögliche Haftung des Factors gegenüber dem Schuldner. Vgl. demgegenüber Art. 9 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ. 117

294

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Verhältnis zwischen dem Zedenten (Lieferanten) und dem Zessionar (Factor) unwirksam (s. Art. 6 Abs. 2 FactÜ und Art. 40 Satz 2 ZessÜ). Der Hauptzweck des Art. 6 FactÜ und des Art. 9 ZessÜ ist die Erleichterung und Förderung internationaler Forderungsabtretungen, weshalb vereinbarungswidrig erfolgte Abtretungen grundsätzlich als wirksam anerkannt werden. Diesem Zweck wird m.E. die Vorschrift des ZessÜ besser gerecht als jene des FactÜ. Dies ungeachtet dessen, dass Art. 9 ZessÜ die angestrebte Vereinheitlichung selbst „mindert", indem er ausschließlich für die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ taxativ aufgezählten Forderungen gilt. Art. 9 ZessÜ schafft somit für Forderungen, deren Abtretung dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegt, eine unnötige „Zweiteilung" i.V.m. der Wirkung von vertraglichen Abtretungsbeschränkungen. Allerdings ist der Anteil jener Forderungen, die zwar grundsätzlich dem ZessÜ unterliegen, sodann aber nicht von Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ erfasst werden, gering. 120 Daher relativiert die den Staaten eingeräumte Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 18 FactÜ die durch Art. 6 Abs. 1 FactÜ erzielte Rechtsvereinheitlichung in größerem Ausmaß als die Beschränkung des Art. 9 ZessÜ auf bestimmte Forderungen sowie die Möglichkeit einer Vorbehaltserklärung gemäß Art. 40 ZessÜ, zumal - wie bereits erwähnt - der Vorbehalt nach dem FactÜ für alle Schuldner mit Niederlassung in einem Vorbehaltsstaat gilt, jener nach dem ZessÜ hingegen nur für bestimmte Arten von Schuldnern. Dem ZessÜ ist aus einem weiteren Grund in dieser Frage der Vorzug zu geben: Das FactÜ enthält keine Vorschrift über die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber dritten Personen (konkurrierenden Berechtigten). Nach Art. 22 ZessÜ ist dafür das Recht jenes Staates maßgebend, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, wobei dieses nationale Recht aber nur mit Ausnahme der im ZessÜ an anderer Stelle geregelten Fälle gilt. Art. 9 ZessÜ stellt einen an anderer Stelle geregelten Fall dar. Von einer Wirksamkeit inter partes und gegenüber dem Schuldner ist bei der Beurteilung der Priorität daher selbst dann auszugehen, wenn nach dem gemäß Art. 22 ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht eine solche Abtretung nicht wirksam ist. 121 Dies ist von Bedeutung, da die Wirksamkeit ei-

120 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 37: „Perhaps, the only practices that are not excluded in article 4 and may need to be excluded in article 11 [nun Art. 9 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] are those that relate to assignments of loans or of insurance receivables." 121 Vgl. in diesem Zusammenhang Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 105: „... the main purpose of draft article 12 [nun Art. 9 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] was to validate assignments made in violation of anti-assignment clauses, thus giving the assignee a priority position as against the assignors creditors ...".

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

295

ner Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar eine Voraussetzung für die Drittwirksamkeit der Abtretung darstellt. 122 In welchem Verhältnis stehen nun die Vorschrift des Art. 6 FactÜ und jene des Art. 9 ZessÜ im konkreten Fall? Ist auf eine Forderungsabtretung nur das FactÜ anzuwenden, so ist Art. 6 FactÜ anzuwenden. Entsprechendes gilt für das ZessÜ. Sind hingegen sowohl die Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ als auch jene des FactÜ erfüllt, so geht auf Grund der Vorrangregel des Art. 38 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ das ZessÜ dem FactÜ vor. Die gemäß dem Factoringvertrag vom Zedenten (Lieferanten) an den Zessionar (Factor) abgetretenen Forderungen aus Warenkaufverträgen und Dienstleistungsverträgen (Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 1 Abs. 3 FactÜ) sind Forderungen, auf welche Art. 9 ZessÜ anzuwenden ist, da sie in Art. 9 Abs. 3 lit. a ZessÜ angeführt werden. Sofern man die Bedenken jener Vertreter nicht teilt, die sich gegen die Grundsatzentscheidung des ZessÜ und des FactÜ ausgesprochen haben, sondern die verabschiedete Regelung des ZessÜ und des FactÜ in dieser Frage begrüßt, kommt man dennoch nicht umhin festzustellen, dass unter dem Gesichtspunkt der Rechtsvereinheitlichung weder Art. 6 FactÜ noch Art. 9 ZessÜ zufriedenstellend sind. 123 Dies wäre beim FactÜ der Fall, sofern die Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 18 FactÜ nicht bestünde. 124 Beim ZessÜ würde dies die Erstreckung des Art. 9 ZessÜ auf alle Forderungen, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen, voraussetzen. Um jedoch eine tatsächliche Rechtsvereinheitlichung in dieser Frage zu erzielen, wäre es notwendig gewesen, entweder die Rechtsfolgen eines Vertragbruches im Verhältnis Zedent - Schuldner zu regeln (und nicht dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu überlassen) oder der vertraglichen Abtretungsbeschränkung im Verhältnis Zedent - Schuldner jegliche Wirkung zu nehmen. Aber in dieser für die internationale Forderungsabtretung praktisch wichtigen Frage gilt, dass einer zumindest teilweisen Rechtsvereinheitlichung zu Recht der Vorzug vor einer Verabschiedung des ZessÜ und des FactÜ ohne Art. 9 ZessÜ bzw. Art. 6 FactÜ gegeben worden ist, da dies

122 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 87; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (274 Fn 67); derselbe, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (61). 123 Vgl. beispielsweise die Kritik bei Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (385); Girsberger, Defenses of the Account Debtor in International Factoring, Am. J. Comp. L. 1992, 467 (495); Goergen, Pactum de non cedendo 203 f. 124 Vgl. zur Kritik Basedow, ZEuP 1997, 615 (640): „Erklärungen nach Art. 18 FactÜ können ... nicht Maxime einer internationalen Gesetzgebung sein."; Harrer, Neue Vertragstypen 37 Fn 82; Münch, Abtretungsverbote, 252, erwägt eine Streichung des Art. 18 FactÜ als „Optimierung" des FactÜ; Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 110.

296

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

stets einen Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht erforderlich gemacht hätte.

V. PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL Vor der Erörterung der Regelung vertraglicher Abtretungsbeschränkungen in den PECL sei nochmals darauf hingewiesen, dass sich die Vorschriften des 11. Kapitels nicht lediglich auf die Abtretung von Geldforderungen beziehen, sondern bespielsweise auch das Recht auf Erbringung einer Dienstleistung den Gegenstand eines Abtretungsvertrages bilden kann. Verstößt der Zedent gegen ein mit dem Schuldner vereinbartes Abtretungsverbot oder gegen eine Abtretungsbeschränkung, so ist diese Abtretung dem Schuldner gegenüber grundsätzlich unwirksam. Der Schuldner kann mit befreiender Wirkung an den Zedenten leisten. Im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ist die Abtretung jedoch wirksam, so dass der Zessionar gegenüber dem Zedenten einen Anspruch auf Herausgabe all dessen hat, was dieser vom Schuldner in Bezug auf das abgetretene Recht erhält (Art. 11:203 PECL). Andererseits hat der Zedent seine Zusicherung gegenüber dem Zessionar, dass er berechtigt ist, den Anspruch abzutreten, nicht erfüllt (s. Art. 11:204 lit. a (i) PECL). Die PECL sehen jedoch drei Ausnahmen vom Grundsatz vor. Die Abtretung ist auch gegenüber dem Schuldner wirksam, wenn der Schuldner der Abtretung zustimmt (Art. 11:301 Abs. 1 lit. a PECL) oder der Zessionar das vertragliche Abtretungsverbot (bzw. die Abtretungsbeschränkung) weder kannte noch kennen musste (Art. 11:301 Abs. 1 lit. b PECL). Einen maßgeblichen Zeitpunkt für die fehlende Kenntnis (die Gutgläubigkeit) legt diese Vorschrift nicht fest. Bei bestehenden Forderungen kommt der Zeitpunkt der Einigung über die Abtretung in Betracht und bei zukünftigen jener der Entstehung 125 der Forderungen. Ohne triftige Anhaltspunkte ist der Zessionar m.E. nicht zu Nachforschungen darüber verpflichtet, ob eventuell eine Abtretungsbeschränkung vorliegt. 126 Die dritte Ausnahme betrifft nur Geldforderungen und zudem nur zukünftige Ansprüche auf Geldzahlung (Art. 11:301 Abs. 1 lit. c PECL). Ei125

Ebenso Eidenmüller, AcP 2004, 457 (471 Fn 40). Eidenmüller, AcP 2004, 457 (471) hebt treffend hervor, dass einerseits bei Bestehen einer Nachforschungspflicht des Zessionars beim Schuldner ein „gutgläubiger" Erwerb immer ausscheiden würde (sofern ein Verbot vereinbart wurde), andererseits aber der Schuldner keine Möglichkeit hat, die Redlichkeit des Zessionars zu zerstören. 126

2. Kapitel:

Vertragliche

Abtretungsbeschränkungen

297

ne Abtretung von zukünftigen Geldforderungen ist gegenüber dem Schuldner stets wirksam, d.h. selbst dann, wenn der Zessionar die vertragliche Abtretungsbeschränkung (bzw. das Verbot) kannte. Eine abredewidrige Abtretung bestehender Ansprüche auf Geldzahlung kann daher nur bei Zustimmung des Schuldners oder unter der Voraussetzung, dass der Zessionar das rechtsgeschäftliche Verbot oder die Beschränkung weder kannte noch kennen musste, (auch) gegenüber dem Schuldner wirksam sein. Liegt eine der Ausnahmen vor, so kann der Schuldner bei ordnungsgemäßer Mitteilung über die Abtretung (s. Art. 11:303 PECL) nur an den Zessionar schuldbefreiend leisten. Die Haftung des Zedenten wegen Verletzung der vertraglichen Abtretungsbeschränkung bleibt von der Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner unberührt (Art. 11:301 Abs. 2 PECL).

B.

UNIDROIT-Principles

Bei der Regelung vertraglicher Abtretungsbeschränkungen bzw. -verböte treffen die UNIDROIT-Principles eine Unterscheidung dahingehend, ob ein Recht auf Zahlung einer Geldsumme oder ein Recht auf eine andere Leistung abgetreten wird. Eine vereinbarungswidrige Abtretung eines Rechts auf eine andere Leistung ist wirksam, sofern der Zessionar die Vereinbarung weder kannte noch hätte kennen müssen (Art. 9.1.9 Abs. 2 UNIDROIT-Principles). Für die Redlichkeit des Zessionars stellt diese Vorschrift auf den Zeitpunkt der Abtretung ab. Damit ist offensichtlich die Einigung über die Übertragung gemeint. Dies ist für die Abtretung bestehender Ansprüche sachgerecht, erscheint jedoch bei einer vereinbarungswidrigen Abtretung zukünftiger Ansprüche als wenig geeignet, da in diesem Zeitpunkt die Rechte, die den Gegenstand der Abtretung bilden, noch nicht bestehen. 127 Für die Beurteilung der Redlichkeit des Zessionars erscheint bei zukünftigen Ansprüchen daher der Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs als geeigneter. Kannte der Zessionar jedoch die Vereinbarung oder hätte er sie kennen müssen, so ist die Abtretung des Rechts auf eine andere Leistung unwirksam, und zwar nicht nur gegenüber dem Schuldner, sondern auch im Verhältnis Zedent - Zessionar. Der Zedent hat seine Zusicherung, zur Abtretung des Rechts berechtigt zu sein, nicht erfüllt (s. Art. 9.1.15 lit. b UNIDROIT-Principles) und haftet dem Zessionar auf Grund dieser Vertragsverletzung. 127

Sobald das zukünftige Recht entsteht und es der Abtretung zuordenbar ist, gilt es als zum Zeitpunkt der Einigung (Abschluss des Abtretungsvertrages) auf den Zessionar übertragen (s. Art. 9.1.5 UNIDROIT-Principles).

298

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Eine vereinbarungswidrige Abtretung eines Rechts auf Zahlung einer Geldsumme ist stets wirksam (Art. 9.1.9 Abs. 1 UNIDROIT-Principles). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine bestehende oder zukünftige Geldforderung handelt und ob der Zessionar Kenntnis über die rechtsgeschäftliche Beschränkung bzw. das Verbot hat. Der Schuldner kann sich nach Zugang der Abtretungsanzeige 128 nur noch durch Zahlung an den Zessionar von seiner Verbindlichkeit befreien. In allen Fällen, in denen die vereinbarungswidrige Abtretung gegenüber dem Schuldner wirksam ist, lässt die Wirksamkeit der Abtretung die Haftung des Zedenten wegen seiner Vertragsverletzung unberührt (s. 4. Kapitel, 4. Abschnitt UNIDROIT-Principles).

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Auch in dieser Frage kommt der Umstand zum Tragen, dass sich die PECL und die UNIDROIT-Principles entgegen dem FactÜ und ZessÜ nicht auf das Rechtsinstitut der Abtretung beschränken, sondern als Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts bzw. als Grundregeln für internationale Handelsverträge auch Vorschriften über Vertragsverletzungen enthalten, so dass die Rechtsfolgen einer vertragswidrigen Abtretung im Verhältnis Zedent-Schuldner nach den in den Grundregeln enhaltenen Vorschriften zu beurteilen sind, wogegen für das ZessÜ und das FactÜ auf das jeweils anwendbare nationale Recht zurückgegriffen werden muss. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit interessiert jedoch, ob in den einzelnen Regelwerken unterschiedliche Ansätze bzw. Wertungen vorgenommen worden sind. Hinsichtlich einer vereinbarungswidrigen Abtretung von Geldforderungen ist die grundsätzliche Entwicklung sowohl im internationalen Handel als auch bei innerstaatlichen Sachverhalten (PECL) eindeutig und einhellig: Dem Interesse des Zedenten an der Verkehrsfähigkeit der ihm zustehenden Geldforderungen wird ein hoher Stellenwert eingeräumt, so dass abredewidrig erfolgte Abtretungen von Geldforderungen auch gegenüber dem Schuldner als wirksam 129 zu bewerten sind. Demgegenüber wird das Interesse des Schuldners, an eine bestimmte Person die Zahlung zu leisten, als nachrangig bewertet. 130

128

Vgl. Art. 9.1.10 Abs. 2 und Art. 9.1.12 UNIDROIT-Principles. Für eine vereinbarungswidrige Abtretung bestehender Geldforderungen ist im Rahmen der PECL die Einschränkung des Art. 11:301 Abs. 1 lit. b PECL zu beachten. 130 Eidenmüller, AcP 2004 457 (471) betont, dass dieses Interesse des Schuldners bei Geldforderungen typischerweise gering ist. 129

3. Kapiteln

Übertragung von Sicherungsrechten I.

Einleitung

Die Bezahlung von Geldforderungen kann auf verschiedene Arten besichert werden, beispielsweise durch Bürgschaften, Pfandrechte an beweglichen oder unbeweglichen Sachen oder durch eine Bankgarantie. Die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Sicherungsrechte, die Publizitätserfordernisse oder Formerfordernisse für ihre Begründung sowie die Voraussetzungen für ihre Übertragung sind in den einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich geregelt. Der Unterschied zwischen dem Konsensprinzip und dem Traditionsprinzip wirkt sich auch bei der Übertragung einzelner Sicherungsrechte aus. Wird eine besicherte Forderung durch rechtsgeschäftliche Abtretung an einen neuen Gläubiger übertragen, so stellt sich notwendigerweise die Frage nach dem rechtlichen Schicksal der Sicherungsrechte. Dabei ist grundsätzlich zwischen der Übertragung der Forderung und des Überganges des Sicherungsrechts zu unterscheiden, wobei die Statute unterschiedlich sein können.

II. Übertragung von Sicherungsrechten nach dem ZessÜ A. Die Regelung des Art. 10 ZessÜ Die Rechtsvielfalt in Bezug auf die Übertragung eines Sicherungsrechts in den einzelnen Rechtsordnungen spiegelt sich in der diesbezüglich einschlägigen Bestimmung des ZessÜ wider. Das ZessÜ regelt die Übertragung von Sicherungsrechten in Art. 10 ZessÜ, verweist jedoch für viele, wesentliche Einzelfragen auf das außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbare nationale Recht. Allerdings enthält das ZessÜ in Kapitel V („Selbstständige Kollisionsregeln") keine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Bestimmung des für die Sicherungsrechte maßgebenden Rechts. Der mit Art. 10 ZessÜ erzielte Vereinheitlichungszweck erscheint daher auf den

300

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

ersten Blick als gering, jedoch stellt Art. 10 ZessÜ eine notwendige Bestimmung im Gesamtgefüge des ZessÜ dar. 1 Die Bestimmung des Art. 10 ZessÜ erfasst sowohl obligatorische als auch dingliche Sicherungsrechte und verwendet für diese den allgemeinen Begriff „Recht zur Sicherung der Zahlung" („right securing payment"), um damit alle Arten von Rechten abzudecken, mit welchen die Zahlung einer Geldforderung besichert werden kann. Art. 10 ZessÜ umfasst daher sowohl akzessorische als auch nicht akzessorische Rechte, welche die Zahlung einer abgetretenen Forderung sichern, somit die Sicherung durch Bürgschaft, Mobiliar- und Grundpfandrechte ebenso wie die Sicherung durch eine Garantie oder ein Akkreditiv. 2 Die Frage, ob es sich bei dem konkreten Sicherungsrecht um ein vom Bestand der abgetretenen Forderung abhängiges (akzessorisches) oder unabhängiges (nicht akzessorisches) Recht handelt, ist jedoch nach dem für das Sicherungsrecht jeweils maßgebenden nationalen Recht zu beurteilen. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ legt als Grundsatz fest, dass ein obligatorisches oder dingliches Recht, welches die Zahlung einer abgetretenen Forderung sichert, ohne die Setzung eines eigenen Übertragungsakts vom Zedenten auf den Zessionar übergeht. D.h. das Sicherungsrecht geht zugleich mit der Forderung auf den Zessionar über. Bedarf es jedoch für die Übertragung des konkreten Sicherungsrechts nach dem für das Sicherungsrecht jeweils maßgebenden nationalen Recht einer erneuten Übertragungshandlung, so ist der Zedent nach dem ZessÜ verpflichtet, dieses Recht und jeden Erlös aus diesem Recht an den Zessionar zu übertragen (Art. 10 Abs. 1 Satz 2 ZessÜ). Durch die Bezugnahme auf den Erlös eines Sicherungsrechts soll vor allem das Recht des Zessionars, die Zahlung vom Garanten oder vom Aussteller eines Akkreditivs zu verlangen, zum Ausdruck gebracht werden. 3 Ist ein nicht akzessorisches (unabhängiges) Sicherungsrecht nach dem maßgebenden Recht nicht übertragbar, so soll nach der Absicht der Verfasser der Zessionar einen schuldrechtlichen Ersatzanspruch gegen den Zedenten haben. 4 M.E. gewährt das ZessÜ jedoch keine Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch, denn es verpflichtet den Zedenten zur Übertragung übertragbarer Rechte. In solchen Fällen ist der Zedent m.E. nach dem ZessÜ lediglich verpflichtet, einen etwaigen Erlös aus diesem Sicherungsrecht auf den Zessionar zu übertragen. Anders 1 Die Arbeitsgruppe für die Ausarbeitung des ZessÜ hat sich seit dem Beginn der Verhandlungen über das Übereinkommen mit der Frage der Übertragung von Sicherungsrechten befasst. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 69 bis 74. 2 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 105. 3 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.105, Rn. 90. Vgl. die Legaldefinition des Begriffes „proceeds" in Art. 5 lit. j ZessÜ. 4 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 106. Ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 177.

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

301

ist jedoch die Situation zu beurteilen, wenn der Zedent ein an sich übertragbares unabhängiges Sicherungsrecht nicht überträgt und damit seine aus dem Übereinkommen resultierende Pflicht verletzt. Im Einklang mit Art. 6 ZessÜ können der Zedent und der Zessionar allerdings auch vereinbaren, dass lediglich die Forderung, nicht jedoch das Sicherungsrecht auf den Zessionar übergehen soll. 5 Wie sich dies auf den Bestand des Sicherungsrechts auswirkt, ist wiederum nach dem auf das Sicherungsrecht jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen.

B. Mit Besitz verbundene dingliche Sicherungsrechte Wird die Zahlung einer abgetretenen Forderung durch ein dingliches Recht besichert, so ist bei seiner Übertragung Art. 10 Abs. 5 ZessÜ zu beachten. Nach dieser Vorschrift lässt die Übertragung eines dinglichen Rechts, dessen Wirksamkeit den Besitz erfordert, die Verpflichtungen des Zedenten gegenüber dem Schuldner oder einer anderen das Sicherungsrecht gewährenden Person unberührt, sofern eine derartige Verpflichtung nach der Rechtsordnung besteht, die auf dieses dingliche Recht anzuwenden ist. Damit ist Folgendes gemeint: 6 Erfordert die Übertragung eines dinglichen Sicherungsrechts die Einräumung des Besitzes an der Sicherheit (dem Sicherungsgegenstand) und verursacht die Übertragung einen Verlust dieser Sicherheit oder einen sonstigen Nachteil für den Schuldner oder einen anderen Sicherungsgeber, so sind eventuell bestehende Haftungsansprüche nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Werden beispielsweise Wertpapiere zur Besicherung einer Forderung verpfändet und diese bei Abtretung der Forderung an den Zessionar übergeben, deren Besitz diesen ermächtigt, die Rechte eines Wertpapierinhabers zum Nachteil des Verpfänders (Wertpapierinhabers) auszuüben, so ist nach dem für die Wertpapierverpfändung maßgeblichen Recht zu entscheiden, ob dem Verpfänder ein Schadenersatz gebührt. Gleiches gilt, wenn die verpfändete, in den Besitz des Zessionars übertragene Sache bei 5 Je nach der Art des Sicherungsrechts und der damit verbundenen Pflichten des Sicherungsnehmers kann der Zessionar damit beispielsweise im Fall eines Mobiliarpfandrechts, welches die Übergabe an den Zessionar voraussetzt, die Kosten für die Erhaltung des Pfandes einsparen (z.B. Lager- und/oder Versicherungskosten). S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 106. 6 Vgl. zum Folgenden auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 107. Kuhn in FS Siehr 93 (124) bezeichnet die Vorschrift des Art. 10 Abs. 5 ZessÜ m.E. zu Recht als „nicht ohne weiteres verständliche Bestimmung". Die Materialien zu dieser Vorschrift sind insgesamt sehr spärlich; soweit ersichtlich, ist diese Vorschrift zum ersten Mal in Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 11 Abs. 4 enthalten.

302

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

diesem durch dessen Verschulden oder durch Zufall untergeht. Kurz gesagt: Art. 10 Abs. 1 i.V.m. 5 ZessÜ lässt die Haftung des Zedenten gegenüber dem Schuldner oder einem dritten Sicherungsgeber aus der Übertragung eines dinglichen Sicherungsrechts unberührt. Ob die Übertragung eines dinglichen Sicherungsrechts entgegen einer Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner bzw. dritten Sicherungsgeber erfolgt oder nicht, ist für Art. 10 Abs. 5 ZessÜ unerheblich. 7

C. Formerfordernisse für die Übertragung Wie bereits zu Beginn hervorgehoben, lässt Art. 10 ZessÜ viele Fragen im Zusammenhang mit der Übertragung von Sicherungsrechten offen, weshalb ein Rückgriff auf das für das konkrete Sicherungsrecht im Einzelfall jeweils anwendbare nationale Recht notwendig ist. Dies gilt nach Art. 10 Abs. 6 ZessÜ auch für gesetzliche Formerfordernisse, die bei einer Übertragung von Sicherungsrechten allenfalls zu beachten sind. 8 Ob eine wirksame Übertragung eines Sicherungsrechts beispielsweise eine Registrierung in einem öffentlichen Register, eine schriftliche Urkunde oder einen Notariatsakt voraussetzt, ist nach dem für das konkrete Sicherungsrecht maßgebenden Recht zu beurteilen. Besteht ein Formerfordernis, so ist dessen Erfüllung Voraussetzung für einen wirksamen Übergang dieses Sicherungsrechts. Art. 10 Abs. 6 ZessÜ bestimmt für die Übertragung von obligatorischen und dinglichen Rechten, welche die Zahlung einer abgetretenen Forderung sichern, ausdrücklich, was für die Abtretung als Übertragung eines Vermögenswertes wünschenswert gewesen wäre.

D. Übertragung von Sicherungsrechten bei abredewidriger Abtretung Haben der Zedent und der Schuldner für die Forderung oder für ein die Zahlung dieser Forderung sicherndes Recht ein Abtretungsverbot oder eine andere Abtretungsbeschränkung vereinbart, so trifft Art. 10 Abs. 3 ZessÜ eine dem Art. 9 Abs. 1 ZessÜ entsprechende Regelung: Ungeachtet einer 7 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 107: „Whether or not the transfer of a security right is prohibited by agreement, ..."; a.A. offenbar Kuhn in FS Siehr 93 (124), der nur den Fall einer vertragswidrigen Übertragung eines dinglichen Sicherungsrechts anführt. 8 Ob es sich um ein Formerfordernis handelt, entscheidet wiederum das jeweils anwendbare nationale Recht.

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

303

solchen Vereinbarung wird das Sicherungsrecht gemäß Art. 10 Abs. 1 ZessÜ auf den Zessionar übertragen; d.h. akzessorische Sicherungsrechte gehen zugleich mit der Forderung auf den Zessionar über, bei nicht akzessorischen Sicherungsrechten ist der Zedent gegenüber dem Zessionar verpflichtet, dieses Recht (und jeden Erlös) auf den Zessionar zu übertragen. Das Gleiche gilt, wenn nicht der Schuldner, sondern ein anderer Sicherungsgeber mit dem Zedenten eine die Übertragung des Sicherungsrechts beschränkende oder untersagende Vereinbarung getroffen hat. Eine abredewidrige Übertragung des Sicherungsrechts ist zugunsten des Zessionars wirksam. Besteht nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren Recht eine Haftung des Zedenten für die Verletzung einer solchen Vereinbarung, so lässt das ZessÜ diese unberührt (Art. 10 Abs. 3 ZessÜ entspricht Art. 9 Abs. 2 ZessÜ). Zum Schutz des Zessionars schränkt jedoch Art. 10 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ die allenfalls bestehende Haftung des Zedenten gegenüber dem Schuldner ein. Art. 10 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ bestimmt, dass der Schuldner den Grundvertrag allein wegen dieses Vertragsbruchs nicht aufheben kann. Aus der Vertragsverletzung des Zedenten resultierende sonstige Rechte des Schuldners lässt Art. 10 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ hingegen unberührt. 9 Diese Beschränkung der nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht gegebenenfalls bestehenden Haftung gilt auch bei einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Zedenten und einem anderen Sicherungsgeber. Verstößt der Zedent gegen diese Vereinbarung, indem er es unterlässt, anlässlich der Forderungsabtretung mit dem Zessionar zu vereinbaren, dass das Sicherungsrecht nicht mit der Forderung übergehen soll, 10 so wird dieses nach Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ZessÜ grundsätzlich auf den Zessionar übertragen. Der Sicherungsgeber kann jedoch allein wegen dieses Vertragsbruches gemäß Art. 10 Abs. 3 ZessÜ den Abtretungsvertrag nicht aufheben. Art. 10 Abs. 3 ZessÜ verweist auf Art. 10 Abs. 2 ZessÜ, der eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner oder dem Zedenten und einem anderen Sicherungsgeber erfasst. Aus diesem Grund ist die Bezugnahme in Art. 10 Abs. 3 ZessÜ auf den Abtretungsvertrag m.E. nicht passend, da der Abtretungsvertrag zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, jedoch nicht zwischen dem Zedenten und einem anderen Sicherungsgeber geschlossen wird. Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 3 ZessÜ sollte auf

9

Die Gründe entsprechen jenen für die Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ. Der Zedent und der Zessionar können vereinbaren, dass lediglich die Forderung, nicht jedoch das ihre Zahlung sichernde dingliche oder obligatorische Recht übergehen soll (Art. 6 ZessÜ). 10

304

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

den Vertrag über die Begründung des Sicherungsrechts Bezug nehmen, auf Grund des Verweises kann m.E. nur dieser gemeint sein. 11 Art. 10 Abs. 2 ZessÜ regelt nicht ausdrücklich den Fall, dass der Zedent und der Zessionar ein Verbot oder eine Beschränkung der Übertragung eines Sicherungsrechts bei einer nachfolgenden Abtretung der besicherten Forderung vereinbaren. Eine dennoch vorgenommene, abredewidrige Übertragung des Sicherungsrechts ist m.E. wie eine Übertragung bei einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner bzw. einem anderen Sicherungsgeber zu behandeln. Um eine Haftung des Zessionars nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu verhindern, bestimmt Art. 10 Abs. 3 Satz 2 ZessÜ, dass eine Person, die zwar nicht Partei einer Vereinbarung ist, welche das Recht des Zedenten zur Abtretung der Forderung oder Abtretung des Rechts zur Sicherung der abgetretenen Forderung in irgendeiner Weise beschränkt, jedoch Kenntnis von einer solchen Vereinbarung hat, allein aus diesem Grund nicht zur Haftung herangezogen werden kann (die Vorschrift des Art. 10 Abs. 3 Satz 2 ZessÜ entspricht Art. 9 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ) 12 . Die inhaltlich korrespondierende Regelung der rechtsgeschäftlichen Beschränkungen von Forderungsabtretungen (Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ) und der rechtsgeschäftlichen Beschränkung der Übertragung von Sicherungsrechten (Art. 10 Abs. 2 und 3 ZessÜ) entspricht nicht nur dem Gebot, die Abtretung von Forderungen und die ihre Zahlung sichernden obligatorischen und dinglichen Rechte bezüglich derselben Rechtsfragen gleich zu behandeln, sondern auch der Tatsache, dass Zessionare häufiger auf den Wert des Sicherungsrechts als auf den Wert der abgetretenen Forderung vertrauen. 13

E. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 2 und Abs. 3 ZessÜ Die Bestimmungen des Abs. 2 und 3 des Art. 10 ZessÜ sind nur auf Forderungen anzuwenden, die aus einem Grundvertrag hervorgehen, der einen Vertrag über die Lieferung oder die Vermietung von Waren oder Dienst11 Hier liegt wohl ein Redaktionsversehen vor, da die Abs. 3 und 4 des Art. 10 ZessÜ den identen Zweck wie Abs. 2 und 3 des Art. 9 ZessÜ verfolgen. 12 Zur Begründung dieser Regelung s. 3. Teil, 2. Kapitel, II.D. 13 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.105, Rn. 91: „In securitization in which receivables are assigned from the original creditor to a spezial purpose vehicle (SPV) fully owned by the original creditor, the value relied upon by investors buying securities issued by the SVP and backed by the receivables might be in the guarantee of the assignor."

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

305

leistungen (außer Finanzdienstleistungen), einen Bauvertrag oder einen Vertrag über den Verkauf oder die Vermietung von Grundstücken darstellt (lit. a). Weiters gelten die Bestimmungen des Art. 10 Abs. 2 und 3 für jene Forderungen, die aus einem Grundvertrag über den Verkauf, die Vermietung oder Lizenzierung von gewerblichem oder anderem geistigem Eigentum oder anderer rechtlich geschützter Information hervorgehen (lit. b), für Forderungen, welche die Zahlungsverpflichtung aus einem Kreditkartengeschäft darstellen (lit. c) oder die dem Zedenten nach der Nettoabrechnung von Zahlungen auf Grund einer Nettingvereinbarung zwischen mehr als zwei Personen geschuldet werden (lit. d). Die soeben angeführten Forderungen stimmen mit den in Art. 9 Abs. 3 lit. a bis d ZessÜ aufgezählten Forderungen überein. Dies ist folgerichtig, da auch die Bestimmungen über die Wirkungen einer vertraglichen Beschränkung des Überganges von Sicherungsrechten (Art. 10 Abs. 2 und 3 ZessÜ) den Bestimmungen über die Wirkungen vertraglicher Abtretungsbeschränkungen bzw. Abtretungsverbote (Art. 9 Abs. 2 und 3 ZessÜ) entsprechen. Eine Abweichung in Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich dieser hinsichtlich Regelungszweck und Regelungsinhalt identen Vorschriften wäre nicht sachgerecht. Die Rechtsfolgen vertraglicher Beschränkungen oder Verbote in Bezug auf eine abredewidrig erfolgte Übertragung von obligatorischen oder dinglichen Sicherungsrechten für Forderungen, die nicht in Art. 10 Abs. 4 lit. a bis d ZessÜ aufgezählt sind, bestimmen sich nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht. Zunächst ist jedoch zu überprüfen, ob es sich bei der abgetretenen Forderung nicht um eine Forderung handelt, die bereits nach Art. 4 Abs. 1 und 2 ZessÜ überhaupt vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen ist. Ist dies nicht der Fall und ist die vereinbarungswidrige Übertragung des Sicherungsrechts nach dem nationalen Recht wirksam, so sind die Art. 10 Abs. 1, 5 und 6 ZessÜ auf die Übertragung des Sicherungsrechts anzuwenden. Die Haftung des Zedenten gegenüber dem Schuldner oder einem anderen Sicherungsgeber ist nach dem jeweils anwendbaren Recht und nicht nach Art. 10 Abs. 3 ZessÜ zu beurteilen. 14

14 S. zu diesem Problembereich die Ausführungen zur abredewidrigen Abtretung nicht in Art. 9 Abs. 3 aufgezählter Forderungen in 3. Teil, 2. Kapitel, II.E.3.

306

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

F. Sachlicher Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 1, 5 und 6 ZessÜ Aus dem Einleitungssatz des Art. 10 Abs. 4 ZessÜ 15 folgt im Umkehrschluss, dass die Bestimmungen des Art. 10 Abs. 1, 5 und 6 ZessÜ nicht nur für die Übertragung von obligatorischen und dinglichen Sicherungsrechten gelten, welche die Zahlung einer Forderung sichern, die in Art. 10 Abs. 4 lit. a bis d ZessÜ angeführt ist, sondern für die Übertragung von Sicherungsrechten für alle Forderungen, die nicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 ZessÜ vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen sind. Die Einschränkung des sachlichen Anwendungsbereiches von Art. 10 Abs. 2 und Abs. 3 ZessÜ auf die in Art. 10 Abs. 4 ZessÜ angeführten Forderungen erfolgte vor dem Hintergrund, dass nach der Ansicht der Verfasser des ZessÜ vereinbarte Beschränkungen in Bezug auf die Übertragung von Sicherungsrechten wie rechtsgeschäftlich vereinbarte Beschränkungen der Abtretung von Forderungen, deren Zahlung sie sichern, behandelt werden sollen. 16 Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum die anderen Vorschriften des ZessÜ über die Übertragung von Sicherungsrechten (Art. 10 Abs. 1, 5 und 6 ZessÜ) auf jene Forderungen beschränkt sein sollten, für welche die Bestimmungen über Abtretungsbeschränkungen gelten.

G. Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ Die Vorbehaltserklärung nach Art. 40 Satz 1 ZessÜ 17 erfasst sowohl Art. 9 ZessÜ als auch Art. 10 ZessÜ. Gibt ein Staat eine Erklärung nach Art. 40 Satz 1 ZessÜ ab, so bestimmt Art. 40 Satz 2 ZessÜ als Wirkung des Vorbehaltes, dass Art. 10 ZessÜ keinen Einfluss auf die Rechte und Pflichten des Sicherungsgebers hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, 18 dass die Übertragung des Sicherungsrechts lediglich für den Sicherungsgeber 19 (Schuldner oder andere Person) unwirksam ist. D.h. der Zessionar kann vom Sicherungsgeber nicht mit Erfolg die Verwertung des Sicherungsrechts begehren. 15

„Paragraphs 2 and 3 of this article apply only to assignments of receivables: ...". Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 107: with regard to limitations on assignment, security rights should be treated in the same way as receivables, ...". 17 Vgl. zum Vorbehalt nach Art. 40 ZessÜ 3. Teil, 2. Kapitel, II.G. 18 Vgl. die Anmerkung im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN,9/489/Add. 1, Rn. 64 zu Art. 40 i.V.m. Art. 9 ZessÜ. 19 Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 107: „... but only as against the sovereign third-party guarantor." 16

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

307

Auch hinsichtlich Art. 10 ZessÜ kann ein Staat erklären, dass diese Bestimmung für ihn lediglich in einem bestimmten Umfang nicht verbindlich ist. Wie bereits zu Art. 9 ZessÜ erörtert, gilt auch für Art. 10 ZessÜ, dass sich eine derartige Erklärung auf Art. 10 Abs. 4 ZessÜ beziehen kann. Ein Staat könnte beispielsweise erklären, dass die Vorschriften des ZessÜ über die Übertragung von Sicherungsrechten für ihn nur in jenen Fällen nicht verbindlich sind, in welchen es sich bei den abgetretenen Forderungen um die in Art. 9 Abs. 4 lit. b ZessÜ genannten Forderungen handelt. Aus dem Wortlaut des Art. 40 Satz 1 ZessÜ ergibt sich, dass eine Vorbehaltserklärung nicht lediglich für Art. 9 oder 10 ZessÜ, sondern nur für beide Vorschriften zusammen abgegeben werden kann. Die Diskussion über eine Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 40 ZessÜ ist jedoch, soweit ersichtlich, ausschließlich unter dem Gesichtspunkt vertraglicher Abtretungsbeschränkungen zugunsten des Schuldners geführt worden. 20 In den Materialien findet sich keine Begründung dafür, warum sich eine Vorbehaltserklärung sowohl auf Art. 9 als auch auf Art. 10 ZessÜ beziehen muss. Der Entscheidung der Verfasser liegt m.E. die Überlegung zugrunde, dass rechtsgeschäftliche Beschränkungen für die Übertragung von obligatorischen und dinglichen Sicherungsrechten gleich zu behandeln sind wie vertragliche Beschränkungen über die Abtretbarkeit einer Forderung. 21 Von dieser Annahme ausgehend wäre es jedoch folgerichtig gewesen, die Vorbehaltsmöglichkeit in Bezug auf Art. 10 ZessÜ auf die Absätze 2, 3 und 4 zu beschränken, da nur diese bezogen auf ihren Regelungsinhalt der Vorschrift des Art. 9 ZessÜ entsprechen. Aus der Tatsache, dass eine Vorbehaltserklärung nicht ausschließlich für Art. 9 oder 10 ZessÜ abgegeben werden kann, darf m.E. jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass sich die Wirkung des Vorbehaltes selbst dann auf beide Parteien bezieht, wenn nur eine von ihnen ein „öffentlicher" 22 Schuldner oder ein „öffentlicher" Sicherungsgeber ist. Aus dem Zweck der Vorbehaltsmöglichkeit folgt m.E. klar, dass sich die Wirkung des Vorbehaltes nur auf „öffentliche" Schuldner bzw. „öffentliche" Sicherungsgeber erstrecken soll.

20

Vgl. z.B. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/432, Rn. 117; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 115 oder Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 108. 21 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 107. 22 Bei dem Schuldner bzw. Sicherungsgeber muss es sich um eine zentrale oder lokale Regierung, eine Untereinheit derselben oder einen für einen öffentlichen Zweck gegründeten Rechtsträger handeln.

308

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

III. Übergang von Rechten nach dem FactÜ A. Die Regelung des Art. 7 FactÜ Das FactÜ regelt die Frage, ob bei einer Forderungsabtretung lediglich der Anspruch auf Zahlung der Geldforderung auf den Factor übergeht oder aber auch mit der Zahlung verbundene Rechte des Lieferanten, beispielsweise Sicherungsrechte, in Art. 7 FactÜ. Nach dieser Bestimmung kann der Factoringvertrag für das Verhältnis zwischen den Parteien dieses Vertrages wirksam vorsehen, dass alle oder einzelne Rechte des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag unmittelbar oder durch eine neue Übertragungshandlung auf den Factor übergehen. Den Rechten des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag sind gemäß Art. 1 Abs. 3 FactÜ die Rechte des Erbringers der Dienstleistung aus dem Dienstleistungsvertrag gleichgestellt. Art. 7 FactÜ enthält drei wesentliche Aussagen. Erstens: Eine Bestimmung des Factoring Vertrages, welche den Übergang von Rechten des Lieferanten vorsieht, ist im Anwendungsbereich des FactÜ selbst dann wirksam, wenn das subsidiär anwendbare nationale Recht eine solche Vereinbarung als unwirksam qualifiziert. 23 Insoweit verdrängt Art. 7 FactÜ einen diesbezüglich bestehenden Unwirksamkeitsgrund des anwendbaren nationalen Rechts. Zweitens: Vereinbaren die Parteien des Factoringvertrages einen Übergang von Rechten, sei es unmittelbar mit der Abtretung oder durch eine eigenständige Übertragungshandlung, so gehen diese Rechte im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor auf Grund und entsprechend ihrer Vereinbarung 24 über. Drittens: Ebenso wie der Regelungsgegenstand des Art. 5 FactÜ bezieht sich auch die Vorschrift des Art. 7 FactÜ lediglich auf das Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor. Art. 7 FactÜ hat somit keine Auswirkungen auf die rechtliche Position des Schuldners oder dritter Personen (z.B. Gläubiger des Lieferanten). 25 Aus dem Wortlaut des Art. 7 FactÜ folgt m.E., dass für einen Übergang von Rechten im Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages ein Rückgriff auf das nach dem IPR der lex fori berufene Recht nicht erforderlich ist. Im Verhältnis zwischen den Parteien knüpft Art. 7 FactÜ 23

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 177. Brink in MünchKomm HGB Art. 7 FactÜ Rn. 3 hebt hervor, dass unmittelbar infolge der Regelung des Art. 7 FactÜ keine Rechte auf den Factor übergehen. Zum Übergang der Rechte auf Grund vertraglicher Vereinbarung vgl. 3. Teil, 3. Kapitel, III.D. 25 UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 44. Zur Relativität des Art. 7 FactÜ s. 3. Teil, 3. Kapitel, III.E. 24

3. Kapitel: Übertragung von

Sicherungsrechten

309

den Ü b e r g a n g v o n R e c h t e n v o m L i e f e r a n t e n an den Factor an k e i n e w e i t e re V o r a u s s e t z u n g als e i n e e n t s p r e c h e n d e V e r e i n b a r u n g . 2 6 A u c h d i e historis c h e Interpretation 2 7 führt zu d i e s e m Ergebnis.

B. Übergang „aller oder einzelner Rechte" D a durch Art. 7 F a c t Ü d e m W i l l e n der Parteien s o w e i t w i e m ö g l i c h z u m Durchbruch v e r h o l f e n w e r d e n s o l l , 2 8 o b l i e g t e s der V e r e i n b a r u n g d e s L i e feranten und d e s Factors, o b alle o d e r e i n z e l n e R e c h t e d e s L i e f e r a n t e n aus d e m Warenkaufvertrag auf den Factor ü b e r g e h e n s o l l e n . 2 9 D e r B e g r i f f „ R e c h t e d e s L i e f e r a n t e n " ist durchaus w e i t zu verstehen. L e d i g l i c h b e i s p i e l h a f t ( A r g u m e n t : „ e i n s c h l i e ß l i c h " 3 0 ) nennt Art. 7 F a c t Ü den E i g e n t u m s v o r b e h a l t und „ R e c h t e , die sonst e i n e Sicherheit v e r s c h a f f e n " 3 1 . A u s d e n Materialien folgt, dass mit den „ R e c h t e n d e s L i e f e r a n t e n aus d e m W a renkaufvertrag" alle S i c h e r h e i t e n i m w e i t e s t e n Sinn erfasst w e r d e n s o l l e n , w e l c h e die E r f ü l l u n g der Forderung b z w . a l l g e m e i n d e s Warenkaufvertra-

26 A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 177. Nach dessen Ansicht liegt der Übergang von Rechten außerhalb des Regelungsbereiches von Art. 7 FactÜ und bestimmt sich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht. Das gilt für die Form, die sonstigen Voraussetzungen des Überganges, den Zeitpunkt und die Rangfolge der Nebenrechte. 27 Dem spanischen Vorschlag, am Ende des Art. 7 FactÜ folgenden Wortlaut anzufügen: „...provided that it satisfies the relevant conditions as to form of the law of the principal place of business of the debtor", hielt der britische Delegierte Goode entgegen: „... that the intention of Article 6 (Anm. der Verfasserin: nun Art. 7 FactÜ) was to give automatic effect of the provisions of a factoring contract which transferred all or any of the supplier's rights deriving from the sale of goods with or without a new act of transfer and thereby to facilitate international factoring. ... if Article 6 were to be modified in such a way as to subject the rule contained therein to the formalities of transfer of the applicable law then the purpose of the provision would be frustrated." S. UNIDROIT 1988, Acts and Proceedings I, CONF. 7/6, 188 sowie UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 271. Ebenso UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 45: „... it should be recalled that the freedom accorded to the parties to choose the method for transferring the rights relates only to their internal relations, whatever may be the rules of the applicable national law. The position is however completely different if the parties seek to invoke the transfer against third parties, a question not governed by the draft Convention, in which case they must satisfy the conditions as to form or publicity of the applicable law." 28 Goode in FS Sauveplanne 91 (99). 29 Zur Rechtslage nach dem FactÜ, wenn sich die Parteien zum Übergang von Rechten nicht äußern, s. 3. Teil, 3. Kapitel, III.D. 30 „Including" bzw. „y compris". 31 „Rights creating any security interest" bzw. „lui conférant toute autre garantie".

310

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

ges gewährleisten. 32 Erfasst werden sowohl jene Rechte, die sich aus dem konkreten Kaufvertrag ergeben, als auch jene, die aus den gesetzlichen Bestimmungen des auf den Kaufvertrag jeweils anwendbaren nationalen Rechts resultieren. 33 Art. 7 FactÜ bezieht sich daher keinesfalls nur auf akzessorische Nebenrechte. Die Verfasser des FactÜ hatten bezüglich der Rechte i.S.d. Art. 7 FactÜ auch Gestaltungsrechte, wie beispielsweise das Recht auf Auflösung des Warenkaufvertrages oder ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Ware vor Augen. 3 4 Häusler35 vertritt die Ansicht, dass auf den Factor „alle Rechte aus dem Grundvertrag übertragen werden" können, „so dass er anstelle des Lieferanten in den Grundvertrag eintritt." Nach der von ihm vertretenen Ansicht können die Parteien des Factoringvertrages auch den Übergang von Auskunftsrechten oder Gestaltungsrechten, z.B. von Anfechtungsrechten oder einem Rücktrittsrecht, vereinbaren. Dem kann m.E. nicht zur Gänze gefolgt werden. Wenngleich die Verfasser bei der Ausarbeitung des Art. 7 FactÜ offensichtlich von einem weiten Verständnis des Begriffes „Rechte des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag" ausgegangen sind, 36 so ist dieser Begriff m.E. doch einschränkend nach dem Zweck des Art. 7 FactÜ zu interpretieren. Das Interesse des Factors bezieht sich auf die Bezahlung der ihm vom Lieferanten abgetretenen Forderung. Dieses Interesse wird m.E. ausreichend geschützt, wenn der Factor sämtliche Rechte erlangt, welche die Bezahlung der abgetretenen Geldforderung sichern. Durch ein Rücktrittsrecht oder ein Anfechtungsrecht des Lieferanten wird das Interesse des Factors auf Bezahlung der Geldforderung weder gefördert noch sichergestellt. Ebenso wenig führt es dazu, dass der Factor die Zahlung erhält, wenn auf ihn etwa das Wahlrecht des Lieferanten hinsichtlich der zu liefernden Ware übergeht. Aus 32 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 37 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 98 Rn. 37 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 37 „... with the words the supplier's rights deriving from the sale of goods ... the committee intended to cover securities ... which guarantee the assigned receivables in particular or, more generally, the performance of the contract of sale as a whole." 33 I.d.S. UNIDROIT 1985, Study LV1II - Doc. 20, Rn. 39; UNIDROIT 1986, Study LVIII-Doc. 25, Rn. 46. 34 S. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 39; UNIDROIT 1986, Study LVIII Doc. 25, Rn. 46. Vgl. jedoch UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 37 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 98 Rn. 37 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 37, wo nur noch von „securities" die Rede ist. 35 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 175; ebenso Brink in MünchKomm HGB Art. 7 FactÜ Rn. 7. 36 Vgl. UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 23: „The intention of the article is to state that in principle, after the assignment, the factor will be in the same legal situation vis-à-vis the debtor as the supplier." UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 39; UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 46.

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

311

diesem Grund sollten m.E. nur jene Rechte aus dem Grundvertrag unter Art. 7 FactÜ subsumiert werden, welche unmittelbar die Forderung des Lieferanten auf Geldleistung betreffen und der Sicherstellung ihrer Bezahlung dienen, wie insbesondere Pfandrechte, Eigentumsvorbehalte, Bürgschaften, Garantien, aber auch ein dem Lieferanten zustehendes Zurückbehaltungsrecht 37 an der Ware. 38 Nicht erfasst werden m.E. jedoch jene Rechte, die mit der Leistung des Lieferanten (Lieferung der Ware oder Erbringung der Dienstleistung) zusammenhängen, wie beispielsweise das bereits erwähnte Wahlrecht des Lieferanten in Bezug auf die zu liefernde Ware. Art. 7 FactÜ räumt den Parteien des Factoringvertrages die Möglichkeit ein, den Übergang einzelner oder aller dem Lieferanten zustehenden Rechte im Factoringvertrag zu vereinbaren. Erfasst werden sowohl Rechte im Zusammenhang mit - im Zeitpunkt der Vereinbarung - bereits bestehenden Forderungen als auch bezüglich erst in der Zukunft entstehender Forderungen. Im Zusammenhang mit einer Globalzession zukünftiger Forderungen (vgl. Art. 5 FactÜ) ist Art. 7 FactÜ deshalb von großer Bedeutung für die Praxis des internationalen Factoring. 39

C. Art des Überganges Der Lieferant und der Factor können im Factoringvertrag vorsehen, dass die Rechte des Lieferanten „unmittelbar oder durch eine neue Übertragungshandlung übergehen". Aus dem Factoringvertrag kann sich somit die Verpflichtung des Lieferanten zu einer späteren gesonderten Übertragung ergeben. 40 Die Vereinbarung hinsichtlich der Art des Überganges der Rechte ist jedoch nur für das Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages wirksam. Auf Grund der relativen Wirkung des Art. 7 FactÜ ist die Wirksamkeit des Überganges der Rechte gegenüber dem Schuldner oder Dritten (beispielsweise gegenüber den Gläubigern des Lieferanten 37 Der Factor kann daher, wenn er in das Zurückbehaltungsrecht des Lieferanten eintritt, die auf dem Transport befindliche Ware zurückhalten. So Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (376) und Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (355 Fn 93). 38 Die hier vertretene Ansicht steht m.E. im Einklang mit UN1DROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 37 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 98 Rn. 37 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 37, wo auf „Sicherheiten" abgestellt wird, die im Besonderen die abgetretene Forderung, im Allgemeinen aber die Erfüllung des Warenkaufvertrages gewährleisten. 39 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (611); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 175. Aus den Materialien ergibt sich eindeutig, dass dies einer der hauptsächlichen Beweggründe für die Verabschiedung des Art. 7 FactÜ war. S. UNIDROIT 1985, Study LVIII Doc. 20, Rn. 37 und UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 43. 40 Ebenso Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (611).

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3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

oder dem Konkursverwalter) nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 41 Fraglich ist, was gilt, wenn die Parteien des Factoringvertrages zwar den Übergang einzelner Rechte des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag vereinbaren, sie sich dabei jedoch nicht über die Übertragungsart äußern. Nach den Materialien soll in derartigen Fällen das jeweils anwendbare nationale Recht maßgebend dafür sein, ob es für den Übergang von einzelnen Rechten einer gesonderten Übertragungshandlung bedarf oder nicht. 42 Gegen diese Ansicht können m.E. mehrere Argumente vorgebracht werden: Treffen die Parteien keine Abrede über einen Übertragungsakt, so entspricht der unmittelbare Übergang auf Grund der Vereinbarung ohne besonderen, weiteren Akt eher dem Parteiwillen als der Rückgriff auf das subsidiär anwendbare nationale Recht, welches möglicherweise bestimmte Erfordernisse aufstellt. Mit anderen Worten: Folgt man der in den Materialien vertretenen Ansicht, so müssen die Parteien des Factoringvertrages, sofern sie einen Übergang von Rechten vereinbaren und einen automatischen Übergang derselben mit dem Übergang der Forderung bezwecken, dies in ihrer Vereinbarung entsprechend zum Ausdruck bringen. Davon abgesehen enthält Art. 7 FactÜ keinen Hinweis auf einen zulässigen Rückgriff auf das anwendbare nationale Recht, sofern der Vertrag diesbezüglich keine Bestimmung enthält. M.E. regelt Art. 7 FactÜ die Frage der Übertragungshandlung für das Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten abschließend. Bei fehlender Vereinbarung über die Übertragungsart von Rechten erfordert im Übrigen die lediglich relative Wirkung der Vereinbarung keinen Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht.

D. Übergang auf Grund vertraglicher Vereinbarung Nach Art. 7 FactÜ „können" die Parteien des Factoringvertrages den Übergang von Rechten vereinbaren. Durch diese Möglichkeit soll dem Willen der Parteien Rechnung getragen werden. 43 Aus der Kann-Formulierung des Art. 7 FactÜ folgt somit, dass die Rechte des Lieferanten nicht ohne

41

UNIDROIT 1986, Study LV1I1 - Doc. 25, Rn. 45: „... the freedom accorded to the parties to choose the method for transferring the rights relates only to their internal relations, whatever may be the rules of the applicable national law. The position is however completely different if the parties seek to invoke the transfer against third parties, a question not governed by the draft Convention, in which case they must satisfy the conditions as to form or publicity of the applicable law." 42 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 36 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 98 Rn. 36 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 36. 43 Goode in FS Sauveplanne 91 (99).

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

313

weiteres „automatisch" mit der Forderungsabtretung, 44 sondern nur auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung auf den Factor übergehen. Der Entwurf von 1979 45 sah zwar einen automatischen Ubergang des Eigentumsvorbehaltes vor, bereits der Entwurf von 1981 46 enthielt jedoch die bei der Konferenz von Ottawa angenommene Kann-Formulierung. Da es gemäß Art. 7 FactÜ den Parteien des Factoringvertrages somit freisteht, den Übergang von Rechten vom Lieferanten auf den Factor zu vereinbaren, muss ein dem entsprechender Wille der Parteien aus dem Factoringvertrag hervorgehen. 47 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ohne eine Vereinbarung über den Übergang von Rechten lediglich die Forderung des Lieferanten auf den Factor übergeht. 48 Rechte, die nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht als akzessorische Nebenrechte auch ohne eine diesbezügliche Vereinbarung automatisch übergehen, verbleiben, dem Wortlaut des Art. 7 FactÜ folgend, beim Lieferanten. Das rechtliche Schicksal der nicht auf den Factor übergegangenen Rechte ist in weiterer Folge nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 49 In den Materialien finden sich, soweit ersichtlich, keine Erläuterungen zur Frage, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die Parteien keine Vereinbarung über den Übergang von Rechten treffen. 50 44 UNIDROIT1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 35 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 69 Rn. 35: „The wording of Article 5 [Anm. der Verfasserin: nun Art. 7] is however permissive in that it does not make provision for the automatic transfer of such rights merely because there has been an assignment of the receivables, ...". 45 UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 8, Article 5: „A retention of ownership clause ... shall be automatically incorporated in." 46 UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 5 und Rn. 23. 47 Dies ist nicht zu verwechseln mit der Konstellation, in welcher die Parteien des Factoringvertrages zwar den Übergang von Rechten vereinbaren, sich jedoch nicht zur Übertragungsart äußern. 48 Ebenso Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 79; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 177. 49 Diese Frage stellt sich insbesondere im Zusammenhang mit akzessorischen Rechten, die nach dem jeweiligen Sachrecht nur gemeinsam mit einer Forderung übertragen werden können, da sie unabhängig von der zu sichernden Forderung rechtlich nicht existieren können. 50 A.A. allerdings Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 177 Fn 935, welcher aus UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 36 = UNIDROIT Acts and Proceedings I, 98 Rn. 36 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 36 die Schlussfolgerung zieht, nach der Ansicht der Verfasser des FactÜ entscheide mangels einer Parteienvereinbarung das anwendbare nationale Recht über den Übergang. Die Passage lautet: „Apart from establishing the principle of the validity of the transfer of rights, Article 6 indicates the method of transfer: the parties may agree that the assignment of the receivable will automatically carry with it any corresponding securities or alternatively that the rights in question can only be transferred by a special instrument to that effect. When the parties are silent on this point the matter will fall to be decided by the applicable national law."

314

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

Nach der im deutschen Schrifttum wohl als herrschend zu bezeichnenden Ansicht 51 schließt Art. 7 FactÜ die Anwendung der „allgemeinen Regeln" nicht aus, weshalb mangels einer entsprechenden Parteienvereinbarung das nach dem IPR der lex fori subsidiär anwendbare Recht über den automatischen Übergang von Rechten entscheidet. Eine Auslegung des Art. 7 FactÜ dahingehend, dass im Anwendungsbereich des FactÜ der Übergang akzessorischer Rechte auf den Factor stets einer besonderen vertraglichen Absprache bedürfe, widerspreche dem in der Präambel ausgedrückten Zweck des FactÜ, das internationale Factoring zu erleichtern. 52 Fraglich ist allerdings, was nach dieser Ansicht gelten soll, wenn die Parteien zwar den Übergang eines oder einzelner Rechte des Lieferanten vereinbaren, nach dem subsidiär anwendbaren Recht aber noch weitere Rechte, die im konkreten Fall zugunsten des Lieferanten bestehen, automatisch mit der Forderungsabtretung auf den Factor übergehen. Zieht man das Argument, ein Übergang akzessorischer Rechte auf den Factor bedürfe nicht stets einer besonderen vertraglichen Absprache, denn dies widerspreche dem in der Präambel ausgedrückten Zweck des FactÜ, das internationale Factoring zu erleichtern, auch für diesen Fall heran, so würde dies im Ergebnis bedeuten, dass die Parteien den Übergang jener Rechte, die nach dem subsidiär anwendbaren Recht automatisch auf den neuen Forderungsinhaber übergehen, ausdrücklich ausschließen müssten, um einen Übergang derselben zu verhindern, falls sie diesen nicht wünschen. Diese Erschwernis wäre mit der Zielsetzung des Art. 7 FactÜ, dem Parteiwillen so weit wie möglich Rechnung zu tragen, aber auch mit dem in der Präambel zum Ausdruck gebrachten Zweck des FactÜ, das internationale Factoring zu erleichtern, wohl nur schwer in Einklang zu bringen. M.E. kann die im deutschsprachigen Schrifttum h.A., sofern man ihr überhaupt folgt, daher M.E. bezieht sich diese Aussage ausschließlich auf den Fall, in dem die Parteien zwar den Übergang von Rechten vereinbaren, sich jedoch nicht äußern, ob der Übergang unmittelbar oder durch eine neue Übertragungshandlung erfolgen soll. Daher kann diese Aussage m.E. für die hier in Frage stehende Fallkonstellation (Parteien treffen keine Vereinbarung über den Übergang) nicht fruchtbar gemacht werden. 51 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (611), der von den nachstehend genannten Autoren angeführt wird, drückt seine Ansicht jedoch im Konjunktiv aus: „... so dürfte sich die Frage eines automatischen Überganges ... nach dem auf die Forderungsabtretung anzuwendenden Recht bestimmen." S. Diehl-Leistner, Internationales Factoring 131; Kitsaras, ünidroit-Übereinkommen 79; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (284); Weller, RIW 1999, 161 (166); Brink in MünchKomm HGB Art. 7 FactÜ Rn. 11 (der Umkehrschluss aus Art. 7 FactÜ wird von ihm als „nicht gerechtfertigt" abgelehnt); Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 33. 52 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (611); ihm folgend Diehl-Leistner, Internationales Factoring 131; Kitsaras, ünidroit-Übereinkommen 79; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (284); Weller, RIW 1999, 161 (166); Brink in MünchKomm HGB Art. 7 FactÜ Rn. 11; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 33.

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

315

nur für den Fall gelten, in dem die Parteien überhaupt keine Vereinbarung hinsichtlich des Überganges von Rechten treffen. Vereinbaren sie nur den Übergang einzelner, bestimmter Rechte, so kann daraus geschlossen werden, dass der Übergang anderer Rechte gerade nicht von ihrem Willen umfasst ist. Der dargestellten Ansicht ist m.E. jedoch auch für den Fall einer fehlenden Vereinbarung zum Übergang von Rechten nicht zu folgen. Gegen diese Ansicht - mangels einer entsprechenden Vereinbarung sei der automatische Übergang von Rechten nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen - sprechen zum einen der Wortlaut des Art. 7 FactÜ sowie seine Entstehungsgeschichte (der ursprünglich vorgesehene automatische Übergang von Rechten wurde gestrichen), zum anderen das Verhältnis zwischen internationalem materiellem Einheitsrecht und unvereinheitlichtem nationalem Recht. Eine Grundregel für deren Verhältnis zueinander lautet: Das internationale materielle Einheitsrecht verdrängt in seinem (sachlichen) Anwendungsbereich das materielle unvereinheitlichte nationale Recht. 53 Art. 7 FactÜ verdrängt somit jene Vorschriften, die nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht den automatischen Übergang von Rechten vorsehen. Für die gegenteilige Auffassung spricht zwar, dass es in Bezug auf die akzessorischen Rechte zu einem „Gleichklang" des Art. 7 FactÜ mit dem jeweils subsidiär anwendbaren nationalen Recht kommt. Für die hier vertretene Auffassung sprechen der Wortlaut des Art. 7 FactÜ, seine Entstehungsgeschichte sowie der Vorrang des Einheitsrechts im Rahmen seiner Anwendbarkeit vor dem nationalen Recht. M.E. wiegen daher die Argumente, die für einen Übergang von Rechten eine entsprechende Parteien Vereinbarung voraussetzen, schwerer als das Gegenargument der im deutschsprachigen Schrifttum vertretenen h.A. und der durch sie (zweifellos) bewirkte Vorteil.

E. Relative Wirkung des Art. 7 FactÜ Wie bereits erwähnt, gilt auch Art. 7 FactÜ - ebenso wie die Regelung des Art. 5 FactÜ - nur im „Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages". Die Vorschrift des Art. 7 FactÜ entfaltet daher keinerlei Wirkung für den Schuldner und für Dritte, weshalb für den Übergang der Rechte gegenüber diesen Personen nach wie vor das nach dem IPR der lex

53

Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 176, für das Verhältnis zwischen Art. 7 FactÜ und § 401 BGB. Nach § 401 BGB gehen die akzessorischen Rechte mit der Forderung über.

316

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

fori anwendbare Recht maßgebend ist. 54 Dieses ist beispielsweise für Formfragen, die erforderlichen Übertragungsakte, den Zeitpunkt des Überganges sowie die Konkursfestigkeit von Sicherheiten zu beachten. Liegen die nach dem anwendbaren nationalen Recht geforderten Voraussetzungen vor, so gehen die vereinbarten Rechte bei Erfüllung dieser Voraussetzungen im Verhältnis zum Schuldner und anderen Dritten über. Im Verhältnis zum Factor hingegen gehen die vereinbarten Rechte bereits auf Grund der Vereinbarung im Factoringvertrag über. 55 Ist nach dem Factoringvertrag die Vornahme einer Übertragungshandlung für bestimmte Rechte vorgesehen, so gehen die Rechte im Zeitpunkt der Vornahme der Übertragungshandlung auf Grund der Vereinbarung auf den Factor über. Art. 7 FactÜ kann beispielsweise zur Folge haben, dass das vorbehaltene Eigentum bereits auf den Factor übergegangen ist, während im Verhältnis zum Schuldner noch der Lieferant der Eigentümer ist. 56 Auf Grund der Vereinbarung im Factoringvertrag hat der Factor jedoch einen vertraglichen Anspruch gegenüber dem Lieferanten auf Setzung der nach dem maßgeblichen nationalen Recht allenfalls erforderlichen Übertragungshandlungen für den Übergang der Rechte mit Wirksamkeit erga omnes. Davon unabhängig ist die Frage zu beurteilen, ob der Lieferant zu diesem (späteren) Zeitpunkt noch wirksam die erforderlichen Übertragungshandlungen vornehmen kann. 57 Kann der Factor die auf ihn übergegangenen Rechte gegenüber dem Schuldner und Dritten nicht durchsetzen, so sind daran anknüpfende Schadenersatzansprüche des Factors gegenüber dem Lieferanten nach dem auf den Factoringvertrag jeweils anwendbaren Recht zu beurteilen. Zur Wahrung seiner Interessen sollte der Factor mit dem Lieferanten die Vornahme jener Übertragungshandlungen bzw. die Beachtung jener Formvorschriften vereinbaren, die für den Übergang der vereinbarten Rechte nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht notwendig sind. Die Wirkung des Art. 7 FactÜ ist somit - ebenso wie diejenige des Art. 5 FactÜ - begrenzt. Die Relativität des Art. 7 FactÜ schützt sowohl den Schuldner als auch dritte Personen. Der Wert der Vorschrift liegt dar54

S. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 44 ( questions associated with the effectiveness of the transfer against third parties are not dealt with.") und Rn. 45. Zum Schrifttum vgl. nur Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 33. 55 A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 177. Nach dessen Ansicht liegt der Übergang von Rechten außerhalb des Regelungsbereiches von Art. 7 FactÜ und bestimmt sich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht. Vgl. 3. Teil, 3. Kapitel, III.A. 56 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 182, der damit aber inkonsequent ist, zumal er die Ansicht vertritt, dass auch für den Übergang der Rechte zwischen dem Factor und dem Lieferanten das nationale Recht zu beachten sei. 57 Das vergleichbare Problem stellt sich bei Art. 5 FactÜ. Vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, III.B.l.

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

317

in, dass im Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages die nach dem subsidiär anwendbaren Recht allenfalls eintretende Unwirksamkeit der Vereinbarung des Überganges von Rechten i.S.d. Art. 7 FactÜ verhindert wird. Bei Beachtung der nach dem anwendbaren nationalen Recht vorliegenden Voraussetzungen für die Übertragung dieser Rechte sind sie daher auch mit Wirkung gegen den Schuldner und dritte Personen (z.B. andere Gläubiger des Lieferanten) durchsetzbar.

F. Nachfolgende Abtretung Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ verweist auf Art. 7 FactÜ. Die Vorschrift über den Übergang von Rechten ist daher im Fall einer nachfolgenden Abtretung zu beachten, sofern die Weiterabtretung nicht nach dem Factoringvertrag untersagt ist (Art. 12 FactÜ). Aus Art. 7 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ folgt, dass die Parteien des nachfolgenden Factoringvertrages (in der Regel der Export- und der Import-Factor) wirksam den Übergang von Rechten vom Export-Factor an den Import-Factor vereinbaren können. Die unterschiedliche Ansicht zur Frage, ob mangels einer entsprechenden Parteienvereinbarung die akzessorischen Rechte nach Maßgabe des subsidiär anwendbaren Rechts übergehen, 58 wirkt sich bei einer nachfolgenden Abtretung m.E. in zweifacher Weise aus. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, dass für einen Übergang stets eine entsprechende Vereinbarung erforderlich ist, so kann der Export-Factor grundsätzlich nur jene Rechte an den Import-Factor (= nachfolgenden Zessionar) übertragen, die er selbst auf Grund des Factoringvertrages vom Lieferanten erhalten hat. Tritt sodann der Export-Factor lediglich die Forderung an den ImportFactor ab, so geht eben nur diese über und die anderen Rechte verbleiben beim Export-Factor. 59 Nach der a.A. 60 , die im deutschen Schrifttum wohl als herrschend zu bezeichnen ist, kann der Export-Factor unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Lieferanten jedenfalls jene akzessorischen Rechte auf den Import-Factor übertragen, die nach dem subsidiär auf den (ersten) Factoringvertrag anwendbaren nationalen Recht auf ihn (= ExportFactor) übergegangen sind. Enthält sodann der Vertrag zwischen dem Ex58

S. 3. Teil, 3. Kapitel, III.D. Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 178. 60 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (611); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 131; Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 79; Zaccaria, IPRax 1995, 279 (284); Weller, RIW 1999, 161 (166); Brink in MünchKomm HGB Art. 7 FactÜ Rn. 11 (der Umkehrschluss aus Art. 7 FactÜ wird von ihm als „nicht gerechtfertigt" abgelehnt); Hausmann in Staudingern Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 33. 59

318

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

port-Factor und dem Import-Factor keine Vereinbarung über den Übergang der Rechte, so gehen - bei konsequenter Anwendung dieser Ansicht - von jenen akzessorischen Rechten, die nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht vom Lieferanten auf den Export-Factor übergegangen sind, diejenigen vom Export-Factor auf den Import-Factor über, die nach dem für den zweiten Factoringvertrag maßgeblichen nationalen Recht als akzessorische Nebenrechte automatisch auf den Import-Factor übergehen. Unabhängig davon, welcher Ansicht man in der konkreten Frage folgt, ist es nach Art. 7 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ rechtlich möglich, dass es zu einer Aufteilung der einzelnen Rechte, die dem Lieferanten neben dem Zahlungsanspruch zustehen, auf verschiedene Berechtigte kommt, indem die Rechte jeweils nur teilweise (weiter) übertragen werden. 61 Da dies nicht der Erleichterung des internationalen Factoring dient, sollten zumindest sämtliche Rechte, die neben der Forderung vom Lieferanten auf den ersten Factor (üblicherweise den Export-Factor) übertragen werden, im Fall einer nachfolgenden Abtretung zur Gänze auch auf den zweiten Factor (= Import-Factor) übertragen werden. 62

G. Verhältnis des Art. 5 zu Art. 7 FactÜ Art. 5 und 7 FactÜ betreffen unterschiedliche Rechtsfragen, jedoch ergänzen sie einander und sind aufeinander abgestimmt. Der Vorschlag, beide Vorschriften in einer zu verbinden, wurde allerdings nicht umgesetzt. 63 Bezieht sich der Regelungsgegenstand des Art. 5 FactÜ auf die Wirksamkeit der Abtretung, also des Überganges von Forderungen auf den Factor, so erfasst Art. 7 FactÜ den Übergang von Rechten. Stets bedarf es einer Parteienvereinbarung für den Übergang, da weder auf Grund von Art. 5 FactÜ die Forderungen, noch auf Grund von Art. 7 FactÜ unmittelbar und ohne entsprechende vertragliche Einigung die Rechte des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag auf den Factor übergehen. Eine weitere Gemeinsamkeit von Art. 5 und 7 FactÜ ist deren bloß relative Wirkung für das Rechtsverhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor.

61 Ob die nicht mit der Forderung übertragenen Rechte auch selbstständig existieren können, beurteilt sich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht. 62 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 178. 63 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 37: „Indeed a suggestion was made to amalgamate the provisions relating to the assignment of receivables and the transfer of rights in an single article."

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

319

IV. Vergleich und Wertung Da sich der Vergleich auf die wesentlichen Punkte beschränkt, kann er bei Art. 10 ZessÜ und Art. 7 FactÜ kurz ausfallen. Folgt man dem Wortlaut des Art. 7 FactÜ, so ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift wesentlich weiter als jener des Art. 10 ZessÜ, zumal Art. 7 FactÜ alle oder einzelne Rechte des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag umfasst, Art. 10 ZessÜ hingegen nur obligatorische oder dingliche Rechte, welche die Zahlung der abgetretenen Forderung sichern. Nach der hier vertretenen Ansicht 64 erfasst aber auch Art. 7 FactÜ nur jene Rechte aus dem Warenkaufvertrag, welche die Zahlung der abgetretenen Forderung sichern, nicht jedoch z.B. Gestaltungsrechte oder Rücktrittsrechte. Folgt man dieser Ansicht, so besteht diesbezüglich kein Unterschied zwischen Art. 7 FactÜ und Art. 10 ZessÜ. 65 Insgesamt bestehen zwei wesentliche Unterschiede: Art. 7 FactÜ gilt nur im Verhältnis zwischen dem Zedenten (Lieferanten) und dem Zessionar (Factor), Art. 10 ZessÜ hingegen auch gegenüber dem Schuldner, weshalb die Regelung des Art. 10 ZessÜ aus der Sicht des Zessionars vorzugswürdig ist. Da Art. 10 ZessÜ seine Wirkung auch auf den Schuldner erstreckt, ist insoweit sein Vereinheitlichungseffekt bei internationalen Forderungsabtretungen größer als jener des Art. 7 FactÜ. Wertet man beide Vorschriften unter dem Gesichtspunkt der Förderung und Erleichterung des internationalen Factoring ist Art. 10 ZessÜ auch insoweit der Vorzug zu geben, als nach dem ZessÜ Rechte, welche die Zahlung der Forderung sichern, grundsätzlich ohne eine Vereinbarung mit der Forderung auf den Zessionar übergehen, Art. 7 FactÜ hingegen eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Factor voraussetzt. Die Ausgangslage ist somit gerade umgekehrt. Art. 10 ZessÜ weist insgesamt eine umfassendere (aber auch im Aufbau kompliziertere) Regelung auf als Art. 7 FactÜ, zumal das ZessÜ auch die Wirkung einer den Übergang des Sicherungsrechts beschränkenden Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten regelt (Art. 10 Abs. 2 bis 4 ZessÜ). Allerdings bestätigt eine nähere Untersuchung des Art. 10 ZessÜ den auf den ersten Blick erweckten Eindruck: Der durch diese Vorschrift erzielte Vereinheitlichungszweck ist eher gering. In wesentlichen Fragen schlägt das auf das Sicherungsrecht jeweils anwendbare 64

Vgl. zum Meinungsstand 3. Teil, 3. Kapitel, III.B. Dabei ist stets im Auge zu behalten, dass die Frage, ob das zu beurteilende Recht ein Recht ist, dass die Zahlung der abgetretenen Forderung sichert, und ob dieses Recht ein obligatorisches, dingliches, akzessorisches oder nicht akzessorisches ist, sowohl bei Anwendbarkeit des FactÜ als auch des ZessÜ nach dem auf das konkrete Sicherungsrecht anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen ist. 65

320

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

nationale Recht durch 66 bzw. ist ein Rückgriff 67 auf dieses erforderlich. Trotzdem sollte die durch Art. 10 ZessÜ erzielte Rechtsvereinheitlichung nicht gering geschätzt werden, 68 da der Übergang von Sicherungsrechten ein Rechtsgebiet betrifft, in dem sich die internationale Rechtsvereinheitlichung erst am Beginn des Weges befindet.

V. Übergang von Sicherungsrechten nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL Mit der Abtretung eines Anspruchs gehen auch die akzessorischen Sicherungsrechte auf den Zessionar über (Art. 11:201 Abs. 1 lit. b PECL). Eine gesonderte Abtretung (Vereinbarung) ist für die Übertragung nicht erforderlich. 69 Fraglich ist, ob der Zedent und der Zessionar durch eine Vereinbarung den Übergang der akzessorischen Sicherungsrechte verhindern können. M.E. ist dies zulässig, jedoch entscheidet über das weitere Schicksal des Sicherungsrechts das auf dieses jeweils anwendbare nationale Recht. Nicht akzessorische Sicherungsrechte sind gesondert auf den Zessionar zu übertragen. Nach Art. 11:204 lit. c PECL sichert der Zedent dem Zessionar aber zu, ihm alle nicht akzessorischen, übertragbaren Sicherungsrechte zu übertragen. Diese Zusicherung kann jedoch abbedungen werden. 70 Jene zwingenden Vorschriften, die nach den einschlägigen Regeln des IPR unabhängig von dem für den Abtretungsvertrag maßgeblichen Recht anwendbar sind, sind stets und somit auch beim Übergang akzessorischer und nichtakzessorischer Sicherungsrechte zu beachten (z.B. Einhaltung von Publizitätsvorschriften).

66

Art. 10 Abs. 1 Satz 2, Art. 10 Abs. 6 ZessÜ. Z.B. in der Frage, ob das Sicherungsrecht ein obligatorisches oder dingliches, ein akzessorisches oder vom Bestand der Forderung unabhängiges Recht ist. 68 Dies gilt auch für Art. 7 FactÜ. 69 Lando u.a., PECL III, 105 F. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 682 F.): „Accessory rights pass automatically to the assignee under Article l l : 2 0 1 ( l ) ( b ) and do not require separate assignment." 70 Lando u.a., PECL III, 105 F. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 682 F.). 67

3. Kapitel:

Übertragung

von

Sicherungsrechten

321

B. UNIDROIT-Principles Gemäß Art. 9.1.14 lit. b UNIDROIT-Principles werden durch die Abtretung alle Rechte, welche die Erfüllung des abgetretenen Rechts sichern, übertragen. Aus dem Wortlaut des Art. 9.1.14 lit. b UNIDROIT-Principles folgt keine Differenzierung zwischen akzessorischen und nicht akzessorischen Sicherungsrechten und somit auch keine Beschränkung auf akzessorische Rechte. 71 Sofern eine gesonderte Übertragungshandlung für die Übertragung einzelner Sicherungsrechte erforderlich ist, ist der Zedent mangels gegenteiliger Vereinbarung über den Übergang der Rechte - zur Vornahme der entsprechenden Übertragungshandlung verpflichtet, da anderenfalls die von den UNIDROIT-Principles einer Abtretung beigemessenen Wirkungen (Übergang des abgetretenen Rechts und aller die Erfüllung dieses Rechts sichernden Rechte) nicht erreicht werden können. 72 Nach dem IPR maßgebende zwingende Vorschriften (s. Art. 1.4. UNIDROIT-Principles) werden durch Art. 9.1.14 lit. b UNIDROITPrinciples nicht verdrängt und sind bei der Übertragung der Rechte, welche die Erfüllung des abgetretenen Rechts sichern, zu beachten.

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Allen vier Regelwerken liegt hinsichtlich der Rechte, welche die Zahlung der abgetretenen Forderung sichern, derselbe Gedanke zugrunde: Durch die Abtretung soll der Zessionar als neuer Inhaber der Forderung in die Position des Zedenten treten. Sind damit Sicherungsrechte verbunden, so sollen auch diese übergehen, unabhängig davon, ob sie akzessorisch oder nicht akzessorisch sind. Unter dem Gesichtspunkt einer „einfachen", verständlichen Regelung, die der Rechtssicherheit dient, ist den diesbezüglichen Vorschriften der PECL der Vorzug zu geben. Diese unterscheiden klar zwischen dem Übergang akzessorischer (Art. 11:201 Abs. 1 lit. b 71

Im Kommentar Nr. 4 zu Art. 9.1.14 UNIDROIT-Principles ist ohne eine Stellungnahme der Hinweis auf „accessory rights and securities" enthalten, aus den Textentwürfen und Materialen folgt jedoch klar, dass sowohl akzessorische Rechte („accessory rights") als auch nicht akzessorische Sicherungsrechte („securities") vom Begriff „all rights securing ..." umfasst sind. Vgl. UN1DROIT 2000, Study L - Mise. 22, Rn. 820; UN1DROIT 2000, Study L - WP.3, Article 11; UNIDROIT 1999, Study L - Doc. 65, Article 1.9. 72 Im Kommentar Nr. 4 zu Art. 9.1.14 UNIDROIT-Principles wird auf die generelle Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen den Parteien abgestellt (Art. 5.1.3 UNIDROITPrinciples). Im Entwurf UNIDROIT 1999, Study L - Doc. 65, Article 1.9 ist folgende Bestimmung enthalten: „The assignor is obliged to take all necessary steps to allow the assignee to enjoy the benefit of accessory rights and securities."

322

3. Teil: Wirksamkeit

und Wirkungen der

Forderungsabtretung

PECL) und nicht akzessorischer, aber übertragbarer (Art. 11:204 lit. c PECL) Sicherungsrechte. Akzessorische Rechte gehen automatisch mit der Abtretung über, für nicht akzessorische, aber übertragbare Sicherungsrechte sehen die PECL eine Verpflichtung des Zedenten vor, die jedoch abbedungen werden kann. Diese Aussagen liegen im Wesentlichen auch der Formulierung des Art. 10 Abs. 1 ZessÜ und jener des Art. 9.1.14 lit. a UNIDROIT-Principles zugrunde. Klarer kommen sie in den Vorschriften der PECL zum Ausdruck.

4. Teil Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und Zessionar

1. Kapitel

Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars I.

Einleitung

Die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars ergeben sich grundsätzlich aus dem der Forderungsabtretung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, beispielsweise dem Factoringvertrag, der Sicherungsabrede oder einer Finanzierungsvereinbarung bei Projektfinanzierungen. Diese Rechte und Pflichten folgen nicht aus dem Abtretungsvertrag als solchem, da dieser lediglich auf die Übertragung der Forderung vom Zedenten auf den Zessionar abzielt. 1 Die einzelnen nationalen Rechtsordnungen enthalten Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars, die jedoch auf Grund ihrer Dispositivität nur bei fehlender Parteienvereinbarung heranzuziehen sind. 2 Das FactÜ enthält keine Vorschriften über die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Lieferanten und des Factors. Dies entspricht der Absicht der Verfasser, den Regelungsgegenstand des FactÜ auf die Abtretung als vermögensrechtlichen Übergang der Forderung zu beschränken und grundsätzlich keinen Einfluss auf die vertragliche Beziehung zwischen dem Lieferanten und dem Factor bzw. den Factors untereinander zu nehmen. 3 Daher ist für die Bestimmung der wechselseitigen Rechte und Pflichten des Lieferanten und des Factors vorrangig der Factoringvertrag sowie subsidiär das auf den Factoringvertrag jeweils anwendbare nationale Recht maßgebend.

1 Vgl. Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 91: „In legal systems that attach great importance to the distinction between the agreement by which the contract right is transferred to the assignee, and the underlying sales agreement, security arrangement, or other obligational relationship between the parties ..., the latter agreement is obviously the source of the rights and duties of assignor and assignee." 2 Vgl. die Übersicht bei Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 91 f.; Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I 426 f. 3 S. UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 15 und 30 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 53 Rn. 15 und 65 Rn. 30.

326

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

Das ZessÜ regelt das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar in den Art. 11 bis 14 ZessÜ. 4 Im Gegensatz zu den sonstigen Bestimmungen des ZessÜ, die sich vor allem mit dem vermögensrechtlichen Aspekt der Abtretung als Übertragung eines Forderungsrechts (der Änderung der Rechtszuständigkeit) befassen, enthalten die Art. 11 bis 14 ZessÜ Bestimmungen, welche das Vertragsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar betreffen. Nach einer allgemeinen Bestimmung über die Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars (Art. 11 ZessÜ) werden die Zusicherungen des Zedenten (Art. 12 ZessÜ), das Recht zur Anzeige der Abtretung an den Schuldner (Art. 13 ZessÜ) und das Recht auf Zahlung (Art. 14 ZessÜ) geregelt. Obwohl bereits aus dem in Art. 6 Satz 1 ZessÜ verankerten Grundsatz der Privatautonomie folgt, dass der Zedent und der Zessionar durch Vereinbarung Bestimmungen des ZessÜ in Bezug auf ihre jeweiligen Rechte und Pflichten ausschließen oder abändern können, hebt das ZessÜ sowohl in Art. 12 und 13 als auch in Art. 14 einleitend hervor, dass diese nur vorbehaltlich abweichender Vereinbarung 5 gelten. Die Gestaltung der wechselseitigen Rechte und Pflichten bleibt grundsätzlich den Parteien des Abtretungsvertrages überlassen, die Vorschriften der Art. 12 bis 14 ZessÜ sind somit dispositiver Natur. Weichen jedoch der Zedent und der Zessionar durch Vereinbarung von den Art. 12, 13 und 14 ZessÜ ab und würden sie damit in Rechte von Personen eingreifen, die nicht Partei der Vereinbarung sind, d.h. des Schuldners bzw. konkurrierender Anspruchsberechtigter (anderer Zessionar derselben Forderung von demselben Zedenten, Gläubiger des Zedenten, Insolvenzverwalter), so lässt eine solche Vereinbarung gemäß Art. 6 Satz 2 ZessÜ die Rechte dieser Personen unberührt. Die dispositiven Bestimmungen der Art. 11 bis 14 ZessÜ können unterschiedliche Funktionen erfüllen: 6 Haben die Parteien keine Vereinbarung bezüglich der in diesen Vorschriften geregelten Fragen getroffen, so können durch das Bestehen einer einheitlichen Regelung die Kosten einer Streitbeilegung reduziert werden, da für Abtretungen, die vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasst werden, sowohl staatliche Gerichte als auch Schiedsgerichte auf eine klare Regelung zurückgreifen können. Zudem können die dispositiven Vorschriften bei einer erstmaligen Geschäfts4

Das ZessÜ unterscheidet, wie bereits erwähnt, zwischen dem Rechtsverhältnis Zedent - Zessionar, der rechtlichen Stellung des Schuldners sowie dem Rechtsverhältnis Zessionar - konkurrierende Berechtigte und regelt diese in Abschnitt I, II und III des Kapitels IV (Art. 11 bis 25 ZessÜ). 5 S. Art. 12 und 13 ZessÜ: „Unless otherwise agreed between the assignor and the assignee" bzw. Art. 14 ZessÜ: „As between the assignor and the assignee, unless otherwise agreed ...". 6 Vgl. zum Folgenden und weiteren Vorteilen der Art. 11 bis 14 ZessÜ Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 110.

1. Kapitel: Rechte und Pflichten des Zedenten und

Zessionars

327

anbahnung dem Zedenten und dem Zessionar als eine Art Checklist für die zu regelnden Fragen dienen und Auskunft über die nach dem ZessÜ bestehenden wechselseitigen Rechte und Pflichten geben; dies gilt insbesondere für die Risikoaufteilung der Nichtbezahlung durch den Schuldner. Die Art. 12, 13 und 14 ZessÜ regeln jedoch nur ausgewählte Aspekte der gegenseitigen Rechte und Pflichten, nämlich die Zusicherungen des Zedenten, das Recht zur Anzeige an den Schuldner und den Anspruch des Zessionars auf Zahlung. Andere Fragen, welche das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar betreffen, sind nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu entscheiden. Wie bereits erwähnt, enthält das ZessÜ beispielsweise keine Vorschriften über den Abschluss eines Vertrages. Ebenso ist die Möglichkeit einer Anfechtung des Abtretungsvertrages wegen Irrtums oder Betruges nach dem auf dieses Vertragsverhältnis anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Im Zusammenhang mit den dispositiven Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Parteien des Abtretungsvertrages ist auf die kollisionsrechtliche Vorschrift des Art. 28 ZessÜ hinzuweisen. Nach Art. 28 Abs. 1 ZessÜ unterliegen die sich aus ihrer Vereinbarung ergebenden gegenseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars dem von ihnen gewählten Recht; bei fehlender Rechtswahl ist das Recht jenes Staates für die Beurteilung ihrer gegenseitigen Rechte und Pflichten maßgebend, zu dem der Abtretungsvertrag die engste Verbindung aufweist. 7 Art. 28 ZessÜ ist jedoch nicht anzuwenden, sofern ein Staat eine opting out Erklärung für die Bestimmungen des Kapitels V („Autonome kollisionsrechtliche Vorschriften") abgegeben hat (s. Art. 1 Abs. 4 i.V.m. Art. 39 ZessÜ). Vor der Erörterung des Regelungsinhalts von Art. 11 bis 14 ZessÜ, die sich auf die schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar beziehen, sei nochmals darauf hingewiesen, dass das ZessÜ die Forderungsabtretung hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Übertragung eines Vermögensrechts an einer Forderung vom Zedenten auf den Zessionar regelt. 8 Auf Grund der unterschiedlichen rechtlichen Konstruktionen einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung in den einzelnen Rechtsordnungen setzt sich das ZessÜ jedoch nicht mit dem Verhältnis zwischen der Übertragung des Vermögensrechts an einer Forderung (der Änderung der Rechtszuständigkeit) und der dieser Übertragung zugrunde liegenden Vereinbarung auseinander. 9 7

Vgl. zu Art. 28 ZessÜ 7. Teil, 2. Kapitel, III. Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (267); Kuhn, SZW/RSDA 3/2002, 129 (135). 9 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 16 sowie Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 25. Vgl. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (321): „The ... Convention focuses on the assignment rather than on the financing con8

328

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und Zessionar

II. Wechselseitige Rechte und Pflichten nach dem ZessÜ A. Grundsatz der Parteiautonomie Art. 11 Abs. 1 ZessÜ stellt für das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nochmals ausdrücklich fest, was bereits aus Art. 6 Satz 1 ZessÜ (Grundsatz der Privatautonomie) folgt. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars aus der zwischen ihnen bestehenden Vereinbarung bestimmen sich nach deren Wortlaut und den darin festgelegten Bedingungen, einschließlich der Regelungen und allgemeinen Bedingungen, auf welche in der Vereinbarung lediglich Bezug genommen wird. Fragen der Geltungskontrolle oder Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen beurteilen sich ebenso nach dem auf die Vereinbarung jeweils anwendbaren nationalen Recht wie die Wirksamkeit der Vereinbarung an sich.

B. 1.

Handelsbräuche und Parteiengepflogenheiten Einleitung

Unter welchen Voraussetzungen der Zedent und der Zessionar an Handelsbräuche und Gepflogenheiten, die zwischen ihnen entstanden sind, gebunden sind, folgt für den Anwendungsbereich des ZessÜ aus Art. 11 Abs. 2 und 3 ZessÜ. Diese Bestimmungen regeln nur die Geltung von Handelsbräuchen und Parteiengepflogenheiten, nicht jedoch deren Wirksamkeit. Die Wirksamkeit ist nach dem auf den Vertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Vor der Erörterung der einzelnen Vorschriften des Art. 11 Abs. 2 und 3 ZessÜ ist hervorzuheben, dass der sachliche Anwendungsbereich von Abs. 2 und 3 ZessÜ ein unterschiedlicher ist: Die Vorschrift des Abs. 2 ZessÜ bezieht sich auf sämtliche Forderungsabtretungen, die vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfasst werden, Abs. 3 ZessÜ ist hingegen nur bei Vorliegen einer internationalen Abtretung 10 zu beachten. 11

tract, thereby avoiding restrictions on the ability of the parties to structure the financing contract (in which assignment may be an integral part or not, based on the needs and desires of the parties)." 10 Eine Abtretung ist international, wenn sich der Zedent und der Zessionar zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages in verschiedenen Staaten befinden (Art. 3 Satz 2 ZessÜ). Das Kriterium der Internationalität gilt nur für die Abtretung, nicht auch für die Forderung. Art. 11 Abs. 3 ZessÜ gilt somit sowohl bei einer internationalen Ab-

1. Kapitel: Rechte und Pflichten des Zedenten und

Zessionars

329

Als Vorbild für die Regelung der Geltung von Handelsbräuchen und Parteiengepflogenheiten haben die entsprechenden Bestimmungen für den internationalen Kaufvertrag über bewegliche Sachen (Waren) gedient. Auf Grund von Detailabweichungen stimmen die Art. 11 Abs. 2 und 3 ZessÜ jedoch nicht zur Gänze mit Art. 9 CISG überein. Die von Art. 11 ZessÜ verwendeten Begriffe „Handelsbrauch" und „Gepflogenheiten" sind grundsätzlich autonom zu interpretieren. Auf Grund des Gebotes einer konventionsübergreifenden Auslegung der in internationalen einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen verwendeten identen Begriffe ist jedoch die diesbezügliche Auslegung des Art. 9 CISG zu berücksichtigen. Demnach sind „Handelsbräuche" Regeln geschäftlichen Verhaltens, die von den beteiligten Handelskreisen in einer Branche oder an einem Marktort üblicherweise eingehalten werden, jedoch nicht durch Rechtsakt vorgeschrieben sind. Demgegenüber sind „Gepflogenheiten" Verhaltensweisen, die nicht allgemein, sondern nur zwischen den konkreten Parteien regelmäßig beachtet werden. 12 Grundsätzlich gilt, dass sowohl Handelsbräuche als auch Parteiengepflogenheiten lediglich für die konkreten Parteien rechtliche Wirkungen entfalten, aber keinen Einfluss auf die rechtliche Stellung des Schuldners oder konkurrierender Anspruchsberechtigter haben. Ebenso haben sie keinen Einfluss auf die rechtliche Stellung des nachfolgenden Zedenten und des Zessionars im Fall einer nachfolgenden Forderungsabtretung. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz, wonach Rechte dritter Personen, die nicht Partei einer Vereinbarung sind, von einer solchen Vereinbarung nicht berührt werden, denn der in Art. 6 Satz 2 ZessÜ verankerte Grundsatz gilt allgemein für das gesamte ZessÜ, nicht nur für den Fall des Ausschlusses bzw. einer Änderung des ZessÜ durch Vereinbarung, sowie aus der Formulierung des Art. 11 Abs. 1 ZessÜ, welche auf die Parteien der konkreten Vereinbarung Bezug nimmt. Die Tatsache, dass der Schuldner oder konkurrierende Berechtigte nicht notwendigerweise Kenntnis über den Inhalt der Handelsbräuche bzw. Gepflogenheiten haben, stellt jedoch m.E. keine tragfähige Begründung für eine „Nichterstreckung" derselben auf diese Personen dar. 13

tretung einer nationalen Forderung als auch bei einer internationalen Abtretung einer internationalen Forderung. " Mit Ausnahme des Art. 11 Abs. 3 ZessÜ sind die einzelnen Vorschriften des ZessÜ unabhängig davon anzuwenden, ob die Abtretung eine nationale oder eine internationale ist. 12 So Magnus in Staudinger Art. 9 CISG Rn. 7 und 13 m.w.N. 13 Vgl. Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489, Rn. 112.

330 2.

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Vereinbarte Gebräuche und

Zessionar

Gepflogenheiten

Nach Art. 11 Abs. 2 1. Hs. ZessÜ sind der Zedent und der Zessionar an jene Handelsbräuche gebunden, welche durch eine Einigung 1 4 Bestandteil ihrer Vereinbarung geworden sind. Ob es sich dabei um Handelsbräuche handelt, die im internationalen oder nationalen oder lediglich lokalen Handel üblich sind, ist für Art. 11 Abs. 2 1. Hs. ZessÜ unerheblich. 15 Die Bestimmung des Art. 11 Abs. 2 1. Hs. ZessÜ entspricht inhaltlich der Regelung des Art. 9 Abs. 1 Alt. 1 CISG 16 . Die zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten sind für die Bestimmung der wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars hingegen nur maßgebend, sofern nichts anderes vereinbart worden ist. 17 Die „negative" Voraussetzung einer fehlenden „gegenteiligen Vereinbarung" für die Geltung von Parteiengepflogenheiten stellt eine Abweichung von Art. 9 Abs. 1 CISG 1 8 dar 19 , die m.E. lediglich sprachlicher, nicht jedoch inhaltlicher Natur ist. Begründet wird dies damit, dass die Geltung von Parteiengepflogenheiten eine konkludente Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar voraussetze, weshalb von ihrer Geltung wiederum nur durch Vereinbarung abgegangen werden könne. 2 0 Diese Begründung überzeugt nicht. Das Erfordernis einer fehlenden gegenteiligen Vereinbarung für die Geltung von zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten ist als überflüssig und auf den ersten Blick als verwirrend zu bewerten, da es dem im ZessÜ - allgemein in Art. 6 Satz 1 ZessÜ und im Besonderen für den Zedenten und den Zessionar in Art. 11 Abs. 1 ZessÜ - verankerten Grundsatz der Privatautonomie entspricht, 14 Ob diese Einigung nur ausdrücklich oder aber auch konkludent erfolgen kann, ist wiederum nach dem auf die Vereinbarung jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 15 Art. 11 Abs. 2 Hs. 1 ZessÜ verwendet den Begriff „usage", ohne diesen zu präzisieren bzw. einzuschränken. 16 vgl. beispielsweise Schmidt-Kessel in Zu Art. 9 Abs. 1 CISG Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 9 CISG Rn. 6 f.; Magnus in Staudinger Art. 9 CISG Rn. 7 ff. m.w.N. 17 Art. 11 Abs. 2 Hs. 2 ZessÜ: „The assignor and the assignee are bound ..., unless otherwise agreed, by any practices they have established between themselves." 18 Art. 9 Abs. 1 CISG lautet: „The parties are bound ... by any practices which they have established between themselves." 19 Die Abweichung ist von UNCITRAL zwar erkannt, eine Streichung der Textpassage „unless otherwise agreed" jedoch abgelehnt worden, „since the reference to practices might otherwise create uncertainty." S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 159. 20 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 112. Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. I l l ist die Streichung der Wörter „unless otherwise agreed" hingegen als unnötige Abweichung von Art. 9 Abs. 1 CISG vorgeschlagen worden.

1. Kapitel: Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars

331

dass der Zedent und der Zessionar jederzeit von den zwischen ihnen begründeten Gepflogenheiten durch eine gegenteilige Vereinbarung abweichen können, wenn sie deren Geltung für die konkrete Forderungsabtretung vermeiden wollen. Die Hervorhebung dieser „Selbstverständlichkeit" im Sinne eines negativen Erfordernisses in Art. 11 Abs. 2 2. Hs. ist eher als verwirrend als einer Klarstellung dienend zu bewerten. Darüber hinaus ist dieses Abweichen hinsichtlich der Parteiengepflogenheiten aus einem weiteren Grund kritikwürdig. In einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen enthaltene Vorschriften, denen derselbe Regelungsgedanke und Regelungszweck zugrunde liegen, sollten nicht ohne einen sachlichen Grund sprachlich voneinander abweichen, da dies eine einheitliche, einzelne einheitsprivatrechtliche Übereinkommen übergreifende Auslegung unnötigerweise erschwert. 3.

Im internationalen

Handel übliche

Gebräuche

Art. 11 Abs. 3 ZessÜ regelt die Maßgeblichkeit der im internationalen Handel üblichen Bräuche für das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und ist nur bei einer internationalen Abtretung anzuwenden, da bei nationalen Abtretungen 21 die Maßgeblichkeit internationaler Bräuche nicht sachgerecht wäre. Allgemein ist die Maßgeblichkeit von Bräuchen und Gepflogenheiten für jedes Vertragsverhältnis gesondert zu beurteilen. Bei nachfolgenden Abtretungen ist es daher denkbar, dass Art. 11 Abs. 3 ZessÜ zwar nicht für alle Abtretungen in der Kette, jedoch für einzelne Abtretungen grundsätzlich in Betracht zu ziehen ist. Entscheidend ist, ob die Parteien der zu beurteilenden Abtretung bei Abschluss des Abtretungsvertrages ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten hatten. Ebenso wie Art. 9 Abs. 2 CISG für den internationalen Kaufvertrag enthält auch Art. 11 Abs. 3 ZessÜ für eine internationale Abtretung die Fiktion, dass sich der Zedent und der Zessionar bei einer internationalen Abtretung auf jene Handelsbräuche bezogen haben, die im internationalen Handel den Parteien von Abtretungen dieser Art oder von Abtretungen der betreffenden Kategorie von Forderungen 22 weithin bekannt sind und von ihnen regelmäßig beachtet werden. 23 Art. 11 Abs. 3 ZessÜ hält ausdrück21 Eine Abtretung ist national, wenn sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages über die Abtretung der Zedent und der Zessionar in demselben Staat befinden. 22 Das Bestehen entsprechender Bräuche ist bei der Ausarbeitung des ZessÜ in Frage gestellt worden; (auch) deshalb ist eine Streichung des Art. 9 Abs. 3 ZessÜ vorgeschlagen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 21: „... since currently there did not seem to exist a distinct body of usage on receivables financing." 23 Ein im Bereich des internationalen Factoring bestehender Handelsbrauch ist beim internationalen Factoring, nicht jedoch bei einer Abtretung im Rahmen einer internationalen Securitisierung zu beachten. Dieses Beispiel ist dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 113 entnommen.

332

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

lieh fest, dass der Zedent und der Zessionar anderes vereinbaren und damit die Maßgeblichkeit der genannten Bräuche für ihr Rechtsverhältnis ausschließen können. Die Fiktion des Art. 11 Abs. 3 ZessÜ besteht nur für die im internationalen Handel weithin bekannten und regelmäßig beachteten, nicht jedoch für die im nationalen Handel bestehenden Handelsbräuche. Damit soll die Anwendung nationaler Bräuche auf internationale Abtretungen verhindert werden. 24 (Davon zu unterscheiden ist die Möglichkeit des Zedenten und des Zessionars, die Geltung nationaler Bräuche für ihr Rechtsverhältnis ausdrücklich oder stillschweigend zu vereinbaren, Art. 11 Abs. 2 ZessÜ.) In Abweichung von Art. 9 Abs. 2 CISG sind nach Art. 11 Abs. 3 ZessÜ der Zedent und der Zessionar an die im internationalen Handel üblichen Bräuche bereits dann gebunden, wenn diese den Parteien von Abtretungen dieser Art oder von Abtretungen der betreffenden Kategorie von Forderungen weithin bekannt sind und allgemein beachtet werden (objektive Voraussetzungen). Art. 9 Abs. 2 CISG verlangt jedoch zusätzlich, dass die Parteien des konkreten Kaufvertrages den im internationalen Handel üblichen Brauch kannten oder kennen mussten (subjektive Voraussetzung). Im Vergleich zu Art. 9 Abs. 2 CISG sind daher bei internationalen Abtretungen die Voraussetzungen für die Geltung dieser international üblichen Bräuche für den Zedenten und den Zessionar herabgesetzt. 25 Der Zedent und der Zessionar können daher mit der Geltung von - für bestimmte internationale Abtretungen - weithin verbreiteten und beachteten Bräuchen konfrontiert sein, die sie persönlich aus bestimmten Gründen gar nicht kennen konnten, ihnen aber auch keine Nachlässigkeit diesbezüglich vorgeworfen werden kann. Der Zedent und der Zessionar können die Maßgeblichkeit ihnen persönlich nicht bekannter Bräuche (Bräuche i.S.d. Art. 9 Abs. 3 ZessÜ) verhindern, indem sie in ihrer Vereinbarung die Geltung sämtlicher Bräuche ausschließen, da Art. 9 Abs. 3 ZessÜ unter dem Vorbehalt einer abweichenden Parteienvereinbarung steht, oder bestimmen, dass nur die in der Vereinbarung angeführten Bräuche für ihr Rechtsverhältnis maßgebend sein sollen. Als Begründung für das Fehlen der subjektiven Voraussetzung für die Geltung dieser Bräuche folgt aus den Materialien, dass eine Bezugnahme auf die Bekanntheit des Handelsbrauchs zwar in einem zweipersonalen Verhältnis nützlich sein mag, in einem „Abtretungsverhältnis" jedoch

24

Ebenso Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 22. Die Divergenz zu Art. 9 Abs. 2 CISG ist während der Ausarbeitung des ZessÜ zwar erkannt, aber nicht beseitigt worden. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 112 sowie Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 160. 25

1. Kapitel: Rechte und Pflichten des Zedenten und

Zessionars

333

Rechtsunsicherheit verursachen könnte. 26 Dieses Argument mag auf den ersten Blick verwundern, da auch das „Abtretungsverhältnis" zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ein zweipersonales ist, aus einem früheren Dokument 2 7 ergibt sich aber, dass mit dem Begriff „Abtretungsverhältnis" ein dreipersonales Verhältnis („tripartite relationship") gemeint ist; „für dritte Personen sei es sehr schwierig festzustellen, was der Zedent und der Zessionar kannten oder kennen mussten". 28 Dieses Argument ist m.E. nicht stichhaltig, da die Geltung der für bestimmte Abtretungen im internationalen Handel üblichen Bräuche nach dem Konzept des ZessÜ auf die Parteien der konkreten Abtretung beschränkt bleibt und keinen Einfluss auf die Rechte dritter Personen hat (s. Art. 6 Satz 2, Art. 11 Abs. 1 ZessÜ). Aus diesem Grund ist es auch nicht erforderlich, dass dritte Personen Kenntnis über den Wissensstand des Zedenten und des Zessionars hinsichtlich der nach Art. 11 Abs. 3 ZessÜ relevanten Bräuche haben. Daher stellt der Hinweis auf das dreipersonale Verhältnis einer Abtretung m.E. keine ausreichende Begründung für das Abweichen der Vorschrift des Art. 11 Abs. 3 ZessÜ von derjenigen für den internationalen Warenkaufvertrag dar. Der Verzicht auf das „subjektive Element" entspricht allerdings jener Lösung, die von den PECL und den UNIDROIT-Principles geteilt wird, weshalb sie kurz dargelegt werden soll. 4.

Gebräuche und Gepflogenheiten Principles

nach den PECL und UNIDROIT-

Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen der Zedent und der Zessionar an Gebräuche und Gepflogenheiten gebunden sind, folgen für Abtretungen, die in den Anwendungsbereich des Kapitels 11 der PECL fallen, aus der Bestimmung des Art. 1:105 PECL. Art. 1:105 Abs. 1 PECL entspricht Art. 9 Abs. 1 CISG. Im Vergleich zu Art. 9 Abs. 2 CISG verzichtet Art. 1:105 Abs. 2 PECL jedoch auf die subjektive Voraussetzung, d.h. die Bekanntheit der Gebräuche für die konkreten Parteien, und bezieht auch nationale und lokale Gebräuche 29 ein. Zudem sind sowohl die von den Par-

26 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 113 („assignment relationship"). 27 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 24. 28 Anzumerken bleibt, dass der Begriff „third parties" weiter ist als der Begriff „tripartite relationship", da unter dem zuletzt genannten Begriff bei einer Abtretung in der Regel nur der Zedent, der Zessionar und der Schuldner verstanden werden. 29 Von Bar/Zimmermann, Grundregeln I und II, 101 f. E. (1).

334

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

teien vereinbarten 30 als auch die von den Parteien nicht vereinbarten Gebräuche nur anzuwenden, wenn sie angemessen sind. 31 Im Rahmen der UNIDROIT-Principles ist Art. 1.9 zu beachten. Art. 1.9. Abs. 1 UNIDROIT-Principles entspricht Art. 9 Abs. 1 CISG. Für nicht von den Parteien vereinbarte Gebräuche ist die Bekanntheit des Handelsbrauches für die Vertragsparteien im Gegensatz zu Art. 9 Abs 2 CISG jedoch nicht erforderlich (Art. 1.9. Abs. 2 UNIDROIT-Principles). Ausgehend vom Anwendungbereich der UNIDROIT-Principles sind allerdings jene Gebräuche unbeachtlich, die im nationalen Handel 32 verwendet werden. Zudem darf die Anwendung der Gebräuche nicht unangemessen sein.

30

Von Bar/Zimmermann, Grundregeln I und II, 100 D. Vgl. für das Erfordernis der Angemessenheit der Handelsbräuche im Rahmen des CISG etwa Schmidt-Kessel in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 9 CISG Rn. 5. 32 S. Kommentar Nr. 4 zu Art. 1.9. UNIDROIT-Principles. 31

2. Kapitel Zusicherungen des Zedenten I.

Einleitung

Zusicherungen des Zedenten hinsichtlich der abzutretenden Forderungen haben bei Abtretungen zu Finanzierungszwecken einen entscheidenden Einfluss auf den Finanzierungsumfang und die Finanzierungskosten. So sind bei einer Forderungsabtretung zu Sicherungszwecken die Zusicherungen von maßgeblicher Bedeutung für die Bestimmung der Kredithöhe und des Kreditumfanges. Schließlich soll anhand der Zusicherungen eines Zedenten die Aufteilung des wirtschaftlichen und rechtlichen Risikos hinsichtlich der abgetretenen Forderungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar klar geregelt werden. 1 Die Zusicherungen des Zedenten betreffen die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars. Deren Regelung unterliegt deshalb grundsätzlich der freien Vereinbarung durch die Parteien (Art. 6 Satz 1 ZessÜ). Art. 12 ZessÜ, welcher die Zusicherungen des Zedenten für den Anwendungsbereich des ZessÜ regelt, 2 ist daher nur anzuwenden, wenn der Zedent und der Zessionar keine bzw. keine von den Bestimmungen des Art. 12 ZessÜ abweichende Vereinbarung über die Haftung des Zedenten für die abgetretene Forderung getroffen haben. 3 Aber auch Handelsbräuche oder zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten kön-

1 Zur wirtschaftlichen Bedeutung von Zusicherungen des Zedenten und zur Funktion des Art. 12 ZessÜ im Allgemeinen s. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 114. 2 Innerhalb der Arbeitsgruppe ist die Notwendigkeit einer Vorschrift über die Haftung des Zedenten im Rahmen des ZessÜ diskutiert worden, deren Streichung jedoch verworfen worden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 146. Die Vorschrift des Art. 12 ZessÜ ist sodann von der Arbeitsgruppe bereits im März 1998 angenommen und von UNCITRAL ohne Änderungen verabschiedet worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/447, Rn. 25 bis 40; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 130; Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 163. 3 Obwohl das bereits aus Art. 6 Satz 1 und Art. 11 Abs. 1 ZessÜ folgt, hebt dies Art. 12 Abs. 1 ZessÜ nochmals ausdrücklich hervor, in dem er einleitend bestimmt: „Unless otherwise agreed between the assignor and the assignee ...".

336

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

nen nach Maßgabe von Art. 11 Abs. 2 und 3 ZessÜ für die nähere Bestimmung von einzelnen Zusicherungen von Bedeutung sein. 4

II. Haftung für Zusicherungen nach dem ZessÜ Vorbehaltlich abweichender Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sichert der Zedent nach Art. 12 Abs. 1 ZessÜ zu, dass er berechtigt ist, die Forderung abzutreten (lit. a), er diese nicht zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten hat (lit. b), sowie dass der Schuldner keine Einreden oder Aufrechnungsrechte hat oder in Zukunft haben wird (lit. c). 5 Ausdrücklich hebt Art. 12 Abs. 2 ZessÜ hervor, dass die Zusicherungen des Zedenten nicht die Zahlungsfähigkeit des Schuldners umfassen. Mangels abweichender Vereinbarung trägt nach dem ZessÜ somit der Zessionar das Risiko des Zahlungsausfalles des Schuldners, 6 denn der Zedent haftet nur für den Bestand der Forderung. Da jedoch Art. 12 Abs. 2 ZessÜ dispositiv ist, können der Zedent und der Zessionar auch für Forderungsabtretungen, die nach dem ZessÜ zu beurteilen sind, ein Einstehenmüssen des Zedenten für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners vereinbaren. Einigen sich der Zedent und der Zessionar hingegen gemäß Art. 6 Satz 1 ZessÜ lediglich über einen Ausschluss des Art. 12 Abs. 2 ZessÜ, so ist nach dem auf das Schuldverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar jeweils anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen, 7 ob der Zedent für die Zahlungsfähigkeit der Schuldners einzustehen hat. 8

4

Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 114. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (334), betont, dass Art. 12 ZessÜ die einzige Bestimmung ist, welche unmittelbar die Pflichten und Rechte des Zedenten regelt. S. auch Bazinas in Norton/Andenas, Emerging Financial Markets 211 (216 lit. d). 6 Nach der im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 119 vertretenen Ansicht entspricht diese Regelung einem allgemein anerkannten Prinzip. Der Zessionar könne bei der Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen er dem Zedenten Kredit gewährt, diese Risikozuteilung entsprechend berücksichtigen. 7 Dabei ist vorrangig eine Rechts wähl gemäß Art. 3 EVÜ zu beachten; bei fehlender Rechtswahl ist das anwendbare Recht nach Art. 4 Abs. 2 EVÜ zu bestimmen. 8 Beispielsweise sehen das deutsche und das schweizerische Recht nur eine Haftung für die Richtigkeit der abgetretenen Forderung, nicht jedoch für deren Einbringlichkeit vor. Vgl. §§ 437 Abs. 1 BGB bzw. Art. 171 Abs. 2 OR (Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.). 5

2. Kapitel: Zusicherungen

des

Zedenten

337

A. Recht, die Forderung abzutreten Die Berechtigung des Zedenten, die Forderung abzutreten, ist in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Die Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ bezieht sich sowohl auf die Person des Zedenten, beispielsweise seine Bevollmächtigung, die Forderung abzutreten, oder seine Rechts- und Geschäftsfähigkeit, als auch auf die Abtretung an sich, beispielsweise auf die Existenz der konkreten Forderung, sofern eine bestehende Forderung abgetreten wird, oder dass keine gesetzlichen Abtretungsbeschränkungen der Forderungsabtretung entgegenstehen. Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ umfasst nach dem Sekretariatskommentar 9 nicht die Zusicherung des Zedenten, dass keine vertraglichen Abtretungsbeschränkungen oder Abtretungsverbote in Bezug auf die konkrete Forderung vereinbart worden sind. 10 Diese Aussage gilt es m.E. zu relativieren. Einerseits ist aus der Sicht des Schuldners der Zedent auf Grund des vereinbarten Abtretungsverbotes oder einer Abtretungsbeschränkung nicht berechtigt, die Forderung abzutreten. Andererseits kann die Aussage nur für jene Forderungen zutreffen, die gemäß Art. 9 Abs. 3 ZessÜ in den sachlichen Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ fallen. Nur bei Abtretungen derartiger Forderungen ist aus der Sicht des Zessionars eine entsprechende Zusage nicht erforderlich, da eine entgegen einer Vereinbarung mit dem Schuldner vorgenommene Abtretung sowohl im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar als auch gegenüber dem Schuldner wirksam ist und eine Haftung des Zessionars wegen bloßer Kenntnis von einer derartigen Vereinbarung ausgeschlossen ist (Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ). Dies gilt auch für eine nachfolgende Abtretung durch den ersten Zessionar, da Art. 9 Abs. 1 ZessÜ ebenso zwischen dem Zedenten und dem Zessionar vereinbarte Abtretungsbeschränkungen bzw. verböte erfasst und diese so wie jene zwischen dem Schuldner und dem Zedenten regelt. Auf Grund der in Art. 9 ZessÜ normierten Wirkungen vertraglicher Abtretungsbeschränkungen bzw. -verböte besteht somit für die in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählten Forderungen aus der Sicht des Zessionars keine Notwendigkeit für die Zusicherung des Zedenten, dass keine vertraglichen Abtretungsbeschränkungen bzw. -verböte bestehen. Im Zusammenhang mit Art. 9 und Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ ist auch die Vorschrift des Art. 18 Abs. 3 ZessÜ zu beachten, nach welcher der Schuldner keine Einreden und Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zessionar hat, die er gegen den Zedenten auf Grund der Verletzung einer vertraglichen Abtretungsbeschränkung haben könnte. 9

Vgl. Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489, Rn. 117. Im Ergebnis ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 179.

10

338

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

Anderes gilt jedoch für Forderungen, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen, aber nicht in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählt werden. In diesen Fällen umfasst m.E. - mangels abweichender Vereinbarung - die Zusicherung des Zedenten, berechtigt zu sein, die Forderung abzutreten (Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ), auch die Zusage, dass bezüglich der abgetretenen Forderung keine Abtretungsbeschränkung bzw. kein Abtretungsverbot vereinbart worden ist. Die Zusicherung der Berechtigung, die Forderung abzutreten, ist mangels abweichender Vereinbarung auch im Fall einer nachfolgenden Abtretung durch den ursprünglichen oder einen anderen Zessionar zu beachten (vgl. Art. 2 lit. b ZessÜ).

B. Keine vorangehende Abtretung derselben Forderung Gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ sichert der Zedent mangels abweichender Vereinbarung zu, dass er die Forderung nicht zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten hat. Aus den Materialien 11 folgt, dass der Zweck dieser Bestimmung in der Begründung einer Haftung des Zedenten liegt, sofern das Recht des Zessionars an der abgetretenen Forderung auf Grund einer bereits zuvor erfolgten Abtretung keinen Vorrang 12 genießt. Nach Art. 2 lit. a Satz 1 und Satz 2 ZessÜ umfasst der Begriff „Abtretung" ( - Übertragung des vertraglichen Anspruchs des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrages) sowohl eine Vollzession 13 und eine Sicherungszession (Abtretung zu Sicherungszwecken 14 ) als auch die Begründung von Sicherungsrechten an Forderungen für Verbindlichkeiten (z.B. Forderungsverpfändung). 15 D.h., der Zedent sichert dem Zessionar gemäß Art. 12 lit. b ZessÜ zu, dass er die Forderung nicht bereits vollständig oder

11

S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 117. Vgl. zum Begriff „Vorrang" die Legaldefinition des Art. 5 lit. g ZessÜ. Der Vorrang an einer Forderung ist nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (Art. 22 ZessÜ). 13 Vgl. Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (51): „pure outright transfers"; Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (731): „true sale of the receivable". 14 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 28: „Both outright transfers, including those made for security purposes, ...". Vgl. Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (731): „This technique is available in some countries, most notably Germany. Under U.C.C. Article 9, a transfer of ownership for security purposes creates a security interest that secures an obligation." 15 Welche Art der Übertragung im konkreten Fall vorliegt, ist nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu entscheiden. Auf Grund der Unterschiede in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen legt das ZessÜ nicht fest, wann eine Übertragung i.S.d. Art. 2 lit. a Satz 1 und wann eine solche i.S.d. Satz 2 ZessÜ vorliegt. 12

2. Kapitel: Zusicherungen

des

Zedenten

339

sicherungshalber an einen anderen Zessionar abgetreten hat, somit keine Vollzession, Sicherungszession oder beispielsweise rechtsgeschäftliche Verpfändung der Forderung stattgefunden hat. 16 Aus der Sicht des ZessÜ ist die Mehrfachabtretung einer Forderung eine Frage des Vorranges an dieser Forderung und es ist denkbar, dass nach dem jeweils anwendbaren Recht die zeitlich frühere oder aber die zeitlich spätere Abtretung Vorrang genießt. Vor dem Hintergrund, dass in einigen nationalen Rechtsordnungen die Mehrfachabtretung als Problem der Wirksamkeit und nicht als Problem des Vorranges angesehen wird, ist Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ zu begrüßen. Aus dem Blickwinkel dieser Rechtsordnungen kann bei einer Vollzession oder einer Sicherungszession, welche eine vollständige Übertragung des Forderungsrechts an den Zessionar bewirkt, die Zusicherung des Zedenten, die Forderung nicht zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten zu haben, bereits als Bestandteil seiner Zusicherung, zur Abtretung berechtigt zu sein (Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ), gesehen werden. Denn hat der Zedent die Forderung zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten, so ist er nach diesen Rechtsordnungen nicht mehr Inhaber der Forderung und daher nicht mehr berechtigt, diese nochmals abzutreten: 17 Die bereits abgetretene Forderung stellt für den Zedenten auf Grund der erfolgten Änderung der Rechtszuständigkeit eine ihm nicht mehr zustehende Forderung dar. Die Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ gilt m.E. sowohl bei der Abtretung einer gesamten Forderung, von Teilen einer Forderung (Teilabtretung) 18 oder eines ungeteilten Rechts an Forderungen. Die Vorschrift des Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ ist nicht nur bei der ersten Abtretung der Forderung, sondern ebenso bei einer nachfolgenden Abtretung zu berücksichtigen. Bei einer nachfolgenden Abtretung hat der ursprüngliche Zessionar als Zedent (s. Art. 2 lit. b ZessÜ) dafür einzustehen, dass er die Forderung nicht zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten hat.

16 Ob es sich im konkreten Fall um eine rechtsgeschäftliche Forderungsverpfändung oder eine Vollzession handelt, ist gemäß Art. 22 i.V.m. Art. 5 lit. g ZessÜ nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Ebenso Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (193 f.). 17 Es sei denn, er wird vom nunmehrigen Inhaber der Forderung ermächtigt, die Forderung abzutreten (Verfügungsermächtigung). 18 D.h. bei einer teilweisen Abtretung einer Forderung leistet der Zedent Gewähr dafür, dass er den abgetretenen Teil der Forderung nicht zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten hat, bzw. bei einer rechtsgeschäftlichen Forderungsverpfändung eines Teiles einer Forderung, dass der Zessionar hinsichtlich dieses Teiles im ersten Rang steht.

340

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

C. Einreden und Aufrechnungsrechte des Schuldners Nach Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ sichert der Zedent dem Zessionar zu, dass der Schuldner keine Einreden oder Aufrechnungsrechte hat oder haben wird. Diese Zusicherung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit Art. 18 ZessÜ, nach welchem der Schuldner grundsätzlich alle Einreden und Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zahlungsbegehren des Zessionars einwenden kann, die er auch gegen den Zedenten geltend machen könnte. Auch für die Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ gilt, dass der Zedent und der Zessionar Abweichendes vereinbaren können (Art. 6 Satz 1, Art. 11 Abs. 1 ZessÜ), durch ihre Vereinbarung jedoch keinesfalls in Rechte dritter Personen, im konkreten Fall in die dem Schuldner nach Art. 18 ZessÜ zustehenden Rechte, eingreifen können (Art. 6 Satz 2 ZessÜ). Die Bestimmung des Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ beruht auf der Überlegung, 19 dass der Zedent durch eine ordnungsgemäße Erfüllung des Grundvertrages (beispielsweise beim Kaufvertrag durch eine zeitgerechte, vollständige und mangelfreie Lieferung der Ware) das Entstehen von Einreden verhindern kann. Selbst wenn der Zedent lediglich Zwischenhändler ist und eine direkte Lieferung der Ware vom Hersteller an den Schuldner erfolgt, ist es für den Zedenten dennoch leichter als für den Zessionar festzustellen, ob der zwischen ihm und dem Schuldner geschlossene Grundvertrag ordnungsgemäß erfüllt worden ist. Die gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ vorgenommene Risikoverteilung entspricht auch bei einer Abtretung in Form einer Begründung von Sicherungsrechten an mehreren zukünftigen Forderungen den üblichen Geschäftspraktiken (z.B. „recourse financing"). Die Wirksamkeit der Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ ist unabhängig davon, ob der Zedent die möglichen Einreden und Aufrechnungsrechte im Zeitpunkt der Zusicherung tatsächlich kennt. 20 Bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen wäre dies auch gar nicht möglich. Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ beschreibt die Einreden nicht näher. Dies ist konsequent, da sie aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner herrühren, einem Rechtsverhältnis, mit dem sich das ZessÜ nicht befasst (Ausnahme: Art. 19 ZessÜ). Welche Einreden dem Schuldner im Einzelfall zustehen, ist daher nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu entscheiden. Handelt es sich bei dem Grundvertrag um einen internationalen Kaufvertrag, so ist zunächst die Anwendbarkeit des CISG zu überprüfen. Gelangt dieses nicht zur Anwen-

19 20

Vgl. zum Folgenden Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 118.

Rn. 118.

2. Kapitel: Zusicherungen

des

Zedenten

341

dung, so ist aus der Sicht des österreichischen Rechts das auf den Grundvertrag jeweils anwendbare Recht nach dem EVÜ zu bestimmen. Mangels abweichender Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar hat eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten über die Nichtgeltendmachung von Einreden und Aufrechnungsrechten (Art. 19 ZessÜ), die der Schuldner gemäß Art. 18 ZessÜ geltend machen könnte, keinen Einfluss auf die Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ. Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ gilt auch bei nachfolgenden Abtretungen (vgl. Art. 2 lit. b ZessÜ).

D. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen von Zusicherungen Nach Art. 12 Abs. 1 ZessÜ ist der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der Zusicherungen nach lit. a bis c jener des Abschlusses des Abtretungsvertrages. Bezogen auf den Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 ZessÜ bedeutet dies, dass ein Mangel i.S.d. Art. 12 Abs. 1 lit. a bis c ZessÜ bereits bei Abschluss des Abtretungsvertrages vorliegen muss, damit sich der Zessionar gegenüber dem Zedenten auf diesen Mangel berufen kann. Dies würde für den Zessionar in einigen Fällen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, zumal Art. 12 Abs. 1 ZessÜ diesen Zeitpunkt ohne nähere Differenzierung hinsichtlich der abgetretenen Forderungen festlegt. Denn nach dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 (Einleitungssatz) ZessÜ ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages sowohl bei einer Abtretung bestehender als auch bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen maßgebend. Ob dies im Ergebnis eine interessensgerechte Lösung darstellt, soll im Folgenden getrennt für bestehende und für zukünftige Forderungen erörtert werden. Vorab sei jedoch nochmals darauf hingewiesen, dass das ZessÜ eine Legaldefinition für bestehende und zukünftige Forderungen enthält (Art. 5 lit. b ZessÜ): Bestehende Forderungen sind solche, die bei oder vor dem Abschluss des Abtretungsvertrages entstehen (Art. 5 lit. b Hs. 1 ZessÜ), zukünftige hingegen solche, die erst nach dem Abschluss des Abtretungsvertrages entstehen. Die Fälligkeit der abgetretenen Forderung ist nach dem ZessÜ kein Kriterium für die Differenzierung zwischen einer bestehenden und einer zukünftigen Forderung. Werden bestehende Forderungen abgetreten, so erscheint der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages als der für die Haftung des Zedenten maßgebliche Zeitpunkt lediglich für seine Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. a, dass er an sich berechtigt ist, die Forderung abzutreten (da er der berechtigte Inhaber der Forderung ist und beispielsweise keine gesetz-

342

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

liehen Abtretungsverböte bestehen), sowie die Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ, dass er die Forderung nicht zuvor einem anderen abgetreten hat, sowohl aus der Sicht des Zedenten als auch aus der Sicht des Zessionars sachgerecht. Für die Zusicherung nach Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ (der Schuldner hat und wird keine Einwendungen und Aufrechnungsrechte haben) trifft dies jedoch nur zu, sofern die abgetretenen bestehenden Forderungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages bereits fällig sind und der Zessionar sogleich seinen Zahlungsanspruch gegenüber dem Schuldner geltend machen kann. Bei Abtretung einer im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages zwar bestehenden, aber noch nicht fälligen Forderung, ist der Zessionar hingegen nicht berechtigt - da sich der Inhalt der Forderung allein durch die Abtretung nicht ändert - diese sogleich einzufordern. Daher kann er im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages auch nicht feststellen, ob der Schuldner Einwendungen hat. Insoweit enthält Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ m.E. jedoch einen Hinweis darauf, dass eine differenzierte Betrachtung möglich ist, indem sich die Zusage des Zedenten nicht nur darauf bezieht, dass der Schuldner keine Einreden hat, sondern auch darauf erstreckt, dass der Schuldner keine Einreden haben wird. Diesbezüglich ist nur ein späterer Zeitpunkt als jener des Abschlusses des Abtretungsvertrages denkbar. In Betracht kommt der Zeitpunkt, in dem der Zessionar die Forderung geltend machen und somit erkennen kann, ob dem Schuldner Einreden gegen den Zahlungsanspruch zustehen, somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung. Werden jedoch Forderungen abgetreten, die überhaupt erst nach dem Abschluss des Abtretungsvertrages entstehen (zukünftige Forderungen, Art. 5 lit. b Hs. 2 ZessÜ) und soll mit der Forderungsabtretung i.S.d. Art. 2 lit. a ZessÜ der erst zu begründende vertragliche Anspruch des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrages auf den Zessionar übertragen werden, so erscheint der Abschluss des Abtretungsvertrages als maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Zusagen bereits aus praktischer Sicht nicht sinnvoll. In den Materialien zum Art. 12 ZessÜ wird - ohne Begründung für zukünftige Forderungen auf den Zeitpunkt ihres Entstehens als maßgeblichen Zeitpunkt für das Bestehen der Zusicherungen des Zedenten verwiesen. 21 Dieser Zeitpunkt ist für das Vorliegen der Zusicherungen bei zukünftigen Forderungen m.E. jedoch nur dann sachgerecht, wenn die Forderungen mit Abschluss des Grundvertrages auch bereits fällig sind. Ande-

21 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 37; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 116: „With respect to future receivables, representations are deemed to be made at the time of the assignment and take effect as of that time if they actually arise." Vgl. zur Frage des maßgeblichen Zeitpunktes auch Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 145; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 152.

2. Kapitel: Zusicherungen

des

Zedenten

343

renfalls ist m.E. wiederum auf jenen Zeitpunkt abzustellen, in dem der Zessionar erstmals sein Recht geltend machen und somit die Zusicherungen des Zedenten „überprüfen" kann; dies ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen. Die Bestimmung des Art. 12 Abs. 1 ZessÜ ist hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunktes für das Vorliegen der Zusicherungen als ungenau und zum Teil widersprüchlich 22 zu kritisieren. Eine differenzierte, ausdrückliche Regelung sowohl für die Abtretung bestehender als auch zukünftiger Forderungen wäre wünschenswert gewesen. Eine Begründung für das Fehlen einer ausdrücklichen Differenzierung ist, soweit ersichtlich, in den Materialien nicht enthalten. Gerade in diesem Punkt sollten daher der Zedent und der Zessionar vom Grundsatz der Parteiautonomie Gebrauch machen und den maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Zusicherungen des Zedenten sowohl bei bestehenden, aber zum Zeitpunkt der Abtretung noch nicht fälligen, als auch bei zukünftigen Forderungen ausdrücklich vereinbaren.

E. Rechtsfolgen Liegen die im Einzelfall vereinbarten oder aus Art. 12 Abs. 1 ZessÜ resultierenden Zusicherungen in Bezug auf die abgetretene Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor, so beurteilt sich eine daraus folgende Haftung des Zedenten wegen der Verletzung der Vereinbarung nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht. Da sich das ZessÜ mit dem der Abtretung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nur am Rande befasst - Regelungsgegenstand des ZessÜ ist in erster Linie die Abtretung im Sinne eines vermögensrechtlichen Überganges des Forderungsrechts, der Änderung der Rechtszuständigkeit - , normiert es konsequenterweise keine Sanktionen für die Vertragsverletzung des Zedenten. Ob es sich bei den Rechtsfolgen beispielsweise um verschuldensabhängige oder verschuldensunabhängige Schadenersatzansprüche handelt, ist allein nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Dies gilt auch für die Frage, wie sich die Haftung des Zedenten für eine Vertragsverletzung auf einen bereits erfolgten Forderungsübergang auswirkt. 23 22 Vgl. Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ: „... gewährleistet der Zedent, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages der Schuldner keine Einwendungen und Aufrechnungsrechte ... haben wird." [Hervorhebung durch die Verfasserin], 23 Eine diesbezügliche Anregung des UNCITRAL-Sekretariats, die Frage im ZessÜ zu regeln, ist von UNCITRAL nicht aufgenommen worden. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 120 sowie Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN

344

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

III. Zusicherungen nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL 1.

Zusicherungen

Gemäß Art. 11:204 lit. a (i) PECL sichert der Zedent dem Zessionar zu, dass er berechtigt ist, den Anspruch abzutreten, d.h., dass er der Inhaber des Anspruchs ist und kein gesetzliches oder vertragliches Abtretungsverbot besteht. Aus der Sicht des Zessionars ist eine Zusicherung des Zedenten, es bestehe kein vertragliches Abtretungsverbot, m.E. in jenen Fällen nicht erforderlich, in denen eine abredewidrige Abtretung (auch) dem Schuldner gegenüber wirksam ist (s. Art. 11:301 Abs. 1 PECL) 2 4 und der Schuldner daher zur Leistung an den Zessionar verpflichtet ist. 25 Eine Haftung des Zedenten gegenüber dem Zessionar ist in diesen Fällen somit ausgeschlossen. Darüber hinaus sichert der Zedent das Bestehen des Anspruchs 2 6 und das Nichtbestehen von Einwendungen und Aufrechnungsrechten (s. Art. 11:307 PECL) des Schuldners zu (Art. 11:204 lit. a (ii) PECL). Weiters hat der Zedent für die Zusicherung einzustehen, dass er den Anspruch nicht bereits abgetreten hat (nach den PECL ist eine Mehrfachabtretung eine Frage des Vorranges und nicht der Wirksamkeit) oder dieser mit einem Sicherungsrecht oder einem anderen Recht belastet ist (Art. 11:204 lit. a (iii) PECL). Eine Zusicherung des Zedenten, der Schuldner werde den Anspruch tatsächlich erfüllen (Zahlungsfähigkeit des Schuldners), enthält Art. 11:204 PECL hingegen nicht. Art. 11:204 lit. b PECL sieht die Zusicherung vor, dass Änderungen des Anspruchs grundsätzlich nur mit Zustimmung des Zessionars vorgenommen werden; gemäß Art. 1:204 lit. c PECL sichert der Zedent zu, dass er

Doc. A/55/17, Rn. 163. Die Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung des ZessÜ hat sich bereits zu Beginn gegen eine entsprechende Regelung ausgesprochen, da dies eine Frage des Vertrages zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sei. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 154. 24 A.A. Lando u.a., PECL III, 103 B. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 680

B.). 25 Unstrittig ist der Zedent auf Grund seiner Vereinbarung mit dem Schuldner nicht zur Abtretung des Anspruchs berechtigt, im Zusammenhang mit Art. 11:204 PECL ist jedoch die Haftung des Zedenten wegen nicht eingehaltener Zusicherungen von Interesse. 26 Diese Zusicherung ist m.E. bereits in der Zusicherung, zur Abtretung berechtigt zu sein, enthalten.

2. Kapitel: Zusicherungen

des

Zedenten

345

nicht akzessorische, übertragbare Sicherungsrechte auf den Zessionar übertragen wird. 2.

Maßgeblicher

Zeitpunkt

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zusicherungen gemäß Art. 11:204 lit. a PECL ist jener, zu dem die Übertragung des Anspruchs wirksam werden soll. Für bestehende Ansprüche und zukünftige Ansprüche (für letztere unter der Voraussetzung ihres Entstehens) ist dies entweder der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages oder ein späterer, von den Parteien vereinbarter Zeitpunkt (Art. 11:202 PECL). Bei der Abtretung eines zukünftigen Anspuchs erscheint, wie bereits zum ZessÜ ausgeführt, der Zeitpunkt der Einigung über die Abtretung nicht für alle angeführten Zusicherungen sachgerecht, so dass in bestimmten Fällen die Vereinbarung eines späteren Zeitpunktes, nämlich jenes, in dem der Zessionar erstmals sein Recht geltend machen und somit die Zusicherungen des Zedenten überprüfen kann, empfehlenswert ist. Art. 11:204 lit. b und lit c PECL bestimmen nicht, wann die Zusicherungen erfüllt sein müssen. Die Zusicherung, keine Änderung des Anspruchs bei fehlender Zustimmung des Zessionars vorzunehmen, wird mangels abweichender Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ab dem Entstehen des Anspruchs bis zum Erlöschen desselben erfüllt sein müssen. Die Zusicherung, nicht akzessorische übertragbare Sicherungsrechte auf den Zessionar zu übertragen, wird mangels abweichender Parteienvereinbarung im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs und des nicht akzessorischen Sicherungsrechts vorliegen müssen. 3.

Rechtsfolgen

Die Abtretungsvorschriften des 11. Kapitels enthalten keine Bestimmungen für den Fall, dass der Zedent seine Zusicherungen nicht einhält. Da es sich dabei um die Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung handelt, sind die Vorschriften des 8. und 9. Kapitels zu beachten.

B. 1.

UNIDROIT-Principles Zusicherungen

Die Zusicherungen des Zedenten nach den UNIDROIT-Principles decken sich zum Teil mit jenen nach Art. 12 ZessÜ und Art. 11:204 PECL, weshalb sie nur kurz wiedergegeben werden. Der Zedent sichert gegenüber dem Zessionar zu, dass zum Zeitpunkt der Abtretung das abgetretene Recht besteht, sofern es sich bei dem Recht nicht um ein zukünftiges Recht

346

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

handelt (Art. 9.1.15 lit. a UNIDROIT-Principles). Diese Ausnahme bezieht sich jedoch nicht auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Zusicherung, sondern auf die Abtretung von zukünftigen Rechten. 27 Im Kommentar 28 findet sich dazu folgendes Beispiel: Bei einer Abtretung zukünftiger Rechte, die in der Folge nicht entstehen, hat der Zessionar keinen Anspruch gegen den Zedenten. Dies leuchtet ein, da eine Abtretung zukünftiger Rechte nur im Fall ihres Entstehens als zum Zeitpunkt der Einigung zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger wirksam wird. Entsteht jedoch eine abgetretene, zukünftige Forderung, so ist m.E. kein Grund für eine Ausnahme ersichtlich. Der Zedent sichert zu, dass er berechtigt ist, das Recht abzutreten, er dieses nicht zuvor an eine andere Person abgetreten hat, das Recht frei von Rechten Dritter ist und keine Einreden bzw. Aufrechnungsrechte bestehen (Art. 9.1.15 lit. b , c, d und lit. e UNIDROIT-Principles). Weiters sichert der Zedent zu, dem Zessionar jene Zahlungen zu leisten, die er vor einer Abtretungsanzeige vom Schuldner erhalten hat (Art. 9.1.15 lit. f UNIDROIT-Principles). Auch ohne eine entsprechende Zusicherung ergibt sich diese Verpflichtung des Zedenten m.E. aus der Definition der Abtretung in Art. 9.1.1 und aus Art. 9.1.14 lit. a (Rechte, die sich auf den abgetretenen Anspruch beziehen) UNIDROIT-Principles. 2.

Maßgeblicher

Zeitpunkt

Nur für die Zusicherung, dass ein (bereits existierender) Anspruch besteht, wird der maßgebliche Zeitpunkt, nämlich jener der Abtretung, festgelegt. In den anderen Fällen bleibt die Bestimmung des Zeitpunktes der Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar vorbehalten. Bei fehlender Vereinbarung ist m.E. darauf zu achten, wann der Zessionar erstmals sein Recht geltend machen und somit die Zusicherungen des Zedenten überprüfen kann. 3.

Rechtsfolgen

Werden die Zusicherungen nicht eingehalten, so bestimmen sich die Rechtsfolgen dieser Vertragsverletzung nach den Vorschriften des 7. Kapitels. 29

27 28 29

Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.15 UNIDROIT-Principles. Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.15 UNIDROIT-Principles. Kommentar Nr. 7 zu Art. 9.1.15 UNIDROIT-Principles.

2. Kapitel: Zusicherungen

des

Zedenten

347

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Hinsichtlich der Zusicherungen des Zedenten besteht im Kern Übereinstimmung zwischen dem ZessÜ, den PECL und den UNIDROITPrinciples. Dies erscheint nahe liegend, da diesbezüglich die Interessen des Zessionars ident sind. Aber auch das Interesse des Zedenten wird gewahrt, indem er, mangels abweichender Vereinbarung, nach allen drei Regelwerken keine Haftung für die Bonität des Schuldners übernimmt. M.E. hätte jedoch in allen drei Regelwerken der Frage des Zeitpunktes, wann die Zusicherungen vorliegen müssen, mehr Augenmerk geschenkt werden sollen. Da der Begriff der Abtretung nach dem ZessÜ auch die Übertragung einer Forderung zu Sicherungszwecken und die Begründung von Rechten an einer Forderung als Sicherheit umfasst, wäre es aus Gründen der Klarheit sinnvoll gewesen, in Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ entsprechend Art. 11:204 lit. a (iii) PECL auf die Belastung einer Forderung mit Sicherungsrechten Bezug zu nehmen. Grundsätzlich jedoch gilt, dass die Legaldefinition des Art. 2 lit. a ZessÜ für das gesamte Übereinkommen und somit auch für Art. 12 Abs. 1 lit. b ZessÜ maßgebend ist.

3. Kapitel

Anzeige an den Schuldner I.

Einleitung

Der Abtretungsanzeige kommt im Rahmen des ZessÜ eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Zahlungspflicht des Schuldners sowie seiner Möglichkeit, Aufrechnungsrechte gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars geltend zu machen, zu. Der Empfang der Abtretungsanzeige ist jedoch keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner. 1 Ob die Drittwirksamkeit der Forderungsabtretung von einer Anzeige abhängt, ist nach dem gemäß Art. 22 ZessÜ berufenen nationalen Recht zu beurteilen. 2 Dem Konzept der strikten Trennung bei der Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, der rechtlichen Stellung des Schuldners sowie des Rechtsverhältnisses zwischen dem Zessionar und Dritten folgend, enthält das ZessÜ im Abschnitt, der sich auf den Zedenten und den Zessionar bezieht, eine eigene Vorschrift darüber, wer das Recht hat, dem Schuldner die Abtretung anzuzeigen oder ihm eine Zahlungsanweisung zu erteilen (Art. 13 ZessÜ). 3 Nicht nur in Art. 13 ZessÜ, sondern auch in anderen Bestimmungen differenziert das ZessÜ zwischen einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung an den Schuldner. 4 Daher werden zunächst der Begriff der Abtretungsanzeige, jener der Zahlungsanweisung i.S.d. ZessÜ und ihr gegenseitiges Verhältnis erörtert. 1

Vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.D. Die im Anhang zum ZessÜ zur Auswahl gestellten Regelwerke für die Bestimmung des Vorranges enthalten unter anderem ein Modell für die Bestimmung des Ranges auf Grund des Zeitpunktes der Abtretungsanzeige (Abschnitt IV, Art. 9 und 10 ZessÜAnhang). 3 Im Abschnitt betreffend die rechtliche Stellung des Schuldners enthält Art. 16 ZessÜ Bestimmungen über die Wirksamkeit einer Anzeige oder einer Zahlungsanweisung gegenüber dem Schuldner; s. 5. Teil, 2. Kapitel, III. Für das Verhältnis zu Dritten vgl. 6. Teil, 4. Kapitel, IV.C. 4 S. Art. 16 Abs. 1 und 2 ZessÜ (Anzeige der Abtretung an den Schuldner) und Art. 17 ZessÜ (Befreiende Leistung durch den Schuldner). 2

3. Kapitel: Anzeige an den

Schuldner

349

II. Abtretungsanzeige Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. d ZessÜ bedeutet „Anzeige der Abtretung" eine schriftliche Mitteilung, welche die abgetretene Forderung und den Zessionar hinreichend 5 identifiziert. Eine Zahlungsanweisung an den Schuldner ist somit kein notwendiger Bestandteil einer Abtretungsanzeige i.S.d. ZessÜ. Auch eine Bezeichnung des Schuldners, des Zedenten oder der Höhe der Geldforderung ist grundsätzlich für das Vorliegen einer Abtretungsanzeige i.S.d. Art. 5 lit. d ZessÜ nicht erforderlich, sofern auch ohne diese Angaben die abgetretene Forderung und der Zessionar in angemessener Weise identifiziert werden können. Im Fall einer Teilabtretung einer Forderung wird beispielsweise die Bestimmung des abgetretenen Teiles der Forderung (z.B. „die Hälfte" oder eine bestimmte Höhe der Forderung) erforderlich sein. Dem in Art. 5 lit. d ZessÜ genannten Erfordernis der „hinreichenden Identifizierung" des Zessionars und der abgetretenen Forderungen wird in der Regel entsprochen, wenn der Zedent in einer Anzeige über die Abtretung dem Schuldner beispielsweise mitteilt: „Alle meine Forderungen aus dem Fahrzeughandel sind an X abgetreten." Oder: „Alle meine Forderungen gegen meine Klienten in den Staaten A, B und C sind an Y abgetreten." 6 Ob der Zessionar und die abgetretenen Forderungen hinreichend identifiziert werden können, ist stets für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen. Dabei ist m.E. grundsätzlich darauf abzustellen, ob für den Schuldner objektiv erkennbar ist, welche gegen ihn bestehenden Forderungen an wen abgetreten worden sind. 7 Eine Abtretungsanzeige i.S.d. Art. 5 lit. d ZessÜ liegt zudem nur vor, wenn die Mitteilung über die Abtretung in schriftlicher Form erfolgt. Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ bedeutet „Schriftstück" jede Form von Information, die in der Weise verfügbar ist, dass sie für eine spätere Bezugnahme verwendet werden kann. 8

5

„Reasonably" (in angemessener Weise). Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 63. 7 Aus diesem Grund kann die Befürchtung von Lukas, ÖBA 2001, 453 (459), dass es Fälle geben könnte, in denen es nicht klar sei, ob ein internationaler Zessionsfall vorliege, etwa weil fraglich sei, wo der Zessionar seine Niederlassung habe, nicht geteilt werden. In der Praxis der internationalen Forderungsabtretung wird eine hinreichende Identifizierung des Zessionars durch die Bekanntgabe von Name und Niederlassung des Zessionars erfolgen. 8 „... any form of information that is accessible so as to be usable for subsequent reference." 6

350

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

Als Vorbild für die Definition des Begriffes „Schriftform" hat das „UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce" von 1996 gedient. 9 Die Begriffe „verfügbar" („accessible"), „spätere Bezugnahme" („subsequent reference") und „verwendet werden kann" („usable") sind daher entsprechend Art. 6 Abs. 1 Model Law on Electronic Commerce zu interpretieren. Nach dem Guide to Enactment ist eine Mitteilung „verfügbar", sofern sie lesbar und interpretierbar ist; eine „spätere Bezugnahme" setzt die „Haltbarkeit" bzw. Beständigkeit der Mitteilung voraus, und eine Mitteilung kann auch dann für eine spätere Bezugnahme „verwendet werden", wenn dafür der Gebrauch eines personal Computer erforderlich ist. 10 Aus Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ folgt, dass der Begriff der Schriftlichkeit nicht gleichzusetzen ist mit der Unterschriftlichkeit einer schriftlichen Mitteilung. In Anlehnung an das Modellgesetz 11 differenziert das ZessÜ zwischen dem Begriff Schriftstück (Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ) und dem Begriff Unterzeichnung (Art. 5 lit. c Satz 2 ZessÜ) eines Schriftstücks. Das ZessÜ stellt für die Abtretungsanzeige lediglich das Erfordernis einer schriftlichen Mitteilung auf, verlangt jedoch keine Unterzeichnung der Anzeige. Deshalb kann diese nicht nur in Papierform, sondern auch durch andere Kommunikationsmittel vorgenommen werden, welche die Voraussetzungen nach Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ erfüllen. So entspricht beispielsweise eine Abtretungsanzeige durch electronic mail dem Schriftformgebot des Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ.

III. Zahlungsanweisung Das ZessÜ unterscheidet, wie bereits erwähnt, zwischen einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung an den Schuldner. Im Gegensatz zum Begriff Abtretungsanzeige enthält das ZessÜ jedoch keine Legaldefinition des Begriffes Zahlungsanweisung. Eine solche ist von der Arbeitsgruppe unter anderem deshalb abgelehnt worden, da die Bedeutung des Begriffes Zahlungsanweisung selbsterklärend sei. 12 Die Bedeutung dieses Begriffes i.S.d. ZessÜ kann insbesondere aus der Vorschrift des Art. 15 Abs. 2 ZessÜ geschlossen werden. Demnach ist eine

9 Vgl. Art. 6 Abs. 1 Model Law on Electronic Commerce: „Where the law requires information to be in writing, that requirement is met by a data message if the information contained therein is accessible so as to be usable for subsequent reference." 10 Vgl. Guide to Enactment of the UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce 1996 Rn. 50; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 59. 11 S. Art. 7 (Signature) UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce and Guide to Enactment of the UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce 1996 Rn. 53 ff. 12 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 137 ff. und 193.

3. Kapitel: Anzeige an den

Schuldner

351

Zahlungsanweisung eine Mitteilung an den Schuldner, in welcher er aufgefordert wird, seine Zahlung an eine bestimmte Person (dies muss nicht der Zessionar sein), eine bestimmte Adresse, auf ein bestimmtes Konto oder an einem bestimmten Zahlungsort zu leisten. 13 Art. 15 Abs. 2 ZessÜ gibt allerdings keine Auskunft darüber, ob die Zahlungsanweisung, ebenso wie die Abtretungsanzeige, in schriftlicher Form (s. Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ) zu erfolgen hat. Das Schriftformerfordernis für eine Zahlungsanweisung ergibt sich jedoch aus Art. 17 Abs. 2 Hs. 2 ZessÜ, welcher bestimmt: Erhält der Schuldner nach der Abtretungsanzeige vom Zessionar ein „Schriftstück", so wird er nur durch eine Zahlung in Übereinstimmung mit „dieser Anweisung" von seiner Verbindlichkeit befreit. 14 Aus der Differenzierung des ZessÜ zwischen einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung sollte nicht der Schluss gezogen werden, dass der Schuldner stets sowohl eine Abtretungsanzeige als auch eine separate Zahlungsanweisung, also zwei schriftliche Mitteilungen, erhalten müsse. Wesentlich für die Zahlungsverpflichtung des Schuldners an den Zessionar ist der Empfang einer Abtretungsanzeige i.S.d. Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ. Eine Abtretungsanzeige muss allerdings keine Zahlungsanweisung enthalten. 15 Selbst wenn der Schuldner nach erfolgter Abtretung an den Zedenten zahlen soll, ist es allerdings sinnvoll (vgl. z.B. Art. 18 Abs. 2 ZessÜ), ihm eine Abtretungsanzeige zu senden und damit die Anweisung zu verbinden, weiterhin an den Zedenten zu zahlen. Andererseits kann eine Zahlungsanweisung nur in einer Abtretungsanzeige des Zedenten oder des Zessionars oder in einem der Abtretungsanzeige zeitlich nachfolgenden Schreiben des Zessionars enthalten sein. 16

13

Das entspricht auch der vorgeschlagenen Definition dieses Begriffes: „Payment instruction means a writing sent by the assignor or the assignee or both, reasonably describing the receivables to which it applies, and containing a direction to make payment to the person, address or account specified in the writing"; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 141 (s. auch Rn. 137). 14 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 7 zu Art. 17 Abs. 2 ZessÜ: „Paragraph 2 is also intended to clarify that a payment instruction should be in writing." 15 Dies folgt aus der Legaldefinition der Abtretungsanzeige (Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ). 16 Dies folgt aus dem Zusammenspiel von Art. 13 und 17 ZessÜ. Vgl. 4. Teil, 3. Kapitel, IV.B. und 5. Teil, 2. Kapitel, III.

352

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

IV. Die Regelung des Art. 13 ZessÜ A. Einleitung Art. 13 ZessÜ regelt für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar das Recht zur Benachrichtigung über die Abtretung und zur Übersendung einer Zahlungsanweisung an den Schuldner. Einleitend bestimmt Art. 13 Abs. 1 ZessÜ, dass die folgenden Bestimmungen nur mangels abweichender Vereinbarung gelten. 17 Indem Art. 13 ZessÜ bestimmt, wer zur Anzeige an den Schuldner berechtigt ist, kommt ihm für die dem ZessÜ unterliegenden Forderungsabtretungen eine klarstellende Funktion zu, denn einige Rechtsordnungen enthalten keine Bestimmung über die Berechtigung zur Abtretungsanzeige, sondern regeln lediglich die rechtlichen Wirkungen einer erfolgten Anzeige aus der Sicht des Schuldnerschutzes. So enthält beispielsweise das ABGB keine Art. 13 ZessÜ entsprechende Bestimmung. Für die UNIDROIT-Principles folgt aus den Vorschriften des Art. 9.1.10 Abs. 1 und Art. 9.1.12 Abs. 1, welche die befreiende Leistung des Schuldners regeln, dass die Mitteilung sowohl durch den Zedenten als auch durch den Zessionar erfolgen kann. Gleiches gilt für die PECL (s. Art. 11:303). Nach Art. 13 Abs. 1 ZessÜ können der Zedent oder der Zessionar oder beide dem Schuldner die Forderungsabtretung anzeigen und eine Zahlungsanweisung erteilen. Wesentlich ist, dass der Zessionar unabhängig von einer entsprechenden Bevollmächtigung, Zustimmung oder Mitwirkung des Zedenten zur Anzeige an den Schuldner berechtigt ist. In der Einräumung dieses Rechts an den Zessionar liegt der Hauptzweck der Vorschrift des Art. 13 ZessÜ. 18 Möchte der Zessionar von seinem Recht zur Anzeige Gebrauch machen, so setzt dies allerdings voraus, dass ihm der Schuldner bekannt ist, was bei Globalabtretungen zukünftiger Forderungen nicht immer der Fall sein wird. 19 Das ZessÜ definiert die Anzeige an den Schuldner als Recht, jedoch nicht als Verpflichtung. 20 Eine Verpflichtung des Zessionars zur Anzeige 17 Der damit postulierte Vorrang der Privatautonomie für die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars ergibt sich, wie bereits erwähnt, auch aus Art. 6 Satz 1 und Art. 11 Abs. 1 ZessÜ. 18 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 121. 19 Bei Globalabtretungen zukünftiger Forderungen ist es denkbar, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages der Schuldner weder dem Zedenten noch dem Zessionar bekannt ist. 20 Nach dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 123 ist die Anzeige als Recht und nicht als Verpflichtung des Zessionars formuliert, um denjenigen Geschäftspraktiken entgegenzukommen, die auf stillen Abtretungen beruhen. Da Art. 13

3. Kapitel: Anzeige an den

Schuldner

353

der Abtretung erscheint wenig sinnvoll, da im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar die Wirksamkeit der Abtretung nicht von einer erfolgten Anzeige abhängt (s. Art. 14 Abs. 1 ZessÜ) und es aus der Sicht des Schuldners keinen Unterschied macht, ob der Zessionar zur Anzeige berechtigt oder verpflichtet ist. Erhält der Schuldner vom Zessionar eine Abtretungsanzeige, so sollte er unabhängig davon, ob es sich um ein Recht oder eine Verpflichtung des Zessionars handelt, feststellen können, ob der Zessionar der berechtigte Forderungsinhaber ist.21 Mangels gegenteiliger Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, anders lautender Handelsbräuche oder zwischen den konkreten Parteien entstandener Gepflogenheiten (s. Art. 11 ZessÜ) ist daher der Zessionar nach dem ZessÜ nicht zu einer Mitteilung über die Abtretung an den Schuldner verpflichtet. Ebenso wenig besteht gemäß Art. 13 ZessÜ eine diesbezügliche Verpflichtung des Zedenten. Der Hauptzweck des Art. 13 ZessÜ ist, wie bereits erwähnt, ein anderer. Haben der Zedent und der Zessionar weder eine stille Abtretung vereinbart noch sonst eine Vereinbarung über die Anzeige getroffen, hat Art. 13 ZessÜ zur Folge, dass sowohl der Zedent als auch der Zessionar dem Schuldner die Abtretung anzeigen können. Die Regelung des Art. 13 ZessÜ bezieht sich, wie bereits erwähnt, ausschließlich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung gegenüber dem Schuldner und die daraus folgenden Wirkungen für die rechtliche Stellung des Schuldners werden in den Art. 16 bis 18 und Art. 20 ZessÜ abschließend geregelt. Ebenso hat das Recht des Zessionars, dem Schuldner die Abtretung unabhängig von einer Mitwirkung oder Zustimmung des Zedenten anzuzeigen, keinen Einfluss auf die Frage des Vorranges an der abgetretenen Forderung gegenüber konkurrierenden Anspruchsberechtigten. Der Vorrang an einer Forderung beurteilt sich gemäß Art. 22 ZessÜ grundsätzlich nach dem Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Gibt ein Staat eine ZessÜ dispositiv ist, wäre jedoch bei Bestehen einer Pflicht des Zessionars ein Abbedingen dieser Pflicht jederzeit möglich. Auch die Tatsache, dass bei einer Globalzession zukünftiger Forderungen eine Abtretungsanzeige unmöglich sei, so Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 163, stellt m.E. keinen Grund für die Ausgestaltung als Recht des Zessionars dar. Nicht bei allen Globalabtretungen zukünftiger Forderungen ist eine Anzeige im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages ausgeschlossen (z.B. Zedent hat nur bestimmte Abnehmer, diese sind dem Zedenten und dem Zessionar bekannt); in den anderen Fällen wäre bei einer Verpflichtung zur Anzeige an den Schuldner der maßgebliche Zeitpunkt jener des Entstehens der Forderung, in dem der Zessionar seiner Verpflichtung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nachkommen könnte. 21 Vgl. zur Berechtigung des Schuldners, einen Nachweis über die erfolgte Abtretung zu verlangen (Art. 17 Abs. 7 ZessÜ) ausführlich 5. Teil, 3. Kapitel, I.E.

354

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 lit. d ZessÜ ab, so sind die im Abschnitt IV des Anhanges zum ZessÜ enthaltenen Prioritätsvorschriften, die auf den Zeitpunkt der Abtretungsanzeige abstellen, zu beachten. 22

B. Abtretungsanzeige und Zahlungsanweisung Nach Art. 13 Abs. 1 ZessÜ können sowohl der Zedent als auch der Zessionar oder beide gemeinsam eine Abtretungsanzeige und eine Zahlungsanweisung an den Schuldner übersenden. Ist jedoch lediglich eine Abtretungsanzeige an den Schuldner übersandt worden, sei es vom Zedenten oder vom Zessionar oder von beiden, so darf in weiterer Folge nur noch der Zessionar eine Zahlungsanweisung an den Schuldner übersenden. Dieser Einschränkung bezüglich einer der Abtretungsanzeige zeitlich nachfolgenden Zahlungsanweisung liegt wohl der Gedanke zugrunde, dass aus der Sicht des Schuldners spätestens nach dem Zugang der Abtretungsanzeige der Zessionar der neue Inhaber der abgetretenen Forderung ist. 23 Art. 13 Abs. 1 ZessÜ stellt sowohl für die Abtretungsanzeige als auch für die Zahlungsanweisung auf das Absenden der schriftlichen Mitteilung und nicht auf den Zugang derselben beim Schuldner ab. Dies ist sachgerecht, da sich die Regelung des Art. 13 ZessÜ lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar beschränkt und die Vorschriften über die rechtliche Stellung des Schuldners (Art. 15 ff. ZessÜ) unberührt lässt. Für den Regelungszweck des Art. 13 ZessÜ 24 ist es deshalb unerheblich, wann der Schuldner die Mitteilung erhält. 25

22

Art. 9 ZessÜ-Anhang regelt die Priorität zwischen mehreren Zessionaren, Art. 10 ZessÜ-Anhang jene zwischen dem Zessionar und dem Insolvenzverwalter oder den Gläubigern des Zedenten. 23 Das im Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 135 und in der Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.102, Art. 16 Rn. 1 angeführte Argument: „... after notification is given, the assignor is no longer the owner of the receivables, even if the assignor is still the payee.", ist (isoliert betrachtet) unrichtig, da der Übergang der Forderung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar von einer Abtretungsanzeige unabhängig ist (vgl. Art. 14 Abs. 1 ZessÜ, dazu sogleich). Auch für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner bedarf es nach dem Konzept des ZessÜ nicht des Zuganges einer Abtretungsanzeige, vgl. 3. Teil, 1. Kapitel, II.D. 24 Der Hauptzweck des Art. 13 ZessÜ ist, wie bereits erwähnt, die Einräumung eines von einer Zustimmung oder Mitwirkung des Zedenten unabhängigen Rechts des Zessionars, den Schuldner über die Abtretung zu benachrichtigen; vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 121. 25 Nach Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 124 stellt Art. 13 Abs. 1 ZessÜ auf das Absenden der Abtretungsanzeige ab, da der Zeitpunkt des Zuganges durch den Schuldner für den Zedenten und den Zessionar nicht feststellbar sei.

3. Kapitel: Anzeige an den

Schuldner

355

Nach Art. 13 Abs. 1 ZessÜ sind mangels abweichender Parteienvereinbarung folgende Fallkonstellationen möglich: (1) der Zedent sendet dem Schuldner eine schriftliche Mitteilung über die abgetretene Forderung, nennt den Zessionar und weist den Schuldner an, seine Zahlung an eine bestimmte Person (dies muss nicht unbedingt der Zessionar sein) bzw. ein bestimmtes Konto zu überweisen oder an einem bestimmten Zahlungsort 26 zu leisten. 27 (2) Der Zessionar sendet, unabhängig vom Zedenten, eine Abtretungsanzeige mit einer Zahlungsanweisung. (3) Ebenso können dies der Zedent und der Zessionar gemeinsam tun. (4) Art. 13 Abs. 1 ZessÜ erfasst allerdings auch Fälle, in denen der Zedent oder der Zessionar oder beide gemeinsam dem Schuldner lediglich eine Abtretungsanzeige ohne eine Zahlungsanweisung übersenden. Dies erfolgt in erster Linie, um dem Schuldner das Recht nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ abzuschneiden, mit Forderungen aufzurechnen, die keinen Bezug zum Grundgeschäft haben. Um Unsicherheiten auf Seiten des Schuldners zu vermeiden, ist es in diesen Fällen sinnvoll, dem Schuldner die Abtretung anzuzeigen, ihn jedoch zugleich anzuweisen, weiterhin an den Zedenten oder wie im Grundvertrag vereinbart zu leisten. 28 (5) Art. 13 Abs. 1 ZessÜ ist schlussendlich auch mit einer stillen Abtretung vereinbar, bei welcher der Schuldner von der Forderungsabtretung nicht verständigt werden soll. 29 Zusammenfassend kann festgehalten werden: Nach Art. 13 Abs. 1 ZessÜ kann eine Zahlungsanweisung mit einer Abtretungsanzeige entweder vom Zedenten oder vom Zessionar oder nach einer Abtretungsanzeige nur noch vom Zessionar an den Schuldner übersendet werden. 30 Der Umkehrschluss aus Art. 13 Abs. 1 Hs. 2 ZessÜ, dass vor einer Abtretungsanzeige sowohl der Zessionar als auch der Zedent dem Schuldner eine Zahlungs26 Inwieweit durch eine Zahlungsanweisung die im Grundvertrag vereinbarten Zahlungsbedingungen für den Schuldner geändert werden können, bestimmt Art. 15 Abs. 2 ZessÜ. Vgl. 5. Teil, 2. Kapitel, III.C. 27 Dies entspricht der üblichen Praxis im internationalen Factoringgeschäft; beispielsweise werden durch einen Aufkleber auf der Rechnung dem Schuldner des Lieferanten die Abtretung an den Factor und die neue Kontonummer, an welche die Zahlung zu leisten ist, bekannt gegeben. 28 Nach dem Empfang einer Abtretungsanzeige kann der Schuldner grundsätzlich nur noch an den Zessionar schuldbefreiend leisten (Art. 17 Abs. 2 Hs. 1 ZessÜ). S. auch die Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9AVG.IIAVP.98, Art. 16 Rn. 1: „... Paragraph (1) also accommodates those situations in which notification is given to the debtor along with an instruction to continue to pay the assignor, which is of importance to practices, such as securitization, in which the assignee does not have the necessary structure to receive payment or do bookkeeping." 29 Dies ist üblich bei nicht bekannt gegebenen Bevorschussungen von Rechnungen. 30 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 123; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 13.

356

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

anweisung übermitteln können, 31 ist m.E. unzulässig, 32 da Art. 13 Abs. 1 Hs. 2 ZessÜ nicht isoliert zu betrachten ist, sondern an Art. 13 Abs. 1 Hs. 1 ZessÜ anknüpft („but"), welcher von der Übersendung einer Abtretungsanzeige mit einer Zahlungsanweisung ausgeht. 33

C. Abredewidrige Anzeige oder Zahlungsanweisung an den Schuldner Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ regelt die Wirkungen einer Abtretungsanzeige oder einer Zahlungsanweisung an den Schuldner, die in Verletzung einer zwischen dem Zedenten und dem Zessionar getroffenen Vereinbarung über diese Mitteilungen vorgenommen wurde. Die Haftung der Vertragsbrüchigen Partei bleibt vom ZessÜ unberührt und ist nach dem auf die Vereinbarung jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen (Art. 13 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ). Zugunsten des Schuldners bestimmt jedoch Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ, dass eine abredewidrig vorgenommene Abtretungsanzeige oder Zahlungsanweisung für die Zwecke des Art. 17 ZessÜ 34 nicht unwirksam ist. Leistet der Schuldner auf Grund einer solchen schriftlichen Mitteilung an die ihm genannte Person, so kommt dieser Zahlung schuldbefreiende Wirkung zu, da sich eine Vertragsverletzung im Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nicht zu seinen Lasten auswirken soll. Art. 13 Abs. 2 ZessÜ ist jedoch nicht nur bei einer entsprechenden Vertragsverletzung durch den Zessionar anzuwenden, sondern auch bei einer abredewidrigen Mitteilung durch den Zedenten. 35 Art. 13 Abs. 2 ZessÜ verwendet den neutralen Begriff „Partei einer solchen Vereinbarung". 31

So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 124. Für diese Vorgangsweise ist bei einer Forderungsabtretung kein praktischer Anwendungsfall ersichtlich. Eine stille Abtretung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldner von der Abtretung nicht verständigt wird und seine Zahlung entsprechend der Vereinbarung im Grundvertrag leistet. Vor dem Empfang einer Abtretungsanzeige kann jedoch lediglich der Zedent dem Schuldner eine Zahlungsanweisung erteilen. Ob diese den Schuldner bindet, ist nach dem auf den Grundvertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 33 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 17 Abs. 2 ZessÜ, welcher von einer Zahlungsanweisung in einer Abtretungsanzeige oder in einem nachfolgenden Schriftstück ausgeht. 34 Art. 17 ZessÜ regelt die Voraussetzungen, unter welchen der Zahlung des Schuldners schuldbefreiende Wirkung zukommt. 35 Vgl. auch den Entwurf, wo dies klar zum Ausdruck kommt, in Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 131 Art. 16 Abs. 2: „Notification of the assignment or request for payment made by the assignor or the assignee is not ineffective for the sole reason that it is in breach of an agreement referred to in paragraph (1) of this article." 32

3. Kapitel: Anzeige an den

Schuldner

357

Art. 13 Abs. 2 ZessÜ erfasst somit jede Verletzung einer über die Abtretungsanzeige oder die Zahlungsanweisung getroffenen Vereinbarung und nicht nur folgenden „klassischen" Fall: Der Zedent und der Zessionar vereinbaren eine Abtretung ohne Verständigung des Schuldners. Abredewidrig zeigt der Zessionar die Abtretung an, weist diese durch ein Schriftstück des Zedenten, aus dem die Abtretung folgt, nach und begehrt Zahlung vom Schuldner. Zahlt der Schuldner, so kommt seiner Leistung schuldbefreiende Wirkung zu (s. Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 ZessÜ). Art. 13 Abs. 2 ZessÜ steht somit im Einklang mit Art. 17 ZessÜ, nach welchem der Abtretungsanzeige die zentrale Rolle bei der Befreiung des Schuldners zukommt. Aus der Formulierung des Art. 13 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ, wonach eine abredewidrig vorgenommene Mitteilung „für die Zwecke des Art. 17 ZessÜ nicht unwirksam" ist, folgt, dass in anderen Fällen, in welchen das ZessÜ bestimmte Rechtsfolgen an eine Abtretungsanzeige oder eine Zahlungsanweisung knüpft, die damit verbundenen Rechtsfolgen durch eine abredewidrig erfolgte Mitteilung nicht ausgelöst werden. 36 Dadurch soll zwar der Schuldner geschützt, aber das Erlangen von Vorteilen des Zessionars durch eine abredewidrig erfolgte Mitteilung verhindert werden. Mit anderen Worten: Mit Ausnahme des Art. 17 ZessÜ ist die in Verletzung einer Vereinbarung vorgenommene Mitteilung unwirksam. Dies gilt für das Aufrechnungsrecht des Schuldners nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ, die Möglichkeit einer Änderung des Grundvertrages durch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner nach Art. 20 ZessÜ und für die Beurteilung des Vorranges an einer abgetretenen Forderung, wenn nach dem Recht jenes Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, die Vorschriften über den Vorrang auf einer Abtretungsanzeige an den Schuldner basieren (Art. 42 ZessÜ i.V.m. Art. 9 und 10 ZessÜ-Anhang).

36

S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 126.

4. Kapitel

Zahlungsanspruch des Zessionars I.

Einleitung

Mangels abweichender Vereinbarung bestimmt Art. 14 Abs. 1 ZessÜ mit Wirkung für das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, wem die Zahlung des Schuldners zusteht, wenn dieser an den Zedenten, den Zessionar oder aber an eine dritte Person leistet. Der Anspruch auf Zahlung umfasst gemäß Art. 14 Abs. 1 ZessÜ den Erlös und die in Anrechnung an die abgetretene Forderung zurückgegebenen Waren. Das ZessÜ enthält eine Legaldefinition des Begriffes „Erlös". Nach Art. 5 lit. j ZessÜ bedeutet Erlös jede im Hinblick auf eine abgetretene Forderung entgegengenommene Leistung, unabhängig davon, ob als vollständige oder teilweise Bezahlung (d.h. Geldleistung) oder andere Befriedigung (d.h. Sachleistung) der Forderung. Der Begriff umfasst alle Leistungen, die im Hinblick auf Erlöse entgegengenommen werden (also auch den Erlös vom Erlös aus der abgetretenen Forderung), wobei zurückgegebene Waren vom Begriff Erlös nicht erfasst sind. 1 Der Anspruch des Zessionars auf Zahlung nach Art. 14 ZessÜ umfasst hingegen nicht nur den Erlös i.S.d. Art. 5 lit. j ZessÜ, sondern darüber hinaus auch die in Anrechnung an die abgetretene Forderung zurückgegebenen Waren 2 . 3 Die Vorschrift des Art. 14 ZessÜ ist - ebenso wie die anderen Bestimmungen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar regeln - nur vorbehaltlich abweichender Parteienvereinbarung anzuwenden (Art. 6 Satz 1 und Art. 11 Abs. 1 ZessÜ). Vereinbarte und im internationalen Handel bekannte und beachtete Handelsbräuche (Art. 11 Abs. 1 bzw. 2 ZessÜ) sowie zwischen dem Zedenten und dem Zessionar entstandene Gepflogenheiten sind ebenso vorrangig zu berücksichtigen. Da 1

Zum Begriff „Erlöse" vgl. 6. Teil, 3. Kapitel. Z.B. auf Grund eines ihnen anhaftenden Mangels. 3 Es spricht kein Argument dagegen, im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar das Recht auf Zahlung auf die in Anrechnung an die abgetretene Forderung zurückgegebenen Waren zu erstrecken. Erfasst der Zahlungsanspruch des Zessionars auch die zurückgegebenen Waren, so könne dadurch das Risiko der Nichtbezahlung der Forderung gemindert und können somit die Kreditkosten gesenkt werden. So Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489, Rn. 128. 2

4. Kapitel: Zahlungsanspruch

des

Zessionars

359

Art. 14 ZessÜ nur im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar gilt, bleibt die rechtliche Stellung des Schuldners sowohl durch Art. 14 ZessÜ als auch durch eine davon abweichende Vereinbarung unberührt (s. Art. 6 Satz 2 ZessÜ).

II. Zahlungsanspruch des Zessionars Bereits aus der Natur der Abtretung als vermögensrechtliche Übertragung einer Forderung an den Zessionar folgt, dass dieser einen Anspruch auf Zahlung der abgetretenen Forderung hat. Art. 14 Abs. 1 ZessÜ hält dies für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nochmals ausdrücklich fest. 4 Das Recht des Zessionars, die Zahlung zu fordern und das im Hinblick auf die abgetretene Forderung Geleistete zu behalten, ist grundsätzlich unabhängig davon, ob eine Abtretungsanzeige an den Schuldner übersendet worden ist. Daraus folgt, dass für die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar eine Abtretungsanzeige nicht erforderlich ist. 5 Dies ergibt sich zudem bereits aus Art. 8 Abs. 1 ZessÜ, wonach die Abtretung von Forderungen wirksam ist, sofern die Forderungen bestimmt oder in dem von Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ festgelegten Zeitpunkt zumindest bestimmbar sind. Von der Leistung des Schuldners ausgehend, regelt Art. 14 Abs. 1 ZessÜ das Recht des Zessionars auf den Erlös aus der abgetretenen Forderung sowie die in Anrechnung an die abgetretene Forderung zurückgegebenen Waren (im Folgenden: zurückgegebene Waren) in allen in Betracht kommenden Fallvarianten: Die Zahlung des Schuldners erfolgt an den Zessionar (lit. a), den Zedenten (lit. b) oder eine andere Person (lit. c). Leistet der Schuldner bezüglich der abgetretenen Forderung Zahlung an den Zessionar, so kann dieser unabhängig davon, ob bereits eine Abtretungsanzeige an den Schuldner gesendet worden ist, den Erlös und die zurückgegebenen Waren behalten (Art. 14 Abs. 1 lit. a ZessÜ). Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn eine Anzeige bereits abgesendet worden ist, der Schuldner jedoch noch vor dem Zugang einer Abtretungsanzeige an den Zessionar leistet. In beiden Fällen hat der Zessionar bereits auf Grund der erfolgten Abtretung einen vermögensrechtlichen Anspruch auf die Zahlung. 6 4

Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 127. Ebenso Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (56). Vgl. allgemein zur Bedeutung der Abtretungsanzeige für die Wirksamkeit einer Abtretung 3. Teil, 1. Kapitel, II.D. 6 Zum Risiko des Schuldners, vor dem Empfang der Abtretungsanzeige an den Zessionar zu leisten, S. 5. Teil, 3. Kapitel, I.B. 5

360

4. Teil: Rechtsverhältnis

zwischen dem Zedenten und

Zessionar

Leistet der Schuldner an den Zedenten, so hat der Zessionar gegen den Zedenten einen Anspruch auf die Zahlung des Erlöses und die dem Zedenten zurückgegebenen Waren (Art. 14 Abs. 1 lit. b ZessÜ). Auch dieser Anspruch besteht - aus dem soeben erwähnten Grund - unabhängig davon, ob eine Abtretungsanzeige an den Schuldner gesendet worden ist. Leistet der Schuldner vor dem Zugang einer Abtretungsanzeige an den Zedenten, so kommt dieser Zahlung schuldbefreiende Wirkung zu (s. Art. 17 Abs. 1 ZessÜ) und der Zessionar kann nur noch vom Zedenten die Zahlung des Erlöses verlangen. Zahlt hingegen der Schuldner nach dem Zugang der Abtretungsanzeige an den Zedenten (vgl. Art. 17 Abs. 2 ZessÜ), so kann der Zessionar wählen, ob er vom Zedenten den Erlös und die allenfalls zurückgegebenen Waren oder vom Schuldner nochmalige Zahlung fordern will. Dieser Wahlmöglichkeit des Zessionars kommt insbesondere bei einer Insolvenz des Zedenten eine Bedeutung zu. 7 Erbringt jedoch der Schuldner seine Zahlung im Hinblick auf die abgetretene Forderung an eine andere Person, so hängt der Zahlungsanspruch des Zessionars gegenüber dieser Person vom Vorrang des Rechts des Zessionars an der abgetretenen Forderung ab. Der Vorrang ist gemäß Art. 22 ZessÜ nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Geht nach dem im konkreten Fall maßgeblichen Recht der Zessionar jener Person, an welche der Schuldner die Zahlung geleistet hat, vor, so hat der Zessionar nach Art. 14 Abs. 1 lit. c ZessÜ gegenüber dieser Person einen Anspruch auf Zahlung des Erlöses und die in Anrechnung an die abgetretene Forderung zurückgegebenen Waren. Hervorzuheben ist, dass der Zedent und der Zessionar durch eine von Art. 14 Abs. 1 lit. c ZessÜ abweichende Parteienvereinbarung keine Änderung hinsichtlich der Vorrangstellung dritter Personen an der abgetretenen Forderung vornehmen können. Der Vorrang ist nach dem maßgeblichen Recht (Art. 22 ZessÜ) zu beurteilen und unterliegt nicht dem Grundsatz der Parteiautonomie. D.h. Art. 14 ZessÜ gilt nur im Verhältnis Zedent - Zessionar, gegenüber Dritten sind Art. 22 ZessÜ und Art. 24 ZessÜ zu beachten. 8

III. Überschuss Nach Art. 14 Abs. 2 ZessÜ darf der Zessionar nicht mehr als den Wert seines Rechts an der Forderung behalten. Übersteigt der erlangte Erlös diesen Wert, so ist diese Differenz vom Zessionar an den Zedenten zurückzuerstatten bzw. an eine andere Person, die dem Zessionar im Rang nachgeht, auszufolgen. Nach dem Zweck der Vorschrift ist Art. 14 Abs. 2 ZessÜ auf 7 8

Vgl. Sekretariatskommentar, UNDoc. Vgl. dazu 6. Teil, 3. Kapitel, II.

A/CN.9/489,

Rn. 130.

4. Kapitel: Zahlungsanspruch

des

Zessionars

361

alle dem ZessÜ unterliegenden Abtretungen anzuwenden, in denen die Abtretung zu Sicherungszwecken des Zessionars erfolgt. 9 Aus österreichischer Sicht bezieht sich Art. 14 Abs. 2 ZessÜ somit auf eine Sicherungszession und eine rechtsgeschäftliche Forderungsverpfändung. Die Pflicht zur Herausgabe des Überschusses ergibt sich in der Regel bereits aus der causa der Abtretung (d.h. einer Sicherungsabrede bei einer Sicherungszession oder aus dem Pfandbestellungsvertrag bei einer Forderungsverpfändung). Obwohl Art. 14 Abs. 2 ZessÜ keinen Hinweis auf eine abweichende Parteienvereinbarung enthält, steht es dem Zedenten und dem Zessionar frei, in Bezug auf den Überschuss etwas anderes zu vereinbaren. 10 Dies folgt sowohl aus dem allgemeinen Grundsatz der Parteiautonomie nach Art. 6 Satz 1 ZessÜ als auch aus Art. 11 Abs. 1 ZessÜ. Durch eine von Art. 14 Abs. 2 ZessÜ abweichende Vereinbarung kann jedoch nicht in die Rechte des Schuldners oder dritter Personen, insbesondere der Personen, die dem Zessionar im Rang nachgehen, eingegriffen werden (s. Art. 6 Satz 2 ZessÜ).

IV. Anspruch des Zessionars nach den PECL und UNIDROITPrinciples Die Vorschrift des Art. 11:201 Abs. 1 lit. a PECL hält für das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar ausdrücklich fest, was bereits aus der Definition der Abtretung folgt: Der Zessionar als neuer Inhaber des abgetretenen Rechts hat einen Anspruch auf die Leistung des Schuldners. Die befreiende Wirkung des Schuldners und der Vorrang des Zessionars am abgetretenen Recht sind nicht nach Art. 11:201 Abs. 1 lit. a PECL zu beurteilen." In der Kernaussage besteht kein Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 ZessÜ; auch diese Bestimmung gilt nur für das Verhältnis Zedent-Zessionar. Die UNIDROIT-Principles enthalten eine der Funktion des Art. 14 Abs. 1 ZessÜ entsprechende Vorschrift in der Bestimmung des Art. 9.1.14 lit. a UNIDROIT-Principles.

9 Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 129 wird nur der Fall einer Forderungsübertragung nach Art. 2 lit. a Satz 2 ZessÜ genannt. Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (307) erwähnt den Fall der Sicherungsabtretung. 10 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 129. 11 Für Leistung des Schuldners s. Art. 11:303 ff. PECL, für den Vorrang Art. 11:401 PECL.

5. Teil

Die rechtliche Stellung des Schuldners

1. K a p i t e l

Einleitung Für den Schuldner ist eine Abtretung mit einem Gläubigerwechsel verbunden und hat bereits dadurch einen unmittelbaren Einfluss auf seine rechtliche Stellung. Eine Zustimmung des Schuldners ist für einen wirksamen Forderungsübergang jedoch nicht erforderlich; dies gilt auch für jene nationalen Rechtsordnungen, die eine Verständigung des Schuldners für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner und/oder Dritten voraussetzen. Um den Schuldner vor Nachteilen zu schützen, die mit dem ohne seine Zustimmung erfolgten Gläubigerwechsel verbunden sein können, enthalten sämtliche untersuchte Rechtsordnungen Vorschriften über die Stellung des Schuldners der abgetretenen Forderung. Diese Vorschriften bilden einen zentralen Bestandteil im Gesamtgefüge des Abtretungsrechts. Ausgangspunkt sämtlicher Regelungen ist der Grundsatz, dass die Position des Schuldners allein durch die Forderungsabtretung nicht verschlechtert werden darf (Grundsatz des Verschlechterungsverbotes). In der Regel kann der Schuldner bis zur Verständigung über den neuen Gläubiger schuldbefreiend an den alten Gläubiger leisten, sofern er im Zeitpunkt seiner Leistung nicht Kenntnis von der Abtretung hat. 1 Ebenso kann er die Einwendungen, die er dem Zahlungsanspruch seines ursprünglichen Gläubigers entgegenhalten hätte können, auch gegenüber dem neuen Gläubiger erheben. 2 Entsprechende Vorschriften gelten für das Aufrechnungsrecht des Schuldners. Besteht zwar über den Grundsatz des Verschlechterungsverbotes Einigkeit, so weichen die den Schuldnerschutz gewährleistenden 1 So beispielsweise § 1396 ABGB, § 407 BGB, Art. 167 OR, Art. 1527 spanischer Cödigo Civil oder § 29 des finnischen Gesetzes über Schuldverschreibungen. Vgl. auch Art. 1264 italienischer Codice civile: Sofern der Zessionar beweisen kann, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Zahlung von der Abtretung Kenntnis hatte, kommt seiner Zahlung, die er vor der Verständigung leistet, keine schuldbefreiende Wirkung zu (bis zur „notificazione" des Schuldners geht die Forderung nur im Innenverhältnis, also zwischen dem Zessionar und dem Zedenten, über). S. auch Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII 13 Rn. 94; für das amerikanische Recht vgl. Buxbaum/Crawford/Singhof in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 791 (806 f.). 2 Vgl. z.B. § 1396 ABGB, § 404 BGB, Art. 169 OR, Art. 585 portugiesischer Cödigo Civil und den Überblick bei Kötz, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 97 f.

366

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Vorschriften der einzelnen nationalen Rechtsordnungen jedoch im Detail voneinander ab. 3 Jene Bestimmungen, welche die rechtliche Stellung des Schuldners im Anwendungsbereich des ZessÜ betreffen, sind im Abschnitt II („Der Schuldner") des IV. Kapitels („Rechte, Pflichten und Einreden") des Übereinkommens enthalten. Im Einzelnen werden der Grundsatz des Schuldnerschutzes (Art. 15 ZessÜ), die Anzeige der Abtretung an den Schuldner (Art. 16 ZessÜ), die Befreiung des Schuldners durch Zahlung (Art. 17 ZessÜ), die Einwendungen und Aufrechnungsrechte des Schuldners (Art. 18 ZessÜ), der Verzicht auf Einwendungen und Aufrechnungsrechte (Art. 19 ZessÜ), die Änderung des Grundvertrages (Art. 20 ZessÜ) sowie die Rückforderung von Zahlungen (Art. 21 ZessÜ) geregelt. Vom ZessÜ nicht geregelte Fragen, die sich auf die Rechte und Pflichten des Schuldners beziehen, sind nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht 4 zu entscheiden. 5 Das FactÜ enthält insgesamt drei Bestimmungen, welche die rechtliche Stellung des Schuldners nach einer erfolgten Abtretung regeln. Art. 8 FactÜ betrifft die Zahlung des Schuldners, Art. 9 FactÜ sein Recht, der Zahlungsaufforderung des Factors Einwendungen und Aufrechnungsrechte entgegenzuhalten, und Art. 10 FactÜ das Recht des Schuldners, die geleistete Zahlung vom Factor zurückzufordern. Der Grundsatz des Schuldnerschutzes kommt insbesondere in Art. 9 FactÜ, m.E. jedoch auch in der Präambel zum Ausdruck, nach welcher durch das FactÜ das Gleichgewicht zwischen den Interessen der verschiedenen Parteien eines Factoringgeschäftes im internationalen Factoring gewahrt werden soll. Die PECL regeln die Wirkungen der Abtretung im Verhältnis des neuen Gläubigers zum Schuldner im 3. Abschnitt des 11. Kapitels. Nach einer erfolgten, wirksamen Abtretung sind die Art. 11:303 bis Art. 11:308 PECL zu beachten. Im Rahmen der UNIDROIT-Principles sind die Art. 9.1.8, 9.1.10 bis 9.1.13 UNIDROIT-Principles zu beachten.

3 Allgemein zum Schuldnerschutz in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen s. Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 93 ff.; Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I 427 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 442, 444 f., 446, 450. 4 Stellt der Grundvertrag einen internationalen Kaufvertrag dar, so ist die Anwendung des CISG zu untersuchen. Ist weder dieses noch ein anderes internationales einheitsrechtliches Übereinkommen anzuwenden, so sind die Art. 3 ff. EVÜ für die Bestimmung des maßgebenden Rechts heranzuziehen. 5 Ebenso Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.102, Art. 7 Rn. 2; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 170.

2. Kapitel

Schuldnerschutz nach dem ZessÜ I.

Einleitung

Bereits aus der Präambel folgt das Ziel des Übereinkommens, einen angemessenen Schutz der Interessen des Schuldners bei der Abtretung von Forderungen zu gewährleisten. 1 Im Rahmen der Vorschriften über die rechtliche Stellung des Schuldners konkretisiert Art. 15 Abs. 1 ZessÜ diesen Grundsatz, welcher besagt: Soweit das ZessÜ nichts anderes vorsieht, lässt eine Abtretung ohne eine Zustimmung des Schuldners dessen Rechte und Pflichten unberührt. Jene Vorschriften, welche die rechtliche Stellung des Schuldners im Zusammenhang mit der Forderungsabtretung regeln, befinden sich in erster Linie in Abschnitt II des IV. Kapitels (Art. 15 bis 21 ZessÜ). Einen gravierenden Einfluss auf die Rechte des Schuldners hat weiters Art. 9 Abs. 1 ZessÜ, nach dem eine entgegen einer Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner vorgenommene Abtretung gegenüber dem Schuldner wirksam ist. Unterliegt eine Forderungsabtretung zwar dem sachlichen und dem räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ, so gelangen jene Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, für den Schuldner nur dann zur Anwendung, wenn sich der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages in einem Vertragsstaat befindet oder das für den Grundvertrag maßgebende Recht zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages das Recht eines Vertragsstaates ist (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). Auch diese Bestimmung dient dem Schutz des Schuldners, da es auf Grund Art. 1 Abs. 3 ZessÜ „lediglich" zu einem Wechsel des anwendbaren Rechts innerhalb einer Rechtsordnung für den Schuldner kommt. 2 Vorbehaltlich des Art. 19 ZessÜ, der den Verzicht des Schuldners auf Einwendungen und Aufrechnungsrechte regelt, sind die in den Art. 15 bis 21 ZessÜ enthaltenen Bestimmungen über die rechtliche Stellung des Schuldners dispositiver Natur, d.h. sie können durch eine Vereinbarung 1 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 21: „... in order to reflect in the preamble the main objectives of the draft Convention in a more balanced way, the principle of debtor-protection had been moved from draft article 7 to the preamble ...". 2 Vgl. 2. Teil. 1. Kapitel, II.E.l.

368

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

zwischen dem Schuldner und dem Zedenten ausgeschlossen oder abgeändert werden, nicht jedoch durch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar (Art. 6 Satz 1 ZessÜ). Eine von den Art. 15 ff. ZessÜ abweichende Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner lässt jedoch die Rechte des Zessionars unberührt (Art. 6 Satz 2 ZessÜ). 3 Die Vorschriften des Art. 15 bis 21 ZessÜ betreffen ausschließlich die rechtliche Stellung des Schuldners und haben daher keinen Einfluss auf den Vorrang des Rechts des Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Anspruchsberechtigten. Fragen des Vorranges sind, wie bereits erwähnt, ausschließlich nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (Art. 22 ZessÜ).

II. Der „Verbraucher" als Schuldner Die Art. 15 bis 21 ZessÜ enthalten keine Differenzierung in Bezug auf die persönlichen Eigenschaften des Schuldners, konkret, ob es sich beim Schuldner der abgetretenen Forderung um einen Verbraucher 4 oder einen „öffentlichen Rechtsträger" (staatlichen Schuldner) 5 handelt. Hat ein Verbraucher beim Abschluss des Grundvertrages seine Niederlassung in einem Vertragsstaat oder ist das zu diesem Zeitpunkt für den Grundvertrag maßgebende Recht das Recht eines Vertragsstaates und unterliegt die Abtretung der aus dem Grundvertrag herrührenden Forderung dem Anwendungsbereich des ZessÜ, 6 so gelten die den Schuldner betreffenden Vorschriften des ZessÜ grundsätzlich ohne Abweichungen für einen Verbraucher. Dabei ist jedoch stets Art. 4 Abs. 4 ZessÜ im Auge zu behalten, welcher bestimmt, dass die Rechte und Pflichten des Zedenten und des Schuldners auf Grund besonderer Vorschriften zum Schutz der Parteien von Geschäften für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der

3

Vgl. 2. Teil, 3. Kapitel, H.A. Das ZessÜ enthält keine Legaldefinition des Begriffes „Verbraucher"; jedoch folgt aus Art. 4 Abs. 4 ZessÜ, dass es sich dabei um eine Person handelt, für die das Rechtsgeschäft für den persönlichen Gebrauch, den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt erfolgt. Vgl. 2. Teil, 1. Kapitel, IV.A. 5 Die Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 4 0 ZessÜ bezieht sich nur auf Art. 9 und 10 ZessÜ. 6 Nach Art. 4 Abs. 1 lit. a Z e s s Ü sind lediglich Forderungsabtretungen an eine Einzelperson für ihre persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffende Zwecke vom Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen. Der Ausschluss betrifft somit nicht Abtretungen von Forderungen, die aus einem Verbrauchervertrag resultieren, es sei denn, die Abtretung wird zu den in Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ genannten Zwecken vorgenommen. 4

2. Kapitel: Schuldnerschutz

nach dem ZessÜ

369

Familie oder im Haushalt vom ZessÜ unberührt bleiben. D.h. nationale Verbraucherschutzvorschriften gehen den Bestimmungen des ZessÜ vor. Dazu folgendes Beispiel: Einigen sich der Verbraucher und der Gläubiger/Zedent im Grundvertrag über ein Abtretungsverbot, so ist die Wirksamkeit einer abredewidrig vorgenommenen Abtretung grundsätzlich nach Art. 9 Abs. 1 ZessÜ zu beurteilen. Ungeachtet der Vereinbarung ist die Abtretung der Forderung auch für den Schuldner wirksam. Enthalten jedoch die auf den Grundvertrag anwendbaren nationalen Verbraucherschutzvorschriften eine Bestimmung, wonach eine entgegen einer vertraglichen Vereinbarung vorgenommene Forderungsabtretung für den Verbraucher unwirksam ist, so geht diese nationale Verbraucherschutzvorschrift gemäß Art. 4 Abs. 4 ZessÜ der Regelung des Art. 9 ZessÜ vor. Der Vorschlag, in Art. 15 ZessÜ in einem eigenen Absatz hervorzuheben, dass das gegenständliche Übereinkommen keinen Einfluss auf die durch nationale Vorschriften gewährten Sonderrechte eines Verbrauchers als Schuldner habe, ist von UNCITRAL nicht angenommen worden. 7 Da dieser Problembereich (Verhältnis zwischen den nationalen Verbraucherschutzvorschriften und dem ZessÜ) nicht nur die unmittelbar den Schuldner betreffenden Vorschriften berührt, herrschte in der Kommission Einigkeit darüber, eine diesbezügliche Regelung in Kapitel I des ZessÜ („Anwendungsbereich") aufzunehmen (Art. 4 ZessÜ „Ausschlüsse und andere Beschränkungen"). 8 Im Zusammenhang mit einer Abtretung von Forderungen, die gegenüber einem Verbraucher bestehen, und den Vorschriften des ZessÜ über die rechtliche Stellung des Schuldners ist auch Art. 41 ZessÜ 9 zu beachten. Gibt ein Staat nach Art. 41 Abs. 1 ZessÜ eine Erklärung ab, dass er das ZessÜ auf die Abtretung von Forderungen gegen Verbraucher nicht anwenden werde, so sind jene Vorschriften, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, auf eine konkrete Forderungsabtretung nicht anzuwenden, sofern zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages der Schuldner seine Niederlassung in einem solchen Staat hat oder in diesem Zeitpunkt das für den Grundvertrag maßgebende Recht das Recht eines solchen Staates ist (Art. 41 Abs. 2 lit. b ZessÜ). Allerdings ist im gegebenen Zusammenhang nochmals hervorzuheben, dass eine Erklärung gemäß Art. 41 ZessÜ für jene Forderungen generell ausgenommen ist, für welche die Vorschriften des ZessÜ über rechtsgeschäftliche Abtretungsbeschränkungen gelten (s. Art. 9 Abs. 3 sowie Art. 41 Abs. 3 ZessÜ). 7

Vgl. zur Diskussion darüber Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, Doc. A/55/17, Rn. 170 bis 172 und Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, Doc. A/56/17, Rn. 185. 8 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 186. 9 Ausführlich zu Art. 41 ZessÜ s. 2. Teil, 1. Kapitel, V.

UN UN

370

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

III. Abtretungsanzeige und Zahlungsanweisung A. Einleitung Die Bestimmungen des ZessÜ über die befreiende Leistung des Schuldners, über sein Recht, Einwendungen und Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zessionar geltend zu machen, und über die Möglichkeit, den Grundvertrag zu ändern, messen der Abtretungsanzeige einen entscheidenden Stellenwert bei. Unter welchen Voraussetzungen eine Abtretungsanzeige wirksam ist, ist daher nicht nur für den Schuldner, sondern auch für den Zessionar von erheblicher Bedeutung. Zudem differenziert das ZessÜ, wie bereits erwähnt, zwischen einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung an den Schuldner. 10 Wird eine Zahlungsanweisung nicht sogleich mit einer Abtretungsanzeige verbunden, so kann sie nach einer Absendung der Abtretungsanzeige nur noch vom Zessionar an den Schuldner übermittelt werden (s. Art. 13 Abs. 1 ZessÜ). 11 Von besonderer Bedeutung ist diese Differenzierung im Rahmen der Vorschrift des Art. 17 ZessÜ über die befreiende Leistung durch den Schuldner. Art. 13 ZessÜ regelt das Recht zur Anzeige und Zahlungsanweisung für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar; Art. 16 ZessÜ hingegen bestimmt die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung gegenüber dem Schuldner (Abs. 1), um sodann eine Regelung für eine Anzeige oder Anweisung bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen (Abs. 2) und bei nachfolgenden Abtretungen (Abs. 3) zu treffen.

B. Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung Nach Art. 16 Abs. 1 ZessÜ sind eine Abtretungsanzeige und eine Zahlungsanweisung mit dem Empfang durch den Schuldner wirksam. Für die Wirksamkeit einer Anzeige und einer Anweisung gilt somit das Zugangsprinzip (Empfangstheorie). Das ZessÜ regelt allerdings nicht, zu welchem Zeitpunkt eine Anzeige oder eine Anweisung als an den Schuldner zuge-

10

Wie bereits erwähnt, enthält das ZessÜ zwar eine Legaldefinition des Begriffes Abtretungsanzeige (Art. 5 lit. d ZessÜ), hingegen keine des Begriffes Zahlungsanweisung. Vgl. 4. Teil, 3. Kapitel, II. und III. " Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 13; ausführlich 4. Teil, 3. Kapitel, IV.

2. Kapitel: Schuldnerschutz

nach dem ZessÜ

371

gangen gilt. 12 Fraglich ist, ob deshalb der Begriff „Zugang" und somit auch der Zeitpunkt des Zuganges nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht - so die Ansicht der Verfasser 13 - zu beurteilen sind oder ob eine konventionsübergreifende einheitliche Interpretation (vor allem) unter Berücksichtigung des CISG dem jeweils anwendbaren nationalen Recht vorzuziehen ist. M.E. ist - entgegen der Absicht der Verfasser - Letzteres zu bejahen, denn nur so kann eine Zersplitterung des in verschiedenen einheitsrechtlichen Übereinkommen verwendeten einheitlichen Begriffes „Zugang" 14 vermieden werden. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ stellt allerdings eine weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der genannten Mitteilungen auf. Eine an den Schuldner zugegangene Abtretungsanzeige oder Zahlungsanweisung ist nur wirksam, sofern sie in einer Sprache abgefasst ist, von welcher „vernünftigerweise zu erwarten ist" („reasonably expected"), dass sie den Schuldner über ihren Inhalt in Kenntnis setzt. 15 Bei der Beurteilung dieser Voraussetzung ist grundsätzlich vom konkreten Schuldner auszugehen, 16 wobei jedoch durch den Begriff „vernünftigerweise" ein objektives Kriterium 17 eingeführt wird. 18 Um Unsicherheiten (auf Seiten des Zedenten und des Zessionars) zu vermeiden, enthält Art. 16 Abs. 1 Satz 2 ZessÜ eine so genannte „safe harbour rule": Ist die Anzeige oder die Zahlungsanweisung in der Sprache des Grundvertrages abgefasst, so ist davon auszugehen, dass diese Sprache geeignet ist, den Schuldner über den Inhalt der Anzeige oder der Zahlungsanweisung in Kenntnis zu setzen. 19 12 Vgl. im Gegensatz dazu Art. 24 CISG. Wie bereits erwähnt, muss sowohl eine Abtretungsanzeige als auch eine Zahlungsanweisung das Erfordernis der Schriftlichkeit erfüllen (vgl. Art. 5 lit. d bzw. Art. 17 Abs. 2 ZessÜ). Überlegungen, wann eine mündliche Anzeige oder Anweisung zugeht, sind somit nicht erforderlich. 13 So Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 2. 14 Das CISG und das ZessÜ verwenden nicht wörtlich gleiche Begriffe, jedoch ist in beiden Fällen das Zugangsprinzip gemeint. Vgl. Art. 24 CISG („reaches") und Art. 16 Abs. 1 ZessÜ („received"). 15 Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 130, ist folgendes Beispiel angeführt: Bei einer Abtretungsanzeige oder einer Zahlungsanweisung in elektronischer Form, die nicht sogleich lesbar ist, muss der Schuldner in der Lage sein, diese auf einfache Art zu decodieren. 16 A.A. Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (280): „The test is subjective, since it refers ... to the expectation of the person giving the notification." 17 Diesbezüglich wie hier Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (280). 18 Ähnlich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 2: „In referring to expectations, paragraph 1 introduces a subjective criterion which is, however, limited by the reference to the reasonableness of such expectations." 19 Der in der Kommission vorgebrachte Vorschlag, die Wirksamkeit der Mitteilungen ausschließlich an die Verwendung der Sprache des Grundvertrages zu binden, ist mangels Flexibilität verworfen.worden; vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 17.

372

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Dennoch kann die Regelung des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ m.E. zur Folge haben, dass eine Abtretungsanzeige oder eine Zahlungsanweisung, die nicht in der Sprache des Grundvertrages abgefasst ist, gegenüber dem Schuldner wirksam ist und die daran geknüpften Rechtsfolgen auslöst, obwohl der Schuldner ihren Inhalt auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse nicht versteht. Dies ist etwa denkbar, wenn die Abtretungsanzeige in einer Sprache abgefasst ist, von der vernünftigerweise anzunehmen ist, dass der Schuldner sie versteht, beispielsweise, da sie in der konkreten Branche im internationalen Handel üblich ist. Eine derartige Konstellation wird in der Praxis aber eher einen seltenen Fall darstellen. Ob dem Sprachkriterium nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ entsprochen wird, ist in jedem Einzelfall gesondert zu beurteilen. M.E. kann jedoch stets „vernünftigerweise" vom Schuldner erwartet werden, dass er die Sprache des Staates beherrscht, in dem er seine Niederlassung hat, oder die Sprache, in welcher die Verhandlungen geführt worden sind, selbst wenn diese Sprache von jener Sprache abweicht, in welcher der Vertrag abgefasst worden ist (z.B. bei Verwendung von Musterverträgen). 20 Bei mehrsprachigen Anzeigen und Anweisungen ist es m.E. ausreichend, wenn eine der verwendeten Sprachen dem Sprachkriterium des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 ZessÜ entspricht. 21 Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck der Vorschrift kann m.E. die Unwirksamkeit mehrsprachiger Anzeigen allein auf Grund ihrer Mehrsprachigkeit abgeleitet werden. Vereinbaren der Schuldner und der Zedent den Gebrauch einer bestimmten Sprache für eine Abtretungsanzeige und eine Zahlungsanweisung, verwendet der Zessionar sodann jedoch eine andere, so beurteilt sich die Wirksamkeit dieser Abtretungsanzeige oder Zahlungsanweisung m.E. ausschließlich nach Art. 16 Abs. 1 ZessÜ. Dies gilt m.E. selbst dann, wenn der Zedent die Anzeige oder die Anweisung absendet, da der Zedent und Schuldner nicht mit Wirkung für den Zessionar von Art. 16 ZessÜ abweichen können (s. Art. 6 ZessÜ). In beiden Fällen sind (allenfalls) daraus resultierende Ansprüche des Schuldners gegenüber dem Zedenten nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Abschließend bleibt festzuhalten: Für die Frage der Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige oder Zahlungsanweisung gegenüber dem Schuldner ist nicht nur der Zugang der Mitteilung erforderlich, sondern sie muss auch in 20 Das ZessÜ befasst sich nicht mit Angelegenheiten betreffend den Grundvertrag, so dass es für Art. 16 ZessÜ unerheblich ist, ob der Grundvertrag schriftlich oder mündlich abgeschlossen worden ist. 21 Die Überlegung, bezüglich der Sprache festzuhalten, dass auch mehrsprachige Mitteilungen wirksam sind, ist nicht umgesetzt worden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 45.

2. Kapitel: Schuldnerschutz

nach dem ZessÜ

373

einer Sprache abgefasst sein, von welcher „vernünftigerweise zu erwarten ist", dass sie den Schuldner über ihren Inhalt in Kenntnis setzt. Dieses „Sprachkriterium" ist jedenfalls erfüllt, wenn die Anzeige oder die Zahlungsanweisung in der Sprache des Grundvertrages abgefasst ist.

C. Änderung der Zahlungsbedingungen 1.

Regelung des Art. 15 ZessÜ

Art. 15 Abs. 1 ZessÜ betont, dass eine Abtretung ohne Zustimmung des Schuldners keinen Einfluss auf dessen Rechte und Pflichten hat, und hebt im Besonderen hervor, dass dies auch für die im Grundvertrag enthaltenen Zahlungsbedingungen gilt. Zahlungsbedingungen sind Vereinbarungen über die Höhe des geschuldeten Betrages, den Zahlungszeitpunkt oder den Zahlungsort. 22 Zahlungsbedingungen bezeichnen den Zahlungsempfänger, können aber auch Vereinbarungen über Preisnachlässe, das Recht des Schuldners, die Forderung in Teilen zu begleichen, oder über die Währung, in welcher die Zahlung zu leisten ist, umfassen. Sofern der Zedent und der Zessionar nicht eine Abtretung ohne eine Benachrichtigung des Schuldners vereinbaren, stellt sich die Frage, ob und inwieweit durch eine Zahlungsanweisung von den im Grundvertrag enthaltenen Zahlungsbedingungen abgewichen werden kann. Diese Frage wird von Art. 15 Abs. 2 ZessÜ beantwortet, der regelt, welche Zahlungsbedingungen ohne Zustimmung des Schuldners durch eine einseitige Zahlungsanweisung geändert werden können. Art. 15 Abs. 2 ZessÜ stellt somit eine Ausnahme vom Grundsatz dar, dass die Rechte und die Pflichten des Schuldners ohne dessen Zustimmung nicht geändert werden können. 23 Art. 15 Abs. 2 ZessÜ bestimmt zunächst, dass durch eine Zahlungsanweisung die Person, die Adresse oder das Konto, an die bzw. das der Schuldner die Zahlung zu leisten hat, geändert werden können, um sodann in Art. 15 Abs. 2 lit. a ZessÜ hervorzuheben, dass eine Änderungsmöglichkeit für die im Grundvertrag festgelegte Währung, in der die Zahlung zu erfolgen hat, nicht besteht. Art. 15 Abs. 2 lit. b ZessÜ sieht eine weitere Änderungsmöglichkeit bezüglich des im Grundvertrag festgelegten Staates, in dem die Zahlung zu erfolgen hat, vor: Eine Änderung ist zulässig, sofern sie darin liegt, dass der Schuldner die Zahlung nun in jenem Staat

22 Vgl. die Beispiele im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 30. 23 S. Art. 15 Abs. 1 ZessÜ: „Except as otherwise provided in this Convention, ...". Art. 15 Abs. 2 ZessÜ stellt eine Vorschrift dar, die „etwas anderes vorsieht".

374

5. Teil: Die rechtliche Stellung des Schuldners

zu leisten hat, in dem er seine Niederlassung hat. 24 Dabei ist nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu entscheiden, ob der Zahlungsort im Grundvertrag bestimmt oder bestimmbar ist. Handelt es sich beim Grundvertrag um einen internationalen Kaufvertrag zwischen dem Schuldner (Käufer) und dem Zedenten (Verkäufer), der nach dem CISG zu beurteilen ist, so ist für die Feststellung des nach dem Grundvertrag maßgebenden Zahlungsortes mangels abweichender Parteienvereinbarung 25 Art. 57 CISG heranzuziehen. Der Aufbau des Art. 15 Abs. 2 ZessÜ mag auf den ersten Blick zu Fragen Anlass geben, denn einleitend wird bestimmt, welche Zahlungsbedingungen durch eine Zahlungsanweisung geändert werden können, sodann, dass die Währung keinesfalls geändert werden darf (lit. a), um schließlich eine bestimmte Änderungsmöglichkeit hinsichtlich des Staates, in dem die Zahlung zu leisten ist, dennoch für zulässig zu erklären (lit. b). Für das allgemeine Verständnis dieser Vorschrift ist m.E. davon auszugehen, dass Art. 15 Abs. 2 ZessÜ eine Ausnahme vom Grundsatz nach Art. 15 Abs. 1 ZessÜ normiert: Grundsätzlich können auch Zahlungsbedingungen nicht ohne eine Zustimmung des Schuldners geändert werden. 26 Art. 15 Abs. 2 „Einleitungssatz" ZessÜ bestimmt (als Ausnahme vom Grundsatz), welche Zahlungsbedingungen dennoch einseitig mit Wirksamkeit für den Schuldner geändert werden können. Durch Art. 15 Abs. 2 lit. a und b ZessÜ wird 24 Die Vertreter der Ansicht, auch eine Änderung des Staates, in dem die Zahlung zu leisten sei, von der Zustimmung des Schuldners abhängig zu machen, da der Schuldner nicht ohne Grund einer Zahlung in einem ausländischen Staat zugestimmt habe, konnten sich während der Verhandlungen nicht durchsetzen. Die Vorschrift des Art. 15 Abs. 2 lit. b ZessÜ ist unverändert beschlossen worden, da sie insbesondere der Geschäftspraxis im internationalen Factoring entspricht. S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 169. Ebenso Brink, Uncitral Konvention 14, nach welchem diese Ausnahme gerechtfertigt ist, da sich viele Factoringunternehmen der Mitwirkung eines Import-Factors bedienen, der im Land des Schuldners ansässig und für die Eintreibung der Forderung zuständig ist. 25 Dabei sind Art. 9 Abs. 2 CISG (vereinbarte Handelsbräuche und zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten) sowie Art. 9 Abs. 3 CISG (internationale Handelsbräuche) zu beachten. 26 Das Ausnahme-Grundsatz-Verhältnis wird durch die historische Interpretation bestätigt. Die ursprüngliche Fassung des Art. 15 Abs. 2 ZessÜ („Nothing in this Convention affects the debtor's right to pay in the currency and in the country specified in the payment terms contained in the original contract ...".) ist umformuliert worden, um eine a contrario Auslegung, dass mit Ausnahme der Währung und des Zahlungsstaates sämtliche Zahlungsbedingungen geändert werden können, zu vermeiden. Für die ursprüngliche Fassung vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.U/WP.93, Art. 7 Rn. 2; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 198. Für einen weiteren Entwurf und die sodann beschlossene Fassung vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/ WG.il/WP.102, Art. 17ter; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/456, Rn. 168, 171, 174 f. und Annex, Article 17.

2. Kapitel: Schuldnerschutz

nach dem ZessÜ

375

diese Ausnahme allerdings wieder eingeschränkt, wobei zu beachten ist, dass lit. b eine bestimmte Änderung von dieser Einschränkung ausnimmt. Ohne eine Einschränkung durch lit. a und lit. b wäre eine einseitige Änderung der Währung und des Staates nicht ausgeschlossen gewesen, da nach Art. 15 Abs. 2 „Einleitungssatz" die Adresse und das Konto durch eine Zahlungsanweisung geändert werden können. Da Art. 15 Abs. 2 lit. b ZessÜ zwar eine Ausnahme von der Einschränkung der Änderung des Zahlungsstaates macht, nicht jedoch von Art. 15 Abs. 2 lit. a ZessÜ, ist der Schuldner bei einer zulässigen - einseitigen Änderung des im Grundvertrag festgelegten Staates, in dem die Zahlung zu leisten ist (Art. 15 Abs. 2 lit. b ZessÜ), m.E. berechtigt, die Zahlung dennoch in der im Grundvertrag festgelegten Währung zu leisten. Der Regelungsgegenstand des Art. 15 Abs. 2 ZessÜ bezieht sich auf eine Änderung der im Grundvertrag vereinbarten Zahlungsbedingungen durch eine (einseitige) Zahlungsanweisung des Zedenten oder des Zessionars an den Schuldner. Durch eine Vereinbarung mit dem Schuldner ist eine Änderung der Zahlungsbedingungen ohne die Beschränkungen nach Art. 15 Abs. 2 lit. a und b ZessÜ zulässig. 27 2.

Mehrkosten und

Transferrisiko

Eine Abtretung hat für den Schuldner in der Regel eine Änderung des Kontos oder des Zahlungsortes zur Folge. Diesbezüglich stellen internationale Abtretungen im Vergleich zu rein innerstaatlichen Regelungen keine Besonderheit dar. Der Schuldner einer internationalen Abtretung wird durch Art. 15 Abs. 2 ZessÜ vor dem Währungsrisiko geschützt und eine Änderung des Landes ist nur zugunsten des Niederlassungsstaates des Schuldners möglich. Ungelöst bleibt jedoch die Frage, ob der Schuldner den Ersatz dadurch entstandener Mehrkosten vom Zessionar oder Zedenten verlangen kann. 28 Eine Klarstellung diesbezüglich hätte durchaus dem vom ZessÜ verfolgten Ziel entsprochen. Bei einer Änderung der Niederlassung des neuen Gläubigers ist m.E. zwischen dem erhöhten Transferrisiko für den Schuldner und allfälligen Mehrkosten zu unterscheiden. Wer die Erhöhung der Gefahr zu tragen hat, stellt insoweit eine vom ZessÜ geregelte Frage dar, als sie die Rechtsstellung des Schuldners betrifft. Dafür gilt der Grundsatz, dass die Rechte und Pflichten des Schuldners durch die Abtretung unberührt bleiben. Da jedoch das ZessÜ insgesamt Fragen, welche die konkrete „Ausgestaltung" der Verpflichtung des Schuldners betreffen, und somit auch das Tragen von Gefahr bei einer Geldzahlung nicht regelt, ist dennoch wieder auf jenes 27

S. Art. 15 Abs. 1 ZessÜ: does not, without the consent of the debtor, affect the rights and obligations of the debtor, ...". 28 Kritisch zu Art. 15 ZessÜ Lukas, ÖBA 2000, 501 (507).

376

5. Teil: Die rechtliche

Stellung

des

Schuldners

unvereinheitlichte nationale Recht zurückzugreifen, welches an sich für den Grundvertrag maßgebend ist. Hinsichtlich der Kosten ist im Einzelfall ist zu prüfen, ob dem Schuldner tatsächlich zusätzliche Kosten entstanden sind. Im Bereich von internationalen Abtretungen könnten diese durch eine Änderung des Staates, in dem die Zahlung zu leisten ist, verursacht werden. Diesbezüglich sind jedoch die Möglichkeiten des Zessionars bzw. des Zedenten eingeschränkt, denn nach Art. 15 Abs. 2 lit. b ZessÜ kann eine Änderung des Staates nur zugunsten des Niederlassungsstaates des Schuldners stattfinden. D.h. decken sich der Niederlassungsstaat des Schuldners und der nach dem Grundvertrag festgelegte Staat, in dem die Zahlung zu erfolgen hat, so ist auch eine diesbezügliche Änderung durch Art. 15 Abs. 2 lit. b ZessÜ ausgeschlossen. Zusätzliche Kosten könnten dadurch entstehen, dass bei einer zulässigen, einseitigen Änderung des Zahlungsortes die im Grundvertrag festgelegte Währung nicht einseitig geändert werden kann (s. Art. 15 Abs. 2 lit. a ZessÜ). Bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen können zusätzliche Kosten dadurch vermieden werden, dass dem Schuldner lediglich die Adresse oder das Konto des Zessionars bekannt gegeben werden. Entstehen jedoch dem Schuldner zusätzliche Kosten, so ist zu entscheiden, ob er diese endgültig tragen muss. M.E. ist wiederum das auf den Grundvertrag anwendbare Recht maßgebend. Gewährt dieses dem Schuldner einen Ersatzanspruch gegen den Zedenten, so kann er mit diesen gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars gemäß Art. 18 Abs. 2 ZessÜ aufrechnen. 3.

PECL und

UNIDROIT-Principles

Im Zusammenhang mit Art. 15 Abs. 2 ZessÜ ist auf die Vorschrift des Art. 11:306 Abs. 1 PECL hinzuweisen: Bei einer Geldschuld, die an einem bestimmten Ort eines Landes zu leisten ist, kann der Zessionar die Zahlung an jedem Ort innerhalb dieses Landes oder, wenn dieses Land ein EUMitgliedstaat ist, an jedem Ort innerhalb der Europäischen Union fordern. Die Mehrkosten auf Grund der Änderung des Leistungsortes sind vom Zedenten zu tragen. Die UNIDROIT-Principles enthalten eine allgemeine Regel für die Mehrkosten des Schuldners, die daher auch in dem besprochenen Fall nutzbar gemacht werden kann. Gemäß Art. 9.1.8 UNIDROIT-Principles kann der Schuldner den Ersatz aller durch die Abtretung verursachten Mehrkosten vom Zedenten oder Zessionar ersetzt verlangen.

2. Kapitel: Schuldnerschutz

nach dem ZessÜ

377

D. Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen 1.

Regelung des Art. 16 Abs. 2 ZessÜ

Nach Art. 16 Abs. 2 ZessÜ kann sich eine Abtretungsanzeige oder eine Zahlungsanweisung auf Forderungen beziehen, die nach der Anzeige entstehen. Mit anderen Worten: Abtretungsanzeigen (und Zahlungsanweisungen) in Bezug auf zukünftige Forderungen, 29 die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen, sind zulässig und mit dem Empfang durch den Schuldner diesem gegenüber wirksam. 30 Bestehen nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht für Abtretungsanzeigen oder Zahlungsanweisungen im Hinblick auf zukünftige Forderungen gesetzliche Beschränkungen bzw. ist eine Anzeige nur für im Zeitpunkt der Anzeige bestehende Forderungen zulässig, so sind diese nationalen Beschränkungen unbeachtlich. 31 Die Zulässigkeit und die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Zahlungsanweisung in Bezug auf zukünftige Forderungen nach Art. 16 Abs. 1 und 2 ZessÜ sind grundsätzlich von der Zulässigkeit und der Wirksamkeit einer Abtretung zukünftiger Forderungen nach Art. 8 ZessÜ zu trennen. Die Abtretung zukünftiger Forderungen ist zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, gegenüber dem Schuldner und gegenüber einem konkurrierenden Anspruchsberechtigten nicht allein deshalb unwirksam, weil es sich um zukünftige Forderungen handelt, sofern diese im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages als Forderungen bestimmbar sind, auf welche sich die Abtretung bezieht. Eine Anzeige nach Art. 16 Abs. 2 ZessÜ muss die zukünftigen Forderungen hinreichend identifizieren, um als Abtretungsanzeige i.S.d. Art. 5 lit. d ZessÜ anerkannt zu werden. An die Voraussetzung der „Bestimmbarkeit" 32 nach Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ und jene der „hinreichenden Identifizierung" 33 nach Art. 5 lit. d ZessÜ ist m.E. derselbe Maßstab anzulegen. 34

29 Nach Art. 5 lit. b Hs. 2 ZessÜ sind „zukünftige Forderungen" solche, die erst nach dem Abschluss des Abtretungsvertrages entstehen. 30 Eine Beschränkung der Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige auf im Zeitpunkt der Anzeige bestehende Forderungen ist von der Arbeitsgruppe bereits zu Beginn der Beratungen abgelehnt worden. S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 124 f. 31 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 2. Dies folgt aus dem Verhältnis zwischen dem internationalen Einheitsrecht und dem nationalen Recht. 32 „... be identified as receivables to which the assignment relates". 33 „... reasonably identifies the assigned receivables". 34 Diese Ansicht wird mittelbar durch die Ausführungen im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 63 und 90, bestätigt.

378

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Die Regelung des Art. 16 Abs. 2 ZessÜ bringt für den Zessionar wesentliche Vorteile mit sich. 35 Hat der Schuldner eine Abtretungsanzeige über zukünftige Forderungen empfangen, so ist es nicht erforderlich, stets eine separate Anzeige zu senden, sobald eine abgetretene Forderung tatsächlich entsteht. 36 Die Möglichkeit nach Art. 16 Abs. 2 ZessÜ bewirkt für den Zessionar eine Ersparnis von Kosten und Zeit. Für den Schuldner bedeutet dies jedoch die Notwendigkeit einer Prüfung, ob die konkrete Forderung einer in der Vergangenheit erfolgten Abtretungsanzeige zuzuordnen ist. Diese Prüfung kann für den Schuldner einen organisatorischen Mehraufwand bedeuten und bei Fehlern zu einer Zahlung an eine nicht forderungsberechtigte Person führen. Bezieht sich eine Abtretungsanzeige auf im Zeitpunkt der Anzeige noch nicht bestehende Forderungen, so liegt ein weiterer Vorteil für den Zessionar darin, dass der Schuldner ab dem Zeitpunkt, in dem die Forderung entsteht, nicht „jedes andere" vom Grundvertrag unabhängige Aufrechnungsrecht gegenüber dem Zahlungsanspruch des Zessionars geltend machen kann (Art. 18 Abs. 2 ZessÜ) 37 und ab diesem Zeitpunkt eine Änderung des Grundvertrages ohne Zustimmung des Zessionars diesem gegenüber nicht wirksam ist (Art. 20 Abs. 2 ZessÜ). 38 Die Regelung des Art. 16 Abs. 2 ZessÜ ist für den Zessionar zudem von großer Bedeutung, wenn sich der Vorrang an einer abgetretenen Forderung gegenüber konkurrierenden Anspruchsberechtigten nach dem Zeitpunkt des Empfanges der Abtretungsanzeige 39 durch den Schuldner bestimmt. Da die Zulässigkeit und die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen vom ZessÜ geregelt werden, ist diese Frage nicht nach dem für den Vorrang maßgebenden Recht (Art. 22 ZessÜ), also dem Recht jenes Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 40 Zum Schutz des Zedenten (!) ist von der Arbeitsgruppe eine zeitliche Beschränkung der Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige in Bezug auf zu-

35

Vgl. zum Folgenden auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 131; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 3. 36 Eine Forderung „entsteht" in dem Zeitpunkt, in dem der Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner (Grundvertrag) geschlossen wird. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt sich nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht. Handelt es sich bei dem Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten um einen internationalen Kaufvertrag, welcher dem CISG unterliegt, so ist Art. 24 CISG maßgebend. 37 Vgl. 5. Teil, 4. Kapitel, I.B. 38 Vgl. 5. Teil, 5. Kapitel, U.C. 39 Vgl. Art. 9 und 10 ZessÜ-Anhang. 40 S. den Einleitungssatz von Art. 22 ZessÜ: „With the exception of matters that are settled elsewhere in this Convention ...". Zu diesen Angelegenheiten zählt auch Art. 16 ZessÜ über die Zulässigkeit und die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige.

2. Kapitel: Schuldnerschutz

nach dem ZessÜ

379

künftige Forderungen für eine bestimmte Frist erwogen, jedoch schlussendlich verworfen worden, 41 da dies eine Angelegenheit der Parteien des Abtretungsvertrages sei (in der Regel eines Finanzierungsvertrages, sofern die Abtretungsvereinbarung ein Teil desselben ist). 42 2.

Exkurs: Regelung

im

FactÜ

Das FactÜ regelt die Frage, ob dem Schuldner nur bestehende oder aber auch zukünftige Forderungen wirksam angezeigt werden können, im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung an den Factor. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ kann eine Anzeige lediglich für Forderungen erfolgen, die aus Warenkauf- oder Dienstleistungsverträgen resultieren, die (spätestens) im Zeitpunkt der Anzeige geschlossen worden sind. 43 D.h. nach dem FactÜ ist entgegen dem ZessÜ eine Anzeige für erst in Zukunft entstehende Forderungen nicht wirksam.

E. Nachfolgende Abtretungen Wird dieselbe Forderung nicht nur einmal, sondern mehrere Male nacheinander vom jeweiligen Zessionar abgetreten (Kettenabtretungen), so bestimmt Art. 16 Abs. 3 ZessÜ, dass die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung eine Anzeige aller früheren Abtretungen darstellt. 44 Diese Bestimmung spiegelt die übliche Praxis im internationalen Factoring 45 wider und entspricht inhaltlich Art. 11 Abs. 2 FactÜ. 46 Die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung stellt eine Anzeige für alle vorangehenden Abtretungen und nicht nur für die unmittelbar vorangehen-

41

Vgl. zu der Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/434, Rn. 172 ff.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 47; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP. 106, Rn. 37. 42 Dies ist jedoch m.E. an sich kein stichhaltiges Argument, zumal der gesamte Abschnitt über den Zedenten und den Zessionar (Art. 11 bis 14 ZessÜ) Fragen betrifft, die als Angelegenheiten der Parteien des Abtretungsvertrages zu bezeichnen sind. 43 Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, II.B.3.e). 44 Die von Art. 16 Abs. 3 ZessÜ erfasste Situation stellt sich nicht im Zusammenhang mit Zahlungsanweisungen, weshalb Art. 16 Abs. 3 ZessÜ im Gegensatz zu Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ nur von einer Anzeige, nicht jedoch von einer Zahlungsanweisung spricht. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 179. 45 Im internationalen Factoring wird der Schuldner in der Regel lediglich von der (zweiten) Abtretung der Forderung an den Import-Factor benachrichtigt, nicht jedoch von der früheren (ersten) Abtretung der Forderung von seinem Vertragspartner (Lieferanten) an den Export-Factor. 46 Vgl. zu Art. 11 Abs. 2 FactÜ, 2. Teil, 2. Kapitel, III.D.

380

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

de Abtretung dar. 47 Art. 16 Abs. 3 ZessÜ stellt überdies nicht das Erfordernis auf, dass aus dem Inhalt einer Abtretungsanzeige hervorgehen müsse, wer die Parteien der früheren Abtretungen sind bzw. wie oft die Forderung bereits abgetreten worden ist. Da Art. 16 Abs. 3 ZessÜ im Vergleich zu Art. 5 lit. d ZessÜ keine zusätzlichen Voraussetzungen für den Inhalt einer Abtretungsanzeige aufstellt, ist es ausreichend, wenn in der schriftlichen Anzeige die abgetretene Forderung und der letzte Zessionar hinreichend identifiziert werden. Angaben über die Person (bzw. Personen), von welcher (welchen) das Forderungsrecht auf den Zessionar übergegangen ist, sind daher nicht erforderlich. 48 Die Befreiung des Schuldners von seiner Zahlungsverpflichtung im Fall mehrerer Anzeigen über eine nachfolgende oder mehrere nachfolgende Abtretungen regelt Art. 17 Abs. 5 ZessÜ. Zahlt der Schuldner entsprechend der Anzeige über die letzte dieser nachfolgenden Abtretungen, so kommt seiner Zahlung schuldbefreiende Wirkung zu. Der Schuldner kann jedoch stets, wenn er die Anzeige vom Zessionar erhält, die Vorlage eines geeigneten Nachweises darüber verlangen, dass die Abtretung vom ursprünglichen Zedenten an den ursprünglichen Zessionar und jede dazwischen liegende Abtretung erfolgt ist (Art. 17 Abs. 7 ZessÜ 49 ). Bei nachfolgenden Abtretungen kommt es für die Möglichkeit der Geltendmachung von Einreden und Aufrechnungsrechten nach Art. 18 ZessÜ sowie die Wirksamkeit einer Änderung des Grundvertrages durch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner gegenüber dem Zessionar nach Art. 20 ZessÜ m.E. auf den Zugang der (ersten) Anzeige über die nachfolgende Abtretung beim Schuldner an, da anderenfalls der in Art. 18 verankerte Gedanke des Schuldnerschutzes und der durch Art. 20 ZessÜ bezweckte Ausgleich der Interessen des Zessionars und des Schuldners ins Leere laufen würden. 50

47

Vgl. Art. 16 Abs. 3 ZessÜ: constitutes notification of all [Hervorhebung durch die Verfasserin] prior assignments". 48 Der Vorschlag, die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung soll nur in dem Umfang die Anzeige für alle früheren Abtretungen darstellen, in dem die Anzeige in vernünftiger Weise die Zedenten der vorangehenden Abtretungen identifiziert, hat keine Mehrheit in der Arbeitsgruppe gefunden. Vgl. zu den vorgebrachten Argumenten und dem Verlauf der Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 64; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 133; Bericht der Arbeitsgruppe UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 14 ff. 49

Vgl. zu dieser Bestimmung 5. Teil, 3. Kapitel, I.E. Für Art. 18 ZessÜ vgl. 5. Teil, 4. Kapitel, I.; für Art. 5. Kapitel, II. 50

20 ZessÜ vgl. 5. Teil,

3. Kapitel

Zahlung durch den Schuldner I.

Regelung nach dem ZessÜ

A. Einleitung Die schuldbefreiende Leistung des Schuldners regelt das ZessÜ in Art. 17, welcher neben der Bestimmung des Art. 15 ZessÜ die zentrale Schuldnerschutzvorschrift des Übereinkommens darstellt. Bei der Regelung dieses für den Schuldner wesentlichen Fragenkomplexes verfolgten die Verfasser zwei miteinander verbundene Ziele: einerseits die Bereitstellung eines klaren Mechanismus für die Befreiung des Schuldners von seiner Verbindlichkeit und andererseits die damit einhergehende Förderung der Bezahlung von Verbindlichkeiten. 1 Dies entspricht auch einem wesentlichen Ziel des ZessÜ, nämlich die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern. Die Vorschrift über die befreiende Leistung durch den Schuldner stellt eine der am ausführlichsten diskutierten Bestimmungen des ZessÜ dar und gliedert sich in acht Absätze: Die Absätze 1 und 2 enthalten Vorschriften grundsätzlicher Natur, die Bestimmungen der Absätze 3, 4 und 5 betreffen einzelne Fallkonstellationen, Absatz 7 regelt ein besonderes Informationsrecht des Schuldners und Absatz 8 bezieht sich auf außerhalb des ZessÜ bestehende Schuldbefreiungsgründe. Art. 17 ZessÜ bestimmt, unter welchen Voraussetzungen der Zahlung des Schuldners jedenfalls, d.h. auch bei Leistung an eine falsche Person, schuldbefreiende Wirkung zukommt, regelt jedoch nicht, ob den Schuldner eine Verpflichtung zur Zahlung trifft. 2 Mit anderen Worten: Das ZessÜ setzt eine Zahlungsverpflichtung des Schuldners voraus und stellt keine Rechtsgrundlage für eine solche dar. Die Pflicht zur Zahlung einer Geldforderung sowie die konkrete Ausgestaltung dieser Pflicht (z.B. Zeit, Ort, Teilzahlungen) sind nach dem Vertrag zwischen dem Schuldner und dem

1

S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 5. Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489/Add. 1, Rn. 5; Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (337 f.). 2

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Zedenten (Grundvertrag) und dem auf diesen Vertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Art. 17 ZessÜ regelt die Frage der schuldbefreienden Leistung des Schuldners getrennt von der Frage nach dem Vorrang des Rechts an der abgetretenen Forderung zwischen konkurrierenden Anspruchsberechtigten. Wie bereits zu Art. 8 ZessÜ ausgeführt, erachtet das ZessÜ die Mehrfachabtretung einer Forderung als ein Problem des Vorranges, nicht als ein Problem der Wirksamkeit der Abtretung. Leistet der Schuldner im Einklang mit den Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ, so kommt seiner Zahlung auch dann schuldbefreiende Wirkung zu, wenn das Recht des Zahlungsempfängers an der abgetretenen Forderung keinen Vorrang gegenüber den konkurrierenden Anspruchsberechtigten (anderen Zessionaren derselben Forderung, Gläubigern des Zedenten oder Insolvenzverwalter) genießt. 3 Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Zahlungsempfängers trifft daher die konkurrierenden Anspruchsberechtigten und nicht den Schuldner, welcher anderenfalls ein weiteres Mal an den Vorrang genießenden Anspruchsberechtigten zahlen und die erste Zahlung vom insolventen Zahlungsempfänger zurückfordern müsste. 4 Leistet hingegen der Schuldner seine Zahlung zwar nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ, jedoch an diejenige Person, welcher der Vorrang an der Forderung gebührt, so kommt seiner Leistung schuldbefreiende Wirkung zu, sofern es sich bei dem Zahlungsempfänger um eine - nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht - berechtigte Person i.S.d. Art. 17 Abs. 8 ZessÜ 5 handelt, was in der Regel der Fall sein wird. Wie bereits ausgeführt, differenziert das ZessÜ zwischen einer Abtretungsanzeige 6 und einer Zahlungsanweisung 7 . Da Art. 17 ZessÜ auf diese Unterscheidung Bezug nimmt, werden vor der Erörterung der einzelnen Bestimmungen des Art. 17 ZessÜ nochmals die wichtigsten Punkte betreffend die Anzeige und die Zahlungsanweisung kurz hervorgehoben. Sowohl für eine Abtretungsanzeige als auch für eine Zahlungsanweisung gilt das

3

Der Vorrang an der abgetretenen Forderung ist gemäß Art. 22 ZessÜ nach dem Recht jenes Staates zu bestimmen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 4 Ausführlicher Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 9. 5 Zur Schuldbefreiung nach Art. 17 Abs. 8 ZessÜ vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, I.G. 6 Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. d ZessÜ bedeutet eine Anzeige der Abtretung eine schriftliche Mitteilung, welche die abgetretene Forderung und den Zessionar hinreichend identifiziert. 7 Das ZessÜ enthält keine Legaldefinition des Begriffes Zahlungsanweisung, aus Art. 15 Abs. 2 ZessÜ folgt jedoch, dass es sich dabei um eine Anweisung betreffend die Person, die Adresse oder das Konto, an die der Schuldner die Zahlung zu leisten hat, handelt.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

383

Schriftformgebot. 8 Im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar bestimmt sich das Recht zur Anzeige der Abtretung bzw. zur Zahlungsanweisung an den Schuldner nach deren Vereinbarung, subsidiär nach Art. 13 ZessÜ. Eine Zahlungsanweisung kann sogleich mit einer Abtretungsanzeige verbunden werden, ist dies nicht der Fall, so kann nach der Absendung einer Abtretungsanzeige nur noch der Zessionar eine Zahlungsanweisung senden. Dem Schuldner gegenüber sind eine Abtretungsanzeige und eine Zahlungsanweisung durch Zugang wirksam, sofern sie in einer Sprache abgefasst sind, von welcher vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie den Schuldner über ihren Inhalt in Kenntnis setzt (Art. 16 Abs. 1 ZessÜ). Nach dem ZessÜ ist die Abtretungsanzeige keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar oder gegenüber dem Schuldner. 9

B. Zahlung vor und nach dem Zugang einer Abtretungsanzeige Die Abtretungsanzeige i.S.d. Art. 5 lit. d ZessÜ spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Frage, ob sich der Schuldner durch Zahlung von seiner Verpflichtung befreit hat. 10 Die Schuldbefreiung basiert gemäß Art. 17 Abs. 1 und 2 ZessÜ auf folgendem Grundsatz: Bis zum Empfang der Abtretungsanzeige ist der Schuldner berechtigt, durch Zahlung gemäß dem Grundvertrag befreiend zu leisten (Abs. 1). Aus dem Grundvertrag oder subsidiär aus dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht folgt die Fälligkeit der Zahlung," an wen zu leisten ist (Ze-

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„Schriftform" bedeutet nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ jede Form von Information, die in der Weise verfügbar ist, dass sie für eine spätere Bezugnahme verwendet werden kann. Vgl. 4. Teil, 3. Kapitel, II. 9 Ebenso Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.98, Art. 18 Rn. 1: „... notification is structured as the basis for a defence of the debtor and not as a condition for the effectiveness of the assignment, which would unnecessarily formalize the assignment." Nach dem Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige beim Schuldner ist allerdings der Vorrang an der abgetretenen Forderung zu bestimmen, sofern sich ein Vertragsstaat für die Rangvorschriften nach Abschnitt IV des Anhanges zum ZessÜ entscheidet (Art. 9 und 10 ZessÜ-Anhang) bzw. das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende nationale Recht auf diesen Zeitpunkt abstellt. 10 Nach Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (307) haben sich die Verfasser des Übereinkommens für einen Mittelweg zwischen dem französischen Recht mit seiner an hohe formelle Anforderungen gebundenen „signification" oder „acceptation" und anderen Rechtsordnungen entschieden, nach welchen es allein auf die Kenntnis des Schuldners von der Abtretung ankommt. " Wird eine Zahlung erst nach dem Zugang der Abtretungsanzeige fällig, so kommt eine Schuldbefreiung nach Art. 17 Abs. 1 ZessÜ nicht Betracht.

384

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

dent oder eine dritte Person 12 ), ob die Zahlung auf ein bestimmtes Konto oder an eine bestimmte Adresse zu erfolgen hat oder ob z.B. Teilzahlungen vereinbart worden sind. Nach dem Empfang einer Abtretungsanzeige kann der Schuldner hingegen nur noch an den Zessionar schuldbefreiend leisten (Abs. 2). 13 Nach Art. 17 Abs. 1 ZessÜ ist der Schuldner bis zum Empfang der Anzeige berechtigt, 14 gemäß dem Grundvertrag zu leisten. Wie bereits erwähnt, ist im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner die Wirksamkeit der Forderungsabtretung nicht von der Abtretungsanzeige abhängig, so dass der Schuldner bereits vor dem Empfang der Abtretungsanzeige, sofern er von der Abtretung Kenntnis erlangt, an den Zessionar leisten kann. Da jedoch nach dem Konzept des Art. 17 Abs. 1 und 2 ZessÜ die Abtretungsanzeige das relevante Kriterium darstellt, trägt der Schuldner in so einem Fall das Risiko einer nochmaligen Zahlung, wenn er an eine nichtberechtigte Person geleistet hat. 15 Nach dem Empfang einer Anzeige kann der Schuldner nur 16 mehr an den Zessionar befreiend leisten (Art. 17 Abs. 2 Hs. 1 ZessÜ). Das Risiko, dass der Schuldner die Abtretungsanzeige nicht erhält (z.B. verpflichtet sich der Zedent, die Abtretungsanzeige abzusenden, unterlässt dies jedoch, oder die Anzeige wird abgesendet, geht aber verloren), trägt nach Art. 17 Abs. 2 ZessÜ der Zessionar. 17 Unter Bezugnahme auf die Möglichkeit nach Art. 13 Abs. 1 ZessÜ entweder bereits mit einer Abtretungsanzeige eine Zahlungsanweisung an den Schuldner zu senden oder aber diese dem Schuldner erst nachträglich zu übermitteln, 18 bestimmt Art. 17 Abs. 2 Hs. 2 ZessÜ, dass der Schuldner, sofern er eine Zahlungsanweisung empfängt, 12 In den ersten Entwürfen war vorgesehen, dass der Schuldner vor dem Empfang der Abtretungsanzeige an den Zedenten schuldbefreiend leisten kann. Da sich die konkrete Zahlungsverpflichtung - und somit auch der Zahlungsempfänger - aus dem Grundvertrag ergibt, ist Art. 17 Abs. 1 ZessÜ - folgerichtig - geändert worden. Vgl. Bericht der Arbeitgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Art. 9 Abs. 1; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN. 9/WG.II/WP. 102, Art. 18 Rn. 1. 13 Aber auch der Zessionar hat grundsätzlich die im Grundvertrag getroffenen Vereinbarungen zu beachten, z.B. hinsichtlich der Fälligkeit der Forderung oder der Vereinbarung von Teilzahlungen. 14 „... the debtor is entitled to ...". 15 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 6. 16 Stets ist zu überprüfen, ob im konkreten Fall die Vorschriften der Absätze 3 bis 7 des Art. 17 ZessÜ, welche Sonderfälle regeln, zur Anwendung gelangen; zudem ist Art. 17 Abs. 8 ZessÜ zu beachten. 17 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.93, Art. 18 Rn. 2. 18 Wohl um Unsicherheiten zu vermeiden, wiederholt Art. 17 Abs. 2 Hs. 2 ZessÜ diesbezüglich, was bereits aus Art. 13 Abs. 1 ZessÜ folgt, nämlich, dass nach der Absendung einer Abtretungsanzeige nur noch der Zessionar eine Zahlungsanweisung senden darf.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

385

nur gemäß der zugegangenen Anweisung 19 schuldbefreiend leisten kann. Abgesehen von den in Art. 17 Abs. 3 bis 7 ZessÜ geregelten Sonderfällen werden vom Grundsatz nach Art. 17 Abs. 2 ZessÜ folgende Fallvarianten erfasst: Geht dem Schuldner lediglich eine Abtretungsanzeige zu, so kann er nur an den Zessionar schuldbefreiend leisten. Empfängt der Schuldner mit der Abtretungsanzeige eine Zahlungsanweisung, sei es vom Zedenten oder vom Zessionar 20 oder von beiden, so ist für die Person des Zahlungsempfängers die Zahlungsanweisung maßgebend. So kann der Schuldner beispielsweise angewiesen werden, weiterhin entsprechend dem Grundvertrag (z.B. bei undisclosed invoice discounting 21 oder Securitization) an den Zedenten 22 oder an eine dritte Person zu leisten. Erhält der Schuldner zunächst nur eine Abtretungsanzeige, sodann jedoch - vor Fälligkeit der Forderung 23 - vom Zessionar eine Zahlungsanweisung, so ist wiederum die Zahlungsanweisung der Maßstab für die schuldbefreiende Leistung des Schuldners. Geht dem Schuldner nach einer Abtretungsanzeige eine Zahlungsanweisung vom Zedenten zu, so ist diese für den Schuldner unbeachtlich, es sei denn, der Zedent ist vom Zessionar dazu bevollmächtigt worden.

C. Kenntnis des Schuldners über die Abtretung Während der Ausarbeitung des ZessÜ ist die Frage, ob die Kenntnis des Schuldners über eine erfolgte Forderungsabtretung die gleichen Wirkungen wie der Empfang einer Abtretungsanzeige haben soll, ausführlich diskutiert worden. 24 Nach der beschlossenen Fassung bewirkt die bloße Kennt19 Vgl. Art. 15 Abs. 2 ZessÜ für die Frage, inwieweit durch eine Zahlungsanweisung die im Grundvertrag enthaltenen Zahlungsbedingungen geändert werden können. Ausführlich 5. Teil, 2. Kapitel, III.C. 20 In diesem Fall ist grundsätzlich Art. 17 Abs. 7 ZessÜ zu beachten. 21 Vgl. Goode, Commercial Law, 3. edition (2004) 745 f. 22 Nichtsdestotrotz eine Abtretungsanzeige zu senden und dabei den Schuldner anzuweisen, weiterhin an den Zedenten zu zahlen, ist jedoch in Bezug auf Art. 18 Abs. 2 und 20 ZessÜ sinnvoll. 23 Geht dem Schuldner bis zur Fälligkeit der Forderung keine Zahlungsanweisung zu, so kann er gemäß Art. 17 Abs. 2 Hs. 1 ZessÜ an den Zessionar schuldbefreiend leisten. 24 Vgl. zur Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 99 ff.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 167 ff. Einerseits wurde vertreten, es würde dem guten Glauben im internationalen Handel widersprechen, dem Schuldner die Möglichkeit einzuräumen, selbst bei Kenntnis über eine bereits erfolgte Abtretung mit schuldbefreiender Wirkung an den Zedenten leisten zu können. Dagegen wurde vorgebracht, die Kenntnis des Schuldners mit dessen Benachrichtigung gleichzustellen sei nur auf Kosten der Rechtssicherheit möglich; zudem wäre es erforderlich festzulegen,

386

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

nis des Schuldners keine Veränderung der rechtlichen Stellung des Schuldners hinsichtlich der Möglichkeit, entsprechend dem Grundvertrag mit schuldbefreiender Wirkung die Zahlung zu leisten. 25 Maßgebend ist allein die schriftliche Abtretungsanzeige. 26 Vor dem Zugang einer Anzeige ist der Schuldner daher berechtigt, die Zahlung gegenüber dem auf Grund der Abtretung materiell berechtigten Zessionar zu verweigern. Kennt der Schuldner positiv die Berechtigung des Zessionars, so fällt es schwer, die Möglichkeit des Schuldners, mit befreiender Wirkung an den Zedenten leisten zu können, mit dem Schutz des Schuldners zu begründen. Jedenfalls stellt sie eine Ausnahme von der Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel dar.27 Die vom ZessÜ vorgenommene Wertung steht im Widerspruch zu den Lösungen einiger nationaler Rechtsordnungen, 28 was die Akzeptanz des ZessÜ durch diese Staaten auf Grund des hohen Stellenwertes dieser Frage im Zessionsrecht mindern könnte. 29 Aus der Sicht des Schuldners 30 kann das ausschließliche Abstellen auf ein objektives Kriterium, die Abtretungsanzeige, als positiv bewertet werden. Dies garantiert allen Beteiligten, insbesondere jedoch dem Schuldner, die notwendige Rechtssicherheit. 31 Aus der Sicht des Verkehrs stellt es eine Erleichterung der internationalen Forderungsabtretung dar.32 Das objektive Kriterium der Abtretungsanzeige erübrigt Abgrenzungsfragen, unter welchen Voraussetzungen eine Kenntnis des Schuldners von einer Abtretung angenommen werden könne und wen die Beweislast dafür treffe. 25 A.A. offenbar Horn in FS Wiegand 373 (381, 384). 26 Vgl. dazu auch die Diskussion in der Arbeitsgruppe, in Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 99 ff. 27 Vgl. dazu jedoch 1. Teil, 2. Kapitel, I.D. (der Grundsatz des guten Glaubens im internationalen Handel soll nicht für das Verhältnis Schuldner - Zessionar gelten). 28 Vgl. den Überblick bei Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 94. S. dazu Mertens, Rechtsvereinheitlichung rechtspolitisch betrachtet, in: Recht und Wirtschaft in Geschichte und Gegenwart, Festschrift f ü r Johannes Bärmann zum 70. Geburtstag (1975) 651 (665), der betont, dass der Gefahr vorgebeugt werden müsse, dass das Einheitsrecht im nationalen Bereich verfolgte ordnungspolitische Interessen zu sabotieren erlaube. 29 Vgl. dazu etwa die Kritik von Eidenmüller, AcP 2004, 457 (490); Koziol in UNAbtretungsübereinkommen 83 (90). Zur „Internationalisierungsfähigkeit der Norminhalte" vgl. Dölle, Z f R V 1963, 133 (138). 30 S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 101; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (279 f.), wonach der Grundsatz des Schuldnerschutzes ausschlaggebend war. 31 Ebenso Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (311); Danielewsky/Lehmann, W M 2003, 221 (225). S. allgemein Hobhouse, International Conventions and Commercial Law: The Pursuit of Uniformity, Law Quart. Rev. 1990, 530 (532) über den besonderen Stellenwert der Rechtssicherheit im internationalen Handel. 32 Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrecht im internationalen Rechtsverkehr (2005) 663.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

387

wann bereits von einer Kenntnis des Schuldners von der Abtretung auszugehen ist. Zudem ist die Unsicherheit über die befreiende Wirkung ein Kostenfaktor, der sich bei der Berechnung der Kosten eines Kredites, bei dem Forderungen zur Sicherung der Rückzahlung übertragen werden, niederschlägt. 33 Berücksichtigt man die Tatsache, dass nicht nur grenzüberschreitende Abtretungen von Forderungen, sondern als nachfolgende Abtretungen selbst nationale Abtretungen nationaler Forderungen dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen können, so bedarf es eines objektiven Kriteriums für die Bestimmung des Zeitpunktes, bis zu dem der Schuldner berechtigt ist, mit schuldbefreiender Wirkung an seinen ursprünglichen Vertragspartner zu leisten. Im Hinblick auf die in der Praxis häufigen Globalabtretungen zukünftiger Forderungen wird sich das Problem, dass der Schuldner vor dem Zugang einer Anzeige Kenntnis über die Abtretung hat, selten stellen (s. Art. 16 Abs. 2 ZessÜ). In den anderen Fällen ist es dem Zessionar zumutbar, seine eigenen rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen. 34 Kieninger35 weist treffend darauf hin, dass auf Grund der Regelung des Art. 13 ZessÜ und moderner Kommunikationsmittel der Zessionar seine Rechte gegenüber dem Schuldner in der Regel zeitgerecht ausüben wird.

D. Unwirksame Abtretungen Nach der Absicht der Verfasser ist Art. 17 ZessÜ in jenen Fällen nicht anzuwenden, in welchen die Forderungsabtretung unwirksam ist, da diese Fälle in der Praxis eine Ausnahme darstellen. Derartige Fälle sind somit nicht nach dem ZessÜ, sondern nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 36 Insoweit liegt keine Lücke des ZessÜ vor. Deshalb entscheidet sogleich das autonome, nationale Recht darüber, ob im Fall einer unwirksamen Forderungsabtretung der Leistung des Schuldners an den „Zessionar" schuldbefreiende Wirkung 33

Vgl. etwa Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (290). Für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar gilt mangels abweichender Vereinbarung, dass der Zessionar einen Anspruch auf den Erlös hat, den der Zedent vom Schuldner erhält, und zwar unabhängig davon, ob eine Abtretungsanzeige versandt worden ist (Art. 14 Abs. 1 lit. b ZessÜ). 35 in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (311 f.). 36 So ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 8. S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 22: „The Working Group agreed that that matter occurred very rarely in practice and did not need to be addressed in the draft convention. It was also agreed that a rule granting the debtor a valid discharge in the case of a purported assignment would go against the law in many legal systems, which did not allow the good faith acquisition of property rights in receivables." 34

388

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

zukommt oder ob der Schuldner das Risiko einer nochmaligen Zahlung trägt. Die Fälle einer unwirksamen Abtretung sind nicht nach Art. 17 ZessÜ zu beurteilen. Daraus folgt beispielsweise auch, dass nach Art. 17 Abs. 2 ZessÜ einer Leistung an den Zessionar nur dann befreiende Wirkung zukommt, wenn der Zessionar die berechtigte Person ist. 37 Aus diesem Grund gewährt Art. 17 Abs. 7 ZessÜ dem Schuldner das Recht, Beweise über die Abtretung zu fordern. Ruft man sich jene internationalen Finanzierungsgeschäfte in Erinnerung, welche die Verfasser des ZessÜ vor Augen hatten - insbesondere Factoring, Forfaiting, Securitization und Projektfinanzierungen so wird die Annahme der Verfasser wohl zutreffen, dass unwirksame internationale Abtretungen in der Praxis selten 38 sind. Dennoch ist eine Vorschrift über die befreiende Wirkung der Leistung des Schuldners als nicht befriedigend und unausgewogen zu bezeichnen, die diesen wesentlichen Aspekt des Schuldnerschutzes nicht regelt.

E. Informationsrecht des Schuldners 1.

Berechtigung,

einen Nachweis zu fordern

Empfängt der Schuldner eine Abtretungsanzeige vom Zessionar, 39 so gewährt ihm Art. 17 Abs. 7 ZessÜ das Recht, vom Zessionar den Nachweis zu verlangen, dass die Abtretung vom ursprünglichen Zedenten an den ursprünglichen Zessionar sowie - im Fall einer nachfolgenden Abtretung jede etwaige zwischenzeitliche Abtretung stattgefunden hat. Für den Schuldner können ja Zweifel darüber bestehen, ob die Abtretung erfolgt ist, es sich bei der konkreten Person somit um den berechtigten Forderungsinhaber handelt und seiner Zahlung an diese Person schuldbefreiende Wirkung zukommen wird. Vor demselben Problem steht der Schuldner im Fall mehrerer nachfolgender Abtretungen (Kettenabtretungen), da gemäß Art. 16 Abs. 3 ZessÜ die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung die Anzeige aller früheren Abtretungen darstellt. Dies gilt unabhängig davon, ob

37

S. auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 151, die betont, „dass eine Notifikation selbstverständlich nur die bezeichneten Wirkungen haben kann (sprich: die Leistung an den .Zessionar' schuldbefreiend wirkt), wenn der Notifizierende der wahrhaft Berechtigte, also der tatsächliche Zessionar ist." 38 So auch Eidenmüller, AcP 2004, 457 (499). 39 Das Recht des Zessionars, dem Schuldner unabhängig von einer Mitwirkung des Zedenten die Abtretung anzuzeigen (vgl. Art. 13 Abs. 1 ZessÜ), wurde als eines der kennzeichnendsten Merkmale des ZessÜ gesehen. So Bericht über die 34. UNCITRALSitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 22.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

389

in der Abtretungsanzeige auf die einzelnen zwischenzeitlichen Abtretungen Bezug genommen wird. 40 Die Vorschrift des Art. 17 Abs. 7 ZessÜ stellt ein „Gegengewicht" zum Recht des Zessionars dar, ohne eine Mitwirkung oder Zustimmung des Zedenten dem Schuldner die Abtretung anzuzeigen. 41 Um dem Grundsatz des Schuldnerschutzes auch in solchen Fällen gerecht zu werden, sieht Art. 17 Abs. 7 ZessÜ ein Informationsrecht des Schuldners vor. Empfängt der Schuldner vom Zessionar eine Anzeige über eine Forderungsabtretung, so ist er berechtigt, vom Zessionar die Vorlage eines geeigneten Nachweises dafür zu verlangen, dass die Abtretung erfolgt ist. Der geeignete Nachweis ist innerhalb eines angemessenen Zeitraumes vom Zessionar 42 zu erbringen. Das Informationsrecht des Schuldners nach Art. 17 Abs. 7 ZessÜ besteht, wenn der Schuldner vom Zessionar eine Anzeige über die Forderungsabtretung erhält. Auch ein Zedent einer nachfolgenden Abtretung ist „Zessionar" i.S.d. Art. 17 Abs. 7 ZessÜ, da anderenfalls das Informationsrecht des Schuldners beschnitten werden würde. 43 Tritt der Vertragspartner des Schuldners (= ursprünglicher Zedent) seine Forderung an B und dieser nachfolgend an C ab, so sind sowohl B als auch C Zessionar i.S.d. Art. 17 Abs. 7 ZessÜ, sofern sie dem Schuldner die Abtretung anzeigen. Nach Art. 17 Abs. 7 ZessÜ ist der Schuldner berechtigt, vom Zessionar einen geeigneten Nachweis für die erfolgte Abtretung zu fordern. Fraglich ist jedoch, ob diese Berechtigung des Schuldners in jedem Fall besteht, sofern er eine Anzeige (ausschließlich 44 ) vom Zessionar erhält. Folgt man dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 7 ZessÜ, so kann dies bejaht werden, folgt man dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ist dies hingegen einzuschränken. Durch die Berechtigung, einen geeigneten Nachweis für die Abtretung zu verlangen, soll der Schuldner in Zweifelsfällen 45 vor dem Risiko, ein

40

Vgl. zu Art. 16 Abs. 3 ZessÜ 5. Teil, 2. Kapitel, III.E. Ähnlich Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (340). 42 Der Vorschlag, dass der geeignete Nachweis auch vom Zedenten erbracht werden könnte, ist von der Arbeitsgruppe abgelehnt worden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 196 f. 43 Dem steht auch Art. 2 lit. b ZessÜ nicht entgegen, nach dem im Fall einer Abtretung durch den ursprünglichen oder einen anderen Zessionar („nachfolgende Abtretungen") die Person, welche diese Abtretung vornimmt, der Zedent, und die Person, auf welche die Forderung übertragen wird, der Zessionar ist. 44 Senden beide - der Zedent und der Zessionar - dem Schuldner eine Anzeige (Art. 13 Abs. 1 ZessÜ), so entfällt m.E. die Möglichkeit nach Art. 17 Abs. 7 ZessÜ. 45 Vgl. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (339): „... the debtor ... who is in doubt as to whether an assignment took place or as to the details of the assignment may request ..."; derselbe, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (58): „... gives the debtor the right to request adequate proof of the assignment when notification is given by an as41

390

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

zweites Mal zahlen zu müssen, geschützt werden. Wie bereits erwähnt, setzt die Befreiung nach Art. 17 Abs. 2 voraus, dass die Abtretung wirksam ist. Besteht jedoch auf Grund des Inhalts der Abtretungsanzeige aus objektiver Sicht kein Zweifel an der Berechtigung des Zessionars, so entfällt die Grundlage für einen Nachweis, denn ein Nachweis würde keinen zusätzlichen Informationsgehalt für den Schuldner bedeuten. Zudem würde die Berechtigung des Schuldners, selbst bei zweifelsfreien Anzeigen einen Nachweis verlangen zu können, eine faktische Verpflichtung des Schuldners bedeuten, stets einen Nachweis zu verlangen, um nach Art. 17 Abs. 2 ZessÜ schuldbefreiend an den Zessionar leisten zu können. Eine Verpflichtung des Zessionars, der Anzeige einen Nachweis für die erfolgte Abtretung anzuheften, 4 6 sieht Art. 17 Abs. 7 ZessÜ ebenso wenig vor wie eine Verpflichtung des Schuldners, einen Nachweis zu verlangen. Eine entsprechende Pflicht des Schuldners ist abgelehnt worden, da dies die Kosten einer Anzeige für den Zessionar erhöhen und damit im Gegensatz zu einem wesentlichen Ziel des ZessÜ - die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern - stehen würde. 47 Bestehen jedoch begründete Zweifel daran, ob die Abtretung erfolgt ist, und zahlt der Schuldner auf Grund der Anzeige durch den Zessionar, ohne einen entsprechenden Nachweis zu verlangen, so trägt er das Risiko der zweifachen Zahlung. Die Berechtigung des Schuldners verfolgt gerade den Zweck, ihn vor einer nochmaligen Zahlung zu schützen. 48 Könnte er auch bei begründetem Zweifel ohne einen Nachweis mit schuldbefreiender Wirkung an den Zessionar leisten, würde die Vorschrift des Art. 17 Abs. 7 ZessÜ ins Leere laufen. 49 2.

Geeigneter

Nachweis

Nach Art. 17 Abs. 7 letzter Satz ZessÜ stellt ein vom Zedenten ausgestelltes Schriftstück 50 , aus dem sich ergibt, dass die Abtretung stattgefunden signee without the apparent authorisation of the assignor (Article 17 (7))."; derselbe, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (291 f.). 46 Ein diesbezüglicher Vorschlag ist von der Arbeitsgruppe verworfen worden, vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UNDoc. A/CN.9/447, Rn. 86. 47 Dies gilt insbesondere für den Fall einer Globalabtretung zukünftiger Forderungen jeweils über geringe Beiträge (z.B. Kreditkartenforderungen gegen Verbraucher). Vgl. zu den entsprechenden Überlegungen den Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 200. 48 Ebenso Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (58). 49 S. Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (311); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 153. 50 Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ bedeutet „Schriftstück" jede Form von Information, die in der Weise verfügbar ist, dass sie für eine spätere Bezugnahme verwendet werden kann. Vgl. 4. Teil, 3. Kapitel, II.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

391

hat, in jedem Fall einen geeigneten Nachweis für die Abtretung dar (so genannte „safe harbour rule"). Eine schriftliche Erklärung des Zedenten über die erfolgte Abtretung wird dafür ausreichend sein, eine Vorlage des Abtretungsvertrages ist m.E. nicht erforderlich. Ein geeigneter Nachweis i.S.d. Art. 17 Abs. 7 ZessÜ kann vom Zessionar jedoch auch auf eine andere Art erbracht werden. Der Nachweis ist innerhalb eines angemessenen Zeitraumes vorzulegen. Erbringt der Zessionar keinen geeigneten Nachweis innerhalb dieses Zeitraumes, so wird der Schuldner durch eine Zahlung gemäß Art. 17 ZessÜ 51 von seiner Verpflichtung befreit, wie wenn er die Anzeige vom Zessionar nicht erhalten hätte (Art. 17 Abs. 7 Satz 2 ZessÜ). Bei lediglich einer Abtretung vom ursprünglichen Zedenten A an den Zessionar B kann der Schuldner somit nach Art. 17 Abs. 1 ZessÜ durch Zahlung gemäß dem Grundvertrag schuldbefreiend leisten. Bei einer oder mehreren nachfolgenden Abtretungen ist grundsätzlich die Vorschrift des Art. 17 Abs. 5 ZessÜ 52 zu beachten. Tritt beispielsweise A seine Forderung an B und dieser sodann an C ab, weist C dem Schuldner sowohl die Abtretung von A als auch von B nach und tritt C in weiterer Folge die Forderung an D ab, der die Abtretung dem Schuldner zwar anzeigt, aber innerhalb angemessener Frist keinen geeigneten Nachweis für die erfolgte Abtretung von C an D erbringt, so kann der Schuldner nur an C schuldbefreiend leisten. Übersendet in diesem Fall lediglich D eine Anzeige über die Abtretung, legt jedoch auf Verlangen des Schuldners keinen geeigneten Nachweis für die Abtretung vom ursprünglichen Zedenten an den ursprünglichen Zessionar und jede zwischenzeitliche Abtretung vor, so wird der Schuldner wiederum durch eine Zahlung gemäß dem Grundvertrag (Art. 17 Abs. 1 ZessÜ) von seiner Verbindlichkeit befreit. Die Frage, ob ein anderer Nachweis als ein vom Zedenten ausgestelltes Schriftstück, aus dem sich ergibt, dass die Abtretung stattgefunden hat, einen geeigneten Nachweis darstellt, 53 ist ebenso wie die Frage, wie lange ein angemessener Zeitraum dauert, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände gesondert zu beurteilen. Diese Flexibilität ist als erforderlich erachtet worden, da keine Vorschrift allen Fällen gerecht werden könne. In Zweifelsfällen obliegt es daher den Gerichten und Schiedsge51 Bis zur letzten Sitzung der Arbeitsgruppe war in den Entwürfen vorgesehen, dass der Schuldner in Ermangelung eines entsprechenden Nachweises durch Zahlung an den Zedenten schuldbefreiend leisten könne. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 21, 28. Die verabschiedete Formulierung ist genauer, da der Zedent nicht zwangsläufig der Zahlungsempfänger ist. 52 Zu Art. 17 Abs. 5 ZessÜ vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, I.F.3. 53 Eine Kopie des „Abtretungsdokumentes" ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe als geeigneter Nachweis zu bewerten, nicht jedoch eine Eintragung der Abtretung in einem Register; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/434, Rn. 187 f.

392

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

richten, nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob ein geeigneter Nachweis vorlag bzw. der Zessionar diesen innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt hat. 54 Das Risiko einer Fehlbeurteilung des vom Zessionar vorgelegten Nachweises bzw. der Dauer der Vorlagefrist trägt nach Ansicht der Verfasser schlussendlich der Schuldner. 55 Verweigert der Schuldner - nach Ansicht des Gerichtes zu Unrecht - bei Fälligkeit die Zahlung mit der Behauptung, ein geeigneter Nachweis liege nicht vor, so muss er jedenfalls die Rechtsfolgen seines Zahlungsverzuges tragen. Zahlt hingegen in einem solchen Fall der Schuldner bei Fälligkeit in Übereinstimmung mit Art. 17 ZessÜ, wie wenn er die Anzeige nicht erhalten hätte, so muss er nochmals an den Zessionar zahlen, der den Nachweis vorgelegt hat. Das Risiko einer Fehlbeurteilung kann sich jedoch auch in umgekehrter Richtung stellen: Erachtet der Schuldner einen Nachweis als geeignet (und zahlt) und wird festgestellt, dass kein geeigneter Nachweis für die Abtretung vorlag, so trifft ihn nach Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 ZessÜ ebenfalls das Risiko einer zweifachen Zahlung. Der Grundsatz des Schuldnerschutzes wird durch diese Risikoverteilung, die aus einer historischen Interpretation folgt, „verwässert". 56 Dies wäre hinsichtlich einer Fehlbeurteilung des Nachweises zu verhindern gewesen, sofern lediglich (anstatt jedenfalls) ein vom Zedenten stammendes Schriftstück als geeigneter Nachweis beschlossen worden wäre. Gegen die Beschränkung eines geeigneten Nachweises auf ein vom Zedenten stammendes Schriftstück spricht allerdings, dass dadurch das Recht des Zessionars, unabhängig von einer Mitwirkung des Zedenten dem Schuldner die Abtretung mitteilen zu können (Art. 13 Abs. 1 ZessÜ), in einzelnen Fällen beeinträchtigt werden könnte. 57 Andererseits wird der Zessionar in der Regel über ein Exemplar des Abtretungsvertrages verfügen, das er dem Schuldner vorweisen kann. Allgemein aus Gründen der Rechtssicherheit und im Besonderen aus Gründen des Schuldnerschutzes wäre es sinnvoll gewesen, Fälle aufzuzählen, in denen von einem geeigneten Nachweis auszugehen ist. 58 3.

Fälligkeit des

Zahlungsanspruchs

Verlangt der Schuldner einen Nachweis und wird dieser nicht innerhalb einer angemessenen Frist vom Zessionar erbracht, so kann der Schuldner 54

So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 13. Ausdrücklich i.d.S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 198 und Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 22. 56 S. auch die Kritik von Lukas, ÖBA 2001, 453 (459). 57 Ebenso Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 22. 58 Ähnlich Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 152. 55

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

393

im Fälligkeitszeitpunkt 59 durch Zahlung gemäß Art. 17 ZessÜ schuldbefreiend leisten, wie wenn er die Anzeige über die Abtretung vom Zessionar nicht erhalten hätte. Offen bleibt nach dieser Regelung jedoch die rechtliche Situation des Schuldners in jenen Fällen, in welchen die Forderung während der angemessenen Frist für die Vorlage des geeigneten Nachweises fällig wird. Grundsätzlich sind mehrere Möglichkeiten denkbar: Bei Fälligkeit der Forderung kann der Schuldner entsprechend dem Grundvertrag befreiend leisten, der Schuldner begeht durch die Nichtbezahlung bei Fälligkeit eine Vertragsverletzung oder der Schuldner ist erst nach dem Ablauf einer angemessenen Frist zur Zahlung verpflichtet. Das Problem ist während der Verhandlungen zwar erkannt und erörtert worden, eine ausdrückliche Regelung desselben in Art. 17 Abs. 7 ZessÜ ist jedoch bewusst unterblieben. Der Vorschlag festzulegen, dass entweder die Verpflichtung des Schuldners ruht 60 oder der Schuldner bei Fälligkeit der Forderung berechtigt sei, die Zahlung an den Zedenten zu leisten, 61 hat in der Arbeitsgruppe trotz des Hinweises, dass jede Unsicherheit bezüglich dieser Frage die Nützlichkeit des Art. 17 Abs. 7 ZessÜ reduzieren könnte, 62 keine Mehrheit gefunden. Eine ausdrückliche Bestimmung, nach welcher die Zahlungsverpflichtung in derartigen Situationen bis zum Ablauf der Frist ruht, ist mit der Begründung abgelehnt worden, dass dies „missbräuchliche Praktiken" fördern würde und ein Widerspruch mit den nationalen Bestimmungen über Verzugszinsen vermieden werden sollte. 63 Darüber hinaus ergibt sich nach der Ansicht der Verfasser dieses Ergebnis bereits stillschweigend aus Art. 17 Abs. 7 ZessÜ, da anderenfalls der durch Art. 17 Abs. 7 ZessÜ beabsichtigte Schutz des Schuldners ins Leere laufen würde. 64 Damit wird aber m.E. das zuvor angeführte Argument (keine Förderung missbräuchlicher Praktiken) obsolet. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, wäre ein ausdrückliches Festhalten dieses Verständnisses - Ruhen der Zahlungsverpflichtung bis zum Ablauf der angemessenen Frist - wünschenswert gewesen, denn auch eine andere Lösung ist m.E. in dieser Frage vertretbar: Einerseits stellt die Bestimmung des Art. 17 ZessÜ neben Art. 15 ZessÜ die zentrale Schuldnerschutzbestimmung des ZessÜ dar, andererseits kann der Zessionar durch 59 Wie bereits einleitend erwähnt, hat Art. 17 ZessÜ keinen Einfluss auf die Fälligkeit der Forderung. Der Fälligkeitszeitpunkt ergibt sich aus dem Grundvertrag bzw. aus dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht. 60 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc, A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 48. 61 S. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 19 Rn. 2. 62 So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 48. 63 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/456, Rn. 189 und Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 126 ff. 64 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 14 und Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 21.

394

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

den Inhalt der Abtretungsanzeige Zweifel an seiner Berechtigung zur Einziehung der Forderung vermeiden. Zudem hat der Zessionar in seiner Stellung als neuer Forderungsinhaber Kenntnis über die Fälligkeit der Forderung. Von dieser Sachlage ausgehend, ist dem Grundsatz des Schuldnerschutzes 65 m.E. ein höherer Stellenwert einzuräumen als dem Interesse des Zessionars, so dass der Schuldner bei Fälligkeit seiner Zahlungsverpflichtung und bei fehlendem Nachweis so zu stellen ist wie in jenen Fällen, in denen der Zessionar den Nachweis innerhalb der Frist nicht erbringt. D.h. der Schuldner wird von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn er in Übereinstimmung mit Art. 17 ZessÜ Zahlung leistet, wie wenn er die Anzeige des Zessionars nicht erhalten hätte. Die Folgen des Unterlassens einer klaren Regelung in dieser Frage werden jedoch dadurch „gemildert", dass der Schuldner in solchen Fällen nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht in der Regel die Möglichkeit hat, den geschuldeten Geldbetrag zu hinterlegen und sich dadurch gemäß Art. 17 Abs. 8 ZessÜ von seiner Verpflichtung zu befreien.

F. Spezielle Regeln Die Schuldbefreiungsmöglichkeit nach Art. 17 Abs. 2 ZessÜ gilt vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8. Empfängt der Schuldner mehrere Zahlungsanweisungen, mehrere Abtretungsanzeigen über eine Mehrfachabtretung derselben Forderung oder mehrere Anzeigen über nachfolgende Abtretungen, so enthalten die Absätze 3 bis 5 des Art. 17 ZessÜ spezielle Vorschriften, aus welchen sich ergibt, wann der Leistung des Schuldners eine befreiende Wirkung zukommt. Art. 17 Abs. 6 ZessÜ regelt die befreiende Leistung durch den Schuldner im Fall der Abtretung eines Teiles oder eines ungeteilten Rechts an einer oder mehreren Forderungen. Zum Teil bestimmt damit das ZessÜ ausdrücklich, was sich bereits aus systematischer Interpretation ergibt; aus Gründen der Rechtssicherheit ist dies jedoch nicht zu beanstanden. 66 Im Folgenden werden die einzelnen Fallkonstellationen erörtert.

65

Dem Schuldner obliegt es, gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben, bei Zweifeln über die Berechtigung des Zessionars sogleich nach dem Zugang der Anzeige die Vorlage eines geeigneten Nachweises zu verlangen und nicht erst knapp vor Eintritt der Fälligkeit. 66 Kritisch jedoch H. Schmidt, IPRax 2005, 93 (100): „... hält das Übereinkommen in Art. 17 Abs. 3 bis 7 ein zwar in sich folgerichtiges, aber eher unübersichtliches Regelwerk bereit."

3. Kapitel: Zahlung durch den

1.

Mehrere

Schuldner

395

Zahlungsanweisungen

Art. 17 Abs. 3 ZessÜ erfasst jene Fälle, in welchen der Schuldner mehr als eine Zahlungsanweisung empfängt, die sich auf eine einzelne wirksame Abtretung 67 derselben Forderung durch denselben Zedenten bezieht. 68 Sowohl aus Art. 13 Abs. 1 ZessÜ als auch aus Art. 17 Abs. 3 ZessÜ folgt, 69 dass der Zessionar nicht an seine erste Zahlungsanweisung gebunden ist, sondern grundsätzlich berechtigt ist, mehrere Zahlungsanweisungen an den Schuldner zu übersenden. 70 Diese können inhaltlich voneinander abweichen oder sich ergänzen, sofern eine nachfolgende Zahlungsanweisung zusätzliche Angaben enthält. In dem von Art. 17 Abs. 3 ZessÜ geregelten Fall wird der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn er seine Zahlung in Übereinstimmung mit der letzten Zahlungsanweisung leistet, die er vom Zessionar erhalten hat.71 Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung der letzten Zahlungsanweisung ist m.E. der Zeitpunkt der Fälligkeit 72 der Forderung. 73 2.

Mehrere

Abtretungsanzeigen

Gehen dem Schuldner Anzeigen über mehrere Abtretungen derselben Forderung durch denselben Zedenten zu, so wird er von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn er in Übereinstimmung mit der ersten Anzeige leistet (Art. 17 Abs. 4 ZessÜ). Welche Anzeige die erste ist, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt des Zuganges der einzelnen Anzeigen (vgl. Art. 16 Abs. 1 67 Wie bereits erwähnt, werden unwirksame Abtretungen nicht von Art. 17 ZessÜ erfasst. S. f ü r Art. 17 Abs. 3 ZessÜ auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 149 Fn 516: „Hierbei wird vorausgesetzt, dass der Anweisende tatsächlich neuer Forderungsinhaber ist." 68 Wie bereits erwähnt, kann die erste Zahlungsanweisung mit der Abtretungsanzeige, die der Zedent oder der Zessionar oder beide senden können, verbunden werden. Nach dem Absenden einer Abtretungsanzeige kann, mangels abweichender Vereinbarung, nur noch der Zessionar eine Zahlungsanweisung an den Schuldner senden (vgl. Art. 13 Abs. 1 ZessÜ). 69 Weder Art. 13 Abs. 1 ZessÜ („... only the assignee may send such an Instruction.") noch Art. 17 Abs. 3 ZessÜ („... more than one payment instruction ...") enthalten eine zahlenmäßige Beschränkung der Anweisungen. 70 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 10. 71 Beispiel: A tritt seine Forderung an B ab, teilt dem Schuldner die Abtretung schriftlich mit und weist ihn an, Zahlung an B zu leisten; später weist B den Schuldner an, den Betrag an C zu überweisen. Gemäß Art. 17 Abs. 3 ZessÜ kann der Schuldner nur an C schuldbefreiend leisten. 72 Wie bereits erwähnt, folgt der Zeitpunkt der Fälligkeit aus dem Grundvertrag bzw. aus dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht. 73 M.E. leicht missverständlich Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (281); nach seiner Ansicht kann der Zessionar die Zahlungsanweisung bis zur Zahlung des Schuldners ändern.

396

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

ZessÜ). Die zeitliche Reihenfolge der Abtretungen ist hingegen unerheblich. 74 Art. 17 Abs. 4 ZessÜ setzt voraus, dass der Zedent mehrfach über dieselbe Forderung oder denselben Forderungsanteil verfügt, d.h. diese bzw. diesen an mehrere Zessionare abtritt. Eine Mehrfachabtretung liegt daher nicht vor, wenn der Zedent jeweils unterschiedliche Teile einer Forderung an mehrere Personen abtritt oder eine Forderung an mehrere Personen zu Sicherungszwecken abtritt, wobei diese Abtretungen in Summe die Höhe der Forderung nicht übersteigen. 75 Im Zusammenhang mit der Mehrfachabtretung ist nochmals hervorzuheben, dass nach dem ZessÜ einerseits Fragen des Schuldnerschutzes getrennt von Prioritätsfragen zu beurteilen sind und andererseits die Kenntnis des Schuldners kein Kriterium für die schuldbefreiende Wirkung seiner Leistung ist (entscheidend ist die Abtretungsanzeige). Leistet der Schuldner seine Zahlung in Übereinstimmung mit der ersten Abtretungsanzeige, so wird er selbst dann von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn dem Recht des Zahlungsempfängers an der abgetretenen Forderung kein Vorrang gegenüber dem Recht konkurrierender Anspruchsberechtigter zukommt. 76 Aus dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 4 i.V.m. Art. 2 lit. b ZessÜ folgt, dass Art. 17 Abs. 4 ZessÜ nicht nur bei einer Mehrfachabtretung durch den Vertragspartner des Schuldners, den ursprünglichen Zedenten, anzuwenden ist, sondern ebenso bei einer mehrfachen Forderungsabtretung durch einen nachfolgenden Zessionar (= Zedent der konkreten Abtretung) im Fall einer nachfolgenden Abtretung. Art. 17 Abs. 4 ZessÜ ist jedoch nur anzuwenden, wenn es für den Schuldner auf Grund des Inhalts der einzelnen Abtretungsanzeigen erkennbar ist, dass es sich um eine mehrfache Abtretung derselben Forderung durch denselben Zedenten und nicht um eine (oder mehrere) nachfolgende Abtretung(en) einer Forderung handelt. 77 Die Schuldbefreiungsmöglichkeit im Fall der Mehrfachabtretung einer Forderung ist nach dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 4 ZessÜ unabhängig davon, von wem der Schuldner die entsprechenden Anzeigen erhält. Die Anzeigen können sowohl vom Zedenten als auch vom Zessionar der jeweiligen Abtretung gesendet werden. M.E. ist Art. 17 Abs. 4 ZessÜ im Verhältnis zu Art. 17 Abs. 7 ZessÜ lex specialis.

74 Beispiel: Tritt A dieselbe Forderung zunächst an B und sodann an C ab; erhält der Schuldner zunächst eine Anzeige über die Forderungsabtretung an C, so ist der Schuldner gemäß Art. 17 Abs. 4 ZessÜ von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn er entsprechend dieser Anzeige leistet. 75 Vgl. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 11. 76 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 44; Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (339): „... while third parties can argue about the distribution of the proceeds of payment among themselves ...". 77 Solche Fälle sind nach Art. 17 Abs. 5 ZessÜ zu beurteilen.

3. Kapitel: Zahlung durch den

3.

Anzeigen über nachfolgende

Schuldner

397

Abtretungen

Art. 17 Abs. 5 ZessÜ enthält eine Sonderregelung für nachfolgende Abtretungen (Kettenabtretungen), bei welchen üblicherweise nur die letzte Abtretung in der Kette dem Schuldner angezeigt und Zahlung an den Zessionar der letzten Abtretung gefordert wird. 78 Empfängt jedoch der Schuldner Anzeigen von einer oder mehreren nachfolgenden Abtretungen, so ist der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn er in Übereinstimmung mit der Anzeige der letzten 79 nachfolgenden Abtretung Zahlung leistet (Art. 17 Abs. 5 ZessÜ). Ebenso wenig wie Art. 17 Abs. 4 ZessÜ für die Mehrfachabtretung, stellt Art. 17 Abs. 5 ZessÜ für die Kettenabtretung darauf ab, von wem der Schuldner die Anzeigen von einer oder mehreren nachfolgenden Abtretungen empfängt. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung der letzten Abtretungsanzeige ist m.E. - ebenso wie nach Art. 17 Abs. 3 ZessÜ für die Zahlungsanweisung - der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung. 8 0 Geht ihm die letzte Anzeige vom Zessionar zu, ist m.E. Art. 17 Abs. 7 ZessÜ zu beachten. Eine Befreiung gemäß Art. 17 Abs. 5 ZessÜ kommt nur in Betracht, wenn dem Schuldner aus den einzelnen Abtretungsanzeigen erkennbar ist, dass es sich um nachfolgende Abtretungen handelt, und nicht um eine mehrfache Abtretung derselben Forderung durch denselben Zedenten. In solchen Fällen ist, wie bereits erörtert, die Bestimmung des Art. 17 Abs. 4 ZessÜ anzuwenden. 81 Empfängt jedoch der Schuldner mehrere Abtretungsanzeigen, welche sich auf mehr als eine Abtretung derselben Forderung durch denselben Zedenten (Mehrfachzession) und auf nachfolgende Abtretungen (Kettenabtretung) beziehen, so wird der Schuldner durch eine Zahlung in Übereinstimmung mit der ersten Anzeige über die letzte Abtretung von seiner Verpflichtung befreit (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 5 ZessÜ). 82 78 Nach Art. 16 Abs. 3 ZessÜ stellt die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung eine Anzeige aller früheren Abtretungen dar. Art. 16 Abs. 3 ZessÜ schließt nicht aus, dass der ursprüngliche Zedent dem Schuldner eine nachfolgende Abtretung anzeigt, wie dies im internationalen Factoring üblich ist. 79 Dabei kann es sich um die erste, der ursprünglichen Abtretung nachfolgende Abtretung, wie im Zwei-Factor-System üblich, oder um die zweite oder dritte nachfolgende Abtretung handeln. Art. 17 Abs. 5 ZessÜ führt beide Fälle ausdrücklich an: „... notification of one or more subsequent assignments ...". 80 Wie bereits erwähnt, folgt der Zeitpunkt der Fälligkeit aus dem Grundvertrag bzw. aus dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht. 81 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.i, Rn. 12. 82 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 138. Beispiel: A tritt seine Forderung an B ab, B an C. B zeigt dem Schuldner die Abtretung an C (unter Nachweis der Kette) an. C tritt die Forderung an D ab und D benachrichtigt den Schuldner über die Abtretung. C tritt die Forderung nochmals an E ab und verständigt den Schuldner über

398 4.

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Teilabtretung oder Abtretung eines ungeteilten

Rechts

Das ZessÜ enthält mit der Vorschrift des Art. 17 Abs. 6 ZessÜ eine Sonderbestimmung über die befreiende Leistung des Schuldners bei Abtretungen von Teilforderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen. 83 Bei Teilabtretungen besteht die Besonderheit für den Schuldner darin, dass er nicht an einen Zessionar den gesamten Forderungsbetrag leisten kann, sondern Teilbeträge an mehrere Teilzessionare zu leisten hat, weshalb ihm allein durch die Mehrzahl der Zahlungsvorgänge im Vergleich zu einer Einmalzahlung zusätzliche Kosten entstehen können. 84 Zweck des Art. 17 Abs. 6 ZessÜ ist es, bei Teilabtretungen und Abtretungen von ungeteilten Rechten an Forderungen dem Grundsatz des Schuldnerschutzes in besonderer Weise zu entsprechen. Geht dem Schuldner eine Anzeige über die Abtretung eines Teiles oder eines ungeteilten Rechts an einer oder mehreren Forderungen zu, so räumt Art. 17 Abs. 6 ZessÜ dem Schuldner eine Wahlmöglichkeit ein: Er kann die Zahlung in Übereinstimmung mit der zugegangenen Anzeige oder im Einklang mit Art. 17 ZessÜ, wie wenn er die Anzeige nicht erhalten hätte, leisten. Mit dieser Wahlmöglichkeit soll der Schuldner in ausreichender, aber flexibler Weise geschützt werden, ohne zwingend festzulegen, wie sich der Schuldner, der Zedent und der Zessionar bei derartigen Forderungsabtretungen zu verhalten hätten. 85 Die Entscheidung des Schuldners, eine derartige Abtretungsanzeige als nicht zugegangen zu betrachten, beeinflusst lediglich seine Möglichkeit, schuldbefreiend zu leisten. Andere Rechtsfolgen, die mit dem Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner verbunden sind, insbesondere die Beschränkung des Aufrechnungsrechts des Schuldners nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ oder die Möglichkeit, den Grundvertrag zu ändern (Art. 20 ZessÜ), bleiben von Art. 17 Abs. 6 ZessÜ unberührt. 86 die Abtretung an E. Die Forderung wird zur Zahlung fällig. Nach Art. 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 ZessÜ kann sich der Schuldner durch eine Leistung an D (erste Anzeige über die letzte Abtretung) von seiner Verbindlichkeit befreien. 83 Die Besonderheiten derartiger Abtretungen im Zusammenhang mit der Zahlung des Schuldners sind erst gegen Ende der Ausarbeitung des Übereinkommens diskutiert worden. Während der UNCITRAL-Sitzung im Sommer 2000 ist dieser Problembereich zwar angeschnitten und eine Regelung in Art. 15 ZessÜ („Grundsätze des Schuldnerschutzes") angeregt, aus Zeitgründen jedoch nicht erörtert worden. S. Bericht über die 33. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/55/17, Rn. 173, 180, 185. 84 Art. 17 Abs. 6 ZessÜ erfasst jedoch nicht jene Fälle, in denen der Schuldner gemäß dem Grundvertrag zu Teilzahlungen an einen Zessionar verpflichtet bzw. berechtigt ist. 85 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 19 und Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 20. 86 Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 6 ZessÜ, sondern ergibt sich auch aus der Einordnung dieser Bestimmung in Art. 17 ZessÜ („Die befreiende Leistung

3. Kapitel: Zahlung durch den Schuldner

399

Leistet der Schuldner seine Zahlung in Übereinstimmung mit der empfangenen Anzeige, so hält Art. 17 Abs. 6 letzter Satz ZessÜ ausdrücklich fest, dass der Schuldner nur in Bezug auf den bezahlten Teil oder das bezahlte ungeteilte Recht von seiner Verbindlichkeit befreit wird. Dem Schuldner steht die Wahlmöglichkeit gemäß Art. 17 Abs. 6 ZessÜ unabhängig davon zu, ob er die Abtretungsanzeige vom Zedenten oder vom Zessionar empfängt. Geht dem Schuldner eine Anzeige über die Abtretung eines Teiles oder eines ungeteilten Rechts an einer oder mehreren Forderungen vom Zessionar zu, so ist das Verhältnis von Art. 17 Abs. 6 zu Abs. 7 ZessÜ zu überprüfen. M.E. hat der Schuldner in solchen Fällen die Wahl, ob er von seinem Recht, einen geeigneten Nachweis nach Art. 17 Abs. 7 ZessÜ zu verlangen, Gebrauch macht oder ob er - unter Berufung auf Art. 17 Abs. 6 ZessÜ - die Anzeige als nicht zugegangen behandelt und in Übereinstimmung mit Art. 17 ZessÜ seine Zahlung leistet. Gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben ist der Schuldner an die von ihm getroffene Wahl (Art. 17 Abs. 6 oder Abs. 7 ZessÜ) gebunden. 87 Fordert der Schuldner einen geeigneten Nachweis über die erfolgte Teilabtretung, den der Zessionar erbringt, so kann er m.E. nicht unter Berufung auf Art. 17 Abs. 6 ZessÜ die Abtretungsanzeige als nicht zugegangen betrachten. Legt der Zessionar den geeigneten Nachweis innerhalb angemessener Frist nicht vor, so kann der Schuldner in Übereinstimmung mit Art. 17 ZessÜ die Zahlung leisten, wie wenn er die Anzeige nicht erhalten hätte. Insoweit besteht kein Unterschied zu Art. 17 Abs. 6 ZessÜ.

G. Sonstige Befreiungsgründe Die Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ verfolgen nicht den Zweck, sonstige Schuldbefreiungsgründe, die nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht bestehen, auszuschließen. Vielmehr stellen diese Bestimmungen eine so genannte „safe-harbour-rule" dar. Um dem Schuldner eine Berufung auf die nach dem nationalen Recht bestehenden Schuldbefreiungsgründe zu ermöglichen, lässt Art. 17 Abs. 8 ZessÜ sonstige Gründe unberührt, nach denen der Schuldner durch Zahlung an die berechtigte Person, an eine zuständige gerichtliche oder andere Behörde oder an eine öffentliche Hinterlegungsstelle von seiner Verpflichtung befreit wird. Die durch den Schuldner") und nicht in Art. 15 ZessÜ („Grundsatz des Schuldnerschutzes") oder Art. 16 ZessÜ („Anzeige der Abtretung an den Schuldner"). Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 19; Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (378 Fn 59). 87 Durch diese Auslegung des Art. 17 Abs. 6 und 7 ZessÜ wird auch die Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel gefördert (vgl. Art. 7 Abs. 1 ZessÜ).

400

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

„sonstigen Gründe" können sich m.E. sowohl aus dem ZessÜ (z.B. Schuldner leistet an den berechtigten Zessionar, bevor er eine Anzeige erhält, oder es geht ihm eine Anzeige zu, 88 die den Voraussetzungen des Art. 16 ZessÜ nicht entspricht) als auch aus dem nationalen Recht (gerichtliche Hinterlegung bei der zuständigen Stelle möglich 89 ) ergeben. 90 Die Bestimmung des für die „sonstigen Gründe" maßgebenden nationalen Rechts ist bewusst unterblieben. 91 Bei der Vorschrift des Art. 17 Abs. 8 ZessÜ handelt es sich nach der Ansicht der Verfasser um die wichtigste Bestimmung innerhalb der Vorschrift über die befreiende Leistung des Schuldners. 92 Als Vorbild hat (zunächst) Art. 8 Abs. 2 FactÜ gedient. 93 Nach dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 8 ZessÜ kann sich der Schuldner durch Zahlung an die „berechtigte Person" 94 von seiner Verbindlichkeit befreien. Eine Konkretisierung der Berechtigung nimmt Art. 17 Abs. 8 ZessÜ nicht vor. Davon ausgehend, dass dem Art. 17 ZessÜ insgesamt der Grundsatz des Schuldnerschutzes zugrunde liegt, folgt m.E., dass sich auch die Berechtigung der Person sowohl aus dem ZessÜ als auch aus dem jeweils anwendbaren nationalen Recht ergeben kann. In vielen Fällen wird dies zu derselben Person führen, nicht jedoch stets. Zu einem Auseinanderfallen der „berechtigten Person" i.S.d. Art. 17 Abs. 8 ZessÜ nach dem ZessÜ und nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht kann es insbesondere in jenen Fällen kommen, in denen die Forderungsabtretung nach dem nationalen Recht nicht wirksam ist, da dieses die Abtretung zukünftiger Forderungen als nicht zulässig erachtet oder einem vereinbarten Abtretungsverbot eine von Art. 9 Abs. 1 ZessÜ abweichende Wirkung beimisst. 95 In solchen Fällen kommt der Zahlung des Schuldners an den Ze88

S. Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrecht im internationalen Rechtsverkehr 663 (Fn 252). 89 Beispiel: Der Schuldner verlangt vom Zessionar einen geeigneten Nachweis gemäß Art. 17 Abs. 7 ZessÜ, während der angemessenen Frist wird die Leistung des Schuldners fällig. Der Schuldner hinterlegt den Betrag bei einer zuständigen Stelle. Nach dem im konkreten Fall anwendbaren nationalen Recht kommt seiner Hinterlegung schuldbefreiende Wirkung zu. Das Gleiche gilt, wenn nach dem nationalen Recht eine Hinterlegung mit schuldbefreiender Wirkung für jene Fälle in Betracht kommt, in denen der Schuldner Anzeigen von mehr als einer Abtretung derselben Forderung durch denselben Zedenten erhält. 90 S. auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 154. 91 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 191. Nach Art. 29 ZessÜ ist die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner nach dem Recht zu beurteilen, dem der Grundvertrag unterliegt. 92 So ausdrücklich Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 190. 93 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/434, Rn. 191. 94 „... person entitled to payment...". 95 Ebenso Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 19 Rn. 3.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

401

denten, obwohl er eine Abtretungsanzeige vom Zessionar erhalten hat, schuldbefreiende Wirkung zu, da der Zedent nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht eine berechtigte Person i.S.d. Art. 17 Abs. 8 ZessÜ ist. Die Arbeitsgruppe hat eine Einschränkung der nach Art. 17 Abs. 8 ZessÜ berechtigten Person auf den berechtigten Zessionar abgelehnt, weil dies den Schuldnerschutz beschränken würde. Aus Gründen des Schuldnerschutzes ist auch der Vorschlag verworfen worden, die schuldbefreiende Wirkung einer Hinterlegung bei Gericht oder einer anderen öffentlichen Hinterlegungsstelle auf jene Fälle zu beschränken, in welchen der Schuldner mehrere Abtretungsanzeigen erhält. 96 Aus den einschlägigen Materialien und dem Wortlaut der Vorschrift folgt somit, dass auch der Zedent eine „berechtigte Person" i.S.d. Art. 17 Abs. 8 sein kann. 97 Diese Entscheidung der Arbeitsgruppe ist zu kritisieren. Sie steht zwar im vollkommenen Einklang mit dem Grundsatz des Schuldnerschutzes, da der Schuldner selbst nach dem Zugang der Abtretungsanzeige uneingeschränkt auf die lediglich nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht bestehenden Schuldbefreiungsmöglichkeiten „zurückgreifen" kann, beeinträchtigt jedoch die rechtlichen Interessen des Zessionars und ist insgesamt für die Rechtssicherheit nicht förderlich. Unterliegt eine Forderungsabtretung dem Anwendungsbereich des ZessÜ, so hat ein Zessionar nicht nur die Schuldbefreiungsmöglichkeiten nach Art. 17 ZessÜ im Auge zu behalten, sondern stets auch zu prüfen, ob nach dem jeweils subsidiär anwendbaren unvereinheitlichten nationalen Recht eine andere Person als berechtigter Forderungsinhaber in Betracht kommt. Dies erhöht das Risiko und die Kosten des Zessionars 98 und hat damit wiederum Einfluss auf die Höhe und die Kosten des an den Zedenten gewährten Kredites. Die Förderung der Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen ist jedoch eines der wesentlichen Ziele des Übereinkommens. Zudem höhlt Art. 17 Abs. 8 ZessÜ partiell die erzielte Einigkeit über die Zulässigkeit der Abtretung zukünftiger Forderungen und die Wirkungen rechtsgeschäftlicher Abtretungsbeschränkungen aus, da die nationalen Regelungen dieser Sachfragen über das „Einfallstor" des Art. 17 Abs. 8 ZessÜ für die Beurteilung der befreienden Leistung des Schuldners wieder Bedeutung erlangen. Tritt der Zedent abredewidrig eine Forderung ab, so ist diese Forderungsabtretung gemäß Art. 9 Abs. 1 ZessÜ auch gegenüber 96 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 19 Rn. 5 sowie Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 129 f. 97 S. Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (57): „It allows the debtor to discharge its debt by paying the right person even under law outside Convention ..."; Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (744 Fn 95). 98 Dies gilt insbesondere für eine Globalabtretung zukünftiger Forderungen, die dem Zedenten gegenüber mehreren Schuldnern zustehen werden, die in unterschiedlichen Staaten ihre jeweilige Niederlassung haben.

402

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

dem Schuldner wirksam. Ist nach dem subsidiär anwendbaren unvereinheitlichten nationalen Recht weiterhin der Zedent der berechtigte Forderungsinhaber, da nach dem nationalen Recht eine vereinbarungswidrige Abtretung nicht wirksam ist, so kann der Schuldner selbst nach dem Zugang der Abtretungsanzeige wählen, ob er seine Zahlung an den Zessionar (Art. 17 Abs. 2 ZessÜ) oder an den Zedenten (Art. 17 Abs. 8 ZessÜ i.V.m. dem nationalen Recht) erbringen will. Stets kommt seiner Zahlung schuldbefreiende Wirkung zu. Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Die durch Art. 17 ZessÜ angestrebte Rechtsvereinheitlichung bezüglich der befreienden Leistung des Schuldners wäre weitgehender, sofern lediglich jene „sonstigen Gründe" des unvereinheitlichten nationalen Rechts unberührt blieben, nach denen der Schuldner durch Zahlung an den Zessionar von seiner Verbindlichkeit befreit wäre. Auf Grund der verabschiedeten Fassung des Art. 17 Abs. 8 ZessÜ ist jedoch für die befreiende Zahlung des Schuldners das jeweils subsidiär anwendbare nationale Recht als gleichrangig mit den Befreiungsmöglichkeiten nach Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ zu beachten."

II. Die Regelung nach dem FactÜ A. Einleitung Art. 8 FactÜ ist die erste von insgesamt drei Bestimmungen (Art. 8, 9 und 10 FactÜ), deren Regelungsgegenstand das Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Factor betrifft. Art. 8 FactÜ legt fest, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner zur Zahlung an den Factor verpflichtet ist (Abs. I) 100 und wann seiner Zahlung schuldbefreiende Wirkung zukommt (Abs. 2). Nach Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 FactÜ ist der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er an den Factor leistet, nachdem ihm eine schriftliche Abtretungsanzeige zugegangen ist und er keine Kenntnis vom vorrangigen Recht eines anderen hat. 101 Der Abtretungsanzeige

99

S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 15. Die Formulierung „The debtor is under a duty to pay the factor if notice of the assignment: ...", sollte die Verpflichtung des Factors eine dem Art. 8 FactÜ entsprechende Abtretungsanzeige zu erteilen, klar zum Ausdruck bringen. S. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 19, Rn. 4 und Article 6. 101 Daraus folgt jedoch nicht, dass einer Zahlung des Schuldners an den Factor unter anderen Voraussetzungen generell keine befreiende Wirkung zukommt. Vgl. dazu 5. Teil, 3. Kapitel, II.D. 100

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

403

kommt somit als eine von zwei Voraussetzungen entscheidende Bedeutung zu. Für Forderungsabtretungen, die in den Anwendungsbereich des FactÜ fallen, regelt Art. 8 Abs. 1 FactÜ den Anspruch des Factors gegenüber dem Schuldner abschließend, 102 so dass für den Zahlungsanspruch ein Rückgriff auf das nach dem IPR maßgebliche, unvereinheitlichte nationale Recht ausgeschlossen ist.

B. Zahlungsverpflichtung des Schuldners 1.

Voraussetzungen

nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ

Eine Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung an den Factor besteht gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ unter zwei Voraussetzungen, 103 die kumulativ vorliegen müssen: Erstens, der Schuldner hat keine Kenntnis vom vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung, und zweitens, der Schuldner hat nach Abschluss des Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrages (Art. 1 Abs. 3 FactÜ) vom Factor eine schriftliche Abtretungsanzeige erhalten, in welcher die Forderung und der Factor hinreichend genau bezeichnet werden. Für das Schriftformerfordernis der Abtretungsanzeige ist Art. 1 Abs. 4 FactÜ maßgebend, der für die Zwecke des FactÜ eine abschließende Definition des Begriffes „schriftliche Anzeige" enthält. Liegen die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 FactÜ nicht vor, so bedeutet dies aus der Sicht des Factors, dass er seinen aus der Forderungsabtretung resultierenden Anspruch auf Zahlung gegenüber dem Schuldner nicht durchsetzen kann. Der Umkehrschluss aus Art. 8 FactÜ, dass der Schuldner in diesen Fällen jedenfalls an den Lieferanten schuldbefreiend leisten kann, 104 ist m.E. nicht zwingend, da sich die Vorschrift des Art. 8 FactÜ lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Factor und dem Schuldner bezieht, nicht jedoch auf das Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner. Beispielsweise könnten dritte Personen ein dem Zahlungsanspruch des Lieferanten vorgehendes Befriedigungsrecht 1 0 5 an der Forderung erlangt haben. Ob bei NichtVorliegen der Voraussetzungen nach Art. 8 FactÜ einer Zahlung des Schuldners an den Lieferanten 102

So ausdrücklich UNIDROIT1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 17. Vgl. die klare englische Textfassung: „The debtor is under a duty to pay the factor if, and only if, ...". Diese Wendung ist aus Gründen der Rechtssicherheit während der letzten Sitzung der Regierungssachverständigen in die Vorschrift aufgenommen worden; s. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 17. 104 So jedoch von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 48. 105 Prioritätsfragen regelt das FactÜ, wie bereits erwähnt, nicht. Vgl. die Kritik von Philbrick, Com. L.J. 1994, 141 (156). 103

404

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

schuldbefreiende Wirkung zukommt, stellt m.E. einen vom FactÜ nicht geregelten Gegenstand dar und ist daher nach dem für die Forderung jeweils maßgebenden nationalen Recht zu beurteilen. 106 Liegen hingegen die von Art. 8 Abs. 1 FactÜ geforderten Voraussetzungen vor, so kommt der Zahlung des Schuldners unabhängig davon schuldbefreiende Wirkung zu, ob das subsidiär anwendbare nationale Recht geringere oder strengere Voraussetzungen an die Zahlungsverpflichtung des Schuldners gegenüber dem Factor als Zessionar stellt. 107 Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, nach welchem das Einheitsrecht in seinem Anwendungs- und Regelungsbereich dem unvereinheitlichten nationalen Recht vorgeht. Umgekehrt besteht keine Zahlungsverpflichtung des Schuldners gegenüber dem Factor, wenn nur eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist. Hat daher der Schuldner zwar noch keine Abtretungsanzeige i.S.d. Art. 8 Abs. 1 FactÜ erhalten, hat er jedoch aus anderen Gründen Kenntnis von der Abtretung der Forderung an den Factor erlangt, so ist er nach dem FactÜ nicht verpflichtet, an den Factor zu zahlen. 108 Das FactÜ setzt das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung des Schuldners aus dem Grundvertrag voraus. Art. 8 Abs. 1 FactÜ regelt lediglich die Voraussetzungen für die Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem Factor, nicht jedoch die Art und Weise der Zahlung oder die Frage der Fälligkeit der Forderung. 109 Dafür sind die vertraglichen Bestimmungen zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten oder subsidiär das auf den Grundvertrag jeweils anwendbare nationale Recht maßgeblich. 2.

Kenntnis des Schuldners vom vorrangigen Recht eines anderen

Der Schuldner ist nach dem FactÜ nur dann verpflichtet, an den Factor zu zahlen, wenn er keine Kenntnis von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung hat. Hat der Schuldner Kenntnis von Verfügungen über die Forderung (z.B. die Forderung ist erneut abgetreten worden) oder von Vollstreckungsakten in die Forderung 110 , so soll mit dieser Voraussetzung verhindert werden, dass der Schuldner wider besseres Wissen an den Fac-

106 Ebenso für den Fall, dass keine Abtretungsanzeige erfolgt Girsberger, Am. J. Comp. L. 1992, 467 (492 f.). 107 S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 39 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 98 Rn. 39 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 39. 108 Zu den Schuldbefreiungsmöglichkeiten, wenn der Schuldner trotz fehlender Abtretungsanzeige an den Factor leistet, s. 5. Teil, 3. Kapitel, II.D. 109 Ebenso Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 32. 110 Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (612).

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

405

tor zahlt. 111 Diese Vorschrift entspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben. 112 Mit dem „vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung" 113 ist jedenfalls das Recht dritter Personen gemeint. Fraglich ist jedoch, ob diese Formulierung auch den Lieferanten umfasst, d.h., ob mit der Formulierung „Recht eines anderen auf Zahlung" der Zahlungsanspruch jeder anderen Person mit Ausnahme des Factors bezeichnet werden soll. Diese Frage stellt sich vor allem dann, wenn die Forderungsabtretung im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor unwirksam ist, beispielsweise, weil das nach dem nationalen Recht erforderliche - und vom FactÜ nicht geregelte - Formerfordernis für eine Abtretung nicht beachtet worden ist oder weil die Abtretung auf Grund eines gesetzlichen Verbotes gegenüber dem Schuldner unwirksam ist und der Schuldner Kenntnis davon hat. 114 Da Art. 8 Abs. 1 FactÜ eine abschließende Regelung der Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem Factor darstellt, würde eine Ausklammerung des Lieferanten vom Begriff „Recht eines anderen" im Ergebnis bewirken, dass der Schuldner trotz seiner Kenntnis vom vorrangigen Recht des Lieferanten auf Zahlung zur Leistung an den Factor verpflichtet wäre und gemäß Art. 8 Abs. 2 FactÜ schuldbefreiend an den Factor leisten könnte. Die Formulierung „vorrangiges Recht eines anderen" ist m.E. daher im Sinne von „vorrangiges Recht einer anderen Person als des Factors" 115 zu verstehen. Nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ besteht nur bei positiver Kenntnis 116 des Schuldners über das vorrangige Recht eines anderen keine Verpflichtung zur Zahlung an den Factor. Durch das Erfordernis der positiven Kenntnis 111

Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 5. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 39 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 98, Rn. 39 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 39. 113 „... of any other person's superior right to payment ..." bzw. „d'un droit préférable 112

114

Im Fall einer gegen ein vertragliches Abtretungsverbot verstoßenden Abtretung, die gegenüber dem Schuldner unwirksam ist (Art. 6 Abs. 2 FactÜ), stellt sich diese Frage nicht, da Art. 8 FactÜ in solchen Fällen nicht zu beachten ist. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 34 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 97 Rn. 34 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 121 Rn. 34: „It follows that the factor cannot, in cases contemplated by Article 5, paragraph 2, rely on the provisions of the future Convention dealing with the position of the debtor subsequent to the assignment, namely Article 7 to 9." Gemeint sind die Art. 6 Abs. 2 bzw. die Art. 8 bis 10 FactÜ. Ausführlich zu den Rechtsfolgen von Art. 6 Abs. 2 FactÜ 3. Teil, 2. Kapitel, III.C.2. 115 I.d.S. sind wohl auch die diesbezüglichen Ausführungen von Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (612) und Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 199, zu verstehen, wobei die genannten Autoren jedoch nicht ausdrücklich zwischen dem Lieferanten und einer dritten Person differenzieren. 116 H.A. Vgl. nur Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (612).

406

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

werden dem Schuldner bei einem bloßen Verdacht auf Grund des ihm bekannten Sachverhaltes keine Nachforschungspflichten auferlegt. Die Zahlungspflicht gegenüber dem Factor ist daher nicht ausgeschlossen, sofern der Schuldner das vorrangige Recht eines anderen bloß kennen hätte müssen (fahrlässige Unkenntnis des Schuldners über das vorrangige Recht eines anderen). 117 M.E. folgt bereits aus der Formulierung des Art. 8 Abs. 1 FactÜ, dass für die Feststellung, ob der Schuldner Kenntnis hatte, seine Sicht 118 und sein Wissensstand 119 maßgebend sind. 120 Diese Ansicht findet zudem eine Bestätigung in den Materialien. 121 Der Schuldner ist nicht verpflichtet, die Wirksamkeit der Abtretung an den Factor zu überprüfen. Ebenso wenig ist er nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ verpflichtet, Nachforschungen über die Existenz möglicher weiterer Gläubiger anzustellen. Hat er jedoch Kenntnis über den Anspruch einer anderen Person auf Zahlung der Forderung, so ist er verpflichtet, diesen Anspruch auf seine vermeintliche Berechtigung zu überprüfen. Ob der Schuldner Kenntnis hat, ist, wie bereits erwähnt, aus seiner konkreten Sicht des Sachverhaltes zu beurteilen. Bei der Beurteilung der Berechtigung eines vorrangigen Rechts eines anderen hat der Schuldner zu beachten, dass eine vom Lieferanten abredewidrig vorgenommene Abtretung infolge Art. 6 Abs. 1 FactÜ auch ihm gegenüber wirksam ist, es sei denn, der Schuldner war bei Abschluss des Grundvertrages in einem Vertragsstaat niedergelassen, der einen Vorbehalt nach Art. 18 FactÜ erklärt hat (Art. 6 Abs. 2 FactÜ). 122 In den anderen Fällen ist die Beurteilung der Frage, ob der Factor oder eine andere Person das bessere Recht auf Zahlung hat, nach dem auf die Abtretung anwendba-

117

Sofern auch die zweite Voraussetzung vorliegt, nämlich eine Anzeige, die den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 lit. a bis c FactÜ entspricht. 118 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 199. 119 Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 7. 120 Vgl. die englische Fassung: „The debtor is under the duty ... if ... the debtor does not have ..."; die französische Fassung, die ebenfalls als authentische Fassung gilt, ist zwar nicht wörtlich, aber inhaltlich gleichlautend: „Le débiteur est tenu de payer ... s'il n'a pas eu", da sie ebenfalls unmittelbar auf die Kenntnis des Schuldners Bezug nimmt. 121 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 39 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 98 Rn. 39 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 123 Rn. 39. 122 A.A. offenbar Zaccaria, IPRax 1995, 279 (283), der für die Beurteilung der Vorrangigkeit ausschließlich auf das nationale Recht abstellt. Dass Art. 6 Abs. 1 FactÜ zu berücksichtigen ist und die Frage abschließend regelt, ergibt sich m.E. aus dem Verhältnis zwischen dem materiellen Einheitsrecht und dem nationalen Recht. Art. 5 FactÜ, welcher die Wirksamkeit von Globalabtretungen zukünftiger und bestehender Forderungen regelt, gilt nur im Verhältnis zwischen den Parteien des Factoringvertrages und ist daher vom Schuldner bei der Beurteilung eines vorrangigen Rechts auf Zahlung nicht zu berücksichtigen.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

407

ren nationalen Recht vorzunehmen. 123 Ausgehend von seinem Wissensstand hat der Schuldner die rechtlich richtigen Schlüsse zu ziehen. 124 Der Schuldner hat somit in derartigen Fällen nicht - wie etwa nach dem ABGB - die Möglichkeit, durch Hinterlegung schuldbefreiend zu leisten, sondern nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ trifft ihn, ausgehend von seinem Kenntnisstand, eine Prüfungsobliegenheit. Stimmt die auf dem Kenntnisstand des Schuldners beruhende und anhand des nationalen Rechts vorgenommene (richtige 125 ) Beurteilung des besseren Rechts jedoch nicht mit der objektiven Rechtslage überein, so ist für die Zahlungspflicht des Schuldners nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ dennoch die nach seinem subjektiven Kenntnisstand vorgenommene Beurteilung heranzuziehen. Mit anderen Worten: Ausgehend von seiner positiven Kenntnis des besseren Rechts eines anderen ist der Schuldner nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ einerseits selbst dann nicht zur Zahlung an den Factor verpflichtet, wenn dieser nach objektiver Rechtslage einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Schuldner hätte, und andererseits kommt befreiende Wirkung auch der Leistung des Schuldners an einen nichtberechtigten Factor zu, wenn der Schuldner gutgläubig war. 126 3.

a)

Abtretungsanzeige

Einleitung

Die zweite Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ für die Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem Factor besteht darin, dass eine schriftliche Abtretungsanzeige „gemacht" worden ist, die den Tatbestandsmerkmalen des Art. 8 Abs. 1 lit. a bis c FactÜ entspricht. Nach Art. 1 Abs. 4 lit. c FactÜ ist eine Anzeige i.S.d. FactÜ „gemacht", wenn sie dem Empfänger zugeht. Ab diesem Zeitpunkt ist die Anzeige dem Schuldner gegenüber wirksam. 127 Das FactÜ enthält, wie bereits erwähnt, keine Bestimmung über den Zeitpunkt oder die Voraussetzungen der Wirksamkeit des Zuganges. Im Sinne einer konventionsübergreifenden Interpretation ist m.E. entsprechend Art. 24 CISG auf das Eintreffen der Anzeige 123 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 200; Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 9. 124 Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 7. 125 Wie bereits erwähnt, hat der Schuldner ausgehend von seinem Wissensstand, die (rechtlich) richtigen Schlüsse zu ziehen. 126 Ebenso Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 109, der sich jedoch selbst widerspricht (106), indem er die Ansicht vertritt, dass die gutgläubige Zahlung an den „falschen" Gläubiger nicht geschützt wird. Wie hier auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 199, 207. 127 Ebenso UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, IIA (Diskussionsbeitrag Goode).

408

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

im Machtbereich des Erklärungsempfängers, unabhängig von einer konkreten Kenntnisnahme, abzustellen. 128 Das Erfordernis der Abtretungsanzeige nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ für die Begründung der Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem Factor ist nicht zu verwechseln mit der Anwendungsvoraussetzung des Übereinkommens gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. c FactÜ, wonach der Factoringvertrag eine Verpflichtung zur Anzeige vorsehen muss (offenes Factoring). Die tatsächliche Vornahme der Anzeige ist somit zwar für die Begründung der Zahlungspflicht des Schuldners, nicht aber für die grundsätzliche Anwendung des FactÜ erforderlich. b)

Schriftform

Die Abtretungsanzeige muss in schriftlicher Form erfolgen. 129 Ob dem Schriftformerfordernis entsprochen worden ist, bestimmt sich nach Art. 1 Abs. 4 lit. a und b FactÜ. 130 Eine Anzeige muss die Angaben über jene Person enthalten, von der oder in deren Namen sie gemacht wird (Art. 1 Abs. 4 lit. a und b FactÜ). Ist für den Schuldner aus der Abtretungsanzeige nicht ersichtlich, wer sie gemacht hat, so ist er dem Factor gegenüber nicht zur Zahlung verpflichtet. Zudem muss eine Wiedergabe der Abtretungsanzeige in „greifbarer" Form 131 möglich sein. Art. 1 Abs. 4 lit. b FactÜ nennt beispielhaft das Telegramm und das Fernschreiben. In Betracht kommt jedoch auch eine Anzeige durch elektronische Nachricht (E-mail), da sie durch Ausdruck der Nachricht in eine greifbare Form umgewandelt werden kann. Auf den Aufwand, den der Schuldner betreiben muss, um die Anzeige in eine greifbare Form zu bringen, kommt es offenbar nicht an. 132 Um dem Schriftformgebot i.S.d. FactÜ zu entsprechen, bedarf es somit weder

128 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 205, liegt ein Fall des Art. 4 Abs. 2 FactÜ vor; als ein Grundsatz des Übereinkommens könne ermittelt werden, dass „es für das Machen einer Anzeige auf den tatsächlichen Empfang ankommt, d.h. die Möglichkeit der Kenntnisnahme." Für die Anwendung des Art. 4 Abs. 2 FactÜ, jedoch ohne nähere Ausführungen, auch Diehl-Leistner, Internationales Factoring 128 und Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 109. Nach von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 57 hingegen ist der genaue Zugangszeitpunkt nach dem mithilfe des IPR ermittelten nationalen Recht zu bestimmen. 129 Die Alternative zum Schriftformerfordernis - die Anzeige entspricht dem Recht desjenigen Staates, in dem der Schuldner seine Niederlassung hat - hat sich nicht durchgesetzt. S. UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 26; UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 38 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 71 Rn. 38. 130 Die Definition des Begriffes „schriftliche Anzeige" ist erst während der Konferenz in Ottawa in das FactÜ aufgenommen worden. Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 271 ff. 131 „Tangible form" bzw. „une trace matérielle". 132 Vgl. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 202.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

409

einer Unterschrift des Erklärenden (so ausdrücklich Art. 1 Abs. 4 lit. a FactÜ), noch einer Erklärung in Papierform. Wird dem Schuldner die Abtretung der Forderung an den Factor lediglich mündlich (z.B. telefonisch) mitgeteilt, so begründet dies selbst dann keine Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung an den Factor (Art. 8 Abs. 1 FactÜ), wenn der Schuldner keine Kenntnis vom vorrangigen Recht eines anderen hat. 133 c)

Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ

Die Bestimmungen des Art. 8 Abs. 1 lit. a bis c FactÜ konkretisieren die Anforderungen an die Abtretungsanzeige. Sie bestimmen, wer die Anzeige „machen" kann, welche Angaben sie jedenfalls enthalten soll und für welche Forderungen sie wirksam gemacht werden kann. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ kann die Benachrichtigung des Schuldners über die Abtretung durch die Parteien des Factoringvertrages vorgenommen werden, d.h. durch den Lieferanten als ursprünglichen Gläubiger des Schuldners oder - mit Ermächtigung des Lieferanten - durch den Factor selbst (Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ). Dies schließt nicht aus, dass die Benachrichtigung durch den Lieferanten und den Factor gemeinsam vorgenommen werden kann. 134 Da für die Anzeige das Schriftformgebot zu beachten ist, muss aus der Abtretungsanzeige ersichtlich sein, wer sie gemacht hat (Art. 1 Abs. 4 lit. a i.V.m. Art. 8 Abs. 1 FactÜ). Ergibt sich aus der Anzeige nicht, ob sie vom Lieferanten oder vom Factor gemacht worden ist, 135 so entsteht, wie bereits erwähnt, keine Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem Factor nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ. In der Praxis wird regelmäßig die Rechnungslegung mit der Abtretungsanzeige verbunden, indem die vom Lieferanten ausgestellte Rechnung einen Hinweis auf die Abtretung enthält. Für die Lösung der Frage, ob die Benachrichtigung des Schuldners durch den Lieferanten oder den Factor erfolgt, ist maßgebend, von wessen Seite die Anzeige stammt, und nicht, wer die Rechnung legt. Von einer Benachrichtigung durch den Lieferanten ist daher auch in jenen Fällen auszugehen, in denen der Factor im Auftrag 133 Ob einer dennoch erfolgten Zahlung an den Factor schuldbefreiende Wirkung zukommt, ist nach Art. 8 Abs. 2 FactÜ zu beurteilen. Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, II.D.2. 134 Ebenso UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 42 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 75 Rn. 42: „In cases where the the notice is given by the supplier or by both the supplier and the factor there would as a general rule seem to be no difficulties 135

Ob auch eine Benachrichtigung durch andere Personen im Namen des Factors oder des Lieferanten die Zahlungspflicht des Schuldners i.S.d. Art. 8 Abs. 1 FactÜ auslöst, ist nach dem maßgeblichen nationalen Recht zu entscheiden. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 40 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 99 Rn. 40 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 125 Rn. 40.

410

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

des Lieferanten die mit dem Abtretungshinweis versehene Rechnung ausstellt. 136 Eine Anzeige vom Factor mit Ermächtigung des Lieferanten liegt vor, wenn der Factor auf eigene Veranlassung dem Schuldner gegenüber die Abtretung anzeigen möchte. 137 Die Ermächtigung muss sich m.E. nicht aus der schriftlichen Abtretungsanzeige ergeben, 138 denn Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ (dazu sogleich) bestimmt abschließend den Inhalt der Anzeige. Bezüglich der Ermächtigung des Lieferanten lässt Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ jedoch offen, ob die Ermächtigung zur Anzeige vom Factor nachzuweisen ist, der Schuldner stets ohne weiteres auf diese vertrauen darf, oder ob er gegebenenfalls Nachforschungen über das Bestehen der Ermächtigung anstellen muss. Unproblematisch ist der Fall, in dem der Lieferant gegenüber dem Schuldner den Factor zur Benachrichtigung ermächtigt. Aus den Materialien 139 folgt, dass der Schuldner vernünftige Gründe für die Annahme einer bestehenden Ermächtigung des Factors haben muss, wenn erforderlich, indem er Nachforschungen beim Lieferanten anstellt. Nach der Ansicht der Verfasser des FactÜ ist der Schuldner in Zweifelsfällen somit verpflichtet, die Ermächtigung des Factors zur Anzeige zu überprüfen, z.B. durch Rückfrage beim Lieferanten. 140 Einige Autoren 141 gehen davon aus, dass im Factoringvertrag eine stillschweigende Zustimmung des Lieferanten zur Anzeige der Abtretung durch den Factor enthalten sei. Der Factor könne daher seine Ermächtigung durch Vorlage des Factoringvertrages nachweisen. Die Ansicht, nach welcher der Schuldner in Zweifelsfällen zu Nachforschungen über das Bestehen der Ermächtigung verpflichtet sei, findet m.E. nicht ohne weiteres Deckung im Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ. Vor dem Hintergrund, dass Art. 8 FactÜ in erster Linie eine Schuldnerschutzvorschrift darstellt, kann aus Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ m.E. ebenso abgeleitet werden, dass eine Abtretungsanzeige bei begründeten Zweifeln des Schuldners über die Ermächtigung als unwirksam zu betrachten ist.

136

So überzeugend Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 25. So Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 25, der darauf hinweist, dass die Ermächtigung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ nicht zu verwechseln sei mit der Beauftragung zur Rechnungserstellung im Factoringvertrag. 138 Dies wird von Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 107, erwogen. 139 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 41; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 40 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 99 Rn. 40 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 125 Rn. 40 zu „with the supplier's authority": „... this formula simply indicating that the debtor must have reasonable grounds for believing in the existence of the factor's authority, if appropriate by making enquiries of the supplier." 140 Ebenso Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (612); Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 203; Weller, RIW 1999, 161 (166). 141 Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 107f; ihm folgend Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 203 und Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 20. 137

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

411

Hat jedoch der Schuldner Kenntnis über den Anspruch einer anderen Person auf Zahlung der Forderung und trifft ihn daher gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ die Obliegenheit, diesen Anspruch auf seine vermeintliche Berechtigung zu überprüfen, so werden die Nachforschungen über das Bestehen der Ermächtigung m.E. wohl Teil seiner Beurteilung des vorrangigen Rechts einer anderen Person auf Zahlung sein. Der Factor wird bereits im eigenen Interesse (Entstehen der Zahlungspflicht zugunsten seiner Person) bestrebt sein, dem Schuldner seine Berechtigung zur Anzeige darzulegen. Nichtsdestotrotz hätte eine ausdrückliche Festlegung der Verpflichtung des Factors, die Ermächtigung durch den Lieferanten nachzuweisen, dem Schutz des Schuldners besser Rechnung getragen ohne dadurch das Gleichgewicht der Interessen des Factors und des Schuldners im Rahmen des internationalen Factoring zu gefährden. Weitere Einzelheiten im Zusammenhang mit der Ermächtigung sind gemäß Art. 4 Abs. 2 FactÜ primär nach den allgemeinen Grundsätzen des FactÜ zu lösen, da es sich bei der Ermächtigung um eine Frage handelt, die zwar einen im FactÜ geregelten Gegenstand betrifft, aber im FactÜ selbst nicht ausdrücklich entschieden wird. 142 Subsidiär ist das nach dem IPR maßgebende Recht anzuwenden. Die Voraussetzungen einer wirksamen Ermächtigung des Factors durch den Lieferanten (z.B. auch Formfragen) sind jedenfalls nach dem anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 143 d)

Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ

Nach Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ müssen die abgetretenen Forderungen in der Abtretungsanzeige hinreichend genau bezeichnet („reasonably identify") werden. 144 Befindet sich die Abtretungsanzeige - wie in der Praxis üblich - auf der Rechnung, so ist das Erfordernis der hinreichend genauen Bestimmung der abgetretenen Forderungen regelmäßig erfüllt. Zudem muss in der Abtretungsanzeige der Factor, an den oder für dessen Rech142 Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 203; Brink in MünchKomm HGB Art. 8 FactÜ Rn. 20. 143 Vgl. zur Frage der Ermächtigung des Factors auch von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 58 ff., die auf Grund der Entstehungsgeschichte des Art. 8 Abs. 1 FactÜ die Frage der Anzeigeermächtigung des Factors mit der materiellen Berechtigung des Factors verknüpft. M.E. sind die Ermächtigung zur Anzeige und die materielle Berechtigung des Factors, die Zahlung der Geldforderung zu begehren, getrennt voneinander zu prüfen. Die Überprüfung der materiellen Berechtigung des Factors erfolgt anhand der ersten Voraussetzung des Art. 8 Abs. 1 FactÜ, nämlich der fehlenden Kenntnis des Schuldners von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung. 144 Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 50: „This provision seeks to ensure that the debtor is informed of the precise content [Hervorhebung durch die Verfasserin] of the assignment... and of the person to whom he is to make payment ...".

412

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

nung (beispielsweise an eine Bank) zu zahlen ist, bezeichnet werden. Aus dem Inhalt der Anzeige muss somit für den Schuldner erkennbar sein, welche Geldforderungen an wen zu bezahlen sind. Weitere Angaben (z.B. Rechnungsdatum) sind nicht zwingend. 145 Für die Erkennbarkeit der Forderungen und des Zahlungsempfängers ist nicht die subjektive Sicht des Schuldners, sondern die Sicht eines objektiven Dritten in der Situation des Schuldners maßgebend. 146 Aus dem Zusammenhalt des Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ mit der in Art. 8 Abs. 1 FactÜ geregelten Voraussetzung, dass der Schuldner keine Kenntnis von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung haben darf, folgt, dass der in der Anzeige genannte Factor mit demjenigen übereinstimmen soll, den der Schuldner mangels gegenteiliger Kenntnis für den berechtigten Forderungsinhaber ansehen kann. Entspricht die Abtretungsanzeige nicht den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ, so geht dies zu Lasten des Factors, d.h. den Schuldner trifft diesem gegenüber keine Zahlungspflicht. 147 Zu Nachforschungen bei Unklarheiten über den Inhalt der Anzeige ist der Schuldner m.E. grundsätzlich nicht verpflichtet. Gegenteiliges kann sich jedoch aus Bräuchen oder Gepflogenheiten ergeben oder im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände gelten. e)

Voraussetzung nach Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ

Liegen die soeben genannten Voraussetzungen vor, so ist abschließend Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ zu beachten, welcher bestimmt, dass sich die Abtretungsanzeige lediglich auf Forderungen aus Verträgen beziehen kann, die im Zeitpunkt der Anzeige bereits abgeschlossen waren oder gleichzeitig abgeschlossen werden. Der „Zeitpunkt der Anzeige" ist der Zeitpunkt, in dem die Anzeige dem Schuldner zugeht (Art. 1 Abs. 4 FactÜ). Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies, wie bereits erwähnt, im Sinne einer konventionsübergreifenden Interpretation der Zeitpunkt des Einlangens der Abtretungsanzeige in den Machtbereich des Schuldners. 148

145 Goode in FS Sauveplanne 91 (100) weist darauf hin, dass die Abtretungsanzeige keine Zahlungsaufforderung enthalten muss, um inhaltlich dem Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ gerecht zu werden. 146 Ebenso von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 57 Fn 63. Dies folgt aus der unterschiedlichen Textfassung des Art. 8 Abs. 1 FactÜ, „... wenn der Schuldner nicht Kenntnis von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung hat ...", und Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ, in welcher für die hinreichend genaue Bezeichnung nicht auf die subjektive Sicht des Schuldners Bezug genommen wird. 147 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 209, der dies jedoch allgemein für die Voraussetzungen gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ festhält. 148 Ebenso Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (612).

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

413

Eine Abtretungsanzeige, die dem Schuldner vor Abschluss des Grundvertrages zugeht, verpflichtet ihn daher im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung (und ihrer Fälligkeit) nicht zur Zahlung an den Factor. Den Schuldner trifft nicht die Verpflichtung, einzelne Abtretungen zu einer bereits vor Abschluss eines Grundvertrages erfolgten Anzeige über die Globalabtretung zukünftiger Forderungen zuordnen zu müssen. 149 Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ schließt somit die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen gegenüber dem Schuldner aus. Die Wirksamkeit der Abtretung zukünftiger Forderungen im Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten (Art. 5 FactÜ) bleibt von Art. 8 FactÜ unberührt; die Begründung einer Zahlungsverpflichtung des Schuldners gegenüber dem Factor bzw. das Entstehen eines durchsetzbaren Zahlungsanspruchs des Factors gegenüber dem Schuldner setzt jedoch voraus, dass die Abtretungsanzeige dem Schuldner nach dem Abschluss des Grundvertrages oder in dem Zeitpunkt zugeht, in welchem die abgetretene Forderung begründet wird. 150 Eine vorweggenommene Abtretungsanzeige hat keine Wirkung. 151 Eine vor dem genannten Zeitpunkt zugegangene Anzeige wird nicht mit dem Abschluss des Grundvertrages wirksam, da dies dem Zweck des Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ widersprechen würde. Um die Zahlungsverpflichtung des Schuldners gegenüber dem Factor zu begründen, bedarf es in einem solchen Fall einer neuerlichen Anzeige. 152

C. Nachfolgende Abtretungen Unterliegt die erste Forderungsabtretung dem FactÜ, so ist Art. 8 Abs. 1 FactÜ auch bei nachfolgenden Abtretungen zu beachten (Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ), so dass der Schuldner gegenüber einem nachfolgenden Zessionar nur bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ zur Zahlung verpflichtet ist. Aus Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ - der jeweils nachfolgende Zessionar tritt an die Stelle des Factors - i.V.m. Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ folgt, dass bei nachfolgenden Abtretungen die Anzeige über die nachfolgende Abtretung vom Lieferanten oder vom nachfolgenden Zessionar vorzunehmen ist. In der Anzeige ist der nachfolgende Zessionar hinreichend genau zu bezeichnen (Art. 11 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 8 Abs. 1 149

Goode in FS Sauveplanne 91 (100). UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 41 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 99 Rn. 41 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 127 Rn. 41. 151 Vgl. UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 11, Mise 2, Artide 6; UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 44. 152 Das Erfordernis einer weiteren Anzeige ebenfalls bejahend Diehl-Leistner, Internationales Factoring 132. 150

414

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

lit. b FactÜ). Im Zwei-Factor-Verfahren ist dies der Import-Factor, da dieser den Zahlungsanspruch geltend macht. Die Anzeige über die nachfolgende Abtretung an den Import-Factor gilt auch als Anzeige über die vorangehende Abtretung an den Export-Factor (Art. 11 Abs. 2 FactÜ). In der Praxis erhält der Schuldner regelmäßig nur die Anzeige der Abtretung an den Import-Factor. Wird eine Forderung nicht lediglich zweimal nacheinander (wie im Zwei-Factor-Verfahren), sondern mehrmals nachfolgend abgetreten und erhält der Schuldner die Anzeige nicht vom letzten Zessionar (Factor Y) in der Kette, sondern von einem ihm vorangehenden (Factor X), so ist der Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 FactÜ zur Zahlung an den vorangehenden Zessionar (Factor X) verpflichtet.

D. Die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung 1.

Befreiende Leistung gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ

Während Art. 8 Abs. 1 FactÜ die Zahlungspflicht des Schuldners gegenüber dem Factor normiert, bestimmt Art. 8 Abs. 2 FactÜ, unter welchen Voraussetzungen der Zahlung des Schuldners an den Factor schuldbefreiende Wirkung zukommt. Hervorzuheben ist, dass das Übereinkommen zwar die rechtlichen Wirkungen einer Zahlung des Schuldners an den Factor, nicht jedoch einer Zahlung an den Lieferanten regelt. 153 Eine Zahlung an den Factor hat - konsequenterweise - befreiende Wirkung, sofern sie im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 FactÜ erfolgt. Aus dem Zusammenspiel von Art. 8 Abs. 1 und 2 FactÜ ergibt sich, dass der Schuldner nur noch an den Factor schuldbefreiend leisten kann, sofern die in Art. 8 Abs. 1 FactÜ genannten Voraussetzungen vorliegen. Aus dem Erfordernis, dass dafür die Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, folgt wiederum, dass der in der Abtretungsanzeige genannte Factor mit der Person übereinstimmen muss, die der Schuldner nach der ersten Voraussetzung für den berechtigten Forderungsinhaber hält. Leistet der Schuldner an den Factor und sind die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 FactÜ erfüllt, ist allerdings der Factor nicht der materiell berechtigte Forderungsinhaber, so wird der Schuldner dennoch gemäß Art. 8 Abs. 2 FactÜ von seiner Zahlungspflicht befreit. Die Forderung erlischt mit Wirkung erga omnes, d.h. auch gegenüber dem Lieferanten und jedem

153 Diese Frage ist m.E. nach dem j e w e i l s anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, II.B.l.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

415

Dritten. 154 Dies gilt auch dann, wenn in solchen Fällen der Zahlung nach dem auf die Forderung jeweils anwendbaren nationalen Recht keine schuldbefreiende Wirkung zukommt, da Art. 8 Abs. 2 FactÜ die Befreiung des Schuldners durch Zahlung an den Factor grundsätzlich abschließend regelt. Der Schuldner kann somit nicht nochmals in Anspruch genommen werden, wenn beispielsweise bei der Forderungsabtretung die erforderlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Abtretung nach Art. 5 FactÜ bzw. (für die durch das FactÜ nicht geregelten Fragen) nach dem anwendbaren Recht 155 nicht vorlagen und der Factor somit nicht der neue Forderungsinhaber war oder weil tatsächlich einer anderen Person als dem Factor ein vorrangiges Recht an der Forderung zustand. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das FactÜ Fragen des Vorranges an der abgetretenen Forderung nicht regelt, d.h. ob der Zahlungsempfänger die vom Schuldner erhaltene Zahlung auch endgültig behalten kann, bestimmt sich nach dem auf die Drittwirkung der Forderungsabtretung maßgebenden Recht. 2.

Sonstige schuldbefreiende

Gründe

Eine nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ geleistete Zahlung hat gemäß Art. 8 Abs. 2 FactÜ schuldbefreiende Wirkung, „unabhängig von anderen Gründen, aus denen der Schuldner durch Zahlung an den Factor befreit wird". Zahlt der Schuldner an den Factor, obwohl er nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ nicht zur Zahlung verpflichtet ist, so ist er dennoch von seiner Zahlungspflicht befreit, wenn seiner Zahlung nach dem auf die Forderung jeweils anwendbaren nationalen Recht schuldbefreiende Wirkung zukommt. 1 5 6 Zwar enthält Art. 8 Abs. 2 FactÜ für die „anderen Schuldbefreiungsgründe" keinen Verweis auf das anwendbare nationale Recht, jedoch folgt dies klar aus den Materialen. 157 Zudem enthält das FactÜ nur einen Schuldbefreiungs-

154 Die den Beratungen der Regierungskonferenz von Ottawa zugrunde liegende Bestimmung enthielt noch den Hinweis: „... payment shall be effective to discharge his liability pro tanto ...". S. UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 83, Article 7; UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 275 und CON F. 7/C.I/S.R. 21, Article 8, 305. Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 207 f. 155 Goode in FS Sauveplanne 91 (100). 156 Als Zahlung kommen sämtliche Erfüllungsarten in Betracht, beispielsweise eine Hinterlegung. S. Goode (Diskussionsbeitrag), UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 274. 157 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 42 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 99 Rn. 42 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 127 Rn. 42. Die Verfasser des Übereinkommens lehnten es ab, auf das anwendbare Recht zu verweisen, ohne anzugeben, wie es zu bestimmen sei. Vgl. nur Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (612 f.). Auch bestand eine Ablehnung gegen die Aufnahme einer Kollisionsnorm in das FactÜ. S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 18.

416

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

grund, nämlich eine Zahlung nach den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 FactÜ. Art. 8 FactÜ bringt das vom Übereinkommen verfolgte Ziel des Schuldnerschutzes klar zum Ausdruck. 158 Der Schuldner kann sich sowohl auf Art. 8 Abs. 1 i.V.m. 2 FactÜ als auch auf die Tatbestände des unvereinheitlichten nationalen Rechts berufen. Die Schuldbefreiung nach Art. 8 Abs. 1 i.V.m. 2 FactÜ geht dem nationalen Recht vor, d.h. der Schuldner ist auch dann von seiner Zahlungspflicht befreit, wenn er dies nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht nicht wäre. Daneben gewährt Art. 8 Abs. 2 FactÜ dem Schuldner einen weiteren, aus dem nationalen Recht resultierenden Schuldbefreiungstatbestand. Ist dieser erfüllt, so hat der Schuldner auch dann schuldbefreiend geleistet, wenn seiner Leistung nach Art. 8 Abs. 1 i.V.m. 2 FactÜ diese Wirkung nicht zukommt.

E. Nachfolgende Abtretungen und Art. 8 Abs. 2 FactÜ Nach Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ gilt die Regelung des Art. 8 Abs. 2 FactÜ auch für nachfolgende Abtretungen, wobei gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 FactÜ so anzuwenden ist, als wäre der nachfolgende Zessionar der Factor. Kurz gesagt bedeutet dies: Eine Zahlung an den nachfolgenden Zessionar (dies ist in der Regel der ImportFactor) hat befreiende Wirkung, sofern sie im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 FactÜ erfolgt. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner nach Zugang einer Abtretungsanzeige, die den Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 lit. a bis c FactÜ entspricht (erste Voraussetzung) an den nachfolgenden Zessionar leistet, den er auf Grund mangelnder Kenntnis von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung für den berechtigten Forderungsinhaber hält (zweite Voraussetzung). Auch bei einer nachfolgenden Abtretung kann sich der Schuldner auf das jeweils subsidiär anwendbare nationale Recht berufen: Zahlt der Schuldner an den nachfolgenden Zessionar, obwohl er nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ nicht zur Zahlung verpflichtet ist, so ist er dennoch von seiner Zahlungspflicht befreit, wenn seiner Zahlung an den Zessionar nach dem auf die Forderung jeweils anwendbaren unvereinheitlichten nationalen Recht schuldbefreiende Wirkung zukommt.

158 Häusler, FactÜ Rn. 35.

UNIDROIT Übereinkommen 208; Brink in MünchKomm HGB Art. 8

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

417

F. Verhältnis des Art. 5 zu Art. 8 FactÜ Art. 5 FactÜ schließt für die Parteien des Factoringvertrages bestimmte Unwirksamkeitsgründe einer Abtretung aus, Art. 8 FactÜ hingegen normiert, unter welchen Voraussetzungen der Leistung des Schuldners befreiende Wirkung zukommt. Nach dem Konzept des FactÜ ist die Befreiungsmöglichkeit des Schuldners nach Art. 8 FactÜ unabhängig von einer Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor nach Art. 5 FactÜ. Aus Art. 8 Abs. 1 i.V.m. 2 FactÜ folgt, dass der Zahlung des Schuldners auch im Fall der Unwirksamkeit der Abtretung nach Art. 5 FactÜ schuldbefreiende Wirkung erga omnes zukommt. Allgemein ist der Schuldner zur Zahlung an den Factor (auch bei Wirksamkeit der Abtretung nach Art. 5 FactÜ) nur dann verpflichtet, wenn die Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ vorliegen.

III. Vergleich und Wertung A. Abtretungsanzeige Die Abtretungsanzeige spielt bei der Beurteilung der Frage, ob einer Leistung des Schuldners befreiende Wirkung zukommt, sowohl nach dem ZessÜ als auch nach dem FactÜ eine wesentliche Rolle. 159 Der Zugang der Anzeige an den Schuldner 160 ist nach beiden Übereinkommen notwendige Voraussetzung für die Befreiung des Schuldners nach den vereinheitlichten Vorschriften. Im Hinblick auf die Form sehen das ZessÜ und das FactÜ die Schriftform 161 vor, wobei sich der Begriff der Schriftlichkeit im Wesentlichen deckt. So ist zwar weder nach dem ZessÜ noch nach dem FactÜ eine Unterzeichnung der Abtretungsanzeige für die Schriftlichkeit erforderlich, 162 jedoch muss eine Wiedergabe der in der Anzeige enthaltenen Information möglich sein, so dass auf sie auch später Bezug genommen 163 werden kann. Eine Abtretungsanzeige durch E-mail entspricht m.E. daher dem jeweiligen Schriftformgebot. Ebenso bestehen hinsichtlich des erforderlichen Inhalts der Abtretungsanzeige keine wesentlichen Abweichungen: Sowohl nach Art. 5 lit. d Zes159 Vgl. allgemein für die Abtretungsanzeige nach dem ZessÜ 4. Teil, 3. Kapitel, II. sowie 5. Teil, 2. Kapitel, III.; für die Anzeige nach dem FactÜ 5. Teil, 3. Kapitel, II.B.3. 160 S. Art. 16 Abs. 1 ZessÜ und Art. 1 Abs. 4 lit. c FactÜ. 161 S. Art. 17 ZessÜ i.V.m. Art. 5 lit. d ZessÜ und Art. 8 Abs. 1 FactÜ. 162 S. Art. 5 lit. lit. c Satz 1 i.V.m. lit. d ZessÜ und Art. 1 Abs. 4 lit. a FactÜ. 163 S. Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ und Art. 1 Abs. 4 lit. b FactÜ.

418

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

sÜ als auch nach Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ müssen in der Anzeige die abgetretene Forderung und der Zessionar/Factor hinreichend genau bezeichnet werden, so dass eine Identifizierung des Zessionars und der Forderung durch den Schuldner möglich ist. Eine Zahlungsanweisung an den Schuldner ist somit kein notwendiger Bestandteil einer Abtretungsanzeige nach dem ZessÜ und dem FactÜ; dies gilt ebenso für die Bezeichnung des Schuldners oder des Zedenten, sofern auch ohne diese Angaben die abgetretene Forderung und der Zessionar in angemessener Weise identifiziert werden können. 164 Eine wesentliche Abweichung besteht jedoch hinsichtlich der Art der Forderungen: Nach dem ZessÜ kann sich eine Abtretungsanzeige auch auf Forderungen beziehen, die nach der Anzeige entstehen (Art. 16 Abs. 2 ZessÜ), hingegen ist nach dem FactÜ eine Abtretungsanzeige gegenüber dem Schuldner nur wirksam, sofern sie im Zeitpunkt der Anzeige bereits bestehende Forderungen betrifft (Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ). Eine Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen entfaltet somit im Anwendungsbereich des FactÜ keine Wirkungen für den Schuldner. Für das Recht zur Anzeige der Abtretung an den Schuldner ist nach dem ZessÜ in erster Linie die Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar maßgebend, subsidiär ist Art. 13 ZessÜ 165 heranzuziehen. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ ist die Benachrichtigung des Schuldners über die Abtretung durch die Parteien des Factoringvertrages vorzunehmen, d.h. durch den Lieferanten oder - mit dessen Ermächtigung - durch den Factor selbst (Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ) 166 . Die Ermächtigung des Factors muss sich m.E. nicht aus der schriftlichen Abtretungsanzeige ergeben, denn Art. 8 Abs. 1 lit. b FactÜ bestimmt abschließend den notwendigen Inhalt der Anzeige. Jedoch lässt Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ offen, ob die Ermächtigung zur Anzeige vom Factor nachzuweisen ist oder ob der Schuldner Nachforschungen über das Bestehen der Ermächtigung anstellen muss. Nach der Ansicht der Verfasser 167 ist der Schuldner im Zweifelsfall verpflichtet, die Ermächtigung des Factors zur Anzeige zu überprüfen. Be164 Eine Abweichung besteht jedoch darin, dass nach Art. 1 Abs. 4 lit. a FactÜ aus der Anzeige ersichtlich sein muss, von wem oder in wessen Namen sie gemacht wird. In der Praxis wird diese Abweichung m.E. jedoch nicht schlagend werden, da sich der Erklärende bereits aus eigenem Interesse „zu erkennen geben wird". 165 Demnach kann die Anzeige durch den Zessionar, den Zedenten oder von beiden erfolgen. Ausführlich zu Art. 13 ZessÜ s. 4. Teil, 3. Kapitel, IV. 166 Dies schließt nicht aus, dass die Benachrichtigung durch den Lieferanten und den Factor gemeinsam vorgenommen werden kann. Vgl. UNIDROIT 1983, Study LVIII Doc. 16, Rn. 42 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 75 Rn. 42. 167 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 41; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 40 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 99 Rn. 40 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 125 Rn. 40.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

419

rücksichtigt man den primären Zweck des Art. 8 FactÜ (Schutz der rechtlichen Position des Schuldners), so kann aus Art. 8 Abs. 1 lit. a FactÜ m.E. ebenso abgeleitet werden, dass eine Abtretungsanzeige bei begründeten Zweifeln des Schuldners über die Ermächtigung des Factors als unwirksam zu betrachten sei. Der Ansicht der Verfasser kann m.E. nur zugestimmt werden, sofern man die weitere Voraussetzung des Art. 8 Abs. 1 FactÜ die fehlende Kenntnis des Schuldners von einem vorrangigen Recht eines anderen als des Factors auf Zahlung der Forderung - in Betracht zieht. Hat nämlich der Schuldner Kenntnis über den Anspruch einer anderen Person als des Factors, so werden die Nachforschungen des Schuldners über das Bestehen der Ermächtigung des Factors zur Anzeige notwendigerweise einen Teil seiner Beurteilung des vorrangigen Rechts einer anderen Person auf Zahlung umfassen. Erhält der Schuldner eine Anzeige vom Zessionar, so stellt er naheliegenderweise eine Verbindung zwischen der Ermächtigung des Zessionars zur Anzeige und der materiellen Berechtigung des Zessionars her. Empfängt der Schuldner eine Anzeige vom Zessionar, so ist er nach Art. 17 Abs. 7 ZessÜ berechtigt, einen Nachweis darüber zu verlangen, dass die Abtretung erfolgt ist. Zweifel darüber können sich aus der Abtretungsanzeige selbst ergeben.

B. Schuldbefreiung nach den vereinheitlichten Vorschriften Vor einem auf die Grundsätze der jeweiligen Vorschrift beschränkten Vergleich zwischen Art. 17 ZessÜ und Art. 8 FactÜ soll kurz auf die unterschiedliche Terminologie des Art. 8 Abs. 1 FactÜ und des Art. 17 Abs. 1 und 2 ZessÜ eingegangen werden. Nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ ist der Schuldner „verpflichtet" an den Factor zu zahlen, nach dem ZessÜ ist er „berechtigt" (Art. 17 Abs. 1 ZessÜ) bzw. „kann" er befreiend leisten (Art. 17 Abs. 2 ZessÜ). Die unterschiedliche Terminologie stellt keine Differenzierung in Bezug auf die vertragliche Verpflichtung des Schuldners dar, da weder Art. 17 ZessÜ noch Art. 8 FactÜ eine Rechtsgrundlage für die Zahlungsverpflichtung des Schuldners darstellen. 168 Die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldforderung sowie die konkrete Ausgestaltung dieser Pflicht (z.B. Zeit, Ort, Teilzahlungen) sind primär 169 nach dem Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten/Lieferanten (Grundvertrag) und dem auf diesen Vertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Trotz der unterschiedlichen Formulierung besteht jedoch aus der Sicht des Schuldners im Hinblick auf die schuldbefreiende Wirkung 168 169

Vgl. für das ZessÜ 5. Teil, 3. Kapitel, I.A.; für das FactÜ 5. Teil, 3. Kapitel, II.B.l. Vgl. jedoch Art. 15 Abs. 2 ZessÜ.

420

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

seiner Leistung kein Unterschied. Liegen die jeweiligen Voraussetzungen vor, so kommt der Zahlung des Schuldners jedenfalls schuldbefreiende Wirkung nach den vereinheitlichten Vorschriften des ZessÜ bzw. FactÜ zu. 170 Im Gegensatz zum FactÜ, das nur die Zahlung des Schuldners an den Factor regelt, 171 enthält das ZessÜ sowohl eine Vorschrift über die Leistung des Schuldners an den Zedenten (Art. 17 Abs. 1 ZessÜ) als auch eine über die Leistung an den Zessionar (Art. 17 Abs. 2 ZessÜ). Nach beiden Übereinkommen spielt dabei der Zugang der Abtretungsanzeige an den Schuldner eine wesentliche Rolle. Dieser ist nach dem Willen der Verfasser des ZessÜ und nach dem Wortlaut des Art. 17 ZessÜ allerdings bereits die einzige Voraussetzung für eine schuldbefreiende Leistung des Schuldners an den Zessionar. 172 Nach dem Konzept des ZessÜ ist die Frage der schuldbefreienden Leistung von Prioritätsfragen zu trennen. 173 Nach dem FactÜ bedarf es neben der Anzeige einer weiteren Voraussetzung, nämlich der fehlenden Kenntnis des Schuldners von einem vorrangigen Recht eines anderen (als des Factors) auf Zahlung. 174 In dieser für das Zessionsrecht bedeutenden Wertungsfrage haben sich die Verfasser des ZessÜ und des FactÜ für unterschiedliche Lösungen entschieden: Das ZessÜ geht von einem rein objektiven System aus, das FactÜ von einem objektivsubjektiven System.

C. Schuldbefreiung nach dem unvereinheitlichten Recht Einer Zahlung in Übereinstimmung mit Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ bzw. Art. 8 Abs. 1 FactÜ kommt schuldbefreiende Wirkung zu. Zusätzlich gewähren aber sowohl das ZessÜ als auch das FactÜ dem Schuldner die Möglichkeit, sich auf die nach dem nationalen Recht bestehenden Schuldbefreiungsgründe zu berufen (Art. 17 Abs. 8 ZessÜ, Art. 8 Abs. 2 Fac-

170

Leistet der Schuldner im Anwendungsbereich des FactÜ hingegen trotz des Empfangs einer Abtretungsanzeige und fehlender Kenntnis von einem vorrangigen Recht eines anderen an den Lieferanten, so ist seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Factor aufrecht. Im Anwendungsbereich des ZessÜ ist stets Art. 17 Abs. 8 ZessÜ zu beachten. 171 Ob einer Leistung des Schuldners an den Lieferanten in jenen Fällen schuldbefreiende Wirkung zukommt, in denen die Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ nicht vorliegen, ist m.E. nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 172 Stets sind die Bestimmungen des Art. 17 Abs. 3 bis 8 ZessÜ zu beachten, auf welche Art. 17 Abs. 2 ZessÜ verweist. 173 Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 9. 174 Vgl. ausführlich 5. Teil, 3. Kapitel, II.B.2.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

421

tÜ). 175 Entspricht die Leistung des Schuldners einem aus dem (unvereinheitlichten) nationalen Recht resultierenden Schuldbefreiungstatbestand, so hat der Schuldner auch dann schuldbefreiend geleistet, wenn seiner Leistung nach Art. 17 Abs. 1 bis 7 ZessÜ bzw. Art. 8 Abs. 1 i.V.m. 2 FactÜ diese Wirkung nicht zukommt. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass Art. 8 Abs. 2 FactÜ für eine Berufung auf die nach nationalem Recht bestehenden Schuldbefreiungsgründe (ausschließlich) eine Zahlung an den Factor voraussetzt, Art. 17 Abs. 8 ZessÜ hingegen keine Konkretisierung der „berechtigten Person", an welche die Zahlung geleistet wird, vornimmt und zudem die Möglichkeit der Zahlung an eine zuständige gerichtliche oder andere Behörde oder an eine öffentliche Hinterlegungsstelle zulässt. Die Arbeitsgruppe für die Ausarbeitung des ZessÜ hat eine Einschränkung der nach Art. 17 Abs. 8 ZessÜ „berechtigten Person" auf die Person des Zessionars abgelehnt, weil dies den Schuldnerschutz beschränken würde. 176 Diese Entscheidung der Arbeitsgruppe verwirklicht zweifelsohne den Grundsatz des Schuldnerschutzes, beeinträchtigt jedoch die rechtlichen Interessen des Zessionars. Unterliegt eine Forderungsabtretung dem Anwendungsbereich des ZessÜ, so hat der Zessionar nicht nur die Schuldbefreiungsmöglichkeiten nach Art. 17 ZessÜ zu beachten, sondern stets auch zu prüfen, ob nach dem jeweils subsidiär anwendbaren nationalen Recht eine andere Person als diejenige nach dem ZessÜ als berechtigter Forderungsinhaber in Betracht kommt. 177 In dieser Frage ist daher der Regelung des FactÜ der Vorzug zu geben, da sie die Interessen des Factors berücksichtigt, ohne die rechtliche Stellung des Schuldners ungebührlich zu beeinträchtigen. Zudem ist in dieser Frage der Vereinheitlichungseffekt des FactÜ größer. Abschließend bleibt festzuhalten: Bei einer Forderungsabtretung, die nach dem ZessÜ bzw. dem FactÜ zu beurteilen ist, stehen einem in einem Vertragsstaat niedergelassenen Schuldner auf Grund Art. 17 Abs. 8 ZessÜ und Art. 8 Abs. 2 FactÜ stets zwei rechtliche „Regime" - das vereinheitlichte und das unvereinheitlichte Recht - zur Verfügung, nach denen seiner 175 Vgl. für Art. 17 Abs. 8 ZessÜ 5. Teil, 3. Kapitel, I.G.; für Art. 8 Abs. 2 FactÜ s. 5. Teil, 3. Kapitel, II.D.2. 176 Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 19 Rn. 5 sowie Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 129 f. Aus Gründen des Schuldnerschutzes ist auch der Vorschlag abgelehnt worden, die schuldbefreiende Wirkung einer Hinterlegung bei Gericht oder einer anderen öffentlichen Hinterlegungsstelle auf jene Fälle zu beschränken, in welchen der Schuldner mehrere Abtretungsanzeigen erhält. 177 Zudem hat Art. 17 Abs. 8 ZessÜ negative Auswirkungen auf die Zulässigkeit und die Wirksamkeit der Abtretung zukünftiger Forderungen und die Wirkungen rechtsgeschäftlicher Abtretungsbeschränkungen. Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, I.G.

422

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Leistung schuldbefreiende Wirkung zukommen kann. Aus diesem Grund stellt sich die rechtliche Stellung des Schuldners bei Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ im Grunde nicht schlechter dar als ohne Anwendung des ZessÜ bzw. des FactÜ.

IV. PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL Die Vorschrift des Art. 11:303 PECL legt fest, unter welchen Voraussetzungen der Zessionar die Erbringung der Leistung vom Schuldner verlangen kann. Aus der Sicht des Schuldners normieren die einzelnen Vorschriften des Art. 11:303 PECL, wann er verpflichtet ist, an den Zessionar zu leisten, und unter welchen Umstände seiner Leistung an den Zedenten bzw. den Zessionar befreiende Wirkung zukommt. Entscheidende Bedeutung kommt der Abtretungsanzeige zu, wobei Art. 11:303 Abs. 1 PECL Erfordernisse hinsichtlich der Form und des Inhalts aufstellt. Die Anzeige muss in Schriftform' 7 8 erfolgen, den abgetretenen Anspruch angemessen identifizieren und den Schuldner anweisen, an den Zessionar zu leisten. Das Recht zur Anzeige steht sowohl dem Zedenten als auch dem Zessionar zu. Erbringt der Schuldner die abgetretene Leistung an diejenige Person, der gegenüber er in der schriftlichen Anzeige zur Leistung aufgefordert worden ist, so kommt seiner Leistung grundsätzlich befreiende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht, wenn er erkennen hätte müssen, dass diese Person nicht der wahre Berechtigte ist (Art. 11:304 PECL), und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner die Anzeige vom Zedenten oder vom Zessionar erhalten hat. Ein „Erkennen-Müssen" liegt vor, 179 wenn die Nichtberechtigung der in der Anzeige bezeichneten Person nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich war, so dass auf die Kenntnis des Schuldners geschlossen werden kann; eine Nachforschungspflicht trifft den Schuldner jedoch nicht. Hat der Schuldner die Nichtberechtigung nicht erkennen müssen, so ist er auch geschützt, wenn keine Abtretung stattgefunden hat. Andererseits kommt der Leistung des Schuldners an den Zedenten vor dem Zugang einer Abtretungsanzeige nur dann schuldbefreiende Wirkung

178

Gemäß Art. 1:301 Abs. 6 PECL erfüllen auch Mitteilungen durch Telegramm, Telex, Telefax, elektronische Post und andere Mitteilungsformen, die eine lesbare Aufzeichnung der Erklärung auf beiden Seiten ermöglichen, das Schriftformerfordernis. 179 Vgl. dazu und zum Folgenden Lando u.a., PECL III, 114 (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 692).

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

423

zu, wenn er diese Leistung in Unkenntnis der Abtretung erbringt (Art. 11:303 Abs. 4 PECL). Erhält der Schuldner eine schriftliche Anzeige vom Zessionar, die den abgetretenen Anspruch angemessen identifiziert und eine ausdrückliche Leistungsanweisung enthält, so kann der Schuldner vom Zessionar innerhalb angemessener Frist einen verlässlichen Nachweis 180 über die erfolgte Abtretung verlangen, wobei er seine Leistung bis zur Vorlage des Nachweises zurückhalten kann. Wird dieser Nachweis nicht innerhalb angemessener Frist erbracht oder ist er „nicht verlässlich", bleibt offen, wie die Situation zu bewerten ist. M.E. kann der Schuldner befreiend an den Zedenten leisten (diese Lösung entspricht Art. 17 Abs. 7 Hs. 2 ZessÜ). Hat der Schuldner jedoch anders als durch eine den Kriterien des Art. 11:303 Abs. 1 PECL entsprechende Anzeige Kenntnis von der Abtretung erworben, so kann er an den Zessionar leisten oder aber die Leistung zurückbehalten. Eine schuldbefreiende Leistung an den Zedenten kommt nicht mehr in Betracht, da der Schuldner bereits Kenntnis von der Abtretung erlangt hat (Art. 11:303 Abs. 4 PECL). Ist der Schuldner mit widersprüchlichen Leistungsaufforderungen konfrontiert (beispielsweise von zwei konkurrierenden Zessionaren), so kommt seiner Leistung schuldbefreiende Wirkung zu, wenn er entsprechend dem Recht des Ortes handelt, an dem der Anspruch zu erfüllen ist, 181 dies allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung, dass dies derselbe Ort für alle jene Personen ist, welche die Leistung vom Schuldner begehren. Liegt diese zuletzt genannte Voraussetzung nicht vor, entscheidet das auf den Anspruch anwendbare Recht über die befreiende Wirkung der Leistung des Schuldners (Art. 11:305 PECL).

B.

UNIDROIT-Principles

Die Abretungsanzeige ist auch im Rahmen der UNIDROIT-Principles entscheidend für die rechtliche Position des Schuldners hinsichtlich seiner Leistungspflicht. 182 Bis zum Erhalt der Anzeige wird der Schuldner durch 180 Die PECL enthalten keinen Hinweis darüber, was als „verlässlicher Nachweis" anzusehen ist. Aus dem Kommentar zu Art. 11:303 PECL folgt, dass es sich dabei jedenfalls um ein Schriftstück des Zedenten handeln kann, aus dem sich ergibt, dass die Abtretung erfolgt ist. Vgl. Lando u.a., PECL III, 112 B. (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 689 B.)]. Dies entspricht Art. 17 Abs. 7 Satz 2 ZessÜ und Art. 9.1.12 UNIDROITPrinciples. 181 Vgl. Art. 7:101 PECL (Leistungsort). 182 Vgl. UNIDROIT 2000, Study L - WP.3, Kommentar zu Art. 9: „Paragraphs (1) and (2) determine the obligor's position in respect to payment to be made, before and after receiving notice."

424

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Leistung an den Zedenten, nach dem Zugang der Mitteilung über die Abtretung nur mehr durch Leistung an den Zessionar befreit. 183 Auf den Kenntnisstand des Schuldners stellt Art. 9.1.10 Abs. 1 UNIDROITPrinciples nicht ab. Ein Schuldner kann daher trotz Kenntnis über die Abtretung bis zum Zugang der Anzeige mit befreiender Wirkung an den Zedenten leisten. Dadurch soll der Schuldner von Nachforschungspflichten befreit und die Last der Benachrichtigung des Schuldners den Parteien des Abtretungsvertrages zugewiesen werden, was für den Bereich internationaler Handelsverträge als gerechtfertigt bezeichnet wird. Dennoch soll nach Ansicht der Verfasser unter besonderen Umständen eine Schadenersatzpflicht des Schuldners, sofern er bei der Leistung an den Zedenten bösgläubig war, nicht ausgeschlossen sein. 184 Dies würde aber die Befreiungsmöglichkeit des Schuldners durch Leistung an den Zedenten wertlos machen, wenn er dennoch Zahlung (Rechtsgrund: Schadenersatz) leisten müsste, weshalb diese Ansicht abzulehnen ist. Die Anzeige kann sowohl durch den Zedenten als auch durch den Zessionar erfolgen, wobei Art. 9.1.10 UNIDROIT-Principles keine Kriterien betreffend Form (kein Schriftformgebot) und Inhalt der Abtretungsmitteilung aufstellt. Nach Art. 1.10 Abs. 1 UNIDROIT-Principles kann die Mitteilung über die Abtretung somit auf jede nach den Umständen angemessene Weise gemacht werden. Hinsichtlich des Inhalts folgt aus dem Kommentar, dass dieser die Tatsache der Abtretung, Angaben über den Zessionar und eine Spezifikation des abgetretenen Rechts wiedergeben soll. 185 Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre eine Klarstellug in der Vorschrift selbst wünschenswert gewesen. Erfolgt die Mitteilung durch den Zessionar, so kann der Schuldner von diesem die Vorlage eines adäquaten Nachweises über die Abtretung innerhalb angemessener Frist begehren (Art. 9.1.12 Abs. 1 UNIDROITPrinciples). Diese Vorschrift verfolgt den Zweck, den Schuldner vor betrügerischen Mitteilungen durch einen „falschen" Zessionar zu schützen. 186 183 Gegenstand einer Abtretung kann sowohl ein Recht auf Zahlung einer Geldsumme als auch ein Recht auf eine andere Leistung sein (s. Art. 9.1.1 UNIDROIT-Principles). Bemerkenswerterweise nehmen die Vorschriften über die Mitteilung an den Schuldner, die mehrfache Abtretung und den Abtretungsnachweis lediglich auf die Leistung des Schuldners durch Zahlung Bezug. 184 Vgl. Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.10 UNIDROIT-Principles. Dieser Hinweis im Kommentar geht, soweit ersichtlich, auf eine Anregung Hartkamps zurück, der in seiner Wortmeldung vorgeschlagen hat, der Leistung des schlechtgläubigen Schuldners soll keine befreiende Wirkung zukommen oder [Hervorhebung durch die Verfasserin] dieser soll zumindest gegenüber dem Zessionar schadenersatzpflichtig werden. Vgl. UNIDROIT 2002, Study L - Mise. 24, Rn. 185. 185 Vgl. Kommentar Nr. 2 zu Art. 9.1.10 UNIDROIT-Principles. 186 Vgl. Kommentar zu Art. 9.1.12 UNIDROIT-Principles.

3. Kapitel: Zahlung durch den

Schuldner

425

Daraus kann m.E. allerdings geschlossen werden, dass eine fehlerhafte Anzeige eines „Zessionars" zu Lasten des Schuldners gehen sollen. Verlangt der Schuldner einen adäquaten Nachweis 187 , so kann er bis zur Vorlage desselben die Leistung zurückhalten und, sofern kein adäquater Nachweis (m.E. innerhalb angemessener Frist) erfolgt, die Mitteilung als unwirksam bewerten.

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ In einer für das gesamte Zessionsrecht zentralen Wertungsfrage haben sich die vier Regelwerke für zwei unterschiedliche Lösungsmodelle entschieden. Das ZessÜ und die UNIDROIT-Principles stellen allein auf die Abtretungsanzeige als objektives Kriterium ab (objektives Modell), dem FactÜ und den PECL liegt ein objektiv-subjektives Modell zugrunde (Abtretungsanzeige und Kenntnis des Schuldners). Das objektive Modell ist mit den Erfordernissen des internationalen Handels allein nicht zu begründen, zumal dem Factoring im internationalen Handel ein hoher Stellenwert zukommt und dem FactÜ das objektiv-subjektive Modell zugrunde liegt. Zweifelsohne stellen die Bestimmungen der Art. 11:303, 11:304 und Art. 11:305 PECL eine in sich geschlossene, ausgewogene und internationalisierungsfähige 188 Lösung dar. Die ausschließliche Orientierung an einer schriftlichen Abtretungsanzeige, wie sie das ZessÜ und die UNIDROITPrinciples vornehmen, ist insbesondere für den Schuldner einer internationalen Abtretung von Vorteil und schafft entsprechende Rechtssicherheit. Die Tatsache, dass der Schuldner trotz positiver Kenntnis von der Abtretung bis zum Zugang der Abtretungsanzeige entsprechend dem Grundvertrag befreiend leisten kann, steht allerdings im Widerspruch zu vielen nationalen Rechtsordnungen und deren zentralen Wertungen (jedenfalls) im Zessionsrecht. Dies erschwert eine Übernahme des ZessÜ in das nationale Recht bzw. macht sie ohne eine Änderung des unvereinheitlichten nationalen Rechts schwer möglich, da die vom ZessÜ gewählte Lösung ordnungspolitischen Interessen des nationalen Rechts widerspricht.

187

Als adäquater Nachweis gilt vor allem ein Schriftstück vom Zedenten, aus dem die erfolgte Abtretung hervorgeht (s. Art. 9.1.12 Abs. 4 UNIDROIT-Principles). 188 Dölle, ZfRV 1963, 133 (138).

4. Kapitel

Einreden und Aufrechnung I.

Regelung nach dem ZessÜ

A. Grundregel des Art. 18 Abs. 1 ZessÜ Das ZessÜ regelt das Recht des Schuldners, Einwendungen und Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zahlungsanspruch des Zessionars geltend zu machen, in Art. 18 ZessÜ; die Vorschrift des Absatz 1 enthält den Grundsatz, Absatz 2 stellt eine Sonderbestimmung für das Aufrechnungsrecht des Schuldners dar und Absatz 3 betrifft Einwendungen und Aufrechnungsrechte des Schuldners aus einer abredewidrigen Forderungsabtretung oder einer vereinbarungswidrigen Übertragung eines die Zahlung der Forderung sichernden Rechts. Fordert der Zessionar den Schuldner zur Zahlung der abgetretenen Forderung auf, so kann ihm der Schuldner alle Einwendungen und Aufrechnungsrechte 1 entgegenhalten, die sich aus dem Grundvertrag oder jedem anderen Vertrag, der Teil desselben Geschäftes ist 2 (beispielsweise Wartungsvertrag oder andere Serviceverträge 3 ), ergeben und die der Schuldner geltend machen könnte, wenn die Forderungsabtretung nicht vorgenommen worden wäre 4 und die Zahlungsaufforderung durch den Zedenten er1 Der Begriff „rights of s e t - o f f ist eingefügt worden, da innerhalb der Arbeitsgruppe die Ansicht vertreten worden ist, dass der Begriff „all defences" unzureichend sein könnte, um auch das Aufrechnungsrecht zu umfassen. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 95. 2 Die Formulierung „or any other contract that was part of the same transaction" ist gewählt worden, um den Kreis der in Betracht kommenden Verträge möglichst einzugrenzen. Vgl. zum Vorschlag, ein aus solchen Verträgen resultierendes Aufrechnungsrecht gleich wie jenes aus dem Grundvertrag zu behandeln, Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 51; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc.AJCN.9/ 466, Rn. 134. 3 Beispiele aus Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 16. 4 Die Formulierung „as if the assignment had not been made" beruht auf der Überlegung, dass nach einigen Rechtsordnungen der Schuldner durch eine wirksame Forderungsabtretung das nach dem nationalen Recht bestehende Recht zur Aufrechnung ver-

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

All

folgt wäre. Art. 18 ZessÜ regelt das Recht des Schuldners, 5 bei einer Zahlungsaufforderung durch den Zessionar diesem gegenüber Einwendungen zu erheben. Vom Regelungsgegenstand des Art. 18 ZessÜ nicht erfasst werden hingegen die - trotz einer an den Zessionar bereits geleisteten Zahlung - bestehenden rechtlichen Möglichkeiten des Schuldners auf Grund einer Nichterfüllung, mangelhaften oder verspäteten Erfüllung des Zedenten. Ein Teilaspekt, nämlich die Rückforderung von Zahlungen, wird jedoch in Art. 21 ZessÜ geregelt. Art. 18 Abs. 1 ZessÜ bestimmt die Zulässigkeit der Geltendmachung von Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars, stellt jedoch selbst keine anspruchsbegründende Rechtgrundlage für die Einwendungen dar. Die einzelnen Einwendungen können sich somit nur aus dem zwischen dem Zedenten und dem Schuldner bestehenden Vertragsverhältnis bzw. aus dem nationalen Recht, nach dem das Vertragsverhältnis zu beurteilen ist, ergeben. Das nationale Recht ist daher auch für die Voraussetzungen der Geltendmachung einzelner Einwendungen maßgebend. Folgerichtig zählt Art. 18 Abs. 1 ZessÜ keine Arten von Einwendungen auf bzw. nimmt keine Einschränkung auf bestimmte Einwendungen vor. Trotz des erforderlichen Rückgriffes auf das jeweils anwendbare nationale Recht sind die Begriffe „defences" und „rights of set-off" autonom zu interpretieren. Art. 18 Abs. 1 ZessÜ liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die rechtliche Stellung des Schuldners nicht allein auf Grund der Abtretung verschlechtern soll. 6 Daher erfassen die Begriffe „defences" und „rights of s e t - o f f alle rechtlichen Möglichkeiten, die dem Schuldner nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zustehen, um den Zahlungsanspruch des Zessionars zu mindern oder (vorläufig oder endgültig) abzuwehren (z.B. mangelnde Fälligkeit der Forderung, Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums, teilweise Erfüllung des Vertrages, Schadenersatz wegen verspäteter Erfüllung, Preisminderung auf Grund mangelhafter Erfüllung). Wesentlich ist, dass der Schuldner die von Art. 18 Abs. 1 ZessÜ erfassten Einwendungen und Aufrechnungsrechte im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung durch den Zessionar geltend machen kann. Wann sich der Tatbestand der einzelnen Einwendungen verwirklicht hat und sie daher dem Schuldner zur Verfügung standen, ist für die Einwendungen nach Art. 18 Abs. 1 ZessÜ unerheblich. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass sie der Schuldner bereits im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige

liert. Deshalb soll der Schuldner im Hinblick auf seine Einwendungen gegenüber dem Zahlungsanspruch des Zessionars so behandelt werden, als ob die Abtretung nicht erfolgt wäre. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 41; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 24. 5 Vgl. Art. 18 Abs. 1 ZessÜ: „the debtor may arise". 6 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 133.

428

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

geltend machen hätte können. 7 Maßgeblich ist, wie bereits erwähnt, der Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung durch den Zessionar.

B. Andere Aufrechnungsrechte nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ Einwendungen und Aufrechnungsrechte, die sich aus dem Grundvertrag oder einem anderen Vertrag, der Teil desselben Geschäftes ist, ergeben, sind nach Art. 18 Abs. 1 ZessÜ zu beurteilen. Darüber hinaus gewährt Art. 18 Abs. 2 ZessÜ dem Schuldner die Möglichkeit, „andere" Aufrechnungsrechte geltend zu machen. Aufrechnungsrechte, die dem Schuldner aus einem anderen Rechtsgrund als dem Grundvertrag oder diesem gleichgestellten Vertrag gegen den Zedenten zustehen (nicht konnexe Forderungen), kann der Schuldner dem Zahlungsanspruch des Zessionars nur unter der Voraussetzung entgegenhalten, dass ihm dieses Aufrechnungsrecht bereits im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige zur Verfügung stand. Als Gegenforderungen kommen sowohl Forderungen aus einem anderen Rechtsgeschäft zwischen dem Schuldner und dem Zedenten als auch Forderungen aus einer unerlaubten Handlung (Delikt) oder einer gerichtlichen Entscheidung in Betracht, 8 sofern sie dem Schuldner im maßgeblichen Zeitpunkt zur Verfügung standen. Nach Art. 18 Abs. 2 ZessÜ besteht somit zum Schutz des Zessionars eine „zeitliche Schranke" im Hinblick auf die möglichen Gegenforderungen des Schuldners. Diese zeitliche Schranke bildet der Zugang der Abtretungsanzeige an den Schuldner. 9 Maßgeblich ist der Zugang der ersten Abtretungsanzeige, auch wenn es sich dabei um die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung handelt. Da sich eine Abtretungsanzeige auch auf Forderungen beziehen kann, die erst nach der Anzeige entstehen (Art. 16 Abs. 2 ZessÜ), erhebt sich folgende Frage: Kann der Schuldner bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen (lediglich) mit all jenen Gegenforderungen gegen den Zedenten aufrechnen, die bis zum Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige entstanden sind? Oder kann er mit all jenen Gegenforderungen aufrechnen, die bis zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung begründet worden sind? Folgt man dem Wortlaut des Art. 18 Abs. 2 Zes-

7 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 17: „Such defences and rights of set-off ... may be raised even if they become available to the debtor after notification is received." 8 Art. 18 Abs. 2 ZessÜ verwendet den Begriff „any other right of set-off" [Hervorhebung durch die Verfasserin]; vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 17. 9 Für die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige gegenüber dem Schuldner gemäß Art. 16 Abs. 2 ZessÜ vgl. 5. Teil, 2. Kapitel, III.D.

4. Kapitel: Einreden und

Aufrechnung

429

sÜ, so ist die erste Annahme zutreffend, d.h. maßgebend ist die Abtretungsanzeige, folgt man hingegen dem Sekretariatskommentar, 10 so ist die zweite Annahme zu bejahen, d.h. entscheidend ist der Zeitpunkt des Entstehens der Forderung. Der Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige würde in erster Linie dem Interesse des Zessionars entsprechen und insgesamt dem konkreten Zweck des ZessÜ, die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern, gerecht werden. Andererseits steht aber auch dieser Zweck unter der Voraussetzung, dass dem Schutz der Interessen von Schuldnern bei einer Forderungsabtretung Rechnung getragen werden soll. Berücksichtigt man zudem die Tatsache, dass Art. 18 ZessÜ primär eine Schuldnerschutzvorschrift darstellt, ist zugunsten der zweiten Annahme zu entscheiden. 11 Nach der hier vertretenen Ansicht kann somit der Schuldner bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen mit all jenen Gegenforderungen aufrechnen, die bis zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung begründet worden sind. Dieser Zeitpunkt wird bei einer Anzeige nach Art. 16 Abs. 2 ZessÜ stets nach dem Zeitpunkt der Mitteilung über die Abtretung liegen. Die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 ZessÜ selbst gewährt kein Aufrechnungsrecht, sondern räumt dem Schuldner lediglich das Recht ein, 12 ein nach nationalem Recht bestehendes Aufrechnungsrecht geltend zu machen, sofern ihm dieses zum Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige zur Verfügung stand. Damit kommt dem Tatbestandsmerkmal „zur Verfügung stehen" („available") entscheidende Bedeutung zu, wobei Art. 18 Abs. 2 ZessÜ keine nähere Definition erhält. Insbesondere legt das ZessÜ nicht fest, ob die Gegenforderung im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige bereits fällig sein muss oder ob es genügt, dass sie dem Grunde nach besteht. Die Arbeitsgruppe konnte sich weder auf eine Definition des Begriffes „available" noch auf eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Bestimmung des Rechts, 13 nach dem diese Frage zu beurteilen wäre, einigen. 14 Nach der Absicht der Verfasser ist daher nach dem 10

Sekretariatskommentar, VN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 3. Lukas, ÖBA 2000, 501 (507); derselbe, ÖBA 2001, 453 (459), stellt allgemein auf den Zeitpunkt des Empfanges der Abtretungsanzeige ab, ohne jedoch im Besonderen auf das Problem zukünftiger Forderungen einzugehen. 12 S. Art. 18 Abs. 2 ZessÜ: „the debtor may arise". 13 Vgl. zur Anknüpfung der Aufrechnung in einzelnen nationalen Rechtsordnungen Wolf, Die Aufrechnung im Internationalen Privatrecht (1989) 131 ff.; s. auch Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 10 EVÜ Rz. 20 ff. 14 Vgl. zum Verlauf der Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, VN Doc. A/CN.9/420, Rn. 135 („... it was observed that setoff might be left to national law, in view of its complexity and the fact that it was clear in private international law that the law applicable to setoff was the law governing the receivables to which the assignment related."); Bericht der Arbeitsgruppe, VN Doc. A/CN.9/447, Rn. 97 f.; Bericht der Arbeitsgruppe, VN 11

430

5. Teil: Die rechtliche Stellung des Schuldners

j e w e i l s a n w e n d b a r e n n a t i o n a l e n R e c h t zu beurteilen, o b d e m S c h u l d n e r ein A u f r e c h n u n g s r e c h t zur V e r f ü g u n g steht. 1 5 I n s o w e i t liegt e i n e ausdrücklic h e E n t s c h e i d u n g der V e r f a s s e r vor. A u f Grund der f e h l e n d e n E i n i g u n g beschränkt sich der V e r e i n h e i t l i c h u n g s e f f e k t d e s Art. 18 A b s . 2 Z e s s Ü auf d i e grundsätzliche Berechtig u n g des S c h u l d n e r s , mit G e g e n f o r d e r u n g e n , d i e nicht aus d e m Grundvertrag herrühren, g e g e n den Z a h l u n g s a n s p r u c h d e s Z e s s i o n a r s a u f r e c h n e n zu können, w o b e i der Z u g a n g der A b t r e t u n g s a n z e i g e j e d e n f a l l s e i n e Schnittstelle für d i e B e r e c h t i g u n g d e s S c h u l d n e r s darstellt. S o f e r n j e d o c h e i n z e l n e nationale R e c h t s o r d n u n g e n d e m Schuldner e i n derartiges A u f r e c h n u n g s recht überhaupt v e r s a g e n , stellt das Z e s s Ü vor d e m Hintergrund d e s S c h u l d n e r s c h u t z e s e i n e V e r b e s s e r u n g der r e c h t l i c h e n P o s i t i o n d e s Schuldners dar. S o w o h l Art. 18 A b s . 1 als auch A b s . 2 Z e s s Ü g e l t e n nur für A u f r e c h nungsrechte, d i e aus e i n e m R e c h t s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e m S c h u l d n e r und d e m Z e d e n t e n resultieren. 1 6 O b der S c h u l d n e r g e g e n den Z a h l u n g s a n spruch d e s Z e s s i o n a r s e i n e G e g e n f o r d e r u n g g e l t e n d m a c h e n kann, die i h m g e g e n den Z e s s i o n a r zusteht, wird v o m Z e s s Ü nicht g e r e g e l t u n d ist nach d e m außerhalb d e s Z e s s Ü a n w e n d b a r e n R e c h t zu beurteilen. 1 7

Doc. AJCN.9/456, Rn. 197 („... the view was expressed that the question of when a right of set-off became available should be left to the law of the State governing the receivable, rather than to the law of the debtors location."); Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 135 („... with respect to the law applicable to set-off, it was suggested that reference should be made to the law governing the original contract. That suggestion was objected to ..."). 15 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 48:,,... left to other law, which is not specified in the draft Convention." S. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (379 f., 385 f.); derselbe, Tul. J. I n f i & Comp. L. 2003, 275 (292 f. Fn 139, 298). Art. 29 ZessÜ kann nur für Aufrechnungsrechte im Zusammenhang mit Art. 18 Abs. 1 ZessÜ herangezogen werden. A.A. Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (313), nach deren Ansicht aus den Materialien folgt, dass der Begriff „availability" gemäß Art. 7 Abs. 2 1. Alternative ZessÜ autonom unter Berücksichtigung der Grundsätze des ZessÜ und nicht nach dem durch das IPR zu bestimmenden nationalen Recht auszulegen sei, wobei als Anhalt die Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 FactÜ dienen könne. Der Ansicht von Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 155 Fn 530, wonach der Begriff „available" nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu bestimmen sei, die Gerichte diesen aber i.S.d. Schuldnerschutzes „großzügig" zu interpretieren hätten, kann hinsichtlich der Interpretation nicht gefolgt werden. Vgl. auch Eidenmüller, AcP 2004 457 (484 Fn 69), der eine Begriffsdefinition vornimmt. 16 Art. 18 Abs. 2 ZessÜ knüpft an die Vorschrift des Art. 18 Abs. 1 ZessÜ an, die Einwendungen des Schuldners gegen den Zedenten betrifft. 17 Insoweit m.E. missverständlich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/ Add.l, Rn. 17: „Rights of set-off arising from a separate contractual or other relationship

4. Kapitel: Einreden und

Aufrechnung

431

Im Zusammenhang mit Art. 18 Abs. 2 ZessÜ ist noch kurz auf Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ zu verweisen. Haben der Zedent und der Zessionar eine Vereinbarung über das Recht zur Anzeige der Abtretung an den Schuldner getroffen, so ist eine Anzeige, die in Verletzung dieser Vereinbarung an den Schuldner gesandt wurde, für die Zwecke des Art. 18 Abs. 2 ZessÜ als unwirksam zu bewerten. 18

C. Ausgenommene Einwendungen und Aufrechnungsrechte Bestimmte Einwendungen bzw. Aufrechnungsrechte, die dem Schuldner nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht gegenüber dem Zedenten zustehen und die er daher gemäß Art. 18 Abs. 1 oder 2 ZessÜ grundsätzlich auch dem Zahlungsanspruch des Zessionars entgegenhalten könnte, werden von Art. 18 Abs. 3 ZessÜ wiederum von einer Geltendmachung gegenüber dem Zessionar ausgeschlossen. Dabei handelt es sich um Einwendungen bzw. Aufrechnungsrechte, die dem Schuldner gegen den Zedenten wegen der Verletzung einer Vereinbarung über die Beschränkung bzw. das Verbot der Abtretung einer Forderung (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ) oder einer Vereinbarung über die Beschränkung bzw. das Verbot der Übertragung von Rechten, welche die Zahlung der abgetretenen Forderung sichern (Art. 10 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ), nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zustehen (z.B. Schadenersatzansprüche). 19 Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Bestimmung des Art. 18 Abs. 3 ZessÜ jedenfalls als positiv zu bewerten. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass die Bestimmungen des ZessÜ in ihrem Gesamtzusammenhang systematisch auszulegen sind; dies gilt auch für die Art. 9, 10 und 18 ZessÜ. Selbst bei Fehlen der Bestimmung des Art. 18 Abs. 3 ZessÜ könnte der Schuldner die aus der Verletzung eines Abtretungsverbotes resultierenden Einreden, die ihm gegenüber dem Zedenten zustehen, nicht

between the debtor and the assignee are not affected by this rule and may be raised at any time." 18 Vgl. 4. Teil, 3. Kapitel, IV.C. 19 Im Zusammenhang mit Art. 9 bzw. 10 ZessÜ und Art. 18 ZessÜ ist auch die Vorschrift des Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ zu sehen. Nach Art. 12 Abs. 1 lit. a ZessÜ haftet der Zedent dem Zessionar dafür, dass er berechtigt ist, die Forderung abzutreten. Diese Zusicherung umfasst mangels abweichender Vereinbarung jedoch nicht die Tatsache, dass kein Abtretungsverbot zwischen dem Zedenten und dem Schuldner vereinbart worden ist; selbst bei Vereinbarung eines solchen trifft den Zessionar keine Haftung gegenüber dem Schuldner (Art. 9 Abs. 2 Satz 2 ZessÜ). Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/.Add.l, Rn. 18.

432

5. Teil: Die rechtliche Stellung des Schuldners

dem Zahlungsanspruch des Zessionars entgegenhalten, 20 da dies die vom ZessÜ bestimmte Wirksamkeit der Abtretung (Art. 9 Abs. 1 ZessÜ) bzw. der Übertragung von Sicherungsrechten (Art. 10 Abs. 2 ZessÜ) für den Zessionar im Ergebnis wertlos machen würde (und diese Vorschriften ihrer Bedeutung berauben würde), zumal der Schuldner die Verletzung eines Abtretungsverbotes „im Umweg" über Art. 18 ZessÜ gegenüber dem Zessionar geltend machen und ihre Durchsetzbarkeit verhindern könnte.

D. Einredeverzicht des Schuldners 1.

Einleitung

Um höheren Kredit zu günstigeren Konditionen zu erhalten oder einen höheren Wert für seine Forderungen zu erlangen, sichert ein Zedent dem Kreditgeber bzw. Käufer der Forderung (Zessionar) in der Regel zu, dass der Schuldner keine Einreden oder Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zessionar geltend machen werde. 21 Diese Praxis spiegelt sich beispielsweise in Art. 12 Abs. 1 lit. c ZessÜ wider, wonach vorbehaltlich abweichender Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar der Zedent zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages dem Zessionar dafür Gewähr leistet, dass der Schuldner keine Einreden oder Aufrechnungsrechte hat oder haben werde. Ist der Zedent nicht in der Lage, eine entsprechende Zusage für die einzelnen Forderungen abzugeben, so können diese entweder überhaupt nicht oder nur zu einem geringeren Wert oder nur unter der Bedingung abgetreten werden, dass der Zedent den Forderungsbetrag zahlen wird, wenn ihn der Zessionar nicht beim Schuldner eintreiben kann. Um daher durch entsprechende Zusagen gegenüber dem Zessionar höheren Kredit zu günstigeren Konditionen oder einen höheren Kaufpreis für die Forderungen zu erlangen, ist der Zedent gewöhnlich bestrebt, mit dem Schuldner eine Vereinbarung über die Nichtgeltendmachung von Einreden und Aufrechnungsrechten gegenüber dem Zessionar zu treffen. Für die Abtretung von Forderungen, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen, regelt Art. 19 ZessÜ den Verzicht auf Einwendungen und Aufrechnungsrechte durch den Schuldner.

20 A.A. Lukas, ÖBA 2001, 453 (459 f.); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 155 f. 21 S. zum Folgenden Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 148; Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (342).

4. Kapitel: Einreden und

2.

Einredeverzicht

Aufrechnung

433

nach Art. 19 Abs. 1 ZessÜ

Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ kann der Schuldner mit dem Zedenten vereinbaren, dass er die Einwendungen und Aufrechnungsrechte, die er nach Art. 18 ZessÜ geltend machen könnte, dem Zessionar nicht entgegenhalten werde. Das ZessÜ anerkennt somit die Zulässigkeit einer Verzichtsvereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner. Dies kann aus Gründen des Schuldnerschutzes nicht beanstandet werden, da der Einredeverzicht eine Zustimmung des Schuldners voraussetzt. 22 Als Rechtsfolge hält Art. 19 Abs. 1 Satz 2 ZessÜ ausdrücklich fest, dass eine derartige Vereinbarung den Schuldner daran hindert, gegenüber dem Zessionar diese Einwendungen und Aufrechnungsrechte geltend zu machen. Dies folgt an sich bereits aus Art. 19 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ. Um jedoch Unsicherheiten in Bezug auf die Rechtsfolgen eines Einredeverzichtes zu vermeiden, beispielsweise, ob sich lediglich der Zedent auf einen Einredeverzicht berufen könne, nicht jedoch der Zessionar, und um zu verhindern, dass nationale Gerichte die Vereinbarung als den Schuldner benachteiligend aufheben, ist Satz 2 zur Klarstellung eingefügt worden. 23 Der Regelungsgegenstand des Art. 19 ZessÜ bezieht sich auf eine Abrede zwischen dem Schuldner und dem Zedenten zugunsten des Zessionars und ist somit nicht auf einen Einredeverzicht anzuwenden, den der Schuldner mit dem Zessionar vereinbart. 24 Art. 19 ZessÜ entspricht damit dem allgemeinen Konzept des ZessÜ, nach welchem Vereinbarungen zwischen dem Zessionar und dem Schuldner nicht vom ZessÜ geregelt werden. Der Einredeverzicht nach Art. 19 ZessÜ 25 ist nicht mit § 1396 Satz 2 ABGB zu vergleichen. Ein Anerkenntnis des Schuldners gegenüber dem Zessionar ist unabhängig von Art. 19 ZessÜ nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Art. 19 ZessÜ legt keinen bestimmten Zeitpunkt für den Abschluss der Vereinbarung über den Einredeverzicht fest, so dass ein Verzicht auf die Einwendungen sowohl bei Abschluss des Grundvertrages (z.B. als Teil desselben) als auch nach dem Abschluss des Grundvertrages vereinbart werden kann. 26 Wird eine solche Vereinbarung allerdings nach dem Ab22

Ebenso Horn in FS Wiegand 373 (380). Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 107; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 149. 24 In den ersten Entwürfen war auch eine Verzichtsvereinbarung zwischen dem Zessionar und dem Schuldner enthalten; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 220; für die Streichung vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 209. 25 Für einen Vergleich des Art. 19 ZessÜ mit dem ABGB Recht s. Lukas, ÖBA 2000, 501 (508). 26 Vgl. zur diesbezüglichen Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 138. Dies ist bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen von 23

434

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

schluss des Grundvertrages und nach dem Zugang der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner getroffen, so ist für eine Wirksamkeit dieser Vereinbarung gegenüber dem Zessionar grundsätzlich Art. 20 Abs. 2 ZessÜ zu beachten. 27 Aus der Tatsache, dass Art. 19 Abs. 3 ZessÜ für die Wirkungen einer Änderung der Verzichtsvereinbarung gegenüber dem Zessionar auf Art. 20 Abs. 2 ZessÜ verweist, der nur bei Vereinbarungen nach dem Empfang der Abtretungsanzeige durch den Schuldner anzuwenden ist, kann m.E. nicht der Schluss gezogen werden, dass als spätestmöglicher Zeitpunkt für den (ursprünglichen) Einredeverzicht jener des Empfanges der Abtretungsanzeige durch den Schuldner anzunehmen ist. Art. 19 Abs. 3 ZessÜ erfasst jene Fälle, in denen die ursprüngliche Verzichtsvereinbarung vor dem Zugang der Abtretungsanzeige abgeschlossen worden ist, schließt damit m.E. jedoch nicht aus, dass ein Verzicht erstmalig nach diesem Zeitpunkt vereinbart wird. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass in der Praxis in solchen Fällen der Schuldner eher bestrebt sein wird, mit dem Zessionar (und nicht mit dem Zedenten) eine Vereinbarung über einen Einredeverzicht zu treffen, um beispielsweise 28 dadurch die Zahlungsfrist der auf den Zessionar übergegangenen Forderung zu verlängern oder den Zinssatz zu verringern. Generell werden Vereinbarungen zwischen dem Zessionar und dem Schuldner von Art. 19 ZessÜ nicht erfasst und sind nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ ist es nicht erforderlich, dass die Einreden in der Verzichtsvereinbarung einzeln angeführt werden. Auch eine Beschränkung des Einredeverzichtes auf jene Einreden, die der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung kannte oder kennen hätte müssen, sieht Art. 19 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ nicht vor. Dieses Erfordernis ist bewusst nicht in die Bestimmung aufgenommen worden, um zu vermeiden, dass der Zessionar in jedem einzelnen Fall feststellen müsste, welche Einreden der Schuldner tatsächlich gekannt

Bedeutung, beispielsweise bei Abtretungen von Forderungen, welche Zahlungsverpflichtungen aus einem Kreditkartengeschäft darstellen. Deshalb ist der maßgebliche Zeitpunkt für den Abschluss der Verzichtsvereinbarung (bei oder nach dem Abschluss des Grundvertrages) gestrichen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 223. 27 Art. 20 Abs. 2 ZessÜ bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine nach dem Zugang der Abtretungsanzeige geschlossene Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner, welche die Rechte des Zessionars berührt, dem Zessionar gegenüber wirksam ist. Zu Art. 20 ZessÜ s. 5. Teil, 5. Kapitel, II. 28 Die folgenden zwei Beispiele sind dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 150 entnommen, wobei im Sekretariatskommentar nicht der hier angeführte zeitliche Bezug hergestellt wird.

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

435

hatte oder kennen hätte müssen. 29 Nach dem ZessÜ ist somit ein „allgemeiner" Verzicht auf jene Einwendungen, die dem Schuldner ohne einen Verzicht nach Art. 18 ZessÜ zustehen würden, zulässig. Dies schließt aber andererseits nicht aus, dass der Schuldner im konkreten Fall nur auf bestimmte, in der Verzichtsvereinbarung einzeln angeführte Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch verzichtet. Ob ein „Anerkenntnis" einer Abtretung durch den Schuldner als ein Verzicht auf Einwendungen oder als eine Bestätigung des Einredeverzichtes zu werten ist, beurteilt sich nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht. 30 3.

Formerfordernis

Zum Schutz des Schuldners ist die Wirksamkeit der zwischen dem Zedenten und dem Schuldner getroffenen Vereinbarung über eine Nichtgeltendmachung von Einreden und Aufrechnungsrechten jedoch von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig. Dabei begnügt sich Art. 19 Abs. 1 Satz 1 ZessÜ nicht mit der Schriftform i.S.d. ZessÜ (s. Legaldefinition Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ), sondern verlangt darüber hinaus eine Unterzeichnung der Verzichtsvereinbarung durch den Schuldner. 31 Das erhöhte Formgebot soll einerseits, wie bereits erwähnt, dem Schutz des Schuldners dienen und andererseits den Nachweis über den Verzicht des Schuldners sicherstellen. 32 Eine Unterzeichnung der Verzichtsvereinbarung durch den Zedenten ist hingegen nicht erforderlich. Das Erfordernis der Unterzeichnung eines Schriftstücks ist nach Art. 5 lit. c Satz 2 ZessÜ erfüllt, sofern das Schriftstück die Person, deren Unterschrift erforderlich ist, identifiziert und ihre Zustimmung zu der im Schriftstück enthaltenen Information wiedergibt. Dies kann in einer allgemein anerkannten Weise oder durch ein Verfahren erfolgen, dem die Person, deren Unterschrift erforderlich ist, zugestimmt hat. Die Legaldefinition des Begriffes „Unterzeichnung" beruht auf Art. 7 UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce. Dem Erfordernis der Unterzeichnung eines Schriftstücks wird nicht nur durch eine handschriftliche Unterschrift, son-

29 Die diesbezügliche Textpassage („the availability of which the debtor knew or ought to have known at the time of waiver") ist gestrichen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 141; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 224; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 19. 30 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 139 f.; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 19. 31 Zu dem Begriff „Schriftform" vgl. 4. Teil, 3. Kapitel, II. 32 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 152.

436

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

dern auch durch einen Stempel, durch gelochte Linien, gedruckte Briefköpfe oder durch eine maschinengeschriebene Unterschrift entsprochen. 3 3 4.

Unverzichtbare

Einreden

Nach Art. 19 Abs. 2 ZessÜ sind bestimmte Einreden unverzichtbar, um den Schuldner vor einem ungebührlichen Druck seines Gläubigers in Bezug auf die Vereinbarung eines Einredeverzichtes zu schützen. In diesem Zusammenhang ist jedoch nochmals hervorzuheben, dass Art. 19 ZessÜ nur auf eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner anwendbar ist, weshalb der Schuldner - aus der Sicht des ZessÜ 34 - in einer Vereinbarung mit dem Zessionar auch auf eine Geltendmachung der nach dem ZessÜ unverzichtbaren Einwendungen (Art. 19 Abs. 2 lit. a und b ZessÜ) verzichten kann. Art. 19 ZessÜ ist eine Vorschrift, welche auf die jeweiligen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Schuldners Bezug nimmt. Um dem Schuldner jedenfalls die Einreden nach Art. 19 Abs. 2 ZessÜ zu erhalten, ist Art. 19 ZessÜ zwingend und kann daher durch eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten nicht ausgeschlossen oder abgeändert werden (Art. 6 Satz 1 ZessÜ). Diese Einschränkung gilt jedoch nicht, wie bereits erwähnt, für eine Vereinbarung zwischen dem Zessionar und dem Schuldner. Die Vorschriften der Art. 18 und Art. 19 Abs. 1 ZessÜ differenzieren zwischen Einwendungen („defences") und Aufrechnungsrechten („rights of s e t - o f f ) ; nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 2 ZessÜ sind jedoch nur bestimmte Einwendungen unverzichtbar. Der Zweck der Vorschrift des Art. 19 Abs. 2 ZessÜ ist der Schutz des Schuldners, der dadurch gewährleistet werden soll, dass ein Verzicht in Bezug auf Einwendungen, die auf bestimmten Umständen beruhen (Art. 19 Abs. 1 lit. a und b ZessÜ), unwirksam ist. Treffen diese Umstände auch für ein Recht zur Aufrechnung zu, so ist m.E. auch dieses als unverzichtbar zu bewerten. 35 33 Vgl. zu den Einzelheiten Guide to Enactment of the UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce 1996 Rn. 54. 34 Die Zulässigkeit und die Wirksamkeit einer Einwendungsverzichtsvereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zessionar sind nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu beurteilen. Nach Art. 29 ZessÜ regelt das auf den Grundvertrag anwendbare Recht die Beziehung zwischen dem Zessionar und dem Schuldner. 35 Diese Frage ist von der Arbeitsgruppe, soweit ersichtlich, nicht diskutiert worden. Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (59), verwendet im Zusammenhang mit Art. 19 Abs. 2 ZessÜ beide Begriffe; ebenso derselbe, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (293). Dass der Begriff „defences" in Art. 19 Abs. 2 ZessÜ auch das Recht zur Aufrechnung umfasst, ergibt sich m.E. zudem daraus, dass die Einfügung des Begriffes „rights of s e t - o f f in Art. 18 Abs. 1 ZessÜ erfolgte, um sicherzustellen, dass auch ein Recht zur Aufrechnung als Einwendung verstanden werde. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe wäre

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

a)

437

Geschäftsunfähigkeit des Schuldners

Nach Art. 19 Abs. 2 lit. b ZessÜ kann der Schuldner nicht auf Einwendungen verzichten, die „auf der Geschäftsunfähigkeit 36 (Rechtsunfähigkeit) des Schuldners beruhen". 37 Damit sollen Fälle der Geschäftsunfähigkeit des Schuldners bei Abschluss der Grundvertrages erfasst werden, 38 aber wohl auch jene, in denen der Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt auf die Einrede der Geschäftsunfähigkeit bei Abschluss des Grundvertrages verzichtet, was unzulässig ist. b)

Betrügerische Handlungen

Nach Art. 19 Abs. 2 lit. a ZessÜ kann der Schuldner auf die Geltendmachung jener Einwendungen nicht wirksam verzichten, die sich aus betrügerischen Handlungen des Zessionars ergeben. 39 Dazu zählen nicht nur solche, die vom Zessionar allein begangen werden, sondern nach Ansicht der Verfasser auch jene betrügerischen Handlungen, die der Zessionar im Zusammenwirken mit dem Zedenten verübt (Kollusion). 40 Fraglich ist, ob die bloße Kenntnis des Zessionars von einer betrügerischen Handlung des Zedenten ausreicht, um ein Zusammenwirken i.S.d. Verfasser (und somit eine betrügerische Handlung des Zessionars) anzunehmen. M.E. ist diese Frage auf Grund folgender Überlegungen zu verneinen: 41 Aus Art. 19 Abs. 2 lit. a ZessÜ folgt im Umkehrschluss, dass der Schuldner gegenüber dem Zedenten wirksam auf Einwendungen verzichdies durch den Begriff „all defences" nicht zweifelsfrei sichergestellt. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 95. 36 Ob der Schuldner geschäftsunfähig ist, beurteilt sich nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht. 37 Art. 19 Abs. 2 lit. b ZessÜ beruht auf Art. 30 Abs. 1 lit. c UN Convention on International Bills of Exchange and International Promissory Notes (1988), der (auszugsweise) lautet: „A party may not set up against a protected holder any defence except: ... (c) Defences based on his incapacity to incur liability on the instrument ....". 38 S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 103; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 115; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/ WP.106, Rn. 59. 39 Der Vorschrift des Art. 19 Abs. 2 lit. a ZessÜ liegt Art. 30 Abs. 1 lit. b UN Convention on International Bills of Exchange and International Promissory Notes (1988) zugrunde: „A party may not set up against a protected holder any defence except: ... (b) arising from any fraudulent act on the part of such holder in obtaining the signature on the instrument of that party." Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 228. 40 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 109; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 22. 41 Diese Frage ist daher nicht nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, was zur Folge hätte, dass der in den Materialien verwendete Begriff „in collusion" i.S.d. jeweils anwendbaren Rechts auszulegen wäre.

438

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

ten kann, die sich aus betrügerischen Handlungen des Zedenten ergeben. Verzichtet der Schuldner in einer Abrede mit dem Zedenten auf die Geltendmachung dieser Einrede, so käme sie „durch die Hintertür" wieder zum Vorschein, sofern die bloße Kenntnis des Zessionars von der betrügerischen Handlung des Zedenten als solche des Zessionars i.S.d. Art. 19 Abs. 2 lit. a ZessÜ zu bewerten wäre, auf welche der Schuldner nicht verzichten kann. 42 Als Zusatzargument können auch die Bestimmungen des ZessÜ über die Kenntnis des Zessionars über eine vertraglich vereinbarte Abtretungsbeschränkung bzw. über das Verbot der Übertragung von Sicherungsrechten herangezogen werden. Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 2 und Art. 10 Abs. 3 Satz 2 ZessÜ ist eine Person, die nicht Partei einer solchen Vereinbarung ist, nicht allein deshalb haftbar, weil sie von einer solchen Vereinbarung Kenntnis hatte. Art. 19 ZessÜ ist, wie bereits erwähnt, nur auf eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten anzuwenden. Das bedeutet, dass die Unverzichtbarkeit der Einrede der betrügerischen Handlung des Zessionars nach Art. 19 Abs. 2 lit. b ZessÜ nicht für eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Zessionar und dem Schuldner gilt. 43 Mangels einer derartigen Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zessionar kann jedoch der Schuldner stets jene Einwendungen dem Zahlungsanspruch des Zessionars entgegenhalten, die auf einer vom Zessionar allein oder im arglistigen Zusammenwirken mit dem Zedenten begangenen betrügerischen Handlung beruhen. Wie bereits erwähnt, folgt im Umkehrschluss aus Art. 19 Abs. 2 lit. a ZessÜ, dass der Schuldner - in einer Vereinbarung mit dem Zedenten wirksam auf jene Einwendungen verzichten kann, die sich aus betrügerischen Handlungen des Zedenten ergeben. 44 Die ursprünglich vorgesehene Unverzichtbarkeit einer derartigen Einwendung ist während der Ausarbeitung des ZessÜ zum Schutz des Zessionars gestrichen worden. 45 Anderenfalls bestünde für den Zessionar die Notwendigkeit, Nachforschungen zu betreiben, ob der Zedent im Zusammenhang mit dem Grundvertrag betrügerisch vorgegangen sei, was einen negativen Einfluss auf die Kredit- und

42

Aus der Anmerkung im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 152: „With a view to protecting an assignee who accepts an assignment in good faith, the Working Group decided not to apply the same limitation to defences relating to fraud by the assignor.", könnte der gegenteilige Schluss gezogen werden. Dies ist m.E. auf Grund der angeführten Überlegung zu verneinen. 43 Die Zulässigkeit und die Wirksamkeit einer solchen Verzichtsvereinbarung sind, wie bereits erwähnt, nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu ermitteln. 44 Ebenso Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (59). 45 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/447, Rn. 109.

4. Kapitel: Einreden und

Aufrechnung

439

Finanzierungskosten haben könnte. 46 Hat daher der Schuldner weder gegenüber dem Zedenten noch gegenüber dem Zessionar in einem vom ihm unterzeichneten Schriftstück auf die Geltendmachung jener Einreden verzichtet, die auf einer betrügerischen Handlung des Zedenten beruhen, so kann er auch diese dem Zahlungsanspruch des Zessionars entgegenhalten. c)

Einredeverzicht eines Verbrauchers

Handelt es sich beim Schuldner um einen „Verbraucher", so ist auch im Zusammenhang mit Art. 19 ZessÜ die Vorschrift des Art. 4 Abs. 4 ZessÜ zu beachten. Nach Art. 4 Abs. 4 ZessÜ bleiben nationale Verbraucherschutzvorschriften durch das ZessÜ unberührt und gehen daher bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des ZessÜ auch der Bestimmung des Art. 19 ZessÜ vor. 47 Bestehen nach den jeweils anwendbaren nationalen Verbraucherschutzvorschriften beispielsweise über Art. 19 Abs. 2 lit. a und b ZessÜ hinausgehende Ausnahmen von der Wirksamkeit eines Einredeverzichtes des Schuldners, so sind diese im konkreten Fall zu berücksichtigen, da sie durch Art. 21 ZessÜ nicht verdrängt werden. 48 d)

Änderung der Einredeverzichtsvereinbarung

Art. 19 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ stellt klar, dass auch für die Änderung einer Vereinbarung über die Nichtgeltendmachung von Einwendungen und Aufrechnungsrechten das in Art. 19 Abs. 1 ZessÜ normierte Formgebot gilt. Um wirksam zu sein, muss die Änderung in Schriftform (Art. 5 lit. c Satz 1 ZessÜ) erfolgen und das Schriftstück muss vom Schuldner unterzeichnet (Art. 5 lit. c Satz 2 ZessÜ) sein. Für den Zessionar besteht die Wirkung einer Verzichtsvereinbarung darin, dass der Schuldner gegenüber dem Zessionar die von dieser Vereinbarung umfassten Einwendungen und Aufrechnungsrechte nicht geltend machen kann (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 ZessÜ). Da eine Änderung dieser Vereinbarung somit unmittelbar in die rechtliche Stellung des Zessionars eingreift, 49 bestimmt Art. 19 Abs. 3 Satz 2 ZessÜ zum Schutz des Zessionars, 46

So die Begründung in Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 22 und Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 152. 47 Aus österreichischer Sicht beispielsweise § § 1 8 , 26c KSchG. 48 Der Verweis in Art. 19 ZessÜ auf die nationalen Verbraucherschutzvorschriften („Without prejudice to the law governing the protection of the debtor in transactions made for personal, family or household purposes in the State in which the debtor is located, ...") ist auf Grund der Ergänzung von Art. 4 ZessÜ um die Bestimmung des Absatz 4 gestrichen worden. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 29 und 186. 49 Sei es zum Vorteil des Zessionars, indem der Schuldner auf die Geltendmachung weiterer Einreden verzichtet, sei es zum Nachteil des Zessionars, indem bestimmte Einreden oder Aufrechnungsrechte von der Verzichtsvereinbarung ausgenommen werden.

440

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

dass sich die Wirksamkeit (wörtlich „effect"/„Wirkung", besser wäre „effectiveness") einer solchen Änderung gegenüber dem Zessionar nach Art. 20 Abs. 2 ZessÜ beurteilt. Nach dieser Bestimmung ist eine nach der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, gegenüber dem Zessionar grundsätzlich unwirksam. 50 Art. 19 Abs. 3 Satz 2 ZessÜ verweist lediglich auf Art. 20 Abs. 2 ZessÜ, so dass die Änderung einer Verzichtsvereinbarung vor dem Zugang der Abtretungsanzeige gegenüber dem Zessionar grundsätzlich wirksam ist.51 Eine gegenteilige Auffassung würde einen Bruch mit Art. 20 Abs. 1 ZessÜ bedeuten, nach welchem vor der Anzeige der Abtretung eine zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, diesem gegenüber wirksam ist. Der in Art. 20 Abs. 1 ZessÜ verwendete Begriff „Vereinbarung" umfasst auch eine Vereinbarung über die Änderung einer Verzichtsabrede.

II. Regelung nach dem FactÜ A. Einleitung Während der Ausarbeitung des FactÜ bestand stets Einigkeit darüber, dass der Schuldner Einwendungen, die ihm gegenüber dem Lieferanten zustehen, 52 auch gegenüber dem Factor geltend machen können soll. Diese Berechtigung des Schuldners beruht auf dem Grundsatz, dass seine rechtliche Position durch die Forderungsabtretung nicht verschlechtert werden soll. 53 Art. 9 FactÜ 54 , der die Zulässigkeit von Einwendungen regelt, entspricht

50

Zu Art. 20 Abs. 2 ZessÜ vgl. 5. Teil, 5. Kapitel, II.C. Diese Ansicht wird durch eine Entwurffassung bestätigt, in welcher für die Wirksamkeit einer Änderung allgemein auf Art. 20 ZessÜ und nicht nur auf dessen Abs. 2 verwiesen wird, um auch Fälle zu erfassen, in welchen die Änderung der Verzichtsvereinbarung vor dem Zugang einer Abtretungsanzeige erfolgt. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UNDoc. A/CN.9/447, Rn. 121. 52 Beispiele: Der Lieferant ist seiner Lieferpflicht aus dem Warenkaufvertrag überhaupt nicht, verspätet oder mangelhaft nachgekommen. 53 Vgl. z.B. den Bericht über die erste Sitzung der Arbeitsgruppe UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 7, 6. 54 Die Vorschrift des Art. 9 FactÜ findet sich bereits im ersten Entwurf; s. UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 8, Article 6. Während der Ausarbeitung des FactÜ ist diese Bestimmung inhaltlich nur marginal geändert worden. 51

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

441

diesem Grundsatz und dient damit dem Schutz des Schuldners. 55 Ebenso wie Art. 8 FactÜ bezieht sich der Regelungsgegenstand des Art. 9 FactÜ lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Factor und nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten. Art. 9 FactÜ regelt zwei Fälle: Art. 9 Abs. 1 FactÜ erfasst die Einwendungen des Schuldners aus dem Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrag (s. Art. 1 Abs. 3 FactÜ), aus dem die vom Factor geltend gemachte Forderung entstanden ist, Art. 9 Abs. 2 FactÜ hingegen bezieht sich ausschließlich auf das Recht des Schuldners zur Aufrechnung mit Gegenforderungen. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Einreden nach Art. 9 Abs. 1 oder 2 FactÜ weichen voneinander ab, weshalb sie im Folgenden separat besprochen werden.

B. Einwendungen nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ Begehrt der Factor vom Schuldner die Bezahlung seiner Forderung (Art. 8 Abs. 1 FactÜ) und stehen dem Schuldner Einwendungen aus dem Grundvertrag gegen den ursprünglichen Gläubiger zu, so kann der Schuldner dem Zahlungsanspruch des Factors alle Einwendungen entgegenhalten, die sich aus dem Grundvertrag ergeben (Art. 9 Abs. 1 FactÜ 56 ). Aus der KannFormulierung 57 des Art. 9 Abs. 1 FactÜ folgt, dass es sich dabei um ein Recht des Schuldners handelt. Wendet jedoch der Schuldner die bestehenden Einwendungen nicht ein, so ist hinsichtlich einer schuldbefreienden Wirkung seiner Zahlung Art. 8 FactÜ zu beachten. Art. 9 Abs. 1 FactÜ erfasst Einwendungen, welche unmittelbar die abgetretene Forderung aus dem Warenkaufvertrag oder dem Dienstleistungsvertrag betreffen. 58 Zulässig sind Einwendungen, die der Schuldner dem Lieferanten entgegensetzen hätte können, wenn dieser ihn zur Zahlung aufgefordert hätte. Das bestimmt Art. 9 Abs. 1 FactÜ zwar ausdrücklich, 59 jedoch ist m.E. darin kein selbstständiges, zusätzliches Tatbestandsmerk55 H.A. Vgl. nur Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 213; von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 65. 56 Hat der Schuldner bereits an den Factor geleistet, so ist Art. 10 FactÜ maßgebend. 57 „The debtor may" bzw. „le débiteur peut". 58 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 43 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 100 Rn. 43 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 127 Rn. 43. 59 Die Berechtigung des Schuldners, dem Factor nur jene Einwendungen entgegenhalten zu können, die er auch gegenüber dem Zahlungsanspruch des Lieferanten einwenden könnte, entspricht dem Grundsatz, dass auf Grund der Abtretung die rechtliche Position des Schuldners grundsätzlich nicht verändert werden soll, d.h. weder verschlechtert noch verbessert.

442

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

mal 60 für die Geltendmachung von Einwendungen gemäß Art. 9 Abs. 1 FactÜ zu sehen, denn dieses Tatbestandsmerkmal deckt sich m.E. inhaltlich mit dem Tatbestandsmerkmal „alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Einwendungen". 61 Durch die gewählte Formulierung soll bekräftigt werden, dass Art. 9 Abs. 1 FactÜ diejenigen Einwendungen erfasst, welche die (konkrete) abgetretene Forderung betreffen. Denkbar wäre jedoch, dass mit dieser („doppelten") Formulierung die Wirkung eines Einredeverzichtes gegenüber dem Factor, den der Schuldner und der Lieferant vereinbart haben, geregelt werden soll, und zwar i.d.S., dass der Schuldner jene Einwendungen, auf deren Geltendmachung er gegenüber dem Lieferanten verzichtet hat, auch nicht gegenüber dem Factor geltend machen darf. Insoweit lägen Einwendungen aus dem Grundvertrag vor, die der Schuldner gegenüber dem Lieferanten auf Grund des Verzichtes nicht geltend machen könnte, sofern ihn dieser zur Zahlung auffordern würde, weshalb er sie gemäß Art. 9 Abs. 1 FactÜ auch nicht dem Zahlungsanspruch des Factors entgegenhalten kann. Der Einredeverzicht des Schuldners wird jedoch, soweit dies aus den Materialien ersichtlich ist, vom Regelungsbereich des FactÜ nicht erfasst. Die Wirksamkeit und die Wirkungen einer Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten bzw. dem Schuldner und dem Factor über die Nichtgeltendmachung von Einwendungen sind daher nach dem auf die Einwendungsverzichtsvereinbarung jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Art. 9 Abs. 1 FactÜ regelt zwar die Zulässigkeit der Geltendmachung von Einwendungen aus dem Grundvertrag, bestimmt jedoch weder Art noch Inhalt der einzelnen Einwendungen. Ebenso wenig enthält das FactÜ eine Legaldefinition des Begriffes „Einwendungen" 62 . Der für das internationale Einheitsrecht geltende Grundsatz der autonomen Interpretation von in einheitsrechtlichen Übereinkommen verwendeten Begriffen ist auch für den in Art. 9 FactÜ verwendeten Begriff „Einwendungen" zu beachten. Wesentlich ist, dass dem Schuldner dieselben Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die ihm auch ohne eine Forderungsabtretung zustünden, denn allein durch die Abtretung soll seine rechtliche Position nicht verschlechtert werden. Der Begriff „Einwendungen" erfasst daher alle Gegenrechte des Schuldners, seien sie materieller oder prozessualer Natur. 63 Ob 60 A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 212, der darin eine zweite Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Geltendmachung von Einreden nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ erblickt. 61 Nimmt man hingegen zwei voneinander unabhängige Tatbestandsmerkmale an, so setzt dieses Verständnis m.E. voraus, dass es Einwendungen aus dem Grundvertrag geben kann, die der Schuldner gegenüber dem Lieferanten nicht geltend machen kann. 62 „Defences" bzw. „moyens de defense". 63 S. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 211; Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 5, a.A. Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 117, der die Meinung vertritt, die

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

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es sich bei der konkreten Einwendung gegen den Zahlungsanspruch des Factors um eine materielle oder eine prozessuale Einwendung handelt, kann von Rechtsordnung zu Rechtsordnung differieren. Letztlich entscheidet aber das anwendbare nationale Recht, ob die konkrete Einwendung, sei sie nun materieller oder prozessualer Natur, tatsächlich durchsetzbar ist, da Art. 9 Abs. 1 FactÜ nur die Zulässigkeit von Einwendungen normiert. Bezogen auf den Inhalt der Einwendungen i.S.d. Art. 9 Abs. 1 FactÜ kann aus dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Bestimmungen des FactÜ lediglich abgeleitet werden, dass der Schuldner dem Factor den Umstand nicht entgegenhalten kann, dass die Abtretung entgegen einem vertraglichen Verbot (abredewidrig) erfolgt ist (Art. 6 Abs. 1 FactÜ). Nach dem Konzept des FactÜ ist die Abtretung durch den Lieferanten an den Factor grundsätzlich auch dann wirksam, wenn zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner eine Vereinbarung besteht, die eine derartige Abtretung verbietet. 64 Könnte der Schuldner dem Zahlungsanspruch des Factors die Einrede der abredewidrig erfolgten Abtretung bzw. daraus resultierende Ansprüche entgegenhalten, so würde die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 FactÜ im Ergebnis leer laufen. Diese Einwendung steht dem Schuldner allerdings doch zu, sofern er bei Abschluss des Grundvertrages seine Niederlassung in einem Staat hat, der einen Vorbehalt nach Art. 18 FactÜ erklärt hat (Art. 6 Abs. 2 FactÜ). Abgesehen von Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 18 FactÜ ist nach dem auf die Forderung - also den Grundvertrag 65 - jeweils anwendbaren nationalen Recht zu prüfen, welche Einwendungen der Schuldner dem Zahlungsanspruch des Factors entgegenhalten kann. 66 Nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ kann der Schuldner dem Factor „alle sich aus dem Warenkaufvertrag ergebenden Einwendungen" 67 entgegenhalten. Durch diese Formulierung erfolgt jedoch keine Beschränkung der Einwendungen auf diejenigen, die sich nur unmittelbar aus dem Grundvertrag, Definition des Begriffes Einwendungen sei dem anwendbaren nationalen Recht überlassen. Die Materialien enthalten dazu - soweit ersichtlich - keine Ausführungen. 64 Zu Beginn der Ausarbeitung enthielt Art. 9 Abs. 1 FactÜ einen Bezug auf die das Abtretungsverbot regelnde Vorschrift (damals Art. 4 FactÜ). S. UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 7 („Subject to article 4") und Rn. 27. Während der dritten Sitzung der Regierungssachverständigen ist der Bezug - m.E. zu Recht - als überflüssig gestrichen worden, da das FactÜ in seiner Gesamtheit zu lesen sei. S. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 19 und Article 8. 65 Aus UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 7, 6 lit. e) und UNIDROIT 1984, Study LVIII - Doc. 18, 4 folgt, dass das für den Grundvertrag maßgebende Vertragsstatut über die Einwendungen des Schuldners entscheidet. 66 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 211; a.A. Kitsaras, UnidroitÜbereinkommen 117, nach dessen Ansicht sich die Einwendungen ausschließlich aus dem jeweils maßgeblichen nationalen Recht ergeben, er somit Art. 6 Abs. 2 FactÜ nicht beachtet. 67 „... defences arising under that contract ...".

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

also dem Warenkaufvertrag oder Dienstleistungsvertrag, ergeben. Aus den Materialien 68 folgt klar, dass mit dieser Formulierung auch solche Einwendungen erfasst werden sollen, die dem Schuldner nach dem auf den Grundvertrag anwendbaren nationalen Recht auf Grund der gesetzlichen Vorschriften zustehen. 69 Ist auf den Warenkaufvertrag etwa das CISG anzuwenden, so sind jedoch grundsätzlich die Rügeobliegenheit nach Art. 39 CISG und die Rechtsbehelfe des Käufers (Schuldners nach dem FactÜ) gemäß Art. 45 Abs. 1 CISG zu beachten. Art. 9 Abs. 1 FactÜ legt - im Unterschied zu Art. 9 Abs. 2 FactÜ - keinen maßgeblichen Zeitpunkt fest, bis zu welchem die Einwendungen entstehen müssen, um gegen den Zahlungsanspruch des Factors eingewendet werden zu können. 70 Der Schuldner kann daher sämtliche Einwendungen, welche die abgetretene Forderung aus dem Warenkaufvertrag oder Dienstleistungsvertrag betreffen, unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung dieser Einreden geltend machen. Art. 9 Abs. 1 FactÜ setzt in diesem Zusammenhang lediglich voraus, dass die Einwendungen ihrem Rechtsgrund nach aus dem Grundvertrag oder aus dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht resultieren. 71 Die Einwendungen werden dem Schuldner daher nicht abgeschnitten, wenn sich deren Tatbestand erst nach der Abtretung oder nach der Verständigung über die Abtretung verwirklicht. Aus dem Einleitungssatz („Fordert der Factor den Schuldner zur Zahlung einer Forderung a u f ) folgt m.E. jedoch, dass die Einwendungen spätestens im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung durch den Factor (genauer: im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung) tatsächlich bestehen müssen. Zahlt der Schuldner die abgetretene Forderung gemäß Art. 8 Abs. 1 FactÜ an den Factor, ohne Einwendungen geltend machen zu können, da die Forderung schon vor der Leistung des Lieferanten fällig war (die je68

UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 276 (DiskussionsbeiGoode). 69 Mit der Formulierung „... defences arising under that contract ..." bzw. „... les moyens de défense dérivant du contrat ..." soll vielmehr klargestellt werden, dass Art. 9 Abs. 1 FactÜ ausschließlich Einwendungen erfasst, welche die konkrete Forderung betreffen. 70 Zu Beginn der Ausarbeitung des FactÜ war eine zeitliche Beschränkung auch für Einwendungen aus dem Grundvertrag vorgesehen. Vgl. UNIDROIT 1979, Study LVIII Doc. 7, 6; UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 8, Article 6: „The debtor may only set up against the factor those defences which he could have raised against the supplier at the time he was notified of the assignment." Bereits in UNIDROIT 1982, Study LVIII Doc. 10, Articel 7 und Rn. 27, fehlt diese zeitliche Komponente. 71 Zu den nach dem Abschluss des Grundvertrages oder nach der Abtretung erfolgten Änderungen des Grundvertrages durch eine Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner und den daraus resultierenden „Einreden" des Schuldners vgl. 5. Teil, 5. Kapitel, III.A. trag

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

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doch in weiterer Folge verspätet, mangelhaft oder überhaupt nicht erfolgt) oder weil ein Mangel erst nach der Zahlung an den Factor erkennbar wird, so ist nicht die Vorschrift des Art. 9 FactÜ, sondern jene des Art. 10 FactÜ zur Beurteilung der rechtlichen Möglichkeiten des Schuldners heranzuziehen. Die Einwendungen sind vom Schuldner gegenüber dem Factor zu erklären. Dies ergibt sich m.E. bereits aus der Wortinterpretation des Art. 9 Abs. 1 FactÜ. 72 Fraglich ist, ob der Schuldner für seine Einwendungen das Schriftformgebot i.S.d. Art. 1 Abs. 4 FactÜ zu beachten hat. 73 Zunächst ist zu klären, ob es sich dabei um eine Frage handelt, die außerhalb des FactÜ liegt, oder ob diese Frage zwar einen im FactÜ geregelten Gegenstand betrifft, dieser aber im FactÜ nicht ausdrücklich entschieden ist. Im ersten Fall ist diese Frage nach dem für die Einwendungen maßgebenden nationalen Recht zu beantworten, im zweiten Fall hingegen ist zu untersuchen, ob ein allgemeiner Grundsatz gefunden werden kann, der dem FactÜ zugrunde liegt; mangels eines solchen Grundsatzes ist wiederum auf das für die Einwendungen jeweils anwendbare nationale Recht zurückzugreifen. M.E. liegt diese Frage außerhalb des Regelungsbereiches des FactÜ, da Art. 9 Abs. 1 FactÜ zwar die Zulässigkeit von Einwendungen regelt, die konkreten Einwendungen jedoch nahezu ausschließlich (mit Ausnahme des Art. 6 FactÜ) aus dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht folgen. Daher sollte auch dieses Recht darüber entscheiden, ob und welches Formgebot der Schuldner bei einer Geltendmachung von Einwendungen zu beachten hat. Wie bereits erwähnt, regelt das FactÜ weder die Art noch den Inhalt (Ausnahme: Art. 6 FactÜ) von Einwendungen, weshalb das nach dem IPR jeweils anwendbare nationale Recht auch für die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Geltendmachung von Einwendungen maßgebend ist. 74 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Vereinheitlichungseffekt des Art. 9 Abs. 1 FactÜ ein minimaler ist. Der Regelungsge72 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 213, wird diese Frage in Art. 9 Abs. 1 FactÜ nicht geregelt, jedoch folge aus dem Grundsatz, dass Mitteilungen immer demjenigen zu machen seien, den sie unmittelbar betreffen, dass die Einwendungen dem Factor gegenüber zu erklären sind. Seiner Ansicht nach bestimmt lediglich Art. 9 Abs. 2 FactÜ, dass die Aufrechnung dem Factor gegenüber zu erklären ist; dies ungeachtet des vergleichbaren Aufbaues des Art. 9 Abs. 2 FactÜ („The debtor may also assert against the factor ...") und des Art. 9 Abs. 1 FactÜ („... the debtor may set up against the factor ..."). 73 In den Materialien wird diese Frage, soweit ersichtlich, nicht aufgeworfen. 74 A.A. Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 19; wie hier Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 212, nach dessen Ansicht jedoch unmittelbar aus Art. 9 Abs. 1 FactÜ folgt, dass der Anspruch des Factors jedenfalls nicht durchsetzbar sei und erst die Frage, ob der Anspruch des Factors nur gehemmt oder vernichtet wird, nach dem anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen sei.

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

genstand beschränkt sich auf die Bestimmung der grundsätzlichen Zulässigkeit von Einwendungen aus dem Grundvertrag. Welche Einwendungen der Schuldner gegen den Zahlungsanspruch des Factors erheben kann und welche Rechtsfolgen damit verbunden sind, ist hingegen grundsätzlich nach dem auf den Grundvertrag anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Der Factor ist somit bezüglich der Einwendungen des Schuldners nicht mit einem international einheitlichen Regelwerk, sondern mit (unterschiedlichen) nationalen Rechtsordnungen konfrontiert. Bei nachfolgenden Abtretungen, wie im Zwei-Factor-Verfahren üblich, tritt gemäß der Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ der nachfolgende Zessionar (= Import-Factor) an die Stelle des Factors. Aus Art. 9 Abs. 1 FactÜ ergibt sich, dass der Schuldner seine Einwendungen aus dem Grundvertrag 75 dem Zahlungsanspruch des nachfolgenden Zessionars entgegenhalten kann.

C. Die Aufrechnung nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ Art. 9 Abs. 2 FactÜ enthält eine Sonderregelung 76 für das „Recht der Aufrechnung". Der Schuldner kann gegenüber dem Zahlungsanspruch des Factors mit jenen Forderungen aufrechnen, die gegen den Lieferanten „bestehen" 77 , zu dessen Gunsten die Forderung entstanden ist und die dem Schuldner im Zeitpunkt des Erhalts der Abtretungsanzeige zur Verfügung stehen. Art. 9 Abs. 2 FactÜ enthält eine Vorschrift für jene Fälle, in denen die geltend gemachte Forderung aus dem Grundvertrag einredefrei besteht, der Schuldner somit zur Zahlung an den Factor verpflichtet ist, 78 er jedoch

75 Die von Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 128 und Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 213, aufgeworfene und sodann verneinte Frage, ob der Schuldner dem nachfolgenden Zessionar auch Einwendungen gegen den Export-Factor und gegen den nachfolgenden Zessionar entgegenhalten könne, ist bereits auf Grund des klaren Wortlautes von Art. 9 Abs. 1 FactÜ („Einwendungen aus dem Grundvertrag") zu verneinen. Art. 9 Abs. 1 FactÜ bewirkt i.V.m. der Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ lediglich eine Änderung in der Person des Erklärungsempfängers der Einwendungen aus dem Grundvertrag. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Schuldner mit dem Export- und dem Import-Factor in keinem Vertragsverhältnis steht. 76 UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 277 (Diskussionsbeitrag Goode): „... Paragraph 2 was directed rather to rights of set-off and its scope was therefore restricted to rights of set-off ...". 77 Art. 9 Abs. 2 FactÜ: „... any right of set-off in respect of claims existing against the supplier ..." bzw. „... tout droit ä compensation relatif ä des droit ou actions existants contre le fournisseur ...". 78 UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 278 (Diskussionsbeitrag Goode).

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

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aus einem anderen Rechtsgrund, 79 d.h. nicht aus dem konkreten Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrag, eine Gegenforderung gegen den Lieferanten hat. 80 Wesentlich ist m.E., 81 dass die Gegenforderung nicht mit dem konkreten Grundvertrag im Zusammenhang steht. Befindet sich der Schuldner in einer dauerhaften Geschäftsverbindung mit dem Lieferanten, so kann er etwa mit seinem Anspruch wegen der Schlechterfüllung eines vorangehenden Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrages nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ gegen den Zahlungsanspruch des Factors aufrechnen. 82 Ist der Schuldner nicht zur Vorleistung verpflichtet oder wird der Mangel nicht erst nach der Zahlung an den Factor erkennbar, so hat der Schuldner nach dem Konzept des Art. 9 FactÜ bei einer Nichterfüllung, mangelhaften oder verspäteten Erfüllung des Grundvertrages grundsätzlich die Wahl, ob er eine der Vertragsverletzung entsprechende Einrede gegen den Zahlungsanspruch des Factors erhebt (Art. 9 Abs. 1 FactÜ) oder ob er dennoch zahlt und seinen Anspruch als Gegenforderung gegen einen späteren Zahlungsanspruch des Factors geltend macht (Art. 9 Abs. 2 FactÜ). Die Regelung des Art. 9 Abs. 2 FactÜ setzt nicht voraus, dass die Gegenforderung des Schuldners aus einem bestimmten Rechtsgrund resultiert, beispielsweise aus einem anderen Grundvertrag des Schuldners mit dem Lieferanten. Nach dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ kann der Schuldner daher auch etwa solche Ansprüche geltend machen, die ihm gegen den Lieferanten aus einem deliktischen Verhalten zustehen. 83 Gegenstand bzw. Inhalt einer Gegenforderung wird - von der Factoringpraxis ausgehend regelmäßig eine Geldforderung des Schuldners gegen den Lieferanten sein; in einem solchen Fall rechnet der Schuldner mit einem gleichartigen An79 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 43 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 100 Rn. 43 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 127 Rn. 43: „Paragraph 2 relates to defences available to the debtor against the supplier not connected with the receivable." A.A. offenbar UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 28: „... the set-off must arise out of the performance, possibly defective performance, of the contract in question or must be related to earlier claims.", und UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 278 (Diskussionsbeitrag Goode): „...paragraph 2 would be concerned with rights of set-off arising through cross-claims which were however not necessarily related to the contract." Aus dem Kontext ist ersichtlich, dass mit dem Wort „contract" der Grundvertrag gemeint ist. 80

Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 210; ihm folgend Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 2. 81 A.A. Eidenmüller, AcP 2004, 457 (485, Fn 70). 82 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 214. 83 Im internationalen Factoringgeschäft sind Ansprüche aus Delikt eher unwahrscheinlich; die Verfasser des FactÜ hatten Ansprüche aus anderen Grundverträgen vor Augen. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 44 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 100 Rn. 44 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 129 Rn. 44 und UNIDROIT Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 278 (Diskussionsbeitrag Reisman).

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

spruch (Geldforderung) gegen den Zahlungsanspruch (Geldforderung) des Factors auf. Nach dem französischen Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ („droits ou actions") 84 ist jedoch eine Aufrechnung mit ungleichartigen Ansprüchen zumindest nicht ausgeschlossen. 85 Wesentlich ist, dass die konkrete Gegenforderung gegen denjenigen Lieferanten besteht, zu dessen Gunsten die nun vom Factor geltend gemachte Forderung entstanden ist. Mit einer Gegenforderung, die dem Schuldner gegen den Factor oder gegen einen anderen Lieferanten zusteht, der seine Forderungen an denselben Factor abgetreten hat, kann der Schuldner nicht auf Grund Art. 9 Abs. 2 FactÜ gegen den Zahlungsanspruch des Factors aufrechnen. 86 „Besteht" die Gegenforderung, so sieht Art. 9 Abs. 2 FactÜ als weitere Voraussetzung vor, dass die Gegenforderung dem Schuldner im Zeitpunkt der schriftlichen Anzeige nach Art. 8 Abs. 1 FactÜ gegen den Lieferanten „zur Verfügung stehen" 87 muss. Zunächst ist zu klären, was mit dieser Formulierung gemeint ist. Art. 9 Abs. 2 FactÜ verweist für die Anzeige auf Art. 8 Abs. 1 FactÜ. Wie bereits erwähnt, ist nach der Regelung des Art. 8 Abs. 1 FactÜ der maßgebliche Zeitpunkt für die schriftliche Anzeige derjenige, in dem die Anzeige „gemacht" wird. Nach Art. 1 Abs. 4 lit. c FactÜ ist eine Anzeige i.S.d. FactÜ „gemacht", wenn sie dem Empfänger zugeht. Ab diesem Zeitpunkt ist die Anzeige dem Schuldner gegenüber wirksam. 88 Das Übereinkommen enthält jedoch keine Bestimmung über den Zeitpunkt oder die Voraussetzungen der Wirksamkeit des Zuganges. Im Sinne einer konventionsübergreifenden Interpretation ist für den Zeitpunkt des Zuganges m.E. entsprechend Art. 24 CISG auf das Eintreffen der Anzeige im Machtbereich des Erklärungsempfängers, unabhängig von einer konkreten Kenntnisnahme, abzustellen. 89

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In der englischen Fassung wird lediglich der (engere) Begriff „Claims" verwendet. Darauf weist Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 215, hin. 86 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 48; UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 44 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 100 Rn. 44 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 129 Rn. 44. 87 Art. 9 Abs. 2 FactÜ: „available" bzw. „qu'il peut invoquer". 88 Ebenso Goode (Diskussionsbeitrag), UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 17, 274. 89 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 205, liegt ein Fall des Art. 4 Abs. 2 FactÜ vor; als ein Grundsatz des FactÜ könne ermittelt werden, dass „es für das Machen einer Anzeige auf den tatsächlichen Empfang ankommt, d.h. die Möglichkeit der Kenntnisnahme." Für die Anwendung des Art. 4 Abs. 2 FactÜ, jedoch ohne nähere Ausführungen, auch Diehl-Leistner, Internationales Factoring 128 und Kitsaras, UnidroitÜbereinkommen 109. Nach von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 57, hingegen ist der genaue Zugangszeitpunkt nach dem mithilfe des IPR ermittelten nationalen Recht zu bestimmen. 85

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

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Die in Art. 9 Abs. 2 FactÜ normierte zeitliche Schranke für die relevanten Gegenforderungen dient dem Schutz des Factors. 90 Ab dem Zugang der Abtretungsanzeige für eine konkrete Forderung 91 können keine neuen nicht mit dem konkreten Vertrag zusammenhängenden - Gegenforderungen entstehen, mit denen der Schuldner gegen den Zahlungsanspruch des Factors bezüglich dieser Forderung aufrechnen könnte. Die Verwendung des Begriffspaares „bestehen" („existing") und „zur Verfügung stehen" („available") einer Forderung legt eine unterschiedliche Bedeutung dieser Begriffe nahe. Konkret stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine bestehende Forderung dem Schuldner i.S.d. Art. 9 Abs. 2 FactÜ „zur Verfügung steht", vor allem, ob die Fälligkeit der Gegenforderung Voraussetzung für die Aufrechnung ist. 92 Der Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ bietet keinen eindeutigen Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser Frage. Die Materialien zu Art. 9 Abs. 2 FactÜ enthalten zum Begriff „available" den Hinweis, eine Forderung stehe dem Schuldner dann zur Verfügung, wenn sie nicht bloß bedingt sei. 93 In weiterer Folge haben die finnische, die japanische und die schwedische Regierung 94 in ihren jeweiligen Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass der Begriff „available" einer Klärung bedürfe. 95 Aus dem Erläuterungsbericht vor der Konferenz in Ottawa 96 ist schließlich die Absicht der Expertenkommission erkennbar: Nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht 90 Vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 48: „... for otherwise it would be possible for the supplier and the debtor subsequently to erode the position of the factor by the conclusion of new contracts giving rise to a set-off of which the factor was unaware." und UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 43 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 100 Rn. 43 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 127 Rn. 43. 91 Nach Art. 8 Abs. 1 lit. c FactÜ kann eine Anzeige über die Abtretung frühestens bei Abschluss des Grundvertrages wirksam vorgenommen werden. 92 Zu Beginn der Ausarbeitung des FactÜ wurde das Begriffspaar „existed" und „enforceable"(vollstreckbar, einklagbar) verwendet. Vgl. UNIDROIT 1979, Study LVIII Doc. 8, Article 6. Aus dem Begriff „enforceable" lässt sich eindeutig das Erfordernis der Fälligkeit der Gegenforderung ableiten. 93 Vgl. UNIDROIT 1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 45 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 77 Rn. 45: „... Such rights may be exercised against the factor subject to certain conditions, the first of which is that they are not merely contingent. In other words they must exist and be available to the debtor ...". 94 Vgl. für die Stellungnahmen der finnischen und der schwedischen Regierung UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 22, Article 7, 11 und für die Stellungnahme der japanischen Regierung UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 29, Article 7, 3. 95 Bezug nehmend auf die Stellungnahmen der finnischen und der schwedischen Regierung erklärte ein Mitglied des Komitees der Regierungssachverständigen, die Aufrechnungsmöglichkeit bestehe auch für noch nicht fällige Forderungen. Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 54. 96 Aus den Verhandlungsprotokollen der Konferenz ist ersichtlich, dass dieser Punkt während der Konferenz nicht mehr angesprochen bzw. erörtert worden ist.

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

sei zu entscheiden, ob die Forderung dem Schuldner bereits bei bloßer Existenz derselben „zur Verfügung steht" oder ob dafür die Fälligkeit der Forderung Voraussetzung sei. 97 Der Verweis auf das nationale Recht bezieht sich jedoch nicht - wie man annehmen würde - auf das Recht, welches für die Gegenforderung gilt, sondern auf jenes Recht, das für den Grundvertrag maßgebend ist, aus dem die vom Factor geltend gemachte Forderung resultiert. 98 Der Verweis der Expertenkommission auf das nationale Recht hält einer kritischen Beurteilung nicht stand. 99 Einerseits haben die Verfasser die Möglichkeit nicht genutzt, in dieser wichtigen Frage eine einheitliche Sachvorschrift zu erarbeiten, obwohl es in diesem Punkt, soweit das aus den Materialien ersichtlich ist, keine widerstreitenden Auffassungen der beteiligten Staaten gegeben hat. Andererseits findet die Absicht der Verfasser im Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ keine Deckung. Nach diesem kann der Schuldner mit einer Gegenforderung nur dann aufrechnen, wenn im Zeitpunkt der Anzeige zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Die Forderung muss bestehen („existing") und dem Schuldner zur Verfügung stehen („available"), also durchsetzbar sein. Das bloße Bestehen einer Forderung berechtigt daher offenbar nicht zur Aufrechnung. 100 Nach den Materialien soll nun das nationale Recht darüber entscheiden, ob bereits die bloße Existenz der Forderung im Zeitpunkt des Erhalts der Abtretungsanzeige für die Aufrechnungsmöglichkeit ausreichend ist. Diese Absicht der Verfasser bzw. der Verweis auf das nationale Recht findet aber, wie bereits erwähnt,

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Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVlll - Doc. 33, Rn. 44 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 100 Rn. 44 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 129 Rn. 44. „... in particular the committee deemed it preferable not to indicate whether the rights available to the debtor are those due for payment or simply those in existence at the time notice is received." 98 Nach UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 7, 6 lit. e) und UNIDROIT 1984, Study LVII1 - Doc. 18, 4 entscheidet das für den Grundvertrag maßgebende Vertragsstatut über die Einwendungen des Schuldners. 99 Für eine ausführlichere Kritik, welche auch die hier angeführten Punkte umfasst, vgl. von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 75 f. 100 A.A. Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (613), nach welchem Art. 9 Abs. 2 FactÜ eine Aufrechnung gegenüber dem Factor auch dann zulässt, wenn eine vor Zugang der Abtretungsanzeige erworbene Gegenforderung gegen den Lieferanten erst nach Zugang der Abtretungsanzeige und nach der abgetretenen Forderung fällig geworden ist. In seinen Ausführungen verweist er für das Verständnis des Begriffes „available" nicht auf die Absicht der Verfasser. Ihm folgend Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 15, der jedoch in weiterer Folge m.E. widersprüchlich festhält, dass der Begriff „available" nach dem anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen sei.

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

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im Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ keine Deckung. 101 Es ist wohl davon auszugehen, dass die Anwender des FactÜ auf Grund des Wortlautes des Art. 9 Abs. 2 FactÜ die Fälligkeit einer Gegenforderung für die Aufrechnung voraussetzen werden. Es bleibt somit die Feststellung, dass die Verfasser die Möglichkeit nicht genutzt haben, eine einheitliche Sachvorschrift für die Voraussetzungen der Aufrechnung im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Factor zu verabschieden. Damit wären die Verfasser dem in der Präambel des FactÜ zum Ausdruck gebrachten Ziel des Übereinkommens - durch die Annahme einheitlicher Bestimmungen einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der das internationale Factoring erleichtert - m.E. ein wesentliches Stück näher gekommen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Cour d'Appel de Grenoble. 102 Nach dieser Entscheidung folge sowohl aus dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ als auch aus den Materialien, dass das Recht zur Aufrechnung auch dann bestehe, wenn nicht alle Abtretungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige vorliegen, sofern die Forderung vor diesem Zeitpunkt geltend gemacht worden ist. 103 M.E. findet diese Ansicht keine Deckung in den Materialien oder im Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ. Aus der Diskussion während der Verhandlungen ist lediglich ableitbar, dass nach der Absicht der Verfasser das nationale Recht darüber entscheiden solle, ob bereits die bloße Existenz der Forderung im genannten Zeitpunkt für die Aufrechnungsmöglichkeit ausreichend sei, nicht jedoch, dass nicht sämtliche Abtretungsvoraussetzungen vorliegen müssen. Art. 9 Abs. 2 FactÜ regelt die Möglichkeit des Schuldners zur Aufrechnung unter bestimmten Voraussetzungen, wobei sich die Gegenforderungen allerdings nur aus dem jeweils anwendbaren nationalen Recht ergeben können. Ob diese Forderungen zu Recht bestehen, ist daher ebenso nach dem nationalen Recht zu beurteilen wie die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Aufrechnung nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ. Bereits aus dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 FactÜ folgt, dass die Aufrechnung vom Schuldner gegenüber dem Factor zu erklären ist. 104 Parallel 101 Auf diese Absicht der Verfasser wird in der Regel nicht hingewiesen. Vgl. beispielsweise die Beiträge von Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (378); Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (355, 359 Fn 107); Girsberger, Am. J. Comp. L. 1992, 467 (494). 102 Entscheidung vom 13.IX.1995, Zusammenfassung veröffentlicht in Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1996, 400 f. 103 Das Gericht hat im Ergebnis die Aufrechnungsmöglichkeit bejaht, obwohl nach den in Betracht kommenden nationalen Rechtsordnungen eine Aufrechnung ausgeschlossen gewesen wäre. Vgl. zu dieser Entscheidung auch Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (313). 104 „... the debtor may also assert against the factor ...". Für die Aufrechnungserklärung ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 216, der dies (grammatikalische In-

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

zu Art. 9 Abs. 1 FactÜ stellt sich die Frage, ob die Aufrechnungserklärung dem im Art. 1 Abs. 4 FactÜ geregelten Schriftformgebot zu entsprechen hat. 105 Art. 9 Abs. 2 FactÜ regelt zwar (teilweise) die materiellen Voraussetzungen einer Aufrechnung, nicht jedoch, in welcher Form der Schuldner von seinem Recht zur Aufrechnung Gebrauch machen soll. Insoweit liegt m.E. keine Lücke in Art. 9 Abs. 2 FactÜ vor, die - sofern vorhanden durch Grundsätze des FactÜ zu schließen wäre. 106 Es ist daher nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, ob der Schuldner für die Aufrechnungserklärung überhaupt ein Formgebot zu beachten hat. Im Fall einer nachfolgenden Abtretung ist nach der Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ die Bestimmung über die Aufrechnung so anzuwenden, als wäre der nachfolgende Zessionar der Factor. Begehrt der nachfolgende Zessionar auf Grund einer nachfolgenden Abtretung die Zahlung der Forderung vom Schuldner, so kann m.E. dieser nur dem nachfolgenden Zessionar gegenüber mit einer Gegenforderung, die aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner stammt, aufrechnen. Ein Wahlrecht des Schuldners, die Aufrechnung dem ersten Factor oder dem nachfolgenden Zessionar gegenüber zu erklären, besteht m.E. auf Grund des klaren Wortlautes von Art. 9 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ hingegen nicht. 107 Verbleibt die Forderung beim Export-Factor und zieht sie der ImportFactor für diesen ein, so wirkt die Aufrechnung stets gegenüber dem Forderungsinhaber (= Export-Factor), also auch dann, wenn sie dem ImportFactor gegenüber erklärt wird. 108

terpretation) jedoch für die Einwendungen nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ trotz des vergleichbaren Aufbaues von Art. 9 Abs. 2 FactÜ („The debtor may also assert against the factor ...") und Art. 9 Abs. 1 FactÜ („... the debtor may set up against the factor ...") nicht vertritt. 105 In den Materialien wird diese Frage, soweit ersichtlich, nicht aufgeworfen. 106 A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 216, nach dessen Ansicht eine Lücke vorliegt, die mit dem - aus Art. 3 Abs. 1 lit. b) und Art. 8 Abs. 1 FactÜ ableitbaren Grundsatz, dass für die Ausübung und die Entstehung von Rechten eine schriftliche Anzeige erforderlich sei, zu schließen sei. 107 A.A. Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 216 f.; Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 18. 108 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 216 f.; Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 18.

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

453

D. Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen wegen abredewidriger Abtretung Nach der Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 FactÜ ist die Abtretung einer Forderung durch den Lieferanten an den Factor selbst dann wirksam, wenn zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner eine Vereinbarung besteht, die eine derartige Abtretung verbietet. Jedoch folgt aus Art. 6 Abs. 3 FactÜ, dass die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 FactÜ die Haftung des Lieferanten gegenüber dem Schuldner wegen einer vertragswidrigen Abtretung unberührt lässt. Fraglich ist, ob der Schuldner mit Schadenersatzansprüchen, die auf der Verletzung eines Abtretungsverbotes beruhen, gegenüber dem Zahlungsanspruch des Factors aufrechnen kann. 109 Nach der in den Materialien vertretenen Ansicht der Verfasser ist diese Frage zu verneinen. 110 Gegen diese Auffassung kann allerdings vorgebracht werden, dass Art. 9 FactÜ die vom Schuldner aufrechnungsweise zu erhebenden Gegenforderungen nicht beschränkt, weshalb der Schuldner grundsätzlich wohl auch mit derartigen Schadenersatzansprüchen aufrechnen können muss. 111 Für die Ansicht der Verfasser ist jedoch als tragendes Argument ins Treffen zu führen, dass die Vorschriften des FactÜ nicht einzeln für sich zu betrachten sind, sondern das Übereinkommen in seiner Gesamtheit zu sehen ist. 112 Die Bestimmungen des FactÜ sind stets in ihrem Bedeutungszusammenhang zu sehen. Bejaht man hingegen die Zulässigkeit der Aufrechnung mit Gegenforderungen gegen den Lieferanten aus einer verbotswidrigen Abtretung, so würde das im Ergebnis eine „Aushöhlung" des

109 Dies setzt eine dauernde Geschäftsverbindung zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner voraus. Die aufgeworfene Frage ist nicht mit jener zu verwechseln, ob der Schuldner nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ gegenüber dem Zahlungsanspruch des Factors die Einrede erheben kann, die geltend gemachte Forderung sei abredewidrig abgetreten worden. Vgl. 5. Teil, 4. Kapitel, II.B. 110 UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 306, Article 9 (Diskussionsbeitrag Chairman of the Drafting Committee = Goode). S. auch Reisman, U.C.C.L.J. 1990, 320 (355); Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 87 und Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 14. 111 So Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 215, welcher die Auffassung vertritt, dass die gegenteilige Ansicht auf freier Rechtsfindung beruhe, da im FactÜ kein Anhaltspunkt für sie zu finden wäre. 1,2 Mit eben diesem Argument ist in Art. 9 Abs. 1 FactÜ der Hinweis gestrichen worden, der Schuldner könne nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ nicht die Einwendung erheben, der Factor sei auf Grund einer abredewidrigen Abtretung neuer Forderungsinhaber geworden. Vgl. UNIDROIT 1982, Study LVIII - Doc. 10, Article 7 („Subject to article 4") und Rn. 27 sowie UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 19 und Article 8. Das Argument, das Übereinkommen als Ganzes zu betrachten, gilt jedoch zweifellos für sämtliche Vorschriften des FactÜ.

454

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

Art. 6 Abs. 1 FactÜ bewirken, 113 da dieser an Bedeutung verlieren würde. Praktisch gesehen hätte der Factor die wirtschaftlichen Folgen eines zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner vereinbarten Abtretungsverbotes zu tragen. Dies würde darüber hinaus dem in der Präambel des FactÜ ausgedrückten Ziel des Übereinkommens, eine Erleichterung des internationalen Factoring zu bewirken, entgegenstehen. Die Zulässigkeit der Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen aus einer abredewidrig erfolgten Abtretung nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ hätte auch Auswirkungen auf das Verhältnis von Art. 6 Abs. 1 zu Art. 9 Abs. 1 FactÜ. Versagt man dem Schuldner (zunächst) die Einwendung der verbotswidrigen Abtretung, die sich aus dem Grundvertrag, aus dem die vom Factor geltend gemachte Forderung herrührt, ergibt, gestattet ihm jedoch (später) die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche als Gegenforderung gegen einen weiteren, nachfolgenden Zahlungsanspruch des Factors zu erheben, so würde dies im Zusammenhang mit dem Abtretungsverbot auch eine „Aushöhlung" des Art. 9 Abs. 1 FactÜ bedeuten. Der Ansicht der Verfasser des FactÜ, dem Schuldner die Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen zu versagen, die auf der Verletzung eines Abtretungsverbotes beruhen, ist daher m.E. zu folgen.

III. Vergleich und Wertung Inhaltlich besteht zwischen der Regelung des Art. 18 ZessÜ und jener des Art. 9 FactÜ im Grundsatz kein Unterschied. Selbst aus der Abweichung hinsichtlich der Zulässigkeit und der Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige für zukünftige Forderungen ergibt sich m.E. keine Differenzierung, sofern man der hier vertretenen Auffassung in Bezug auf Art. 16 Abs. 2 i.V.m. 18 Abs. 2 ZessÜ folgt. Nach dieser Ansicht 114 kann der Schuldner bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen mit all jenen Gegenforderungen aufrechnen, die bis zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung begründet worden sind. Dieser Zeitpunkt wird bei einer Anzeige nach Art. 16 Abs. 2 ZessÜ stets nach dem Zeitpunkt der Mitteilung über die Abtretung liegen. Das Gleiche ergibt sich jedoch für das FactÜ bei Beachtung des Art. 8 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 9 Abs. 2 FactÜ: Eine Anzeige kann lediglich für Forderungen erfolgen, die aus Warenkauf- oder Dienstleistungsverträgen resultieren, die im Zeitpunkt der Anzeige oder davor geschlossen worden sind. Inhaltlich betrachtet bestehen m.E. keine Abweichungen zwischen der diesbezüglichen Regelung des ZessÜ und jener des FactÜ. Sowohl das 113 114

Ebenso Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 14. Vgl. 5. Teil, 4. Kapitel, I.B.

4. Kapitel: Einreden und

Aufrechnung

455

ZessÜ als auch das FactÜ regeln lediglich die Berechtigung des Schuldners, Einreden zu erheben, stellen jedoch selbst keine anspruchsbegründende Rechtsgrundlage dar, weshalb für Inhalt und Art bzw. die Voraussetzungen der Durchsetzbarkeit einer Einrede im konkreten Fall stets ein Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht erforderlich ist. Der Umstand, dass sich Art. 18 Abs. 1 ZessÜ sowohl auf Einwendungen als auch auf das Recht zur Aufrechnung bezieht, Art. 9 Abs. 1 FactÜ hingegen nur den Begriff Einwendungen enthält, ändert nichts an der Beurteilung einer im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung. Der Zweck und der Regelungsgegenstand beider Vorschriften sind ident: Einwendungen, welche die konkrete Forderung betreffen, kann der Schuldner dem Zahlungsanspruch des Factors unabhängig davon entgegenhalten, ob er sie bereits im Zeitpunkt der Abtretung oder der Anzeige geltend machen hätte können. Wesentlich ist, dass sie dem Schuldner aus dem konkreten Grundvertrag bzw. dem auf diesem anwendbaren Recht zustehen, aus dem die geltend gemachte Forderung herrührt. Sowohl Art. 18 Abs. 1 ZessÜ als auch Art. 9 Abs. 1 FactÜ dienen dem Schutz des Schuldners. Diesem Grundsatz folgend, kann der Schuldner dem Factor eben die Einwendungen entgegenhalten, die er auch der Zahlungsaufforderung des Zedenten/Lieferanten entgegensetzen könnte, um damit den Anspruch abzuwehren oder zu mindern. Demgegenüber regelt die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 ZessÜ bzw. des Art. 9 Abs. 2 FactÜ die Zulässigkeit der Aufrechung mit Forderungen des Schuldners gegen den Zedenten/Lieferanten, die dem Schuldner nicht aus dem konkreten Grundvertrag zustehen. Beide Vorschriften führen als zeitliche Schranke das „Zur-Verfügung-Stehen" bzw. „zustehen" der Gegenforderung im Zeitpunkt des Empfangs der Abtretungsanzeige durch den Schuldner an. Sowohl die Verfasser des ZessÜ als auch jene des FactÜ haben jedoch keine sachrechtliche Regelung darüber getroffen, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, insbesondere, ob die Gegenforderung im Zeitpunkt des Empfanges der Abtretungsanzeige bereits fällig sein muss. Diese Frage ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Eben dieser Umstand trägt jedoch m.E. nicht unwesentlich dazu bei, dass der Vereinheitlichungseffekt sowohl des Art. 18 ZessÜ als auch des Art. 9 FactÜ insgesamt als gering zu bewerten ist.

456

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

IV. Einreden und Aufrechnung nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL Durch die Abtretung erwirbt der Zessionar alle Rechte des bisherigen Gläubigers auf die Erbringung der Leistung. Als neuer Inhaber des Anspruchs ist er jedoch auch den Einwendungen des Schuldners gegen diesen Anspruch ausgesetzt. Damit soll gewährleistet werden, dass sich die rechtliche Position des Schuldners durch die Abtretung nicht verschlechtert. Mangels abweichender Vereinbarung sichert der Zedent dem Zessionar jedoch zu, dass keine Einreden und Aufrechnungsrechte gegen den abgetretenen Anspruch bestehen (Art. 11:204 lit. a (ii) PECL). Diesem Grundsatz des Schuldnerschutzes folgend, bestimmt Art. 11:307 Abs. 1 PECL, dass der Schuldner gegenüber dem Zessionar alle Einreden gegen den abgetretenen Anspruch geltend machen kann, die er auch gegen den Zedenten erheben könnte. Diese Einreden können bereits vor dem Zugang der Abtretungsanzeige bestehen, aber auch erst nach dem Zugang der Abtretungsanzeige entstehen, sie müssen sich jedoch aus dem abgetretenen Anspruch ergeben. Art. 11:307 Abs. 1 PECL erfasst ausdrücklich Einreden materieller und prozessualer Art. Hinsichtlich der Frage, ob dem Schuldner das Recht zur Aufrechnung mit einem Gegenanspruch zusteht, unterscheiden die PECL zwischen (Gegen-)Ansprüchen, die unabhängig vom (Haupt-)Anspruch des Zessionars sind, und (Gegen-)Ansprüchen, die mit dem (Haupt-)Anspruch des Zessionars eng verbundenen sind. Mit einem „unabhängigen Anspruch" kann der Schuldner aufrechnen, wenn dieser Anspruch im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige bereits besteht (Art. 11:307 Abs. 2 lit. a PECL) und die Aufrechnungsvoraussetzungen 115 im Zeitpunkt der Erfüllungsaufforderung durch den Zessionar vorliegen. Bezogen auf die Fälligkeit bedeutet dies, dass der „unabhängige Anspruch" im Zeitpunkt der Aufforderung zur Erfüllung durch den Zessionar fällig sein muss. 116 Entscheidend ist somit der Zugang der Abtretungsanzeige, wobei einer Anzeige diese „Sperrwirkung" auch dann zukommt, wenn sie nicht den Voraussetzungen des 115

S. Art. 13:101 PECL: Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung muss die Gegenforderung fällig und die Hauptforderung „erfüllbar" sein (die Partei, welche die Aufrechnung erklärt, muss zur Erfüllung ihrer Verpflichtung berechtigt sein), zudem muss es sich um Verbindlichkeiten derselben Art handeln und es muss Gegenseitigkeit zwischen den Parteien bestehen. 116 Lando u.a., PECL III, 118 f. C. (ii) [= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 697 f. C. (ii)].

4. Kapitel: Einreden und Aufrechnung

457

Art. 11:303 Abs. 1 PECL entspricht, 117 da der Zweck der Anzeige in diesem Fall ein anderer als in Art. 11:303 PECL ist. Im Rahmen von Art. 11:307 Abs. 2 lit. a PECL soll der Zessionar vor einer für ihn nicht abschätzbaren Verschlechterung seiner Position als neuer Inhaber des Anspruchs geschützt werden. Hinsichtlich „eng verbundener" (Gegen-)Ansprüche steht dem Schuldner eine erweiterte Aufrechnungsbefugnis zu, denn mit einem mit dem abgetretenen Anspruch „eng verbundenen" (Gegen-)Anspruch kann der Schulder selbst dann aufrechnen, wenn dieser Anspruch zwar erst nach dem Zugang der Abtretungsanzeige entsteht (Art. 11:307 Abs. 2 lit. b PECL), aber im Zeitpunkt der Erfüllungsaufforderung durch den Zessionar (besteht und) fällig ist. Gegenansprüche des Schuldners, die aus demselben Vertrag herrühren wie der Hauptanspruch selbst, können dem Zessionar unter der Voraussetzung entgegengehalten werden, dass der Schuldner sie auch gegen den Zedenten geltend machen könnte.

B.

UNIDROIT-Principles

Auch die UNIDROIT-Priciples enthalten die allgemein anerkannte Regel, dass der Schuldner dem Zessionar alle Einwendungen entgegenhalten kann, die er gegenüber dem Zedenten geltend machen könnte (Art. 9.1.13 Abs. 1 UNIDROIT-Principles). Das Recht zur Aufrechnung steht dem Schuldner hinsichtlich jener Gegenansprüche zu, die ihm gegen den Zedenten bis zum Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige zur Verfügung standen (Art. 9.1.13 Abs. 2 UNIDROIT-Principles). M.E. bleibt offen, was mit der Formulierung „available ... up to the time notice of assignment was received" zum Ausdruck gebracht werden soll. Muss der Gegenanspruch im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige lediglich bestehen oder muss er auch bereits fällig sein? 118 Verweist die genannte Formulierung lediglich auf die allgemeinen Voraussetzungen für die Aufrechnung gemäß Art. 8.1 UNIDROIT-Principles oder betrifft sie auch den Zeitpunkt der Aufrechnung, so dass im Fall des Art. 9.1.13 Abs. 2 UNIDROIT-Principles der Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige mit dem Zeitpunkt einer Aufrechnungserklärung gleichzusetzen ist? Im zweiten Fall müsste der Gegenanspruch im Zeitpunkt der Abtretungsanzeige bereits fällig sein, im 117

Anders Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ. Eidenmüller, AcP 2004, 457 (485 Fn 70 i.V.m. Fn 69) versteht dies offenbar i.d.S., dass der Gegenanspruch im Zeitpunkt der Anzeige nicht nur bestehen, sondern auch bereits fällig sein muss. Ebenso Kommentar Nr. 2 zu Art. 9.1.13 UNIDROIT-Principles. 118

458

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

ersten Fall würde sein Bestehen genügen und der Anspruch müsste zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung durch den Schuldner fällig sein. Die Grundregel unterscheidet nicht zwischen Gegenansprüchen, die auf Grund desselben Vertrages wie der abgetretene Anspruch entstehen, und Gegenansprüchen, die aus anderen Verträgen zwischen Zedent und Schuldner entstehen. Ein wesentlicher Grundsatz des Abtretungsrechts lautet, dass die Rechtsposition des Schuldners durch eine Abtretung, welche grundsätzlich durch bloße Einigung zwischen Zedent und Zessionar erfolgt, nicht verschlechtert werden darf. Konnexe Gegenansprüche sollten m.E. daher nach Art. 9.1.13. Abs. 1 UNIDROIT-Principles beurteilt werden. 119 Hält der Schuldner dem Zessionar berechtigerweise Einwendungen entgegen oder übt er sein Aufrechnungsrecht aus und haben der Zedent und der Zessionar nichts Abweichendes vereinbart, trifft den Zedenten die Haftung wegen Nichterfüllung seiner Zusicherungen gemäß Art. 9.1.15 lit. d und lit. e UNIDROIT-Principles.

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Alle vier Regelwerke folgen in Bezug auf die Einwendungen, die der Schuldner geltend machen kann, dem anerkannten Grundsatz, dass die rechtliche Position des Schuldners durch die Abretung des Rechts nicht verschlechtert und die Position des Zessionars keine andere als jene des Zedenten sein kann. Der Zessionar ist jedoch vor einer für ihn nicht abschätzbaren Verschlechterung seiner Position als neuer Inhaber des Anspruchs zu schützen, weshalb hinsichtlich der Aufrechnungsbefugnis eine differenzierte Regelung erforderlich ist. Auf Grund der sprachlich klaren Trennung zwischen der Aufrechnung mit Gegenforderungen, die mit der Hauptforderung eng verbunden sind oder Teil des Gundvertrages sind, und der Aufrechnung mit anderen Gegenforderungen gebührt Art. 18 ZessÜ und Art. 11:307 PECL der Vorzug vor der entsprechenden Vorschrift der UNIDROIT-Principles und des FactÜ.

119

A.A. Eidenmüller,

AcP 2004, 457 (485 Fn 70).

5. Kapitel

Vereinbarungen nach der Abtretung I.

Einleitung

Umstände, welche nach dem Abschluss des Grundvertrages und der Abtretung der daraus resultierenden Geldforderung eine Änderung des Grundvertrages als notwendig erscheinen lassen, treten nicht nur bei langfristigen Verträgen auf. Derartige Änderungen des Grundvertrages können sich beispielsweise auf die Höhe des vom Schuldner zu leistenden Betrages - z.B. wegen einer Änderung des für die Werksausführung notwendigen Materials oder der Vereinbarung eines anderen Zinssatzes - oder auf die Bedingungen beziehen, unter denen die Leistung des Schuldners zu erbringen ist, z.B. Teilzahlungen oder Vereinbarung eines späteren Leistungszeitpunktes. Insbesondere bei langfristigen Verträgen vereinbaren der Schuldner und der Gläubiger (Zedent) in der Regel bereits bei Abschluss des Grundvertrages die Modalitäten einer nachträglichen Änderung des Vertrages. Ebenso können der Zedent und der Zessionar im Abtretungsvertrag oder in einem gesonderten Vertrag eine Abrede darüber treffen, ob sämtliche oder nur bestimmte Änderungen des Grundvertrages einer Zustimmung des Zessionars bedürfen. Die Befugnis zur Änderung des Grundvertrages beim Zedenten und Schuldner zu belassen, ist durchaus sinnvoll, da diese Parteien über das für den konkreten Vertrag notwendige Sachwissen verfügen. 1 Bei einer Forderungsabtretung kann sich daher die Frage stellen, ob und mit welchen Rechtsfolgen eine Änderung des Grundvertrages gegenüber dem Zessionar zulässig und wirksam ist, denn auch die Interessen des Zessionars sind schutzwürdig, zumal Änderungen des Grundvertrages seinen Zahlungsanspruch gegen den Schuldner in negativer Weise verändern können.

1

Eidenmüller, AcP 2004 457 (486).

460

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

II. Regelung nach dem ZessÜ A. Allgemein Das ZessÜ lässt sowohl Vereinbarungen zwischen dem Schuldner und dem Zedenten über eine Änderung des Grundvertrages als auch jene zwischen dem Zedenten und dem Zessionar über ein Informations- oder Zustimmungsrecht des Zessionars zu einer nachträglichen Änderung des Grundvertrages unberührt. Daher ist die Wirksamkeit einer Änderung des Grundvertrages stets nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu entscheiden. Ebenso sind die Rechtsfolgen einer Verletzung der zwischen dem Zedenten und dem Zessionar getroffenen Vereinbarung nach dem auf diese Vereinbarung jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 2 Das ZessÜ regelt die Frage der Änderung des Grundvertrages im Art. 20 ZessÜ aus dem Blickwinkel des durch die Abtretung begründeten Rechtsverhältnisses zwischen dem Schuldner und dem Zessionar. Durch Art. 20 ZessÜ soll ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Schuldners und des Zessionars hergestellt werden. 3 Einerseits liegt es sowohl im Interesse des Schuldners als auch des Zedenten, bei Bedarf den Grundvertrag ändern zu können, andererseits soll der Zessionar vor nachträglichen Änderungen des Grundvertrages geschützt werden, die einen Einfluss auf seine aus der abgetretenen Forderung resultierenden Rechte haben. 4 Den Interessen des Schuldners trägt Art. 20 ZessÜ Rechnung, indem der Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen selbst bei fehlender Zustimmung des Zessionars berechtigt ist, seine auf Grund einer Änderung des Grundvertrages erworbenen Rechte gegenüber dem Zessionar geltend zu machen. Besteht die Änderung des Grundvertrages in einer Verminderung des zu zahlenden Betrages, so wird der Schuldner durch die Leistung des verminderten Betrages an den Zessionar von seiner Zahlungspflicht befreit. Es besteht keine Verpflichtung des Schuldners, den im Grundvertrag ursprünglich vereinbarten Betrag an den Zessionar zu zahlen. Andererseits kann sich der Zessionar, sofern die Änderungen des Grundvertrages nach der Regelung des Art. 20 ZessÜ auch ihm gegenüber wirksam sind, auf diese Änderung bzw. die daraus resultierenden, geänderten An2

Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 154. Die Bestimmung des Art. 20 ZessÜ war im ersten, vom Sekretariat ausgearbeiteten Entwurf nicht enthalten und ist auf Anregung der Arbeitsgruppe aufgenommen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 211. 4 Vgl. zum Folgenden auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 154; Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (343). 3

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

461

Sprüche berufen. Hat die Änderung des Grund Vertrages eine geringere Zahlungsverpflichtung zur Folge, so ist der Zessionar nun berechtigt, diesen verminderten Betrag vom Schuldner zu fordern. Der Schuldner kann seinerseits die Änderung des Grundvertrages nicht als Einwendung gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars geltend machen. Aus dem Regelungszweck des Art. 20 ZessÜ (bei einer Änderung des Grundvertrages neben den rechtlichen Interessen des Schuldners auch jene des Zessionars zu schützen) ergibt sich, dass Art. 20 ZessÜ nur anwendbar ist, sofern die zwischen dem Schuldner und dem Zedenten vereinbarte Änderung des Grundvertrages einen Einfluss auf die rechtliche Stellung des Zessionars in Bezug auf die abgetretene Forderung hat. Zur Klarstellung weist Art. 20 ZessÜ sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 ausdrücklich auf dieses Erfordernis hin. Auf Grund der neutralen Formulierung - „welche die Rechte des Zessionars berührt" 5 - ist Art. 20 ZessÜ jedoch nicht nur bei einer Änderung des Grundvertrages zu beachten, die sich zum Nachteil des Zessionars auswirkt, sondern m.E. auch bei einer Änderung, die für ihn von Vorteil ist (z.B. Erhöhung des Forderungsbetrages). 6 Aus dem Regelungszweck des Art. 20 ZessÜ folgt jedoch auch, dass die Überschrift („Änderung des Grundvertrages" 7 ) zu eng gefasst ist. Art. 20 ZessÜ ist auch bei der Änderung einer Vereinbarung anzuwenden, die Teil desselben Rechtsgeschäftes ist, sofern diese Änderung einen Einfluss auf die Rechte des Zessionars im Hinblick auf die abgetretene Forderung hat. Folgerichtig enthalten Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ entgegen der Überschrift die neutrale Formulierung: „Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner, welche die Rechte des Zessionars berührt" 8 , und keine Beschränkung auf eine „Vereinbarung über die Änderung des Grundvertrages" 9 . Dadurch wird auch ein Gleichklang mit Art. 18 Abs. 1 ZessÜ über die Einwendungen des Schuldners gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars erzielt. Im Folgenden beziehen sich daher die Erörterungen über eine Änderung des Grundvertrages ebenso auf die Änderung einer anderen Vereinbarung, die Teil desselben Rechtsgeschäftes zwischen dem Schuldner und dem Zedenten ist und deren Änderung einen Einfluss auf die rechtliche Position des Zessionars hat.

5

Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ: „that affects the assignee's rights". Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ lauten nicht'. „... welche die Rechte zum Nachteil [Hervorhebung durch die Verfasserin] des Zessionars berührt, ...". 7 „Modification of the original contract". 8 Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ: „An agreement between the assignor and the debtor that affects the assignee's rights". 9 Aber selbst in diesem Fall würde m.E. eine teleologische Auslegung des Art. 20 ZessÜ zu demselben Ergebnis führen. 6

462

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

B. Änderungen des Grundvertrages vor der Abtretungsanzeige Art. 20 ZessÜ differenziert zwischen vertraglichen Änderungen des Grundvertrages, welche die Rechte des Zessionars jedenfalls, d.h. auch ohne seine Zustimmung, berühren (Abs. 1), und solchen, die grundsätzlich keinen Einfluss auf seine Rechte an der abgetretenen Forderung haben (Abs. 2). Maßgebendes Kriterium für diese Unterscheidung ist die Anzeige der Abtretung an den Schuldner. Nach Art. 20 Abs. 1 ZessÜ ist eine vor der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berühren könnte, dem Zessionar gegenüber wirksam und der Zessionar erwirbt nur die entsprechenden Ansprüche. Wann eine Vereinbarung als geschlossen anzusehen ist, bestimmt das auf diese Vereinbarung jeweils anwendbare nationale Recht, jedoch muss der Abschlusszeitpunkt gemäß Art. 20 Abs. 1 ZessÜ „vor der Abtretungsanzeige" liegen. Damit ist der Zeitpunkt des Empfanges der Abtretungsanzeige durch den Schuldner gemeint, denn mit dem Empfang ist die Abtretungsanzeige wirksam (Art. 16 Abs. 1 ZessÜ 10 ). 11 Nach dem Zugang der Anzeige kann der Schuldner grundsätzlich nur noch entsprechend der Abtretungsanzeige oder gemäß einer vom Zessionar empfangenen Zahlungsanweisung schuldbefreiend leisten (vgl. Art. 17 Abs. 2 ZessÜ). Von wem der Schuldner die Abtretungsanzeige empfängt, ist für Art. 20 ZessÜ an sich irrelevant. Vorbehaltlich abweichender Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar können nach Art. 13 Abs. 1 ZessÜ der Zedent oder der Zessionar oder beide dem Schuldner eine Abtretungsanzeige senden. Treffen der Zedent und der Zessionar diesbezüglich eine Vereinbarung und wird der Schuldner entgegen dieser Vereinbarung vom Zessionar von der Forderungsabtretung verständigt, so hat dies nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ keinen Einfluss auf das Recht des Schuldners und des Zedenten, Änderungen betreffend den Grundvertrag nach Art. 20 Abs. 1 ZessÜ zu vereinbaren. Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ bestimmt zugunsten des Schuldners, dass eine abredewidrig vorgenommene Anzeige lediglich „für die Zwecke des Art. 17 ZessÜ" nicht unwirksam ist. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die Anzeige (u.a.) für die Zwecke des

10 Die Abtretungsanzeige muss außerdem in einer Sprache abgefasst sein, von welcher vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie den Schuldner über ihren Inhalt in Kenntnis setzt. S. 5. Teil, 2. Kapitel, III.B. 11 Der Vorschlag des Sekretariats, in Art. 20 ZessÜ den Zeitpunkt des Empfanges der Abtretungsanzeige ausdrücklich als maßgeblichen Zeitpunkt anzuführen, ist von der Arbeitsgruppe m.E. zu Recht nicht umgesetzt worden, da sich dieser Zeitpunkt bereits aus Art. 16 ZessÜ ergibt. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9AVG.IIAVP.106, Rn. 64; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 142.

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

463

Art. 20 Abs. 1 ZessÜ unwirksam ist. Wie bereits erwähnt, soll mit der Bestimmung des Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ verhindert werden, dass der Zessionar durch eine abredewidrig erfolgte Abtretungsanzeige Vorteile erlangt. Im Zusammenhang mit Art. 20 ZessÜ ist dies das grundsätzliche Erfordernis seiner Zustimmung für eine Änderung des Grundvertrages. 12 Eine vor der Anzeige der Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner vereinbarte Änderung des Grundvertrages ist auch dann gegenüber dem Zessionar wirksam, wenn der Zedent dadurch gegen eine Vereinbarung mit dem Zessionar verstößt (z.B. vereinbarte Zustimmungspflicht des Zessionars zu einer Änderung des Grund Vertrages). Dies folgt aus Art. 20 Abs. 3 ZessÜ, wonach Ansprüche des Zessionars (oder des Zedenten) aus der Verletzung einer zwischen dem Zedenten und dem Zessionar getroffenen Vereinbarung von Art. 20 Abs. 1 ZessÜ unberührt bleiben. Art. 20 Abs. 3 ZessÜ bildet jedoch selbst keine Rechtsgrundlage für den Schadenersatzanspruch des Zessionars; ein solcher kann sich nur aus dem auf die Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar anwendbaren nationalen Recht ergeben. Empfängt der Schuldner mehrere Anzeigen von mehreren nachfolgenden Abtretungen, so ist für die Abgrenzung zwischen Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ (Vereinbarung, die vor oder nach der Abtretungsanzeige geschlossen wird) m.E. die erste vom Schuldner empfangene Abtretungsanzeige maßgebend. Bei einer gegenteiligen Ansicht wäre für jede - der ersten Abtretungsanzeige - nachfolgende Abtretung einzeln zu prüfen, ob eine Änderung des Deckungsverhältnisses (des Grundvertrages) zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger (= 1. Zedenten) vor einer weiteren Anzeige über eine der nachfolgenden Abtretungen erfolgt ist. Beispiel: Vereinbaren die Parteien des Grundvertrages nach der Mitteilung der (ersten) Abtretung an den Schuldner eine Änderung des Grundvertrages, so ist der erste Zessionar (A) grundsätzlich durch Art. 20 Abs. 2 ZessÜ geschützt. Tritt jedoch A in weiterer Folge die Forderung an B ab, so könnte die Änderung des Grundvertrages B entgegengehalten werden (Art. 20 Abs. 1 ZessÜ), da diese Änderung vor der Anzeige des Schuldners über die Abtretung an B erfolgt ist. Im Ergebnis erscheint dies - jedenfalls bei internationalen Forderungsabtretungen - wenig praktikabel und der Rechtssicherheit nicht förderlich. Daher sollte m.E. für die Abgrenzung zwischen Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 ZessÜ auf die erste Abtretungsanzeige abgestellt werden. Ab der Verständigung hat der Schuldner Kenntnis darüber, dass durch die Änderung des Grundvertrages das rechtliche Interesse des Zessionars beeinträchtigt sein kann. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob es sich beim Zessionar um den ersten oder einen nachfolgenden Zessionar handelt.

12

Vgl. Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489,

Rn. 126.

464

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

Wird der Schuldner bei nachfolgenden Abtretungen lediglich - wie in der Praxis üblich - von der letzten Abtretung in der Kette benachrichtigt, so ist dafür der Zugang dieser Anzeige entscheidend. Dem steht die Bestimmung des Art. 16 Abs. 3 ZessÜ nicht entgegen, wonach die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung die Anzeige aller früheren Abtretungen darstellt, denn entscheidend für Art. 20 Abs. 1 ZessÜ ist die Wirksamkeit der Abtretungsanzeige und diese setzt - neben dem Spracherfordernis den Empfang der Anzeige durch den Schuldner voraus. Bezieht sich eine Abtretungsanzeige allerdings auf Forderungen, die erst nach der Abtretungsanzeige entstehen, 13 also auf zukünftige Forderungen (Art. 16 Abs. 2 ZessÜ), 14 so kann - wenn die Forderungen entstehen die Vorschrift des Art. 20 Abs. 1 ZessÜ überhaupt nicht zur Anwendung gelangen, weil die Abtretungsanzeige bereits vor dem Abschluss des Grundvertrages zugegangen ist. Tatbestandsmerkmal des Art. 20 Abs. 1 ZessÜ ist jedoch eine Änderung des Grundvertrages durch den Schuldner und den Zedenten vor dem Empfang einer Abtretungsanzeige durch den Schuldner. 15 Zusammenfassend ist zu Art. 20 Abs. 1 ZessÜ festzuhalten: Eine vor dem Zugang der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, ist auch ohne dessen Zustimmung ihm gegenüber wirksam; der Zessionar erwirbt jedoch die aus der Änderung des Grundvertrages in Bezug auf die abgetretene Forderung resultierenden Ansprüche.

C. Änderungen des Grundvertrages nach der Abtretungsanzeige Grundsätzlich ist eine nach dem Empfang der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, gegenüber dem Zessionar unwirksam (Art. 20 Abs. 2 ZessÜ). „Unwirksamkeit" gegenüber dem Zessionar bedeutet, dass sich der Schuldner nur durch eine Leistung gemäß dem ursprünglich Vereinbarten (bzw. nach Art. 20 Abs. 1 ZessÜ dem vor dem Zeitpunkt 13 Eine Forderung „entsteht" in dem Zeitpunkt, in dem der Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner (Grundvertrag) geschlossen wird. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt sich, wie bereits erwähnt, nach dem außerhalb des Z e s s Ü anwendbaren Recht. Handelt es sich bei dem Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Zedenten um einen internationalen Kaufvertrag, welcher dem CISG unterliegt, so ist Art. 2 4 CISG maßgebend. 14 Zu den weiteren Vorteilen, die sich für den Zessionar aus einer Abtretungsanzeige über zukünftige Forderungen ergeben, vgl. 5. Teil, 2. Kapitel, III.D.l. 15 Folgt man der hier vertretenen Ansicht, so gilt das auch für nachfolgende Abtretungen dieser - nun bestehenden - Forderungen.

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

465

des Zuganges der Anzeige Vereinbarten) von seiner Zahlungsverpflichtung befreien kann. 16 Mit dem Empfang der Abtretungsanzeige, die in einer Sprache abgefasst ist, von welcher vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie den Schuldner über ihren Inhalt informiert, entsteht ein dreipersonales Rechtsverhältnis, in welches der Zedent und der Schuldner ohne eine Zustimmung des Zessionars nicht mit Wirkung für den Zessionar eingreifen können. 17 Von diesem Grundsatz sieht das ZessÜ jedoch zwei Ausnahmen vor. Die erste Ausnahme entspricht dem Prinzip der Parteiautonomie: Der Zessionar stimmt der zwischen dem Schuldner und dem Zedenten geschlossenen Vereinbarung, welche seine Rechte berührt, zu (Art. 20 Abs. 2 lit. a ZessÜ). Obwohl Art. 20 Abs. 2 lit. a ZessÜ im Gegensatz zu Art. 20 Abs. 1 ZessÜ nicht ausdrücklich bestimmt, dass der Zessionar die der Änderung des Grundvertrages entsprechenden Ansprüche erwirbt, gilt dies auch in diesem Fall. Wie aus den Materialien ersichtlich, 18 liegt Art. 20 ZessÜ insgesamt der Gedanke zugrunde, dass das Recht des Schuldners, den Grundvertrag mit Wirksamkeit gegenüber dem Zessionar zu ändern, mit dem Recht des Zessionars verknüpft ist, die der Änderung des Grundvertrages entsprechenden Ansprüche gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Dies gilt unabhängig davon, ob eine derartige Änderung des Grundvertrages vor oder nach dem Zugang der Abtretungsanzeige erfolgt. 19 Die weitere Ausnahme nach Art. 20 Abs. 2 ZessÜ ist an zwei Voraussetzungen gebunden, wobei für die zweite Voraussetzung eine Alternative vorgesehen ist. Nach Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ ist eine nach dem Zugang der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, dem Zessionar gegenüber wirksam, sofern die Forderung wegen unvollständiger Erfüllung des Grundvertrages nicht vollständig entstanden ist und die Änderung entweder im Grundvertrag vorgesehen ist oder ein vernünftiger Zessionar der Änderung unter Berücksichtigung des Grundvertrages zustimmen würde. Das erste Tatbestandsmerkmal für die Ausnahme nach Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ ist somit, dass „die Forderung wegen unvollständiger Erfül16

Ebenso Sekretariatskommentar in Bezug auf die Höhe der Forderung, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 27. 17 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 25. 18 Vgl. nur Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/WG.II/WP. 106, Rn. 62 und Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 154. 19 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 122 (Entwurffassung des Art. 20 Abs. 2 ZessÜ): „After notification of the assignment, an agreement under paragraph (1) of this article is effective as against the assignee and the assignee requires corresponding rights, if ...", und Rn. 123.

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5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

lung des Grundvertrages nicht vollständig entstanden" 20 ist. Zunächst ist zu klären, was dies bedeutet. Die rechtliche Existenz einer Forderung ist ebenso wenig gemeint wie die Fälligkeit 21 der Forderung. Wann eine Forderung als Rechtsobjekt entsteht, folgt nicht aus dem ZessÜ; dies ist nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen. 22 Die Fälligkeit einer Forderung ist nicht notwendigerweise von der „vollständigen Erfüllung" des Grundvertrages abhängig; so ist bei einer Vorleistungspflicht des Schuldners die Forderung vor der Erfüllung des Grundvertrages durch den Zedenten fällig. Aus dem Wortlaut und aus den Materialien 23 folgt m.E., dass mit Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ jene Fälle erfasst werden sollen, in welchen der Zedent seine Leistung noch nicht vollständig erbracht hat (und auch der Schuldner noch nicht geleistet hat). 24 Hat hingegen der Zedent seine Vertragspflichten bereits zur Gänze erfüllt und ist nur noch die Leistung (Zahlung) des Schuldners offen, so ist eine Änderung des Grundvertrages, welche die Rechte des Zessionars berührt, dem Zessionar gegenüber nur wirksam, wenn er dieser Grundvertragsänderung zustimmt. Es liegt ein Fall von Art. 20 Abs. 2 lit. a ZessÜ vor. 25 In derartigen Fällen kann der Zessionar berechtigterweise erwarten, die ursprünglich im Grundvertrag vereinbarte Leistung des Schuldners zu erhalten. 26 Hervorzuheben ist, dass nach der Absicht der Verfasser 27 die Leistung des Zedenten bereits ab dem Zeitpunkt als vollständig erbracht zu bewerten ist, d.h. von einer vollständigen Erfüllung des Grundvertrages i.S.d. Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ auszugehen ist, in dem eine Rechnung ausgestellt wird, selbst wenn in diesem Zeitpunkt der konkrete Grundvertrag erst zum Teil erfüllt worden ist. Eine Begründung für diese Annahme ist in den Materialien, soweit ersichtlich, nicht zu finden. Zweifelsohne ist sie jedoch in der Praxis leicht zu handhaben. Allerdings findet diese Ansicht keine Deckung im Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 ZessÜ, da dieser nicht auf eine 20

Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ: „The receivable is not fully earned by performance ...". So jedoch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 159. 22 In der Regel ist das der Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages. 23 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/447, Rn. 131; Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 27. 24 Eidenmüller, AcP 2004, 457 (486) verwendet die Formulierung, dass die „abgetretene Geldforderung noch nicht - durch die Leistungserbringung - ,voll verdient' ist." 25 In den ersten Entwürfen war dies ausdrücklich enthalten: „... in case of a modification relating to a receivable fully earned by performance, it is consented to by the assignee." Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.93, Art. 21 Abs. 2; Mitteilung des Sekretariats, UNDoc. A/CN.9/WP.96, Art. 21. 26 Ebenso Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 27. 27 Vgl. nur Bericht der Arbeitsgruppe, UNDoc. A/CN.9/447, Rn. 131. 21

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

467

Rechnungslegung, sondern allgemein auf die Erfüllung des Grundvertrages (durch den Zedenten) abstellt. Wird lediglich auf den Zeitpunkt der Rechnungslegung abgestellt, so muss diese Annahme der Verfasser zudem auch gelten, wenn der Zedent bei Rechnungslegung noch überhaupt nicht geleistet hat. 28 M.E. ist nicht auf die Rechnungslegung abzustellen, sondern allein darauf, ob der Zedent den Grundvertrag bereits zur Gänze erfüllt hat. Selbst wenn die Forderung wegen unvollständiger Erfüllung des Grundvertrages noch nicht vollständig entstanden ist, bedarf es für das Vorliegen der Ausnahme vom Grundsatz nach Art. 20 Abs. 2 ZessÜ einer weiteren Voraussetzung (Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ): Die Änderung ist entweder bereits im Grundvertrag vorgesehen (1. Alternative) oder ein vernünftiger Zessionar würde der Änderung unter Berücksichtigung des Grundvertrages zustimmen (2. Alternative). Damit soll ein Ausgleich zwischen der Sicherheit des Zessionars und der Flexibilität des Zedenten als Vertragspartner des Schuldners erreicht werden. 29 In beiden Alternativen wird eine Zustimmung des Zessionars zur Grundvertragsänderung fingiert. 30 Offen bleibt bei der 1. Alternative des Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ, wie genau die Änderung im Grundvertrag bezeichnet sein muss. Eine allgemein gehaltene Änderungsklausel (z.B. „Änderungen des Grundvertrages bleiben vorbehalten") würde m.E. den durch Art. 20 Abs. 2 ZessÜ beabsichtigten Schutz des Zessionars unterlaufen. Deshalb sollten die möglichen Änderungen des Grund Vertrages, welche die Rechte des Zessionars berühren, zumindest bestimmbar sein.31 Fraglich ist, wer bei der zweiten Alternative das Risiko der Beurteilung trägt, ob ein „vernünftiger" Zessionar der Änderung seiner Rechte unter Berücksichtigung des konkreten Grundvertrages zustimmen würde. Durch diese zweite Alternative soll den Gerichten offensichtlich ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt 28 Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/'Add.l, Rn. 27 wird nur der Fall der teilweisen Erfüllung angeführt, ohne auf eine Nichterfüllung durch den Zedenten Bezug zu nehmen. 29 In langfristigen Verträgen (z.B. Projektfinanzierungen oder Finanzierungen von Kreditumschuldungen, bei welchen Forderungen als Sicherheit gegeben werden) würde es sowohl für den Zedenten als auch für den Zessionar eine unnötige Erschwernis des Geschäftsablaufes darstellen, bei jeder Änderung des Grundvertrages (z.B. des Werkvertrages bei einer Projektfinanzierung), welche die Rechte des Zessionars betrifft, eine Zustimmung einholen bzw. erteilen zu müssen. In derartigen Verträgen treffen der Zedent und der Zessionar in der Regel eine Vereinbarung darüber, welche Änderungen des Grundvertrages zustimmungspflichtig sind. Vgl. zur Diskussion darüber Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/447, Rn. 125 ff. 30

Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 27 wird für die Ausnahme nach Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ der Begriff „constructive consent" im Gegensatz zum Begriff „actual consent" bei Art. 20 Abs. 2 lit. a ZessÜ verwendet. 31 Dies ist mit dem Wortlaut vereinbar: „... the modification is provided for in the original contract...".

468

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

werden. Durch den Hinweis auf den vernünftigen Zessionar ist m.E. der Beurteilung ein objektiver Maßstab zugrunde zu legen. 32 Liegt eine der Ausnahmen nach Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ vor, so kann sich der Schuldner - ausschließlich, nicht wahlweise - mit einer dem geänderten Grundvertrag entsprechenden Leistung von seiner Zahlungsverpflichtung befreien und der Zessionar erwirbt mit dieser Verpflichtung korrespondierende Ansprüche. Diesbezüglich gilt das zu Art. 20 Abs. 2 lit. a ZessÜ Gesagte. Eine Verpflichtung des Schuldners oder des Zedenten, den Zessionar über jene Änderungen des Grundvertrages zu informieren, die seine Rechte berühren und ihm gegenüber wirksam sind, sieht Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ jedoch nicht vor. 33 Eine Änderung des Grundvertrages nach Art. 20 Abs. 2 lit. b ZessÜ ist dem Zessionar gegenüber auch wirksam, wenn dieser mit dem Zedenten eine Abrede getroffen hat, wonach solche Vereinbarungen zwischen den Parteien des Grundvertrages (d.h. dem Zedenten und dem Schuldner) ausgeschlossen sind, sofern sie die Rechte des Zessionars berühren.

D. Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar Wie bereits ausgeführt, beziehen sich die Vorschriften des Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ nur auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar. Deshalb bleiben sowohl eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner über die Änderung des Grundvertrages als auch eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar über die Zulässigkeit oder die Modalitäten einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Schuldner (z.B. Zustimmungsrecht des Zessionars) von Art. 20 Abs. 1 und 2 ZessÜ unberührt. Zur Klarstellung hält jedoch Art. 20 Abs. 3 ZessÜ für das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar fest, dass die Absätze 1 und 2 des Art. 20 ZessÜ keinen Einfluss auf die Ansprüche des Zedenten oder des Zessionars aus der Verletzung einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung haben. Vereinbart der Zedent trotz gegenteiliger Vereinbarung mit dem Zessionar oder ohne zuvor die vereinbarte Zustimmung des Zessionars einzuholen mit dem Schuldner eine Änderung des Grundvertrages, so beurteilen sich die Rechtsfolgen einer solchen Vertragsverletzung 32 Im Ergebnis ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 160, die auf eine Wertung Dritter abstellt. 33 Eine vertragliche Verpflichtung des Zedenten kann auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Zessionar bestehen. Der Vorschrift des Art. 20 Abs. 2 ZessÜ liegt die Annahme zugrunde, dass der Zedent den Zessionar über eine Änderung informieren werde. So Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 36.

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

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nach dem auf diesen Vertrag 34 jeweils anwendbaren Recht. 35 Art. 20 Abs. 3 ZessÜ erfasst jedoch auch jene Fälle, in denen der zwischen dem Zedenten und dem Zessionar getroffene Vertrag keine ausdrückliche Bestimmung über die Änderung des Grundvertrages enthält, eine Änderung desselben aber dennoch eine Verletzung des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages darstellt. 36 Trifft den Zedenten nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht eine Haftung gegenüber dem Zessionar, so bleibt der Schuldner davon jedenfalls unberührt. 37 Keine Vorschrift enthält das ZessÜ für den Fall, wenn eine zwischen dem Zedenten und dem Schuldner über die Änderung des Grundvertrages getroffene Vereinbarung dem Zessionar gegenüber unwirksam ist. Dies ist folgerichtig, denn die Wirksamkeit der Änderung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner ist ebenso nach dem auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen wie allenfalls bestehende Ersatzansprüche des Schuldners gegenüber dem Zedenten wegen der Unwirksamkeit dieser Änderung gegenüber dem Zessionar.

E. Verhältnis von Art. 20 zu Art. 18 Abs. 1 ZessÜ Die Bestimmungen des Art. 18 Abs. 1 und des Art. 20 ZessÜ erfassen unterschiedliche Tatbestände. Art. 18 Abs. 1 ZessÜ regelt die Zulässigkeit von Einreden betreffend die Forderung aus dem Grundvertrag, Art. 20 ZessÜ hingegen erfasst Änderungen des Grundvertrages bzw. die Wirksamkeit derselben gegenüber dem Zessionar. Ist jedoch eine Grundvertragsänderung dem Zessionar gegenüber wirksam, so können dem Schuldner auch aus dem geänderten Grundvertrag Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars zustehen.

34 Dabei kann es sich um den Abtretungsvertrag oder den Finanzierungsvertrag oder eine selbstständige Vereinbarung handeln. 35 Vgl. das Beispiel im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 28: Kann sich der Schuldner auf Grund einer Änderung des Grundvertrages durch die Zahlung eines geringeren Betrages von seiner Leistungspflicht befreien, so beurteilt sich die Frage, ob der Zessionar den Differenzbetrag und einen darüber hinausgehenden Schaden vom Zedenten verlangen kann, nach dem auf diesen Vertrag anwendbaren Recht. 36 Art. 20 Abs. 3 ZessÜ enthält die neutrale Formulierung „an agreement" und keine Einschränkung auf „an agreement that the assignor will not modify the original contract without the assignees's consent". S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/447, Rn. 133. 37 Ebenso Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (343).

470

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

III. Regelung nach dem FactÜ A. Entscheidung nach allgemeinen Grundsätzen Das FactÜ enthält keine selbstständige Vorschrift über die Wirksamkeit einer Änderung des Grundvertrages gegenüber dem Factor, wie beispielsweise eine Stundung oder einen Erlass der Forderung, sei es vor oder nach einer Abtretung dieser Forderung bzw. einer Anzeige derselben. Fraglich ist, ob diese Fälle nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ zu beurteilen sind, denn die Einrede der Stundung oder des Erlasses einer Forderung kann nach dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 FactÜ als Einwendung bewertet werden, welche unmittelbar die abgetretene Forderung aus dem Warenkaufvertrag oder dem Dienstleistungsvertrag betrifft. 3 8 Der Nachteil für den Factor liegt bei einer derartigen Interpretation des Art. 9 Abs. 1 FactÜ auf der Hand: Die entsprechenden Einreden würden dem Schuldner ohne die zeitliche Schranke des Zuganges der Abtretungsanzeige bis zur Zahlungsaufforderung durch den Factor zustehen. Nach von Falkenhayn ist eine derartige Auslegung jedoch von vornherein ausgeschlossen, da Art. 9 Abs. 1 FactÜ nur jene Einwendungen erfasst, die auf dem ursprünglichen Grundvertrag und nicht auf einer nachträglichen Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten beruhen. 39 Von Falkenhayn stützt dies offensichtlich auf den Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 FactÜ, 40 jedoch ist m.E. nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Begriff „that contract" bzw. „du contrat" sowohl den ursprünglichen als auch den nachträglich geänderten Grundvertrag umfasst. Soweit dies aus den Materialien zum FactÜ ersichtlich ist, fand während der Ausarbeitung des Übereinkommens und der Konferenz in Ottawa 41 keine Diskussion über die Frage der Wirksamkeit einer nachträglichen Änderung des Grundvertrages gegenüber dem Factor statt. Ist diese Frage deshalb nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu entscheiden? Allgemein betreffen die Einwendungen des Schuldners gegen den Zahlungsanspruch des Factors einen im FactÜ geregelten Gegenstand. Die aufgeworfene Frage wird jedoch m.E. in Art. 9 Abs. 1 und 2 FactÜ nicht 38 So offenbar Brink in MünchKomm HGB Art. 9 FactÜ Rn. 5, der jedoch keinen Hinweis auf eine allenfalls erforderliche Differenzierung nach dem Entstehungszeitpunkt der Vereinbarungen zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner über eine Stundung oder einen Erlass enthält. 39 Von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 64 f. 40 Von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 65 Fn 89. 41 Vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 276 bis 280; UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 306 f.

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

471

ausdrücklich entschieden. Gemäß Art. 4 Abs. 2 FactÜ sind daher zunächst die allgemeinen Grundsätze des FactÜ heranzuziehen, erst bei Fehlen derselben ist die Frage nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Als maßgebende Grundsätze sind der Schutz des Schuldners und der Schutz des Factors zu beachten, wobei m.E. der Zugang der Abtretungsanzeige sowohl für den Schutz der Interessen des Schuldners als auch jener des Factors von Bedeutung ist. Die rechtliche Position des Schuldners soll allein durch die Abtretung der Forderung nicht verschlechtert werden, weshalb der Schuldner berechtigt ist, selbst mit (Gegen-)Forderungen, die von der geltend gemachten Forderung unabhängig sind, gegen den Zahlungsanspruch des Factors aufzurechnen, sofern ihm diese Gegenforderungen im Zeitpunkt des Zuganges der Abtretungsanzeige zustanden. Durch die Anzeige werden aber auch die Interessen des Factors geschützt: Mit dem Zugang ist der Schuldner zur Zahlung an den Factor verpflichtet. Ab diesem Zeitpunkt „kennt" der Schuldner seinen neuen Forderungsinhaber, weshalb Vereinbarungen, welche sich auf die Rechte des Factors, d.h. seinen Zahlungsanspruch, auswirken, nur noch mit ihm vereinbart werden können bzw. für die Wirksamkeit ihm gegenüber seiner Zustimmung bedürfen. 42 Vereinbaren daher der Lieferant und der Schuldner vor dem Zugang der Abtretungsanzeige eine Stundung, eine Teilzahlung oder einen Erlass der Forderung, so ist diese Vereinbarung dem Factor gegenüber wirksam. Im Ergebnis sind die Einreden aus derartigen Vereinbarungen wie jene nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ zu behandeln. Hingegen sind entsprechende Vereinbarungen zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner nach dem Zugang der Anzeige dem Factor gegenüber grundsätzlich unwirksam. 43 Ein Rück42 Deshalb kann der Schuldner nicht mit nicht-konnexen Gegenforderungen, die ihm nach diesem Zeitpunkt gegenüber dem Lieferanten zustehen, gegen den Zahlungsanspruch des Factors aufrechnen. 43 Nach von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 84, ist die Frage einer nachträglichen Vereinbarung auf Grund der Verhandlungsprotokolle gemäß Art. 9 Abs. 2 FactÜ zu lösen. Aus den Protokollen folge, dass „Abs. 2 nicht ganz streng nur für Aufrechnungen im engen Sinne gelten solle". In der Diskussion ging es zwar um andere Einwendungen als die Aufrechnung (vgl. UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 277 [Diskussionsbeitrag Reisman]: „There might be other types of defences to performance of a contract such as illegality, frustration and the equitable doctrines of laches and estoppel which were not rights of set-off."), jedoch nicht um Einreden aus nach der Abtretung getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner hinsichtlich der Forderung. Vgl. zum Verlauf der Diskussion UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 276 ff. Da das Problem der nachträglichen Vereinbarungen nicht diskutiert worden ist, ist m.E. einer Beantwortung dieser Frage mithilfe der allgemeinen Grundsätze des FactÜ der Vorzug zu geben. Trotz des unterschiedlichen Weges ist jedoch das Ergebnis dasselbe.

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5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

griff auf das jeweils anwendbare nationale Recht ist jedenfalls nicht erforderlich (Art. 4 Abs. 2 FactÜ).

B. Fallbeispiel Abschließend sollen mögliche Einreden aus einer nach dem Abschluss des Grundvertrages zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner getroffenen Vereinbarung in Bezug auf die im internationalen Factoring übliche Globalzession zukünftiger Forderungen beleuchtet werden. Nach dem FactÜ sind grundsätzlich drei Zeitpunkte bei einer Forderungsabtretung zu beachten: der Zeitpunkt des Entstehens der Forderung 44 , jener ihrer Abtretung und der Zeitpunkt des Zuganges 45 der schriftlichen Abtretungsanzeige an den Schuldner. Den folgenden Überlegungen liegt die Annahme zugrunde, dass eine Forderung im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages entsteht. Bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen geht die Forderung im Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten mit deren Entstehen über (Art. 5 lit. b FactÜ), d.h. für den Forderungsübergang bedarf es keiner neuerlichen Übertragungshandlung. Der Abschluss des Grundvertrages ist zudem der frühestmögliche Zeitpunkt, in welchem eine wirksame Abtretungsanzeige an den Schuldner gemacht werden kann; dadurch wird die Abtretung auch dem Schuldner gegenüber wirksam. Erfolgt daher gleichzeitig mit dem Abschluss des Grundvertrages (= in der Regel der Übergang der Forderung an den Factor) die Anzeige über die Abtretung an den Schuldner, so fallen - praktisch betrachtet 46 - sowohl der Zeitpunkt des Entstehens der Forderung als auch jener der Forderungsabtretung und der Abtretungsanzeige ineinander. Zusammenfassend bedeutet dies, dass sich bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen die Frage der Wirksamkeit einer vor der Abtretung erfolgten Änderung des Grundvertrags aus der Sicht der Praxis nicht stellen wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre ein Einbeziehen nachträglicher Änderungen des Grundvertrages und der

44 Das FactÜ bestimmt nicht den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung, so dass dieser nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen ist. 45 Wie bereits erwähnt, ist der Zeitpunkt des Zuganges jener Zeitpunkt, in dem der Erklärungsempfänger die Erklärung erhält, sie also in seinen Machtbereich gelangt. 46 Die schriftliche Anzeige muss zugehen, um wirksam zu sein, daraus folgt die zeitliche Differenz zwischen dem Abschluss des Grundvertrages und der Wirksamkeit der Anzeige gegenüber dem Schuldner. D e m Schriftformgebot entsprechen jedoch auch, wie bereits erwähnt, elektronisch übermittelte Anzeigen.

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

473

daraus resultierenden Einreden in den Wortlaut des Art. 9 FactÜ dennoch wünschenswert gewesen. 47

IV. Vergleich und Wertung Im Gegensatz zu Art. 20 ZessÜ enthält das FactÜ keine Vorschrift über eine nachträgliche Änderung des Grundvertrages. 48 Da jedoch die Einreden des Schuldners gegen den Zahlungsanspruch des Factors einen im FactÜ geregelten Gegenstand betreffen, ist ein sofortiger Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht ausgeschlossen. Die in dieser Frage herangezogenen, dem FactÜ zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze führen im Wesentlichen zum identen Ergebnis wie die Vorschriften des Art. 20 ZessÜ. Das entscheidende Kriterium für die Wirksamkeit einer Änderungsvereinbarung gegenüber dem Zessionar/Factor - selbst ohne dessen Zustimmung - ist der Empfang der Abtretungsanzeige durch den Schuldner. Nach der Anzeige ist eine Änderung des Grundvertrages nur noch mit Zustimmung des Zessionars diesem gegenüber wirksam. Für das ZessÜ folgt dies ausdrücklich aus Art. 20 Abs. 2 lit. a ZessÜ (lit. b enthält einen Fall von „constructive consent"), für das FactÜ ergibt sich dies aus dem Grundsatz, dass nach der Anzeige die rechtliche Position des Factors als neuen Forderungsinhabers ohne dessen Zustimmung nicht verändert werden kann. Der Vorzug des ZessÜ vor dem FactÜ ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass das ZessÜ diese Frage ausdrücklich regelt. Dies ist bei internationalen Forderungsabtretungen aus Gründen der Rechtssicherheit als positiv zu bewerten. Gelangt jedoch das FactÜ zur Anwendung, so bleibt ungewiss, ob die nationalen Gerichte gemäß den allgemeinen Grundsätzen des FactÜ entscheiden oder sogleich einen Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht nehmen werden, was zu einem vom FactÜ abweichenden Ergebnis führen kann und insgesamt den Vereinheitlichungseffekt des FactÜ mindert.

47

Z.B. durch das Verabschieden der von der US-amerikanischen Delegation vorgeschlagenen Formulierung des Art. 9 Abs. 2 FactÜ: „... any other defences, including the right of set-off...". Ebenso von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 85. 48 Bedauerlicherweise ist die Frage einer Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner hinsichtlich der Forderung nach der Abtretung derselben (insbesondere Stundung oder Erlass der Forderung) inhaltlich nicht diskutiert worden und hat daher keinen Niederschlag im Text des FactÜ gefunden.

474

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

V. Regelung nach den PECL und UNIDROIT-Principles A. PECL Die PECL regeln die Frage der nachträglichen Änderung des abgetretenen Anspruchs in zwei Vorschriften, die einander ergänzen. Die erste Vorschrift, Art. 11:204 lit. b PECL, findet sich im Abschnitt 2 des 11. Kapitels („Wirkungen der Abtretung im Verhältnis des bisherigen Gläubigers zu dem neuen Gläubiger"), die zweite, Art. 11:308 PECL, im Abschnitt 3 („Wirkungen der Abtretung im Verhältnis des neuen Gläubigers zum Schuldner"). Gemäß Art. 11:308 PECL ist nach dem Zugang der Abtretungsanzeige an den Schuldner eine zwischen dem Schuldner und dem Zedenten vereinbarte Änderung des Anspruchs gegenüber dem Zessionar nur unter bestimmten Voraussetzungen ohne dessen Zustimmung wirksam. Daraus folgt, dass Änderungen des Anspruchs nach der Abtretung, aber vor dem Zugang der Anzeige dem Zessionar gegenüber wirksam sind. In diesem Fall greift jedoch die Haftung des Zedenten gegenüber dem Zessionar für die Nichterfüllung der Zusicherung, dass der Anspruch nach der Abtretung nicht ohne Zustimmung des Zessionars geändert werden wird (Art. 11:204 lit. b PECL), wobei allerdings Ausnahmen vorgesehen sind, die den Ausnahmen nach Art. 11:308 PECL entsprechen. Der für die Abgrenzung entscheidende Zeitpunkt ist somit jener des Zuganges der Anzeige, wobei auch eine Anzeige, die nicht den Kriterien des Art. 11:303 Abs. 1 PECL entspricht, 49 diese Zäsur herbeiführt. Selbst nach diesem Zeitpunkt sind aber bestimmte Änderungen des Anspruchs auch ohne Zustimmung 50 des Zessionars diesem gegenüber wirksam. Dies ist der Fall, wenn im Abtretungsvertrag selbst Änderungen des Anspruchs vorgesehen sind oder sie im guten Glauben vorgenommen werden und der Zessionar der konkreten Änderung vernünftigerweise nicht widersprechen kann. Diese Gründe entsprechen jenen, die von der Zusicherung des Zedenten, den Anspruch nicht zu ändern, ausgenommen sind (s. Art. 11:204 lit. b PECL).

49

Z.B. die Mitteilung erfolgt nicht in schriftlicher Form oder der Schuldner wird in der Anzeige nicht zur Leistung an den neuen Gläubiger aufgefordert. Anders Art. 13 Abs. 2 Satz 1 ZessÜ. 50 Stimmt der Zessionar der Änderungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Zedenten zu, so stellt sich die Frage nicht.

5. Kapitel:

Vereinbarungen

nach der

Abtretung

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B. UNIDROIT-Principles Die UNIDROIT-Principles enthalten keine eigene Bestimmung über die Wirksamkeit nachträglicher Änderungen gegenüber dem Zessionar. Dennoch gilt der in Art. 11:308 PECL und Art. 20 Abs. 1 ZessÜ enthaltene Grundsatz m.E. auch für Abtretungen im Rahmen der UNIDROITPrinciples. Gemäß Art. 9.1.7 UNIDROIT-Principles wird das Recht durch bloße Vereinbarung zwischen den Parteien des Abtretungsvertrages übertragen, wobei gemäß Art. 9.1.14 lit. a UNIDROIT-Principles alle Rechte des Zedenten bezüglich des abgetretenen Rechts übergehen (Art. 9.1.14 lit. a UNIDROIT-Principles). Nach der Einigung fehlt dem Zedenten die Berechtigung zur Änderung des abgetretenen Anspruchs. Hingegen ist der Schuldner bis zur Mitteilung über die Abtretung nicht nur zur befreienden Leistung an den Zedenten, sondern auch zu Änderungsvereinbarungen mit dem Zedenten berechtigt; der Zedent verletzt damit jedoch den Abtretungsvertrag. Ab dem Zugang der Mitteilung ist dem Schuldner bekannt, dass der Zessionar neuer Forderungsinhaber ist, so dass Änderungen hinsichtlich des abgetretenen Anspruchs mit ihm zu vereinbaren sind. Ohne seine Zustimmung ist der Zessionar an Änderungensvereinbarungen gebunden, falls diese im Abtretungsvertrag bereits vorgesehen sind (seine Zustimmung kann dann angenommen werden). Die Frage, ob ein Zessionar selbst ohne seine Zustimmung an eine Änderung des abgetretenen Rechts gebunden sein soll, da ein vernünftiger Zessionar der Änderung zustimmen würde, ist m.E. unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben im internationalen Handel (s. Art. 1.7 UNIDROIT-Principles) zu lösen.

C. Vergleich mit ZessÜ und FactÜ Es folgt nahezu aus der Natur der Abtretung, dass der Zessionar an Änderungen des Grundvertrages nach dem Zugang der Abtretungsanzeige ohne seine Zustimmung nicht gebunden ist. Änderungen des Anspruchs nach diesem Zeitpunkt sind nur unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber dem Zessionar wirksam. Die PECL und das ZessÜ, welche die Voraussetzungen ausdrücklich anführen, stimmen im Grunde überein. Allerdings stellen die PECL nicht auf die unvollständige Erfüllung des Grundvertrages ab, sondern auf die Vornahme der Anspruchsänderung im guten Glauben. Im Ansatz erscheint dadurch eine Änderung des Anspruchs mit Wirksamkeit für den Zessionar nach den PECL eher möglich als nach dem ZessÜ; eine generelle Aussage dahingehend ist m.E. aber nicht möglich, da stets die Umstände des zu beurteilenden Sachverhaltes zu berücksichtigen sind.

6. Kapitel

Rückforderung von Zahlungen I.

Regelung nach dem ZessÜ

A. Der Grundsatz des Art. 21 ZessÜ Ist der Schuldner zur Zahlung verpflichtet, bevor der Zedent seine Leistung entsprechend dem Grundvertrag zu erbringen hat, so stellt sich die Frage, ob der Schuldner vom Zessionar die teilweise oder gänzliche Rückzahlung des geleisteten Betrages fordern kann, sofern der Zedent seine Pflichten aus dem Grundvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt. Diese Frage ist von besonderer Relevanz, wenn der Zedent zahlungsunfähig geworden ist und eine gerichtliche Eintreibung des geleisteten Betrages somit aussichtslos erscheint. Das ZessÜ regelt diese Frage in Art. 21 ZessÜ und bestimmt: Eine nicht ordnungsgemäße Erfüllung des Grundvertrages 1 durch den Zedenten gibt dem Schuldner keinen Anspruch gegen den Zessionar auf Rückforderung des Betrages, den der Schuldner an den Zedenten oder an den Zessionar geleistet hat. Der Hauptzweck dieser Vorschrift ist der Schutz des Zessionars vor Rückforderungsansprüchen des Schuldners. 2 Art. 21 ZessÜ setzt voraus, dass der Schuldner bereits gezahlt hat. Ob der Schuldner den Forderungsbetrag unmittelbar an den Zessionar oder an den Zedenten geleistet hat, ist unerheblich, da der Zessionar durch die Abtretung Forderungsinhaber geworden ist. Diesbezüglich steht die Regelung des Art. 21 ZessÜ auch im Einklang mit Art. 14 Abs. 1 lit. a und lit. b 3 ZessÜ.

1

Englisch: „Failure of the assignor to perform ...". Erfasst wird jede Art der Vertragsverletzung, d.h. sowohl eine Nichterfüllung als auch eine verspätete oder eine mangelhafte Erfüllung. In der ersten von der Arbeitsgruppe diskutierten Fassung waren die einzelnen Vertragsverletzungen angeführt; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 145 („non-performance or defective or late performance of the original contract"). 2 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 29. 3 Wird bezüglich der abgetretenen Forderung eine Zahlung an den Zedenten geleistet, so hat der Zessionar, mangels abweichender Vereinbarung, Anspruch auf die Zahlung des

6. Kapitel: Rückforderung

von

Zahlungen

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Ein Anspruch des Schuldners gegen den Zessionar auf Rückforderung des geleisteten Betrages kann sich lediglich aus dem - auf den Grundvertrag jeweils anwendbaren - nationalen Recht ergeben. Art. 21 ZessÜ selbst bildet keine Anspruchsgrundlage, sondern versagt dem Schuldner einen nach dem nationalen Recht allenfalls bestehenden Anspruch gegen den Zessionar. Art. 21 ZessÜ bezieht sich jedoch nur auf einen Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar. 4 Einen Anspruch gegen den Zedenten auf Rückforderung schließt Art. 21 ZessÜ hingegen nicht aus. Gewährt daher das auf den Grundvertrag jeweils anwendbare nationale Recht einen Rückforderungsanspruch gegen den Zedenten, so bleibt dieser Anspruch von Art. 21 ZessÜ unberührt. 5 Die rechtliche Stellung des Schuldners soll durch eine Forderungsabtretung weder verschlechtert werden, denn dies würde dem Grundsatz des Schuldnerschutzes nach Art. 15 ZessÜ widersprechen, noch verbessert werden. Da jedoch Art. 21 ZessÜ einen nach dem nationalen Recht allenfalls bestehenden Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar versagt, trägt somit der Schuldner das Risiko der Zahlungsunfähigkeit seines Vertragspartners aus dem Grundvertrag. Dieses Risiko hätte er allerdings auch zu tragen, wenn die Forderungsabtretung nicht erfolgt wäre. 6 Art. 21 ZessÜ sieht keine Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtrückforderbarkeit von Zahlungen vom Zessionar vor. Für Forderungsabtretungen, die dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterliegen, sind jene Ausnahmen, die in Art. 10 FactÜ 7 enthalten sind, generell als ungeeignet angesehen worden, da sie speziell für das internationale Factoring zugeschnitten seien. 8 Handelt es sich beim Schuldner um einen Verbraucher, so ist grundsätzlich die Vorschrift des Art. 4 Abs. 4 ZessÜ zu beachten. Gewährt das auf den Grundvertrag anwendbare nationale Recht dem Schuldner als Erlöses und auf die dem Zedenten in Anrechnung an die abgetretene Forderung zurückgegebenen Waren. 4 Dies folgt aus dem Wortlaut des Art. 21 ZessÜ: „... does not entitle the debtor to recover/ram the assignee ..." (Hervorhebung durch die Verfasserin), sowie der Tatsache, dass die Art. 15 bis 21 ZessÜ die rechtliche Position des Schuldners nach der Abtretung und somit primär im Verhältnis gegenüber dem Zessionar regeln und aus dem mittelbaren Verweis des Art. 21 ZessÜ auf die Vorschriften des Art. 14 Abs. 1 lit. a und b ZessÜ („... paid by the debtor to the assignor or the assignee."). 5 Deshalb bestand nach der Ansicht der Arbeitsgruppe kein Grund, den allenfalls bestehenden Ansprüchen gegen den Zedenten einen Anspruch gegen den Zessionar hinzuzufügen. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 147. 6 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 159. 7 Vgl. 5. Teil, 6. Kapitel, II.C. 8 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 146; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/432, Rn. 241; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/ Add.l, Rn. 29.

478

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Verbraucher bei einer Nichterfüllung, einer mangelhaften oder verspäteten Erfüllung durch den Zedenten einen Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar, so bleibt dieser Anspruch von Art. 21 ZessÜ unberührt. 9

B. Das Verhältnis von Art. 18 zu Art. 21 ZessÜ Tatbestandsmerkmal des Art. 21 ZessÜ ist, wie bereits erwähnt, die erfolgte Zahlung des Schuldners; ob diese unmittelbar an den Zessionar oder an den Zedenten 10 erfolgt, ist unerheblich. Hat jedoch der Schuldner noch nicht gezahlt, da er beispielsweise nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, so kann er bei einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Grundvertrages durch den Zedenten Einreden aus dem konkreten Vertrag gegen den Zahlungsanspruch des Zessionars erheben (vgl. Art. 18 Abs. 1 ZessÜ). Hat hingegen der Schuldner bereits geleistet und steht er in einer dauernden Geschäftsverbindung mit dem Zedenten, so ist er grundsätzlich berechtigt, mit einer Schadenersatzforderung, die ihm auf Grund der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Grundvertrages gegenüber dem Zedenten zusteht, gegen einen nachfolgenden Zahlungsanspruch des Zessionars als Gegenforderung aufzurechnen (Art. 18 Abs. 2 ZessÜ).

II. Regelung nach dem FactÜ A. Einleitung Im Rahmen des internationalen Factoring stellt sich dieselbe Frage: Leistet der Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung an den Factor (Art. 8 Abs. 1 i.V.m. 2 FactÜ), kommt der Lieferant seiner Verpflichtung aus dem Grund vertrag jedoch nur mangelhaft, verspätet oder gar nicht nach und möchte der Schuldner die Rückerstattung des bereits an den Factor geleis-

9 Bis zur letzten Kommissionssitzung nahm Art. 21 ZessÜ Bezug auf die nationalen Verbraucherschutz Vorschriften („Without prejudice to the law governing the protection of the debtor in transactions made for personal, family or household purposes in the State in which the debtor is located, ..."). Auf Grund der Ergänzung von Art. 4 ZessÜ um die Bestimmung des Abs. 4 ist diese Textpassage gestrichen worden. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 32 f. und 186. 10 Dies kann der Fall sein, da der Zessionar beispielsweise nicht über die nötige Infrastruktur verfügt, um die Forderungen einzutreiben bzw. sie zu verwalten, oder wenn der Schuldner vereinbarungsgemäß von der Forderungsabtretung nicht verständigt werden soll.

6. Kapitel: Rückforderung

von

Zahlungen

479

teten Betrages erlangen, so ist zu prüfen, wem gegenüber er seinen Anspruch geltend machen kann. In der Regel stellt sich diese Frage in jenen Fällen, in denen der Schuldner die vertragliche Verpflichtung zur Vorleistung des Geldbetrages übernommen hat" oder in denen die mangelhafte Erfüllung des Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrages (insbesondere das Vorliegen eines Sachmangels) erst nach der Zahlung durch den Schuldner erkennbar wird. Besondere Bedeutung kommt ihr im Fall des Konkurses des Lieferanten zu, wenn von diesem keine Zahlung mehr zu erwarten ist. Das FactÜ regelt den RückZahlungsanspruch des Schuldners im Fall einer Nichterfüllung, mangelhaften oder verspäteten Erfüllung des Grundvertrages 12 in Art. 10 FactÜ 13 , wobei die Bestimmung des Abs. 1 den Grundsatz und jene des Abs. 2 die Ausnahmen dazu enthält. Die Vorschrift des Art. 10 FactÜ bezieht sich ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Factor. Das Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten ist insgesamt und daher auch in dieser Frage nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Dies gilt auch für die Rechtsfolgen eines gegen den Factor bestehenden Rückzahlungsanspruchs des Schuldners.

B. Der Grundsatz nach Art. 10 Abs. 1 FactÜ Nach Art. 10 Abs. 1 FactÜ berechtigen Nichterfüllung, mangelhafte Erfüllung oder verspätete Erfüllung des Warenkauf- oder Dienstleistungsvertrages für sich allein den Schuldner nicht, einen von ihm an den Factor gezahlten Betrag zurückzufordern, wenn er aus diesem Grund einen Rückforderungsanspruch gegen seinen Lieferanten hat. Aus Art. 10 Abs. 1 FactÜ folgt somit der Grundsatz des Ausschlusses eines Rückforderungsanspruchs des Schuldners gegen den Factor. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, wenn der Schuldner einen solchen Rückforderungsanspruch gegen

" So auch UN1DROIT1982, Study LVIII - Doc. 10, Rn. 29. 12 Rückforderungsansprüche aus anderen Gründen werden von Art. 10 FactÜ nicht erfasst; vgl. UNIDROIT1983, Study LVIII - Doc. 14, Rn. 46. 13 Vom Beginn der Ausarbeitung des FactÜ bestand Einigkeit über die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift (vgl. UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 7, 6 lit. f.), so dass bereits der erste Entwurf eine derartige Vorschrift enthielt (vgl. UNIDROIT 1979, Study LVIII - Doc. 8, Article 7). Die Vorschrift ist zwischenzeitlich gestrichen worden, da sie für den Schuldner nachteilig sei (vgl. UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 19,2 und UNIDROIT 1985, Study LVIII - Doc. 20, Rn. 49), und später (geändert) wieder eingefügt worden (vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 24, 2 und UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 60).

480

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

seinen Lieferanten hat. 14 Da das FactÜ, wie bereits erwähnt, das Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Lieferanten nicht regelt, ist das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs gegen den Lieferanten wegen einer unterbliebenen oder mangelhaften Leistung nach dem Grundvertrag bzw. dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Dabei genügt nach dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 FactÜ jeder Anspruch bzw. jede Anspruchsgrundlage wegen Nichterfüllung bzw. Schlechterfüllung des Vertrages, auf Grund dessen der Schuldner den geleisteten Betrag vom Lieferanten erstattet bekommen kann. Wie dieser Anspruch dogmatisch einzuordnen ist, spielt somit keine Rolle. 15 In der Regel wird das jeweils anwendbare nationale Recht dem Schuldner einen Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten (Zedenten) gewähren. 16 Das rechtliche Bestehen eines solchen Anspruchs ist für den Ausschluss des Rückforderungsanspruchs gegen den Factor nach Art. 10 Abs. 1 FactÜ ausreichend, auf die tatsächliche Durchsetzbarkeit kommt es nicht an, weshalb im Ergebnis der Schuldner das Insolvenzrisiko des Lieferanten trägt. 17 Besteht nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht kein Anspruch des Schuldners auf Rückforderung gegen den Lieferanten, so bietet Art. 10 Abs. 1 FactÜ selbst keine Anspruchsgrundlage für einen Rückforderungsanspruch gegen den Factor. Ein derartiger Anspruch gegen den Factor kann sich nur aus dem jeweils anwendbaren nationalen Recht ergeben; gewährt dieses einen solchen Anspruch, so wird er durch Art. 10 Abs. 1 FactÜ nicht berührt. 18 In der Literatur finden sich unterschiedliche Interpretationen über die in Art. 10 Abs. 1 FactÜ verwendete Formulierung „berechtigen Nichterfül14 Diese Voraussetzung für die Geltung des Grundsatzes ist auf Vorschlag Österreichs und der BRD in den Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 FactÜ aufgenommen worden. Vgl. UNIDROIT1986, Study LVIII - Doc. 24, 2 und UNIDROIT 1986, Study LV1II - Doc. 25, Rn. 60. Österreich hat trotzdem die Streichung des Art. 10 FactÜ vorgeschlagen, da durch diese Vorschrift die rechtliche Stellung des Factors unberechtigterweise verbessert werde. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 27, 3, Article 8. 15 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 220. 16 Vgl. nur den Diskussionsbeitrag von Goode in UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 281: „... under the law of all legal systems with which he was acquainted an assignment could not, as a matter of contract law, deprive the debtor of any rights against the supplier." 17 Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 123; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 220; Brink in MiinchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 6. 18 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 46 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 101 Rn. 46 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 131 Rn. 46: in those legal systems where the debtor loses his right to claim recovery of the price from the supplier because it is the factor who has received payment, it did not seem fair to deprive the debtor of the possibility of recovery from the factor." Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 219; von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 86.

6. Kapitel: Rückforderung

von

Zahlungen

481

lung ... des Warenkaufvertrages allein den Schuldner nicht, .,." 19 . 20 Aus dem Wortlaut ist m.E. zu schließen, dass der Schuldner „allein" (im Sinne von „lediglich") auf Grund der Nicht- oder Schlechterfüllung des Lieferanten keinen Rückforderungsanspruch gegen den Factor hat. 21 Besteht jedoch kein Anspruch gegen den Lieferanten und besteht nach dem jeweils anwendbaren Recht auf Grund der Nicht- oder Schlechterfüllung des Lieferanten ein Rückforderungsanspruch gegen den Factor, so steht diesem Art. 10 Abs. 1 FactÜ nicht entgegen. Da der Regelungsgegenstand des Art. 10 FactÜ auf Rückforderungsansprüche aus Nicht- oder Schlechterfüllung des Grundvertrages beschränkt ist, sind Rückforderungsansprüche aus anderen Gründen nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Dies wird m.E. auch durch die Materialien bestätigt. 22 Die Bedeutung des Wortes „allein" erschöpft sich m.E. somit darin, dass nach dem FactÜ zunächst zu prüfen ist, ob der Schuldner wegen der Nicht- oder Schlechterfüllung einen Rückforderungsanspruch gegen seinen Vertragspartner aus dem Grundvertrag hat. Der Grundsatz des Art. 10 Abs. 1 FactÜ, den Factor vor Rückforderungsansprüchen des Schuldners zu schützen, beruht auf dem Gedanken, dass die rechtliche Stellung des Schuldners allein auf Grund der Abtretung weder verschlechtert noch verbessert werden soll. 23 So wie der Schuldner nach Art. 9 Abs. 1 FactÜ dem Factor alle Einwendungen aus dem Grund19 „Non-performance ... shall not by itself entitle". Zunächst „alone" (UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 21 und S 4, Article 9), schließlich „by i t s e l f (UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 21, 308, Article 10). 20 Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 221, ist aus dem Wort „allein" zu schließen, dass in jenen Fällen, in denen ein Rückforderungsrecht des Schuldners gegen den Lieferanten auch aus einem anderen Grund besteht, z.B. auf Grund eines ordentlichen vertraglichen Rücktritts- oder Kündigungsrechts, ein nach nationalem Recht bestehender Rückforderungsanspruch des Schuldners gegen den Factor nicht ausgeschlossen wird. Bei von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 86, findet sich dazu die m.E. kurze und daher vielleicht missverständliche Äußerung, „die Vertragsverletzung allein reiche bei Anwendbarkeit des Abkommens nicht aus". 21 I.d.S. wohl auch von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 86. 22 Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 21: „Since it is once again not the intention of the committee to lay down a general rule but simply to prevent a debtor bringing an action solely on the grounds mentioned in paragraph 1, this provision now reads as follows: non-performance or defective or late performance ... by the supplier ... shall not alone entitle the debtor to recover ..." und UNIDROIT 1987, Study LVIII Doc. 33, Rn. 46 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 101 Rn. 46 = Unif. L. Rev ./Rev. dr. unif. 1987 I, 131 Rn. 46: „... any other grounds of recovery which may exist under national law therefore being unaffected." 23 Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 58 und UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 46 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 101 Rn. 46 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 131 Rn. 46. H.A. Vgl. nur Brink in MünchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 4.

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

vertrag entgegenhalten und nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ das Recht zur Aufrechnung mit Gegenforderungen ausüben kann, so soll er sich nach dem Grundgedanken des Art. 10 Abs. 1 FactÜ im Fall einer fehlenden oder mangelhaften Leistung aus dem Grundvertrag an seinen ursprünglichen Vertragspartner halten, als hätte die Forderungsabtretung nicht stattgefunden. Der Factor ist kein Garant 24 für die vertragsgemäße Leistung des Lieferanten und haftet daher nicht für diese. Vor allem im Fall eines Konkurses des Lieferanten soll der Schuldner auf Grund des Art. 10 Abs. 1 FactÜ nicht die Möglichkeit haben, den gezahlten Betrag vom Factor zu fordern, zumal er ihn ohne eine Abtretung der Forderung auch gegenüber dem Lieferanten nicht erfolgreich durchsetzen hätte können. 25 Zusammenfassend kann in Bezug auf Art. 10 Abs. 1 FactÜ festgehalten werden: Bei Anwendbarkeit des FactÜ kommt ein RückZahlungsanspruch des Schuldners gegen den Factor nur dann in Betracht, wenn ihm das jeweils anwendbare nationale Recht zwar einen solchen gegen den Lieferanten versagt, jedoch gegen den Factor gewährt. Die Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 FactÜ trägt inhaltlich kaum zur Rechts Vereinheitlichung und Erleichterung des internationalen Factoring bei, da sich der Rückforderungsanspruch des Schuldners wegen Nichterfüllung bzw. Schlechterfüllung des Grundvertrages nur aus dem nationalen Recht ergeben kann. 26 Nach Ferrari27 dient diese Vorschrift jedoch insofern der Förderung der Forderungsfinanzierung, als der Grundsatz des Art. 10 Abs. 1 FactÜ dem Factor ein Gefühl der Sicherheit vermittle und dadurch auch den Abschluss von Factoringverträgen fördere.

C. Die Ausnahmen nach Art. 10 Abs. 2 FactÜ Grundsätzliche Voraussetzung für die Anwendung des Art. 10 Abs. 2 FactÜ ist, dass der Schuldner nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht einen Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten wegen Nicht- oder Schlechterfüllung des Grundvertrages hat. Daran anknüpfend regelt Art. 10 Abs. 2 FactÜ für zwei Fälle eine Ausnahme vom Grundsatz des Abs. 1, in denen der Schuldner „gleichwohl" 28 seinen Rückforderungsanspruch gegen den Factor geltend machen kann. In diesen beiden Fällen stehen dem 24

UNIDROIT1983, Study LVIII - Doc. 16, Rn. 46 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1982 II, 79 Rn. 46. 25 UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 58. 26 So auch die insgesamt zu Art. 10 FactÜ getroffene Feststellung von Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 224. 27 JZ 1998, 9 (13). 28 „Nevertheless" bzw. „néanmoins".

6. Kapitel: Rückforderung

von

Zahlungen

483

Schuldner daher zwei Anspruchsverpflichtete für die Rückzahlung des an den Factor geleisteten Betrages zur Verfügung, wobei Art. 10 Abs. 2 FactÜ selbst die Anspruchsgrundlage 29 für den Rückforderungsanspruch des Schuldners gegen den Factor darstellt. Die Ausnahmen nach Art. 10 Abs. 2 lit. a und lit. b FactÜ knüpfen an die erfolgte (lit. b) bzw. nicht erfolgte (lit. a) Zahlung des Factors an den Lieferanten an. Der Ausnahmefall nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ setzt voraus, dass der Factor seine Verpflichtung, für die konkrete Forderung an den Lieferanten zu zahlen, nicht erfüllt hat. Auf Grund einer Grundvertragsverletzung des Lieferanten, die den Schuldner zur Rückforderung des Betrages berechtigt, ist der Factor dazu auch nicht mehr verpflichtet, denn die dem Factoring zugrunde liegende Forderung hat sich als rechtlich unbegründet erwiesen. 30 Könnte der Factor in diesem Fall den vom Schuldner gezahlten Betrag behalten, so wäre er in einer ungerechtfertigten Weise bereichert. 31 Wesentlich für die Ausnahmeregelung des Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ ist, dass der Factor seine Zahlungspflicht gegenüber dem Lieferanten in Bezug auf die konkrete Forderung nicht erfüllt hat. Eine diesbezügliche Verpflichtung ergibt sich regelmäßig aus dem Factoringvertrag. So liegen die Tatbestandsmerkmale nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ vor, wenn der Factor erst nach der Zahlung des Schuldners zur Leistung an den Lieferanten verpflichtet ist, 32 er dieser Verpflichtung aber nicht nachkommt. Übernimmt jedoch der Factor nach dem Factoringvertrag auch die Finanzierung für den Lieferanten 33 (Art. 1 Abs. 2 lit. b erster Spiegelstrich FactÜ), so ist er bei der Abtretung der Forderung regelmäßig nur zur Leistung eines bestimmten, überwiegenden Teiles (z.B. 80%), nicht jedoch des gesamten Forderungsbetrages verpflichtet. Der Rest des Forderungsbetrages (unter Abzug der Gebühren und Spesen) wird in der Regel erst mit Fälligkeit der 29

So auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 222. Vgl. Rebmann, RabelsZ 1989, 599 (614); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 133; von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 87; Brink in MünchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 10. 31 Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 60 und UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 47 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 101 Rn. 47 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 131 Rn. 47. 32 Das Fälligkeitsfactoring oder Maturity-Factoring kommt vor allem bei finanzstarken Lieferanten (Factoringkunden) in Betracht. Vgl. Brink, Begriffsbestimmungen, in: Hagenmüller/Sommer/Brink (Hrsg.), Handbuch des nationalen und internationalen Factoring, 3. Auflage (1997) 15. 33 Nach Brink in HGB MünchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 9, wird der Ausnahmefall des Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ in der Praxis selten sein, da in allen Factoringvarianten, in denen der Lieferant auch die Finanzierung in Anspruch nimmt, der Factor praktisch zeitgleich mit der Rechnungslegung die Kaufpreiszahlung an den Lieferanten vornimmt. 30

484

5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

Forderung aus dem Grundvertrag zur Zahlung fällig. Zahlt der Factor vereinbarungsgemäß den überwiegenden Teil der Forderung (z.B. 80%), so hat er seine vertragliche Verpflichtung erfüllt und ist m.E. für diesen Teil der Forderung vor den Rückforderungsansprüchen des Schuldners nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ geschützt. Ist nach dem Factoringvertrag der verbliebene Teil mit Fälligkeit der Forderung aus dem Grundvertrag zu begleichen und zahlt der Factor nicht zum vereinbarten Zeitpunkt, so kann der Schuldner, sofern er einen Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten hat, den beim Factor verbliebenen Teil von diesem fordern. 34 Ist jedoch der Factor nach dem Factoringvertrag verpflichtet, den verbliebenen Teil erst nach Ablauf einer bestimmten Frist an den Lieferanten zu zahlen, und steht dem Schuldner beispielsweise vor diesem Zeitpunkt ein Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten zu, so hat der Factor seine Verpflichtung, den verbliebenen Teil an den Lieferanten zu leisten, mangels Fälligkeit nicht verletzt, weshalb dem Schuldner für diesen Teil ein Rückforderungsanspruch gegen den Factor nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ nicht zusteht. 35 Mit anderen Worten: Der Factor ist stets nur in jenem Umfang zur Rückzahlung verpflichtet, in dem er seiner vertraglichen Verpflichtung zur Leistung an den Lieferanten nicht nachgekommen ist. Dies folgt m.E. bereits aus dem Wortlaut Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ und wird durch die Formulierung „soweit" 36 , welche sowohl für die Ausnahme nach lit. a als auch nach lit. b gilt, hervorgehoben. 37 Art. 10 Abs. 2 lit. b FactÜ normiert den zweiten Ausnahmefall zum Grundsatz der NichtVerantwortlichkeit des Factors gegenüber dem Schuld-

34 Ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 222 f., nach dessen Ansicht der Factor nur insoweit dem Schuldner zur Rückzahlung verpflichtet ist, als er gegenüber dem Lieferanten mit seiner Zahlung in Verzug ist (Hervorhebung durch die Verfasserin). Vgl. UNIDROIT 1986, Study LVIII - Doc. 25, Rn. 60: „... since the latter (= Factor, Anm. der Verfasserin) has not paid the supplier purchase price of the receivable (which he ought to have done had he undertaken to provide finance) when he is not obliged under the factoring contract to make such payment following payment to him by the debtor of the price of that receivable." S. Brink in MünchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 11, für die entsprechend zu lösende Frage der Teilzahlung. 35 A.A. von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 87, die in ihrem Fallbeispiel offensichtlich unabhängig vom Verzug des Factors hinsichtlich seiner Leistungspflicht einen Rückforderungsanspruch des Schuldners gegen den Factor gewährt. 36 „To the extent" bzw. „dans la mesure". 37 Vgl. die unwidersprochen gebliebene Äußerung des Delegierten Stauder (UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 284), wonach sich die Worte „to the extend" auf lit. a und lit. b beziehen und teilweise Zahlungen und Ratenzahlungen erfassen.

6. Kapitel: Rückforderung

von

Zahlungen

485

ner. 38 Der Schuldner hat neben dem Anspruch gegen den Lieferanten einen direkten Rückforderungsanspruch gegen den Factor, sofern der Factor zu einem Zeitpunkt gezahlt hat, in dem er von der Nicht- bzw. Schlechterfüllung des Lieferanten wusste 39 . Damit soll eine Kollusion zwischen dem Lieferanten und dem Factor verhindert werden, indem der Factor trotz seiner Kenntnis von der Vertragsverletzung die Zahlung überweist, um einer Haftung zu entgehen. 40 Zahlt der Factor trotz seiner Kenntnis, so soll er das finanzielle Risiko der Nicht- bzw. Schlechterfüllung des Lieferanten tragen. 41 Auch im Fall der zweiten Ausnahme besteht der Rückforderungsanspruch gegen den Factor nur soweit (d.h. nur in dem Umfang), als der Factor die Zahlung in Kenntnis der Nicht- oder Schlechterfüllung geleistet hat. Dies folgt m.E. bereits aus dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 FactÜ, denn mit dem Wort „soweit" soll nicht ausschließlich auf die zwei möglichen Ausnahmen hingewiesen, sondern auch die Höhe des Rückforderungsanspruchs begrenzt werden (soweit der Factor seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen ist bzw. soweit er in Kenntnis der Vertragsverletzung gezahlt hat). 42 Folgt man der Absicht der Verfasser, so soll der Begriff „Zahlung" 43 lediglich im Fall der ersten Ausnahme nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ alle Arten der Erfüllung einer Geldverpflichtung und daher auch die Aufrechnung des Factors mit Gegenforderungen gegen den Lieferanten erfassen. 44 Für den zweiten Ausnahmefall soll dies offenbar nicht gelten, wobei aus den Materialien keine Gründe dafür ersichtlich sind. In der Textfassung des Art. 10 Abs. 2 FactÜ hat dieses unterschiedliche Verständnis der Verfasser über ein und denselben Begriff keinen Niederschlag gefunden, was 38 Der zweite Ausnahmetatbestand ist erst während der dritten Sitzung der Regierungssachverständigen in das FactÜ aufgenommen worden. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LV1II - Doc. 32, Rn. 22. 39 Damit ist, ebenso wie in Art. 8 Abs. 1 FactÜ, die positive Kenntnis des Factors gemeint. So auch Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 223. Dies folgt eindeutig aus den Materialien. Vgl. UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 32, Rn. 22. 40 Vgl. Diehl-Leistner, Internationales Factoring 133; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 223; von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 87; Brink in MünchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 12. 41 So UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 33, Rn. 47 = UNIDROIT, Acts and Proceedings I, 101 Rn. 47 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 131 Rn. 47. 42 Im Ergebnis ebenso Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 222 f., weil es angesichts der Factoringpraxis keinen Sinn mache, vom Alles-oder-Nichts-Prinzip auszugehen, und von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 87, weil die Ausnahmen nach ihrem Sinn und Zweck auch für Anteile des Forderungsbetrages gelten und dies auch mit dem Wortlaut vereinbar sei. 43 „Payment" bzw. „obligation de payer", „a payé". 44 UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 18, 283 f. (insbesondere Wortmeldung Sévon = Chairmann).

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5. Teil: Die rechtliche Stellung des

Schuldners

aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch berechtigterweise zu erwarten gewesen wäre. Nach Brink45 folge aus der Zielsetzung der Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 lit. b FactÜ, dass die Aufrechnung des Factors mit eigenen Forderungen gegen den Lieferanten nicht eingeschränkt sei. Bei der Lösung dieser Frage ist m.E. Folgendes zu beachten: Der Zweck der Vorschrift ist das Vermeiden eines Zusammenwirkens des Factors mit dem Lieferanten zu Lasten des Schuldners. Für den Schuldner macht es jedoch keinen Unterschied, ob der Factor an den Lieferanten durch Auszahlung eines Betrages oder durch Aufrechnung mit einer eigenen Forderung zahlt, in beiden Fällen wälzt der Factor das Risiko der Insolvenz des Lieferanten auf den Schuldner ab. In den praktisch seltenen Fällen, in denen die zweite Ausnahme nach Art. 10 Abs. 2 lit. b FactÜ zur Anwendung gelangen wird, ist daher m.E. der Begriff Zahlung, wie in lit. a, im umfassenden Sinn zu verstehen. Liegt eine der beiden Ausnahmen vor, so kann der Schuldner „diesen Betrag", d.h. den an den Factor „gezahlten Betrag", vom Factor zurückfordern. 46 Aus dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 FactÜ folgt, dass der Factor seine Provision (Gebühren) von diesem Betrag nicht abziehen darf. 47 Das konkrete Geschäft könnte für den Factor ohne Gewinn ablaufen. Nach von Falkenhayn ist die Ausnahme nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ (der Factor ist seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen) jedoch so auszulegen, dass der Schuldner nur den Anteil seiner Zahlung vom Factor verlangen kann, den der Factor auch an den Anschlusskunden (= Lieferanten) leisten muss, da der Schutz des Factors in Art. 10 FactÜ an oberster Stelle steht. 48 Für diese Ansicht spricht, dass mit der Ausnahme nach Art. 10 Abs. 2 lit. a FactÜ eine Bereicherung des Factors verhindert werden soll. Umfassen die Leistungen des Factors jedoch auch die Buchhaltung der Forderung, so ist der Factor bezüglich der für die Debitorenbuchhaltung anfallenden Kosten nicht ungerechtfertigt bereichert. Dennoch ist diese Ansicht abzulehnen. M.E. ist es nicht sachgerecht, dem Schuldner zwar ausnahmsweise einen Rückerstattungsanspruch gegen den Factor zu gewähren, ihn jedoch mit Kosten zu belasten, die ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten betreffen. D.h., der Factor ist gegenüber 45

Brink in MünchKomm HGB Art. 10 FactÜ Rn. 13. Wie bereits erwähnt, soweit der Factor seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen ist bzw. soweit er in Kenntnis der Vertragsverletzung gezahlt hat. 47 Ebenso Kitsaras, Unidroit-Übereinkommen 124; Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 223. 48 Von Falkenhayn, Verhältnis von Factor und Debitor 92. Damit wäre vollständig die Situation hergestellt, die ohne Konkurs bestanden hätte. Dies hätte jedoch zur Folge, dass der von Art. 10 Abs. 2 FactÜ verwendete Begriff „that sum" in Art. 10 Abs. 2 lit. a anders ausgelegt wird als in Art. 10 Abs. 2 lit. b FactÜ. 46

6. Kapitel: Rückforderung

von

487

Zahlungen

dem Schuldner nicht zu einem Abzug der Provision berechtigt. Ob der Factor in diesem Fall einen Provisionsanspruch gegen den Lieferanten hat, beurteilt sich nach dem Factoringvertrag bzw. nach dem auf ihn jeweils anwendbaren nationalen Recht.

D. Nachfolgende Abtretungen Die Vorschrift des Art. 10 FactÜ ist gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. a FactÜ auch im Fall einer nachfolgenden Abtretung anzuwenden. Dabei tritt der nachfolgende Zessionar (Import-Factor) an die Stelle des Factors, so dass der Grundsatz der NichtVerantwortlichkeit des Factors für die Nicht- oder Schlechterfüllung des Grundvertrages auch für den nachfolgenden Zessionar gilt (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. b FactÜ). Ebenso steht dem Schuldner ausnahmsweise ein Rückerstattungsanspruch gegen den nachfolgenden Zessionar zur Verfügung, soweit dieser seine Zahlungsverpflichtung nicht zeitgerecht erfüllt hat oder ihr in einem Zeitpunkt nachgekommen ist, als er bereits Kenntnis von der Nicht- bzw. Schlechterfüllung des Lieferanten hatte.

E. Das Verhältnis von Art. 9 zu Art. 10 FactÜ Die Vorschrift des Art. 10 FactÜ gilt unbeschadet der Rechte des Schuldners nach Art. 9 FactÜ. Tatbestandsmerkmal des Art. 10 FactÜ ist, dass der Schuldner den Forderungsbetrag bereits an den Factor bezahlt hat. Ein Entgegenhalten von Einwendungen aus dem Grundvertrag gegen den Zahlungsanspruch des Factors gemäß Art. 9 Abs. 1 FactÜ kommt daher nicht mehr in Betracht. Von Bedeutung im Zusammenhang mit Art. 10 FactÜ ist jedoch das Recht zur Aufrechnung nach Art. 9 Abs. 2 FactÜ. Stehen der Schuldner und der Lieferant sowie der Lieferant und der Factor in einer dauerhaften Geschäftsverbindung, so kann der Schuldner den Anspruch auf Rückerstattung gegen den Zedenten als Gegenforderung gegen ein späteres Zahlungsbegehren des Factors geltend machen, anstatt den gezahlten Betrag vom Lieferanten bzw. (ausnahmsweise) vom Factor zurückzufordern. Dadurch ist der Schuldner besser gestellt, da er sich selbst aus dem Vermögen des Factors befriedigen kann. 49

49 Darauf weisen auch Kitsaras, UNIDROIT Übereinkommen 220 f. hin.

Unidroit-Übereinkommen

123

und

Häusler,

488

5. Teil: Die rechtliche

Stellung des

Schuldners

III. Vergleich und Wertung Sowohl Vergleich als auch Wertung des Art. 21 ZessÜ und des Art. 10 FactÜ können kurz ausfallen. Der Grundsatz ist nach beiden Übereinkommen gleichlautend: Der Zessionar/Factor soll vor Rückforderungsansprüchen des Schuldners wegen einer Nicht- oder Schlechterfüllung des Grundvertrages durch den Zedenten/Lieferanten geschützt werden. Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Zedenten/Lieferanten trägt der Schuldner. Das ZessÜ verfolgt diesen Grundsatz konsequent und lässt keine Ausnahmen zu. Gewährt das jeweils anwendbare nationale Recht einen Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar, so wird dieser im Anwendungsbereich des ZessÜ von Art. 21 ZessÜ verdrängt. 50 Dagegen knüpft das FactÜ bereits den Grundsatz an die Voraussetzung, dass nach dem anwendbaren nationalen Recht ein Rückforderungsanspruch des Schuldners gegen den Lieferanten besteht, wobei es allerdings lediglich auf das rechtliche Bestehen, nicht jedoch auf die tatsächliche Durchsetzbarkeit desselben ankommt. Im Ergebnis schließt das FactÜ einen Rückforderungsanspruch gegen den Factor nicht aus, sofern der Schuldner nach dem jeweils anwendbaren Recht zwar keinen Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten, jedoch gegen den Factor hat. Darüber hinaus besteht nach dem FactÜ selbst für den Fall, dass das nationale Recht dem Schuldner einen Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten gewährt, unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl ein entsprechender Anspruch gegen den Factor (Ausnahmen nach Art. 10 Abs. 2 FactÜ). 51 Die Regelung des ZessÜ dient dem Schutz der Interessen des Zessionars. Auf Grund ihrer klaren Anordnung dient sie der Rechtsvereinheitlichung, da ein Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht nicht erforderlich bzw. ausgeschlossen ist. Auf Grund der Vorschrift des Art. 21 ZessÜ muss der Zessionar mit keinen Rückforderungsansprüchen des Schuldners rechnen. Das Risiko des Zessionars wird dadurch bei einer forderungsgestützten Finanzierung geringer, was wiederum dem Zweck des ZessÜ entspricht, die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern, ohne dabei den Grundsatz des Schuldnerschutzes zu beeinträchtigen. Demgegenüber ist es im Anwendungsbereich des FactÜ für den Factor von Bedeutung zu wissen, ob das jeweils anwendbare Recht einen Rückforderungsanspruch gegen den Lieferanten (Zedenten) gewährt. Im Ver50

Einen nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht bestehenden Rückforderungsanspruch gegen den Zedenten schließt Art. 21 ZessÜ hingegen nicht aus. 51 Art. 10 Abs. 2 FactÜ stellt somit die Anspruchsgrundlage für den Rückforderungsanspruch gegen den Factor dar. Der Anspruch gegen den Lieferanten muss sich hingegen aus dem j e w e i l s anwendbaren nationalen Recht ergeben.

6. Kapitel: Rückforderung

von

Zahlungen

489

gleich zum Art. 21 ZessÜ ist die Regelung des Art. 10 FactÜ schuldnerfreundlicher. Die Ausnahmen nach Art. 10 Abs. 2 lit. a und lit. b FactÜ fördern m.E. zudem ein dem Factoringvertrag entsprechendes Verhalten des Factors. Insgesamt trägt die Bestimmung des Art. 10 FactÜ jedoch kaum zur Rechtsvereinheitlichung und Erleichterung des internationalen Factoring bei, da bei Anwendung des Art. 10 FactÜ stets ein Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht erforderlich ist. Allein aus dem Gesichtspunkt eines der Hauptzwecke der Rechtsvereinheitlichung, einen Rückgriff auf das im konkreten Fall anwendbare nationale Recht zu vermeiden, ist daher der Regelung des ZessÜ der Vorzug zu geben.

6. Teil Mit dem Zessionar konkurrierende Berechtigte

1. K a p i t e l

Einleitung Unter welchen Voraussetzungen der Zessionar sein Recht an der abgetretenen Forderung nicht nur gegenüber dem Schuldner, sondern auch gegenüber Dritten geltend machen kann, ist eine der wichtigsten Fragen 1 im Bereich der Forderungsabtretung. Sie stellt sich, wenn der Zedent dieselbe Forderung mehrfach abtritt, er in Insolvenz gerät oder Gläubiger des Zedenten die Forderung im Wege einer Einzelexekution verwerten möchten. In solchen Fällen ist es für den Zessionar von wesentlicher Bedeutung, ob seinem Recht an der abgetretenen Forderung ein Vorrang gegenüber anderen Zessionaren, gegenüber dem Insolvenzverwalter in einem Insolvenzverfahren des Zedenten oder gegenüber Gläubigern des Zedenten im Fall einer Exekution gebührt. Insbesondere in den vom Anwendungsbereich des ZessÜ erfassten Fällen internationaler Abtretungen oder Abtretungen internationaler Forderungen ist es für den Zessionar in der Regel zeitaufwendig, die Voraussetzungen für die Drittwirksamkeit einer Forderungsabtretung und somit den Vorrang seines Rechts an der abgetretenen Forderung zu bestimmen. 2 Im Vorfeld dazu kann bereits die Feststellung des im Einzelfall anwendbaren Rechts mit Schwierigkeiten verbunden sein. 3 Rechtsunsicherheit in dieser Frage kann jedoch zur Folge haben, dass Verträge (z.B. Kreditverträge, zu deren Besicherung die Forderungen abgetreten werden, oder Factoringverträge) entweder gar nicht oder zu Konditionen, die für den Zedenten ungünstiger sind, geschlossen werden. 4 In den einzelnen Rechtsordnungen wird die Frage der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber Dritten und damit die Bestimmung des Vorranges an einer abgetretenen Forderung unterschiedlich gelöst. Wie bereits erwähnt, bestehen nach einigen Rechtsordnungen unterschiedliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar (d.h. inter partes) gegenüber dem 1 Horn in FS Wiegand 373 (382) bezeichnet Vorschriften über die Priorität als „Test für die Tauglichkeit eines Zessionsrechts". Für die Sicht der Banken s. Wöber in UNAbtretungsabkommen 59 (73). 2 Vgl. etwa Danielewsky/Lehmann, WM 2003, 221 (230). 3 Zur diesbezüglichen Diskussion im Zusammenhang mit Art. 12 EVÜ vgl. 7. Teil, 3. Kapitel. 4 Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (283).

494

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

Schuldner und/oder gegenüber dritten Personen. Nach einigen Rechtsordnungen ist die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar einer Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner und dritten Personen gleichzusetzen, da diesbezüglich keine unterschiedlichen Voraussetzungen bestehen. Dies gilt grundsätzlich für das deutsche, das österreichische und das schweizerische Recht. Eine wirksame Verfügung des Zedenten über die Forderung bewirkt nicht nur im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar einen Forderungsübergang, sondern auch gegenüber dem Schuldner und dritten Personen. Mit anderen Worten: Für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner und dritten Personen bestehen keine zusätzlichen Voraussetzungen, so dass einer im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar wirksamen Verfügung über die Forderung (Abtretung) eine erga omnes Wirkung zukommt. Nach anderen Rechtsordnungen bestehen jedoch zusätzliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner und dritten Personen oder aber lediglich für die Wirksamkeit gegenüber Dritten. 5 Bei der Bestimmung des Vorranges an einer abgetretenen Forderung folgen die Rechtsordnungen, soweit ersichtlich, dem Grundsatz „prior tempore, potior iure". Wesentliche Abweichungen bestehen jedoch in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale, deren Vorliegen für die Zeitpriorität maßgebend ist. Grundsätzlich kann eine grobe Einteilung in drei Systeme vorgenommen werden. Entscheidend für den Vorrang des Zessionars gegenüber anderen Zessionaren, dem Insolvenzverwalter oder gegenüber Gläubigern des Zedenten ist entweder die erste wirksame Abtretung der Forderung (dies beruht auf dem Grundsatz „nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet", z.B. österreichisches, deutsches, schweizerisches Recht) 6 , die erste Anzeige an den Schuldner (z.B. „signification" des französischen Rechts) 7 oder die erste Eintragung einer Abtretung in ein öffentliches Register (z.B. „notice filing" nach Art. 9 UCC) 8 . 9 Die Frage, in welcher Weise das ZessÜ und das FactÜ die Drittwirkung einer Abtretung für internationale Forderungsabtretungen lösen, gewinnt zudem vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Meinungsstandes zu

5

Vgl. dazu 3. Teil, 1. Kapitel, I. Vgl. den Überblick bei Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 13, 104 f. 7 Vgl. den Überblick bei Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 101. 8 Vgl. den Überblick bei Kötz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 103 f. 9 Vgl. allgemein zur Regelung der Priorität in den einzelnen Rechtsordnungen die Darstellung bei Kötz/Flessner, Europäisches Vertragsrecht I 423 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung 3 , 443 f., 447 f., 451. 6

1. Kapitel:

Einleitung

495

Art. 12 E V Ü in Rechtsprechung und Literatur 10 sowie der bevorstehenden Änderung des E V Ü an Bedeutung und Interesse. Berücksichtigt man einerseits das Ziel und den Zweck des ZessÜ, durch die Annahme einheitlicher Vorschriften über die Abtretung von Forderungen die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern und somit die Entwicklung des internationalen Handels zu erleichtern, und andererseits die Bedeutung der Vorrangfrage für die Erreichung dieses Zieles, so ist es nahe liegend anzunehmen, dass das ZessÜ die Voraussetzungen regelt, unter denen eine Forderungsabtretung konkurrierenden Anspruchsberechtigten entgegengehalten werden kann. Das ZessÜ enthält zwar einen eigenen Abschnitt 11 über das Rechtsverhältnis zwischen dem Zessionar und sonstigen Dritten, 1 2 jedoch konnte sich weder die Arbeitsgruppe noch die Kommission auf materiellrechtliche Bestimmungen einigen, 1 3 so dass die zentrale Vorschrift dieses Abschnittes eine kollisionsrechtliche Bestimmung ist (Art. 22 ZessÜ). 1 4 Grundsätzlich - zu den Ausnahmen sogleich - bestimmt sich der Rang (Vorrang) des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten nach dem Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Nach Kuhn15 war für diese Entscheidung die Erkenntnis ausschlaggebend, „dass allein die Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten die grundlegende ökonomische Logik der hier interessierenden Geschäftstypen respektiert." 1 6 Art. 22 ZessÜ gewährleistet, 10 Für die Zessionswirkungen gegenüber Dritten wird eine Anknüpfung an das Statut der abgetretenen Forderung, an das Statut des Verpflichtungsgeschäftes, an die Niederlassung des Schuldners oder die Niederlassung des Zedenten diskutiert. Vgl. zur Diskussion beispielsweise Stadler, Gestaltungsfreiheit 6 9 8 ff.; Kieninger, Das Statut der Forderungsabtretung im Verhältnis zu Dritten, RabelsZ 1998, 6 7 8 ; Mangold, Abtretung 187 ff.; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 E G B G B Rn. 48 ff. m.w.N.; Masch, Abtretung und Legalzession im Europäischen Kollisionsrecht, in: Leible (Hrsg.), Das Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht ( 2 0 0 4 ) 193 (197 ff.).

Kapitel IV, Abschnitt III, Art. 2 2 bis 25 ZessÜ. Wie bereits erwähnt, liegt dem Aufbau des ZessÜ eine strikte Trennung der Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Zedenten und dem Zessionar (Art. 11 ff. ZessÜ), der rechtlichen Position des Schuldners (Art. 15 ff. ZessÜ) und dem Verhältnis zu sonstigen Dritten (Art. 22 ff. ZessÜ) zugrunde. 11

12

13

S. dazu etwa Trager,

N.Y.U.J. Int'l L. & Pol. 1999, 611 ( 6 2 9 ff.).

Vgl. zum Verhältnis Sachrecht - IPR im Wirtschaftsrecht Kronke, Zur Komplementarität von IPR und Einheitsrecht bei der Modernisierung des Wirtschaftsrechts - Eine Fallstudie, in: Basedow u.a. (Hrsg.), Aufbruch nach Europa, 75 Jahre Max-PlanckInstitut für Privatrecht ( 2 0 0 0 ) 7 5 7 . 15 SZW 2 0 0 2 , 1 2 9 ( 1 3 9 ) . 16 Für eine Ablehnung anderer Anknüpfungsmöglichkeiten s. Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489/Add.l, Rn. 3 0 ; Walsh, Dickinson L. Rev. 2 0 0 1 , 159 (171 ff.). Vgl. auch Rebmann in FS Rolland 291 ( 3 0 0 f.), der einerseits meint, die Anknüpfung an das Recht der Niederlassung des Zedenten stelle aus der Sicht des deutschen Kollisionsrechts 14

496

6. Teil: Mit dem Zessionar

konkurrierende

Berechtigte

dass für alle konkurrierenden Berechtigten dieselbe Rechtsordnung maßgeblich ist. Eine einheitliche kollisionsrechtliche Vorschrift ermöglicht eine leichte und schnelle Bestimmbarkeit des anwendbaren Rechts. In der Regel wird ein Insolvenzverfahren des Zedenten in seinem Niederlassungsstaat eröffnet, so dass es durch Art. 22 ZessÜ zu einem Gleichlauf von Prioritätsstatut und Insolvenzstatut kommt. Nach Art. 5 lit. i ZessÜ bedeutet „Recht" das in einem Staat geltende Recht mit Ausnahme seiner Vorschriften über das Internationale Privatrecht. Daher sollte ein Zessionar stets jene Erfordernisse kennen und beachten, welche das Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, für die Drittwirksamkeit einer Forderungsabtretung vorsieht. Allerdings wird es für einen Zessionar bei Abschluss des Abtretungsvertrages nicht stets vorhersehbar sein, in welchem Staat ein Vorrangkonflikt entstehen wird und ob es sich dabei um einen Vertragsstaat des ZessÜ handeln wird. 17 Sachrechtliche Vorschriften über die Lösung von Prioritätskonflikten sind im Anhang zum ZessÜ enthalten. Dieser umfasst verschiedene Modelle für die Bestimmung des Vorranges, wobei die Vertragsstaaten die Möglichkeit haben, sich durch eine opting in Erklärung für ein bestimmtes Regelwerk zu entscheiden (Art. 1 Abs. 5 i.V.m. Art. 42 ZessÜ). Im Gegensatz zum ZessÜ enthält das FactÜ weder materiellrechtliche noch kollisionsrechtliche 18 Vorschriften für die Frage, welchem Forderungsinhaber bezüglich einer mehrfach abgetretenen Forderung der Vorrang gebührt 19 oder unter welchen Voraussetzungen das Recht des Factors an der abgetretenen Forderung dem Recht eines Insolvenzverwalters des Lieferanten oder dem Recht anderer Gläubiger des Lieferanten vorgeht. Die Wirksamkeit der einzelnen Abtretungen im Fall einer Mehrfachabtretung - und daher auch die Frage des Vorranges - ist nach dem vom IPR der lex fori berufenen nationalen Recht zu beurteilen. Dies gilt auch für das Rechtsverhältnis des Factors gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern des Lieferanten.

„eine Art Demontage des Schuldstatuts dar", andererseits aber die Anknüpfung von Rangfragen an das am Niederlassungsort des Zedenten geltende Recht als „durchaus annehmbar" bezeichnet. 17 Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (286). 18 Vgl. Brink, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1998, 770: „The Convention does not even state which law will apply to resolve the problem, and thus throws the parties into the morass of conflict of law rules in order to establish the applicable law." 19 Mehrfachabtretungen werden vom Regelungsbereich des FactÜ nicht erfasst. Art. 11 FactÜ bezieht sich, wie bereits ausgeführt, ausschließlich auf nachfolgende Abtretungen einer Forderung (Kettenabtretungen), nicht jedoch auf die mehrfache Abtretung einer Forderung durch ein und denselben Forderungsinhaber an verschiedene Personen.

1. Kapitel:

Einleitung

497

Aus den Materialien 20 ist ersichtlich, dass den Verfassern des FactÜ die Notwendigkeit einer Regelung der Vorrangfrage durchaus bewusst war, jedoch wurde diese Frage auf Grund ihrer außerordentlichen Komplexität weder durch kollisionsrechtliche noch durch materiellrechtliche Vorschriften geregelt. Das Fehlen einer diesbezüglichen Regelung wurde im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die insbesondere mit einer mehrfach abgetretenen Forderung im internationalen Factoring verbunden sind, bedauert. Die von der US-amerikanischen Delegation vorgebrachten Vorschläge zur Regelung der Vorrangfrage haben keine Zustimmung der einzelnen Delegationen gefunden. Nach dem zunächst eingebrachten Vorschlag sollte die erste Anzeige an den Schuldner über den Vorrang an der mehrfach abgetretenen Forderung entscheiden. 21 Der daraufhin vorgelegte Entwurf enthielt sowohl materiellrechtliche als auch kollisionsrechtliche Vorschriften, 22 konnte sich aber ebenso wenig durchsetzen wie der erste, 23 weshalb im Ergebnis eine Regelung der Vorrangfrage im FactÜ fehlt und diese nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht 24 zu beurteilen ist. Die PECL enthalten im Abschnitt 4 des 11. Kapitels eine Vorschrift über das Rangverhälntis zwischen neuen Gläubigern und konkurrierenden Gläubigern (Art. 11:401 PECL), die UNIDROIT-Principles regeln die Frage des Vorranges bei einer Mehrfachabtretung in Art. 9.1.11 UNIDROITPrinciples.

20

UNIDROIT 1987, Study LVII1 - Doc. 33, Rn. 10 = UNIDROIT, Acts and Proceedings /, 88 Rn. 10 = Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 1987 I, 93 Rn. 10. 21 UNIDROIT 1987, Study LVIII - Doc. 31, 11. Vgl. Alexander, Col. J. Transnat'l L. 1989, 353 (381). 22 UNIDROIT, Acts and Proceedings I, CONF. 7/6 Add. 2, 193 ff. Für die mehrfache Abtretung einer Forderung vom Lieferanten an mehrere Factors wurde eine materiellrechtliche, für die Vorrangfrage zwischen einer Abtretung an den Factor und einer anderen Verfügung (z.B. Abtretung an Gläubiger des Lieferanten, Konkursverwalter) eine kollisionsrechtliche Vorschrift vorgeschlagen. Nach der Kollisionsregel sollte das Recht des Staates, in dem der Schuldner seine Niederlassung hat, über den Vorrang entscheiden. Nach der materiellrechtlichen Regel, die - wie erwähnt - nur im Fall einer Abtretung an mehrere Factors anzuwenden gewesen wäre, sollte die erste Registrierung und in Ermangelung eines Registrierungssystems im Niederlassungsstaat des Lieferanten die erste Anzeige an den Schuldner für den Vorrang an der Forderung maßgebend sein. 23 24

UNIDROIT, Acts and Proceedings II, CONF. 7/C.l/S.R. 19, 289 ff. Aus österreichischer Sicht ist dieses nach Art. 12 EVÜ zu bestimmen.

2. Kapitel

Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ I.

Einleitung

Das Übereinkommen enthält eine Legaldefinition des Begriffes „Vorrang" (Priorität). Nach Art. 5 lit. g ZessÜ bedeutet „Vorrang" das Recht einer Partei, das dem Recht einer anderen Partei vorgeht. Diese Partei kann ihren Anspruch vorrangig vor anderen Berechtigten befriedigen. 1 Soweit es für die Bestimmung des Vorranges von Bedeutung ist, schließt der Begriff „Vorrang" die Feststellung mit ein, ob allfällig notwendige (d.h. materiellrechtliche und die Form betreffende) Voraussetzungen für die Wirksamkeit dieses (vorrangigen) Rechts gegenüber einem konkurrierenden Berechtigten erfüllt sind. 2 Liest man die Legaldefinition des Begriffes Vorrang (Priorität) aus der Sicht einer nationalen Rechtsordnung, nach welcher die Wirksamkeit der Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner zugleich die Wirksamkeit dieser Abtretung gegenüber Dritten bedeutet und damit den Vorrang des Zessionars gegenüber dem Recht dieser Personen bewirkt, so mag dieser Teil der Definition des Begriffes Vorrang zunächst unklar sein. Er wird vor dem Hintergrund jener Rechtsordnungen verständlich, die grundsätzlich zwischen der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und jener gegenüber Dritten 3 differenzieren.

1 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP. 106, Rn. 75: „... who will receive payment first (i.e. an issue of priority) ..."; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 165: „Priority ... deals with the question of who obtains payment first." 2 S. Art. 5 lit. g ZessÜ: „... to the extent relevant for such purposes, includes the determination ... whether any requirements necessary to render the right effective against a competing claimant have been satisfied." 3 Vgl. zum englischen Recht Moshinsky, The Assignment of Debts in the conflict of laws, Law Quart. Rev. 1992, 591 (616): „It is important to distinguish the question of whether an assignment is effective as between assignor and assignee, ... from the question of whether the assignment has been .perfected' as against third parties. Perfection involves the taking of some additional step, such as notifying the debtor or registering the assignment, to make it binding on third parties." Vgl. zum englischen Recht Goode, Commercial Law 3 , 646 ff. Vgl. für das US-amerikanische Recht Diehl-Leistner, Interna-

2. Kapitel: Regelung des Vorranges

nach dem ZessÜ

499

Das ZessÜ nimmt eine strikte Trennung zwischen der Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie der Wirksamkeit gegenüber Dritten vor. Die Frage, ob der Zessionar eine Forderungsabtretung auch Dritten gegenüber geltend machen kann (Drittwirksamkeit der Abtretung), ist eine solche der Priorität. Daher ist nach dem Konzept des ZessÜ die Wirksamkeit einer Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nicht gleichzusetzen mit dem Vorrang des Rechts des Zessionars (Priorität) an der abgetretenen Forderung; allerdings setzt die Priorität eine wirksame Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner voraus. 4 Unabhängig davon wird die schuldbefreiende Leistung des Schuldners in Art. 17 ZessÜ geregelt. Der Zahlung eines Schuldners in Übereinstimmung mit Art. 17 ZessÜ kommt auch dann schuldbefreiende Wirkung zu, wenn er an eine Person leistet, welcher kein Vorrang an der Forderung gebührt. 5 Die materiellrechtliche Wirksamkeit einer Abtretung inter partes, d.h. im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner ist nach den Art. 8 und 9 ZessÜ sowie für die in diesen Bestimmungen nicht geregelten Gegenstände nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. Darüber hinaus enthält das ZessÜ eine kollisionsrechtliche Vorschrift über die Form des Abtretungsvertrages (Art. 27 ZessÜ). Der Vorrang des Zessionars gegenüber konkurrierenden Berechtigten ist gemäß Art. 22 ZessÜ grundsätzlich 6 nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Das nationale Recht entscheidet nach Art. 22 i.V.m. Art. 5 lit. g letzter Hs. ZessÜ auch über die Voraussetzungen für die materiellrechtliche und formelle 7 Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten. Mit anderen Worten: Das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende nationale Recht ist ausschlaggebend da-

tionales Factoring 66 ff. Für eine Drittwirksamkeit der Abtretung („perfection") nach Art. 9 UCC bedarf es einer Registrierung der Forderungsabtretung. 4 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 63, 87; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 86: „effectiveness (as a condition for priority)"; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (274 Fn 67): „Effectiveness is the basis for obtaining priority but does not in itself ensure that an assignee will have priority or obtain payment over a competing claimant."; Bazinas, Unif. L. Rev ./Rev. dr. unif. 2002, 49 (61). 5 Vgl. 5. Teil, 3. Kapitel, I.A. 6 Die Ausnahme besteht für die im ZessÜ an anderer Stelle geregelten Gegenstände. Für Beispiele s. 6. Teil, 2. Kapitel, H.A. 7 Vgl. die Diskussion von UNCITRAL in Bezug auf die Form der Abtretung in Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 162: „... that to the extent any form requirements needed to be satisfied for a person to obtain priority they should be referred to the law governing priority ...".

500

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

für, welche Handlungen der Zessionar vornehmen muss, um sich mit seiner Forderung gegen konkurrierende Berechtigte durchzusetzen. Verlangt das im konkreten Fall anwendbare nationale Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten beispielsweise die Benachrichtigung des Schuldners, die Eintragung der Abtretung in ein öffentliches Register oder die Ausstellung einer Urkunde, so sollte der Zessionar dies beachten, um sich für den Fall eines Prioritätskonfliktes den Vorrang bezüglich der Forderung zu sichern. Soweit es für die Bestimmung des Vorranges von Bedeutung ist, umfasst dieser Begriff zudem die Feststellung, ob es sich bei dem (vorrangigen) Recht um ein obligatorisches oder dingliches Recht handelt oder ob es eine Sicherheit für eine Schuld oder eine andere Verpflichtung ist (Art. 5 lit. g Hs. 2 ZessÜ). 8 Die Feststellung, ob es sich bei der Übertragung des Forderungsrechts um eine Vollzession (z.B. Forderungskauf), eine Abtretung zu Sicherungszwecken (Sicherungszession) oder um eine Einräumung eines Sicherungsrechts an einer Geldforderung (z.B. Verpfändung einer Forderung) handelt 9 und ob das Forderungsrecht des Zessionars ein dingliches oder obligatorisches ist, ist daher wiederum nach dem Recht jenes Staates zu treffen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (Art. 22 ZessÜ). Die strikte Trennung zwischen der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung in Bezug auf die einzelnen Rechtsverhältnisse der an einer Abtretung „beteiligten" Personen kann im Einzelfall bewirken, dass eine Abtretung durch Abschluss des Abtretungsvertrages zwar im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem Schuldner, 10 nicht jedoch auch gegenüber Dritten wirksam ist.

8

Vgl. die Diskussion in Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 42 ff. Aus Art. 2 lit. a Satz 1 und Satz 2 ZessÜ folgt, dass sowohl eine Vollabtretung und eine Abtretung zu Sicherungszwecken als auch die Begründung von Rechten an Forderungen als Sicherheit für Schulden oder andere Verbindlichkeiten als Abtretung nach dem ZessÜ gelten. 10 Aus der systematischen Betrachtung des ZessÜ folgt (s. Art. 8, Art. 14 Abs. 1, Art. 17, Art. 18, Art. 20 ZessÜ), dass im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner die Abtretung im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages wirksam ist. Vgl. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 6. 9

2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ

501

II. Regelungsgegenstand des Art. 22 ZessÜ A. Tatbestandsmerkmale und Beschränkungen Primäre V o r a u s s e t z u n g für e i n e A n w e n d u n g der k o l l i s i o n s r e c h t l i c h e n V o r schrift d e s Art. 2 2 Z e s s Ü ist m.E. l e d i g l i c h , dass das Z e s s Ü an s i c h zur A n w e n d u n g g e l a n g t . A u s d e n Materialien 1 1 kann der S c h l u s s g e z o g e n werden, dass Art. 2 2 Z e s s Ü nur a n z u w e n d e n ist, s o f e r n der Z e d e n t (d.h. i m Fall n a c h f o l g e n d e r A b t r e t u n g e n j e d e r Z e d e n t ) i m Zeitpunkt d e s A b s c h l u s s e s d e s Abtretungsvertrages s e i n e N i e d e r l a s s u n g in e i n e m Vertragsstaat hat. D e m ist m.E. nicht zu f o l g e n , da Art. 2 2 Z e s s Ü k e i n e e n t s p r e c h e n d e E i n s c h r ä n k u n g enthält (Art. 2 2 Z e s s Ü v e r w e n d e t d e n B e g r i f f „State" und nicht „Contracting State"). D a h e r sind s o w o h l Art. 1 A b s . 1 lit. a als auch lit. b Z e s s Ü zu beachten. B e i n a c h f o l g e n d e n A b t r e t u n g e n ist e s d e s h a l b m ö g l i c h , dass der Z e d e n t (= Z e s s i o n a r der ursprünglichen A b t r e t u n g ) nicht in e i n e m Vertragsstaat n i e d e r g e l a s s e n ist. N a c h Art. 1 A b s . 1 lit. b Z e s s Ü ist das Z e s s Ü , und s o m i t auch Art. 2 2 Z e s s Ü , auf s o l c h e A b t r e t u n g e n anzuwenden.12 Z u d e m gilt e s zu b e a c h t e n , dass sich das a n g e r u f e n e Gericht in e i n e m Vertragsstaat b e f i n d e n m u s s , da nur s o l c h e Staaten e i n e v ö l k e r r e c h t l i c h e V e r p f l i c h t u n g zur A n w e n d u n g des Z e s s Ü trifft. 1 3 Ist Art. 2 2 Z e s s Ü grund-

11

Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 34: „Another limitation to article 24 [nun Art. 22 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] is that, for it to apply, the assignor has to be located in a Contracting State at the time of the conclusion of the contract of assignment." 12 Die Anmerkung in Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 34, ist jedoch zutreffend, sofern lediglich auf die erste Abtretung, die dem ZessÜ unterliegt, abgestellt wird. 13 Art. 45 Abs. 4 ZessÜ enthält eine Vorschrift, durch welche gewährleistet werden soll, dass vor dem Inkrafttreten des ZessÜ erworbene Rechte durch das ZessÜ nicht berührt werden: Wird eine Forderung auf Grund eines Abtretungsvertrages abgetreten, der vor dem Tag geschlossen wurde, an dem das ZessÜ für den in Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ genannten Vertragsstaat in Kraft getreten ist, so hat das Recht des Zessionars gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten bezüglich dieser Forderung in dem Ausmaß Priorität, in dem das Recht des Zessionars Priorität hätte nach dem Recht, das die Priorität im Fall des Nichtbestehens des ZessÜ regeln würde. Eine spiegelbildliche Regelung enthält Art. 46 Abs. 4 ZessÜ, durch welche sichergestellt werden soll, dass die vor einer Kündigung des ZessÜ erworbenen Rechte durch diese nicht berührt werden: Wird eine Forderung auf Grund eines Abtretungsvertrages abgetreten, der vor dem Tag geschlossen wurde, an dem die Kündigung für den in Art. 1 Abs. 1 lit. a ZessÜ genannten Vertragsstaat wirksam wird, so hat das Recht des Zessionars gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten hinsichtlich der Forderung in dem Ausmaß Priorität, in

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6. Teil: Mit dem Zessionar

konkurrierende

Berechtigte

sätzlich anwendbar, so sind zwei Beschränkungen zu beachten. Das Recht jenes Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, ist einerseits für die Bestimmung des Vorranges nur vorbehaltlich Art. 23 ZessÜ („öffentliche Ordnung und zwingende Vorschriften") und Art. 24 ZessÜ („Besondere Bestimmungen für Erlöse") maßgebend und gilt andererseits nur mit Ausnahme der im ZessÜ an anderer Stelle geregelten Fälle. Die zuletzt genannte Einschränkung hat zur Folge, dass bei der Bestimmung der Priorität jene Angelegenheiten, die im ZessÜ durch eine sachrechtliche Vorschrift geregelt werden, nicht nach dem unvereinheitlichten Recht des Staates zu beurteilen sind, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 14 Zur Veranschaulichung folgende Beispiele: Beispiel 1: Nach Art. 8 Abs. 1 lit. b ZessÜ ist eine Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar oder gegenüber dem Schuldner oder einem konkurrierenden Berechtigten nicht unwirksam und dem Anspruch eines Zessionars darf nicht deshalb der Vorrang verweigert werden, weil es sich um die Abtretung von zukünftigen Forderungen handelt, sofern die Forderungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages bestimmbar sind. Ist nach dem Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, eine Abtretung von zukünftigen Forderungen nicht zulässig, so ist bei der Beurteilung des Vorranges grundsätzlich davon auszugehen, dass die Abtretung zukünftiger Forderungen in den genannten Rechtsverhältnissen zulässig und wirksam ist. Beispiel 2: Ist nach dem Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, eine Abtretung von zukünftigen Forderungen zwar zulässig, bedarf es jedoch für die Wirksamkeit der Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und/oder dem Schuldner einer Anzeige an den Schuldner, so ist bei der Beurteilung der Priorität davon auszugehen, dass die Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner wirksam ist. 15 Dies ist von Bedeutung, da die Wirksamkeit inter partes eine Voraussetzung für die Drittwirksamkeit der Abtretung ist. 16 Verlangt das nach Art. 22 ZessÜ jeweils maßgebende nationale Recht für die Priorität der Abtretung eine Anzeige an den dem das Recht des Zessionars nach dem Recht, das die Priorität nach dem ZessÜ regeln würde, Priorität hätte. 14 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 21; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 35; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (272 f.). 15 Nach dem ZessÜ bedarf es weder für die Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar (vgl. Art. 8 und Art. 14 Abs. 1 ZessÜ) noch für die Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner einer Abtretungsanzeige (Art. 8 und 17 ZessÜ, die Anzeige entscheidet darüber, an wen der Schuldner befreiend leisten kann). 16 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 87; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (274 Fn 67); derselbe, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (61).

2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ

503

Schuldner oder eine Registrierung der Forderung in einem öffentlichen Register, so hat der Zessionar (oder Zedent) diese vorzunehmen, damit das Recht des Zessionars dem Recht konkurrierender Anspruchsberechtigter vorgeht. 17 Beispiel 3: Bestimmt sich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht der Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung nach der ersten Anzeige an den Schuldner, so ist die Frage, ob sich eine Anzeige auch auf zukünftige Forderungen beziehen kann, nach dem ZessÜ und nicht nach dem gemäß Art. 22 ZessÜ maßgebenden nationalen Recht zu entscheiden, denn das ZessÜ enthält eine Regelung: 18 Art. 16 Abs. 2 ZessÜ bestimmt, dass sich eine Abtretungsanzeige auf Forderungen beziehen kann, die nach der Anzeige entstehen. Beispiel 4: Nach Art. 9 Abs. 1 ZessÜ ist eine vereinbarungswidrige Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber dem Schuldner wirksam. 19 Von einer Wirksamkeit inter partes und gegenüber dem Schuldner ist bei der Beurteilung der Priorität selbst dann auszugehen, wenn nach dem gemäß Art. 22 ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht eine solche Abtretung nicht wirksam ist. 20 Dies ist aus dem bereits genannten Grund von Bedeutung: eine Abtretung kann Dritten gegenüber nicht wirksam sein, wenn sie nicht im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar Wirksamkeit entfaltet. Dies wird durch Art. 9 ZessÜ sichergestellt und ist bei der Prüfung der Drittwirksamkeit der Abtretung nach dem unvereinheitlichten Recht (Art. 22 ZessÜ) zu beachten. Verlangt jedoch das nationale Recht für die Priorität an der abgetretenen Forderung eine Anzeige an den Schuldner oder eine Registrierung der Forderung, so gilt das in Beispiel 2 Ausgeführte.

B. Von Art. 22 ZessÜ erfasste Prioritätskonflikte Die Vorschrift des Art. 22 ZessÜ befasst sich mit dem Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten und verweist damit für die Feststellung, welche Prioritätskonflikte vom ZessÜ erfasst werden, auf die Legaldefini17

Vgl. zu diesem Beispiel Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 163. Vgl. Art. 22 ZessÜ: „With the exception of matters that are settled elsewhere in this Convention ...". 19 Dabei ist jedoch zu beachten, dass Art. 9 ZessÜ nur auf die Abtretung von bestimmten, in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ angeführten Forderungen anzuwenden ist. 20 Vgl. in diesem Zusammenhang Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 105: „... the main purpose of draft article 12 [nun Art. 9 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] was to validate assignments made in violation of anti-assignment clauses, thus giving the assignee a priority position as against the assignors creditors ...". 18

504

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

tion d e s B e g r i f f e s „konkurrierende Berechtigte". A u s Art. 5 lit. m (i) Z e s s Ü f o l g t , dass nach d e m g e m ä ß Art. 2 2 Z e s s Ü m a ß g e b e n d e n R e c h t zu beurteilen ist, w e l c h e n v o m mehreren Z e s s i o n a r e n derselben Forderung v o n d e m s e l b e n Z e d e n t e n , e i n s c h l i e ß l i c h einer Person, die ein R e c h t an der Forderung auf Grund einer L e g a l z e s s i o n 2 1 erwirbt, die abgetretene Forderung zusteht und w e r v o n i h n e n Z a h l u n g erhält. 2 2 U m alle m ö g l i c h e n Prioritätsk o n f l i k t e zu e r f a s s e n und auch d i e F e s t s t e l l u n g d e s V o r r a n g e s z w i s c h e n d e m R e c h t e i n e s „nationalen" Z e s s i o n a r s und e i n e s „internationalen" Z e s sionars einer nationalen Forderung 2 3 nach d e m nach Art. 2 2 Z e s s Ü m a ß g e b e n d e n R e c h t zu beurteilen, b e s t i m m t Art. 5 lit. m (i) letzter H s . Z e s s Ü , d a s s v o n e i n e m anderen Z e s s i o n a r d e r s e l b e n Forderung v o n d e m s e l b e n Z e d e n t e n auch in j e n e n F ä l l e n a u s z u g e h e n ist, in w e l c h e n d i e m e h r f a c h abgetretene Forderung k e i n e internationale Forderung und (nicht „oder") d i e Abtretung an d i e s e n Z e s s i o n a r k e i n e internationale A b t r e t u n g 2 4 ist. 2 5 Art. 5 lit. m (i) Z e s s Ü setzt d i e m e h r f a c h e Abtretung d e r s e l b e n Forderung v o n d e m s e l b e n Z e d e n t e n voraus, so dass e i n Prioritätskonflikt z w i s c h e n Z e s s i o n a r e n in einer Kette v o n Abtretungen ( n a c h f o l g e n d e Abtre21

Art. 5 lit. m (i) ZessÜ: „... including a person who, by operation of law, claims a right in the assigned receivable as a result of its right in other property of the assignor, ...". Dabei handelt es sich um Gläubiger des Zedenten (deshalb auch der Begriff „person" und nicht „assignee"), die jedoch in diesem Zusammenhang als Zessionare behandelt werden. Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (62), führt als Beispiel einen Verkäufer an, der sich das Eigentumsrecht an der Ware vorbehält und dessen Recht sich von Gesetzes wegen auf die Forderung aus dem Verkauf der Ware erstreckt. Vgl. auch Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 52; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 47, 54 und 147. 22 Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP. 106, Rn. 75: „In the case of several outright assignments of the same receivables by the same assignor the issue may not be who will receive payment first (i.e. an issue of priority) but who will receive payment at all (i.e. an issue of effectiveness)." S. auch Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 65. 23 Im ersten Fall liegt eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung vor, da der Zedent und der Zessionar ihre Niederlassung in demselben Staat haben, im zweiten eine internationale Abtretung derselben nationalen Forderung, weil der(selbe) Zedent und der konkurrierende Zessionar ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben. 24 D.h., dass die Abtretung gegenüber dem anderen Zessionar eine internationale Abtretung ist, da anderenfalls das ZessÜ nicht zur Anwendung gelangen würde. Beispiel: Der Schuldner und der Zedent haben ihre Niederlassung im Vertragsstaat A. Der Zedent tritt die (nationale) Forderung an den Zessionar Z ab, der seine Niederlassung im Vertragsstaat B hat (internationale Abtretung) und darauffolgend an den Zessionar Y, der im Vertragsstaat A niedergelassen ist (nationale Abtretung). Vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 3 Satz 1 ZessÜAnhang. 25 Dies ist eine von zwei Ausnahmen, in welchen das ZessÜ auch bei einer nationalen Abtretung nationaler Forderungen zur Anwendung gelangt. Die zweite Ausnahme kann sich aus Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ ergeben. Vgl. Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (279).

2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ

505

t u n g e n ) a u s g e s c h l o s s e n ist. Grundsätzlich k o m m t j e d o c h für j e d e n e i n z e l nen Z e s s i o n a r in der Kette e i n Prioritätskonflikt mit den G l ä u b i g e r n oder d e m I n s o l v e n z v e r w a l t e r d e s Z e d e n t e n , v o n d e m d i e Forderungsabtretung e r f o l g t ist, oder anderen Z e s s i o n a r e n (bei einer M e h r f a c h a b t r e t u n g ) d i e s e s Z e d e n t e n in Betracht. 2 6 N a c h d e m R e c h t d e s Staates, in d e m der Z e d e n t s e i n e N i e d e r l a s s u n g hat, ist zu beurteilen, o b sich der Z e s s i o n a r mit s e i n e m Forderungsrecht g e g e n ü b e r e i n e m G l ä u b i g e r d e s Z e d e n t e n , der i m Z u g e einer E x e k u t i o n d i e Forderung v e r w e r t e n m ö c h t e , durchsetzt (Art. 2 2 i . V . m . Art. 5 lit. m (ii) Z e s s Ü ) . D i e s e s R e c h t ist weiters m a ß g e b e n d für d i e B e u r t e i l u n g , o b d e m R e c h t d e s Z e s s i o n a r s an der abgetretenen Forderung ein Vorrang g e g e n über d e m R e c h t d e s I n s o l v e n z v e r w a l t e r s 2 7 gebührt, der d i e Forderung i m I n s o l v e n z v e r f a h r e n 2 8 d e s Z e d e n t e n 2 9 v e r w e r t e n m ö c h t e (Art. 2 2 i . V . m . Art. 5 lit. m (iii) Z e s s Ü ) . 3 0 D a j e d o c h i n s o l v e n z r e c h t l i c h e Fragen grundsätzlich nicht nach d e m Z e s s Ü zu beurteilen sind ( e i n e A u s n a h m e stellt Art. 2 3 A b s . 3 Z e s s Ü dar), ist für d i e Frage, o b e i n e Forderungsabtretung den B e d i n g u n g e n d e s I n s o l v e n z r e c h t s entspricht, nach d e m R e c h t d e s Staates, in d e m das I n s o l v e n z v e r f a h r e n e r ö f f n e t wird, zu e n t s c h e i d e n . 3 1 A u s d i e s e m Grund b l e i b e n R e c h t e , die d e m I n s o l v e n z v e r w a l t e r o d e r d e n Gläubigern des Z e d e n t e n in e i n e m I n s o l v e n z v e r f a h r e n d e s Z e d e n t e n z u s t e h e n ,

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Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 48. Ein „Insolvenzverwalter" ist nach dem ZessÜ eine Person oder eine Stelle, einschließlich einer vorläufig ernannten, welche in einem Insolvenzverfahren befugt ist, die Reorganisation oder die Liquidation des Vermögens oder der Geschäfte des Zedenten durchzuführen (Art. 5 lit. e ZessÜ). Vgl. zu dieser Definition Bazinas, The United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade: Insolvency Aspects, INSOL 2004, 155 (161). 28 Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. f ZessÜ bedeutet „Insolvenzverfahren" ein kollektives Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, einschließlich eines vorläufigen Verfahrens, in dem das Vermögen und die Geschäfte des Zedenten zum Zweck der Reorganisation oder Liquidation der Kontrolle oder Aufsicht eines Gerichtes oder einer anderen zuständigen Behörde unterworfen sind. 29 Bezüglich des Rechts an der abgetretenen Forderung in einem Insolvenzverfahren des Schuldners oder des Zessionars enthält das ZessÜ keine Bestimmung. Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 37. 30 Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (352), hebt hervor, dass das Risiko einer forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung in erster Linie nicht darin bestehe, dass einige Schuldner nicht zahlen, sondern dass dem Insolvenzverwalter bezüglich des gesamten Forderungspools ein Vorzug vor dem Recht des Zessionars zusteht. Auch Wöber in UN-Abtretungsübereinkommen 59 (63) bezeichnet das Verhältnis Zessionar Masse Verwalter als den bei weitem bedeutendsten Konkurrenzfall. Das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende Recht gilt vorbehaltlich Art. 23 und 24 ZessÜ. Bei der Beurteilung eines Prioritätskonfliktes zwischen dem Zessionar und dem Insolvenzverwalter ist insbesondere Art. 23 Abs. 3 ZessÜ zu beachten. Vgl. 6. Teil, 2. Kapitel, III.B. 31 S. Kuhn in FS Siehr 93 (108 f.). 27

506

6. Teil: Mit dem Zessionar

konkurrierende

Berechtigte

vom ZessÜ unberührt. Derartige Rechte betreffen beispielsweise das Recht der Anfechtung einer Abtretung, da sie in betrügerischer Weise erfolgt sei, sie bestimmte Gläubiger bevorzuge oder sie innerhalb einer bestimmten Frist vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden ist. 32 Derartige Rechte erfassen auch das Recht des Insolvenzverwalters, den Grundvertrag zu erfüllen oder von diesem zurückzutreten.

C. Niederlassung des Zedenten Art. 22 ZessÜ verweist für die Beurteilung des Vorranges auf das Recht 33 des Staates, in dem der Zedent niedergelassen ist. Bei nachfolgenden Abtretungen (Kettenabtretungen) ist das Recht jenes Staates maßgebend, in dem sich die Niederlassung des Zedenten befindet, von dem der Zessionar, über dessen Rang an der abgetretenen Forderung zu entscheiden ist, die Forderung durch Abtretung erworben hat. 34 Hat der Zedent mehrere Niederlassungen in verschiedenen Staaten, so ist gemäß Art. 5 lit. h Satz 2 ZessÜ jene Niederlassung maßgebend, an welcher der Zedent die zentrale Verwaltung ausübt. 35 Verlegt der Zedent nach einer Forderungsabtretung seine Niederlassung in einen anderen Staat, so enthält Art. 22 ZessÜ keine Regelung darüber, welche Niederlassung für die Bestimmung des anwendbaren Rechts maßgebend ist. Grundsätzlich kommen die Niederlassung im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages (bei mehrfacher Abtretung derselben Forderung bei Abschluss des ersten Abtretungsvertrages) oder jene im Zeitpunkt des Entstehens des Vorrangkonfliktes 36 in Betracht. Folgt man der Absicht der Verfasser, 37 so soll die Frage, welche Niederlassung des Zedenten für die Bestimmung des auf Prioritätskonflikte anwendbaren 32

Vgl. für weitere Beispiele Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 41. 33 Wie bereits erwähnt, handelt es sich dabei um die sachrechtlichen Vorschriften dieses Staates (vgl. Art. 5 lit. i ZessÜ). 34 Ebenso Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 48. 35 Vgl. dazu 2. Teil, 1. Kapitel, II.B. 36 So Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (753): „Article 22 does not say this expressly, but that is the natural reading, especially when contrasted with the explicitness of Article 3 as to when internationality is tested." Der Vergleich mit Art. 3 ZessÜ überzeugt nicht, da Art. 3 ZessÜ den Anwendungsbereich des ZessÜ betrifft, dessen Anwendung von Art. 22 ZessÜ vorausgesetzt wird. Zudem könnte aus Art. 3 ZessÜ ebenso der Schluss gezogen werden, dass auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages abzustellen sei. Insgesamt ist m.E. in dieser Frage Art. 3 ZessÜ weder für die eine noch für die andere Lösung nutzbar zu machen. 37 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 81; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 34.

2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ

507

Rechts maßgebend ist, nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht 38 beantwortet werden. Damit kann es zu unterschiedlichen Anknüpfung je nach Maßgabe des anwendbaren nationalen Rechts kommen. Soweit ersichtlich, hat die Arbeitsgruppe diese Frage ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Fallkonstellation erörtert, dass der Zedent dieselbe Forderung nach einer Sitzverlegung in einen anderen Staat nochmals zediert, nicht jedoch im Zusammenhang mit Gläubigern des Zedenten oder dem Insolvenzverwalter des Zedenten als konkurrierende Berechtigte. Eine Regelung ist unterblieben, da eine Mehrfachzession selten sei und eine Berücksichtigung dieser Fälle den Wortlaut des Art. 22 ZessÜ unnötig komplizieren würde. 39 Sofern dies die einzigen Gründe für das Unterbleiben einer Regelung waren, ist eine Regelung nicht an unüberwindbaren Meinungsunterschieden innerhalb der Arbeitsgruppe gescheitert. Dann ist jedoch das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung aus Gründen der Rechtssicherheit zu kritisieren, zumal die Frage der Drittwirksamkeit einer Abtretung zu den bedeutendsten Fragen im Bereich der internationalen Forderungsabtretung zählt. Durch eine ausdrückliche Regelung dieser Frage wäre der Vereinheitlichungseffekt des Art. 22 ZessÜ insgesamt ein höherer gewesen. Für die von Sigman und Smith40 vertretene Ansicht, maßgeblich sei die Niederlassung im Zeitpunkt des Entstehens des Konfliktes, spricht ihre einfache Handhabung. Nach Absicht der Verfassser liegt allerdings bezüglich der Verlegung der Niederlassung des Zedenten in einen anderen Staat eine nicht vom ZessÜ erfasste Frage vor, die nach dem vom IPR berufenen nationalen Recht zu entscheiden ist.

III. Beschränkung des Art. 22 ZessÜ durch Art. 23 ZessÜ A. Ordre public und zwingende Vorschriften Befindet sich das zur Entscheidung des Prioritätskonfliktes angerufene Gericht nicht in dem Staat, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, sondern in einem anderen Staat, so kann ein Unterschied zwischen den Prioritätsvorschriften des nach Art. 22 ZessÜ jeweils anwendbaren natio38 Angaben oder Hinweise über die Bestimmung dieses Rechts sind in den Materialien zum ZessÜ, soweit ersichtlich, nicht enthalten. 39 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 19 ff.; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.I06, Rn. 81; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 178; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 34. 40 Bus. Law. 2002, 727 (753).

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6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

nalen Rechts und den Prioritätsvorschriften des Gerichtsstaates bestehen. Grundsätzlich stellt sich daher die Frage, welche Prioritätsvorschriften im konkreten Fall vom Gericht anzuwenden sind. Das ZessÜ anerkennt mit der Vorschrift des Art. 23 Abs. 1 ZessÜ die Möglichkeit bzw. das Recht 41 des Gerichtsstaates, die Anwendung einer Bestimmung des Rechts jenes Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, abzulehnen, und bestimmt die Voraussetzungen einer Nichtanwendung. Diese Bestimmung ist sowohl in einem Prioritätskonflikt mit einem anderen Zessionar als auch mit Gläubigern des Zedenten oder dem Insolvenzverwalter des Zedenten anwendbar. Nach Art. 23 Abs. 1 ZessÜ 42 kann das angerufene Gericht die Anwendung einer Bestimmung nur versagen, sofern die Anwendung dieser konkreten Vorschrift mit der öffentlichen Ordnung des Staates des angerufenen Gerichtes offensichtlich im Widerspruch steht. 43 Durch die Formulierung „manifestly contrary" soll darauf hingewiesen werden, dass die Ablehnung der Anwendung einer Vorschrift des nach Art. 22 ZessÜ anwendbaren Rechts restriktiv und nur in Ausnahmefällen erfolgen soll. 44 Beruft sich das angerufene Gericht auf Art. 23 Abs. 1 ZessÜ, so hat dies lediglich die Nichtanwendung der konkreten Prioritätsvorschrift des nach Art. 22 ZessÜ maßgebenden Rechts zur Folge, nicht jedoch die Anwendung der nach dem Recht des Gerichtsstaates bestehenden Prioritätsvorschrift. 45 Der Vorrang an der abgetretenen Forderung ist sodann nach den „verbliebenen" Vorschriften des nach Art. 22 ZessÜ jeweils anwendbaren Rechts zu beurteilen. 46 Verbleiben jedoch keine Vorschriften, so kommt m.E. nur ein Rückgriff auf die Vorschriften des Gerichtsstaates in Betracht. 41

Vgl. Art. 23 Abs. 1 ZessÜ: „may be refused". Art. 23 Abs. 1 ZessÜ entspricht im Wesentlichen Art. 6 UNCITRAL Model Law on Cross-Border Insolvency, Art. 16 EVÜ und Art. 18 Inter-American Convention on the Law Applicable to International Contracts. 43 Um dies hervorzuheben, enthält Art. 23 Abs. 1 ZessÜ gleich zweimal den Begriff „Anwendung" („The application of a provision ... may be refused only if the application of that provision ..."). Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 40. 44 Vgl. Guide to Enactment of the UNCITRAL Model Law on Cross-Border Insolvency, Rn. 89: „... only in exceptional circumstances concerning matters of fundamental importance for the forum." S. Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (181): „... only if its application would offend some widely-shared moral or ethical standard, not merely the singular policy of the particular forum." 45 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 36: Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 36. 46 Aus diesem Grund enthält Art. 23 Abs. 3 ZessÜ auch eine Sondervorschrift für bestimmte Vorzugsrechte in einem Insolvenzverfahren, sofern das Insolvenzverfahren in einem anderen Staat als in demjenigen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, stattfindet. Würde die Anwendung einer Vorschrift des Zedentenstaates einem Vorzugsrecht 42

2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ

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Prioritätsvorschriften stellen in der Regel „zwingende Bestimmungen" dar. Vor diesem Hintergrund bestimmt Art. 23 Abs. 2 ZessÜ, dass die Vorschriften des Rechts des angerufenen Gerichtes oder eines anderen Staates, die ungeachtet des im Übrigen anwendbaren Rechts zwingend anwendbar sind, die Anwendung des nach Art. 22 ZessÜ maßgebenden Rechts nicht verhindern können. 47 Sehen die Prioritätsvorschriften des Rechts des Staates, in dem sich das angerufene Recht befindet, beispielsweise eine Benachrichtigung des Schuldners als Wirksamkeitsvoraussetzung vor, so sind sie auf Grund Art. 23 Abs. 2 ZessÜ 48 unbeachtlich. Die Ausnahme von diesem Grundsatz enthält Art. 23 Abs. 3 ZessÜ für bestimmte Vorzugsrechte.

B. Vorzugsrechte im Insolvenzverfahren Für Rechte, denen in einem Insolvenzverfahren ein Vorrang vor dem Recht eines Zessionars zukommt und die von Gesetzes wegen entstehen, enthält das ZessÜ eine Sonderbestimmung. Art. 23 Abs. 3 ZessÜ bezeichnet solche Rechte als „Vorzugsrechte" („preferential rights"); dieser Begriff erfasst beispielsweise Lohn- und Gehaltsforderungen von Dienstnehmern des insolventen Zedenten oder Steuerforderungen des Gerichtsstaates 49 oder Sozialversicherungsforderungen der Arbeitnehmer, nicht jedoch dem Insolvenzverwalter oder den Gläubigern des Zedenten im Insolvenzverfahren zustehende Rechte (z.B. Anfechtungsrechte). 50 Die Bestimmung des Art. 23 Abs. 3 ZessÜ setzt voraus, dass ein Insolvenzverfahren in einem anderen Staat als demjenigen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, stattfindet. 51 In einem derartigen Insolvenzverfahren kann das angerufene Gericht einem Vorzugsrecht, das nach dem Recht des Gerichtsstaates von Gesetzes wegen entsteht und dem im Insolvenzverfahren nach dem Recht

des Gerichtsstaates widersprechen, so würde das nach Art. 23 Abs. 1 ZessÜ nur die Nichtanwendung der Prioritätsvorschrift des Zedentenstaates zur Folge haben, nicht jedoch die Anwendung der Vorschrift über das Vorzugsrecht des Gerichtsstaates. Genauer zu Art. 23 Abs. 3 ZessÜ 6. Teil, 2. Kapitel, III.B. 47 Art. 23 Abs. 2 ZessÜ ist erst während der Abstimmung von UNCITRAL eingefügt worden. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 40. 48 Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (181). 49 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 39. 50 Wie bereits erwähnt, bleiben derartige Rechte vom ZessÜ unberührt. 51 In der Regel wird das Insolvenzverfahren in dem Staat eröffnet, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Findet das Insolvenzverfahren im Staat der Niederlassung des Zedenten statt, so entscheidet das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende Recht über das Verhältnis zwischen dem Recht des Zessionars an der Forderung und den nach diesem Recht bestehenden Vorzugsrechten.

510

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

dieses Staates ein Vorrang vor dem Recht des Zessionars eingeräumt wird, unabhängig von dem nach Art. 22 ZessÜ maßgebenden Recht einen Vorrang einräumen. Durch Art. 23 Abs. 3 ZessÜ soll die Bereitschaft der Staaten, das ZessÜ zu ratifizieren, erhöht werden. 52 Vorzugsrechte des Gerichtsstaates, die den in Art. 23 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ umschriebenen zwei Voraussetzungen entsprechen, gehen den Prioritätsvorschriften des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, vor, sofern das angerufene Gericht diese Entscheidung trifft. 53 Da in solchen Fällen die Vorzugsrechte des Gerichtsstaates zu Anwendung gelangen, stellt Art. 23 Abs. 3 ZessÜ eine Ausnahme zu Art. 23 Abs. 1 ZessÜ dar.54 Um die Rechtssicherheit für potenzielle Zessionare zu erhöhen, räumt Art. 23 Abs. 3 Satz 2 ZessÜ den Staaten die Möglichkeit ein, in einer Erklärung jene Rechte zu bezeichnen, die als Vorzugsrechte i.S.d. Art. 23 Abs. 3 ZessÜ anzusehen sind. 55 Dadurch können sich Zessionare durch Einsicht in solche Erklärungen Auskunft darüber verschaffen, ob und welche Vorzugsrechte in einem Insolvenzverfahren in einem bestimmten Vertragsstaat ihrem Recht an der abgetretenen Forderung vorgehen könnten, ohne weitere Nachforschungen betreiben zu müssen. 56 Die Rechtssicherheit wäre bei einer entsprechenden Verpflichtung der Staaten zweifelfrei höher gewesen. 57

IV. Rangrücktritt Nach Art. 25 ZessÜ 58 kann ein bevorrechtigter Zessionar auf seinen Vorrang jederzeit durch einseitige Erklärung oder Vereinbarung zugunsten eines gegenwärtigen oder zukünftigen Zessionars verzichten. 59 Art. 25 52

So Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 40. Vgl. Art. 23 Abs. 3 ZessÜ: „... any preferential right ... may [Hervorhebung durch die Verfasserin] be given priority ...". 54 Ebenso Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (382). 55 Eine entsprechende Erklärung kann jederzeit („at any time") abgegeben werden, d.h. sowohl bei der Ratifikation des ZessÜ bzw. dem Beitritt zum ZessÜ oder zu einem späteren Zeitpunkt. 56 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 40. 57 Hingegen ist sogar eine Streichung der Möglichkeit erwogen worden. Vgl. Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (182); Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/456, Rn. 218 ff.; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 25 Rn. 2. 58 Diese Vorschrift war innerhalb der Arbeitsgruppe unumstritten. Da ihr Inhalt selbstverständlich sei, wurde sogar eine Streichung dieser Vorschrift vorgeschlagen. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 29; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 31. 59 Ein klassischer Anwendungsfall ist die Abtretung einer Forderung zu Sicherungszwecken an mehrere Zessionare, wobei insgesamt der Forderungsbetrag nicht überschrit53

2. Kapitel: Regelung des Vorranges nach dem ZessÜ

511

ZessÜ ist eine sachrechtliche Vorschrift, so dass für einen Rangrücktritt nicht das Recht gemäß Art. 22 ZessÜ maßgebend ist. 60 Ist daher nach dem Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat, ein Rangrücktritt zugunsten eines anderen Zessionars nicht zulässig oder ist dessen Wirksamkeit von anderen als in Art. 25 ZessÜ genannten Voraussetzungen abhängig, so verdrängt Art. 25 ZessÜ insoweit das nach Art. 22 ZessÜ jeweils anwendbare nationale Recht. Da die Vorschrift des Art. 25 ZessÜ keine kollisionsrechtliche Vorschrift darstellt, die auf ein bestimmtes Recht verweist, sondern eine sachrechtliche Vorschrift, wird der Anwendungsbereich von Art. 25 ZessÜ auch nicht durch Art. 23 ZessÜ (öffentliche Ordnung und zwingende Vorschriften) begrenzt. 61 Ein Rangrücktritt kann durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem bevorrechtigten Zessionar und einem anderen Zessionar oder durch eine Vereinbarung zwischen dem bevorrechtigten Zessionar und dem Zedenten (z.B. im Abtretungsvertrag oder einer separaten Vereinbarung) 62 erfolgen. Ebenso kommt ein Rangrücktritt durch eine einseitige Erklärung des bevorrechtigten Zessionars in Betracht (z.B. Ermächtigung des Zedenten der zweiten Abtretung den ersten Rang einzuräumen 6 3 ) M Da der bevorrechtigte Zessionar nach Art. 25 ZessÜ sowohl zugunsten eines gegenwärtigen als auch eines zukünftigen Zessionars auf seinen Vorrang an der abgetretenen Forderung verzichten kann, ist eine namentliche Nennung des begünstigten Zessionars in der Vereinbarung mit dem Zedenten oder in der einseitigen Erklärung grundsätzlich nicht erforderlich.

ten wird. Bei einer vollständigen Zession („outright assignment") an mehrere Zessionare besteht nicht die Frage, wer von den Zessionaren vorrangig die Zahlung erhält, sondern, wer sie zur Gänze bekommt. 60 Vgl. Art. 22 ZessÜ: „With the exception of matters that are settled elsewhere in this Convention ...". Insoweit missverständlich Bericht der Arbeitsgruppe UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 40: „... draft article 27 [nun Art. 25 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] was not intended to override the law applicable under draft article 24 [nun Art. 22 ZessÜ, Anm. der Verfasserin] but to validate subordination agreements.", wobei sodann ein Hinweis auf den Einleitungssatz zu Art. 22 ZessÜ folgt. 61 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 161. 62 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 31; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 43. 63 Beispiel aus Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 43. 64 Durch die Zulässigkeit eines Rangrücktrittes durch einseitige Erklärung soll nach der Absicht der Verfasser auch zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Gegenleistung des begünstigten Zessionars keine Voraussetzung für einen wirksamen Rangrücktritt durch eine einseitige Erklärung des bevorrechtigten Zessionars ist. (Dies ist im Zusammenhang mit der „consideration Lehre" zu sehen.) Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 186.

3. Kapitel

Erlöse nach dem ZessÜ I.

Der Begriff „Erlös" („proceeds")

Mit Art. 24 ZessÜ („Besondere Bestimmungen für Erlöse") wird die aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis stammende proceeds Lehre 1 , die in den Rechtsordnungen des civil-law Rechtskreises in dieser Form nicht bekannt ist, 2 in das ZessÜ eingeführt. Im Folgenden soll zunächst der Begriff „Erlös" („proceeds") erörtert, sodann das Verhältnis von Art. 24 ZessÜ zu Art. 14 und 22 ZessÜ untersucht und abschließend die Regelung des Art. 24 Abs. 1 bis 3 ZessÜ dargestellt werden. Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. j Satz 1 ZessÜ bedeutet „Erlös" jede im Hinblick auf eine abgetretene Forderung entgegengenommene Leistung, gleichviel ob als vollständige oder teilweise Bezahlung oder andere Befriedigung der Forderung. Erlös i.S.d. ZessÜ ist daher sowohl eine Barleistung („total or partial payment") des der abgetretenen Forderung entsprechenden Betrages 3 als auch eine im Hinblick auf die abgetretene Forderung empfangene Sachleistung („other satisfaction"). Allerdings stellen zurückgegebene Waren (z.B. weil sie mangelhaft sind oder der Käufer zur Rückgabe der Ware nach dem Ablauf einer Probezeit berechtigt ist 4 ) keine „andere Befriedigung" der abgetretenen Forderung und somit keinen Erlös i.S.d. ZessÜ dar (Art. 5 lit.j Satz 3 ZessÜ). 5 Der Begriff Erlös schließt zudem alle Leistungen ein, die im Hinblick auf Erlöse entgegen-

1

Nach der proceeds Lehre hat ein Sicherungsnehmer nicht nur an dem ursprünglichen Sicherungsgegenstand ein dingliches Recht, sondern an jedem Vermögenswert, der aus einem Verkauf, einer Vermietung oder einer anderen Verfügung über diesen Sicherungsgegenstand herrührt. Vgl. Markeil, UNCITRAL's Receivables Convention: The first step, but not the last, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 401 (405 ff.), der auch darauf hinweist, dass die Regelung des Übereinkommens (Art. 24 ZessÜ) nicht so weitgehend ist wie diejenige des Art. 9 UCC. 2 S. Kuhn in FS Siehr 93 (112). 3 Nach Art. 2 lit. a ZessÜ stellt eine Forderung i.S.d. ZessÜ einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages dar. 4 Beispiele aus Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489, Rn. 71. 5 Vgl. im Gegensatz Art. 14 ZessÜ.

3. Kapitel: Erlöse nach dem ZessÜ

513

genommen werden, also auch die Erlöse von Erlösen (Art. 5 lit. j Satz 2 ZessÜ). Beispiel 16: Leistet der Schuldner einen Scheck, so stellt der Scheck einen Erlös der abgetretenen Forderung dar; das durch die Einlösung des Schecks erhaltene Bargeld ist hingegen ein Erlös eines Erlöses. Beispiel 2: Der im Hinblick auf eine abgetretene Forderung entgegengenommene Barbetrag ist ein Erlös, das mit diesem Erlös gekaufte Gemälde stellt grundsätzlich einen Erlös von einem Erlös i.S.d. der Legaldefinition des Art. 5 lit. j ZessÜ dar. Mit anderen Worten: „Erlös" i.S.d. ZessÜ ist jeder Vermögenswert, der an die Stelle der durch Erfüllung erloschenen Forderung getreten ist. 7

II. Verhältnis von Art. 24 ZessÜ zu Art. 14 bzw. 22 ZessÜ Art. 24 ZessÜ ist eine sachrechtliche Vorschrift, die jedoch auf das nach Art. 22 ZessÜ für die Bestimmung des Vorranges maßgebliche nationale Recht Bezug nimmt; 8 insoweit ist m.E. 9 auch Art. 23 ZessÜ zu beachten, da Art. 22 ZessÜ vorbehaltlich der Bestimmung des Art. 23 ZessÜ anzuwenden ist. Art. 22 ZessÜ ist, wie bereits mehrfach erwähnt, (lediglich) eine kollisionsrechtliche Vorschrift, Art. 24 ZessÜ hingegen legt für bestimmte (einzelne) Fälle 10 fest, unter welchen Voraussetzungen der Zessionar die entgegengenommenen Erlöse behalten kann bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch des Zessionars auf die Erlöse besteht, wenn diese der Zedent erhalten hat. 11 Der Unterschied des Art. 24 ZessÜ zu Art. 14 ZessÜ liegt in erster Linie darin, dass Art. 14 ZessÜ nur das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar betrifft, Art. 24 ZessÜ hingegen das Verhältnis gegenüber konkurrierenden Berechtigten (einem anderen Zessionar, Gläubigern des Zedenten sowie dessen Insolvenzverwalter) regelt.

6

S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489, Rn. 71. Vgl. auch die Definition bei Kuhn in FS Siehr 93 (109, 112, 114); derselbe, SZW/RSDA 3/2002, 129 (140). 8 Im Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 161 wird Art. 24 ZessÜ deshalb als „mixed private international law and substantive law rule" bezeichnet. 9 A.A. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 161. 10 Ebenso Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (383): „... the Convention contains a limited proceeds rule ...". " Ob der Leistung des Schuldners schuldbefreiende Wirkung zukommt, ist jedoch stets nach Art. 17 ZessÜ zu beurteilen. 7

514

6. Teil: Mit dem Zessionar

konkurrierende

Berechtigte

III. Leistung an den Zessionar oder an den Zedenten Nimmt der Zessionar eine im Hinblick auf die abgetretene Forderung geleistete Barzahlung oder Sachleistung entgegen, 12 so ist er nach Art. 24 Abs. 1 ZessÜ berechtigt, diese Vermögenswerte (Erlöse i.S.d. ZessÜ) zu behalten, 13 sofern und soweit 14 sein Recht an der abgetretenen Forderung dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten an der abgetretenen Forderung vorgeht. Der Vorrang an den Erlösen folgt somit dem Vorrang des Zessionars an dem Recht an der abgetretenen Forderung. Erhält hingegen der Zedent vom Schuldner im Hinblick auf die abgetretene Forderung Erlöse (beispielsweise, weil dem Schuldner die Abtretung nicht angezeigt worden ist oder er mit der Abtretungsanzeige die Zahlungsanweisung empfangen hat, seine Leistung an den Zedenten zu erbringen), so hat der Zessionar unter folgenden zwei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, einen Anspruch auf diese Vermögenswerte: 15 Erstens, der Zedent hat die Erlöse auf Grund einer „Weisung" (z.B. eines Inkassoauftrages oder einer anderen Vereinbarung 16 ) für den Zessionar entgegengenommen, und zweitens, die Erlöse werden durch den Zedenten zugunsten des Zessionars gesondert verwahrt und sind hinreichend vom restlichen Vermögen des Zedenten unterscheidbar (Art. 24 Abs. 2 lit. a und b ZessÜ). Als Beispiel, welches jedenfalls die letzte Voraussetzung erfüllt, nennt das ZessÜ ein separates Depot- oder Wertpapierkonto, welches ausschließlich Bargeld oder Wertpapiere enthält. Damit soll sichergestellt werden, dass Zessionare bei Praktiken der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung, bei welchen die Zahlung des Schuldners auf ein Konto des Zedenten erfolgt (z.B. Securitization oder stille Zession), ein dingli-

12 Art. 24 Abs. 1 ZessÜ gilt m.E. unabhängig davon, ob der Zessionar direkt vom Schuldner (dies wird zumeist der von Art. 24 Abs. 1 ZessÜ erfasste Fall sein) oder aber vom Zedenten die Erlöse erhält. A.A. (nur Leistung direkt vom Schuldner) Sigman/Smith, U.C.C.L.J. 2002, 59 (68). 13 Dies gilt auch, wenn der Zessionar Leistungen im Hinblick auf die Erlöse entgegennimmt, also auch für die Erlöse von Erlösen. 14 Der Zessionar darf von dem Erlös der Forderung nicht mehr als den Wert seines Rechts an der Forderung behalten. Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 184. Dies ist bei einer Forderungsabtretung zu Sicherungszwecken zu beachten. S. die entsprechende Regelung für das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar in Art. 14 Abs. 2 ZessÜ. 15 Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 234, hebt zu Recht hervor, dass das Problem bei einer Zahlung an den Zedenten darin liegt, dass für Dritte schwer erkennbar ist, was an die Stelle der Forderung getreten ist. 16 Kuhn, SZW/RSDA 3/2002, 129 (140).

3. Kapitel: Erlöse nach dem ZessÜ

515

ches Recht an den vom Zedenten erhaltenen Erlösen haben. 17 Dies ist für den Zessionar im Fall einer Insolvenz des Zedenten von enormer Bedeutung, 18 weshalb nach Ansicht von Bazinas19 diese „lock-box-rule" eine der wichtigsten Errungenschaften des ZessÜ darstellt. Der Vorschlag, den Staaten hinsichtlich Art. 24 ZessÜ eine Vorbehaltsmöglichkeit einzuräumen, da nach einigen Rechtsordnungen Zahlungen an den Zedenten Bestandteil seines Vermögens werden und der Zessionar kein dingliches Recht an einer solchen Zahlung habe, ist verworfen worden. 20 Liegen die in Art. 24 Abs. 2 lit. a und b ZessÜ genannten Voraussetzungen vor, so hat der Zessionar eine dingliche Berechtigung im Hinblick auf die Erlöse. Existieren konkurrierende Berechtigte, so geht das Recht des Zessionars an diesen Erlösen dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten im selben Umfang im Rang vor, wie das Recht des Zessionars Vorrang vor dem Recht dieses konkurrierenden Berechtigten an der abgetretenen Forderung hatte. Mit anderen Worten: Der Vorrang an den Erlösen folgt dem Vorrang des Zessionars an dem Recht an der abgetretenen Forderung. Das Recht des Zessionars nach Art. 24 Abs. 2 ZessÜ an den Erlösen, die der Zedent erhalten hat, unterliegt jedoch einer Einschränkung: Nach Art. 24 Abs. 3 ZessÜ 21 hat Abs. 2 keinen Einfluss auf den Vorrang einer „Person", 22 die gegenüber diesen Erlösen ein nicht aus einem Recht an der Forderung abgeleitetes Aufrechnungsrecht oder ein vertraglich begründetes Recht hat. Zur Veranschaulichung zwei Beispiele. 23 Beispiel 1: Ein Wertpapiermakler hat an einem Wertpapier ein Sicherungsrecht, für den Zessionar stellt dieses Wertpapier einen Erlös im Hinblick auf die abgetretene Forderung dar. Beispiel 2: Eine Bank hat ein vertragliches Aufrechnungsrecht bezüglich des auf einem Bankkonto befindlichen Betrages, den der Schuldner auf dieses Bankkonto überweist, für den Zessionar ist dieses Guthaben der 17 Vgl. Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (62): „This lock-box kind of provision may well make possible receivables financing in countries in which such financing is not now possible because property rights in proceeds are not recognized." 18 Vgl. allgemein zur praktischen Bedeutung der proceeds Regelung Kuhn in FS Siehr 93 (109). 19 Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (387). 20 Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 42. 21 Die Vorschrift des Art. 24 Abs. 3 ZessÜ ist erst während der UNCITRAL-Sitzung eingefügt worden. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 43 bis 45. 22 Art. 24 Abs. 2 i.V.m. 22 ZessÜ regelt den Vorrang des Zessionars an den Erlösen gegenüber „konkurrierenden Anspruchsberechtigten". 23 Diese Beispiele sind dem Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 43 entnommen. S. auch Sigman/Smith, U.C.C.L.J. 2002, 59 (68); Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (757 f.).

516

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

Erlös aus einer abgetretenen Forderung. Im ersten Fall geht das Sicherungsrecht des Wertpapiermaklers an dem Wertpapier, im zweiten Fall das Aufrechnungsrecht der Bank in Bezug auf das Guthaben dem Recht des Zessionars an dem Wertpapier bzw. dem Bankguthaben als Erlös vor. Die Vorschrift des Art. 24 Abs. 3 ZessÜ ist m.E. auch anzuwenden, wenn der Zessionar die Erlöse bereits erhalten hat (Art. 24 Abs. 1 ZessÜ), obwohl Art. 24 Abs. 3 ZessÜ nur auf Abs. 2 verweist, 24 da es für die nach Art. 24 Abs. 3 ZessÜ erfassten Personen keinen Unterschied macht, ob der Zessionar berechtigt ist, die bereits erhaltenen Erlöse zu behalten, oder ob er einen dinglichen Anspruch auf diese Erlöse hat. Liegt weder ein Fall von Art. 24 Abs. 1 noch von Abs. 2 ZessÜ vor, so ist sowohl das Recht des Zessionars an den Erlösen als auch die Frage, ob es sich dabei um ein dingliches oder persönliches Recht handelt, nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 25

24

1.d.S. wohl auch Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN. 9/470, Rn. 184. Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (170 f.); Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (758). 25

4. Kapitel

Sachrechtliche Vorschriften über die Priorität nach dem ZessÜ I.

Einleitung

Sachrechtliche Vorschriften für die Bestimmung des Vorranges (der Drittwirksamkeit einer Forderungsabtretung) sind von der Arbeitsgruppe ausführlich diskutiert worden, jedoch konnte, wie bereits erwähnt, keine Einigung darüber erzielt werden, welchem „System" („Modell" bzw. „Regelwerk") im Rahmen des ZessÜ der Vorzug zu geben sei. 1 Die nicht erreichte Einigung auf ein bestimmtes Modell ist vor allem damit zu erklären, dass die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten und die damit verbundenen vermögensrechtlichen Wirkungen 2 einer Abtretung in den einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich gelöst werden. Dennoch enthält das Übereinkommen in seinem Anhang (sachrechtliche) Prioritätsvorschriften, welche den Staaten im Sinne einer Optionsmöglichkeit angeboten werden. 3 Im Anhang werden drei Modelle zur Lösung eines Vorrangkonfliktes angeführt: Nach Abschnitt I bestimmt sich der Vorrang nach dem Zeitpunkt der Eintragung der Forderungsabtretung in ein Register, nach Abschnitt III kommt es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages an und nach Abschnitt IV ist der Zeitpunkt der Benachrichtigung des Schuldners für die Bestimmung des Ranges maßgebend. Der Zweck des Anhanges besteht nicht darin, die verschiedenen Modelle zu bewerten, sondern diese in einer ausgewogenen und verständlichen Weise darzustellen. 4 Im Ergebnis sollte sich jenes Modell durchsetzen, welches den höchsten wirtschaftlichen Nutzen ver-

1

Vgl. zum Verlauf der Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 155 bis 164; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/434, Rn. 239 bis 258; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 18 bis 44, Rn. 83 bis 93; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 120 bis 123. 2 So Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (345). 3 Aber selbst dies war umstritten; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 138, wonach noch in der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe eine Streichung des Anhanges vorgeschlagen worden ist. 4 S. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 113.

518

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

schafft. 5 Je mehr Staaten für ein bestimmtes Modell optieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass deren Wahl einen Einfluss auf die Wahl anderer Staaten haben wird. 6 Andere Autoren hingegen bezweifeln, dass die Vertrags Staaten ein Modell übernehmen werden. 7

II. Option für ein bestimmtes Regelwerk Da das ZessÜ den Staaten die Option überlässt, sich für ein bestimmtes Modell für die Lösung von Prioritätskonflikten zu entscheiden, werden der Anhang bzw. das gewählte Modell nicht unmittelbar durch die Ratifikation des ZessÜ wirksam. Dafür ist eine gesonderte Erklärung 8 des Staates 9 erforderlich (Art. 1 Abs. 5 i.V.m. Art. 42 Abs. 1 ZessÜ). Insgesamt stehen den potenziellen Vertragsstaaten fünf Wahlmöglichkeiten zur Verfügung, die auf drei Regelwerken (Systemen) für die Entscheidung von Prioritätskonflikten beruhen. Jedes Regelwerk umfasst eine Vorschrift betreffend den Rang von mehreren Zessionaren sowie eine Vorschrift in Bezug auf den Rang des Zessionars und des Insolvenzverwalters oder von Gläubigern des Zedenten. Bei einer Wahl für die Rangvorschriften auf Grund der Registrierung kann sich der Staat für eine Teilnahme am internationalen Registrierungssystem entscheiden (Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 lit. a ZessÜ) oder sein eigenes Registrierungssystem verwenden (Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 lit. b ZessÜ). Die weiteren Wahlmöglichkeiten sind: Rangvorschriften auf Grund des Zeitpunktes des Abschlusses des Abtretungsvertrages (Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 lit. c ZessÜ), Rangvorschriften auf Grund des Zeitpunktes der Abtretungsanzeige (Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 lit. d 5 So Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (63); derselbe, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (383 f.). 6 Deutlicher Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (317): Entscheidet sich die Mehrheit der wirtschaftlich wichtigsten Staaten für ein bestimmtes Modell, so bestehe ein gewisser Druck auf andere Staaten, sich im Sinne eines besseren Zuganges zu den Kreditmärkten diesem Modell anzuschließen. S. auch Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.IIAVP.93, Section III. Third Parties, Rn. 2: „... ultimately, achieving real uniformity would depend on how successful the one or the other system proves to be in practice." 7 Vgl. Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (170 f.); für das Registersystem s. H. Schmidt, IPRax 2005, 93 (97). 8 Diese kann jederzeit in schriftlicher Form gegenüber dem Depositar des Übereinkommens (nach Art. 33 ZessÜ ist dies der Generalsekretär der Vereinten Nationen) abgegeben werden. Zum Inkrafttreten der gewählten Rangvorschriften vgl. Art. 43 ZessÜ. 9 Art. 42 ZessÜ verwendet den Begriff „State" und nicht „Contracting State", da eine Erklärung nach Art. 42 ZessÜ bei der Unterzeichnung und vor der Ratifikation abgegeben werden kann.

4. Kapitel: Sachrechtliche

Vorschriften über die Priorität

nach dem ZessÜ

519

ZessÜ) sowie eine Kombination der Vorschriften, die auf den Abtretungsvertrag und die Abtretungsanzeige abstellen (Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 lit. e ZessÜ). Optiert ein Staat für ein bestimmtes Modell, so kann er Vorschriften erlassen, nach welchen die von ihm gewählten Prioritätsvorschriften innerhalb angemessener Frist auch für Abtretungsverträge gelten, die bereits vor dem Inkrafttreten der gewählten Prioritätsvorschriften abgeschlossen worden sind (Art. 42 Abs. 3 ZessÜ). 10 Darüber hinaus räumt das ZessÜ den Staaten die Möglichkeit ein, die gewählten Prioritätsvorschriften auf bestimmte Arten von Abtretungen oder die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen überhaupt nicht (Art. 42 Abs. 5 lit. a ZessÜ) oder die gewählten Prioritätsvorschriften nur mit bestimmten Änderungen anzuwenden (Art. 42 Abs. 5 lit. b ZessÜ). 11 Mit diesen Möglichkeiten soll offensichtlich die Bereitschaft der Staaten, sich für (irgend)ein Modell zu entscheiden, erhöht werden. Andererseits wird es damit für potenzielle Zessionare zeitaufwendiger, jene Prioritätsvorschriften festzustellen, die für die konkrete Abtretung maßgebend sind. 12

III. Verhältnis des Art. 22 ZessÜ zu den einzelnen Modellen Gibt ein Staat eine Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 ZessÜ ab, nach welcher ein bestimmtes Modell (Regelwerk) des Anhanges für ihn verbindlich ist, und hat der Zedent seine Niederlassung in diesem Staat, so stellen die gewählten Prioritätsvorschriften das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende Recht dieses Staates dar (s. Art. 42 Abs. 2 ZessÜ). Die Prioritätsvorschriften des Anhanges beziehen sich auf die von Art. 22 ZessÜ geregelten Prioritätskonflikte zwischen konkurrierenden Berechtigten i.S.d. Art. 5 lit. m ZessÜ. Daher sind auch die in den einzelnen Vorschriften des Anhanges

10 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 190 Abs. 2 und Rn. 191. Mangels solcher Vorschriften ist Art. 43 ZessÜ für das Inkrafttreten zu beachten. " In den entsprechenden Erklärungen sind die Arten von Abtretungen bzw. die Forderungen, die ausgenommen sind, sowie die Änderungen der Prioritätsvorschriften anzuführen. Die jeweiligen Erklärungen können bereits bei der Option eines bestimmten Modells oder jederzeit danach abgegeben werden. Art. 42 Abs. 5 lit. a ZessÜ ist während der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe eingefügt worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 169; Art. 42 Abs. 5 lit. b ZessÜ durch UNCITRAL; vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 85 sowie Bericht der Redaktionsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/XXXIV/CRP.2/Add.2, Art. 42. 12

Vgl. dazu die Kritik von Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 204.

520

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

verwendeten Begriffe (z.B. „anderer Zessionar" 13 , „Insolvenzverwalter" oder „Gläubiger des Zedenten") i.S.d. Art. 22 ZessÜ bzw. des Übereinkommens auszulegen. 14 Im Fall von bestimmten Arten von Abtretungen oder Abtretungen bestimmter Kategorien von Forderungen, die von den gewählten Prioritätsvorschriften durch eine Erklärung ausgenommen sind (Art. 42 Abs. 5 lit. a ZessÜ), gelten die unvereinheitlichten Prioritätsvorschriften des betreffenden Staates. Diese Rechtslage entspricht jener, die besteht, sofern ein Vertragsstaat keine Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 ZessÜ abgegeben und sich somit für kein bestimmtes Regelwerk entschieden hat.

IV. Einzelne Regelwerke A. Rangvorschriften auf Grund der Registrierung Verpflichtet sich ein Staat, Prioritätskonflikte mithilfe eines Registersystems zu lösen, so kann er wählen, ob er dafür am internationalen Registersystem teilnehmen oder sein (bereits bestehendes 15 oder noch einzurichtendes) nationales Registersystem nutzen wird. 16 Die Registrierung nach dem nationalen System hat grundsätzlich die gleichen Wirkungen wie eine Registrierung nach dem internationalen System (Art. 42 Abs. 1 lit. b ZessÜ). Das in Abschnitt I des ZessÜ-Anhanges normierte Modell der Registereintragung für die Lösung von Prioritätskonflikten (Art. 1 und 2 ZessÜAnhang) bezieht sich auf das in Abschnitt II geregelte internationale Registersystem. 17 13 Dazu zählen nach Art. 5 lit. m ZessÜ auch Personen, die auf Grund ihres Rechts am anderen Vermögen des Zedenten auf Grund des Gesetzes einen Anspruch an der abgetretenen Forderung geltend machen. 14 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 140; Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 75. 15 Z.B. Art. 9 UCC. 16 Ein Registersystem ist insbesondere von den europäischen Teilnehmern der UNCITRAL-Arbeitsgruppe abgelehnt worden, da der bürokratische Aufwand groß wäre, eine Registrierung den rechtsgeschäftlichen Verkehr behindern würde und durch ein öffentlich zugängliches Register ein „gläsernes Unternehmen" geschaffen werden könnte. Vgl. Rebmann in FS Rolland 291 (298 f.); Wöber in UN-Abtretungsabkommen 59 (67). 17 Ein internationales Registersystem, auf welches sich das ZessÜ stützen könnte, besteht noch nicht. Daher sieht Art. 42 Abs. 6 ZessÜ vor, dass auf Antrag von mindestens einem Drittel der Vertrags- oder Unterzeichnerstaaten eine Konferenz einzuberufen ist, um die Ausführungsbestimmungen, auf welche im Abschnitt II ZessÜ-Anhang Bezug genommen wird, vorzubereiten sowie eine Aufsichtsbehörde und den ersten Registerführer einzusetzen. Die Ausführungsbestimmungen sollen den Betrieb des Registersystems,

4. Kapitel: Sachrechtliche

Vorschriften

über die Priorität

nach dem ZessÜ

521

Nach Art. 1 ZessÜ-Anhang bestimmt sich zwischen mehreren Zessionaren der Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung nach der Reihenfolge der Registereintragung der Abtretung, ungeachtet des Zeitpunktes des Überganges 18 der Forderung. 19 Bei fehlender Registereintragung ist die Reihenfolge entscheidend, in der die einzelnen Abtretungsverträge geschlossen wurden. Gegenüber einem Insolvenzverwalter bzw. gegenüber den Gläubigern des Zedenten genießt das Recht des Zessionars an der abgetretenen Forderung Vorrang, wenn sowohl die Abtretung der Forderung 20 als auch die Registereintragung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor der Pfändung 21 erfolgen (Art. 2 ZessÜ-Anhang). 2 2 Der nach Art. 1 und 2 ZessÜ-Anhang entscheidende Zeitpunkt der Registereintragung wird durch Art. 4 Abs. 4 ZessÜ-Anhang präzisiert. Maßgeblich ist die Wirksamkeit der Eintragung; 23 diese ist ab dem Zeitpunkt gegeben, ab dem die einzutragenden Angaben interessierten Personen zur

die Registrierung, die Suche im Register sowie das Streitbeilegungsverfahren festlegen (vgl. Art. 3, 4 und 5 ZessÜ-Anhang). Nach der Ansicht der Verfasser sollte die Aufsichtsbehörde eine zwischenstaatliche Organisation, der Registerführer eine private Organisation sein; vgl. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (349 Fn 205); Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 77. 18 D.h. ungeachtet dessen, zu welchem Zeitpunkt die Abtretung der Forderung im Sinne einer vermögensrechtlichen Übertragung des Anspruchs auf Zahlung eines Geldbetrages erfolgt. 19 Wie bereits erwähnt, setzt die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten eine wirksame Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar voraus. Durch die Registereintragung wird daher „nur" der Vorrang, nicht jedoch der Anspruch auf Zahlung der Forderung begründet. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 175: „... since registration did not vest any rights in the registering party, unless such rights existed under a valid contract."; Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489/Add.l, Rn. 78: „... since registration under article 4 does not create any substantive rights." 20 S. Art. 2 ZessÜ-Anhang: „... the receivable was assigned ...". Aus den Materialien folgt, dass damit der Abschluss des Abtretungsvertrages gemeint ist, da die Arbeitsgruppe folgende Zeitpunkte diskutiert hat: „the receivables were assigned" oder „arose" oder „were earned by performance". Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 169 f. 21 Der Pfändung einer Forderung ist ein gerichtlicher oder von einer anderen zuständigen Behörde gesetzter Akt, durch welchen ein Recht an der abgetretenen Forderung erworben wird, gleichgestellt. Vgl. Art. 2 ZessÜ-Anhang: „... by attachment, judicial act or similar act of a competent authority that give rise to such right...". 22 Nach Art. 4 Abs. 3 ZessÜ-Anhang kann eine Registereintragung selbst vor der Abtretung, auf welche sie sich bezieht, vorgenommen werden („pre-registration"). Art. 2 ZessÜ-Anhang setzt hingegen voraus, dass die Abtretung der Forderung vor einer Einleitung des entsprechenden Verfahrens erfolgt. 23 Eine Eintragung ist längstens f ü r fünf Jahre wirksam (s. Art. 4 Abs. 4 ZessÜAnhang).

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6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

Verfügung stehen. 24 Durch das Modell der Registereintragung sollen dritte Personen (z.B. potenzielle Zessionare als Kreditgeber) geschützt werden, indem sie sich bereits vor einer Abtretung Kenntnis über vorangehende Abtretungen verschaffen können. 25 Dadurch sollen einerseits Prioritätskonflikte vermieden und andererseits soll Zessionaren Rechtssicherheit gewährleistet werden. Dies alles hat positive Auswirkungen auf den in der Präambel des ZessÜ postulierten Zweck des Übereinkommens, die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern. Zweck des öffentlichen Registers ist es jedoch nicht, einen Nachweis über die Vermögensrechte oder Finanztransaktionen darzustellen. 26 Auf Grund der vom Register zu erfüllenden Funktion sowie um das Eintragungsverfahren schnell und kostengünstig zu gestalten, beschränken sich die einzutragenden Angaben auf die Identität des Zedenten und des Zessionars 27 sowie eine kurze Beschreibung der abgetretenen Forderung (Art. 4 Abs. 1 ZessÜ-Anhang). Diese Angaben sind vom Registerführer nicht zu überprüfen. 28 Eine Eintragung in das vom ZessÜ vorgesehene Register, welche dem public notice filing des Art. 9 UCC entspricht, 29 ist nicht mit einer Eintragung in ein österreichisches Grundbuch oder Firmenbuch gleichzusetzen. 30 Eine einzelne Registereintragung kann sich auf mehrere Forderungen beziehen, unabhängig davon, ob die Forderungen im Zeitpunkt der Eintragung bereits bestehen (Art. 4 Abs. 2 ZessÜ-Anhang). Somit kann auch eine Globalabtretung zukünftiger Forderungen eingetragen werden. Darüber hinaus kann gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ eine Eintragung selbst vor einer Abtretung, auf welche sie sich bezieht, vorgenommen werden. 31 Her24 Die Zeitspanne zwischen der Eintragung und der Verfügbarkeit der Daten sollte auf Grund der computergestützten, elektronischen Registereintragung und -führung kurz sein. 25 Auf Grund der durch Einsicht in das Register erworbenen Information können potenzielle Kreditgeber des Zedenten, die sich die eingetragenen Forderungen als Sicherheit abtreten lassen wollen, Verhandlungen mit den auf Grund der Registereintragung Vorrang genießenden Zessionaren über einen Rangrücktritt (Art. 25 ZessÜ) aufnehmen. 26 Ausführlicher zum Zweck des Registers bezogen auf das ZessÜ s. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9AVG.II/WP.93, Annex Rn. 1 ff. S. dazu auch Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 198 ff. 27 Nach dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 78 soll auch eine Identifizierung durch eine Nummer möglich sein. 28 S. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.93, Annex Rn. 3. 29 Vgl. Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (760 Fn 189): „This approach is derived from the U.C.C. in the United States and the Personal Property Security Acts found in most Canadian provinces and territories." 30 Ebenso Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (316). 31 Der Vorschlag, diese Vorschrift zu streichen, ist verworfen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 157: „... for the assignee to be able to re-

4. Kapitel: Sachrechtliche

Vorschriften über die Priorität nach dem ZessÜ

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vorzuheben ist, dass nach Art. 3 Satz 1 ZessÜ-Anhang Angaben über die Abtretung auch eingetragen werden können, wenn eine konkrete Abtretung oder (richtig: „und"32) Forderung nicht international sind. Dies ist im Zusammenhang mit Art. 5 lit. m (i) ZessÜ zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist ein anderer Zessionar derselben Forderung von demselben Zedenten selbst dann ein konkurrierender Berechtigter i.S.d. Art. 22 ZessÜ, wenn die abgetretene Forderung nicht eine internationale Forderung und die Abtretung an diesen Zessionar nicht eine internationale Abtretung ist. 33 Wählt ein Staat die Registereintragung für die Entscheidung von Prioritätskonflikten, so steht es m.E. im Einklang mit Art. 5 lit. m (i) ZessÜ, auch die Eintragung nationaler Abtretungen nationaler Forderungen zu ermöglichen, um somit dem Zessionar die Möglichkeit zu geben, sich den Vorrang an der abgetretenen Forderung vor anderen Zessionaren zu sichern. Daher kann ein Zessionar auch Angaben über eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung eintragen lassen, um sich somit den Vorrang vor anderen Zessionaren 34 zu sichern. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet dies jedoch, dass ein Zessionar einer nationalen Forderungsabtretung, der - wie sein Zedent - seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, welcher für das Registersystem optiert hat, jedenfalls die Daten über die Abtretung eintragen lassen sollte, um für den Fall, dass der Zedent dieselbe Forderung an einen weiteren Zessionar in einem anderen Staat abtritt, den Vorrang an der abgetretenen Forderung zu wahren. 35

lease funds, there was a need to ensure that registration could be effected as soon as possible (,pre-registration')." 32 Ist lediglich die Abtretung „oder" die Forderung international, so entspricht dies dennoch dem in Art. 3 ZessÜ geforderten Kriterium der Internationalität. Eine Ausnahme, die einer besonderen Regelung bedarf, liegt hingegen nur vor, sofern weder die Abtretung noch die Forderung international ist, wie eben eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung. Aus den Materialien folgt, dass die Arbeitsgruppe - folgerichtig die Einfügung mit dem Wort „und" beschlossen hat (vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 151). Es dürfte somit ein Redaktionsfehler hinsichtlich der Fassung des Art. 3 Satz 1 ZessÜ-Anhang vorliegen. 33 Beispiel: Ein Zedent, niedergelassen im Vertragsstaat A, tritt die Forderung gegenüber seinem in A niedergelassenen Schuldner an den Zessionar I, mit Niederlassung im Vertragsstaat A, und an den Zessionar II, mit Niederlassung im Vertragsstaat B, ab. Die Zessionare I und II sind konkurrierende Berechtigte i.S.d. Art. 5 lit. m (i) ZessÜ. 34 In einem Prioritätskonflikt mit einem Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger des Zedenten stellt sich diese Frage m.E. nicht, denn sie setzt zwei Abtretungen voraus, wobei eine dem Anwendungsbereich des ZessÜ unterfällt. M.E. missverständlich Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 148, da auf Art. 2 ZessÜ-Anhang Bezug genommen wird. 35 Gilt in dem Vertragsstaat, in dem der Zedent und der (erste) Zessionar ihre Niederlassung haben, das Registersystem auch für nationale Forderungsabtretungen, so wird die Registereintragung allerdings keine Neuheit für den Zessionar darstellen.

524

6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

Eintragungen sind unwirksam, sofern ein Mangel hinsichtlich der Angabe, die für die Identität des Zedenten erforderlich ist, 36 bewirkt, dass die eingetragenen Angaben nicht gefunden werden können (Art. 4 Abs. 6 ZessÜ-Anhang). Dabei muss es sich um eine Registerabfrage handeln, bei welcher die abfragende Person den Zedenten richtig identifiziert („proper identification"), jedoch die Angaben nicht findet, da dem Eintragenden ein Mangel, eine Unregelmäßigkeit, eine Auslassung oder ein Fehler gerade in Bezug auf die Identität des Zedenten unterlaufen ist. Nach Art. 4 Abs. 6 ZessÜ-Anhang ist eine Eintragung bereits unwirksam, sofern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Angaben auf Grund des Fehlers nicht gefunden werden können. 37 Sofern ein internationales Registersystem eingerichtet werden wird, kann ein Staat, der keine Erklärung nach Art. 42 Abs. 1 ZessÜ abgegeben hat, d.h. für kein Modell des Anhanges optiert hat, das internationale Registersystem in Übereinstimmung mit den in diesem Staat geltenden Prioritätsvorschriften nutzen. 38

B. Rangvorschriften auf Grund des Abtretungsvertrages Nach dem in Art. 6 und 7 ZessÜ-Anhang normierten Regelwerk ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages (d.h. Einigung zwischen Zedent und Zessionar über die Übertragung der Forderung) das maßgebende Kriterium für die Entscheidung von Prioritätskonflikten. Dieses Modell beruht in seinem Grundsatz auf der nach deutschem, österreichischem und schweizerischem Recht vorgenommenen Lösung von Prioritätskonflikten. Zwischen mehreren Zessionaren derselben Forderung ist für den Rang des Rechts des einzelnen Zessionars die Reihenfolge maßgebend, in welcher der betreffende Abtretungsvertrag geschlossen worden ist. Vor dem Insolvenzverwalter oder den Gläubigern des Zedenten gebührt dem Recht des Zessionars an der abgetretenen Forderung ein Vorrang, sofern die Forderung vor der Einleitung des entsprechenden Verfahrens abgetreten worden ist. Ebenso wie in Art. 2 ZessÜ-Anhang ist damit der 36 Jede Person kann die Eintragungen in dem Register auf Grund der Identität des Zedenten abfragen (Art. 5 Abs. 1 ZessÜ-Anhang). 37 D.h. es kommt nicht darauf an, ob jemand die Angaben tatsächlich nicht gefunden hat. Vgl. Art. 4 Abs. 6 ZessÜ-Anhang: „would result" und Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 80: „... even if no one was actually misled." 38 Somit bestehen nach dem ZessÜ drei Möglichkeiten im Zusammenhang mit dem Registersystem: ein Staat kann erklären, dass für ihn das Registermodell unter Nutzung des internationalen (Art. 42 Abs. 1 lit. a ZessÜ) oder seines nationalen Registersystems (Art. 42 Abs. 1 lit. b ZessÜ) verbindlich ist. Ein Staat kann ohne eine verbindliche Erklärung das internationale Registersystem des ZessÜ nutzen (Art. 42 Abs. 4 ZessÜ).

4. Kapitel: Sachrechtliche

Vorschriften

über die Priorität

nach dem ZessÜ

525

Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages gemeint. Daher sind auch vor der Einleitung des Verfahrens abgetretene Forderungen, die erst nach der Eröffnung des Verfahrens entstehen (Abtretung zukünftiger Forderungen) oder deren Gegenleistung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht erbracht ist, vorrangig dem Zessionar „zuzuordnen". 39 Wann ein Abtretungsvertrag als abgeschlossen gilt, folgt nicht aus dem ZessÜ; der Abschlusszeitpunkt ist daher nach dem auf den Abtretungsvertrag jeweils anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen. Nach Art. 8 ZessÜ-Anhang ist für den Nachweis des Abschlusszeitpunktes des Abtretungsvertrages jedes Beweismittel, einschließlich des Zeugenbeweises, zulässig. Wer im konkreten Fall die Beweislast trägt, folgt jedoch aus dem nationalen Recht, da das ZessÜ keine Verteilung der Beweislast vor40 nimmt.

C. Rangvorschriften auf Grund der Abtretungsanzeige Ansatzpunkt für das dritte Modell zur Lösung von Prioritätskonflikten ist die Anzeige der Abtretung an den Schuldner. 41 Zwischen konkurrierenden Zessionaren bestimmt sich der Rang des Rechts an der abgetretenen Forderung nach der Reihenfolge, in welcher der Schuldner die Anzeige der betreffenden Abtretung empfängt. Allerdings kann ein Zessionar durch eine Anzeige keinen Vorrang vor einer früheren Abtretung erwerben, sofern er bei Abschluss des Abtretungsvertrages von dieser früheren Abtretung Kenntnis hatte (Art. 9 ZessÜ-Anhang). Gegenüber einem Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger des Zedenten kommt dem Recht des Zessionars an der abgetretenen Forderung ein Vorrang zu, wenn vor der Einleitung des entsprechenden Verfahrens 42 sowohl die Forderung abgetre-

39 Vgl. in diesem Zusammenhang Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 1998, 315 (350), der darauf hinweist, dass diese Lösung einigen Rechtsordnungen widerspricht. 40 Ebenso Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 184. 41 Dieses Modell hat erst in der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe Aufnahme in den Anhang gefunden und war während der UNCITRAL-Sitzung in Frage gestellt worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 139, 166; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 113. Dies ist m.E. bemerkenswert, da dieses Modell in den romanischen Rechtsordnungen vorherrschend und nach Angaben von Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrecht im internationalen Rechtsverkehr 666, das am weitest verbreitetste Modell ist. 42 Ein Insolvenzverfahren oder die Pfändung oder ein gerichtlicher oder ähnlicher Akt.

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6. Teil: Mit dem Zessionar konkurrierende

Berechtigte

ten 43 wurde als auch der Schuldner die Abtretungsanzeige 44 empfangen hat (Art. 10 ZessÜ-Anhang). Den im Übereinkommen und im Anhang zum Übereinkommen verwendeten Begriffen ist dieselbe Bedeutung beizumessen. Für die Auslegung des Begriffes „Anzeige" ist somit Art. 5 lit. d 45 i.V.m. Art. 16 ZessÜ maßgebend. Eine wirksame Anzeige i.S.d. Art. 9 und 10 ZessÜ-Anhang liegt daher nur vor, sofern sie in einer Sprache verfasst ist, von welcher vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie den Schuldner über ihren Inhalt in Kenntnis setzt. Eine Definition des Begriffes „Abtretungsanzeige" nach dem Recht des Staates, in dem der Zedent oder der Schuldner 46 niedergelassen ist, kommt m.E. daher nicht in Betracht. Dies folgt bereits aus dem Zusammenwirken der Vorschriften des Anhanges mit Art. 22 ZessÜ. Optiert ein Staat für ein bestimmtes Modell des Anhanges, so stellen die gewählten Vorschriften das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende Recht dar. Dieses ist mit Ausnahme der im ZessÜ an anderer Stelle geregelten Fälle (und vorbehaltlich Art. 23 und 24 ZessÜ) für Vorrangfragen maßgeblich. Die Anzeige ist ein „an anderer Stelle geregelter Fall", nämlich in Art. 5 lit. d und 16 ZessÜ. Ebenso ist eine einheitliche Auslegung des Begriffes „Empfang" der Abtretungsanzeige vorzunehmen. Das ZessÜ regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen eine Anzeige als an den Schuldner zugegangen gilt. Nach der Ansicht der Verfasser ist der Zeitpunkt des Zuganges nach dem außerhalb des ZessÜ jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen. 47 M.E. ist eine konventionsübergreifende einheitliche Interpretation (vor allem) unter Berücksichtigung des Art. 24 CISG dem jeweils anwendbaren (unvereinheitlichten) nationalen Recht vorzuziehen, denn dadurch kann

43 Maßgeblich ist wie nach Art. 2 und 7 ZessÜ-Anhang der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages. 44 Eine Abtretungsanzeige kann sich gemäß Art. 16 Abs. 2 ZessÜ auf Forderungen beziehen, die nach der Anzeige entstehen. 45 Nach der Legaldefinition des Art. 5 lit. d ZessÜ bedeutet „Anzeige der Abtretung" eine schriftliche Mitteilung, welche die abgetretene Forderung und den Zessionar hinreichend identifiziert. 46 So aber Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 167. Ein Rückgriff auf das nationale Recht des Schuldnerstaates würde aber im Ergebnis den Effekt der Vereinheitlichung reduzieren. Einen diesbezüglichen Rückgriff auf das nationale Recht lehnt auch Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (316) ab, da sie anführt, dass sich diese Lösungsmöglichkeit von Prioritätskonflikten an das französische Recht anlehne, „freilich mit Ausnahme der besonderen formalen Anforderungen, die Art. 1690 Code civil an eine wirksame Schuldnerbenachrichtigung stellt." 47 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 2.

4. Kapitel: Sachrechtliche

Vorschriften

über die Priorität

nach dem ZessÜ

Sil

eine Zersplitterung der in verschiedenen einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen verwendeten einheitlichen Begriffe 48 vermieden werden.

D. Kombination von Rangvorschriften Art. 42 Abs. 1 lit. e ZessÜ räumt den Staaten die Möglichkeit ein, die Erklärung abzugeben, dass für sie die in den Art. 7 und 9 ZessÜ-Anhang normierten Prioritätsvorschriften verbindlich sind. Für den Rang zwischen mehreren Zessionaren ist demnach der Empfang der betreffenden Abtretungsanzeige durch den Schuldner maßgebend (Art. 9 ZessÜ-Anhang), für den Vorrang des Rechts des Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter oder den Gläubigern des Zedenten hingegen die Abtretung der Forderung (der Abschluss des Abtretungsvertrages) vor der Einleitung des entsprechenden Verfahrens (Art. 7 ZessÜAnhang). 49

48

Das CISG und das ZessÜ verwenden nicht wörtlich gleiche Begriffe, jedoch ist in beiden Fällen das Zugangsprinzip gemeint. Vgl. Art. 24 CISG („reaches") und Art. 16 Abs. 1 ZessÜ („received"). 49 Diese Kombination ist in einigen Rechtsordnungen üblich. Vgl. zur Entstehung Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 166 und 168; Bericht der Redaktionsgruppe, UN Doc. A/CN.9/XXXIV/CRP.2/Add.2, Annex to the draft convention Art. 9; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 114, 115.

5. Kapitel

Sachrechtliche Vorschriften über die Priorität nach den PECL und UNIDROIT-Principles I.

Rangvorschriften nach den PECL

Das Rangverhältnis zwischen dem neuen Gläubiger und konkurrierenden Gläubigern wird im 4. Abschnitt des 11. Kapitels der PECL geregelt. Die Vorschriften bestimmen den Vorrang bei einer Mehrfachabtretung, den Vorrang gegenüber Gläubigern des Zedenten und den Vorrang des Zessionars gegenüber dem Insolvenzverwalter. Die PECL betrachten eine Mehrfachabtretung nicht unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit einer Abtretung, sondern als Frage des Vorranges. 1 Demjenigen Gläubiger, dessen Abtretung dem Schuldner als erste mitgeteilt wird, sei es vom Zedenten oder Zessionar, gebührt der Vorrang vor jedem früheren Gläubiger, sofern er zum Zeitpunkt der späteren Abtretung von einer früheren Abtretung weder wusste noch wissen musste (Art. 11:401 Abs. 1 PECL). Erfolgt keine Abtretungsanzeige, so kommt dem ersten Zessionar der Vorrang vor den früheren Gläubigern zu (Art. 11:401 Abs. 2 PECL). Im Unterschied zu den PECL stellt Art. 9 ZessÜ-Anhang bei einer Mehrfachabtretung lediglich auf die positive Kenntnis des Zessionars über eine bereits vorangehende Abtretung derselben Forderung ab. Nach Art. 11:401 Abs. 1 PECL gebührt jedoch nicht nur bei positiver Kenntnis des Zessionars kein Vorrang, sondern auch dann nicht, wenn dieser von der früheren Abtretung Kenntnis hätte haben müssen. Diese Formulierung lässt auf eine Nachforschungspflicht des Zessionars bei Verdacht über eine vorangehende Abtretung schließen. Dies kann auch mit Art. 11:304 PECL begründet werden. Die Formulierung „sofern er nicht hätte erkennen können" ist statt der Formulierung „sofern er nicht hätte wissen müssen" gewählt worden, um klar zum Ausdruck zu bringen, dass der Schuldner nicht zu Nachforschungen verpflichtet ist. 2

1 2

Lando u.a., PECL III, 121 f A. [= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 701 A. Lando u.a., PECL III, 114 (= von Bar/Zimmermann, Grundregeln III, 6 9 2 ) .

5. Kapitel: Priorität

nach den PECL und

UNIDROIT-Principles

529

Gegenüber einem Pfändungsgläubiger (Gläubiger des Zedenten) räumt Art. 11:401 Abs. 3 PECL dem Zessionar Vorrang ein, wenn die Forderung wirksam abgetreten wurde, bevor die Pfändung erfolgte. Wann eine Abtretung wirksam wird, bestimmt Art. 11:202 PECL. Art. 11:401 Abs. 3 PECL entspricht Art. 7 ZessÜ-Anhang, da auch dieser von einer wirksamen Abtretung ausgeht, 3 wobei dass ZessÜ jedoch keine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt enthält. Aus Art. 16 Abs. 2 ZessÜ folgt, dass die Abtretung einer zukünftigen Forderung vom Entstehen dieser Forderung abhängig ist, aus Art. 14 Abs. 1 ZessÜ, dass eine Abtretung mit Abschluss des Abtretungsvertrages wirksam wird. Im Fall einer Insolvenz gebührt dem Zessionar der Vorrang an dem abgetretenen Anspruch (Art. 11:401 Abs. 4 PECL). Daraus folgt, dass die Abtretung spätestens zu einem Zeitpunkt erfolgen muss, in dem der Zedent noch frei über sein Vermögen verfügen kann (d.h. in der Regel vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens). In bestimmten, in Art. 11:401 lit. a 4 , lit. b 5 und lit. c 6 PECL genannten Fällen geht jedoch das auf die Insolvenz anwendbare Recht der PECL-Vorrangregel vor.

II. Rangvorschrift nach den UNIDROIT-Principles Die UNIDROIT-Principles enthalten eine Vorschrift über die befreiende Leistung des Schuldners im Fall einer Mehrfachabtretung derselben Forderung durch den Zessionar. Bei einer Mehrfachabtretung wird der Schuldner durch Zahlung befreit, wenn er entsprechend der ersten Abtretungsanzeige leistet. Art. 9.1.11 UNIDROIT-Principles befindet sich zwischen zwei Schuldnerschutzbestimmungen. Eine systematische Interpretation ergibt, dass es sich dabei um eine Schuldnerschutzvorschrift handelt. Gleichwohl stellt diese Vorschrift nach Ansicht der Verfasser (auch) eine Vorrangregel dar. 7 Der Vorrang gebührt jenem Zessionar, welcher als erster die Abtretung anzeigt. Bemerkenswert ist, dass auf eine Unkenntnis des Zessionars über eine frühere Abtretung nicht abgestellt und deshalb auch kein dafür maßgebender Zeitpunkt festgelegt wird. 8 3 Aus den Materialien zu Art 17 ZessÜ folgt, dass unwirksame Abtretungen nicht vom ZessÜ erfasst werden. S. dazu 5. Teil, 3. Kapitel, I.D. 4 Vgl. in diesem Zusammenhang für das ZessÜ 6. Teil, 2. Kapitel. 5 Vgl. in diesem Zusammenhang für das ZessÜ 6. Teil, 2. Kapitel, III.B. 6 Mit Ausnahme von Art. 23 Abs. 3 ZessÜ erfasst das ZessÜ keine insolvenzrechtlichen Fragestellungen. 7 S. Kommentar Nr. 1 zu Art. 9.1.11 UNIDROIT-Principles („Priority of first notice") und Kommentar Nr. 3 zu Art. 9.1.15 UNIDROIT-Principles („...the second assignee may prevail over the first one if it gives earlier notice to the obligee."). 8 Vgl. dagegen Art. 11:401 Abs. 1 lit. a PECL und Art. 9 Satz 2 ZessÜ-Anhang.

6. Kapitel Wertung

Ausgehend von der Bedeutung einer Vorrangregelung im Bereich der Forderungsabtretung im Allgemeinen 1 und im Rahmen der internationalen Forderungsabtretung zum Zweck der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung im Besonderen, wäre der durch das ZessÜ angestrebte Vereinheitlichungseffekt wesentlich größer, würde das ZessÜ sachrechtliche Vorschriften über die Priorität enthalten. Auch gemessen am Ziel und Zweck des ZessÜ, der Förderung der Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen, wäre die Einigung auf eine Vorrangregelung erforderlich gewesen. Eine Einigung auf sachrechtliche Vorschriften, die „zwingender" Bestandteil des ZessÜ wären, ist jedoch - ebenso wie bei den Verhandlungen zum FactÜ - nicht erzielt worden. Die fehlende Einigung ist (auch) vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine sachrechtliche Regelung des Vorranges des Zessionars gegenüber Gläubigern des Zedenten oder gegenüber dem Insolvenzverwalter des Zedenten nicht losgelöst vom Exekutionsrecht und Insolvenzrecht entschieden werden kann. Diesem Umstand trägt das ZessÜ im Art. 23 Abs. 3 ZessÜ Rechnung, wobei insolvenzrechtliche Fragen grundsätzlich nicht nach dem ZessÜ zu beurteilen sind. Ob eine Forderungsabtretung den Bedingungen des Insolvenzrechts entspricht, ist daher nach dem Recht des Staates, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird, zu beurteilen. Eine sachrechtliche Vorrangregelung nur für den Fall einer Mehrfachzession durch denselben Zedenten als „sachrechtliche Minimallösung" unter Außerachtlassung der Vorrangfrage im Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Insolvenzverwalter bzw. den Gläubigern des Zedenten ist, soweit ersichtlich, nicht diskutiert worden. Die Diskussion fand m.E. aus gutem Grund nicht statt, insbesondere wenn man bedenkt, dass in der Praxis Fragen des Vorranges gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern des Zedenten wesentlich häufiger eine Rolle spielen als bei einer Mehrfachabtretung. 2 1 Horn in FS Wiegand 373 (382) bezeichnet sie treffend als „Test für die Tauglichkeit des Zessionsrechts". 2 S. etwa Kuhn in FS Siehr 93 (100); derselbe, SZW/RSDA 3/2002, 129 (136); Wöber in UN-Abtretungsübereinkommen 59 (63).

6. Kapitel:

Wertung

531

Vor dem Hintergrund, dass sich die Verfasser des FactÜ weder auf sachrechtliche noch auf kollisionsrechtliche Rangvorschriften einigen konnten, ist die Verabschiedung einer einheitlichen kollisionsrechtlichen Vorschrift im Rahmen des ZessÜ als Fortschritt zu werten. 3 Art. 22 ZessÜ ermöglicht zwar die rasche Bestimmung, welches nationale Recht zur Anwendung gelangen soll, mit der inhaltlichen Feststellung sind aber dennoch wieder Kosten verbunden. 4 Jedoch stellt das ZessÜ durch die Vorschrift des Art. 22 ZessÜ sicher, dass für alle konkurrierenden Berechtigten dieselbe Rechtsordnung maßgeblich ist. Insgesamt kann daher in Art. 22 ZessÜ ein erster Schritt zur Vereinheitlichung der Prioritätenfrage gesehen werden. 5 Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass in den Vertragsstaaten des EVÜ hinsichtlich der Anknüpfungsmerkmale für die Bestimmung des jeweils anwendbaren nationalen Rechts keine einheitliche Auffassung besteht. Dennoch stellt eine Einigung auf eine kollisionsrechtliche Vorschrift nur die zweitbeste Lösung dar, da selbst eine vereinheitliche IPR-Vorschrift zur Anwendung unvereinheitlichten Rechts führt, welches in der Regel für innerstaatliche Sachverhalte konzipiert ist. 6 Die im Anhang angeführten Regelwerke entsprechen im Grunde jenen Regelungen von Prioritätskonflikten, die jeweils am häufigsten in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen vorzufinden sind. 7 Die Aufnahme der einzelnen Regelwerke (Modelle) als Anhang zum ZessÜ ist grundsätzlich als positiv zu bewerten. Zu kritisieren ist jedoch die Möglichkeit der Staaten, sofern sie sich für ein bestimmtes Regelwerk entscheiden, die gewählten Prioritätsvorschriften auf bestimmte Arten von Abtretungen oder die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen überhaupt nicht (Art. 42 Abs. 5 lit. a ZessÜ) oder nur mit bestimmten Änderungen anzuwenden (Art. 42 Abs. 5 lit. b ZessÜ). Dies birgt eine Gefahr der Rechtszersplitterung sowie Rechtsunsicherheit in sich und stellt insoweit einen Rückschritt in Bezug auf die durch den Anhang bezweckte Rechtsverein3 Stoll in FS Sonnenberger 695 (700) bezeichnet Art. 22 ZessÜ als „die wichtigste Bestimmung des Übereinkommens." 4 Ebenso Trager, N.Y.U.J. Int'l L. & Pol. 1999, 611 (631). 5 S. hingegen Deschamps, The Priority Rules of the United Nations Receivables Convention, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 389 (391): „The Convention therefore is a milestone in the development of international commercial law, as it permits an easy determination of the body of rules to be used to solve priority conflicts."; Kieninger/E. Schütze, ZIP 2003, 2181 (2184); kritischer etwa Kuhn, SZW 2002, 129 (142); Danielewsky/Lehmann, WM 2003, 221 (230); 6 Vgl. dazu Goode in Commercial and Consumer Law 3 (20 f.). 7 Dabei ist bemerkenswert, dass jenes Modell, welches insbesondere in den romanischen Rechtsordnungen anzutreffen ist (maßgeblich ist der Zeitpunkt der Abtretungsanzeige), erst am Ende der Verhandlungen in den Anhang aufgenommen worden ist. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 139, 166; Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UNDoc. AJ56/Ì7, Rn. 113.

532

6. Teil: Mit dem Zessionar

konkurrierende

Berechtigte

heitlichung dar, zumal für die ausgenommenen Abtretungen bzw. Forderungen wiederum auf Art. 22 ZessÜ zu greifen ist. Sofern die Staaten von der Optionsmöglichkeit (überhaupt) Gebrauch machen werden, können die Optionen der einzelnen Staaten als Entscheidungshilfe bei der Verabschiedung eines einzigen Modells für die Lösung von Prioritätskonflikten dienen, sobald die Bereitschaft der Staaten dazu besteht. Bei einer forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung ist die Möglichkeit der Einschätzung des Finanzierungsrisikos für den Zessionar von großer Bedeutung. Diese Vorhersehbarkeit wird im Hinblick auf den Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung von den im Anhang zum ZessÜ angeführten Regelwerken m.E. am besten durch das Registersystem erreicht. Daher würde ein internationales Registersystem das derzeit jedoch noch nicht besteht - den beteiligten Parteien die höchste Rechtssicherheit gewähren, welche eine wesentliche Voraussetzung für die Förderung des internationalen Handels ist. 8

8 Zu den Pro-Argumenten für die Einrichtung eines Registersystems s. etwa Eidenmüller, AcP 2004, 457 (477 ff.), Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 205 f.

7. Teil Die Abtretung im Internationalen Privatrecht

1. K a p i t e l

Einleitung Das ZessÜ und das FactÜ stellen internationales Einheitsprivatrecht für bestimmte Forderungsabtretungen dar und gehen in ihrem Anwendungsbereich unvereinheitlichtem nationalem Sachrecht der einzelnen Vertragsstaaten vor. Jedoch regeln weder das ZessÜ noch das FactÜ die rechtsgeschäftliche Abtretung umfassend, sondern beschränken sich auf ausgewählte Fragen, welchen nach Ansicht der Verfasser bei einer internationalen Forderungsabtretung bzw. im internationalen Factoring besondere Bedeutung zukommt. Soweit vereinheitlichte Sachvorschriften fehlen, ist daher ein Rückgriff auf das jeweils subsidiär anwendbare, in der Regel unvereinheitlichte nationale Recht erforderlich. Die Bestimmung des im Einzelfall maßgebenden Sachrechts erfolgt mithilfe kollisionsrechtlicher Vorschriften. Der diesbezüglich vom ZessÜ gewählte Ausgangspunkt weicht von jenem des FactÜ ab, da das ZessÜ im Gegensatz zum FactÜ eigene kollisionsrechtliche Vorschriften für die Forderungsabtretung enthält, die im Anwendungsbereich des ZessÜ den (anderenfalls) anwendbaren vereinheitlichten oder unvereinheitlichten kollisionsrechtlichen Vorschriften des Forumstaates mangels opting out Erklärung (Art. 39 ZessÜ) vorgehen. Da jedoch das ZessÜ keinen „umfassenden Katalog" an Verweisungsnormen enthält, wird durch die kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ ein Rückgriff auf das IPR des Forumstaates nicht zur Gänze entbehrlich. Ist hingegen ein Fall nach den sachrechtlichen Vorschriften des FactÜ zu beurteilen, so erfolgt für nicht vom FactÜ geregelte Fragen die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts sogleich nach den (vereinheitlichten oder unvereinheitlichten) kollisionsrechtlichen Vorschriften des Forumstaates. 1

' Stellt die abgetretene Forderung eine Kaufpreisforderung dar, die aus einem Vertrag herrührt, der dem CISG unterliegt, so bleibt für diese Forderung, soweit das CISG Regelungen enthält, dieses maßgebend. Davon ist jedoch die Frage zu trennen, ob das CISG die Voraussetzungen, die Wirksamkeit und die Folgen der Abtretung einer Kaufpreisforderung regelt. Dies ist nach h.A. (vgl. statt vieler Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 4 CISG Rn. 38) zu verneinen. Soweit nicht das FactÜ oder das ZessÜ zu berücksichtigen sind, ist das jeweils anwendbare Recht nach dem IPR des Gerichtsstaates zu bestimmen. A.A. Buchta, Die Forderungsabtretung im Einheitlichen Kaufrecht (1997) 23 ff., 101 ff., nach dem im Interesse einer einheitlichen Bestimmung eines ergänzenden

536

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Das Gericht eines EVÜ-Vertragsstaates würde somit in erster Linie Art. 12 EVÜ heranziehen. Eine Forderung stellt einen Vermögenswert dar, der durch eine rechtsgeschäftliche Abtretung vom Vermögen des Zedenten in jenes des Zessionars übertragen werden kann (Änderung der Rechtszuständigkeit). Eine Abtretung enthält somit sowohl eine schuldrechtliche als auch eine sachenrechtliche Komponente. Darüber hinaus kann die Übertragung einer Forderung sowohl auf Seiten des Zedenten als auch auf Seiten des Zessionars das Vermögenswerte Interesse dritter Personen berühren (z.B. Gläubiger oder Masseverwalter des Zedenten oder des Zessionars). Für eine kollisionsrechtliche Anknüpfung einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung sind daher mehrere rechtliche Beziehungsverhältnisse voneinander zu trennen: 1.) Das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, welches sich wiederum in eine Verpflichtung und eine Verfügung aufgliedert: einerseits in das Rechtsgeschäft, durch welches sich der Zedent schuldrechtlich verpflichtet, eine Forderung auf den Zessionar zu übertragen (causa cessionis, Verpflichtungsgeschäft), und andererseits in das Rechtsgeschäft, durch welches die Forderung sachenrechtlich vom Zedenten auf den Zessionar übergehen soll (Verfügungsgeschäft); 2.) das schuldrechtliche Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Schuldner (Grundgeschäft), da die daraus resultierende Forderung den Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung bildet; 3.) die Rechtsbeziehung zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, die durch die Forderungsabtretung begründet wird und 4.) das Verhältnis zwischen dem Zessionar und Dritten, beispielsweise weiteren Zessionaren im Fall einer Mehrfachzession, Gläubigern des Zedenten oder dem Masseverwalter des Zedenten, die ebenfalls einen Anspruch auf die Forderung erheben könnten. Die Abtretung als Übertragungsakt eines subjektiven Rechts (Forderung) ist mit der Eigentumsübertragung vergleichbar. 2 Für das Verständnis Vertragsstatuts anhand der Grundsätze des Einheitsrechts an die Niederlassung des Verkäufers als Erfüllungsort für die Kaufpreisverpflichtung anzuknüpfen ist. 2 Ebenso Rüegsegger, Die Abtretung im Internationalen Privatrecht auf rechtsvergleichender Grundlage (1973) 22. Nach § 1392 ABGB stellt die Abtretung eine Übertragung einer Forderung vom bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger dar. Nach den §§ 353 i.V.m. 285 ABGB sind alle körperlichen und unkörperlichen Sachen Gegenstand des Eigentumsrechts, weshalb Eigentum grundsätzlich auch an Forderungen bestehen könnte. Da jedoch die Vorschriften über das Eigentum auf körperliche Sachen zugeschnitten sind, können Gegenstand des „Eigentumsrechts im engeren Sinn" nur körperliche Sachen sein. Ein „Eigentum an Forderungsrechten" kann nur als „Eigentumsrecht im weiteren Sinn" („Vermögenszuständigkeit") verstanden werden, weshalb der Begriff „Rechtszuständigkeit" zu verwenden ist, sofern zum Ausdruck gebracht werden soll, dass

1. Kapitel:

Einleitung

537

der kollisionsrechtlichen Anknüpfung einer Abtretung ist es von Vorteil, die unterschiedliche Ausgestaltung der rechtsgeschäftlichen Übertragung einer Forderung in den einzelnen Rechtsordnungen im Blickfeld zu behalten. Als Beispiel soll die Regelung der Forderungsabtretung im österreichischen und deutschen sowie im französischen Recht kurz dargestellt werden. Nach österreichischem und deutschem Recht ist die Abtretung eine Verfügung, d.h. ein Rechtsgeschäft, durch welches eine Forderung vom Zedenten auf den Zessionar übertragen wird; es findet ein Wechsel in der Person des berechtigten Subjektes statt. Vom Verfügungsgeschäft ist das Verpflichtungsgeschäft zu trennen, welches den Rechtsgrund (causa cessionis) der Verfügung umfasst. Als Verpflichtungsgeschäft kommen insbesondere ein Kaufvertrag, ein Gesellschaftsvertrag oder eine Sicherungsabrede in Betracht. Das österreichische und das deutsche Recht verfolgen somit das Trennungsprinzip. Darüber hinaus ist ein weiterer Unterschied zu beachten. Je nachdem, für welche rechtstechnische Gestaltung der nationalen Rechtsordnung sich die Verfasser entschieden haben, kann das Verfügungsgeschäft vom Rechtsgrund abhängig (kausales Traditionsprinzip) oder unabhängig (abstraktes Traditionsprinzip) sein. Nach deutschem Recht ist die Abtretung ein abstraktes Rechtsgeschäft und deshalb grundsätzlich auch gültig, wenn kein gültiges Kausalgeschäft (Verpflichtungsgeschäft) vorliegt. 3 Nach österreichischem Recht hingegen ist die Abtretung ein kausales Verfügungsgeschäft, dessen Gültigkeit ein gültiges Verpflichtungsgeschäft voraussetzt. 4 Dem französischen Recht liegt - der romanischen Tradition entsprechend - ein anderes System zugrunde. Es findet keine strikte Differenzierung zwischen einem Verpflichtungsgeschäft und einem Verfügungsgeschäft statt. Die Forderung geht durch bloße Willensübereinstimmung der das Forderungsrecht einer bestimmten Person zusteht. Vgl. statt vieler Klang in Klang II 130 f.; Koziol, Beeinträchtigung 143 ff.; Spielbüchler in Rummel I3 § 353 Rz. 1; § 354 Rz. 1; /ro, Sachenrecht 2 Rz. 1/2; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I 12 , 84, 260 f. 3 BGB § 398 Rn. 27; G. Roth in MünchKomm Vgl. z. B. Rohe in Bamberger/Roth BGB 4 § 398 Rn. 25; Busche in Staudinger Einl zu §§ 398 ff. Rn. 20. 4 Vgl. Ertl in Rummel II/3 3 § 1392 Rz. 1 m.w.N. S. jedoch Ehrenzweig, System II/l 2 , 258: „Dem übernommenen Schuldner gegenüber ist die Abtretung gleichwohl in der Regel ein abstraktes Geschäft.", weshalb zwischen dem kausalen Innen- und dem abstrakten Außenverhältnis zu unterscheiden sei. Ihm folgend Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil 2 , 178. Bejaht man mit der h.A. (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II12, 118; Ertl in Rummel II/3 3 § 1396 Rz. 1 m.w.N.) die Zulässigkeit der Einwendung der Unwirksamkeit des Grundgeschäftes (Titels), so wird der Unterschied zwischen einer „im Außenverhältnis" abstrakten Zession des ABGB und einer „echten" abstrakten Zession erkennbar, denn der Schuldner kann mit der Einwendung, dass der Zession kein Titel zugrunde liegt, zu Recht die Zahlung gegenüber dem Zessionar verweigern. Vgl. auch Rahmatian, Bereicherungsausgleich 51 f.

538

7. Teil: Die Abtretung im Internationalen

Privatrecht

Parteien des Verpflichtungsgeschäftes auf den Zessionar über (Konsensoder Vertragsprinzip). Das Verpflichtungsgeschäft und die Verfügung bilden eine Einheit, zumal das Verpflichtungsgeschäft als causa cessionis die Abtretung einschließt. Die Abtretung ist somit notwendigerweise ein kausales Geschäft, da der Rechtsübergang von der Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäftes abhängig ist. Wird beispielsweise eine Forderung verkauft, 5 so ist nach österreichischem Recht der Verkäufer (Zedent) aus dem Kaufvertrag verpflichtet, die Kaufpreisforderung durch Abtretung an den Käufer (Zessionar) zu übertragen. Nach französischem Recht ist eine solche Übertragung als eigenes Rechtsgeschäft nicht erforderlich (und möglich), da bereits dem Kaufvertrag eine übertragende Wirkung innewohnt. Nach beiden Rechtsordnungen ist jedoch die Übertragung nicht wirksam, sofern der Kaufvertrag ungültig ist. Abhängig von der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung der Abtretung ist der Blickwinkel, aus dem die Übertragung einer Forderung betrachtet wird, ein anderer. Beim Trennungsprinzip erfolgt eine Differenzierung zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft, mit der wesentlichen Rechtsfolge, dass eine wirksame Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar erga omnes, d.h. auch gegenüber dem Schuldner und Dritten wirkt. Aus dem Konsensprinzip des französischen Rechts folgt hingegen eine Differenzierung zwischen dem Verhältnis Zedent - Zessionar sowie dem Verhältnis gegenüber dem Schuldner und Dritten, denn mit dem verpflichtenden Rechtsgeschäft geht die Forderung unmittelbar nur im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar über. Für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner und gegenüber Dritten bedarf es (grundsätzlich) einer Abtretungsanzeige („signification") oder einer Annahme der Abtretung durch den Schuldner in Form einer öffentlichen Urkunde („acceptation" ).6 D.h. eine Abtretung kann bereits vor ihrer Wirksamkeit gegenüber dem Schulder oder gegenüber Dritten eine (relative) Verfügungswirkung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar entfalten. Im Folgenden werden zunächst die Anknüpfungsregeln nach dem ZessÜ und anschließend nach Art. 12 EVÜ erörtert, um darzulegen, welches Statut für die genannten rechtlichen Beziehungsverhältnisse nach dem ZessÜ und nach Art. 12 EVÜ maßgebend ist. Art. 12 EVÜ wird aus drei Gründen in die Untersuchung einbezogen: Erstens umfasst das FactÜ, wie bereits erwähnt, ausschließlich sachrechtliche Vorschriften, weshalb für die Be5 Dieses Beispiel wird auch von Guldener, Zession, Legalzession und Subrogation im internationalen Privatrecht (1930) 1 f., gebildet. 6 Art. 1690 Code Civil; vgl. Ferid, Das Französische Zivilrecht I 568; Blaise/Desgorces in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 245 (248 f., 251).

1. Kapitel:

Einleitung

539

Stimmung des maßgebenden Rechts zur Lösung nicht vom FactÜ geregelter Fragen im Zusammenhang mit der Forderungsabtretung - aus österreichischer Sicht - in erster Linie Art. 12 EVÜ heranzuziehen ist. Zweitens hat Art. 12 EVÜ als Vorbild für die entsprechenden Vorschriften des ZessÜ gedient, und drittens enthält das ZessÜ eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Anknüpfung von Drittwirkungen einer Forderungsabtretung, was wiederum für die entsprechende Diskussion im Zusammenhang mit Art. 12 EVÜ berücksichtigt werden soll. Abschließend wird dargelegt, in welchem Verhältnis die Art. 27 bis 32 ZessÜ zum EVÜ, insbesondere Art. 12 EVÜ, stehen.

2. Kapitel

Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ I.

Anwendung von Kapitel V ZessÜ

Das ZessÜ enthält in Kapitel V kollisionsrechtliche Vorschriften (Art. 27 bis 32 ZessÜ), deren Anwendung Art. 26 ZessÜ 1 regelt. Die Art. 27 bis 32 ZessÜ stellen einen integralen Bestandteil des ZessÜ dar. Ein Staat kann jedoch jederzeit eine Erklärung abgeben, dass Kapitel V für ihn nicht verbindlich ist (opting out Erklärung gemäß Art. 39 ZessÜ). 2 Nach Art. 26 lit. a ZessÜ finden die kollisionsrechtlichen Vorschriften Anwendung auf Gegenstände, die nach Art. 1 Abs. 4 ZessÜ in den Geltungsbereich des ZessÜ fallen. Demnach sind die Art. 27 bis 32 ZessÜ selbst bei jenen Forderungsabtretungen zu beachten, die zwar dem Kriterium der Internationalität gemäß Art. 3 ZessÜ entsprechen 3 und nicht nach Art. 4 ZessÜ vom sachlichen Anwendungsbereich des ZessÜ ausgeschlossen sind, 4 jedoch nicht die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen 5 erfüllen. Für diese Forderungsabtretungen gelten zwar die kollisionsrechtlichen 1 Die A u f n a h m e einer die Anwendung der kollisionsrechtlichen Regeln normierenden Vorschrift in das ZessÜ ist erst während der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe beschlossen worden. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 73, 75. 2 Nach Ansicht von Brink, Uncitral Konvention 17, werden die kollisionsrechtlichen Vorschriften wohl nur von Entwicklungsländern akzeptiert werden, die ein derartiges internationales Privatrecht bis jetzt nicht kennen. 3 Der Vorschlag, für die kollisionsrechtlichen Vorschriften auch auf das Kriterium der Internationalität i.S.d. Art. 3 ZessÜ zu verzichten, um den Vertragsstaaten deren Anwendung zu ermöglichen, sofern die Abtretung irgendein internationales Element aufweist, hat keine Zustimmung gefunden. Vgl. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP. 104, Chapter V. Conflict of Laws Rn. 1 ff.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 72. 4 Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (297). Dies folgt klar aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 4 ZessÜ, der nur eine Ausnahme von den Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 1 bis 3 ZessÜ vorsieht, nicht jedoch von Art. 4 Abs. 1 und 2 ZessÜ. 5 Niederlassung des Zedenten in einem Vertragsstaat (Art. 1 Abs. 1 ZessÜ) bzw. - für die den Schuldner betreffenden Bestimmungen - Niederlassung des Schuldners in einem Vertragsstaat bzw. Maßgeblichkeit des Rechts eines Vertragsstaates f ü r den Grundvertrag (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ).

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften

des V. Kapitels des ZessÜ

541

Vorschriften des Kapitels V, allerdings nicht die Vorschriften über die Wirkungen einer Abtretung, das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, die rechtliche Stellung des Schuldners und Dritter. Die Art. 27 bis 32 ZessÜ stellen damit eine zweite Ebene der Rechtsvereinheitlichung dar und fungieren als eine Art „Mini IPR-Konvention". 6 Nach Art. 26 lit. b ZessÜ finden die Vorschriften des Kapitels V Anwendung auf Gegenstände, die „in anderer Weise" in den Geltungsbereich des ZessÜ fallen, jedoch in dem ZessÜ nicht an anderer Stelle geregelt sind. Mit dieser Formulierung ist Folgendes gemeint: Erfüllt die zu beurteilende Forderungsabtretung die sachlichen und räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ, 7 so gelten für diese Abtretung in erster Linie die Vorschriften des ZessÜ mit Ausnahme der in Kapitel V enthaltenen Vorschriften. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V können nur subsidiär zur Ergänzung der sachrechtlichen Vorschriften des ZessÜ herangezogen werden. 8 Beispiel: Die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars ergeben sich aus der zwischen ihnen bestehenden Vereinbarung (Art. 11 ZessÜ). Nach welchem Recht diese Vereinbarung zu beurteilen ist, folgt aus Art. 28 ZessÜ. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V können aber auch bei der Schließung von Lücken des ZessÜ verwendet werden. Nach Art. 7 Abs. 2 ZessÜ sind Fragen, die im ZessÜ geregelte Gegenstände betreffen, aber vom ZessÜ nicht ausdrücklich entschieden werden, nach den allgemeinen Grundsätzen des ZessÜ oder mangels solcher Grundsätze nach dem Recht zu entscheiden, auf welches das IPR des Forumstaates verweist. Ist der Forumstaat ein Vertragsstaat, so sind in erster Linie die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V als IPR-Vorschriften des Gerichtsstaates heranzuziehen. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ können somit zur Bestimmung des anwendbaren Rechts herangezogen werden, nach dem im ZessÜ geregelte, aber nicht entschiedene Gegenstände zu beurteilen sind, 9 sofern keine allgemeinen Grundsätze des ZessÜ für die Entscheidung vorhanden sind. 10

6 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 71; Bazinas, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2002, 49 (63). 7 Diese Forderungsabtretungen fallen „in anderer Weise" als nach Art. 1 Abs. 4 ZessÜ in den Anwendungsbereich des ZessÜ. 8 Dies folgt m.E. bereits aus dem allgemeinen Verhältnis zwischen einheitlichem Sachrecht und einheitlichen kollisionsrechtlichen Vorschriften, wurde jedoch von der Arbeitsgruppe ausdrücklich klargestellt; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 73 sowie Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/ WP.102, Art. 1 Rn. 19. 9 Ebenso Sigman/Smith, Bus. Law. 2002, 727 (760). 10 Ebenso Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (297).

542

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Grundsätzlich sind die „selbstständigen" Kollisionsregeln des ZessÜ nur anwendbar, sofern der Forumstaat ein Vertragsstaat ist, da die Bestimmungen des Kapitels V einen integralen Bestandteil des ZessÜ bilden. Dies wird durch die den Staaten eingeräumte Möglichkeit einer opting out Erklärung für Kapitel V (Art. 39 ZessÜ) bekräftigt. Die Art. 27 bis 32 ZessÜ können m.E. jedoch auch dann zur Anwendung gelangen, wenn die kollisionsrechtlichen Vorschriften eines Nichtvertragsstaates bei einer internationalen Abtretung oder der Abtretung einer internationalen Forderung, die nicht die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen des ZessÜ erfüllt, im Zuge einer Gesamtnormverweisung auf das Recht eines Vertragsstaates des ZessÜ verweisen, welcher keine opting out Erklärung gemäß Art. 39 ZessÜ abgegeben hat. Die Verabschiedung „selbstständiger" kollisionsrechtlicher Vorschriften war lange Zeit umstritten. 11 Die schlussendlich erfolgte Aufnahme in das ZessÜ ist m.E. zu begrüßen. Für bestimmte Fragen ist ein Rückgriff auf vereinheitlichtes Kollisionsrecht möglich, so dass derselbe Sachverhalt nach demselben nationalen Recht entschieden wird, wodurch ein internationaler Entscheidungseinklang herbeigeführt wird. Vertragsstaaten, die bereits über vereinheitlichte, jedoch den diesbezüglichen Vorschriften des ZessÜ widersprechende kollisionsrechtliche Vorschriften verfügen, können von der opting out Möglichkeit nach Art. 39 ZessÜ Gebrauch machen. Für andere Staaten jedoch stellt Kapitel V einen Vorteil gegenüber dem anderenfalls erforderlichen Rückgriff auf die unvereinheitlichten nationalen IPR-Vorschriften dar, die einzelne Fragen betreffend die Forderungsabtretung gegebenenfalls überhaupt nicht oder unterschiedlich regeln.

II. Form des Abtretungsvertrages Das ZessÜ enthält eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Form des Abtretungsvertrages, für welche Art. 9 EVÜ als Vorbild gedient hat, 12 wobei Art. 27 Abs. 1 ZessÜ der Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 EVÜ und Art. 27 Abs. 2 ZessÜ jener des Art. 9 Abs. 2 EVÜ entspricht. Da das ZessÜ keine 11 Vgl. zur Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 53 ff.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 68 ff.; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 145 ff. S. auch Trager, N.Y.U.J. Int'l L. & Pol. 1999, 611 (632 ff.). 12 Die Frage der Notwendigkeit einer kollisionsrechtlichen Vorschrift über die Form des Abtretungsvertrages ist erst in der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe aufgeworfen worden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/486, Rn. 76, 174. Der vom UNCITRAL-Sekretariat ausgearbeitete Vorschlag (s. Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/491, Rn. 21) ist angenommen worden; vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 51, 163 f.

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ

543

sachrechtliche Vorschrift über die Form des Abtretungsvertrages enthält, ist Art. 27 sowohl gemäß Art. 26 lit. a als auch lit. b ZessÜ zu beachten. 13 Art. 27 ZessÜ enthält keine Definition des Begriffes „Form" des Abtretungsvertrages, weshalb das Qualifikationsproblem von den Gerichten zu lösen sein wird. 14 Art. 27 ZessÜ sieht für die Form des Abtretungsvertrages eine alternative Anknüpfung an das Statut des Abtretungsvertrages oder an das Ortsrecht vor. Bei der Bestimmung des maßgebenden Ortsrechts ist zu unterscheiden, wo sich der Zedent und der Zessionar beim Vertragsabschluss befinden. Befinden sie sich im selben Staat, ist das maßgebende Ortsrecht jenes des Abschlussortes des Abtretungsvertrages (Art. 27 Abs. 1 ZessÜ). Befinden sich der Zedent und der Zessionar hingegen in unterschiedlichen Staaten, so ist der Abtretungsvertrag nach dem Ortsrecht formgültig, sofern er den Formvorschriften eines der Staaten entspricht, in welchen sich der Zedent und der Zessionar befinden (Art. 27 Abs. 2 ZessÜ). Art. 27 ZessÜ bezieht sich auf die Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar über den Übergang der Forderung (Abtretungsvertrag), somit das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Ob für die Drittwirksamkeit der Abtretung (dem Vorrang des Zessionars an der abgetretenen Forderung) Formerfordernisse zu beachten sind (s. Art. 5 lit. g letzter Hs. ZessÜ), ist jedoch gemäß Art. 22 ZessÜ nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 15

III. Rechte und Pflichten von Zedent und Zessionar A. Regelungsgegenstand Art. 28 ZessÜ bestimmt, welches Recht für die Beurteilung der wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars, die sich aus ihrer Vereinbarung ergeben, maßgebend ist. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars ergeben sich grundsätzlich aus dem der Forderungsabtretung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, beispielsweise dem Factoringvertrag, der Sicherungsabrede oder einer Fi13

Ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 236. Auf Grund der Vorbildwirkung ist gemäß einer konventionsübergreifenden Interpretation grundsätzlich Art. 9 EVÜ zu berücksichtigen. Art. 9 EVÜ enthält jedoch ebenfalls keine Legaldefinition des Begriffes Form; bei der Qualifikation einer Vorschrift als Formvorschrift ist der funktionelle Ansatz maßgebend; vgl. Heiss in Czernich/Heiss Art. 9 EVÜ Rz. 6 f. mit Beispielen; Kropholler, IPR 5 , 308. 15 Ebenso Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (193). 14

544

7. Teil: Die Abtretung im Internationalen

Privatrecht

n a n z i e r u n g s v e r e i n b a r u n g bei Projektfinanzierungen. D i e s e R e c h t e u n d P f l i c h t e n f o l g e n nicht aus d e m Abtretungsvertrag als s o l c h e m , da d i e s e r l e d i g l i c h auf die Übertragung der Forderung v o m Z e d e n t e n auf den Z e s s i onar abzielt. 1 6 D i e A r b e i t s g r u p p e vertrat w ä h r e n d der A u s a r b e i t u n g d e s Z e s s Ü d i e A n sicht, die V e r w e i s u n g d e s Art. 2 8 Z e s s Ü s o l l e nicht nur d i e vertraglichen A s p e k t e , sondern - beschränkt auf das R e c h t s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e m Z e denten und d e m Z e s s i o n a r - auch die s a c h e n r e c h t l i c h e n F o l g e n einer A b tretung e r f a s s e n . 1 7 M i t der b e s c h l o s s e n e n F o r m u l i e r u n g „aus ihrer V e r e i n barung sich e r g e b e n d e n w e c h s e l s e i t i g e n R e c h t e und P f l i c h t e n d e s Z e d e n ten und des Z e s s i o n a r s " soll klar z u m A u s d r u c k gebracht w e r d e n , 1 8 d a s s Art. 2 8 Z e s s Ü l e d i g l i c h d i e vertraglichen, s c h u l d r e c h t l i c h e n A s p e k t e der V e r e i n b a r u n g erfasst, 1 9 w i e b e i s p i e l s w e i s e 2 0 den A b s c h l u s s und d i e materielle Gültigkeit 2 1 der Vereinbarung, d i e A u s l e g u n g , d i e H a f t u n g d e s Z e d e n t e n für d i e f e h l e n d e Abtretbarkeit der Forderung, s e i n e H a f t u n g für das B e s t e h e n der Forderung s o w i e die Z a h l u n g s f ä h i g k e i t d e s S c h u l d n e r s o d e r d i e P f l i c h t d e s Z e s s i o n a r s , d e m Z e d e n t e n den z u g e s a g t e n Kredit o d e r K a u f p r e i s zu leisten. Fragen der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t oder der Stellvertretung b e t r e f f e n h i n g e g e n nicht die w e c h s e l s e i t i g e n R e c h t e und P f l i c h t e n d e s

16

Vgl. Kotz, Assignment, Int.Enc.Comp.L. VII - 13 Rn. 91: „In legal systems that attach great importance to the distinction between the agreement by which the contract right is transferred to the assignee, and the underlying sales agreement, security arrangement, or other obligational relationship between the parties ..., the latter agreement is obviously the source of the rights and duties of assignor and assignee." In den Materialien zu Art. 28 ZessÜ wird die von Kötz angesprochene Differenzierung nicht stets vorgenommen. Dies ist vor dem Hintergrund jener Rechtsordnungen verständlich, nach welchen die causa cessionis (das Verpflichtungsgeschäft) und der Abtretungsvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden. Zutreffend daher Krupski, Connecting Security Rights in Receivables - A Canadian Perspective on the Rome Convention, ERPL 2002, 739 (751): „... Article 28 (1) of the Receivables Convention, in which only the agreement to assign - not the assignment itself - is relevant." 17 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 191; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9PNG.II/WP.93, Art. 26 Rn. 2; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 60; zweifelnd an der Richtigkeit dieser Ansicht: Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.98, Art. 29; an der Ansicht festhaltend: Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/455, Rn. 82, 84. 18 Für den Meinungsumschwung innerhalb der Arbeitsgruppe finden sich in den Materialien, soweit ersichtlich, keine Anhaltspunkte. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/466, Rn. 151 und Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/470, Rn. 191. 19 Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 45: „... the purely contractual aspects of the contract of assignment." 20 Die folgenden Beispiele sind überwiegend dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 45 entnommen. 21 Für die Form des Abtretungsvertrages vgl. Art. 27 ZessÜ.

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ

545

Zedenten und des Zessionars, weshalb diese nicht nach Art. 28 ZessÜ anzuknüpfen sind.

B. Bestimmung des anzuwendenden Rechts 1.

Rechtswahl

Nach Art. 28 Abs. 1 ZessÜ unterliegen die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars aus ihrer Vereinbarung dem von ihnen gewählten Recht. Das ZessÜ räumt den Parteien die Möglichkeit einer Rechtswahl ein und anerkennt damit den Grundsatz der Parteiautonomie. Darüber hinaus enthält Art. 28 ZessÜ jedoch keine Bestimmungen über den Inhalt, den Umfang, den Zeitpunkt der Rechtswahl, ob diese nur ausdrücklich oder auch schlüssig erfolgen kann, oder ob eine Rechtswahl nachträglich geändert werden kann. 22 Diese Fragen sind, ebenso wie jene, ob die Parteien bei einem reinen Binnenfall 23 das Recht eines anderen Staates wirksam wählen können, nach den auf die konkrete Forderungsabtretung anwendbaren und durch die kollisionsrechtlichen Vorschriften des ZessÜ nicht verdrängten Verweisungsnormen des Forumstaates zu entscheiden. Dies gilt auch für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung. Aus Sicht der EVÜ-Vertragsstaaten ist Art. 3 EVÜ zu beachten. 2.

Grundsatz der engsten

Verbindung

Die Verfasser des ZessÜ sind von der Annahme ausgegangen, dass der Zedent und der Zessionar in der Regel eine Rechtswahl für ihre Vereinbarung treffen werden, so dass eine objektive Anknüpfung gemäß Art. 28 Abs. 2 ZessÜ die Ausnahme darstellen wird. 24 Mangels wirksamer Rechtswahl ist für die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des 22

In den einzelnen Entwürfen sind diese Fragen teilweise geregelt gewesen. Vgl. beispielsweise Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 194; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 61; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9AVG.il/WP.98, Art. 29; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 78, 84 f. 23 Eine nationale Abtretung einer nationalen Forderung kann als nachfolgende Abtretung gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b ZessÜ nach dem ZessÜ zu beurteilen sein. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften können nur gemäß Art. 26 lit. b ZessÜ zur Anwendung gelangen. Im Entwurf war eine Art. 3 Abs. 3 EVÜ entsprechende Bestimmung enthalten. Vgl. nur Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 77 Art. 28 Abs. 3. Bei einer Anwendung der kollisionsrechtlichen Bestimmungen gemäß Art. 26 lit. a ZessÜ kommt ein reiner Binnenfall von vornherein nicht in Betracht, da gemäß Art. 1 Abs. 4 ZessÜ ein internationales Element vorliegen muss. 24

Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add.l,

Rn. 46.

546

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Zessionars das Recht jenes Staates maßgebend, zu dem der Abtretungsvertrag die engste Verbindung aufweist. Eine Konkretisierung des Anknüpfungspunktes „engste Verbindung" nimmt Art. 28 Abs. 2 ZessÜ allerdings nicht vor. Zunächst war mangels (wirksamer) Rechtswahl eine vorrangige Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten vorgesehen. 25 Diese Anknüpfung ist jedoch von Beginn an mit dem Argument kritisiert worden, dass im Hinblick auf die unterschiedlichen Formen der forderungsgestützten Unternehmensfinanzierung eine Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten zu wenig flexibel sei und daher eine Anknüpfung an jenes Recht, zu dem der Abtretungsvertrag die engsten Verbindungen hat, zu bevorzugen sei. 26 Schließlich einigte sich die Arbeitsgruppe auf den Anknüpfungspunkt „engste Verbindung des Abtretungsvertrages 27 ", verbunden mit der widerlegbaren Vermutung, dass der Abtretungsvertrag die engste Verbindung zum Recht des Staates aufweist, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 28 Die widerlegbare Vermutung ist jedoch wieder gestrichen worden, da sie nach Ansicht der Arbeitsgruppe gegen allgemein anerkannte Regeln des IPR verstoßen und unnötig starr sein könnte. 29 Die Anknüpfung der wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des Zessionars an das Recht jenes Staates, zu dem der Abtretungsvertrag die engsten Verbindungen aufweist, kann zum Recht des Staates führen, in dem entweder der Zedent oder der Zessionar seine jeweilige Niederlassung hat, aber (wohl eher theoretisch) auch zum Recht eines dritten Staates. Grundsätzlich ist der Begriff der engsten Verbindung autonom 30 , d.h. aus sich selbst heraus, zu interpretieren. 31 Dabei ergibt eine historische Interpretation, 32 dass die Verfasser des ZessÜ den Begriff der engsten Verbindung mithilfe der charakteristischen Leistung i.S.d. Art. 4 EVÜ konkre-

25

Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 188. S. zur Diskussion Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 195; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 62 ff. 27 Zum Begriff „Abtretungsvertrag" im Zusammenhang mit Art. 28 ZessÜ s. 7. Teil, 2. Kapitel, III.A. 28 S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 64; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WP.96, Art. 29 Abs. 3. 29 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 78 f. 30 Vgl. Art. 7 Abs. 1 ZessÜ: Bei der Auslegung des ZessÜ ist (u.a.) der internationale Charakter des Übereinkommens zu berücksichtigen. 31 A.A. Kuhn in FS Siehr 93 (118), nach dessen Ansicht hinsichtlich der Konkretisierung des Grundsatzes der engsten Verbindung ein vom ZessÜ nicht geregelter Gegenstand vorliegt, weshalb die Konkretisierung mithilfe des Kollisionsrechts des Forums vorzunehmen sei. 32 Das Gebot der autonomen Auslegung ist bei Anwendung jeder Auslegungsmethode zu beachten. Vgl. nur Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 7 CISG Rn. 9. 26

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ

547

tisieren wollten. 33 Es ist daher für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen, ob im konkreten Fall der Zedent oder der Zessionar die charakteristische Leistung erbringt. 34 Liegt der Forderungsabtretung ein Kaufvertrag zugrunde (Forderungskauf), so erbringt der Zedent die charakteristische Leistung und die wechselseitigen Pflichten und Rechte sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 35 Bei Abtretungen im Rahmen eines Factoringvertrages 36 oder bei Abtretungen, die der Besicherung eines vom Zessionar an den Zedenten gewährten Kredites dienen, 37 erbringt hingegen der Zessionar die charakteristische Leistung, so dass die wechselseitigen Pflichten und Rechte nach dem Recht des Staates zu beurteilen sind, in dem der Zessionar seine Niederlassung hat.

C. Wertung Art. 28 ZessÜ spiegelt das Problem einer punktuellen Vereinheitlichung kollisionsrechtlicher Vorschriften, 38 welche sich auf die grundsätzliche Regelung ausgewählter Fragen betreffend die Forderungsabtretung beschränkt, wider. So ist bei der vom Zedenten und vom Zessionar vereinbarten Rechtswahl für Einzelfragen (z.B. Inhalt, Umfang und materielle Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung) stets ein Rückgriff auf das Kollisionsrecht des Gerichtsstaates erforderlich. Insbesondere ist jedoch die Ausgestaltung der objektiven Anknüpfung des Innenverhältnisses zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nach Art. 28 Abs. 2 ZessÜ zu kritisieren. Die Formulierung des Art. 28 Abs. 2 ZessÜ erfolgte unter der Annahme, 33 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/420, Rn. 196: a rule based on the notion of closest relationship ... along the lines adopted in the Rome Convention"; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 62; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 86: „... closely connected (i.e. to the law of the country where the party who was to effect the characteristic performance of the contract was located)". 34 Ist die Vereinbarung über die Forderungsabtretung Teil eines umfassenden Finanzierungsgeschäftes, so könnte dies zu Schwierigkeiten führen. Dies wird auch von den Verfassern zugestanden. Vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 192: „In complex financing transactions, however, ... the characteristic-performance test may not be as effective in determing the most closely connected law in any realistic sense". Allerdings wird sich gerade in solchen Fällen die Annahme der Verfasser als richtig erweisen, dass die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung für das gesamte Rechtsgeschäft treffen werden, so dass sich die mit einer objektiven Anknüpfung verbundenen Probleme nicht stellen werden. 35 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 192. 36 Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 196. 37 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 192. 38 Ebenso Kuhn in FS Siehr 93 (118) für die objektive Anknüpfung nach Art. 28 Abs. 2 ZessÜ.

548

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

dass die objektive Anknüpfung nur ausnahmsweise zur Bestimmung des anwendbaren Rechts erforderlich sein werde, da in der Praxis bei den vom ZessÜ erfassten Forderungsabtretungen stets Rechtswahlvereinbarungen getroffen werden. 39 Aber gerade wenn diese Annahme zutreffend ist, wäre eine detaillierte Bestimmung der objektiven Anknüpfung für derartige „Ausnahmefälle" aus Gründen der Vorhersehbarkeit und damit Rechtssicherheit von Vorteil gewesen. Eine Konkretisierung der engsten Verbindung durch eine widerlegbare Vermutung, nach welcher die engste Verbindung zum Recht jenes Staates besteht, in dem diejenige Vertragspartei ihre Niederlassung hat, welche die charakteristische Leistung erbringt, hätte die von den Verfassern gewünschte Flexibilität der Anknüpfung keinesfalls beeinträchtigt, da eine differenzierte Anknüpfung gemessen an der konkreten Vereinbarung möglich gewesen wäre. Ausgehend vom Wortlaut der objektiven Anknüpfung nach Art. 28 Abs. 2 ZessÜ besteht m.E. jedoch die Gefahr einer uneinheitlichen Konkretisierung des Anknüpfungspunktes „engste Verbindung" durch die Gerichte der einzelnen Vertragsstaaten, sofern ein Blick in die Materialien des ZessÜ unterbleiben wird.

IV. Verfügungsgeschäft Kapitel V des ZessÜ enthält keine eigene kollisionsrechtliche Vorschrift für die Bestimmung des auf die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar anwendbaren Rechts. Art. 28 ZessÜ betrifft die vertraglichen, schuldrechtlichen Aspekte der Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, Art. 29 ZessÜ erfasst ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zessionar. Das Fehlen einer ausdrücklichen Vorschrift verwundert, wenn man einerseits das Ziel der Konvention 40 und andererseits die den Verfassern des ZessÜ bekannte Diskussion um Art. 12 EVÜ bedenkt. Nach Ansicht von Walsh41 erfasst die Definition des Art. 5 lit. g ZessÜ nicht nur die Frage der Wirksamkeit gegenüber konkurrierenden Berechtigten, sondern auch die Verfügungswirkung einer Abtretung. Die Verfügung, d.h. ob ein vermögensrechtlicher Übergang der Forderung auf den Zessionar stattgefunden hat, sei daher nach dem Recht jenes Staates zu bestimmen, in dem der Zedent seine Niederlassung hat (Art. 22 ZessÜ).

39

Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/466, Rn. 152; Bericht der Arbeitsgruppe, UNDoc. A/CN.9/455, Rn. 89; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/ Add.l, Rn. 46. 40 Vgl. insbesondere den 2. und letzten Erwägungsgrund in der Präambel des ZessÜ. 41 Dickinson L. Rev. 2001, 159 (189 ff.).

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften

des V. Kapitels des ZessÜ

549

Art. 5 lit. g ZessÜ bezieht sich auf konkurrierende Berechtigte, jedoch nicht auf das Verhältnis Zedent - Zessionar. Da aber die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Zessionar notwendige, wenn auch nicht stets alleinige Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten ist, ist dieser Ansicht zu folgen. 42 Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass das nach Art. 22 ZessÜ maßgebende nationale Recht nur insoweit über die Verfügungswirkung der Abtretung bestimmen kann, als das ZessÜ selbst keine materiellrechtlichen Vorschriften enthält. Dies gilt beispielsweise für Art. 8 ZessÜ. Für das nach dem nationalen Recht allenfalls bestehende Erfordernis einer Abtretungsanzeige bedeutet dies m.E., dass dieses unbeachtlich ist, da diese Frage vom ZessÜ abschließend geregelt wird.

V. Rechte und Pflichten von Zessionar und Schuldner A. Regelungsgegenstand des Art. 29 ZessÜ Nach Art. 29 ZessÜ unterliegen die Wirksamkeit von rechtsgeschäftlichen Beschränkungen der Abtretbarkeit zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, das Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Abtretung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner dem auf den Grundvertrag anwendbaren Recht. Damit verweist das ZessÜ in Fragen, welche die rechtliche Stellung des Schuldners betreffen, auf das Forderungsstatut, wodurch gewährleistet werden soll, dass die Forderungsabtretung allein keine Änderung der rechtlichen Stellung des Schuldners bewirkt (Grundsatz des Schuldnerschutzes, s. Art. 15 ZessÜ). 43 Die Ähnlichkeit des Art. 29 ZessÜ mit der Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 EVÜ beruht auf der Tatsache, dass Art. 12 Abs. 2 EVÜ als Vorbild für Art. 29 ZessÜ gedient hat. 44 Der Unterschied in der Formulierung der An42 Ebenso Stoll in FS Sonnenberger 695 (706). Auch nach Koziol in UNAbtretungsübereinkommen 83 (95) sollten die Wirksamkeit und der Vorrang nach derselben Rechtsordnung beurteilt werden. 43 Ebenso Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 67. Zu Beginn der Verhandlungen ist eine Anknüpfung an die Niederlassung des Schuldners diskutiert, jedoch abgelehnt worden, da dies vor allem bei Globalabtretungen von Forderungen gegen Schuldner mit Niederlassungen in unterschiedlichen Staaten zu praktischen Schwierigkeiten geführt hätte; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/420, Rn. 198; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/445, Rn. 67. 44 S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 96; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 47.

550

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

knüpfung - nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ an das Recht, dem die Forderung, nach Art. 29 ZessÜ an das Recht, dem der Grundvertrag unterliegt - ist darin begründet, dass das ZessÜ lediglich Abtretungen von vertraglichen Forderungen 45 erfasst, 46 weshalb nach dem ZessÜ das Forderungsstatut stets dem Statut des Grundvertrages, aus dem die Forderung herrührt, entspricht. 47 Art. 29 ZessÜ enthält keine Anknüpfungsmomente für die Bestimmung des auf den Grundvertrag anwendbaren Rechts. 48 Die Feststellung des auf den Grundvertrag anzuwendenden Rechts ist daher nach dem Kollisionsrecht des Forums vorzunehmen. Gelangt das EVÜ zur Anwendung, so ist vorrangig eine Rechtswahl des Zedenten und des Schuldners (Art. 3 EVÜ), mangels Rechtswahl Art. 4 EVÜ zu beachten. Ein weiterer Unterschied zu Art. 12 Abs. 2 EVÜ besteht darin, dass sich die Verweisung des Art. 29 ZessÜ lediglich auf die Wirksamkeit von rechtsgeschäftlichen Beschränkungen der Abtretbarkeit zwischen Zessionar und Schuldner bezieht. 49 Im Fall einer gesetzlichen Beschränkung der Abtretbarkeit der Forderung ist das anzuwendende Recht nach dem Kollisionsrecht des Gerichtsstaates zu bestimmen. Ist ein österreichisches Gericht zur Entscheidung berufen, so ist Art. 12 Abs. 2 EVÜ maßgebend, der wiederum auf das Forderungsstatut verweist. Im Zusammenhang mit den kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V ist stets zu beachten, ob diese gemäß Art. 26 lit. a oder lit. b ZessÜ zur Anwendung gelangen. Welche Bedeutung dies für die Beurteilung gesetzlicher und rechtsgeschäftlicher Beschränkungen der Abtretbarkeit von Forderungen hat, soll zunächst für die gesetzlichen Abtretungsbeschrän45

S. Art. 2 lit. a ZessÜ: „... the assignor's contractual right to payment ...". Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 47. 47 Die Änderung von „the law governing the receivable to which the assignment relates" in „the law governing the original contract" ist von der Arbeitsgruppe erst in ihrer letzten Sitzung beschlossen worden; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 81. 48 Die in früheren Entwürfen enthaltene detaillierte Regelung (in Anlehnung an Art. 4 EVÜ und Art. 9 Konvention von Mexiko über das auf internationale Schuldverträge anwendbare Recht) ist gestrichen worden, da Kapitel V nur einige grundsätzliche Vorschriften enthalten, nicht jedoch sämtliche kollisionsrechtlichen Fragen betreffend die Forderungsabtretung regeln soll. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 68; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WP.96, Art. 30; Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN. 9/455, Rn. 102 f. 49 Die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts für gesetzliche Abtretungsbeschränkungen ist als ungeeignet bewertet worden, da dies auf Grund der Rechtswahlmöglichkeit des Zedenten und des Schuldners zu unbefriedigenden Ergebnissen führen könnte, zumal die Parteien durch eine Rechtswahl bestimmte, nach der objektiven Anknüpfung bestehende gesetzliche Beschränkungen der Abtretbarkeit ausschließen könnten. Vgl. nur Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP.104, Art. 28 Rn. 3. 46

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ

551

kungen, welche einen im ZessÜ geregelten Gegenstand darstellen (Art. 8 ZessÜ), kurz ausgeführt werden. Hat der Zedent im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages seine Niederlassung in einem Vertragsstaat, so gelangt die Vorschrift des Art. 29 ZessÜ gemäß Art. 26 lit. b ZessÜ 50 zur Anwendung. Die Verweisung des Art. 29 ZessÜ erfasst jedoch, wie bereits erwähnt, nur vertragliche Beschränkungen der Abtretbarkeit von Forderungen, weshalb für gesetzliche Abtretungsbeschränkungen (bzw. -verböte) sogleich das IPR des Forums zur Bestimmung des maßgebenden Sachrechts heranzuziehen ist. Dieses ist für die in Art. 8 Abs. 3 ZessÜ erwähnten Fälle maßgebend. Sieht allerdings das auf den konkreten Fall anwendbare nationale Recht für die in Art. 8 Abs. 1 ZessÜ geregelten Fälle (Globalabtretung, Abtretung zukünftiger Forderungen, von Teilforderungen oder ungeteilten Rechten an Forderungen) Abweichendes vor (beispielsweise ein Verbot von Globalabtretungen oder von Abtretungen zukünftiger Forderungen), so geht Art. 8 Abs. 1 ZessÜ auf Grund des Rangverhältnisses zwischen vereinheitlichtem und unvereinheitlichtem Recht Letzterem vor. In Art. 8 Abs. 3 ZessÜ wird Art. 8 Abs. 1 ZessÜ ausdrücklich ausgenommen, insoweit bedarf es keiner Feststellung des anwendbaren Rechts. Befindet sich der Zedent im Fall einer internationalen Abtretung oder einer nationalen Abtretung einer internationalen Forderung im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages nicht in einem Vertragsstaat, so ist die Abtretung grundsätzlich nicht nach dem ZessÜ zu beurteilen und Art. 8 ZessÜ ist unbeachtlich. Hat jedoch der Gerichtsstaat (als Vertragsstaat des ZessÜ) keine opting out Erklärung gemäß Art. 39 ZessÜ abgegeben, so gelangen gemäß Art. 26 lit. a ZessÜ grundsätzlich die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V zur Anwendung. Bezüglich der gesetzlichen Abtretungsbeschränkungen ist jedoch sogleich auf das außerhalb des ZessÜ bestehende IPR des Forumstaates zurückzugreifen, da die Verweisung des Art. 29 ZessÜ, wie bereits erwähnt, gesetzliche Beschränkungen der Abtretbarkeit nicht erfasst. Aus österreichischer Sicht ist das anzuwendende Recht gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ zu bestimmen, was wiederum zur Maßgeblichkeit des Vertragsstatuts des Grundvertrages führt. Rechtsgeschäftliche Beschränkungen der Abtretbarkeit von Forderungen stellen einen in Art. 9 ZessÜ geregelten Gegenstand dar, so dass diesbezüglich ein Rückgriff auf das jeweils anwendbare nationale Recht nicht zulässig ist. Für Forderungsabtretungen, die zwar in den sachlichen und den räumlichen Anwendungsbereich des ZessÜ fallen, auf welche aber Art. 9 ZessÜ dennoch keine Anwendung findet, ist nach Art. 26 lit. b i.V.m. Art. 29 ZessÜ das auf den Grundvertrag anzuwendende Recht maß50 Da die sachlichen und räumlichen Voraussetzungen (und die Internationalität) vorliegen, kommt Art. 26 lit. a ZessÜ nicht in Betracht.

552

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

gebend. 51 Dazu kann es in zwei Situationen kommen: Einerseits, wenn es sich bei der Abtretung nicht um eine der in Art. 9 Abs. 3 ZessÜ aufgezählten Abtretungen von Forderungen handelt 52 ; andererseits, wenn sich der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages nicht in einem Vertragsstaat befindet oder wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages das auf den Grundvertrag anwendbare Recht nicht das Recht eines Vertragsstaates ist (Art. 1 Abs. 3 ZessÜ). Entsprechendes gilt auch für Forderungsabtretungen, für welche zwar nicht die sachrechtlichen Vorschriften des ZessÜ, jedoch gemäß Art. 26 lit. a i.V.m. Art. 1 Abs. 4 ZessÜ die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Kapitels V gelten. Das Recht, dem der Grundvertrag unterliegt, bestimmt die Wirksamkeit von rechtsgeschäftlichen Beschränkungen der Abtretbarkeit zwischen dem Zessionar und dem Schuldner (Art. 29 ZessÜ). Fraglich ist, ob für die Bestimmung des für die Aufrechnungsbefugnis des Schuldners anwendbaren Rechts Art. 29 ZessÜ heranzuziehen ist. Art. 29 ZessÜ schweigt bewusst zur Frage, ob auch die Aufrechnungsbefugnis erfasst wird. 53 Für konnexe Gegenforderungen (Art. 18 Abs. 1 ZessÜ) ist dies m.E. zu bejahen. 54 Bei nicht konnexen Forderungen (Art. 18 Abs. 2 ZessÜ) kommt, wie bereits erwähnt, 55 dem Tatbestandsmerkmal „zur Verfügung stehen" („available") entscheidende Bedeutung zu. Nach der Absicht der Verfasser ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen, ob dem Schuldner ein Aufrechnungsrecht zur Verfügung steht. 56 Diesbezüglich liegt kein vom ZessÜ geregelter Gegenstand 51 Ebenso Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (201); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 238. 52 Art. 9 Abs. 3 ZessÜ bestimmt, für welche Abtretungen von Forderungen Art. 9 Abs. 1 und 2 ZessÜ Anwendung finden. Vgl. 3. Teil, 2. Kapitel, U.E. 53 Ausdrücklich Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (199). Frau Catherine Walsh war als Mitglied der kanadischen Delegation an der Ausarbeitung des ZessÜ beteiligt. 54 Ebenso Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (199); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 238. 55 Vgl. 5. Teil, 4. Kapitel, I.B. 56 S. Sekretariatskommentar, UN Doc. AJCN.9/489/Add. 1, Rn. 48:,,... left to other law, which is not specified in the draft Convention." S. Bazinas, Duke J. Comp. & Int' L. 2002, 365 (379 f., 385 f.); derselbe, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2003, 275 (292 f. Fn 139, 298). Art. 29 ZessÜ kann nur für Aufrechnungsrechte im Zusammenhang mit Art. 18 Abs. 1 ZessÜ herangezogen werden. A.A. Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (313), nach deren Ansicht aus den Materialien folgt, dass der Begriff „availability" gemäß Art. 7 Abs. 2 1. Alternative ZessÜ autonom unter Berücksichtigung der Grundsätze des ZessÜ und nicht nach dem durch das IPR zu bestimmenden nationalen Recht auszulegen sei, wobei als Anhalt die Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 FactÜ dienen könne. Der Ansicht von Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 155 Fn 530, wonach der Begriff „available" nach dem außerhalb des ZessÜ anwendbaren Recht zu bestimmen sei, die Gerichte diesen aber i.S.d. Schuldnerschutzes „großzügig" zu interpretieren hätten, kann hinsieht-

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften des V. Kapitels

des ZessÜ

553

vor, Art. 26 lit. b ZessÜ kann nicht zur Anwendung gelangen und somit auch nicht Art. 29 ZessÜ für die Bestimmung des für die Aufrechnungsbefugnis des Schuldners maßgebenden Rechts. Da ein vom ZessÜ nicht geregelter Gegenstand vorliegt, entscheidet sogleich das IPR des Forumstaates über das anzuwendende Recht.

B. Verfügungsstatut im Verhältnis zum Schuldner M.E. erfasst Art. 29 ZessÜ nicht die Verfügungswirkung einer Forderungsabtretung im Verhältnis zum Schuldner. Art 29 ZessÜ geht von einer bereits erfolgten, wirksamen 57 Forderungsabtretung aus 58 und regelt die rechtliche Stellung des Schuldners gegenüber dem Zessionar bzw. Zedenten, insbesondere die Frage, unter welchen Voraussetzungen er an welche Person (Altgläubiger oder Neugläubiger) schuldbefreiend leisten bzw. seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch erheben kann. Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob die Verfügungswirkung einer Abtretung im Verhältnis zum Schuldner nach dem außerhalb des ZessÜ geltenden Kolissionsrecht der ZessÜ-Vertragsstaaten zu beurteilen ist. Dies ist m.E. zu verneinen, da es sich bei der Verfügung grundsätzlich um einen im ZessÜ geregelten Gegenstand handelt (s. Art 22 und Art. 5 lit. g ZessÜ). Um eine Spaltung des Verfügungsstatuts zu vermeiden, bietet sich eine Anknüpfung an das Recht des Staates an, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Diese Anknüpfung hinsichtlich der Verfügungswirkung berücksichtigt die Interessen des Schuldners, indem bestimmte Fragen nach dem Forderungsstatut (Art. 29 ZessÜ) zu beurteilen sind.

VI. Konkurrierende Ansprüche Zusätzlich zu den kollisionsrechtlichen Vorschriften für die Bestimmung des auf die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und des lieh der Interpretation nicht gefolgt werden. Vgl. auch Eidenmüller, AcP 2004 457 (484 Fn 69), der eine Begriffsdefinition vornimmt. 57 Ebenso Walsh, Dickinson L. Rev. 2001, 159 (202): „... article 29 which is concerned with the rights of the assignee under a valid assignment against the debtor". 58 Dies steht auch im Einklang mit Art. 17 ZessÜ, welcher nur wirksame Forderungsabtretungen erfasst. So ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 8. S. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/486, Rn. 22: „The Working Group agreed that that matter occurred very rarely in practice and did not need to be addressed in the draft convention. It was also agreed that a rule granting the debtor a valid discharge in the case of a purported assignment would go against the law in many legal systems, which did not allow the good faith acquisition of property rights in receivables."

554

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Zessionars, die Form des Abtretungsvertrages und auf die Rechte und Pflichten von Zessionar und Schuldner anzuwendenden Rechts enthält Kapitel V eine eigene kollisionsrechtliche Vorschrift für die Feststellung jener Rechtsordnung, nach welcher die Ansprüche konkurrierender Berechtigter hinsichtlich einer Forderung zu beurteilen sind. Dies mag auf den ersten Blick verwundern, da bereits Art. 22 ZessÜ eine kollisionsrechtliche Vorschrift über die Drittwirkung einer Forderungsabtretung enthält. Zudem entspricht der Regelungsinhalt von Art. 30 Abs. 1 ZessÜ der Vorschrift des Art. 22 ZessÜ, 59 Art. 30 Abs. 2 ZessÜ stimmt mit Art. 23 Abs. 2 ZessÜ 60 überein und die Regelung des Art. 30 Abs. 3 ZessÜ deckt sich mit der Vorschrift des Art. 23 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ 61 . Aus Art. 26 ZessÜ, der die Anwendung der Vorschriften des Kapitels V und das Verhältnis zwischen den sachrechtlichen Kapiteln des ZessÜ und Kapitel V regelt, folgt, dass Art. 30 ZessÜ nur in jenen Fällen zur Anwendung gelangen kann, in denen Art. 22 ZessÜ nicht anwendbar ist, da die räumlichen Anwendungsvoraussetzungen für die Anwendung des ZessÜ nicht vorliegen (insbesondere Art. 1 Abs. 1 und 2 ZessÜ). Mit anderen Worten: Die Anwendung des Art. 30 ZessÜ setzt voraus, dass sich der Zedent nicht in einem Vertragsstaat befindet (Art. 26 lit. a ZessÜ). 62 Hat jedoch der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat, so verdrängen die Art. 22 und 23 ZessÜ die Vorschrift des Art. 30 ZessÜ. Auf Grund ihrer inhaltlichen Übereinstimmung beschränkt sich der Unterschied zwischen diesen Vorschriften somit auf die jeweilige Anwendungsvoraussetzung. Art. 30 ZessÜ kann beispielsweise zur Anwendung gelangen, wenn zwar nicht der Zedent (Art. 1 Abs. 1, 2 ZessÜ), jedoch der Schuldner seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat und im Niederlassungsstaat des Schuldners ein Rechtsstreit zwischen zwei konkurrierenden Berechtigten über den Rang des Rechts an der abgetretenen Forderung geführt wird. 63 Hat dieser Vertragsstaat keine opting out Erklärung gemäß Art. 39 ZessÜ abgegeben, so findet Art. 30 ZessÜ nach Art. 26 lit. a ZessÜ Anwendung. Nach Art. 30 Abs. 1 ZessÜ bestimmt das Recht des Staates, in dem sich der Zedent befindet, den Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten. Ob der Leistung des Schuldners, der bereits gezahlt hat, schuldbefrei-

59

Vgl. 6. Teil, 2. Kapitel, II. Vgl. 6. Teil, 2. Kapitel, III.A. 61 Vgl. 6. Teil, 2. Kapitel, III.B. 62 Ebenso Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 238. 63 Kuhn in FS Siehr 93 (120), unter Hinweis darauf, dass sich die Frage nach den Drittwirkungen der Abtretung in einem Forum außerhalb des Niederlassungsstaates des Zedenten eher selten stellen wird. 60

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften

des V. Kapitels des ZessÜ

555

ende Wirkung zukommt, ist nach dem Konzept des ZessÜ keine Frage der Priorität und daher gemäß Art. 29 ZessÜ nach dem auf den Grundvertrag anwendbaren Recht (Forderungsstatut) zu beurteilen. Kommt der erfolgten Zahlung nach dem gemäß Art. 29 ZessÜ maßgebenden Recht schuldbefreiende Wirkung zu, so ist der Schuldner nicht verpflichtet, nochmals an diejenige Person zu zahlen, welcher nach dem gemäß Art. 30 ZessÜ anwendbaren Recht der Vorrang an der abgetretenen Forderung gebührt. 64

VII. Zwingende Vorschriften und ordre public A. Zwingende Vorschriften Mit dem Begriff „zwingende Bestimmungen" sind international zwingende Sachnormen gemeint (Eingriffsnormen), die ohne Rücksicht auf das nach dem Kollisionsrecht des Forums anwendbare Recht zur Anwendung gelangen wollen. Dieser Begriff ist somit nicht deckungsgleich mit innerstaatlichen Vorschriften, die (lediglich) der Parteiendisposition entzogen sind und von den Vertragsparteien nicht abbedungen oder geändert werden können. 65 Nach Art. 31 Abs. 1 und 2 ZessÜ berühren die Art. 27 bis 29 ZessÜ nicht die Anwendung von Vorschriften des Rechts des Staates des angerufenen Gerichtes oder eines anderen Staates, soweit diese Vorschriften ungeachtet des im Übrigen anzuwendenden Rechts zwingend anwendbar sind. Art. 31 Abs. 1 ZessÜ bezieht sich auf zwingende Bestimmungen des Gerichtsstaates, Art. 31 Abs. 2 ZessÜ auf zwingende Bestimmungen eines Drittstaates, zu dem die in Art. 27 bis 29 ZessÜ geregelten Gegenstände eine enge Verbindung 66 aufweisen. 67 Da die Art. 27 bis 29 ZessÜ die Anwendung zwingender Bestimmungen des Gerichtsstaates bzw. eines Drittstaates nicht berühren, können diese Bestimmungen grundsätzlich neben dem oder anstatt des nach Art. 27 und 28 ZessÜ sowie gemäß Art. 29 ZessÜ jeweils maßgeblichen nationalen Recht zur Anwendung gelangen. 64

Ebenso Sekretariatskommentar, UNDoc. A/CN.9/WG.II/WP.106, Rn. 109. Ausdrücklich Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN. 9/489/Add. 1, Rn. 51. 66 Die Voraussetzung einer engen Verbindung zwischen den in Art. 27, 28 und 29 ZessÜ geregelten Gegenständen und den zwingenden Bestimmungen besteht nur für die international zwingenden Bestimmungen eines Drittstaates. 67 Als Vorbild haben Art. 7 EVÜ und Art. 11 Konvention von Mexiko über das auf internationale Schuldverträge anwendbare Recht gedient; vgl. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/470, Rn. 198. Die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in Kapitel V ist auf Vorschlag der Arbeitsgruppe erfolgt; vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/445, Rn. 57; Mitteilung des Sekretariats, UN Doc. A/CN.9/WP.96, Art. 32. 65

556

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Art. 31 ZessÜ bezieht sich allerdings nicht auf das gemäß Art. 30 ZessÜ für Prioritätskonflikte maßgebende Recht. Abweichend von Art. 31 ZessÜ bestimmt Art. 30 Abs. 2 ZessÜ, 68 dass die international zwingenden Normen des Gerichtsstaates oder eines Drittstaates die Anwendung einer Bestimmung des nach Art. 30 Abs. 1 ZessÜ maßgebenden Rechts nicht verhindern können. 69 Eine Ausnahme von dieser Regel besteht lediglich unter bestimmten Voraussetzungen - für Vorzugsrechte in einem Insolvenzverfahren. Diesen Vorzugsrechten kann ungeachtet Art. 30 Abs. 1 und 2 ZessÜ der Vorrang eingeräumt werden (Art. 30 Abs. 3 ZessÜ). 70 Als Beispiel für zwingende Bestimmungen werden in den Materialien Verbraucherschutzvorschriften und strafrechtliche Vorschriften genannt. 71 Gerade für Verbraucherschutzvorschriften ist es jedoch im Rahmen von Art. 7 EVÜ fraglich, ob und inwieweit diese von Art. 7 EVÜ erfasst werden. 72 Zudem findet das ZessÜ auf Abtretungen an eine Einzelperson für ihren persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt keine Anwendung (Art. 4 Abs. 1 lit. a ZessÜ) und bleiben Verbraucherschutzvorschriften vom ZessÜ unberührt (Art. 4 Abs. 4 ZessÜ). Berücksichtigt man die Absicht der Verfasser, in Kapitel V nur ausgewählte kollisionsrechtliche Fragen in Bezug auf die Forderungsabtretung zu regeln, 73 und bedenkt man die Vorschriften, die als international zwingende Bestimmungen anerkannt werden (z.B. Devisen- und Währungsrecht, Kartellrecht, Grundverkehrsrecht, Ein- und Ausfuhrbeschränkun-

68 Wie bereits erwähnt, stimmt Art. 30 Abs. 2 ZessÜ wörtlich mit Art. 23 Abs. 2 ZessÜ überein. Der Unterschied besteht lediglich in der Anwendungsvoraussetzung: Hat der Zedent seine Niederlassung in einem Vertragsstaat, so findet Art. 23 Abs. 2 ZessÜ Anwendung. Ist dies nicht der Fall und hat der Gerichtsstaat als Vertragsstaat keine opting out Erklärung gemäß Art. 39 ZessÜ abgegeben, so ist bei Rangkonflikten Art. 30 ZessÜ maßgebend. 69 Nach dem Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 52 sind die Prioritätsvorschriften selbst zwingender Natur; würden sie den Eingriffsnormen des Gerichtsstaates oder Drittstaates weichen, könnte dies zur Rechtsunsicherheit hinsichtlich des auf den Rang des Rechts an der abgetretenen Forderung anwendbaren Rechts führen, was wiederum negative Auswirkungen auf den mit dem ZessÜ verbundenen Zweck - die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen zu fördern - hätte. 70 Die Vorschrift des Art. 30 Abs. 3 ZessÜ entspricht Art. 23 Abs. 3 Satz 1 ZessÜ; vgl. 6. Teil, 2. Kapitel, III.B. 71 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add. 1, Rn. 51. 72 Vgl. den Überblick bei Heiss in Czernich/Heiss Art. 5 EVÜ Rz. 51 ff.; Junker, Empfiehlt es sich, Art. 7 EVÜ zu revidieren oder auf Grund der bisherigen Erfahrungen zu präzisieren?, IPRax 2000, 65 (66 ff.). 73 Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, UN Doc. A/CN.9/455, Rn. 103; Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.II/WP. 106, Rn. 98.

2. Kapitel: Die kollisionsrechtlichen

Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ

557

gen 74 ), so erscheint die Aufnahme einer Bestimmung über international zwingende Vorschriften in das Kapitel über „selbstständige Kollisionsnormen" im Rahmen eines Abtretungsübereinkommens zumindest nicht nahe liegend. Die Aufnahme des Art. 31 ZessÜ in das ZessÜ ist zu kritisieren, sofern man mit Kuhn15 die Befürchtung teilt, dass insbesondere Art. 31 Abs. 1 ZessÜ (der es ermöglicht, zwingende Bestimmungen des Gerichtsstaates neben dem oder anstatt des nach Art. 27 bis 29 ZessÜ jeweils anwendbaren Recht anzuwenden) „als Einfallstor für ungehemmtes Heimwärtsstreben missbraucht werden wird".

B. Ordre public Die Vorschrift des Art. 32 ZessÜ stimmt mit Art. 23 Abs. 1 ZessÜ überein, wobei Art. 32 ZessÜ in Bezug auf sämtliche in Kapitel V geregelte Gegenstände gilt, Art. 23 Abs. 1 ZessÜ hingegen nur in Bezug auf das nach Art. 22 ZessÜ für die Entscheidung eines Prioritätskonfliktes berufene nationale Recht. Die Anordnung ist jedoch ident: Die Anwendung einer Bestimmung des bezeichneten Rechts kann nur versagt werden, wenn die Anwendung dieser konkreten Bestimmung offensichtlich im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des Staates des angerufenen Gerichtes steht. 76 Ein wesentlicher Unterschied zwischen Art. 32 ZessÜ und Art. 31 ZessÜ besteht darin, dass Art. 32 ZessÜ die Anwendung bestimmter Vorschriften des nach Art. 27 bis 29 ZessÜ bezeichneten Rechts ausschließt, Art. 31 ZessÜ hingegen die Anwendung bestimmter Vorschriften (international zwingender Bestimmungen des Gerichtsstaates oder eines Drittstaates) - neben dem oder anstatt des nach Art. 27 bis 29 ZessÜ anwendbaren Recht - zulässt. Die in Bezug auf Art. 31 ZessÜ vorgebrachte Kritik ist m.E. auch hinsichtlich Art. 32 ZessÜ berechtigt, wenn auch in wesentlich abgeschwächter Form. Vor dem Hintergrund der Absicht der Verfasser, 77 in Kapitel V ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit nur ausgewählte kollisionsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Forderungsabtretung zu regeln, überrascht die Aufnahme einer in den einzelnen nationalen IPR-

74

Vgl. Heiss in Czernich/Heiss Art. 7 EVÜ Rz. 10 ff. in FS Siehr 93 (122). 76 Für die ordre public Klausel nach Art. 23 Abs. 1 ZessÜ vgl. 6. Teil, 2. Kapitel, III.A. Als Vorbild für Art. 23 Abs. 1 und Art. 32 ZessÜ haben Art. 16 EVÜ und Art. 18 Konvention von Mexiko über das auf internationale Schuldverträge anwendbare Recht gedient. 77 Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/WG.H/WP.106, Rn. 98. 75

558

7. Teil: Die Abtretung im Internationalen

Privatrecht

K o d i f i k a t i o n e n a l l g e m e i n anerkannten ordre public K l a u s e l , 7 8 auf w e l c h e v o m Gerichtsstaat i m E i n z e l f a l l z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n k ö n n t e . 7 9

78

Vgl. nur Art. 16 EVÜ und Art. 18 Konvention von Mexiko über das auf internationale Schuldverträge anwendbare Recht. 79 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die allgemeine Feststellung von Mann in FS Vischer 207 (221): „Auf dem Gebiet des Handels- und Schiffahrtsrechts ist für den ordre public kaum je Raum."

3. Kapitel

Die Anknüpfungsregeln nach Art. 12 EVÜ I.

Einleitung

Ein wesentlicher Beweggrund für die Verabschiedung einheitlicher kollisionsrechtlicher Vorschriften im Rahmen des EVÜ war die dadurch erhoffte Vermeidung des forum Shopping, da bei Bestehen vereinheitlichter IPRVorschriften dasselbe Sachrecht Anwendung findet, gleichgültig in welchem Vertragsstaat ein Urteil ergeht. Dies ermöglicht die Voraussehbarkeit hinsichtlich des abwendbaren Rechts und erhöht allgemein die Rechtssicherheit in den einzelnen Vertragsstaaten. Überdies sollte durch das EVÜ eine weitere Auseinanderentwicklung des IPR der verschiedenen Mitgliedstaaten hintangehalten werden. 1 Eine isolierte Betrachtung des Art. 12 EVÜ ergibt jedoch, dass hinsichtlich der Regelung des Überganges einer Forderung dieses Ziel derzeit nicht erreicht wird. In entscheidenden Fragen bestehen unterschiedliche Auffassungen in den einzelnen Mitgliedstaaten, welche im Ergebnis eine uneinheitliche Anknüpfung bewirken und damit im konkreten Fall zu unterschiedlichen Sachrechten führen können, je nachdem, welcher Vertragsstaat des EVÜ über eine Anknüpfung entscheidet. Art. 12 EVÜ regelt die auf einem Rechtsgeschäft beruhende Übertragung einer Forderung. 2 Dem Erfordernis eines „vertraglichen Schuldverhältnisses" (s. Art. 1 Abs. 1 EVÜ) wird durch die vertragliche Verpflichtung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar zur Abtretung einer Forderung entsprochen. Da der Bezugspunkt somit nicht die abzutretende Forderung ist, 3 kann diese auch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis (z.B.

1

Vgl. zu den Erwägungen, die dem EVÜ zugrunde liegen, Giuliano/Lagarde,

Bericht

5. 2 Zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des EVÜ für Österreich vgl. Schwind, Internationales Privatrecht (1990) 243; Schwimann in Rummel II2 § 45 IPRG. 3 Von Bar, Abtretung und Legalzession in neuen deutschen Internationalen Privatrecht, RabelsZ 1989, 462 (467); derselbe, IPR II § 4 Rn. 564; Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (614); von Hoffmann in Soergel12 Art. 33 EGBGB Rz. 2; Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 12; Hohloch in Erman11 Art. 33 EGBGB Rz. 3; a.A. Dicey/Morris, Conflict of Laws II13, Rule 118 Rn. 24-054.

560

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Delikt, ungerechtfertigte Bereicherung) herrühren. 4 Eine ausdrückliche Anknüpfung enthält Art. 12 EVÜ lediglich für zwei der von einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung berührten Rechtsverhältnisse: Art. 12 Abs. 1 EVÜ erfasst nach seinem Wortlaut das schuldrechtliche Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, Art. 12 Abs. 2 EVÜ regelt das Verhältnis gegenüber dem Schuldner. Unterschiedliche Auffassungen sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung zum Art. 12 EVÜ bestehen hinsichtlich der Frage, nach welchem Statut die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten (z.B. weiteren Zessionaren im Fall einer Mehrfachzession oder Gläubigern des Zedenten) zu beurteilen sind. Gemäß Art. 15 EVÜ sind Rück- oder Weiterverweisungen nicht zu beachten, so dass die Verweisungen des Art. 12 EVÜ Sachnormverweisungen sind. Dies gilt jedoch nicht für die Bestimmung des Forderungsstatuts (Art. 12 Abs. 2 EVÜ), sofern die abgetretene Forderung aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis herrührt; in diesem Fall ist aus österreichischer Sicht § 5 IPRG zu berücksichtigen. 5

II. Art. 12 Abs. 1 EVÜ A. Verpflichtung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar Art. 12 Abs. 1 EVÜ bestimmt, welches Recht auf das der Abtretung zugrunde liegende schuldrechtliche Verhältnis anzuwenden ist, das die Verpflichtungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar begründet (Verpflichtungsstatut, Zessionsgrundstatut). 6 Nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ beurteilen sich diese Verpflichtungen nach dem Recht, dem das Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Zedenten und dem Zessionar unterliegt. 7 Als Verpflichtungsgeschäft kommen beispielsweise ein Forderungskauf, ein Factoringvertrag, eine Schenkung oder eine Sicherungsabrede in Betracht. Liegt der Übertragung einer Forderung ein Forderungskauf zugrunde, so 4 Von Bar, RabelsZ 1989, 462 (467) spricht pointiert von „irgendeiner Forderung"; derselbe, IPR II § 4 Rn. 564; Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 12; Hausmann in Staudingern Art. 33 EGBGB Rn. 32. 5 Vgl. Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 13. 6 Dies ist unstrittig und entspricht der h.A. Vgl. nur von Bar, RabelsZ 1989, 462 (465 f.); derselbe, IPR II § 4 Rn. 564; von Hoffmann in Soergel12 Art. 33 EGBGB Rz. 6; Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 14; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 31; Hohloch in Erman11 Art. 33 EGBGB Rz. 3; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 9 ff.; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 9. 7 Vgl. Kropholler, IPR 5 , 486: „Dies erscheint fast selbstverständlich."

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

561

ist die Haftung des Zedenten für die Richtigkeit und Einbringlichkeit der Forderung nach dem auf den Kaufvertrag anwendbaren Recht zu beurteilen. 8 Dies gilt auch für die Haftung des Zedenten gegenüber dem Zessionar im Fall einer mangelnden Übertragbarkeit der Forderung (z.B. auf Grund eines vereinbarten Abtretungsverbotes zwischen dem Zedenten und dem Schuldner). Nach Art. 8 EVÜ ist das gemäß Art. 12 Abs. 1 EVÜ maßgebende Recht auch für die Beurteilung des Zustandekommens und der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes heranzuziehen. Die Frage, welches Recht für den Übergang von Nebenrechten (z.B. Bürgschaft oder Hypothek) vom Zedenten auf den Zessionar maßgeblich ist, ist im Detail umstritten. 9

B. Anzuwendendes Recht Art. 12 Abs. 1 EVÜ verweist für die Bestimmung des auf das Verpflichtungsgeschäft anwendbaren Rechts auf die allgemeinen Regeln. Daher ist eine zwischen dem Zedenten und dem Zessionar getroffene Rechtswahl vorrangig zu beachten (Art. 3 EVÜ). Mangels Rechtswahl erfolgt eine objektive Anknüpfung nach Art. 4 EVÜ, wobei in der Regel derjenige, der sich zur Forderungsabtretung verpflichtet, d.h. der Zedent, die für die Anknüpfung maßgebende vertragscharakteristische Leistung erbringen wird, weshalb das an seiner Niederlassung bzw. seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort geltende Sachrecht maßgebend ist. 10 Eine Ausnahme von dieser Regel stellt der Factoringvertrag dar. Die vom Factor zu erbringenden Finanzierungs- und Dienstleistungen charakterisieren den Vertrag und unterscheiden ihn vom „einfachen" Forderungskauf, so dass grundsätzlich das Recht am Sitz des Factors für die Beurteilung der Verpflichtungen zwischen dem Factor (Zessionar) und dem Lieferanten (Zedenten) heranzuziehen ist. 11

8

So bereits (allgemein) Rüegsegger, Abtretung 27, 72. Vgl. für dinglich gesicherte Forderungen von Bar, RabelsZ 1989, 462 (473 f.); derselbe, IPR II § 4 Rn. 571 (für die Zession dinglich gesicherter Forderungen); von Hoffmann in Soergeln Art. 33 EGBGB Rz. 14; Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 16; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 34; Martiny in Reithmann/Martiny6 Rz. 339 (für die Zession dinglich gesicherter Forderungen). 10 Ebenso Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 17; Hausmann in Staudingeru Art. 33 EGBGB Rn. 39; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 13. 11 Vgl. nur Basedow, ZEuP 1997, 615 (619); vgl. Magnus in Staudinger13 Art. 28 EGBGB Rn. 536 f.; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 5 m.w.N.; Tzeng, Ottawa-Konvention 73 ff. Nach a.A. soll für das echte Factoring (Factor übernimmt das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) das Recht am Sitz des Liefe9

562

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

C. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis Zedent Zessionar nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ? 1.

Meinungsstand

Sowohl im Schrifttum als auch in der Judikatur der einzelnen Vertragsstaaten des EVÜ wird die Frage, ob die Verweisung des Art. 12 Abs. 1 EVÜ auch die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, d.h. die sachenrechtliche Übertragung der Forderung auf den Zessionar erfasst, uneinheitlich beantwortet. 12 Bei einer Anknüpfung der Verfügung nach ranten gelten, so von Hoffmann in Soergel12 Art. 28 E G B G B Rz. 328; Czernich in Czernich/Heiss Art. 4 EVÜ Rz. 74. 12 Dagegen die überwiegende Ansicht in Deutschland; dies jedoch aus unterschiedlichen Gründen; vgl. von Bar, RabelsZ 1989, 462 (469 ff.); derselbe, IPR II § 4 Rn. 567 f.; derselbe, Zessionsstatut, Verpflichtungsstatut und Gesellschaftsstatut, IPRax 1992, 20 (22 f.); von Hoffmann/Höpping, Zur Anknüpfung kausaler Forderungszessionen, IPRax 1993, 302 (303 f.); von Hoffmann in Soergel12 Art. 33 E G B G B Rz. 7; Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (689); Hohloch in Erman" Art. 33 E G B G B Rz. 3; Martiny in Reithmann/Martiny6 Rz. 333; Martiny in M ü n c h K o m m BGB 4 Art. 33 E G B G B Rn. 11. Für Österreich vgl. Schwimann, IPR 3 , 126 f.; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 8. S. weiters beispielsweise Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (615 f.); Struycken, The proprietary aspects of international assignment of debts and the Rome Convention, Article 12, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 (350). Dafür (d.h. die Voraussetzungen einer wirksamen Abtretung im Verhältnis der Zessionsparteien zueinander unterliegen dem von Art. 12 Abs. 1 EVÜ bestimmten Vertragsstatut): Keller, Zessionsstatut im Lichte des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (1985) 161 f.; Kaiser, Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession im IPR (1986) 220; Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17 f., 22 f.); Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im Internationalen Privatrecht (1995) 267; Einsele, Rechtswahlfreiheit im Internationalen Privatrecht, RabelsZ 1996, 417 (433 ff.); Stadler, Gestaltungsfreiheit 714; KoppenolLaforce, The Property Aspects of an International Assignment and Article 12 Rome Convention, Neth. Int'l L. Rev. 1998, 129 (136); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 35 ff.; Mankowski, Warenübereignung durch Dokumentenübertragung und Internationales Privatrecht, in: Lagoni/Paschke (Hrsg.), Seehandelsrecht und Seerecht, Festschrift für Rolf Herber zum 70. Geburtstag (1999) 147 (178 f.); Jahnel, Rechtsprobleme des internationalen Factoring im Lichte der UNIDROIT-Einheitsrechtskonvention über internationales Factoring (Ottawa 1988) unter besonderer Berücksichtigung der österreichischen Sicht, Dissertation Rechtswissenschaftliche Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz (2001), unveröffentlichtes Manuskript, 204 (für das Factoring); Mangold, Abtretung 211 ff., für jene Fälle, in denen nicht das deutsche Recht das Zessionsgrundstatut ist; ist dies der Fall, so beurteilt sich der Forderungsübergang nach dem Forderungsstatut gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 27 ff. Die Maßgeblichkeit des nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ bestimmten Vertragsstatuts f ü r die Voraussetzungen und Wirkungen einer Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar entspricht unter anderem der - jedenfalls überwiegenden - Auffassung im französischen Kollisionsrecht, vgl. Blaise/Desgorces in Hadding/Schneider, Forderungs-

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVI1

563

Art. 12 Abs. 1 EVÜ käme es zu einem Gleichlauf zwischen dem Zessionsstatut und dem Zessionsgrundstatut (Verpflichtungsstatut), da eine objektive Anknüpfung parallel zum Verpflichtungsgeschäft vorzunehmen wäre. 13 Vor allem aber könnten der Zedent und der Zessionar über die Wahl des Vertragsstatuts (Art. 3 EVÜ) grundsätzlich auch für das Verfügungsgeschäft das anwendbare Recht bestimmen. 14 Der Oberste Gerichtshof der Niederlande, der Höge Raad, hat sich in einer vielbeachteten Entscheidung vom 16. Mai 1997 (Brandsma q.q. v. Hansa) für eine Anknüpfung der dinglichen Wirkungen einer Zession nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ ausgesprochen. 15 Nach Ansicht des Höge Raad bezieht sich die Verweisung des Art. 12 Abs. 2 EVÜ nur auf die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Aspekte der Forderungsabtretung, während Art. 12 Abs. 1 EVÜ sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft umfasse. Im Folgenden werden jene Gründe kurz dargelegt, die im Wesentlichen für eine Erstreckung des Verpflichtungsstatuts (Zessionsgrundstatuts, Art. 12 Abs. 1 EVÜ) auf die Voraussetzungen und die Wirksamkeit der Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar vorgebracht werden. 16 Als zentrale Argumentationsstütze wird der Sachverständigenbericht von Giuliano/Lagarde herangezogen. Aus diesem folgt zum einen, 17 dass die zunächst gewählte einfachere und elegantere Formulierung des Art. 12 Abs. 1 EVÜ („Bei Übertragung einer Forderung durch Vereinbarung wird die Beziehung zwischen Zedent und Zessionar durch das auf diese Verein-

abtretung 245 (258 f.) sowie Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 16 m.w.N.; für das italienische Kollisionsrecht vgl. Dolmetta/Portale in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 339 (345 Fn 18); für das spanische Kollisionsrecht vgl. Mangold, Abtretung 69 f.; für das portugiesische Kollisionsrecht vgl. Caeiro/Maia in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 541 (564); für das englische Kollisionsrecht vgl. Dicey/Morris, Conflict of Laws II13, Rule 118 Rn. 24-054; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 22. 13 S. etwa Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 34. 14 Vgl. nur Einsele, RabelsZ 1996, 417 (435); Stadler, Gestaltungsfreiheit 714. Vgl. in diesem Zusammenhang Art. 145 Abs. 1 schweizerisches IPRG, nach dem eine Rechtswahl für eine rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung zulässig ist. Eine Rechtswahl ist dem Schuldner gegenüber allerdings nur mit dessen Zustimmung wirksam. Ohne Rechtswahl ist das Verfügungsgeschäft (der Abtretungsvertrag) nach dem Forderungsstatut zu beurteilen. 15 Vgl. dazu etwa Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (681 f., 687 f., 710 f.); KoppenolLaforce, Neth. Int'l L. Rev. 1998, 129 ff.; Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 ff ; Joustra, IPRax 1999, 280 ff. 16 Vgl. zu den folgenden Gründen insbesondere die Entscheidung des Höge Raad vom 16.5.1997 (Brandsma q.q. v. Hansa)', Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 34 ff. m.w.N.; Hausmann in Staudinger'3 Art. 33 EGBGB Rn. 26 f. m.w.N. 17 Giuliano/Lagarde, Bericht 34 f.

564

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

barung anzuwendende Recht geregelt") aufgegeben worden ist, weil sie im deutschen Recht Auslegungsschwierigkeiten verursachen hätte können, da im deutschen Recht die Formulierung „Übertragung einer Forderung durch Vereinbarung" die Wirkungen der Forderungsabtretung gegenüber dem Schuldner mitumfasst, diese Wirkungen jedoch nicht nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ, sondern nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ anzuknüpfen sind. Daraus wird von den Befürwortern einer Anknüpfung der Verfügung nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ geschlossen, es bestehe kein Grund zur Annahme, dass durch die Änderung der Formulierung („Verpflichtungen" an Stelle „Übertragung durch Vereinbarung") auch die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nicht nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ anzuknüpfen sei. Zum anderen folgt aus dem Sachverständigenbericht, 18 dass die beschlossene Fassung gewählt wurde, um in den Rechtssystemen, welche die Abtretung als Kausalgeschäft 1 9 verstehen, die Annahme zu vermeiden, dass das auf die Abtretungsvereinbarung anzuwendende Recht auch die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner bestimmt. Daraus wird geschlossen, die Abtretungsvereinbarung erfasse auch die Verfügung über die Forderung, denn anderenfalls ergäbe der Begriff des Kausalgeschäftes keinen Sinn. Als weiteres Argument wird vorgebracht, Art. 12 Abs. 1 EVÜ verbleibe bei einer Beschränkung auf das Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Zedenten und dem Zessionar kein selbstständiger Regelungsgehalt, da die Verweisung jener der Art. 3 und 4 EVÜ entspreche. Schlussendlich wird auf die Praktikabilität dieser Lösung verwiesen, da das gesamte Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nach einer Rechtsordnung zu beurteilen wäre und die Parteien darüber hinaus das auf das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft anwendbare Recht parteiautonom bestimmen könnten. 2.

Stellungnahme

M.E. unterliegen die Voraussetzungen einer wirksamen Verfügung über die Forderung im Verhältnis der Zessionsparteien zueinander nicht dem von Art. 12 Abs. 1 EVÜ bestimmten Vertragsstatut. Eine Anknüpfung des Verfügungsgeschäftes nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ ist aus folgenden Gründen abzulehnen: Weder eine grammatische noch eine historische oder eine systematische Auslegung führen eindeutig zu diesem Ergebnis, da sowohl aus dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 EVÜ als auch aus dem Bericht von Giuliano/Lagarde gegenteilige Argumente gewonnen werden können. Der 18

Giuliano/Lagarde, Bericht 35. Beispielsweise das französische oder das italienische Recht, nach welchen die Forderung unmittelbar auf Grund des verpflichtenden Rechtsgeschäftes (z.B. Kaufvertrag) auf den Zessionar übergeht. 19

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

565

Begriff „Verpflichtungen" („obligations") erfasst nach seinem üblichen, gewöhnlichen Wortsinn nicht die Übertragung einer Forderung. Sollte damit dennoch die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar mit Ausnahme der Wirkungen der Abtretung gegenüber dem Schuldner zum Ausdruck gebracht werden, so kann berechtigterweise angenommen werden, dass dies - gerade vor dem Hintergrund der Formulierungsänderung - wohl einen entsprechenden Hinweis im Sachverständigenbericht zur Folge gehabt hätte. 20 Der Hinweis, „die jetzige Fassung wurde schließlich deshalb gewählt, um in den Rechtssystemen, welche die Abtretung als Kausalgeschäft verstehen, die Annahme zu vermeiden, dass das auf die Abtretungsvereinbarung anzuwendende Recht auch die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner bestimmt", 21 kann auch in der Weise interpretiert werden, dass durch die Beschränkung des Art. 12 Abs. 1 EVÜ auf die schuldrechtlichen Verpflichtungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar Überschneidungen mit Art. 12 Abs. 2 EVÜ vermieden werden sollen. 22 Erfasst Art. 12 Abs. 1 EVÜ lediglich das Verpflichtungsgeschäft, so ist die Vorschrift dennoch nicht „überflüssig", denn damit wird klargestellt, dass die Verpflichtungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar eigenem Recht und nicht dem Forderungsstatut nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ oder einem anderen Statut unterliegen. 23 Eine einheitliche Anknüpfung von Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ hat zweifelsfrei ihre - bereits oben genannten - Vorteile, 24 kann m.E. jedoch nicht als entscheidendes Ar-

20

Vgl. auch Mangold, Abtretung 211, welcher darauf hinweist, dass der Begriff „Verpflichtungen" nicht mit der im Abtretungsrecht jener Staaten üblichen Begriffspraxis übereinstimmt, auf deren Verständnis Art. 12 EVÜ aufbaut. Art. 12 EVÜ geht vom Verständnis der romanischen Rechtsordnungen aus, die bei einer Forderungsabtretung zwischen dem Verhältnis Zedent - Zessionar und dem Verhältnis gegenüber dem Schuldner und nicht zwischen einem Verpflichtungs- und einem Verfügungsgeschäft unterscheiden. 21 Giuliano/Lagarde, Bericht 35. 22 Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (689). Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Feststellungen von Stadler, Gestaltungsfreiheit 700: „Offenbar war man bei der Ausformulierung des Art. 12 Europäisches Schuldvertragsübereinkommen so sehr darauf bedacht, eine hinreichende Unterscheidung zwischen der Wirksamkeit der Abtretung inter partes und gegenüber dem debitor cessus zum Ausdruck zu bringen, dass man ersteres - zumindest was die dingliche Seite anbelangt - aus den Augen verlor." 23 S. Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (615 f.); Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (689), weist zudem darauf hin, dass es in internationalen Übereinkommen durchaus üblich ist, Vorschriften aufzunehmen, die lediglich einer Klarstellung dienen. 24 Zu den Vorteilen eines Gleichklanges von Verpflichtungsstatut (Zessionsgrundstatut) und Verfügungsstatut (Zessionsstatut) im Vergleich zur Einheit von Verfügungsstatut

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7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

gument für eine Einheit von Zessionsgrundstatut und Zessionsstatut vorgebracht werden, da für das Verhältnis zum Schuldner jedenfalls das Forderungsstatut, welches vom maßgebenden Vertragsstatut nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ abweichen kann, zu beachten ist. 25 Aus all dem folgt, dass die Frage, nach welchem Recht die Verfügung über die Forderung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar unterliegt, nicht nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ anzuknüpfen ist. Rückblickend betrachtet, erscheinen die Feststellungen von Giuliano , „die Auslegung dieser Vorschrift bereitet keinerlei Schwierigkeiten", und „Sinn und Zweck der Vorschrift lassen kaum Zweifel aufkommen" jedenfalls als zu optimistisch.

D. Anknüpfung der Verfügung gegenüber Dritten nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ? Der Begriff „Dritte" umfasst die Gläubiger des Zedenten und des Zessionars, den Masserverwalter des Zedenten und des Zessionars, aber auch weitere Zessionare im Fall einer Mehrfachabtretung 27 derselben Forderung durch den Zedenten. Im Vorentwurf des EVÜ von 197228 war sowohl die Frage der Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten als auch die Frage der Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner in einer Bestimmung 29 ausdrücklich geregelt. In der beschlossenen Fassung des Art. 12 Abs. 2 EVÜ wird jedoch

und Forderungsstatut s. insbesondere Stadler, Gestaltungsfreiheit 711 ff. und Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 40 ff. 25 Ebenso Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (694 f.). 26 Giuliano/Lagarde, Bericht 34. 27 Vgl. nur Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 46; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 24, 27. 28 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Generaldirektion Binnenmarkt und Rechtsangleichung, XIV/399/72 - D, „Internationales Privatrecht", Bericht über die Sitzung der Regierungssachverständigengruppe, Brüssel (Sitzung vom 29. bis 31. Mai und vom 21. bis 23. Juni 1972 - Fortsetzung), 36 (Artikel 16). Der Text des Vorentwurfes ist im Am. J. Comp. L. 1973, 587 und in RabelsZ 1974, 211 veröffentlicht. 29 Art. 16 Abs. 2: „Das Recht, dem die ursprüngliche Forderung untersteht, bestimmt deren Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner sowie die Voraussetzungen, unter denen die Abtretung dem Schuldner und Dritten (Hervorhebung durch die Verfasserin) entgegengehalten werden kann." Vgl. Lando, The EC Draft Convention on the Law Applicable to Contractual and Non-Contractual Obligations, RabelsZ 1974, 6 (47).

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

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nur der Schuldner erwähnt. Daraus hat der niederländische Höge Raad 3 0 die Schlussfolgerung gezogen, dass die Frage der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber Dritten von Art. 12 Abs. 1 EVÜ erfasst und somit nach dem Zessionsgrundstatut zu beurteilen sei. Denn, so das Argument des niederländischen Gerichtshofes, hätten die Verfasser die Wirksamkeit des Forderungsüberganges gegenüber Dritten aus dem Anwendungsbereich des Art. 12 EVÜ ausschließen wollen, so hätte dies einen Niederschlag im Sachverständigenbericht von Giuliano/Lagarde gefunden. Auf Grund der Streichung im Art. 12 Abs. 2 EVÜ sei diese Frage nun im Art. 12 Abs. 1 EVÜ geregelt. M.E. ist jedoch gerade der gegenteilige Schluss naheliegender: Sollte trotz der Streichung in Art. 12 Abs. 2 EVÜ die Wirksamkeit des Forderungsüberganges gegenüber Dritten von Art. 12 Abs. 1 EVÜ erfasst werden, so hätte gerade dies einer Erwähnung im Sachverständigenbericht von Giuliano/Lagarde bedurft. 3 1 Entsprechende Gewissheit schafft ein unveröffentlichtes Dokument. 3 2 Aus diesem folgt klar die Absicht der Vertragsstaaten, im EVÜ nicht die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten regeln zu wollen, so dass aus Art. 12 EVÜ keine Kollisionsnorm für die Anknüpfung dieser Frage gewonnen werden kann. In Deutschland beurteilt eine Mindermeinung die Drittwirkung einer Forderungsabtretung nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ. 3 3

30 Entscheidung vom 16. Mai 1997 (Brandsma q.q. v. Hansa). Vgl. Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (681 f., 687 f., 710 f.); Koppenol-Laforce, Neth. Int'l L. Rev. 1998, 129 ff.; Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 ff; Joustra, IPRax 1999, 280 ff. 31 Vgl. auch die diesbezüglich kritische Anmerkung von Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 (350): „... what is not in the official Report is significant, but what is there either does not mean what is seems to say or carries no weight.", wobei sich der zweite Teil des Satzes auf einen weiteren Punkt in der Argumentation des Höge Raad hinsichtlich der Änderung der Formulierung des Art. 12 Abs. 1 EVÜ („Verpflichtungen" und nicht „Übertragung") bezieht. 32 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Generaldirektion Binnenmarkt und Gewerbliche Wirtschaft, III/l 366/77 - D, „Internationales Privatrecht", Dokument Nummer 129, Bericht über die Sitzung der Gruppe „Internationales Privatrecht" vom 19. bis 23. September 1977 in Dublin, 7 ff (Artikel 16). 33 Stadler, Gestaltungsfreiheit 714; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 50.

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7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

III. Art. 12 Abs. 2 EVÜ A. Regelungsgegenstand Nach dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 2 EVÜ bestimmt das Recht, dem die abgetretene Forderung unterliegt, die Übertragbarkeit der Forderung, das Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, sowie die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner. Unbestritten ist, dass Art. 12 Abs. 2 EVÜ den Schutz des Schuldners bei einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung vor Augen hat. 34 Umstritten ist jedoch, ob Art. 12 Abs. 2 EVÜ eine abschließende Aufzählung enthält oder nur einzelne Fragen hervorhebt, mit der Folge, dass alle Voraussetzungen für eine wirksame Abtretung (und die Wirkungen einer Abtretung) dem Statut der zedierten Forderung unterliegen, weshalb das Verfügungsgeschäft nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ anzuknüpfen sei.35 Es entspricht dem allgemein anerkannten Grundsatz des Schuldnerschutzes, dass die rechtliche Stellung des Schuldners durch die zwischen dem Zedenten und dem Zessionar vereinbarte Übertragung einer Forderung, an welcher der Schuldner als Partei nicht beteiligt ist, nicht verändert werden darf. 36 Kollisionsrechtlich wird der Schuldnerschutz durch die Anknüpfung an das Statut der abgetretenen Forderung gewährleistet: Der Schuldner soll hinsichtlich der ihn betreffenden Fragen im Zusammenhang mit der Abtretung auf die Anwendung jenes Rechts vertrauen dürfen, dem die zedierte Forderung unterliegt. Insoweit kann der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung die (Aus-)Wirkungen einer möglichen Abtretung auf seine Rechtsstellung vorhersehen. 37 Stammt die abgetretene Forderung aus einem vertraglichen Schuldverhältnis, 38 so ergibt sich das Forderungsstatut aus dem Vertragsstatut gemäß Art. 3 ff. EVÜ. Der von Art. 12 Abs. 2 EVÜ dem Schuldner gewährte „Schutz des Forderungssta34

Vgl. statt vieler von Hoffmann in Soergel12 Art. 33 EGBGB Rz. 7. Vgl. 7. Teil, 3. Kapitel, III.B. 36 Vgl. beispielsweise von Bar, RabelsZ 1989, 462 (465); derselbe, IPR II § 4 Rn. 564; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 14. 37 Ebenso Holzner, Zur Sicherungszession im IPR, ZfRV 1994, 134 (135). 38 Dies ist keine notwendige Voraussetzung für die Anwendung des Art. 12 EVÜ, da der Bezug zum vertraglichen Schuldverhältnis (Art. 1 Abs. 1 EVÜ) durch die rechtsgeschäftliche Übertragung der Forderung hergestellt wird. Vgl. von Bar, RabelsZ 1989, 462 (467); derselbe, IPR II § 4 Rn. 564; Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (614); von Hoffmann in Soergeln Art. 33 EGBGB Rz. 2; Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 12; Hohloch in Erman" Art. 33 EGBGB Rz. 3; a.A. Dicey/Morris, Conflict of Laws II13, Rule 118 Rn. 24-054. 35

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

569

tuts" kann diesem durch eine Rechtswahl zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nicht entzogen werden, es sei denn, der Schuldner erklärt seine Zustimmung zu einer diesbezüglich getroffenen Rechtswahl. 39 Im Folgenden soll kurz auf die von Art. 12 Abs. 2 ZessÜ genannten Aspekte eingegangen werden, die nach dem Forderungsstatut zu beurteilen sind. Die „Übertragbarkeit" einer Forderung erfordert die Beurteilung, ob eine konkrete Forderung als solche überhaupt Gegenstand einer Abtretung sein kann. 40 Der Übertragbarkeit einer Forderung können sowohl gesetzliche als auch zwischen dem Schuldner und dem Zedenten vereinbarte 41 Abtretungsverbote entgegenstehen. Gesetzliche Abtretungsverbote bestehen beispielsweise für Schmerzensgeld- und Unterhaltsansprüche, Lohnforderungen oder Versicherungsansprüche. 42 Nach h.A. in Deutschland 43 stellt die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen zukünftige oder bedingte Forderungen abgetreten werden können, ausschließlich eine Frage der Übertragbarkeit dar und ist daher nach dem auf die zedierte Forderung anwendbaren Recht zu beurteilen. Nach dem Forderungsstatut ist das Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner zu beurteilen. Die Maßgeblichkeit des auf die zedierte Forderung anzuwendenden Rechts bewirkt, dass die Rechtslage, sofern sie den Schuldner betrifft, durch den Gläubigerwechsel allein nicht verändert wird und somit der Schuldnerschutz sichergestellt ist. Der Inhalt der Forderung bleibt von der Abtretung unberührt. 44 Ebenso wie vor einer Übertragung der Forderung ist auch nach der Abtretung gemäß dem Forderungsstatut zu entscheiden, wann, wo und in welcher Höhe der Schuldner die Forderung zu bezahlen hat. Dies gilt auch für das Bestehen von Einreden (z.B. mangelhafte Leistung des Zedenten oder Verjährung der Forderung) und ihre Geltendmachung. 39 S. Hoyer, „Verlängerter" Eigentumsvorbehalt und Mehrfachzession im österreichischen Internationalen Privatrecht, in: Enzinger u.a. (Hrsg.), Aktuelle Probleme des Unternehmensrechts, Festschrift Gerhard Frotz zum 65. Geburtstag (1993) 53 (61 f.): „relativ zwingendes Statut"; Holzner, ZfRV 1994, 134 (135); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 19; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 47; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 23; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 21. 40 Vgl. etwa von Bar, IPRax 1992, 20 (22); Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 41; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 16 m.w.N. 41 Vgl. Bette, WM 1994, 1909 (1913). 42 Vgl. statt vieler Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 22. 43 Von Bar, RabelsZ 1989, 462 (470); derselbe, IPR II § 4 Rn. 567; von Hoffmann in SoergeP Art. 33 EGBGB Rz. 8; Hohloch in Erman" Art. 33 EGBGB Rz. 6; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 18. Ebenso für Österreich Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 16. 44 Vgl. etwa Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 42; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 17.

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7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Folgerichtig ist das Forderungsstatut auch für die Beurteilung maßgebend, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit wird. Daher ist nach dem Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, beispielsweise zu entscheiden, ob einer Leistung des Schuldners an den Zedenten, einer Aufrechnung 4 5 oder Hinterlegung durch den Schuldner befreiende Wirkung zukommt. Schlussendlich sind nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ die „Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann", nach dem Forderungsstatut zu beurteilen. Unbestritten 46 ist, dass damit die unterschiedlichen materiellrechtlichen Publizitätserfordernisse erfasst werden, die von einzelnen nationalen Rechtsordnungen für die materielle Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber dem Schuldner vorausgesetzt werden. Dazu zählen beispielsweise eine Benachrichtigung des Schuldners von der Abtretung 47 oder eine Registereintragung. 48

B. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis Zedent Zessionar nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ? 1.

Meinungsstand

Die Mehrzahl jener Autoren, die eine Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ ablehnen, da dieser nur die „Verpflichtungen" erfasse, knüpfen das Verfügungsgeschäft an das Forderungsstatut an. Diese Ansicht wird auch vom deutschen BHG 4 9 und vom Court of Appeal 5 0 geteilt. Nach der Auffassung der Vertreter dieser Ansicht erstrecken sich die „Voraussetzungen, 45

Basedow, ZEuP 1997, 615 (622). S. z.B. von Hoffmann in Soergeln Art. 33 EGBGB Rz. 10; Basedow, ZEuP 1997, 615 (622); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 25; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 22; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 18. 47 Hingegen stellt nach Koziol, DZWiR 1993, 353 (356) die Abtretungsanzeige bei einer Sicherungszession eine Formfrage (Art. 11 EVÜ) dar. 48 Vgl. Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 43, nach welchem diese Bestimmung (Art. 12 Abs. 2 EVÜ) vor allem die in den romanischen Rechtsordnungen vorgesehene förmliche Benachrichtigung des Schuldners vor Augen habe. 49 BGH, 8.12.1998 - XI ZR 302/97. Veröffentlicht u.a. in IPRax 2000, 128; S. dazu Stadler, Der Streit um das Zessionsstatut - eine unendliche Geschichte?, IPRax 2000, 104 ff. Vgl. auch die Entscheidung des OGH 1 Ob 38/03z vom 2.9.2003: Die Abtretung einer Akkreditivforderung unterliegt - auch im Verhältnis zwischen Inländern - jenem Recht, nach dem die abgetretene Forderung zu beurteilen ist. 50 Raiffeisen Zentralbank Österreich AG v Five Star General Trading LLC [2001] 3 All. E.R. 257; s. Stevens/Struycken, Assignment and the Rome Convention, Law Quart. Rev. 2002, 15 ff. 46

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVIJ

571

unter d e n e n d i e Übertragung d e m Schuldner e n t g e g e n g e h a l t e n w e r d e n kann", auf s ä m t l i c h e V o r a u s s e t z u n g e n e i n e r w i r k s a m e n Forderungsübertragung und d i e W i r k u n g e n einer Abtretung und sind nach d e m R e c h t der abgetretenen Forderung zu beurteilen. 5 1 D i e E n t s t e h u n g , der r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e Ü b e r g a n g und das E r l ö s c h e n einer Forderung sind d e m n a c h g e m ä ß d e m Forderungsstatut zu e n t s c h e i d e n . 5 2 N a c h von Bar53 sei Art. 3 3 A b s . 2 E G B G B ( d i e s e V o r s c h r i f t entspricht Art. 12 A b s . 2 E V Ü ) l e d i g l i c h zu e n g g e f a s s t , da er sich nur aus der Sicht d e s S c h u l d n e r s c h u t z e s zur A b tretungsproblematik äußere und das P r o b l e m d e s I n h a b e r w e c h s e l s e t w a s zu kurz k o m m e . 5 4 A l s w e s e n t l i c h e r Vorteil wird die e i n h e i t l i c h e A n k n ü p f u n g d e s Z e s s i o n s s t a t u t s h e r v o r g e h o b e n , da d i e s die Vorhersehbarkeit und R e c h t s s i c h e r h e i t erhöhe. 5 5 S o f e r n das V e r f ü g u n g s g e s c h ä f t nach Art. 12 A b s . 2 E V Ü 5 6 beurteilt wird, besteht k e i n e R e c h t s w a h l m ö g l i c h k e i t für d i e

51 Von Bar, RabelsZ 1989, 462 (469 ff.); derselbe, IPR II § 4 Rn. 567 f.; derselbe, IPRax 1992, 20 (22 f.); von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302 (303 f.); von Hoffmann in Soergeln Art. 33 EGBGB Rz. 7 („Trotz des unklaren Wortlautes von Art. 33 Abs. 1 und 2 liegt es damit nahe, dass die Frage, wer Gläubiger der Forderung ist, nach dem Recht beantwortet wird, unter dessen Geltung sich der Schuldner verpflichtet hat."); Peltzer, Die Forderungsabtretung im Internationalen Privatrecht, RIW 1997, 893 (897); Schwimann, Grenzüberschreitende Sicherungszession im gegenwärtigen und künftigen IPR, wbl 1998, 385 (387); Schwimann, IPR 3 , 127; Tzeng, Ottawa-Konvention 82 f.; Hohloch in Ermann Art. 33 EGBGB Rz. 4; Kegel/Schurig, IPR 9 § 18 VII 756 f.; Martiny in Reithmann/Martiny6 Rz. 328, 333; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 8; Freitag, Verkauf und Zession hypothekarisch gesicherter Forderungen im Internationalen Privatrecht, RIW 2005 25 (29); von Hoffmann/Thorn, IPR 8 § 10 Rn. 90; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 1, 11, 15, 17 f. Auch Dicey./Morris, Conflict of Laws II 13 , Rule 118 Rn. 24-054, Rn. 24-059, sprechen sich für Art. 12 Abs. 2 EVÜ aus; hingegen betonen Plender/Wilderspin, European Contracts Convention 2 Rn. 11-20 und 11-24, dass nicht endgültig geklärt sei, ob Art. 12 EVÜ auch den dinglichen Aspekt einer Abtretung regle, sofern dies jedoch angenommen werde, ist eine Anknüpfung an das Forderungsstatut gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ zu befürworten. 52 Vgl. etwa Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 2, 12 m.w.N.. S. bereits Guldener, Zession 25, welcher von der Einheit der Rechtsanwendung - „die Zession folgt dem Recht der Forderung" - spricht; diese sei zu beachten, soweit keine Gründe bestehen, von der Anwendung des Forderungsstatuts abzusehen. 53 IPRax 1992, 20 (22). 54 S. auch Hohloch in Erman11 Art. 33 EGBGB Rz. 4: „Das Gesetz ... gibt mit der Nennung der typischen Einzelfragen einer Abtretung zugleich einen Überblick über den Anwendungsbereich des Forderungsstatuts."; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 12, nach dessen Ansicht Abs. 2 die Abtretung und „auch eine Reihe weiterer Einzelfragen" regelt. 55 Z.B. von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302 (304); Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 8; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 11, 26. 56 Bei Maßgeblichkeit des Art. 12 Abs. 1 EVÜ können der Zedent und der Zessionar nicht nur für das Verpflichtungsgeschäft das anwendbare Recht wählen, sondern mittelbar auch für die Übertragung der Forderung.

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7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Forderungsabtretung, 57 es sei denn, der Schuldner erteilt seine Zustimmung. Andere Autoren sprechen sich mit unterschiedlicher Begründung gegen die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts für die Verfügung im Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar aus. 58 Ausgehend vom Wortlaut könne Art. 12 Abs. 2 EVÜ in der Weise interpretiert werden, dass er eine abschließende Aufzählung jener Aspekte der Forderungsabtretung enthalte, die aus Schuldnerschutzgründen dem Forderungsstatut unterliegen sollen. Demnach würden lediglich die Wirkungen einer Forderungsübertragung gegenüber dem Schuldner dem Recht der abgetretenen Forderung unterliegen. Dies deckt sich auch mit der Ansicht, dass der Wortlaut des Art. 12 EVÜ auf jene Rechtsordnungen zurückgeht, welche nicht zwischen dem Verpflichtungsgeschäft (Kausalgeschäft) und dem Verfügungsgeschäft unterscheiden, sondern das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar vom Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner sowie Dritten trennen. 59 Art. 12 Abs. 2 EVÜ bezieht sich auf das Rechtsverhältnis des Schuldners zu den Zessionsparteien nach einer Abtretung und nicht auf die grundlegende Frage, unter welchen Voraussetzungen der Zessionar neuer Forderungsinhaber wird. 60 Stoll61 hebt hervor, dass Anknüpfungsgegenstand des Art. 33 EGBGB (entspricht für die rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung Art. 12 EVÜ) offensichtlich der kausale Abtretungsvertrag mit seiner Verfügungswirkung sei. Insbesondere die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts für die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, sei „nur dann sinnvoll, wenn unter „Übertragung" ein die causa einschließender Abtretungsvertrag zu verstehen" sei, „nicht aber die bloße Einigung über die Abtretung als solche." D.h. Art. 12 Abs. 2 EVÜ kann auch in der Weise interpretiert werden, dass die Forderungsübertragung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar bereits erfolgt ist und lediglich die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen die bereits wirksame Übertragung

57

Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 14. Vgl. etwa Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17 f., 22 f.); dieselbe, RabelsZ 1996, 417 (433 ff.); Stadler, Gestaltungsfreiheit 714; Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (689); Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 (354); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 25; Hausmann in Staudingern Art. 33 EGBGB Rn. 13, 26 f. 59 Vgl. etwa Einsele, RabelsZ 1996, 417 (432). 60 S. Stoll, Anknüpfung bei mehrfacher Abtretung derselben Forderung, IPRax 1991, 223 (225 ff.); Stadler, Gestaltungsfreiheit 708. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (618): „Assuming that property in a debt has passed from assignor to assignee, a separate issue arises as to whether the assignee is entitled to enforce the debt against the debtor." 61 in Staudingern Internationales Sachenrecht Rn. 348. 58

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

573

der Forderung gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden kann, nach dem Forderungsstatut zu erfolgen hat. 62 2.

Stellungnahme

M.E. stellt Art. 12 Abs. 2 EVÜ eine abschließende Aufzählung jener Aspekte der rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung dar, die aus Gründen des Schuldnerschutzes an das Recht der abgetretenen Forderung anzuknüpfen sind, so dass die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts auf diese zu beschränken ist. Hingegen ist die Wirksamkeit der Übertragung einer Forderung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, d.h. das Verfügungsgeschäft, nicht nach dem Forderungsstatut zu beurteilen. Rabel hat in seiner rechtsvergleichenden Untersuchung über die Übertragung einer Forderung nachgewiesen, dass die Annahme, man müsse die Frage, wer nach einer Forderungsabtretung Gläubiger sei, aus Gründen des Schuldnerschutzes in jeder Hinsicht nach dem Forderungsstatut beurteilen, ein Irrtum sei. 63 Anerkennt eine Rechtsordnung die grundsätzliche Zulässigkeit der Übertragung einer Forderung vom Altgläubiger auf den Neugläubiger ohne Zustimmung oder Kenntnis des Schuldners, so ist der Schuldner gegen eine Abtretung und damit gegen einen Gläubigerwechsel nicht geschützt, sofern die Forderung als solche abtretbar ist. 64 Unter welchen Voraussetzungen der Zessionar neuer Forderungsinhaber wird, ist für die Rechtsstellung des Schuldners im Grunde von geringer Bedeutung. 65 Für den Schuldner ist entscheidend, unter welchen Voraussetzungen er an welche Person (Altgläubiger oder Neugläubiger) schuldbefreiend leisten bzw. seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch erheben kann. Eben dieses rechtliche Interesse des Schuldners wird aber durch Art. 12 Abs. 2 EVÜ hinreichend geschützt, indem einzelne Aspekte, welche die Rechtsstellung des Schuldners bei einer Forderungsabtretung bzw. sein Verhältnis zum Zedenten und zum Zessionar betreffen, dem Recht unterworfen werden, dem die abgetretene Forderung unterliegt. 66 Die diesbezügliche Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts kann auch nicht durch eine Rechtswahl zwischen dem Zedenten und dem Zessionar geändert werden, 67

62

Ebenso Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 36. Rabel, Conflict of Laws III2, 410. 64 Vgl. bereits Rabel, Conflict of Laws III2, 411: „Hence, while the defenses of the debtor inherent in his contract must be preserved, nevertheless the debt may be transferred anywhere in the world and to anybody, without his consent as well as without interferenc from the original law of the debt." 65 Ebenso Stadler, IPRax 2000, 104 (106). 66 Vgl. Stoll in Staudinge rn Internationales Sachenrecht Rn. 348. 67 Vgl. nur Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17); Stadler, IPRax 2000, 104 (106). S. auch Hoyer in FS Frotz 53 (62). 63

574

7. Teil: Die Abtretung im Internationalen

Privatrecht

so dass sich der Schuldner bei einer Übertragung der Forderung ihm gegenüber auf die Geltung des Forderungsstatuts verlassen kann. 68 Darüber hinaus ist jedoch der Schutz der Rechtsstellung des Schuldners nicht davon abhängig, dass auch andere Fragen, die nicht das rechtliche Interesse des Schuldners bei einer Forderungsabtretung betreffen, dem Forderungsstatut unterworfen werden. 69 Sofern eine Forderung abtretbar ist, 70 stellt die rechtsgeschäftliche Übertragung dieser Forderung auf den Zessionar einen selbstständigen Vorgang dar, der mit der Begründung und dem Erlöschen der zedierten Forderung nichts gemeinsam hat.71 Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb der Forderungsübergang im Innenverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar oder die Frage eines wirksamen Vertragsabschlusses der Abtretung oder einer Ungültigkeit des Verfügungsgeschäftes dem Forderungsstatut unterstellt werden soll. 72 Ein berechtigtes Interesse des Schuldners, dass diese Fragen nach dem Recht der zedierten Forderung entschieden werden soll, ist jedenfalls nicht erkennbar. 73 Erblickt man in Art. 12 Abs. 2 EVÜ eine Vorschrift, die - ausschließlich - aus Gründen des Schuldnerschutzes bestimmte Fragen dem Forderungsstatut unterwirft, so ist es allerdings folgerichtig, die in Art. 12 Abs. 2 EVÜ geregelten Aspekte nur insoweit dem Forderungsstatut zu un-

68

S. Hausmann in Staudinger'3 Art. 33 EGBGB Rn. 40. Vgl. Stoll, IPRax 1991, 223 (225): „Im übrigen aber, was insbesondere das Verhältnis der Zessionsparteien zueinander oder zu Dritten anlangt, steht die Herrschaft des Forderungsstatuts auf schwachen Füßen."; Stadler, IPRax 2000, 104 (106). 70 Aus Schuldnerschutzgründen ist dies gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ („Abtretbarkeit") nach dem Recht der abgetretenen Forderung zu beurteilen. Ist jedoch die Forderung mangels eines vereinbarten oder gesetzlichen Abtretungsverbotes abtretbar, so ist der Schuldner gegen die Übertragung der Forderung und den damit bewirkten Gläubigerwechsel nicht geschützt. Art. 12 Abs. 2 EVÜ stellt jedoch sicher, dass der Schuldner gegen eine Änderung des Inhalts der Forderung allein auf Grund der Abtretung geschützt wird. S. Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17). 71 Zutreffend Stadler, Gestaltungsfreiheit 712. S. auch Keller, Zessionsstatut 160 f., der betont, dass „bei der Bestimmung des auf die Forderung anwendbaren Rechts die Frage im Vordergrund steht, welches Recht über Entstehung und Inhalt der Forderung entscheiden soll, und die Möglichkeit einer späteren Abtretung der Forderung und anderer Verfügungen kaum beachtet wird." 72 Vgl. Guldener, Zession 27; Keller, Zessionsstatut 156 ff.; Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17 f.); Stadler, Gestaltungsfreiheit 712; Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (698); Hausmann in Staudingern Art. 33 EGBGB Rn. 29. Vgl. auch Rubel, Conflict of Laws III 2 , 410 und RUegsegger, Abtretung 76. 73 Vgl. Guldener, Zession 27, der zutreffenderweise darauf hinweist, dass die Bestimmungen über die Gültigkeitsvoraussetzungen des Abtretungsvertrages im Interesse des Zedenten und des Zessionars aufgestellt sind; Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17 f.). 69

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

575

terwerfen, als diese dem Schutz der Rechtsstellung des Schuldners dienen 74 und nicht etwa eine Gläubigerschutzvorschrift 75 darstellen. Die Verfügung im Verhältnis Zedent - Zessionar ist somit nicht nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ anzuknüpfen.

C. Anknüpfung der Verfügung gegenüber Dritten nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ? Nach der in Deutschland zu Art. 33 Abs. 2 EGBGB (entspricht Art. 12 Abs. 2 EVÜ) vertretenen h.A. 76 entscheidet grundsätzlich das Forderungsstatut über die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber Dritten. Diese Ansicht wird auch in der englischen Literatur vertreten.77 Hingegen ist Goode78 der Auffassung, dass diese Frage, da sie nicht von Art. 12 EVÜ geregelt werde, nach dem Recht am Wohnsitz des Schuldners (lex situs der Forderung) zu beurteilen sei. Auch in der französischen Literatur finden sich Vertreter dieser Ansicht. 79 Hingegen folgt aus den Materialien 80 zum EVÜ die klare Absicht der Vertragsstaaten, im EVÜ nicht die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten regeln zu wollen, so dass auch aus Art. 12 Abs. 2 EVÜ keine Kollisionsnorm für die Anknüpfung dieser Frage gewonnen werden kann.

74 S. Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 24; Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 41; indirekt auch Einsele, ZVglRWiss 1991, 1 (17). 75 Stoll in Staudingern Internationales Sachenrecht Rn. 350. 76 Von Bar, RabelsZ 1989, 462 (470); derselbe, IPR II § 4 Rn. 567; von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302 (303 f.); von Hoffmann in Soergel12 Art. 33 EGBGB Rz. 12; Basedow, ZEuP 1997, 615 (622); Mangold, Abtretung 213 f.; Hohloch in Ermanu Art. 33 EGBGB Rz. 6; Kropholler, IPR5, 486 f.; Martiny in Reithmann/Martiny6 Rz. 326; Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 25 f.; ebenso für Österreich Schwimann, IPR 3 , 126 f.; Verschraegen in Rummel II/6 3 Art. 12 EVÜ Rz. 28, 30 f. 77 Dicey/Morris, Conflict of Laws II13, Rule 118 Rn. 24-054, Rn. 24-057, Rn. 24-059. Vgl. jedoch auch die Entscheidung Macmillan Inc. v. Bishopsgate Investment Trust plc and others (No.3), Court of Appeal, Civil Division, veröffentlicht in All. E.R. 1996, Volume 1, 585 ff. und High Court (Chancery Division), veröffentlicht in Week. L.R. 1995, Volume 1, 978 ff.; vgl. die Besprechung von Kieninger, Übertragung von Gesellschaftsanteilen im englischen Internationalen Privatrecht, IPRax 1997, 449 (455 f.). 78 Commercial Law 3 , 1110 f. 79 Vgl. die Nachweise bei Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (690 Fn 54); Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 16. 80 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Generaldirektion Binnenmarkt und Gewerbliche Wirtschaft, III/1366/77 - D, „Internationales Privatrecht", Dokument Nummer 129, Bericht über die Sitzung der Gruppe „Internationales Privatrecht" vom 19. bis 23. September 1977 in Dublin, 7 ff (Artikel 16).

576

7. Teil: Die Abtretung im Internationalen

Privatrecht

D. Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis zum Schuldner nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ? Art. 12 E V Ü erfasst a l l g e m e i n nicht d i e V e r f ü g u n g s w i r k u n g einer F o r d e rungsabtretung, 8 1 s o d a s s Art. 12 A b s . 2 E V Ü nicht d i e V e r f ü g u n g i m V e r hältnis z u m S c h u l d n e r 8 2 regelt. 8 3

IV. Ergänzende Norm für die Anknüpfung der Verfügung A. Einleitung A u s d e m V o r a n g e h e n d e n f o l g t , dass nach der hier vertretenen A u f f a s s u n g d i e V e r f ü g u n g z w i s c h e n d e m Z e d e n t e n und d e m Z e s s i o n a r w e d e r n a c h Art. 12 A b s . 1 E V Ü (Verpflichtungsstatut, Z e s s i o n s g r u n d s t a t u t ) n o c h n a c h Art. 12 A b s . 2 E V Ü (Forderungsstatut) a n z u k n ü p f e n ist, da Art. 12 A b s . 1 E V Ü lediglich die obligatorischen Verpflichtungen zwischen d e m Zedenten und d e m Z e s s i o n a r erfasst und nach Art. 12 A b s . 2 E V Ü die A n k n ü p f u n g an das Recht, d e m d i e abgetretene Forderung unterliegt, auf d i e i m E i n z e l n e n g e n a n n t e n A s p e k t e d e s S c h u l d n e r s c h u t z e s beschränkt ist. M i t anderen Worten: D i e V e r f ü g u n g z w i s c h e n d e m Z e d e n t e n und d e m Z e s s i o nar wird v o n Art. 12 E V Ü nicht g e r e g e l t . 8 4

81 Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (615 f.); Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (710). S. auch Stadler, Gestaltungsfreiheit 700; Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 (354). 82 Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (704). 83 Für die Verfügungswirkung im Verhältnis zum Schuldner s. 7. Teil, 3. Kapitel, IV.C. 84 Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (615 f.); Stadler, Gestaltungsfreiheit 700, 715, nach deren Ansicht jedoch auf Grund einer möglichst einheitlichen Auslegung von Art. 12 EVÜ das Verpflichtungs- und das Verfügungsgeschäft zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ anzuknüpfen sind; Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (689); Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345, 350 („It would probably be closer to the truth to accept that, when the Convention was made 20-odd years ago, the drafters either did not consider in sufficient detail the issue of possible proprietary aspects of an assignment, or did not agree on a solution.") sowie 354 f.; Goode, Commercial Law 3 , 1109; Masch in Leible, Grünbuch 193 (199). Nach Ansicht von Plender/Wilderspin, European Contracts Convention 2 Rn. 11-20, kann diese Frage nicht mit Gewissheit beantwortet werden.

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

577

Dies gilt ebenso für die Verfügung im Verhältnis zu Dritten - diese Frage wird weder von Art. 12 Abs. 2 EVÜ noch von Art. 12 Abs. 1 EVÜ geregelt 85 und im Verhältnis zum Schuldner. Ausgehend von der Feststellung, dass Art. 12 EVÜ die Verfügungswirkungen einer Forderungsabtretung nicht regelt, ergibt sich folgende Alternative: Entweder bestimmen die Gerichte der einzelnen EVÜVertragsstaaten das für diese Fragen maßgebende Sachrecht mithilfe des jeweils autonomen Kollisionsrechts, oder es erfolgt die Ausarbeitung einer Art. 12 Abs. 1 und 2 EVÜ ergänzenden einheitlichen kollisionsrechtlichen Vorschrift für alle Vertragsstaaten. Die zweite Alternative ist einem Rückgriff auf das jeweils nationale Kollisionsrecht zweifellos vorzuziehen. Die Verfügung über eine Forderung steht mit den von Art. 12 EVÜ geregelten Gegenständen in einem engen sachlichen Zusammenhang. Eine uneinheitliche Anknüpfung dieser Fragen unter Berücksichtigung der rechtlichen Ausgestaltung der Forderungsabtretung im eigenen nationalen Sachrecht stellt daher eine Gefahr für die mit Art. 12 EVÜ angestrebte Vereinheitlichung dar. 86 Bei der Ausarbeitung einer eigenen einheitlichen Verweisungsnorm sind, wie Kieninger%1 zu Recht hervorhebt, primär die beteiligten „internationalprivatrechtlichen Interessen" zu berücksichtigen, wobei die konkrete Verweisungsnorm darüber hinaus mit dem Konzept des Art. 12 EVÜ vereinbar sein sollte. Das Statut, welches für das Verfügungsgeschäft als maßgeblich anerkannt wird, entscheidet in erster Linie darüber, ob der Zessionar Inhaber der Forderung geworden ist. 88 Nach diesem Statut ist daher zu beurteilen, ob die Übertragung einer Forderung kausal oder abstrakt erfolgt, ob somit das Verfügungsgeschäft ein wirksames Titelgeschäft (causa) voraussetzt, ob dieses vom Verfügungsgeschäft unabhängig ist oder ob die Verfügung bereits im Titelgeschäft enthalten ist. Die Anknüpfung des Verfügungsgeschäftes betrifft somit die Frage, ob das Konsensual- oder Trennungsprinzip, das Kausalitäts- oder Abstraktionsprinzip zu beachten ist. Ebenso ist nach dem Recht, dem das Verfügungsgeschäft unterliegt, zu beurteilen, ob dieses wegen arglistiger Täuschung, Drohung oder Irrtums angefochten werden kann oder auf Grund eines Gesetzesverstoßes nichtig ist.

85 Ebenso Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (616 f., für Mehrfachabtretung derselben Forderung: 621, 623 f.); Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (689 f.); Goode, Commercial Law 3 , 1110 f. 86 S. Basedow, ZEuP 1997, 615 (623), der auf die Gefahr einer isolierten und punktuellen Entwicklung solcher Kollisionsnormen innerhalb eines im Übrigen vereinheitlichten Kollisionsrechts hinweist. 87 RabelsZ 1998, 678 (691). 88 Vgl. Hoyer in FS Frotz 53 (61 f.); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 30.

578

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

B. Verfügung zwischen Zedent und Zessionar und gegenüber Dritten Der Anknüpfung des Verfügungsgeschäftes und der Anknüpfung der Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten sollte dasselbe Anknüpfungsmoment zugrunde liegen, denn die Wirksamkeit der Verfügung ist Voraussetzung jeder Drittwirkung. 89 Ist die Abtretung inter partes nicht wirksam, so kann sie beispielsweise auch keine Verfügungswirkungen gegenüber Gläubigern des Zedenten entfalten oder das Problem einer Mehrfachabtretung stellt sich nicht. Das Statut, welches für die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar maßgebend ist, gilt daher auch für die Anknüpfung der Verfügung im Verhältnis zu Dritten. Nach Basedow90 und Kieninger91 können nur dadurch „unüberwindbare Wertungsdiskrepanzen" bzw. nach Müsch92 im Ergebnis „unsinnige Folgen" verhindert werden. 93 Im Folgenden werden vier Möglichkeiten einer Anknüpfung erörtert: eine Anknüpfung an das Recht des Verpflichtungsgeschäftes, das Recht der abgetretenen Forderung, die Niederlassung des Schuldners sowie eine Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten. Dabei erfolgt eine Beschränkung auf die wesentlichen Vorzüge und Nachteile der jeweiligen Anknüpfung. 1.

Statut des

Verpflichtungsgeschäftes

Die Anknüpfung der Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie im Verhältnis zu Dritten an das Statut des Verpflichtungsgeschäftes hat zwei Vorzüge: Zum einen erreicht man damit eine einheitliche Anknüpfung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Zum anderen können der Zedent und der Zessionar über eine Rechtswahl für das Verpflichtungsgeschäft mittelbar auch das für das Verfügungsgeschäft maßgebende Recht vereinbaren, und dies nicht nur für die Verfügungswirkung zwischen ihnen, sondern auch für die Wirksamkeit der Abtretung gegen-

89 Stoll, Stellungnahme vom 13.9.03 zum Grünbuch über die Umwandlung des RomÜbereinkommens aus dem Jahr 1980 in ein Gemeinschaftsinstrument KOM (2002) 654, 1 (4). 90 ZEuP 1997,615 (623). 91 RabelsZ 1998, 678 (709 f.); s. auch Kieninger/E. Schütze, Die Forderungsabtretung im Internationalen Privatrecht, IPRax 2005, 200 (206). 92 in Leible, Grünbuch 195 (203). 93 Ebenso Diehl-Leistner, Internationales Factoring 95; Stevens/Struycken, Law Quart. Rev. 2002, 15 ff.; Eidenmüller, AcP 2004, 457 (497). A.A. Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 50.

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVI1

579

über Dritten. 94 Unbestritten wird durch die Bejahung einer solchen Rechtswahlmöglichkeit die Forderungsabtretung im internationalen Handel wesentlich erleichtert. Der Zedent und der Zessionar können jenes Recht wählen, das über die Wirksamkeit der Forderungsabtretung entscheidet. Dies ist für den Zedenten und den Zessionar insbesondere bei jenen Forderungsabtretungen von wesentlicher Bedeutung, bei welchen die zedierten Forderungen als Sicherungsgrundlage für Waren- oder Geldkredite dienen sollen, zumal Sicherungsabtretungen nicht nach allen Rechtsordnungen zulässig sind bzw., sofern sie zulässig sind, unterschiedliche Wirksamkeitsvoraussetzungen bestehen. Durch die Rechtswahlfreiheit wird es den Parteien ermöglicht, wirksame Sicherheiten an Forderungen zu bestellen. Zweifellos trägt dies im erheblichen Ausmaß zur Rechtssicherheit im Verhältnis der Parteien des Abtretungsvertrages zueinander bei. Der erste Vorzug - auf Grund des Gleichlaufes von Verpflichtungs- und Verfügungsstatut erfolgt die Beurteilung der Rechtsbeziehung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nach derselben Rechtsordnung - wird dadurch relativiert, dass einzelne Aspekte, welche die Rechtsstellung des Schuldners bei einer Forderungsabtretung bzw. sein Verhältnis zum Zedenten und zum Zessionar betreffen, jedenfalls dem Recht unterworfen werden, dem die abgetretene Forderung unterliegt (Forderungsstatut gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ). 95 Der Nachteil einer Anknüpfung an das Statut des Verpflichtungsgeschäftes besteht zudem darin, dass damit die Interessen der Gläubiger des Zedenten grundsätzlich in den Hintergrund gerückt werden. 96 Die Zedenten des Gläubigers können von der Anwendung des Verpflichtungsstatuts für die Wirksamkeit einer Abtretung ihnen gegenüber - jedenfalls bei aus ihrer Sicht rein inländischen Sachverhalten - überrascht werden. 97 Eine Vernachlässigung der Interessen Dritter bei einer einheitlichen Anknüpfung von Verpflichtungs- und Verfügungsstatut kommt besonders in jenen Fällen zum Vorschein, in denen die Wirksamkeit einer (sicherungsweisen) Abtretung gegenüber Dritten von einer Registereintragung abhängig ist 94

Vgl. etwa Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (693); Hausmann in Staudinger" Art. 33 EGBGB Rn. 28, 38. 95 Vgl. nur Stadler, IPRax 2000, 104 (107). 96 Vgl. zum Folgenden Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (693 f.); Stadler, IPRax 2000, 104, (108); Müsch in Leible, Grünbuch 193 (199). 97 Ein gutes Beispiel dafür ist der vom Höge Raad entschiedene Fall (Entscheidung vom 16.5.1997, Brandsma q.q. v. Hansa): Die Maßgeblichkeit des Verpflichtungsstatuts (Rechtswahl) hatte zur Folge, dass sich der deutsche Vorbehaltsverkäufer (Zessionar) eine dem niederländischen Recht unterliegende Forderung einer niederländischen Firma (Vorbehaltskäufer, Zedent) gegen einen niederländischen Abnehmer mit Wirkung gegen niederländische Gläubiger des Zedenten sichern konnte, obwohl eine Sicherungsabtretung nach niederländischem Recht nicht zulässig ist.

580

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

und durch eine Registereintragung eine zuverlässige Information der Gläubiger des Zedenten gewährleistet wird. Räumt man jedoch dem Zedenten und dem Zessionar die Möglichkeit ein, das auf das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft anwendbare Recht zu wählen, so können sie beispielsweise eine Rechtsordnung wählen, die diese Wirksamkeitsvoraussetzung nicht enthält. 2.

Forderungsstatut

Eine Anknüpfung an das Forderungsstatut hat einen wesentlichen, sogleich ins Auge springenden Vorteil: Entscheidet das auf die Forderung anwendbare Recht entsprechend der h.A 98 . in Deutschland sowohl über die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber dem Schuldner als auch über die Verfügung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber Dritten, so verhindert diese einheitliche Anknüpfung eine Relativität der Inhaberstellung des Zessionars." Aber auch bei einer Anknüpfung der hier in Frage stehenden Rechtsverhältnisse an das Forderungsstatut kommen bei einer Forderungsabtretung grundsätzlich zwei Rechtsordnungen in Betracht, denn für die (schuldrechtlichen) Verpflichtungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ist auf Grund der klaren Regelung des Art. 12 Abs. 1 EVÜ eine Anknüpfung an das Zessionsgrundstatut (Verpflichtungsstatut) erforderlich. 100 Eine Anknüpfung an das Forderungsstatut hat für die Verfügungswirkungen im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber Dritten, insbesondere für die Gläubiger des Zedenten, allerdings auch eine Kehrseite. Bezogen auf den Zessionar besteht folgender gravierender Nachteil: 101 Bei einer Übertragung mehrerer, im Zeitpunkt der Abtretung bereits bestehender Forderungen gegenüber verschiedenen Schuldnern können die zedierten Forderungen unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen, was im internationalen Handel regelmäßig der Fall sein 98

S. Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 14, 17 f., 26 m.w.N. Die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts wird zudem damit begründet, dass Verfügungen über eine Forderung dem Recht unterliegen sollen, welches über ihren Bestand und ihr Erlöschen entscheidet. Nach Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 2, gibt es „keinen anderen aussagekräftigeren Fixpunkt als das Wirkungsstatut selbst". Dagegen kann jedoch vorgebracht werden, dass die Geltung des Forderungsstatuts für die Übertragung einer Forderung der „selbstständigen Natur" einer Abtretung zu wenig Gewicht beimisst. Vgl. auch Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (605). 100 Bei der Übertragung einer im Zeitpunkt der Abtretung bereits bestehenden Forderung können jedoch der Zedent und der Zessionar für das von ihnen vereinbarte Verpflichtungsgeschäft jene Rechtsordnung wählen, dem die abzutretende Forderung unterliegt. 101 Vgl. statt vieler Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (698 f.); Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (202). 99

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

581

wird. D.h. der Zessionar ist bei einer Globalzession bestehender Forderungen gezwungen, festzustellen, welcher Rechtsordnung jede einzelne Forderung unterliegt, um die nach der jeweiligen Rechtsordnung bestehenden Voraussetzungen für eine wirksame Verfügung über die Forderung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und ihm sowie die davon allenfalls abweichenden Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten feststellen zu können. Dieses Problem verschärft sich, sofern zukünftige Forderungen abgetreten werden, deren Statut im Zeitpunkt der Abtretung noch gar nicht feststeht. Bei Globalzessionen zukünftiger Forderungen (sei es zu Sicherungszwecken oder als Vollzession) hat der Zessionar keine Möglichkeit, das auf die Forderung anwendbare Sachrecht festzustellen, um die nach dem jeweiligen Recht erforderlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen beachten zu können. Eine Anknüpfung an das Forderungsstatut gewährt den Zessionaren für den Fall einer Mehrfachabtretung derselben Forderung durch den Zedenten oder einer Insolvenz des Zedenten nicht jene Rechtssicherheit, die insbesondere bei Global-Sicherungszessionen zukünftiger Forderungen von den Kreditgebern erwartet wird. 102 Die Anknüpfung der Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar an das Forderungsstatut hat für den Zessionar einen weiteren Nachteil, sofern die abgetretene Forderung einem Recht unterliegt, welches zwischen der Wirksamkeit der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber dem Schuldner unterscheidet. 103 Bejaht man mit der h.A. 104 in Deutschland eine Anknüpfung der Verfügung an das Forderungsstatut, so ist die übertragende Wirkung der Abtretung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar von jener Voraussetzung abhängig, deren Einhaltung erforderlich ist, damit die Forderung mit Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner übergeht. Die Interessen des Schuldners werden jedoch durch die zwingende Anwendung des Forderungsstatuts betreffend die Wirkungen einer Forderungsübertragung hinreichend geschützt, ein schutzwürdiges Interesse des Zedenten oder der Gläubiger des Zedenten an der Geltung des Forderungsstatuts ist hingegen nicht ersichtlich. 105 Was jedoch bleibt, sind die für den Zessionar damit verbundenen Nachteile.

102 Vgl. Müsch in Leible, Grünbuch 193 (202), der davor warnt, über den Umweg einer für den Zessionar „unfreundlichen" Anknüpfung an das Forderungsstatut die antizipierte Globalzession als Sicherungsmittel im grenzüberschreitenden Handel unbrauchbar zu machen. 103 So beispielsweise das französische, das italienische oder das spanische Recht. 104 S. Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 14, 17 f., 26 m.w.N. 105 S. Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (698), für die Gläubiger des Zedenten; Müsch in Leible, Grünbuch 193 (202).

582

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Gegenüber den Gläubigern des Zedenten hat die Anknüpfung an das Forderungsstatut für eine Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten den Nachteil, dass ihnen das auf die Forderung anwendbare Recht nicht mit Gewissheit bekannt ist, da der Zedent und der Schuldner eine Rechtswahl für das Rechtsgeschäft, dem die zedierte Forderung entspringt, getroffen haben können. 106 D.h. den Gläubigern des Zedenten sind zum einen die Voraussetzungen unbekannt, unter welchen eine Forderung auf den Zessionar übergeht, und zum anderen, ob nach dem Forderungsstatut weitere Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Abtretung gegenüber Dritten bestehen. 3.

Niederlassung

des

Schuldners

Die Anknüpfung an das Recht der Niederlassung des Schuldners für das Verfügungsgeschäft wird beispielsweise von Hoyer101 und Goodel0S vertreten. Begründet wird dies mit der Sicherheit der Verfügung oder der Erleichterung der Forderungsdurchsetzung. 109 Von der französischen Lehre und Judikatur wird die Anknüpfung an das Wohnsitzrecht des Schuldners für die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten vertreten. 110 Für das französische Kollisionsrecht ist dies mit den Eigenheiten des Sachrechts zu erklären, welches eine Erfüllung der Publizitätserfordernisse am Sitz des Schuldners erfordert, um dem Schuldner die Forderungsabtretung entgegenhalten zu können. 111 Im Übrigen beruht die Anknüpfung an das Recht der Niederlassung des Schuldners auf dem lex situs Grundsatz des IPR. 112 Die Nachteile, die gegen eine Anknüpfung des Verfügungsgeschäftes zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie der Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten an das Forderungsstatut sprechen, bestehen grundsätzlich auch bei einer Anknüpfung an das Wohnsitzrecht des Schuldners. Werden mehrere bestehende Forderungen im Paket abgetreten, so ist für jede einzelne Forderung das Sitzrecht des Schuldners festzustel106

S. Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (697). in FS Frotz 53 (63). 108 Commercial Law 3 , 1109, jedoch nicht für eine Globalzession bestehender und/oder zukünftiger Forderungen (Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten). Zur lex situs Regel im englischen Kollisionsrecht vgl. Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (605 ff.). 109 S. RUegsegger, Abtretung 49 ff.; Hoyer in FS Frotz 53 (63); weitere Nachweise bei Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 2 Fn 6. 110 Vgl. die Nachweise für die französische Rechtsprechung und Literatur Hausmann in Staudingerli Art. 33 EGBGB Rn. 16. Ebenso Hausmann in Staudinger13 Art. 33 EGBGB Rn. 49. 112 Hoyer in FS Frotz 53 (63). Zur Kritik am Versuch, Forderungsrechte, die keinen realen locus situs haben, als an einem Ort belegen anzusehen, vgl. beispielsweise Schnitzer, Handbuch des IPR II4, 658. 107

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

583

len, um die Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Abtretung der global zedierten Forderungen bestimmen zu können. Werden zukünftige Forderungen abgetreten, so ist es für den Zessionar in der Regel unmöglich, bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages die Niederlassungen der potenziellen Schuldner des Zedenten in Erfahrung zu bringen. Darüber hinaus werden Konflikte zwischen dem Zessionar und den Gläubigern des Zedenten bzw. zwischen mehreren Zessionaren über die Frage, wer Inhaber der Forderung ist, üblicherweise nicht am Sitz des Schuldners ausgefochten, sondern in der Regel am Sitz des Zedenten." 3 Bei einer Bestimmung des Verpflichtungs- und des Forderungsstatuts nach Art. 4 Abs. 2 EVÜ werden für die Beurteilung einer Forderungsabtretung in der Regel zwei Rechtsordnungen - Recht am Niederlassungsort des Zedenten und am Niederlassungsort des Schuldners - zu beachten sein: Das Recht am Niederlassungsort des Zedenten gilt sowohl für die Verpflichtungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar 114 als auch für den Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner, da der Zedent die jeweils vertragscharakteristische Leistung erbringt. Für die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie die Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dem Schuldner und Dritten ist sodann als zweites Recht jenes am Niederlassungsort des Schuldners maßgebend. 4.

Niederlassung

des Zedenten

Koppelt man das Verfügungsstatut und das Statut für die Drittwirksamkeit einer Abtretung weder an das Verpflichtungsstatut noch an das Forderungsstatut, sondern wählt ein eigenes Anknüpfungsmerkmal, nämlich die Niederlassung des Zedenten, so können grundsätzlich drei Rechtsordnungen zur Anwendung gelangen. 115 Dies wird bei einer objektiven Anknüpfung des Forderungsstatuts jedoch selten der Fall sein, da die Niederlassung des Zedenten als Erbringer der charakteristischen Leistung auch das Forderungsstatut bestimmen wird. Erfolgt zudem eine objektive Anknüpfung des Verpflichtungsstatuts, so ist ebenfalls grundsätzlich die Leistung des Zedenten als die charakteristische Leistung zu bewerten, so dass lediglich eine Rechtsordnung auf die hier erörterten Fragen zur Anwendung 113

S. Masch in Leible, Grünbuch 193 (202). Es sei denn, es liegt ein Factoringvertrag vor, da bei diesem der Factor (Zessionar) die charakteristische Leistung erbringt. Vgl. nur Basedow, ZEuP 1997, 615 (619); vgl. Magnus in Staudingern Art. 28 EGBGB Rn. 536 f.; Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 EGBGB Rn. 5 m.w.N. 115 Bei einer Anknüpfung der Verfügung zwischen Zedent - Zessionar und der Wirksamkeit der Abtretung gegenüber Dritten an das Verpflichtungsstatut (Art. 12 Abs. 1 EVÜ) oder an das Forderungsstatut (Art. 12 Abs. 2 EVÜ) sind bei einer objektiven Anknüpfung zwei Rechtsordnungen der kollisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen. Erfolgt die Anknüpfung an den Sitz des Schuldners, so sind es grundsätzlich drei. 114

584

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

gelangt: das Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. Beim Factoring, bei welchem die Leistung des Factors (Zessionars) als die den Vertrag charakterisierende Leistung bewertet wird, können der Zedent und der Zessionar das Recht der Niederlassung des Zedenten auch für ihre Verpflichtungen wählen. 116 M.E. ist jedoch die Anzahl der Rechtsordnungen, die bei einer Forderungsabtretung zu beachten sind, kein Argument für oder gegen ein bestimmtes Anknüpfungsmerkmal bei der Anknüpfung des Verfügungsgeschäftes und der Drittwirksamkeit der Abtretung. 117 Allerdings ist unbestritten, dass eine möglichst einheitliche Anknüpfung Anpassungsschwierigkeiten vermindert bzw. vermeidet und für die Praxis leichter zu handhaben ist. Einheitslösungen werden einer kollisionsrechtlichen Interessensabwägung allerdings nur selten gerecht. 118 Für eine Anknüpfung der Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und der Drittwirksamkeit an das Niederlassungsrecht des Zedenten sprechen folgende Gründe: 119 Die Niederlassung des Zedenten ist so116 Bei einer Anknüpfung der Verfügung zwischen Zedent - Zessionar und der Drittwirksamkeit der Abtretung an das Verpflichtungsstatut (Art. 12 Abs. 1 EVÜ) oder an das Forderungsstatut (Art. 12 Abs. 2 EVÜ) können der Zedent und der Zessionar bei einer Globalzession bestehender oder zukünftiger Forderungen durch ihre Rechtswahl keine Reduktion der Rechtsordnungen auf eine bewirken; bei einer Abtretung bestehender Forderungen sind dem Zedenten und dem Zessionar zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages die in verschiedenen Staaten niedergelassenen Schuldner zwar bekannt, jedoch müsste dann pro Staat ein Abtretungsvertrag mit entsprechender Rechtswahl getroffen werden. Bei einer Abtretung zukünftiger Forderungen stellt sich das bereits dargelegte Problem: Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages ist das jeweilige Forderungsstatut nicht mit Gewissheit bekannt. 117 Vgl. nur Stadler, IPRax 2000, 104 (108) und Hausmann in Staudinger13 Anh. zu Art. 33 E G B G B Rn. 50, welche die Anzahl der grundsätzlich in Betracht kommenden Rechtsordnungen als Argument gegen die Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten vorbringen. 118 Stadler, IPRax 2000, 104 (109). 119 Vgl. dazu etwa folgende Autoren, die eine Anknüpfung an das Niederlassungsrecht des Zedenten f ü r die Verfügungswirkung im Verhältnis Zedent - Zessionar und/oder gegenüber Dritten befürworten: Rabel, Conflict of Laws III 2 , 442 f.; Kaiser, Verlängerter Eigentumsvorbehalt 202 ff., 208 ff.; Leflar, American Conflicts Law, 4. edition (1986) 526; Moshinsky, Law Quart. Rev. 1992, 591 (617 f.; 624 f.); von Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, Sachenrecht und Insolvenzrecht unter dem EG-Vertrag (1996) 429 ff.; Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (702 ff.); Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 (357 ff.); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 60 ff. (für gläubigerschützende Vorschriften und die Abtretung von Buch- oder Geldforderungen); European Group for Private International Law, Third consolidated version of a proposal to amend articles 1, 3, 4, 5, 6 and 7, 9, lObis, 12 and 13 of the Rome Convention of 19 June 1980 on the Law Applicable to Contractual Obligations, and article 15 of Regulation 44/2001/EC (Brussels I), Art. 12; Magnus/Mankowski, The Green Paper on a Future Rome I Regulation - on the Road to a Renewed European Private International Law of

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

585

wohl für den Zessionar als auch für Dritte, also Gläubiger des Zedenten und konkurrierende Zessionare, leicht feststellbar. Da diese Niederlassung im Zeitpunkt der Abtretung bereits feststeht und unabhängig vom Statut der jeweiligen Forderung oder von der Niederlassung des jeweiligen Schuldners ist, erleichtert dies die Abtretung von Forderungspaketen bzw. Globalzessionen bzw. Sicherungszessionen im grenzüberschreitenden Handel. Dadurch wird die Anwendung einer Rechtsordnung für die Abtretung mehrerer Forderungen gegen Schuldner in unterschiedlichen Staaten ermöglicht. Bei einer Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten ist eine Rechtswahl zwar ausgeschlossen, jedoch können der Zedent und der Zessionar für ihre wechselseitigen Verpflichtungen die Anwendung des Niederlassungsrechts des Zedenten vereinbaren und somit einen Gleichlauf zwischen dem Verpflichtungsstatut und dem Verfügungsstatut 120 erreichen. 121 Bei einer Mehrfachzession unterliegen alle Abtretungen derselben Forderung durch denselben Zedenten einer Rechtsordnung. Im Konkurs des Zedenten werden einerseits der Schutz der Gläubigerordnung im Niederlassungsstaat des Zedenten und andererseits die Anerkennung der Sicherungszession durch das Konkursstatut des Zedenten gewahrt. 122 Eine Anknüpfung der Verfügung und der Drittwirksamkeit an das Niederlassungsrecht des Zedenten wird sowohl den Interessen des Zessionars als auch den Interessen Dritter 123 gerecht. Aber auch SchuldnerschutzgrünContracts, ZVglRWiss 2004, 131 (185 f.); Max Planck Institute for Foreign Private and Private International Law, Comments on the European Commission's Green Paper on the conversion of the Rome Convention of 1980 on the law applicable to contractual obligations into a Community instrument and its modernization, RabelsZ 2004, 1 (79 f.); Stoll, Stellungnahme Grünbuch, 1 (3 ff.); Müsch in Leible, Grünbuch 193 (202 f.); Horn in FS Wiegand 373 (383); Stoll in FS Sonnenberger 695 (710); Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 221; Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (202 f., 206). Unter Beschränkung auf Global- und/oder Sicherungszessionen: Stoll, IPRax 1991, 223 (225 ff.); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 104; Stoll in Staudingern Internationales Sachenrecht Rn. 350; (nur für den Fall einer Sicherungsabtretung erörtert) Posch, Mehrfache Sicherungsabtretung im deutsch-österreichischen Rechtsverkehr: eine Quelle kollisionsrechtlicher Probleme, IPRax 1992, 51 (54); Holzner, ZfRV 1994, 134 (137), der nur eine Anknüpfung der Publizitätsvorschriften an den Sitz des Zedenten bejaht; Kreuzer in MünchKomm BGB 3 nach Art. 38 EGBGB Anhang I Rn. 93; Goode, Commercial Law 3 , 1109. 120 Zur Kritik an der Spaltung von Verpflichtung und Verfügung vgl. Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (707 ff.); Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 40 ff.; Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (203). 121 Haben der Zedent und der Schuldner für ihren Vertrag keine Rechtswahl getroffen, so deckt sich das Forderungsstatut mit dem Niederlassungsrecht des Zedenten. 122 Vgl. nur Kaiser, Verlängerter Eigentumsvorbehalt 204. 123 S. Struycken, Lloyds Mar. & Com. L.Q. 1998, 345 (359); Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (202).

586

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

de sprechen nicht gegen die hier vertretene Anknüpfung, denn die Frage, nach welchem Recht die Verfügung im Verhältnis Zedent - Zessionar und zu Dritten beurteilt wird, berührt nicht das Interesse des Schuldners. Für den Schuldner ist allein das Forderungsstatut gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ maßgebend, unabhängig davon, wer nach dem Verfügungsstatut berechtigter Inhaber der Forderung geworden ist. 124 Da der Zedent den Ort seiner Niederlassung ändern kann, ist fraglich, welcher Zeitpunkt für die Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten für die Beurteilung der Drittwirksamkeit in Betracht kommt; denkbar sind der Zeitpunkt der ersten Verfügung oder der Entstehung des Vorrangkonfliktes. 125 Verlegt der Zedent seine Niederlassung in einen anderen Staat und tritt er in diesem Staat dieselbe Forderung an einen anderen Zessionar nochmals ab, so ist bei Maßgeblichkeit der Niederlassung im Zeitpunkt der Verfügung zu überprüfen, ob der Zedent im ursprünglichen Staat die Forderung mit Wirksamkeit gegenüber Dritten (und somit auch gegenüber dem weiteren Zessionar) bereits abgetreten hat. 5.

Sonderanknüpfung für Sicherungs- und

Globalzession?

Der Wortlaut des Art. 12 EVÜ unterscheidet weder nach dem Zweck der Forderungsabtretung (z.B. Vollzession, Sicherungszession) oder ob eine Singularzession oder Globalzession vorliegt, noch nach der Art der abgetretenen Forderung (z.B. bestehende oder zukünftige Forderung). 1 2 6 In der Literatur bejahen einige Autoren eine Sonderanknüpfung für die Sicherungs- bzw. Globalabtretung und gelangen auf diesem Weg zu der hier allgemein vertretenen Kollisionsregel für diese Fragen. 127 Nach der in Deutschland h.M. 128 ist eine Sonderanknüpfung abzulehnen und das Forde-

124 Vgl. Stoll, Stellungnahme Grünbuch, 1 (4), der zu Recht hervorhebt, dass das Verfügungsstatut höchstens den Kreis der Personen erweitert, an die der Schuldner mit befreiender Wirkung leisten kann. 125 S. ausführlich zu den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Anknüpfung Kieninger, RabelsZ 1998, 678 (702 f.); Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (203 f.). 126 S. Czernich, Internationales Kreditsicherungsrecht im Geschäftsverkehr der Banken, ÖBA 2000, 1067 (1070 ff.). Vgl. jedoch auch Krupski, ERPL 2002, 739 (754 ff.), nach dessen Ansicht Art. 12 EVÜ Sicherungszessionen nicht erfasst. 127 Vgl. beispielsweise Kaiser, Verlängerter Eigentumsvorbehalt 202 ff.; Stoll, IPRax 1991, 223 (225 ff.); Diehl-Leistner, Internationales Factoring 104; Stoll in Staudinger13 Internationales Sachenrecht Rn. 350; Goode, Commercial Law 3 , 1109; vgl. auch Posch, IPRax 1992,51 (54). 128 Vgl. z.B. von Bar, IPR II § 4 Rn. 572 f.; von Hoffmann in Soergeln Art. 33 EGBGB Rz. 13; Peltzer, RIW 1997, 893 (898); Hohloch in Ermanu Art. 33 EGBGB Rz. 5; Kropholler, IPR 5 , 486 f., der jedoch der Meinung, die Niederlasung des Zedenten sei maßgebend, zubilligt, dass sie „mit guten Gründen" vertreten werde. S. auch Martiny in MünchKomm BGB 4 Art. 33 EGBGB Rn. 28 m.w.N.

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

587

rungsstatut gemäß Art. 33 Abs. 2 EGBGB (entspricht Art. 12 Abs. 2 EVÜ) maßgebend. 129 M.E. ist eine abweichende Anknüpfung der Verfügungswirkung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und im Verhältnis zu Dritten nicht vorzunehmen. Das entscheidende Anknüpfungsmerkmal bei einer Sicherungszession oder Globalzession bestehender bzw. zukünftiger Forderungen ist die Niederlassung des Zedenten. Eine einheitliche Anknüpfung von Einzelzessionen und Globalzessionen vermeidet auch einen kollisionsrechtlichen Konflikt zwischen einer Globalzession und einer nachfolgenden Einzelzession bzw. vice versa. 130 Da Art. 12 Abs. 2 EVÜ lediglich das Rechtsverhältnis des Schuldners zu den Zessionsparteien regelt, 131 sind die Fragen, ob eine Abtretung zu Sicherungszwecken im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar zulässig ist und unter welchen Voraussetzungen das Verfügungsgeschäft zwischen dem Zedenten und dem Zessionar und gegenüber Dritten wirksam ist, keine Fragen des Schuldnerschutzes. Mit anderen Worten: Jene Vorschriften, die eine Unzulässigkeit oder eine Unwirksamkeit der Sicherungsabtretung im Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Zedenten sowie gegenüber Dritten, d.h. vor allem Gläubigern des Zedenten, zur Folge haben, sind keine Schuldnerschutzvorschriften, sondern Teil der Gläubigerordnung des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat. 132 Deshalb sind sie nicht an das Forderungsstatut gemäß Art. 12 Abs. 2 EVÜ anzuknüpfen. Wie Posch133 zu Recht hervorhebt, wäre es unbillig, wenn der Zedent und der Schuldner durch eine Rechtswahl für jenen Vertrag, aus dem die zedierte Forderung herrührt, das auf die Frage der Wirksamkeit einer Sicherungszession anzuwendende Recht mitbestimmen und damit die Position des Zessionars beeinträchtigen könnten. 134

C. Verfügungswirkung im Verhältnis zum Schuldner Nach der hier vertretenen Ansicht erfasst Art. 12 EVÜ allgemein nicht die Verfügungswirkungen einer Abtretung. Art. 12 Abs. 2 EVÜ unterwirft einzelne Aspekte, welche die Rechtsstellung des Schuldners bei einer For129 Unbestritten ist, dass die Sicherungsabrede nach Art. 12 Abs. 1 EVÜ anzuknüpfen ist (Verpflichtungsstatut). 130 S. dazu Stoll, IPRax 1991, 223 (227); Eidenmüller, AcP 2004, 457 (495). 131 S. Stoll, IPRax 1991, 223 (226 f.). 132 Vgl. Stoll, IPRax 1991, 223 (226 f.); derselbe in Staudinger13 Internationales Sachenrecht Rn. 350. 133 IPRax 1 9 9 2 , 5 1 (54 f.). 134 Vgl. auch Stadler, IPRax 2000, 104 (107); Hausmann in Staudinger13 Art. 33 E G B G B Rn. 62.

588

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

derungsabtretung bzw. sein Verhältnis zum Zedenten und zum Zessionar betreffen, dem Recht, dem die abgetretene Forderung unterliegt. Dies gilt insbesondere für die Fragen, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner an welche Person (Altgläubiger oder Neugläubiger) schuldbefreiend leisten bzw. seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch erheben kann. Für diese Aspekte kann der Schuldner auf die Maßgeblichkeit des Forderungsstatuts vertrauen. Folgt man der Ansicht, dass Art. 12 Abs. 2 EVÜ nicht die Verfügungswirkung einer Abtretung im Verhältnis zum Schuldner regelt, so bleibt unbeantwortet, nach welcher Rechtsordnung diese nun zu beurteilen ist. Ist beispielsweise eine abredewidrig vorgenommene Abtretung nach dem Forderungsstatut absolut unwirksam, so kann der Schuldner dies dem Zahlungsbegehren des Zessionars entgegenhalten. Offen bleibt jedoch, ob im Verhältnis zum Schuldner nach wie vor lediglich der Zedent der Forderungsinhaber ist oder aber der Zessionar, wobei jedoch, wie bereits erwähnt, der Schuldner dem Zahlungsbegehren des Zessionars das Abtretungsverbot entgegenhalten kann. Für eine Anknüpfung an das Forderungsstatut spricht, dass alle den Schuldner im Zusammenhang mit der Abtretung betreffenden Fragen einheitlich anzuknüpfen wären. Dagegen, dass es zu einer Spaltung des Verfügungsgeschäftes kommt: Die Verfügungswirkung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar sowie gegenüber Dritten wäre nach dem Recht der Niederlassung des Zedenten, die Verfügungswirkung im Verhältnis zum Schuldner nach dem Forderungsstatut zu beurteilen. M.E. ist jedoch eine einheitliche Anknüpfung der Verfügungswirkungen einer Abtretung im Verhältnis aller an der Abtretung beteiligten bzw. von dieser berührten Personen an die Niederlassung des Zedenten zu befürworten, das sie eine Spaltung des Verfügungsgeschäftes vermeidet und dennoch die rechtlichen Interessen des Schuldners schützt. 135 Sieht man in Art. 12 Abs. 2 EVÜ eine Schuldnerschutzvorschrift, die einzelne Aspekte, welche die Rechtsstellung des Schuldners bei einer Forderungsabtretung bzw. sein Verhältnis zum Zedenten und zum Zessionar betreffen, dem Recht unterwirft, dem die abgetretene Forderung unterliegt, und knüpft man die Verfügungswirkung an die Niederlassung des Zedenten an, so führt dies zu folgenden Beurteilungen: Beispiel 1: Die abredewidrige Abtretung ist nach dem Forderungstatut absolut unwirksam, nicht jedoch nach dem Niederlassungsrecht des Zedenten. Die Abtretung ist auch gegenüber dem Schuldner wirksam, dieser

135 So de lege ferenda Eidenmüller, AcP 2004, 457 (497) und Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (206 f.), wobei die zuletzt genannten Autorinnen zu Recht hervorheben, dass der Schuldner bei einer Anknüpfung an das Recht der Niederlassung des Zedenten sogar besser gestellt ist.

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

589

kann sich jedoch nach dem Forderungsstatut auf die Unwirksamkeit der Zession berufen. Beispiel 2: Die Abtretung ist auf Grund eines Vollmachtsmangels unwirksam. Die Wirksamkeit der Verfügung im Verhältnis zum Schuldner beurteilt sich nach dem Recht der Niederlassung des Zedenten, die schuldbefreiende Wirkung einer Zahlung an den „Zessionar" nach Art. 12 Abs. 2 EVÜ. 136 Beispiel 3: Die Sicherungszession ist nach dem Recht der Niederlassung des Zedenten unwirksam. Die Wirksamkeit der Verfügung beurteilt sich einheitlich und somit auch im Verhältnis zum Schuldner nach dem Recht am Zedentensitz. 137 Ob der Leistung an den „Zessionar" dennoch schuldbefreiende Wirkung zukommt, ist jedoch nach dem Forderungsstatut zu entscheiden.

V. Zusammenfassung In internationalen Abtretungsfällen ist das Zusammentreffen mehrerer Rechtsordnungen vorauszusehen. Eine sachgerechte kollisionsrechtliche Wertung der von einer Forderungsabtretung betroffenen Interessen der unmittelbar oder mittelbar an der Abtretung beteiligten Personen erfordert jedoch eine Differenzierung hinsichtlich der Anknüpfung einzelner Fra138

gen. Jede der vorgestellten Anknüpfungsmöglichkeiten für die Verfügungswirkunge einer Abtretung hat, wie gezeigt, ihre Vor- und Nachteile. Je nachdem, für welches Anknüpfungsmerkmal man sich entscheidet, führt die „Harmonie" in einem Rechtsverhältnis zur „Disharmonie" in anderen Rechtsverhältnissen. Eine allumfassende Kompatibilität ist in internationalen Abtretungsfällen kaum möglich. 139 Insgesamt jedoch wird m.E. eine Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten im Zeitpunkt der Verfügung einer kollisionsrechtlichen Interessensabwägung der von einer Abtretung unmittelbar und mittelbar betroffenen Personen am ehesten gerecht. 136 Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (207 f.) befürworten de lege ferenda für den Schuldner eine vollumfängliche Anknüpfung an das Forderungsstatut, um damit eine Abgrenzung zwischen schuldnerschützenden und sonstigen Normen zu vermeiden, und zwar unabhängig davon, ob die Verfügungswirkungen im Verhältnis zum Schuldner abgespalten werden oder ob man eine Sonderanknüpfung an das Forderungsstatut befürwortet. 137 Vgl. für eine andere Lösung de lege ferenda Kieninger/E. Schütze, IPRax 2005, 200 (207 f.). 138 Vgl. Stoll in Staudinger13 Internationales Sachenrecht Rn. 350. 139 Diehl-Leistner, Internationales Factoring 90.

590

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Auch ist diese Anknüpfung mit dem Art. 12 Abs. 1 und 2 EVÜ zugrunde liegenden Konzept vereinbar. Nach der hier vertreten Ansicht sind daher folgende Differenzierungen bei einer Anknüpfung der von einer Abtretung berührten Rechtsverhältnisse zu beachten. Das Verpflichtungsgeschäft (causa cessionis) zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ist nach dem auf das Rechtsgeschäft anwendbaren Recht zu beurteilen, welches gemäß Art. 3 ff. EVÜ festzustellen ist (Art. 12 Abs. 1 EVÜ). Die Verfügungswirkungen der Abtretung im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, im Verhältnis zum Schuldner und gegenüber Dritten sind nach dem Niederlassungsrecht des Zedenten zu beurteilen. Art. 12 Abs. 2 EVÜ unterwirft einzelne Aspekte, welche die Rechtsstellung des Schuldners bei einer Forderungsabtretung bzw. sein Verhältnis zum Zedenten und zum Zessionar betreffen, dem Recht, dem die abgetretene Forderung unterliegt. Dies gilt insbesondere für die Fragen, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner an welche Person (Altgläubiger oder Neugläubiger) schuldbefreiend leisten bzw. seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch erheben kann. Dieses Recht ist gemäß Art. 3 ff. EVÜ festzustellen. Darüber hinaus sind einige Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Forderungsabtretung gesondert anzuknüpfen. Dies gilt beispielsweise für die Frage der Rechts- und Geschäftsfähigkeit der an einer Abtretung beteiligten Personen, die Stellvertretung, 140 die Form einer rechtsgeschäftlichen Forderungsübertragung, 141 die Befugnisse des Masseverwalters hinsichtlich der Forderung im Konkurs des Zedenten (Konkursstatut) oder das Bürgschaftsstatut bei einer Prüfung des Überganges von Nebenrechten. 142 Forderungsabtretungen spielen auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Unternehmensfinanzierung eine zunehmend bedeutende Rolle, die sachrechtlichen Vorschriften der einzelnen EVÜ-Vertragsstaaten weichen jedoch in manchen Fragen voneinander ab. Daher ist es für alle Beteiligten von essenzieller Bedeutung, dass zumindest auf kollisionsrechtlicher Ebene eine einheitliche Anknüpfung erfolgt. Aus diesem Grund ist es in der 140 Rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnisse sind nach dem Vollmachtsstatut, organschaftliche Vertretungsbefugnisse nach dem Gesellschaftsstatut zu beurteilen. 141 Dies setzt voraus, dass es sich tatsächlich um eine Formfrage und nicht um eine materiellrechtliche Publizitätsvoraussetzung handelt. Nur für eine Formfrage gilt die alternative Anknüpfung nach Art. 11 EVÜ. Nach Koziol, DZWiR 1993, 353 (356) handelt es sich bei der Abtretungsanzeige an der Schuldner im Fall einer Sicherungszession um eine Formfrage. 142 Vgl. in diesem Zusammenhang statt vieler von Bar, RabelsZ 1989, 462 (471 ff.); derselbe, IPR II § 4 Rn. 569 ff.; Lorenz in Czernich/Heiss Art. 12 EVÜ Rz. 64; Hausmann in Staudinger'3 Art. 33 EGBGB Rn. 54 ff.

3. Kapitel: Die Anknüpfungsregeln

nach Art. 12 EVÜ

591

gegenwärtigen Situation, 143 die hinsichtlich der Auslegung des Art. 12 EVÜ besteht, erforderlich, die unterschiedlichen Anknüpfungen im Zusammenhang mit einer Abtretung ausdrücklich und eindeutig zu regeln. Nach der hier vertretenen Ansicht wird für die Verfügungswirkungen einer Zession die Anknüpfung an die Niederlassung des Zedenten befürwortet. 144 Vor dem Hintergrund der großen Divergenzen in den einzelnen EVÜ-Vertragsstaaten und der geplanten Umwandlung des EVÜ in ein Gemeinschaftsinstrument scheint jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit in erster Linie eines wichtig zu sein: Die Frage, welches Statut für die Verfügung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, gegenüber dem Schuldner und gegenüber Dritten maßgebend ist, sollte einer ausdrücklichen Regelung zugeführt werden. 145 Der Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) 146 enthält allerdings nur für die Verfügungswirkung der Abtretung im Verhältnis zu Dritten eine ausdrückliche Regelung; maßgebend soll das Recht des Staates sein, in dem der Zedent zum Zeitpunkt der Übertragung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 147

143 S. Krupski, ERPL 2002, 739 (742): „Article 12 has ... become a paradigm for a failed unification of a conflict of laws rule, ...". 144 Dies entspricht auch dem Anknüpfungsmerkmal nach Art. 22 und 30 ZessÜ. 145 Zur Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung für die EU-Mitgliedstaaten s. Kieninger, Introduction, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property in the European Private Law (2004) 20 ff. m.w.N. 146 KOM(2005) 650 endgültig vom 15.12.2005. 147 Vgl. Art. 13 Abs. 3 des Vorschlages, VO-Vorschlag Rom I, 9, 21.

4. Kapitel

Verhältnis des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ und „Rom I" I.

Verhältnis des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ

Zum Abschluss soll darauf eingegangen werden, in welchem Verhältnis das ZessÜ zu der kollisionsrechtlichen Vorschrift des EVÜ über die Übertragung einer Forderung steht. Den folgenden Überlegungen liegt die Annahme zugrunde, dass ein „Vertragsstaat" sowohl Vertragsstaat des ZessÜ als auch des EVÜ ist und die Forderungsabtretung die sachlichen Voraussetzungen sowie das Kriterium der Internationalität des ZessÜ erfüllt. Ein besonderes Kennzeichen des ZessÜ besteht darin, dass das ZessÜ als internationales, einheitsprivatrechtliches Übereinkommen nicht nur die Vereinheitlichung sachrechtlicher, sondern auch kollisionsrechtlicher Vorschriften für die rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung bezweckt. Allgemein gilt der Grundsatz: Soweit eine Rechtsfrage im Zusammenhang mit einer internationalen Forderungsabtretung durch die Anwendung international vereinheitlichter Sachrechtsnormen des ZessÜ gelöst werden kann, bedarf es keiner kollisionsrechtlichen Prüfung anhand des (vereinheitlichten oder unvereinheitlichten) Kollisionsrechts, welches (unvereinheitlichte) nationale Sachrecht für den konkreten Sachverhalt heranzuziehen ist. Ist jedoch eine „Einschaltung" des IPR erforderlich, so sind zum einen grundsätzlich die Art. 27 bis 32 ZessÜ zu beachten, die einen integralen Bestandteil des ZessÜ darstellen, 1 es sei denn, der Vertragsstaat hat eine Erklärung abgegeben, dass Kapitel V für ihn nicht verbindlich ist (opting out Erklärung gemäß Art. 39 ZessÜ). Zum anderen ist jedoch hervorzuheben, dass das ZessÜ auch außerhalb des Kapitels V („selbstständige Kollisionsnormen", Art. 26 bis 32 ZessÜ) zwei kollisionsrechtliche Vorschriften enthält (Art. 22 2 und 23 ZessÜ), für welche jedoch keine opting out Möglichkeit besteht. Mit anderen Worten: Selbst wenn ein Vertragsstaat eine opting out Erkläung gemäß Art. 39 ZessÜ abgibt, hat er die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Art. 22 und 23 ZessÜ zu beachten, da sie Teil 1

Ausdrücklich Nach Art. 22 Zessionars an der Berechtigten nach 2

i.d.S. Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN,9/489/Add. 1, Rn. 63. ZessÜ bestimmt sich, wie bereits erwähnt, der Rang des Rechts eines abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden dem Recht des Staates, in dem der Zedent seine Niederlassung hat.

4. Kapitel:

Verhältnis

des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ und „Rom /"

593

des ZessÜ sind. Ein diesbezügliches „Auseinanderdividieren" des ZessÜ i.d.S., dass an Stelle von Art. 22 ZessÜ Art. 12 EVÜ 3 zur Anwendung gelangen könnte, kommt nicht in Betracht. Die Möglichkeit einer Vorbehaltserklärung zu Art. 22 und 23 ZessÜ durch die Vertragsstaaten sieht das ZessÜ aber nicht vor. 4 Einem Vorrang des ZessÜ gegenüber Art. 12 EVÜ könnte entgegengehalten werden, dass gemäß Art. 38 Abs. 1 ZessÜ 5 das ZessÜ hinter das EVÜ 6 zurücktritt.7 Fraglich ist jedoch, ob der grundsätzliche Vorrang eines anderen Übereinkommens (im konkreten Fall des EVÜ) auch dann anzunehmen ist, wenn dieses nur teilweise die vom ZessÜ erfassten Bereiche regelt. Magnus8 bejaht dies für das CISG, wobei der Vorrang des anderen Übereinkommens nur für solche Bestimmungen gelten solle, die mit dem CISG nicht vereinbar seien. Diese Möglichkeit ist für das ZessÜ m.E. auszuschließen, da Art. 22 ZessÜ als zentrale, integrale Bestimmung des ZessÜ anzusehen ist. Bevor man dem EVÜ den Vorrang vor dem ZessÜ einräumt, ist jedoch zu beachten, dass Art. 21 EVÜ eine Art. 38 Abs. 1 ZessÜ entsprechende Vorschrift enthält, was einen negativen Kompetenzkonflikt zur Folge hätte. Vor diesem Hintergrund ist m.E. ein Vorrang jenes Übereinkommens anzunehmen, welches auch materiellrechtliche Vorschriften enthält, 9 weshalb im Ergebnis das ZessÜ (und somit Art. 22 ZessÜ) der Vorschrift des Art. 12 EVÜ vorgeht. 10 3

Bzw. eine einheitliche ergänzende Kollisionsnorm, sofern man, wie hier, die Ansicht vertritt, dass Art. 12 EVÜ die Drittwirksamkeit der Abtretung nicht regelt. 4 Nach Art. 44 ZessÜ sind Vorbehalte nur zulässig, soweit sie in diesem Übereinkommen ausdrücklich f ü r zulässig erklärt werden. 5 „This Convention does not prevail over any international agreement ..."; m.E. ist das EVÜ ein „ international agreement". 6 Ob eine an die Stelle des EVÜ tretende Verordnung unter Art. 38 Abs. 1 ZessÜ zu subsumieren wäre, ist fraglich. S. Kieninger in FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät 297 (314); Kieninger/E. Schutze, ZIP 2003, 2181 (2185). 7 S. Bazinas, Harmonisation of International and Regional Trade Law: the U N C I T R A L Experience, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2003, 53 (60). 8 in Staudinger Art. 90 CISG Rn. 6. 9 Ebenso für das Verhältnis EVÜ - CISG Frigge, Externe Lücken 48; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer4 Art. 90 CISG Rn. 4. Nach Häusler, UNIDROIT Übereinkommen 338, ist der Vorrang privatrechtsvereinheitlichender vor den kollisionsrechtlichen Übereinkommen als allgemeine Lehre des internationalen Einheitsrechts anzuerkennen. 10 Ebenso Sekretariatskommentar, UN Doc. A/CN.9/489/Add.l, Rn. 65; Bazinas, Tul. J. Int'l & Comp. L. 2001, 259 (290); Eidenmüller, AcP 2004, 457 (493), nach dessen Ansicht das ZessÜ auf Grund allgemeiner völkerrechtlicher Grundsätze als späteres und spezielleres Übereinkommen dem EVÜ vorgeht; Grau, Rechtsgeschäftliche Forderungsabtretungen 241. A.A. offenbar Kieninger/E. Schütze, ZIP 2003 2181 (2185); Stoll in FS Sonnenberger 695 (709). Allgemein Boele-Woelki, IPRax 1997, 161 (166 Fn 56), nach deren Ansicht Art. 21 EVÜ nur im Verhältnis zu anderen IPR-Übereinkommen anwend-

594

7. Teil: Die Abtretung

im Internationalen

Privatrecht

Abschließend bleibt zum Verhältnis zwischen ZessÜ und EVÜ festzuhalten, dass in Bezug auf die kollisionsrechtlichen Vorschriften folgende Grundsituationen möglich sind: Ratifiziert ein Staat das ZessÜ, so geht m.E. hinsichtlich der Anknüpfung der Drittwirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung Art. 22 ZessÜ entsprechenden unvereinheitlichten oder vereinheitlichten kollisionsrechtlichen Vorschriften dieses Staates vor, sofern der Anwendungsbereich des ZessÜ erfüllt ist. Hat ein Vertragsstaat einen Vorbehalt gemäß Art. 39 ZessÜ erklärt, so ist sogleich das EVÜ bzw. für vom EVÜ nicht geregelte Fragen im Zusammenhang mit einer Forderungsabtretung - aus österreichischer Sicht das IPRG zu beachten. Hat ein Vertragsstaat hingegen keine Vorbehaltserklärung nach Art. 39 ZessÜ abgegeben, so gehen die „selbstständigen Kollisionsregeln" des ZessÜ den entsprechenden - vereinheitlichten und unvereinheitlichten - kollisionsrechtlichen Vorschriften des Vertragsstaates vor, da diese einen integralen Bestandteil des ZessÜ bilden. 11 Für vom ZessÜ nicht geregelte kollisionsrechtliche Fragen ist ein Rückgriff auf das EVÜ sowie (aus österreichischer Sicht) das IPRG erforderlich. Beispielsweise ist die Frage einer organschaftlichen Vertretung nach dem Gesellschaftsstatut, die Frage einer rechtsgeschäftlichen Vertretung nach dem Vollmachtsstatut und die Frage, ob die über eine Forderung verfügende Person rechts- und geschäftsfähig ist, nach dem Personalstatut zu beurteilen.

II. Verhältnis des ZessÜ zu „Rom I" Der Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) 12 sieht vor, dass für die Frage, ob die Übertragung der Forderung Dritten entgegengehalten werden kann, das Recht des Staates maßgebend ist, in dem der Zedent zum Zeitpunkt der Übertragung seinen gewöhnlichen Aufenthalt 13 hat (Art. 13 Abs. 3 des Vorschlages 14 ). Sofern der Vorschlag in die Verordnung übernommen wird, bestünde hinsichtlich der Anknüpfung der Drittwirksamkeit einer Forderungsabtretung zwischen bar ist. Einheitsprivatrechtliche Übereinkommen, die materiellrechtliche Vorschriften enthalten, gehen IPR-Konventionen vor. 11 Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des V. Kapitels des ZessÜ können entweder nach Art. 26 lit. a oder lit. b ZessÜ zur Anwendung gelangen. Vgl. dazu ausführlich 7. Teil, 2. Kapitel, I. 12 KC)M(2005) 650 endgültig vom 15.12.2005. 13 Vgl. Art. 18 des Verordnungsvorschlages für die Gleichstellung der Hauptverwaltung und Niederlassung mit dem gewöhnlichen Aufenthalt, VO-Vorschlag Rom I, 9, 22. 14 VO-Vorschlag Rom I, 9, 21.

4. Kapitel:

Verhältnis

des ZessÜ zu Art. 12 EVÜ und „Rom I"

595

Art. 22 ZessÜ und „Rom I" kein Widerspruch. 15 Insoweit würde ein Konflikt ausscheiden. Es ist anzunehmen, dass die EU-Mitgliedstaaten bzw. die Europäische Gemeinschaft (dazu sogleich) von der opting out Möglichkeit des Art. 39 ZessÜ für die Art. 26 bis 32 ZessÜ Gebrauch machen wird; auch insoweit scheidet ein möglicher Konflikt aus. 16 Gemäß Art. 34 ZessÜ können nur Staaten das ZessÜ ratifizieren bzw. diesem beitreten, nicht jedoch zwischenstaatliche Organisationen. 17 Allerdings ist nach der AERT-Doktrin 18 die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft zum Abschluss internationaler Verträge ausschließlich, sobald sie von ihrer Innenkompetenz Gebrauch gemacht hat. 19

15 Im Gegensatz zu Art. 22 ZessÜ bestimmt Art. 13 Abs. 3 des Verordnungsvorschlages den Zeitpunkt f ü r die Festlegung der relevanten Niederlassung im Fall eines Wechsels derselben. 16 Allerdings ist fraglich, ob im Fall eines Konfliktes zwischen dem ZessÜ und einer zukünftigen Verordnung aus der Sicht des ZessÜ Art. 38 ZessÜ zur Anwendung gelangt. Der Vorschlag, im Sekretariatskommentar festzuhalten, dass „régulations and directives of regional organizations" als „international agreements" i.S.d. Art 38 ZessÜ zu bewerten seien, ist u.a. deshalb abgelehnt worden, da diese Frage von den Gerichten zu entscheiden sei. Vgl. Bericht über die 34. UNCITRAL-Sitzung, UN Doc. A/56/17, Rn. 73. Aus der Sicht des VO-Vorschlages Rom I wäre für j e n e internationalen Übereinkommen, denen die Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO bereits beigetreten sind, grundsätzlich Art. 23 zu beachten. Vgl. VO-Vorschlag Rom I, 10, 23 f. 17 Die Fähigkeit der Europäischen Gemeinschaft zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge folgt aus Art. 281 EG. Zu der Möglichkeit der Europäischen Gemeinschaft, solchen Konventionen dennoch beizutreten, und allgemein den Konsequenzen eines Beitritts der Europäischen Gemeinschaft zu einheitsprivatrechtlichen Übereinkommen vgl. Basedow, Worldwide Harmonisation of Private Law and Regional Economic Integration - General Report, Unif. L. Rev./Rev. dr. unif. 2003, 31 (45 ff.); Basedow, Die Europäische Gemeinschaft als Partei von Übereinkommen des einheitlichen Privatrechts, in: Schwenzer/Hager (Hrsg.), Festschrift für Peter Schlechtriem zum 70. Geburtstag (2003) 165 (181 ff.). 18 Vgl. EuGH 31. März 1971 - Rs. 22/70 (ERTA/AETR), Slg. 1971, 263. 19 Vgl. dazu Röttinger in EG - Vertrag 2 , Art. 300 Rn. 3 und 5; Hartley, The foundations of European Community Law, 5. édition (2003), 164 ff.; 177; Tomuschat in EGV Kommentar 6 , Art. 300 Rn. 7; Basedow in FS Schlechtriem 165 (169 f.). S. auch Grünbuch Rom I, 24 zu 3.1.3.

Schlussbetrachtung Nationale und internationale Forderungen stellen in zunehmendem Maße ein Mittel der Unternehmensfinanzierung dar. Daher bedeutet eine internationale Vereinheitlichung des auf internationale Forderungsabtretungen anwendbaren Sachrechts bereits an sich einen Fortschritt für internationale Finanzierungsgeschäfte, zumal vereinheitlichtes Recht die Rechtssicherheit auf Grund der Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts erhöht. Das ZessÜ und das FactÜ gewährleisten die für internationale Finanzierungstransaktionen erforderliche Verkehrsfähigkeit von Geldforderungen. Allgemein betrachtet bieten das ZessÜ und das FactÜ für einen Teilbereich des Schuldrechts internationales Einheitsrecht an, wobei das ZessÜ im Vergleich zum FactÜ zweifellos eine Fortentwicklung des Einheitsrechts für internationale Forderungsabtretungen darstellt, da es beispielsweise eine einheitliche, kollisionsrechtliche Vorschrift für die Drittwirkung einer Forderungsabtretung enthält. Darüber hinaus bietet es sachrechtliche Modelle für die Lösung von Prioritätskonflikten an. Diese könnten den Weg für die materielle Vereinheitlichung der Prioritätsvorschriften ebnen. Insgesamt erreicht das ZessÜ für das Rechtsinstitut „Forderungsabtretung" einen höheren Grad an Rechtsvereinheitlichung als das FactÜ. Dafür sind mehrere Gründe maßgeblich: Das FactÜ gilt für Abtretungen von Forderungen auf Grund eines Factoringvertrages und damit nur für eine von vielen Möglichkeiten, Forderungen als Mittel der Unternehmensfinanzierung einzusetzen. Gemessen an der Zahl der materiellrechtlichen Vorschriften, welche die Abtretung auf Grund eines Factoringvertrages regeln (Art. 5 bis 11 FactÜ), ist das FactÜ im Vergleich zum ZessÜ das Übereinkommen mit dem engeren Anwendungsbereich. Zudem gelten die Art. 5 und 7 FactÜ nur im Verhältnis zwischen dem Factor und dem Lieferanten. Weiters räumt Art. 18 FactÜ den Staaten die Möglichkeit einer Vorbehaltserklärung zu einer zentralen Vorschrift des Abtretungsrechts - der Wirksamkeit einer abredewidrig vorgenommenen Abtretung gegenüber dem Schuldner - ein, welche die Verkehrfähigkeit von Forderungen erhöhen soll. Darüber hinaus enthält das ZessÜ, wie bereits erwähnt wurde, im Vergleich zum FactÜ (zumindest) eine kollisionsrechtliche Vorschrift für die Drittwirkung einer Abtretung. Zwar ist das Fehlen einer diesbezüglichen sachrechtlichen Vorschrift zu bedauern, jedoch ist eine einheitliche kollisionsrechtliche Vorschrift einem Rückgriff auf das IPR des Forumstaates vorzuziehen. Das ZessÜ ist m.E. ein sehr komplexes Übereinkommen. In der Praxis könnte die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs des ZessÜ zu

598

Schlussbetrachtung

Schwierigkeiten führen. Dies gilt insbesondere für die zahlreichen Ausschlüsse und die Beschränkungen des Art. 4 Abs. 1 lit. b bis Abs. 5 ZessÜ sowie die Ausschlussmöglichkeit nach Art. 41 ZessÜ. Ungeachtet der Ausschlüsse und Beschränkungen ist der Anwendungsbereich des ZessÜ dennoch als extensiv zu bewerten. Die Anwendung des ZessÜ auf rein innerstaatliche nachfolgende Abtretungen, sofern eine vorangehende Abtretung ein Element der Internationalität aufweist, könnte zur Zurückhaltung einiger Staaten bei der Ratifikation des ZessÜ führen. Der Erfolg des ZessÜ wird m.E. zu einem überwiegenden Teil davon abhängen, ob einerseits jene Staaten, nach deren Rechtslage rechtsgeschäftlich vereinbarten Abtretungsbeschränkungen eine absolute Wirkung zukommt, bereit sind, eine diesbezügliche Divergenz mit dem unvereinheitlichten Recht in Kauf zu nehmen oder aber eine entsprechende Änderung des unvereinheitlichten Rechts vorzunehmen. Andererseits könnte die Möglichkeit des Schuldners, trotz Kenntnis von einer erfolgten Abtretung, mit schuldbefreiender Wirkung an den Zedenten zu leisten, Staaten von einer Ratifikation abhalten, da insoweit das ZessÜ zu den Grundwertungen einzelner nationaler Rechtsordnungen im Widerspruch steht. Obwohl sich das ZessÜ und das FactÜ auf die Regelung der rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung beschränken und somit nur einen kleinen Teilbereich erfassen, ist für viele Fragen dennoch ein Rückgriff auf das außerhalb des ZessÜ bzw. FactÜ anwendbare Recht erforderlich. Dass ein über das FactÜ hinausgehendes konkretes Bedürfnis nach wörtlich gleichlautendem internationalem Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen besteht, zeigt nicht nur die zunehmende Bedeutung unterschiedlicher grenzüberschreitender Finanzierungsformen, deren Grundlage die Abtretung von Forderungen bildet. Auch die Verabschiedung des UNIDROIT-Übereinkommens über internationale Sicherungsrechte an beweglichen Ausrüstungsgegenständen, welches ein eigenes zessionsrechtliches Kapitel enthält und am 1. April 2004 in Kraft getreten ist, weist darauf hin. Da zweifellos ein entsprechendes, konkretes Bedürfnis der internationalen Praxis besteht und das ZessÜ die Durchführung und rechtliche Beurteilung internationaler Forderungsabtretungen im Ergebnis erleichtert, liegen die erforderlichen Bedingungen für eine Ratifikation des ZessÜ vor.

Anhang I.

Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Abtretung von Forderungen im internationalen Handel

Übersetzung aus dem Englischen: Claudia Rudolf PRÄAMBEL Die Vertragsstaaten, in Bekräftigung ihrer Überzeugung, dass internationaler Handel auf der Grundlage der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Nutzens ein wichtiges Element für die Förderung von freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten ist, in der Erwägung, dass Probleme, die durch Unsicherheiten hinsichtlich des Inhalts und der Wahl der auf die Abtretung von Forderungen anwendbaren Rechtsordnung entstehen, ein Hindernis für den internationalen Handel darstellen, im Bestreben, Grundsätze festzulegen und Regeln für die Abtretung von Forderungen anzunehmen, welche geeignet sind, Sicherheit und Transparenz zu schaffen und einer Modernisierung des Rechts betreffend die Abtretung von Forderungen förderlich sind, und gleichzeitig bestehende Gepflogenheiten im Bereich der Forderungsabtretung schützen und die Entwicklung neuer Gepflogenheiten erleichtern, ebenfalls im Bestreben, einen angemessenen Schutz der Interessen von Schuldnern bei der Abtretung von Forderungen zu gewährleisten, in der Auffassung, dass die Annahme einheitlicher Regeln über die Abtretung von Forderungen die Verfügbarkeit von Kapital und Kredit zu günstigeren Preisen fördern und dadurch die Entwicklung des internationalen Handels erleichtern würde, sind wie folgt übereingekommen: KAPITEL I:

ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1 Anwendungsbereich (1) Dieses Übereinkommen findet Anwendung auf: (a) Abtretungen internationaler Forderungen und die internationale Abtretung von Forderungen im Sinne dieses Kapitels, sofern sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages der Zedent in einem Vertragsstaat befindet; und (b) nachfolgende Abtretungen, unter der Voraussetzung, dass eine vorangegangene Abtretung diesem Übereinkommen unterliegt. (2) Dieses Übereinkommen ist auf nachfolgende Abtretungen, welche die in Absatz 1 (a) dieses Artikels bestimmten Kriterien erfüllen, selbst dann anzuwenden, wenn es auf eine vorangegangene Abtretung derselben Forderung nicht anzuwenden war. (3) Dieses Übereinkommen lässt Rechte und Pflichten des Schuldners unberührt, es sei denn, der Schuldner befindet sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages in einem Vertragsstaat oder das für den Grundvertrag anwendbare Recht ist das Recht eines Vertragsstaates.

600

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

(4) Die Bestimmungen des Kapitels V finden unabhängig von den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels auf Abtretungen internationaler Forderungen und internationale Abtretungen von Forderungen im Sinne dieses Kapitels Anwendung. Gibt jedoch ein Staat eine Erklärung nach Artikel 39 ab, so sind diese Bestimmungen nicht anzuwenden. (5) Die Bestimmungen des Anhangs dieses Übereinkommens sind gemäß Artikel 42 anzuwenden. Artikel 2 Abtretung von

Forderungen

Im Sinne dieses Übereinkommens: (a) bedeutet „Abtretung" die von einer Person („Zedent") auf eine andere Person („Zessionar") durch Vereinbarung bewirkte Übertragung des gesamten oder eines Teils oder eines ungeteilten Anteils des vertraglichen Anspruchs des Zedenten auf Zahlung eines Geldbetrags („Forderung") durch eine dritte Person („Schuldner"). Die Begründung von Rechten an Forderungen als Sicherheit für Schulden oder andere Verbindlichkeiten gilt als Übertragung; (b) ist im Fall einer Abtretung durch den ursprünglichen oder einen anderen Zessionar („nachfolgende Abtretung"), die Person, welche die Abtretung vornimmt, der Zedent, und die Person, an die die Forderung abgetreten wird, der Zessionar. Artikel 3 Internationalität Eine Forderung ist international, wenn sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages der Zedent und der Schuldner in verschiedenen Staaten befinden. Eine Abtretung ist international, wenn sich der Zedent und der Zessionar zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages in verschiedenen Staaten befinden. Artikel 4 Ausschlüsse und sonstige

Beschränkungen

(1) Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf Abtretungen: (a) an eine Einzelperson für ihren persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffenden Zweck; (b) als Teil des Verkaufs oder Eigentümerwechsels oder der Änderung des rechtlichen Status des Unternehmens, dem die abgetretenen Forderungen entstammen. (2) Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf Abtretungen von Forderungen: (a) aus Geschäften an einer regulierten Börse; (b) aus Finanzverträgen, die Netting-Vereinbarungen unterliegen, mit Ausnahme einer Forderung, die bei Beendigung aller ausstehenden Geschäfte geschuldet wird; (c) aus Fremdwährungsgeschäften; (d) im Rahmen von Zahlungssystemen oder Zahlungsvereinbarungen im Verkehr zwischen Banken oder aus Abrechnungs- und Abwicklungssystemen für Wertpapiere oder anderes Finanzvermögen oder andere Finanzinstrumente; (e) aus der Übertragung von Sicherungsrechten an oder dem Verkauf, der Leihe, dem Halten oder der Vereinbarung über den Rückkauf von Wertpapieren oder anderem Finanzvermögen oder anderen Finanzinstrumenten, die über einen Intermediär gehalten werden; (f) aus Bankeinlagen; (g) aus einem Dokumentenakkreditiv oder einer unabhängigen Garantie. (3) Die Rechte und Pflichten einer Person nach dem für handelbare Wertpapiere maßgebenden Recht bleiben von diesem Übereinkommen unberührt.

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

601

(4) Die Rechte und Pflichten des Zedenten und des Schuldners auf Grund besonderer Vorschriften zum Schutz der Parteien von Geschäften für den persönlichen, familiären oder den Haushalt betreffenden Zweck bleiben von diesem Übereinkommen unberührt. (5) Dieses Übereinkommen: (a) berührt nicht die Anwendung des Rechts eines Staates, in dem eine Liegenschaft belegen ist, auf (i) ein dingliches Recht an dieser Liegenschaft, soweit nach dem Recht dieses Staates die Abtretung einer Forderung ein solches Recht verleiht; oder (ii) den Rang eines Rechtes an einer Forderung, soweit nach dem Recht dieses Staates ein dingliches Recht an der Liegenschaft ein solches Recht verleiht; oder (b) macht den Erwerb eines dinglichen Rechts an einer Liegenschaft nicht rechtmäßig, der nach dem Recht des Staates, in dem die Liegenschaft belegen ist, nicht zulässig ist. KAPITEL II: ALLGEMEINE

BESTIMMUNGEN

Artikel 5 Begriffsbestimmungen

und

Auslegungsregeln

Im Sinne dieses Übereinkommens: (a) bedeutet „Grundvertrag" den Vertrag zwischen dem Zedenten und dem Schuldner, aus dem die abgetretene Forderung entsteht; (b) bedeutet „bestehende Forderung" eine Forderung, die bei oder vor dem Abschluss des Abtretungsvertrages entsteht, und „zukünftige Forderung" eine Forderung, die nach dem Abschluss des Abtretungsvertrages entsteht; (c) bedeutet „Schriftstück" jede Form von Information, die in der Weise verfügbar ist, dass sie für eine spätere Bezugnahme verwendet werden kann. Bedarf es nach diesem Übereinkommen der Unterzeichnung eines Schriftstücks, so ist diesem Erfordernis Genüge getan, wenn das Schriftstück auf eine allgemein anerkannte Weise oder durch ein Verfahren, dem die Person, deren Unterschrift erforderlich ist, zugestimmt hat, diese Person identifiziert und deren Zustimmung zu der in dem Schriftstück enthaltenen Information zum Ausdruck bringt; (d) bedeutet „Abtretungsanzeige" eine schriftliche Mitteilung, welche die abgetretene Forderung und den Zessionar hinreichend identifiziert; (e) bedeutet „Insolvenzverwalter" eine Person oder Stelle, einschließlich einer vorläufig ernannten, die in einem Insolvenzverfahren befugt ist, die Reorganisation oder Liquidation des Vermögens oder der Geschäfte des Zedenten zu verwalten; (f) bedeutet „Insolvenzverfahren" ein kollektives Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, einschließlich eines vorläufigen Verfahrens, in dem das Vermögen und die Geschäfte des Zedenten der Kontrolle oder Aufsicht durch ein Gericht oder eine andere zuständige Behörde zum Zweck der Reorganisation oder Liquidation unterliegen; (g) bedeutet „Priorität" („Vorrang") das vorrangige Recht einer Person gegenüber dem Recht einer anderen Person und schließt - soweit für diesen Zweck von Bedeutung - die Feststellung mit ein, ob es sich um ein obligatorisches oder ein dingliches Recht handelt, ob es eine Sicherheit für eine Schuld oder eine andere Verbindlichkeit ist und ob allenfalls notwendige Voraussetzungen für die Wirksamkeit dieses Rechts gegenüber einem konkurrierenden Berechtigten erfüllt sind; (h) befindet sich eine Person in dem Staat, in dem sie ihre Niederlassung hat. Hat der Zedent oder Zessionar in mehr als einem Staat eine Niederlassung, so ist die Niederlassung jener Ort, an dem der Zedent oder Zessionar die zentrale Verwaltung ausübt. Hat der Schuldner eine Niederlassung in mehr als einem Staat, so ist die Niederlassung maß-

602

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

gebend, welche die engste Beziehung zum Grundvertrag hat. Hat eine Person keine Niederlassung, so ist der gewöhnlichen Aufenthaltsort dieser Person maßgebend; (i) bedeutet „Recht" das in einem Staat geltende Recht mit Ausnahme seiner Vorschriften über das internationale Privatrecht; (j) bedeutet „Erlös" jede in Bezug auf eine abgetretene Forderung erhaltene Leistung, sei es als vollständige oder teilweise Zahlung oder als andere Befriedigung der Forderung. Der Begriff umfasst alle Leistungen, die im Bezug auf Erlöse erhalten werden. Der Begriff umfasst nicht zurückgegebene Waren; (k) bedeutet „Finanzvertrag" jedes Kassa-, Termin-, Future-, Optionen- oder Swapgeschäft, dem Zinssätze, Rohstoffe, Währungen, Aktien, Anleihen, Indizes oder andere Finanzinstrumente zu Grunde liegen, jedes Wertpapierpensions- oder Wertpapierleihgeschäft, und jedes andere an Finanzmärkten abgeschlossene Geschäft, das einem der zuvor beschriebenen Geschäfte ähnlich ist, und jede Kombination von Geschäften dieser Art; (1) bedeutet Netting-Vereinbarung eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien, die eines oder mehreres des Folgenden vorsieht: (i) die Nettoverrechnung von Zahlungen, die in derselben Währung und an demselben Datum fällig werden, entweder durch Schuldumwandlung oder auf andere Weise; (ii) im Fall der Insolvenz oder bei einer sonstigen Nichterfüllung durch eine Partei die Beendigung aller offenen Geschäfte zum Wiederbeschaffungswert oder zu einem gängigen Marktwert, die Umrechnung solcher Beträge in eine einzige Währung und ihre Verrechnung in eine einzige Zahlung von einer Partei an die andere Partei; oder (iii) die Aufrechnung von nach Buchstabe (1) Ziffer (ii) dieses Artikels berechneten Beträgen nach zwei oder mehreren Netting-Vereinbarungen; (m) bedeutet „konkurrierender Berechtigter": (i) einen anderen Zessionar derselben Forderung von demselben Zedenten, einschließlich einer Person, die auf Grund ihres Rechts an anderem Vermögen des Zedenten von Gesetzes wegen einen Anspruch an der abgetretenen Forderung geltend macht, selbst dann, wenn diese Forderung keine internationale Forderung und die Abtretung an diesen Zessionar keine internationale Abtretung ist; (ii) einen Gläubiger des Zedenten; oder (iii) den Insolvenzverwalter. Artikel 6 Autonomie der Parteien Vorbehaltlich des Artikels 19 können der Zedent, der Zessionar und der Schuldner durch Vereinbarung von Bestimmungen dieses Ubereinkommens, die sich auf ihre jeweiligen Rechte und Pflichten beziehen, abweichen oder diese abändern. Eine derartige Vereinbarung lässt die Rechte von Personen, die nicht Partei dieser Vereinbarung sind, unberührt. Artikel 7 Grundsätze der Auslegung (1) Bei der Auslegung dieses Übereinkommens sind sein Zweck und Ziel, wie in der Präambel dargelegt, sein internationaler Charakter und die Notwendigkeit zu berücksichtigen, seine einheitliche Anwendung und die Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel zu fördern. (2) Fragen, die in diesem Übereinkommen geregelte Gegenstände betreffen, aber in diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich entschieden werden, sind nach den allgemeinen Grundsätzen, die diesem Übereinkommen zugrunde liegen, oder mangels solcher Grundsätze nach dem Recht zu entscheiden, das nach den Regeln des internationalen Privatrechts anzuwenden ist.

Anhang: ZessÜ - deutscher Text KAPITEL III: WIRKUNGEN DER Artikel 8 Wirksamkeit von

603

ABTRETUNG

Abtretungen

(1) Eine Abtretung ist zwischen dem Zedenten und dem Zessionar oder gegenüber dem Schuldner oder gegenüber einem konkurrierenden Berechtigten nicht unwirksam, und dem Anspruch eines Zessionars darf der Vorrang nicht mit der Begründung verweigert werden, weil es sich um die Abtretung von mehr als einer Forderung, von zukünftigen Forderungen oder von Teilen von Forderungen oder von ungeteilten Rechten an Forderungen handelt, unter der Voraussetzung, dass die Forderungen beschrieben sind: (a) einzeln als Forderungen, auf die sich die Abtretung bezieht; oder (b) in jeder anderen Weise, unter der Voraussetzung, dass sie im Zeitpunkt der Abtretung, oder im Fall zukünftiger Forderungen, im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages, als Forderungen bestimmbar sind, auf die sich die Abtretung bezieht. (2) Sofern nicht anderes vereinbart ist, ist die Abtretung einer oder mehrerer zukünftiger Forderungen ohne einen für die Abtretung jeder einzelnen Forderung erforderlichen neuen Übertragungsakt wirksam. (3) Mit Ausnahme der Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels, Artikels 9 und Artikels 10 Absatz 2 und 3 bleiben gesetzliche Beschränkungen von Abtretungen von diesem Übereinkommen unberührt. Artikel 9 Vertragliche Beschränkungen

von Abtretungen

(1) Die Abtretung einer Forderung ist wirksam, ungeachtet einer Vereinbarung zwischen dem ursprünglichen oder einem nachfolgenden Zedenten und dem Schuldner oder einem nachfolgenden Zessionar, welche das Recht des Zedenten seine Forderung abzutreten in irgendeiner Weise beschränkt. (2) Dieser Artikel lässt jede Verpflichtung oder Haftung des Zedenten wegen der Verletzung einer solchen Vereinbarung unberührt, doch kann die andere Partei einer solchen Vereinbarung den Grundvertrag oder den Abtretungsvertrag nicht allein wegen dieser Verletzung aufheben. Eine Person, die nicht Partei einer solchen Vereinbarung ist, haftet nicht allein deshalb, weil sie von der Vereinbarung Kenntnis hatte. (3) Dieser Artikel ist nur auf die Abtretung von Forderungen anwendbar: (a) die aus einem Grundvertrag entstehen, bei dem es sich um einen Vertrag über die Lieferung oder die Vermietung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen, mit Ausnahme von Finanzdienstleistungen, einen Bauvertrag oder einen Vertrag über den Verkauf oder die Vermietung von Liegenschaften handelt; (b) die aus einem Grundvertrag über den Verkauf, die Vermietung oder Lizenzierung von gewerblichem oder anderem geistigen Eigentum oder gesetzlich geschützter Information entstehen; (c) welche die Zahlungsverpflichtung aus einem Kreditkartengeschäft darstellen; oder (d) die dem Zedenten nach der Nettoabrechnung von Zahlungen gemäß einer zwischen mehr als zwei Parteien geschlossenen Nettingvereinbarung geschuldet werden. Artikel 10 Übertragung von

Sicherungsrechten

(1) Ein obligatorisches oder dingliches Recht, das die Zahlung einer abgetretenen Forderung sichert, geht ohne einen neuen Übertragungsakt auf den Zessionar über. Ist ein solches Recht nach der dafür maßgebenden Rechtsordnung nur durch einen neuen Übertra-

604

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

gungsakt übertragbar, so ist der Zedent verpflichtet, dieses Recht und jeden Erlös auf den Zessionar zu übertragen. (2) Ein Recht zur Sicherung der Zahlung einer abgetretenen Forderung wird auch dann gemäß Absatz 1 dieses Artikels übertragen, wenn zwischen dem Zedenten und dem Schuldner oder einer anderen dieses Recht gewährenden Person eine Vereinbarung besteht, die in irgendeiner Weise das Recht des Zedenten zur Abtretung der Forderung oder das Recht zur Sicherung der Zahlung der abgetretenen Forderung beschränkt. (3) Dieser Artikel lässt jede Verpflichtung oder Haftung des Zedenten für die Verletzung jeder Vereinbarung gemäß Absatz 2 dieses Artikels unberührt, jedoch kann die andere Partei einer solchen Vereinbarung allein wegen dieser Verletzung den Grundvertrag oder den Abtretungsvertrag nicht aufheben. Eine Person, die nicht Partei einer solchen Vereinbarung ist, haftet nicht allein deshalb, weil sie von der Vereinbarung Kenntnis hatte. (4) Die Absätze 2 und 3 dieses Artikels finden nur auf Abtretungen von Forderungen Anwendung: (a) die aus einem Grundvertrag entstehen, bei dem es sich um einen Vertrag über die Lieferung oder die Vermietung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen, mit Ausnahme von Finanzdienstleistungen, einen Bauvertrag oder einen Vertrag über den Verkauf oder die Vermietung von Liegenschaften handelt; (b) die aus einem Grundvertrag über den Verkauf, die Vermietung oder Lizenzierung von gewerblichem oder anderem geistigen Eigentum oder gesetzlich geschützter Information entstehen; (c) welche die Zahlungsverpflichtung aus einem Kreditkartengeschäft darstellen; oder (d) die dem Zedenten nach der Nettoabrechnung von Zahlungen gemäß einer zwischen mehr als zwei Parteien geschlossenen Nettingvereinbarung geschuldet werden. (5) Die Übertragung eines dinglichen Rechts nach Absatz 1 dieses Artikels, dessen Wirksamkeit die Übertragung des Besitzes erfordert, lässt Verpflichtungen des Zedenten gegenüber dem Schuldner oder gegenüber einer anderen Person, welche das dingliche Recht gewährt hat, nach der für dieses Recht maßgebenden Rechtsordnung unberührt. (6) Absatz 1 dieses Artikels lässt Erfordernisse nach anderen gesetzlichen Vorschriften als diesem Übereinkommen unberührt, welche die Form oder Registrierung der Übertragung von Rechten, die die Zahlung der abgetretenen Forderung sichern, betreffen. KAPITEL IV: RECHTE, PFLICHTEN UND EINREDEN ABSCHNITT I: ZEDENT UND ZESSIONAR Artikel II Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars (1) Die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars, die sich aus ihrer Vereinbarung ergeben, bestimmen sich nach dem Wortlaut und den darin festgelegten Bedingungen einschließlich der Vorschriften oder allgemeinen Bedingungen, auf die darin Bezug genommen wird. (2) Der Zedent und der Zessionar sind an die Bräuche, mit denen sie sich einverstanden erklärt haben, und sofern nichts anderes vereinbart ist, an die Gepflogenheiten gebunden, die zwischen ihnen entstanden sind. (3) Haben der Zedent und der Zessionar nichts anderes vereinbart, so wird bei einer internationalen Abtretung angenommen, dass sie sich bei der Abtretung stillschweigend auf Bräuche bezogen haben, die im internationalen Handel den Parteien von Abtretungen der

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

605

betreffenden Art oder von Abtretungen der betreffenden Kategorie von Forderungen weithin bekannt sind und von ihnen regelmäßig beachtet werden. Artikel 12 Zusicherungen

des Zedenten

(1) Soweit der Zedent und Zessionar nichts anderes vereinbart haben, sichert der Zedent im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages zu, dass: (a) der Zedent das Recht hat, die Forderung abzutreten; (b) der Zedent die Forderung nicht zuvor an einen anderen Zessionar abgetreten hat; und (c) der Schuldner keine Einreden oder Aufrechnungsrechte hat oder haben wird. (2) Soweit der Zedent und Zessionar nichts anderes vereinbart haben, sichert der Zedent nicht zu, dass der Schuldner zahlungsfähig ist oder sein wird. Artikel 13 Recht, den Schuldner zu

benachrichtigen

(1) Soweit der Zedent und Zessionar nichts anderes vereinbart haben, können entweder der Zedent oder der Zessionar oder beide eine Abtretungsanzeige und eine Zahlungsanweisung an den Schuldner senden, aber nach der Absendung der Anzeige darf nur noch der Zessionar eine solche Anweisung senden. (2) Eine Abtretungsanzeige oder eine Zahlungsanweisung, die in Verletzung einer Vereinbarung nach Absatz 1 dieses Artikels gesandt wurde, ist wegen einer derartigen Verletzung nicht für die Zwecke des Artikels 17 unwirksam. Dieser Artikel berührt jedoch nicht die Verpflichtungen oder die Haftung der eine solche Vereinbarung verletzenden Partei für die durch die Verletzung entstehenden Schäden. Artikel 14 Recht auf Zahlung (1) Soweit der Zedent und Zessionar nichts anderes vereinbart haben und unabhängig davon, ob die Abtretungsanzeige übersandt wurde, gilt im Verhältnis zwischen ihnen Folgendes: (a) Wird bezüglich der abgetretenen Forderung eine Zahlung an den Zessionar geleistet, ist der Zessionar berechtigt, den Erlös sowie Waren, die bezüglich der abgetretenen Forderung zurückgegeben wurden, einzubehalten; (b) wird bezüglich der abgetretenen Forderung eine Zahlung an den Zedenten geleistet, so hat der Zessionar Anspruch auf die Zahlung des Erlöses sowie die Waren, die dem Zedenten bezüglich der abgetretenen Forderung zurückgegeben wurden; und (c) wird bezüglich der abgetretenen Forderung eine Zahlung an eine andere Person geleistet, vor welcher der Zessionar Vorrang hat, so hat der Zessionar Anspruch auf die Zahlung des Erlöses und die Waren, die dieser anderen Person bezüglich der abgetretenen Forderung zurückgegeben wurden. (2) Der Zessionar darf nicht mehr als den Wert seines Rechts an der Forderung behalten. ABSCHNITT II:

SCHULDNER

Artikel 15 Grundsatz des Schuldnerschutzes (1) Soweit in diesem Übereinkommen nichts anderes bestimmt ist, berührt eine Abtretung ohne Zustimmung des Schuldners nicht dessen Rechte und Pflichten, einschließlich der im Grundvertrag enthaltenen Zahlungsbedingungen.

606

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

(2) Durch eine Zahlungsanweisung können die Person, die Adresse oder das Konto, an die der Schuldner die Zahlung zu leisten hat, abgeändert werden, nicht jedoch: (a) die im Grundvertrag bestimmte Währung der Zahlung; oder (b) der im Grundvertrag bestimmte Staat, in dem die Zahlung zu leisten ist, sofern es sich nicht um den Staat handelt, in dem sich der Schuldner befindet. Artikel 16 Anzeige an den Schuldner (1) Die Abtretungsanzeige oder die Zahlungsanweisung ist wirksam, wenn sie vom Schuldner empfangen wurde, sofern sie in einer Sprache verfasst ist, von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie den Schuldner über ihren Inhalt in Kenntnis setzt. Es genügt, wenn die Abtretungsanzeige oder die Zahlungsanweisung in der Sprache des Grundvertrages verfasst ist. (2) Die Abtretungsanzeige oder die Zahlungsanweisung kann sich auf Forderungen beziehen, die nach der Anzeige entstehen. (3) Die Anzeige einer nachfolgenden Abtretung stellt die Anzeige für alle vorangegangenen Abtretungen dar. Artikeln Befreiende Leistung durch den Schuldner (1) Solange dem Schuldner die Abtretungsanzeige nicht zugegangen ist, ist er berechtigt, durch Zahlung gemäß dem Grundvertrag befreiend zu leisten. (2) Nachdem dem Schuldner die Abtretungsanzeige zugegangen ist, kann er, vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 dieses Artikels nur durch Zahlung an den Zessionar befreiend leisten, oder, wenn er in der Abtretungsanzeige oder danach vom Zessionar in einem dem Schuldner zugegangenen Schriftstück in anderer Weise angewiesen wird, in Übereinstimmung mit dieser Zahlungsanweisung. (3) Geht dem Schuldner mehr als eine Zahlungsanweisung bezüglich einer einzigen Abtretung derselben Forderung durch denselben Zedenten zu, so kann er durch Zahlung gemäß der letzten Zahlungsanweisung befreiend leisten, die er vom Zessionar vor der Zahlung erhalten hat. (4) Gehen dem Schuldner Anzeigen von mehr als einer Abtretung derselben Forderung durch denselben Zedenten zu, so wird der Schuldner durch die Zahlung gemäß der ersten Anzeige, die er erhalten hat, befreit. (5) Gehen dem Schuldner Anzeigen von einer oder mehreren nachfolgenden Abtretungen zu, so wird der Schuldner durch Zahlung gemäß der Anzeige über die letzte dieser nachfolgenden Abtretungen befreit. (6) Gehen dem Schuldner eine Anzeige der Abtretung eines Teils oder des ungeteilten Rechts an einer oder mehrerer Forderungen zu, so wird der Schuldner durch Zahlung gemäß der Anzeige oder gemäß diesem Artikel, als ob er die Anzeige nicht erhalten hätte, befreit. Zahlt der Schuldner gemäß der Anzeige, so wird er nur im Ausmaß des bezahlten Teils oder des bezahlten ungeteilten Rechts befreit. (7) Geht dem Schuldner eine Anzeige der Abtretung vom Zessionar zu, so ist der Schuldner berechtigt, vom diesem innerhalb eines angemessenen Zeitraums einen geeigneten Nachweises darfür zu verlangen, dass die Abtretung vom ursprünglichen Zedenten an den ursprünglichen Zessionar und jede zwischenzeitliche Abtretung erfolgt ist. Erbringt der Zessionar diesen Nachweis nicht, wird der Schuldner durch Zahlung gemäß diesem Artikel befreit, als ob er die Anzeige vom Zessionar nicht erhalten hätte. Als geeigneter Nachweis einer Abtretung gilt, ohne darauf beschränkt zu sein, jedes vom Zedenten stammende Schriftstück, aus dem sich ergibt, dass die Abtretung stattgefunden hat.

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

607

(8) Dieser Artikel lässt sonstige Gründe unberührt, nach denen der Schuldner durch Zahlung an die berechtigte Person, an eine zuständige gerichtliche oder andere Behörde oder an eine öffentliche Hinterlegungsstelle befreit wird. Artikel 18 Einreden und Aufrechungsrechte

des Schuldners

(1) Fordert der Zessionar den Schuldner zur Zahlung der abgetretenen Forderung auf, so kann der Schuldner dem Zessionar alle Einreden und Aufrechungsrechte entgegenhalten, die sich aus dem Grundvertrag oder aus jedem anderen Vertrag, der Teil desselben Geschäftes war, ergeben, und die der Schuldner geltend machen könnte, wie wenn die Abtretung nicht vorgenommen worden wäre und eine solche Zahlungsaufforderung durch den Zedenten erfolgt wäre. (2) Der Schuldner kann dem Zessionar jedes andere Aufrechnungsrecht entgegenhalten, vorausgesetzt, dass es dem Schuldner im Zeitpunkt des Empfangs der Abtretungsanzeige zustand. (3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 dieses Artikels kann der Schuldner dem Zessionar keine Einreden und Aufrechnungsrechte entgegenhalten, die der Schuldner nach Artikel 9 oder 10 dem Zedenten gegenüber wegen Verletzung einer Vereinbarung, durch die das Recht des Zedenten zur Abtretung in irgendeiner Weise beschränkt wird, geltend machen könnte. Artikel 19 Vereinbarung, keine Einreden oder Aufrechnungsrechte

geltend zu machen

(1) Der Schuldner kann in einem von ihm unterzeichneten Schriftstück mit dem Zedenten vereinbaren, dem Zessionar keine Einreden und Aufrechnungsrechte entgegenzuhalten, die er nach Artikel 18 geltend machen könnte. Eine solche Vereinbarung schließt den Schuldner von einer Geltendmachung dieser Einreden und Aufrechnungsrechte gegenüber dem Zessionar aus. (2) Der Schuldner kann nicht auf Einreden verzichten: (a) die sich aus betrügerischen Handlungen des Zessionars ergeben; oder (b) die auf der Geschäftsunfähigkeit des Schuldners beruhen. (3) Eine derartige Vereinbarung kann nur durch eine vom Schuldner unterzeichnete schriftliche Vereinbarung geändert werden. Die Wirkung einer solchen Änderung gegenüber dem Zessionar bestimmt sich nach Artikel 20 Absatz 2. Artikel 20 Änderung des

Grundvertrags

(1) Eine vor der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, ist dem Zessionar gegenüber wirksam und der Zessionar erwirbt entsprechende Rechte. (2) Eine nach der Abtretungsanzeige zwischen dem Zedenten und dem Schuldner geschlossene Vereinbarung, welche die Rechte des Zessionars berührt, ist dem Zessionar gegenüber unwirksam, außer (a) der Zessionar erklärt sich damit einverstanden; oder (b) die Forderung ist nicht vollständig durch Erfüllung entstanden und die Änderung ist entweder im Grundvertrag vorgesehen oder ein vernünftiger Zessionar würde im Zusammenhang mit dem Grundvertrag der Änderung zustimmen. (3) Die Absätze 1 und 2 dieses Artikels lassen die Rechte des Zedenten oder Zessionars aus der Verletzung einer zwischen ihnen bestehenden Vereinbarung unberührt.

608 Artikel 21 Rückforderung

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

von Zahlungen

Die Nichterfüllung des Grundvertrags durch den Zedenten berechtigt den Schuldner nicht, einen vom Schuldner an den Zedenten oder Zessionar gezahlten Betrag vom Zessionar zurückzufordern. ABSCHNITT III: DRITTE Artikel 22 Auf konkurrierende Ansprüche anwendbares

Recht

Mit Ausnahme jener Angelegenheiten, die an anderer Stelle in diesem Übereinkommen geregelt werden, und vorbehaltlich der Artikel 23 und 24, ist das Recht jenes Staates, in dem sich der Zedent befindet, für den Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten maßgebend. Artikel 23 Ordre public und zwingende

Vorschriften

(1) Die Anwendung einer Bestimmung des Rechts des Staates, in dem sich der Zedent befindet, kann nur versagt werden, wenn die Anwendung dieser Bestimmung offensichtlich im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des Gerichtsstaates steht. (2) Die Vorschriften des Rechts des Gerichtsstaates oder eines anderen Staates, die ungeachtet des im Übrigen anwendbaren Rechts zwingend anwendbar sind, können die Anwendung einer Bestimmung des Rechts des Staates, in dem sich der Zedent befindet, nicht verhindern. (3) Ungeachtet des Absatzes 2 dieses Artikels kann in einem Insolvenzverfahren, das in einem anderen als in jenem Staat, in dem sich der Zedent befindet, eingeleitet wurde, einem Vorzugsrecht, das nach dem Recht des Gerichtsstaates von Gesetzes wegen entsteht und dem in Insolvenzverfahren nach dem Recht dieses Staates Vorrang vor den Rechten eines Zessionars eingeräumt wird, ungeachtet des Artikels 22 Vorrang eingeräumt werden. Ein Staat kann jederzeit eine Erklärung hinterlegen, die derartige Vorzugsrechte bezeichnet. Artikel 24 Besondere Bestimmungen für Erlöse (1) Erhält der Zessionar Erlöse, so ist er berechtigt, diese in jenem Umfang zu behalten, in dem sein Recht an der abgetretenen Forderung dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten an der abgetretenen Forderung im Rang vorgeht. (2) Erhält der Zedent Erlöse, so geht das Recht des Zessionars an diesen Erlösen dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten an diesen Erlösen im selben Umfang im Rang vor, wie das Recht des Zessionars Vorrang vor dem Recht dieses Berechtigten an der abgetretenen Forderung hatte, wenn: (a) der Zedent die Erlöse vom Zessionar mit den Anweisungen erhalten hat, diese zugunsten des Zessionars zu verwahren; oder (b) die Erlöse durch den Zedenten zugunsten des Zessionars gesondert verwahrt werden und vom Vermögen des Zedenten hinreichend unterscheidbar sind, wie etwa im Fall eines gesonderten Depot- oder Wertpapierkontos, das nur Erlöse in Form von Bargeld oder Wertpapieren enthält. (3) Absatz 2 dieses Artikels berührt nicht den Vorrang einer Person, die gegenüber Erlösen ein Aufrechnungsrecht oder ein vertraglich begründetes und nicht aus einem Recht an der Forderung abgeleitetes Recht innehat.

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609

Artikel 25 Rangrücktritt Ein Zessionar, dessen Recht Vorrang genießt, kann auf seinen Vorrang jederzeit einseitig oder durch Vereinbarung zugunsten jedes gegenwärtigen oder zukünftigen Zessionars verzichten. KAPITEL V: AUTONOME KOLLISIONSRECHTLICHE

VORSCHRIFTEN

Artikel 26 Anwendung von Kapitel V Die Bestimmungen dieses Kapitels finden Anwendung auf Gegenstände, die: (a) gemäß Artikel 1 Absatz 4 innerhalb des Geltungsbereichs dieses Übereinkommens liegen; und (b) die in anderer Weise innerhalb des Geltungsbereichs dieses Übereinkommens liegen, aber nicht anderswo im Übereinkommen geregelt sind. Artikel 27 Form eines

Abtretungsvertrags

(1) Ein Abtretungsvertrag, der zwischen Personen geschlossen wurde, die sich in demselben Staat befinden, ist zwischen ihnen formgültig, wenn er entweder den Erfordernissen des für ihn maßgebenden Rechts oder des Rechts jenes Staates entspricht, in dem er geschlossen wurde. (2) Ein Abtretungsvertrag, der zwischen Personen geschlossen wurde, die sich in verschiedenen Staaten befinden, ist zwischen ihnen formgültig, wenn er entweder den Erfordernissen des für ihn maßgebenden Rechts oder des Rechts eines dieser Staaten entspricht. Artikel 28 Auf die gegenseitigen Rechts

Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars

anwendbaren

(1) Die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Zedenten und Zessionars, die sich aus ihrer Vereinbarung ergeben, unterliegen dem von ihnen gewählten Recht. (2) Mangels Rechtswahl durch den Zedenten und den Zessionar unterliegen deren gegenseitigen Rechte und Pflichten, die sich aus ihrer Vereinbarung ergeben, dem Recht des Staates, mit dem der Abtretungsvertrag die engste Verbindung aufweist. Artikel 29 Auf die Rechte und Pflichten des Zessionars und des Schuldners anwendbares Recht Das für den Grundvertrag maßgebende Recht bestimmt die Wirksamkeit vertraglicher Abtretungsbeschränkungen zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, das Verhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Abtretung gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden kann, und ob die Verbindlichkeiten des Schuldners beglichen worden sind. Artikel 30 Auf den Vorrang anwendbares

Recht

(1) Das Recht jenes Staates, in dem sich der Zedent befindet, ist für den Rang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten maßgebend.

610

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

(2) Die Vorschriften des Rechts des Gerichtsstaates oder eines anderen Staates, die ungeachtet des im Übrigen anwendbaren Rechts zwingend anwendbar sind, können die Anwendung einer Bestimmung des Rechts des Staates, in dem sich der Zedent befindet, nicht verhindern. (3) Ungeachtet des Absatzes 2 dieses Artikels kann in einem Insolvenzverfahren, das in einem anderen als in jenem Staat, in dem sich der Zedent befindet, eingeleitet wurde, einem Vorzugsrecht, das nach dem Recht des Gerichtsstaates von Gesetzes wegen entsteht und dem in Insolvenzverfahren nach dem Recht dieses Staates Vorrang vor den Rechten eines Zessionars eingeräumt wird, ungeachtet des Artikels 22 Absatz 1 Vorrang eingeräumt werden. Artikel 31 Zwingende

Vorschriften

(1) Die Artikel 27 bis 29 berühren nicht die Anwendung der nach dem Recht des Gerichtsstaates geltenden Bestimmungen, die ohne Rücksicht auf das anderenfalls anwendbare Recht zwingend sind. (2) Die Artikel 27 bis 29 berühren nicht die Anwendung der zwingenden Bestimmungen des Rechts eines anderen Staates, mit welchen die in diesen Artikeln geregelten Gegenstände eine enge Verbindung haben, wenn und insofern diese Bestimmungen nach dem Recht dieses anderen Staates ohne Rücksicht auf das anderenfalls anwendbare Recht anzuwenden sind. Artikel 32 Ordre public In Bezug auf die in diesem Kapitel geregelten Gegenstände kann die Anwendung einer Bestimmung des in diesem Kapitel bezeichneten Rechts nur versagt werden, wenn die Anwendung dieser Bestimmung offensichtlich im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des Gerichtsstaates steht. KAPITEL VI:

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 33 Depositar Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist der Depositar dieses Übereinkommens. Artikel 34 Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung,

Beitritt

(1) Dieses Übereinkommen liegt bis zum 31. Dezember 2003 am Sitz der Vereinten Nationen in New York für alle Staaten zur Unterzeichnung auf. (2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Unterzeichnerstaaten. (3) Dieses Übereinkommen steht allen Staaten, die nicht Unterzeichnerstaaten sind, von dem Tag an zum Beitritt offen, an dem es zur Unterzeichnung aufgelegt wird. (4) Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- und Beitrittsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt. Artikel 35 Anwendung auf

Gebietseinheiten

(1) Ein Staat, der zwei oder mehr Gebietseinheiten umfasst, in denen auf die in diesem Übereinkommen geregelten Gegenstände unterschiedliche Rechtsordnungen angewendet werden, kann jederzeit erklären, dass dieses Übereinkommen sich auf alle seine Gebiets-

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einheiten oder nur auf eine oder mehrere derselben erstreckt und er kann seine frühere Erklärung jederzeit durch eine andere Erklärung ersetzen. (2) Solche Erklärungen haben ausdrücklich anzugeben, auf welche Gebietseinheiten sich das Übereinkommen erstreckt. (3) Erstreckt sich das Übereinkommen auf Grund einer Erklärung nach diesem Artikel nicht auf alle Gebietseinheiten eines Staates und befindet sich der Zedent oder der Schuldner in einer Gebietseinheit, auf welche sich das Übereinkommen nicht erstreckt, so wird er als sich nicht in einem Vertragsstaat befindend betrachtet. (4) Erstreckt sich das Übereinkommen auf Grund einer Erklärung nach diesem Artikel nicht auf alle Gebietseinheiten eines Staates und ist das für den Grundvertrag maßgebende Recht das geltende Recht in einer Gebietseinheit, auf welche sich das Übereinkommen nicht erstreckt, so wird das für den Grundvertrag maßgebende Recht nicht als das Recht eines Vertragsstaates betrachtet. (5) Gibt ein Staat keine Erklärung nach Absatz 1 dieses Artikels ab, so erstreckt sich das Übereinkommen auf alle Gebietseinheiten dieses Staates. Artikel 36 Niederlassung

in einer

Gebietseinheit

Befindet sich eine Person in einem Staat, der zwei oder mehr Gebietseinheiten umfasst, so befindet sich diese Person in jener Gebietseinheit, in welcher sie ihre Niederlassung hat. Hat der Zedent oder der Zessionar in mehr als einer Gebietseinheit seine Niederlassung, so ist die Niederlassung jener Ort, an dem die Hauptverwaltung des Zedenten oder Zessionars ausgeübt wird. Hat der Schuldner seine Niederlassung in mehr als einer Gebietseinheit, so ist jene Niederlassung maßgebend, welche die engste Beziehung zum Grundvertrag hat. Hat eine Person keine Niederlassung, so ist der gewöhnliche Aufenthaltsort dieser Person maßgebend. Ein Staat mit zwei oder mehr Gebietseinheiten kann jederzeit durch eine Erklärung andere Regelungen für die Bestimmung der Niederlassung einer Person innerhalb dieses Staates bestimmen. Artikel 37 In Gebietseinheiten

anwendbares

Recht

Wird in diesem Übereinkommen auf das Recht eines Staates Bezug genommen, so ist im Fall eines Staates, der zwei oder mehrere Gebietseinheiten umfasst, das in dieser Gebietseinheit maßgebende Recht gemeint. Ein solcher Staat kann jederzeit durch eine Erklärung andere Regelungen für die Bestimmung des anwendbaren Rechtes festlegen, einschließlich Regelungen, die das Recht einer anderen Gebietseinheit dieses Staates als anwendbar erklären. Artikel 38 Kollision mit anderen internationalen

Vereinbarungen

(1) Dieses Übereinkommen geht bereits geschlossenen oder zu schließenden internationalen Vereinbarungen, die konkret ein Rechtsgeschäft regeln, das anderenfalls diesem Übereinkommen unterliegen würde, nicht vor. (2) Ungeachtet des Absatzes 1 dieses Artikels geht dieses Übereinkommen dem UnidroitÜbereinkommen über das Internationale Factoring („Ottawa Übereinkommen") vor. Soweit dieses Übereinkommen auf die Rechte und Pflichten eines Schuldners keine Anwendung findet, schließt es die Anwendung des Ottawa Übereinkommens hinsichtlich der Rechte und Pflichten dieses Schuldners nicht aus.

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Anhang: ZessÜ - deutscher Text

Artikel 39 Erklärung über die Anwendung von Kapitel V Ein Staat kann jederzeit erklären, dass Kapitel V für ihn nicht verbindlich ist. Artikel 40 Einschränkungen in Bezug auf Regierungen und andere öffentliche Rechtsträger Ein Staat kann jederzeit erklären, ob oder in welchem Umfang Artikel 9 und 10 für ihn nicht verbindlich sind, wenn der Schuldner oder eine andere Person, die ein obligatorisches oder dingliches, die Zahlung einer abgetretenen Forderung sicherndes Recht einräumt, im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages sich in diesem Staat befindet und eine zentrale oder lokale Regierung, eine Untereinheit derselben oder ein für einen öffentlichen Zweck gegründeter Rechtsträger ist. Hat ein Staat eine solche Erklärung abgegeben, so bleiben die Rechte und Pflichten dieses Schuldners oder dieser Person von den Artikel 9 und 10 unberührt. Ein Staat kann in einer Erklärung die Arten von Rechtsträgern auflisten, auf welche sich die Erklärung bezieht. Artikel 41 Andere Ausschlüsse (1) Ein Staat kann jederzeit erklären, dass er dieses Übereinkommen auf bestimmte Arten von Abtretungen oder auf die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen, die deutlich in einer Erklärung beschrieben werden, nicht anwenden wird. (2) Nachdem eine Erklärung nach Absatz 1 dieses Artikels wirksam wird: (a) ist dieses Übereinkommen auf solche Arten von Abtretungen oder auf die Abtretung solcher Kategorien von Forderungen nicht anzuwenden, wenn sich der Zedent zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages in einem solchen Staat befindet; und (b) sind die Bestimmungen dieses Übereinkommens, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners berühren, nicht anzuwenden, wenn sich der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages in einem solchen Staat befindet oder das für den Grundvertrag maßgebende Recht das Recht eines solchen Staates ist. (3) Dieser Artikel ist auf die Abtretung der in Artikel 9 Absatz 3 angeführten Forderungen nicht anzuwenden. Artikel 42 Anwendung des Anhanges (1) Ein Staat kann jederzeit erklären, dass für ihn verbindlich sind: (a) die in Abschnitt I des Anhanges festgelegten Vorrangregeln und dass er an dem nach Abschnitt II des Anhanges eingerichteten internationalen Registersystem teilnehmen wird; (b) die in Abschnitt I des Anhanges festgelegten Vorrangregeln und dass er diesen Vorschriften durch die Anwendung eines Registersystems, das dem Zweck solcher Vorschriften entspricht, Wirksamkeit verleihen wird, so dass in diesem Fall - für die Zwecke des Abschnitts I des Anhanges - eine Registrierung gemäß einem solchen System dieselbe Wirkung wie eine Registrierung gemäß Abschnitt II des Anhanges hat; (c) die in Abschnitt III des Anhanges festgelegten Vorrangregeln; (d) die in Abschnitt IV des Anhanges festgelegten Vorrangregeln; oder (e) die in Artikel 7 und 9 des Anhanges festgelegten Vorrangregeln. (2) Für die Zwecke des Artikels 22: (a) ist das Recht eines Staates, der eine Erklärung nach Absatz 1 (a) oder (b) dieses Artikels abgegeben hat - entsprechend einer Erklärung nach Absatz 5 dieses Artikels - , das in Abschnitt I des Anhanges angeführte Regelwerk;

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(b) ist das Recht eines Staates, der eine Erklärung nach Absatz 1 (c) dieses Artikels abgegeben hat - entsprechend einer Erklärung nach Absatz 5 dieses Artikels - , das in Abschnitt III des Anhanges angeführte Regelwerk; (c) ist das Recht eines Staates, der eine Erklärung nach Absatz 1 (d) dieses Artikels abgegeben hat - entsprechend einer Erklärung nach Absatz 5 dieses Artikels - , das in Abschnitt IV des Anhanges angeführte Regelwerk; und (d) ist das Recht eines Staates, der eine Erklärung nach Absatz 1 (e) dieses Artikels abgegeben hat - entsprechend einer Erklärung nach Absatz 5 dieses Artikels - , das in den Artikeln 7 und 9 des Anhanges angeführte Regelwerk. (3) Ein Staat, der eine Erklärung nach Absatz 1 dieses Artikels abgegeben hat, kann Vorschriften erlassen, wonach Abtretungsverträge, die vor dem Inkrafttreten der Erklärung abgeschlossen worden sind, nach Ablauf einer angemessenen Zeit diesen Vorschriften unterliegen. (4) Ein Staat, der keine Erklärung nach Absatz 1 dieses Artikels abgegeben hat, kann - in Übereinstimmung mit den in diesem Staat geltenden Vorrangregeln - das nach Abschnitt II dieses Anhanges eingerichtete Registersystem nutzen. (5) Ein Staat kann in dem Zeitpunkt, in dem er eine Erklärung nach Absatz 1 dieses Artikels abgibt oder danach erklären, dass: (a) er die nach Absatz 1 dieses Artikels gewählten Vorrangregeln auf bestimmte Arten von Abtretungen oder auf die Abtretung bestimmter Kategorien von Forderungen nicht anwenden wird; oder (b) er die Vorrangregeln mit den in dieser Erklärung beschriebenen Änderungen anwenden wird. (6) Auf Antrag von mindestens einem Drittel der Vertrags- oder Unterzeichnerstaaten dieses Ubereinkommens hat der Depositar eine Konferenz der Vertrags- oder Unterzeichnerstaaten einzuberufen, um die Aufsichtsbehörde und den ersten Registerführer einzusetzen und um die Vorschriften, auf die in Abschnitt II des Anhanges Bezug genommen wird, auszuarbeiten oder zu revidieren. Artikel 43 Wirkung einer Erklärung (1) Erklärungen, die nach Artikel 35 Absatz 1, 36, 37 oder 39 bis 42 bei der Unterzeichnung abgegeben werden, bedürfen der Bestätigung bei der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. (2) Erklärungen und Bestätigungen von Erklärungen bedürfen der Schriftform und sind dem Depositar zu notifizieren. (3) Eine Erklärung wird gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat wirksam. Eine Erklärung, die dem Depositar nach diesem Inkrafttreten notifiziert wird, tritt jedoch am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach ihrem Eingang beim Depositar folgt. (4) Ein Staat, der eine Erklärung nach Artikel 35 Absatz 1, 36, 37 oder 39 bis 42 abgibt, kann sie jederzeit durch eine an den Depositar gerichtete schriftliche Notifikation zurücknehmen. Eine solche Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach dem Eingang der Notifikation beim Depositar folgt. (5) Bewirkt im Fall einer Erklärung nach Artikel 35 Absatz 1, 36, 37 oder 39 bis 42, die nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat wirksam wird, oder im Fall einer Rücknahme einer solchen Erklärung, die Erklärung oder Rücknahme, dass in beiden Fällen eine Bestimmung dieses Übereinkommens - einschließlich eines Anhanges - anwendbar wird:

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Anhang: ZessÜ - deutscher Text

(a) so ist diese Bestimmung, mit der in Absatz 5 (b) dieses Artikels vorgesehenen Ausnahme, nur auf Abtretungen anwendbar, für die der Abtretungsvertrag an oder nach dem Datum geschlossen wird, an dem die Erklärung oder die Rücknahme für den betreffenden in Artikel 1 Absatz 1 (a) genannten Vertragsstaat wirksam wird; (b) so ist eine Bestimmung, welche die Rechte und Pflichten eines Schuldners betrifft, nur auf Grundverträge anwendbar, die an oder nach dem Datum geschlossen wurde, an dem die Erklärung oder die Rücknahme für den betreffenden in Artikel 1 Absatz 3 genannten Vertragsstaat wirksam wird. (6) Bewirkt im Fall einer Erklärung nach Artikel 35 Absatz 1, 36, 37 oder 39 bis 42, die nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat wirksam wird, oder im Fall einer Rücknahme einer solchen Erklärung, die Erklärung oder Rücknahme, dass in beiden Fällen eine Bestimmung dieses Übereinkommens - einschließlich jedes Anhanges - nicht anwendbar wird: (a) so ist diese Bestimmung, vorbehaltlich Absatz 6 (b) dieses Artikels, auf Abtretungen nicht anwendbar, für die der Abtretungsvertrag an oder nach dem Datum geschlossen wird, an dem die Erklärung oder die Rücknahme für den betreffenden in Artikel 1 Absatz 1 (a) genannten Vertragsstaat wirksam wird; (b) so ist eine Bestimmung, welche die Rechte und Pflichten eines Schuldners betrifft, auf Grundverträge nicht anwendbar, die an oder nach dem Datum geschlossen werden, an dem die Erklärung oder die Rücknahme für den betreffenden in Artikel 1 Absatz 3 genannten Vertragsstaat wirksam wird. (7) Ist eine Vorschrift, die infolge einer Erklärung oder Rücknahme gemäß Absatz 5 oder 6 dieses Artikels anwendbar oder nicht anwendbar wird, maßgeblich für die Bestimmung des Vorranges bezüglich einer Forderung, für die der Abtretungsvertrag geschlossen wurde, bevor eine solche Erklärung oder Rücknahme wirksam wird, oder ist sie maßgeblich bezüglich ihrer Erlöse, so hat das Recht des Zessionars in dem Ausmaß Vorrang vor dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten, in dem das Recht des Zessionars nach dem Recht Vorrang hätte, das den Vorrang vor dem Wirksamwerden einer solchen Erklärung oder Rücknahme regeln würde. Artikel 44 Vorbehalte Vorbehalte sind nur zulässig, soweit sie in diesem Übereinkommen ausdrücklich für zulässig erklärt werden. Artikel 45 Inkrafttreten (1) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten vom Tag der Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde beim Depositar folgt. (2) Für jeden Staat, der nach dem Tag der Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde Vertragsstaat dieses Übereinkommens wird, tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach dem Datum der Hinterlegung der entsprechenden Urkunde im Namen dieses Staates folgt. (3) Dieses Übereinkommen ist nur auf Abtretungen anwendbar, wenn der Abtretungsvertrag an oder nach dem Tag geschlossen wird, an dem dieses Übereinkommen für den in Artikel 1 Absatz 1 (a) genannten Vertragsstaat in Kraft tritt, vorbehaltlich dessen, dass die Bestimmungen dieses Übereinkommens, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen, nur auf Abtretungen von Forderungen anwendbar sind, die aus

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

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Grundverträgen entstehen, die an oder nach dem Tag geschlossen wurden, an dem dieses Übereinkommen für die in Artikel 1 Absatz 3 genannten Vertragsstaaten in Kraft getreten ist. (4) Wird eine Forderung auf Grund eines Abtretungsvertrages abgetreten, der vor dem Tag geschlossen wurde, an dem dieses Übereinkommen für den in Artikel 1 Absatz 1 (a) genannten Vertragsstaat in Kraft tritt, so hat das Recht des Zessionars in dem Ausmaß Vorrang vor dem Recht eines konkurrierenden Anspruchsberechtigten hinsichtlich der Forderung, in dem das Recht des Zessionars Vorrang hätte nach dem Recht, das den Vorrang in Ermangelung des Übereinkommens regeln würde. Artikel 46 Kündigung (1) Ein Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Depositar gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. (2) Eine Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von einem Jahr nach Eingang der Notifikation beim Depositar folgt. Ist in der Notifikation eine längere Frist angegeben, so wird die Kündigung nach Ablauf dieser längeren Frist nach Eingang der Notifikation beim Depositar wirksam. (3) Dieses Übereinkommen bleibt auf Abtretungen anwendbar, wenn der Abtretungsvertrag vor dem Tag geschlossen wird, an dem die Kündigung für den in Artikel 1 Absatz 1 (a) genannten Vertragsstaat wirksam wird, wobei die Bestimmungen dieses Übereinkommens, welche die Rechte und Pflichten des Schuldners betreffen, nur auf Abtretungen von Forderungen anwendbar bleiben, die sich aus Grundverträgen ergeben, die vor dem Datum des Wirksamwerdens der Kündigung für den in Artikel 1 Absatz 3 genannten Vertragsstaat geschlossen werden. (4) Wird eine Forderung auf Grund eines Abtretungsvertrags abgetreten, der vor dem Tag abgeschlossen wurde, an dem die Kündigung für den in Artikel 1 Absatz 1 (a) genannten Vertragsstaat wirksam wird, so hat das Recht des Zessionars gegenüber dem Recht eines konkurrierenden Berechtigten hinsichtlich der Forderung in dem Ausmaß Vorrang, in dem das Recht des Zessionars nach dem Recht Vorrang hätte, das den Vorrang nach diesem Übereinkommen regeln würde. Artikel 47 Revision und Änderung (1) Auf Antrag von mindestens einem Drittel der Vertragsstaaten dieses Übereinkommens hat der Depositar eine Konferenz der Vertragsstaaten einzuberufen, um es zu revidieren oder zu ändern. (2) Jede nach dem Inkrafttreten einer Änderung dieses Übereinkommens hinterlegte Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde gilt für das Übereinkommen in der geänderten Fassung. ANHANG ZUM

ÜBEREINKOMMEN

ABSCHNITT 1: VORRANGREGELN Artikel 1 Vorrang zwischen mehreren

AUF GRUND EINER

REGISTRIERUNG

Zessionaren

Zwischen Zessionaren derselben Forderung von demselben Zedenten bestimmt sich der Vorrang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung nach der Reihenfolge, in welcher die Angaben über die Abtretung nach Abschnitt II dieses Anhangs regist-

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Anhang: ZessÜ - deutscher Text

riert werden, ungeachtet dessen, wann die Forderung übertragen worden ist. Falls solche Angaben nicht registriert wurden, so bestimmt sich der Vorrang nach der Reihenfolge der Abschlüsse der betreffenden Abtretungsverträge. Artikel 2 Vorrang zwischen dem Zessionar und dem Insolvenzverwalter Zedenten

oder den Gläubigern des

Das Recht eines Zessionars an einer abgetretenen Forderung hat Vorrang vor dem Recht eines Insolvenzverwalters und von Gläubigern, die durch Pfändung, einen gerichtlichen oder ähnlichen Akt einer zuständigen Behörde, die ein solches Recht begründet, ein Recht an der abgetretenen Forderung erwerben, sofern die Forderung abgetreten wurde und die Registrierung der Angaben über die Abtretung nach Abschnitt II dieses Anhanges vor der Einleitung eines solchen Insolvenzverfahrens, einer Pfändung, eines gerichtlichen oder ähnlichen Aktes erfolgte. ABSCHNITT II:

REGISTRIERUNG

Artikel 3 Einrichtung eines

Registersystems

Entsprechend den vom Registerführer und von der Aufsichtsbehörde zu erlassenden Ausführungsbestimmungen über die Eintragung von Angaben über Abtretungen wird ein Registersystem eingerichtet, selbst wenn die betreffende Abtretung oder Forderung nicht international ist. Die vom Registerführer und der Aufsichtsbehörde nach diesem Anhang erlassenen Ausführungsbestimmungen haben mit diesem Anhang in Übereinstimmung zu stehen. Die Ausführungsbestimmungen werden im Einzelnen die Art und Weise des Betriebs des Registersystems sowie das Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten, die sich aus diesem Betrieb ergeben, festlegen. Artikel 4 Registrierung (1) Jede Person kann in Übereinstimmung mit diesem Anhang und den Ausführungsbestimmungen Angaben über eine Abtretung in dem Register eintragen. Wie in den Ausführungsbestimmungen vorgesehen, werden Angaben zur Identifizierung des Zedenten und des Zessionars sowie eine kurze Beschreibung der abgetretenen Forderungen eingetragen. (2) Eine einzelne Registrierung kann eine oder mehrere Abtretungen einer oder mehrerer bestehender oder zukünftiger Forderungen des Zedenten an den Zessionar umfassen, ungeachtet dessen, ob die Forderungen im Zeitpunkt der Registrierung bestehen. (3) Eine Registrierung kann vor der Abtretung, auf die sie sich bezieht, durchgeführt werden. Die Ausführungsbestimmungen werden das Verfahren für die Löschung einer Eintragung für den Fall einer nicht erfolgten Abtretung regeln. (4) Eine Eintragung oder ihre Änderung ist ab dem Zeitpunkt wirksam, in dem die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Angaben für suchende Personen zur Verfügung stehen. Die Partei, welche die Registrierung vornimmt, kann, entsprechend den in den Ausführungsbestimmungen festgelegten Wahlmöglichkeiten, die Dauer der Wirksamkeit der Eintragung bestimmen. Mangels einer solchen Festlegung ist eine Registrierung für eine Dauer von fünf Jahren wirksam. (5) Die Ausführungsbestimmungen werden festlegen, in welcher Weise eine Eintragung erneuert, geändert oder gelöscht werden kann, und alle sonstigen Angelegenheiten zum Betrieb des Registersystems regeln.

617

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

(6) Jeder Mangel, jede Unregelmäßigkeit, jede Auslassung oder jeder Fehler hinsichtlich der Identifizierung eines Zedenten, der bewirken würde, dass die eingetragenen Angaben bei einer Suche, die auf einer richtigen Identifizierung des Zedenten beruht, nicht gefunden werden, macht die Registrierung unwirksam. Artikel 5 Suche im Register (1) Jede Person kann die Eintragungen im Register ausgehend von der in den Ausführungsbestimmungen festgelegten Identifizierung des Zedenten abfragen, und ein schriftliches Ergebnis der Abfrage erhalten. (2) Ein schriftliches Abfrageergebnis, das anscheinend vom Register ausgestellt worden ist, ist als Beweismittel zulässig und ist - in Ermangelung eines Gegenbeweises - ein Nachweis für die Registrierung der Angaben, auf welche sich die Abfrage bezieht, einschließlich des Datums und der Uhrzeit der Eintragung. ABSCHNITT III: VORRANGREGELN ABTRETUNGSVERTRAGS Artikel 6 Vorrang zwischen mehreren

AUF

GRUND

DES

ZEITPUNKTS

DES

Zessionaren

Zwischen Zessionaren derselben Forderung desselben Zedenten bestimmt sich der Vorrang des Rechtes eines Zessionars an der abgetretenen Forderung nach der Reihenfolge, in der die betreffenden Abtretungsverträge geschlossen werden. Artikel 7 Vorrang zwischen dem Zessionar und dem Insolvenzverwalter Zedenten

oder den Gläubigern des

Das Recht eines Zessionars an einer abgetretenen Forderung hat Vorrang vor dem Recht eines Insolvenzverwalters und von Gläubigern, die durch Pfändung, einen gerichtlichen oder ähnlichen Akt einer zuständigen Behörde, die ein solches Recht begründet, ein Recht an der abgetretenen Forderung erwerben, sofern die Forderung vor der Einleitung eines solchen Insolvenzverfahrens, einer Pfändung, eines gerichtlichen oder ähnlichen Aktes abgetreten wurde. Artikel 8 Beweis des Zeitpunktes des

Abtretungsvertrages

Der Abschlusszeitpunkt eines Abtretungsvertrages kann im Hinblick auf Artikel 6 und 7 dieses Anhanges durch jedes Mittel, einschließlich Zeugen, bewiesen werden. ABSCHNITT IV: VORRANGREGELN ABTRETUNGSANZEIGE Artikel 9 Vorrang zwischen mehreren

AUF

GRUND

DES

ZEITPUNKTS

DER

Zessionaren

Zwischen Zessionaren derselben Forderung desselben Zedenten bestimmt sich der Vorrang des Rechts eines Zessionars an der abgetretenen Forderung nach der Reihenfolge, in welcher der Schuldner die Anzeige der betreffenden Abtretungen empfängt. Ein Zessionar kann jedoch durch eine Anzeige an den Schuldner keinen Vorrang vor einer früheren Abtretung erlangen, von welcher der Zessionar im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages Kenntnis hatte.

618

Anhang: ZessÜ - deutscher Text

Artikel 10 Vorrang zwischen dem Zessionar und dem Insolvenzverwalter Zedenten

oder den Gläubigern des

Das Recht eines Zessionars an einer abgetretenen Forderung hat Vorrang vor dem Recht eines Insolvenzverwalters und von Gläubigern, die durch Pfändung, einen gerichtlichen oder ähnlichen Akt einer zuständigen Behörde, die ein solches Recht begründet, ein Recht an der abgetretenen Forderung erwerben, sofern die Forderung vor der Einleitung eines solchen Insolvenzverfahrens, einer Pfändung, eines gerichtlichen oder ähnlichen Aktes abgetreten wurde und die Anzeige vom Schuldner empfangen wurde. Geschehen zu New York am 12. Dezember 2001 in einer Urschrift, deren arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist. Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, hierzu von ihren Regierungen gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Anhang:

ZessÜ - englischer

Text

619

II. United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade www.uncitral.org PREAMBLE The Contracting States, Reaffirming their conviction that international trade on the basis of equality and mutual benefit is an important element in the promotion of friendly relations among States, Considering that problems created by uncertainties as to the content and the choice of legal regime applicable to the assignment of receivables constitute an obstacle to international trade, Desiring to establish principles and to adopt rules relating to the assignment of receivables that would create certainty and transparency and promote the modernization of the law relating to assignments of receivables, while protecting existing assignment practices and facilitating the development of new practices, Desiring also to ensure adequate protection of the interests of debtors in assignments of receivables, Being of the opinion that the adoption of uniform rules governing the assignment of receivables would promote the availability of capital and credit at more affordable rates and thus facilitate the development of international trade, Have agreed as follows: CHAPTER

I: SCOPE OF

Article 1 Scope of

application

APPLICATION

1. This Convention applies to: (a) Assignments of international receivables and to international assignments of receivables as defined in this chapter, if, at the time of conclusion of the contract of assignment, the assignor is located in a Contracting State; and (b) Subsequent assignments, provided that any prior assignment is governed by this Convention. 2. This Convention applies to subsequent assignments that satisfy the criteria set forth in paragraph 1 (a) of this article, even if it did not apply to any prior assignment of the same receivable. 3. This Convention does not affect the rights and obligations of the debtor unless, at the time of conclusion of the original contract, the debtor is located in a Contracting State or the law governing the original contract is the law of a Contracting State. 4. The provisions of chapter V apply to assignments of international receivables and to international assignments of receivables as defined in this chapter independently of paragraphs 1 to 3 of this article. However, those provisions do not apply if a State makes a declaration under article 39. 5. The provisions of the annex to this Convention apply as provided in article 42.

620

Anhang: ZessÜ - englischer Text

Article 2 Assignment of receivables For the purposes of this Convention: (a) „Assignment" means the transfer by agreement from one person („assignor") to another person („assignee") of all or part of or an undivided interest in the assignor's contractual right to payment of a monetary sum („receivable") from a third person („the debtor"). The creation of rights in receivables as security for indebtedness or other obligation is deemed to be a transfer; (b) In the case of an assignment by the initial or any other assignee („subsequent assignment"), the person who makes that assignment is the assignor and the person to whom that assignment is made is the assignee. Article 3 Internationality A receivable is international if, at the time of conclusion of the original contract, the assignor and the debtor are located in different States. An assignment is international if, at the time of conclusion of the contract of assignment, the assignor and the assignee are located in different States. Article 4 Exclusions and other

limitations

1. This Convention does not apply to assignments made: (a) To an individual for his or her personal, family or household purposes; (b) As part of the sale or change in the ownership or legal status of the business out of which the assigned receivables arose. 2. This Convention does not apply to assignments of receivables arising under or from: (a) Transactions on a regulated exchange; (b) Financial contracts governed by netting agreements, except a receivable owed on the termination of all outstanding transactions; (c) Foreign exchange transactions; (d) Inter-bank payment systems, inter-bank payment agreements or clearance and settlement systems relating to securities or other financial assets or instruments; (e) The transfer of security rights in, sale, loan or holding of or agreement to repurchase securities or other financial assets or instruments held with an intermediary; (f) Bank deposits; (g) A letter of credit or independent guarantee. 3. Nothing in this Convention affects the rights and obligations of any person under the law governing negotiable instruments. 4. Nothing in this Convention affects the rights and obligations of the assignor and the debtor under special laws governing the protection of parties to transactions made for personal, family or household purposes. 5. Nothing in this Convention: (a) Affects the application of the law of a State in which real property is situated to either: (i) An interest in that real property to the extent that under that law the assignment of a receivable confers such an interest; or (ii) The priority of a right in a receivable to the extent that under that law an interest in the real property confers such a right; or (b) Makes lawful the acquisition of an interest in real property not permitted under the law of the State in which the real property is situated.

Anhang: ZessÜ - englischer CHAPTER II: GENERAL

Text

621

PROVISIONS

Article 5 Definitions

and rules of

interpretation

For the purposes of this Convention: (a) „Original contract" means the contract between the assignor and the debtor from which the assigned receivable arises; (b) „Existing receivable" means a receivable that arises upon or before conclusion of the contract of assignment and „future receivable" means a receivable that arises after conclusion of the contract of assignment; (c) „Writing" means any form of information that is accessible so as to be usable for subsequent reference. Where this Convention requires a writing to be signed, that requirement is met if, by generally accepted means or a procedure agreed to by the person whose signature is required, the writing identifies that person and indicates that person's approval of the information contained in the writing; (d) „Notification of the assignment" means a communication in writing that reasonably identifies the assigned receivables and the assignee; (e) „Insolvency administrator" means a person or body, including one appointed on an interim basis, authorized in an insolvency proceeding to administer the reorganization or liquidation of the assignor's assets or affairs; (f) „Insolvency proceeding" means a collective judicial or administrative proceeding, including an interim proceeding, in which the assets and affairs of the assignor are subject to control or supervision by a court or other competent authority for the purpose of reorganization or liquidation; (g) „Priority" means the right of a person in preference to the right of another person and, to the extent relevant for such purpose, includes the determination whether the right is a personal or a property right, whether or not it is a security right for indebtedness or other obligation and whether any requirements necessary to render the right effective against a competing claimant have been satisfied; (h) A person is located in the State in which it has its place of business. If the assignor or the assignee has a place of business in more than one State, the place of business is that place where the central administration of the assignor or the assignee is exercised. If the debtor has a place of business in more than one State, the place of business is that which has the closest relationship to the original contract. If a person does not have a place of business, reference is to be made to the habitual residence of that person; (i) „Law" means the law in force in a State other than its rules of private international law; (j) „Proceeds" means whatever is received in respect of an assigned receivable, whether in total or partial payment or other satisfaction of the receivable. The term includes whatever is received in respect of proceeds. The term does not include returned goods; (k) „Financial contract" means any spot, forward, future, option or swap transaction involving interest rates, commodities, currencies, equities, bonds, indices or any other financial instrument, any repurchase or securities lending transaction, and any other transaction similar to any transaction referred to above entered into in financial markets and any combination of the transactions mentioned above; (1) „Netting agreement" means an agreement between two or more parties that provides for one or more of the following: (i) The net settlement of payments due in the same currency on the same date whether by novation or otherwise;

622

Anhang: ZessÜ - englischer Text

(ii) Upon the insolvency or other default by a party, the termination of all outstanding transactions at their replacement or fair market values, conversion of such sums into a single currency and netting into a single payment by one party to the other; or (iii) The set-off of amounts calculated as set forth in subparagraph (1) (ii) of this article under two or more netting agreements; (m) „Competing claimant" means: (i) Another assignee of the same receivable from the same assignor, including a person who, by operation of law, claims a right in the assigned receivable as a result of its right in other property of the assignor, even if that receivable is not an international receivable and the assignment to that assignee is not an international assignment; (ii) A creditor of the assignor; or (iii) The insolvency administrator. Article 6 Party autonomy Subject to article 19, the assignor, the assignee and the debtor may derogate from or vary by agreement provisions of this Convention relating to their respective rights and obligations. Such an agreement does not affect the rights of any person who is not a party to the agreement. Article 7 Principles of

interpretation

1. In the interpretation of this Convention, regard is to be had to its object and purpose as set forth in the preamble, to its international character and to the need to promote uniformity in its application and the observance of good faith in international trade. 2. Questions concerning matters governed by this Convention that are not expressly settled in it are to be settled in conformity with the general principles on which it is based or, in the absence of such principles, in conformity with the law applicable by virtue of the rules of private international law. CHAPTER III: EFFECTS OF

ASSIGNMENT

Article 8 Effectiveness of assignments 1. An assignment is not ineffective as between the assignor and the assignee or as against the debtor or as against a competing claimant, and the right of an assignee may not be denied priority, on the ground that it is an assignment of more than one receivable, future receivables or parts of or undivided interests in receivables, provided that the receivables are described: (a) Individually as receivables to which the assignment relates; or (b) In any other manner, provided that they can, at the time of the assignment or, in the case of future receivables, at the time of conclusion of the original contract, be identified as receivables to which the assignment relates. 2. Unless otherwise agreed, an assignment of one or more future receivables is effective without a new act of transfer being required to assign each receivable. 3. Except as provided in paragraph 1 of this article, article 9 and article 10, paragraphs 2 and 3, this Convention does not affect any limitations on assignments arising from law.

Anhang: ZessÜ - englischer Text Article 9 Contractual limitations on

623

assignments

1. An assignment of a receivable is effective notwithstanding any agreement between the initial or any subsequent assignor and the debtor or any subsequent assignee limiting in any way the assignor's right to assign its receivables. 2. Nothing in this article affects any obligation or liability of the assignor for breach of such an agreement, but the other party to such agreement may not avoid the original contract or the assignment contract on the sole ground of that breach. A person who is not party to such an agreement is not liable on the sole ground that it had knowledge of the agreement. 3. This article applies only to assignments of receivables: (a) Arising from an original contract that is a contract for the supply or lease of goods or services other than financial services, a construction contract or a contract for the sale or lease of real property; (b) Arising from an original contract for the sale, lease or licence of industrial or other intellectual property or of proprietary information; (c) Representing the payment obligation for a credit card transaction; or (d) Owed to the assignor upon net settlement of payments due pursuant to a netting agreement involving more than two parties. Article 10 Transfer of security rights 1. A personal or property right securing payment of the assigned receivable is transferred to the assignee without a new act of transfer. If such a right, under the law governing it, is transferable only with a new act of transfer, the assignor is obliged to transfer such right and any proceeds to the assignee. 2. A right securing payment of the assigned receivable is transferred under paragraph 1 of this article notwithstanding any agreement between the assignor and the debtor or other person granting that right, limiting in any way the assignor's right to assign the receivable or the right securing payment of the assigned receivable. 3. Nothing in this article affects any obligation or liability of the assignor for breach of any agreement under paragraph 2 of this article, but the other party to that agreement may not avoid the original contract or the assignment contract on the sole ground of that breach. A person who is not a party to such an agreement is not liable on the sole ground that it had knowledge of the agreement. 4. Paragraphs 2 and 3 of this article apply only to assignments of receivables: (a) Arising from an original contract that is a contract for the supply or lease of goods or services other than financial services, a construction contract or a contract for the sale or lease of real property; (b) Arising from an original contract for the sale, lease or licence of industrial or other intellectual property or of proprietary information; (c) Representing the payment obligation for a credit card transaction; or (d) Owed to the assignor upon net settlement of payments due pursuant to a netting agreement involving more than two parties. 5. The transfer of a possessory property right under paragraph 1 of this article does not affect any obligations of the assignor to the debtor or the person granting the property right with respect to the property transferred existing under the law governing that property right.

624

Anhang: ZessÜ - englischer Text

6. Paragraph 1 of this article does not affect any requirement under rules of law other than this Convention relating to the form or registration of the transfer of any rights securing payment of the assigned receivable. CHAPTER IV: RIGHTS, OBLIGATIONS AND SECTION I: ASSIGNOR AND

DEFENCES

ASSIGNEE

Article II Rights and obligations of the assignor and the assignee 1. The mutual rights and obligations of the assignor and the assignee arising from their agreement are determined by the terms and conditions set forth in that agreement, including any rules or general conditions referred to therein. 2. The assignor and the assignee are bound by any usage to which they have agreed and, unless otherwise agreed, by any practices they have established between themselves. 3. In an international assignment, the assignor and the assignee are considered, unless otherwise agreed, implicitly to have made applicable to the assignment a usage that in international trade is widely known to, and regularly observed by, parties to the particular type of assignment or to the assignment of the particular category of receivables. Article 12 Representations

of the assignor

1. Unless otherwise agreed between the assignor and the assignee, the assignor represents at the time of conclusion of the contract of assignment that: (a) The assignor has the right to assign the receivable; (b) The assignor has not previously assigned the receivable to another assignee; and (c) The debtor does not and will not have any defences or rights of set-off. 2. Unless otherwise agreed between the assignor and the assignee, the assignor does not represent that the debtor has, or will have, the ability to pay. Article 13 Right to notify the debtor 1. Unless otherwise agreed between the assignor and the assignee, the assignor or the assignee or both may send the debtor notification of the assignment and a payment instruction, but after notification has been sent only the assignee may send such an instruction. 2. Notification of the assignment or a payment instruction sent in breach of any agreement referred to in paragraph 1 of this article is not ineffective for the purposes of article 17 by reason of such breach. However, nothing in this article affects any obligation or liability of the party in breach of such an agreement for any damages arising as a result of the breach. Article 14 Right to payment 1. As between the assignor and the assignee, unless otherwise agreed and whether or not notification of the assignment has been sent: (a) If payment in respect of the assigned receivable is made to the assignee, the assignee is entitled to retain the proceeds and goods returned in respect of the assigned receivable;

Anhang: ZessÜ - englischer Text

625

(b) If payment in respect of the assigned receivable is made to the assignor, the assignee is entitled to payment of the proceeds and also to goods returned to the assignor in respect of the assigned receivable; and (c) If payment in respect of the assigned receivable is made to another person over whom the assignee has priority, the assignee is entitled to payment of the proceeds and also to goods returned to such person in respect of the assigned receivable. 2. The assignee may not retain more than the value of its right in the receivable. SECTION II: DEBTOR Article 15 Principle of debtor

protection

1. Except as otherwise provided in this Convention, an assignment does not, without the consent of the debtor, affect the rights and obligations of the debtor, including the payment terms contained in the original contract. 2. A payment instruction may change the person, address or account to which the debtor is required to make payment, but may not change: (a) The currency of payment specified in the original contract; or (b) The State specified in the original contract in which payment is to be made to a State other than that in which the debtor is located. Article 16 Notification of the debtor 1. Notification of the assignment or a payment instruction is effective when received by the debtor if it is in a language that is reasonably expected to inform the debtor about its contents. It is sufficient if notification of the assignment or a payment instruction is in the language of the original contract. 2. Notification of the assignment or a payment instruction may relate to receivables arising after notification. 3. Notification of a subsequent assignment constitutes notification of all prior assignments. Article 17 Debtor's discharge by payment 1. Until the debtor receives notification of the assignment, the debtor is entitled to be discharged by paying in accordance with the original contract. 2. After the debtor receives notification of the assignment, subject to paragraphs 3 to 8 of this article, the debtor is discharged only by paying the assignee or, if otherwise instructed in the notification of the assignment or subsequently by the assignee in a writing received by the debtor, in accordance with such payment instruction. 3. If the debtor receives more than one payment instruction relating to a single assignment of the same receivable by the same assignor, the debtor is discharged by paying in accordance with the last payment instruction received from the assignee before payment. 4. If the debtor receives notification of more than one assignment of the same receivable made by the same assignor, the debtor is discharged by paying in accordance with the first notification received. 5. If the debtor receives notification of one or more subsequent assignments, the debtor is discharged by paying in accordance with the notification of the last of such subsequent assignments.

626

Anhang: ZessÜ - englischer Text

6. If the debtor receives notification of the assignment of a part of or an undivided interest in one or more receivables, the debtor is discharged by paying in accordance with the notification or in accordance with this article as if the debtor had not received the notification. If the debtor pays in accordance with the notification, the debtor is discharged only to the extent of the part or undivided interest paid. 7. If the debtor receives notification of the assignment from the assignee, the debtor is entitled to request the assignee to provide within a reasonable period of time adequate proof that the assignment from the initial assignor to the initial assignee and any intermediate assignment have been made and, unless the assignee does so, the debtor is discharged by paying in accordance with this article as if the notification from the assignee had not been received. Adequate proof of an assignment includes but is not limited to any writing emanating from the assignor and indicating that the assignment has taken place. 8. This article does not affect any other ground on which payment by the debtor to the person entitled to payment, to a competent judicial or other authority, or to a public deposit fund discharges the debtor. Article 18 Defences and rights of set-off of the debtor 1. In a claim by the assignee against the debtor for payment of the assigned receivable, the debtor may raise against the assignee all defences and rights of set-off arising from the original contract, or any other contract that was part of the same transaction, of which the debtor could avail itself as if the assignment had not been made and such claim were made by the assignor. 2. The debtor may raise against the assignee any other right of set-off, provided that it was available to the debtor at the time notification of the assignment was received by the debtor. 3. Notwithstanding paragraphs 1 and 2 of this article, defences and rights of set-off that the debtor may raise pursuant to article 9 or 10 against the assignor for breach of an agreement limiting in any way the assignor's right to make the assignment are not available to the debtor against the assignee. Article 19 Agreement not to raise defences or rights of set-off 1. The debtor may agree with the assignor in a writing signed by the debtor not to raise against the assignee the defences and rights of set-off that it could raise pursuant to article 18. Such an agreement precludes the debtor from raising against the assignee those defences and rights of set-off. 2. The debtor may not waive defences: (a) Arising from fraudulent acts on the part of the assignee; or (b) Based on the debtor's incapacity. 3. Such an agreement may be modified only by an agreement in a writing signed by the debtor. The effect of such a modification as against the assignee is determined by article 20, paragraph 2. Article 20 Modification of the original

contract

1. An agreement concluded before notification of the assignment between the assignor and the debtor that affects the assignee's rights is effective as against the assignee, and the assignee acquires corresponding rights.

Anhang: ZessÜ — englischer

Text

627

2. An agreement concluded after notification of the assignment between the assignor and the debtor that affects the assignee's rights is ineffective as against the assignee unless: (a) The assignee consents to it; or (b) The receivable is not fully earned by performance and either the modification is provided for in the original contract or, in the context of the original contract, a reasonable assignee would consent to the modification. 3. Paragraphs 1 and 2 of this article do not affect any right of the assignor or the assignee arising from breach of an agreement between them. Article 21 Recovery of

payments

Failure of the assignor to perform the original contract does not entitle the debtor to recover from the assignee a sum paid by the debtor to the assignor or the assignee. SECTION III: THIRD Article 22 Law applicable

PARTIES

to competing

rights

With the exception of matters that are settled elsewhere in this Convention and subject to articles 23 and 24, the law of the State in which the assignor is located governs the priority of the right of an assignee in the assigned receivable over the right of a competing claimant. Article 23 Public policy and mandatory

rules

1. The application of a provision of the law of the State in which the assignor is located may be refused only if the application of that provision is manifestly contrary to the public policy of the forum State. 2. The rules of the law of either the forum State or any other State that are mandatory irrespective of the law otherwise applicable may not prevent the application of a provision of the law of the State in which the assignor is located. 3. Notwithstanding paragraph 2 of this article, in an insolvency proceeding commenced in a State other than the State in which the assignor is located, any preferential right that arises, by operation of law, under the law of the forum State and is given priority over the rights of an assignee in insolvency proceedings under the law of that State may be given priority notwithstanding article 22. A State may deposit at any time a declaration identifying any such preferential right. Article 24 Special rules on

proceeds

1. If proceeds are received by the assignee, the assignee is entitled to retain those proceeds to the extent that the assignee's right in the assigned receivable had priority over the right of a competing claimant in the assigned receivable. 2. If proceeds are received by the assignor, the right of the assignee in those proceeds has priority over the right of a competing claimant in those proceeds to the same extent as the assignee's right had priority over the right in the assigned receivable of that claimant if: (a) The assignor has received the proceeds under instructions from the assignee to hold the proceeds for the benefit of the assignee; and (b) The proceeds are held by the assignor for the benefit of the assignee separately and are reasonably identifiable from the assets of the assignor, such as in the case of a sepa-

628

Anhang: ZessÜ - englischer Text

rate deposit or securities account containing only proceeds consisting of cash or securities. 3. Nothing in paragraph 2 of this article affects the priority of a person having against the proceeds a right of set-off or a right created by agreement and not derived from a right in the receivable. Article 25 Subordination An assignee entitled to priority may at any time subordinate its priority unilaterally or by agreement in favour of any existing or future assignees. CHAPTER V: AUTONOMOUS

CONFL1CT-OF-LAWS

RULES

Article 26 Application of chapter V The provisions of this chapter apply to matters that are: (a) Within the scope of this Convention as provided in article 1, paragraph 4; and (b) Otherwise within the scope of this Convention but not settled elsewhere in it. Article 27 Form of a contract of assignment 1. A contract of assignment concluded between persons who are located in the same State is formally valid as between them if it satisfies the requirements of either the law which governs it or the law of the State in which it is concluded. 2. A contract of assignment concluded between persons who are located in different States is formally valid as between them if it satisfies the requirements of either the law which governs it or the law of one of those States. Article 28 Law applicable to the mutual rights and obligations of the assignor and the assignee 1. The mutual rights and obligations of the assignor and the assignee arising from their agreement are governed by the law chosen by them. 2. In the absence of a choice of law by the assignor and the assignee, their mutual rights and obligations arising from their agreement are governed by the law of the State with which the contract of assignment is most closely connected. Article 29 Law applicable to the rights and obligations of the assignee and the debtor The law governing the original contract determines the effectiveness of contractual limitations on assignment as between the assignee and the debtor, the relationship between the assignee and the debtor, the conditions under which the assignment can be invoked against the debtor and whether the debtor's obligations have been discharged. Article 30 Law applicable to priority 1. The law of the State in which the assignor is located governs the priority of the right of an assignee in the assigned receivable over the right of a competing claimant. 2. The rules of the law of either the forum State or any other State that are mandatory irrespective of the law otherwise applicable may not prevent the application of a provision of the law of the State in which the assignor is located.

Anhang: ZessÜ - englischer

Text

629

3. Notwithstanding paragraph 2 of this article, in an insolvency proceeding commenced in a State other than the State in which the assignor is located, any preferential right that arises, by operation of law, under the law of the forum State and is given priority over the rights of an assignee in insolvency proceedings under the law of that State may be given priority notwithstanding paragraph 1 of this article. Article 31 Mandatory

rules

1. Nothing in articles 27 to 29 restricts the application of the rules of the law of the forum State in a situation where they are mandatory irrespective of the law otherwise applicable. 2. Nothing in articles 27 to 29 restricts the application of the mandatory rules of the law of another State with which the matters settled in those articles have a close connection if and insofar as, under the law of that other State, those rules must be applied irrespective of the law otherwise applicable. Article 32 Public policy With regard to matters settled in this chapter, the application of a provision of the law specified in this chapter may be refused only if the application of that provision is manifestly contrary to the public policy of the forum State. CHAPTER

VI: FINAL

PROVISIONS

Article 33 Depositary The Secretary-General of the United Nations is the depositary of this Convention. Article 34 Signature, ratification,

acceptance,

approval,

accession

1. This Convention is open for signature by all States at the Headquarters of the United Nations in New York until 31 December 2003. 2. This Convention is subject to ratification, acceptance or approval by the signatory States. 3. This Convention is open to accession by all States that are not signatory States as from the date it is open for signature. 4. Instruments of ratification, acceptance, approval and accession are to be deposited with the Secretary-General of the United Nations. Article 35 Application

to territorial

units

1. If a State has two or more territorial units in which different systems of law are applicable in relation to the matters dealt with in this Convention, it may at any time declare that this Convention is to extend to all its territorial units or only one or more of them, and may at any time substitute another declaration for its earlier declaration. 2. Such declarations are to state expressly the territorial units to which this Convention extends. 3. If, by virtue of a declaration under this article, this Convention does not extend to all territorial units of a State and the assignor or the debtor is located in a territorial unit to which this Convention does not extend, this location is considered not to be in a Contracting State.

630

Anhang:

ZessÜ - englischer

Text

4. If, by virtue of a declaration under this article, this Convention does not extend to all territorial units of a State and the law governing the original contract is the law in force in a territorial unit to which this Convention does not extend, the law governing the original contract is considered not to be the law of a Contracting State. 5. If a State makes no declaration under paragraph 1 of this article, the Convention is to extend to all territorial units of that State. Article 36 Location in a territorial

unit

If a person is located in a State which has two or more territorial units, that person is located in the territorial unit in which it has its place of business. If the assignor or the assignee has a place of business in more than one territorial unit, the place of business is that place where the central administration of the assignor or the assignee is exercised. If the debtor has a place of business in more than one territorial unit, the place of business is that which has the closest relationship to the original contract. If a person does not have a place of business, reference is to be made to the habitual residence of that person. A State with two or more territorial units may specify by declaration at any time other rules for determining the location of a person within that State. Article 37 Applicable law in territorial

units

Any reference in this Convention to the law of a State means, in the case of a State, which has two or more territorial units, the law in force in the territorial unit. Such a State may specify by declaration at any time other rules for determining the applicable law, including rules that render applicable the law of another territorial unit of that State. Article 38 Conflicts with other international

agreements

1. This Convention does not prevail over any international agreement that has already been or may be entered into and that specifically governs a transaction otherwise governed by this Convention. 2. Notwithstanding paragraph 1 of this article, this Convention prevails over the Unidroit Convention on International Factoring („the Ottawa Convention"). To the extent that this Convention does not apply to the rights and obligations of a debtor, it does not preclude the application of the Ottawa Convention with respect to the rights and obligations of that debtor. Article 39 Declaration

on application

of chapter V

A State may declare at any time that it will not be bound by chapter V. Article 40 Limitations

relating to Governments

and other public

entities

A State may declare at any time that it will not be bound or the extent to which it will not be bound by articles 9 and 10 if the debtor or any person granting a personal or property right securing payment of the assigned receivable is located in that State at the time of conclusion of the original contract and is a Government, central or local, any subdivision thereof, or an entity constituted for a public purpose. If a State has made such a declaration, articles 9 and 10 do not affect the rights and obligations of that debtor or person. A State may list in a declaration the types of entity that are the subject of a declaration.

Anhang: ZessÜ - englischer Text

631

Article 41 Other exclusions 1. A State may declare at any time that it will not apply this Convention to specific types of assignment or to the assignment of specific categories of receivables clearly described in a declaration. 2. After a declaration under paragraph 1 of this article takes effect: (a) This Convention does not apply to such types of assignment or to the assignment of such categories of receivables if the assignor is located at the time of conclusion of the contract of assignment in such a State; and (b) The provisions of this Convention that affect the rights and obligations of the debtor do not apply if, at the time of conclusion of the original contract, the debtor is located in such a State or the law governing the original contract is the law of such a State. 3. This article does not apply to assignments of receivables listed in article 9, paragraph 3. Article 42 Application of the annex 1. A State may at any time declare that it will be bound by: (a) The priority rules set forth in section I of the annex and will participate in the international registration system established pursuant to section II of the annex; (b) The priority rules set forth in section I of the annex and will effectuate such rules by use of a registration system that fulfils the purposes of such rules, in which case, for the purposes of section I of the annex, registration pursuant to such a system has the same effect as registration pursuant to section II of the annex; (c) The priority rules set forth in section III of the annex; (d) The priority rules set forth in section IV of the annex; or (e) The priority rules set forth in articles 7 and 9 of the annex. 2. For the purposes of article 22: (a) The law of a State that has made a declaration pursuant to paragraph 1 (a) or (b) of this article is the set of rules set forth in section I of the annex, as affected by any declaration made pursuant to paragraph 5 of this article; (b) The law of a State that has made a declaration pursuant to paragraph 1 (c) of this article is the set of rules set forth in section III of the annex, as affected by any declaration made pursuant to paragraph 5 of this article; (c) The law of a State that has made a declaration pursuant to paragraph 1 (d) of this article is the set of rules set forth in section IV of the annex, as affected by any declaration made pursuant to paragraph 5 of this article; and (d) The law of a State that has made a declaration pursuant to paragraph 1 (e) of this article is the set of rules set forth in articles 7 and 9 of the annex, as affected by any declaration made pursuant to paragraph 5 of this article. 3. A State that has made a declaration pursuant to paragraph 1 of this article may establish rules pursuant to which contracts of assignment concluded before the declaration takes effect become subject to those rules within a reasonable time. 4. A State that has not made a declaration pursuant to paragraph 1 of this article may, in accordance with priority rules in force in that State, utilize the registration system established pursuant to section II of the annex. 5. At the time a State makes a declaration pursuant to paragraph 1 of this article or thereafter, it may declare that: (a) It will not apply the priority rules chosen under paragraph 1 of this article to certain types of assignment or to the assignment of certain categories of receivables; or

632

Anhang: ZessÜ - englischer

Text

(b) It will apply those priority rules with modifications specified in that declaration. 6. At the request of Contracting or Signatory States to this Convention comprising not less than one third of the Contracting and Signatory States, the depositary shall convene a conference of the Contracting and Signatory States to designate the supervising authority and the first registrar and to prepare or revise the regulations referred to in section II of the annex. Article 43 Effect of declaration 1. Declarations made under articles 35, paragraph 1, 36, 37 or 39 to 42 at the time of signature are subject to confirmation upon ratification, acceptance or approval. 2. Declarations and confirmations of declarations are to be in writing and to be formally notified to the depositary. 3. A declaration takes effect simultaneously with the entry into force of this Convention in respect of the State concerned. However, a declaration of which the depositary receives formal notification after such entry into force takes effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of its receipt by the depositary. 4. A State that makes a declaration under articles 35, paragraph 1, 36, 37 or 39 to 42 may withdraw it at any time by a formal notification in writing addressed to the depositary. Such withdrawal takes effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the receipt of the notification by the depositary. 5. In the case of a declaration under articles 35, paragraph 1, 36, 37 or 39 to 42 that takes effect after the entry into force of this Convention in respect of the State concerned or in the case of a withdrawal of any such declaration, the effect of which in either case is to cause a rule in this Convention, including any annex, to become applicable: (a) Except as provided in paragraph 5 (b) of this article, that rule is applicable only to assignments for which the contract of assignment is concluded on or after the date when the declaration or withdrawal takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 1 (a); (b) A rule that deals with the rights and obligations of the debtor applies only in respect of original contracts concluded on or after the date when the declaration or withdrawal takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 3. 6. In the case of a declaration under articles 35, paragraph 1, 36, 37 or 39 to 42 that takes effect after the entry into force of this Convention in respect of the State concerned or in the case of a withdrawal of any such declaration, the effect of which in either case is to cause a rule in this Convention, including any annex, to become inapplicable: (a) Except as provided in paragraph 6 (b) of this article, that rule is inapplicable to assignments for which the contract of assignment is concluded on or after the date when the declaration or withdrawal takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 1 (a); (b) A rule that deals with the rights and obligations of the debtor is inapplicable in respect of original contracts concluded on or after the date when the declaration or withdrawal takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 3. 7. If a rule rendered applicable or inapplicable as a result of a declaration or withdrawal referred to in paragraph 5 or 6 of this article is relevant to the determination of priority with respect to a receivable for which the contract of assignment is concluded before such declaration or withdrawal takes effect or with respect to its proceeds, the right of the assignee has priority over the right of a competing claimant to the extent that, under the

Anhang: ZessÜ - englischer Text

633

law that would determine priority before such declaration or withdrawal takes effect, the right of the assignee would have priority. Article 44 Reservations No reservations are permitted except those expressly authorized in this Convention. Article 45 Entry into force 1. This Convention enters into force on the first day of the month following the expiration of six months from the date of deposit of the fifth instrument of ratification, acceptance, approval or accession with the depositary. 2. For each State that becomes a Contracting State to this Convention after the date of deposit of the fifth instrument of ratification, acceptance, approval or accession, this Convention enters into force on the first day of the month following the expiration of six months after the date of deposit of the appropriate instrument on behalf of that State. 3. This Convention applies only to assignments if the contract of assignment is concluded on or after the date when this Convention enters into force in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 1 (a), provided that the provisions of this Convention that deal with the rights and obligations of the debtor apply only to assignments of receivables arising from original contracts concluded on or after the date when this Convention enters into force in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 3. 4. If a receivable is assigned pursuant to a contract of assignment concluded before the date when this Convention enters into force in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 1 (a), the right of the assignee has priority over the right of a competing claimant with respect to the receivable to the extent that, under the law that would determine priority in the absence of this Convention, the right of the assignee would have priority. Article 46 Denunciation 1. A Contracting State may denounce this Convention at any time by written notification addressed to the depositary. 2. The denunciation takes effect on the first day of the month following the expiration of one year after the notification is received by the depositary. Where a longer period is specified in the notification, the denunciation takes effect upon the expiration of such longer period after the notification is received by the depositary. 3. This Convention remains applicable to assignments if the contract of assignment is concluded before the date when the denunciation takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 1 (a), provided that the provisions of this Convention that deal with the rights and obligations of the debtor remain applicable only to assignments of receivables arising from original contracts concluded before the date when the denunciation takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 3. 4. If a receivable is assigned pursuant to a contract of assignment concluded before the date when the denunciation takes effect in respect of the Contracting State referred to in article 1, paragraph 1 (a), the right of the assignee has priority over the right of a competing claimant with respect to the receivable to the extent that, under the law that would determine priority under this Convention, the right of the assignee would have priority.

634

Anhang: ZessÜ - englischer Text

Article 47 Revision and amendment 1. At the request of not less than one third of the Contracting States to this Convention, the depositary shall convene a conference of the Contracting States to revise or amend it. 2. Any instrument of ratification, acceptance, approval or accession deposited after the entry into force of an amendment to this Convention is deemed to apply to the Convention as amended. ANNEX TO THE

CONVENTION

SECTION I: PRIORITY RULES BASED ON Article I Priority among several

REGISTRATION

assignees

As between assignees of the same receivable from the same assignor, the priority of the right of an assignee in the assigned receivable is determined by the order in which data about the assignment are registered under section II of this annex, regardless of the time of transfer of the receivable. If no such data are registered, priority is determined by the order of conclusion of the respective contracts of assignment. Article 2 Priority between the assignee and the insolvency administrator or creditors of the assignor The right of an assignee in an assigned receivable has priority over the right of an insolvency administrator and creditors who obtain a right in the assigned receivable by attachment, judicial act or similar act of a competent authority that gives rise to such right, if the receivable was assigned, and data about the assignment were registered under section II of this annex, before the commencement of such insolvency proceeding, attachment, judicial act or similar act. SECTION II:

REGISTRATION

Article 3 Establishment

of a registration

system

A registration system will be established for the registration of data about assignments, even if the relevant assignment or receivable is not international, pursuant to the regulations to be promulgated by the registrar and the supervising authority. Regulations promulgated by the registrar and the supervising authority under this annex shall be consistent with this annex. The regulations will prescribe in detail the manner in which the registration system will operate, as well as the procedure for resolving disputes relating to that operation. Article 4 Registration 1. Any person may register data with regard to an assignment at the registry in accordance with this annex and the regulations. As provided in the regulations, the data registered shall be the identification of the assignor and the assignee and a brief description of the assigned receivables.

635

Anhang: ZessÜ - englischer Text

2. A single registration may cover one or more assignments by the assignor to the assignee of one or more existing or future receivables, irrespective of whether the receivables exist at the time of registration. 3. A registration may be made in advance of the assignment to which it relates. The regulations will establish the procedure for the cancellation of a registration in the event that the assignment is not made. 4. Registration or its amendment is effective from the time when the data set forth in paragraph 1 of this article are available to searchers. The registering party may specify, from options set forth in the regulations, a period of effectiveness for the registration. In the absence of such a specification, a registration is effective for a period of five years. 5. Regulations will specify the manner in which registration may be renewed, amended or cancelled and regulate such other matters as are necessary for the operation of the registration system. 6. Any defect, irregularity, omission or error with regard to the identification of the assignor that would result in data registered not being found upon a search based on a proper identification of the assignor renders the registration ineffective. Article 5 Registry searches 1. Any person may search the records of the registry according to identification of the assignor, as set forth in the regulations, and obtain a search result in writing. 2. A search result in writing that purports to be issued by the registry is admissible as evidence and is, in the absence of evidence to the contrary, proof of the registration of the data to which the search relates, including the date and hour of registration. SECTION III: PRIORITY ASSIGNMENT Article 6 Priority among several

RULES BASED ON THE TIME OF THE CONTRACT

OF

assignees

As between assignees of the same receivable from the same assignor, the priority of the right of an assignee in the assigned receivable is determined by the order of conclusion of the respective contracts of assignment Article 7 Priority between the assignee and the insolvency administrator assignor

or creditors of the

The right of an assignee in an assigned receivable has priority over the right of an insolvency administrator and creditors who obtain a right in the assigned receivable by attachment, judicial act or similar act of a competent authority that gives rise to such right, if the receivable was assigned before the commencement of such insolvency proceeding, attachment, judicial act or similar act. Article 8 Proof of time of contract of assignment The time of conclusion of a contract of assignment in respect of articles 6 and 7 of this annex may be proved by any means, including witnesses.

636

Anhang: ZessÜ - englischer Text

SECTION IV: PRIORITY ASSIGNMENT

RULES BASED ON THE TIME OF NOTIFICATION

Article 9 Priority among several

OF

assignees

As between assignees of the same receivable from the same assignor, the priority of the right of an assignee in the assigned receivable is determined by the order in which notification of the respective assignments is received by the debtor. However, an assignee may not obtain priority over a prior assignment of which the assignee had knowledge at the time of conclusion of the contract of assignment to that assignee by notifying the debtor. Article 10 Priority between the assignee and the insolvency administrator or creditors of the assignor The right of an assignee in an assigned receivable has priority over the right of an insolvency administrator and creditors who obtain a right in the assigned receivable by attachment, judicial act or similar act of a competent authority that gives rise to such right, if the receivable was assigned and notification was received by the debtor before the commencement of such insolvency proceeding, attachment, judicial act or similar act. DONE at New York, this 12th day of December two thousand one, in a single original, of which the Arabic, Chinese, English, French, Russian and Spanish texts are equally authentic. IN WITNESS WHEREOF the undersigned plenipotentiaries, being duly authorized by their respective Governments, have signed the present Convention.

637

Anhang: FactÜ - deutscher Text

III. Factoring-Übereinkommen Gesetz zu dem UNIDROIT-Übereinkommen vom 28.5.1988 über das internationale toring vom 25.2.1998, BGBl. 1998 II, S. 172 (Bundesrepublik Deutschland)

Fac-

DIE VERTRAGSSTAATEN dieses Übereinkommens IN DEM BEWUSSTSEIN, dass dem internationalen Factoring in der Entwicklung des internationalen Handels eine bedeutende Rolle zukommt, IN DER ERKENNTNIS DAHER, dass es wichtig ist, durch die Annahme einheitlicher Bestimmungen einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der das internationale Factoring erleichtert, und dabei ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der verschiedenen Parteien eines Factoring-Geschäfts zu wahren SIND wie folgt ÜBEREINGEKOMMEN: KAPITEL I -ANWENDUNGSBEREICH

UND ALLGEMEINE

BESTIMMUNGEN

Artikel 1 (1) Dieses Übereinkommen regelt die in diesem Kapitel beschriebenen FactoringVerträge und Forderungsabtretungen. (2) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet „Factoring-Vertrag" einen Vertrag, der zwischen einer Partei (Lieferant) und einer anderen Partei (Factor) geschlossen wird und auf Grund dessen a) der Lieferant an den Factor Forderungen abtreten kann oder muss, die aus Warenkaufverträgen zwischen dem Lieferanten und seinen Kunden (Schuldner) entstehen, ausgenommen Kaufverträge über Waren, die in erster Linie für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt des Kunden gekauft werden; b) der Factor mindestens zwei der folgenden Aufgaben zu erfüllen hat: - Finanzierung für den Lieferanten, insbesondere Darlehensgewährung und Vorauszahlung; - Buchhaltung bezüglich der Forderungen; - Einziehung von Forderungen; - Schutz gegen Nichtzahlung oder verspätete Zahlung der Schuldner; c) den Schuldnern die Abtretung der Forderungen anzuzeigen ist. (3) Soweit in diesem Übereinkommen auf „Waren" und „Warenkauf' Bezug genommen wird, schließt dies auch Dienstleistungen und die Erbringung von Dienstleistungen ein. (4) Für die Zwecke dieses Übereinkommens a) braucht eine schriftliche Anzeige nicht unterschrieben zu sein, muss aber die Person angeben, von der oder in deren Namen sie gemacht wird; b) umfasst der Ausdruck „schriftliche Anzeige", ohne darauf beschränkt zu sein, auch Telegramme, Fernschreiben und jede andere Art der Fernübermittlung, die in greifbarer Form wiedergegeben werden kann; c) ist eine schriftliche Anzeige gemacht, wenn sie dem Empfänger zugeht. Artikel 2 (1) Dieses Übereinkommen ist anzuwenden, wenn die auf Grund eines FactoringVertrags abgetretenen Forderungen aus einem Warenkaufvertrag zwischen einem Liefe-

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Anhang: Facti1 - deutscher Text

ranten und einem Schuldner entstehen, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, und wenn a) diese Staaten und der Staat, in dem der Factor seine Niederlassung hat, Vertragsstaaten sind oder b) sowohl der Warenkaufvertrag als auch der Factoring-Vertrag dem Recht eines Vertragsstaats unterliegen. (2) Soweit in diesem Übereinkommen auf die Niederlassung einer Partei Bezug genommen wird, ist, falls die Partei mehr als eine Niederlassung hat, die Niederlassung maßgebend, die unter Berücksichtigung der vor oder bei Vertragsabschluß den Parteien bekannten oder von ihnen in Betracht gezogenen Umstände die engste Beziehung zu dem betreffenden Vertrag und zu seiner Erfüllung hat. Artikel 3 (1) Die Anwendung dieses Übereinkommens kann ausgeschlossen werden a) durch die Parteien des Factoring-Vertrags oder b) durch die Parteien des Warenkaufvertrags in Bezug auf Forderungen, die in oder nach dem Zeitpunkt entstehen, in dem der Ausschluss dem Factor schriftlich angezeigt worden ist. (2) Wird die Anwendung des Übereinkommens nach Absatz 1 ausgeschlossen, so darf sich der Ausschluss nur auf das Übereinkommen als Ganzes beziehen. Artikel 4 (1) Bei der Auslegung dieses Übereinkommens sind sein Zweck und Ziel, wie in der Präambel dargelegt, sein internationaler Charakter und die Notwendigkeit zu berücksichtigen, seine einheitliche Anwendung und die Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel zu fördern. (2) Fragen, die in diesem Übereinkommen geregelte Gegenstände betreffen, aber in diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich entschieden werden, sind nach den allgemeinen Grundsätzen, die diesem Übereinkommen zugrunde liegen, oder mangels solcher Grundsätze nach dem Recht zu entscheiden, das nach den Regeln des internationalen Privatrechts anzuwenden ist. KAPITEL II - RECHTE UND PFLICHTEN DER PARTEIEN Artikel 5 Im Verhältnis zwischen den Parteien des Factoring-Vertrags a) ist eine Bestimmung im Factoring-Vertrag, welche die Abtretung bestehender oder zukünftiger Forderungen vorsieht, nicht deshalb unwirksam, weil diese im Vertrag nicht im einzelnen bezeichnet sind, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder bei ihrer Entstehung bestimmbar sind; b) bewirkt eine Bestimmung im Factoring-Vertrag, wonach zukünftige Forderungen abgetreten werden, den Übergang der Forderung auf den Factor mit deren Entstehung, ohne dass es einer weiteren Übertragungshandlung bedarf. Artikel 6 (1) Die Abtretung einer Forderung durch den Lieferanten an den Factor ist auch dann wirksam, wenn zwischen dem Lieferanten und dem Schuldner eine Vereinbarung besteht, die eine derartige Abtretung verbietet.

Anhang: FactÜ - deutscher Text

639

(2) Eine solche Abtretung ist jedoch gegenüber dem Schuldner unwirksam, wenn er bei Abschluss des Warenkaufvertrags seine Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, der eine Erklärung nach Artikel 18 abgegeben hat. (3) Absatz 1 lässt eine Verpflichtung nach Treu und Glauben, die der Lieferant gegenüber dem Schuldner hat, sowie die Haftung des Lieferanten gegenüber dem Schuldner wegen einer vertragswidrigen Abtretung unberührt. Artikel 7 Für das Verhältnis zwischen den Parteien eines Factoring-Vertrags kann dieser Vertrag gültig vorsehen, dass alle oder einzelne Rechte des Lieferanten aus dem Warenkaufvertrag, einschließlich der Rechte aus Bestimmungen des Warenkaufvertrags, die dem Lieferanten das Eigentum an den Waren vorbehalten oder sonst eine Sicherheit verschaffen, unmittelbar oder durch eine neue Übertragungshandlung übergehen. Artikel 8 (1) Der Schuldner ist nur verpflichtet, an den Factor zu zahlen, wenn der Schuldner nicht Kenntnis von einem vorrangigen Recht eines anderen auf Zahlung hat und eine schriftliche Anzeige der Abtretung a) ihm vom Lieferanten oder mit Ermächtigung des Lieferanten vom Factor gemacht worden ist, b) die abgetretenen Forderungen und den Factor, an den oder für dessen Rechnung der Schuldner zahlen soll, hinreichend genau bezeichnet und c) Forderungen betrifft, die sich aus einem Warenkaufvertrag ergeben, der im Zeitpunkt der Anzeige oder davor geschlossen worden ist. (2) Unabhängig von anderen Gründen, aus denen der Schuldner durch Zahlung an den Factor befreit wird, hat eine Zahlung befreiende Wirkung, wenn sie nach Absatz 1 geleistet wird. Artikel 9 (1) Fordert der Factor den Schuldner zur Zahlung einer Forderung auf, die aus einem Warenkaufvertrag entstanden ist, so kann der Schuldner dem Factor alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Einwendungen entgegenhalten, die er hätte geltend machen können, wenn die Zahlungsaufforderung durch den Lieferanten erfolgt wäre. (2) Der Schuldner kann dem Factor auch jedes Recht zur Aufrechnung mit Forderungen entgegenhalten, die ihm im Zeitpunkt der schriftlichen Anzeige der Abtretung nach Artikel 8 Absatz 1 gegen den Lieferanten zustanden, zu dessen Gunsten die Forderung entstanden ist. Artikel 10 (1) Unbeschadet der Rechte des Schuldners nach Artikel 9 berechtigen Nichterfüllung, mangelhafte Erfüllung oder verspätete Erfüllung des Warenkaufvertrags allein den Schuldner nicht, einen von ihm an den Factor gezahlten Betrag zurückfordern, wenn er berechtigt ist, diesen Betrag vom Lieferanten zurückzufordern. (2) Ist der Schuldner berechtigt, einen Betrag, den er auf eine Forderung an den Factor gezahlt hat, vom Lieferanten zurückzufordern, so kann er gleichwohl diesen Betrag vom Factor zurückfordern, soweit dieser a) eine Verpflichtung, für diese Forderung an den Lieferanten zu zahlen, nicht erfüllt hat oder b) zu einem Zeitpunkt gezahlt hat, in dem er wusste, dass der Lieferant den Vertrag hinsichtlich der Waren, auf die sich die Zahlung des Schuldners bezieht, nicht, mangelhaft oder verspätet erfüllt hatte.

640

Anhang: FactÜ - deutscher Text

KAPITEL III - NACHFOLGENDE

ABTRETUNGEN

Artikeln (1) Wird eine Forderung von einem Lieferanten auf Grund eines unter dieses Übereinkommen fallenden Factoring-Vertrags an einen Factor abgetreten, a) so gelten vorbehaltlich des Buchstabens b die Artikel 5 bis 10 für jede nachfolgende Abtretung der Forderung durch den Factor oder einen nachfolgenden Zessionar; b) so sind die Artikel 8 bis 10 so anzuwenden, als wäre der nachfolgende Zessionar der Factor. (2) Für die Zwecke dieses Übereinkommens stellt eine an den Schuldner gerichtete Anzeige der nachfolgenden Abtretung auch eine Anzeige der Abtretung an den Factor dar. Artikel 12 Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf eine nachfolgende Abtretung, die nach dem Factoring-Vertrag untersagt ist. KAPITEL IV -

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 13 (1) Dieses Übereinkommen liegt in der Schlusssitzung der Diplomatischen Konferenz zur Annahme der Entwürfe der Unidroit-Übereinkommen über das internationale Factoring und über das internationale Finanzierungsleasing zur Unterzeichnung auf und liegt dann bis 31. Dezember 1990 in Ottawa für alle Staaten zur Unterzeichnung auf. (2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Staaten, die es unterzeichnet haben. (3) Dieses Übereinkommen steht allen Staaten, die nicht Unterzeichnerstaaten sind, von dem Tag an zum Beitritt offen, an dem es zur Unterzeichnung aufgelegt wird. (4) Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer diesbezüglichen Urkunde beim Verwahrer. Artikel 14 (1) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde folgt. (2) Für jeden Staat, der dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde ratifiziert, annimmt, genehmigt oder ihm beitritt, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungsoder Beitrittsurkunde folgt. Artikel 15 Dieses Übereinkommen geht bereits geschlossenen oder in Zukunft zu schließenden Staatsverträgen nicht vor. Artikel 16 (1) Ein Vertragsstaat, der zwei oder mehr Gebietseinheiten umfasst, in denen auf die in diesem Übereinkommen geregelten Gegenstände unterschiedliche Rechtsordnungen angewendet werden, kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass dieses Übereinkommen sich auf alle seine Gebietseinheiten oder nur auf eine oder mehrere derselben erstreckt; er kann seine Erklärung jederzeit durch eine neue Erklärung ersetzen.

Anhang: FactÜ - deutscher Text

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(2) Die Erklärungen sind dem Verwahrer zu notifizieren und haben ausdrücklich anzugeben, auf welche Gebietseinheiten das Übereinkommen sich erstreckt. (3) Erstreckt sich das Übereinkommen auf Grund einer Erklärung nach diesem Artikel auf eine oder mehrere, jedoch nicht auf alle Gebietseinheiten eines Vertragsstaates und liegt die Niederlassung einer Partei in diesem Staat, so wird diese Niederlassung in Sinne dieses Übereinkommens nur dann als in einem Vertragsstaat gelegen betrachtet, wenn sie in einer Gebietseinheit liegt, auf die sich das Übereinkommen erstreckt. (4) Gibt ein Vertragsstaat keine Erklärung nach Absatz 1 ab, so erstreckt sich das Übereinkommen auf alle Gebietseinheiten dieses Staates. Artikel 17 (1) Zwei oder mehr Vertragsstaaten, welche gleiche oder einander sehr nahekommende Rechtsvorschriften für Gegenstände haben, die in diesem Übereinkommen geregelt werden, können jederzeit erklären, dass das Übereinkommen keine Anwendung findet, wenn der Lieferant, der Factor und der Schuldner ihre Niederlassung in diesen Staaten haben. Solche Erklärungen können als gemeinsame oder als aufeinander bezogene einseitige Erklärungen abgegeben werden. (2) Hat ein Vertragsstaat für Gegenstände, die in diesem Übereinkommen geregelt werden, Rechtsvorschriften, die denen eines oder mehrerer Nichtvertragsstaaten gleich sind oder sehr nahe kommen, so kann er jederzeit erklären, dass das Übereinkommen keine Anwendung findet, wenn der Lieferant, der Factor und der Schuldner ihre Niederlassung in diesen Staaten haben. (3) Wird ein Staat, auf den sich eine Erklärung nach Absatz 2 bezieht, Vertragsstaat, so hat die Erklärung von dem Tag an, an dem das Übereinkommen für den neuen Vertragsstaat in Kraft tritt, die Wirkung einer nach Absatz 1 abgegebenen Erklärung, vorausgesetzt, dass der neue Vertragsstaat sich einer solchen Erklärung anschließt oder eine darauf bezogene einseitige Erklärung abgibt. Artikel 18 (1) Ein Vertragsstaat kann jederzeit in Übereinstimmung mit Artikel 6 Absatz 2 erklären, dass eine Abtretung nach Artikel 6 Absatz 1 gegenüber dem Schuldner unwirksam sein soll, wenn dieser bei Abschluss des Warenkaufvertrags seine Niederlassung in diesem Staat hat. Artikel 19 (1) Erklärungen, die nach diesem Übereinkommen bei der Unterzeichnung abgegeben werden, bedürfen der Bestätigung bei der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. (2) Erklärungen oder Bestätigungen von Erklärungen bedürfen der Schriftform und sind dem Verwahrer zu notifizieren. (3) Eine Erklärungen wird gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat wirksam. Eine Erklärung, die dem Verwahrer nach diesem Inkrafttreten notifiziert wird, tritt jedoch am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach ihrem Eingang beim Verwahrer folgt. Aufeinander bezogene einseitige Erklärungen nach Artikel 17 werden am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der letzten Erklärung beim Verwahrer folgt. (4) Ein Staat, der eine Erklärung nach diesem Übereinkommen abgibt, kann sie jederzeit durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation zurücknehmen. Eine solche Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Verwahrer folgt.

642

Anhang: FactÜ - deutscher Text

(5) Die Rücknahme einer nach Artikel 17 abgegebenen Erklärung macht für den Staat, der die Rücknahme vornimmt, eine von einem anderen Staat nach Artikel 17 abgegebene gemeinsame oder darauf bezogene einseitige Erklärung von dem Tag an unwirksam, an dem die Rücknahme wirksam wird. Artikel 20 Vorbehalte sind nur zulässig, soweit sie in diesem Übereinkommen ausdrücklich für zulässig erklärt werden. Artikel 21 Dieses Übereinkommen ist anzuwenden, wenn auf Grund eines Factoring-Vertrags abgetretene Forderungen aus einem Warenkaufvertrag entstehen, der an oder nach dem Tag geschlossen wurde, an dem das Übereinkommen für die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a genannten Vertragsstaaten oder den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b genannten Vertragsstaat beziehungsweise die dort genannten Vertragsstaaten in Kraft tritt, vorausgesetzt, dass a) der Factoring-Vertrag an oder nach diesem Tag geschlossen wird oder b) die Parteien des Factoring-Vertrags vereinbart haben, dass das Übereinkommen anzuwenden ist. Artikel 22 (1) Dieses Übereinkommen kann von jedem Vertragsstaat jederzeit nach dem Tag gekündigt werden, an dem es für diesen Staat in Kraft tritt. (2) Die Kündigung erfolgt durch Hinterlegung einer diesbezüglichen Urkunde beim Verwahrer. (3) Eine Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Hinterlegung der Kündigungsurkunde beim Verwahrer folgt. Ist in der Kündigungsurkunde eine längere Kündigungsfrist angegeben, so wird die Kündigung nach Ablauf dieser längeren Frist nach Hinterlegung der Kündigungsurkunde beim Verwahrer wirksam. Artikel 23 (1) Dieses Übereinkommen wird bei der Regierung von Kanada hinterlegt. (2) Die Regierung von Kanada a) unterrichtet alle Staaten, die dieses Übereinkommen unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind, sowie den Präsidenten des Internationalen Instituts zur Vereinheitlichung des Privatrechts (Unidroit) i) von jeder weiteren Unterzeichnung oder Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde unter Angabe des Zeitpunkts; ii) von jeder nach den Artikeln 16, 17 und 18 abgegebenen Erklärung; iii) von der Rücknahme einer Erklärung nach Artikel 19 Absatz 4; iv) vom Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens; v) von der Hinterlegung einer Urkunde zur Kündigung dieses Übereinkommens unter Angabe des Zeitpunkts der Hinterlegung und des Zeitpunkts, zu dem die Kündigung wirksam wird; b) übermittelt allen Unterzeichnerstaaten, allen beitretenden Staaten und dem Präsidenten des Internationalen Instituts zur Vereinheitlichung des Privatrechts (Unidroit) beglaubigte Abschriften dieses Übereinkommens. Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, hierzu von ihren Regierungen gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Anhang: FactÜ - deutscher Text

643

Geschehen zu Ottawa am 28. Mai 1988 in einer Urschrift in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

644

Anhang: FactÜ - englischer Text

IV. UNIDROIT Convention on International Factoring www.unidroit.org THE STATES PARTIES TO THIS CONVENTION, CONSCIOUS of the fact that international factoring has a significant role to play in the development of international trade, RECOGNISING therefore the importance of adopting uniform rules to provide a legal framework that will facilitate international factoring, while maintaining a fair balance of interests between the different parties involved in factoring transactions, HAVE AGREED as follows: CHAPTER I - SPHERE OF APPLICATION

AND GENERAL

PROVISIONS

Article 1 1. This Convention governs factoring contracts and assignments of receivables as described in this Chapter. 2. For the purposes of this Convention, „factoring contract" means a contract concluded between one party (the supplier) and another party (the factor) pursuant to which: (a) the supplier may or will assign to the factor receivables arising from contracts of sale of goods made between the supplier and its customers (debtors) other than those for the sale of goods bought primarily for their personal, family or household use; (b) the factor is to perform at least two of the following functions: - finance for the supplier, including loans and advance payments; - maintenance of accounts (ledgering) relating to the receivables; - collection of receivables; - protection against default in payment by debtors; (c) notice of the assignment of the receivables is to be given to debtors. 3. In this Convention references to „goods" and „sale of goods" shall include services and the supply of services. 4. For the purposes of this Convention: (a) a notice in writing need not be signed but must identify the person by whom or in whose name it is given; (b) „notice in writing" includes, but is not limited to, telegrams, telex and any other telecommunication capable of being reproduced in tangible form; (c) a notice in writing is given when it is received by the addressee. Article 2 1. This Convention applies whenever the receivables assigned pursuant to a factoring contract arise from a contract of sale of goods between a supplier and a debtor whose places of business are in different States and: (a) those States and the State in which the factor has its place of business are Contracting States; or (b) both the contract of sale of goods and the factoring contract are governed by the law of a Contracting State. 2. A reference in this Convention to a party's place of business shall, if it has more than one place of business, mean the place of business which has the closest relationship to

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the relevant contract and its performance, having regard to the circumstances known to or contemplated by the parties at any time before or at the conclusion of that contract. Article 3 1. The application of this Convention may be excluded: (a) by the parties to the factoring contract; or (b) by the parties to the contract of sale of goods, as regards receivables arising at or after the time when the factor has been given notice in writing of such exclusion. 2. Where the application of this Convention is excluded in accordance with the previous paragraph, such exclusion may be made only as regards the Convention as a whole. Article 4 1. In the interpretation of this Convention, regard is to be had to its object and purpose as set forth in the preamble, to its international character and to the need to promote uniformity in its application and the observance of good faith in international trade. 2. Questions concerning matters governed by this Convention which are not expressly settled in it are to be settled in conformity with the general principles on which it is based or, in the absence of such principles, in conformity with the law applicable by virtue of the rules of private international law. CHAPTER II - RIGHTS AND DUTIES OF THE PARTIES Article 5 As between the parties to the factoring contract: (a) a provision in the factoring contract for the assignment of existing or future receivables shall not be rendered invalid by the fact that the contract does not specify them individually, if at the time of conclusion of the contract or when they come into existence they can be identified to the contract; (b) a provision in the factoring contract by which future receivables are assigned operates to transfer the receivables to the factor when they come into existence without the need for any new act of transfer. Article 6 1. The assignment of a receivable by the supplier to the factor shall be effective notwithstanding any agreement between the supplier and the debtor prohibiting such assignment. 2. However, such assignment shall not be effective against the debtor when, at the time of conclusion of the contract of sale of goods, it has its place of business in a Contracting State which has made a declaration under Article 18 of this Convention. 3. Nothing in paragraph 1 shall affect any obligation of good faith owed by the supplier to the debtor or any liability of the supplier to the debtor in respect of an assignment made in breach of the terms of the contract of sale of goods. Article 7 A factoring contract may validly provide as between the parties thereto for the transfer, with or without a new act of transfer, of all or any of the supplier's rights deriving from the contract of sale of goods, including the benefit of any provision in the contract of sale of goods reserving to the supplier title to the goods or creating any security interest.

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Article 8 1. The debtor is under a duty to pay the factor if, and only if, the debtor does not have knowledge of any other person's superior right to payment and notice in writing of the assignment: (a) is given to the debtor by the supplier or by the factor with the supplier's authority; (b) reasonably identifies the receivables which have been assigned and the factor to whom or for whose account the debtor is required to make payment; and (c) relates to receivables arising under a contract of sale of goods made at or before the time the notice is given. 2. Irrespective of any other ground on which payment by the debtor to the factor discharges the debtor from liability, payment shall be effective for this purpose if made in accordance with the previous paragraph. Article 9 1. In a claim by the factor against the debtor for payment of a receivable arising under a contract of sale of goods the debtor may set up against the factor all defences arising under that contract of which the debtor could have availed itself if such claim had been made by the supplier. 2. The debtor may also assert against the factor any right of set-off in respect of claims existing against the supplier in whose favour the receivable arose and available to the debtor at the time a notice in writing of assignment conforming to Article 8 ( 1 ) was given to the debtor. Article 10 1. Without prejudice to the debtor's rights under Article 9, non-performance or defective or late performance of the contract of sale of goods shall not by itself entitle the debtor to recover a sum paid by the debtor to the factor if the debtor has a right to recover that sum from the supplier. 2. The debtor who has such a right to recover from the supplier a sum paid to the factor in respect of a receivable shall nevertheless be entitled to recover that sum from the factor to the extent that: (a) the factor has not discharged an obligation to make payment to the supplier in respect of that receivable; or (b) the factor made such payment at a time when it knew of the supplier's nonperformance or defective or late performance as regards the goods to which the debtor's payment relates. CHAPTER III - SUBSEQUENT

ASSIGNMENTS

Article 11 1. Where a receivable is assigned by a supplier to a factor pursuant to a factoring contract governed by this Convention: (a) the rules set out in Articles 5 to 10 shall, subject to sub-paragraph (b) of this paragraph, apply to any subsequent assignment of the receivable by the factor or by a subsequent assignee; (b) the provisions of Articles 8 to 10 shall apply as if the subsequent assignee were the factor. 2. For the purposes of this Convention, notice to the debtor of the subsequent assignment also constitutes notice of the assignment to the factor.

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Article 12 This Convention shall not apply to a subsequent assignment which is prohibited by the terms of the factoring contract. CHAPTER IV - FINAL

PROVISIONS

Article 13 1. This Convention is open for signature at the concluding meeting of the Diplomatic Conference for the Adoption of the Draft Unidroit Conventions on International Factoring and International Financial Leasing and will remain open for signature by all States at Ottawa until 31 December 1990. 2. This Convention is subject to ratification, acceptance or approval by States which have signed it. 3. This Convention is open for accession by all States which are not signatory States as from the date it is open for signature. 4. Ratification, acceptance, approval or accession is effected by the deposit of a formal instrument to that effect with the depositary. Article 14 1. This Convention enters into force on the first day of the month following the expiration of six months after the date of deposit of the third instrument of ratification, acceptance, approval or accession. 2. For each State that ratifies, accepts, approves, or accedes to this Convention after the deposit of the third instrument of ratification, acceptance, approval or accession, this Convention enters into force in respect of that State on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the deposit of its instrument of ratification, acceptance, approval or accession. Article 15 This Convention does not prevail over any treaty which has already been or may be entered into. Article 16 1. If a Contracting State has two or more territorial units in which different systems of law are applicable in relation to the matters dealt with in this convention, it may, at the time of signature, ratification, acceptance, approval or accession, declare that this Convention is to extend to all its territorial units or only to one or more of them, and may substitute its declaration by another declaration at any time. 2. These declarations are to be notified to the depositary and are to state expressly the territorial units to which the Convention extends. 3. If, by virtue of a declaration under this article, this Convention extends to one or more but not all of the territorial units of a Contracting State, and if the place of business of a party is located in that State, this place of business, for the purposes of this Convention, is considered not to be in a Contracting State, unless it is in a territorial unit to which the Convention extends. 4. If a Contracting State makes no declaration under paragraph 1, the Convention is to extend to all territorial units of that State.

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Article 17 1. Two or more Contracting States which have the same or closely related legal rules on matters governed by this Convention may at any time declare that the Convention is not to apply where the supplier, the factor and the debtor have their places of business in those States. Such declarations may be made jointly or by reciprocal unilateral declarations. 2. A Contracting State which has the same or closely related legal rules on matters governed by this Convention as one or more non-Contracting States may at any time declare that the Convention is not to apply where the supplier, the factor and the debtor have their places of business in those States. 3. If a State which is the object of a declaration under the previous paragraph subsequently becomes a Contracting State, the declaration made will, as from the date on which the Convention enters into force in respect of the new Contracting State, have the effect of a declaration made under paragraph 1, provided that the new Contracting State joins in such declaration or makes a reciprocal unilateral declaration. Article

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A Contracting State may at any time make a declaration in accordance with Article 6(2) that an assignment under Article 6 ( 1 ) shall not be effective against the debtor when, at the time of conclusion of the contract of sale of goods, it has its place of business in that State. Article 19 1. Declarations made under this Convention at the time of signature are subject to confirmation upon ratification, acceptance or approval. 2. Declarations and confirmations of declarations are to be in writing and to be formally notified to the depositary. 3. A declaration takes effect simultaneously with the entry into force of this Convention in respect of the State concerned. However, a declaration of which the depositary receives formal notification after such entry into force takes effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of its receipt by the depositary. Reciprocal unilateral declarations under Article 17 take effect on the first day of the month following the expiration of six months after the receipt of the latest declaration by the depositary. 4. Any State which makes a declaration under this Convention may withdraw it at any time by a formal notification in writing addressed to the depositary. Such withdrawal is to take effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the receipt of the notification by the depositary. 5. A withdrawal of a declaration made under Article 17 renders inoperative in relation to the withdrawing State, as from the date on which the withdrawal takes effect, any joint or reciprocal unilateral declaration made by another State under that article. Article 20 No reservations are permitted except those expressly authorised in this Convention. Article 21 This Convention applies when receivables assigned pursuant to a factoring contract arise from a contract of sale of goods concluded on or after the date on which the Convention enters into force in respect of the Contracting States referred to in Article 2 ( 1 ) (a), or the Contracting State or States referred to in paragraph 1 (b) of that article, provided that:

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(a) the factoring contract is concluded on or after that date; or (b) the parties to the factoring contract have agreed that the Convention shall apply. Article 22 1. This Convention may be denounced by any Contracting State at any time after the date on which it enters into force for that State. 2. Denunciation is effected by the deposit of an instrument to that effect with the depositary. 3. A denunciation takes effect on the first day of the month following the expiration of six months after the deposit of the instrument of denunciation with the depositary. Where a longer period for the denunciation to take effect is specified in the instrument of denunciation it takes effect upon the expiration of such longer period after its deposit with the depositary. Article 23 1. This Convention shall be deposited with the Government of Canada. 2. The Government of Canada shall: (a) inform all States which have signed or acceded to this Convention and the President of the International Institute for the Unification of Private Law (Unidroit) of: (i) each new signature or deposit of an instrument of ratification, acceptance, approval or accession, together with the date thereof; (ii) each declaration made under Articles 16, 17 and 18; (iii) the withdrawal of any declaration made under Article 19 (4); (iv) the date of entry into force of this Convention; (v) the deposit of an instrument of denunciation of this Convention together with the date of its deposit and the date on which it takes effect; (b) transmit certified true copies of this Convention to all signatory States, to all States acceding to the Convention and to the President of the International Institute for the Unification of Private Law (Unidroit). IN WITNESS WHEREOF the undersigned plenipotentiaries, being duly authorised by their respective Governments, have signed this Convention. DONE at Ottawa, this twenty-eighth day of May, one thousand nine hundred and eightyeight, in a single original, of which the English and French texts are equally authentic.

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UNIDROIT PRINCIPLES of International

Commercial Contracts 2004:

UNIDROIT 1999, Study L - Doc. 65, Working Group for the preparation of Principles of International Commercial Contracts, Assignment of rights, transfer of duties and assignment of contracts, Section 1: Assignment of rights, Draft and Explanatory Notes prepared by Professor M. Fontaine (December 1999); zitiert: UNIDROIT 1999; Study L - Doc. 65 UNIDROIT 2000, Study L - Misc. 22, Working Group for the preparation of Principles of International Commercial Contracts, Summary Records of the meeting held in Cairo from 24 to 27 January 2000 (August 2000); zitiert: UNIDROIT 2002, Study L Misc. 22

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UNIDROIT 2000, Study L - WP.3, Working Group for the preparation of Principles of International Commercial Contracts, Meeting of the Drafting Group in Freiburg, 1720 January 2001 (December 2000); zitiert: UNIDROIT 2000, Study L - WP.3 UNIDROIT 2002, Study L - Misc. 24, Working Group for the preparation of Principles of International Commercial Contracts, Summary Records of the meeting held in Rome from 3 to 7 June 2002 (September 2002); zitiert: UNIDROIT 2002, Study L Misc. 24 UNIDROIT PRINCIPLES of International Commercial Contracts 2004; zitiert: Kommentar Nr. zu Art. UNIDROIT-Principles

Sachregister abredewidrig erfolgte Anzeige - Änderung des Grundvertrages 462 f. - Aufrechnung 431, 456 f. - Verhältnis Zedent - Zessionar 356 f. abredewidrige Abtretung - erfasste Forderungen ZessÜ 271 ff. - Haftung Zedent 268 ff., 290, 297 f. - Haftung Zessionar 270, 290 f. - nachfolgende Abtretung 266 f., 291 f. - Schuldner 265, 284, 287 ff. - Verbraucherforderung 268 - Vorbehalt 279 ff., 282 - Wirksamkeit 264 ff., 284 ff., 296 f., 298 Abtretung - Bestimmtheitserfordernis 231, 249 f., 258, 261 - Form 67 f., 239 f., 244 - liegenschaftsbezogene Forderungen 116 ff. - Mehrheit von Forderungen 229, 248 ff., 258, 261 - nachfolgende 195 f., 201, 266 f., 291 f. - Rechtsnatur 55 ff., 142 f., 218 - s t i l l e 159 f., 355, 514 - Teilabtretung 70, 230, 243, 257, 261 - ungeteiltes Recht 70, 227, 229 f., 243, 339, 398 f., 551 - Verfügungsstatut 548 f., 553, 562 ff., 566 f., 570 ff. - Verpflichtungsstatut 543 ff., 560 ff., 578 ff. - vertraglicher Anspruch 69 f., 144 f., 217 f. - vertraglicher Übergang 66 f., 143, 217 f. - Wirksamkeit 227 ff., 244 ff., 256 f., 259 f. - zukünftige Forderungen 242 f., 251 f., 257 f., 261 Abtretungsanzeige - abredewidrig erfolgte Anzeige 356 f., 431, 456 f., 462 f.

- Berechtigung zur Anzeige 352 ff., 409 f., 422, 424 - Form 240 ff., 349 f., 408 f., 411, 422, 424 - I n h a l t 349,411 f., 422, 424 - mehrere Anzeigen 395 f. - nachfolgende Abtretungen 185 ff., 379 f., 397, 413 f. - Schriftlichkeit 349 f., 408 f., 422, 424 - Sprache 371 ff. - Vorrang 525 ff., 528 f. - Zugang 370 f., 407 f., 412, 526 f. - zukünftige Forderungen 377 ff., 412 f., 428 f., 472 Abtretungsverbot s. abredewidrige Abtretung Änderung des Grundvertrages - FactÜ 470 ff. - nachfolgende Abtretungen 463 f. - Parteiautonomie 465 - P E C L 474 - UNIDROIT-Principles 475 - unvollständige Erfüllung des Grundvertrages 465 ff. - Verhältnis Zedent - Schuldner 469 - Verhältnis Zedent - Zessionar 468 f. - „vernünftiger" Zessionar 467 f. - ZessÜ 460 ff. Änderung durch Parteienvereinbarung - FactÜ 198 - Z e s s Ü 192 f., 195 f. akzessorische Sicherungsrechte 300, 303, 310 f., 317 f., 320 f. Aufrechnung - abredewidrige Abtretung 431 f., 453 f. - abredewidrige Anzeige 431 - „available" 429 f., 448 ff., 457 f. - Fälligkeit 429, 456 - Form 452 - konnexe Forderungen 426, 442 f., 457 f. - nicht-konnexe Forderungen 428 ff., 446 ff., 456, 458 - Rechtsgrundlage 429, 442 f., 451

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Sachregister

- Verzicht des Schuldners 432 ff., 442 - zukünftige Forderungen 428 f. Aufrechnungsverzicht - Änderung 439 f. - allgemein 432 - FactÜ 442 - Formerfordernis 435 f. - unverzichtbare Einreden 436 ff. - Verbraucher 439 - ZessÜ 433 ff. Auslegung - Auslegungsgrundsätze 15 ff. - Auslegungsmethoden 26 ff. - autonome 17 ff., 26 ff. - grammatische 28 f., 44 - historische 30 f., 45 - konventionsübergreifende 39 ff. - rechtsvergleichende 33 f., 46 - systematische 29 f., 44 f. - teleologische 32, 46 - Wiener Vertragrechtskonvention 34 ff. Ausschluss - FactÜ 196 ff. - nachfolgende Abtretung 195 f., 201 - ursprüngliche Abtretung 192 ff., 196 ff. - ZessÜ 192 ff. autonome Auslegung - Auslegungsmethoden 26 ff. - Buchhaltung 156 - defences 427 - einheitliche Anwendung 12 f. - Einwendungen 442 - engste Verbindung 546 f. - Forderung 144 - Forfaiting 162 f. - grammatische Auslegung 29 - historische Auslegung 31 - internationaler Charakter 17 - konventionsübergreifende Auslegung 42 ff. - Legaldefinitionen 17 f. - Niederlassung 168 f. - persönlicher Gebrauch 151 f. - rechtsvergleichende Auslegung 34 - rights of set-off 427 - systematische Auslegung 29 f. - teleologische Auslegung 32

Benachrichtigung s. Abtretungsanzeige Bestimmtheitserfordernis 231, 249 f., 258, 261 Doppelzession s. Mehrfachabtretung einheitliche Anwendung 12, 17 f., 20 ff., 35, 42 f. Einheitsprivatrecht 11 ff., 37, 40, 90, 100, 535 Einreden - FactÜ 441 ff. - P E C L 456 - UNIDROIT-Principles 457 - ZessÜ 426 f. Einredeverzicht - Änderung 439 f. - allgemein 432 - FactÜ 442 - Formerfordernis 435 f. - unverzichtbare Einreden 436 ff. - Verbraucher 439 - ZessÜ 433 ff. Empfang s. Zugang Erlöse 512 ff. - anwendbares Recht 502 - Auslegung 19 - Verhältnis Zedent - Zessionar 358, 360 - Vorrang 514 ff. Factoringvertrag 139 ff., 161 ff. - Abtretungsanzeige 159 ff., 410 - anwendbares Recht 176 ff., 561 - Aufgaben des Factors 152 ff. - Ausschluss FactÜ 196 ff. - Bestimmbarkeit von Forderungen 249 f. - Form 141 - Grund vertrag 145 ff. - Pflichten des Lieferanten 158 f. - rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot 284 f., 290 f. - Übergang von Rechten 308, 311, 313, 316 ff. - Übergang zukünftiger Forderungen 251 f. - Verhältnis zur Abtretung 142 f., 159, 245, 248 - Verpflichtungsgeschäft 561

Sachregister

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- wechselseitige Rechte und Pflichten 325, 543 - Wirksamkeit 245 - Zahlungspflicht des Factors 483 f. - zeitlicher Anwendungsbereich FactÜ 188 ff. - Z e s s Ü 164 Forderung s. Abtretung Forderungsstatut 255, 277, 549 f., 553, 555, 560, 565 f., 568 ff. Forfaiting 74, 162 f., 388 Form - Abtretung 67 f., 239 f., 244 - Abtretungsanzeige 240 ff., 349 f., 408 f., 411,422, 424 - Aufrechnung 452 - Ausschluss FactÜ 199 - Einreden 445 - Einredeverzicht 435 f., 439 - Ermächtigung des Factors 411 - Factoring vertrag 141 - Grundvertrag 146 - Kollisionsrecht 542 f., 590 - Priorität 240, 257 - Sicherungsrechte 302, 316 - Wirksamkeit 238 ff., 256 f., 260 f. forum Shopping 11, 179, 559

- Änderung des Grundvertrages 469, 474 - „finanzielle" Forderungen 119 - Kollisionsrecht 544, 561 - Rückforderungsanspruch 479 ff. - Sicherungsrechte 302 f., 305 - vertragliche Abtretungsbeschränkungen s. Abtretungsbeschränkungen - Zahlungsanweisung 356 - Zusicherungen 275, 336 ff., 344, 458 Haftung des Zessionars - Abtretungsanzeige 356 - Abtretungsbeschränkung 270, 290 f., 337 - Sicherungsrechte 303 f. - Zahlungsanweisung 356 Handelsbräuche - Abtretungsanzeige 353 - Informationsrecht 102 f. - internationale Abtretung 78 - Nachforschungspflicht 412 - PECL 333 f. - UNIDROIT-Principies 334 - Zahlungsanspruch 358 - ZessÜ 328 ff. - Zusicherungen 335 f. Höge Raad 563

Gebräuche s. Handelsbräuche Gepflogenheiten - Abtretungsanzeige 353 - Informationsrecht 102 f. - Nachforschungspflicht 412 - PECL 333 f. - UNIDROIT-Principies 334 - Zahlungsanspruch 358 - ZessÜ 328 ff. - Zusicherungen 335 f. Globalabtretung 49, 167, 229, 244, 246 ff., 258, 261, 311, 472, 581, 585, 586 f. Grundsatz von Treu und Glauben 23 ff., 48 f., 290, 386, 399, 405, 475

Insolvenz 88 f., 360, 493, 515, 529 f., 581 Insolvenzrisiko 480 Insolvenzstatut 496, 505 Insolvenzverfahren 87, 234, 493, 496, 505, 521, 529, 556 Insolvenzverwalter 134, 194, 223, 225 f., 234, 240, 326, 382, 493 ff., 505 ff., 513, 518, 521, 524 f., 527 f., 530 Internationalität - allgemein 75 f. - FactÜ 164 ff. - P E C L 220 - UNIDROIT 219 f. - ZessÜ 76 ff. Interpretation s. Auslegung

Haftung des Schuldners 259 f. Haftung des Zedenten - Abtretungsanzeige 356 -Abtretungsbeschränkungen 128, 268 ff., 275, 290 f., 293, 297 f., 453

Kettenabtretungen s. nachfolgende Abtretung Kompensation s. Aufrechnung

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Sachregister

konkurrierende Berechtigte 329, 498 ff. Konsument s. Verbraucher Konventionskonflikte - EVÜ - ZessÜ 592 ff. - FactÜ - ZessÜ 212 f. - Parteiautonomie 213 f. - Vereinbarkeitsvorschrift EVÜ 593 - Vereinbarkeitsvorschrift FactÜ 207 ff. - Vereinbarkeitsvorschrift ZessÜ 210 ff. konventionsübergreifende Auslegung - Auslegungsmethoden 44 ff. - autonome Auslegung 42 f. - engste Beziehung zum Grundvertrag 90 - Gepflogenheiten 329 - Handelsbräuche 329 - Kaufvertrag 146 - Niederlassung 84, 168 f. - Zugang 371, 407 f., 412, 448, 526 f. lock-box-rule 515 Lückenfüllung 47 ff. - allgemeine Grundsätze FactÜ 48 f. - allgemeine Grundsätze ZessÜ 48 f. - Form der Aufrechnungserklärung 452 - kollisionsrechtliche Vorschriften 131 f., 541 - PECL 49 f. - Rechtsvergleichung 49 - UNIDROIT-Principles 49 f. - unwirksame Abtretungen 387 f. Mehrfachabtretung 223, 226, 234, 260, 339, 344, 382, 394, 395 f., 496 f., 505, 528, 566, 578, 581 Mehrkosten - Änderung des Kontos 375 f. - Änderung des Zahlungsortes 375 f. - P E C L 376 - Teilabtretung 257, 261 - UNIDROIT-Principles 376 Mitteilung s. Abtretungsanzeige Model Law on Electronic Commerce 350, 435 f. nachfolgende Abtretung - Abtretungsbeschränkung 266 f., 291 f. - Änderung des Grundvertrages 463 f. - Ausschluss FactÜ 201

- Ausschluss ZessÜ 195 f. - sachlicher Anwendungsbereich 105 ff., 180 ff. nicht akzessorische Sicherungsrechte 300 f., 320 f. Niederlassung - Anknüpfung der Verfügung 583 ff., 588 f. - Priorität 499 ff. - räumlicher Anwendungsbereich 82 ff., 168 ff. non-notification-factoring 159 ordre public 508, 557 f. Parteiautonomie - Änderung des Grundvertrages 465 - FactÜ 196 ff. - Konventionskonflikt 213 f. - Priorität 360 - Rechtswahl 545 - Überschuss 361 - Verhältnis Zedent - Schuldner 101 f. - Verhältnis Zedent - Zessionar 328 - ZessÜ 192 ff. - Zusicherungen 343 Pfändung 521, 529 preferential rights s. Vorzugsrechte prestatement 5 Principles of European Contract Law 5 f., 216 f. - Abtretung allgemein 217 f., 220 - Abtretung bestehender Rechte 257 f. - Abtretung zukünftiger Rechte 257 f. - Abtretungsanzeige 352, 422 f. - Änderung des Anspruchs 474 - allgemeine Grundsätze 49 f. - Anspruch des Zessionars 361 - Aufrechnung 456 f. - Einreden 456 - Form der Abtretung 256 f. - Gebräuche und Gepflogenheiten 333 f. - Globalabtretung 258 - Leistung des Schuldners 422 f. - Leistungsort 376 - Lückenfüllung 49 f. - Priorität 528 f. - Teilabtretung 257 - Sicherungsrechte 320

Sachregister

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- vertragliche Abtretungsbeschränkungen 296 f. - Wirksamkeit der Abtretung 256 - Zusicherungen des Zedenten 344 f. Priorität s. Rangvorschriften proceeds s. Erlöse Projektfinanzierung 74, 325, 388, 544

Rückforderungsanspruch - Anspruchsgrundlage 477, 480, 483 - gegen Zedent 477, 479 f., 482 f. - gegen Zessionar 476 f., 482 ff. - nachfolgende Abtretung 487 - Kollusion 485 - Verbraucher 477 f.

Rangvorschriften 493 ff. - Abtretungsanzeige 525 f., 528 - Abtretungsvertrag 524 f. - FactÜ 496 f. - kollisionsrechtliche Vorschrift 501 ff. - Kombination 527 - PECL 528 f. - Registrierung 520 ff. - sachrechtliche Vorschriften 517 ff. - UNIDROIT-Principles 529 - ZessÜ 498 ff. räumlicher Anwendungsbereich - FactÜ 168 ff. - kollisionsrechtliche Vorschriften 131 f., 540 f. - P E C L 216 - UNIDROIT 216 - Vergleich ZessÜ - FactÜ 205 f. - Z e s s Ü 81 ff. Rechtsanwendungseinklang 11 Rechtsanwendungsgleichheit 11 Rechtsnatur der Abtretung - F a c t Ü 142 f., 251 - P E C L 218 - UNIDROIT-Principles 218 - ZessÜ 55 ff., 63 Rechtswahl - Factoringvertrag 172 f., 177 - Grundvertrag 99, 103, 172, 175 f., 550, 582, 587 - Parteiautonomie 545 - räumlicher Anwendungsbereich 95 f. - Schutz des Forderungsstatuts 568 f. - Verfügungsgeschäft 571 f., 578 f. - Verhältnis Zedent - Zessionar 327, 545, 561, 585 Register 226, 228, 266, 302, 532 Registereintragung 218, 494, 500, 503, 520 ff., 570, 579 f. Registersitz 83 Restatements 5 „Rom I" 591,594 f.

sachlicher Anwendungsbereich - Ausnahmen FactÜ 149 ff., 159 f. - Ausnahmen ZessÜ 109 ff., 119 ff., 126 f. - FactÜ 139 ff. - nachfolgende Abtretung 105 ff., 180 ff. - P E C L 216 ff. - UNIDROIT-Principles 216, 218 f. - Vergleich ZessÜ - FactÜ 202 - WVRK 37 - ZessÜ 55 ff., 74 safe harbour rule - Abtretungsanzeige 371 - Befreiungsgründe 399 - geeigneter Nachweis 391 - Zahlungsanweisung 371 Schriftform - Abtretung 238 f. - Abtretungsanzeige 349 f., 408 f., 422, 424 - Auslegung WVRK 37 -Ausschluss FactÜ 198 f. - Common Law 62, 225 - Einwendungsverzieht 435, 439 - Zahlungsanweisung 351 - ZessÜ 349 f. schuldbefreiende Leistung s. Zahlung des Schuldners Securitization 74, 108, 111, 229, 385, 388, 514 self-executing treaty 4 Sicherungsabtretung 64 f., 74, 142, 228, 237, 338 f., 361, 500, 581, 585 ff. Sicherungsrechte - abredewidrige Abtretung 302 ff. - akzessorische 300, 303, 310, 313, 318, 320 f. - dingliche 301 f. - erfasste Rechte 300, 310 f., 320 f. - Formerfordernisse 302 - nachfolgende Abtretung 304, 317 f.

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Sachregister

- nicht akzessorische 300, 320 f. - Übergang 300 f., 311 ff., 320 f. - Zusicherungen 344 f. Sprache - Abtretungsanzeige 371 f. -Auslegung 18, 28 f., 31 - Mustervertrag 372 - Niederlassung 372 - Verhandlungen 372 - WVRK 35 f. - Zahlungsanweisung 371 f. stille Abtretung - Factoring 159 f. - Z e s s Ü 353, 355, 514 Teilabtretung 70, 227, 230, 232 f., 243, 257, 261,339, 349, 398 f., 551 Transferrisiko 375 f. Überschuss - Parteiautonomie 361 - Verhältnis Zedent - Zessionar 360 f. UNIDROIT-Principles 5 f., 216 - Abtretung allgemein 218 f. - Abtretung bestehender Rechte 261 - Abtretung zukünftiger Rechte 261 - Abtretungsanzeige 352, 423 ff. - Änderung des Anspruchs 475 - allgemeine Grundsätze 49 f. - Anspruch des Zessionars 361 - Aufrechnung 457 f. - Einreden 457 - Form 260 f. - Gebräuche und Gepflogenheiten 334 - Globalabtretung 261 - Leistung des Schuldners 423 ff. - Lückenfüllung 49 f. - Mehrkosten durch Abtretung 376 - Priorität 529 - Teilabtretung 261 - Sicherungsrechte 321 - vertragliche Abtretungsbeschränkungen 297 f. - Wirksamkeit der Abtretung 259 f. - Zusicherungen des Zedenten 345 f. ungeteiltes Recht 70, 227, 230, 232 f., 243,339, 398 f., 551 Unterschrift - Definition ZessÜ 435 f. - Einwendungsverzicht 435 f.

-

handschriftlich 435 maschinengeschrieben 436 Schriftform FactÜ 408 f. Schriftform ZessÜ 349 f., 436

Verbraucher - als Schuldner 368 f. - Ausnahme FactÜ 149 ff. - Ausnahme ZessÜ 110 f. - Einredeverzicht 439 - PECL 220 - Rückforderung von Zahlungen 477 f. - Schutzvorschriften 114 ff. - UNIDROIT-Principles 220 - „Verbraucherforderung" ZessÜ 111 f., 115 f. - Verbraucherverträge ZessÜ 74 - vertragliche Abtretungsbeschränkung 128, 267 f., 369 Verfügungsstatut 548 f., 553, 562 ff., 566 f., 570 ff. Verhältnis Zedent - Zessionar - Abtretungsanzeige 352 ff. - Änderung des Grundvertrages 468 f. - Aufgaben des Factors 152 ff. - FactÜ 325 - Gepflogenheiten 328 ff. - Handelsbrauch 328 ff. - Kollisionsrecht 543 ff., 560 ff. - Parteiautonomie 328 - Pflichten des Lieferanten 158 f. - Sicherungsrechte 308, 315 ff. - Überschuss 360 f. - vertragliche Abtretungsbeschränkung 278 - Wirksamkeit der Abtretung 246 ff. - Zahlungsanspruch 359 ff. - Zahlungsanweisung 352 ff. - Zusicherungen 335 ff., 344 ff. Verpfändung 64 f., 142, 228, 237 f., 244, 301, 338 f., 361,500 Verpflichtungsstatut 543 ff., 560 f., 578 ff. Vorrang s. Rangvorschriften Vorzugsrechte 509 f., 556 Wiener Vertragrechtskonvention 34 ff. - Auslegung 34 ff. - Vertragskonflikt 208, 210 f. Wirksamkeit

Sachregister - Abtretung allgemein 227 ff., 244 ff., 256, 259 f. - Form 238 ff., 244, 256 f., 260 f. - gesetzliche Beschränkungen 243 f. - Globalabtretung 229, 248 ff., 258, 261 - vertragliche Beschränkungen 264 ff., 283 ff., 296 ff. - Teilabtretungen 230, 257, 261 - zukünftige Forderungen 229 f., 242 f., 249 ff., 257 f., 261 Zahlung des Schuldners - Abtretungsanzeige 383 ff., 395 ff., 407 ff., 422 ff. - Befreiung 383 ff., 399 ff., 404, 414 ff., 422 ff. - Fälligkeit des Zahlungsanspruches 381, 392 ff., 404 - Kenntnis des Schuldners 385 ff., 404 ff., 422, 424 - nachfolgende Abtretungen 413 f., 416 - Nachforschungspflicht 390, 410 f., 422, 424 - Nachweis über Abtretung 388 ff., 423 ff. - unwirksame Abtretung 387 f., 406, 422 - Verzugszinsen 393 - vorrangiges Recht 382, 404 ff., 422 f. - Zahlungsanweisung 350 f., 382 f., 395 Zahlungsanspruch - Änderung des Grundvertrages 461, 470 f. - Aufrechnung 426 f., 441 ff., 456 ff. - Einredeverzicht 433 ff. - Einwendungen 426 f., 441 ff., 456 ff. - gegenüber Schuldner 381 ff., 403 ff., 422 ff. - Kollisionsrecht 553, 573, 587 f.

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- nachfolgende Abtretung 413 f. -PECL361 - schriftliche Anzeige 161, 349 f., 382 f., 408 f., 422, 424 - Sicherungsrechte 300 ff., 308 ff., 320 f. - Überschuss 360 f. - UNIDROIT 361 - Verhältnis Zedent - Zessionar 358 ff. - vertragliche Grundlage 69, 144 f., 217 f. - Vorrang 245, 498 ff., 517 ff., 528 f. - Zusicherungen 336 ff., 344 ff. Zahlungsanweisung - Haftung des Zedenten 356 - Haftung des Zessionars 356 - mehrere Anweisungen 395 - Schriftform 351 - Verhältnis Zedent - Zessionar 352 f. - Wirksamkeit 370 ff. - Zahlung 384 f. Zahlungsbedingungen - Änderung 373 ff. - einseitige Änderung 373 ff. - vereinbarte Änderung 375 zeitlicher Anwendungsbereich - FactÜ 188 ff. - Z e s s Ü 135 ff. Zession s. Abtretung Zugang 199, 235 ff., 348, 351, 370 f., 377 f., 383 ff., 388 f., 394 f., 397 f., 407 f., 412 f., 434, 448, 462 ff., 473, 525 ff. Zusicherungen - einzelne Zusicherungen 336 ff., 344 - maßgeblicher Zeitpunkt 341 ff., 345 f. - Parteiautonomie 343 - Rechtsfolgen 343, 345 f. - Kollisionsrecht 543 ff., 560 f.

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht Alphabetische Übersicht

Assfalg, Dieter: Die Behandlung von Treugut im Konkurse des Treuhänders. 1960. Band 28. Baetge, Dietmar: Der gewöhnliche Aufenthalt im Internationalen Privatrecht. 1994. Band 56. siehe Hopt, Klaus J. Balz, Manfred: Eigentumsordnung und Technologiepolitik. 1980. Band 44. Basedow, Jürgen: Der Transportvertrag. 1987. Band 50. Weltkartellrecht. 1998. Band 63. - , Peter Dopffel, Klaus J. Hopt und Hein Kötz (Hrsg.): Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. 2000. Band 70. siehe Hopt, Klaus J. Baums, Theodor: Verbindungen von Banken und Unternehmen im amerikanischen Wirtschaftsrecht. 1992. Band 55. Becker, Michael: Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte. 1997. Band 62. Baetge, Dietmar: siehe Hopt, Klaus J. Brödermann, Eckart und Holger Iversen: Europäisches Gemeinschaftsrecht und Internationales Privatrecht. 1994. Band 57. Dannemann, Gerhard: Die ungewollte Diskriminierung in der internationalen Rechtsanwendung. 2004. Band 78. Dopffel, Peter: siehe Basedow, Jürgen. Drobnig, Ulrich, Klaus J. Hopt, Hein Kötz und Ernst-Joachim Mestmäcker (Hrsg.): Systemtransformation in Mittel- und Osteuropa und ihre Folgen für Banken, Börsen und Kreditsicherheiten. 1998. Band 64. Ehricke, Ulrich: Das abhängige Konzemunternehmen in der Insolvenz. 1998. Band 65. Engelmann, Fritz: Der Kampf gegen die Monopole in den USA. 1951. Band 21. Ferid, Murad: Der Neubürger im internationalen Privatrecht. Teil 1. 1949. Band 18. Ficker, Hans C.: Grundfragen des deutschen interlokalen Rechts. 1952. Band 22. Flessner, Axel: Wegfall der Bereicherung. 1970. Band 37. Sanierung und Reorganisation. 1982. Band 48. Interessenjurisprudenz im internationalen Privatrecht. 1990. Band 53. Gamillscheg, Franz: Der Einfluß Dumoulins auf die Entwicklung des Kollisionsrechts. 1955. Band 25. Internationales Arbeitsrecht. 1959. Band 27. Gessner, Volkmar: Recht und Konflikt. 1976. Band 40. Girsberger, Daniel: Grenzüberschreitendes Finanzierungsleasing. 1997. Band 61. Heiss, Helmut: Formmängel und ihre Sanktionen. 1999. Band 67. Heldrich, Andreas: Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht. 1969. Band 36. Hierneis, Otto: Das besondere Erbrecht der sogenannten Foralrechtsgebiete Spaniens. 1966. Band 33.

Beiträge

zum ausländischen

und internationalen

Privatrecht

Hippel, Eike von: Schadensausgleich bei Verkehrsunfällen. 1968. Band 34. Hoffmann, Bernd von: Das Recht des Grundstückskaufs. 1982. Band 47. Hofstetter, Karl: Sachgerechte Haftungsregeln für Multinationale Konzerne. 1995. Band 59. Hopt, Klaus ./., Jürgen Basedow, Hein Kötz und Dietmar Baetge (Hrsg.): Die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozeß. 1999. Band 66. -, Christa Jessel-Holst und Katharina Pistor (Hrsg.): Unternehmensgruppen in mittel- und osteuropäischen Ländern. 2003. Band 76. und Dimitris Tzouganatos (Hrsg.): Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts. 2006. Band 82. und Hans-Christoph Voigt (Hrsg.): Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung. 2005. Band 79. siehe Basedow, Jürgen. siehe Drobnig, Ulrich. Iversen, Holger: siehe Brödermann, Eckart. Jellinek, Walter: Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile I/II. 1953. Band 24. Jessel-Holst, Christa: siehe Hopt, Klaus J. Joerges, Christian: Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts. 1971. Band 38. Kadner Graziano, Thomas: Gemeineuropäisches internationales Privatrecht. 2002. Band 73. Kieninger, Eva-Maria: Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt. 2002. Band 74. Kötz, Hein: siehe Basedow, Jürgen. siehe Drobnig, Ulrich. siehe Hopt, Klaus J. Kronke, Herbert: Stiftungstypus und Unternehmensträgerstiftung. 1988. Band 52. Kropholler, Jan: Internationales Einheitsrecht. 1975. Band 39. Leible, Stefan: Wege zu einem Europäischen Privatrecht. 2006. Band 75. Loeber, Dietrich A.: Der hoheitlich gestaltete Vertrag. 1969. Band 35. Magnus, Ulrich: Schaden und Ersatz. 1987. Band 51. Mankowski, Peter: Seerechtliche Vertragsverhältnisse im Internationalen Privatrecht. 1995. Band 58. Martiny, Dieter: Unterhaltsrang und -rückgriff I/II. 2000. Band 69. Mestmäcker, Ernst-Joachim: siehe Drobnig, Ulrich. Müller, Peter: Die Vorbehalte in Übereinkommen zur Privatrechtsvereinheitlichung. 1979. Band 45. Nelle, Andreas: Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr. 2001. Band 71. Neuhaus, Paul H.: Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts. 2 1976. Band 30. Ehe und Kindschaft in rechtsvergleichender Sicht. 1979. Band 43. Pistor, Katharina: siehe Hopt, Klaus J. Remien, Oliver: Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld. 1992. Band 54. - : Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG-Vertrages. 2003. Band 77. Riezler, Erwin: Internationales Zivilprozeßrecht und prozessuales Fremdenrecht. 1949. Band 20. Roth, Wulf Henning: Internationales Versicherungsvertragsrecht. 1985. Band 49. Rudolf, Claudia: Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen. 2006. Band 83. Samtleben, Jürgen: Internationales Privatrecht in Lateinamerika. Band 1: Allgemeiner Teil. 1979. Band 42.

Beiträge zum ausländischen

und internationalen

Privatrecht

Scherpe, Jens M. und Nadjma Yassari (Hrsg.): Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften - The Legal Status of Cohabitants. 2005. Band 81. Schlechtriem, Peter: Einheitliches UN-Kaufrecht. 1981. Band 46. Schwartze, Andreas: Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf. 1999. Band 68. Serick, Rolf: Rechtsform und Realität Juristischer Personen. 2 1980. Band 26. Siems, Mathias M.: Die Konvergenz der Rechtssysteme im Recht der Aktionäre. 2005. Band 80. Stoll, Hans: Das Handeln auf eigene Gefahr. 1961. Band 29. Tzouganatos, Dimitris: siehe Hopt, Klaus J. Vogenauer, Stefan: Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent I/II. 2001. Band 72. Voigt, Hans-Christoph: siehe Hopt, Klaus J. Wilmowsky, Peter von: Europäisches Kreditsicherungsrecht. 1996. Band 60. Wolff, Ernst: Vorkriegsverträge in Friedensverträgen. 1949. Band 19. Yassari, Nadjma: siehe Scherpe, Jens M. Zajtay, Imre: Zur Stellung des ausländischen Rechts im französischen internationalen Privatrecht. 1963. Band 31. Zehetner, Franz: Geldwertklauseln im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr. 1976. Band 41.

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